Zum Inhalt der Seite

Lieben heißt Festhalten und Loslassen

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Prolog

Ich trat aus dem Kinderzimmer heraus und schloss leise die Tür hinter mir, um Musashi, der endlich eingeschlafen war nicht wieder aufzuwecken und wollte mich anschließend bereits zu meinem Schlafzimmer aufmachen, als ich es bemerkte. In dem Haus bewegten sich Menschen, ich heute das Geräusch von geschobenen Türen, von eiligen Schritten und leisen Stimmen.
 

Ein Lächeln legte sich auf mein Gesicht. Das konnte nur eines bedeuten: Der Hausherr war endlich wieder zurückgekehrt und wie wenig ich es auch auf der Außenseite zeigen mochte, mein Herz machte einen freudigen Schlag bei dem Gedanken.
 

Ich hatte ihn seit Wochen nicht gesehen und, auch wenn es ein seltsam jugendliches Benehmen war, ich konnte kaum erwarten sein Gesicht wieder zu sehen und seine sanften Berührungen zu spüren.
 

Sofort schlug ich einen anderen Weg ein und musste mich doch ein bisschen für mein kindliches Benehmen schelten. Dennoch folgte ich dem Gang bis an sein Ende und klopfte dort mit einem Lächeln auf den Lippen an die Tür.
 

"Ja?" Harsch schlug mir seine Stimme mir entgegen, in der Art, in der er mit den Menschen sprach, die ihn enttäuscht hatten, und kurz wurde mein Herz schwer, bevor ich beschloss, dass er ja nicht wissen konnte, wer vor seiner Tür stand.
 

Und so öffnete ich sie, noch immer in dem Gedanken, dass er mich gleich wieder in die Arme schließen würde wie er es seit diesem Tag so oft getan hatte. "Akashi-kun, du bist zurück." Ich hatte nie gefragt, wo er hinging oder wo er herkam, denn seine Geschäfte waren ein Teil seines Lebens, den ich gar nicht kennen wollte, und so war es auch jetzt, als ich den Raum betrat und ihn auf die gewohnt ungezwungene Art begrüßte, die trotz aller Nähe, die wir teilten, nie bis zu seinem Vornamen herangedrungen war.
 

Er antwortete mir nicht, wie er in einen schwarzen Yukata gehüllt in der Mitte des Zimmers an seinem Schreibtisch stand und scheinbar vertieft durch einige der Dokumente dort fuhr.
 

Ich beobachtete ihn einen Moment einfach und schwieg. Es waren nur wenige Zentimeter, die er größer war als ich und auch seine Schultern spannten nicht viel weiter als meine eigenen und doch wirkte er immer wie ein enorm gefährlicher Gegner auf mich, wenn ich ihn beobachtete. Er hatte etwas geschmeidiges in seinen Bewegungen, wenn er scheinbar alles im Verhalten seines Gegenübers sofort lesen konnte, beinahe etwas animalisches. Und die Vorstellung, wie geschickt seine Hände waren, ließ mich erschaudern.
 

Es war eine Sehnsucht in mir, die so tief brannte, dass ich kaum die Geduld hatte noch weiter so regungslos zu verharren, wie er es tat und immer noch nicht reagierte.
 

Zuletzt war doch ich es, der dem Wunsch nachgab ihn zu berühren und berührt zu werden.
 

Wortlos trat ich an ihn heran, bevor ich meine Arme um seinen Körper legte, nur um sie an der Vorderseite unter den Stoff zu schieben und ihn dort etwas zu lösen.
 

Doch meine Finger hatten kaum seine Haut gestreift, als er sich plötzlich schlagartig umdrehte, mein Handgelenk packte und hart zudrückte.
 

"Fass mich nicht an, Tetsuya!" Er spuckte mit meinen Vornamen so hart ins Gesicht, das ich glaubte mein Herz würde stehen bleiben.
 

"Akashi-kun." Ich hob meine Hand, wollte ihn berühren, ihn dazu bringen seine Hand zu lösen, um mir nicht wehzutun - Immerhin hatte ich schon zuvor erlebt, dass er wütend war und ihn nur vorsichtige Annäherungen dann wieder beruhigen konnten -, doch kaum eine Sekunde später fand ich mich am Boden liegend wieder. Meine Wange pochte schmerzhaft, glühte unter dem noch immer auf ihr brennenden Schlag, der mich so durch die Luft zu Boden befördert hatte.
 

"Fass mich nicht an!" Noch einmal schnitt seine Stimme eiskalt durch die Luft, um ihn herum waberte eine Aura, die so wütend, so grausam wirkte, wie ich sie zuvor noch nie gesehen hatte, auch wenn er bereits vor seiner langen Abwesenheit ab und an in einem Wutausbruch die Hand gegen einen seiner Männer erhoben hatte, wenn diese einen Fehler gemacht hatten, reichte seine damalige Gereiztheit nicht annähernd an den jetzigen Zustand seiner Wut heran.
 

Was war los?
 

Vor Überraschung über den plötzlichen Schmerz noch zitternd legte ich eine Hand an meine Wange. Sie brannte und pochte. Im Inneren spürte ich ein Ziehen und der metallische Geschmack sagte mir, dass ich mich gebissen hatte, als ich aufgeschlagen war.
 

Vor Schmerz standen mir Tränen in den Augen.
 

"Was ist los?" Meine Stimme zitterte trotz aller Kraft, die ich zusammennahm. "Ist etwas passiert?"
 

"Das geht dich gar nichts an." Er zog mich am Kragen meines T-Shirts auf die Füße und der Stoff knirschte unter der Belastung gequält auf, gab aber nicht komplett nach.
 

Er wurde in seinen Worten nicht laut, doch sie bohrten sich ohne erhöhte Lautstärke tief in meine Brust. "Verschwinde einfach, ich will dich nicht sehen."
 

"Akashi", versuchte ich es erneut, doch er stieß mich von sich.
 

"Du bist nur hier, um mein Kind groß zu ziehen, halt dich aus allem anderen gefälligst raus oder du verlierst mehr als nur deine Studienfinanzierung." Und diese Drohung  war so deutlich, dass mir die Worte im Hals stecken blieben.
 

Ich sah es ganz genau, in seiner Haltung, seinen Worten und doch traf mich die Erkenntnis erst, als ich jetzt in die Augen schaute, die mich immer mit ihrer warmen Höflichkeit umfangen hatten. Dieser Mann war nicht Akashi Seijuro, wie ich ihn in den letzten Monaten kennen und lieben gelernt hatte.
 

Etwas war mit ihm geschehen, nachdem er so plötzlich hatte abreisen müssen ohne ein Wort mit mir zu wechseln und über Wochen nicht zurückgekehrt war, während er sogar den Geburtstag seines Sohnes verpasst hatte, dessen beinahe schmerzhaft trauriges Gesicht mir noch in der Erinnerung brannte.
 

In mir brannten so viele Worte, die ich ihm entgegen schreien wollte, weil er Versprechen gebrochen hatte, weil er mich so voller Sorge zurückgelassen und auf keine meiner Nachrichten gehört hatte, weil er gerade mir mein Herz gebrochen hatte, doch es herrschte nur Stille zwischen uns, als er so auf mich hinunter starrte, dass aus den eigentlichen fünf Zentimetern, gut ein halber Meter zu werden schien.
 

Dann wendete ich mich ab und verließ schweigend den Raum.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück