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A New Life

von

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Einen Monat Später

"Und du bist ganz sicher, dass du fit genug bist, mit zu kommen? Dass du nicht noch Ruhe brauchst? Dass du..."

"Chris... es ist nur Einkaufen, keine gefährliche Mission. Mach dir mal keine Sorgen."

Seufzend schüttelte Piers den Kopf und hauchte Chris einen Kuss auf die Wange.

Etwa vier Wochen waren vergangen, seit sein Blut vollkommen erneuert worden war.

Nach gut sieben Tagen war er erst wieder erwacht, und er hatte sofort eine Veränderung gespürt, nicht nur wegen dem neuen Blut. Er hatte sich irgendwie auch so fitter gefühlt, ausgeruhter, und nachdem die Ärzte ihm gesagt hatten, dass alles gut gegangen war, hatte er richtig gespürt, wie ihm ein schwerer Stein vom Herzen gefallen war.

Er hatte es überstanden, sein Zustand hatte sich stabilisiert, und offenbar war er nun wieder alleine in seinem Körper, keinerlei Spur von dem Virus.

Dennoch wollte man ihn noch ein wenig da behalten und eine Weile beobachten, nur für den Fall.

Chris hatte nichts dagegen, und so wurde Piers in das zuvor schon vorbereitete Zimmer gebracht, und sein Captain durfte nun auch zu ihm, wann immer er wollte.

Natürlich war er jeden Tag gekommen, um seinen Liebsten zu besuchen, und auch die Anderen ließen sich hin und wieder mal blicken, sogar Jake.

Mit dem ganzen Besuch und wissend, dass das Schlimmste überstanden war, war der Monat wie im Fluge vergangen.

Und da die Ärzte nichts Ungewöhnliches hatten feststellen können und Piers auch sonst vollkommen stabil war, erlaubten sie es ihm nach der Zeit, nach Hause zu gehen, ermahnten den jungen Mann aber auch, sofort wieder her zu kommen, wenn irgendetwas war.

Das Virus hatte sich zuvor schon verstecken können, und eine hundertprozentige Sicherheit hatten sie deshalb auch jetzt nicht.

Keine unnötigen Risiken eingehen, lieber einmal zu viel kommen, das war es, was sie ihm ans Herz gelegt hatten.

Und Piers hatte auch nichts anderes vor. Wenn er irgendeine Veränderung spürte, würde er sofort zum Krankenhaus gehen, und er hatte Chris gebeten, ihn notfalls mit Gewalt hin zu schleifen, sollte das Virus doch noch da sein und ihn wieder kontrollieren wollen.

Natürlich hofften sie alle, dass das nicht passierte, dass es nun wirklich vorbei war, endgültig. Aber sie waren trotzdem auf alles vorbereitet, wollten keine unnötigen Risiken eingehen.

Übertreiben musste man jedoch auch nicht, und das war genau das, was Chris tat, seit Piers das Krankenhaus verlassen hatte.

Er wollte ihn in Sicherheit wissen, natürlich, aber er konnte den jungen Soldaten nicht einsperren, er konnte ihn nicht auf Schritt und Tritt bewachen und beschützen.

Piers wollte nach alledem ein möglichst normales Leben führen, und auch wenn er das Virus nicht einfach würde vergessen können, er wollte nicht jeden einzelnen Moment daran denken.

Doch Chris machte das mit seinem Verhalten beinahe unmöglich, so vorsichtig, beinahe ängstlich, wie er die meiste Zeit über wirkte.
 

Piers konnte verstehen, dass sein Captain besorgt war und Angst um ihn hatte, natürlich konnte er das.

Mehrmals wäre der Jüngere beinahe gestorben, und bisher hatte er nur bedingt Zeit gehabt, sich wirklich von alledem zu erholen.

Aber er hatte nun einen Monat im Krankenhaus verbracht, und in der Zeit hatte er sich gut ausruhen können.

Man hatte seinen Zustand überwacht, jede Veränderung beobachtet und alles getan, damit er wieder ganz zu Kräften kam.

Piers ging es gut, besser als er erwartet hatte.

Ja, das Virus konnte selbst jetzt noch irgendwo in seinem Blut sein, aber er wollte sich deshalb jetzt nicht ängstlich verkriechen und darauf warten, dass es sich zeigte.

Vielleicht hatte wirklich alles geklappt, vielleicht war es wirklich weg, und sie hatten endlich Ruhe.

Einen Monat lang hatten sie gewartet, sein Blut war täglich untersucht worden, und die Ärzte hatten nichts finden können.

Und auch, wenn das kein zwingender Beweis war, nach allem, was das Virus konnte, war es dennoch eine beruhigende Erkenntnis.

Und wenn das Virus doch noch da war, dann spielte es auch keine Rolle, was Piers tat, denn es würde sich nicht zurückhalten, nur weil er sich in Chris' Haus versteckte.

Der junge Scharfschütze wollte raus, an die frische Luft, unter Menschen.

Nach allem, was geschehen war, waren dies die ersten Tage seit China, in denen er sich wirklich fit und normal fühlte, in denen sein Leben wirklich weiter zu gehen schien.

Und das würde ihm auch Chris' Sorge nicht kaputt machen.

Er war dem Älteren wegen dieser nicht böse, er war nicht einmal wirklich genervt, aber ein wenig anstrengend war es eben schon.

"Mir geht es wirklich gut", fügte er seinen ersten Worten und dem Kuss nun noch hinzu, und er lehnte sich kurz etwas an Chris, genoss die Nähe zu seinem Captain, die Zweisamkeit, die die Anderen ihnen nun erst einmal gewährten.

Während Piers im Krankenhaus gewesen war, hatte Chris ihn jeden Tag besucht, und auch die Anderen waren hin und wieder gekommen, um ihn zu besuchen, um sich nach seinem Befinden zu erkunden.

Jake hatte sich endlich zu einem Gespräch mit Chris durch gerungen, und nachdem dieser ihm alles über Wesker erzählt hatte, was er wusste, hatte sich der Söldner erst einmal zurückgezogen, und Sherry hatte versprochen, sich um ihn zu kümmern, dafür zu sorgen, dass er nun nicht irgendwelche Dummheiten anstellte. Bei Jake wusste man ja nie.

Rebecca hatte sich irgendwann ins Labor verzogen, um dort einige Daten zu aktualisieren und nach weiteren Antworten zu suchen, während Miss Williams erneut von den Ärzten aufgesucht worden war, um über Chris zu sprechen.

Sie gab dem Captain an sich das Okay, wieder den Dienst aufzunehmen, machte jedoch auch klar, dass es sinnvoll war, ihn dennoch erst einmal zu beurlauben, bis sich alles wieder halbwegs normalisiert hatte, bis Piers sich wieder ganz ins normale Leben eingefunden hatte.

Jill war nach etwa zwei Wochen entlassen worden, sollte sich jedoch noch schonen und war ebenfalls erst einmal beurlaubt worden, was sie an sich nicht weiter störte. Ein wenig Ruhe tat auch ihr gut, und sie verbrachte jeden freien Moment mit ihrem Freund, ließ es sich aber auch nicht nehmen, sich ab und an bei Chris zu melden, um sich nach ihm und Piers zu erkundigen.

Neben Chris war Leon der Einzige gewesen, der Piers bis zu dessen letzten Tag Besuche abgestattet hatte, und erst als man den jungen Soldaten entlassen hatte, war auch der Special Agent verschwunden, um wieder seiner Arbeit nachzugehen.

Auf Chris' Bitten hin, ihn über etwaige Virusausbrüche zu informieren, oder alles, was Piers' Entfuhrung betraf, hatte Leon nur den Kopf geschüttelt und ihm sehr deutlich klar gemacht, was nun wichtig war, und worum er sich einzig und allein kümmern sollte.
 

Und seitdem waren Chris und Piers alleine gewesen, und so sehr sich der Scharfschütze auch über all die Besuche im Krankenhaus gefreut hatte, war er nun doch auch dankbar für ein wenig Ruhe und Zweisamkeit, auch, wenn Chris es ihm eben nicht immer leicht machte.

Aber das war okay, Piers verstand die Sorge des Älteren, und er wollte diese auch nicht mit Füßen treten.

Und auch jetzt versuchte der Scharfschütze, sich nicht zu beschweren, sondern Chris einfach zu beweisen, dass es ihm gut ging.

Und es schien auch zu klappen, oder es war Piers' Anschmiegen, das den Älteren dazu brachte, nichts mehr dazu zu sagen.

Stattdessen seufzte dieser nur leise, schlang die Arme um den jungen Mann und drückte ihn sanft an sich.

"Ich bin so froh, dich noch zu haben", flüsterte er, und Piers biss sich leicht auf die Lippen.

Er hatte gar nicht das Recht, sich zu beschweren.

Chris hatte solche Angst um ihn gehabt, der junge Soldat wollte sich gar nicht vorstellen, wie schlimm die Zeit seit China für den Älteren gewesen sein musste.

Ja, Chris mochte übervorsichtig sein, aber es war ihm nicht zu verübeln, und vermutlich wäre Piers an seiner Stelle nicht wirklich anders gewesen.

"Ich weiß. Ich bin auch froh, noch hier zu sein. Und ich... ich verstehe, dass du..."

Doch zu Piers' Überraschung unterbrach der Ältere ihn nun, schüttelte den Kopf und atmete tief durch.

"Ich sollte dir mehr vertrauen, ich sollte es nicht so übertreiben, das weiß ich. Die Ärzte haben gesagt, dass alles gut aussieht, du sagst, dir geht es gut... und ich sehe auch, dass du viel fitter bist als zuvor, dass du wie ein neu geborener Mensch wirkst..."

Er seufzte erneut, hauchte Piers einen Kuss auf die Stirn und schloss leicht die Augen.

Chris wusste, dass Piers es ihm ehrlich sagen würde, wenn etwas war, und er wusste ebenso, dass er den Scharfschützen nicht behandeln konnte wie ein kleines Kind.

Piers brauchte nun Normalität, er brauchte frische Luft, Menschen um sich herum, einen Captain, der sich nicht benahm wie eine überfürsorgliche Mutter.

Aber das war eben auch nicht ganz so einfach. zumal es auch nicht allein Piers war, der ihn bis in seine Träume verfolgte.
 

Wann immer Chris mal einen Moment lang Ruhe hatte, kamen die Erinnerungen hoch. An den Kampf gegen Haos und die Flucht in China, an Piers' Wohnung, als er den Jüngeren dort hatte liegen sehen, an die Momente, in denen er so verzweifelt versucht hatte, Piers zu reanimieren, und natürlich auch an das, was vor etwa vier Wochen in seinem Schlafzimmer passiert war.

Selbst nach all dieser Zeit zitterten Chris' Hände bei der Erinnerung, spürte er innerlich wieder diese Verzweiflung, war es, als würde er unter den Fingern wieder den harten Herzschlag spüren, die panischen Versuche, seinem Griff zu entkommen...

Jede Nacht hatte der Captain Albträume und wachte schweißgebadet auf, panisch, ängstlich, verzweifelt und voller Schuldgefühle. Aber auch die vorherigen Ereignisse in China und Edonia ließen Chris noch immer nicht wirklich los.

Er versuchte, sich Piers gegenüber nichts anmerken zu lassen, und trotz der guten Augen des Scharfschützen schien es sogar zu funktionieren.

Vielleicht hatte Piers aber auch eingesehen, dass Chris ohnehin nicht darüber reden würde, und ließ ihn deshalb in Ruhe.

So oder so war der Ältere dankbar, dass sein Liebster ihn nicht darauf ansprach.

Doch es wurde nicht besser, ganz und gar nicht. Chris hatte gehofft, dass er, nun da es Piers wieder besser ging und das Virus vielleicht ganz verschwunden war, all das nach und nach würde vergessen können, doch dem war nicht so.

Das alles wurde ihm wirklich zu viel, und auch wenn Miss Williams ihr Okay gegeben hatte, und er wieder offiziell Captain des Alpha-Teams war, war er doch nicht sicher, ob das wirklich eine gute Idee war, ob er wirklich weitermachen konnte.

Er hatte die Psychiaterin angerufen und ihr von seinen Zweifeln berichtet, jedoch nicht davon, wie schlimm es wirklich war.

Sie hatte ihm gesagt, dass er nun erst einmal zur Ruhe kommen sollte, dass er seine freie Zeit gemeinsam mit Piers genießen sollte, und danach würden sie weitersehen.

Hätte sie gewusst, wie es wirklich um den Soldaten stand, hätte sie ihn vermutlich gleich abholen lassen und ihn zu einem langen und intensiven Gespräch gezwungen, aber das wollte Chris nicht.

Und Miss Williams hatte Recht. Vielleicht half es wirklich, nun die freie Zeit zu genießen. Auch für ihn war es das erste Mal seit China, dass er wirklich Ruhe fand, und zudem war er es Piers schuldig, sich ein wenig zusammen zu reißen.

Piers war jetzt wichtig, nur er allein, um ihn musste Chris sich kümmern, auf ihn musste er aufpassen, und das, ohne ihn dabei zu erdrücken und zu bemuttern.
 

"Ist alles okay?", hörte Chris den Jüngeren mit einem Mal fragen, und er blinzelte leicht, blickte Piers in die Augen und bemerkte die leichte Sorge, die sich in ihnen widerspiegelte.

"Mir geht es gut. Ich hab nur etwas nachgedacht..."

"Nach dem Einkaufen sollten wir uns vielleicht beide ein wenig ausruhen. Wir könnten einen Film schauen oder so, und es uns einfach ein wenig auf der Couch gemütlich machen", schlug Piers nun vor, während er sich ein wenig von seinem Captain löste, diesen noch immer ein wenig kritisch betrachtend.

Ja, er hatte mitbekommen, was los war, natürlich hatte er das.

Zwar schlief Piers momentan im Gästezimmer und nicht bei Chris im Bett, da dieses einfach zu klein war auf Dauer, aber das Zimmer lag direkt neben dem Schlafzimmer, und so war dem Scharfschützen natürlich nicht entgangen, wie Chris immer wieder nachts aufschrak, teilweise sogar mit einem Schrei.

Aber er sagte nichts dazu, weil er wusste, dass es nichts brachte, weil er seinen Liebsten nun einmal kannte.

Chris würde nicht darüber reden wollen, und vor allem würde er Piers keine Sorgen bereiten wollen.

Doch der Jüngere hatte sich geschworen, etwas zu sagen, wenn das noch lange so weiterging.

Auch Chris brauchte Ruhe und musste sich mal richtig erholen, und mit diesen Albträumen würde das nicht funktionieren. Sie taten ihm nicht gut, und Piers wollte auch nicht, dass sein Captain so leiden musste, im Grunde wegen ihm, wegen alledem, was passiert war.

"Film und Couch klingt gut", erwiderte der Ältere nun, und Piers schüttelte die düsteren Gedanken ab und nickte leicht.

"Gut, dann ist das beschlossen. Dann sollten wir beim Einkaufen auf jeden Fall auch an ein paar Knabbereien denken."

"Und du bist wirklich sicher, dass du...?"

"Chris...!"

"Schon gut, schon gut, tut mir leid..."
 


 


 


 


 

Fast drei Stunden hatten sie gebraucht, um alles zu besorgen, und schließlich, nachdem sie die Tüten alle irgendwie im Kofferraum von Chris' Wagen verfrachtet hatten, machten sie sich auf den Rückweg.

Es war bereits dunkel, und ein leichter Regen hatte eingesetzt und prasselte beinahe ein wenig einschläfernd gegen die Scheiben des Autos.

Chris blickte kurz neben sich, und ein Lächeln huschte über seine Lippen, als er sah, dass Piers wohl eingeschlafen war und den Kopf etwas gegen die Scheibe gelehnt hatte, einen friedlichen Ausdruck auf dem Gesicht.

Doch gleich wurde sein Blick wieder ernst, und er festigte seinen Griff um das Lenkrad.

Irgendwo da draußen lauerte immer noch die Person, die Piers hatte entführen lassen, um ihn für irgendeine Forschung zu benutzen.

Die Leichen von Professor Jackson und Dr. Anderson waren beim explodierten Labor gefunden worden, ebenso wie weitere Leichen, von denen aber nicht alle hatten identifiziert werden konnten.

Dr. Anderson war, wie all die anderen Leute dort auch, offensichtlich infolge der Explosion verbrannt, doch bei Professor Jackson hatte man ein Einschussloch im Schädel gefunden.

Irgendjemand hatte ihn also getötet. Ob es Piers gewesen war, bei seiner Flucht?

Aber das konnte sich Chris nicht wirklich vorstellen. Es hatte noch eine weitere Leiche gegeben, bei der die Todesursache nicht ganz klar gewesen war, da ihr Genick gebrochen war und man einen großen Blutverlust festgestellt hatte, doch auch das konnte bei der Explosion passiert sein, oder durch Piers, oder durch sonstwen...

Professor Jacksons Tod jedoch war anders, definitiv nicht durch die Explosion hervorgerufen, und Chris fragte sich, wer ihn erschossen hatte. Möglicherweise sein Auftraggeber, vielleicht hatte ihm irgendetwas nicht gepasst, oder Jackson hatte gedroht, zu reden...

Piers erinnerte sich ja leider an gar nichts mehr, nicht an die Leute, nicht an die Experimente... Er wusste nur noch, dass man ihm mehrmals Blut abgenommen hatte, und dass er die meiste Zeit unter Einfluss irgendwelcher Beruhigungsmittel gestanden hatte.

Irgendetwas stimmte hier nicht, und Chris überkam ein mulmiges Gefühl, ein dicker Kloß bildete sich in seinem Hals. Irgendjemand wollte um keinen Preis, dass Piers sich erinnerte, dass er irgendetwas ausplaudern konnte.

Er dachte nicht an Wesker, noch nicht, er fürchtete eher, dass sich eine neue Organisation erheben konnte, oder dass vielleicht noch Reste von Umbrella oder Neo-Umbrella übrig waren.

Der Captain hatte zunächst vermutet, oder eher gehofft, dass nach Carla und Simmons nichts mehr übrig war, doch auf der anderen Seite waren diese Gedanken unsinnig gewesen. Neo-Umbrella hatte nicht nur aus diesen zwei Menschen bestanden, und Simmons' Einfluss war groß gewesen.

Am liebsten hätte sich Chris gleich in die Arbeit gestürzt, um mehr herauszufinden, aber man verweigerte ihm bei der B.S.A.A. jegliche Informationen.

Er hatte Urlaub und sollte sich um sich selber und Piers kümmern, bis man sich bei ihm meldete und ihm wieder eine Mission gab.

Der Soldat war darüber nicht sonderlich begeistert gewesen, aber jegliche weiteren Proteste waren einfach abgewimmelt worden, und schließlich hatte er sich geschlagen geben müssen.
 

"Piers? Aufwachen, wir sind da..."

Chris hatte seine Gedanken erst einmal beiseite geschoben und die restliche Fahrt hinter sich gebracht.

Er hatte den Wagen in der Einfahrt geparkt und sich abgeschnallt, und nun lehnte er sich ein wenig zur Seite, um sanft an Piers' Schulter zu rütteln.

Erst erhielt er gar keine Reaktion, und für einen kurzen Moment überkam ihn wieder Angst, dann jedoch murrte der junge Soldat leise und schlug die Augen auf.

"Bin ich etwa eingeschlafen?", nuschelte er, und Chris atmete innerlich auf und schüttelte nur grinsend den Kopf.

"Jag mir doch nicht so einen Schrecken ein..."

"Schrecken?"

"Nicht so wichtig. Komm, hilf mir, die Sachen ins Haus zu tragen", meinte Chris schließlich nur, öffnete die Wagentür, stieg aus und öffnete schließlich auch den Kofferraum, um ein paar der Tüten raus zu holen.

Er musste sich wirklich etwas mehr zusammenreißen, so konnte es nicht weitergehen.

Er konnte nicht, jedes Mal wenn Piers einschlief, sofort Angst bekommen, dass er bewusstlos oder gar tot war, dass er nicht mehr aufwachte. Damit tat er weder sich selber, noch Piers einen Gefallen.

'Ich werde echt zu alt, und dabei bin ich nicht mal ganz 40. Wie soll das nur enden...?", murmelte sich der Brünette in Gedanken zu, während er mit einer Hand nach seinem Haustürschlüssel kramte, die Tür aufschloss und schließlich mit einem Fuß aufstieß.

Piers war ebenfalls ausgestiegen, hatte sich zwei Tüten geschnappt und folgte seinem Captain nun ins Haus, wo er die Tüten abstellte, um gleich die nächsten zu holen.

Was hatte Chris nur gemeint? War er etwa bewusstlos gewesen und hatte nicht nur geschlafen?

Nein, Piers fühlte sich gut und nur ein klein wenig müde. Chris schien mittlerweile wohl einfach schon Angst zu bekommen, sobald Piers auch nur die Augen schloss.

Was sollte er nur mit ihm anfangen? Er musste ihm doch irgendwie helfen können. Aber wie?

Reden allein brachte nichts, und der Ältere blockte doch eh jedes Mal einfach nur ab.

Und Piers konnte auch schlecht Miss Williams herbeordern und Chris zu einem Gespräch mit dieser zwingen... oder doch?

Vermutlich würde der Captain ihm das niemals verzeihen, aber wenn es die einzige Möglichkeit war...
 

"Es tut mir leid..."

"Hu?"

Piers blinzelte leicht, neigte den Kopf zur Seite und stellte die letzten beiden Tüten auf den Boden.

Was meinte Chris denn nun schon wieder? Er hatte doch gar nichts gemacht oder gesagt.

"Dass ich mir so unglaublich viele Sorgen mache, dass ich dich behandle wie ein Kind, dass ich... solche Angst um dich habe..."

Piers biss sich auf die Lippen und senkte leicht den Blick bei Chris' Worten. Es ging also um das im Auto.

Es schmerzte ihn, den großen Chris Redfield so zu sehen. So zerbrechlich, so voller Angst und Sorge, das passte überhaupt nicht zu ihm.

"Ist schon gut", erwiderte er deshalb nur und schüttelte leicht den Kopf.

"Es ist ja nicht so, dass es mich wirklich nervt, ich... ich mache mir da eher Sorgen um dich."

"DU machst dir Sorgen um MICH?", hakte Chris nach und musste fast etwas lachen. "Ich bin nicht der, der..."

"Der was? Mehrmals fast gestorben wäre? Stimmt, der bist du nicht. Schlimmer noch, du bist der, der das immer wieder erleben musste. Der, der immer wieder damit klar kommen musste, in dessen Kopf sich all diese Bilder eingebrannt haben..."

Piers verstummte, seufzte leise, und schlang die Arme um seinen Liebsten, um sich, wie schon vor ihrer Abfahrt, ein wenig an ihn zu lehnen.

"Ich... ich weiß Bescheid", gab er nun doch zu und schloss für einen Moment die Augen, drückte den Kopf gegen Chris' Brust und atmete seinen Duft ein.

"Ich weiß von deinen Albträumen, ich weiß, dass du Nacht für Nacht aufwachst, teilweise schreiend. Ich weiß, wie sehr dich all das mitnimmt, dass du Angst hast, kaum dass ich die Augen schließe, kaum dass ich mal nicht sofort reagiere... So kann es nicht weitergehen, Chris. Du brauchst Hilfe. Wenn du nichts dagegen tust, dann... dann machst du dich am Ende kaputt, und dann bin ich es, der allein gelassen wird..."

Er verstummte, schwieg nun und biss die Zähen zusammen, während er sich noch enger an seinen Liebsten drückte.

Dieser würde nicht mehr lange durchhalten, wenn es so weiterging. Er schlief kaum durch die Albträume, und Piers bemerkte auch, dass er kaum Lust hatte, etwas zu essen, dass er sich eher dazu zwang.

Und wozu das führen konnte, hatte man ja im Krankenhaus gesehen, als Piers durch das Mittel der Wissenschaftler immer lustloser geworden war.

Chris' Psyche war instabil, und wenn er nun auch seinen Körper immer weiter vernachlässigte, würde er am Ende durchdrehen oder einfach zusammenbrechen. Und beides war nicht unbedingt gut.
 

"Was soll ich denn tun?", fragte der Captain nun nach einigen Momenten, in denen sie einfach so da gestanden hatten, und er schüttelte müde den Kopf.

"Red mit Miss Williams. Sicher, sie kann keine Wunder vollbringen, aber sie kennt sich auf dem Gebiet aus."

"Und dann? Denkst du, sie kann meine Ängste verschwinden lassen? Denkst du, ich kann alles einfach vergessen?"

"Natürlich nicht." Piers schüttelte den Kopf und hob den Blick, um Chris direkt in die Augen zu sehen.

"Aber du kannst auch nicht so weitermachen und alles in dich hineinfressen. Das hilft weder dir, noch mir, oder sonst irgendwem. Es macht dich kaputt, und es tut weh, das mit anzusehen..."

Wieder schwiegen sie beide und sahen sich einfach an, und Chris bemerkte die Sorge in Piers' Blick, ihm wurde klar, wie ernst die Lage war. Und der Jüngere hatte ja auch Recht.

So konnte es nicht weitergehen, das wusste Chris selber. Er hielt sich mit Kaffee wach nach seinen schlaflosen Nächten, er putzte täglich mehrmals das Haus und las fünfmal die Zeitung, um sich abzulenken und keinen freien Moment zum Nachdenken zu haben.

Natürlich war das auf Dauer keine Lösung, und es änderte ja auch nichts an dem Problem. Es ließ Chris' Ängste nicht einfach verschwinden, es löschte seine Erinnerungen nicht aus. Und diese drehten sich ja nicht allein um Piers, sondern auch um Edonia und China...

"Na schön...", murrte der Brünette schließlich, und er löste sich etwas von Piers und verschränkte leicht die Arme.

"Ich werde mit ihr reden, aber erwarte kein Wunder. Ich tue das für dich, weil du mich darum bittest, nicht weil ich glaube, dass es irgendetwas bringt..."

"Du musst dich schon darauf einlassen, sonst..."

"Für dich, Piers, und damit basta..."

Und mit diesen Worten drehte sich Chris von seinem Liebsten weg, nahm sich drei der Tüten und stapfte mit diesen die Treppe hoch und in die Küche, um dort alles zu verstauen.

Piers selber blieb noch einen Moment im Eingangsbereich stehen, dann schüttelte er den Kopf, atmete tief durch und nahm sich ebenfalls ein paar Tüten, um Chris zu folgen.

Wenigstens würde er überhaupt mit Miss Williams reden, das war schon mal besser als nichts, und vielleicht konnte sie ja wirklich irgendwie helfen.



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