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Normalität mit Biss

von

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Für eine bessere Zukunft

Immer wieder tauchte Harry aus seinem schlafähnlichen Zustand auf. Doch was er sah verwirrte ihn und so schloss er jedesmal wieder die Augen. Neben der Tatsache dass er nicht wusste wo er war - der Einrichtung nach nicht in der Kammer - tat es auch seinem dröhnendem Kopf gut. Merlin, spielte da eine Ogergruppe Fußball drinne? Egal, mit all dem wollte er sich jetzt nicht beschäftigen.
 

 

“Severus du kannst nichts tun. Seh lieber zu, dass du McGonagall erklärst was mit ihrem Goldjungen geschehen ist. So sie ihn denn vermisst. Von Suchaktionen ihrerseits habe ich die ganzen Tage nichts mitbekommen.” Eine Augenbraue hochgezogen fixierte er den hin und her tigernden Mann. Wenn das so weiterging hatte sein Teppich bald eine Lauffurche. Es war bereits dunkel draußen und laut seinem Überwachungszauber war Harry nur ein paar mal kurz wach geworden. “Ich denke, ebenso möchte unsere werte Ms. Lovegood wieder zurück nach Hogwarts.”

 

Doch das Mädchen nahm ihm den Wind aus diesem Argument. “Nö, ich bleibe hier. Zudem habe ich, während Sie hier wie Glucken herumgelaufen sind und Harry versorgt haben, Professor McGonagall schon Bescheid gegeben. Auch dass ich ebenso hier bin. Ich soll Sie grüßen und dafür sorgen, dass Mr. Snape ebenso wieder zu Kräften kommt. In Hogwarts, denn Sie erwartet ihn morgen pünktlich im Unterricht.” Ein Schnauben erfolgte seitens des Erwachsenen. “Poppy steht schon quasi parat um ebenso herzukommen, so sie nicht kooperieren.” Gab Luna monoton hinterher und spielte an einem komischen Ohrring.

  Einerseits bewunderte er die kleine Blonde für ihre Entschlossenheit und Treue gegenüber Harry, anderseits verfluchte er das Mädchen gedanklich dafür. Ehrlich gesagt wollte er alleine sein. Ok, Luna war nicht das Problem - Severus sehr wohl.

  Er hatte Harry vorhin genau zugehört und deutlich mitbekommen, was dieser dem Snape an den Kopf geworfen hatte. Auch hatte er den versteckten Kontext herausgehört. Es war dringend Zeit für ein Gespräch zwischen den beiden, aber erst mussten beide wieder auf dem Damm, zurechnungs- und aufnahmefähig sein.

  Räuspernd unterbrach er das Gespräch zwischen Lovegood und Snape. Wobei Severus eher darauf beharrte dass er hier blieb, und Luna scheinbar gelangweilt, sowie unbeeindruckt, in einem umgedrehten Klitterer blätterte. Wo auch immer die den her hatte.

  “Also meine Lieben, da ich der Hausherr bin, gilt mein Wort: Severus verschwinde, ruh dich aus und wenn es Harry besser geht, dann rufe ich dich. Ich glaube es ist vorerst besser wenn du nicht in seiner Nähe bist. Ms. Lovegood ich werde Ihnen ein Zimmer hier geben.”

“Lucius, aber ...”

“Keine Umstände, Mr. Malfoy. Ich schlafe bei Harry.”

“Werden Sie nicht!”, schnaubte Severus augenblicklich.

Die Augen verdrehend rief Lucius nach seiner Hauselfe und befahl ihr Severus hinauszubegleiten. Der Hausherr hatte die Nase voll von dem Kindertheater. Er wollte Luna zu Harry bringen, diesen noch einmal untersuchen und mit neuem Blut versorgen und dann ins Bett gehen. Der Streß nagte an Nerven und Geduld. Wenn er jetzt nicht die Reißleine zog, tat er noch etwas was er schnell bereute.

“Kommen Sie, Ms. Lovegood.” Und so deutete er dem Mädchen den Weg zu dem Jungvampir und zusammen ließen sie einen protestierenden und rebellierenden Severus Snape zurück.
 

 

Es war bereits vier Uhr Morgens und an richtigen Schlaf war in der Snapschen Lehrerwohnung nicht zu denken. Er war zwar ab und an weggenickt, aber dann kamen ihm irgendwelche Sequenzen und Gedanken der letzten Tage in den Sinn.

  Er fühlte die verwirrende Unsicherheit. Die erdrückende Ratlosigkeit. Die aufkochende Wut und auch ein Gefühl, was er in den letzten Stunden als Eifersucht erkannt hatte. Die Frage war nur: Auf wen war er eifersüchtig und warum überhaupt? Lucius, weil sich Harry in dessen Manor befand und der Mann diesen versorgte sowie behütete wie ein Vampir es eben tat?

  Severus hatte begriffen, dass es das Wesen in Lucius war, welches ihn bei der Suche nach Harry angetrieben hatte. Anscheinend hatte es so gut geklappt bei dem kurzen Besuch, dass Lucius den Jungen als seinen Schützling angenommen hatte. Das Problem an der Sache für Severus war der Gedanke, welchen Platz er selbst dann in Harrys Leben einnehmen sollte. Wenn Harry einen Vampir als Unterstützer und Beschützer haben konnte, was sollte er dann mit ihm? Sie waren nicht von einer Art und überhaupt … war irgendwie alles komisch zwischen ihnen. Immer wieder hatte Harry angedeutet, dass Severus sich nur wegen dem Versprechen gegenüber Lily um ihn kümmern und Sorgen würde. Konnte der Junge tatsächlich recht haben? War er immer noch nicht über all das hinweg? Nein, es konnte nicht nur das alte Versprechen sein, denn er hatte in letzter Zeit überhaupt nicht mehr daran gedacht. Nicht mal an Lily hatte er einen Gedanken verloren, und erstaunlicherweise hatte er bei dieser Feststellung kein schlechtes Gewissen.

  Es war jetzt eher die Sorge, ob Harry ihn noch als Ansprechpartner haben wollte, so er nun Lucius hatte. Nach der zweiten Flasche Elfenwein hatte er sich eingestanden dass es Harry selbst war, weswegen er so verrückt spielte. Er hatte sich an die Gesellschaft des Jungen gewöhnt, denn es war so angenehm und … einfach mit ihm. Wenn sie beide nicht gerade vollkommen aneinander vorbei redeten, dann war es wirklich nett mit dem kleinen Schwarzhaarigen die Zeit zu verbringen. Wenn da nicht dieser Dickkopf wäre …

  Apropos Dickkopf! Diese kleine blonde Ravenclaw, ja, für die musste er sich wirklich noch etwas ausdenken. Das Mädchen war heute eindeutig zu weit gegangen. Diese Unverschämtheiten ihm gegenüber war er nicht bereit durchgehen zu lassen! Und Lucius, sein angeblich bester Freund, hatte sich auch noch auf die Seite des Kindes gestellt. Ja, das Gör durfte anscheinend auch noch in Harrys Zimmer übernachten! “Die haben doch nicht mehr alle Zauberstäbe im Halfter!”, murmelte er düster, stürzte ein weiteres Glas Wein hinunter und erhob sich schließlich schwerfällig. Er musste morgen - heute - halbwegs ordentlich im Klassenzimmer stehen, sonst machte ihm Minerva garantiert die Hölle heiß.
 

 

“Hey Luna.” Schief lächelnd richtete Harry sich im Bett auf als das Mädchen leichtfüßig - barfuß - ins Zimmer tänzelte.

  Als er heute Morgen wach geworden war, hatte er erstaunt festgestellt dass Luna neben ihm gelegen und ihn beobachtete hatte. Dadurch hatte er auch erfahren dass sie in Malfoy Manor waren nachdem Severus und Lucius von Winky in die Kammer gebracht worden waren. Laut Luna konnte er darüber nur froh sein und wenn er die Hilfe von irgendeinem Eingeweihten abweisen würde, dann versprach sie ihm dauerhaft Kunstflügel anzuhexen.

  Harry wusste nicht mehr alles was in der Kammer geschehen war - ein Hoch auf guten, starken hochprozentigen Feuerwhiskey - und es war ihm auch relativ egal. Die wenigen Erinnerungen die er noch hatte, waren geprägt von Traurigkeit, Wut, Verzweiflung, Angst, Hunger und Selbstmitleid. War es Einbildung oder Wirklichkeit, dass er den armen toten Basilisken geschändet und sich mit Severus gezoffte hatte? Nun … zweiteres würde er wohl irgendwann notgedrungen erfahren.

  “Mir wurde gerade das ‘Du’ vom Hausherren angeboten. Ein seltsames Gefühl wieder in diesem Haus zu sein, findest du nicht?”, erkundigte sich Luna während sie ein Tablett mit Essen für Mensch sowie Vampir auf Bett schweben ließ und sich dazu setzte.

“Ja ist es. Die Erinnerungen welche wir mit diesem Manor verbinden, sind einfach nicht … schön. Aber findest du nicht, es sieht viel besser aus nach der Renovierung?” Zögerlich nahm er das von Luna angereichte Glas mit Blut entgegen. Genau so zögerlich nippte er daran. Es war befremdlich vor jemand anderem als Severus zu trinken. Selbst bei Lucius hatte er Hemmungen. Kurz kniff er die Augen zusammen um die Gedanken an einen gewissen Schwarzhaarigen zu verdrängen. Ein Glück war Luna in dem Punkt wirklich umgänglich und verzog nicht das Gesicht, sondern ging auf das Thema Manor ein.

Und so unterhielten die beiden sich über die Veränderungen des Hauses, der Angebot des ‘Dus’ und auch über die neuesten Entdeckungen von seltsamen Wesen.
 

 

  Einen Tag war Luna noch bei ihm geblieben, hatte ihn sogar dazu überredet zu duschen, frische Sachen anzuziehen und dann das Zimmer zu verlassen. Zusammen hatten sie den Tag bei Sonnenschein im Malfoyschen Garten verbracht. Entweder waren sie umhergestreift und hatten erstaunt festgestellt wie groß und wohlgepflegt das Grundstück war, hatten die Pferde geputzt und gefüttert, oder träge im Gras gesessen.

  So viel hatten sie gar nicht geredet und wenn, dann waren es oft Albereien. Harry hatte dieser Tag unglaublich gut getan, es fühlte sich so normal an. Luna war eine angenehme, ehrliche und doch verträumte, aber sehr verlässliche Gesellschaft. Bei einem der wenigen längeren Gesprächen hatten sie über die Zeit gesprochen, als ihr Kontakt nach dem Krieg und Harrys Umwandlung abgekühlt war. Er rechnete es dem Mädchen hoch an, dass sie sich nicht damit rausredete dass sie mit Neville zusammen war und dieser Angst vor Harry hatte. Nein, die Blonde schob niemand anderen vor sondern stand dazu, dass sie sich albern verhalten hatte. Sie hatte auf Hermine und Ron gehört, die ihn als ein Menschenfressendes Monster hingestellt hatten. Auch betonte sie immer wieder, dass es der Verdienst ihres Vaters war, welcher sie zum Nachdenken und nachlesen über Vampire gebracht hatte und damit für Harry wieder geöffnet hatte. Dank der reichhaltigen Datensammlung ihrer Familie hatte es Luna geschafft über ihren eigenen, laut ihren Worten dummen Schatten zu springen und auf Harry zuzugehen. Und der junge Vampir war darüber sehr, sehr dankbar.

  Doch nun war es soweit Abschied von Luna zu nehmen, da die Schulleiterin das Mädchen zurück ins Schloss beordert hatte. Eigentlich wollte die Frau sie beide wieder in der Schule haben, doch da Harry vorerst nicht gewillt war nach Hogwarts zurück zu kehren, stand Luna nun alleine die Rückreise via Kamin bevor.

  “Pass auf dich auf”, murmelte Harry und schloss seine Freundin in die Arme.

Diese erwiderte die Umarmung und legte ihre Wange an sein Schlüsselbein. “Du auch und … rede mit Lucius. Er mag dich sehr. Vergiss nicht was ich dir gesagt habe: Wenn ein Vampir sich einen Schützling ausgesucht hat, ist dies quasi unabänderlich und der Schutzbefohlene bedeutet automatisch Familie. Also genieß es ein wenig, bevor dich die Welt - die Realität - da draußen wieder verlangt.” Sanft hauchte die Lovegood einen Kuss auf die Wange. “Soll ich noch jemanden von dir grüßen?”

Lächelnd schüttelte Harry den Kopf; hielt Luna auf Armeslänge von sich und hauchte ihr schließlich ebenfalls einen Kuss auf die Stirn. “Nein, nur wenn Draco oder Severus dich fragen. Pass auf dich auf, Hogwarts ist ein Schlachtfeld.”

“Werde ich. Bis bald”, entschlossen löste Luna sich, trat zum Kamin,  nahm eine Hand Flohpulver aus der Schale auf dem Kaminsims und warf dieses in den brennenden Kamin. Ein letztes Winken und Zwinkern, dann verschwand die kleine Blondhaarige in den nun grünen Flammen.

 

  “Und du willst sicher nicht zurück?”

Leicht den Kopf schüttelnd drehte sich Harry zu Lucius herum. “Nein. Solange ich dich nicht störe, würde ich gerne noch ein wenig hier bleiben. Ein bisschen, entspannen und so.”

Lächelnd trat der Vampir auf ihn zu und legte eine Hand auf seine Schulter. “Du kannst bleiben, solange du willst. Und wenn du gar nicht zurück willst, dann kümmern wir uns um Hausunterricht.”

“Danke Lucius” Froh über so viel Verständnis umarmte er den Mann kurz. “Sag mal, wolltest du mir nicht noch was über das Rausfinden über die passende Blutgruppe beibringen?”

“Ja, klar. Na dann, auf ins Wohnzimmer. Da spricht es sich deutlich angenehmer”, gab der Malfoy gut gelaunt zurück und führte Harry aus der Empfangshalle.

 

  “Ok, also wenn ich jetzt hier ein Tropfen Blut drauf gebe, dann zeigt mir dieses .. Stück Papier an, welches die richtige Blutgruppe für mich ist?” Skeptisch blickte Harry zwischen Lucius und dem Blatt vor sich hin und her. “Mehr ist das nicht?”

“Ganz genau. Mehr ist es nicht. Ich habe es extra so entwickelt.”

“Wie jetzt, du hast es entwickelt?”

“Ja warum nicht? Es musste einfach eine bessere Variante als ‘Ausprobieren’ geben. Eine die nicht Schmerzen und Übelkeit mit sich bringt.”

“Moment mal, das ist alle mal besser als Versuch und Irrtum, aber das heißt ja ...

“Dass ich und jeder Vampir zuvor so verfahren mussten”, vervollständigte Lucius seinen Einwurf. “Man hat sich querfeldein ernährt und genommen was am wenigsten Probleme bereitet. So war es in alten Zeiten. Dann ging man dazu über sich eine Sorte nach der anderen mit Spritzen zu injizieren. Wobei … die meisten hörten nach ‘positiv’ oder ‘negativ’ auf. Nur die wenigstens wollten sich weiter quälen, wenn der für uns wichtigste Bestandteil geklärt ist. Der Großteil war sich auch nicht bewusst, welche Möglichkeiten sie verpassten. Welche Kraft eigentlich in ihnen schlummerte. Sie waren dem ‘einfachen Leben’ so nah, standen quasi davor und sahen es doch nicht.” Langsam schüttelte der Malfoy den Kopf, als wenn er dies nicht verstand. Und Harry konnte diesen Gedankengang nachvollziehen.

   “Der Mensch ist letztendlich doch ein bequemes, feiges Wesen. Ob nun Muggel oder Zauberer. Vampir, Werwolf oder weiß der Geier, man geht dann doch den Weg des geringsten Widerstandes”, murmelte Harry leise. Noch einmal stieg seine Bewunderung für den Vampir vor sich an. Dieser Mann hatte sich nicht einfach mit altbekanntem und bewährtem abgefunden, sondern hatte für sich, aber auch alle anderen, eine bessere Variante gesucht und gefunden. Und Harry war seinem Mentor dafür sehr, sehr dankbar. So biss er sich schließlich in den Daumen und ließ vier Tropfen schwer auf das Pergament vor sich fallen.

 

  Gebannt beobachtete er den kleinen roten Fleck, welcher sich erst aufwölbte und schließlich wie das überlaufende Wasser aus einem vollen Glas über den magischen Test floss.

Doch es breitete sich nicht ähnlich einer Pfütze aus, sondern fing plötzlich an Kreise zu ziehen. Schneller und schneller kreiste die Lebensflüssigkeit um sich selbst, so schnell, dass sie vor Harrys Augen schon wieder zu einer Einheit verschmolz. Ein roter Schleier legte sich über alles, sodass der Jungvampir sich fragte, ob die Blutgier wieder bei ihm durchbrach, also schloss er schnell die Augen.

  “Harry, schau. Du verpasst doch das Beste”, schmunzelte Lucius.

Seufzend öffnete Angesprochener wieder seine Augen. “Wow. Das ist ja wie … Magie!”, hauchte der Jüngere fasziniert bei dem Anblick vor sich. Diese Aussage war es, die Lucius ein Glucksen entlockte.

“Manchmal bist du wirklich ... unterhaltsam, Kleiner. Es mag dich ja vollkommen überraschen, aber wir sind Zauberer.”

Gespielt streckte Gefoppter die Zunge raus. “Haha, sehr lustig. Aber … ich meine … hallo? Das hier ist voll cool! Ich meine, wann sieht man schon mal tanzendes Blut?” Denn genau das war es, was den jungen Potter so faszinierte.

Da vor ihm tanzten acht kleine Männchen aus seinem Blut und tanzen war keine Übertreibung. Die kleine Blutfiguren drehten sich, sprangen und … schienen zu lachen.

  “Ich gebe zu, dass ich es da wohl etwas mit der Effekthascherei übertrieben habe. Nun ja, mir war langweilig”, gestand der ältere Vampir entschuldigend und zuckte mit den Schultern. Jedoch bekam der Mann nur eine lapidare Handbewegung von dem Jüngeren, dieser war nämlich viel zu sehr von dem Geschehen vor sich gefesselt. Die kleinen Männchen gaben sich gerade nacheinander die Hände, während Felder für jede Blutgruppe erschienen, und schlitterten dann jeder zu einem Feld.

“Was …”

“Sieh hin.”

Und das tat Harry, denn kaum dass die Blutfiguren auf ihren Plätzen waren, lösten sich die Gestalten auf und versickerten in den Pergament. Alle Tropfen bis auf einer und das Ergebnis ließ Harry leise stöhnen.

“AB negativ … das war so klar”, jammerte Harry und vergrub das Gesicht in den Händen. “Warum kann es nicht einmal einfach sein?”
 

 

   Leider musste Lucius sich eingestehen, dass ihn dieses Ergebnis nicht wirklich verwunderte. Nein, insgeheim hatte er genau damit gerechnet. Er hätte es schon als Glücksfall betrachtet wenn es B negativ gewesen wäre. Denn egal ob Muggel oder nicht, AB negativ war nun mal die seltenste Blutgruppe und B negativ die zweit seltenste. Null negativ Blut würde den Jungen zwar am Leben erhalten und keine unnötigen Schmerzen bereiten, aber die volle Kraft und ‘Leichtigkeit’ bekam der Jungvampir nur mit der passenden Blutgruppe. Leider konnte er Harrys Frage nur zustimmen, wann würde es für den Jungen einmal einfach und leicht werden? Das Schicksal schmiedete manchmal wirklich unfaire Pläne.

  Langsam stand er auf und ging zu dem Häufchen Elend auf der Couch herüber. Behutsam, als würde der Junge zerbrechen, setzte er sich neben diesen und zog ihn an sich heran.

“Wir kriegen das schon hin. Keine Sorge, in den Krankenhäuser weltweit gibt es passende Blutkonserven”, versuchte er den enttäuschten Jungvampir zu trösten, während er diesem über den Kopf strich.

Harrys nächste Worte ließen ein seltsames Gefühl in ihm emporsteigen. Eine Mischung aus Hochachtung und Missbilligung. “Nein Lucius …” Lächelnd blickte ihn der Kleine an. “Wir können nicht wegen mir die Blutbanken plündern, wo ich doch auch mit der bisherigen Sorte gut klar komme. Wirklich, mir geht es gut damit und es wird reichen. Entschuldige dass ich mich so beklage, wo ich doch eigentlich froh sein sollte dass ich überhaupt noch lebe. Ich habe wirklich Schlimmeres durchmachen müssen, als schlecht an die ideale Blutgruppe zu kommen. Mir geht es besser als vielen anderen auf der Welt - allein in England - und vor allem habe ich Draco, Luna, dich und Se … dich an meiner Seite.”

    Mehr als ein gehauchtes “Harry”, bekam Lucius ob dieser Worte nicht heraus. Doch er ahnte, dass er hier und jetzt nichts an Harrys Meinung ändern konnte und so entschied er sich das Thema vorerst fallen zu lassen. Fallen lassen, ja. Vergessen, nein!

 

   “Dann erzähl mir doch mal was schlimmer war. Mal abgesehen von deinen ganzen Kämpfen gegen Voldemort.”

Und so erzählte ihm Harry von dem Erlebnis als Lockhardt ihm alle Knochen wegzauberte anstatt sie zu heilen.  

“Ach und dann war da noch dieses Theater mit deinem Sohn”, kam es von Harry und grinste schief.

Ja, so wollte er den Jungen sehen. Gut gelaunt, frei, offen und einfach ein normaler Teenager.

“Welches meinst du jetzt genau? Eure kleinen Reibereien und Wettkämpfe im Quidditch sind wohl jedem Bekannt”, schmunzelte Lucius.

 

Leise lachend nickte der Potter. “Ja, die werden wohl in die Hogwarts Chroniken aufgenommen. Aber … sag mir nicht, Draco hat dir nicht brühwarm vom ‘Mistelunfall’ erzählt?” Neugierig neigte Harry den Kopf zur Seite und irgendwie hatte er Ähnlichkeit mit einer Katze in diesem Moment.

“Mistelunfall?”

  “Wow, ich dachte damit rennt er direkt zu dir”, gestand sein Gegenüber. “Also es war im Dezember meines fünften Schuljahres. Dumbledore hatte es für einen ‘genialen’ Einfall gehalten, überall im Schloss magische Mistelzweige entstehen zu lassen, sobald sich zwei Personen auch nur ansatzweise annährten. Nun ja, auf jeden Fall waren die Weihnachtsferien nicht mehr fern, Umbridge ging uns gewaltig auf den Zeiger und ich kam gerade von einer nervigen Stunde Wahrsagen. Mal ganz abgesehen davon, dass eh kaum einer was mit mir zu tun haben wollte, weil ich als Lügner galt. In dem Punkt fand ich Dumbledores Idee klasse, denn so bekamen auch alle anderen einmal zu spüren wie es war, wenn sich jeder von einem fernhielt.”

Überrascht von dieser düsteren Aussage, zog Lucius eine Augenbraue hoch. Tief in seinem Inneren war auch der kleine Held nur ein verbittertes Kind welches sich nach Zuneigung, familiären Halt, sowie Freunden sehnte.

“Egal, also ich war abgelenkt auf dem Weg in die Halle fürs Mittagessen und es kam wie es kommen musste: Draco und ich trafen aufeinander, keiften uns an und wurden schließlich von einem lachenden Blaise abgelenkt.”

Nun brauchte der Erwachsene alle Selbstbeherrschung um nicht zu lachen. “Lass mich raten, der Zauber wirkte.”

Schnaubend verschränkte Harry die Arme. “Du liegst richtig und wir kamen wegen dem Zauber nicht weg. Nicht wenn wir uns nicht küssen oder Dumbledore den Zauber löst.”

“Und mein Sohn hat garantiert gezetert wie ein Bowtruckle, oder?” Lucius durfte sich die Szene auf keinen Fall bildlich vorstellen, denn dann war es ihm garantiert nicht mehr möglich die Fassade aufrecht zu erhalten. Aber bei Merlin, es war verdammt schwer. Vor allem weil sein Sohn, im Gegensatz zu ihm selbst, etwas homophob war. Oder besser gesagt damals gewesen war.

“Ich hab ihn letztendlich geschockt und einfach geküsst. Ich gestehe, sein Theater hat mich genervt, also hab ich eine Spitze drauf gelegt und einfach über seine Lippen geleckt. Der Blick war herrlich.”

Einen Moment herrschte Schweigen, dann verlor Lucius seine Selbstbeherrschung und brach in herzhaftes Gelächter aus, worin Harry umgehend einstimmte.

   “Herrlich, danke dass du mich daran hast teilhaben lassen Harry. Wenn Draco jetzt mal frech wird, hex ich ihm einfach einen penetranten Mistelzweig über den Kopf.” Eine Vorstellung welche wieder für herzhaftes Lachen bei beiden sorgte.

“Oh ja, bitte. Aber sag Bescheid, da will ich bei sein”, gluckste der Junge neben ihm und wischte sich die Lachtränen aus dem Gesicht.

“Möchte da etwa jemand wieder meinen Sohn küssen?”, mutmaßte Lucius gespielt überrascht und zog eine Augenbraue empor.

Augenblick riss Harry die Augen auf und schüttelte hektisch seinen Kopf. “Nein, nein. So meinte ich das doch gar nicht. Ich meinte doch nur…”

Leise lachelnd strich er dem überrumpelten, stotterten Jungen durch die Haare und eine Strähne aus dem Gesicht. “Keine Sorge, Kleiner. Ich zieh dich doch nur auf.” Erleichtert und zugleich ertappt blickte der Jungvampir ihn an. “Also, es ist schon spät. Was hälst du davon wenn wir den Elfen noch ein wenig Arbeit geben und ich erzähle dir während eines leckeren Essen von Dumbledores Aktionen zu meiner Zeit?” Geschmeidig erhob er sich um für sie beide eine Karaffe Blut zu holen.

Harrys leise Worte in seinem Rücken bestätigte eine seiner Vermutungen. “Wie soll ich jemand anderen ernsthaft küssen wollen, wo ich doch …”

 

Nachdenklich blickte er zu dem in sich zusammen gesunkenen Jungen, welcher auf die ineinander gefalteten Hände starrte.

Ja, das mit Harry und Severus war weit über den Status Schüler-Mentor hinaus. Die beiden hatten es nur noch beide nicht richtig begriffen und vor allem war eine ganze Menge Ungesagtes zwischen ihnen. Aber Lucius wollte helfen.

Na wenn das mal nicht das größte und komplizierteste Projekt seines Lebens wurde bei den beiden Sturköpfen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Andreana
2018-06-14T11:15:50+00:00 14.06.2018 13:15
Ich mag Luna. Sie ist mir einer der liebsten Charakter aus der Harry Potter Welt. Deine Kapitel sind mal wieder sehr gut geworden. auch wenn ich das warten nicht leiden kann freu ich mich schon aufs nächste Kapitel
Antwort von:  Chaosbande
23.09.2018 18:14
Huuuuch, ich hab ja gar nicht geantwortet!
Das mit Luna geht mir ebenso, sie ist einfach was besonderes.
Nachdem ich die Story ein wenig ... stark ... vernachlässigt habe, gibt es heute was neues.


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