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Erinnerungen an ein Palastleben

von

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Der Lord des Winterpalasts

Der Schlag ins Gesicht traf Jiyū unerwartet schnell aber verdient. Sie hatte angenommen zuerst etwas sagen zu dürfen, doch sie hatte noch nicht einmal den Boden berührt, da hatte die Faust ihr Ziel bereits gefunden und sie in den Staub geschickt. Kaum am Boden nahm Jiyū eine unterwürfige Haltung ein und senkte ihren Kopf zu Boden.

„Lord Sesshōmaru, bitte vergebt mir!“

Das tiefe Knurren des Inu-Daiyōkai klang wie die Stimme der Hölle höchst selbst. Woraufhin Jiyū ihre Stirn noch etwas tiefer in den Boden drückte.

„Die einzige Bedingung, die ich an deine Dienste gestellt habe, war jederzeit meine Frau zu beschützen. Und dann muss ich zusehen, wie du bei erster Gelegenheit zulässt, dass sie meinen Feinden in die Hände fällt?!“

Jiyū kannte Lord Sesshōmaru in jeder Form von beherrscht. Ruhig beherrscht, ungeduldig beherrscht, wütend und trotzdem beherrscht. Doch egal in welcher Form, sie hatte noch nie erlebt, dass er jemals seine Stimme erhoben hätte. Dass er jetzt schrie, oder was man für seine Verhältnisse als Schreien bezeichnen konnte, ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren.

Ihm zu sagen, dass das irgendwie der Plan gewesen war, würde ihr auch nichts bringen. Also blieb ihr nichts weiter, als um eine Bestrafung zu bitten und auf Vergebung zu hoffen.

„Es ist wahr. Ich habe nichts getan. Also bitte bestraft mich, um dieses Unrecht zu korrigieren!“

Erneut knurrte Sesshōmaru und Jiyū glaubte zu spüren, dass selbst die Erde unter ihr erzitterte vor dieser Macht. Dem Knurren folgte ein leises sirren in der Luft und im nächsten Augenblick schnitt etwas langes, dünnes in ihre Flügel. Das zischende Geräusch, das von ihren Flügeln ausging, machte ihr klar, was vor sich ging.

Sesshōmaru musste seine Giftpeitsche um ihre Flügel geschlungen haben. Eine falsche Bewegung und er könnte ihr damit die Flügel vom Rücken schneiden und die Wunde so verätzen, dass sie niemals wieder nachwachsen würden. Bei diesem Gedanken begannen Jiyūs Hände zu zittern. Das Fliegen bedeutete ihr alles. Gleich nach dem Dienst an Lady Rin. Wenn sie ihre Flugfähigkeiten verlieren würde, wäre sie ohne ihre Herrin nichts mehr wert.

Ein stummes Gebet auf den Lippen spürte sie, wie sich die Peitsche immer weiter zusammen zog und ihre Flügel unnatürlich eng zusammen drückte. So sehr, dass ihre Gelenke zu schmerzen begannen und ihr Rücken verkrampfte. Doch Jiyū wagte nicht, auch nur einen Laut über ihre Lippen schlüpfen zu lassen. Und dann war der Druck zusammen mit der Peitsche plötzlich verschwunden.

„Sag mir, was meine Frau vorhat.“, befahl Sesshōmaru mit eiskalter Stimme.

Jiyū brauchte einen Moment um zu begreifen, dass er sie verschont hatte. Erst als sie hörte, dass er sich ein paar Schritte entfernte sah sie auf und erhob sich schließlich auf ein Knie. Sie wagte sogar kurz den Blick zu heben.

Sesshōmaru stand mit dem Rücken zu ihr. An einem Punkt, der vor etwas mehr als zwei Monaten noch der Hauteingang ihres Winterpalasts gewesen war. Jetzt existierte hier nur noch verbrannte Erde und das erste leuchtende Grün, dass sich wiedererwartend einen Weg durch die Asche bahnte. Dieser Ort war ein Schlachtfeld, das sich trotz mancher Opfer langsam wieder mit Leben füllte. Das bewiesen nicht zuletzt auch die Kirschblüten, die sich mittlerweile zu voller Blüte entfaltet hatten.

Dieser Ort war Jiyūs Zuhause. Nirgendwo war sie lieber auf dieser Welt gewesen. Und mit dem Verlust des Palastes hatte sie auch ein Stück ihres Herzens verloren. Doch als sie Rin wieder gefunden hatte, hatte sie begriffen, dass nicht der Ort, sondern die Menschen um einen herum ein Zuhause ausmachten. Egal an welchen Ort sie auch gehen würden.

Doch diese Erkenntnis machte den Plan ihrer Herrin nur noch schmerzvoller. Sie in den Händen ihrer Feinde zurücklassen zu müssen, war das Schlimmste, was Jiyū jemals hatte tun müssen. Seitdem betete sie jede Sekunde, dass sich alles bald zu ihrem Besten auflösen würde.

Nach Worten suchend überlegte Jiyū offenbar zu lange, um Sesshōmaru zu antworten, denn dieser drehte sich mit einer ungeduldigen Drehung um und funkelte Jiyū vernichtend an. Sofort senkte Jiyū ihren Kopf wieder und starrte auf die schwarze Erde zu ihren Füßen.

„Vergebt mir!“, beeilte sie sich zu sagen, bevor sie tief Luft holte und den Plan ihrer Herrin offen legte.

 

 

Die Hände zu Fäusten geballt, kostete es Sesshōmaru all seine Kraft nicht die Beherrschung zu verlieren. Am liebsten wäre er sofort zurück zum Kaiserpalast geflogen um seine Frau aus den Fängen dieses Widerlings zu befreien. Alles in ihm schrie danach, diesem Drängen nachzugeben.

Doch in Jiyūs Erklärung hatte er nur zu deutlich Rin heraus gehört. Er sah sie praktisch vor sich, wie sie ihm von ihrem tollkühnen Plan berichtete. Dieses verrückte Mädchen, dem kein Vorhaben unmöglich erschien. Allein auf die Idee zu kommen, mit einem solchen Menschen verhandeln zu wollen… Das wäre wirklich nur Rin in den Sinn gekommen.

Für einen Moment schloss Sesshōmaru seine Augen und sah Rin vor sich. Wie sie da stand. Voll entschlossen, ihre Pläne umzusetzen. Unwillkürlich seufzte er leise. Dem Glitzern in ihren Augen hatte er noch nie wirklich widerstehen können. Und wenn Rin davon überzeugt war, dass sie etwas erreichen konnte, dann würde er sie gewähren lassen.

Als Sesshōmaru die Augen wieder öffnete, kniete Jiyū immer noch vor ihm im Staub. Sie war ihm weder Gehorsam noch Unterwürfigkeit schuldig und doch kniete sie hier vor ihm, als wäre er ihr Herr und Meister. Als würde sie sich damit bei ihm entschuldigen wollen. Doch es war ihm egal, was sie tat oder nicht.

„Geh und führe deine restlichen Aufgaben aus. Sollte Rins Plan nicht funktionieren, will ich, dass ihr Notfallplan so schnell wie möglich bereit steht.“

Er sah Jiyū schon nicht mehr an, als er sprach. Stattdessen richtete er seinen Blick auf die Hauptstadt. Natürlich konnte er sie von hier aus nicht sehen, doch er stellte sich vor, dass er diesem dreckigen General direkt gegenüber stand und er versprach ihm ungekanntes Leid, sollte er seine Frau auch nur anrühren.

„Zu Befehl!“

Hörte er Jiyūs entschlossene Stimme, bevor sie sich in die Lüfte erhob und Richtung Westen verschwand. Sie würde Tag und Nacht fliegen müssen, um ihre Botschaften pünktlich überbringen zu können. So, dass noch genug Zeit blieb, auch wieder hier her zurückkehren zu können. Doch das war Sesshōmarus kleinste Sorge. Rin hatte auch einige Aufgaben für ihn vorgesehen und er würde tun, was sie von ihm wünschte.

Auch wenn ihm die erste Aufgabe am wenigsten gefiel.

Auf dem ganzen Weg zum Dorf haderte er mit sich selbst. Er verachtete Menschen und hasste es mit diesen zu sprechen. Selbst in deren Nähe zu sein, kostete ihn zu viel seiner Geduld. Doch er verstand, wie wichtig dieser Punkt im Gesamtplan war. Um Rins Standpunkt klar zu machen, würden sie die Menschen aus dem Dorf brauchen.

In all den Jahren, in denen Sesshōmaru schon in seinem Winterpalast residierte, hatte er sich kein einziges Mal für die Menschen in der Umgebung interessiert. Er hatte nur an sie gedacht, als er die Barriere um seinen Palast und das Land darum herum errichtet hatte. Einen Bannkreis, der die Augen der Menschen trübte und seinen Palast und all seine Bewohner vor ihnen verbarg.

Doch Rin war bei ihren Streifzügen durch den Wald natürlich den Bewohnern dieses Dorfes begegnet. Tatsächlich hatte es schon Gerüchte über ihn und seinen Palast gegeben, wie sie ihm berichtet hatte. Schreckliche, blutige Gerüchte und Sesshōmaru war das nur Recht gewesen. Nur Rin hatte das nicht auf sich beruhen lassen können.

Irgendwie hatte sie es geschafft Freundschaft mit den Menschen aus dem Dorf zu schließen und ihr Vertrauen zu gewinnen. Sesshōmaru hatte das nicht überrascht, auch wenn es ihn zuerst gestört hatte. Doch er hatte sich mit dem Gedanken angefreundet. Wie Kaede stets beton hatte, brauchte Rin Menschen um sich herum. Menschen, die ihr zeigten, wie Menschen lebten. Auch wenn Sesshōmaru den Gedanken längst aufgegeben hatte, Rin bei den Menschen zu lassen. Dafür hatte sie viel zu verbissen um ihren Platz an seiner Seite gekämpft. Trotzdem war es wohl gut für sie, manchmal mit Menschen zu kommunizieren. Selbst wenn er das überhaupt nicht brauchte.

Schon als er den Rand des Waldes erreichte, sorgte er dafür, dass ein paar spielende Kinder ihn bemerkten. Als sie zu ihm aufsahen, weiteten sich ihre Augen vor Furcht und sie rannten schreiend zurück in ihr kleines Dorf.

Sesshōmaru war kurz versucht zu Lächeln, tat es aber nicht. Furcht stand den Menschen schon immer am besten. Es war gut, wenn sie ihren Platz kannten. Wenn sie begriffen, dass sie absolut Machtlos waren. Anders als Rin, die sich mit dieser Tatsache einfach nie abfinden würde.

Als sich Sesshōmaru bei diesem Gedanken ertappte schloss er sämtliche Gedanken an seine Frau tief in seinem Hinterkopf weg. Denn wenn er jetzt zu viel an sie dachte, würde er doch noch zum Kaiserpalast stürmen und dort alles in Schutt und Asche legen, nur um sie zu finden.

„Ihr seid der Inu-Daiyōkai, nicht wahr?“

Die Stimme eines Mannes brachte Sesshōmarus Gedanken wieder ins hier und jetzt.

Wie erwartet hatten die Kinder um Hilfe gerufen und die Männer des Dorfes alarmiert. So das ihm jetzt eine Hand voll junger Männer, bewaffnet mit ihren Feld- und Waldwerkzeugen, gegenüberstand. Lächerlich, wenn sie versuchen wollten ihn damit aufzuhalten. Doch er war ja nicht hier um sie zu vernichten.

„W- wo ist die Lady?“, fragte der vorderste der Männer, nachdem Sesshōmaru nicht geantwortet hatte.

Der Mann der sprach stand einen Schritt vor seinen Kameraden und hielt zwei Handsicheln in Händen. Sesshōmaru bemerkte, dass er nicht zitterte, so wie seine Begleiter. Dieser Mann war bereit für sein Dorf zu sterben, wenn es sein musste. Wenn er sich recht erinnerte, hatte er ihn auch schon öfter dabei beobachtet, wie er mit Rin gesprochen hatte. Angeekelt verzog er für einen Moment die Lippen, bevor er noch einen Schritt auf die Männer zu machte.

Sie alle wichen ängstlich einen Schritt zurück. Alle, außer dem Mann, der gesprochen hatte. Interessant.

„Ihr wart da. In der Nacht als der Bannkreis fiel, zusammen mit dem Palast.“

Eine Feststellung, doch der Mann nickte ernst.

„Die Lady braucht eure Unterstützung.“, eröffnete Sesshōmaru und durch die Reihen der Männer ging ein Raunen und aufgeregtes Flüstern.

Nur der Mann direkt vor Sesshōmaru hielt seinen Blick fest auf ihn gerichtet und ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.

„Was können wir tun?“, fragte er fest entschlossen.

Das hier würde doch einfacher gehen als Sesshōmaru angenommen hatte. Er hatte sich schon dabei gesehen, wie er die unnützen Menschen mit der Macht seiner Peitsche zur Kooperation antrieb. Seinen Ärger etwas auszulassen hätte ihm durchaus gefallen, doch dann musste später eben jemand anderes dafür her halten.

„Sie braucht euch am Kaiserpalast. Heute in einer Woche.“

Rin hatte um zwei Wochen gebeten, doch so viel Zeit konnte Sesshōmaru ihr unmöglich einräumen. Wer wusste schon, was dieser General alles mit ihr vorhatte. Sollte ihr Versuch einer friedlichen Lösung scheitern, könnte jegliche Verzögerung tödlich enden.

Wieder ging ein Raunen durch die Reihen der Männer und schließlich richten sie ihre Blicke auf den Mann vor ihnen. Dieser trat einen Schritt auf Sesshōmaru zu und streckte ihm eine Hand entgegen.

„Ihr könnt euch auf uns verlassen.“

Für seine jungen Jahre war er äußerst selbstsicher und mutig. Sesshōmaru wusste so etwas zu schätzen. Trotzdem nahm er nicht seine Hand, sondern drehte sich nur um und erhob sich in die Lüfte. Sie würden kommen, mehr interessierte ihn nicht, weshalb er sich auf den Weg zu ihrem Hauptwohnsitz machte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo zusammen,

diesmal ein Kapitel mit Sesshōmaru. Ich denke, darauf habt ihr schon gewartet. *lach*
Leider müssen er und ihr euch noch etwas gedulden, was die Rettung von Rin angeht. Doch sie sind auf einem guten Weg. Und ob die Brüder wohl auch ein paar Aufgaben bekommen haben? Es bleibt spannend… bis zum nächsten Kapitel.

Gruß
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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Kandy2015
2019-03-17T18:47:15+00:00 17.03.2019 19:47
Tolles Kapitel.
Bin gespannt wie es weiter geht und was noch so kommt.
:-)
Von:  Anitasan
2019-03-12T14:10:35+00:00 12.03.2019 15:10
Hi du.
Ich glaube dir ist ein Fehler unterlaufen.
Du hast in der Mitte des Textes alles wiederholt.
Ließ es Mal genau durch.
Ab den Punkt als Sessomaru von den Dorfbewohnern das Einverständnis bekommen hat. Wiederholt sich alles erneut.
LG Anitasan
Antwort von:  C-T-Black
12.03.2019 18:04
Hups,
da hab ich wohl einmal zu viel rein kopiert ^^ Sorry. Jetzt müsste es passen. Vielen Dank für den Hinweis.

Gruß
C-T-Black
Antwort von:  Anitasan
12.03.2019 22:54
Kein Problem.
Schönes Kapitel im übrigen, mach weiter so.
LG Anitasan


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