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Perfekt

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Vorwort zu diesem Kapitel:
Hi,

so, jetzt also viel Spaß mit "Perfekt". :) Komplett anzeigen
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schade, dass die Geschichte so wenig Anklang findet aber es geht trotzdem weiter... Komplett anzeigen
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besser spät als nie. =) Komplett anzeigen
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es geht weiter.... Komplett anzeigen
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kein Interesse mehr? Oder habe ich euch mit dem Pairing verschreckt? ;D Komplett anzeigen
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ich führe meinen Monolog einfach weiter. =) Komplett anzeigen
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es geht weiter und wenigstens einem kann in diesem Kapitel schon geholfen werden. Komplett anzeigen
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heute die erste Hälfte der Verhandlung.

Viel Spaß Komplett anzeigen
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weiter geht's.... Komplett anzeigen
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liest hier irgendwer noch mit oder kann ich mir die Mühe einer weiteren Geschichte sparen?

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bin gerade privat sehr eingespannt und daher keine Antworten, tut mir leid. Ich hol es nach sobald ich wieder etwas Luft habe.

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ich bin morgen auf Achse, deswegen gibt es das Kapitel schon heute auch wenn ich bezweifle, dass es überhaupt jemand liest. Komplett anzeigen
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ich bin morgen nicht da und deswegen gibt es das Kapitel schon heute. Komplett anzeigen
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ein gesundes neues Jahr wünsche ich allen. =) Komplett anzeigen

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Kapitel 1

Kapitel 1
 

Sein Vater würde ihn in die geschlossene Abteilung des St. Mungo einliefern lassen wenn er wüsste, was er hier gerade machte. Ihm entfuhr ein leises Schnauben, wahrscheinlich würde sein Dad es gar nicht mitkriegen und selbst wenn, er war doch sowieso eine Enttäuschung für seine Familie, das schwarze Schaf. Er war so völlig anders als seine Geschwister, er unterschied sich so extrem von seiner gesamten Familie, dass er manchmal dachte, dass er adoptiert war. Nun, wäre er seinem Vater nicht so perfekt aus dem Gesicht geschnitten gewesen, hätte er wirklich daran glauben können aber nein, dieselben Gesichtszüge, dieselben schrecklichen Haare und dieselben, verdammten grünen Augen. Er hasste seine Augen denn immer bekam er zu hören, „die hast du von deiner Großmutter, einer sehr bedeuteten Frau, du kannst stolz auf sie sein.“

Ja, ja, er kannte den Schrott mittlerweile auswendig. Wieder ein Schnauben während er sich umsah, dieser verdammte Hauself sollte doch längst wieder da sein. Doch dann zuckte er mit den Schultern, er hatte noch die ganze Nacht Zeit und so schweiften seine Gedanken wieder zu sich und seiner Familie, und ihren Unterschieden.
 

Er war in Slytherin und egal was sein Vater ihm damals am Bahnhof in King's Cross gesagt hatte, er war enttäuscht gewesen. Er, ein Potter, in Slytherin, das war etwas was seine Eltern schwer enttäuschte. Sowohl sein Bruder James wie auch später seine Schwester Lily waren nach Gryffindor gekommen, nur er, als Einziger in der Familie war zu den Schlangen gekommen. Und ja, er fühlte sich dort wohl.

Die Wahl seiner Freunde. Auch hier enttäuschte er seine Eltern denn sein bester Freund war ein Malfoy. Auch wenn Scorpius so gar kein typischer Malfoy war, was der in Slytherin zu suchen hatte, war Albus immer ein Rätsel gewesen. Aber sie waren Freunde und durch die Blume hatte ihm sein Vater zu verstehen gegeben, dass er diese Freundschaft nicht gut hieß. Es war nicht so als würde Albus das wirklich interessieren aber es schmerzte irgendwie.

Er hasste Quidditch. Ein Punkt, der in einer Quidditchverrückten Familie echt zu Problemen führen konnte. Seine Mutter war Jägerin bei den Holyhead Harpies, sie hatte zu den Schwangerschaften immer ausgesetzt aber nachdem die Kinder aus dem Gröbsten raus waren, hatte sie ihre Karriere wieder neu gestartet. Sehr zu ihrer Freunde waren zwei ihrer Kinder in ihre Fußstapfen getreten. James spielte seit dem vierten Schuljahr in der Hausmannschaft von Gryffindor als Hüter, er hatte jetzt, im letzten Jahr, schon Angebote einiger Teams für eine spätere Quidditchkarriere. Er war der Stolz seiner Eltern. Albus schnaubte als seine Gedanken zu seiner Schwester glitten, sie spielte seit diesem Schuljahr ebenfalls in der Hausmannschaft, allerdings als Sucherin. Er erinnerte sich noch gut an die stolzen Gesichter ihrer Eltern als sie es ihnen mitteilte. Damit wandten sich seine Gedanken seinem Vater zu.

Sein Vater, der große Harry Potter; der Mann, der den Dunklen Lord besiegte; der Mann, der noch immer täglich Fanpost bekam und von aller Welt angesehen war. Er war Leiter der Aurorenzentrale, hoch angesehen und von allen geliebt. Wie er ihn manchmal hasste. Ein Plopp riss ihn aus seinen Gedanken, er sah zu dem Hauself, der vor ihm erschienen war.

„Hast du alles erledigt?“, fragte er.

„Fino hat alles erledigt“, sagte das Wesen aber es klang sehr unglücklich dabei.

„Gut, und du wirst es weiter tun. Verstanden?“

„Fino möchte Master Snape nicht hintergehen.“

„Du gehörst mir also tust du was ich dir sagen, verstanden?“, fauchte Albus.

Sofort nickte der Elf, die langen Ohren schlackerten umher.

„Dann denk dran, jeden Morgen, drei Tropfen in seinen Kaffee und wehe, du lässt dich erwischen“, knurrte Albus nochmal, „hast du mich verstanden?“

„Ja, Master Potter, Fino hat verstanden. Fino wird gehorchen. Braucht Master noch etwas?“

„Nein, verschwinde.“

Mit einem Plopp verschwand der Hauself und ließ ihn mit seinen Gedanken allein zurück.

Severus Snape. Schulleiter von Hogwarts, sein Namensgeber und der Mann, in den er sich unsterblich verliebt hatte. Etwas, was fast keiner wusste und was niemals jemand verstehen würde. Er verstand es selber nicht, der Mann war älter als sein Vater, sah furchtbar aus aber dennoch wollte er ihn haben. Musste ihn haben. Doch er wusste auch, dass er freiwillig nicht mal mit ihm reden würde also musste er einen anderen Weg gehen.

Der erste Schritt war gemacht, mit Hilfe eines verbotenen Tricks hatte er sich einen Hauselfen untertan gemacht. Es war eigentlich ganz einfach, ein spezielles Band, selber hergestellt aus Wolle, zwei Einhornschweifhaaren und seinen eigenen Haaren, welches er mit einem alten Zauber verzaubert hatte. Dieses Band bewirkte, wenn man es einem Hauselfen umlegte, etwas ganz Einfaches: der Hauself wurde zu absolutem Gehorsam gezwungen. Egal was man sagte oder verlangte, der Hauself musste gehorchen und wenn man ihm verbot etwas darüber zu sagen, musste er sich auch daran halten. Leider funktionierte das Band nicht bei freien Elfen sondern nur bei versklavten Hauselfen aber das war egal denn dieser dämliche Hauself war ja nicht frei. Genau dieses Band hatte er dem persönlichen Hauselfen von Severus Snape umgelegt, es hatte lange gedauert bis er ihn erwischt hatte aber im Endeffekt war es ihm gelungen.

Damit war der zweite Schritt seines Plans in Kraft getreten. Ein Trank, fast völlig geschmacks- und geruchslos, einmalig eingenommen, bewirkte er eine schwache Zuneigung, welche maximal vierundzwanzig Stunden anhielt. Nicht mal genug um ein vernünftiges Gespräch zu führen oder Jahre langen Hass zu überwinden aber er hatte ja Zeit. Denn wenn man diesen Trank über einen längeren Zeitraum einnahm, überwand er selbst den tiefsten Hass und wandelte ihn erst in Zuneigung und dann in Liebe um. Natürlich musste man diesen Trank dann immer nehmen aber damit konnte Albus leben, Hauptsache er bekam diesen Mann.

In den krakeligen Notizen, die er darüber gefunden hatte, stand zwar keine genaue Zeitangabe aber es war von Monaten die Rede. Gut, dass sein sechstes Schuljahr hatte gerade erst angefangen hatte, er hatte also Zeit. Er hoffte, dass der Trank bis Weihnachten seine Wirkung völlig entfacht hätte. Dann würde er in Hogwarts bleiben, auf diese dämlichen Familienfeste konnte er getrost verzichten, und sich eine schöne Zeit mit dem Mann machen, der so sehr liebte. Albus streckte sich, er hatte die ganze Nacht in diesem leeren Klassenzimmer verbracht und seine Knochen taten weh, sein Rücken knackte bei der ungewohnten Bewegung. Es wurde Zeit wieder ins Bett zu gehen.

Mit einem Griff hatte er den Tarnumhang in der Hand, natürlich gehörte er normalerweise James, dem Erstgeborenen, dem Goldjungen seiner Eltern aber sein Bruder war so eingebildet, dass er ihn einfach offen liegen gelassen hatte. Tja, Pech für ihn, jetzt gehörte er ihm. Mit einer flüssigen Bewegung warf er ihn über und schlich vorsichtig zur Tür raus, die verdammte Karte hielt sein Vater ja unter strengstem Verschluss, da kam nicht mal James ran. Aber gut, er war geübt darin sich durch Hogwarts zu bewegen ohne gesehen und gehört zu werden und so erreichte er die kahle Steinmauer im Kerker sehr schnell.

„Schlangenhaut.“

Ein leises Knirschen erklang als die Steine sich langsam bewegten und schließlich ein Loch bildeten. Möglichst lautlos huschte er hinein, der Gemeinschaftsraum war kalt und leer, was um kurz vor eins auch kein Wunder war. Genauso leise wie er Hogwarts durchquert hatte, huschte er in den Gang, der zu seinem Zimmer führte, die Tür knirschte leise als er sie aufschob. Al hielt inne, lauschte, hörte aber nichts außer den gleichmäßigen Atemgeräuschen seines Zimmerkameraden und besten Freundes. Scorpius hatte es also wieder nicht mitbekommen, dass er das Zimmer verlassen hatte. Er genehmigte sich ein Grinsen während er zu seinem Bett schlich, er zog sich schnell und leise um und legte sich dann hin.

Seine Gedanken kreisten um den Zaubertrank und Severus Snape, er wollte diesen Mann. Der Trank musste einfach bei Severus funktionieren, denn dass er bei Anderen funktionierte, wusste er. Er hatte den Trank im letzten Schuljahr an seinen Klassenkameraden ausprobiert und keiner hatte etwas gemerkt und er hatte die Konzentration anpassen können. Mit einem Grinsen dachte er an sein erstes Opfer, die Konzentration war viel zu hoch gewesen und in dieser Nacht hatte er seine ersten Erfahrungen mit einem anderen Jungen machen können. Seitdem war er vorsichtiger geworden und nach fast fünf Monaten experimentieren, hatte er die perfekte Dosis raus gehabt. Jetzt musste er nur noch Geduld haben und dann würde Severus ihm gehören. Mit diesem, sehr zufriedenstellenden Gedanken, schlief er schließlich ein.
 

„Erklärst du mir nochmal warum ich so früh aufstehen musste?“, gähnte Scorpius hinter vorgehaltener Hand.

„Deswegen halt“, gab sein bester Freund abwesend zurück. Sein Blick lag auf dem Lehrertisch, der bis auf Professor McGonagall noch leer war. Kein Wunder, es war erst kurz nach Sieben und die Tische waren fast alle noch leer. Die meisten Schüler würden erst gegen halb Acht hier auftauchen um zu frühstücken, die ganz Späten auch erst um Acht. Dann hatten sie zwar nur noch fünfzehn Minuten um zu frühstücken und in den Unterricht zu kommen aber das interessierte sie meistens nicht.

Scorpius gähnte nochmal und griff nach seinem Kaffee, er würde heute mehr als eine Tasse brauchen um wach zu werden. Er hätte nie gedacht, dass eine halbe Stunde Schlaf so viel ausmachte. Sein Blick wanderte zu Al, der immer noch zum Lehrertisch sah und wieder einmal wunderte er sich über dieser krasse Besessenheit seines besten Freundes. Denn eine Verliebtheit konnte man das nicht nennen, das war reine Besessenheit. Er sah kurz auf sein Handgelenk und das dunkle Schwurmal darauf.

Sein Vater war beinah explodiert als er das Mal gesehen hatte aber er hatte es nicht ändern können, er hatte den unbrechbaren Schwur geleistet und daran konnte er nichts ändern. Sein Vater war sehr enttäuscht von ihm gewesen, ein Malfoy hielt immer erst zu seiner Familie und nicht zu einem Potter denn auch wenn Scorpius nichts gesagt hatte, sein Vater wusste einfach, dass es etwas mit Al zu tun hatte. Damit hatte er auch Recht aber er würde nie etwas sagen, wer würde ihm schon glauben? Ein Sechstklässler, der sich in Professor Snape verliebt hatte? Das war so krass und abwegig, dass er es selber nicht wirklich glauben konnte.

Ein Blick zur Seite als er ein leises Seufzen hörte, belehrte ihn wieder einmal eines Besseren. Severus Snape hatte die Halle gerade durch den Seiteneingang betreten und setzte sich, Professor McGonagall nickte er lediglich zu. Scorpius dachte darüber nach, was er über den Mann wusste, kam aber zu dem Schluss, dass es nicht viel war.

Er war Tränkemeister, Träger des Merlin-Ordens erster Klasse wegen seinem Einsatz gegen den Dunklen Lord und er war, seit dem Tod des Selbigen, Schulleiter von Hogwarts. Er unterrichtete nicht mehr, auch wenn es ein offenes Geheimnis war, dass er manchmal Nachts im Tränkelabor war und dort braute. Warum er nicht mehr unterrichtete, wusste keiner. Er war früher ein guter Freund der Malfoys gewesen aber irgendwann hatte sein Vater mit ihm gebrochen, da musste er ungefähr ein Jahr alt gewesen sein und er erinnerte sich nicht mehr an ihn. Sein Vater hatte nie wieder von ihm gesprochen. Allgemein war wenig von Professor Snape bekannt, er redete wenig und ging den meisten Menschen aus dem Weg. Er hielt keine großen Reden, lediglich am Anfang und am Ende eines Schuljahres hörte man eine kurze Rede aber sonst? Nein, sonst hörte man ihn selten, oder sah ihn auch selten. Allgemein konnte man sagen, dass er sehr zurückgezogen lebte.
 

Albus beobachtete wie sein Auserwählter die Halle betrat, kurz dieser furchtbaren Verwandlungslehrerin zunickte und sich dann setzte. Der Blick aus diesen beeindruckenden schwarzen Augen schweifte kurz über die Halle und zeitgleich flogen die Posteulen in die Halle ein. Er kam immer um diese Uhrzeit, immer direkt vor den Posteulen, von denen eine auf ihn zuflog. Sie ließ den Tagespropheten neben seinen Teller fallen und flog wieder ohne eine Bezahlung zu erhalten. Albus hatte nachgeforscht, Severus bezahlte den Preis für den kompletten Monat immer am Anfang des Monats.

Er beobachtete ihn wie er den Propheten auf schlug während sein Frühstück vor ihm erschien, eine Tasse voll schwarzem Kaffee mit zwei Stück braunem Kandiszucker und zwei Scheiben Toast. Dazu gab es immer abwechselnd entweder Rührei oder zwei Spiegeleier, meist drei oder vier kleine, gegrillte Würstchen und gebackene Champignons oder gebratene Zucchini. Ja, Albus wusste das alles, wie oft hatte er, versteckt unter seinem Tarnumhang, hinter ihm oder vor dem Tisch gestanden und hatte ihn beobachtet. Er wusste alles, was er gerne trank, was er gerne aß, dass er beim Essen nicht redete und dass er es hasste wenn er beim Lesen gestört wurde. Albus wusste alles und er liebte diesen Mann über alles, und schon bald würde er es ihm beweisen können.
 

Der glasige Blick sagte Scorpius alles, sein bester Freund war mal wieder völlig weggetreten. Mit einem Schulterzucken packte er ein paar Scheiben Toast, ein paar Würstchen und zwei der Tomaten ein, wenn Albus später wieder klar denken konnte, würde er es dankbar annehmen. Es war Scorpius sowieso ein Rätsel, dass diese Gafferei noch nie jemanden aufgefallen war. Aber wahrscheinlich interessierte es auch keinen denn seit Professor Snape nicht mehr unterrichtet und damit auch keinen direkten Kontakt zu den Schülern hatte, war er den meisten Schülern egal. Viele der jüngeren Jahrgänge glaubten die Geschichten über ihn sowieso nicht mehr. Selbst Scorpius fiel es schwer diesen schweigsamen Mann mit dem Mann aus den Geschichten seines Vaters in Verbindung zu bringen. Er konnte ihn sich nicht als strengen und von allen verhassten Tränkelehrer vorstellen. Nach einem kurzen Blick auf seinen Nachbarn, der noch immer zum Lehrertisch sah, zuckte er erneut mit den Schultern und begann dann selbst zu frühstücken.
 

Da. Severus griff nach der Tasse und trank einen Schluck. Würde er etwas bemerken? Albus zitterte vor Aufregung denn wenn Severus jetzt etwas merkte, war sein ganzer Plan zum scheitern verurteilt. Er entließ die angehalten Luft in einem erleichterten Seufzen als Severus seinen Kaffee ganz normal trank und dann weiter las. Er hatte nichts bemerkt. Albus musste sich zusammen reißen um nicht laut auf zujubeln oder vor Freude aufzuspringen, seinem Plan stand nichts mehr im Wege. Jetzt musste er nur noch warten, hoffentlich dauerte es nicht zu lange.
 

„Guten Morgen, Professor Snape“, sagte Albus höflich als er ihm knappe vier Wochen später zufällig im Korridor begegnete.

Der Mann stockte kurz im Schritt, sah ihn aber dann an und nickte kurz bevor er einfach weiter ging.

Albus sah ihn kurz nach bevor sich langsam ein sehr breites, zufriedenes Grinsen auf seinem Gesicht ausbreitete. Letzte Woche hatte er ihn noch völlig ignoriert, genau wie jeden anderen Schüler aber jetzt, jetzt hatte er reagiert. Noch ein paar Wochen und er würde ihn bestimmt mal anlächeln und dann könnte er ihn bestimmt auch mal ansprechen. Albus freute sich jetzt schon darauf. Ein Gong ertönte und ihm entfuhr ein Seufzen, er kam schon wieder zu spät zum Unterricht und wenn er ehrlich war, hatte er so gar keine Lust. Er warf einen Blick in den Korridor, er war alleine also konnte ihn auch keiner zwingen. Scorpius würde schon für ihn mitschreiben also machte er sich auf den Weg zum See, er wollte noch etwas in Gedanken schwelgen. Es war ja nicht das erste Mal, dass er dem Unterricht fern blieb, bis jetzt hatte es keinen interessiert.
 

Nun, dieses Mal interessierte es jemanden denn bereits am nächsten Tag erwartete Albus ein sehr unerwarteter Besucher als er aus der letzten Nachmittagsstunde kam. „Dad?“

„Ja, Albus. Wir müssen reden“, gab Harry sichtlich beherrscht zurück.

Die restlichen Slytherins machten einen Bogen um den großen Harry Potter während Scorpius nur einen mitleidigen Blick für ihn übrig hatte, er hatte ihn ja gewarnt, dass sein wiederholtes Schwänzen Folgen haben würde.

„Mr. Potter, was machen Sie denn hier?“

Mit einem Lächeln wandte sich Harry der Lehrerin zu, die gerade den Raum verschließen wollte, „Professor McGonagall, es ist lange her. Ich bin wegen diesem jungen Mann hier. Ich habe einen Brief von Ihrem liebenswerten Vorgesetzten bekommen.“

Albus zuckte zusammen während Minerva ernst nickte und sagte, „ich hatte schon früher damit gerechnet, es wundert mich, dass er es so lange geduldet hat.“

„So lange?“, fragte Harry misstrauisch nach.

Minerva nickte wieder, deutete aber dann in den Klassenraum und erst nachdem die Tür hinter ihr, Harry und Albus ins Schloss gefallen war, fuhr sie fort, „ja, so lange. Mr. Potter schwänzt schon seit zwei Monaten regelmäßig den Unterricht. Wenn ich fragen darf, was hat Severus denn geschrieben?“

„Dass mein Sohn gestern nicht zu Zaubertränke erschienen ist. Von den Wochen davor hat er nicht ein Wort verloren“, sagte Harry mit einem strengen Blick auf seinen Sohn, der auf seinem Stuhl saß und mehr bockig als beschämt wirkte.

„Nun, das ist sehr seltsam. Ich hätte gedacht, dass er Ihnen sofort schreibt.“

„Nein, ich habe gestern den ersten Brief bekommen. Professor, dürfte ich kurz allein mit meinem Sohn reden?“

„Aber bitte sagen Sie doch Minerva, ich fühle mich sonst älter als ich bin.“

„Gerne, aber nur wenn du Harry sagst“, sagte Harry lächelnd.

„Aber gerne und red dem jungen Mann ins Gewissen, er kann sich so viele Fehlstunden nicht leisten wenn er seine UTZs bestehen will“, sagte Minerva mahnend bevor sie Harry nochmal zu nickte und dann ging.
 

Harry wartete bis die Tür erneut geschlossen wurde bevor er sich seufzend auf einen Stuhl fallen ließ und seinen Sohn vorwurfsvoll ansah. Als dieser gar nicht reagierte, fragte er, „hast du mir gar nichts zu sagen?“

„Was soll ich schon sagen? Ich habe geschwänzt“, kam patzig zurück.

„Warum hast du geschwänzt?“

„Weil ich keine Lust hatte“, maulte Albus, den wahren Grund würde er seinem Vater nie sagen.

„Keine Lust? Albus, ich habe auch mal keine Lust aber ich muss trotzdem arbeiten. Deine Mutter hat auch mal keine Lust und muss trotzdem fliegen. Deine Geschwister haben garantiert auch nicht immer Lust, wer hat das schon? Albus, du musst dich zusammen reißen“, mahnte Harry.

„Ich hatte aber keine Lust, ganz einfach.“

„Nein, so einfach ist das nicht. Du gehst hier zur Schule und da kannst du nicht tun und lassen was du willst. Merlin, warum kannst du nicht ein bisschen so sein...“

„Wie wer? Wie James, euer Lieblingssohn?“, fauchte Albus während er aufsprang und seinen Vater wütend ansah.

Dieser ließ sich davon nicht beeindrucken und sagte, „weder deine Mutter noch ich haben ein Lieblingskind.“

„Nein, ihr habt zwei. Einen Sohn und eine Tochter, nur scheiße, dass da noch ein mittleres Kind ist. Euch wäre es doch am Liebsten gewesen wenn ich gar nicht geboren wäre sondern gleich Lily nach James gekommen wäre. Dann hättet ihr euch nicht mit mir belasten müssen und ich wäre nicht so eine Enttäuschung für euch gewesen“, knurrte Albus.

Mit jedem Wort war Harry blasser geworden, er liebte seine Kinder, alle Drei gleich auch wenn Albus wirklich die meisten Probleme machte. „Das ist Blödsinn, Albus. Wir lieben euch alle Drei gleich“, sagte er.

„Das kommt nur leider nicht so an. Der große James, genauso toll und großartig wie sein Opa. Der gleiche Scherzkeks aber bekommt er für seine Streiche irgendwann Ärger? Nein, natürlich nicht, da wird darüber gelacht und gesagt, er ist wie sein Opa, wir können ja so stolz sein“, fauchte Albus, „und natürlich ist er der Star der Quidditchmannschaft, was will man mehr? Da muss man ja als Eltern stolz sein.“ Harry wollte ihn unterbrechen doch Albus fuhr ihm über den Mund noch bevor er etwas sagen konnte, „und die kleine Lily, das geliebte Mädchen. Von allen verhätschelt und verwöhnt, es ist schließlich ein Mädchen. Kommt so ganz nach ihrer Oma, dieser liebenswerte Charakter, ach wie süß. Dann ist sie dieses Jahr auch noch ins Quidditchteam aufgenommen worden, hach, was sind wir alle stolz. Da müssen wir natürlich feiern und der armen, kleinen Lily gleich mal einen neue Ausrüstung und einen neuen Besen schenken, sie soll doch gut sein.“

„Albus, bitte.“

„Die Familie könnte so perfekt sein wenn es da nicht das schwarze Schaf der Familie gäbe. Dieses verdammte mittlere Kind, das so gar nicht in die Familie passt. Könnte man es doch nur ungeschehen machen aber nein, man muss sich ja damit rum schlagen“, höhnte Albus.

Sein Vater starrte ihn absolut fassungslos an, er wusste nicht, was er sagen sollte und er hatte auch das Gefühl, dass es momentan keinen Sinn machte. Egal, was er sagen würde, sein Sohn würde ihm gerade gar nichts glauben. Es sah auch nicht so aus als wäre Albus schon fertig denn er holte gerade erneut Luft um dann fort zu fahren.

„Ich war euch doch noch nie gut genug. Weder bei der Wahl meiner Freunde, noch bei meinen Noten. Ihr habt doch an allem etwas auszusetzen gehabt.“

„Ein Malfoy als Freund ist auch gewöhnungsbedürftig und deine Noten sind wirklich miserabel“, sagte Harry, der jetzt seine Stimme wieder fand.

„Ihr kennt Scorpius doch gar nicht, ich durfte ihn nie mit nach Hause bringen auch wenn James und Lily ständig Freunde mitbringen dürfen. Das nur wegen eurem kindischen Streit mit seinem Vater“, maulte Albus, „und ich bin in keinem Fach schlechter als A.“

„Du wolltest wohl sagen, nicht besser als A. Albus, falls es dir entfallen sein sollte aber mit einem Annehmbar hast du die Aufgabe gerade so geschafft, alles darunter ist durchgefallen. Und was zwischen deiner Mutter und mir und Draco Malfoy ist, geht dich nichts an“, gab Harry etwas strenger als gewollt zurück.

„Klar, es geht mich nie was an. Ich bin ja nur der dumme, kleine Junge, dem man einfach so seine Freunde verbieten kann, ohne jede Erklärung, klar, das ist auch so toll. Warum auch was erklären, man ist ja ein Kriegsheld!“

„Albus, du solltest daran denken mit wem du redest“, mahnte Harry.

„Natürlich, es tut mir ja sooo leid. Dann bin ich jetzt am besten ruhig, lausche den weisen Worten meines Vaters, entschuldige mich dann für mein Leben und dann sind wir wieder eine große, glückliche Familie“, höhnte Albus und schnitt seinem Vater gleich nochmal das Wort ab, „verzeih wenn ich für diesen Schwachsinn keine Zeit habe. Wie du schon gesagt hast, ich habe miserable Noten also geh ich jetzt brav in mein Zimmer und lerne.“ Noch ohne eine Antwort abzuwarten, schnappte er sich seine Tasche und stürmte aus dem Raum.

Harry sah ihm wie versteinert hinterher bevor er seufzte, „das ist doch alles nicht wahr.“ Sein Blick fiel auf den Brief, den er noch immer in den Händen hielt und kurz überlegte er ob er zu Snape gehen sollte um mit ihm zu reden. Er entschied sich dann dagegen, er verspürte kein gesteigertes Bedürfnis danach diesen Mann zu sehen. Er würde ihm einen Brief schreiben wenn er wieder daheim war aber erst mal musste er mit Ginny reden. Nie hätte er gedacht, dass eines ihrer Kinder so schlecht von ihnen dachte. Mit einem Seufzen erhob er sich und machte sich auf den Weg nach draußen, warum gab es in Hogwarts immer noch keinen Apparierpunkt?
 

Ratlosigkeit hatte sich im Hause Potter breit gemacht. Ginny und Harry saßen in der Küche, jeder eine Tasse vor sich und überlegten seit geraumer Zeit was sie jetzt mit ihrem mittleren Kind machen sollten.

„Hat er vielleicht Recht?“, fragte Harry irgendwann leise.

„Was meinst du?“

„Naja, wir haben dem jungen Malfoy nie eine Chance gegeben und wenn wir mal ehrlich sind, wir haben sowohl James' wie auch Lilys Aufnahme in die Quidditchmannschaft sehr groß gefeiert.“

„Bei Albus gab es nichts zu feiern. Harry, seine Noten sind immer schlechter geworden. In den ersten Klassen war er noch sehr gut aber mittlerweile habe ich die Angst, dass er keinen einzigen ZAG bekommt. Was soll dann aus dem Jungen werden?“, fragte Ginny traurig.

„Vielleicht setzen wir ihn zu sehr unter Druck.“

„Welcher Druck? Harry, wir haben die gleiche Schule besucht und wir hatten noch ein paar andere Probleme, die er jetzt nicht hat. Unsere Noten waren wesentlich besser, genau wie die von James und Lily. Er ist einfach nur faul.“

„Das glaube ich nicht. Ginny, du hast nicht gehört, was er alles gesagt hat.“

„Er ist sechzehn, er ist mitten in der Pubertät, er braucht einfach klare Grenzen“, sagte Ginny ernst, „er wurde genauso erzogen wie James und Lily, er ist einfach nur bockig.“

„Aha.“

„Harry, erinnere dich doch mal an James, der hat das mit vierzehn, fünfzehn auch gemacht, da müssen wir nur konsequent bleiben und ein Malfoy kommt mir nicht ins Haus.“

Harry sah seine Frau etwas hilflos an, er wusste, dass er keine Chance hatte und so nickte er nur niedergeschlagen.

„Hast du Snape schon geschrieben?“, fragte Ginny jetzt.

„Nein. Wieso?“

„Schreib ihm, dass wir uns darum kümmern und dass er uns schreiben soll wenn Albus wieder schwänzt.“

„Du willst Snape auf unseren Sohn ansetzen? Geht das nicht etwas weit? Du weißt, was er von mir hält.“

„Ach komm, das ist ein erwachsener Mann, der wird über diese Kindereien hinweg sein. Er soll froh sein, dass er noch lebt. Also schreib es ihm schon.“

„Mach ich“, seufzte Harry. Er hatte es schon sehr früh aufgegeben sich gegen seine Frau zu stellen, er hatte eh keine Chance. Sie kam immer mehr nach ihrer Mutter und hatte ihre Familie im festen Griff, zusätzlich noch zu ihrem Job. Er fragte sich manchmal, wann sich Ginny so verändert hatte?

„Harry?“

„Ja?“

„Schreibst du ihm?“

„Ja, mach ich. Musst du nochmal weg oder können wir uns einen schönen Abend machen?“, fragte Harry.

Ginnys Blick ging zur Uhr, sie schüttelte dann den Kopf und meinte, „ich habe noch eine Besprechung für das Training morgen. Tut mir leid.“

„Schon gut, Training ist wichtig. Wird es sehr spät?“

„Ja, wahrscheinlich schon. Du musst nicht auf mich warten.“ Ginny erhob sich, gab ihm einen Kuss und verschwand dann, Harry hörte ihre Schritte auf der Treppe und seufzte leise.

Wie lange war es jetzt schon her, dass sie sich einen Abend zu zweit gegönnt hatten? Wann war die Zweisamkeit aus ihrer Ehe verschwunden? Er seufzte nochmal, erhob sich aber dann um die Tassen wegzuräumen und in sein Büro zu gehen, er wollte den Brief für Snape schnell hinter sich bringen.
 

„Wo willst du um diese Uhrzeit hin?“, fragte Scorpius.

„Nur noch ne Runde spazieren gehen“, gab Albus abwesend zurück.

„Wir haben morgen ein sehr wichtiges Experiment in Zaubertränke vor uns, da solltest du ausgeschlafen sein.“

„Bin ich schon, keine Angst. Nur eine Runde, ich kann eh noch nicht schlafen.“

„Al, komm schon, bleib hier. Du wirst noch erwischt werden, auch mit Tarnumhang. Du hast doch schon genug Ärger mit deinen Eltern, musst du es wirklich noch provozieren?“, fragte Scorpius vorsichtig.

Doch sein Gegenüber winkte ab und griff nach dem Tarnumhang, „Mich hat nie jemand bemerkt, dann wird es auch jetzt keiner. Ich geh nur spazieren.“

„Führt dich dein Weg zufällig zum Tränkelabor?“

„Kann sein.“

Scorpius schüttelte den Kopf, sein bester Freund war völlig in seinem Wahn gefangen also sagte er nichts mehr.

„Ich bin auch leise wenn ich wieder komme“, versprach Albus bevor er umdrehte und ging.

Das leise gemurmelte, „Das kann nur schief gehen“, hörte er nicht mehr.
 

Er war wie immer unendlich vorsichtig und leise aber auch unendlich nervös. Seit drei Wochen kam er jeden Tag hierher aber sein Severus war nicht im Labor gewesen. Dabei hatte er ihn immer so gerne beobachtet, still und leise auf einem Stuhl sitzend und jeden Handgriff beobachtend. Wieso kam er nicht mehr? Sonst war er doch auch mindestens ein Mal die Woche hier. Lag es an seinem Trank? Er konnte sich nicht vorstellen, dass er eine negative Auswirkung hatte, schließlich war ihm an seinen Klassenkameraden nie etwas aufgefallen. Gut, die hatten den Trank auch nie so lange genommen wie Severus es jetzt schon tat.
 

Zwei Monate. Aber bis auf ein Nicken im Korridor hatte sich nichts verändert, so langsam könnte sich schon etwas mehr tun. Albus schlüpfte in den Raum und schlich zu seinem Stuhl, er würde wieder fast die ganze Nacht darauf warten, dass Severus kam und solange konnte er nachdenken.
 

Ob er selbst auf Severus zugehen sollte? Aber wie? Er konnte ja schlecht zu ihm gehen und ihn küssen, auch wenn er sich nichts mehr wünschte. Aber das ging nicht, schließlich wusste er nicht wie weit der Trank schon wirkte. Eine Abfuhr von dem Mann, den er liebte, würde er nicht verkraften. Also konnte er nur warten und hoffen, dass er bald eine Veränderung bei seinem Severus feststellen würde. Aber wie könnte er ihm dann gegenüber treten? Das Beste wäre, wenn er ihn hier, in der Einsamkeit des Kerkers erwischen würde, dann würde sich Severus bestimmt auch nicht wehren. Albus machte sich keine Illusionen, er war sich sicher, dass sich Severus gegen seine Gefühle wehren würde.

Aber nicht weil er ihn nicht wollte, nein, sondern weil es, in den Augen der Anderen, wohl unmoralisch wäre. Er war schließlich ein paar Jahre jünger als Severus und dazu noch minderjährig, keiner würde diese große Liebe verstehen. Er rechnete mit extrem viel Widerstand aber das war ihm egal, er wollte diesen Mann und wenn sein Trank richtig wirkte, würde er ihn auch wollen. Albus begann langsam zu schwärmen, wie es wohl sein würde wenn er und sein Severus endlich ein Paar waren.
 

Ein Geräusch riss Albus aus der Planung ihrer gemeinsamen Wohnung. Ein Lichtschein drang unter der Tür durch bevor sie geöffnet wurde und genau der Mann eintrat, auf den er seit drei Wochen wartete. Langsam betrat Severus den Raum, verschloss die Tür sorgfältig hinter sich und ließ dann erst unzählige Kerzen zum Leben erwachen. Er durchquerte das Zimmer wie immer sehr langsam um ins Nebenzimmer zu gehen und seine Zutaten zu holen. Nie benutzte er ein Rezept, er arbeitete immer frei aus dem Kopf heraus, wieder etwas, was Albus so unendlich faszinierend an ihm fand. Er blieb auf seinem Stuhl sitzen während Severus den Raum wieder betrat, die Zutaten hielt er mit Hilfe des Zauberstabes vor sich in der Luft.

Wieder wunderte sich Albus etwas, warum trug er sie nicht? Die momentane Zaubertränkelehrerin betonte immer wieder, dass die Zutaten mit möglichst wenigen Zaubern in Kontakt kommen sollten. Es beeinflusste die Wirksamkeit. Dass ein so großartiger Tränkemeister wie Severus freiwillig einen eher nutzlosen Zauber auf die Zutaten anwandte, verwunderte Albus immer aber es würde schon seine Gründe haben. Ein Messer und ein Schneidebrett flogen zu Severus, die Zutaten landeten vorsichtig auf dem Tisch und schon begann er zu arbeiten. Dass die linke Hand teilweise zitterte, ignorierte Albus, sein Severus war perfekt, einfach perfekt.
 

Die ganze Nacht beobachtete Albus seinen Angebeteten wie er langsam und umsichtig einen Trank braute, den er kurz vor Sonnenaufgang in kleine Phiolen füllte. Wie jedes Mal erschien ein Hauself ohne, dass Severus etwas sagte und nahm die Phiolen mit. Albus hatte eine dieser Phiolen einmal im Krankenflügel gesehen als er James nach einem Quidditchunfall besucht hatte. Sein Severus braute also Tränke für die Krankenstation, natürlich, wer sollte das auch sonst machen? Die Schüler waren zu dumm dafür.

Mit Bedauern sah Albus zu wie Severus seinen Arbeitsplatz mit dem Zauberstab säuberte, den Kessel säuberte und wegräumte und sich dann anschickte den Raum zu verlassen. Es gab keine übrig gebliebenen Zutaten, die er wegräumen musste. Dunkelheit hüllte Albus ein, die Tür fiel leise ins Schloss, wurde aber nicht verschlossen. So war es immer und wie immer würde Albus warten bis die Schritte schon eine Weile verstummt waren bevor er sich auf den Weg in sein Zimmer machen würde. Zum Schlafen war es zu spät und er war eh zu aufgeregt um zu schlafen. Aber das war alles egal, er durfte die Nacht bei seinem Angebeteten verbringen, das machte ihn einfach nur glücklich.

Kapitel 2

Kapitel 2
 

Scorpius überlegte mittlerweile ernsthaft wie man einen unbrechbaren Schwur aufheben konnte. Das Verhalten seines besten Freundes nahm langsam krankhafte Züge an und er war sich sicher, dass er sich selbst zu Grunde richten würde. Er seufzte leise, er erntete damit zwar seltsame Blicke von seinen Schulkameraden aber sonst wurde er weitestgehend ignoriert. Manchmal war der Name Malfoy doch zu was gut, keiner wagte es ihn dumm anzusprechen. Sein Blick ging wieder zu Albus, der wie besessen zum Lehrertisch starrte und so langsam richtig verzweifelt wirkte. Und Scorpius wusste auch warum, Professor Snape war nicht zum Mittagessen erschienen.

„Wo ist er?“, hörte er Albus neben sich sagen.

„Al, was hältst du davon wenn du was isst?“, war die Gegenfrage.

„Ich habe keinen Hunger, wo ist er?“

„Woher soll ich das wissen? Al, iss endlich was, du hast schon zum Frühstück nichts gegessen.“

„Ich habe keinen Hunger“, fuhr Albus seinen besten Freund an bevor er aufsprang.

„Wo willst du hin?“, fragte Scorpius verzweifelt.

„Ich muss wissen, was mit ihm ist.“

„Aber wir haben noch Schule.“

„Mir egal“, rief Albus während er schon die Halle durchquerte.

Verwirrte Blicke folgten erst Albus bevor sie sich zu Scorpius wanden, der sie ignorierte und sich ebenfalls erhob. Er musste dringend in die Bibliothek, vielleicht fand er doch noch etwas um den Schwur wenigstens in einem Punkt zu umgehen. Er musste dringend mit jemanden über Albus reden. Auch wenn er es ihm geschworen hatte, Albus brauchte dringend Hilfe und die konnte er ihm nicht bieten. Er hoffte, dass er eine Möglichkeit fand.
 

Wie von Sinnen hetzte Albus durch die Korridore, er sprang die Treppen förmlich runter und schrie der Steinmauer schon von weitem das Passwort entgegen. Er wartete nicht bis sich der Durchgang ganz gebildet hatte sondern quetschte sich, kaum, dass sich ein paar Steine zur Seite geschoben hatten, hindurch. Dass er sich dabei seine Schuluniform teilweise zerriss, war ihm egal. Er bekam es nicht mal richtig mit. So schnell er konnte, rannte er in sein Zimmer, holte den Tarnumhang unter seinem Bett vor und rannte genauso schnell wieder nach draußen. Er musste wissen was mit seinem Severus war.
 

Unter dem Tarnumhang verborgen, suchte Albus erst den Krankenflügel auf. Es konnte ja sein, dass sein Severus hier war und dann könnte er im Gespräch bestimmt belauschen, was er hatte. Doch bis auf zwei Drittklässler, die mit einer allergischen Reaktion auf eine Trankzutat reagiert hatten, war der Flügel leer also machte er sich auf den Weg zum Wasserspeier.
 

Dort angekommen, musste er sich allerdings in Geduld üben denn er kam nicht an dem Wasserspeier vorbei. Egal wie oft er hier schon gewesen war, er hatte noch nie ein Passwort gehört. Wenn Severus in sein Büro wollte, tippte er den Wasserspeier mit dem Zauberstab an und wenn ein Lehrer zu ihm wollte, schwang der Wasserspeier von selbst auf. Er hatte noch nie erlebt, dass ein Schüler ins Schulleiterbüro gerufen wurde und so blieb ihm nichts anderes übrig als zu warten. Er ließ sich an der Wand entlang auf den Boden gleiten, die Augen fest auf den Wasserspeier gerichtet. Er würde warten, hier ging es schließlich um seinen Severus.
 

Der Gong, der den Beginn des Abendessens einläutete, ließ Albus hoch schrecken, er war so in Gedanken gewesen, dass er nicht gemerkt hatte, wie schnell die Zeit vergangen war. Er streckte sich vorsichtig, sorgsam darauf bedacht, dass der Tarnumhang nicht verrutschte und ihn so enthüllte und sah dann wieder zum Wasserspeier. Ein Schleifen erklang, er kannte dieses Geräusch und hatte den ganzen Tag darauf gewartet. Tatsächlich, nur wenige Momente später glitt der Wasserspeier zur Seite und enthüllte die Wendeltreppe, von der bereits Schritte erklangen.

Schwarze Stiefel kamen in sein Blickfeld und kurz darauf der Mann, um den er sich den ganzen Tag gesorgt hatte. Es ging ihm also gut, oder nicht? Albus behielt ihn ganz genau im Auge als er an ihm vorbei Richtung Treppe ging. Derselbe Gang wie immer, dieselbe Haltung wie immer, nichts deutete irgendwie darauf hin, dass es ihm schlecht ging. Aber warum hatte er dann beim Mittag gefehlt? Er musste sich ein frustriertes Seufzen verkneifen, schließlich sollte sein Severus nicht auf ihn aufmerksam werden doch dann erhob er sich und machte sich ebenfalls auf den Weg in die Große Halle.

Scorpius würde schon auf ihn warten und ihn mit irgendwelchen dämlichen Fragen nerven. Ja, er war sein bester Freund aber manchmal ging er ihm ganz gehörig auf die Nerven. Aber er brauchte seine Unterstützung, schließlich hatten sie exakt dieselben Fächer und Scorpius schrieb für ihn mit. Dennoch nervte er ihn manchmal, er verstand einfach nicht, dass sein Severus zu ihm gehörte. Nun, irgendwann würde er es verstehen, irgendwann würden es alle verstehen.
 

Langsam aber sicher zweifelte Albus daran, dass sein Trank so wirkte, wie er wirken sollte. Erst letzte Nacht hatte er diese verfluchten Hauselfen zusammen geschrien. Hatte ihm vorgeworfen, dass er den Trank nicht in Severus' Kaffee tat aber der Elf hatte ihm glaubhaft versichert, dass sein Severus den Trank seit fast dreieinhalb Monaten zu sich nahm. Ihm lief die Zeit davon, in einer Woche begannen die Weihnachtsferien und er musste nach Hause. Er hatte seine Eltern angefleht, dass er in Hogwarts bleiben wollte aber seine Mutter bestand auf seine Anwesenheit beim alljährlichen Weihnachtsessen mit der Familie. Pfft. Wie er es hasste. Und dann auch noch auf gut Freund tun, schrecklich. Leise Schritte rissen ihn aus seinen Gedanken, er hatte nicht aufgepasst wo er hinlief und blieb überrascht stehen als Severus plötzlich vor ihm stand. „Ähm, Verzeihung, Professor Snape“, brachte er gerade so heraus.

Schwarze Augen sahen ihn undurchdringlich an, völlig ohne Gefühlsregung doch dann änderte sich etwas in ihnen. Albus war sich sicher, da war ein Schleier über dem sonst so ungetrübten Schwarz. Lag das an seinem Trank? Severus nickte ihm jetzt kurz zu und ging dann an ihm vorbei, Albus verkniff sich das wütende Fluchen, welches in seiner Kehle brannte. Er lauschte den Schritte seines Severus, die plötzlich hinter ihm verstummten. Überrascht drehte sich Albus um, Severus konnten noch nicht an der Treppe sein und er konnte sich nicht vorstellen, was er in den Klassenräumen wollte. Und tatsächlich, Severus stand mitten im Gang und hatte sich halb zu ihm umgedreht, einen seltsamen Ausdruck im Gesicht.

„Ist noch irgendetwas, Sir?“, fragte Albus neugierig.

Severus schien zu überlegen, schüttelte dann kurz den Kopf und wand sich erneut zum gehen, blieb aber dann doch nochmal stehen. Er nickte Albus kurz zu, ein unmerkliches Zucken lag um seinen rechten Mundwinkel bevor er wirklich ging, fast schon fluchtartig verschwand er den Gang entlang.

Ein Lächeln, das war ganz eindeutig ein Lächeln gewesen. Albus konnte sein Glück kaum fassen, das war wirklich ein Lächeln. Sein Severus hatte ihn angelächelt. Langsam aber sicher breitete sich ein breites Lächeln auf seinem Gesicht aus während er sich umdrehte und förmlich zurück in den Kerker schwebte. Dass er eigentlich in die Bibliothek wollte, hatte er völlig vergessen.
 

In eben dieser Bibliothek saß Scorpius jetzt schon seit Stunden und hatte bis jetzt doch nichts Brauchbares gefunden. Der unbrechbare Schwur hieß nicht nur wegen dem tollen Namen so. Er hätte es sich besser überlegen müssen und jetzt verstand er auch die Reaktion seines Vaters denn er hatte sich nicht nur zu Lebzeiten an Albus gebunden. Selbst wenn sein bester Freund mal starb, konnte er nicht über dieses Thema reden oder schreiben ohne selbst zu sterben. Müde und frustriert raufte sich Scorpius die Haare, das war doch alles nicht wahr. Er hatte sich, in einem unbeobachteten Moment in die verbotene Abteilung geschlichen und dort alle Bücher über den unbrechbaren Schwur zusammen gesammelt. Dann alle Buchtitel verzaubert und so saß er jetzt über unzähligen Büchern über die Geschichte der Zauberei. Seine wenigen Freunde hatten nur einen Blick auf die Titel geworfen und sich dann sehr schnell verabschiedet, kein Wunder, das Thema war schon im Unterricht sterbenslangweilig. Wahrscheinlich war Professor Binns an Langeweile gestorben und hatte es nicht mal bemerkt, das würde erklären warum er immer noch unterrichtete.

Sein Blick schweifte über die aufgeschlagenen Bücher, nur er erkannte die wirkliche Schrift aber es brachte ihm nichts. Er konnte mit niemanden über das Thema Albus und Snape reden, er konnte niemanden etwas schreiben und auf Fragen konnte er nicht antworten. Ein Gedanke blitzte in ihm auf, wurde Schweigen auch als Antwort gezählt? Schnell blätterte er das wichtigste Buch auf der Suche nach einer Antwort durch. Er konnte sich einen leisen Freudenschrei nicht verkneifen, was sofort einen missbilligenden Blick von Madame Pince zur Folge hatte aber er ignorierte ihn und vertiefte sich in das Kapitel.
 

Scorpius ging langsam und nachdenklich durch die Korridore. Wenn er das Buch richtig verstanden hatte, hatte er eine Möglichkeit gefunden um mit Anderen über das Thema zu reden. Oder besser gesagt, zu schweigen. Wenn ihm jemand eine Frage stellte und das Schweigen als Ja festgelegt wurde, konnte er als Ja wirklich schweigen und die Frage somit beantworten. Allerdings brachte ihn das nicht weiter denn wer kam auf die Idee, dass sich Albus in Professor Snape verschossen hatte und förmlich von ihm besessen war? Und wer käme auf die weitere Idee, diese Tatsache gerade mit ihm zu bereden? Niemand. Gut, also stand er wieder am Anfang seiner Probleme. Er würde also weiter versuchen an Albus' Verstand zu appellieren auch wenn er befürchtete, dass das sinnlos war.
 

„Er hat mich angelächelt“, mit diesem Satz und einem Lächeln, so breit wie der Horizont, wurde Scorpius empfangen als er den gemeinsamen Schlafsaal von sich und Albus betrat.

„Aha“, war alles was er sehr vorsichtig raus brachte.

Albus war bei dem Thema sehr explosiv und da war es sicherer wenn man mit seinen Worten sehr vorsichtig war. „Scorpius, hast du mir zugehört? Er hat mich angelächelt“, wiederholte Albus, immer noch mit einem breiten Lächeln.

Allerdings sah Scorpius nicht nur dieses Lächeln sondern auch den irren Glanz in seinen Augen. „Das ist doch schön, oder?“

„Natürlich. Endlich wirkt er.“

„Endlich wirkt wer?“, fragte Scorpius misstrauisch nach.

Er wurde abschätzend gemustert bevor Albus mit den Schultern zuckte und begeistert erklärte, „ich habe einen Trank gefunden, der Hass in Liebe umwandelt. Mein Severus trinkt diesen Trank jeden Morgen mit seinem Kaffee und bald, ja bald liebt er mich und dann können wir zusammen sein. Und er hat mich angelächelt, Scorpius, ist das nicht toll?“

Scorpius musste sich zu einem Lächeln zwingen, er war sich sicher, dass es sehr gequält wirkte aber Albus schien es nicht zu merken, er freute sich weiter über das Lächeln 'seines' Severus. Und Scorpius wurde in diesem Moment klar, dass sein bester Freund schlicht und einfach absolut wahnsinnig war und das er dringendst Hilfe benötigte. Aber er konnte ihm nicht helfen ohne den Schwur zu brechen. Langsam schlich er zu seinem Bett, Albus hatte sich wieder zu dem Bild auf seinem Nachttisch umgedreht und plapperte etwas von einer gemeinsamen Zukunft vor sich hin, und ließ sich darauf sinken. Er musste irgendetwas machen, aber was? Momentan war er absolut hilflos.
 

Was war nur los mit ihm? Er fühlte sich schon seit Wochen so seltsam doch da er keinerlei Krankheitsanzeichen zeigte, konnte er auch keinen Trank dagegen nehmen. Am Anfang hatte er gedacht, dass er etwas Falsches oder Schlechtes gegessen hatte aber eine Nachfrage bei seinem Hauselfen Fino hatte nichts erbracht. Severus schüttelte kurz den Kopf, er fühlte sich so an als wäre er in Watte gepackt, bevor er die Tür öffnete und die Große Halle zum Frühstück betrat. Er nickte den Lehrern zu während er auf seinen Platz zuging und sich setzte. Minerva, die direkt neben ihm saß, warf ihm einen seltsamen Blick zu, den er mit dem Hochziehen einer Augenbraue kommentierte.

„Du siehst nicht gut aus. Bist du krank?“

Kopfschütteln.

„Bist du sicher?“

Severus nickte genervt und griff demonstrativ nach dem Tagespropheten doch eine Hand legte sich auf seinen Arm.

Überrascht sah er zu seiner langjährigen Kollegin, die leise sagte, „sich helfen zu lassen, ist keine Schande. Bist du wirklich in Ordnung?“

Wieder nickte Severus nur, sprechen tat, ohne den speziellen Trank, weh also tat er es nicht.

„Wenn du was brauchst, meldest du dich einfach. In Ordnung?“, fragte Minerva weiter.

Diesmal gestattete sich Severus sogar ein winziges Lächeln, die Fürsorge der Hexe tat irgendwo gut auch wenn er niemals darauf zurückkommen würde. Jetzt erst ließ ihn Minerva in Ruhe, gerade rechtzeitig denn sein Kaffee erschien gerade neben seinem Teller und er war ohne Kaffee einfach ein anderer Mensch. Erst nach dem ersten, tiefen Schluck ließ er den Blick durch die Halle schweifen, wie immer war sie fast leer. Die meisten Schüler würden kurz vor knapp kommen, in aller Eile etwas in sich rein schlingen und dann in den Unterricht hetzen. Er schüttelte innerlich den Kopf, ein ordentliches Frühstück sollte in aller Ruhe zu sich genommen werden und nicht zwischen Aufstehen und Rennen.

Sein Blick glitt zu seinem ehemaligen Haustisch und auch wenn er es nie zugeben würde aber er vermisste seine Schlangen. Aber ohne wirkliche Sprache und mit den restlichen Problemen, die ihm Nagini durch ihren Biss vermacht hatte, war er kein geeigneter Mann, weder für den Zaubertrankunterricht noch für den Hausvorstand. Deswegen hatte er beide Posten an eine junge Hexe abgegeben, die ihren Abschluss in Salem mit Bestnoten bestanden hatte und die beim Vorstellungsgespräch einen sehr kompetenten Eindruck gemacht hatte. Er hatte an einigen Unterrichtsstunden teilgenommen und auch wenn sie noch viel lernen musste, machte sie ihre Sache ganz gut.

Sein Blick wurde von grünen Augen aufgehalten, Augen, die ihn seit geraumer Zeit beobachteten. Am Anfang war es ihm nicht aufgefallen aber seit ein paar Wochen achtete er vermehrt darauf und er musste sich eingestehen, dass der junge Potter ihn wirklich beobachtete. Die Frage war nur, warum? Er konnte sich nicht vorstellen, dass sein Vater viele gute Worte über ihn verloren hatte. Ja, sie hatten im selben Krieg gekämpft, mehr oder weniger auf der gleichen Seite aber deswegen waren sie noch lange keine Freunde. Dennoch faszinierte ihn dieser Junge, der sogar seinen eigenen Namen trug. Albus Severus Potter, was hatte sich Potter Senior nur dabei gedacht?

Severus glaubte immer noch nicht, dass der Kerl überhaupt denken konnte aber das änderte nichts an diesen verwirrenden Gefühlen für den Jungen. Das war doch nicht normal, er könnte sein Großvater sein und zudem war Al, wie er von seinen Freunden genannt wurde, noch minderjährig. Er würde sich mit jeder Handlung, die über die Tätigkeit des Schulleiters oder Lehrers hinaus ging, strafbar machen und er hatte kein gesteigertes Bedürfnis erneut in Askaban zu landen. Mit Schaudern dachte er an die zwei Monate zurück, die er in der winzigen, kalten Zelle verbracht hatte während diese Trottel im Ministerium darüber entschieden ob er jetzt ein Verräter oder ein Held war.

Es war wohl Potter Seniors Aussage zu verdanken, dass er schließlich als Kriegsheld aus Askaban entlassen und dann auch gefeiert wurde. Leider hatte diese Verzögerung ein paar sehr negative Auswirkungen auf seine Gesundheit gehabt denn niemand hatte es für nötig gehalten das Gift in seinem Körper völlig zu bekämpfen. Warum auch? Erst nach seiner Entlassung war er ins St. Mungo gekommen aber die Ärzte dort hatten die Schäden nur eingrenzen aber nicht rückgängig machen können.

Er schob diese Gedanken beiseite, er hatte sich daran gewöhnt und hatte gelernt damit umzugehen, er war schließlich ein Zauberer und konnte sich mit Zaubern und Tränken behelfen. Die grünen Augen hielten ihn immer noch gefangen, er konnte nicht anders, er musste dem Jungen kurz zu lächeln bevor er sich fast schon panisch wieder seinem Tagespropheten widmete. Niemand hatte es bemerkt, niemand durfte es bemerken.
 

Albus war sehr zufrieden mit seinem Trank, der langsam seine Wirkung entfaltete. Bei jedem Essen sah ihn sein Severus an, lächelte ihn sogar an. Auch wenn er danach immer sehr schnell weg sah aber das war in Ordnung, schließlich durfte keiner etwas von ihnen erfahren. Keiner würde es verstehen.

„Al, hey, Al, ich rede mit dir!“

Verwirrt wandte sich Albus von der Betrachtung seines Liebsten ab und sah Scorpius fragend an, „Was ist denn?“

„Ich habe dich gerade gefragt ob du mich in den Weihnachtsferien wieder besuchen kommst“, sagte Scorpius etwas angepisst, er hatte ihn schließlich schon vier Mal angesprochen.

„Ähm, ich wollte eigentlich in Hogwarts bleiben.“

„Lassen deine Eltern das zu?“

„Nein, natürlich nicht. Ich versteck mich und schick ihnen einen Brief.“

„Glaubst du wirklich, dass sie das einfach so akzeptieren? Mensch Al, die werden her kommen und dich suchen. Du kannst nicht einfach hier bleiben, selbst mit dem Umhang nicht.“

„Doch, das geht schon“, maulte Albus.

„Nein, das geht nicht. Deine Eltern werden dich hier abholen wenn du nicht am Bahnhof bist und dann bekommst du richtig Ärger“, sagte Scorpius langsam und deutlich. Er fragte sich manchmal ob diese Besessenheit auch das Denkvermögen beeinflusste.

„Ich könnte ihnen schreiben, dass ich bei dir bin“, schlug Albus plötzlich vor.

„Nein.“

„Nein?“

„Nein, Al. Ich werde nicht deine Ausrede sein. Entweder du bist bei mir oder nicht, ich werde nicht für dich lügen. Mal davon abgesehen, dass deine Eltern meinen Vater hassen und niemals zulassen würden, dass du die kompletten Ferien bei mir verbringst. Vor allem wenn du erst einen Tag vorher fragst“, erklärte Scorpius und mit jedem Wort wurde Albus' Gesichtsausdruck finsterer.

„Ich habe keine Lust auf dieses dämliche Weihnachtsfest. Jedes Jahr derselbe Mief in diesem Drecksloch von meinen Großeltern, da ist es so voll und laut, ich habe nicht mal ein eigenes Zimmer, es ist fürchterlich. Ich bleibe hier und damit basta, ich schreibe gleich einen Brief an meine Eltern“, damit war Albus aufgesprungen und schon los gerannt.

Scorpius hatte gar nicht die Zeit um noch zu antworten aber sein Blick fiel auf den Lehrertisch. Zu seinem Entsetzen wurde Albus' Abgang sehr interessiert verfolgt.
 

Fast schon verzweifelt sah Harry auf den Brief, den ihm eine Schuleule gerade gebracht hatte. Da er keinen weiteren Brief von Snape bekommen hatte, war er davon ausgegangen, dass sich Albus gefangen hatte aber er schien sich zu irren. Denn er hielt die Aussage seines Sohnes in den Händen, dass er unter keinen Umständen über Weihnachten nach Hause kommen wollte. Er wollte unbedingt in Hogwarts bleiben und Harry wusste jetzt schon, dass Ginny das nicht dulden würde. Mit einem tiefen Seufzen las er die wenigen Worte nochmal und überlegte dann wie er es seiner Frau erzählen sollte.

Doch seine Gedanken schweiften ab, wann hatte sich ihre Ehe eigentlich so verändert? Wann hatten sie sich so verändert? Nach dem Krieg hatten er und Ginny Trost und Halt beieinander gefunden, sie hatten relativ schnell danach geheiratet und waren auch sehr glücklich gewesen. Er hatte nicht mehr stark sein müssen, nicht mehr der große Held, er konnte sich endlich mal fallen lassen und auch Schwäche zeigen. War das Ginny zu viel gewesen? Hatte sie sich deswegen so verändert? War sie etwa der Meinung, wenn ihr Mann nicht stark war, musste sie es sein? Wenn ja, warum hatte sie nie mit ihm geredet? Sie hatte ihn unterstützt als er die Aurorenausbildung angefangen hatte, genau wie er ihre Quidditchkarriere unterstützt hatte.

Die Schwangerschaft von James war geplant gewesen, sie hatten sich so sehr auf ihr erstes Kind gefreut und Molly und Arthur auf ihr erstes Enkelkind, er war schrecklich verwöhnt worden. Aber er war ein guter Junge, der sehr nach seinem Großvater kam aber ohne dessen bösartige Seite. Er spielte auch gerne Streiche aber sie waren harmlos und er verstand sich dennoch sehr gut mit seinen Schulkameraden, auch wenn sie unter seinen Streichen zu leiden hatten.

Albus war nicht geplant gewesen, sie hatten zwar ein zweites Kind gewollt aber nicht so bald nach James' Geburt. Denn die zwei Brüder lagen nur ein knappes Jahr auseinander aber er war genauso geliebt worden wie James. Oder nicht? Harry versuchte sich zu erinnern, ob sie die zwei Jungs unterschiedlich behandelt hatten. Er kam zu keinem Ergebnis aber als seine Gedanken zu Lily schweiften, fand er ein paar Dinge, die er und auch Ginny wohl falsch gemacht hatten. Ginny wollte unbedingt noch ein Kind, ein Mädchen und so war sie erneut schwanger geworden. Die Freude über ein Mädchen war bei allen Beteiligten sehr groß gewesen, James war da gerade drei geworden und hatte eine sehr schwierige Phase.

Harry musste sich eingestehen, dass Albus in dieser Zeit sehr zu kurz gekommen war aber dass es sich so schlimm auswirken würde, hätte er nicht gedacht. Jetzt fielen ihm auch die Veränderungen bei Ginny auf, er hatte zwar versucht ihr mit den Kindern zu helfen aber er war damals noch im Außendienst gewesen und deswegen oft außer Haus gewesen. Sie war strenger geworden und auch härter, er hätte mehr für sie da sein müssen.

„Harry?“

Überrascht sah er auf, er hatte nicht erwartet, dass Ginny schon zu Hause war doch gerade betrat sie sein Büro, welches er sich in ihrem Haus eingerichtet hatte um mehr daheim zu sein. „Du bist schon da?“, entfuhr es ihm.

„Ja, ich bin aber gleich wieder weg. Was hast du da?“

„Einen Brief von Albus.“

„Was schreibt er?“

„Er will über Weihnachten in Hogwarts bleiben.“

Es herrschte einen Moment Stille bevor Ginny den Kopf schüttelte und meinte, „nein, er wird nach Hause kommen und damit Schluss. Dieses Theater fangen wir gar nicht erst an.“

„Meinst du nicht, es wäre gut wenn wir ihn nicht hierher zwingen. Lassen wir ihn doch in Hogwarts.“

„Nein. Weihnachten ist ein Familienfest und da wird die gesamte Familie daran teilnehmen, ohne Wenn und Aber. Wie soll ich meiner Mutter erklären, dass einer ihrer Enkel nicht zum Weihnachtsessen kommt? Dann auch noch so kurzfristig, nein, das ist wirklich zu viel. Albus wird her kommen und wenn wir ihn persönlich holen müssen“, sagte Ginny energisch.

„Das wird ihm bestimmt gefallen“, sagte Harry sarkastisch.

„Was meinst du?“

„Unserem pubertierenden Sohn wird es bestimmt super gefallen wenn wir ihn wie ein Kleinkind aus Hogwarts abholen. Womöglich noch vor seinen Freunden. Ginny, das ist keine gute Idee.“

„Was willst du denn sonst machen? Ihm das alles durchgehen lassen? Er tanzt uns ja jetzt schon auf der Nase rum, das können wir nicht länger dulden.“

„Ginny, Liebes, er ist sechzehn. Wenn wir jetzt noch mehr Druck auf ihn auswirken, wird er sich völlig zurückziehen“, versuchte es Harry doch Ginny schüttelte nur den Kopf.

„Er verhält sich wie ein kleines, bockiges Kind. Meine Mutter hat das Essen schon organisiert und er wird daran teilnehmen. Bei so vielen Leuten kann nicht jeder eine Extrawurst bekommen, auch ein Herr Albus nicht. Wenn er morgen nicht mit James und Lily am Bahnhof steht, geh ich persönlich nach Hogwarts und hole ihn und dann kann er was erleben.“

„Aber...“

„Nein, Harry. Wir können nicht auf jedes eingebildete Problemchen Rücksicht nehmen, so funktioniert es nicht. Wir sind Beide berufstätig und wollen Beide etwas erreichen und da müssen sich die Kinder halt mal etwas zusammen reißen. Bis jetzt hat es doch auch immer ohne Probleme funktioniert, also wird es auch weiter funktionieren“, brauste Ginny auf. In einem Ton, der klar machte, dass die Diskussion jetzt beendet war. Harry sah sie kurz an, nickte aber dann.

Er wollte sich nicht streiten, er wollte Ruhe in seiner Ehe und seinem Leben aber scheinbar war ihm das nicht vergönnt. „Soll ich ihm schreiben?“, fragte er.

„Nein, ich schreib ihm selber. Und Snape auch.“

„Wieso Snape?“

„Damit sich unser Herr Sohn nicht irgendwo in Hogwarts versteckt. Wie dir ja aufgefallen war, ist der Tarnumhang verschwunden und ich wette meinen Zauberstab, dass es Albus war“, murrte Ginny.

„Wieso Albus? Wir haben drei Kinder.“

„Ja aber Lily macht so etwas nicht.“

„Und James? Vielleicht hat er nur gesagt, dass der Tarnumhang weg ist, vielleicht hat er ihn noch.“

„Was soll James mit dem Tarnumhang? Er spielt seine Streiche auch so und außerdem wird er langsam erwachsen, der braucht den Umhang doch gar nicht mehr“, sagte Ginny.

Harry starrte sie einfach nur an, Albus hatte bei dieser Meinung gar keine Chance und seine Frau sah nicht so aus als würde sie mit sich reden lassen. Schließlich zuckte er mit den Schultern und meinte, „dann schreib halt Snape.“ Er erhob sich und wollte an ihr vorbei das Büro verlassen.

„Wo willst du hin?“

„Ich geh Neville und Luna besuchen. Ich werde wohl bei ihnen übernachten“, seufzte Harry leise. Er wurde an der Schulter festgehalten und blieb gezwungenermaßen stehen.

„Harry, alles in Ordnung?“

Er seufzte nochmal leise und tief, sah sie dann an und sagte, „Es ist schon lange nichts mehr in Ordnung. Merkst du das nicht?“

Ginnys Gesicht verfinsterte sich kurz bevor sie den Kopf schüttelte und dann lächelte, „Harry, bei uns ist alles in Ordnung. Es ist nur momentan etwas stressig. Du wirst sehen wenn wir erst mal Urlaub haben und im Fuchsbau Weihnachten feiern, ist alles wieder in Ordnung. Ich kann auch etwas weniger trainieren, dann haben wir mehr Zeit für uns. Du wirst sehen, das wird alles wieder in Ordnung kommen.“

Die Worte waren zu verführerisch, sodass Harry schließlich etwas gequält lächelte und nickte, „du hast sicher Recht, es ist momentan wirklich alles etwas stressig. Willst du die Briefe schreiben?“ „Ja, mach ich sofort. Willst du noch zu Neville und Luna?“

„Ja, ich werde sie mal wieder besuchen.“

„Übernachte ruhig bei ihnen, so ein Abend unter Freunden wird dir gut tun. Wollen wir uns morgen am Bahnhof treffen?“, fragte Ginny lächelnd.

In diesem Moment sah Harry wieder die Frau vor sich, in die er sich verliebt hatte und die er geheiratet hatte und er glaubte wirklich daran, dass es wieder so werden würde wie früher. Er nickte schließlich, „ja, wir treffen uns am Bahnhof. Dann also bis Morgen.“

„Bis Morgen, mein Schatz“, lächelte Ginny bevor sie ihm einen Kuss gab und dann los ließ.

Harry erwiderte sowohl das Lächeln wie auch den Kuss nur halbherzig und ging dann. Ja, wenn sie wieder etwas Ruhe hatten, würde sich alles wieder ein renken. Er musste nur fest genug daran glauben, dann würde auch irgendwann die kleine, fiese Stimme in seinem Kopf verstummen.
 

Was dachte diese Frau eigentlich, wer er war? Der persönliche Babysitter der Familie Potter? Wenn der Junge in Hogwarts bleiben wollte, sollte er doch. Ihm persönlich würde es sogar freuen. Severus stockte kurz, was dachte er da eigentlich? Er musste sich wirklich zusammen reißen sonst würde er wirklich noch zurück nach Askaban kommen, wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen. Sein Blick fiel erneut auf den Brief von Ginerva Potter, mit der Bitte, dass er dafür sorgen sollte, dass ihr Sohn Albus auch definitiv in den Zug einstieg. Sollte er das wirklich machen? Dann könnte er ihn wenigstens ein paar Minuten länger sehen aber eigentlich könnte er doch auch in Hogwarts bleiben. Er brauchte nur einen triftigen Grund und schon könnte Albus hier bleiben, bei ihm. Sie wären auch fast allein in Hogwarts. Merlin, was dachte er da eigentlich?

Er kam sich selbst schon vor wie ein Pädophiler aber er konnte nicht anders, er wollte den Jungen hier in Hogwarts behalten und ihn eventuell mal näher kennenlernen. Aber wie? Sein Blick wanderte zur Uhr, es war Zeit zum Abendessen zu gehen. Das wäre die letzte Gelegenheit mit dem Jungen zu reden bevor er ein Antwortschreiben an Mrs. Potter aufzusetzen. Ein feines Grinsen erschien auf seinem Gesicht während er sich erhob, eine Phiole einsteckte und sich auf den Weg machte. Wenn er dem großen Harry Potter und seiner Frau ein paar Steine in den Weg legen konnte, würde er das auch machen. Die Tatsache, dass er den jungen Potter dadurch zwei Wochen fast komplett für sich hatte, schob er beiseite. Er wollte nur Potter Senior etwas ärgern.
 

„Mr. Potter.“

Albus starrte den Mann vor sich überrascht an. Er hatte zwar verfolgt wie sein Severus auf den Tisch der Slytherins zugekommen war aber er hätte nie damit gerechnet, dass er ihn ansprach. „Ja, Professor Snape?“, fragte er.

„Da Ihre Noten sich in einem Bereich aufhalten, der eine Versetzung in die siebte Klasse unmöglich machen, werden Sie die Weihnachtsferien in Hogwarts verbringen und an einem Nachhilfeunterricht teilnehmen“, schnarrte Severus kalt.

„Aber was ist mit Weihnachten?“, fragte Albus doch es klang nicht wirklich sehr trotzig. Er war es auch nicht, innerlich freute sich Albus und er konnte sich nur mit Mühe ein breites Grinsen verkneifen.

„Sie werden Weihnachten wohl in Hogwarts verbringen müssen. Wenn sich Ihre Noten nicht signifikant ändern, werden Sie das sechste Schuljahr wiederholen müssen.“

„Meine Eltern werden das nicht zulassen“, versuchte es Albus.

Er erntete damit nur ein Schnauben und eine sehr kalte Antwort, „auch der große Held Harry Potter kann sich nicht über die Schulregeln hinweg setzen. Nach diesen Schulregeln werden Sie nicht versetzt wenn Ihre Noten in diesem abgrundtiefen Abgrund bleiben. Ich werde nicht zulassen, dass ein Schüler während meiner Leitung nicht versetzt wird und dass Sie diese Schule länger als nötig besuchen.“ Severus spürte ein leichtes Kribbeln im Hals, er musste hier fertig werden wenn er sich nicht vor allen Schülern lächerlich machen wollte. „Haben Sie mich verstanden, Mr. Potter?“, fragte er kalt, „ich werde Ihren Eltern schreiben und sie darüber informieren, dass Sie über Weihnachten hier bleiben.“

„Ja, Professor Snape“, seufzte Albus mit einer Stimme, die hoffentlich deprimiert genug klang.

Severus nickte nochmal und ging dann zurück auf seinen Platz, er wollte schließlich noch zu Abendessen.
 

Er tippte mit dem Zauberstab kurz auf die Tasse mit dem heißen Tee, sofort verschwand er und es tauchte eine Tasse mit heißer Milch mit Honig auf. Er hasste es. Er hasste es wirklich. Aber leider war es das Einzige, was die beginnende Halsschmerzen beruhigte. Die Halsschmerzen, die durch diesen verdammten Trank hervorgerufen wurden, der Trank, der es ihm ermöglichte normal zu reden.

„Wieder Schmerzen?“, fragte Minerva neben ihm.

Er nickte nur, das Kribbeln war stärker geworden, er würde jetzt nur noch schrecklich klingen also ließ er es. Stattdessen nahm er die Milch und trank mit angewiderten Gesichtsausdruck einen großen Schluck. Er konnte sich ein leichtes Schütteln nicht verkneifen.

„Können dir die Ärzte keinen anderen Trank geben?“

Kopfschütteln.

„Wegen der Schmerzen oder wegen der Stimme?“, fragte Minerva sanft. Sie bekam einen bösen Blick zugeworfen, der sie aber absolut kalt ließ. „Severus, wenn du dich nicht so anstellen würdest, könntest du einen anderen Schmerztrank nehmen und hättest nicht noch mehr Nebenwirkungen. Aber nein, du musst ja auf diesen speziellen Trank bestehen, nur wegen deiner Stimme. Severus, eine Stimme macht keinen Mann aus“, rügte Minerva doch sie wusste, dass es sinnlos war.

Severus' Stimme war völlig zerstört und nur dieser spezielle Trank ermöglichte ihm so zu sprechen wie früher. Leider hatte der Trank sehr unschöne Nebenwirkungen, er verursachte Schmerzen und Kratzen im Hals, je mehr er nahm, umso schlimmer wurde es. Deswegen nahm er den Trank auch nur wenn es absolut notwendig war.

Ihr Blick glitt zu dem jungen Mr. Potter, der sehr deprimiert zwischen seinen Klassenkameraden saß und in seinem Abendessen rum stocherte. Sie verstand es aber sie verstand auch die Maßnahme von Severus denn die Noten von Mr. Potter gefährdeten wirklich seine Versetzung. Ein Schüler konnte schlicht und einfach nicht in die nächste Klasse versetzt werden wenn er in keinem einzigen Fach auch nur ein A hatte. Sie seufzte leise, sah zu Severus, der gerade seine Milch aus trank und sich dann seinem Essen zuwandte. Es war wirklich sinnlos mit ihm darüber zu reden also wechselte sie das Thema und fragte, „wirst du Harry Potter schreiben?“

Nicken.

„Meinst du wirklich, dass du das durch bringst? Er hat gute Kontakte zum Minister.“

Ein skeptischer Blick und das Schwingen des Zauberstabes, vor ihnen auf dem Tisch erschien ein Pergament mit den Schulregeln. Mit der Spitze des Stabes tippte er auf eine Regel.

„Ich kenne die Regeln, Severus. Aber ausgerechnet in den Weihnachtsferien? Was wäre mit Ostern?“

Kopfschütteln und das Erscheinen eines Kalenders, die Zeit zwischen Ostern und den Sommerferien war rot schraffiert.

„Du glaubst nicht, dass er es in dieser Zeit schafft seine Noten zu verbessern“, sagte Minerva.

Nicken.

„Harry wird das nicht einfach so hin nehmen.“

Schulterzucken und ein Gesichtsausdruck, der deutlich sagte, dass es ihm egal war.

„Gut, dann viel Glück.“

Ein kaltes Grinsen und mit einem Schlenker des Zauberstabes verschwanden beide Pergamente und Severus aß weiter. Minerva war immer wieder erstaunt wie einfallsreich Severus in seiner Kommunikation war, nur um ja nicht seine veränderte Stimme benutzen zu müssen. Dennoch glaubte sie nicht, dass Harry das so einfach hin nehmen würde.

Kapitel 3

Kapitel 3
 

„Wie kann er es wagen? Das ist doch nicht möglich. Dieser Kerl, das ist doch reines Kalkül, der will uns nur ärgern“, rief Ginny während sie im Wohnzimmer auf und ab ging und wütend mit einem Brief wedelte.

Harry hatte sich aufs Sofa gesetzt und zog es vor zu schweigen, auch wenn ihn die Antwort von Snape, die ihn gerade von seinem Aufbruch abgehalten hatte, auch überrascht hatte. Denn dieser hatte ihnen gerade mitgeteilt, dass er von seinem Recht als Schulleiter Gebrauch machte und Albus, wegen seiner grottenschlechten Noten, über Weihnachten in Hogwarts behielt. Er begründete es damit, dass die Versetzung mehr als gefährdet war. Harry hatte bis zu diesem Zeitpunkt nicht mal gewusst, dass man in Hogwarts sitzen bleiben konnte aber ein Blick auf Albus' Noten, die Snape natürlich angefügt hatte, hatte ihm gezeigt, dass er wirklich Nachhilfe brauchte. In der Hälfte der Fächer hatte er tatsächlich ein Troll und bei dem Rest ein Mies oder Schrecklich, er hatte in keinem einzigen Fach bestanden.

„Jetzt sag doch auch mal was“, fuhr ihn Ginny gerade an.

„Was soll ich denn groß sagen? Snape beruft sich auf die Schulregeln und mal ehrlich, Albus' Noten sind schrecklich.“

„Das kann nicht dein Ernst sein? Unser Sohn kann auch Zuhause lernen, da muss er nicht in Hogwarts bleiben. Schon gar nicht über Weihnachten. Mach gefälligst was.“

„Und was, Ginny?“

„Red mit dem Minister.“

„Aber Ginny, warum?“

„Weil Weihnachten ist und Weihnachten hat Albus bei uns zu verbringen“, rief Ginny, „und ich lasse mir das Weihnachtsfest nicht durch Snape kaputt machen.“

„Eigentlich ist Albus schuld. Er hat diese Noten schließlich geschrieben.“

„Er kann nach Weihnachten lernen.“

„Warum sollte er das tun?“, fragte Harry.

„Wie meinst du das?“

„Ginny, wir haben ihm in den letzten Monaten immer wieder Briefe geschickt und ihm gesagt, dass er seine Noten verbessern muss. Hat sich etwas geändert? Gar nichts. Im Gegenteil, seine Noten sind schlechter denn je. Vielleicht weckt es ihn jetzt auf wenn er nicht nach Hause kann.“

„Aber er wollte doch eh nicht Heim.“

Harry lächelte und meinte dann, „das hat er gesagt aber bestimmt nicht so gemeint. Du hast doch selbst gesagt, er ist bockig. Wenn er jetzt wirklich in Hogwarts bleiben muss, wird er schnell merken wie sehr er seine Familie vermisst. Dann wird er es bereuen. Vielleicht hängt er sich dann wieder in die Schule rein. Ginny, welcher Jugendliche findet es schon toll die ganzen Weihnachtsferien allein in einer Schule zu verbringen?“

Der Gesichtsausdruck seiner Frau veränderte sich, sie dachte darüber nach und nickte schließlich, „du hast bestimmt Recht. Aber wollen wir das Snape wirklich durchgehen lassen?“

„Ginny, der Mann macht auch nur seinen Job. Er hätte uns auch am Ende des Schuljahres auflaufen lassen können. Stell dir doch mal vor, Ende des sechsten Schuljahres und Albus bringt einen Brief mit nach Hause, in dem steht, das er das Schuljahr wiederholen muss. Wäre das besser gewesen?“

„Nein, das wäre furchtbar.“

„Eben und da ist es so doch besser“, sagte Harry während er aufstand und sie kurz umarmte.

Als er allerdings Anstalten machte zum Kamin zu gehen, hielt sie ihn auf, „du willst jetzt doch gehen?“

„Ja, ich habe es Neville und Luna versprochen. Wir sehen uns morgen am Bahnhof“, sagte Harry, der innerlich froh war endlich weg zu kommen. Er hörte zwar noch ein Widerwort doch da stand er schon in den grünen Flammen und spürte den Sog, der ihn kurz darauf weg riss. Er war wirklich froh weg zu kommen.
 

Am nächsten Tag waren sie wieder das perfekte Vorzeigepaar, was die magische Welt sehen wollte als sie zusammen den Bahnsteig vom Gleis 9 ¾ betraten. Wie immer waren vereinzelte Reporter anwesend, wie immer wenn sich Ginny oder Harry in der Öffentlichkeit zeigten. Dass sie hier eigentlich nur ihre Kinder abholen wollten, ignorierten die Reporter regelmäßig und deswegen stürzten sie sich sofort auf sie als sie auftauchten. Während Ginny begeistert über ihr Training und ihre Pläne redete, versuchte sich Harry möglichst bedeckt zu halten. Er hasste es, hatte es schon immer gehasst und es wurde mit jedem Interview schlimmer. Dennoch lächelte er während er die Fragen möglichst nichtssagend beantwortete.
 

Das laute Pfeifen des einfahrenden Zuges erlöste Harry von den Reportern denn er hatte ein einziges Mal die Kontrolle über sich verloren und den Reportern sehr deutlich gemacht, was er davon hielt wenn sie seine Kinder belästigten. Seitdem hatten sie, zumindest hier am Bahnhof, ihre Ruhe. James war der Erste, der aus dem Zug sprang, seinen Koffer hinter sich her schleifend, kam er auf seine Eltern zu und fragte sofort, „Stimmt es, dass Albus in Hogwarts bleiben muss? Er hat so was heute morgen gesagt aber ich kann es kaum glauben. Warum?“

Ginny, die sich der Reporter, die sich noch immer in Hörweite befanden, deutlich bewusst war, lächelte und sagte, „Albus kommt später nach, er muss noch etwas erledigen.“

James legte den Kopf schief, es war deutlich zu sehen, dass er ihr nicht glaubte aber er nickte schließlich und umarmte erst sie und dann seinen Vater.

„Mom, Dad, schön euch zu sehen“, kam da gerade von Lily, die sich zusammen mit den Weasleygeschwistern näherte. Auch sie umarmte ihre Eltern kurz.

„Hugo, Rose, wir sollen euch mitnehmen. Eure Eltern holen euch von uns aus ab“, sagte Ginny lächelnd.

„Wissen wir. Mom hat uns geschrieben“, gab Hugo grinsend zurück. Er ging mit Lily in dieselbe Klasse, sie waren zusammen aufgewachsen und waren die besten Freunde. Seine Schwester Rose war im selben Jahrgang wie Albus aber zu aller Überraschung war sie nach Ravenclaw gekommen.

„Dann lasst uns gehen, mir sagt die Gesellschaft hier nicht zu“, murrte Harry.

Die Kinder nickten und folgten ihnen, die Blitze der magischen Fotoapparate versuchten sie zu ignorieren. Was auch allen sehr gut gelang denn sie waren damit aufgewachsen.
 

„Also, was ist mit Albus? Wieso ist er noch in Hogwarts?“, fragte James. Sie waren gerade ins Wohnzimmer des Grimmauldplatzes appariert und der junge Zauberer wollte endlich antworten.

„Snape hat angeordnet, das er in Hogwarts bleibt und während der Ferien an einem Nachhilfeprogramm teilnimmt. Seine Noten sind so schlecht, dass die Gefahr besteht, dass er nicht versetzt wird“, erklärte Ginny.

„Man kann in Hogwarts sitzen bleiben?“, entfuhr es Rose.

„Ja, kann man.“

„Wie schlecht sind seine Noten denn dann?“, wollte Hugo wissen. Er hatte selbst nicht die besten Noten und hatte jetzt plötzlich Angst, dass er auch sitzen blieb. Seine Mutter würde ihm den Kopf abreißen.

Harry und Ginny wechselten einen kurzen Blick bevor Harry seufzte und sagte, „Sie sind miserabel und ja, er hat es verdient über Weihnachten in Hogwarts zu bleiben. Hoffentlich lernt er daraus.“

„Dann sollte ich wohl auch lieber mehr lernen“, murmelte Hugo leise.

„Das würde unsere Eltern sehr freuen.“

„Danke Schwesterherz, ich weiß.“

Rose grinste ihren Bruder nur an, wandte sich aber dann zu Ginny, „Mom hat zwar geschrieben, dass sie uns hier abholen aber nicht wann.“

„Nach dem Abendessen.“

„Super. Dann haben wir ja noch Zeit. Los, Hugo, komm mit“, rief Lily und schon waren sie und ihr bester Freund nach oben verschwunden.

„Darf ich eure Bibliothek wieder benutzen?“, fragte Rose höflich auch wenn sie die Antwort schon kannte.

„Natürlich, geh schon. Du musst doch nicht jedes Mal fragen“, lächelte Ginny.

Rose nickte ihr nochmal höflich zu, genau wie Harry und ging dann ebenfalls nach oben, zurück blieben Harry, Ginny und ihr ältester Sohn, der sie nachdenklich ansah. „Was ist los, James?“, fragte Harry.

„Warum habt ihr Snape nicht aufgehalten?“

„Weil Albus' Noten wirklich schlecht sind, er ist nirgends über Mies und damit würde er in keinem einzigen Fach bestehen. Snape hat, laut Schulregeln, das Recht diesen Nachhilfeunterricht zu verhängen“, erklärte Harry.

„Aber du kennst den Minister.“

Ginny warf ihrem Mann einen bedeutsamen Blick zu, der so viel sagte wie, 'Ich habe es dir doch gesagt'.

Er ignorierte diesen Blick, behielt seinen Sohn im Auge und sagte, „und? Soll ich jedes Mal zum Minister rennen wenn eines meiner Kinder Blödsinn macht? Was würde ich euch damit beibringen? Dass Daddy eure Probleme löst? Dass ihr machen könnt was ihr wollt weil Daddy euch schon raus haut? Nein, mein lieber James, ihr seit alle Drei alt genug um für eure Probleme gerade zu stehen. Wir haben Albus in den letzten Monaten mehrere Briefe geschickt und ihn aufgefordert seine Noten zu verbessern. Das hat er nicht gemacht und jetzt muss er damit leben. Er ist sechzehn und kein kleines Kind mehr, er sollte sich auch so benehmen.“

James schwieg, Harry rechnete mit einem Widerspruch doch zu seiner Überraschung nickte sein Sohn nur. „Er hat es wirklich nicht besser verdient“, sagte er dann noch bevor er sich einfach umdrehte, seinen Koffer schnappte und sich anschickte die Treppe hoch zu gehen.

„Was meinst du damit?“, fragte Harry noch.

James verharrte mit einem Fuß auf der Treppe, drehte sich halb um und meinte achselzuckend, „so wie ich es gesagt habe.“

„Wie genau meinst du das? Er ist immerhin dein Bruder.“

„Und? Das setzt ja nichts voraus. Albus und ich haben so viel gemeinsam wie Tag und Nacht, dass wir Brüder sind, ist die einzige Gemeinsamkeit. Wenn er es nicht schafft dem Schulstoff zu folgen, sollte er die Schule verlassen und was anderes machen“, sagte James.

Während Harry nicht fassen konnte, was er da hörte, nickte Ginny nur.

„Aber er ist dein Bruder.“

„Dad, er ist ein Slytherin.“

„Darum geht es? Das kann nicht dein Ernst sein? Nur weil er in einem anderen Haus ist, das ist doch alles nicht wahr. Ich dachte eigentlich, dass ich euch klar gemacht habe, dass ich diesen Häuserkampf sinnlos finde“, brauste Harry auf.

James sah ihn einfach nur ausdruckslos an und meinte, „du kämpfst heute noch gegen den Vater von diesem Malfoy, Scorpius oder so. Er durfte uns nie besuchen, Albus durfte nie zu ihm und du willst mir erzählen, dass du das mit den Häusern sinnlos findest?“

„Das ist etwas anderes. Ihr seit Brüder.“

„Deswegen muss ich ihn nicht mögen“, sagte James leicht hin, „Dad, wie du eben so schön sagtest, wir sind keine Kinder mehr und ich bin durchaus in der Lage selbst zu entscheiden wen ich mag und wen ich nicht mag. Ich mag meinen Bruder schlicht und einfach nicht. Er ist ein Slytherin, er hasst Quidditch, er ist ein miserabler Schüler und er ist charakterlich ein Arschloch. Er hat so gar nichts mit unserer Familie zu tun. Würde er dir und Großvater nicht zum verwechseln ähnlich sehen, könnte man denken, ihr habt ihn adoptiert. Und ich glaube, dass er irgendwie einen psychischen Knacks hat.“

„Bitte? James, was redest du denn da? Dein Bruder ist doch nicht psychisch krank“, fuhr Ginny empört dazwischen.

Harry glaubte seinen Ohren nicht zu trauen, dieser Punkt war alles was seine Frau interessierte?

„Was denn? So wie er manchmal Snape ansieht. Buäh, das ist absolut eklig, das muss eine Störung sein“, behauptete James.

„Snape?“, fragte Ginny verwundert.

„Ja, Snape. Dieser widerliche Typ, der unser Schulleiter ist. Immer wenn wir in der großen Halle sitzen, schmachtet Albus den Widerling an. Absolut abartig“, sagte James.

„Und Snape?“, fragte Harry bevor Ginny etwas sagen konnte.

„Was ist mit dem?“

„Wie reagiert er?“, verdeutlichte Harry seine Frage.

„Gar nicht. Der kommt zum Essen, isst, guckt dämlich in die Runde und geht wieder. Was soll der schon machen? Oh Merlin, glaubst du, dass er auch so pervers ist? Das wäre die Story im nächsten Jahr, Albus und die schmierige Fledermaus“, lachte James.

„HÖR AUF SO ETWAS ZU SAGEN“, brüllte Ginny plötzlich, sowohl ihr Sohn wie auch ihr Mann sahen sie geschockt an. „Mein Sohn ist nicht pervers, Schluss, Aus, Ende. Mein Sohn ist ein ganz normaler Jugendlicher, der gerade eine etwas schwierige Zeit durch macht aber er ist kein Perverser“, betonte Ginny jetzt mühsam beherrscht.

„Okay, Mom“, war alles, was James raus brachte auch wenn er etwas ganz Anderes dachte aber der Blick seiner Mutter machte ihm gerade Angst.

Harry schwieg, er konnte nicht glauben, was sich hier gerade abspielte. Sein Sohn sollte ein Auge auf Snape geworfen haben? Auf Snape? Das konnte nur ein Irrtum sein, James musste sich irren.

„Geh in dein Zimmer“, sagte Ginny gerade.

James folgte der Aufforderung sehr schnell.
 

„Das darf nicht wahr sein. Das darf einfach nicht wahr sein“, murmelte Ginny während sie das Wohnzimmer durchquerte und in die Küche ging, Harry folgte ihr Stirn runzelnd. Was genau meinte sie damit?

„Liebes, ich glaube nicht, dass Albus wirklich hinter Snape her ist“, sagte er vorsichtig.

„Darum geht es doch gar nicht. Hast du nicht zu gehört? Albus ist nicht schwul, Punkt. Er ist normal, genau wie James und du. Er wird eine Freundin finden, er wird heiraten und er wird Kinder kriegen, wie ein ganz normaler junger Zauberer, er ist nicht pervers“, sagte Ginny überzeugt.

„Er könnte bisexuell sein.“

„Nein, mein Sohn ist normal.“

„Bisexualität ist normal.“

„Nein, ist es nicht. Harry, wie kannst du so etwas sagen? Unser Sohn ist normal!“ Ginnys Stimme war verdächtig hoch, Harry kannte diese Stimme, sie war kurz davor sehr hysterisch zu werden also nickte er nur. Er hatte nicht gewusst, dass Ginny so darüber dachte. „Ich geh eine Runde fliegen“, murrte Ginny gerade. Sie drückte ihm einen Kuss auf die Wange und schon war sie verschwunden.

Zurück blieb Harry mit seinen mittlerweile sehr verwirrenden Gedanken. Könnte er damit leben wenn Albus wirklich mit einem Jungen oder Mann zusammen sein wollte? Er hatte sich mit diesem Gedanken nie befasst und es fiel ihm auch gerade sehr schwer. Seine Gedanken schweiften kurz zu Snape aber wirklich nur sehr kurz, er konnte sich absolut nicht vorstellen, dass Albus sich in diesen Mann verliebt haben könnte. Mal von den offensichtlichen Defiziten abgesehen, war er auch fast fünfzig Jahre älter als er selbst. Nein, da musste sich James wirklich getäuscht haben.

Zudem Harry immer noch der Ansicht war, dass Snape ein absolut egozentrisches Arschloch war und er ihn sich partout nicht in einer Beziehung vorstellen konnte. Er bewunderte den Mann für das, was er im Krieg und davor getan hatte aber aber das änderte nichts daran, dass er charakterlich, gelinde gesagt, etwas schwierig war. Harry seufzte leise, er würde das Problem mit Albus' möglicher Sexualität dann wieder aufgreifen wenn der Junge sich selber sicher war und wenn er bereit war darüber mit seinen Eltern zu reden. Sein Blick fiel auf den Schrank, in dem sie den Alkohol für besondere Gelegenheiten aufbewahrten. Er zögerte kurz, schüttelte aber dann den Kopf und verließ die Küche, er würde nicht damit anfangen seine Probleme im Alkohol zu ertränken.
 

Eines dieser Probleme glaubte gerade zu träumen denn er war in Hogwarts und das so gut wie alleine mit seinem Severus. Gut, da waren noch fünf oder sechs Schüler und ein paar Lehrer aber im Vergleich zu der übrigen Zeit waren sie fast allein. Albus ging davon aus, dass sein Severus in dieser Zeit öfters im Kerker sein würde und genau dort wollte er auch sein. Schließlich mussten sie irgendwann ja mal miteinander reden, sonst wurde das nie was. Und er gedachte die Weihnachtsferien nicht ungenutzt verstreichen zu lassen. Etwas missmutig sah er auf den Stundenplan, den er bekommen hatte. Er musste wirklich Nachhilfeunterricht nehmen aber nicht, wie er gehofft hatte bei seinem Severus, sondern bei McGonagall und diesem verfluchten Geist. Aber das würde er auch schaffen, es waren nur wenige Stunden am Tag und die restliche Zeit hatte er frei für seine eigenen Pläne. Den Brief seines Vaters, dass er sich bitte anstrengen soll und seine Noten verbessern sollte, ignorierte er wie immer.
 

Weihnachten, noch nie war dieses Fest Albus so egal gewesen wie heute. Er war die ganze Nacht auf den Beinen gewesen und war erst zum Mittagessen aufgestanden, die Geschenke lagen noch völlig unberührt in der Ecke unter dem Weihnachtsbaum. Sie interessierten ihn nicht. Er hatte sich etwas zu Essen in sein Zimmer bringen lassen und kaute eher lustlos darauf rum, sein Blick fiel wieder auf die Geschenke. Mit einem Seufzen erhob er sich, er musste sich ja bei allen noch brav bedanken und dafür sollte er schon wissen, für was er sich bedanken sollte.
 

Seine Lust stieg nicht während er die Geschenke nacheinander auspackte. Das Übliche. Der abgrundtief hässliche Pullover von Oma Molly. Irgendein sinnloses Muggelteil von Opa Arthur. Ein paar Scherzartikel, seltsamerweise nie von Onkel George sondern immer von einem anderen Mitglied der Weasleys. Von George bekam er meistens etwas durchaus Sinnvolles, besonderes Pergament, tolle Federn oder ein Fass, dass nicht auslief. Wirklich sinnvolle Dinge aber diesmal hatte er auch dafür keine Augen.

Er bekam verschiedene Bücher, das von James über Quidditch warf er gleich ins Feuer, er konnte seinen Bruder nicht leiden und das beruhte auf Gegenseitigkeit. Da waren Bücher darüber, wie man sich für einen Beruf entschied – natürlich von Hermine. Er mochte die Hexe aber manchmal ging sie ihm tierisch auf die Nerven, vor allem mit ihrem Bund für Elfenrechte nervte sie ihn regelmäßig. Und nicht nur ihn. Aber eines musste man ihr lassen, sie hatte Erfolg mit diesem Schwachsinn.

Er hatte sich nie für Hauselfen interessiert, sie waren halt da, sie sorgten für Essen, für saubere Klamotten und Räume und sie erledigten Botengänge. Er war sie gewohnt und wollte gar nicht ohne sie leben, sie waren viel zu praktisch aber nach den neuen Gesetzen durften frei lebende Elfen nicht mehr per Zauber versklavt werden. Bis Hermine dieses Gesetz durchgebracht hatte, hatte eigentlich kein Zauberer gewusst, dass es auch freie Elfen gab und dass deren Kinder regelmäßig eingefangen und versklavt worden um dann in Zaubererfamilien abgegeben zu werden. Das war mittlerweile verboten, man konnte die freien Elfen allerdings mit den entsprechenden Arbeitsbedingungen anlocken. Nur machte das fast keiner.

Albus schüttelte den Kopf und sah weiter über die Geschenke, er runzelte die Stirn als er nach einem sehr unscheinbaren Päckchen griff. Kein kitschiges Geschenkpapier, keine singenden Weihnachtsbäume, keine grellen Farben, einfach ein dunkles Silber mit einer dunkelroten Schleife. Zum ersten Mal an diesem Tag regte sich Neugier in ihm, er packte das Päckchen sorgsam aus und war bitter enttäuscht, dass es sich um ein weiteres Buch handelte. Zaubertränke für Fortgeschrittene. Wer schickte ihm so ein sinnloses Buch? Murrend schlug er es auf und fand sofort eine Schrift auf der ersten Seite.
 


 

„In der Hoffnung, dass wenigstens ein Mitglied deiner Familie eine Begabung in diesem atemberaubendem Fach hat.“
 


 

Fassungslos starrte Albus auf die Schrift, er kannte diese Schrift, hatte sie so oft auf irgendwelchen Pergamenten gesehen. Doch irgendwie konnte er nicht glauben, dass gerade sein Severus ihm ein Weihnachtsgeschenk schickte. Er blätterte das Buch langsam durch und er wurde sehr überrascht denn überall waren fein säuberliche handschriftliche Kommentare. Mit jeder Seite, mit jedem hilfreichen Kommentar schlug sein Herz immer schneller. Sein Trank wirkte, sein Trank wirkte wirklich und endlich hatte er das Zeichen, auf das er so lange gewartet hatte. Aber wie sollte er damit umgehen? Er konnte ja schlecht zu ihm gehen und sich persönlich bedanken, er war sich sicher, dass Severus es abstreiten würde. Oder auch nicht?

Albus kaute nachdenklich auf seiner Unterlippe rum, er hatte nicht an ein Geschenk gedacht. Wieso hatte er nicht an ein Geschenk gedacht? Er hatte so viel über sich und seinen Severus nachgedacht, dass er es völlig vergessen hatte. Wie sollte er jetzt so schnell an ein Geschenk ran kommen? Mit einem resignierenden Seufzen schlug er sich gegen die Stirn, wozu hatte er eigentlich dieses dämlichen Hauselfen unter seine Kontrolle gebracht? Jetzt musste er sich nur noch überlegen was er seinem Severus schenken konnte. Zutaten für Tränke fielen gleich raus, sie waren einfach so banal. Bücher fand er absolut langweilig. Ein Gedankenblitz tauchte in ihm auf, er war wohl der Einzige, der wusste, dass sein Severus eine bestimmte Süßigkeit einfach verehrte. Niemand würde glauben, dass der Severus Snape eine Schwäche für Schokofrösche hatte. Mit einem zufriedenen Lächeln rief er, „Fino!“

Mit einem Plopp tauchte der Hauself auf, man sah ihm seinen Widerwillen deutlich an und doch verbeugte er sich leicht, „Master hat Fino gerufen?“

„Jaja, habe ich. Ich will, dass du in den Honigtopf gehst und doch ein paar Schokofrösche holst. Verstanden?“, fragte Albus.

„Ja, Fino hat verstanden. Wie viele möchte Master?“

„Sieben. Und ich brauche Geschenkpapier, am Besten schwarzes und Geschenkband.“

„Welche Farbe, Master?“

„Grün, ein dunkles Grün aber nicht zu dunkel. Irgendwie leuchtend. Los, jetzt verschwinde schon“, fauchte Albus.

Der Hauself nickte nur und verschwand, solange er dieses Band trug, musste er gehorchen. Auch wenn er nichts lieber getan hätte als seinem eigentlichen Master alles zu erzählen.
 

Er hatte eigentlich vor gehabt seinem Severus das Geschenk persönlich zu geben aber irgendwie hatte ihn in letzter Minute der Mut verlassen. Eine Zurückweisung konnte er nicht ertragen. Also wartete er nach dem Abendessen vor dem Wasserspeier darauf, dass sein Severus kam, sorgfältig versteckt unter dem Tarnumhang und mit zittrigen Fingern das Päckchen umklammernd. Es dauerte nicht lange bis Schritte ertönten und kurz darauf kam sein Severus in sein Blickfeld, wie immer sehr zielstrebig. Er tippte den Wasserspeier an, der sofort aufsprang und schon war er verschwunden.

Jetzt musste Albus schnell sein, er legte das Päckchen vor den Wasserspeier und klopfte sehr laut und ausdauernd an. Er lauschte und tatsächlich erklangen Schritte also sprang er zurück, drückte sich an die Wand und hielt förmlich den Atem an. Der Wasserspeier sprang zur Seite, sein Severus erschien im Durchgang, den Zauberstab erhoben und einen misstrauischen Ausdruck im Gesicht.

Der sich auch nicht legte als er das Päckchen auf dem Boden bemerkte. Der Blick aus diesen wunderschönen, schwarzen Augen schweifte durch den Korridor um dann wieder auf dem Päckchen zu landen, er richtete den Zauberstab darauf und schien ein paar Sprüche zu murmeln. Erst als er sicher war, dass keine Flüche darauf lagen, ließ er es hoch schweben und verschwand samt Päckchen hinter dem Wasserspeier. Dennoch wartete Albus noch ein paar Momente bis er geräuschvoll ausatmete und sich schließlich auf den Rückweg machte. Er konnte nur hoffen, dass sein Severus die Karte richtig verstand und sie sich endlich treffen konnten. Er wollte nicht länger warten.
 

Severus versiegelte das Schulleiterbüro mit den üblichen Sprüchen bevor er sich in seine Gemächer zurück zog. Er mochte diese Gemächer auch wenn er erst mal um dekorieren musste als er hier eingezogen war aber die Aussicht machte diese Mühe mehr als wett. Auch wenn er manchmal seine Räume im Kerker vermisste, vor allem sein eigenes Labor, ja, das vermisste er. Aber er hatte seine Räume zugunsten der neuen Zaubertränkelehrerin geräumt auch wenn sie es nicht verlangt hatte. Er war allerdings der Meinung, dass der Hauslehrer von Slytherin in der Nähe seiner Schlangen sein sollte und so war er umgezogen.

Sein Blick fiel auf das Päckchen und er war, gelinde gesagt, neugierig. Er hatte seine Weihnachtsgeschenke bereits erhalten, genau zwei, so wie jedes Jahr. Eines von Minerva und eines von Draco, das Erste öffnete er und das Zweite schickte er immer ungeöffnet zurück. Er hatte den Kontakt abgebrochen, fertig. Irgendwann würde es Draco auch einsehen, wer wollte schon freiwillig mit einem Krüppel befreundet sein? Er schob den Gedanken beiseite und öffnete das Päckchen mit Hilfe des Zauberstabes, er hatte schließlich nicht so lange überlebt weil er leichtsinnig war. Was allerdings hinter dem schwarzen Geschenkpapier zum Vorschein kam, erstaunte ihn über alle Maßen. Wer, bei Merlins Unterhosen, wusste, dass er diese Dinger so liebte?

Er sprach noch einen Diagnosezauber über die Schachteln und versuchte dabei seine schwächliche, kratzige Stimme zu ignorieren. Er nahm den Trank in seinen eigenen Räumen nicht, die Nebenwirkungen waren einfach zu stark und sein Körper war durch die Unmengen an Tränken, die er nehmen musste, schon genug geschwächt. Zudem in letzter Zeit die Nerventränke für seinen linken Arm nicht richtig anzuschlagen schienen, er musste dringend Neue ausprobieren aber jetzt wollte er nicht darüber nachdenken. Er sah wieder auf die Schokofrösche und konnte nicht länger widerstehen.

Als er allerdings mit der linken Hand nach der Schachtel greifen wollte, machten ihm seine Nerven einen Strich durch die Rechnung. Das Zittern war so stark, dass er die Hand wieder sinken lassen musste, er wusste, dass er damit eh nichts greifen konnte. Seufzend legte er den Zauberstab weg und griff mit der rechten Hand nach der Schachtel. Mit zwei Griffen war sie offen und der Frosch gefangen, so verkrüppelt war er noch nicht, dass er sich von einem Schokofrosch überlisten ließ. Er betrachtete ihn einen Moment, es war schon ewig her, dass er sich einen gekauft hatte und das obwohl er sie wirklich liebte. Warum eigentlich? Er wusste es nicht wirklich, zuckte aber dann mit den Schultern und biss dem Frosch einfach den Kopf ab.
 

Zwei Schokofrösche später fand Severus die Karte. Da ihm noch nicht schlecht geworden war oder er sonstigen Anzeichen einer Vergiftung gemerkt hatte, ging er kurzerhand einfach mal davon aus, dass es ein Schreiben seines anonymen Schenkers war. Natürlich war er nicht ganz so naiv, neben ihm stand eine Phiole mit einem Antigift-Trank. Er wischte sich die Finger ab und griff nach der Karte, er hatte eine dumpfe Ahnung, von wem sie kam.
 

„Vielen Dank für das Buch, ich werde Ihnen zeigen, dass ich dieses Fach durchaus ernster nehme als der Rest meiner Familie.
 

Natürlich möchte ich mich revanchieren und habe mir erlaubt, Ihnen eine Kleinigkeit zu schicken. Ich hoffe, ich konnte Ihren Geschmack treffen.
 

Ich hätte mich gerne persönlich bei Ihnen bedankt aber mir fiel leider keine Möglichkeit dazu ein. Vielleicht haben Sie ja eine Idee, wie ich das bewerkstelligen könnte.“


 

Es bedarf keiner Unterschrift, er kannte die Schrift und er war nicht wirklich überrascht, dass der Junge wusste, dass das Buch von ihm war. Er wollte sich also persönlich bedanken? Das ging nicht. Er durfte dem jungen Potter nicht näher kommen, Potter Senior würde ihn persönlich nach Askaban bringen wenn er auch nur einen Hauch einer Ahnung davon hätte. Nein, das ging nicht. Oder doch? Aber was wollte der Junge überhaupt von ihm? Nur sich bedanken? Severus schüttelte den Kopf, er musste sich zusammen reißen. Er musste sich diese sinnlosen Fantasien aus dem Kopf schlagen, der Junge hatte garantiert nicht so ein Interesse an ihm. Er seufzte leise, nahm sich geistesabwesend noch einen Schokofrosch und las die Karte noch einmal.

Dann fiel sein Blick wieder auf die übrigen Schokofrösche. Woher wusste der Kerl, dass er diese Dinge so liebte? Gut geraten? Wohl kaum, Severus glaubte nicht an Zufälle also musste er es irgendwie raus gefunden haben. Ein Gedanke blitzte in seinem Kopf auf, wieso hatte er da nicht früher dran gedacht? Wie der Vater, so der Sohn und es würde ihn nicht wundern, wenn Albus denselben, seltsamen Tarnumhang hatte wie Potter Senior. Das würde zumindest erklären woher er das mit den Schokofröschen wusste. Aber das würde auch heißen, dass er ihm irgendwann nach geschlichen war.

Mit einem Stirnrunzeln griff Severus nach seinem Zauberstab und sprach einen Aufspürungszauber aus. Normal hätte ihm der nichts genutzt denn solange er nicht wusste wonach er suchte, fand der Zauber auch nichts. Wusste man allerdings wonach man suchte, war dieser Zauber fast unfehlbar. Doch er schlug nicht an, scheinbar war er doch zu paranoid. Nun, das hatte ihm viele Jahre lang das Leben gerettet. Mit einem Schnauben erhob sich Severus, schob den Zauberstab in seinen Ärmel und verließ seine Räume. Er brauchte Ablenkung und die würde er am ehesten im Tränkelabor finden.

Kapitel 4

Kapitel 4
 

Weihnachten zog vorbei, Albus schickte die obligatorischen Dankesbriefe an seine Familie und Freunde und bekam die üblichen Antworten. Lediglich von zwei Personen kamen noch ein paar zusätzliche Worte. Der Erste war Scorpius, der wirklich bedauerte, dass sie sich nicht sehen konnten und der ihm dennoch eine schöne Ferienzeit wünschte. Unterschwellig las Albus allerdings auch heraus, dass er sich Sorgen um ihn machte. Der Zweite war sein Dad und das überraschte Albus wirklich. Denn er schrieb nicht die üblichen Floskeln über 'Streng dich an', 'Sei brav und lieb' und das Tolle, was seine Mom immer schrieb, 'Sorg dafür, dass wir stolz auf dich sein können'. Nein, sein Dad schrieb einfach nur, dass er ihn lieb hatte und immer für ihn da sein würde, egal was wäre. Er könne mit jedem Problem zu ihm kommen.

Albus drehte den Brief in den Händen, sein Vater würde so etwas nicht schreiben wenn er wüsste für wen sein Herz schlug. Mit einem Knurren zerknüllte er den Brief und warf ihn ins Kaminfeuer, keiner seiner Familie würde ihn jemals verstehen. Er seufzte schwer während sein Blick zu der Uhr auf Scorpius' Nachttischchen und seufzte noch schwerer. Es war gerade mal halb acht und ihm war jetzt schon sterbenslangweilig. Wie sollte er die ganze Nacht überstehen? Morgen hätte er wenigstens etwas Abwechslung denn morgen begann sein Nachhilfeunterricht. Er bedauerte noch immer, dass sein Severus ihn nicht unterrichtete sondern diese Verwandlungslehrerin aber er würde es überleben. Er würde besser werden, schon allein um seinen Severus zu beeindrucken. Genau, er würde beeindruckt sein und stolz auf ihn, ganz bestimmt. Albus lächelte, er würde ihn beeindrucken.
 

Zwei Stunden später schlenderte Albus durch Hogwarts, unter dem Tarnumhang verborgen doch seine Aufmerksamkeit war nicht wirklich in den Korridoren. Wer sollte ihm auch begegnen? Es waren nur vier andere Schüler anwesend und genau vier Lehrer, die Chance jemanden in diesem riesigen Gemäuer zu begegnen, war schwindend gering. Deswegen hing er seinen Gedanken nach während seine Füße ihn von ganz alleine durch die Korridore trugen. Wie immer schwelgte er in Zukunftsplänen.
 

Als er vor der Tür zum Tränkelabor zum stehen kam, kam Albus wieder zu sich. Er blinzelte etwas verwirrt in das Dämmerlicht bevor ihm bewusst wurde, dass die Tür vor ihm nur angelehnt war und dass dahinter Licht brannte. Es gab nur einen Menschen, der freiwillig herkommen würde, sein Severus. Aber wie kam er ungesehen da hinein? Wenn er die Tür öffnete, würde sein Severus ihn bemerken und er war sich nicht sicher ob er schon so weit war. Er versuchte durch den Spalt zu linsen, er sah einen Teil des Raumes und da er den Raum kannte, wusste er, dass sein Severus links von ihm war. Er hörte das leise Klacken von Metall auf Holz, ein Messer, welches Zutaten zerschnitt.

Plötzlich stockte das Geräusch, ein kurzes Zögern und dann tauchten sein Severus in seinem Blickfeld auf. Er durchquerte den Raum, die Schritte wurden leiser. Er musste nach nebenan in den Zutatenraum gegangen sein, Albus wusste, dass er diese Chance nutzen musste. So leise wie möglich schob er die Tür auf, schlüpfte hinein und schob die Tür wieder so weit zu, wie sie vorher war. Zumindest hoffte er das. Er schlich in seine Ecke und ließ sich dort auf seinen Stuhl sinken, er hatte Recht gehabt denn aus dem Nebenraum erklang das leise Klirren von Gläsern. Scheinbar suchte sein Severus ein paar Zutaten.
 

Wie hatte er nur diese verdammten Aalaugen vergessen können? Eine der Hauptzutaten. Severus schüttelte über sich selbst den Kopf während er das Glas mit den Aalaugen zurück ins Tränkelabor brachte. Er war in letzter Zeit nicht mehr ganz bei der Sache, seine Gedanken kreisten fast ausschließlich um den jungen Potter. Zwar konnte er sich nicht wirklich erklären wann sich seine Gefühle für ihn so geändert hatten aber sie hatten es und genau daran verzweifelte er gerade fast. Er konnte sich dem Jungen nicht nähern, das würde eine Katastrophe herauf beschwören. Diese Katastrophe hieß Harry Potter.

Er seufzte leise, warf die benötigte Anzahl von Aalaugen in den Trank und rührte ihn vier Mal im Uhrzeigersinn um. Noch die Flammen etwas zurücknehmen und dann setzte er sich, seine rechte Hand fuhr abwesend über sein linkes Knie, konnte das Zittern aber nicht beeinflussen. Sein Blick fiel auf den köchelnden Trank, er hoffte, dass er besser wirkte als der Bisherige. Warum der Trank seine Beschwerden plötzlich nicht mehr verschwinden ließ, war ihm ein Rätsel. Seit über fünfzehn Jahren nahm er den Trank jetzt schon, hatte er sich etwa daran gewöhnt? Nun, das wäre eine Erklärung. Das Zittern in seinem Bein nahm zu, er fluchte lautlos und holte eine Phiole aus seiner Tasche, der Trank wirkte zwar nicht mehr richtig aber besser als nichts.

Mit einem Seufzen schluckte er den Trank, schüttelte sich kurz und sah dann wieder zu dem Trank, der ordnungsgemäß köchelte. Er konnte in der nächsten Stunde nicht sehr viel tun. Normal hätte er ein paar Dinge probiert, ein bisschen rum experimentiert aber das starke Zittern hatte ihn heute fest im Griff. Und er wollte nicht riskieren, dass sein Bein einfach unter ihm weg knickte. Oder noch schlimmer, das Zittern seiner Hand könnte unbeabsichtigt die falschen Zutaten in den Trank fallen lassen und das könnte sehr schwerwiegende Konsequenzen haben. Nein, dann blieb er lieber hier sitzen und wartet bis er die nächsten Zutaten hinzu fügen musste. Da konnte er in aller Ruhe nachdenken.

Allerdings drehten sich seine Gedanken im Kreis und als er den Blick durch den Raum schweifen ließ, blieb er plötzlich an der Tür hängen. Er war nicht mehr der Jüngste aber er war noch nicht senil und er war sich hundert prozentig sicher, dass er die Tür deutlich weniger angelehnt hatte. Wind gab es hier nicht, die Geister konnten keine Türen bewegen und Filch und seine Katze würden nicht wagen sich ihm zu nähern. Blieb ein jugendlicher Zauberer mit einem Tarnumhang, der jetzt wahrscheinlich hier bei ihm im Raum war. Er ließ den Blick schweifen, sonst hatte sich nichts im Raum verändert aber irgendwo musste der Junge sein. Er zog den Zauberstab, verschloss die Tür und flüsterte dann den Aufspürungszauber, er wollte auf keinen Fall, dass der Junge seine richtige Stimme hörte. Tatsächlich, in einer Ecke leuchtete eine Gestalt auf.
 

Er war entdeckt. Die Art und Weise, wie sein Severus genau in seine Richtung sah, zeigte ihm, dass er ihn irgendwie entdeckt hatte.

Sein Severus griff gerade nach einer Phiole, trank einen Schluck und schnarrte dann, „runter mit dem Umhang, Mr. Potter.“

Seufzend zog Albus den Tarnumhang von sich runter und versuchte möglichst ertappt auszusehen.

„Was machen sie hier?“, fragte Severus.

Gute Frage, dachte sich Albus bevor ihm eine Idee kam und er sagte, „ich wollte mich persönlich für das Buch bedanken. Und für die hilfreichen Anmerkungen.“

„Sie sollten sich daran halten wenn Sie Ihre Note verbessern wollen“, sagte Severus.

„Das werde ich. Muss ich sofort gehen?“, fragte Albus, der jetzt auf stand und näher kam.

„Es ist weit nach der Ausgangssperre.“

„Ich störe Sie auch nicht. Ich könnte doch was lernen.“

Severus zögerte, die Aussicht den Jungen noch ein bisschen länger um sich zu haben, war verlockend aber da war das Problem mit seiner Stimme. Der Inhalt der Phiole würde für ungefähr vier Stunden reichen aber danach musste er für mindestens zwei Tage aussetzen oder er würde bei jeder weiteren Einnahme des Sprachtrankes die Schmerzen in seinem Hals verstärken. War es das wert? Ein Blick auf den Jungen und sein Antwort war klar, ja das war es wert. Also nickte er und erhob sich.

„Dann wollen wir doch mal sehen ob Sie auch nur die geringste Ahnung von Zaubertränken haben“, schnarrte er und wandte sich dem Tisch zu, er hielt sich unauffällig mit der rechten Hand am Tisch fest denn er hatte keinen Nerventrank mehr hier. Er konnte es sich nicht leisten vor Albus zu Boden zu gehen, das wäre mehr als blamabel. „Wir fangen mit der Zutatenbestimmung an“, bestimmte Severus.

Albus verleierte innerlich die Augen, trat aber dann gehorsam an den Tisch ran und versuchte sich an diese verdammten Zutaten zu erinnern. Aber eigentlich war ihm das egal, er war in der Nähe seines Severus und das war alles, was zählte.
 

Die Sonne ging über Hogwarts auf und die wenigen Bewohner, die über die Ferien im Schloss verweilten, standen langsam auf. Bis auf Zwei denn Severus hatte die überraschende Zaubertrankstunde erst vor kurzem beendet. Albus lag mittlerweile tief und fest schlafend in seinem Bett, mit einem seligen Gesichtsausdruck und absolut und rundum glücklich. Er hatte die ganze Nacht mit seinem Severus verbringen dürfen, was wollte er für den Anfang mehr?

Der Zweite hingegen saß wach in seinem Wohnzimmer und versuchte nicht den Verstand zu verlieren. Sein Hals kratzte und brannte, die Schmerzen, die zusätzlich noch durch sein linkes Bein und den linken Arm rasten, machte ihn schier wahnsinnig. Er hatte bereits einen hochkonzentrierten Schmerztrank genommen, sonst würde er wahrscheinlich nicht mal ordentlich sitzen können aber einen Weiteren konnte und durfte er nicht nehmen. Poppy würde ihm sowieso schon einen Vortrag über die unsachgemäße Verwendung von Zaubertränken halten wenn sie wüsste, was er in dieser Nacht alles geschluckt hatte.

Einen normalen Nerventrank, um normal laufen und arbeiten zu können. Eine komplette Phiole des Sprachtrankes, um sich mit einem Jungen, der sein Enkel sein könnte, über vier Stunden unterhalten zu können. Sogar noch eine Phiole voll von dem neuen Nerventrank, der weder in seiner Wirkung noch in seiner Wechselwirkung mit den anderen Tränken getestet war. Es war absoluter Wahnsinn gewesen aber nur so hatte er weiter aufrecht stehen können und auch normal den Raum mit Albus verlassen können, ohne Trank hätte er schweben müssen oder sich helfen lassen. Beides in Gesellschaft unvorstellbar. Severus seufzte leise, die Nacht war es wert gewesen. Er mochte den Jungen und wenn er seine Beobachtungen von dieser Nacht richtig deutete, beruhte das auf Gegenseitigkeit. Aber wie sollte er diesem wunderbaren, jungen Mann gegenüber treten?

Er war ein Krüppel, der Biss und das Gift dieser verfluchten Schlange hatten sein Leben zerstört. Der Biss hatte seine linke Halsseite aufgerissen, die Stimmbänder irreparabel geschädigt und nur durch sehr viel Glück war er nicht verblutet. Doch der Biss war sein geringstes Problem, den meisten Schaden hatte das Gift und dessen Nichtbehandlung angerichtet. Die Nerven seiner kompletten linken Körperhälfte waren fast zerstört, ohne den Trank konnte er nicht mal richtig laufen sondern wäre auf einen Stock angewiesen. Was natürlich außerhalb jeder Diskussion stand. Seine Hand war nicht länger brauchbar, er konnte kaum ein Messer halten und wenn, dann zitterte sie so stark, dass er eher Gefahr lief sich selber zu verletzen. Dazu war er körperlich wesentlich schwächer als früher, seine Organe waren zwar angegriffen aber sie würden ihm, zum Glück und Merlin sei Dank, nicht weiter einschränken. Denn für alles gab es Tränke.
 

Stärkungstränke, damit er nicht mitten am Tag so müde war, dass er kaum noch gerade aus gehen konnte. Und damit er nicht im Stehen oder Sitzen einschlief.

Nerventränke, damit er seine Hand wenigstens teilweise normal benutzen konnte und damit er normal laufen konnte.

Aufbautränke, damit seine Organe die Schädigung überlebten und ihre Funktion nicht einstellten. Die Heiler hatte ihm versichert, dass er damit noch alt werden konnte.

Ein Trank, der ihm seine frühere Stimme wieder gab, die Schmerzen in seinem Hals nahm und ihm erlaubte ein normales Gespräch zu führen.

Schmerztränke, die die Schmerzen von den Schädigungen in Grenzen hielten.

Doch jeder Trank, egal wie gut er gebraut wurde, hatte Nebenwirkungen. Die Masse an Tränken, die er jeden Tag nehmen musste, hatten ihre Nebenwirkungen, mit denen er mehr oder weniger gut leben konnte. An die Schmerzen hatte er sich gewöhnt, vor allem weil er an den Meisten selber schuld war.
 

Für sein Bein gäbe es einen Zauber, der es von außen stützte und mit dem er auch laufen könnte, aber er müsste einen Stock benutzen um das Gleichgewicht zu halten.

Für seine Stimme gäbe es einen weit weniger aggressiven Trank, der ihm die Schmerzen nahm aber er beeinflusste seine Stimme nicht. Und er würde mit dieser abartigen, krächzenden Parodie einer Stimme garantiert nicht in die Öffentlichkeit gehen.

Wenn er nicht darauf bestehen würde, dass er unbedingt den ganzen Tag auf den Beinen sein musste, könnte er die Stärkungstränke auf ein Minimum reduzieren.

Nur auf die Aufbautränke, auf die konnte er nicht verzichten aber er könnte sie reduzieren wenn er sich an eine sehr strenge Diät halten würde.
 

Auf das alles hatte er keine Lust und keine Nerven. Er wusste, dass es Wahnsinn war aber wenn er diese Einschränkungen in seinem Leben akzeptieren würde, hätte ER doch noch gewonnen. Das konnte Severus einfach nicht zulassen also lebte er sein Leben so weiter wie vorher und nahm halt die Schmerzen und die anderen Unannehmlichkeiten in Kauf.

Das alles führte ihn zu dem eigentlichen Problem zurück, wie sollte er Albus gegenüber treten? Der Junge stand noch vor der Blüte seines Lebens und würde sich nicht mit einem solchen Krüppel belasten. Er schien ihn zu mögen und Severus wollte sich diese Chance, so winzig klein sie auch sein möge, nicht entgehen lassen. Sein Blick schweifte zu den Phiolen, die auf seinem Couchtisch standen. Er würde in Zukunft wesentlich mehr Tränke brauchen, vor allem den Nerven- und den Sprachtrank.

Poppy konnte er nicht danach fragen, er musste sie selber brauen und das war sehr viel Arbeit, hm, mit Albus' Hilfe hatte er in dieser Nacht eine Menge geschafft. Wenn er ihm nicht sagte, was er vor hatte, könnte er ihm wieder helfen. Severus lächelte bei dem Gedanken, er schlug zwei Fliegen mit einer Klappe. Er konnte Zeit mit Albus verbringen und gleichzeitig die benötigten Tränke herstellen, die es ihm ermöglichten, vor Albus perfekt zu sein. Und er würde perfekt sein.
 

„Sollten Sie Interesse an einer weiteren Nachhilfestunde in Zaubertränke haben, so finden Sie sich bitte heute Abend gegen 22 Uhr im Klassenzimmer für Zaubertränke ein. Ich wäre Ihnen sehr verbunden wenn dieses Angebot unter uns bleiben würde.
 

S. Snape.“
 


 

Fassungslos aber auch unfassbar glücklich starrte Albus auf die kurze Notiz, die ihm gerade ein Hauself gebracht hatte. Sein Severus wollte ihn wieder sehen, heute schon und wenn er es richtig anstellte, konnte er wieder die ganze Nacht bei ihm verbringen. Ihm waren schon Zweifel gekommen, sein Severus hatte ihn die letzten zwei Tage fast völlig ignoriert und war ihm aus dem Weg gegangen. Albus hatte schon befürchtet, dass sein Trank seine Wirkung verloren hatte und hatte schon überlegt ob er die Dosis erhöhen sollte aber jetzt war er beruhigt. Warum sein Severus ihn ignoriert hatte, war ihm jetzt eigentlich egal. Er sah zur Uhr, es war kurz vor Acht also hatte er noch etwas Zeit. Mit einem Grinsen hüpfte er vom Bett und verschwand ins Bad, er konnte genauso noch duschen gehen bevor er zu seinem Severus ging.
 

Er war nervös, schrecklich nervös. Und das wegen einem sechzehnjährigen Bengel. Severus fluchte lautlos vor sich hin während er die Zutaten aus dem Nebenraum holte und vorsichtig vor sich her schweben ließ. Er traute seiner linken Hand nicht, tat er nie aber heute musste sie funktionieren, es musste perfekt sein sonst würde Albus sein Interesse schnell wieder verlieren. Das musste er auf alle Fälle verhindern aber dafür durfte Albus nichts von seinen Fehlern erfahren. Vielleicht irgendwann einmal, wenn er sicher sein konnte, dass Albus über die Fehler hinweg sehen konnte aber jetzt, nein, auf keinen Fall.

Ein Klopfen ließ ihn erschrocken zusammenzucken, er konnte gerade noch so verhindern, dass die Zutaten auf dem Boden zerschellten. Mit einem Schwenk des Zauberstabes ließ er die Zutaten auf dem Tisch landen. Bevor er allerdings die Tür öffnete, griff er nach einer Phiole und trank sie komplett aus. Die Schmerzen und das unerträgliche Kratzen im Hals, welches ihn wieder über vierundzwanzig Stunden nicht zur Ruhe kommen lassen würden, schob er in den Hintergrund. Er brauchte diese Nacht seine normale Stimme. Dann erst öffnete er die Tür mit Hilfe des Zauberstabes.
 

„Guten Abend, Professor Snape“, sagte Albus höflich während er eintrat.

„Guten Abend, Mr. Potter“, gab Severus zurück.

Sofort verzog sein Gegenüber das Gesicht und bat, „könnten Sie mich bitte Albus nennen?“

„Das wäre mehr als unpassend.“

„Aber wenn Sie Mr. Potter sagen, sehe ich ständig meinen Vater vor mir“, sagte Albus.

Ein schwaches Grinsen erschien auf Severus' Gesicht bevor er sagte, „den habe ich nie Mr. genannt. Aber wenn Sie darauf bestehen, dann nenne ich Sie Albus.“

„Dann müssen Sie mich aber auch duzen, das klingt doch sonst doof.“

Aus dem Grinsen wurde ein Lächeln und schließlich nickte Severus. Er zögerte noch einen Moment, überlegte und sagte dann, „wenn ich dir damit nicht zu nah trete, sag doch bitte Severus wenn wir unter uns sind.“ Albus blinzelte ihn einfach nur an. War er zu weit gegangen? Hatte er sich das Interesse des Jungen doch nur eingebildet? „Du musst natürlich nicht“, fügte er sehr schnell an.

Zu seiner Überraschung schüttelte Albus schnell den Kopf und sagte, „doch, doch, ich würde mich freuen wenn ich Severus sagen darf. Vielen Dank. Also, was machen wir heute?“

Severus fühlte sich plötzlich sehr leicht im Kopf vor Glück, er drehte sich schnell zum Labortisch um, damit er sein breites Lächeln verstecken konnte. „Wir brauen ein paar Nerventränke für das St. Mungo“, sagte er. Sofort stand Albus neben ihm, auf seiner rechten Seite denn Severus hatte sich so hingestellt, dass nur dort Platz war. Er wollte ihn nicht auf seiner linken Seite denn sein linkes Auge war auch nicht mehr das, was es mal war. Er wollte diesen wunderbaren jungen Mann völlig klar sehen können.

„Was muss ich machen?“, fragte Albus. Er interessierte sich weiter einen Dreck für Zaubertränke aber er wusste, dass er zumindest hier Interesse vor heucheln musste. Allein die Nähe zu seinem Severus war diese Scharade wert.

„Die Zutaten bestimmen“, sagte Severus und neben ihm erklang ein leises Seufzen.

„Ich erkenne nicht alle.“

„Versuch es. Erst mal die Zutaten, die du kennst. Dann sehen wir weiter.“

„Ich werde dich bestimmt enttäuschen“, murmelte Albus.

„Schlimmer als dein Vater kannst du nicht sein.“

„Ich bin nicht mein Vater.“

Severus drehte etwas überrascht den Kopf, dieser eine Satz war mit so viel Hass und Wut gesprochen worden. Grüne Augen blitzten ihn an und in dem Moment erkannte er, dass Albus nicht die Augen seines Vaters oder seiner Großmutter hatte. Ja, sie waren grün, Lilys wirklich sehr ähnlich aber es war nicht exakt dieselbe. Albus' waren etwas heller, etwas verwaschener und nicht so rein wie Lilys. Aber in seinen Augen dennoch wunderschön.

„Severus?“, fragte Albus. Er machte sich Sorgen denn Severus starrte ihn einfach nur an. „Severus?“, versuchte er es erneut und diesmal kam eine Reaktion.

Sein Gegenüber blinzelte kurz und sagte dann, „nein, du bist nicht dein Vater. Ihr unterscheidet euch in vielerlei Hinsicht.“

„In welcher?“

Severus deutete auf den Tisch mit den Zutaten und schnarrte, „dein Vater hat sich nie eingestanden, dass er eine furchtbare Niete in Zaubertränke ist und dass er Nachhilfe dringend benötigt hätte.“

„Aber er ist doch Auror geworden. Braucht man da nicht einen UTZ in Zaubertränke?“, fragte Albus verwundert. Seine Wut war verraucht, der Hinweis mit seinem Vater war scheinbar nicht böse gemeint gewesen.

„Nur, weil ich den Kurs nicht mehr geleitet habe. Sonst hätte er nie bestanden.“

„Warum hast du den Kurs nicht geleitet?“

„Weil diese Schwachköpfe des Ministeriums sich nicht einig waren ob ich ein Held oder ein Verräter war. Ich durfte damals nicht unterrichten und danach hatte ich keine Lust mehr. Deswegen hat man mir dann den Posten als Schulleiter angeboten und ich habe angenommen“, erklärte Severus.

„Schade. Ich hätte dich gerne in Zaubertränke gehabt“, sagte Albus, „ich mag Professor Barnett nicht.“

„Du hättest mich im Unterricht gehasst.“

„Nein, bestimmt nicht.“

„Doch, glaub mir, du hättest mich gehasst, genau wie alle Anderen. Ich war nie beliebt als Lehrer, ich war immer zu streng und ich war sehr parteiisch“, gestand Severus, allerdings hatte er ein Grinsen im Gesicht.

„Hast du gerne unterrichtet?“, fragte Albus. Er war froh, dass er um diese sinnlose Zutatenbestimmung herum kam und stattdessen mehr über seinen Severus erfuhr.

Dieser schien über die Antwort nachdenken zu müssen bevor er sagte, „ja, ich habe gerne unterrichtet, auch wenn mir das keiner glauben würde. Aber ich bin einfach nicht für die ersten Klassen gemacht, diese Unwissenheit und Unaufmerksamkeit macht mich wahnsinnig.“

„Du könntest die sechste und siebte Klasse unterrichten. Das wäre doch toll.“

„Ihr habt bereits eine sehr gute Zaubertränkelehrerin. Zugegeben, sie ist noch jung und muss noch einiges lernen aber sie hat Bestnoten in ihrem Abschlusszeugnis und sie ist sehr engagiert. Du wirst dich an sie gewöhnen“, sagte Severus grinsend.

„Muss ich wirklich?“

„Warum hast du den Kurs überhaupt belegt? Du hättest Zaubertränke abwählen können.“

„Mein Dad.“

Severus runzelte kurz die Stirn und fragte, „was hat der damit zu tun?“

„Mein Dad ist der Meinung, dass ein UTZ in Zaubertränke sehr hilfreich ist. Er geht wohl davon aus, dass ich auch Auror werden will“, murrte Albus.

„Willst du?“

„Nein.“

„Was willst du dann machen?“

„Keine Ahnung. Ich bin doch erst sechzehn, ich weiß noch nicht was ich den Rest meines Lebens machen will. Wusstest du das in meinem Alter?“

Zu Albus' Überraschung nickte Severus und sagte, „Ja, wusste ich.“

Albus schwieg, er fühlte sich unwohl und das schien Severus auch zu merken. Denn er wandte sich den Zutaten wieder zu und sagte, „du hast noch Zeit um dich für einen Beruf zu entscheiden aber in einem hat dein Vater Recht. Ein guter UTZ in Zaubertränke ist immer hilfreich also sollten wir in dieser Nacht noch etwas arbeiten. Komm, hör auf zu grübeln.“

„Ich grüble nicht“, widersprach Albus.

„Dann hör halt auf zu schmollen“, gab Severus grinsend zurück.

„Ich schmolle nicht“, sagte Albus mit einem Lachen in der Stimme.

„Dann komm her und bestimme die Zutaten. Ich muss diese Tränke bis morgen fertig bekommen sonst muss ich mir eine sehr peinliche Ausrede für die Heiler im St. Mungo ausdenken. Das will ich nicht. Also?“

Albus trat wieder an den Tisch ran und meinte, „das schaffen wir.“

„Sehr gut. Nun, welche Zutaten kennst du?“

Jetzt erntete Severus wieder ein leises Seufzen bevor Albus die wenigen Zutaten benannte, die er kannte. Danach begann Severus mit seinem Unterricht, er erklärte Albus die Zutaten und ihre Verarbeitung. Bei der späteren Zubereitung waren die Berührungen rein zufällig, wenn sie überraschend nach derselben Zutat griffen oder wenn Severus seinem Schüler zeigen wollte, wie er das Messer richtig halten musste oder wie man den Trank richtig umrührte. Severus wollte schließlich nur, dass die Tränke perfekt worden und dafür musste es Albus ja richtig machen. Dass sich dieses warme Gefühl in ihm immer mehr verstärkte, versuchte er zu ignorieren.
 

Genau so zogen die Tage bis zum Schulbeginn hin. Severus und Albus trafen sich jede zweite oder dritte Nacht um in den Kerkern Tränke zu brauen. Sie unterhielten sich immer mehr, mal über alltägliche Dinge und mal über Privates aber nie ließ Severus seine Maske fallen. Er wollte den Jungen nicht verschrecken und sorgte mit allen Mitteln dafür, dass seine Behinderungen nicht auffielen. Dass er immer mehr Tränke nehmen musste um diesen Zustand für die wenigen Nachtstunden aufrecht zu halten, schob er in die hinterste Ecke seines Gehirns. Er wollte es nicht sehen denn das würde bedeuteten, dass er den perfekten Schein nicht mehr aufrecht erhalten konnte. Und das durfte unter keinen Umständen passieren. Severus' Blick schweifte von den Unterlagen zur großen Standuhr in seinem Büro, es war kurz vor halb acht und er war eigentlich furchtbar müde. Aber er musste noch einige Papiere ausfüllen auch wenn er gar keine Lust dazu hatte. Viel lieber würde er sich wieder mit Albus treffen.

Es war der letzte Tag, morgen ging die Schule wieder los und dann würden ihre Treffen wesentlich schwieriger werden. Aber sie hatten sich erst gestern getroffen, er quälte sich schon seit dem Treffen mit unsäglichen Schmerzen im Hals und in den Gliedern. Sein Blick fiel auf die leere Tasse, er roch den Honig noch und er hasste Honig, zumindest seit er ihn in warmer Milch trinken musste um das Kratzen in seinem Hals zu besänftigen. Die Tatsache, dass er den ganzen Tag schon nichts anderes trank, führte nicht gerade zu einer Verbesserung seiner Laune. Dennoch tippte er mit dem Zauberstab gegen die Tasse, sie füllte sich sofort wieder und er nahm einen großen Schluck von der warmen Milch. Widerlich.
 

Die Dokumente waren fertig, Severus hatte seinen Sitzplatz in sein Wohnzimmer verlegt denn an Schlaf war bei all den Schmerzen nicht zu denken. Er hatte den ganzen Tag auf unnütze Tränke verzichtet und dementsprechend nicht gesprochen und sich mit Hilfe eines Schwebezaubers fort bewegt. Seine Gedanken kreisten, jetzt wo sie nicht mehr beschäftigt worden, um Albus und um dieses unerklärliche Verlangen den Jungen zu sehen. Warum fand er ihn plötzlich so interessant? Was war nur plötzlich los mit ihm? Das war doch nicht normal. Der Junge sah seinem alten Erzfeind zum Verwechseln ähnlich und doch wollte er ihn sehen, wollte ihn haben, wollte, dass er sein ist. Aber warum? Severus fuhr sich fahrig durchs Gesicht und die Haare, so ein intensives Gefühl hatte er noch nie jemanden gegenüber verspürt. Selbst die Liebe zu Lily war nicht so stark gewesen, warum also jetzt zu deren Enkel?

Er machte sich keine Illusionen, er liebte Lily schon lange nicht mehr, es war viel zu lange her. Er hatte mit diesem Teil seiner Vergangenheit längst abgeschlossen, sonst wäre er wahrscheinlich daran zerbrochen. Doch jetzt musste er sich mit der Gegenwart beschäftigen, sein Blick ging zur Uhr, es war kurz vor zehn und er wusste, dass ihn die Schmerzen nicht schlafen lassen würden. Und da war noch dieses starke Verlangen, welches langsam aber sicher übermächtig würde.
 

Es wurde zu viel, gegen elf konnte sich Severus nicht mehr gegen den Drang wehren. Mit einem Knurren griff er nach einer Phiole mit Nerventrank, stürzte sie hinunter und während er ungeduldig darauf wartete, dass die Wirkung einsetzte, schrieb er ein paar Worte auf ein Stück Pergament. Als er spürte, dass seine Nerven sich langsam beruhigt hatten, stand er auf und war mit wenigen Schritten am Fenster, ein Wink mit dem Zauberstab und nur kurze Zeit später tauchte eine Schuleule auf. „Albus Potter“, krächzte er leise, die Eule schuhute ein Mal kurz und nahm dann das Pergament mit dem Schnabel mit. Er sah der Eule nicht nach sondern wandte sich um und verließ seine Gemächer, natürlich nicht ohne vorher noch drei Phiolen einzustecken.

Kapitel 5

Kapitel 5
 

Ungeduldig und nervös ging Severus auf und ab, ob die Eule den Brief überhaupt abgeben konnte? Es war schon sehr spät, es wäre nicht verwunderlich wenn der Junge schon schlief und dann würde er hier umsonst warten. Er beschloss bis zwölf zu warten und dann notgedrungen ins Bett zu gehen, Schlaf hin oder her aber er musste seinem Körper etwas Ruhe gönnen. Doch eigentlich hoffte er darauf, dass Albus doch noch wach war und seinen Brief bekommen hatte. Ein leises Geräusch riss ihn aus seinen Gedanken, blitzschnell fuhr er herum, den Zauberstab erhoben. Er war vielleicht ein Krüppel aber er war nicht hilflos.

„Guten Abend, Severus“, sagte der Junge, der in der Tür stand und ihm ein unsicheres Lächeln schenkte.

Erst fragte sich Severus, warum er ihn so seltsam ansah doch dann fiel ihm sein Zauberstab wieder ein. Schnell steckte er ihn weg und winkte den Jungen wortlos herein. Er hatte den Trank noch nicht genommen, hatte es so lange aufgeschoben wie möglich doch jetzt trank er die Phiole aus.

„Ich war etwas überrascht als deine Eule ankam. Du hattest doch gesagt, dass du heute keine Zeit hast“, sagte Albus während er näher kam.

„Meine Arbeit war doch schneller erledigt als ich gedacht habe“, gab Severus ausweichend zurück. Er konnte dem Jungen ja schlecht sagen, dass er ihn so sehr vermisst hatte, dass er es nicht ausgehalten hatte.

„Üben wir heute gar nicht?“, fragte Albus.

Severus sah ihn im ersten Moment fragend an bis Albus auf die leere Arbeitsfläche hinter ihm deutete. Normal hatte er alles schon vorbereitet aber heute hatte er es völlig vergessen.

„Oder bist du noch nicht dazu gekommen, die Sachen zu holen?“

„Willst du heute unbedingt eine Nachhilfestunde?“, fragte Severus ohne ihn anzusehen.

So entging ihm der siegesgewisse Blick bevor Albus sagte, „naja, es ist schon ziemlich spät. Da lernt man sowieso nicht mehr richtig, oder?“

„Nein, wohl eher nicht.“

„Was machen wir dann?“, fragte Albus.

Statt einer Antwort zog Severus seinen Zauberstab und verwandelte zwei der Stühle in Sessel, einen Weiteren in einen kleinen Tisch und mit einem weiteren Schwenk standen zwei dampfende Tassen darauf.

„Das sieht sehr gut aus“, kommentierte Albus das Geschehen.

„Dann setz dich doch.“

Sie ließen sich nieder, Severus seufzte innerlich auf denn sein Bein hätte ihn, trotz Trank, nicht mehr lange getragen. Selbst der verbesserte Nerventrank reichte nicht mehr annähernd so lang wie am Anfang. Er musste ihn wahrscheinlich noch stärker brauen. Er warf einen Blick zur Seite, Albus nahm sich gerade die Teetasse und trank einen Schluck.

Dann fragte er, „was machen wir jetzt?“

„Hast du deine Aufgaben alle fertig?“

„Die Frage kann nur von einem Lehrer kommen“, lachte Albus, „aber ja, ich habe alles fertig. Und ich glaube, die Lehrer waren mit mir zufrieden.“

„Ja, waren sie.“

„Woher weißt du das?“

Severus hob spöttisch eine Augenbraue und sagte, „ich bin der Schulleiter, mir entgeht nichts und außerdem waren die Lehrer angewiesen mich über deine Fortschritte zu informieren.“

„Warum?“

„Weil deine werte Frau Mama mir einen sehr deutlichen Brief geschrieben hat. Sie möchte nach den Ferien deutliche Fortschritte in deinen Noten sehen, wenn du schon die Weihnachtsferien dafür opfern musstest. Sie hat mir sehr deutlich zu verstehen gegeben, dass ich es nicht wagen soll, dich zu den Osterferien auch hier zu behalten“, gab Severus mehr als amüsiert zurück.

„Du klingst nicht sehr beeindruckt.“

„Warum sollte ich? Ich erhalte jeden Tag mindestens fünf Briefe von Eltern, die der Meinung sind, dass ich ihre Kinder benachteilige, dass ich falsche Noten vergebe und dass ich sie ja nicht leiden könnte, weil sie im falschen Haus sind.“

Albus runzelte kurz die Stirn und sagte dann, „aber du hast doch mit der Benotung gar nichts zu tun. Das machen doch die Lehrer.“

„Das ist mir bewusst, den Eltern anscheinend nicht.“

„Was antwortest du auf solche Briefe? Wieso hat dir nicht mein Dad geschrieben?“

„Ich habe in meinem Büro einen Stapel Briefe, alle mit demselben Inhalt. Wer sich über die Notengebung beschweren will, soll das bitte beim Schulausschuss machen, ich stehe völlig hinter meinen Lehrern“, sagte Severus grinsend, „warum mir deine Mutter geschrieben hat, weiß ich nicht. Aber sie war sehr deutlich.“

„Wolltest du mich in den Osterferien hier behalten?“

„Ja.“

„Willst du das immer noch?“

„Nun, es wäre nicht fair, dir beide Ferien zu verderben, oder?“

„Ich hatte nie schönere Ferien, ich kann getrost auf den Rest meiner Familie verzichten. Ich würde mich freuen wenn ich in den Osterferien hier bleiben darf“, sagte Albus lächelnd.

„Dann steht dein Vater bei mir im Büro.“

„Hast du etwa Angst vor ihm?“

„Angst? Nein, wieso auch? Weil er den Minister kennt? Weil er uns alle vor dem Böse gerettet hat? Wohl kaum, ich habe die Regeln der Schule hinter mir und darauf berufe ich mich, du hättest mit deinen Noten die sechste Klasse nicht bestanden“, erklärte Severus ruhig.

„Werde ich das jetzt?“

„Wenn du weiter Nachhilfe nimmst und dich im Unterricht etwas mehr anstrengst, dann ja.“

Albus verzog das Gesicht, was zu einem leisen Lachen von Severus führte, der den Kopf schüttelte und meinte, „warum versteht kaum ein Schüler, dass er nicht für uns lernt?“

„Wie meinst du das?“

„Albus, es ist sowohl mir wie auch den Lehrern egal wer welche Noten hat. Ihr lernt nicht für uns sondern für euch. Ihr wollt später einen Beruf ergreifen und dazu braucht man in den allermeisten Fällen einen Abschluss. Wenn ihr euch eure Zukunft verbauen wollt weil ihr jetzt zu faul zum lernen seit, ist das eure eigene Schuld. Ich für meinen Teil will nur verhindern, dass während meiner Schulleiterzeit irgendein Schüler sitzen bleibt oder gar keinen Abschluss hat. Und dafür ist ein A in den UTZs völlig ausreichend. Dass man damit in der Berufswelt allerdings keine großen Sprünge machen kann, wird den meisten Schülern erst klar wenn es zu spät ist“, erklärte Severus und wurde dafür mit großen Augen angesehen.

„So habe ich das noch nie gehört“, gestand Albus irgendwann.

„Was sagen deine Eltern um dich anzuspornen?“

„Anspornen? Ich glaube, meine Eltern kennen dieses Wort nicht. Meine Mom sagt mir nur immer wieder, dass ich mir ein Beispiel an James nehmen soll, der ja wesentlich bessere Noten als ich hat. Mein Dad guckt mich immer mit diesem Blick an, dieser Ich-hab-dich-zwar-lieb-aber-ich-bin-enttäuscht-von-dir-Blick“, knurrte Albus, „ich bin in allem, was ich tue, eine Enttäuschung für sie. Auch wenn zumindest mein Dad manchmal etwas Anderes sagt.“

„Ich muss gestehen, ich kann dir nicht folgen. Gibt es für diese Aussage auch ein Beispiel?“, fragte Severus, der sichtlich verwirrt war. So wie er Potter Senior bis jetzt eingeschätzt hatte, hatte er geglaubt, dass er seine Kinder alle gleich wert schätzte.

Albus lachte jetzt und deutete auf ihn, „du bist das beste Beispiel.“

„Ich?“

„Ja.“

„In Ordnung, ich gebe es zu, jetzt bin ich völlig verwirrt. Albus, es ist spät also strapaziere bitte mein Hirn nicht mehr so“, bat Severus, „klär mich auf.“

„Du weißt doch, wie ich heiße, oder?“

„Ist mir geläufig.“

„Was glaubst du, wo mein zweiter Vorname herkommt?“

„Den habe ich immer für eine Tat der Trunkenheit deines Vaters gehalten“, gestand Severus.

„Nein, er hat mich wirklich nach dir benannt. Und nach Albus Dumbledore. Aber du wolltest noch ein Beispiel. Als ich elf war und in King's Cross am Bahnhof stand, hatte ich furchtbare Angst, dass ich nach Slytherin komme. James hat mich immer aufgezogen und gesagt, dass die schlechten Kinder nach Slytherin kommen. Naja, Dad hat damals zu mir gesagt, dass ich nach zwei großartigen Schulleitern benannt bin und er stolz auf mich ist, egal in welches Haus ich komme. Wenn ich nach Slytherin komme, hat das Haus einen großartigen Schüler mehr“, erklärte Albus bevor er schnaubte, „du hättest mal sein Gesicht sehen sollen als er erfahren hat, dass ich in Slytherin bin.“

„Bereust du es?“

„Es ist ja nicht so als hätte man groß eine Wahl.“

Hier unterbrach Severus ihn, „Albus, ich hatte den Hut auch schon auf und ich weiß, dass er einem die Wahl bis zu einem gewissen Grad selbst überlässt also die Frage nochmal, bereust du es?“

„Nein.“

„Sicher?“

„Ja, was soll ich in Gryffindor? Mir den großartigen James als Vorbild nehmen oder auf meine süße, kleine Schwester aufpassen?“, höhnte Albus.

Ihm gegenüber ruckte eine Augenbraue langsam nach oben, Severus hatte bis jetzt immer angenommen, dass alles glatt lief im Hause Potter. Schließlich waren sie die Vorzeigefamilie. Der Vater Leiter der Aurorenabteilung, die Mutter eine erfolgreiche Quidditchspielerin und drei Kinder, die nach ihrer Schule gewiss genauso ehrenvolle Berufe ergreifen würden.

„Ich sehe es in deinem Blick“, sagte Albus.

„Was siehst du?“

„Dass du mir nicht glaubst.“

„Wie kommst du darauf?“, fragte Severus verwirrt.

„Nicht? Du guckst so ungläubig.“ Albus verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich schmollend zurück.

Severus hob abwehrend eine Hand und meinte, „es ist nicht so als würde ich dir nicht glauben aber es fällt schwer. Das Bild deiner Familie ist in der Allgemeinheit eben ein Anderes.“

„Ja, meine Eltern haben alles getan, dass wir die perfekte Familie sind. Leider ist das alles mehr Schein als Sein.“

„Trifft das auch alle drei Kinder zu?“, fragte Severus.

Er erntete damit ein kaltes, abweisendes Lachen während Albus den Kopf schüttelte und sagte, „nein, das gilt nur für das Kind, das so extrem aus dem Raster fällt. Ich bin in Slytherin, ein Malfoy ist mein bester Freund, ich hasse Quidditch und ich bin ...“

„Du bist?“, fragte Severus. Er war überrascht, dass Albus so einfach abgebrochen hatte und auch jetzt schwieg er und starrte in seine Teetasse. „Ich rede mit dir, Albus.“

Doch der Angesprochene schüttelte nur den Kopf.

„So schlimm kann es doch gar nicht sein.“

„Doch.“

„Sicher?“

„Ja, du wirst nicht mehr mit mir reden.“

Severus schnaubte verhalten und meinte, „ich habe so viele Dinge von so vielen Menschen erfahren und dennoch rede ich noch mit diesen Menschen. Aber du musst natürlich nicht mit mir reden.“

„Du würdest es meinen Eltern nicht sagen, oder?“, fragte Albus unsicher.

„Als ob ich freiwillig mit deinen Eltern reden würde.“

„Naja, sie könnten dich ja auch zwingen.“

„Zwingen? Mich? Albus, ich weiß ja nicht was dein Vater dir über mich erzählt hat aber weder er noch deine Mutter haben die Mittel oder Möglichkeiten mich zu irgendeiner Aussage zu zwingen“, schnarrte Severus kalt.

Albus sah seinen Gegenüber noch einen Moment an, war es vielleicht schon der richtige Zeitpunkt um Severus auf die richtige Spur zu bringen? Konnte er ihm zumindest schon mal anvertrauen, dass er auf Männer stand? Er sah ihm in die Augen, das tiefe Schwarz war leicht verschleiert und deutete darauf hin, dass sein Trank vorzüglich wirkte. Eigentlich müsste er die Nachricht positiv auffassen aber Albus war sich nicht ganz sicher. Schließlich seufzte er leise und senkte den Blick wieder.

„So schlimm?“, fragte Severus sanft.

„Für meine Eltern, ja.“

„Ich habe aber nicht deine Eltern gefragt, sondern dich.“

„Ja, nein, ach, ich weiß auch nicht.“

Severus hob lediglich eine Augenbraue, er wurde aus dem Gestotter irgendwie nicht schlau dennoch versuchte er es erneut, denn es schien Albus wirklich zu belasten, „Egal was es ist, es kann nicht so schlimm sein wie du dir vorstellst. Wenn du ein Problem hast, kann man eine Lösung dafür finden.“

„Es ist nicht direkt ein Problem.“

„Dann brauchst du schon mal keine Lösung“, gab Severus trocken zurück.

„Sehr witzig“, murrte Albus doch als er aufsah, bemerkte er, dass es scheinbar ernst gemeint war denn er wurde offen und aufmerksam angesehen. „Das war kein Witz?“

„Sehe ich aus als würde ich scherzen? Albus, es scheint dich sehr zu belasten und vielleicht hilft es dir wenn du mit jemanden darüber redest. Und da du deiner Familie scheinbar nicht vertraust, kann ich mich nur als Gesprächspartner anbieten. Ob du es annimmst oder nicht, ist deine Sache“, sagte Severus.

„Du wirst mich danach nicht mehr mögen.“

„Das sagtest du bereits und meine Antwort kennst du. So schlimm kann es nicht sein.“

Albus zögerte noch einen Moment, er musste den nächsten Schritt machen sonst würden sie sich ewig auf der Stelle drehen. Er atmete extra nochmal tief ein, senkte den Kopf und murmelte dann, „Ich bin mir nicht sicher, dass ich nur auf Mädchen steh.“

Schweigen.

War er doch zu schnell vorgegangen? Hatte er ihn verschreckt? Wenn ja, musste er diesem verdammten Hauselfen sagen, dass er die Dosis erhöhen musste. Schade, er hatte gewollt, dass sich Severus langsam aber gründlich in ihn verliebte aber gut, dann musste es eben anders gehen. Albus warf seinem Severus irgendwann einen schüchternen Seitenblick zu. Doch statt des erwarteten Schocks oder Ekels traf ihn ein sehr nachdenklicher Blick. „Severus?“, fragte er leise.

„Ich glaube, ich verstehe deine Situation“, murmelte Severus.

„Ach, wirklich?“

Severus nickte langsam und sagte, „für deine Eltern wäre es ein erneutes Beispiel dafür, dass du, in ihren Augen, nicht normal bist. Was ich von deinen Geschwistern mit bekommen habe, trifft die Vermutung der Bisexualität nur auf dich zu.“

„Ja, James und Lily sind so herrlich normal.“

„Bi- und Homosexualität sind nicht unnormal, sie sind nur weniger verbreitet. In bestimmten Gesellschaftskreisen weniger akzeptiert aber es ist genauso normal wie Heterosexualität.“

„Wenn du das so sagst, klingt es wirklich völlig normal“, murrte Albus.

„Es ist völlig normal.“

„Sag das meinen Eltern.“

„Nun, das solltest du schon selber tun. Wie würde es denn aussehen wenn ich als Schulleiter zu deinen Eltern gehe und ihnen mitteile, dass ihr Sohn sich sowohl zu Mädchen wie auch Jungen hingezogen fühlt?“, fragte Severus mit einem sehr amüsierten Unterton in der Stimme.

Albus sah ihn jetzt richtig an und grinste, „Mom würde in Ohnmacht fallen und Dad würde dich verfluchen.“

„Er kann es ja probieren. So stark ist dein Dad nicht.“

„Aber er hat IHN besiegt.“

Jetzt konnte sich Severus ein Schnauben nicht verkneifen, „ja, mit mehr Glück als Verstand. Dein Dad mag ein guter Zauberer sein aber als Duellant ist er miserabel. Er hatte Glück, dass ER ihn völlig unterschätzt hat und zu überrascht von den Wendungen war um sich richtig zu duellieren. ER ist nicht so alt und mächtig geworden weil er ein schlechter Duellant war.“

„Du klingst als würdest du IHN bewundern“, sagte Albus stirnrunzelnd.

Severus zögerte einen Moment, entschied sich aber dann für die Wahrheit. Albus hatte ihm ein großes Geheimnis anvertraut und dieses Vertrauen musste er auch aufbringen. „In gewisser Weise tue ich das auch. Ich mache mir keine Illusionen, ER war einfach größenwahnsinnig und von seiner Angst vor dem Tod förmlich zerfressen. ER war ein psychopathischer Massenmörder, kalt, grausam und ohne jede Skrupel aber ER war ein sehr mächtiger Zauberer. ER war ein Meister im Duellieren und sein Wissen über schwarzmagische Flüche sucht bis heute seinesgleichen. Aber es ist eine Wohltat für die Welt, dass ER nicht mehr lebt.“

„Das klingt schon wieder völlig anders.“

„Ich drücke mich halt manchmal seltsam aus. Albus, es ist spät und wir müssen Beide in wenigen Stunden schon wieder in der großen Halle sitzen. Es wird Zeit ins Bett zu gehen“, sagte Severus während er sich schon langsam erhob. Er hielt sich dabei möglichst unauffällig an der Lehne seines Sessels fest um zu testen ob sein Bein ihn trug und erst als er sich sicher war, ließ er die Lehne los und verwandelte dann alles wieder zurück.

„Stimmt, es ist wirklich schon spät. Dann also gute Nacht, Severus. Treffen wir uns während der Schulzeit auch?“

„Das würde Probleme mit deinem Zimmerkameraden herauf beschwören. Er würde sich fragen warum du ständig weg bist“, warf Severus ein.

„Nein, Scorpius fragt nicht nach. Also?“, fragte Albus.

Er sah den Kampf im Gesicht seines Gegenübers doch schließlich nickte Severus zögernd, „unter ein paar Bedingungen.“

„Welche?“, fragte Albus mit mühsam beherrschter Stimme. Er hatte Mühe nicht wie ein irre gewordener Wichtel im Kreis zu springen sondern einigermaßen ruhig zu bleiben.

„Eine Eule ist zu auffällig, du bekommst ja sonst kaum Post also werde ich meinen Hauselfen damit beauftragen. Du musst an den Terminen die Gemeinschaftsraum vor der Ausgangssperre verlassen, möglichst schon mit deinem Tarnumhang. Wenn du ihn erst danach verlässt, könntest du auffallen. Ort und Zeit wird sich immer wieder ändern müssen und ich werde mir etwas für Filch ausdenken, der würde nur stören. Einverstanden?“, fragte Severus, der nicht wusste, was genau in ihn gefahren war. Er, der sonst mit Vorliebe Jagd auf Schüler gemacht hatte, die die Regeln brachen, gab einem Schüler Tipps, wie er diese Regeln am Besten umgehen konnte.

„Natürlich bin ich einverstanden.“

„Gut, dann jetzt ab ins Bett, es ist wirklich spät.“

Albus lächelte ihn nochmal an, murmelte ein „Gute Nacht und hoffentlich bis bald“, und schon war er unter dem Tarnumhang verschwunden und kurz darauf zur Tür raus.
 

Besorgt sah Minerva auf den Platz neben sich, es war bereits halb Acht und Severus war noch immer nicht aufgetaucht. Wo war ihr Schulleiter? Der kam doch sonst nie später als kurz nach sieben und vor allem nicht am ersten Schultag nach den Ferien. Sie sah sich um, bis jetzt waren nur sie und Professor Barnett anwesend und die junge Kollegin schien noch etwas für den Unterricht zu machen denn sie war hochkonzentriert über einige Pergamente gebeugt. Es war nicht ungewöhnlich, dass nicht alle Lehrer zum Frühstück kamen, viele frühstückten in ihren Gemächern oder schon in ihren Klassenzimmern. Lediglich sie und Severus kamen eigentlich zu jedem Essen, es war mehr als ungewöhnlich, dass Severus noch nicht da war. Langsam machte sie sich Sorgen. Sie überlegte gerade ob sie ihr Frühstück vorzeitig beenden sollten um nach Severus zu sehen als sich die schmale Lehrertür an der Hallenseite öffnete und der Gesuchte eintrat.

Doch bereits auf den ersten Blick konnte Minerva sehen, dass es ihm gar nicht gut ging. Der Gang war zu steif, das Gesicht zu verbissen und die linke Hand lag viel zu eng am Körper an, gerade so als wolle er sich selber stützen. Sie würde ihren Zauberstab darauf verwetten, dass er nicht ein Wort sagen würde. Was wiederum hieß, dass er schon wieder zu viele Tränke zu sich genommen hatte und das aus einem Grund, den er ihr wieder nicht nennen würde.
 

„Guten Morgen, Severus.“

Ein Nicken war die einzige Reaktion bevor sich Severus schwer auf seinen Stuhl sinken ließ. Minerva runzelte missbilligend die Stirn, aus der Nähe sah Severus noch schlechter aus. Als er nach seiner Tasse griff, sah sie, dass sogar seine rechte Hand zitterte, seine Nerven mussten völlig am Ende sein und doch schleppte er sich hierher.

„Du solltest im Bett sein“, sagte sie leise.

Etwas überrascht wandte er ihr den Blick zu, eine Augenbraue fragend erhoben.

„Du bist kalkweiß, selbst deine rechte Hand zittert und du kannst kaum aufrecht sitzen. So wie du eben das Gesicht verzogen hast, hast du wieder schreckliche Schmerzen im Hals. Severus, du gehörst ins Bett oder noch besser ins St. Mungo“, sagte Minerva energisch aber immer noch sehr leise.

Sie wusste, wenn noch jemand etwas von dem Zustand ihres Schulleiters heraus bekommen würde, würde dieser völlig dicht machen. So hatte sie wenigstens noch eine geringe Chance zu ihm durchzudringen aber das kam immer auf seine Tageslaune an und heute schien er nicht in der Stimmung um sich etwas sagen zu lassen. Denn sein Gesicht verfinsterte sich sofort und er stieß ein leises Knurren aus, sagte aber nichts.

„Keine Widerworte, mein lieber Severus? Könnte das daran liegen, dass du kein einziges Wort raus bekommst ohne vor Schmerzen zu schreien?“, fragte Minerva provokant.

Sie traf ein eiskalter Blick bevor sich Severus demonstrativ seinem Tagespropheten zuwandte.

„Severus, so kann es nicht weiter gehen. Es geht seit Wochen mit dir bergab, du musst dich untersuchen lassen.“

Er winkte ab ohne aufzusehen.

Minerva seufzte leise, legte eine Hand auf seinen Unterarm und erst als er sie ansah, fuhr sie fort, „Severus, ich meine es nicht böse, ich mache mir Sorgen um dich. Du nimmst seit Wochen wesentlich mehr Tränke als früher, glaubst du wirklich, dass fällt nicht auf? In den gesamten Ferien hast du nicht ein einziges Wort gesagt, nicht mal auf der Lehrerversammlung vor zwei Tagen und das kann nur heißen, dass du nicht reden kannst. Wieso nimmst du so viele Tränke? Wozu brauchst du sie? Was ist so wichtig, dass du deine Gesundheit so aufs Spiel setzt?“

Kurz blitzte es in den schwarzen Augen auf, Minerva hoffte schon, dass sie zu ihm durchgedrungen war doch dann verschloss sich das Gesicht von Severus wieder. Er schüttelte ihre Hand ab und winkte auch nochmal ab.

„Das ist keine Antwort“, sagte Minerva leise.

Wieder wurde sie ignoriert und für den Moment musste sie sich geschlagen geben. Wenn er so abblockte, machte es keinen Sinn mit ihm zu reden. Innerlich verfluchte sie diesen Sturkopf doch sie beschloss auch, ihn weiter im Auge zu behalten.
 

Mit einem schmerzerfüllten Stöhnen ließ sich Severus in den Sessel fallen. Warum war er nur zum Frühstück gegangen? Er hätte im Bett bleiben sollen aber nein, er musste ja zum Frühstück gehen. Aber wenn er nicht gegangen wäre, wäre Minerva garantiert hier aufgetaucht und das konnte er nicht gebrauchen. Er wusste ja selber, dass die Tränke seine Gesundheit beeinträchtigten aber was sollte er sonst machen? Er musste vor Albus perfekt sein und dazu brauchte er die Tränke. Gerade jetzt wo er wieder etwas mehr Hoffnung hatte. Warum sonst hätte ihm Albus sagen sollen, dass er vielleicht auch auf Jungs stand? Gut, da war noch dieser riesige Altersunterschied aber Severus hoffte in seinem tiefsten Inneren, dass Albus darüber hinwegsehen konnte. Sie verstanden sich doch schon so gut, vielleicht könnte sich daraus noch mehr entwickeln.

Aber wie? Wie könnte er dem Jüngeren näher kommen ohne ihn zu bedrängen? Wollte er das überhaupt? Severus seufzte leise, der stechende Schmerz in seinem Bein und seinem Arm ließ langsam nach, wurde zu dem dumpfen Pochen, an das er sich schon längst gewöhnt hatte. Solange er die Tränke nahm, würde er damit leben müssen. Sein Blick ging zu den Phiolen auf seinem Wohnzimmertisch, er hatte heute schon zwei Schmerztränke genommen und dürfte nur noch zwei nehmen, und dabei war es noch nicht mal zehn. Er beschloss einfach noch eine Weile hier sitzen zu bleiben, vielleicht beruhigten sich seine Nerven dann. „Fino“, krächzte er leise.

Mit einem Plopp erschien sein Hauself und fragte, „Was kann Fino für Master Snape tun? Geht es Master Snape nicht gut? Master Snape sieht nicht gut aus.“

Severus lächelte etwas gequält und sagte leise, „mir geht es gut. Ich hätte gerne einen Tee mit Honig.“

„Einen Kräutertee?“

„Ja, etwas für den Hals.“

„Möchte Master Snape auch ein Glas Milch?“

„Nein, bitte nicht. Tee reicht.“

„Sehr wohl, Master Snape“, piepste der Elf bevor er verschwand.

Severus mochte seinen Hauselfen, er hatte schon bei seinen Eltern gelebt und war mehr oder weniger an ihn vererbt worden. Er hatte ihn vor vielen Jahren mal gefragt ob er lieber ein freier Elf wäre doch Fino hatte abgelehnt, er mochte seinen Master Snape und war froh für ihn zu arbeiten.
 

Mit einem Plopp tauchte Fino wieder auf, zeitgleich erschien auf dem Tisch neben Severus eine dampfende Kanne, eine Teetasse mit Untersetzer und ein kleines Töpfchen mit Honig. Die Kanne hob sich von selbst und füllte die Tasse mit Tee. Genauso ließ das Töpfchen zwei Tropfen Honig in die Tasse fallen. „Kann Fino noch etwas für Master Snape tun?“, fragte der Hauself.

„Nein, momentan nicht“, krächzte Severus. Er hasste seine Stimme aber vor seinem treuen Hauselfen konnte er sich diese Schwäche eingestehen.

Die großen Augen sahen ihn abschätzend an bevor Fino sagte, „Master Snape sollte ins Bett gehen, Master Snape sieht sehr schlecht aus.“

Severus lachte leise und rau auf und schüttelte den Kopf, „Ich kann nicht mitten am Tag ins Bett gehen. Danke für deine Fürsorge, Fino.“

„Fino macht sich Sorgen um Master Snape.“

„Ich weiß.“

„Master Snape geht es immer schlechter und Master Snape trinkt viel zu viele von diesen Tränken für Zauberer. Das ist nicht gesund“, beharrte Fino.

„Ich weiß.“

Der Hauself legte den Kopf schief und fragte, „wenn Master Snape das weiß, warum tut er es dann?“

„Ich kann mir keine Schwächen leisten“, sagte Severus bevor er einen Schluck Tee trank, die Wärme und der Honig waren eine Wohltat für seinen geschundenen Hals.

„Aber Master Snape ist krank, das ist nicht schwach.“

„Doch, ist es. Fino, ich werde nicht ins Bett gehen. Ich danke dir für den Tee, du kannst gehen.“ Es war Fino anzusehen, dass er gerne noch etwas sagen würde doch er verkniff es sich und nickte nur bevor er mit einem Knall verschwand.
 

Severus lehnte sich erschöpft zurück, die Augen geschlossen und kehrte zu seinen Gedanken zurück, er schob die Sorge seines Hauselfen in den Hintergrund. Er durfte nicht schwach sein, ganz einfach. Seine Gedanken kehrten zu der Frage zurück seit wann er sich in dieser Weise für den jungen Potter interessierte? Gut, es wäre nicht das erste Mal, dass er für einen Jungen oder einen Mann schwärmte aber in dieser Intensität, das war neu. Ebenfalls neu war, dass es ein so junger Mann, nein Junge war. Severus schüttelte den Kopf, er hielt nicht viel von Kindern, egal in welcher Art und Weise und eigentlich war ihm Albus zu jung. Nein, nicht nur eigentlich, er war ihm definitiv zu jung und doch wollte er ihn haben.

Was war nur los mit ihm? Warum hatte er solche starken Gefühle für den Potterspross? Lag es an seiner Großmutter? Hatte er doch noch Gefühle für Lily? Er fühlte in sich hinein, versuchte ehrlich zu sein und kam zu dem Entschluss, dass er zwar noch eine tiefe Freundschaft für sie empfand aber keine Liebe mehr. Er bereute seinen Ausfall von damals noch immer aber er war der Meinung, dass er seine Schuldigkeit getan hatte in dem er ihren Sohn so lange beschützt hatte bis dieser die Prophezeiung erfüllt hatte.

Danach war er weder ihm noch Lily noch etwas schuldig gewesen und hatte endlich sein eigenes Leben führen können. Nicht, dass sein Leben sehr lebenswert war aber es war sein Eigenes. Wobei, jetzt könnte es lebenswert werden. Vorausgesetzt er konnte den Jungen davon überzeugen, dass er doch keine so schlechte Partie war. Nun, das würde schwer werden aber es war nicht unmöglich. Er gestattete sich ein leichtes Lächeln, trank einen Schluck Tee und begann dann einen Plan zu ersinnen. Irgendwie musste er den Jungen von sich überzeugen können.
 

Ein Plopp ließ Minerva verwundert aufsehen, sie hatte nach keinem Hauselfen gerufen und sonst tauchten die fleißigen Helfer auch nicht auf. Noch überraschter war sie als sie Fino, den persönlichen Elfen von Severus vor ihrem Schreibtisch entdeckte. „Fino, was machst du hier?“

„Fino tut die Störung furchtbar leid, Professor McGonagall aber Fino macht sich große Sorgen um Master Snape.“

„Er sah zum Frühstück schon nicht gut aus. Geht es ihm besser?“, fragte Minerva.

„Nein. Master Snape geht es schlecht, noch schlechter als am Morgen. Er nimmt viel zu viele von den Tränken für Zauberer.“

„Ich weiß. Weißt du vielleicht warum er sie nimmt? Gerade der Sprachtrank deutete ja darauf hin, dass er mit jemanden redet und dazu seine normale Stimme nutzt“, sagte Minerva.

Sie wusste, dass Fino seinen Herren sehr mochte und so wurde sie sehr überrascht als der Hauself traurig den Kopf senkte und piepste, „das weiß Fino aber Fino darf nichts sagen.“

„Wer hat dir das denn verboten?“

„Das darf Fino nicht sagen.“

Jetzt blinzelte Minerva den Elfen verwirrt an, nur Severus konnte so ein Verbot verhängen. „Hat Severus dir das verboten?“

„Das darf Fino nicht sagen“, wiederholte der Elf, er klang sehr traurig.

„Fino, so kann ich dir nicht helfen.“

„Das weiß Fino.“

„Warum bist du dann hier?“, fragte Minerva verwirrt.

„Weil Fino sich Sorgen um Master Snape macht. Vielleicht kann Professor McGonagall mit Master Snape reden. Er braucht mehr Ruhe und weniger von den Tränken für Zauberer“, sagte Fino ernst.

„Das weiß ich, Fino und das sage ich ihm auch immer wieder aber du müsstest diesen alten Sturkopf doch genauso gut kennen wie ich. Er lässt sich nichts sagen, egal von wem“, sagte Minerva, der Hauself nickte nur traurig. „Fino, so leid es mir tut aber ich kann dir nicht helfen. Aber du kannst mir einen Gefallen tun.“

„Was kann Fino tun?“

„Behalte deinen Herren im Auge und wenn es ihm noch schlechter geht, kommst du sofort zu mir. Zur Not müssen wir ihn mit Gewalt ins St. Mungo schaffen“, sagte Minerva.

Fino nickte heftig, bedankte sich und verschwand dann mit einem Plopp.

Die Hexe lehnte sich zurück, nahm ihre Lesebrille ab und rieb sich müde über die Augen. Es wurde immer schlimmer mit Severus und der alte Sturkopf wollte sich einfach nicht helfen lassen. Hoffentlich nahm das kein böses Ende.
 

Albus hatte schon gedacht, dass er Severus mit seiner Beichte doch verschreckt hatte denn die Schule hatte vor vier Tagen wieder begonnen und er hatte noch keine einzige Nachricht von seinem Severus bekommen. Er war kurz davor gewesen diesen dämlichen Hauselfen anzuweisen, dass er die Dosis erhöhen sollte als er eine Nachricht bekam. Er würde das Nachsitzen am Freitag nicht bei Filch haben sondern bei seinem Severus. Das hieß, dass er nur noch einen Tag warten musste bis er ihn wiedersehen konnte. Ungestört wiedersehen natürlich. Er sah ihn ja jeden Tag bei den Mahlzeiten aber das war nicht das Gleiche, das war nicht mal annähernd vergleichbar. Doch so ging ihm die Sache viel zu langsam voran, es musste sich endlich etwas ändern. Er wollte ihn anfassen, ihn küssen und mehr, er wollte sich nicht mehr länger hinhalten lassen. Er würde einfach alles auf eine Karte setzen und sich Severus beim nächsten Treffen nähern. Wenn er ihn abwies, was er nicht glaubte, könnte er die Dosis immer noch erhöhen. Ja, das war eine gute Idee, das war sogar eine blendende Idee.
 

Den Abend des folgenden Tages konnte Albus kaum erwarten, er ignorierte die gut gemeinten Worte von Scorpius wie immer und freute sich einfach nur auf das Treffen. Da er eh als Sonderling in seinem Hause galt, er war schließlich der Sohn des großen Harry Potters und der war ja bekanntlich DER Vorzeigegryffindor, fiel es nicht sonderlich auf, dass er sich sonderbar verhielt. Er wurde von seinen Schulkameraden nicht gemocht und er legte auch keinen Wert darauf, er wollte nur seinen Severus haben. Zu dem war er gerade auf dem Weg.

Kapitel 6

Kapitel 6
 

„Herein“, schnarrte die Stimme, die er so liebte. Er folgte der Aufforderung, schloss die Tür sorgfältig hinter sich und trat dann langsam in den Raum hinein.

„Guten Abend, Professor Snape.“

„Guten Abend, Mr. Potter“, gab Severus zurück während er schon seinen Zauberstab zog und ein paar Zauber murmelte. Albus spürte wie sich die Tür hinter ihm versiegelte und er würde seinen Stab darauf verwetten, dass jetzt auch ein Stillezauber über dem Raum lag. „So, und nochmal. Guten Abend, Albus“, sagte Severus mit einem Lächeln.

„Dir auch. Warum habe ich jetzt bei dir das Nachsitzen?“, fragte Albus, der jetzt neben ihn an den Labortisch trat. Dort war ein Versuch aufgebaut.

„Filch hat keine Zeit, der hat drei Gryffindors zu beaufsichtigen.“

„Von wem haben die Gryffindors denn die Strafarbeiten?“, fragte Albus grinsend.

„Willst du mir unterstellen, dass ich willkürlich Strafarbeiten verteile nur damit Filch keine Zeit hat?“, fragte Severus entrüstet. Allerdings konnte er sich ein breites Grinsen nicht verkneifen.

„Eigentlich wollte ich jetzt nein sagen aber irgendwie gefällt mir der Gedanke“, gab Albus zögernd zurück.

Sein Gegenüber wurde sofort ernst und fragte, „welcher Gedanke?“

Es folgte ein weiteres Zögern, genau abgepasst, der Blick wurde gesenkt bevor Albus leise sagte, „der Gedanke daran, dass du andere Schüler zu Filch schickst um mich zu treffen.“

Severus schwieg, er hatte das bis jetzt nicht so gesehen doch jetzt, wo Albus es aussprach, fiel es ihm wirklich auf. Gut, die Gryffindors hatten es wirklich verdient gehabt aber es wären keine Strafarbeiten nötig gewesen. Er hatte sie ihnen wirklich nur gegeben damit Filch keine Zeit für Albus hatte.

„Severus?“

Die leise Stimme holte ihn aus seinen Gedanken, er lächelte zögerlich und wandte sich dann dem Labortisch zu. „Dann sollten wir die Zeit auch nutzen.“

Albus konnte sich ein frustriertes Seufzen nicht verkneifen.

Severus grinste und versuchte möglichst beiläufig zu erwähnen, „je eher wir fertig sind umso eher könnten wir es uns vor einem Kamin gemütlich machen.“

Aus den Augenwinkeln sah er wie sich Albus' Gesicht deutlich aufhellte und er sich mit wesentlich mehr Elan als vorher zu ihm gesellte. Insgeheim hoffte Severus, dass sie wirklich schnell fertig wurden denn er könnte sich im Moment wirklich Besseres vorstellen als hier einen Trank zu brauen.
 

Zu Severus' großer Überraschung gelang der Trank gleich beim ersten Mal, Albus hielt sich genau an seine Anweisungen und so waren sie nach einer knappen Stunde schon fertig.

„Schade, dass es hier keinen Kamin gibt“, murmelte Albus während er den Tisch abwischte, „sonst könnten wir es uns wirklich gemütlich machen.“

„Ich könnte einen herbei zaubern“, schlug Severus sofort vor, fügte aber dann leise an, „oder wir wechseln einfach den Raum.“

„Wohin? Wir können ja schlecht in den Gemeinschaftsraum gehen.“

„Ich besitze auch Privaträume.“

„Ehrlich? Ich darf mit zu dir gehen?“, fragte Albus erfreut.

„Wenn es dir nichts ausmacht, gern. Es ist auf alle Fälle bequemer und auch ruhiger. Natürlich nur wenn es dir nicht irgendwie unangenehm ist“, sagte Severus. Er wusste, dass es falsch war aber es fühlte sich so gut an, er wollte den Jungen bei sich haben.

„Ich würde mich sehr freuen. Ich bin im übrigen fertig.“

Severus ließ den Blick kurz über den Tisch schweifen, es war alles ordentlich weg geräumt und sauber, sie konnten gehen. Er bedeutete Albus ihm zu folgen, er konnte sich sicher sein, dass ihnen niemand begegnen würde. Selbst wenn würde ihm noch eine gute Ausrede einfallen.
 

Er konnte sein Glück nicht fassen, er würde wirklich gleich die Privaträume seines Severus betreten. Sie befanden sich hinter einer Tür, die vom Schulleiterbüro aus ab ging. Er schenkte dem Büro keine Beachtung, es war ihm egal, er wollte endlich die Räume sehen, die er sich schon seit Monaten vorstellte. Waren sie wirklich so schön, wie er dachte?

„Warte kurz einen Moment“, bat Severus und schlüpfte vor ihm durch die Tür.

Etwas verwirrt sah Albus auf die Tür, wartete aber gehorsam. Er würde niemals jetzt weggehen.
 

Kurze Zeit später öffnete sich die Tür erneut und Severus bat ihn hinein. Mit großen Augen sah sich Albus um und er wurde, gelinde gesagt, sehr überrascht. Er hatte sich die Räume immer sehr dunkel vorgestellt, geheimnisvoll und düster, halt genau wie sein Severus aber das Wohnzimmer war sehr freundlich, fast schon zu freundlich.

Helles Holz an den Wänden, ein hellgrauer Teppich und vor dem Kamin eine Sitzgruppe, bestehend aus zwei Sesseln und einer Couch, in einem warmen Braunton. Der Couchtisch war aus hellem Holz mit einer Platte, die ein seltsames Mosaik zeigte. Da war eine Art Vitrine, wo er ein paar Phiolen und verschiedene Gläser erkannte, vereinzelte Bücher und ein paar Akzente in Grün lockerten das Bild etwas auf. Zwei zusätzliche Türen gingen von dem Raum ab doch irgendwie war Albus enttäuscht, so ein Wohnzimmer hätte er nicht bei seinem Severus erwartet.

„Setz dich bitte“, riss ihn Severus aus seinen Gedanken.

Schon war die Enttäuschung vorbei, was interessierte ihn die Einrichtung wenn er mit dem Mann seiner Träume hier sitzen konnte? Er überlegte kurz, ließ sich aber dann auf der Couch nieder.

„Was möchtest du trinken?“, fragte Severus.

„Alles aber keinen Tee.“

„Du magst keinen Tee?“

„Nicht um die Uhrzeit. Kaffee?“

„Gerne“, sagte Severus während er schon den Zauberstab schwang und zwei Tassen auf dem Tisch erschienen, zusätzlich tauchte ein Kännchen und eine Zuckerdose auf. Erst danach machte er Anstalten sich zu setzen, allerdings in einen der Sessel.

„Ekelst du dich so sehr vor mir?“, fragte Albus leise.

Severus stockte mitten in der Bewegung und sah ihn fragend an.

Albus deutete auf den Sessel, den Severus angesteuert hatte und meinte, „der Sessel könnte nicht weiter weg stehen. Ekelst du dich so sehr?“

„Ich ekel mich gar nicht, ich wollte dir nur nicht zu nah treten.“

„Tust du nicht“, flüsterte Albus leise. Er spürte das Zögern doch dann wechselte Severus die Richtung und setzte sich zu ihm auf die Couch.

„Danke.“

„Wofür?“, fragte Severus, der jetzt nach den Tassen griff und Albus den Kaffee reichte, er selber blieb bei Tee.

„Dass du zumindest so tust als würdest du dich nicht vor mir ekeln.“

„Warum sollte ich dich anlügen? Ich bin nicht dein Vater und nein, ich ekel mich wirklich nicht vor dir. Warum auch? Weil du mir gesagt hast, dass du bisexuell bist, wohl kaum.“

„Wirklich nicht?“, fragte Albus. Er versuchte verunsichert zu klingen aber in Wirklichkeit konnte er sein Glück kaum fassen. Sein Severus saß nur ein paar Zentimeter von ihm entfernt, er musste es nur richtig anstellen und er könnte ihn irgendwie berühren.

„Wirklich nicht.“

„Darf ich fragen, warum nicht?“

Jetzt zögerte Severus mit seiner Antwort, er wich dem Blick des Jüngeren aus und sah in seinen Tee. Albus wartete, er hoffte auf eine positive Antwort und er wollte ihn nicht drängen. Es dauerte schier eine Ewigkeit bis Severus kurz durchatmete und dann erklärte, „ich sagte dir schon, dass Bisexualität nichts Unnormales ist. Davon können viele Männer und Frauen betroffen sein, auch welche, denen man es nicht ansieht. Man findet Bi- und Homosexualität in allen Gesellschaftsschichten, in jedem Beruf und in jeder Altersklasse, nur viele Menschen stehen nicht dazu. Es ist keine Schande und zudem geht es auch niemanden etwas an, mit wem man ins Bett geht. Es sollte zumindest niemanden etwas angehen aber leider gibt es Regeln und Gesetze, an die man sich zu halten hat. Egal wie die Gefühle der Betroffenen sind, es gibt Gesetze und es wird immer Menschen geben, die diese Gesetze durchsetzen wollen, egal um welchen Preis. Egal, welches Leid sie damit verursachen.“
 

Sie schwiegen eine Zeitlang bevor Albus vorsichtig sagte, „du klingst als wäre dir so etwas schon passiert.“

„Nein. Noch nicht.“

„Noch?“, fragte Albus jetzt sichtlich verwirrt. Wieder ein tiefes Seufzen von Severus, er sah ihn aus den Augenwinkeln heraus an, antwortete aber nicht. „Severus?“

„Jetzt ist es an mir zu sagen, wenn du es weißt, wirst du diese Treffen in Zukunft absagen“, seufzte Severus.

„Nein, ganz bestimmt nicht. Ich mag dich“, sagte Albus überzeugt. Jetzt wurde er angesehen, ungläubig, fragend und er konnte nicht anders als zu nicken, „ich mag dich, Severus.“

„Ich mag dich auch und genau hier liegt das Problem.“

„Ich bin ein Problem?“

„Nein, Albus, du bist nicht das Problem. Aber alles Andere.“

„Klär mich bitte auf“, forderte Albus, „was ist so schlimm daran, dass ich dich mag? Und du mich?“

„Eben diese Gesetze, die ich eben erwähnte. Du bist minderjährig und mein Schüler, gleich zwei Dinge, die gegen dieses Mögen sprechen“, seufzte Severus.

„Aber ich bin sechzehn.“

„Eben und damit noch minderjährig. Du bist mein Schüler, alles, was über die schulischen Aktivitäten hinaus geht, ist illegal.“

„Das ist nicht fair“, maulte Albus.

Severus zuckte mit den Schultern, trank einen Schluck Tee und meinte, „das Leben ist nicht fair.“

„Und wenn ich siebzehn wäre?“, fragte Albus.

„Bist du immer noch mein Schüler.“

„Aber ich werde in nicht mal vier Monaten siebzehn.“

„Du bist dann immer noch mein Schüler auch wenn ich kein Lehrer mehr bin“, sagte Severus.

„Wäre das hier schon verboten?“

„Was meinst du mit das hier?“, fragte Severus.

„Das wir hier sitzen und uns unterhalten.“

„Für deine Eltern wäre es wahrscheinlich schon zu viel und für alle Anderen auch.“

„Und für dich?“

„Albus, würde ich mir solche Gedanken machen wenn es für mich schon zu viel wäre?“

„Nein!?“

Severus grinste leicht und fragte, „Ist das eine Aussage oder eine Frage?“

Albus zögerte, dieses Gespräch zeigte ihm, dass Severus sich Gedanken um eine mögliche Beziehung machte denn nur diese wäre illegal. Zumindest nach diesen sinnlosen Gesetzen. Doch jetzt begann er wieder abzublocken, wie konnte er seinen Severus davon überzeugen, dass er ihn auch wollte? Einfach alles auf eine Karte setzen? Er atmete tief durch und entschied sich dann für einen Vorstoß, zur Not konnte er immer noch die Dosis des Trankes erhöhen.

Er zögerte nochmal und sagte dann, „naja, ich weiß nicht so wirklich was ich von dem Gespräch halten soll. Wir haben nichts gemacht, wir sitzen hier, trinken Kaffee und unterhalten uns, das ist ja nicht illegal. Aber wenn wir nichts Illegales tun, macht dieses Gespräch keinen Sinn. Severus, ich mag dich, nein, eigentlich ist das so viel mehr und ich habe das Gefühl, dass es dir genauso geht. Denn sonst würden wir dieses Gespräch nicht führen. Du hast gesagt, du magst mich, aber wie? Wie magst du mich?“

„Das geht nicht, du bist mein Schüler“, sagte Severus ausweichend. Er sah zur Seite, schaffte es nicht den Jungen neben sich anzusehen und so entging ihm der siegesgewisse Blick.

Albus musste schwer an sich halten um nicht jubelnd aufzuspringen, er hatte ihn, er hatte ihn wirklich. Jetzt musste er ihn nur noch davon überzeugen, dass sie dennoch eine Beziehung haben konnten. „Das ist mir aber egal, ich liebe dich“, sagte er überzeugt.

Severus' Kopf ruckte rum, die Augen weit aufgerissen und stotterte, „das meinst du nicht ernst.“

„Todernst. Ich liebe dich.“

„Das kann nicht dein Ernst sein. Albus, ich könnte dein Großvater sein, Merlin, ich BIN mit deinem Großvater zur Schule gegangen“, sagte Severus während er schon aufsprang und eher ziellos im Raum auf und ab ging.

„Das ist mir bewusst und egal“, sagte Albus, der auf der Couch sitzen blieb und ihn ruhig ansah. Wenn er jetzt auch panisch werden würde, könnte er das gleich vergessen. Jetzt war die beste Gelegenheit um seinen Severus davon zu überzeugen, dass er es ernst meinte.

„Dein Vater bringt mich persönlich nach Askaban“, sagte Severus gerade.

„Er muss es ja nicht erfahren.“

„Du bist minderjährig und mein Schüler.“

„Severus, ich werde in vier Monaten siebzehn und damit bin ich volljährig“, erinnerte Albus ihn.

„Bleibt die Tatsache, dass du mein Schüler bist.“

„Aber du benotest mich doch gar nicht, du hast mit den Schüler doch gar nichts zu tun. Wieso ist das dann verboten?“

„Beziehungen zwischen Schülern und den Lehrkörpern sind nun mal verboten“, knurrte Severus.

„Beziehung?“, fragte Albus sofort.

Severus, der die ganze Zeit auf und ab ging, stockte mitten im Schritt und sah ihn vorsichtig an. Er suchte nach Abscheu oder Ekel doch Albus sah ihn lediglich mit einem Lächeln an, fragend aber durchaus interessiert. „Alles Andere wäre ja nicht illegal“, sagte er schließlich zögernd.

Jetzt stand Albus doch auf, er konnte einfach nicht mehr sitzen bleiben und trat langsam vor seinen Severus, der ihn irgendwie misstrauisch, fast schon scheu, beäugte. „Ich liebe dich, mehr als du dir vorstellen kannst und mir sind diese sinnlosen Gesetze egal. Ich werde bald volljährig, ich bin kein Kind mehr und ich kann durchaus schon Entscheidungen für mein Leben treffen. Ich weiß, dass du auch etwas für mich empfindest also warum machst du es uns so schwer?“, fragte Albus lächelnd. Er stand mittlerweile direkt vor Severus, hob jetzt den Arm und legte die Hand vorsichtig auf seinen Unterarm. Schwarze Augen folgten der Bewegung, unsicher, scheu, fast nicht glaubend, was er da sah.

„Du bist mein Schüler und minderjährig“, versuchte es Severus erneut doch seine Stimme klang nicht sehr überzeugend, eher kläglich.

„Das ist mir egal“, gab Albus lächelnd zurück. Er trat noch einen halben Schritt näher, ihre Körper berührten sich fast.

„Ich gehe dafür nach Askaban.“

„Nur, wenn es jemand erfährt. Wenn ich volljährig bin, ist es nicht mehr illegal.“

„Du bist dann immer noch mein Schüler.“

„Dann verlasse ich Hogwarts in den Sommerferien und gehe nach Beauxbatons oder Durmstrang für mein letztes Jahr, dann ist es weder illegal noch irgendwie verwerflich.“

Severus schüttelte kurz den Kopf, „das würden deine Eltern nicht zulassen.“

„Wie sollen sie mich daran hindern? Ich werde in vier Monaten siebzehn, volljährig und ich kann meine Entscheidungen selbst treffen. Severus, bitte, wir müssen uns nur vier Monate verstecken. Das ist machbar, bitte“, flehte Albus, der jetzt auch mit der zweiten Hand nach Severus griff.

Dieser zuckte kurz zusammen, brachte es aber nicht über sich den eigentlich benötigten Abstand zwischen sie zu bringen.

„Severus, es ist machbar. Bis jetzt hat keiner mitbekommen, dass wir uns treffen. Wieso sollte es nicht auch noch die nächsten vier Monate funktionieren? Das schaffen wir“, sagte Albus doch Severus sah ihn nur verzweifelt an.

Was er hier tat, war falsch, absolut falsch. Er müsste den Jungen von sich stoßen, ihm klar machen, dass er sich nicht mit einem Schüler einlassen würde aber er konnte nicht. Er fühlte sich wie erstarrt, konnte kaum noch klar denken, war sich nur noch der Wärme bewusst, die Albus' Hände an seinen Unterarmen hinterließen. Seine Worte, sie waren wie Honig, der langsam und zäh seine Kehle hinab rann. Sie taten so gut, es war zwar genau das Gegenteil von dem, was er eigentlich selber sagen sollte aber es tat so gut.

Es beruhigte sein verräterisches Herz, sagte ihm genau das, was es hören wollte. Er konnte nicht antworten, er wusste, dass es falsch ist doch er konnte nicht antworten, nicht widersprechen und als Albus sich plötzlich an ihn schmiegte und die Arme um seine Taille schlang, wurde der letzte Widerstand förmlich hinweg gespült. Mit einem leises Seufzen schlang er die Arme um ihn und drückte ihn eng an sich. Er spürte wie sich Albus' Finger an seinem Rücken verkrallten, wie er sich noch enger an ihn schmiegte, mit dem felsenfesten Vorsatz, ihn nicht mehr los zu lassen.
 

Wie lange sie so da standen, hätte im Nachhinein keiner mehr sagen können. Oder wie sie es dann auf die Couch geschafft hatten aber es war auch nicht wichtig. Es zählte in diesem Moment nur, dass sie zusammen waren.
 

Irgendwann regte sich der Verstand in Severus wieder, nicht stark genug um dieser Situation endgültig ein Ende zu machen aber stark genug um Albus ein Stück von sich weg zu drücken.

„Was hast du plötzlich?“, fragte dieser überrascht.

„Wir brauchen einen Plan, einen sehr guten Plan, zumindest bis zum Ende des Schuljahres. Willst du wirklich wechseln?“, fragte Severus.

„Ja, will ich. Dann können wir offiziell zusammen sein und es ist völlig egal wer etwas dagegen hat“, sagte Albus überzeugt.

Severus zögerte noch einen Moment, nickte aber dann und sagte, „dann brauchen wir einen Plan. Ich kann dich nicht jedes Mal nachsitzen lassen, das fällt auf und genau das müssen wir verhindern. Egal, was wir machen, es darf nichts auffallen.“

Er klang sehr ernst dabei, Albus nickte genauso ernst und fragte, „was genau muss ich machen?“

„Als Erstes, kein Wort zu niemanden. Auch nicht zu deinem besten Freund.“

„Scorpius würde nie etwas sagen“, unterbrach Albus ihn.

Doch Severus schüttelte nur den Kopf, „kein Wort. Er muss sich nur aus Versehen mal versprechen und dann haben wir ein Problem. Albus, das ist wichtig, ich würde nochmal Askaban nicht überleben.“

„In Ordnung. Was noch?“

„Wir behalten die Treffen so bei wie bisher. Ich schicke Fino zu dir wenn wir uns treffen und du wirst definitiv nicht hier übernachten“, sagte Severus und bei den letzten Worten sah ihn Albus absolut fassungslos an.

„Aber warum nicht? Ich dachte, wir sind zusammen“, sagte er aufgebracht bevor er leise anfügte, „oder habe ich das falsch verstanden?“

Statt einer Antwort wurde er wieder an Severus gezogen, sanft wurde über seinen Rücken gestreichelt. „Doch, sind wir aber in diesem Punkt lasse ich nicht mit mir reden. Du bist minderjährig und ich werde nichts machen, was illegal ist und damit wir nicht in irgendeine Versuchung kommen, schläfst du brav in deinem Schlafsaal“, erklärte Severus leise.

„Das ist nicht fair. Wieso darf ich nicht selbst entscheiden mit wem ich zusammen sein will?“, schniefte Albus. Er hoffte seinen Severus doch noch umstimmen zu können.

„Das ist der Nachteil wenn du dich in einen ehemaligen Todesser verliebst, den dein Vater am liebsten in Askaban sehen würde“, seufzte Severus.

Albus hob den Kopf um ihn fragend anzusehen, „wie meinst du das? Es wäre doch so oder so illegal, oder?“

„Nicht unbedingt. Wenn die Eltern des Minderjährigen nichts gegen die Beziehung haben und nicht offiziell Anklage erheben, dann wird es stillschweigend geduldet. Wenn die Eltern allerdings Anklage erheben und glaub mir, das würden deine Eltern definitiv machen, dann ist es illegal und ich würde nach Askaban gehen“, erklärte Severus.

„Auch wenn ich es will? Wenn es freiwillig ist?“

„Dein Wille würde in diesem Fall leider gar nichts zählen, das tut mir leid. Genau deswegen wirst du nicht hier schlafen.“

„Aber was ändert das dann? Wo liegt der Unterschied wenn es wirklich raus kommt?“, fragte Albus verwirrt.

Severus seufzte leise, zog ihn etwas enger an sich und erklärte dann, „wenn es wirklich vor deinem siebzehnten Geburtstag rauskommt und wir hatten keinen näheren, sexuellen Kontakt, werde ich nur meines Amtes enthoben und bekomme wahrscheinlich eine Ermahnung. Hatten wir sexuellen Kontakt, kann es zu einer Haftstrafe in Askaban führen und da will ich nicht hin.“

„Und nach meinem Siebzehnten?“

„Solange du noch mein Schüler bist, werde ich meines Amtes enthoben. Wenn du nicht mehr mein Schüler bist, kann sich dein Vater auf den Kopf stellen und könnte nichts dagegen tun“, grinste Severus.

„Also sobald ich meine Abmeldung von Hogwarts einreiche, können wir machen was wir wollen?“, fragte Albus nachdenklich.

„Ja.“

„Und bis dahin?“

„Werden wir uns zusammen reißen müssen. Es sind ja nur fünf Monate bis das Schuljahr zu ende ist. Solange werden wir warten müssen und das heißt, dass du jetzt brav und friedlich in den Kerker gehst und noch friedlicher in deinen Schlafsaal, in dein Bett“, sagte Severus doch entgegen seiner Worte verstärkte er die Umarmung nur statt ihn los zulassen.

Doch Albus würde sich nicht beschweren, er wollte nicht mehr warten, er wollte seinen Severus für sich haben. Kurz überlegte er ob er die Dosis erhöhen sollte aber er entschied sich dagegen. Wenn Severus wegen ihm nach Askaban kam, würde er ihn wahrscheinlich sehr lange Zeit nicht sehen und das wollte er auf keinen Fall. Da musste er wohl oder übel noch warten, gut, fünf Monate waren nicht viel, das würde er schaffen.

„Du solltest jetzt los“, unterbrach Severus seine Gedankengänge.

„Muss ich?“

„Ja, musst du.“

„Schade.“

Severus lachte leise, löste aber die Umarmung jetzt wirklich auf und erhob sich, Albus sah ihn traurig an, folgte ihm aber dann. „Was soll ich sagen wenn ich unterwegs jemanden begegne?“, fragte er während sie auf die Tür zugingen.

„Stimmt, Moment.“ Damit verschwand Severus kurz durch eine der anderen Türen und kehrte kurz darauf mit einem Pergament wieder zurück.

„Was ist das?“, fragte Albus neugierig.

„Ein Ausgangsschein. Er besagt, dass du in meinem Auftrag unterwegs bist und dich außerhalb deines Schlafsaales aufhalten darfst. Wenn dich jemand fragt, sagst du, du hättest bei mir eine Strafarbeit abgeleistet“, erklärte Severus während er ihm das Pergament reichte.

„Welche?“

„Du hast Papiere geordnet, welche genau hast du dir nicht gemerkt. Noch Fragen?“, fragte Severus.

Sie standen vor der Tür und eigentlich wollten Beide den Abschied noch so lange hinaus zögern wie möglich. Doch Severus spürte bereits wie der Sprachtrank langsam nachließ, ein leichtes Kribbeln hatte sich in seiner Kehle ausgebreitet und würde in spätestens dreißig Minuten zu einem bösartigen Kratzen werden. Verbunden mit wahnsinnigen Schmerzen, die ihn wahrscheinlich wieder nicht richtig schlafen lassen würden.

„Muss ich wirklich schon gehen?“, fragte Albus leise.

„Ja, musst du. Albus, in dieser Sache müssen wir der Vernunft den Vorzug geben. Sobald deine Abmeldung auf meinem Schreibtisch liegt, steht uns jeder Weg offen“, sagte Severus bedauernd.

Albus lies kurz den Kopf hängen bevor er wieder aufsah und nachdenklich den Kopf schief legte.

„Was?“

„Wie sieht es mit einem Gute-Nacht-Kuss aus?“, fragte Albus vorsichtig.

Die schwarzen Augen seines Gegenüber weiteten sich kurz doch dann lächelte Severus und murmelte, „ich glaube, das könnte man einrichten.“

„Ehrlich?“

Statt einer Antwort zog Severus ihn wieder an sich, einen Arm um seine Taille geschlungen und die andere Hand wanderte in seinen Nacken. Albus folgte dem Druck, den die Hand ausübte, stellte sich auf die Zehenspitzen doch Severus kam ihm auch entgegen und schon spürte er dessen Lippen auf seinen Eigenen.

Er war im Himmel, sein Severus küsste ihn, endlich. Nach all dem Warten, nach all dem Bangen, endlich bekam er den Kuss, den er so lange ersehnt hatte. Er hatte sich oft vorgestellt wie sich diese schmalen Lippen wohl anfühlten doch so weich und anschmiegsam, wie dieser Kuss war, darauf wäre er nie gekommen. Das Kribbeln, welches er immer in Severus' Gegenwart verspürte, wurde zu einer wahren Explosion in seinem Bauch. Hätte er schnurren können, hätte er es jetzt getan aber so blieb ihm nichts anderes übrig als den Kuss zu erwidern, sich noch enger an seinen Severus zu schmiegen und die Augen zu schließen.

Zu Albus' bodenloser Enttäuschung war der Kuss allerdings viel zu kurz und viel zu keusch, ein ganz normaler, aber dennoch fantastischer, Kuss. „Mehr“, schnurrte Albus als Severus sich wieder aufrichtete.

„Nein.“

„Aber...“

„Nein, Albus. Mehr geht nicht, mit mehr würde ich mich strafbar machen also muss es dabei bleiben“, sagte Severus. Er hauchte ihm noch einen Kuss auf die Lippen bevor er ihn komplett los ließ.

„Das versteh ich nicht, wieso gibt es Unterschiede im Strafmaß bei verschiedenen Küssen?“

„Albus, selbst dieser Kuss ist strafbar aber den kann ich im Notfall noch vor dem Gamot verteidigen. Alles, was weiter geht, nicht. Zudem könnte man dann auch leicht die Kontrolle verlieren“, grinste Severus.

Er wurde fragend angeblinzelt doch dann ergaben die Worte in Albus' Kopf Sinn und er wurde schlagartig sehr rot. „Oh, daran habe ich nicht gedacht“, gab er schließlich zu.

„Aber ich. Albus, geh jetzt, bitte, es fällt schwer genug dich gehen zu lassen.“

Diesmal widersprach Albus nicht mehr, er umarmte ihn nochmal kurz und verschwand dann zur Tür raus.
 

Er starrte die Tür an, sein Kopf war völlig leer gefegt. Erst der Schmerz, der sich langsam in seiner Kehle ausbreitete, holte ihn wieder in die Gegenwart und stellte ihn damit vor die Tatsachen, die er am liebsten leugnen würde. Er hatte ihn wirklich geküsst. Einen Schüler. Einen minderjährigen Schüler. Obendrein auch noch den Sohn des Kriegshelden Potter. Der würde ihn nicht nur nach Askaban bringen wenn er es jemals raus fand sondern ihn sehr langsam und gründlich umbringen. Merlin, er hatte einen größenwahnsinnigen Irren und einen Jahrzehnte langen Krieg überlebt aber er würde sterben weil er einen Jungen geküsst hatte.

Severus gestattete sich ein Grinsen bevor er sich endlich mal von der Tür weg bewegte und sich ins Schlafzimmer begab. Er würde einen Schmerztrank nehmen und versuchen zu schlafen, ob es ihm gelang, stand allerdings in den Sternen. Wahrscheinlich würde er sich ewig hin und her wälzen, morgen früh einfach einen Aufputschtrank nehmen und dann ohne Schlaf in den neuen Tag starten. Sehr gesund. Mit einem genervten Seufzen zog er sich per Zauber um und kroch langsam unter seine Decke.

Die Schmerzen in seinem Hals waren wieder da, genauso stark wie immer in den letzten Wochen, seit er den Trank viel zu oft nahm. Sein Bein zitterte, er bemerkte es erst jetzt richtig als es zur Ruhe kam. Der Trank wirkte nicht mehr richtig, er musste mittlerweile schon mit einem Zauber nachhelfen, dass sein Bein ihn trug. Wenn das so weiter ging, wäre er wirklich bald auf einen Stock angewiesen aber das ging nicht, das konnte er nicht machen. Das konnte er sich einfach nicht erlauben. Nicht jetzt wo sie sich gerade gefunden hatten. Vielleicht in einigen Monaten wenn sich ihre Beziehung gefestigt hatte. Beziehung.

Severus lächelte bei dem Gedanken, er war gerade unendlich glücklich denn Albus erwiderte seine Gefühle und war zudem noch bereit für ihn die Schule zu wechseln. Und mit seinen Eltern zu brechen. Denn in diesem Punkt war sich Severus sicher, das Ehepaar Potter würde ihren Sohn nicht kampflos aufgeben. Er würde wohl nicht drum herum kommen ein paar zusätzliche Verteidigungszauber nachzuschlagen, er würde sie brauchen wenn Potter Senior von ihrer Beziehung erfuhr. Der Schmerztrank wirkte langsam und langsam wurde er müde, sollte er heute wirklich mal schlafen können? Er beschloss seine Gedanken auf später zu verschieben und schloss die Augen denn auch wenn er es nicht gerne zugab, er hatte den Schlaf dringend nötig.
 

Ein paar Wochen später fiel es Severus immer schwerer die perfekte Fassade vor Albus aufrecht zu erhalten. Er ging eigentlich nur noch aufrecht weil er einen neuen Zauber entwickelt hatte, der sowohl sein Bein wie auch seinen Arm mit einer Art unsichtbaren Panzer umgab. Dadurch war es ihm möglich zu laufen und den Arm zu benutzen und er konnte auf den Nerventrank verzichten. Eigentlich konnte er nicht darauf verzichten denn jeder Tag, den er den Trank nicht nahm, war schlecht für die Nerven. Aber im Moment war der Sprachtrank und die Aufbautränke wesentlich wichtiger für ihn. Er brauchte seine Stimme und er brauchte die verdammten Aufbautränke um diese Doppelbelastung zu verkraften.

Tagsüber musste er den Posten als Schulleiter erfüllen und zwar so gut, dass es nicht auffiel, dass er sich jede Nacht über mehrere Stunden mit Albus traf. Er hatte eigentlich vor gehabt diese Treffen aufs Wochenende zu reduzieren aber die Sehnsucht war viel zu stark und sie wurde immer stärker. Bis jetzt war er standhaft geblieben, nur die Aussicht auf einen erneuten Besuch in Askaban hielt ihn davon ab mit Albus weiter als zu einer Knutscherei zu gehen. Und das obwohl der Junge ihm unverblümt gesagt hatte, dass er gerne Sex mit ihm wollte. Severus seufzte leise, sein Blick schweifte zur Uhr, er hatte noch zwei Stunden Zeit bis Albus kam und eigentlich hatte er noch genug Arbeit. Aber er hatte heute einfach keine Kraft mehr.

Er hatte in den letzten Tagen immer wieder darüber nachgedacht ein paar der Aufgaben als Schulleiter an Minerva zu übergeben aber er hatte die Idee schlussendlich verworfen. Sie würde Fragen stellen und er wusste keine Antworten darauf. Mit einem Ächzen erhob er sich, sein Bein zitterte mittlerweile ununterbrochen und wurde nur durch den Zauber aufrecht gehalten aber zum Glück sah man das unter den Roben nicht. Langsam und mit kleinen Schritten begab er sich ins Schlafzimmer, er wollte sich eine Stunde hinlegen und sich danach für Albus fertig machen. Mit einem Schwenk ließ er eine magische Sanduhr erscheinen, sie würde ihn rechtzeitig wecken. Er sparte sich das Ausziehen sondern ließ sich so wie er war aufs Bett fallen und trotz der permanenten Schmerzen, die seinen ganzen Körper durchzogen, schlief er sofort ein.
 

„Warum darf ich nicht hier bleiben? Verdammt, ich will nicht nach Hause“, rief Albus während er aufgebracht im Wohnzimmer seines Severus auf und ab ging.

Dieser saß auf dem Sofa und beobachtete ihn, er sparte sich jedwede nutzlosen Worte denn es war nicht mehr zu ändern. Potter Senior hatte ihm heute morgen geeult, die Noten seines Sohnes waren wieder in einem annehmbaren Bereich und somit bestand keine weitere Veranlassung um ihm die Ferien vorzuenthalten. Leider hatte er damit Recht, die Noten von Albus waren wieder gestiegen also hatte Severus keine Handhabe mehr um ihn in Hogwarts zu behalten. Auch wenn er das nur zu gerne getan hätte.

Albus ließ sich gerade neben ihm aufs Sofa fallen und sah ihn bettelnd an, „kannst du da nichts machen? Ich will nicht nach Hause. Bitte Severus.“

„Nein, es tut mir leid aber ich kann nichts machen. Dein Vater war beim Schulbeirat und hat dort die volle Unterstützung. Deine Noten sind gut genug damit du versetzt wirst also kann ich dich nicht hier behalten“, sagte Severus seufzend, „auch wenn ich nichts lieber täte.“ Er zog Albus an sich, der auch sofort die Arme um ihn schlang und sich an ihn drückte.

„Aber ich will nicht weg“, maulte er leise.

„Ich will auch nicht, dass du gehst aber mir sind die Hände gebunden. Ich habe keinerlei rechtliche Handhabe um dich hier zu behalten, du musst nach Hause“, gab Severus leise zurück. Er setzte einen Kuss auf den schwarzen Haarmopp während er ihn enger an sich drückte.

„Kannst du mich nicht einfach hier verstecken?“, fragte Albus an seine Brust genuschelt.

Leises Lachen ertönte bevor Severus sagte, „schlechte Idee. Dein Vater würde ganz Hogwarts auf den Kopf stellen und zur Not diese verdammte Karte benutzen.“

Jetzt sah Albus auf und fragte, „du kennst die Karte der Rumtreiber?“

„Ja, kenn ich. Sie hat mich im vierten Schuljahr deines Vaters sehr interessant beleidigt und irgendwann ist Lupin vor dem Orden das Geheimnis raus gerutscht. Den genauen Aufenthaltsort der Karte kenne ich nicht aber ich vermute, dass dein Vater sie hat.“

„Richtig. Fest verschlossen, mit Schloss und magisch in seinem Büro im Ministerium“, murrte Albus, der sich wieder an ihn kuschelte, die Augen geschlossen.

„Nun, da ist sie wirklich sicher. Woher kennst du sie?“

„James hat mal davon geredet, er war ja so stolz darauf, dass er sie irgendwann bekommen würde“, sagte Albus, kicherte aber dann, „aber Dad war so sauer auf ihn als er den Tarnumhang verloren hat, dass er ihm die Karte nicht gegeben hat.“

„Verloren?“

„Ja, er hat ihn wohl verlegt.“

„Natürlich“, sagte Severus trocken, „wieso hat er die Karte nicht dir oder deiner Schwester gegeben?“

„Lily ist zu jung.“

„Und du?“

Ein entrüstetes Schnauben ertönte, „weil ich das ungeliebte mittlere Kind bin.“

Severus schwieg, in den letzten Wochen hatte er mehr über die Familie Potter erfahren als in den letzten Jahren. Gut, es war nicht alles objektiv betrachtet sondern halt aus Albus' Sicht aber dennoch war es sehr lehrreich gewesen. Es war nicht schwer gewesen herauszufinden, dass Albus wirklich nicht in seine Familie passte und dass er der Meinung war, dass er auch völlig ungeliebt war.

„Severus?“, wurde leise gefragt.

„Nichts, ich war in Gedanken. Ich werde dich vermissen.“

„Ich dich auch. Kannst du die Osterferien abkürzen?“

„Nein, kann ich nicht, das kann nur der Schulbeirat und das Ministerium und die werden es nicht machen. Albus, wir werden uns wohl an den Gedanken gewöhnen müssen“, seufzte Severus. Er verstärkte die Umarmung, die Aussicht ihn zwei Wochen nicht zu sehen, ließ sein Herz förmlich verkrampfen. Doch er hatte wirklich keine Wahl, sie hatten keine Wahl also mussten sie da jetzt durch. „Sieh es positiv“, murmelte Severus.

„Was ist daran positiv?“, maulte Albus.

„Es sind die letzten Ferien, die wir getrennt voneinander verbringen müssen.“

Albus sah auf, direkt in warme, schwarze Augen. Den leichten Schleier, der sich darauf befand, ignorierte er und küsste seinen Geliebten stattdessen. Der Kuss wurde mit Freude erwidert.

Kapitel 7

Kapitel 7
 

Missmutig sah sich Albus um, er wollte nicht hier sein aber er hatte schlussendlich wirklich keine andere Wahl gehabt. Nicht mal sein Severus hatte verhindern können, dass er mit James und Lily nach Hause reisen musste. Obwohl er Severus erst heute morgen verlassen hatte, vermisste er ihn jetzt schon. Ja, er hatte die Nacht bei ihm verbringen dürfen, leider auf der Couch und mit einer verschlossenen Schlafzimmertür zwischen ihnen. Zumindest hatten sie zusammen gefrühstückt, etwas, was Albus eigentlich jeden Morgen haben wollte. Vielleicht konnte er ihn nach den Ferien dazu überreden, die Sehnsucht sollte dann groß genug sein.

Er seufzte leise, warf seine Tasche auf sein Bett und ließ sich daneben fallen. Er hatte sich auf sein Zimmer zurückgezogen, kaum, dass sie in diesem verfluchten Haus angekommen waren. Nicht, dass er etwas gegen das Haus an sich gehabt hätte aber nachdem seine Eltern es renoviert hatten, war nichts mehr von dem alten Charme geblieben. Jetzt war es hell, nett, freundlich, das perfekte Zuhause für die perfekte kleine Familie. Er musste sich zusammenreißen um nicht zu kotzen.

Nachdenklich drehte er sich auf den Rücken, starrte die blassgelbe Decke an und verfluchte seine Eltern innerlich ein weiteres Mal. Warum hatten sie ihn nicht in Hogwarts lassen können? Bei seinem Severus. Gerade jetzt, wo es so gut lief. Wie sollte er die zwei Wochen nur überleben? Vor allem mit seinen Geschwistern und deren besten Freunden. Für morgen hatten sich die Weasleys angekündigt und das bedeutete die Wahl zwischen Pest und Cholera. Pest waren in diesem Fall Hugo und Rose und die Aussicht einen Nachmittag unter minderbemittelten Jugendlichen zu verbringen. Cholera war ein Nachmittag mit seinen Eltern und den Weasleys, die in ihm das schwarze Schaf der Familie sahen und ihn in keinster Weise ernst nahmen. Wie sollte er den morgigen Tag nur überstehen?
 

„Albus, Post für dich.“

Überrascht sah Albus von seinem Frühstück auf. „Von wem?“, fragte er misstrauisch. Wer sollte ihm schon schreiben?

Seine Mom drehte den Brief rum und runzelte sofort missbilligend die Stirn. „Malfoy“, war alles, was sie Zähne knirschend sagte, sie machte allerdings keine Anstalten ihm den Brief zu geben.

„Mom, mein Brief“, sagte er und streckte auffordernd die Hand aus.

Ginny zögerte einen Moment, es sah fast so aus als wollte sie ihm den Brief nicht geben doch schließlich reichte sie ihm den Brief.

„Was schreibt er?“, wollte sein Vater sofort wissen.

„Ich habe ihn noch nicht mal gelesen und selbst wenn, geht es dich nichts an. Es ist mein Brief“, sagte Albus knurrend.

Er wurde überrascht angesehen, seine Mutter schluckte sichtbar einen Kommentar runter und auch sein Vater sagte nichts mehr.

„Darf ich dann aufstehen?“, fragte Albus.

„Natürlich. Aber denk dran, Ron und Hermine kommen zum Mittagessen und da bist du bitte auch da“, sagte Ginny.

„Natürlich, Mom“, war alles, was Albus sehr höhnisch raus brachte während er schon aufstand und nur wenige Momente später die Küche verlassen hatte.
 

Während Harry seinem Sohn traurig und etwas ratlos nachsah, musste sich Ginny zusammen reißen um nicht aufzuspringen und ihm nachzugehen.

„James, Lily, würdet ihr uns bitte einen Moment alleine lassen?“, fragte sie mühsam beherrscht.

„Klar, ich muss eh noch ein paar Briefe schreiben“, kam von Lily während James seine Eltern fragend ansah aber dann mit den Schultern zuckte und zusammen mit seiner Schwester den Raum verließ.
 

„Harry, so kann es nicht weiter gehen.“

„Was genau meinst du?“, fragte Harry misstrauisch.

Ginny sah ihn empört an und deutete auf die Küchentür, „wie kannst du zulassen, dass er so mit dir redet?“

„Er hat aber Recht, es ist sein Brief. Es sollte mich nicht interessieren, was drin steht“, gab Harry zurück.

„Aber er ist von Malfoy.“

„Falsch, Ginny. Er ist nicht von Malfoy, er ist von dessen Sohn und wenn wir mal ehrlich sind, haben wir dem Jungen nie eine Chance gegeben.“

„Aber er ist ein Malfoy.“

Harry seufzte leise und sagte, „das ist nur ein Name. Ginny, Liebes, sind wir nicht etwas alt für diese Schulstreitigkeiten? Malfoy hat seine gerechte Strafe bekommen und meinst du nicht, er hatte es schon schwer genug? Der Vater und die Ehefrau tot, die Mutter irgendwo außer Landes, das Familienvermögen enteignet und der Name Malfoy ist auch nicht mehr das wert, was er früher war. Er hat nach dem Krieg ganz unten angefangen, als Laufbursche im Ministerium und er hat sich alles selber erarbeitet. Er ist nie wieder negativ aufgefallen, nicht mal der Junge ist jemals negativ in Hogwarts aufgefallen. Wir haben dem Jungen nie eine Chance gegeben. James und Lily haben ständig Freunde mit Heim gebracht und Albus haben wir es immer verboten, das ist doch nicht fair. Auch wenn du es nicht gerne hörst aber wir haben Albus falsch behandelt.“

Ginny starrte ihn fassungslos an, schüttelte aber dann den Kopf und sagte, „Malfoy bleibt Malfoy und solange ich in diesem Haus wohne, wird keiner dieser Familie einen Fuß hinein setzen. Malfoys Vater hat bekommen was er verdient hat und seine Mutter hat sich einfach feige aus dem Staub gemacht. Er hätte nicht mal ins Ministerium rein kommen dürfen aber nein, er hat ja angeblich eine zweite Chance verdient gehabt. Nein, hatte er nicht. Er ist ein verdammter Todesser, noch immer und er wird sich auch nie ändern. Ich will nicht, dass ein Mitglied meiner Familie mit so etwas Umgang hat, es reicht, dass Albus sich über jedes Verbot hinweg setzt. Wir werden jetzt den Tisch abräumen und dann noch etwas aufräumen, schließlich will ich mich vor meinem Bruder und Hermine nicht schämen müssen. Ich will kein Wort mehr über Malfoy oder seine Brut hören.“

Harry wollte etwas sagen aber sie schnitt ihm mit einer Handbewegung das Wort ab und erhob sich, begann die Teller abzuräumen. Für sie war das Thema erledigt und Harry kannte seine Frau gut genug um zu wissen, dass sie es todernst meinte. Allerdings konnte er nicht wirklich fassen, was sie da gesagt hatte. Fast wie betäubt begann er ihr zu helfen.
 

Unterdessen war Albus in seinem Zimmer angekommen und sah verwirrt auf den Brief. Wieso schrieb Scorpius ihm? Sie hatten in den letzten Wochen nur sehr wenig Kontakt gehabt denn obwohl er sein bester, und einziger, Freund war, hatte er nie verstanden was Severus ihm bedeutete. Gut, dass er den unbrechbaren Schwur geleistet hatte denn so konnte er ihn wenigstens nicht verraten. Also warum schrieb er ihm jetzt? Etwas neugierig öffnete er den Brief und wollte beginnen zu lesen als die Schrift hell aufleuchtete und sich veränderte. Erst dann konnte er die Wörter identifizieren und schon nach wenigen Worten war ihm klar, dass nicht Scorpius sondern Severus ihm geschrieben hatte,
 

„Hallo Albus,
 

bitte sei nicht verwirrt weil sich die Schrift verändert hat. Auf dem Brief liegt ein Verschleierungszauber denn ich bin mir nicht sicher ob deine Eltern nicht deine Post lesen. Sollte dies so sein, werden sie einen Brief von Scorpius vorfinden, indem er bedauert, dass du über die Ferien nicht in Hogwarts bleiben konntest und dass er dir schöne Ferien wünscht. Nur, falls deine Eltern fragen. Aber das glaube ich nicht, ihnen wird nicht mal aufgefallen sein, dass es nicht Scorpius' Siegel ist sondern das von Lucius. Nun, der braucht sein Siegel ja nicht mehr also kann ich es für meine Zwecke nutzen.
 

Du selbst wirst natürlich meinen Brief lesen können und bevor du dich wunderst warum ich dir überhaupt schreibe, ich vermisse dich. Ich weiß, du bist noch keinen ganzen Tag weg aber ich kann nichts dafür und irgendwie hoffe ich, dass es dir genauso geht. Wenn es dir nichts ausmacht und du Freude daran hast, können wir uns gerne über die Ferien schreiben. Ich werde dir heute Abend meine Eule schicken, deine Eltern kennen sie nicht denn ich nutze sie nur für wichtige Dinge und Briefe an deine Eltern gehören ganz eindeutig nicht dazu.
 

Schreib als Adresse einfach Scorpius Malfoy drauf, die Eule weiß wo sie hinfliegen muss. Ein sehr intelligentes Tier, wenn du mich fragst aber genau deswegen habe ich sie mir damals bei Lucius ausgesucht. Auch wenn sie wirklich nicht zu mir passt aber ich möchte nicht zu viel verraten, du wirst schon sehen.
 

Ich weiß gar nicht was ich noch schreiben soll, ich habe lange keinen persönlichen Brief mehr geschrieben. An wen auch? Nun kann ich ja dir schreiben, wenn du das möchtest natürlich. Ich hoffe durch die Briefe können wir uns die Wartezeit bis zu unserem Wiedersehen etwas verkürzen und in dieser Hoffnung möchte ich den Brief auch beenden.
 

In der Hoffnung noch heute von dir zu hören
 

Sehnsuchtsvoll
 

Severus.“
 

Er fühlte sich wie auf der berühmten Wolke Sieben, sein Severus vermisste ihn und das nach nicht ganz einem Tag. Der Trank wirkte perfekt, wobei, das war gar nicht mehr der Trank, das waren bestimmt schon Severus' eigene Gefühle. Ja, er liebte ihn und er vermisste ihn. Albus lächelte, sein Severus liebte ihn. Er freute sich jetzt schon darauf ihn wiederzusehen, es müsste eigentlich ein Leichtes sein ihn davon zu überzeugen, dass er bei ihm schlafen durfte. Man musste ja nicht gleich miteinander schlafen, es gab ja noch so viel Anderes was man miteinander machen konnte. Das konnte ja nicht alles unter Strafe stehen.

Er las sich den Brief nochmal durch, die Eule würde ihm wahrscheinlich nochmal einen gefälschten Brief von Scorpius bringen und er würde auch erst dann antworten. Die Gefahr, dass jemand den Brief unbeabsichtigt las, war viel zu groß also würde er ihn erst nach dem Abendessen schreiben und dann sofort abschicken. Er las den Brief ein drittes Mal, es war einfach zu schön, dass sein Severus ihn vermisste. Mit dem Gedanken, dass er sich die ganzen Ferien über mit seinem Severus schreiben konnte, war die Aussicht auf den Besuch der Weasleys gar nicht mehr so schlecht.
 

Das Mittagessen und der Nachmittag waren weit weniger schrecklich als Albus angenommen hatte. Hugo und Lily hatten sich sofort nach dem Mittagessen in Lilys Zimmer eingeschlossen und machten wer weiß was. Albus war der felsenfesten Überzeugung, dass die Beiden ein Paar waren aber ihre Eltern waren natürlich der ebenso felsenfesten Überzeugung, dass sie nur beste Freunde waren und natürlich nie etwas unmoralisches tun würden. Natürlich nicht. Rose hatte James zu Zauberschach herausgefordert und so waren diese Beiden in der Bibliothek verschwunden. Wieder war auffällig, dass er total überflüssig und ein absoluter Unfall war. Ohne ihn wäre die Personenanzahl perfekt gewesen, ihre Dads schwelgten in Erinnerungen an früher und ihre Mütter waren bei einem Frauengespräch in der Küche. Nur wer blieb noch übrig?

Genau, das ungeliebte mittlere Kind. Zumindest hatten seine Eltern Mitleid mit ihm und hatten ihm erlaubt, sich in sein Zimmer zurückzuziehen um dort zu tun, was auch immer er wollte. Was sich als gar nicht so einfach herausstellte aber schlussendlich wandte er sich den Hausaufgaben zu. Er hatte es seinem Severus ja schließlich versprochen und ein Versprechen gegenüber seinem Severus würde er halten.
 

„Da kommt 'ne Eule“, nuschelte Hugo mit vollem Mund, was ihm sofort einen missbilligenden Blick seiner Mutter einbrachte. Alle Blicke gingen in die Richtung, in die er deutete und schnell war ein weißer Punkt ausgemacht, der sich ihnen gemächlich näherte. Sie hatten das Abendessen in den magischen Garten des Grimmauldplatzes, den Harry nachträglich hatte erbauen lassen, verlegt.

„Hedwig“, flüsterte Harry so leise, dass es nur Albus, der direkt neben ihm saß, hörte doch er wusste, dass es nicht seine geliebte Schneeeule war.

Während der Rest rätselte, wem die Eule gehörte und zu wem sie wollte, wusste Albus Beides schon. Er musste Severus zustimmen, dieses weiße Tier passte so gar nicht zu ihm. Ein Uhu oder sonst eine schöne, große, edle Eule würde besser zu seinem Severus passen.

„Ich glaube, der will zu Albus.“

„Nicht schon wieder Malfoy“, murrte Ginny und damit hatte sie sofort die Aufmerksamkeit ihres Bruders.

„Malfoy? Was will Malfoy von Albus?“, fragte er.

Bevor Ginny zu einer, wahrscheinlichen Hasstirade ansetzen konnte, sagte Harry, „nicht Draco Malfoy sondern sein Sohn Scorpius.“

„Macht es das besser?“, fragte Ron,

„Malfoy ist Malfoy. Albus, sag bloß, dass du immer noch mit dem Typen rum hängst.“

„Ja, ich hänge immer noch mit meinem besten Freund rum“, fauchte Albus während er aufstand.

„Wir sind noch nicht fertig“, mahnte Ginny.

Sie erntete damit nur ein Schnauben, „das ist mir scheißegal. Ich bin doch hier eh das schwarze Schaf, der böse Slytherin, der auch noch mit einem Todessersohn befreundet ist. Entschuldigt mich, das muss ich mir echt nicht geben. Ich werde euch nicht weiter belästigen, ich habe einen Brief zu schreiben und ich habe Hausaufgaben zu machen.“ Er nahm die Eule, die mittlerweile auf seiner Stuhllehne saß, vorsichtig hoch und verließ den Garten. Den empörten Ruf seiner Mutter ignorierte er.
 

Harry verstand die Welt nicht mehr. Nach dem unglücklichen Abgang von Albus hatten sie die restlichen Kinder auf ihre Zimmer geschickt und es sich bei einem Glas Wein und Whisky im Wohnzimmer bequem gemacht. Das Gesprächsthema drehte sich seit Anfang an um Albus, Scorpius und Malfoy. Gut, damit hatte er gerechnet, mit den Meinungen seiner zwei besten Freunde allerdings nicht denn sie stimmten Ginny in allen Punkten zu. Selbst Hermine war der Meinung, dass Scorpius ein absolut schlechter Umgang für Albus war und dass er sofort etwas dagegen unternehmen musste. Das Wie sprach allerdings niemand an, vor allem weil es wahrscheinlich auch keiner wusste wie er Albus den Kontakt verbieten sollte.

Sie waren in einem Haus, sie waren sogar in einem Zimmer und er glaubte nicht, dass Snape ihm den Gefallen tat die Zwei auseinander zu legen. Vor allem wollte Harry das gar nicht mehr, er hatte in den letzten Wochen sehr viel nachgedacht und er war zu dem Entschluss gekommen, dass sie Albus sehr unfair behandelt hatten. Und, dass er Scorpius kennenlernen wollte. Er wollte den Jungen kennenlernen, den sein Sohn als besten Freund bezeichnete, es war nur noch eine Frage des Wie.

„Harry, sag doch auch mal was.“

Die Stimme seines besten Freundes holte ihn aus seinen Gedanken doch ihm wurde eine Antwort abgenommen weil Ginny mit einer weiteren Tirade gegen Malfoy begann. Also schaltete Harry wieder ab und überlegte weiter wie er mit Scorpius Kontakt aufnehmen konnte. Leider kam er nur zu einem einzigen Ergebnis.
 

„Scorpius, kommst du mal bitte.“ Die Stimme seines Vaters hallte durchs Haus und ließ den Jungen etwas überrascht aufsehen. Sein Vater klang sehr ernst und er war sich sicher, dass er nichts verbrochen hatte um diesen Ernst zu verdienen. Dennoch beeilte er sich der Aufforderung nachzukommen und fand sich sehr schnell im Büro seines Vaters ein.

„Ja?“

„Setz dich bitte.“

Noch unsicherer nahm Scorpius vorm Schreibtisch Platz und beäugte misstrauisch den Brief, den sein Vater in den Händen hielt. „Dad? Was kann ich für dich tun?“

„Du könntest mir erklären warum ich hier einen Brief von Harry Potter habe, in dem er fragt, ob er dich treffen darf. Wahlweise hier bei uns oder an einem neutralen Ort. Er schreibt außerdem, dass er gegen meine Anwesenheit bei diesem Treffen nichts einzuwenden hat und da du dich ja eh schon jeden Tag mit Albus schreibst, soll ich die Antwort einfach mit der Schneeeule mitschicken“, sagte Draco.

„Aber ich schreibe mich doch gar nicht mit Albus“, protestierte Scorpius sofort und sein Vater nickte, „und weder du noch ich besitzen eine Schneeeule.“

„Jetzt bin ich verwirrt.“

„Ich auch, mein Sohn.“

„Aber wer schreibt sich dann mit Albus? Wie kommt Mr. Potter auf die Idee, dass ich das bin?“, fragte Scorpius.

„Mich würde eher interessieren was Potter für ein Interesse an meinem Sohn hat.“

„Hat er das nicht geschrieben?“

„Hier steht nur, dass er dich kennenlernen will. Scorpius, möchtest du mir eventuell etwas sagen?“, fragte Draco.

Sein Sohn sah ihn einen Moment fragend an bevor er verstand worauf Draco hinaus wollte und lachend den Kopf schüttelte, „nein, ich habe kein Interesse an Mr. Potter. Er ist mir eindeutig zu alt, er könnte mein Vater sein.“

„Bist du sicher?“

„Ja, Dad, bin ich. Ich habe kein Interesse an Mr. Potter“, wiederholte Scorpius lächelnd, dass er bisexuell war, wusste sein Vater schließlich schon seit einem Jahr.

Dennoch sah sein Vater ihn einen Moment abschätzend an, nickte aber dann und fragte, „bleibt die Frage, was er von dir will und wer sich, in deinem Namen, mit Albus schreibt?“

„Vielleicht möchte er einfach den besten Freund seines Sohnes kennenlernen, Zeit wäre es ja“, schlug Scorpius vor.

„Gut möglich. Bleibt Teil zwei.“

„Die Briefe müssen mit einem Siegel versiegelt gewesen sein. Nur die Familie Malfoy hat unsere Siegel also genau wir Zwei und Großmutter, und ich glaube irgendwie nicht, dass sie sich mit Albus schreibt“, sagte Scorpius, „außerdem hat sie keine Schneeeule. Der letzte Brief kam doch mit einem Kauz. Also wer hat eine Schneeeule und ein, wahrscheinlich gefälschtes Malfoysiegel?“
 

Scorpius beobachtete fasziniert wie sein Dad grübelte um plötzlich sehr langsam sehr blass zu werden. Was bei einem Malfoy schon echt schwer war denn sie waren für eine sehr helle Haut bekannt.

„Dad?“

„Nicht gefälscht“, murmelte Draco.

„Du weißt, auf wen beide Punkte zutreffen?“

„Ja aber das kann nicht sein.“

„Dad, eine Antwort wäre toll.“

„Es gibt nur eine Person außerhalb der Familie, die ein Malfoysiegel hat und das ist Severus Snape.“

„Wieso hat Professor Snape ein Malfoysiegel?“, fragte Scorpius. Er versuchte ruhig zu bleiben doch innerlich wollte er am liebsten schreien. Wenn sein Dad jetzt die richtigen Schlüsse zog und ihm die richtigen Fragen stellte, könnte er Albus durch sein Schweigen vielleicht endlich helfen.

„Es ist das Siegel meines Vaters, Severus hat es als Andenken behalten und er besitzt auch eine Schneeeule. Sie stammte aus unserer Zucht“, sagte Draco nachdenklich.

„Wir züchten keine Schneeeulen.“

„Nicht mehr aber mein Vater hatte mal welche und davon hat sich Severus eine ausgesucht, sehr treues, intelligentes Tier aber er hat sie so gut wie nie benutzt. Aber wieso sollte er Albus Potter schreiben?“

Diesmal antwortete Scorpius nicht, konnte er nicht doch seinem Vater fiel sein Schweigen nicht auf. Draco starrte nachdenklich auf Brief und dann auf seinen Sohn, der fragend eine Augenbraue hob. In solchen Fällen fiel Draco auf, wie ähnlich er ihm eigentlich war, er hatte äußerlich nichts von seiner Mutter Astoria aber charakterlich war er sein genaues Gegenteil.

„Dad?“

„Willst du dich mit Potter treffen?“

„Hast du was dagegen?“, fragte Scorpius, der um das angespannte Verhältnis zu Harry Potter aus der Jugendzeit seines Vaters wusste.

„Das war nicht meine Frage, Scorpius. Meine Frage war, ob du dich mit ihm treffen möchtest“, hielt Draco dagegen.

Etwas unschlüssig zuckte sein Sohn mit den Schultern und meinte, „vielleicht kann ich mich dann auch in den Ferien mal mit Albus treffen, er könnte uns besuchen kommen, das wäre schon toll. Also ja, ich würde mich schon gerne mit ihm treffen. Aber nicht jetzt, ich habe genug Stress mit den Prüfungen, da brauch ich nicht noch die Nervosität vor dem Treffen mit dem Vater meines besten Freundes. In den Sommerferien wäre perfekt.“

„Soll ich ihm das so schreiben?“

„Wie erklärst du, dass der Brief nicht mit der Schneeeule kommt? Oder willst du Professor Snape schreiben?“, fragte Scorpius.

„Das lass mal meine Sorge sein. Ich werde ihm also schreiben, dass er nach den Prüfungen hierher zum Kaffee kommen kann.“

„Dann kannst du ihm gleich 'ne Kriegserklärung schicken.“

Draco grinste bei dem trockenen Kommentar und sagte, „wenn er meinen Sohn kennenlernen will, muss er sich mit mir arrangieren. Dazu muss er wohl oder übel den Mut aufbringen hierher zu kommen, ich tu ihm auch nichts.“ Das Letzte war mit einem Zwinkern gesagt worden, was zu einem Schnauben führte.

„Ich seh uns schon das Haus renovieren weil ihr mit den Zauberstäben diskutiert.“

„Scorpius, wir sind Beide erwachsen, wir werden ja wohl über diese Kinderstreitigkeiten hinweg sein. Wir haben uns gegenseitig das Leben gerettet, da werden wir ja normal miteinander reden können“, sagte Draco.

„Warum habt ihr das bis jetzt noch nie?“

„Warum sollten wir?“

„Eure Söhne sind beste Freunde“, schlug Scorpius vor.

„Die Familie Potter hat gleich zu Beginn klar gestellt, dass du ihn und er dich nicht besuchen darf. Was soll ich da machen? Ich habe in eurem ersten Schuljahr unzählige Briefe an die Potters geschrieben, mit der Bitte, dass ihr euch treffen dürft und ich habe genauso viele, mehr oder weniger nette Briefe erhalten, in denen diese Bitte abgeschlagen wurde“, erklärte Draco, der sich noch gut an seinen am Boden zerstörten Sohn erinnerte. Ein Elfjähriger, der nicht verstand warum er seinen besten Freund nicht besuchen durfte. Auch Scorpius erinnerte sich, es hatte lange gedauert bis er das akzeptiert hatte doch wirklich verstanden hatte er es nie.

„Wann schreibst du ihm?“, fragte Scorpius um das unangenehme Schweigen zu durchbrechen.

„Heute noch, oder morgen. Ich muss mir erst mal überlegen was genau ich schreibe.“

„Und die andere Sache?“

„Du meinst die Tatsache, dass mein Patenonkel sich scheinbar unter falschem Namen mit einem minderjährigen Schüler Briefe schreibt?“, fragte Draco.

Diesmal nickte Scorpius nur und wieder fiel es seinem Vater nicht auf.

„Das geht mich eigentlich nichts an. Weißt du da was?“

Scorpius spürte wie sich das Schwurmal erhitzte, diese Frage ging in verbotenes Gebiet und deswegen musste er schweigen. Er durfte nicht mal den Kopf schütteln oder nicken, er konnte nur schweigen oder den Raum verlassen. Diesmal fiel Draco das Schweigen auf, er hob fragend eine Augenbraue bevor sein Blick auf Scorpius' rechte Hand fiel. Deutlich waren die Schwurmale zu sehen.

„Deinem Schweigen entnehme ich, dass dieses Thema durch deinen übereilt geleisteten unbrechbaren Schwur unter Verschluss steht. Da mein Herr Sohn mir nur gesagt hat, dass er den Schwur wegen seinem besten Freund geleistet hat, ging die Sache also von Potter Junior aus. Was mich zu der Frage führt, was Potter Junior mit meinem Paten zu tun hat?“, sagte Draco, der nicht wirklich auf eine Antwort wartete sondern gleich fort fuhr, „du kannst mir nichts sagen. Potter Junior wird mir nichts sagen und Severus flucht mich in die nächste Woche, wenn ich ihn auf ein Thema anspreche, von dem ich ausgehe, dass es sehr intim ist. Also lass ich es.“

Scorpius sah seinen Vater fassungslos an, er konnte nicht glauben, dass es ihm so egal war.

„Wieso?“, konnte er heraus pressen.

„Weil ich im Moment keine Möglichkeiten habe, irgendetwas zu machen und mal ehrlich, Severus ist alt genug um zu wissen was er tut. Wenn er wirklich Interesse an Potter Junior hat, muss er sich mit Potter auseinandersetzen, nicht mit mir. Er kennt die Strafen, wenn es auffliegt und er muss mit dem Risiko leben. Scorpius, ich weiß nicht wie du in diese Sache hineingeraten bist und ich werde immer hinter dir stehen aber bei einem unbrechbaren Schwur kann ich dir einfach nicht helfen. Es tut mir sehr leid aber ich kann dir in diesem Fall nicht helfen“, sagte Draco und er klang wirklich aufrichtig.

Es tat ihm weh, dass er seinem Sohn nicht helfen konnte aber gegen die Magie, die in einem unbrechbaren Schwur steckte, hatte er keine Chance. Was ihn natürlich nicht davon abhalten würde ein paar Nachforschungen anzustellen. Doch jetzt konnte er ihm nicht helfen.

„Tut mir leid“, sagte er nochmal leise.

„Schon gut, das war mir schon klar, Dad. Schreibst du Potter etwas von den Briefen?“

„Nein. Ich werde mir eine Ausrede für die fehlende Schneeeule ausdenken. Scorpius, versprich mir bitte etwas.“

„Was?“

„Pass auf dich auf. Lass dich nicht in Dinge mit reinziehen, die dich nach Askaban bringen könnten. Ich möchte dich dort nicht besuchen müssen und unser Anwalt braucht nicht mehr Arbeit als sonst. Pass bitte auf dich auf“, bat Draco.

Sein Sohn stockte einen Moment, lächelte aber dann und nickte, „ich pass auf mich auf, versprochen. Dad, ich setz mich wieder an die Hausaufgaben.“

Dracos Blick ging zur Uhr, Abendessen würde es erst in zwei Stunden geben und er hatte eigentlich keine Lust mehr auf Arbeit. „Was hältst du davon, wenn wir eine Runde zusammen fliegen?“, fragte er.

„Ehrlich? Hast du Zeit?“

„Ja, bis zum Abendessen. Komm. Verschieben wir die düsteren Gedanken auf später“, sagte Draco lächelnd während er schon aufstand und um den Schreibtisch rum ging.

Sein Sohn sprang förmlich auf und folgte ihm Freude strahlend, es kam sehr selten vor, dass sein Vater Zeit für einen gemeinsamen Flug hatte. Diese Chance würde er sich nicht entgehen lassen.
 

„Potter,
 

kannst du dir mein Gesicht vorstellen als ich deinen Brief in den Händen hielt? Wie kommt es zu diesem plötzlichen Sinneswandel? Bisher wolltest du den besten Freund deines Sohnes auch nicht kennenlernen. Was hat sich geändert? Hast du nachgedacht und bist endlich zu dem Entschluss gekommen, dass unsere dumme Kinderstreiterei nicht auf dem Rücken unserer Kinder ausgetragen werden sollte? Respekt, Potter. Nur etwa fünf Jahre zu spät.
 

Weißt du eigentlich, wie ich mit meinem elfjährigen Sohn gelitten habe als ich ihm immer und immer wieder erklären musste, dass er seinen besten Freund nicht sehen darf? Wie ich mir immer neue Ausreden habe einfallen lassen müssen? Weißt du, wie es ist wenn der eigene Sohn am Weihnachtstag weinend zusammenbricht weil er das Geschenk seines besten Freundes auspackt und wieder nicht versteht, warum er ihn nicht sehen darf? Es ist ein Albtraum wenn man sein Kind an Weihnachten Stunden lang in den Armen hält und hofft, dass es sich beruhigt. Wenn man es ins Bett bringt und noch scheinbar ewig sein Weinen hört. Hattet ihr dasselbe Problem oder habt ihr es einfach ignoriert? Ihr habt nicht mal im Ansatz verstanden, was diese Freundschaft für Scorpius bedeutet hat. Nicht bei dem Namen Malfoy, nicht mit dem Charakter seiner Mutter, nicht bei einem ehemaligen Todesser als Vater. Es hat viele Monate gedauert bis Scorpius verstanden hat, dass dein Sohn zwar sein bester Freund ist aber dass seine Familie ihn nicht mal kennenlernen will und auch jeden Besuch verbietet.
 

Wenn es nach mir ginge, würdest du meinen Sohn nicht zu Gesicht bekommen. Vor allem mit der Aussicht, dass Beide bald siebzehn werden und dann besuchen dürften, wen und wann sie wollen aber ICH bin bereit diesen sinnlosen Kinderstreit für unsere Kinder zu beenden. ICH war schon vor fünf Jahren dazu bereit.
 

Nach Absprache mit Scorpius sind wir zu dem Entschluss gekommen, dass wir dich am ersten Tag der Sommerferien um 15 Uhr zum Kaffee erwarten. Du darfst Albus gerne mitbringen, ich möchte den besten Freund meines Sohnes ja bereits seit fünf Jahren kennenlernen aber tu uns allen einen großen Gefallen und lass deine Frau daheim. Wir alle wissen, dass die Kluft Weasley-Malfoy größer ist als zwischen Weißer und Schwarzer Magie.
 

Bevor du dich wunderst warum ich meinen Brief nicht mit dem täglichen Brief meines Sohnes mitschicke, ich schreibe nicht deinem Sohn sondern dir und ich bin durchaus in der Lage einen Namen auf den Briefumschlag zu schreiben und ihn meiner Eule ans Bein zu binden.
 

Ich erwarte keine Antwort aber die Höflichkeit würde es gebieten. Da ich die Höflichkeit der Familie Potter kenne, werde ich mich überraschen lassen.
 

Hochachtungsvoll
 

Draco Malfoy.“
 


 

Er war froh, dass er alleine war als der Brief mit dem seltsam gefärbten Uhu ankam denn er hatte Tränen in den Augen. Nein, zumindest er hatte nie gedacht, dass dieses Umgangsverbot den jungen Malfoy so mitnahm. Genau wie Ginny war er davon ausgegangen, dass er genau wie sein Vater und Großvater war, genauso arrogant und eingebildet und deswegen hatten sie sich nie wirklich Gedanken darüber gemacht. Die verstorbene Mrs. Malfoy hatte er nie gekannt aber er hatte sich damals nicht vorstellen können, dass sie sich sehr von ihrem Mann unterschied. Wenn er jetzt darüber nachdachte, hatte er nur den ersten Brief von Malfoy gelesen, die Restlichen hatte Ginny immer sofort verbrannt. Hatte sie sie überhaupt gelesen?

Wenn ja, hatte sie das Leid des Jungen so kalt gelassen nur weil er Malfoy mit Nachnamen hieß? Harry schüttelte den Kopf, das konnte er sich nicht vorstellen, und sah wieder auf den Brief. Den Termin würde er fest in seinen Kalender eintragen, allerdings unter einem anderen Namen denn Ginny sollte lieber nichts davon erfahren. Ein Schuhu ließ ihn aufsehen, der Uhu hatte den Kopf schief gelegt und schuhute ihn gerade nochmal an.

„Sollst du auf eine Antwort warten?“, fragte Harry, was er sich allerdings nicht vorstellen konnte.

Kopfschütteln.

„Was machst du dann noch hier?“

Der Uhu deutete auf seine Kaffeetasse und nach einem Moment, den Harry ihn einfach nur anstarrte, lachte er und schob die Tasse vor das komplett rotbraune Tier. Er hatte nicht einen einzigen schwarzen Punkt auf den Federn. Wären die Federohren nicht gewesen, hätte er es nicht für einen Uhu gehalten. Dieser trank jetzt begeistert einen Schluck Kaffee, schuhute ihn nochmal an und flog dann zum Fenster raus. Harry sah ihm einen Moment nach und entschied, dass das Tier genauso seltsam war wie sein Besitzer.

Seine Gedanken gingen zurück zu ebendiesem Besitzer, er würde ihm natürlich antworten und das Treffen definitiv annehmen. Er überlegte, ob er Ginny nicht doch davon erzählen sollte, entschied sich aber dagegen. Sie würde es nicht verstehen, würde es ihm ausreden wollen und wenn sie das nicht schaffte, würde sie Tagelang beleidigt sein und es ihm bei jeder Kleinigkeit vorhalten. Auf diese Art von Streit hatte er keine Lust, er hatte allgemein keine Lust auf Streit. War das der Grund warum er immer nachgab? Warum er alles runter schluckte und einfach keine Widerworte gab? Er wusste es nicht. Harry seufzte leise, holte dann Pergament und Feder und begann den Antwortbrief an Malfoy zu schreiben. Es wurde vielleicht langsam Zeit, dass er einige Fehler aus der Vergangenheit ausbügelte.
 

Er klopfte ein weiteres Mal an, ein leises Rumpeln ertönte und dann langsame Schritte. Es dauerte noch einen Moment und dann wurde die Tür aufgerissen und er sah sich seinem Paten gegenüber, den er seit dem Krieg nicht mehr gesehen hatte. Schwarze Augen weiteten sich geschockt und Severus war schon im Begriff die Tür wieder zuzuschlagen als Draco schnell sagte, „ich möchte mit dir über die Benutzung des Malfoysiegels, deine Briefe im Namen meines Sohnes und deine Schneeeule reden.“

Krach, die Tür fiel ins Schloss.

Etwas fassungslos starrte Draco das schwarze Holz an, er hatte eigentlich gedacht, dass das reichen würde damit Severus ihn rein ließ aber scheinbar hatte er sich geirrt. „Severus, entweder ich rede mit dir oder mit Harry Potter. Es wird ihn brennend interessieren, dass du seinem minderjährigen Sohn Briefe schreibst und das im Namen meines Sohnes. Das Ministerium wird es auch interessieren, hast du solche Sehnsucht nach Askaban?“

Es folgte noch ein Moment der Stille bevor eine sehr genervte Stimme knurrte, „komm halt rein.“

Mit einem zufriedenen Grinsen öffnete Draco die Tür und trat ein.
 

Doch das Grinsen verging ihm schnell als er Severus' Gesichtsausdruck sah.

„Setz dich“, knurrte dieser mit einem Deut auf einen Sessel, zeitgleich schwang er den Zauberstab und ein Stapel Pergament erschien auf dem Tisch zwischen ihnen.

„Was ist das?“, fragte Draco misstrauisch.

„Unterlagen über Artefakte, die auf jede erdenkliche Weise in den Besitz der Malfoys gekommen sind. Dazu zählen Erpressungen, Bestechungen und Mord. Das Ministerium wird sehr erfreut sein wenn es diese Unterlagen zu Gesicht bekommt. Die Wiedergutmachungszahlungen dürften dein restliches Vermögen so gründlich aufbrauchen, dass selbst Scorpius' Urenkel noch Schulden haben. Zudem die Beweise, dass du nicht ganz so unschuldig an einigen Überfällen warst, wie du so gerne betonst“, erklärte Severus kalt, „gehe ich wegen dir nach Askaban, gehst du mit und du verurteilst deinen Sohn zu einem Leben in Armut, in tiefster Armut. Weder du noch er können in eurem Leben genug verdienen um diese Schulden auszugleichen.“

Fassungslos starrte Draco seinen eigenen Patenonkel an. Er konnte nicht glauben was er da gerade hörte aber ein Blick in dessen ernstes Gesicht zeigte ihm, dass Severus das todernst meinte. „Du würdest dein eigenes Patenkind nach Askaban bringen?“, fragte er mit schwacher Stimme.

„Ja.“

„Wegen einer, wie auch immer gearteten Beziehung zu einem minderjährigen Schüler? Dem Sohn eines Mannes, den du schon immer verabscheut hast?“

„Ja.“

„Severus, was ist nur mit dir passiert? Erst brichst du jeden Kontakt ab und dann so etwas. Das kann nicht dein Ernst sein“, keuchte Draco. Er fühlte sich wieder wie kurz nach dem Krieg, der Vater tot, die Mutter weg, wie sehr hätte er seinen Paten gebraucht aber dieser hatte jeden Kontaktversuch im Keim erstickt.

„Mein voller Ernst“, sagte Severus gerade.

„Aber...“

„Kein Aber. Du hast mit den Drohungen angefangen, ich haben nur erläutert wie es weitergeht. Was ich mit Albus Potter zu tun habe, geht dich nichts an.“

„Du benutzt den Namen meines Sohnes“, protestierte Draco.

„Er wird es überleben, es ist nur für diese Ferien. Draco, ich werde nicht mit dir diskutieren. Du hast gesagt, was du sagen wolltest, ich habe gesagt, was nötig ist, du kannst also gehen“, schnarrte Severus mit dieser Stimme, die Draco sonst nur gehört hatte wenn er einem bedauernswerten Schüler Punkte abzog und Strafarbeiten aufbrummte. Wie die damaligen Schüler fühlte er sich plötzlich klein und unbedeutend. Severus sagte nichts weiter aber sein Blick sprach Bände dennoch musste Draco es versuchen.

„Severus, bitte, ich kenne dich seit meiner Geburt, ich will dir doch nichts Böses. Ich mache mir Sorgen um dich, ganz einfach. Ich will dich nicht beim Ministerium anschwärzen aber sonst hättest du mich nie reingelassen. Verdammt, ich versuche seit sechzehn Jahren Kontakt zu dir zu haben und du blockst alles ab, warum? Warum? Ich bin dein Patensohn, du hast meinen Eltern einst versprochen dich um mich zu kümmern und jetzt weigerst du dich sogar, vernünftig mit mir zu reden. Das kann doch nicht sein“, sagte er doch er sah schon, dass er gegen eine Wand redete.

„Du bist erwachsen, ich habe mich in meinem Leben um genug Menschen gekümmert, jetzt bin ich mal dran. Dein Sohn wird es überleben, dass ich mir seinen Namen für diese zwei Wochen ausgeliehen habe. Jetzt verschwinde und denk an meine Worte“, knurrte Severus. Als Draco allerdings immer noch erstarrt in seinem Sessel saß, zog er den Zauberstab und fauchte, „raus oder ich helfe nach!“

Immer noch fassungslos erhob sich Draco, er fühlte sich wie betäubt und genauso verließ er auch den Raum. Er brauchte Zeit um seine Gedanken zu sammeln aber eines stand jetzt schon fest, von ihm würde das Ministerium nicht ein Wort, nicht einen Buchstaben erfahren.

Kapitel 8

Kapitel 8
 

Die Osterferien waren endlich vorbei, Albus hatte in der vergangenen Nacht so gut geschlafen wie schon lange nicht mehr denn heute würde er zurück nach Hogwarts fahren. Wenn es nach ihm ging, würde er den Grimmauldplatz nie wieder betreten. Er war glücklich als er endlich im Zug saß, weit weg von seinen Eltern und seinen Geschwistern denn weder Lily noch James würden sich in den Bereich der Slytherins setzen und damit hatte er seine Ruhe. Nun, zumindest bis sich die Tür öffnete und Scorpius eintrat, sein Gesichtsausdruck war gar nicht gut.

„Was ist los?“, fragte Albus sofort.

Statt einer Antwort zog Scorpius den Zauberstab und versiegelte die Tür.

„Scorpius?“

„Was los ist? Was los ist? Albus, in welcher Welt hast du in den letzten zwei Wochen gelebt? Du schreibst dir mit Snape, der unter meinem Namen schreibt. Mein Vater ist dahinter gekommen und hat Fragen gestellt. Er weiß, dass mein Schwur mit dir und Snape zu tun hat und er stellt Nachforschungen an“, sagte Scorpius aufgebracht, „verdammt, mein Vater war bei Snape und wollte mit ihm reden. Weißt du, was dein Angebeteter gesagt hat? Wenn mein Dad auch nur ein Wort sagt, lässt er dem Ministerium Unterlagen zukommen, die meinen Dad nach Askaban bringen und mich in den Schuldturm, wenn es so etwas noch gäbe.“

„Was wollte dein Dad bei Severus?“, fragte Albus verwirrt.

„Mit ihm reden, mein Dad ist der Patensohn von Snape.“

„Wirklich?“

„Ja.“

„Wie kam dein Dad überhaupt auf die Idee?“, fragte Albus weiter.

„DEIN Vater hat uns einen Brief geschrieben, dass er mich kennenlernen will und dass mein Dad ihm ja antworten kann wenn ich dir eh schreibe. Was glaubst du, wie ich geguckt habe als mein Dad mich fragte, seit wann ich eine Schneeeule habe?“, fragte Scorpius immer noch aufgebracht. Er hatte sich noch nicht gesetzt, er war zu aufgeregt aber um auf und ab zu gehen, war nicht genug Platz. So blieb ihm nicht mehr übrig als immer wieder die Hände zu Fäusten zu ballen und seinen, eigentlich besten Freund anzuschreien.

„Warte mal, mein Vater will dich kennenlernen, wieso?“

„Frag das deinen Vater. Hat er nichts gesagt?“

„Nein. Ok, ich habe auch nicht viel mit ihm geredet. Was hast du ihm geantwortet?“, fragte Albus.

„Mein Dad hat ihm geschrieben, dass er am ersten Tag der Sommerferien zum Kaffee eingeladen ist. Er hat geantwortet, dass er das Angebot gerne annimmt. Ich glaube, unsere Väter haben sich weiter geschrieben aber ich habe keine Ahnung warum“, gab Scorpius zu.

„Jetzt setz dich doch erst mal. Hat dein Dad noch was zu dir gesagt?“

„Nein, hat er nicht. Albus, wie soll es jetzt weiter gehen?“

„Was meinst du?“

Scorpius setzte sich seufzend und meinte, „wie soll es jetzt mit Snape weiter gehen? Er kann nicht ewig unter meinem Namen schreiben, irgendwann kommt dein Dad dahinter.“

„Severus muss mir nicht mehr schreiben, wir sind ja bald wieder in Hogwarts. Anfang Juni werde ich siebzehn und wenn das Schuljahr vorbei ist, reiche ich meine Abmeldung von Hogwarts ein und kann bei Severus wohnen“, erklärte Albus mit einem verklärten Gesichtsausdruck.

„Abmeldung?“

„Ja natürlich. Ich kann nicht in Hogwarts bleiben wenn ich mit Severus zusammen bleiben will, das wäre strafbar. Also mach ich mein letztes Jahr woanders.“

„Dann ist es nicht mehr strafbar?“

„Nein, ist es nicht. Wenn ich siebzehn bin, ist nur noch das Problem mit der Schüler-Lehrer-Sache und da Severus seinen Job braucht, wechsele ich eben die Schule. Durmstrang soll ganz nett sein und vor allem ist es sehr weit weg von meinen Eltern“, sagte Albus.

„Und sehr weit weg von Snape“, warf Scorpius vorsichtig ein. Er wollte seinen besten Freund nicht verlieren auch wenn er momentan nicht wirklich zurechnungsfähig war.

„Dafür gibt es Kamine und Portschlüssel, ich werde jedes Wochenende Heim gehen.“

„Du willst mich ganz alleine in Hogwarts lassen?“

Albus sah seinen Freund etwas verwirrt an, lächelte aber dann und meinte, „wir können uns jeden Tag schreiben und ich besuche dich. Wenn ich siebzehn bin, kann ich dich endlich besuchen kommen. Sofern es dein Dad erlaubt natürlich.“

„Mein Dad hat nichts dagegen und deiner auch nicht mehr.“

„Ja, bis er erfährt, dass ich Severus liebe. Er würde ihn nach Askaban schicken, egal was wir für Gefühle füreinander haben“, knurrte Albus.

„Das ist auch etwas schwer zu verstehen.“

„Och bitte, jetzt fang du nicht auch noch damit an.“

„Sorry, okay, Themawechsel, wie waren deine Ferien?“, fragte Scorpius, der hoffte, dass Albus das Thema einfach auf sich beruhen ließ. Er hatte die Hoffnung, dass sein Dad eine Möglichkeit fand ihn von dem Schwur zu befreien und dann konnte er alles erzählen. Vielleicht würde dann endlich mal jemand Albus helfen. Dieser lächelte jetzt wieder und begann zu erzählen, hauptsächlich allerdings von Severus und seinen Briefen. Scorpius lächelte gequält, er hoffte, dass er seinem besten Freund bald helfen konnte.
 

Das Schwatzen der Schüler, das Klirren des Bestecks und das sinnlose Gerede seiner Kollegen brachte Severus beinah um. Er hatte rasende Kopfschmerzen, sein linkes Bein zitterte ununterbrochen und er brauchte seine gesamte Willenskraft um seine linke Hand ruhig zu halten. Dennoch beschränkte er sich auf seine Suppe, die er mit der rechten Hand essen konnte. Nicht, dass Minerva ihn noch weiter beobachtete. Die Hexe hatte ihn die gesamten Ferien über genervt und nur durch stärkere Tränke hatte er den Anschein wahren können. Allerdings waren seine Beschwerden auch mehr geworden und er verstand es einfach nicht, die Tränke dürften untereinander gar keine Wechselwirkungen haben und da er nichts anderes nahm, war er einfach ratlos. Aber das war jetzt völlig egal denn die Schüler waren nach Hogwarts zurückgekehrt und mit ihnen auch Albus.

Der saß, ganz brav und wohl erzogen, am Slytherintisch und aß zu Abend. Er sah nicht ein Mal zu ihm, gut, das war auch gut so denn er wollte nicht, dass ihre Beziehung auffiel. Nur noch drei Monate, dann wäre das Schuljahr zu ende und dann konnten sie endlich offen dazu stehen. Auch wenn Severus sich sicher war, dass sie sehr viel Gegenwind bekommen würden aber dann wäre alles legal und darauf kam es an. Es würde eine Untersuchung geben und er konnte mit reinem Gewissen sogar unter Veritaserum aussagen, dass da nichts lief. Gut, die Küsse konnten sie ihm anrechnen aber in Anbetracht seiner Leistungen im Bezug auf den Dunklen Lord würden sie ihm nur einen Klaps auf die Finger geben.

Daran könnte auch Potter Senior nichts ändern können. Sein Blick ging erneut zum Slytherintisch, dort sah Albus gerade auf, erwiderte kurz seinen Blick und wandte sich dann wieder seinem Essen zu. Doch dieser kurze Blick hatte Severus gereicht, er wollte den Jungen wiedersehen, wieder in die Arme nehmen und wieder küssen und das so schnell wie möglich. Wieso konnte dieses Abendessen nicht schon vorbei sein? Er musste sich schwer zusammen reißen um nicht auf zu springen und zu gehen. Er musste den Anschein wahren.
 

Albus war etwas enttäuscht, er hatte den Blick beim Abendessen gesehen und war sich sicher gewesen, dass er schnell eine Nachricht von Severus bekommen würde. Er hatte extra in einem leeren Klassenraum auf diesen dämlichen Hauselfen gewartet aber er war nicht gekommen und irgendwie war er auch nicht auf die Idee gekommen, nach ihm zu rufen. Stattdessen war er wütend und enttäuscht in sein Zimmer gegangen. Als er sich allerdings auf sein Bett fallen ließ, hörte er ein leises Knistern. Stirnrunzelnd hob er sein Kissen an und fand ein Stück Pergament vor.
 

„Ich erwarte dich sehnsüchtig so schnell es dir möglich ist.“


 

Sein Herz begann zu rasen, diese paar Worte drückten alles aus und so sprang er auf. Doch noch bevor er aus der Tür raus rennen konnte, blieb er stehen und überlegte. Die Sehnsucht musste mittlerweile groß genug sein damit sein Severus auch weiter ging als nur ein bisschen zu knutschen. Aber wollte er das wirklich? Wenn es raus kam, würde er dafür nach Askaban gehen und das wollte Albus natürlich nicht. Er seufzte leise, schlug aber dennoch den Weg ins Bad ein um zu duschen aber er würde sich wohl zusammen reißen müssen. Denn in Einem war er sich hundertprozentig sicher, sein Vater würde, wenn er es erfuhr, alles daran setzen, dass sein Severus sich von ihm trennen musste. Dann würde er ihm mit einer sexuellen Beziehung so richtig in die Hände spielen, das wollte er natürlich nicht. Dennoch würde er schnell duschen gehen, schließlich war er schon den ganzen Tag unterwegs und wollte seinem Severus nicht stinkend gegenüber treten.
 

Warum kam er nicht? Hatte er seine Nachricht nicht bekommen? Oder wollte er ihn nicht mehr sehen? Severus konnte sich ein Seufzen nicht verkneifen, sein Herz zitterte vor Angst. Was, wenn der Junge ihn wirklich nicht mehr sehen wollte? Das würde er wohl nicht überleben. Nein, darüber wollte er gar nicht nachdenken und daran wollte er auch nicht glauben. Sein Blick glitt kurz zur Standuhr, es war kurz vor zehn und damit kurz vor der Ausgangssperre. Wenn Albus seinen Gemeinschaftsraum verlassen wollte ohne gesehen zu werden dann musste er das jetzt machen oder schon gemacht haben. Aber wo blieb er dann?

Severus zerging beinah vor Nervosität, früher wäre er auf und ab gegangen oder hätte sich irgendwie beschäftigt aber dazu fehlte ihm schlicht und einfach die körperliche Kraft. Er konnte kaum noch aufstehen, geschweige denn ohne Zauber und Trank gehen. Selbst längeres Sitzen fiel ihm mittlerweile schwer und er konnte sich einfach nicht erklären, warum. Wieso wirkten die Tränke nicht mehr? Er hatte alle Tränke getestet, einzeln und miteinander, und bei keinem Test war ein Ergebnis heraus gekommen. Sie sollten, nein, sie hatten nicht solche Nebenwirkungen, wie er sie seit Wochen verspürte. Was also war los mit ihm?

Er aß nichts Anderes als die anderen Bewohner des Schlosses, er trank keinen Alkohol mehr, er nahm keine Drogen und doch ging es ihm von Tag zu Tag schlechter. Er hielt sich mittlerweile sogar teilweise an die Diät, die ihm die Heiler des St. Mungo vorgeschrieben hatten aber es half alles nichts. Wenn sich sein Gesundheitszustand noch weiter verschlechterte, würde er bald nicht mehr um einen Besuch im St. Mungo herum kommen. Ein Seufzen verließ seine Lippen doch bevor er noch etwas Anderes denken konnte, klopfte es leise an. Drei Mal. Dann eine kurze Pause und noch zwei Mal. Das verabredete Zeichen. Mit einer Hand ließ er die Phiole mit dem Stimmtrank zu sich schweben, leerte sie schnell und rief dann, „Herein.“
 

Noch während die Tür sich öffnete, murmelte Severus einen weiteren Stabilisierungszauber auf sein Bein denn noch einen Nerventrank konnte er beim besten Willen nicht nehmen. Zumindest heute nicht. Die Tür öffnete sich einen Spalt und schloss sich dann fast sofort wieder ohne, dass jemand eintrat. Zumindest sah es so aus doch schon zog Albus den Tarnumhang von sich runter und kam auf ihn zu. Das Lächeln, was er ihm schenkte, ließ Severus jeden Schmerz vergessen. Er sprang auf, war mit wenigen Schritten bei dem Jungen angekommen und schloss ihn sofort in eine enge Umarmung. Noch schneller fanden sich ihre Lippen zu einem langen Begrüßungskuss.
 

Sehr viel später hatten sie es doch noch aufs Sofa geschafft, eng aneinander geschmiegt. Ab und an tauschten sie ein paar Küsse aus doch die meiste Zeit kuschelten sie sich einfach nur aneinander. Albus wusste, dass sie nicht mehr machen konnten und Severus, nun, der hatte zu große Schmerzen um sehr viel zu machen. Jedes Wort ließ flüssiges Feuer durch seine Kehle rinnen, jede Bewegung fühlte sich an wie ein Messerstich und doch nahm er das alles in Kauf um diesen besonderen Jungen im Arm halten zu können. Er wollte ihn nicht zurück in die Kerker schicken, er wollte ihn hier bei sich behalten aber er wusste, dass es nicht ging. Obwohl, wenn er genau darüber nachdachte, würde es schon gehen. Aber natürlich nur in getrennten Räumen. In einem Raum zu schlafen, war viel zu gefährlich denn Severus war sich nicht sicher, ob er sich wirklich so gut unter Kontrolle hatte wie er hoffte. Blieb nur noch die Frage ob Albus der Idee zustimmte.

„Albus?“

Etwas überrascht hob Albus den Kopf von seiner Brust um ihn fragend anzusehen.

„Es ist bereits sehr spät und wir sollten schlafen gehen.“ Sofort verzog sich Albus' Gesicht doch Severus lächelte einfach nur und meinte, „du könntest hier schlafen, wenn du willst.“

„Bei dir?“, fragte Albus plötzlich sehr erfreut.

„Das geht nicht und das weißt du. Albus, ich würde nichts lieber tun aber es geht nicht. Du bist nicht volljährig“, seufzte Severus.

„Das ist nicht fair.“

„Natürlich ist das nicht fair aber so sind die Gesetze und daran müssen wir uns halten. Es sind nicht mal mehr zwei Monate, dann wirst du siebzehn. Dann können wir machen, was wir wollen.“

„Alles?“

„Ja, alles.“

„Aber du bist dann immer noch mein Schulleiter. Gibt das keine Probleme?“, fragte Albus.

„Keine, die ich nicht geregelt kriege. Da ich dir keine Noten gebe, kann niemand deine Noten anfechten. Ich bekomme einen Klaps auf die Finger und mir wird nah gelegt werden, dass ich die Beziehung beende. Wenn du allerdings eh im Sommer die Schule wechselst, hat sich das erledigt. Also, möchtest du hier schlafen? Wir könnten zusammen frühstücken“, schlug Severus vor. Er wollte den Jungen in seiner Nähe haben.

„Was ist mit Scorpius?“

„Er wird nichts sagen, da kannst du dir sicher sein. Wir müssen uns nur zum Frühstück in der großen Halle sehen lassen.“

„Warum?“, fragte Albus, der sich jetzt aufsetze um ihn besser ansehen zu können.

„Weil es auffällt wenn wir Beide nicht zum Frühstück kommen. Albus, nicht mehr ganz zwei Monate und dann nochmal knappe zwei Monate, dann kann uns keiner mehr trennen. So viel Geduld müssen wir aufbringen sonst wird es ein sehr böses Ende nehmen und ich verspüre kein gesteigertes Verlangen danach wieder nach Askaban zu gehen“, sagte Severus ernst, „dann sehen wir uns die nächsten zehn Jahre nicht mehr.“

„Das will ich nicht“, keuchte Albus erschrocken.

„Ich auch nicht. Also wirst du brav hier im Wohnzimmer schlafen. Wenn es dir nichts ausmacht, stehen wir morgen einfach früher auf und können in aller Ruhe zusammen frühstücken. Was hältst du davon?“

„Gerne. Das klingt super.“

Severus lächelte, erhob sich aber dann langsam und zog den Zauberstab. Mit zwei Bewegungen war aus dem Sofa ein bequemes Bett geworden, aus einem Kissen wurde eine Decke und ein zweites Kissen vergrößerte sich etwas.

„Auch wenn es mir schwer fällt aber ich wünsche dir eine gute Nacht“, seufzte Severus während er den Zauberstab wegsteckte und Albus in eine Umarmung zog.

„Unendlich schwer aber wir schaffen das“, stimmte Albus ihm zu.

Diesmal sparte sich Severus die Antwort, er gab ihm noch einen Kuss bevor er ihn wirklich los ließ und sich in sein Schlafzimmer zurück zog.

Kurz überlegte er ob er die Tür magisch verriegeln sollte aber er entschied sich dagegen, er vertraute Albus und darauf, dass der Junge wusste wie wichtig es war zu warten. Severus setzte sich langsam auf sein Bett, sein Blick ging über die dunkelgrüne Bettwäsche und er wünschte sich mehr denn je, dass Albus da lag. Sie hatten Mitte April und Albus hatte am zweiten Juni Geburtstag, also mussten sie noch knapp 6 Wochen warten bis er wirklich hier schlafen konnte. Zwar erst mal nur im Geheimen aber das war er ja gewohnt, wie lange hatte er im Schatten gelebt? Da kam es auf zwei, drei Monate auch nicht mehr an.

Anfang der Sommerferien, wenn die Abmeldung von Albus da war, könnten sie es öffentlich machen. Severus seufzte leise, zog sich per Zauber um und kroch langsam ins Bett. Jetzt, ohne diesen wunderbaren Menschen in seinen Armen, kamen die Schmerzen wieder und sie waren stärker denn je. Er wusste jetzt schon, dass er keinen Schlaf finden würde. Er hoffte auf ein bisschen Erholung, dass sich sein Körper etwas erholte denn morgen früh müsste er die nächsten Tränke nehmen wenn er den Schein waren wollte. Und das wollte er. Das musste er und das würde er.
 

Minervas Blick wurde immer misstrauischer. Seit Severus das Lehrerzimmer betreten hatte, hatte sie ihn im Auge behalten und je länger sie ihn beobachtete, desto mehr Dinge fielen ihr auf. Er hatte seinen Platz nur sehr langsam und umständlich eingenommen, das linke Bein war eindeutig steif und durch einen Zauber gestützt. Er benutzte seine linke Hand nicht sondern sortierte die Pergamente mit rechts, sehr ungewöhnlich für ihn denn normal nutzte er beide Hände. Er sprach nicht und bei genauerer Betrachtung seines Gesichtes fiel ihr auf, dass das linke Augenlid leicht zitterte. Seine ganze Körperhaltung war gebeugt, schlaff, nichts deutete mehr auf den stolzen Mann hin, den Minerva kannte. Und er schien Probleme mit dem Gehör zu haben denn Grace, die neue Zaubertränkelehrerin sprach ihn gerade zum dritten Mal an, ohne, dass er reagierte. Hier stimmte etwas ganz und gar nicht und diesmal würde sich Minerva nicht von ihm abwimmeln lassen.
 

Die Buchstaben verschwammen vor seinen Augen, egal wie sehr er sich anstrengte, er schaffte es nicht, dass sie vor seinen Augen einen Sinn ergaben. Er hätte nicht her kommen sollen aber er hatte keine andere Wahl gehabt, er musste an dieser verdammten Konferenz teilnehmen. Allerdings würde er sie nicht durchstehen wenn er seinen Körper nicht langsam in den Griff bekam. Da war dieses Rauschen in seinen Ohren, er verstand kein einziges Wort von dem, was die Anderen sagten und gab daher vor, sie einfach zu ignorieren. Es würde als unhöflich angesehen werden aber das war man ja von ihm gewohnt.

Severus fühlte in sich hinein, die Schmerzen waren so allgegenwärtig, dass er sich schon fast daran gewöhnt hatte aber heute waren sie besonders stark. Er konnte sich keinen Millimeter bewegen ohne vor Schmerzen am liebsten zu schreien, was er natürlich nicht tat. Seine Stimme war völlig weg, er hatte heute morgen Albus gerade so noch verabschieden können und seitdem war seine Stimme weg. Das trotz gleich drei Sprachtränken. Was dazu führte, dass er maximal noch vier Stunden laufen konnte denn er konnte den Stabilisierungszauber ohne Stimme nicht erneuern. Bis dahin musste er diese Konferenz beendet haben aber wie, ohne Stimme und ohne Gehör? Severus gestand es sich nicht gerne ein aber er steckte wirklich in sehr tiefen Problemen.

Seine Aufmerksamkeit wurde auf Minerva gezogen als diese ihn am Ärmel zupfte, er warf ihr einen vernichtenden Blick zu doch wie immer ließ sie sich davon nicht einschüchtern. Im Gegenteil, sie musterte sein Gesicht und blieb an seinem linken Augenlid hängen. Verdammt, hatte sie es etwa gemerkt? Ihr Mund bewegte sich doch außer einem lauten Rauschen hörte Severus nichts. Er murrte leise und griff über den Tisch, sein Ziel war unübersehbar eine Feder. Aus den Augenwinkeln sah er Minervas überraschten Blick, er ignorierte es und griff nach der Feder. Doch er sollte nie schreiben können, was er vor hatte, sein Blickfeld wurde unaufhaltsam schwarz.
 

Erschrockene Ausrufe hallten durchs Lehrerzimmer als Severus plötzlich die Augen verdrehte und seitlich von seinem Stuhl fiel. Minerva schaffte es gerade so noch ihren Zauberstab zu ziehen und seinen Sturz etwas abzufangen. Unzählige Fragen stürmten auf sie ein doch ein paar Lehrer dachten auch mit. Filius war aufgesprungen und zum Kamin geeilt während Neville Longbottom, der Pomona Sprout als Kräuterlehrer abgelöst hatte, zu Minerva eilte und ihr mit dem Schwebezauber half.

„Zu Poppy?“, rief Filius vom Kamin aus während er bereits nach dem Flohpulver griff.

„Nein, St. Mungo“, gab Minerva zurück.

Schon verfärbten sich die Flammen grün, eine weibliche Stimme erklang freundlich, „St. Mungo, was können wir für Sie tun?“

„Notfall aus Hogwarts. Patient Severus Snape. Behandelnder Arzt Hippocrates Smethwyck. Äußerst dringend“, rief Minerva.

„Kommen Sie durch, Heiler Smethwyck wird sofort benachrichtigt werden“, erklang die Stimme, aus der Freundlichkeit war Professionalität geworden.

„Sagt Poppy Bescheid, sie soll nachkommen“, wies Minerva die anderen Lehrer an bevor sie sich an Neville wandte, „hast du Erfahrungen mit dem Transport mittels Schwebezauber durchs Flohnetzwerk?“

„Nein. Was muss ich beachten?“, fragte Neville, der zwar sehr blass geworden war aber auch sehr entschlossen wirkte.

Kurz bewunderte Minerva den jungen Mann, der sich von einem der tollpatschigsten Schüler zu einem sehr kompetenten, selbstbewussten Mann entwickelt hatte doch dann erinnerte sie sich an die Situation und wurde wieder ernst. „Du hältst den Schwebezauber aufrecht, das ist für das erste Mal genug. Ich sorge dafür, dass wir auch im St. Mungo ankommen und nicht an irgendeiner Wand zerschellen“, erklärte Minerva, „bereit?“

„Ja.“

„Wir halten die Stellung“, kam von Filius, „schickt uns eine Eule, was mit ihm ist.“

Minerva nickte nur und trat zusammen mit Neville zum Kamin, Severus schwebte bewusstlos zwischen ihnen. „Konzentrier dich nur auf den Schwebezauber“, sagte sie.

Die Flammen waren noch grün, das St. Mungo hielt die Verbindung offen, auf der anderen Seite würden bereits Heiler auf sie warten und Minerva hoffte inständig, dass es nicht zu spät war. Entschlossen schob sie Neville in die Flammen während sie die erforderlichen Zauber sprach, die ihre kleine Gruppe zusammen halten würde und ihr die Kontrolle darüber ermöglichte. Mit der Hoffnung, dass sie alle drei gut im St. Mungo ankommen würden, betrat sie die grünen Flammen.
 

Es dauerte nicht lange bis Heiler Smethwyck in dem Zimmer auftauchte, in das die anderen Heiler sie gebracht hatten. Minerva und Neville standen ruhig am Rand während er sich die vorläufigen Untersuchungsergebnisse der anderen Heiler geben ließ und mit jedem Wort verfinsterte sich sein Gesichtsausdruck mehr. Schließlich trat er selber an das Bett, in dem ein sehr, sehr blasser Severus lag und sprach selber einige Zaubersprüche. Deren Ergebnisse schienen allerdings nicht dazu beizutragen, dass sich seine Laune änderte. Dennoch arbeitete er verbissen weiter.
 

Fast drei Stunden arbeiteten die Heiler bevor sie scheinbar zufrieden waren. Minerva fand zwar, dass Severus noch genauso schlecht aussah aber sie war keine Medihexe und kannte sich damit nicht wirklich aus, also vertraute sie auf das Wissen und Können der Ärzte. Allerdings konnte sie sich ein nervöses Händeringen nicht verkneifen, welches sich noch verstärkte als Heiler Smethwyck auf sie zu kam.

„Minerva, ich würde lügen wenn ich sage, dass ich mich freue dich zu sehen“, begann der Heiler das Gespräch, „wieso hast du ihn erst jetzt hierher gebracht?“

„Wäre er nicht ohnmächtig geworden, wäre er jetzt immer noch nicht hier“, gab Minerva zurück während sie die angebotene Hand schüttelte, „dennoch freue ich mich, dich gesund wiederzusehen, Hippocrates.“

„Ebenfalls. Sie sind?“

„Neville Longbottom, Professor für Kräuterkunde in Hogwarts“, stellte sich Neville vor, er wurde ebenfalls mit einem Handschlag begrüßt.

„Wie geht es Severus?“, fragte Minerva mit einem besorgten Blick aufs Bett.

„Wenn er aufwacht, bring ich ihn persönlich um“, knurrte Hippocrates.

„Wäre das nicht sehr kontraproduktiv? Was ist los mit ihm?“

„Minerva, wie viele Tränke hat er in der letzten Zeit genommen?“, fragte der Heiler.

Etwas hilflos zuckte Minerva mit den Schultern bevor sie sagte, „ich kann es dir nicht sagen. Allerdings war Fino, Severus' privater Hauself, bei mir und hat mir gesagt, dass er zu viele Tränke nimmt.“

„Das wäre wohl noch sehr untertrieben. Sein Blut besteht fast nur noch aus Tränken und einer Zutat, die wir noch nicht kennen. Seine Blutproben sind im Labor aber ich werde ihm den Hals umdrehen wenn er aufwacht. Wie kann er nur so unvernünftig sein und so viele Tränke nehmen? Das ist doch Wahnsinn“, maulte Hippocrates. Seine Stimme war eine Mischung zwischen Sorge und Wut, wobei sich Neville nicht sicher war, was davon jetzt überwog.

„Du kennst Severus doch“, versuchte Minerva den Heiler zu beschwichtigen, „er ist ein sturer alter Bock.“

„Ich habe ihn nicht sorgfältig zusammen geflickt damit er sich jetzt mit irgendwelchen Tränken zu Tode säuft“, knurrte Hippocrates, „du hast gesagt, der Hauself ist zu dir gekommen. Was hat er gesagt? Oder warte, ruf ihn her, ich will ihn selber fragen.“

„Fino, komm bitte her“, war alles, was Minerva sagte. Es dauerte nur einen Moment bis der Hauself mit einem Plopp auftauchte.

„Was kann Fino für Professor McGo....“ Der Elf brach mitten im Wort ab als sein Blick auf das Bett mit seinem bewusstlosen Herren fiel. Ohne die Anwesenden weiter zu beachten, trat er zum Bett, er sah todunglücklich aus. „Was hat Master Snape?“, fragte er leise.

„Um das heraus zu finden, muss ich wissen welche Tränke er genommen hat“, sagte Hippocrates.

Fino drehte sich zu ihnen um und nickte, „Fino holt sofort alle Tränke.“ Noch bevor Jemand etwas sagen konnte, war er schon wieder verschwunden.

„Wie lange hat er den Elfen schon?“

„So weit ich weiß seit seiner Kindheit.“

„Ist es ein freier Elf?“, fragte Hippocrates weiter.

„Nein, Fino wollte nicht befreit werden. Severus hat es ihm angeboten“, sagte Minerva, „mir fällt aber gerade wieder etwas ein. Ich habe ihn gefragt, warum Severus den Sprachtrank so oft nimmt und da hat er gesagt, dass er nichts sagen darf. Auch darüber, wer ihm das verboten hat, muss er schweigen. Also irgendetwas stimmt da nicht.“

Hippocrates runzelte die Stirn, fuhr sich nachdenklich übers Kinn und meinte, „das kann ihm ja nur Severus verboten haben, wir müssen ihn fragen wenn er wieder aufwacht.“

„Wird er denn wieder aufwachen?“, fragte Neville.

„Ja. Und dann erwürge ich ihn.“

Trotz der Umstände musste Minerva grinsen.
 

Ein Plopp ließ alle aufsehen, Fino stand vor ihnen. „Wo soll Fino die Tränke hinstellen?“

„Sind es so viele?“, fragte Hippocrates überrascht. So viele Tränke hatte er Severus nicht verordnet und es war gefährlich zu viele Tränke auf einmal einzunehmen, auch wenn man sich so gut mit Tränken auskannte wie Severus.

„Ja, sehr viele Tränke von Zauberern.“

„Dann lieber ins Nebenzimmer, das hier ist ein Krankenzimmer und kein Labor. Komm, ich zeige dir wo du sie hinstellen kannst“, sagte Hippocrates. Er wartete bis der Elf genickt hatte und führte ihn nach nebenan. Es schien für ihn völlig normal so mit einem Hauselfen umzugehen als wäre es ein Zauberer. „Ihr kommt auch mit, er braucht Ruhe“, rief er als er den Raum schon verlassen hatte.

Minerva und Neville folgten ihm schnell, sie wollten Beide wissen wie viele und welche Tränke Severus nahm. Vor allem, welcher dieser Tränke dafür verantwortlich war, dass er jetzt hier war.
 

Fassungslos starrten die zwei Zauberer und die Hexe auf die Masse an Zaubertränken, die Fino vor ihnen auf den Tisch gestellt hatte. Wobei der Tisch nicht gereicht hatte, gleich zwei Regale bogen sich unter den Tränken.

„Ist das alles?“, fragte Hippocrates irgendwann.

„Ja, alles, was Fino gefunden hat.“

„Hast du überall nachgesehen?“

„Ja, hat Fino. Sowohl in den Privaträumen von Master Snape wie auch in dem Raum, wo die Schüler lernen“, sagte Fino. Er war glücklich, dass endlich jemand seinem Herren helfen wollte. Er wollte helfen auch wenn er immer noch diesem unerträglichen Band unterworfen war aber vielleicht konnten diese Zauberer seinem Herren auch so helfen.

„Wieso im Klassenzimmer?“, fragte Minerva.

„Master Snape hat Nachts Tränke in dem Raum, wo die Schüler lernen, gebraut und sie dort gelassen.“

„Warum? Normal hat er die Tränke doch immer mit in seine Räume genommen“, sagte Minerva.

Fino seufzte und sagte, „das darf Fino nicht sagen.“ Er wusste natürlich, dass sein Master die Tränke dort lagerte damit er sie nehmen konnte wenn er sich mit dem Schüler traf aber er durfte nichts sagen.

Die Menschen warfen sich seltsame Blicke zu, sagten aber nichts dazu. Der Heiler trat stattdessen zum Tisch und sah nacheinander die ganzen Tränke durch, eine Flotte-Schreibe-Feder hielt fest, was er ihr diktierte. Irgendwie wurde er wieder mit jedem Trank und mit jedem Wort blasser.
 

„Hippocrates, ist alles in Ordnung?“, fragte Minerva als der Heiler mit der Kontrolle fertig war und danach begann einige Tränke zu testen.

„In Ordnung? Nichts ist in Ordnung, ich erwürge diesen verdammten Panscher.“

„Was hat Severus diesmal getan?“

„Diese Tränke kommen nicht von uns, nicht mal die Zusammensetzung kommt von uns. Minerva, diese Tränke übersteigen in ihrer Stärke jeden Trank, den wir hier im St. Mungo verabreichen und das zu Recht.“

„Je stärker ein Trank ist, umso stärker sind seine Nebenwirkungen“, flüsterte Neville.

Hippocrates nickte und deutete auf die Tränke, „keiner dieser Tränke dürfte so genommen werden, nicht über diesen Zeitraum und nicht ohne ärztliche Aufsicht und vor allem nicht in dieser Zusammensetzung. Es ist kein Wunder, dass der Kerl zusammen gebrochen ist aber...“

„Was aber? Hippocrates, du hast vorhin gesagt, dass er noch etwas Anderes im Blut hat. Kann es von diesen Tränken kommen?“, fragte Minerva.

Statt ihr direkt zu antworten, wandte sich der Heiler wieder an Fino, der sie mit großen, erwartungsvollen Augen ansah. Die Sorge um seinen Herren war ihm deutlich anzusehen. „Ist das alles, was dein Herr genommen hat?“

„Das darf Fino nicht sagen.“

„Wie jetzt? Hat dein Herr dir das verboten?“, fragte Hippocrates überrascht.

„Das darf Fino nicht sagen“, sagte Fino unglücklich.

„Warum darfst du das nicht sagen?“, fragte Minerva jetzt.

„Das darf Fino nicht sagen.“

„So kommen wir nicht weiter, wir müssen warten bis der verdammte Panscher im Nebenzimmer aufwacht. Er müsste Licht in die Sache bringen können.“

„Als ob Severus plötzlich mit uns redet. Hippocrates, ich rede seit Wochen auf ihn ein und er schiebt eine Ausrede nach der Anderen vor“, seufzte Minerva.

„Dann verfluchen wir ihn eben, dann redet er schon.“

„Hippocrates!“

„Minerva?“

„Du kannst Severus nicht verfluchen“, seufzte die Hexe wieder.

„Doch, kann ich. Und habe ich schon. Minerva, wir werden bei diesem Sturkopf nicht anders weiter kommen und wenn wir ihm helfen wollen, müssen wir wissen was das er noch genommen hat. Aber erst mal muss er aufwachen. Fino, ich danke dir für die Tränke“, wandte sich Hippocrates an den Hauselfen, der etwas unglücklich nickte.

„Du kannst zurück nach Hogwarts, wir rufen dich wenn wir dich nochmal brauchen“, sagte Minerva und schon war Fino wieder verschwunden.

„Wollt ihr hierbleiben bis er aufwacht?“

„Was glaubst du, wie lange das dauert?“

„Keine Ahnung.“

„Wir reisen kurz nach Hogwarts zurück, es müssen einige Dinge geklärt werden aber wir kommen wieder“, sagte Minerva nach einem fragenden Blick zu Neville, der nur nickte. „Gut. Ich sag den Schwestern Bescheid, sie werden euch dann entweder zu mir oder zu ihm bringen und dann darf ich ihn erwürgen.“

Minerva sparte sich die Antwort sondern verließ mit Neville zusammen das Zimmer. Hippocrates füllte unterdessen einige Proben ab und machte sich dann auf den Weg ins Labor, sie brauchten die genaue Zusammensetzung der Tränke wenn sie diesem irren Panscher helfen wollten.

Kapitel 9

Kapitel 9
 

„Was soll das heißen, er ist im St. Mungo? Wie kommt er dort hin? Was soll er da überhaupt? Ihm geht es gut“, brüllte Albus während er drohend auf den zitternden Hauselfen vor sich zuging, „los, sag schon!“

„Master Snape ist zusammengebrochen, heute morgen und Professor McGonagall und Longbottom haben ihn in das Haus der Heiler gebracht. Dann wurde Fino gerufen und Fino sollte die Tränke von Master Snape bringen. Das hat Fino getan“, erklärte der Hauself.

„Hast du was von mir oder meinem Trank gesagt?“

„Nein, das darf Fino nicht.“

„Natürlich nicht, ich habe es dir ja verboten. Du wirst ins St. Mungo gehen und wenn mein Severus wieder aufwacht, wirst du ihm den Trank weiter geben“, befahl Albus.

Doch zu seiner Überraschung schüttelte Fino den Kopf und sagte, „das kann Fino nicht machen. Das Haus der Heiler darf von fremden Hauselfen nicht betreten werden wenn sie nicht gerufen werden. Wenn Fino zu Master Snape geht um ihm den Trank zu geben, werden die anderen Hauselfen es den Zauberern dort sagen.“

„Was? Das kann doch nicht wahr sein. Aber er muss den Trank nehmen. Du kommst da gar nicht rein?“

„Nein, Master Potter, nur wenn jemand Fino ruft.“

„Ach verschwinde, du bist zu nichts nütze“, fauchte Albus und Fino bemühte sich der Forderung sehr schnell nach zu kommen. Mit einem Plopp war er verschwunden und Albus war alleine in dem leeren Klassenraum.
 

Wie konnte so etwas nur geschehen? Was war mit seinem Severus? Nervös lief Albus auf und ab, trat vereinzelt gegen Stuhl- oder Tischbeine und nahm dann seine Wanderung wieder auf. Was war passiert? Heute morgen ging es seinem Severus doch noch gut. Wie konnte sich sein Gesundheitszustand so schnell verschlechtern, dass er jetzt im St. Mungo lag? Was war passiert? Hatte er etwas Falsches gegessen? Nein, das konnte er sich nicht vorstellen. Sie hatten zusammen gefrühstückt und dann hatte er gehen müssen weil sein Severus zu einer Lehrerversammlung musste. Und das an einem Samstag, Albus war sauer gewesen denn er hätte den Tag lieber zu zweit verbracht. Rein technisch gesehen, hätte er in der Zwischenzeit etwas essen können aber das glaubte Albus nicht. Sie hatten gut gefrühstückt und waren zum Mittagessen verabredet gewesen. Also blieb nur die Möglichkeit, dass er was Falsches getrunken hatte.

Albus stoppte mitten im Schritt und riss die Augen auf, was war, wenn jemand seinen Severus vergiftet hatte? Aber wer? Und wie? Das konnte doch nicht wahr sein. Wie hatten sie seinen Severus überlistet? Und wie konnte er ihm helfen? Wütend nahm er seine Runde wieder auf und überlegte weiter, was konnte er machen? Momentan scheinbar nicht viel, er musste warten bis sein Severus wieder aus dem St. Mungo kam. Dann würde er mit ihm reden und sie würden schon dahinter kommen was mit ihm geschehen war. Ja, das war eine gute Idee. Er würde diesen verdammten Hauselfen regelmäßig befragen müssen aber das würde er auch noch verkraften. Mit einem leisen Knurren griff er nach seinem Tarnumhang und machte sich auf den Weg zurück in den Kerker. Scorpius würde ihm bestimmt helfen können, er war schließlich sein bester Freund.
 

Die Ohnmacht versuchte ihn fest in ihrem Griff zu halten doch sein Geist wollte aufwachen. Er hörte Stimmen, zwei, eine Weibliche und eine Männliche und die Männliche kannte er leider zur Genüge. Allein die Tatsache, dass er diese Stimme hörte, sagte ihm alles, was er wissen musste. Er erinnerte sich an den Zusammenbruch im Lehrerzimmer und da diese Stimme hier war, konnte er nur im St. Mungo sein. Verdammt. Severus überlegte kurz ob er den Kampf gegen die Ohnmacht gleich wieder aufgeben sollte doch dann würde er beim nächsten Erwachen immer noch hier liegen. Dann lieber jetzt aufwachen, sich dem Verursacher der Stimme stellen und dann ganz schnell wieder hier weg. Also kämpfte er sich langsam aber sicher an die Oberfläche seines Bewusstseins.
 

Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit bis Severus seine Augen dazu überredet hatte sich zu öffnen. Das Licht war gedämpft, irgendein Torfkopf hatte wohl doch mitgedacht und auch die Stimmen taten ihm nicht in den Ohren weh. Dennoch wollte er zumindest die Eine nicht hören. Sein Aufwachen blieb nicht unbemerkt, die Stimmen verstummten und dann kamen Schritte auf ihn zu. Er wandte müde den Kopf doch wirklich etwas sehen konnte er nicht. Alles war verschwommen, die Farben waren so blass, dass er alles in Grautönen sah und die Ränder waren völlig zerfranst.

„Wenn du mich auch nur in Bruchteilen erkennen kannst, wäre das ein Weltwunder“, knurrte die männliche Stimme.

Severus wollte antworten doch seine Scham vor seiner zerstörten Stimme war zu groß und das wusste sein Gegenüber auch. Denn er wartete nicht auf eine Antwort sondern fuhr einfach fort,

„Ich weiß, dass du mir nicht antworten wirst bis ich dir den Trank gebe und den bekommst du nicht mehr. Verdammter Panscher, was hast du angestellt?“

Diesmal konnte sich Severus ein Knurren nicht verkneifen, was allerdings eher wie ein leises Krächzen klang.

„Schon klar. Kannst du dich aufsetzen?“
 

Hippocrates beobachtete seinen Patienten wie er verzweifelt versuchte sich aufzusetzen bevor er deutlich genervt seufzte und ihm unter die Arme griff. Mit zwei, drei geübten Handgriffen hatte er Severus aufrecht hingesetzt und ihm zur Stütze zwei Kissen in den Rücken gestopft. Obwohl es nur eine einfache, alltägliche Bewegung war, stand Severus der Schweiß auf der Stirn.

„Jedem anderen Patienten würde ich jetzt aufzählen, wie er sich zu schonen hat aber das hat bei dir keinen Sinn also fangen wir mit den Dingen an, die nicht so laufen wie sie sollten“, begann der Heiler während er nach einem Klemmbrett mit mehreren Blättern griff, „wo fange ich an?“

Er hatte nicht wirklich mit einer Reaktion gerechnet aber Severus hob eine Hand und deutete auf seine Augen.

„Deine Sicht? Du hattest ein Blutgerinnsel im Hirn, hervorgerufen durch die Unmengen an Tränken, die du genommen hast. Es hat den Seh- und Hörnerv eingeklemmt. Wir haben es beseitigt und da du mich anknurren kannst, funktioniert zumindest dein Gehör wieder. Deine Sicht sollte auch bald wieder da sein“, erklärte Hippocrates. Sein Patient nickte nur und Hippocrates fuhr fort, „deine Blutwerte sind katastrophal. Bei allen Heilern, Severus, was hast du dir dabei gedacht? Vor allem, was hast du alles genommen? Wir haben Verbindungen in deinem Blut gefunden, die so in keinem der Tränke vorkommen.“

Jetzt runzelte Severus deutlich die Stirn.

„Ja, so haben wir auch geguckt. Verdammt, was hast du genommen?“, fragte Hippocrates.

Die Falte auf Severus' Stirn wurde tiefer bevor er sich suchend umsah und mit den Händen über den Nachttisch fuhr. Hippocrates sah ihn kurz verwundert dabei zu, verstand aber dann, was er suchte und holte ihm den Zauberstab, den sie vorsorglich etwas weiter weg gelegt hatten.

„Suchst du den hier?“, fragte er.

Severus' Sicht schien schon wieder so weit klar zu sein, dass er seinen Zauberstab erkannte denn er nickte.

„Nur unter der Bedingung, dass du nicht wieder versuchst mich zu verfluchen“, sagte Hippocrates ernst.

Es dauerte eine ganze Weile bis Severus nickte, langsam und widerwillig aber er nickte. Selbst dann zögerte der Heiler noch. Er war ein guter Zauberer aber seine Stärken lagen eindeutig beim Heilen und nicht beim Duellieren und der Mann vor ihm war ein hervorragender Duellant und hatte leider ein viel zu überschäumendes Wesen. Es wäre nicht das erste Mal, dass er einem Fluch ausweichen musste, dieser Patient war aber auch schwierig.

Severus knurrte leise als Hippocrates vor ihm stand und zögerte, ihm seinen Zauberstab zu geben. Er wusste natürlich warum aber diesmal wollte er ihn wirklich nicht verfluchen sondern sich nur mitteilen. Schließlich gab sich der Heiler einen Ruck und reichte ihm den Stab, allerdings war ihm seine Anspannung anzusehen. Severus hingegen konnte ein leises Seufzen nicht unterdrücken, stockte aber sofort als er seine eigene Stimme hörte. Sie klang noch schlechter als sonst.

„Ja, deine Stimme ist nahezu ruiniert. Mit den verstärkten Sprachtränken hast du es geschafft die Stimmbänder noch weiter zu schädigen. Wenn du es schaffst die nächsten Wochen die Klappe zu halten, können wir vielleicht was retten. Aber das heißt, dass du wirklich den Mund hältst und auch auf die Tränke verzichtest“, sagte Hippocrates, der ihm seine Gedanken scheinbar ansah.

Der Blick, den ihm Severus zu warf, sagte alles aber Hippocrates konnte es nicht ändern. Er wusste, dass eine von Severus' stärksten Waffen seine Stimme und seine spitze Zunge war aber darauf musste er wohl in den nächsten Wochen verzichten. Er hatte sich sowieso immer gefragt, warum er auf den Stimmtrank bestand, der seine Stimme verändert. Mit dieser Zunge und seinem fließenden Sarkasmus würden ihn die Leute auch mit der neuen, krächzenden Stimme fürchten. Severus nickte schließlich sichtlich unglücklich, holte sich aber dann das Klemmbrett mittels wortloser Magie zu sich. Hippocrates ließ ihn.

Die Nachricht über seine Stimme schockierte ihn zutiefst aber er würde wohl ein paar Wochen den Mund halten können. Wenn er danach die Stimmtränke wieder nutzen könnte, wäre alles in Ordnung, es waren ja nur ein paar Wochen. Jetzt wollte er erst mal wissen, was dieser verdammte Heiler mit den Tränken meinte. Er nahm doch nur die vorgeschriebenen Tränke, nur etwas stärker halt aber die Zutaten und die Zusammensetzung müsste Hippocrates eigentlich bekannt sein. Mit einem Zauberstabwink holte er sich das Klemmbrett und in diesem Moment war er heilfroh darüber, dass ihn Albus vor vielen Jahren dazu gezwungen hatte wortlose Magie zu lernen. Zwar war er nie so gut geworden wie sein Mentor aber für leichte Zauber reichte es. Hippocrates hielt ihn nicht auf also ließ er den Blick über die Untersuchungsergebnisse schweifen.

Schon bei der sechsten Zeile fiel ihm auf, was der Heiler meinte. Er warf Hippocrates einen fragenden Blick zu, der zuckte nur mit den Schultern also las er weiter. Irgendwann begann er verschiedene Dinge mit dem Zauberstab zu markieren.

Er bekam das Klemmbrett zurück, einige Zutaten und Wechselwirkungen waren markiert und darunter stand, „das habe ich nie genommen.“

„Nun, es ist aber in deinem Blut also musst du es irgendwie und irgendwann genommen haben. Zudem wir einige der Zutaten auch in deinen Nieren, der Leber und der Darmwand gefunden haben, du musst die Sachen also schon länger nehmen. Wir haben eine Entgiftungskur eingeleitet aber das wird dauern, wir müssen es langsam angehen“, erklärte Hippocrates.

„Wie lange 'nehme' ich die Sachen schon?“, schrieb Severus mit dem Zauberstab.

„Du brauchst gar nicht so zweifelnd zu klingen, wir haben sie in dir gefunden also müssen sie da irgendwie rein gekommen sein. Zur Dauer? Hm, schwierig zu sagen aber vermutlich um die 6 Monate. Warum?“, fragte Hippocrates.

Severus schüttelte nur den Kopf. Er hatte eine dunkle, sehr dunkle Ahnung aber das konnte nicht sein.

„Severus, du weißt doch was. Was ist los? Wenn wir wissen was du genommen hast oder was dir untergeschoben wurde, dann können wir dir schneller helfen und du kannst schneller wieder hier raus. Ich weiß, dass du das St. Mungo hasst, mich nebenbei auch, also käme dir das sehr gelegen“, sagte der Heiler eindringlich.

Es dauerte einen Moment bis Severus reagierte und wieder etwas schrieb, „ich habe nichts genommen, zumindest nicht willentlich. Hast du dir die Tränke von Fino bringen lassen?“

„Ach, dein Hauself, ja, der war hier aber der war sehr seltsam.“ Auf die hochgezogene Augenbraue von Severus fuhr er fort, „er hat mir die Tränke gebracht und als ich ihn gefragt habe, ob das alles ist, was du genommen hast, sagte er, das darf Fino nicht sagen. Dieselbe Antwort erhielt ich auf jede Nachfrage bezüglich weiterer Tränke oder wer es ihm verboten hat und da stellt sich mir die Frage, warum du ihm so etwas verboten hast.“

„Habe ich nicht. Er hat von mir die explizite Anweisung erhalten dir alles zu sagen.“

„Echt? Wieso? Du hasst mich.“

Severus grinste schwach und schrieb, „das ändert nichts daran, dass du mein behandelnder Heiler bist. Ich weiß um meinen Gesundheitszustand, zumindest dachte ich das bisher. Deswegen hat Fino auch Anweisung dir jede Frage zu beantworten.“

„Das hat er aber nicht gemacht. Hast du ihn frei gesprochen?“

Kopfschütteln.

„Du solltest ihn rufen und dann klären wir diese Dinge. Es muss einen Grund geben warum er mir nicht geantwortet hat.“

„Ich soll nicht reden.“

„Seit wann hältst du dich daran, was ich sage? Für ein paar Sätze sollte es reichen“, sagte Hippocrates.

Severus zögerte noch einen Moment und sagte dann leise, „Fino.“ Das Plopp hörte er gar nicht, zu geschockt war er von der Karikatur seiner Stimme.
 

Der Hauself war sichtlich erfreut seinen Meister wach vorzufinden, „Master Snape ist wach, das ist schön. Wie geht es Master Snape? Wird Master Snape wieder gesund?“

„Lass ihn doch mal zu Wort kommen“, warf Hippocrates ein.

„Natürlich, Entschuldigung, Master Snape. Was kann Fino für Master Snape tun?“

Severus zögerte und schrieb schließlich etwas auf, was er Hippocrates reichte. Dieser nickte und wandte sich an Fino, „dein Meister will wissen wer dir verboten hat über bestimmte Dinge zu reden.“

„Das darf Fino nicht sagen.“

„Aber du gehörst doch Severus, oder?“

„Das darf Fino nicht sagen.“

Jetzt stutzte der Heiler und warf Severus einen fragenden Blick zu, doch hier erwartete ihn auch Ungläubigkeit. Schnell schrieb Severus wieder etwas, was Fino allerdings lesen konnte als er es Hippocrates reichte und noch bevor dieser antworten konnte, sagte er leise, „das darf Fino nicht sagen.“

„Du kannst lesen?“, fragte Hippocrates überrascht.

„Ja, Fino kann lesen.“

„Seit wann darfst du das nicht mehr sagen?“, wandte sich Severus jetzt direkt an den Hauselfen.

Dieser schien zu überlegen und antwortete schließlich, „seit dem Monat als die Schüler das Schloss verlassen haben. Im Sommer.“

„Hast du mir etwas ins Essen oder Trinken getan?“

„Das darf Fino nicht sagen“, sagte der Hauself aber sein Gesichtsausdruck war deutlich.

„Da haben wir den Weg, wie du das Zeug genommen hast. Bleibt die Frage, nach dem Warum? Und von wem?“

„Gute Frage. Kennst du eine Möglichkeit einen Hauselfen so zu beeinflussen?“

„Nein. Du?“

„Nicht wirklich aber ich kenne jemanden, der uns wirklich jede Frage über Hauselfen beantworten kann“, schrieb Severus doch irgendwie wirkte er nicht sehr glücklich damit.

„Dann sollten wir denjenigen so schnell wie möglich hierher holen. Severus, du kannst jede Hilfe brauchen, die du kriegen kannst. Also rück den Namen raus.“

„Ich weiß aber es ist eine ehemalige Schülerin von mir, das ist einfach peinlich.“

„Schülerin?“, fragte Hippocrates bevor es langsam in seinem Hirn arbeitete, „du meinst aber nicht zufällig Hermine Granger. Die Aktivisten für die Rechte der Hauselfen?“

„Doch, genau die meine ich. Wer könnte uns sonst alle Fragen über Hauselfen beantworten? Vor ihrem Eintritt in die Politik wusste niemand etwas über Hauselfen und jetzt weiß jeder Bescheid. Hol sie her.“

„Und wenn sie dir nicht helfen will? Wenn du zu ihr auch so nett wie zu deinen anderen Schülern warst, wird sie sich nicht darum reißen dir zu helfen“, sagte Hippocrates mit einem schlecht verborgenen Grinsen.

Severus ignorierte es und schrieb, „wenn sie erfährt, dass es um einen geknechteten Hauselfen geht, wird sie uns die Tür eintreten.“

„Auch wieder wahr. Ich werde sie sofort kontaktieren. Du legst dich hin und ruhst dich aus.“ Severus schüttelte sofort hektisch den Kopf und wollte etwas schreiben aber Hippocrates kam ihm zuvor, „ich werde dich natürlich wecken bevor ich sie in dein Zimmer lasse. Severus, du magst mich nicht aber du solltest wissen, dass ich die Eigenheiten meiner Patienten durchaus respektiere. Ich weiß, dass du dir keine Schwäche leisten willst, vor allem nicht vor einer ehemaligen Schülerin. Aber es ist fast sechs Uhr am Abend, Mrs. Granger wird kaum noch heute hier auftauchen also werde ich jetzt der Schwester Bescheid sagen, dass sie dir dein Abendessen bringt. Danach komme ich nochmal zu dir und dann wirst du schlafen. Haben wir uns verstanden?“

Diesmal nickte Severus nur, er entließ Fino mit einem Handwink und legte dann das Klemmbrett und den Zauberstab weg. Es war offensichtlich, dass das Gespräch für ihn beendet war. Hippocrates seufzte nur und verließ den Raum, er kannte Severus jetzt seit vielen Jahren und der Kerl würde sich wohl nie ändern.
 

Zu sagen, dass Hermine nervös war, wäre eine bodenlose Untertreibung gewesen. Als sie die Eule am vergangenen Abend erhalten hatte, war sie erst mal nicht weiter überrascht gewesen denn bei ihnen kamen ja öfters Eulen an. Als sie den Brief allerdings dann gelesen hatte, war die Überraschung umso größer geworden. Eine Absage stand von Anfang an nicht zur Debatte, auch wenn Ron davon nicht sehr begeistert war aber allein die Tatsache, wer schlussendlich nach ihr geschickt hatte, hatte sie überzeugt sich den Auftrag zumindest anzuhören. Während sie die scheinbar endlosen Gänge des St. Mungo entlang ging, überlegte sie, was sie von Snape wusste.

Nach dem Krieg hatte er zwei Monate in Askaban verbracht und nur Harrys Aussage vor dem Zaubergamot hatte ihn dort raus geholt. Er hatte den Merlin-Orden erster Klasse für seinen Kampf gegen Voldemort erhalten. Allerdings hatte er ihn nicht persönlich entgegen genommen denn er hatte über acht Monate im St. Mungo verbracht und danach war er übergangslos wieder Schulleiter von Hogwarts geworden. Das war er seitdem. Er hatte sich nichts zu Schulden kommen lassen, die Schule lief hervorragend und bis auf die normalen Beschwerden von unzufriedenen Eltern konnte man an seiner Schulleitung nicht meckern.

Von Rose und Hugo wusste sie, dass man ihn in Hogwarts kaum zu Gesicht bekam. Eigentlich nur zu den Mahlzeiten und dann auch nur kurz. Von seiner Bevorzugung der Slytherin war nichts mehr geblieben und Hugo musste es wissen, denn er war ja in Gryffindor gelandet. Im Endeffekt konnte man sagen, dass Snape ein durchaus normales Leben führte.
 

„Heiler Smethwyck?“, fragte Hermine vorsichtig. Sie hatten von der Schwester vorhin nur eine wage Handbewegung erhalten als sie nach dem Stationsleiter gefragt hatte.

Der Mann, den sie angesprochen hatte, drehte sich um, eine Augenbraue fragend erhoben doch sein Gesichtsausdruck hellte sich sofort auf. „Mrs. Granger, nehme ich an? Sehr erfreut aber sagen Sie doch Hippocrates, wir siezen uns hier nicht“, sagte er während er schon die Hand ausstreckte.

Mit einem Lächeln ergriff Hermine die Hand und sagte, „dann bin ich Hermine. Ich war sehr erstaunt als ich deine Eule bekommen habe. Vor allem wenn man bedenkt um wen es geht.“

„Ja, er kann schwierig sein.“

„Kann?“

Hippocrates grinste und zwinkerte sie an, „Er kann auch ganz umgänglich sein. Könntest du kurz hier warten?“

Hermine nickte nur, sie verstand, dass Snape sie nicht ohne Vorbereitung empfangen wollte.
 

Nur wenige Momente später kam Hippocrates wieder doch er machte keine Anstalten sie in das Zimmer zu lassen.

„Gibt es Probleme?“

„Ja, der Panscher da drin. Hermine, du kennst Severus ja aber du weißt nicht, wie es um seinen Gesundheitszustand steht. Ich werde dir auch nicht viel erzählen nur soviel, dass du unangenehme Situationen vermeiden kannst“, sagte Hippocrates und als Hermine genickt hatte, fuhr er fort, „er kann momentan nicht reden, daher wird er per Zauberstab kommunizieren, also nicht wundern. Vermeide bitte ein Anstarren des Halses, er reagiert darauf sehr allergisch und leider kennt der Kerl viel zu viele wortlose Flüche. So weit alles klar?“

„Ist er wirklich so launisch?“, fragte Hermine, die sich an Snape nur als sehr beherrschten Mann erinnern konnte. Was vielleicht auch daran lag, dass sie ihn seit über zehn Jahren nicht mehr wirklich gesehen hatte und bekanntlich konnten sich Menschen ändern.

„Nun, launisch würde voraussetzen, dass er auch mal gut gelaunt ist und da wir Severus ja alle kennen, trifft das ja nicht zu. Ich würde ihn als Grinch bezeichnen“, grinste Hippocrates.

Etwas überrascht blinzelte Hermine ihn an, grinste aber dann auch und meinte, „ja, das passt.“

„Erwähne es ihm gegenüber aber nicht.“

„Ich hänge an meinem Leben. Gut, wir können.“

Der Heiler nickte nochmal, klopfte an und öffnete dann die Tür um sie einzulassen.
 

Er sieht schlecht aus. Das war Hermines erster Gedanke als sie Snape in dem Krankenbett sah, sorgsam gestützt von einigen Kissen in seinem Rücken und die Finger um den Zauberstab gekrampft. Sie musste ihren Blick mit Gewalt von seinem vernarbten Hals abwenden, von ihren Kindern wusste sie, dass er in Hogwarts immer noch die hochgeschlossenen Roben trug und damit verdeckte er die Narbe sehr gut.

„Professor Snape, es ist schön Sie zu sehen“, sagte sie höflich und fühlte sich wieder wie eine Schülerin.

Der Zauberstab wurde erhoben, er führte ihn wie eine Feder und schrieb etwas vor sich, was sie aber nicht lesen konnte weil es logischerweise von ihrem Standpunkt aus spiegelverkehrt geschrieben war. Allerdings machte Snape noch eine Handbewegung mit dem Stab und drehte das Geschriebene wie ein Schild zu ihr rum.

„Mrs. Granger, nett, dass Sie meiner Einladung gefolgt sind.“

Hermine schluckte, irgendwie spürte sie die Häme und den Sarkasmus selbst durch die Wort hindurch.

„Severus, sei höflich. Hermine ist eine vielbeschäftigte Frau, sei froh, dass sie Zeit für uns hat“, mahnte Hippocrates, „Fino, wir bräuchten dich kurz.“

Während Snape nur eine Augenbraue hochzog, musste Hermine schmunzeln. Nicht viele Leute würden es wagen so mit dem Mann zu reden. Ihre Aufmerksamkeit wurde auf den Hauselfen gelenkt, der gerade erschien und sich vor allen verbeugte. Zu ihrer Überraschung wandte er sich fast direkt an Snape.

„Wie geht es Master Snape heute?“

„Gut“, wurde in die Luft geschrieben.

„Das ist eine riesengroße Lüge aber egal. Fino, das ist Hermine Granger“, sagte Hippocrates doch er wurde sofort von dem Hauselfen unterbrochen.

„Fino weiß, wer die Frau ist.“ Mit zögerlichen Schritten kam er auf Hermine zu, Bewunderung in den Augen und griff noch zögerlicher nach ihrer Hand, die sie ihm auch gab. „Fino möchte der Hexe auch danken, im Namen aller Elfen, die Fino kennt. Wegen ihr sind die Kinder der Elfen frei, Fino ist sehr dankbar dafür.“

Hermine schluckte leicht, nickte aber dann lächelnd, „Ich kämpfe für alle Hauselfen, dass ihr alle irgendwann frei seit.“

„Das würde voraussetzen, dass besagte Hauselfen auch frei sein wollen, oder Fino?“

Während Hippocrates grinste, runzelte Hermine fragend die Stirn und Fino senkte beschämt den Blick. „Was meinen Sie damit, Professor Snape?“

„Ich habe Fino schon vor Jahren angeboten ihn zu befreien aber er wollte nicht also soll er jetzt nicht mit so etwas kommen.“

„Du willst nicht frei sein?“, fragte Hermine überrascht.

„Nein, Fino möchte nicht frei sein. Fino ist gerne bei Master Snape. Fino kennt Master Snape schon seit Master Snape ein Kind war und Fino ist gerne bei ihm“, erklärte der Hauself überzeugt.

Hermine warf ihrem ehemaligen Lehrer einen überraschten Blick zu, der mit einer hochgezogenen Augenbraue kommentiert wurde und wandte sich dann an Hippocrates, „Warum habt ihr mich eigentlich hergeholt? Du hast nur geschrieben, dass ihr ein Problem mit einem Hauselfen habt aber Fino scheint sehr glücklich mit seinem Herren zu sein.“

„Es geht auch weniger um den griesgrämigen, anwesenden Herren als vielmehr um den abwesenden, unbekannten Herren“, sagte Hippocrates, „genau der Herr, der unserem Fino verboten hat über Dinge zu reden, die wir aber wissen müssen damit wir den Panscher wieder gesund bekommen.“

Hermine sah stirnrunzelnd von Einem zum Anderen und sagte dann ernst, „Ihr habt meine volle Aufmerksamkeit. Ich will eine Erklärung.“
 

Es hatte lange gedauert bis sich Severus dazu durchringen konnte mit Hermine über die Problematik zu sprechen doch schließlich sah er ein, dass sie ihre Hilfe brauchten. Da Hermine klar gemacht hatte, dass sie ihnen nur half wenn sie die Hintergründe kannte, hatte er nicht wirklich eine Wahl. Sie hatten zwar dennoch den größten Teil seiner Beschwerden auslassen können aber es war trotzdem peinlich. Severus' Blick ging zu der Sitzecke wo sich alle niedergelassen hatten. Er unterdrückte ein genervtes Schnauben, Hermine redete seit über zwei Stunden mit Fino und stellte ihm unzählige Frage. Immer wieder Andere, immer wieder umformuliert, immer wieder neu, um auch ja die kleinste Lücke zu finden aber wer auch immer seinen Hauselfen unter Kontrolle hatte, er war gründlich gewesen. Gerade gab Fino wieder seine Standartantwort, „Das darf Fino nicht sagen“, und damit platzte Severus der Geduldsfaden.

„Das wissen wir mittlerweile. Mrs. Granger, wären Sie so freundlich meine Geduld nicht weiter zu belasten und würden zum Schluss kommen?“

Riesengroß erschienen die Buchstaben zwischen Hermine und Hippocrates.

„Was sollen wir sonst machen?“, fragte sie zurück, „wir haben keine Anhaltspunkte.“

„Kennen Sie eine Möglichkeit wie jemand Fino so beeinflussen kann?“

„Nein, leider nicht. Ich kann es mir nicht erklären. Er müsste eigentlich Ihnen verpflichtet sein.“

„Was passiert wenn Severus ihn frei spricht?“, fragte Hippocrates gerade.

Er wurde von allen Seiten überrascht angesehen und Hermine sagte schließlich, „ich habe keine Ahnung.“

„Dann versuchen wir es einfach.“

„Aber Fino möchte nicht von Master Snape weg.“

„Du musst auch nicht weg aber du kannst auch nicht bei mir bleiben wenn du mich krank machst. Seit ich hier bin, fühle ich mich besser und ich befürchte, es liegt daran, dass du nicht mehr an meine Nahrung kommst“, schrieb Severus bevor er den Zauberstab schwang und etwas vor ihm erschien. Er winkte den Hauselfen zu sich doch es war sehr offensichtlich, dass Fino am liebsten verschwunden wäre.

„Geh schon hin, du musst nicht von ihm weg. Wenn du von deinem fremden Meister befreit bist, darfst du dich auch hier im St. Mungo um Severus kümmern“, sagte Hippocrates lächelnd.

„Wirklich? Fino darf hier bleiben?“

„Wenn du von deinem fremden Herren befreit bist.“

Jetzt folgte Fino der Aufforderung schon sehr viel schneller doch als er vor Severus stand, wirkte er dennoch unsicher. Dieser schrieb gerade etwas in die Luft, was allerdings nur Fino lesen konnte und seine Reaktion war ein Lächeln. Dann reichte ihm Severus ein Stoffstück, welches Hermine erst auf den zweiten Blick als Schal identifizierte. Mit zitternden Händen nahm Fino ihn entgegen.

„Hätte es nicht was Sinnvolles sein können?“, fragte Hippocrates mit einem missbilligenden Blick auf den grau-grünen Schal.

„Nein aber es ist was Persönliches.“

Jetzt war es Severus, der fragend angesehen wurde doch er erklärte sich nicht sondern sah zu Fino, der den Schal fassungslos anstarrte. Er kannte ihn, hatte ihn in Severus' Jugend unzählige Male gewaschen und wieder in seinen Schrank gelegt denn es war sein eigener Hogwartsschal, den er als Elfjähriger bekommen hatte.

„Fino, ist alles in Ordnung?“, fragte Hermine besorgt weil der Hauself sich nicht bewegte.

Er starrte einfach nur weiter den Schal an.

Als er auch jetzt nicht antwortete, mischte sich Hippocrates ein, „Fino, hey, alles in Ordnung?“

Er reagierte wieder nicht bis Hermine ihn vorsichtig an der Schulter berührte, sie wurde mit großen, feuchten Augen angesehen.

„Ist alles in Ordnung?“, fragte sie erneut.

„Ja. Fino ist in Ordnung und Fino ist frei“, seufzte der Hauself erleichtert.

Vom Bett kam ein erbostes Schnauben und kurz darauf erschien die Schrift, „ich wollte dich schon vor Jahren befreien aber du wolltest nicht also hör auf dich zu beschweren. Ich verfluche dich auch wenn du frei bist.“

Während Hippocrates leise lachte, starrte Hermine Severus einfach nur etwas fassungslos an. Dann wandte sie sich Fino zu, der jetzt lächelte und sagte, „Fino freut sich nicht frei von Master Snape zu sein sondern von fremden Meister. Das Band wirkt nicht bei freien Elfen.“

„Welches Band?“

Fino schlang sich den Schal um den Hals bevor er den Ärmel seiner Kutte hochkrempelte und dort ein eher unscheinbares, geflochtenes Band zum Vorschein kam.

„Was ist das?“, kam die Frage von Severus während Hermines Augen immer größer wurden.

Sie zog langsam den Zauberstab und mit einem Handschwenk löste sich das Band um auf sie zu zu schweben.

„Hermine?“, fragte Hippocrates.

„Das ist ein Sklavenband. Es ist hochgradig illegal und eigentlich ist das Wissen um seine Herstellung auch verloren gegangen. Ich hätte nie gedacht, dass es noch welche gibt“, sagte Hermine fassungslos während sie sich das Band von allen Seiten ansah. Allerdings achtete sie darauf es nicht zu berühren.

„Von wem ist es?“, fragte Hippocrates jetzt.

„Das kann ich erst nach einer Untersuchung klären aber Fino müsste es uns sofort sagen können.“

Alle Blick richteten sich auf den Hauselfen, der sofort zu Severus sah und dann sagte, „Fino weiß, wer das Band gemacht hat aber Fino möchte mit Master Snape alleine reden. Das geht nur Master Snape an.“

„Dann warten wir draußen“, sagte Hippocrates sofort und schob die verdutzte Hermine förmlich aus der Tür.
 

„Ich glaube, ich weiß, wer dir das Band umgelegt hat.“

„Fino tut es leid, dass Fino Master Snape so krank gemacht hat.“

„Ich weiß aber du kannst nichts dafür. Es war Albus, oder?“ Die Frage versetzt Severus einen Stich im Herzen aber er hatte seit gestern sehr viel Zeit zum Nachdenken gehabt. Die Entgiftung, die Hippocrates angesetzt hatte, sorgte zusätzlich dafür, dass sich seine Gedanken langsam klärten. Je klarer sie wurde, desto offensichtlicher wurde ihm, dass er unter dem Einfluss eines Trankes stehen musste. Mit klarem Kopf hätte er sich nie auf den Jungen eingelassen und vor allem lösten sich auch langsam die Watte, die seinen Kopf eingewickelt hatte. Mit der Klarheit kam auch die Erkenntnis, dass er zwar immer noch Gefühle für den Jungen hatte aber die verloren langsam aber sicher an Intensität. Wenn die Entgiftung fertig wäre, würde er wieder genau dasselbe für Albus fühlen wie vorher, nämlich gar nichts. Irgendwo machte ihn der Gedanke traurig denn es war ein schönes Gefühl gewesen.

„Ja, Master Snape“, sagte Fino leise.

„Hat er dir auch den Trank gegeben?“

„Ja, Master Snape. Soll Fino den Trank holen?“

Severus nickte nur, gegen seinen Willen brannten seine Augen aber er würde auch vor seinem Hauselfen nicht das Heulen anfangen. Fino verschwand nach einer Verbeugung und ließ Severus für ein paar Momente alleine.
 

Das Plopp, mit dem Fino wieder auftauchte, ließ Severus kurz zusammen schrecken, er war sehr tief in Gedanken gewesen.

„Fino wollte Master Snape nicht erschrecken. Fino hat alle Flaschen mitgebracht, die er hat“, erklärte der Hauself, „Fino bekommt jeden Monat neue Flaschen und deswegen hat er noch so viele.“ Er stellte fast zwei Dutzend Phiolen auf den Tisch.

Severus griff sich sofort eine und entkorkte sie doch weder Geruch noch Aussehen sagte ihm etwas. „Wo hat er den Trank her? Und das Band?“

„Schüler hat die Sachen selber gemacht. Als er Fino das Band umgebunden hat, musste Fino ihm helfen aber Fino wollte das alles nicht. Fino wollte Master Snape nicht hintergehen aber Fino durfte nichts sagen. Weder zu Master Snape, noch zu Professor McGonagall“, piepste Fino und zum ersten Mal, seit Severus ihn kannte, klang der Elf völlig verzweifelt.

„Du kannst nichts dafür. Aber wie hat er es eigentlich geschafft dir das Band umzulegen? Du hörst doch nur auf mich.“

Jetzt druckste der Elf etwas rum, seufzte aber dann und sagte, „Master Snape darf nicht böse sein.“ Nachdem Severus den Kopf geschüttelt hatte, fuhr er fort, „böser Schüler hat Fino gerufen und gesagt, dass es um Master Snape geht. Deswegen ist Fino hin gegangen. Böser Schüler hatte ein Geschenk in der Hand und hat gesagt, dass er Master Snape eine Freude machen will. Fino wollte, dass Master Snape sich freut also wollte Fino das Geschenk nehmen. Aber böser Schüler hat das Band ganz schnell um Finos Arm gelegt und dann musste Fino ihm gehorchen.“

Severus schwieg eine Weile bis Fino vorsichtig an seinem Ärmel zupfte. „Ist Master Snape böse auf Fino?“

„Nein. Du hast es gut gemeint. Ich verstehe es nur nicht. Was erhofft er sich davon? Und wie wirkt dieser Trank?“

Er rechnete zwar nicht mit einer Antwort doch der Hauself nickte heftig und erklärte, „böser Schüler immer gesagt, dass Master Snape ihm gehört. Dass er und Master Snape zusammen gehören und zusammen leben werden und zusammen alt werden. Böser Schüler hat Trank auch an anderen Schülern ausprobiert, Fino musste ihm helfen.“

„Andere Schüler? Wie viele?“

„Sieben.“

„Kennst du die Namen?“

„Ja, Fino weiß die Namen. Will Master Snape sie wissen?“

„Nicht jetzt. Aber du wirst die Namen noch nennen müssen. Haben die Schüler auch mit solche Auswirkungen zu kämpfen wie ich?“

„Ja und nein.“

„Fino, hör auf in Rätseln zu sprechen. Erklär“, schrieb Severus mit einem genervten Gesichtsausdruck.

Fino grinste leicht und erklärte, „andere Schüler mochten den bösen Schüler dann auch, manche sehr, manche weniger. Fino hat immer eine andere Menge von dem Trank bekommen bis böser Schüler zufrieden war. Aber so krank wie Master Snape ist kein anderer Schüler geworden. Vielleicht liegt das an den Tränken, die Master Snape nehmen muss?“

„Wahrscheinlich. Fino, ich weiß, dass du frei bist aber ich würde dich bitten, dass du erst mal niemanden etwas über Albus erzählst.“

„Aber Master Snape, böser Schüler muss bestraft werden“, protestierte Fino sofort.

„Ich weiß aber wenn es wirklich so ist, wie du gesagt hast, braucht er keine Strafe sondern Hilfe.“

„Hilfe? Wobei? Und Warum?“

„Es ist nicht normal, dass er solche Anstrengungen unternimmt um mich an sich zu binden. Wäre es nur eine Phase, hätte er nicht so eine Kraft aufgebracht. Er muss dafür bestraft werden, dass er dich mit einem illegalen Band gebunden hat und dass er andere Schüler mit einem Trank in Gefahr gebracht hat.“

„Was ist mit Master Snape? Ohne den bösen Schüler würde Master Snape jetzt nicht hier sein.“

Severus nickte nur, antwortete aber nicht.

„Master Snape?“

„Hol Hippocrates und Mrs. Granger rein, es wird Zeit, dass wir ihnen Rede und Antwort stehen. Lass mich bitte reden.“

„Nur wenn Master Snape den Zauberstab benutzt, Master Snape darf noch nicht reden“, beharrte Fino, was Severus ein leichtes Lächeln auf die Lippen zauberte. Egal ob sein Hauself jetzt frei war oder nicht, er würde sich wohl immer um ihn sorgen. Er nickte und erst dann ploppte Fino weg um die zwei Menschen zu holen.

Kapitel 10

Kapitel 10
 

Mehrere Stunden später hatte sich Stille im Krankenzimmer ausgebreitet. Hippocrates hatte den unbekannten Trank gleich zu Beginn ihres Gespräches ins Labor geschickt und er hatte ihr komplettes Gespräch mitgeschrieben. Jetzt versuchte er, zusammen mit Hermine, Severus dazu zu überreden den Jungen anzuzeigen.

„Du bist ein alter, sturer Bock.“

„Ist mir bewusst, dennoch werde ich ihn nicht anzeigen. Sein Vater ist Leiter der Aurorenzentrale, der wird mich ohne jede Verhandlung nach Askaban schicken, one way und ohne Rückfahrtticket.“

„Aber Severus, du musst. Von mir bekommt er definitiv eine Anzeige für das illegale Sklavenband“, sagte Hermine, „völlig egal, wer sein Vater ist und Harry wird dich nicht ohne Verhandlung nach Askaban schicken. Du hast ein Recht auf eine Verhandlung, auf eine Aussage unter Veritaserum und wenn alles stimmt, was du uns erzählt hast, bist du völlig unschuldig.“

Severus verdrehte nur die Augen und schrieb, „die werden mich nicht mal zu Wort kommen lassen, Hermine. Ein ehemaliger Todesser und Doppelspion gegen den Sohn unseres hoch gefeierten Kriegshelden? Och bitte, da kann ich mich gleich selber verfluchen.“

Irgendwann im Laufe des Gespräches hatte Severus ihr das Du angeboten denn bei dem, was sie wusste, kam ihm ein Siezen nur noch lächerlich vor.

„Naja, wenn Hermine den Jungen anzeigt, wird man auch Fino befragen“, sagte Hippocrates.

Alle Augen wandten sich dem Hauselfen zu, der den Kopf schüttelte und sagte, „Fino ist jetzt ein freier Elf und Fino wird nicht gegen Master Snapes Willen etwas sagen. Fino wird von den anderen Schülern erzählen aber nicht von Master Snape.“

„Aber der Punkt mit Severus ist doch der Schwerste. Das ist unerlaubtes Verabreichen eines Trankes, der garantiert illegal ist und eigentlich auch schwere Körperverletzung“, sagte Hermine.

„Nicht nur eigentlich, es ist schwere Körperverletzung und genau deswegen werde ich ihn auch anzeigen. Severus, du wirst vor dem Zaubergamot aussagen aber erst wenn ich das Ok gebe. Veritaserum ist eine große Belastung für den Körper und du bist bei weitem noch nicht stark genug um das durchzustehen“, kam von Hippocrates.

Hermine nickte und sagte, „Ich werde mit Harry reden.“

„Dann kann ich ja gleich meine Sachen für Askaban packen.“

„Du bist ein furchtbarer Pessimist“, murrte Hippocrates, „und außerdem kommt er hier gar nicht an dich ran.“

„Ernsthaft? Er ist Leiter der Aurorenzentrale“, meinte Hermine überrascht.

Sie erntete ein breites, sehr furchterregendes Grinsen von Hippocrates, „solange ich der stellvertretende Leiter des St. Mungo bin und der Stationsleiter dieser Station, kommt hier keiner rein, der nicht hier rein gehört. Leiter der Aurorenzentrale hin oder her. Aber ich glaube ja, dass Mr. Potter ein vernünftiger Mensch ist, mit dem man durchaus auch reden kann.“

„Dann hätte er sich aber um dreihundertsechzig Grad gewandelt.“

„Du hattest schon immer eine schlechte Meinung von Harry“, warf Hermine ein.

„Ich hatte ja auch so viel Grund, das nicht zu haben.“

„Mensch Severus, werd erwachsen. Du wirst um eine Aussage nicht drum herum kommen. Hermine wird den Bengel wegen der Sache mit Fino anzeigen und ich werde eine Anzeige wegen mehrfacher leichter und einer schweren Körperverletzung machen. Dann werden sie automatisch auf dich zu kommen“, sagte Hippocrates.

„Ich könnte vor Freude im Dreieck springen.“

„Sieht man. Aber Hippocrates hat Recht. Ich werde noch heute zu Harry und Ginny gehen“, sagte Hermine und schon erschienen die nächsten Wörter vor Severus.

„Super, dann kann mich Hippocrates gleich wieder zusammen flicken bevor Potter mich nach Askaban bringt.“

Diesmal wurde die Worte aber ignoriert und Hermine fuhr fort, „ich werde mit den Beiden reden und nein, keiner wird hierher kommen. Harry und ich gehen morgen zu Shacklebolt, Harry hat ein gutes Verhältnis zu ihm.“

„Dann dauert die Einweisung wenigstens nicht so lange.“

„Wir werden ihm alles erklären. Severus, Albus muss bestraft werden und entschuldige wenn ich das sage aber ich glaube, dass er geistig nicht ganz gesund ist.“

„Nur weil er Severus mag? Also Hermine“, fuhr Hippocrates sie an doch sowohl Severus wie auch Hermine schüttelten den Kopf.

„Ich denke genauso. Ich glaube, er braucht eher Hilfe als eine Strafe.“

„Warum? Ist es so abwegig, dass dich jemand mag?“

Severus verzog das Gesicht und schrieb, „auch wenn ICH das sehr abwegig finde, wird es wohl irgendwo auf der Welt jemanden geben, der unter genug Geschmacksverirrung leidet um mich in irgendeiner Weise zu mögen. Aber nachdem was Fino mir über ihn erzählt hat, mit seinen extremen Wahnvorstellungen und vor allem dieser extremen Energie, mit der er diesen Wahn verfolgt hat, führt mich zu dem Schluss, dass er dringend Hilfe braucht.“

„Du denkst viel zu schlecht von dir selbst“, kam von Hermine, Hippocrates stimmte ihr nickend zu, genau wie Fino.

„Schön, dass ihr euch einig seit. Hermine, wann willst du dem Ehepaar Potter die fröhliche Nachricht überbringen, dass ihr Sohn ein krimineller Irrer ist?“

„Morgen. Ich muss erst mal über die Sache schlafen und mir die richtigen Worte zurecht legen. Ich denke mal, dass wir morgen oder spätestens übermorgen hier mit dem Minister auftauchen.“

„Wie erbaulich.“

„Hippocrates, sorgst du bitte dafür, dass er dann auch noch hier ist?“, fragte Hermine trocken. „Natürlich, ich werde ihn hier festfluchen wenn es sein muss. Schick mir doch einfach eine Eule damit wir uns darauf vorbereiten können.“

„Mach ich. Ich werde jetzt gehen, ihr habt mir sehr viel Stoff zum Nachdenken gegeben. Severus, gute Besserung. Fino, Hippocrates, euch noch einen schönen Tag.“

„Euch ebenfalls, Mrs. Granger“, sagte Fino höflich.

„Ich bring dich noch zum Kamin, den Miesepeter musste ich jetzt lange genug ertragen“, grinste Hippocrates. Besagter Miesepeter winkte ab während Hippocrates und Hermine den Raum schließlich verließen.
 

Severus sah die geschlossene Tür einen Moment an bevor er den Kopf drehte um zu Fino zu sehen, der ihn aufmerksam ansah.

„Du kannst vorläufig gehen.“

„Warum will Master Snape nichts gegen bösen Schüler unternehmen?“, fragte Fino statt zu gehen.

Er erwartete eigentlich keine Antwort, er kannte ja seinen Meister gut genug doch Severus seufzte leise und schrieb, „Weil ich dann eingestehen muss, dass ich mich von einem sechzehnjährigen Schüler überrumpeln habe lassen. Dass ich nicht dahinter gekommen bin, dass mir da jemand was unterschmuggelt sondern wirklich daran geglaubt habe, dass ich diese Gefühle für ihn habe. Fino, bei meiner Vergangenheit ist das mehr als blamabel.“

„Aber Master Snape kann doch gar nichts dafür. Master Snape wusste nichts von dem Trank und Fino durfte Master Snape nichts sagen oder zeigen. Oder jemand Anderem. Keiner kann Master Snape einen Vorwurf machen“, sagte Fino.

„Nur wenn sie mir glauben. Wenn nicht, werde ich für Unzucht mit Minderjährigen nach Askaban gehen.“

„Master Snape hat doch gar nichts gemacht. Fino weiß das.“

„Nur wird dir kaum jemand glauben und Veritaserum wirkt nicht bei dir. So ungern ich es zugebe aber eine Aussage unter Verita ist die einzige Möglichkeit für mich, dass ich mit heiler Haut da raus komme. Wobei ich nicht glaube, dass ich meinen Job behalten werde.“

Der Hauself schüttelte den Kopf, seine Finger spielten an einem Ende des Schals während er sagte, „das versteht Fino nicht. Master Snape kann nichts dafür, böser Schüler ist Schuld und nicht Master Snape. Warum sollen andere Zauberer Master Snape nicht glauben?“

„Fino, du kennst meine Vergangenheit. Du hast mich mehr als ein Mal zusammen geflickt und du hast mehr als ein Gespräch mitgehört, keiner will mir wirklich glauben. Für den größten Teil der Bevölkerung bin ich ein Todesser, für den weniger großen Teil der Bevölkerung bin ich ein Verräter. Bleiben nicht mehr viele Leute, die mir glauben würden.“

„Fino glaubt Master Snape.“

Jetzt konnte sich Severus ein ehrliches, warmes Lächeln nicht verkneifen, ja, das war sein Hauself. Wobei, jetzt war es nicht mehr seiner. Sein Lächeln erstarrte und er fragte, „ich weiß, dass ich dieses Recht nicht mehr habe aber bleibst du bei mir? Oder möchtest du dir ein anderes Betätigungsfeld suchen?“

„Fino würde Master Snape nie alleine lassen. Fino will auf alle Fälle bei Master Snape bleiben und Fino wird auch für Master Snape vor anderen Zauberern aussagen“, sagte der Hauself mit einem heftigen Nicken.

„Danke.“

Fino nickte nur nochmal und fragte dann, „kann Fino jetzt noch etwas für Master Snape tun?“

„Nein. Lass mich etwas alleine. Es war wohl doch etwas viel und ganz ehrlich? Es tut weh.“

„Das versteht Fino aber Fino ist sich auch sicher, dass es einen Zauberer oder eine Hexe gibt, der Master Snape wirklich mag und Master Snape wird ihn oder sie irgendwann finden“, sagte Fino.

Severus murrte nur leise und winkte ihn weg, mit einem Plopp verschwand der Hauself und ließ Severus mit seinen düsteren Gedanken alleine.
 

Wäre sie nicht selber anwesend und hätte die Reaktion selber mitbekommen, hätte Hermine niemanden geglaubt, der ihr das hier erzählt hätte. Sie musste sich mit Gewalt von der zeternden Ginny los reißen um zu Harry zu sehen, der im Sessel saß und sich an einer Tasse Kaffee festhielt. Die absolute Fassungslosigkeit stand ihm ins Gesicht geschrieben, er glaubte ihr. Ginny nicht. Gerade hob Harry den Blick um sie anzusehen, Schmerz gesellte sich zu der Fassungslosigkeit und als er den Blick zu seiner Frau wandte, kam noch Wut hinzu. Hermine verstand ihn, sie konnte es auch nicht fassen aber es war so, Ginny glaubte ihr kein Wort und suchte jede Schuld bei Severus. Dass der Mann nur knapp dem Tod entkommen war, interessierte sie nicht, glaubte sie nicht mal und das obwohl Hermine die Krankenakte komplett gelesen hatte. Severus hatte wirklich Glück gehabt, noch ein, zwei Wochen und er wäre wirklich gestorben.

Harry seufzte gerade, stellte seine Tasse weg und versuchte Ginnys Tirade zu unterbrechen, „Ginny, Liebes, Hermine war da, sie hat das alles gehört und ich glaube ihr.“

Hermine stellte fest, dass das die falschen Worte waren denn Ginny fuhr zu ihrem Mann rum und begann jetzt ihn anzuschreien. Den genauen Wortlaut verstand Hermine nicht denn sie hatte schon zu Beginn der Schreierei einen Dämpfungszauber auf ihre Ohren gelegt. Schließlich wollte sie sich nicht das Gehör zerstören. Aber was sie noch hörte, war genug. Ginny schob jede Schuld auf Severus, wollte ihn sogar wegen Vergewaltigung ihres Sohnes anzeigen. Hermine war sich nicht sicher ob ihr Severus in diesem Punkt wirklich die Wahrheit gesagt hatte aber sie hatte sich entschlossen, ihm zu glauben. Danach hatte es keinen Sex zwischen ihnen gegeben und damit konnte er gar nicht wegen Vergewaltigung angezeigt oder verurteilt werden. Nur leider interessierte das Ginny nicht, im Gegenteil, sie steigerte sich immer weiter rein.
 

Es eskalierte als Ginny wutentbrannt nach ihrem Zauberstab griff und Richtung Kamin marschierte, sie wollte die Sache selber erledigen. Hermine war schon am Aufspringen als endlich auch Bewegung in Harry kam. Auch wenn er noch nicht wusste, was genau die Wahrheit war und wer nun wirklich an was schuld war aber Selbstjustiz konnte und wollte er nicht dulden. Mit zwei Schritten war er bei seiner Frau und noch bevor sie reagieren konnte, hatte er ihr den Zauberstab abgenommen.

„Harry, was soll das?“, fauchte Ginny ihn an.

„Egal was wirklich passiert ist aber du wirst jetzt nicht ins St. Mungo flohen und Snape verfluchen.“

„Warum nicht? Er hat unser Kind vergewaltigt, ich habe jedes Recht dazu.“

Harry seufzte innerlich und versuchte ruhig zu erklären, „erstens wissen wir gar nicht was wirklich passiert ist. Zweitens, selbst wenn er das getan hat – was ich mir wahrlich nicht vorstellen kann – hast du kein Recht ihn einfach zu verfluchen. Wenn du ihn dabei tötest, wirst du wegen Mordes nach Askaban gehen und das wollen wir alle nicht.“

„Ich habe das Recht mein Kind zu verteidigen“, fuhr Ginny ihn an.

„Nur ist dein Sohn an allem Schuld“, warf Hermine leise ein, sie hatte den Dämpfungszauber wieder von sich genommen. In der Hoffnung, dass jetzt ein normales Gespräch möglich war.

„Wie bitte? Du glaubst diesem Todesser mehr als meinem Sohn? Ich dachte, du bist unsere Freundin?“

„Ich bin eure Freundin und momentan glaube ich den Tatsachen, die ich selber gesehen habe. Ginny, ich habe das illegale Band gesehen, ich habe die Blutergebnisse von Snape gesehen und er wäre ein kompletter Vollidiot wenn er diese Trankkombination freiwillig genommen hätte“, erklärte Hermine.

„Das Band kann Snape auch benutzt haben und wahrscheinlich hat er irgendwelche verbotenen Experimente gemacht und sucht jetzt einen Schuldigen. Albus ist unschuldig“, behauptete Ginny.

„Nun, das werden wir nach der Untersuchung wissen“, kam von Harry.

Ginny fuhr zu ihm rum und fragte, „welche Untersuchung?“

„Ginny, Liebes, ich kenne diesen Smethwyck nicht aber wenn Hermine sagt, dass er Albus wegen Körperverletzung anzeigen wird, dann glaube ich, dass er das auch tun wird. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass Hermine die Sache mit dem Band auch nicht unter den Tisch fallen lässt“, sagte Harry mit einem fragenden Blick auf seine beste Freundin.

„Nein, werde ich nicht. Das Band ist bereits in der Zauberwesenbehörde und wird dort untersucht“, sagte Hermine ernst.

„Wie kannst du uns so hintergehen?“, fragte Ginny fassungslos.

„Das hat mit hintergehen nichts zu tun, Ginny. Das Band ist illegal, diese Art der Versklavung eines Hauselfen ist illegal und rein technisch gesehen ist es auch Diebstahl denn Fino gehörte Snape, was auch mit der Befreiung bewiesen war. Dafür gibt es mich und Hippocrates als Zeugen“, erklärte Hermine, „so leid es mir auch tut aber ich habe nicht fast zwanzig Jahre für die Befreiung der Hauselfen und für die Gleichstellung der magischen Wesen gekämpft um so etwas jetzt unter den Tisch fallen zu lassen.“

„Aber er ist unser Sohn“, protestierte Ginny, „er ist noch ein Kind und Harry hat so viel für die Zaubererwelt getan, da kann man mal ein Auge zudrücken.“

„Selbst wenn, was ist mit dem Rest? Er hat einen, bis dahin unbekannten Trank an Mitschülern ausprobiert und er hätte Snape beinah umgebracht. Ginny, es tut mir leid aber Albus ist kein Kind mehr, er ist sechzehn und damit in wahrscheinlich jedem Land dieser Welt strafmündig. Zudem ich es auch nicht mehr aufhalten könnte, das Band wird gerade untersucht und dabei wird auch die magische Signatur des Herstellers bekannt werden“, erklärte Hermine.

Ginny starrte sie fassungslos an bevor sie den Kopf schüttelte und sagte, „aber niemand weiß wessen Signatur das ist und keiner würde auf die Idee kommen, dass sie zu Albus gehört. Wenn du und dieser Heiler den Mund halten, wird es nie jemand erfahren.“

„Was ist mit Snape?“, fragte Harry tonlos. Er wusste im Moment nicht was ihn mehr aus der Fassung brachte, das Verhalten seines Sohnes oder seiner Frau.

Ginny schnaubte und sagte höhnisch, „wer wird dem schon glauben? Ein ehemaliger Todesser, von dem nie jemand wusste, auf welcher Seite er genau steht. Dem wird keiner glauben.“

„Doch, ich“, sagte Hermine.
 

Der Streit wurde irgendwann abgebrochen indem Ginny einfach das Wohnzimmer verließ, ohne Zauberstab denn den hatte Harry ihr nicht wieder gegeben. Kurz darauf hörte man das laute Knallen der Eingangstür. Mit einem schweren Seufzen ließ sich Harry in seinen Sessel fallen, er hielt den Blick erst gesenkt, sah aber dann seine beste Freundin an. „Glaubst du Snape?“, fragte er leise.

„Am Anfang, nein aber zum Schluss, ja, definitiv“, gestand Hermine. Sie setzte sich Harry gegenüber.

„Warum?“

„Weil alles passt. Harry, du hast ihn nicht gesehen. Dieser stolze, arrogante Mann, den wir als Kinder kennengelernt haben, das war Snape aber nicht der Mann, den ich gestern neu kennenlernen durfte. Ich habe ihn gesehen, mit ihm gesprochen, er hat mich seine Krankenakte lesen lassen und ich habe mit Fino geredet. Es passt einfach alles also ja, ich glaube ihm.“

„Du wirst Albus anklagen, oder?“, fragte Harry weiter. Er klang gefasster als er wirklich war.

„Ja, werde ich.“

„Wann?“

„Ich weiß es noch nicht. Das Amt wird noch zwei, drei Tage brauchen bis sie das Band untersucht haben und spätestens dann wird der Fall auf deinem Tisch landen“, sagte Hermine, sie erntete damit einen fragenden Blick. „Das Band ist illegal und sobald die Signatur bekannt ist, ist es ein Straftatbestand und damit fällt es in die Verantwortung der Auroren.“

Harry nickte wortlos.

„Harry?“

„Ich würde gerne mit Snape reden“, flüsterte Harry leise.

„Ich schreibe Hippocrates, er wird ein Treffen organisieren. Wann?“

„So schnell wie möglich, ich möchte gerne mit ihm reden bevor die Sache auf meinem Schreibtisch liegt“, sagte Harry, „und sag Ron bitte nichts.“

„Wieso nicht?“

„Weil es reicht wenn ich mich mit Ginny rum schlagen muss, da brauch ich nicht noch ihren Bruder.“

„Aber er ist dein bester Freund und mein Ehemann“, warf Hermine ein.

Harry nickte langsam und sagte, „er ist ein unverbesserlicher Sturkopf und das wissen wir Beide. Egal ob Snape die Wahrheit sagt oder nicht, Ron wird ihm nie glauben.“

„Irgendwann werden wir es ihm sagen müssen.“

„Ist mir bewusst aber ich glaube, dass ich in näherer Zukunft erst mal genug mit meiner eigenen Familie zu tun haben werde“, seufzte Harry.

„Du weißt, dass ich immer für dich da bin.“

Jetzt lächelte Harry leicht, das erste Lächeln an diesem Abend und nickte. „Ja, das weiß ich. Hermine, tust du mir einen Gefallen?“

„Kommt drauf an welchen.“

„Bevor du Albus anklagst, lass mich mit Snape und mit Kingsley reden und nein, ich will die Sache nicht unter den Tisch kehren aber wenn es stimmt, was dieser Hauself und Snape gesagt haben, dann braucht Albus Hilfe“, sagte Harry traurig, „so eine Obsession ist nicht normal.“

„Das hat Hippocrates auch gesagt. Harry, ich werde ihm schreiben und melde mich dann bei dir. Es war ein langer Tag und ich glaube, du hast genug zu verarbeiten. Was hältst du davon wenn wir morgen früh zusammen frühstücken?“

Harry blinzelte sie fragend an, nickte aber dann dankbar. Er hatte nicht wirklich Lust sich morgen früh mit der Laune seiner Frau auseinander zu setzen.

„Dann bin ich gegen neun hier?“

„Ja, das passt.“

„Dann gute Nacht.“

„Dir auch.“ Hermine umarmte ihn nochmal und verschwand dann durch den Kamin.

Harry starrte die Flammen einen Moment an bevor er zum Schrank ging und sich eine Flasche Gin nahm. Heute war es ihm egal, heute wollte er sich einfach besinnungslos betrinken. Morgen könnte er sich immer noch seinen Problemen stellen.
 

Etwas überrascht sah Hermine die Eule an, die ihr ungeduldig ihr Bein entgegen streckte und jetzt böse mit dem Schnabel klackerte. „Ist ja gut“, murmelte sie während sie den Brief abnahm und öffnete. Sie konnte sich fast denken wer ihr schrieb und warum aber sie hoffte, dass sie sich irrte. Leider irrte sie sich sehr selten.
 

„Hallo Hermine,
 

ich gehe davon aus, dass du bereits weißt, dass Ron bei mir war. Zusammen mit Molly und Arthur. Ich glaube, ich brauche ein paar neue Gehörgänge aber die grobe Zusammenfassung sieht so aus: Ich bin ein absolut verantwortungsloser Vater, der es duldet, dass sein Sohn von einer Freundin vor Gericht gebracht wird. Ich sollte doch meine Kontakte spielen lassen um die Sache unter den Tisch zu kehren. Und noch ein paar andere Nettigkeiten.
 

Ich weiß nicht ob du vor demselben Inquisitionsgericht standest aber ich hoffe es nicht. Ginny hat mich rausgeworfen und mir den Kontakt zu den Kindern verboten, ich werde vorübergehend in den Grimmauldplatz ziehen. Solltest du eine Behausung suchen, ich habe einige leere Gästezimmer und würde mich freuen wenn ich eine Freundin in der Nähe hätte. Natürlich verstehe ich auch, dass du bei deinen Kindern bleiben willst aber für die wäre auch noch genug Platz.
 

Hast du noch Kontakt zu Bill? Meinst du, er würde mir helfen? Ich weiß, dass er für deine Organisation arbeitet, vielleicht könnten wir uns mal treffen wenn er mich nicht auch anbrüllen will. Ich muss das Frühstück leider absagen, ich muss dieses Haus erst mal bewohnbar machen.
 

Das Gespräch mit Snape möchte ich dennoch und melde dich bitte bei mir wenn es etwas Neues gibt.
 

Liebe Grüße

Harry.“


 

Mit einem Seufzen legte Hermine den Brief weg, sie hatte sich so etwas schon gedacht nachdem Ron gestern noch eine Eileule seiner Eltern bekommen hatte. Das würde auch erklären warum ihr Ehemann noch nicht nach Hause gekommen war, er traute sich nicht. Denn sie würde sich nicht so anschreien lassen wie Harry. Hermine schüttelte den Kopf, sie konnte manchmal nicht glauben wie sich Harry entwickelt hatte aber scheinbar war er dabei sein Rückgrat wieder zu finden. Und dafür brauchte er unbedingt Hilfe. Nun, sie wäre eine denkbar schlechte Freundin wenn er diese Hilfe nicht von ihr bekommen würde. Schnell griff sie nach Pergament und Feder, sie musste einige Briefe schreiben denn alleine würde sie Harry nicht viel helfen können.
 

„Tut mir leid aber er will Sie nicht sehen, Mr. Potter“, seufzte der Mann, „ich kann diesen verdammten Sturkopf nicht umstimmen. Fino redet gerade mit ihm aber ich hege wenig Hoffnung.“ Während Hermine den Kopf schüttelte und irgendetwas murmelte, was Harry nicht genau verstand, war Harry selber nicht wirklich überrascht. Allerdings hatte er nicht vor sich so schnell abwimmeln zu lassen.

„Ich muss mit Snape reden“, beharrte er.

„Er will Sie nicht sehen und er hat einen Zauberstab, mit dem er dieser Forderung sehr viel Nachdruck verleihen kann. Mr. Potter, so sehr ich Sie auch schätze aber ich werde mich nicht mit Severus anlegen, ich bin Heiler, kein Auror“, sagte Hippocrates.

„Aber ich...“, begann Harry.

Er wurde sofort unterbrochen, „ich dulde kein Duell auf meiner Station.“

„Aber...“

„Nein, Mr. Potter, Severus will und wird nicht mit Ihnen reden.“

„Irgendwann muss er mit mir reden. Er will schließlich meinen Sohn verklagen.“

„Momentan wollen nur Hermine und ich Ihren Sohn verklagen, Mr. Potter.“

„Snape nicht?“, fragte Harry.

„Nein, Severus zögert noch.“

„Aber dann muss ich ihn erst recht sprechen. Bitte.“

Hippocrates seufzte leise und meinte, „ich werde ihn nochmal fragen. Wartet hier.“ Damit drehte er sich rum und verschwand wieder im Krankenzimmer.
 

Ein Fluch, der gegen die Tür knallte und einen langen, unschönen Riss hinterließ, war die Antwort. Kurz darauf kam ein etwas angekokelter Heiler aus dem Zimmer gestürzt, fluchend und schimpfend.

„Das war ein sehr nachdrückliches Nein“, kommentierte Hermine das Ganze.

„Ja, war es. Zusammen mit der Warnung, dass er das nächste Mal nicht vorbei schießt“, hustete Hippocrates.

„Warum hat er überhaupt seinen Zauberstab? Wäre es nicht ungefährlicher wenn er den Stab nicht hätte?“, fragte Harry.

„Warum soll ich meinen Patienten die Sicherheit ihres Zauberstabes nehmen? Normalerweise respektiere ich es wenn ein Patient keinen Besuch möchte“, sagte Hippocrates kalt.

Harry hob abwehrend die Hände und meinte, „war nur ne Frage. Was machen wir jetzt?“

„Ich würde vorschlagen wir gehen zu Shacklebolt und erklären ihm alles“, schlug Hermine vor.

„Was bezweckst du damit?“

„Dass Albus ein komplettes Zaubergamot erspart bleibt und Severus auch.“

„Severus?“

Hermine nickte, „er hat mir das Du angeboten und warum sollte ich das nicht annehmen? Also, wollen wir?“ Diesmal nickte Harry nur und Hermine wandte sich an den Heiler, „willst du gleich mitkommen?“

„Nein, ich rede mit dem Sturkopf. Er muss den Jungen anzeigen sonst geht meine Anzeige ins Leere.“

Etwas überrascht und auch wütend sah Harry den Heiler an und knurrte, „Sie können es wohl gar nicht erwarten meinen Sohn in Askaban zu sehen?“

„Sie missverstehen mich, Mr. Potter. Ich will Ihren Sohn garantiert nicht in Askaban sehen. Meiner Einschätzung nach gehört er eher hierher ins St. Mungo aber ich bin kein Geistheiler. Für eine genaue Einschätzung müsste er einem meiner Kollegen vorgeführt werden“, erklärte Hippocrates, „aber ich befürchte, er ist nicht ganz zurechnungsfähig.“

Diesmal widersprach Harry nicht, er glaubte im Geheimen dasselbe auch wenn er es nicht wirklich sehen wollte.

„Harry, komm, wir gehen zu Shacklebolt. Hippocrates, wir sehen uns. Schick mir eine Eule wenn sich etwas ändert.“

„Mach ich, Hermine“, sagte der Heiler, Harry wurde mit einem Nicken verabschiedet.
 

Tee wurde gereicht doch eigentlich hielt sich jeder nur an seiner Tasse fest. Harry starrte in die goldbraune Flüssigkeit während Hermine versuchte den Blick auf den Mann vor sich zu richten. Doch sie konnte dem Blick aus den dunklen Augen nicht wirklich stand halten.

„Das ist viel, was ihr mir da erzählt“, seufzte Kingsley schließlich. Er wirkte gefasst doch die Art und Weise wie er sich mit der Hand über den Kopf fuhr und kurz an dem goldenen Ohrring spielte, zeigte, dass er bei weitem nicht so ruhig war wie er vorgab.

„Das wissen wir“, sagte Hermine leise, Harry sah lediglich von seinem Tee auf.

„Harry, was erwartest du jetzt von mir? Wenn Heiler Smethwyck und Mrs. Granger wirklich Anzeige erstatten, kann ich nicht viel machen. Die Sache würde normal bei dir landen aber da er dein Sohn ist, werden sie dir Befangenheit unterstellen und damit geht die Sache an deinen Stellvertreter. Der wird alle Beteiligten befragen, auch Snape und diesen Hauselfen und Snape wird garantiert auf eine Anhörung unter Veritaserum bestehen. Wenn das alles stimmt, hat das Zaubergamot keine andere Wahl als Askaban“, erklärte Kingsley.

„Aber er ist erst sechzehn“, versuchte es Harry.

Der Minister schüttelte sofort den Kopf und sagte, „das wird berücksichtigt aber die Straftaten sind zu stark. Für das Band kannst du im besten Fall ein Jahr rechnen, die Versklavung nochmal zwei bis vier Jahre und dann die schwere Körperverletzung an Snape, sind fünf bis acht Jahre. Sind mindestens acht Jahre Askaban, wenn das Gamot bei der Mindeststrafe bleibt.“

„Aber er ist sechzehn, er ist noch ein halbes Kind.“

„Was ist mit der Vermutung von Hippocrates, dass er nicht zurechnungsfähig ist?“, fragte Hermine.

Kingsley neigte kurz den Kopf und sagte dann, „das kann ich nicht einschätzen aber wenn er wirklich vom Gamot als unzurechnungsfähig erklärt wird, dann wird er zwar frei gesprochen aber er wird nicht frei sein. Er wird in die geschlossene Abteilung des St. Mungo eingewiesen, von einem Geistheiler beurteilt und wenn dieser Geistheiler zu dem Entschluss kommt, dass er wirklich unzurechnungsfähig ist, dann bleibt er dort. Dann kann er bei weitem länger einsitzen als wenn er nach Askaban gegangen wäre.“

„Aber die Versorgung ist besser. Seine Familie könnte ihn besuchen und ihm könnte geholfen werden. Es ist nicht Askaban“, sagte Harry hoffnungsvoll.

Er wurde zwar zweifelnd angesehen aber Kingsley nickte vorsichtig, „unter bestimmten Bestimmungen ist Besuch möglich aber das wird der Geistheiler dann bestimmen. Es kann natürlich auch sein, dass das Gamot die Strafe aussetzt bis er geistig gesund ist.“

„Wie meinst du das? Entweder er ist unzurechnungsfähig oder nicht“, protestierte Harry doch Kingsley schüttelte erneut den Kopf.

„Nein, es gibt die Möglichkeit, dass sie die Strafe aussetzen bis er geistig gesund ist und er dann nach Askaban geht. Es ist selten aber wenn ein Ankläger darauf besteht, ist es dieses Vorgehen nicht unüblich.“

„Snape“, sagte Hermine leise.

„Genau. Harry, er wird dein Problem werden. Wenn er auf eine Verurteilung besteht, hat das Gamot keine andere Wahl als ihn zu verurteilen“, sagte Kingsley.

„Als ob sich Snape so eine Chance entgehen lassen würde. Er kann mir eine rein würgen, das wird er sich nicht entgehen lassen“, schnaubte Harry.

„Tja, dann wirst du dich an den Gedanken gewöhnen müssen, dass dein Sohn so oder so eingesperrt wird.“

„Was ist mit den anderen Anklagen? Hermine?“

„Nein, Harry, ich werde ihn anklagen. Aber wenn er unzurechnungsfähig erklärt wird, werde ich natürlich nicht auf eine Verurteilung bestehen. Ich denke mal, Hippocrates auch nicht aber bei Severus weiß ich es nicht“, sagte Hermine.

„Hast du versucht mit Snape zu reden?“, fragte Kingsley.

Harry nickte und meinte, „er hat Smethwyck beinah verflucht als er ihn zu einem Gespräch bringen wollte. Ich werde ihn wahrscheinlich erst vor Gericht wieder sehen. Kingsley, eine Frage: Gibt es die Möglichkeit, dass wir das Gamot da raus halten können?“

„Bei den Anklägern und der Klageschrift? Nein, auf keinen Fall.“

„Wie geht es jetzt weiter?“, fragte Hermine schließlich.

„Sind die Ergebnisse der Untersuchung des Bandes schon da?“, fragte Kingsley.

„Nein, das braucht noch ein, zwei Tage. Spätestens aber in drei Tagen.“

„Wie hat sich deine Frau dazu geäußert?“

Harry schnaubte und knurrte, „ich muss noch meine Adresse ändern, ich wohne jetzt im Grimmauldplatz und ich muss noch ins St. Mungo, meine Ohren untersuchen lassen.“

„So schlimm?“, fragte Kingsley mitleidig.

„Schlimmer. Mich würde es nicht wundern wenn Arthur und Molly hier noch auftauchen“, sagte Harry.

„Sollen sie, das ist mir egal. Die Sache wird so oder so vor dem Gamot landen, da kann ich auch nichts mehr machen. Ich kann nur den Vorsitz führen und die Strafe so gering wie möglich halten“, sagte Kingsley, „es tut mir leid, Harry, aber mehr kann ich nicht für dich tun.“

Zu seiner Überraschung nickte Harry nur und meinte, „das war mir schon klar als wir hierher gekommen sind.“

„Warum seit ihr dann überhaupt hergekommen?“, war die überraschte Frage.

„Weil wir Freunde sind und ich wollte, dass du die Sache von mir persönlich erfährst und nicht von meinem Stellvertreter oder irgendeinem Kerl, der denkt, er müsse mir eins auswischen“, sagte Harry.

Diesmal war es an Kingsley zu nicken doch dann wurde er ernst und fragte, „was willst du jetzt mit Albus machen?“

„Nichts. Er bleibt in Hogwarts, allerdings möchte ich dir das hier geben“, sagte Harry, der schon in seiner Tasche herumwühlte und schließlich ein paar Papiere auf den Tisch legte, zusammen mit drei Ausweisen.

Etwas verwirrt blätterte Kingsley die Sachen durch, Erstaunen erschien auf seinem Gesicht, „das sind die Ausweise deiner Kinder.“

„Ist mir bewusst. Ich will nicht, dass Ginny sie außer Landes schafft, vor allem Albus.“

„Du willst ihn wirklich vor Gericht stellen“, stellte Kingsley schließlich fest.

Harry seufzte leise und sagte schließlich, „wenn er wirklich alles so gemacht hat, wie Snape und der Hauself behaupten, dann muss er bestraft werden. Egal wer seine Eltern sind. Egal wer sein Vater ist. Ich liebe meinen Sohn und es tut mir im Herzen und in der Seele weh aber er darf damit nicht ungestraft davon kommen.“

Kapitel 11

Kapitel 11
 

Hippocrates seufzte leise als es an seiner Tür klopfte, er wusste genau wer davor stand und er hatte so gar keine Lust den Mann zu sehen. Dennoch rief er schließlich, „herein.“

Die Tür wurde sofort aufgestoßen, gleich zwei Männer und eine Frau betraten den Raum.

„Minister, Mr. Potter, Mrs. Potter, setzen Sie sich doch bitte. Ich kann mir leider vorstellen worum es geht“, sagte Hippocrates mit einem Handwink auf die Stühle vor seinem Schreibtisch.

„Heiler Smethwyck, Sie wissen warum wir hier sind“, sagte Kingsley während sie sich setzten.

„Ja, Mrs. Granger war so freundlich mir die Anklageschrift zukommen zu lassen. Meine Eigene dürfte auch mittlerweile auf ihrem Tisch gelandet sein, genau wie die Anklage von Professor Snape“, sagte Hippocrates.

„Genau wegen diesem Lügner sind wir hier“, fauchte Ginny.

„Lügner?“

„Ja, natürlich. Ich werde ihn wegen Vergewaltigung meines minderjährigen Sohnes anklagen.“

„Mrs. Potter, Sie können Professor Snape natürlich deswegen anklagen aber ich kann Ihnen versichern, dass die Wahrheit vor dem Gamot raus kommen wird. So weit ich informiert bin, besteht Professor Snape auf die Aussage unter Veritaserum“, sagte Hippocrates, „auch wenn ich ihm dringend davon abgeraten habe.“

„Wieso das?“, fragte Harry bevor seine Frau wieder etwas sagen konnte.

„Weil Veritaserum ein extrem starker Trank ist und den Körper immens belastet. Wenn man die körperliche Verfassung von Professor Snape in Betracht zieht, ist es eine enorme Belastung für ihn“, erklärte Hippocrates. In Gedanken verfluchte er Severus, der auf den Sprachtrank während der Verhandlung bestand. Sie hatten Stunden lang darüber diskutiert aber in diesem Punkt ließ dieser verdammte Sturkopf nicht mit sich reden. Entweder er bekam den Sprachtrank oder er zog seine Anzeige und seine Aussage zurück. Hippocrates hatte schließlich zugestimmt, für die Zeit der Aussage würde er einen Sprachtrank bekommen.

„Ist er überhaupt aussagefähig?“, fragte Kingsley und irgendwie klang er wirklich besorgt.

„Wenn es nach mir geht, nein. Da es aber nach ihm geht, ja.“

„Scheinbar will er unseren Sohn ja sehr schnell vor Gericht bringen“, schnaubte Ginny.

„Professor Snape möchte die Situation so schnell wie möglich hinter sich bringen.“

„Und dann zum Tagesablauf übergehen? Ja? Womöglich wieder als Schulleiter arbeiten? Das kann doch nicht wahr sein, dass so ein Pädophiler weiter als Schulleiter arbeiten darf“, rief Ginny während sie empört aufsprang.

Hippocrates wollte gerade etwas sagen aber der Minister kam ihm zuvor, „Mrs. Potter, ich möchte Sie bitten solche Anschuldigungen zu unterlassen. Auch in unserem Land gilt jeder Angeklagte als unschuldig bis seine Schuld bewiesen ist. Wenn Sie der Meinung sind, dass Professor Snape seine Stellung als Schulleiter nicht mehr ausführen darf, aus welchen Gründen auch immer, so wenden Sie sich bitte an den Schulbeirat oder direkt an das Zaubergamot. Aber ich werde es nicht dulden, dass Sie solche Anschuldigungen hier in den Raum stellen.“
 

Seit der Zurechtweisung vom Minister verhielt sich Ginny erstaunlich ruhig. Harry warf ihr immer wieder verstohlene Seitenblicke zu, er konnte irgendwie nicht glauben, dass sie so schnell Ruhe gab und er befürchtete, dass er den Sturm noch abkriegen würde. Er hoffte, dass sie wenigstens von der Anklage wegen Vergewaltigung absehen würde. Momentan diskutierten sie wann Snape so weit war um vor dem Gamot auszusagen. Wenn es nach dem Heiler ging, dann würde er ihn am Liebsten noch für drei Wochen hier behalten aber so lange wollte Kingsley nicht warten.
 

„Zwei Wochen, mein letztes Angebot“, knurrte Hippocrates, „so lange dauert seine Entgiftung und bevor die nicht abgeschlossen ist, lasse ich nicht zu, dass er sich wieder Tränke rein schüttet.“

„Wieso Tränke? Es reicht doch das Veritaserum für die Verhandlung“, sagte Harry und auch Kingsley runzelte die Stirn.

Man sah dem Heiler an, dass er mit sich kämpfte aber schließlich sagte er, „Professor Snapes Stimme ist durch den Angriff der Schlange damals stark geschädigt. Er benötigt einen speziellen Sprachtrank um mit normaler Stimme und ohne Schmerzen sprechen zu können. Zudem braucht er bestimmte Aufbautränke und Nerventränke, das Gift hatte damals leider viel zu viel Zeit um zu wirken.“

„Woher soll man dann wissen, dass das Veritaserum richtig wirkt?“, knurrte Ginny.

„Ich habe den Ministeriumsheilern bereits eine Liste der Tränke zukommen lassen. Mit den genauen Inhaltsstoffen, der Dosierung und den Wechselwirkungen. Zudem wird vor der Verhandlung eine Blutprobe von Professor Snape genommen und von den Heilern untersucht. Nur wenn die Heiler ihr Einverständnis geben, wird Professor Snape an der Verhandlung teilnehmen“, erklärte Hippocrates.

„Da kann man auch betrügen“, behauptete Ginny sofort.

Wieder kam Kingsley dem Heiler zuvor, „Mrs. Potter, ich hoffe, ich muss Sie nicht daran erinnern, dass die Ministeriumsheiler absolutes Vertrauen vor dem Gamot genießen. Diese Männer und Frauen werden in unregelmäßigen Abständen und völlig unvorbereitet überprüft um Verwirrungen mit Vielsafttrank oder Verschleierungszaubern zu verhindern. Die Aussagen dieser Personen werden vor dem Gamot anerkannt und wenn sie aussagen, dass die Tränke von Professor Snape das Veritaserum nicht beeinflussen, dann wird die Aussage von Professor Snape vor dem Gamot auch ohne Beanstandung anerkannt. Ich muss Ihnen eindringlich ans Herz legen solche Äußerungen in Zukunft genaustens zu überdenken. Sonst haben Sie schneller eine Klage wegen Verleumdung am Hals als Sie Quidditch sagen können.“

Ginny schnaubte wütend, sprang auf und verließ den Raum, allerdings nicht ohne allen drei Männern noch erboste Blicke zuzuwerfen. Alle drei Männer waren sich sicher, dass sich Ginny nicht so schnell geschlagen geben würde.
 

Wie wahr diese Vermutung war, erfuhr Harry als eine Woche später ein großer Bericht im Tagespropheten stand. Fassungslos starrte er auf die Überschrift.

„Pädophiler Schulleiter vergreift sich an Schüler.“

Darunter war ein sehr reißerischer Bericht über Snape, der sich an Albus vergriffen haben soll und jetzt die Lüge mit dem Hauselfen auftischte. Einfach sämtliche Fakten waren ins Gegenteil verkehrt worden. Mit einem Fluchen schnappte er sich den Propheten und stürmte ins Wohnzimmer, schnell eine Prise Flohpulver ins Feuer. „Kingsley Shacklebolt, Büro“, rief er und schon war er in den grünen Flammen verschwunden. Er musste mit Kingsley sprechen, sie mussten etwas unternehmen.
 

„Ich habe Sie bereits erwartet.“

So wurden Kingsley, Harry und die zwei Auroren begrüßt als sie die Station für Verletzungen durch Tierwesen betraten.

„Also haben Sie den Tagespropheten gelesen“, sagte Kingsley während sie sich kurz die Hände schüttelten.

„Ja, und Severus auch.“

„Wie hat er reagiert?“, fragte Harry. Er war als Leiter der Aurorenzentrale hier, zusammen mit zwei seiner Männer. Sie hatten den Auftrag Snape zu den Vorwürfen zu befragen aber irgendwie glaubte er nicht, dass Snape so gerne mit ihnen reden wollte. Die nächsten Worte von Smethwyck bestätigten seinen Verdacht.

„Severus hat mir auf seine unwiederbringliche Art und Weise klar gemacht, dass er jeden sofort verfluchen wird, der sein Zimmer heute betritt.“

„Aber haben Sie nicht gesagt, dass er momentan nicht sprechen kann“, sagte Kingsley verwirrt, „so starke, wortlose Flüche dürfte auch er nicht kennen.“

„Sein Hauself hat ihm einen Sprachtrank gebracht, er ist frei und ich selber habe ihm erlaubt, sich hier im St. Mungo um Severus zu kümmern.“

„Wir brauchen eine Aussage“, warf einer der Auroren ein.

„Die wird er ihnen heute noch schriftlich zukommen lassen. Minister, je öfters er gezwungen ist diesen Trank heute oder in den nächsten Tagen zu nehmen, umso mehr wird seine Entgiftung dadurch verlangsamt. Die Verhandlung ist in einer Woche angesetzt und so lange wird Severus diese Station nicht verlassen“, sagte Hippocrates.

Der Auror, der schon den Einwurf mit der Aussage gemacht hatte, wollte wieder etwas sagen doch Kingsley hielt ihn davon ab, „können Sie garantieren, dass Professor Snape auf der Station bleibt?“

„Er selbst hat es gesagt, er wird hier bleiben.“

„Darauf würde ich mich nicht verlassen“, murmelte Harry, „Snape ist zu gut, wenn der untertauchen will, tut er das auch.“

„Sie können ja zwei Wachen am Eingang der Station lassen.“

„Vor seinem Zimmer“, sagte Kingsley.

„Nein. Keine Auroren in meiner Station und ja, ich habe die Unterstützung der Klinikleitung. Das hier ist ein Krankenhaus und kein Gefängnis und wir werden auch keines daraus machen. Severus hat mir versichert, dass er hier bleiben wird und nach seiner Entgiftung vor dem Zaubergamot aussagen wird“, erklärte Hippocrates.

„Gibt es noch einen anderen Weg auf die Station?“

„Nur, wenn man ein Hauself ist. Die Station ist mit einem Apparierschutz umgeben und Kamine gibt es nicht. Der einzige Weg führt über diese Tür und da dürfen Sie gerne Wachen positionieren aber ich warne Sie, sobald hier jemand anfängt jeden meiner Leute und jeden Besucher zu kontrollieren, schmeiße ich sie persönlich wieder raus“, sagte Hippocrates todernst.

Kingsley sah ihn einen Moment abschätzend an und fragte dann, „übernehmen Sie die Verantwortung, dass er wirklich hier bleibt und in einer Woche vor dem Gamot erscheint?“

„Ja, übernehme ich.“

Harry fragte sich sofort wie dieser Mann so viel Vertrauen in Snape haben konnte aber Kingsley glaubte ihm anscheinend denn er nickte und sagte, „gut, dann bleibt er in Ihrer Obhut. Sie sind dafür verantwortlich wenn er nicht zu seinem Termin erscheint.“

„Damit kann ich leben. Die Auroren?“

„Nehme ich wieder mit und ich werde eine Mitteilung an den Tagespropheten schreiben. Die Leute werden sonst keine Ruhe geben“, sagte Kingsley mehr zu sich selbst als zu jemand Anderen.

Harry war es, der dennoch antwortete, „was willst du ihnen sagen? Sie werden auf eine sofortige Untersuchung bestehen.“

„Wir werden sagen, dass die Untersuchung läuft und so lange sie läuft, wird niemand ein Wort darüber verlieren. Es gilt die Unschuldsvermutung, unschuldig bis die Schuld bewiesen ist. Heiler Smethwyck, ich überlasse Professor Snape Ihrer Obhut und wünsche unverzüglich darüber informiert zu werden wenn sich bei ihm etwas ändert und wann er bereit zur Aussage ist. Natürlich nur wenn es sein Gesundheitszustand zulässt“, sagte Kingsley ernst.

Der Heiler nickte nur, woraufhin sich Kingsley umwandte und ging. Harry und die Auroren fanden gerade noch Zeit dem Heiler zu zu nicken bevor sie ihrem Vorgesetzten folgten.
 

Hippocrates seufzte leise und ging dann zurück zu Severus' Zimmer. Allerdings öffnete er sie nicht denn er nahm die Warnung von Severus sehr ernst, er würde erst fluchen und dann Fragen stellen. Also klopfte er an und rief, „Severus, ich bin es und ich bin alleine. Kann ich rein kommen?“

„Nein.“

„Jetzt hör auf dich wie ein Kleinkind zu benehmen und steck den Zauberstab weg. Ich komm jetzt rein“, rief Hippocrates. Er wartete noch einen Moment, in dem keine Antwort kam und öffnete dann die Tür. Es kam kein Fluch geflogen aber ihn traf ein Blick, der normal Schüler zittern ließ. Auch er fühlte sich unter diesem Blick nicht wohl.

„Was willst du? Hatte ich nicht klar gemacht, dass ich keinen Besuch wünsche“, knurrte Severus.

Hippocrates seufzte erneut, zog sich einen Stuhl ran und setzte sich neben sein Bett. „Shacklebolt war hier, genau wie Mr. Potter und zwei Auroren. Sie wollten dir ein paar Fragen über die Vorwürfe im Tagespropheten stellen“, sagte er schließlich.

„Sie sollen nur kommen“, knurrte Severus, seine Finger spielten verdächtig mit dem Zauberstab.

„Och, dass du jeden verfluchen würdest, der dir nicht passt, ist mir klar. Gut, dass es auch noch Menschen mit Verstand gibt. Sie werden nicht herkommen aber unter einer Bedingung.“ Da Severus ihn nur fragend ansah, fuhr Hippocrates einfach fort, „Shacklebolt hat dich in meine Obhut gegeben. Ich bin dafür verantwortlich, dass du die nächste Woche hier bleibst und deine Entgiftung machst und dass du pünktlich zur Verhandlung vor dem Zaubergamot erscheinst.“

„Auf wessen Veranlassung hin?“

„Meine. Ich vertraue dir, Severus. Du bist ein elender Sturkopf, ein Pessimist aber du bist garantiert kein Kinderschänder. Ich glaube dir und Fino und ich vertraue auch darauf, dass die Wahrheit vor dem Gamot raus kommt aber damit du diese Verhandlung auch überstehst, musst du gesund sein. Das heißt, dass wir deine Entgiftung fortführen und du vor allem keine Tränke mehr nimmst. Der Sprachtrank heute war eine Ausnahme“, mahnte Hippocrates.

„Deine?“, war alles, was Severus fragte doch dann nickte er und sagte, „ich werde hierbleiben und mich auch pünktlich zur Verhandlung im Ministerium einfinden, keine Angst.“

„Ich habe keine Angst, ich vertraue dir. Aber versprich mir bitte, dass du keinen weiteren Sprachtrank nimmst. Er schadet dir. Du solltest wirklich darüber nachdenken den anderen Trank zu nehmen.“

„Nein.“

Nur ein Wort und doch hörte Hippocrates so viele Emotionen heraus. Severus würde niemals den anderen Trank nehmen, er hing zu stark an der Vorstellung, dass er seine alte Stimme brauchte um Respekt zu erlangen. Und solange er diese Vorstellung nicht ablegte, konnte ihm Hippocrates auch nicht helfen.

„Gut. Themawechsel, du wirst heute mit der Physiotherapie anfangen. Der Trank von dem Jungen hat die Nerventränke blockiert und die Verstärkung der Tränke war auch nicht wirklich hilfreich. Daher werden wir ein Bewegungstherapie beginnen, in der Hoffnung, dass sich deine Muskeln und Nerven wieder daran erinnern, was ihre Aufgabe ist. Nein, darüber lasse ich nicht mit mir reden, du hast allerdings die Wahl zwischen einem Heiler und einer Heilerin“, sagte Hippocrates.

„Muss das sein?“

„Ja, muss. Du solltest dich wirklich an den Gedanken gewöhnen, dass du weniger Tränke nimmst und mehr mit Zauber und Gehstock arbeiten.“

Severus sah ihn kalt an und schnarrte, „vergiss es. Die Tränke wirken, hätte sich der Bengel mit seinem Trank nicht eingemischt, würde ich nicht hier liegen sondern hätte meine Ruhe. Ich mache deine sinnlose Therapie nicht mit, fertig. Ich mache die Entgiftung, gehe dann zu meiner Aussage und dann werde ich meine normalen Tränke wieder nehmen. Ich brauche weder den Zauber noch einen Gehstock, noch irgendeine sinnlose Therapie. Hippocrates, tu uns Beiden einen Gefallen und nerv mich nicht.“

Lange sah der Heiler ihn einfach nur an, Severus war der felsenfesten Überzeugung, dass gleich eine ellenlange Moralpredigt folgen würde doch Hippocrates seufzte irgendwann nur leise und erhob sich. „Das ist deine Entscheidung“, sagte er, „die Physiotherapie würde dir wirklich gut tun aber ich werde dich nicht dazu zwingen. Solltest du dich umentscheiden, lass es mich wissen. Du wirst aber hier bleiben und zur Verhandlung erscheinen?“

„Ja, werde ich, mein Wort darauf.“

„Gut, dann sehen wir uns heute Abend.“

Severus nickte nur, was Hippocrates noch einen Seufzer entrang bevor er ging. Er kannte Severus mittlerweile gut genug um zu wissen, dass er Severus nicht zwingen konnte. Er würde ihm die Unterlagen über die Bewegungstherapie zukommen lassen und vielleicht überlegte er es sich dann noch anders. Auch wenn er das nicht glaubte.
 

Er warf einen letzten Blick in den Spiegel, strich sich nochmal die Robe glatt und entfernte den letzten Fussel vom Stoff. Sein Blick ging kurz zu seinen Haaren doch da war jede Hoffnung umsonst, sie waren schon immer mehr ein Vogelnest als eine normale Frisur und da ihn jeder so kannte, sah er keinen Grund etwas zu ändern. Er fuhr sich müde übers Gesicht und freute sich kurz, dass er keine Brille mehr benötigte. Es war damals eine gute Entscheidung gewesen sich die Augen magisch richten zu lassen. Ein Rauschen ließ ihn aufsehen, Hermine war scheinbar gerade im Wohnzimmer angekommen. Sie hatten sich entschlossen gemeinsam zur Verhandlung zu gehen und Harry war froh um seine beste Freundin. Er streckte seinem Spiegelbild nochmal die Zunge raus und machte sich dann auf den Weg nach unten. Unterwegs dachte er über die vergangene Woche nach.
 

Sie war sehr turbulent gewesen, er war mehr im Ministerium gewesen als Zuhause. Es hatte viele Gespräche mit Kingsley gegeben, genauso mit Hippocrates, der ihm mittlerweile das Du angeboten hatte und ihm auch sehr sympathisch war. Mit Snape hätte er auch gerne vor der Verhandlung noch ein Wort gewechselt aber Hippocrates hatte ihm dringend davon abgeraten denn Snape hatte wohl sehr deutlich gemacht, dass er niemanden sehen wollte. Nun, da war er nicht der Einzige denn auch seine Kinder wollten Harry nicht mehr sehen.

Albus wusste natürlich von den Vorwürfen, die gegen ihn erhoben wurden, schließlich mussten ihm als Angeklagten die Klageschriften vorgelegt werden. Er war empört gewesen aber mehr wusste Harry auch nicht, er hatte nur einen sehr kurzen Brief von Lily bekommen, indem sie ihm das mitgeteilt hatte. Mehr hatte nicht in dem Brief gestanden, keine persönlichen Worte, kein Wort zu den Vorwürfen, nichts. Harry war sich nicht sicher was genau er davon halten sollte aber er hatte Lily nicht weiter bedrängt. Seine Gedanken schweiften kurz zu seiner Frau und deren Familie und schon verdüsterte sich sein Gesichtsausdruck.

Es war gut gewesen Kingsley die Pässe der Kinder zu geben denn Ginny hatte wirklich versucht mit den Kindern außer Landes zu reisen. Was natürlich verhindert wurde aber kein gutes Bild auf Albus warf. Mit Harry hatte Ginny nur über Kingsley kommuniziert, sie weigerte sich mit ihm persönlich zu reden doch ihre Familie hatte solche Hemmungen nicht. Sowohl Arthur wie auch Molly und auch Ron hatten ihn aufgesucht und sie hatten alle mehr oder weniger dasselbe gesagt.

Sie waren enttäuscht von ihm, dass er seine Kontakte nicht spielen ließ um seinem Sohn zu helfen. Sie verstanden nicht, wie er Snape mehr Glauben schenken konnte wie seinem eigenen Sohn. Von Charlie und Percy hatte er je einen Brief erhalten, dass sie ihn verstanden aber erst mal die Verhandlung abwarten wollten bevor sie Stellung bezogen. Gut, das war nicht weiter verwunderlich denn Charlie war nach dem Krieg wieder nach Rumänien zurückgekehrt und Percy hatte eine Hexe aus Deutschland geheiratet und lebte mit ihr und ihrem Sohn in München. Sie waren Beide weit weg, die Geschehnisse gingen sie nicht wirklich etwas an.

Bill, der als Anwalt arbeitete und sich sehr in Hermines Bund für Elfenrechte engagierte, hatte ihm eine Eule geschickt. Es tat ihm leid, dass er gegen ihn arbeiten würde aber er vertrat die Anklage wegen der Versklavung von Fino und der Herstellung und Benutzung des illegalen Bandes. Harry hatte ihm nur geantwortet, dass er es verstand und nicht böse auf ihn war. Wirklich überrascht hatte ihn allerdings George denn der war einfach im Grimmauldplatz aufgetaucht, mit mehreren Flaschen Alkohol und Muggelfastfood. Sie hatten den Abend damit verbracht über die Gott, Merlin und die Welt zu reden, begleitet von Fastfood und Alkohol.

Harry musste bei dem Gedanken an den darauffolgenden Tag grinsen, sie waren zusammen auf der Couch eingeschlafen und George hatte ihm am Morgen im Halbschlaf mit seinem Freund verwechselt. Da Harry bis zu diesem Zeitpunkt nicht mal wusste, dass George mit einem Mann zusammen lebte, war er gelinde gesagt etwas überrascht gewesen als er mit Guten-Morgen-Kuss geweckt wurde. George war es unendlich peinlich gewesen aber er hatte ihn auch angefleht, seinen Eltern nichts zu sagen, sie wussten von nichts und dachte, dass er in einer WG lebte.

Auch wenn sich Harry etwas über seinen Freund wunderte, wer hätte gedacht, dass gerade dieser Slytherin mit George zusammen kommen würde aber er freute sich für ihn. Nach Freds Tod war George in ein tiefes Loch gefallen und scheinbar hatte es gerade dieser Mann geschafft ihn wieder da raus zu holen. Harry schüttelte nochmal den Kopf, gerade Zabini, er konnte es immer noch nicht glauben aber natürlich hatte er George versprochen, dass er den Mund hielt.
 

„Da bist du ja. Bist du fertig?“

Etwas überrascht, dass er schon unten war, blinzelte Harry seine beste Freundin kurz an bevor er die Frage realisierte und schließlich nickte, „Ja, bin fertig.“

„Bist du auch bereit?“, fragte Hermine besorgt. Sie fand, dass Harry schlecht aussah aber in dieser Situation war das auch nicht weiter verwunderlich.

„Ich muss ja, sie werden die Verhandlung nicht verschieben weil ich Schiss habe“, lachte Harry rau auf, „schon komisch, oder? Ich bin offenen Auges in den Tod gegangen aber habe Angst vor einer Verhandlung. Eigentlich müsste ich schon da sein und meinem Sohn den Rücken stärken.“

„Das würde voraussetzen, dass er unschuldig ist und noch mit dir redet“, warf Hermine vorsichtig ein.

„Eigentlich sollte ich als Vater davon ausgehen, dass mein Sohn unschuldig ist.“

„Aber das tust du nicht.“

Harry schüttelte den Kopf, er hatte auch lange mit Fino geredet und ja, er glaubte dem Hauselfen und damit war sein Sohn alles, aber nicht unschuldig.

„Wir sollten los“, sagte Hermine.

„Weißt du, wovor ich die meiste Angst habe?“, fragte Harry während sie sich dem Kamin näherten.

„Vor einer Verurteilung?“, vermutete Hermine doch zu ihrer Überraschung schüttelte Harry den Kopf.

„Erstaunlicherweise nicht, nein. Ich habe die meiste Angst davor Snape zu sehen.“

„Wieso das?“

„Ich weiß es nicht aber ich fühle mich wie mein elfjähriges Ich vor der ersten Zaubertrankstunde“, sagte Harry.

„Du bist erwachsen, er kann dir keine Hauspunkte mehr abziehen oder dir Strafarbeiten aufgeben.“

„Nein, aber er kann mich mit diesem Blick ansehen“, sagte Harry todernst.

Sie sahen sich einen Moment an bevor sie gleichzeitig in Gelächter ausbrachen und schließlich zum Kamin traten.

„So, jetzt gibt es kein Zurück“, sagte Hermine, die gerade nach dem Flohpulver griff. Harry nickte nur, in seinem Hals bildete sich langsam aber sicher ein dicker Kloß aber er konnte sich davor nicht drücken. Aber eins war ihm absolut klar, egal wie diese Verhandlung ausgehen würde, seine Familie würde er so wie früher nicht mehr wieder bekommen.
 

Hippocrates war sich nicht sicher ob er beleidigt sein sollte. Sein Blick ging kurz zu den zwei Auroren, die ihn und Severus noch im St. Mungo abgeholt hatten. Sie hatten zwar nichts gesagt und sie auch nicht bedrängt aber der Grund ihrer Anwesenheit war klar. Zunächst hatte er angenommen, dass Severus bei ihrem Anblick ausflippen würde aber er hatte nur eine Augenbraue hochgezogen und war ohne ein Wort des Grußes an ihnen vorbei marschiert. Hippocrates sah zur Seite und unterdrückte ein Schnauben angesichts des strammen Schrittes, ja, der Mistkerl hatte sich wirklich durchgesetzt und neben dem Sprachtrank auch noch einen Nerventrank genommen.

„Kann ich etwas für dich tun?“, schnarrte Severus in diesem Moment.

„Ja, nicht so viel reden.“

„Wir sind auf dem Weg zu einer mündlichen Verhandlung, wie soll ich da nicht reden?“, fragte Severus.

„Du hättest einen anderen Trank nehmen können“, sagte Hippocrates, „es gibt zwei weitere Tränke, die dir die Schmerzen nehmen.“

„Aber meine Stimme nicht wieder herstellen. Hippocrates, diese Diskussion hatten wir vor sechzehn Jahren schon mal, über mehrere Wochen und meine Einstellung hat sich nicht geändert. Entweder ich nehme diesen Trank oder ich sage gar nichts“, knurrte Severus.

„Was deine Schüler garantiert freuen würde“, grinste Hippocrates.

„Garantiert aber das steht nicht zur Debatte, ich brauche meine Stimme und fertig.“

„Sturkopf.“

„Zur Kenntnis genommen.“

Hippocrates schüttelte den Kopf, manchmal war mit Severus kein vernünftiges Gespräch möglich. Sein Blick ging nach vorne, vor ihnen erhob sich die schwere Flügeltür, die mit dem Zeichen des Zaubergamot gezeichnet war. Sie waren da. „Bereit?“, fragte Hippocrates.

„Natürlich“, war die klare Antwort.

Niemand hielt sie auf als sie den Raum betraten.
 

Nachdem Kingsley das erste Geschrei in den Griff bekommen hatte, wandte er sich an die Ministeriumsheiler. Sie reichten ihm ihre beglaubigten Aussagen, dass das Veritaserum nicht durch Snapes Tränke beeinflusst würde und natürlich eine Phiole mit dem starken Wahrheitsserum.

„Professor Snape, wenn Sie bitte vortreten würden“, sagte er während er die Papiere ungelesen in die Akten räumte. Er musste sie nicht lesen denn die Heiler hatten ihn gestern aufgesucht und ihm ihre Aussagen nochmal bestätigt. Snape trat vor ihn, genauso stolz und unnahbar, wie er ihn schon immer kannte. Er reichte ihm ein Pergament, die Einverständniserklärung für das Veritaserum und zum Ausgleich übergab Kingsley ihm die Phiole. Ohne zu zögern trank Snape die Phiole aus, reichte sie ihm dann zurück und begab sich auf seinen Platz. Es war gespenstig still im Raum, keiner wollte dieses Verhör verpassen.
 

Nach ein paar Minuten veränderte sich seine Haltung, der Kopf sackte leicht nach vorne und seine Augen wurden von einem leichten Schleier überzogen. Kingsley wartete noch zwei weitere Minuten ab bevor er mit den ersten Fragen begann.

„Wie heißen Sie?“

„Severus Snape.“

„Wann und wo wurden Sie geboren?“

„ Am 9. Januar 1960 in Spinner's End, Cokeworth, England.“

„Wie hießen Ihre Eltern? Welchen Blutstatus hatten sie?“

„Tobias Snape, Muggel. Eileen Prince, Hexe.“

„Welchen Beruf haben Sie gelernt? Welchen Beruf führen Sie momentan aus?“

„Meister der Zaubertränke mit einem Grad eins Abschluss in Salem und Paris. Schulleiter von Hogwarts, Schule für Hexerei und Zauberei.“

Kingsley atmete tief durch, das waren die normalen Fragen, die er vor jeder Verhandlung stellen musste. Aber jetzt kamen die Fragen, die alle Anwesenden wirklich interessierten. Er hatte eine Liste mit Fragen vor sich liegen und danach könnten die Mitglieder des Gamot selber noch Fragen stellen aber er war sich sicher, dass seine Fragen alle benötigten Antworten erbringen würden. Er war froh über den permanenten Silenciozauber, der jetzt über dem Publikum und dem Gamot lag. Der Zauber sollte Zwischenrufe verhindern und seine Befragung damit immer wieder unterbrechen. Er sah nochmal schnell neben sich, die magische Feder wartete nur darauf, dass er anfing und sie die Antworten aufschreiben konnte. Also atmete er nochmal tief durch und begann dann:
 

„Kennen Sie Albus Severus Potter? Wenn ja, woher?“

„Ja, ich kenne ihn. Er ist Schüler in Hogwarts.“
 

„Sie wissen, wie alt Mr. Potter ist?“

„Ja. Sechzehn Jahre.“
 

„Kennen Sie Mr. Potter näher als es normal zwischen Schulleiter und Schüler ist?“

„Ja.“
 

„Wie genau gestaltet sich dieses Näher?“

„Wir haben uns umarmt, wir haben uns geküsst, er schläft in meinem Wohnzimmer auf dem Sofa.“
 

„Auf dem Sofa?“

„Ja.“
 

„Warum haben Sie diese Beziehung?“

„Wir hatten diese Beziehung weil ein Trank mir Gefühle für ihn vorgegaukelt hat.“
 

„Welcher Trank?“

„Der Name ist bis jetzt noch unbekannt.“
 

„Die Wirkungsweise?“

„Kommt auf die Dosierung an. Bei einer hohen Dosierung wird ein starkes, sexuelles Interesse vorgegaukelt. Bei einer niedrigen Dosierung werden freundschaftliche Gefühle vorgegaukelt. Bei einer längerfristigen Dosierung werden Gefühle, der Liebe ähnlich, vorgegaukelt.“
 

„Sie haben den Trank längerfristig genommen?“

„Der Trank wurde mir seit dem 3. September vergangenen Jahres verabreicht.“
 

„Wer hat Ihnen den Trank verabreicht?“

„Mein Hauself Fino. Jeden Morgen in meinem Kaffee.“
 

„Haben Sie ihn dazu angehalten?“

„Nein.“
 

„Wer dann?“

„Albus Severus Potter.“
 

„Woher wissen Sie das?“

„Fino hat es mir gesagt, nachdem ich ihn frei gesprochen habe.“
 

„Wieso hat er Ihnen das nicht vorher gesagt?“

„Weil er unter dem Einfluss eines magischen Versklavungsbandes stand und sein erzwungener Meister es ihm verboten hat.“
 

„Mr. Potter hat dieses Band angefertigt und ihm umgelegt?“

„Ja.“
 

„Haben Sie Beweise dafür?“

„Die magische Signatur von Albus Potter wurde in dem Band gefunden und Fino hat ihn als Hersteller identifiziert.“
 

„Wann haben Sie diese Gefühle festgestellt?“

„Kurz vor Weihnachten vergangenen Jahres, den genauen Zeitpunkt kann ich nicht mehr festlegen.“
 

„Wie waren diese Gefühle?“

„Starke Zuneigung und später Liebe.“
 

„Wie sind diese Gefühle jetzt?“

„Keine Liebe mehr.“
 

„Professor Snape, wie sind Ihre Gefühle jetzt?“

„Enttäuschung, Ablehnung, Wut und Verständnislosigkeit.“
 

„Sie empfinden keine Liebe mehr?“

„Nein.“
 

„Wann haben Sie sich das erste Mal mit Mr. Potter privat getroffen?“

„Kurz nach Weihnachten.“
 

„Wo?“

„Im Tränkelabor.“
 

„Wieso und wie?“

„Ich habe Tränke gebraut und er kam zu mir.“
 

„Warum?“

„Er wollte sich für sein Weihnachtsgeschenk bedanken.“
 

„Welches Weihnachtsgeschenk?“

„Ich habe ihm ein Tränkebuch geschenkt.“
 

„Warum?“

„Weil es mir damals richtig erschien.“
 

„Wie hat er sich bedankt?“

„Mit Worten.“
 

„Wann haben sie sich das nächste Mal getroffen?“

„Während der Weihnachtsferien fast jeden Abend.“
 

„Was haben sie an diesen Abenden gemacht?“

„Wir haben Tränke gebraut. Und uns unterhalten.“
 

„Wann sind sie sich näher gekommen? Und wie?“

„Am Freitag nach Beginn der Schule im neuen Jahr. Ich habe ihn mit in meine Privaträume genommen.“
 

„Warum?“

„Weil ich mit ihm alleine sein wollte.“
 

„Ist er freiwillig mit Ihnen mitgegangen?“

„Ja, ich habe keine Abwehrreaktionen bemerkt.“
 

„Was haben sie an diesem Abend gemacht?“

„Wir haben uns unterhalten.“
 

„Worüber?“

„Über die Möglichkeit einer Beziehung zwischen uns und die Gefahren.“
 

„Welche Gefahren meinen Sie?“

„Diese Beziehung war illegal und ich habe ihn über die Gefahr aufgeklärt, dass ich dafür nach Askaban kommen würde.“
 

„Sie waren sich also bewusst, dass Sie das Gesetz für den sexuellen Umgang mit Minderjährigen brechen?“

„Ich habe das Gesetz nicht gebrochen.“
 

„Wie meinen Sie das?“

„Das Gesetz für den sexuellen Umgang mit Minderjährigen besagt, dass Sex vor dem siebzehnten Geburtstag nur mit der Genehmigung der Eltern geduldet wird. Da wir keinen Sex hatten, habe ich kein Gesetz gebrochen. Über Küsse und Umarmungen steht nichts im Gesetz.“
 

„Sie hatten keinen Sex? Während der gesamten Zeit?“

„Nein.“
 

„Warum nicht?“

„Weil ich nicht nach Askaban will.“
 

„Wenn Mr. Potter schon volljährig gewesen wäre, hätten sie dann Sex gehabt?“

„Nein.“
 

„Wieso nicht?“

„Weil er dann immer noch mein Schüler wäre.“
 

„Da er erst im sechsten Schuljahr ist, wollten sie dann wirklich ein komplettes Jahr warten?“

„Nein, das wäre nicht nötig gewesen. Er wollte nach dem sechsten Schuljahr die Schule wechseln, dann wäre alles legal gewesen.“
 

„Bleibt der enorme Altersunterschied. Hat der sie nicht gestört?“

„Am Anfang, ja.“
 

„Und später?“

„Nein.“
 

„Wie sind Sie darauf gekommen, dass Ihnen ein unbekannter Trank untergeschoben wurde?“

„Ich hatte einen Zusammenbruch auf einer Lehrerversammlung. Professor Minerva McGonagall und Professor Neville Longbottom haben mich ins St. Mungo gebracht. Dort wurde eine Blutprobe entnommen und der unbekannte Trank festgestellt.“
 

„Wie war diese Blutprobe?“

„Extrem schlecht.“
 

„Nach Aussagen der Heiler wären Sie in spätestens vier Wochen höchstwahrscheinlich gestorben. Stimmt das?“

„Wenn es die Heiler sagen, dann wohl ja.“
 

„Wie sind Sie darauf gekommen, dass Ihr Hauself etwas damit zu tun hat?“

„Heiler Hippocrates Smethwyck hat nachgeforscht, woher dieser Trank kommt und dabei ist er auch auf meinen Hauselfen Fino gekommen. Fino hat aber fast jede Frage mit „Das darf Fino nicht sagen“, beantwortet.“
 

„Wie haben Sie dieses Verbot umgangen?“

„Indem ich ihn frei gesprochen habe. Das Band wirkt nicht bei freien Elfen.“
 

„Was hat Fino Ihnen dann erzählt?“

„Er hat uns...“
 

„Wer ist uns?“

„Ich, Heiler Hippocrates Smethwyck und Hermine Granger.“
 

„Verstehe. Was hat Fino ihnen erzählt?“

„Er hat uns erzählt, dass Mr. Albus Severus Potter ihm das Band umgebunden hat. Dann hat er ihm befohlen den Trank an verschiedenen Schülern auszuprobieren. Als Mr. Potter mit den Ergebnissen zufrieden war, hat er Fino befohlen mir diesen Trank jeden Morgen in den Kaffee zu schütten. Zusätzlich hat er ihm verboten über irgendetwas davon zu reden.“
 

„Nennen Sie die Namen der Schüler.“

„Das kann ich nicht, ich kenne sie nicht.“
 

„Haben Sie Fino nicht danach befragt?“

„Nein.“
 

„Warum nicht?“

„Weil es mich nicht interessiert. Es war klar, dass wenn es zu einer Verhandlung kommt, wird auch Fino befragt werden. Dann kann er ihnen die Namen nennen.“
 

„Es hat Sie nicht interessiert? Warum nicht?“

„Weil es mir egal ist.“
 

„Es sind Ihre Schüler. Sie haben eine Fürsorgepflicht.“

„Keiner der Schüler hat irgendwelche negative Folgen davon getragen. Anderenfalls hätte mich Madame Poppy Pomfrey darüber informiert.“
 

„Wissen Sie, warum nur Sie diese extremen Auswirkungen hatten?“

„Darüber streiten sich die Heiler noch. Da der Trank unbekannt ist, sind auch keine Langzeitwirkungen bekannt. Zudem hat Mr. Potter nicht gewusst, dass ich noch andere Tränke nehme. Die Wechselwirkungen sind ebenfalls nicht bekannt. Zudem ich die Tränke immer stärker gebraut habe, das wird auch eine Ursache sein.“
 

„Wieso haben Sie die Tränke verstärkt?“

„Weil die normalen Tränke nicht mehr gewirkt haben. Vermutlich vertragen sie sich nicht mit dem unbekannten Trank.“
 

„Hätten Sie die Tränke noch stärker brauen können?“

„Nein. Wenn ich sie noch stärker gemacht hätte, wären sie toxisch geworden.“
 

„Hätten Sie das gemacht?“

„Vermutlich ja.“
 

„Warum? Sie müssen doch gewusst haben, dass das gefährlich ist.“

„Weil ich den Schein vor Mr. Potter wahren wollte. Ja, ich wusste, dass es gefährlich war aber meine Gedanken waren vernebelt, ich hätte alles getan um Mr. Potter bei mir zu halten.“
 

„Das hat sich geändert?“

„Ja.“
 

„Professor Snape, nochmal die Frage, hatten Sie Sex mit Mr. Albus Severus Potter?“

„Nein.“
 

„Haben Sie ihn zu irgendetwas gezwungen?“

„Nein.“
 

„Haben Sie irgendwelche sexuellen Handlungen an ihm vollzogen?“

„Nein.“
 

„Was haben Sie mit ihm gemacht?“

„Ihn umarmt und ihn geküsst.“
 

„Sie wussten, dass es illegal ist. Wieso sind Sie diese Beziehung eingegangen?“

„Weil die Gefühle zu stark waren.“
 

„Dennoch haben Sie keine sexuellen Handlungen mit ihm vollzogen. Warum?“

„Weil ich noch ein Gehirn habe und das auch benutzen kann. Zudem war er minderjährig. Das ist illegal.“
 

„Wie denken Sie jetzt über Mr. Potter?“

„Ich denke, dass er irgendeine Art der Besessenheit für mich hegt und psychologische Hilfe benötigt.“
 

„Also sind Sie gegen eine Verurteilung?“

„Nein.“
 

„Erklären Sie das.“

„Wenn das Zaubergamot der Meinung ist, dass er für seine Vergehen nach Askaban gehen muss, dann ist es so. Meiner Meinung nach ist das allerdings nicht der richtige Weg.“
 

„Was wäre, Ihrer Meinung nach, der richtige Weg?“

„Eine Beurteilung durch einen Geistheiler und je nach Ergebnis eine entsprechende Behandlung. Er ist jung, er hat eine zweite Chance verdient.“
 

„Er hätte Sie beinah umgebracht und dennoch sind sie für eine zweite Chance. Haben Sie doch noch Gefühle für ihn?“

„Nein, habe ich nicht. Aber er ist jung, eine Strafe in Askaban verbaut ihm seine komplette Zukunft, das hat kein Zauberer in diesem Alter verdient. Sein Hauptverbrechen richtet sich gegen mich und ich bin bereit diese Klage abzumildern.“
 

„In wieweit? Er ist wegen versuchten Mordes angeklagt.“

„Er wollte mich nicht ermorden, er wollte eine Beziehung, also genau das Gegenteil. Er konnte nicht wissen, dass sein Trank mich so extrem gefährdet. Ich wäre bereit bei der Klage auf Körperverletzung runter zu gehen.“
 

„Bleiben die Anklagen der Anderen.“

„Die kann ich nicht beeinflussen.“
 

„Wieso denken Sie, dass er psychologische Hilfe benötigt?“

„Weil diese Art der Zuneigung und seine Art der Umsetzung nicht normal ist.“
 

„Sie glauben nicht an ein ehrliches Interesse von Mr. Potters Seite?“

„Nein.“
 

„Wieso nicht?“

„Ist diese Frage ernst gemeint?
 

Kingsley blinzelte kurz, eine Gegenfrage sollte unter Veritaserum nicht möglich sein. Snape saß immer noch genauso da wie vorher doch irgendetwas erschien ihm anders. Sein Blick ging zu den Heilern, der Vorderste schüttelte den Kopf und damit war die Befragung vorbei. Er hätte sich zwar gewünscht, dass er ihm noch mehr Fragen stellen konnte aber das war nun mal die Gefahr bei Veritaserum. Je nach geistiger Stärke des Betroffenen hielt es unterschiedlich lange und Snape hatte einen sehr starken Geist. Er sah wieder zu Snape, der sah ihn mit klaren Augen an und wartete scheinbar darauf, dass er entlassen wurde.

Eine weitere Aussage unter Veritaserum war erst in zwei Wochen wieder möglich, früher hatten sich alle Heiler dagegen ausgesprochen. Snapes Gesundheitszustand würde das nicht mitmachen. Kingsley griff nach seinem Zauberstab und befreite das Zaubergamot von dem Schweigezauber, die Zuschauer ließ er vorsorglich aus. Denn so, wie einige Zuschauer gerade aussahen, würde er die Verhandlung abbrechen müssen wenn er den Schweigezauber auch von ihnen nahm.

Kapitel 12

Kapitel 12
 

„Professor Snape, Sie stehen nicht mehr unter dem Einfluss von Veritaserum, dennoch müssen Sie die Wahrheit sagen. Haben Sie das verstanden?“, fragte Kingsley.

„Ja.“

„Haben die Mitglieder des Zaubergamot noch Fragen an Professor Snape?“, wandte sich Kingsley jetzt an die Männer und Frauen des Gamots. Überall wurde leises Gemurmel laut, Papiere wurden hin und her geschoben. Jeder hatte sich Notizen gemacht, die er jetzt durchging um zu sehen ob noch Fragen offen blieben.

Schließlich erhob sich eine Hexe und fragte, „Sie haben gesagt, dass Sie gegen eine Verurteilung nach Askaban sind. Wenn das Zaubergamot den jungen Mr. Potter als unzurechnungsfähig erklärt, würden Sie dann auf der Strafe danach beharren?“

„Nein“, war die knappe Antwort.

Die Hexe setzte sich wieder, dafür erhob sich ein Zauberer, „die letzte Frage haben Sie nicht beantwortet. Wieso glauben Sie nicht an ein ehrliches Interesse?“

Snape wandte ihm nur den Kopf zu, er war die ganze Zeit sitzen geblieben und Kingsley vermutete, dass ihn sein Bein nicht wirklich trug. Snapes Stimme war kalt als er antwortete, „ich bin mir meines Alters, meines Charakters, meiner Vergangenheit und meines Aussehens durchaus bewusst. Da ist nichts dabei was einen sechzehnjährigen Zauberer ernsthaft interessieren könnte.“

Der Zauberer zuckte fast unmerklich zusammen, nickte und setzte sich wieder. Kingsley ließ den Blick über die Mitglieder des Gamots schweifen, die Meisten schüttelten die Köpfen, nur zwei Zauberer erhoben sich jetzt noch. Mit einem Nicken übergab er dem Ersten das Wort.

„Mr. Snape...“

„Professor“, knurrte Snape sofort.

Der Zauberer stockte kurz, fing sich aber dann und sagte, „Professor Snape, fühlen Sie sich in der Lage nach den Vorkommnissen noch Ihren Beruf als Schulleiter auszuführen? Sie sind da schließlich umgeben von jungen Männern und Frauen.“

„Wie darf ich Ihre Frage verstehen?“, knurrte Snape.

„Nun, Sie sind bereits ein Mal eine Beziehung zu einem Minderjährigen eingegangen. Kann man sicher sein, dass Sie das nicht noch mal machen?“, fragte der Zauberer.

Snape legte den Kopf schief, der Mann kam ihm bekannt vor und schließlich konnte er ihn einem jungen Ravenclaw zuordnen, er war sein Vater. Er schluckte den bissigen Kommentar runter, irgendwo konnte er die Sorge des Mannes verstehen also sagte er, „wie Sie bereits gehört haben, wurden diese Gefühle durch einen Trank hervorgerufen. Da mein Hauself jetzt frei ist und nicht neu versklavt werden kann, wird er mir keine weiteren Tränke unterschieben. Zudem überprüfe ich jedes Getränk und jedes Essen mittlerweile auf seine Bestandteile. Ich kann Ihnen versichern, dass ich keinerlei Interesse an irgendwelchen minderjährigen Hexen oder Zauberern habe.“

Der Mann zögerte, es war ihm anzusehen, dass er nicht wirklich zufrieden war.

Snape erhob erneut die Stimme, „zudem sollten Sie bedenken, dass ich trotz des Trankes keine sexuelle Beziehung zu Mr. Albus Potter hatte. Also mein Gehirn funktioniert noch sehr gut.“

„Können Sie garantieren, dass Sie keine Beziehung zu einem Minderjährigen anstreben?“, fragte der Zauberer.

Diesmal kam die Antwort sofort, „Ja.“

Der Zauberer setzte sich wieder und Snape wandte sich dem letzten Zauberer zu, der noch stand.

„Sie haben nicht gesagt ob Sie den Posten als Schulleiter weiter erfüllen können.“

„Kann ich. Ich wüsste nichts, was dagegen spricht“, sagte Snape.

„Wie würden Sie sich Mr. Albus Potter gegenüber verhalten?“

„Ich gehe nicht davon aus, dass Mr. Potter zurück nach Hogwarts kommt.“

„Wie meinen Sie das?“, fragte der Zauberer.

Snape zuckte mit den Schultern und sagte, „entweder er wird verurteilt, als unzurechnungsfähig erklärt oder seine Eltern schicken ihn ans andere Ende der Welt. Er wird auf keinen Fall wieder nach Hogwarts kommen.“

„Was machen Sie wenn dieser Fall eintritt? Würden Sie ihren Posten niederlegen?“, fragte der Zauberer.

„Nein. Aber ich würde alle Angelegenheiten, die Mr. Potter betreffen an meine Stellvertreterin übertragen. Mr. Potter wir auf keinen Fall wieder Kontakt zu mir haben, egal in welcher Art und Weise“, sagte Snape todernst.

Scheinbar stellte die Antwort den Zauberer zufrieden denn er nickte und setzte sich. Snape sah nochmal in die Runde doch keiner erhob sich und so sah er schließlich zu Kingsley.

Dieser sah jetzt zur Besuchertribüne, dort regte sich Mrs. Potter immer noch still auf doch er wollte den Zauber nicht von ihnen nehmen. Aber er hatte keine andere Wahl also zog er den Zauberstab und hob den Silencio auf.

Fast sofort erscholl die hysterische Stimme, „wie kann man nur solche Lügen glauben? Das ist doch alles gelogen. Wer weiß, was wirklich in der Phiole war. Das kann auch nur Wasser gewesen sein. Das ist alles gelogen, mein Sohn hat nichts getan. Er wurde von diesem Pädophilen angefasst und jetzt soll er an allem Schuld sein? Das kann doch nicht wahr sein. Dieser Kerl gehört nach Askaban, für immer, weit weg von unschuldigen Kindern. Es ….“

„Silencio“, sagte Kingsley und schon kehrte wieder Ruhe ein.

„Mr. Potter, haben Sie noch Fragen an Professor Snape?“, fragte Kingsley.

Harry vermied den Blick zu Snape und schüttelte den Kopf, er hatte genug gehört und fürchtete sich vor der Befragung seines Sohnes.

„Hat noch jemand Fragen?“ Niemand reagierte und so wandte sich Kingsley an Snape, „Ihre Befragung ist beendet. Sie können den Raum verlassen oder bei den Zuschauern Platz nehmen. Sollten Sie bleiben wollen, werden Sie mit einem Schweigezauber belegt und dieser wird nur bei Fragen an Sie, von ihnen genommen. Was möchten Sie tun?“

„Ich bleibe“, sagte Snape während er sich erhob und zu dem Bereich ging, der für die Zeugen vorgesehen war, die schon ausgesagt hatten.

Zwei Ministeriumsangestellte kamen auf ihn zu und einer streckte die Hand aus, „Ihren Zauberstab, bitte.“

„Nein.“

„Dann müssen Sie den Raum verlassen.“

„Nach den Regeln des Zaubergamot ist es den Zeugen erlaubt ihren Zauberstab zu behalten, auch wenn sie weiter an der Verhandlung teilnehmen“, schnarrte Snape, „warum also soll ich meinen Zauberstab abgeben?“

Die zwei Männer wirkten unsicher doch einer sagte, „es ist allgemein bekannt, dass sie auch wortlose Zauber beherrschen also ist ein Schweigezauber kein Hindernis für sie.“

„Um was zu tun?“, fragte Snape.

„Sie könnten einen der Zeugen beeinflussen oder verfluchen.“

„Das verhindern die Schutzzauber, die auf diesem Raum liegen. Es kann nur von der Position des Vorsitzenden gezaubert werden“, sagte Snape, „es besteht absolut gar keine Veranlassung mir den Zauberstab abzunehmen, außer der Annahme, dass ich ein böser Todesser bin und deswegen am Besten gar keinen Zauberstab haben sollte.“ Seine Stimme war schneidend geworden, alle jüngeren Anwesenden, die ihn als Lehrer erlebt hatten, fühlte sich sofort in ihre Kindheit versetzt.

Bevor einer der Angestellten erneut etwas sagen konnte, mischte sich Kingsley ein, „nun, das will hier niemand andeuten und Professor Snape hat Recht, es besteht keine Veranlassung, dass er seinen Zauberstab abgibt. Setzen Sie sich bitte alle, ich möchte fortfahren.“

Die zwei Männer entfernten sich schnell wieder von Snape, der sich setzte und ohne Widerstand den Schweigezauber über sich legen ließ.

„Gut, dann fahren wir fort, Heiler Hippocrates Smethwyck bitte in den Zeugenstand.“
 

Severus schaltete innerlich ab, er wusste, was Hippocrates sagen wollte und da war seine Aufmerksamkeit nicht nötig. Er dachte über seine Vernehmung nach und war froh, dass Shacklebolt nicht näher auf die Tränke eingegangen war. Es war ihm einfach unendlich peinlich solche Sachen vor den Anwesenden offen zu legen. Er heilfroh, dass er die Wirkung des Veritaserums so schnell abschütteln konnte, die letzte Frage hätte er definitiv anders beantwortet. Ja, verdammt nochmal, er hatte an ein ehrliches Interesse geglaubt, hatte wirklich die irrsinnige Hoffnung gehabt, dass ihn jemand so sehr mochte, dass er eine Beziehung mit ihm wollte. Wie hatte er nur so dämlich sein können? Wie hatte er nur denken können, dass er dem Jungen genug bieten könnte um ihn bei sich zu behalten?

Er schüttelte innerlich den Kopf über seine eigene Naivität und lenkte seine Gedanken in andere Bahnen. Er war mittlerweile felsenfest davon überzeugt, dass etwas mit dem Jungen nicht stimmte denn kein Sechzehnjähriger würde sich ernsthaft in ihn verlieben. Nach seiner Meinung sollte der Junge schnellstens einem Geistheiler vorgestellt werden und er hoffte, dass das Gamot das genauso sehen würde. Denn auch wenn er bitterlich enttäuscht war, war er wirklich der Meinung, dass Askaban nicht der richtige Weg war. Eine Behandlung durch einen Geistheiler, eine Heilung von diesem Wahn und dann könnte er in ein paar Jahren ein normales Leben führen.

Sein Blick ging zu den Potters, Beide lauschten der Vernehmung von Hippocrates doch ihre Gesichtsausdrücke waren komplett unterschiedlich. Während Mrs. Potter scheinbar immer wütender wurde, wurde Potter immer blasser und ernster. Sollte der Kerl wirklich so vernünftig geworden sein um seinen eigenen Sohn in die geschlossene Abteilung des St. Mungo einzuweisen? Hatten sie überhaupt der Aussage unter Veritaserum zugestimmt? Das Gamot konnte es natürlich auch anordnen aber es würde Severus wirklich interessieren ob die Potters der Aussage zugestimmt hatten. Sein Blick ging nach vorne, Hippocrates war schon fertig. Klar, er hatte nicht viel zu sagen denn die Details von Severus' Tränken und Krankheiten durften nicht erfragt werden.

Shacklebolt hatte eine Liste mit Fragen geschickt und zusammen mit Hippocrates hatte er die Fragen streichen lassen, die zu privat waren und die, seiner Meinung nach, auch nichts mit dem Fall zu tun hatten. Die Mitglieder des Gamot hatten schließlich die überarbeitete Liste bekommen aber sie durften, nach Absprache mit Shacklebolt, noch eigene Fragen stellen. Allerdings glaubte Severus nicht daran, dass noch viele Fragen kommen würden denn alle warteten eigentlich auf ein anderes Verhör, das von Albus Potter.
 

„Eine Pause“, forderte Harry fassungslos.

Er bekam viele mitleidige Blicke zugeworfen doch Kingsley nickte und sagte, „gut, eine Pause. Dreißig Minuten. Kein Kontakt zum Angeklagten, egal von welcher Seite. Gerichtsdiener, abführen.“

Zwei Männer traten vor und wollten den jungen Zauberer hinausführen doch er wehrte sich mit allen Kräften. Ein Schweigezauber lag auf ihm doch der konnte den wahnsinnigen Blick nicht beeinflussen. Albus' Vernehmung war gerade vorbei doch das Gamot war nicht zu weiteren Fragen gekommen denn kaum hatte das Veritaserum, zu dem man ihn zwingen musste, aufgehört zu wirken, hatte er angefangen auf Severus einzureden. Ohne Unterlass hatte er ihm seine Liebe versichert, dass sie zueinander gehörten, dass sie zusammen alt werden würden. Er solle nicht zulassen, dass man sie trennte, er würde ihn doch lieben und er solle nicht zulassen, dass sich jemand zwischen sie drängte.

Doch es war nur der letzte Tropfen, das volle Fass war die Vernehmung unter Veritaserum gewesen. Niemanden hatte die Vernehmung unberührt gelassen, Ginny hatte man aus dem Saal entfernen müssen weil sie versucht hatte ihren Platz zu verlassen. Sie würde auch zur weiteren Verhandlung nicht zugelassen werden. Severus verstand es denn dass, was sie gehört hatten, erschütterte sogar ihn zutiefst. Er hatte sich schon sehr viel vorgestellt aber dieser Wahn übertraf sogar seine Vorstellungen.
 

„Wahnsinn“, war alles, was Hippocrates sagte als er Severus vor dem Saal antraf.

„Eindeutig.“ Severus lehnte sich an eine Wand, für die Meisten sah es sehr lässig aus doch Hippocrates erkannte die Anzeichen der Überforderung, er brauchte eine Stütze.

„Das Urteil steht schon fest. Sie müssen es nur noch verkünden. Hast du ihre Blicke gesehen?“, fragte Hippocrates.

„Ja. Was denkst du? Ist es heilbar?“, fragte Severus leise. Um sie herum stand niemand, man hielt Abstand zu ihm denn hier funktionierte sein Zauberstab und egal, was Shacklebolt sagte, die Meisten hielten ihn immer noch für einen Todesser.

„Ich bin kein Geistheiler aber für mich klingt es sehr ernst. Ich bin mir nicht sicher ob er überhaupt heilbar ist. Der erste Schritt wird der Schwerste sein“, erklärte Hippocrates genauso leise. Er wollte keine Aufmerksamkeit erregen.

„Was ist der erste Schritt?“, fragte eine Stimme.

Beide Männer wandten sich um, Hermine stand mit einem gequälten Lächeln vor ihnen und trat jetzt näher.

„Der erste Schritt ist das Eingeständnis. Er muss sich eingestehen, dass er krank ist und ich glaube nicht, dass er das so schnell schafft“, erklärte Hippocrates, „du siehst sehr erschöpft aus.“

„Bin ich auch.“

Während Hippocrates mitfühlend nickte, hob Severus nur fragend eine Augenbraue.

„Die Familie meines Mannes ist nicht wirklich davon begeistert, dass ich die Anzeige gegen Albus durchgesetzt habe“, erklärte Hermine, „aber nach dem Verhör ist das sowieso egal.“

Diesmal nickten beide Männer, nach diesem Verhör war klar, welches Urteil kommen würde.
 

Die Pause war um, normal würde die Verhandlung jetzt mit der Vernehmung der Eltern des Angeklagten weitergehen doch Shacklebolt machte keine Anzeichen diese herein zu rufen. Severus' Blick ging zu deren Platz und er musste mit Erstaunen feststellen, dass Beide im Zuschauerraum saßen. Mrs. Potter weinte hinter vorgehaltenen Händen und Potter versuchte scheinbar seine Frau zu trösten, sie kannten das Urteil also schon oder konnten es sich zumindest denken. Leises Gemurmel war zu hören doch es wurde immer weniger bis es schließlich ganz versiegte und sich alle Blicke zum Vorsitzenden wandten. Dieser sah nicht sehr glücklich aus aber dann straffte sich seine Gestalt und er erhob die Stimme.

„Verehrte Anwesenden. Unter normalen Umständen würde ich die Verhandlung jetzt mit der Vernehmung weiterer Zeugen fortführen aber in der aktuellen Verhandlung liegt der Fall anders. Ich habe mit mit den Sprechern des Zaubergamot und den Ministeriumsheilern beraten und wir sind zu folgendem Ergebnis gekommen. Mr. Albus Severus Potter ist nicht zurechnungsfähig und kann damit nicht für seine Taten belangt werden. Er wird in die geschlossene Abteilung der Janus Thickey-Station eingewiesen. Dort wird er dem führenden Geistheiler Oliver Yoxall vorgestellt. Je nach Schwere der geistigen Beeinträchtigung wird dann eine Behandlung erfolgen. Die Verfolgung der Straftaten, die er begangen hat, wird so lange ausgesetzt bis sein Geisteszustand geheilt ist. Außer natürlich, die Ankläger ziehen ihre Anklagen zurück und belassen es damit bei der Unterbringung im St. Mungo.“

Hier unterbrach der Minister kurz und sah zum Anklägerbank.

„Heiler Smethwyck, Sie haben Anklage wegen mehrfacher, leichter Körperverletzung und einer schweren Körperverletzung erhoben. Wollen Sie diese Anklagen aufrecht erhalten?“, fragte er.

Hippocrates erhob sich, warf Severus einen kurzen Blick zu und sagte schließlich, „ich bin bereit die Anklagen wegen leichter Körperverletzung fallen zu lassen wenn sich die Familien der Geschädigten ebenfalls damit einverstanden erklären. Die Klage, die Professor Snape betrifft, überlasse ich diesem.“

Kingsley nickte sichtlich erleichtert und wandte sich an Hermine. „Mrs. Granger, Sie haben Anklage wegen Herstellung und Verwendung eines illegalen Sklavenbandes erstattet. Zusätzlich noch die Anklage wegen Versklavung eines Hauselfen. Möchten Sie diese Anklagepunkte aufrecht erhalten?“

Auch Hermine erhob sich, sie spürte die Blicke von Rons Familie auf sich ruhen aber sie konnte und durfte keine Rücksicht darauf nehmen. Zu lange hatte sie für die Rechte der Hauselfen und anderer magischen Wesen gekämpft, sie konnte nicht zulassen, dass diese Taten ungestraft blieben. Sie holte nochmal tief Luft und sagte dann, „im Namen des Bundes für Elfenrechte kann und werde ich die Anklagen nicht fallen lassen. Allerdings bin ich mit einer Strafmilderung einverstanden wenn uns Mr. Albus Potter sagt, wo er die Anleitung zur Herstellung des Bandes und die Anleitung für den Trank her hatte. Zudem bin ich einverstanden wenn Mr. Potter nach seiner geistigen Heilung dennoch als Jugendlicher verurteilt wird und nicht als Erwachsener.“

Kingsley nickte während sie sich setzte, sie hatte dem Gamot mit der Verurteilung als Jugendlichen die Möglichkeit gegeben, die Strafe auf Bewährung auszusetzen. Allerdings würde er keine Bewährung bekommen wenn der letzte und schwerste Ankläger seine Klage aufrecht hielt. So wandte er sich langsam dem Mann zu, der den stärksten Anklagepunkt vertrat.

„Professor Snape. Sie betrifft die schwersten Anklagepunkte, die da lauten: Verabreichung eines verbotenen Trankes und damit verbundene gefährliche Gesundheitsgefährdung, Irreführung und gefährliche Körperverletzung beziehungsweise versuchter Mord. Wollen Sie diese Anklagen aufrecht erhalten?“

Es dauerte einen Moment bis sich Severus erhob, er wirkte sehr nachdenklich. Er hatte zwar unter Veritaserum ausgesagt, dass er die Anklagen abmildern würde aber das war eine andere Sache. Sein Blick ging kurz zu den Potters, die Frau sah ihn voller Hass an während der Blick von Potter sehr undurchdringlich war.

„Professor Snape?“, fragte Kingsley.

Sofort sah Snape ihn an, kalt, emotionslos, genauso wie Kingsley ihn kannte.

„Wollen Sie die Anklagen aufrecht erhalten?“, fragte er erneut und noch nie in seinem Leben hatte er so auf eine positive Antwort gehofft wie jetzt. Wenn Snape diese Anklagen fallen ließ, könnten sie den Jungen nach der Behandlung mit einer Bewährungsstrafe belegen. Doch irgendwie glaubte er nicht, dass Snape das machen würde. Sein Hass auf die Familie Potter war legendär und er glaubte nicht, dass er sich diese Chance entgehen lassen würde. Snape hatte noch nicht geantwortet, er sah sehr nachdenklich aus also stellte Kingsley die Frage erneut, „Professor Snape, wollen...“

„Ich habe die Frage bereits beim ersten Mal verstanden“, unterbrach Snape ihn kalt, „aber ich darf ja wohl über diese Frage einen Moment nachdenken, oder?“

„Natürlich, Professor Snape. Was ist bei Ihrem Nachdenken raus gekommen?“, fragte Kingsley.

„Ich bin bereit sämtliche Anklagen fallen zu lassen“, sagte Snape, „unter drei Bedingungen.“

„Welche?“

„Erstens: Entlassung des Angeklagten nur und wirklich nur auf Anraten der Heiler und nicht weil sein werter Herr Papa der Kriegsheld der Nation ist“, schnarrte Snape.

„Der Heiler? Mehrzahl?“

„Ja. Meine zweite Bedingung, ich fordere, dass Mr. Albus Potter auch dem Heiler Hippocrates Smethwyck unterstellt wird, natürlich zusammen mit dem Kollegen Oliver Yoxall.“

Kingsley runzelte die Stirn und sagte, „aber Heiler Smethwyck ist kein Geistheiler.“

„Dessen bin ich mir bewusst“, gab Severus zurück.

„Warum dann diese Bedingung?“

„Weil Heiler Smethwyck über ein gesundes Selbstvertrauen verfügt und sich weder vom Ministerium noch von einem Kriegshelden beeinflussen lässt.“

„Sie haben eine sehr schlechte Meinung von Mr. Harry Potter“, entfuhr es Kingsley noch bevor er es verhindern konnte.

„Gut, dass das hier nicht zur Debatte steht“, gab Snape kalt zurück.

Der Minister nickte und fragte, „was ist Ihre dritte Bedingung?“

„Ich behalte meinen Posten als Schulleiter von Hogwarts und werde weder vom Ministerium noch von anderen offiziellen Posten jemals wieder mit dieser Farce belästigt“, sagte Snape.

Kingsley wartete noch einen Moment ob er noch etwas nachsetzte aber als das nicht passiert, sagte er, „diese Bedingungen muss ich mit dem Zaubergamot und den Heilern besprechen. Ich setze eine Pause von fünfzehn Minuten an.“
 

Es waren die längsten fünfzehn Minuten in Harrys Leben. Er hatte den Raum nicht verlassen während Ginny mit ihrer Familie raus gegangen war. Wirklich überrascht hatte es Harry nicht, ihre Ehe war seit der Sache deutlich abgekühlt und er wartete eigentlich nur darauf, dass ihn die Scheidungspapiere erreichten. Sein Blick wanderte zu Snape, der ebenfalls im Saal geblieben war und er überlegte, warum Snape die Anklagen fallen lassen wollte? Er konnte weder ihn noch seinen Sohn leiden, jetzt noch weniger also warum ließ er sich diese Chance entgehen? Harry wurde nicht schlau aus seinem Verhalten, egal wie sehr er die Fakten auch umher schob. Eigentlich könnte nur Snape ihm diese Frage beantworten aber der würde ihn eher verfluchen als mit ihm zu reden. Er seufzte leise, die ersten Mitglieder des Zaubergamot betraten den Raum wieder aber Kingsley, die Heiler und die Gamotsprecher ließen auf sich warten.
 

Aus fünfzehn Minuten wurde fast eine Stunde. Dann erst kehrte Kingsley zurück und rief um Ruhe, die auch sehr schnell einkehrte. Alle Anwesenden wollten das Urteil erfahren denn die Stimmung war sehr gespalten. Viele waren der Meinung, dass Albus für seine Taten verurteilt werden musste. Und die Anderen waren der Meinung, dass die Einweisung ins St. Mungo der richtige Weg war. Doch das Urteil konnte nur Kingsley sprechen und der erhob sich gerade.

„Das Urteil ist gefallen. Gerichtsdiener, geleiten Sie bitte den Angeklagten herein.“

Zwei Männer kamen dem Befehl sehr schnell nach und nur wenige Momente später wurde Albus hereingeführt. Er wehrte sich gegen den Griff doch er hatte keine Chance und lauthals beschweren konnte er sich auch nicht, Kingsley hatte den Silencio nicht von ihm genommen. Er wartete bis Albus auf dem Stuhl saß bevor er sich erhob und begann.

„Albus Severus Potter, Sie sind in verschiedenen Punkten angeklagt. Allerdings ist dieses Zaubergamot zu dem Entschluss gekommen, dass bei Ihnen eine geistige Störung vorliegen muss und deswegen werden Sie als unzurechnungsfähig eingestuft. Das bedeutet, dass Sie schuldunfähig sind und es keine Verurteilung vor diesem Gamot geben wird. Sie werden in die Obhut des Geistheilers Oliver Yoxall und des Heilers Hippocrates Smethwyck überstellt und in die geschlossene Abteilung der Janus Thickey-Station im St. Mungo eingewiesen. Nach einer Überprüfung Ihres geistigen Zustandes wird entschieden werden wo Sie weiterhin untergebracht werden und welche Behandlung angemessen ist. Sollten Sie wieder zurechnungsfähig sein, werden Sie für folgende Anklagepunkte verurteilt: Herstellung und Verwendung eines illegalen Bandes zur Versklavung eines Hauselfen und einfache Körperverletzung an Mr. Samuel Harper. Die Anklagepunkte, die Professor Severus Snape betreffen, werden unter den geforderten Bedingungen ausgesetzt. Professor Snape hat jederzeit die Möglichkeit wieder die Anklage zu erheben wenn er der Meinung ist, dass seine Bedingungen nicht erfüllt wurden. Da Sie minderjährig sind, können Ihre Eltern Einspruch gegen dieses Urteil einlegen. Allerdings wird dieser Einspruch in frühstens acht Wochen vor diesem Zaubergamot verhandelt werden und vorher wird in jedem Fall eine psychologische Beurteilung erfolgen. Sie werden direkt von den Gerichtsräumen ins St. Mungo gebracht, Ihre Eltern werden Ihnen Ihre persönlichen Dinge bringen.“

Vielstimmige Proteste wurden laut, allen voran Ginny und Ron, die sich lautstark beschwerten, wie ungerecht diese Regelung war. Harry wiederum saß nur still neben seiner Frau, er wusste nicht wirklich was er sagen oder auch nur denken sollte. Aber in einem Punkt war er sich absolut sicher, Albus brauchte Hilfe und das dringend. Sein Blick ging zu Snape, der genauso verschlossen aussah wie immer und den Blick jetzt von Albus abwandte um zu Kingsley zu sehen. Es war offensichtlich, was er dachte, er wollte gehen. Harry sah zurück zu seiner Frau, die sich immer noch laut schimpfend über das Urteil aufregte. Doch Kingsley würde sich nicht umstimmen lassen und das Gamot auch nicht. Er wartete eigentlich nur darauf, dass Kingsley den Schweigezauber wieder aussprach und kaum, dass er diesen Gedanken hatte, hob Kingsley den Zauberstab. Ruhe kehrte ein.

Dann wandte er sich direkt an Ginny, „Mrs. Potter, ich möchte Sie bitten den offiziellen Weg einzuschlagen wenn Sie eine Beschwerde vorbringen möchten. Es steht Ihnen auch frei sich einen Anwalt zu nehmen aber vorläufig bleibt es bei diesem Urteil und der Angeklagte Albus Severus Potter wird ins St. Mungo überstellt. Gerichtsdiener, abführen. Die Heiler Yoxall und Smethwyck werden Sie gleich begleiten.“

Damit war die Sache für Kingsley erledigt denn er erhob sich und machte sich daran den Raum zu verlassen, genau wie die Mitglieder des Zaubergamot. Die Gerichtsdiener schleiften unterdessen Albus, der sich nach Leibeskräften wehrte, hinaus. Langsam aber sicher leerte sich der Raum, Ginny war schon lange aufgesprungen um zu Albus zu eilen doch Harry fand nicht die Kraft um ihr zu folgen. Er brauchte erst mal etwas Abstand, er musste seine Gedanken ordnen und erst mal selber mit der Situation klar kommen. Er war einer der Letzten, die den Saal verließen.
 

„Severus?“

Etwas überrascht blieb der Angesprochene stehen und drehte sich um. „Was willst du?“, knurrte er den Blonden sofort an.

„Können wir jetzt reden?“, fragte Draco unbeeindruckt. Hinter ihm stand Scorpius, der den Blick allerdings gesenkt hielt und nervös die Finger rang.

„Worüber willst du noch reden? Du warst bei der Verhandlung dabei.“

„Severus, bitte. Wir müssen auch nicht darüber reden aber du bist mein Pate und ich vermisse dich. Du bist der Einzige, der diesen verdammten Schwur von Scorpius nehmen kann“, sagte Draco.

Severus' Blick ging zu Scorpius, der versuchte sich kleiner zu machen. „Was für ein Schwur?“

„Den unbrechbaren Schwur, den mein leichtsinniger Sohn dem jungen Potter geleistet hat“, knurrte Draco, Scorpius zuckte zusammen und zog den Kopf noch stärker ein.

„Ein unbrechbarer Schwur, der mit mir zu tun hat? Wieso hast du mir das nicht schon früher gesagt?“, fuhr Severus Draco an.

„Du wolltest nicht mit mir reden und hast mir sehr unschöne Dinge angedroht. Du hättest mir eh nicht geglaubt, du warst von diesem Trank besessen“, erklärte Draco ruhig, „aber da das jetzt vorbei ist, könnten wir uns vielleicht nochmal in aller Ruhe unterhalten.“

„Wir müssen uns nicht unterhalten, es ist alles gesagt. Du hast, genau wie alle Anderen, alles gehört was euch etwas angeht und das war's“, knurrte Severus und seine Stimme klang sehr endgültig.

„Aber Severus, wir sind eine Familie.“

„Nein, sind wir nicht. Ich war mit deinem Vater befreundet und der ist tot also such dir jemand Anderen.“

„Das kann nicht dein Ernst sein, du bist mein Pate“, fuhr Draco ihn an.

„Weil mich Lucius überredet hat, ich wollte das nie und mal ehrlich, du bist bis jetzt sehr gut ohne einen Paten ausgekommen also belassen wir es dabei“, sagte Severus und hob sofort die Hand als Draco weiter reden wollte, „nein, Draco. Wir hatten die letzten Jahre keinen Kontakt, dann brauchen wir ihn jetzt auch nicht. Nimm deinen Sohn und geh nach Hause.“

Er hatte gedacht, dass Severus jetzt endlich mit ihm reden würde aber scheinbar hatte er sich sehr gründlich geirrt. Wie konnte er diesen alten Sturkopf nur davon überzeugen, dass sie eine Familie waren und er seinen Paten vermisste? Ein Blick in das verschlossene Gesicht seines Gegenübers machte ihm klar, dass er hier und jetzt nicht weiterkommen würde. Also nickte er schließlich und fragte, „Was ist mit dem unbrechbaren Schwur?“

Diesmal widersprach Severus nicht sondern zog seinen Zauberstab und winkte Scorpius zu sich, der der Aufforderung nur sehr langsam folgte. Etwas barsch griff er nach seiner Hand und deutete mit dem Zauberstab darauf, dunkle magische Fäden flossen langsam aus der Spitze. „Hiermit spreche ich dich von jedem Schwur frei, der mich, meine Person und mein Umfeld betreffen“, sagte Severus während sich die Fäden um ihre verbundenen Hände schlangen, „sprich und schreib darüber mit wem du auch immer willst, es ist mir egal.“ Die Fäden flossen um die Schwurmale, verbanden sich damit und lösten sie langsam aber sicher auf. Als alle Male weg waren, fuhr Severus mit der Zauberstabspitze nochmal über die helle Haut bevor er den Stab weg packte und Scorpius los ließ.

„Danke“, flüsterte dieser.

„Denk das nächste Mal besser nach bevor du einen unbrechbaren Schwur leistest“, sagte Severus bevor er sich an Draco wandte, „und du lass mich in Ruhe. Du hast ein eigenes Leben also leb es.“

Draco schwieg, die Arme vor der Brust verschränkt aber es war ihm anzusehen, dass er damit nicht einverstanden war. Severus nickte nochmal kurz und ging dann.
 

Mit einem tiefen Seufzen ließ sich Harry in einen Sessel fallen, mit einem Zauberstabsschwenk erwachte der Kamin zum Leben. „Kreacher, Kaffee!“

Der Hauself erschien nicht aber neben ihm auf dem Tisch erschien eine Tasse und eine Kanne, dazu Milch und Zucker. Kreacher mochte ihn nicht, das war kein Geheimnis aber da er dennoch gehorchen musste, hatten sie sich auf diesen Kompromiss geeinigt. Er musste nicht vor ihm erscheinen, musste nicht mit ihm reden aber er musste gehorchen wenn er etwas sagte und bis jetzt klappte es vorzüglich. Müde und erschöpft schenkte sich Harry ein und lehnte sich dann zurück, die Finger um die Tasse geschlungen. Seine Gedanken schweiften zurück zu dem Tag, von dem er sich gewünscht hätte, dass er nie passiert wäre.

Sie hatten Albus ins St. Mungo begleiten wollen doch die Ärzte hatten es verboten. Sie durften ihren Sohn die nächsten zwei Wochen nicht besuchen, er sollte sich beruhigen damit eine Beurteilung erfolgen kann. Doch irgendwie glaubte Harry nicht daran, dass sie ihn in zwei Wochen besuchen dürften. Noch nie in seinem Leben hatte er so einen Wahnsinn im Gesicht eines Anderen gesehen, nicht mal bei Riddle war ihm so ein Wahnsinn entgegen geschlagen. Wie konnte es mit seinem Sohn nur so weit kommen? Wie konnte es mit seiner Familie nur so weit kommen? Vor ein paar Monaten war doch noch alles gut gewesen, sie waren eine glückliche Familie gewesen und jetzt?

Sein mittlerer Sohn zwangseingewiesen ins St. Mungo. Sein ältester Sohn hatte klar gemacht, dass er mit so einem Perversen nicht mehr verwandt wäre. Seine Frau hatte ihm jetzt schon gesagt, dass sie die Scheidung wollte und dass die Kinder bei ihr leben würden. Und seine Tochter? Lily stand zwischen allen Stühlen, er hatte es in ihrem Gesicht gesehen als Ginny sie im Ministerium einfach weggezogen hatte. Er würde ihr nach Hogwarts schreiben, genau wie James, er wollte seine Kinder nicht verlieren wenn schon seine Ehe vorbei war. Er seufzte leise, trank einen Schluck Kaffee und sah dann etwas überrascht zum Kamin wo sich die Flammen gerade grün verfärbten. Wer wollte nach diesem absolut beschissenen Tag noch etwas von ihm?
 

Er wurde überrascht als zwei Männer den Kamin verließen. „George, Zabini?“, fragte Harry fassungslos.

„Ja, aber du könntest auch Blaise sagen.“

„Äh....“

„Ich hol den Feuerwhisky und ihr klärt die Ansprache“, sagte George, der schon Richtung Küche verschwand.

Blaise schüttelte grinsend den Kopf und trat zu Harry, hielt ihm eine Hand hin, „gestatten Blaise, freut mich dich kennenzulernen.“

Etwas perplex ergriff Harry die Hand und murmelte, „Harry.“

„Freut mich.“

„Setz dich doch“, sagte Harry auch wenn seine Stimme zitterte.

„Ich beiße nicht aber danke für das Angebot“, kam von Blaise während er sich ihm gegenüber aufs Sofa setzte. Er schwieg und gab Harry damit die Gelegenheit die Situation für sich selbst zu sortieren.

Das konnte doch alles nicht wahr sein. Harry blinzelte überrascht doch an dem Bild änderte sich nichts, vor ihm saß Blaise Zabini und wartete darauf, dass George wieder aus der Küche kam. Er hatte sich seit Hogwarts nicht wirklich verändert. Harry überlegte was er eigentlich über den Mann wusste und kam zu dem Entschluss, dass es nicht sehr viel war. Er war ihm eigentlich nie wirklich aufgefallen, er hatte ihn im sechsten oder siebten Schuljahr ein paar Mal in Dracos Nähe gesehen aber sonst war er ihm nie aufgefallen. Daher konnte er auch nicht wirklich sagen ob er sich sehr verändert hatte aber das, was er sah, erinnerte ihn an früher. Groß, schlank, dunkle Haut und schwarze Haare, an mehr konnte sich Harry auch nicht wirklich erinnern.

„So, der Feuerwhisky.“

Harry zuckte erschrocken zusammen, er hatte nicht gehört, dass George wieder gekommen war.

„So schrecklich ist Feuerwhisky nun auch nicht“, lachte George während er die Gläser abstellte und ihnen einschenkte. Er drückte Harry ein Glas in die Hand und setzte sich dann mit aufs Sofa und hielt das Glas zum anstoßen hin.

„Auf was trinken wir?“, fragte Blaise.

„Auf uns, auf mehr muss man nicht trinken“, gab George zurück. Blaise nickte und dann sahen Beide zu Harry, der sie immer noch anstarrte.

„Harry?“

„Was wollt ihr hier?“, brachte Harry raus.

„Mit dir Feuerwhisky trinken“, gab George lächelnd zurück.

„George, ich meine es ernst, was wollt ihr hier?“, fragte Harry, der sich langsam fing aber die Situation blieb in seinen Augen seltsam.

George würde übergangslos ernst und erklärte, „wir waren bei der Verhandlung dabei und ich habe erlebt wie meine Familie dich behandelt hat. Ich finde es nicht richtig und ich bin der Meinung, dass du ein paar Freunde gebrauchen kannst. Gerade jetzt. Also haben wir gedacht, dass wir dir heute einfach mal Gesellschaft leisten und uns gepflegt mit dir besaufen.“

Harry antwortete erst nachdem er das Glas Feuerwhisky in einem Zug geleert hatte. „Er und ich sind keine Freunde“, sagte er mit einem Deut auf Blaise.

„Wir könnten Freunde werden“, schlug dieser sofort vor.

„Warum?“

„Warum nicht? Wegen dieser Slytherin-Gryffindor-Geschichte? Oder weil mein Freund dich geknutscht hat?“, fragte Blaise grinsend.

„Du hast es ihm erzählt?“

„Natürlich“, grinste George, „wir sind seit über zehn Jahren ein Paar und haben keine Geheimnisse voreinander. Warum sollte ich es ihm nicht erzählen? Es war ein Versehen und genauso habe ich es Blaise auch erklärt.“

Harry sah etwas verwirrt zwischen ihnen hin und her und murmelte dann, „ich verstehe es nicht.“

„Was genau verstehst du nicht?“, fragte Blaise, der die Ahnung hatte, dass Harry nicht die Situation hier meinte.

„Albus und Snape, ich versteh es einfach nicht.“

„Das versteht wohl keiner“, stimmte George ihm zu.

„Wieso hat Snape nichts gesagt? Er hätte doch mit jemanden reden können, dann hätte man Albus viel früher helfen können“, murmelte Harry.

„Snape wäre nach Askaban gegangen wenn die Situation falsch aufgefasst worden wäre. Nur durch die Aussage unter Veritaserum konnte er seine Unschuld beweisen“, warf Blaise vorsichtig ein.

Zu seiner Überraschung sah Harry ihn kurz an, nickte aber dann.

„Du glaubst Snape?“, fragte Blaise etwas ungläubig.

Harry lachte leise und nickte, „ja, tu ich. Auch wenn mir das meine Scheidung eingebracht hat aber ja, ich glaube ihm. Selbst wenn ich ihm bis jetzt nicht geglaubt hätte, spätestens bei der Verhandlung hat jeder gehört, was wirklich passiert ist.“

„Das hindert mein Schwesterherz nicht daran über Snape herzuziehen und ihm die Schuld zu geben“, warf George ein.

„Nicht nur Ginny. Ron ist auch der Meinung, dass Snape an allem Schuld ist und dass ich nicht hätte zulassen dürfen, dass Albus vor Gericht kommt“, seufzte Harry, „Arthur und Molly reden kein Wort mehr mit mir.“

George warf ihm einen mitleidigen Blick zu, er wusste, dass Harry seine Eltern fast wie seine eigenen Eltern liebte und deren Ablehnung tat ihm weh.

„Hättest du es verhindern können?“, fragte Blaise.

Harry zögerte einen Moment mit der Antwort doch schließlich nickte er und sagte leise, „Kingsley kam zu mir und hat gesagt, dass wir es unter den Tisch kehren könnten. Er wäre so oder so ins St. Mungo gekommen aber ohne öffentliche Verhandlung, alles still und heimlich. Sowohl Snape wie auch Hermine wären ruhig gestellt worden, Snape hätte wohl eine Entschädigung bekommen, genau wie die anderen Schüler, an denen Albus den Trank ausprobiert hat. Niemand hätte je davon erfahren, keine Presse, keine Theater, Kingsley hätte dafür gesorgt, dass alles still und heimlich über die Bühne geht.“

Sie schwiegen eine Zeitlang bis Blaise fragte, „erlaube die Frage, warum du das nicht wolltest?“

„Weil es falsch gewesen wäre.“

„Bitte?“

„Es wäre falsch gewesen. Jeder Andere, der dasselbe wie Albus gemacht hätte, wäre vor Gericht gekommen, wahrscheinlich sogar nach Askaban aber ihn wollten sie schonen? Warum? Weil ich Riddle besiegt habe? Was hat mein Sohn mit mir zu tun? Nein, er ist fast siebzehn, er ist fast erwachsen, er muss für seine Taten gerade stehen. Und zudem braucht er Hilfe, dieser Wahn ist nicht normal und muss behandelt werden“, erklärte Harry traurig. Man sah ihm an, dass er mit der Situation eigentlich restlos überfordert war.

George seufzte schließlich leise, füllte ihre Gläser erneut und sagte, „für heute haben wir genug gehört und gegrübelt, lasst uns an was Anderes denken. Zumindest für heute.“

„Gute Idee“, stimmte Blaise ihm sofort zu während Harry ihn etwas ungläubig ansah und schließlich nickte. Mit einem leises Klirren stießen die Gläser aneinander und das Thema Albus wurde den ganzen Abend nicht mehr angesprochen.

Kapitel 13

Kapitel 13
 

Es wurde sehr still in der großen Halle als Severus den Raum betrat. Er störte sich nicht daran sondern durchquerte sie in angemessenem Tempo, er erkannte unzählige Ausgaben des Tagespropheten auf den Tischen und viele Schüler sahen vom Propheten immer wieder zu ihm und zurück. Natürlich wusste er warum, heute war die Veröffentlichung der Verhandlung gewesen, zusammen mit einer Entschuldigung und Richtigstellung über die voreilige Verurteilung von ihm seitens der Redaktion. Severus war klar, dass es nur die Wenigsten glauben würden. Die Meisten würden ihn weiterhin für einen Kinderschänder halten aber das war ihm egal, er war unschuldig und hatte es vom Ministerium und von Kingsley sogar schriftlich bekommen. Alles andere war ihm egal und damit auch die Blicke, die sie ihm zuwarfen.
 

Minerva wusste nicht wirklich was sie von allem halten sollte. Sie hatte, genau wie alle anderen Lehrer, eine genaue Abschrift der Verhandlung bekommen, zusammen mit einer schriftlichen Erklärung von Kingsley und dem Heiler Smethwyck. Severus war in allen Punkten unschuldig und nach einer Entgiftung auch wieder frei von diesem Trank. Damit war er wieder völlig unbeeinträchtigt und wurde offiziell wieder als Schulleiter eingesetzt. Das war die Version des Ministeriums. Ihr Blick ging zu den Schülern während sich Severus neben sie setzte und ganz normal sein Frühstück begann. Bei den Schülern herrschte eine Gefühlsregung vor, Unglauben. In welche Richtung konnte Minerva nicht sagen aber sie befürchtete, dass es eher in die Richtung ging, dass sie Severus nicht glaubten. Sie sah nach rechts, Severus las wie immer den Tagespropheten während er frühstückte. „Severus, darf ich dich kurz stören?“, fragte sie leise.

Sie sah, mit wie viel Widerwillen Severus sich ihr zuwandte aber er tat es und hob fragend eine Augenbraue.

„Möchtest du darüber reden?“

Kopfschütteln.

„Bist du sicher?“

Nicken.

„Wird sich irgendetwas ändern?“ Kopfschütteln und die Augenbraue wanderte noch ein Stück höher. Er schnaubte kurz und wandte sich dann demonstrativ wieder seinem Frühstück zu.

Minerva wusste nicht ob sie erleichtert oder wütend sein sollte. Zum Einen war sie erleichtert, dass er nicht mit ihr sprach denn das deutete darauf hin, dass er keinen Sprachtrank nahm und das tat seiner Gesundheit gut. Auf der anderen Seite war sie allerdings wütend auf ihn, dass er nicht mit ihr redete. Er benahm sich völlig normal, zumindest für seine Verhältnisse und das war nicht gut, er verschloss sich schon wieder. Sie seufzte jetzt wirklich, warf noch einen Blick in die Halle und frühstückte dann auch weiter.
 

Etwas skeptisch beobachtete Scorpius wie die Hauselfen den Tisch für drei Personen deckten. „Du glaubst wirklich, dass er noch kommt?“, fragte er an seinen Vater gewandt, der hinterm Schreibtisch saß und irgendwelche Unterlagen durch ging.

„Er hat zugesagt also wird er auch kommen“, kam abwesend von Draco.

„Aber warum?“

„Weil der Termin festgelegt wurde und er zugesagt hat.“

Scorpius drehte sich um, sein Vater hatte nicht mal aufgesehen. „DAD.“

Jetzt sah er auf, „was ist denn? Scorpius, er wird kommen.“

„Aber warum? Ich darf Albus nicht mal sehen und er ist seit zwei Monaten im St. Mungo. Was will Mr. Potter dann hier?“, fragte Scorpius.

„Er möchte immer noch dasselbe, er möchte dich kennenlernen und so nebenbei unser Verhältnis etwas verbessern. Außerdem braucht er eine Ablenkung.“

„Von was?“

„Seine Scheidung ist in drei Wochen, irgendwie haben es die Wiesels durchgesetzt, dass es eine Eilscheidung wird“, erklärte Draco während er die Unterlagen endgültig zusammen räumte und dann weglegte.

„Was haben wir damit zu tun?“, murrte Scorpius, „er hat doch genug tolle Freunde, die sich um ihn kümmern können.“

Draco sah seinen Sohn skeptisch an und schüttelte dann den Kopf, „so habe ich dich nicht erzogen.“

„Was hat meine Erziehung damit zu tun? Ich darf meinen besten Freund nicht sehen.“

„Harry auch nicht.“

Schweigend und etwas fassungslos hatte sich Scorpius in einen Sessel fallen lassen und starrte seinen Vater an. „Das ist nicht dein Ernst“, behauptete er schließlich, „und seit wann nennst du ihn Harry?“

„Seit wir uns, zumindest auf dem Papier, ausgesprochen haben. Doch, das ist mein Ernst. Seit Albus eingewiesen wurde, haben die Heiler jeden Besuch verboten. Er wurde noch nicht einmal beurteilt.“

„Aber es sind schon zwei Monate vergangen.“

„Das ändert nichts an den Tatsachen. Seine so genannten Freunde sind auch nicht mehr weit hin“, knurrte Draco.

„Wie meinst du das?“

„Die Weasleys machen ihn für die Situation verantwortlich und haben zum größten Teil den Kontakt zu ihm abgebrochen. Euer Kräuterkundelehrer steht ihm noch bei und einer der Weasleys samt Partner aber das war es auch schon. Er hat seinen Job auf reine Hausarbeit verlegt weil seine Kollegen ihm auch zu verstehen geben, dass sie in ihm einen verantwortungslosen Vater sehen. Wer das nicht denkt, macht sich Gedanken darüber wie es mit dem Sohn des Kriegshelden so weit kommen konnte“, erklärte Draco und mit jedem, weiterem Wort sah Scorpius wie wütend sein Vater war.

„Woher weißt du das alles?“

„Er hat es mir erzählt.“

„Warum hat er dir das alles erzählt? Ihr kennt euch doch kaum“, sagte Scorpius doch zu seiner Überraschung grinste sein Vater ihn an.

„Ich sagte doch, wir haben uns ausgesprochen.“

„Zwischen aussprechen und einem Anderen so private Dinge zu erzählen, liegen Welten“, widersprach Scorpius.

Draco zuckte mit den Schultern und meinte, „wir haben festgestellt, dass wir mehr gemeinsam haben als wir dachten. Mal ehrlich, wir sind beide über vierzig und sind diesen Kindereien längst entwachsen. Ganz ehrlich, ich freu mich auf das Treffen.“

„Habt ihr euch bis jetzt nur geschrieben?“

„Ja.“

„Dad?“

„Hm?“

Scorpius grinste und meinte, „du klingst wie ein verliebter Teenager vor seinem ersten Date.“

Draco starrte seinen Sohn einen Moment an bevor er in lautes Gelächter ausbrach.
 

Der Lachanfall wurde von einem Hauselfen unterbrochen, der Mr. Harry Potter als Gast ankündigte. „Bring ihn rein“, kicherte Draco bevor er versuchte wieder einigermaßen ernst zu werden.

„Bin ich so lustig?“

„Ja, mein Sohn, bist du. Glaub mir, ich habe absolut kein Interesse an Harry oder an irgendeinem anderen Mann, ich bin hetero, durch und durch“, sagte Draco, der bemüht war ernst zu wirken aber er konnte ein amüsiertes Schmunzeln nicht ganz unterdrücken, „komm, wir haben Besuch.“

Mit einem etwas zweifelnden Gesichtsausdruck erhob sich Scorpius und folgte seinem Vater nach nebenan, wo sie schon erwartet wurden.
 

Die erste Zurückhaltung war schnell vergessen. Draco und Harry verstanden sich auch in Natura besser als jemals zuvor und Scorpius wurde einfach mit eingebunden. Er hatte nicht einen Moment das Gefühl, dass er überflüssig war oder fehl am Platz. Keiner der zwei Männer behandelte ihn wie ein Kind oder wie jemanden, der nichts verstand, er fühlte sich wie ein Erwachsener. Während sich die Gespräche am Anfang noch um alltägliche Dinge doch schon bald konnte es keiner mehr verhindern, dass sich die Gespräche dem Thema Albus zuwandten. Hier wurde Scorpius sehr schnell sehr ruhig.
 

„Was hast du?“, fragte Harry als der Jüngste in ihrer Runde plötzlich sehr leise war.

„Wenn ich nicht so dumm gewesen wäre, hätte das alles verhindert werden können“, flüsterte Scorpius.

„Wie kommst du auf diese absolute irrsinnige Idee, mein Sohn?“

„Naja, hätte ich diesen verdammten Schwur nicht geleistet, hätte ich jemanden davon erzählen können und Professor Snape wäre nicht beinah gestorben.“

Harry und Draco sahen sich kurz an bevor Harry sagte, „so nobel dein Anliegen auch ist aber dir hätte keiner geglaubt.“

„Wie meinst du das?“, fragte Scorpius, dem das Du mittlerweile sehr viel einfacher über die Lippen kam wie noch am Anfang des Abends.

„Draco, verzeih, ich weiß, dass Snape dein Pate ist aber mal ehrlich, wer hätte geglaubt, dass mein Sohn wirklich so ein Interesse an Snape hat?“, fragte Harry zweifelnd.

„Niemand.“

„Eben.“

„Aber ich hätte es doch bezeugen können“, protestierte Scorpius.

Diesmal war es sein Vater, der antwortete, „dir hätte keiner geglaubt und sowohl Albus wie auch Severus hätten alles abgestritten. Vor allem Severus.“

„Wieso vor allem?“

„Wegen derselben Problematik wie jetzt auch, wenn es jemand geglaubt hätte, hätten alle Severus die Schuld gegeben. Jeder hätte ihn als Kinderschänder hingestellt“, erklärte Draco, „und unser allseits beliebter Kriegsheld hätte ihn schneller nach Askaban gebracht als er seinen Namen aussprechen kann.“

„Hey.“

„Ist doch so. Harry, mal ehrlich, wenn jemand zu dir gekommen wäre und hätte dir erklärt, dass dein Sohn hinter Snape her ist, was hättest du gemacht?“, fragte Draco mit einer hochgezogenen Augenbraue.

Harry öffnete die Mund um etwas zu sagen, schloss ihn aber nach kurzem Zögern wieder und nickte stattdessen nur.

„Eben. Scorpius, du hättest nichts machen können. Keiner hätte dir geglaubt und Severus hätte uns alle an die Wand geflucht statt mit irgendjemanden zu reden“, sagte Draco. Er wurde traurig angesehen doch dann nickte Scorpius leicht.

„Du kannst wirklich nichts dafür“, sagte Harry erneut und wieder kam nur ein trauriges Nicken. „Scorpius, darf ich dich etwas fragen?“, fragte Harry vorsichtig.

„Natürlich, was denn?“

„Wann hat das Ganze angefangen? Wann hat sich Albus so verändert?“

„Was meinst du damit? Welche Veränderungen meinst du?“, fragte Scorpius verwirrt.

„Naja, alles.“

„Alles? Tut mir leid aber ich versteh dich nicht. Welche Veränderungen meinst du?“

„Na, alles. Dieser Hass auf seine Familie, dieser Wahn bezüglich Snape, alles eben“, sagte Harry fast schon verzweifelt.

Scorpius sah ihn einen Moment fragend an bevor er vorsichtig sagte, „Albus war schon immer so.“

„Immer?“

„Ja. Harry, es tut mir leid aber er konnte seine Familie noch nie leiden. Er fühlte sich immer missverstanden“, sagte Scorpius leise.

„Wieso?“

„Ist die Frage ernst gemeint?“, mischte sich Draco ein, „ihr habt ihm verboten seinen besten Freund zu sehen. Einem Elfjährigen. Nachdem, was du mir geschrieben hast, unterscheidet er sich extrem von deinen anderen Kindern. Er ist in Slytherin, er hat einen Malfoy als besten Freund, er hasst Quidditch, er muss zumindest bisexuell sein wenn er auf Severus steht und jetzt stell die Frage nochmal.“

„Ok, ich sehe es ein aber es kam uns nie so schlimm vor, wir haben es als pubertäres Verhalten abgetan“, sagte Harry.

„Genau da liegt ein Problem, ihr habt ihn nie wirklich ernst genommen. Mit wem hätte er denn reden sollen?“, fragte Draco.

Scorpius hob die Hand, „mit mir.“

„Was hat er dir erzählt?“, fragte Harry.

„Alles. Wir hatten keine Geheimnisse voreinander, ich habe sogar den unbrechbaren Schwur für ihn geleistet. Ich wusste von allem, von dem Band, von Fino, von seiner Besessenheit für Professor Snape, von seinem Hass auf seine Familie, einfach alles. Wir haben teilweise ganze Nächte wach gelegen und uns unterhalten, vor allem als Kinder. Wir haben lange nicht verstanden, warum wir keine Freunde sein dürfen. Warum uns James und später auch Lily immer so nieder gemacht haben. Es hat lange gedauert bis wir verstanden haben, dass wir nur in Hogwarts Freunde sein dürfen“, erklärte Scorpius, „dann kam er plötzlich mit Snape.“

„Ich verstehe es einfach nicht. Wisst ihr, was ich ebenfalls nicht verstehe? Warum Snape auf die Bestrafung verzichtet“, sagte Harry, „warum er sämtliche Anklagen fallen gelassen hat? Er hätte ja auch auf eine spätere Bestrafung bestehen können aber so hat er Kingsley den Weg frei gelassen, Albus eine Bewährungsstrafe aufzuerlegen. Warum hat er sich das entgehen lassen? Er hätte mir und meiner Familie so richtig eine rein würgen können.“

„Bist du mal auf die Idee gekommen, dass er mit der Sache nichts mehr zu tun haben will?“, unterbrach ihn Draco.

„Dafür verzichtet er auf so eine Möglichkeit?“

„Harry, er könnte auch diesen Kindereien entwachsen sein. Wir sind auch erwachsen geworden und er ist noch ein paar Jährchen älter als wir, es war sowieso kindisch.“

Harry nickte nachdenklich und sagte, „aber er hätte einfach auf eine Verurteilung bestehen können wenn Albus wieder gesund ist. Seine Aussage ist aufgenommen, er hätte nicht nochmal aussagen müssen. Er wäre nur nochmal gefragt werden ob er darauf besteht und die Antwort hätte er auch schriftlich geben können. So oder so hätte er damit nicht mehr viel zu tun gehabt. Ich würde gerne wissen warum er die Anklagepunkte komplett fallen gelassen hat.“

„Das wird dir nur Severus selbst beantworten können“, sagte Draco nachdenklich.

Er wurde einen Moment angestarrt bevor Harry strahlte und rief, „das ist die Idee.“

„Das ist gar keine Idee“, murrte Draco, „du weißt, wie sehr er dich mag. Er verflucht dich noch bevor du auch nur eine Frage gestellt hast.“

„Aber...“

„Harry, ich bin sein Patensohn und wir haben seit dem Krieg keinen Kontakt mehr. Unser Verhältnis war vorher relativ gut und jetzt überlegen wir kurz wie euer Verhältnis vor dem Krieg war“, erklärte Draco.

„Miserabel.“

„Wäre noch untertrieben. Glaubst du wirklich, dass er mit dir redet?“

„Wohl eher nicht aber ich muss es versuchen. Ich will wissen, wieso er sich so verhalten hat“, sagte Harry ernst.

„Dann viel Glück.“

„Danke. Bleibt ein Problem.“

„Dass er seinen Zauberstab hat?“, fragte Scorpius.

„Nein, … oder ja, das ist auch ein Problem aber ich bin ja nicht ganz hilflos. Nein, ich meinte eher, ich weiß nicht wo ich ihn finde. Es sind Sommerferien und ich weiß, dass er nicht in Hogwarts ist“, erklärte Harry.

Draco nickte und meinte, „da kann ich dir leider nicht helfen. Ich weiß, dass er ein Haus hat aber ich kann dir leider nicht mehr sagen wo. Er muss den Fidelius neu gesprochen haben. Aber du bist der Leiter der Aurorenzentrale und ein persönlicher Freund des Ministers, es sollte für dich ein Leichtes sein seinen Aufenthaltsort herauszufinden.“

„Argument“, murmelte Harry.

„Sehr gutes Argument“, kam von Scorpius, der sich aber dann an Harry wandte, „darf ich Albus irgendwann besuchen?“

Er wurde von beiden Männern traurig angesehen bevor Harry sagte, „wenn es nach mir gehen würde, dann ja aber die Heiler verbieten jeden Kontakt. Ich habe ihn selbst seit der Einweisung nicht mehr gesehen.“

„Warum?“, fragte Scorpius.

„Weil sie der Meinung sind, dass es die Situation noch schlimmer machen würde. Er will sich immer noch nicht eingestehen, dass er Hilfe braucht und dass er einem Wahn verfallen ist“, erklärte Harry seufzend, „die Heiler sind der Meinung, dass es helfen würde wenn Snape ihn besuchen würde und nochmal Klartext mit ihm redet aber da fallen Ostern und Weihnachten eher auf einen Tag als, dass das passiert.“

„Stimmt“, sagte Draco.

Scorpius nickte und fragte dann leise, „wie stehen sonst die Heilungschancen?“

„Sehr schlecht bis gar nicht. Solange er sich nicht eingesteht, dass er krank ist, können sie nichts machen. Solange kann auch keine Heilung beginnen“, seufzte Harry leise.

„Das klingt fast so als bräuchtest du Snape.“

„Ja, so sehr wie ein Furunkel.“

Draco schüttelte den Kopf und sagte, „Harry, denk nach. Du willst wissen, warum er die Anklagen fallen gelassen hat. Es wäre für deinen Sohn gut wenn er ihn besuchen würde um ihm den Kopf zu waschen. Das klingt wirklich danach als müsstest du Severus mal einen Besuch abstatten. Oder besser gesagt, eine Reihe von Besuchen.“

„Eine Reihe?“

„Glaubst du wirklich, dass Severus dich beim ersten Mal rein lässt? Er wird dir die Tür vor der Nase zuschlagen, egal ob deine Nase im Weg ist oder nicht. Er wird dich auch nicht beim zweiten Mal rein lassen, oder beim zehnten, oder beim zwanzigsten Mal aber irgendwann wird er dich rein lassen“, sagte Draco.

„Wie kommst du darauf? Du versuchst seit Jahren Kontakt zu ihm zu kriegen“, warf Scorpius ein.

„Nicht ganz, ich schreibe hin und wieder einen Brief aber wirklich nervig bin ich nicht.“

„Willst du damit sagen, dass ich nervig bin?“, fragte Harry grinsend.

„Wenn du willst, bestimmt. Versuch es, mehr als dir die Tür vor der Nase zuschlagen, kann er nicht machen.“

Harry überlegte einen Moment, nickte aber dann niedergeschlagen. „Ich habe wohl keine andere Wahl.“

„Viel Spaß“, grinste Draco.

„Du könntest mir helfen.“

„Wie?“

„Nerv ihn.“

Draco sah ihn einen Moment fassungslos an bevor sich langsam aber sicher ein sehr breites Grinsen auf seinem Gesicht ausbreitete. „Das wird ein Spaß.“
 

Als es das erste Mal klopfte, war sich Severus sicher, dass er unter Wahnvorstellungen litt, die durch die Tränke hervorgerufen wurden. Allerdings wiederholte sich das Klopfen und nach fast fünf Minuten war sich Severus sicher, dass es keine Wahnvorstellung war. Was ihn zu der Frage führte, wer ihn in seinem eigenen Haus besuchte? Wer wusste eigentlich davon? Er hatte den Fidelius erneuert als Lucius damals gestorben war und da er selbst der Geheimniswahrer war, konnte eigentlich keiner wissen, wo er wohnte.

Einen Muggel schloss er aus, er hatte einige Verschleierungszauber über sein Anwesen gelegt, zusätzlich noch einen Schreck- und Angstzauber, kein Muggel würde sich weiter als zwei Schritte auf sein Grundstück wagen. Blieb ein Zauberer und die Frage, wo der- oder diejenige seine Adresse her hatte. Es gab eigentlich nur eine einzige Möglichkeit und das war das Ministerium denn dort musste er seine Adresse angeben. Aber diese Akten waren unter Verschluss und eigentlich nur dem Minister selbst zugänglich und das auch nur in Notsituationen. Das Klopfen wiederholte sich immer noch in regelmäßigen Abständen, wer auch immer vor seiner Tür stand, war fest entschlossen nicht eher zu gehen bis er aufmachte. Sollte er das wirklich?

Er hatte kein Interesse an Besuch, egal wer und egal aus welchem Grund. Aber das Klopfen war wirklich nervig und wenn er heute noch einen ruhigen Abend verleben wollte, musste er sich wohl oder übel dazu aufraffen, nachzusehen wer ihn da störte. Er zog seinen Zauberstab und murmelte den Stabilisierungszauber auf sein Bein, er wollte in den Ferien so wenige Tränke wie möglich nehmen. Eine Phiole mit Sprachtrank befand sich in seiner Tasche aber er glaubte nicht, dass er ihn benötigte. Mit einem Murren erhob er sich langsam, der Weg zur Wohnungstür führte ihn dicht an der Wand entlang.
 

Harry hatte lange überlegt ob er das wirklich machen wollte aber er hatte nicht wirklich eine Wahl, also war er schließlich zu Kingsley gegangen und hatte ihn lange genug bequatscht bis er die Adresse raus gerückt hatte. Er war sehr überrascht gewesen, die Gegend war absolut trostlos, völlig überschattet von dem riesigen Schornstein irgendeiner Fabrik. Wenn Snape hier wirklich aufgewachsen war, tat er ihm leid. Kein Kind sollte unter solchen Umständen aufwachsen. Er hatte lange gesucht bis er das richtige Haus gefunden hatte und noch länger bis er sich durch die Zauber gekämpft hatte und dann war er sehr überrascht worden.

Hinter dem Zauber kam ein sehr gepflegter Vorgarten zum Vorschein, nicht nur Kräuter sondern auch sehr viele Blumen. Harry hatte ganze zehn Minuten nur da gestanden und den Garten bewundert, auf der Bank vor dem Haus musste es sich herrlich sitzen lassen. Aber das würde er wahrscheinlich nie herausfinden denn Snape würde ihn in Stücke fluchen wenn er sich da hinsetzen würde. Also hatte er den Gedanken beiseite geschoben, war zur Tür gegangen und hatte angeklopft. Es dauerte über zehn Minuten bis er Schritte hörte, der Lichtschein unter der Tür versicherte ihm, dass Snape Zuhause war und kurz darauf wurde die Tür aufgerissen.

Innerhalb weniger Momente huschten unzählige Gefühle über Snapes Gesicht, Harry hatte bis zu diesem Zeitpunkt nicht gewusst, dass der Mann zu so vielen Gefühlsregungen im Stande war. Es begann mit Unglauben, Fassungslosigkeit, dann langsam Erkenntnis, Trauer, Wut und schließlich das Gefühl, das Harry von ihm am Besten kannte, grenzenloser Hass. Sein Gesicht verschloss sich bis er genau denselben Gesichtsausdruck wie früher hatte, der unnahbare, über allen stehende Tränkeprofessor. Und im nächsten Moment wurde ihm die Tür wirklich vor der Nase zugeschlagen.

Harry starrte das dunkle Holz an, er hatte wenigstens mit einem herablassenden „Potter!“, gerechnet aber nicht mal das. Er seufzte leise, drehte sich aber dann um und ging. Er würde morgen wieder kommen, vielleicht sollte er es schon zum Frühstück versuchen, dann hätte er zwei Versuche pro Tag. Dazu noch die Briefe, die Draco regelmäßig schicken wollte, irgendwann musste Snape mit einem von ihnen reden, egal mit wem. Er warf noch einen Blick auf diesen wunderschönen Garten bevor er den Zauber durchquerte und in eine Seitengasse verschwand. Mit einem Knall verschwand er.

Das konnte einfach nicht sein. Das konnte wirklich nicht sein. Nein, da stand nicht Potter vor seiner Haustür, nein, das war einfach nicht möglich. Severus schüttelte den kompletten Weg bis ins Wohnzimmer den Kopf, das konnte nicht sein, nein, das konnte einfach nicht sein. Bevor er sein Wohnzimmer betrat, warf er noch einen Blick zurück auf die Haustür, schüttelte nochmal den Kopf und begab sich dann zurück in seinen Sessel. Das war einfach nur ein Hirngespinst, das durch zu viele Tränke hervorgerufen wurde. Ja, ganz sicher, das konnte nicht wahr sein. Mit einem Seufzen ließ sich Severus in seinen Sessel fallen, nahm sein Buch wieder zur Hand und las dort weiter, wo er vorhin aufgehört hatte. Den seltsamen Besuch schob er nicht nur in die hinterste Ecke seines Gehirns sondern gleich ganz raus, das war einfach nicht passiert.
 

Dass dieser Besuch erst der Anfang war, ahnte Severus nicht doch er bekam eine dunkle Ahnung als am nächsten Morgen eine Eule sehr vehement an sein Küchenfenster klopfte und auf Einlass beharrte. Noch verwirrter war er allerdings als er ihr den Brief abnahm und das verschlungene M der Familie Malfoy auf dem Siegelwachs sah. Nach einem Moment des Schocks und einem Achselzucken verfuhr er mit dem Brief, wie er mit jedem Brief seit Jahren verfuhr, er band ihn der Eule wieder ans Bein und schickte sie weg.
 

Er konnte sich keinen Kontakt erlauben, dann müsste er entweder immer Tränke nehmen oder sich seine gesamten Schwächen vor einem Anderen eingestehen. Beides kam nicht in Frage. Mit einem letzten, wehmütigen Gedanken an sein Patenkind griff er nach seinem Kaffee, seine Hand erreichte ihn aber nicht denn ein Klopfen ließ ihn inne halten. Langsam und ungläubig drehte er den Kopf Richtung Küchentür, das konnte doch nicht wahr sein. Wer störte ihn um diese Uhrzeit? Da das Klopfen mal wieder nicht abbrach, seufzte er leise und erhob sich. Das konnte ja nicht schon wieder Potter sein.
 

Nun, in diesem Punkte irrte sich Severus und das stellte er auch wenige Minuten später fest als ihn ein Harry Potter vor seiner Tür anlächelte. Er schnaubte laut und deutlich hörbar und schlug die Tür einfach wieder zu. Er würde sich garantiert nicht dazu herablassen wegen dieser Person einen Sprachtrank zu nehmen. Mit einem Schnauben drehte er sich wieder um, um zurück in die Küche zu gehen als er eine Stimme hörte.

„Sie können mir die Tür noch hundert Mal vor der Nase zu schlagen aber ich werde wieder kommen. Ich muss mit Ihnen reden und ich werde nicht eher aufgeben bis Sie mit mir reden. Das muss auch nicht in Ihrem Haus sein wenn Sie das nicht wollen, diese nette kleine Bank hier draußen tut es auch.“

Severus warf einen Blick über die Schulter, das konnte er doch nicht ernst meinen? Was hatten sie noch zu bereden? Nichts. Gar nichts. Zumindest aus Severus' Sicht und das reichte ihm. Mit einem Schulterzucken setzte er seinen Weg in die Küche fort, Potter würde schnell die Lust daran verlieren ihn zu nerven und dann hatte er wieder seine Ruhe.
 

Dass er sich in diesem Punkt ebenfalls irrte, stellte Severus in den nächsten Tagen fest. Potter tauchte teilweise drei Mal am Tag vor seiner Tür auf und ließ sich auch nicht davon beeindrucken, dass er ihm jedes Mal die Tür vor der Nase zuschlug. Doch nach zwei Wochen reichte es Severus und er beschloss doch mal etwas zu sagen, seine spitze Zunge war nicht umsonst eines seiner stärksten Mittel gegen Feinde und aufdringliche Ex-Schüler.

Harry hatte angeklopft und hob gerade die Hand um erneut anzuklopfen als die Tür schon aufging. Etwas verwundert sah er Snape an, normal dauerte es wesentlich länger bis er sich mal zur Tür bequemte und noch etwas war anders. Er wurde nicht mit diesem Du-bist-nicht-mal-Dreck-unter-meinen-Schuhen-Blick angesehen sondern mit diesem Lehrerblick, nicht, dass der so viel besser war aber es war eine Veränderung. Harry blinzelte den Mann vor sich etwas verwirrt an und er seine Verwirrung wurde noch größer als die Tür nicht gleich wieder zugeschlagen wurde. Sollte er es wirklich schon geschafft haben? Snape verschränkte gerade die Arme vor der Brust, eine Augenbraue wanderte langsam und arrogant nach oben bevor er in diesem unnachahmlichen Tonfall schnarrte,

„Potter, sind Sie in den letzten Jahren noch dümmer geworden als Sie sowieso schon waren? Oder haben Sie ein paar Flüche zu viel abgekriegt? Jeder normale Mensch würde verstehen, dass eine zufallende Tür bedeutet, dass derjenige nicht mit einem reden will. Wenn sich dieser Zustand öfters wiederholt, deutete das auf eine absolute Unlust hin ein Gespräch zu führen. Nur absolute Vollidioten würden das nicht verstehen. Oder natürlich der Held der Zaubererwelt, der der Meinung ist, dass er mal wieder etwas Besonderes ist und deswegen natürlich jeder mit ihm reden will. Mit der gleichen Arroganz wie sein Vater tänzelt er durch die Welt und lässt sich wohlwollend dazu herab mit dem gemeine Pöbel zu reden. Natürlich kommt ihm nie in den Sinn, dass es Menschen gibt, die noch nie Interesse an seiner Anwesenheit oder an einem Gespräch mit ihm hatten oder haben. Nun, Potter, ich kann ihnen versichern, dass es diese Menschen gibt denn einer davon steht direkt vor ihnen. Ich sage es jetzt mal ganz deutlich und auch so, dass sie es verstehen. Verpissen Sie sich. Verlassen sie meinen Grund und Boden und kommen sie nicht wieder, nie, niemals. Ich will nicht mit ihnen reden und daran wird auch dieses absolut kindische Verhalten nichts ändern. Glauben Sie wirklich, dass ich ein Gespräch mit einem Menschen führe, der sich wie ein fünfjähriges, bockiges Kleinkind benimmt? Wohl kaum, mein Intellekt ist weit höher und anspruchsvollere Gesprächspartner gewohnt. Sollte ich, aus welchen unerfindlichen Gründen auch immer, irgendwann mal ein Gespräch mit Ihnen in Betracht ziehen, dann erst wenn Sie dem geistigen Niveau Ihres Vaters entwachsen sind. Also tun Sie uns Beiden einen Gefallen und hören Sie mit diesem Blödsinn auf. Haben Sie das verstanden oder soll ich es nochmal wiederholen?“

„Verstanden“, war alles, was Harry raus brachte.

Snape nickte nochmal und schloss dann die Tür, ruhig und langsam. Für ihn war die Situation geklärt und Harry stand vor seiner Tür, wie ein begossener Pudel. Er hatte mit allem gerechnet aber nicht mit einer Moralpredigt und diesem ewigen Vergleich mit seinem Vater. Harry schnaubte leise und wandte sich zum gehen. Hatte Snape vielleicht sogar Recht? Benahm er sich wie ein Kind? Gut, etwas kindisch war sein Verhalten schon aber Snape war doch nicht besser. Er müsste doch nur kurz mit ihm reden, dann hätte er wieder seine Ruhe. Obwohl? Nein, wohl eher nicht.

Die Sachen, die Harry mit Snape bereden wollte, brauchten mehr Zeit als ein paar Minuten. Er musste diesen alten Griesgram irgendwie dazu bringen mit ihm zu reden aber wie? Auf die nervige, kindische Art und Weise hatte es nicht funktioniert also sollte er es vielleicht mal auf eine erwachsene Art versuchen. Nun, normalerweise würde er Snape eine Eule schicken, ein Treffen vorschlagen und dann würden sie die Sachen bereden. Normalerweise. Aber Snape war ja nicht normal. Harry grinste, er hatte schon eine Idee. Mit einem Plopp verschwand er, sein Ziel lag in Malfoy-Manor.

Kapitel 14

Kapitel 14
 

Als es vier Tage später an seiner Tür klopfte, ließ Severus sein Buch fallen und starrte fassungslos zur Wohnzimmertür. Wurde dieser Bengel denn nie erwachsen? Mit einem Knurren erhob er sich, diesmal würde er seiner Forderung mit dem Zauberstab Nachdruck verleihen. Allerdings war er scheinbar zu schnell aufgestanden, sein Bein knickte unter ihm weg und nur ein schneller Schwebezauber hinderte ihn an einer näheren Bekanntschaft mit seinem Wohnzimmerboden. Kurz hing er in der Luft bevor er sich selber wieder auf die Füße stellte und erleichtert durchatmete. Auf verrenkte Glieder und blaue Flecken hatte er nun wirklich keine Lust. Das nervige Klopfen erinnerte ihn gerade daran, dass er noch jemanden zu verfluchen hatte. Wesentlich bedachter als vorher machte er sich auf den Weg zur Haustür.

Allerdings blieb ihm der Fluch im Hals stecken als er die Tür öffnete und ihm eine Pflanze entgegen gestreckt wurde. Er konnte nicht mal etwas sagen denn er hatte den Trank nicht genommen aber sein hilfloser Gesichtsausdruck musste offensichtlich sein denn Potter begann einfach zu reden.

„Das ist eine magische Art des Cayennepfeffers. Er trägt zwar nicht so viele Früchte ein normaler Strauch aber er trägt das ganze Jahr durch, auch im Winter. Er braucht nur einen sonnigen Platz, etwas Wasser und etwas Magie. Die Früchte lassen sich in verschiedenen Tränken und Salben gegen Schmerzen verwenden. Nachdem was ich in der Verhandlung erfahren habe, können Sie ihn sehr gut gebrauchen und da ich so eine Pflanze in Ihrem Vorgarten nicht gefunden habe, dachte ich mir, ich schenke Ihnen eine.“

Ohne eine Antwort abzuwarten, drückte Harry dem völlig überraschten Mann den Topf in die Hände, nickte ihm lächelnd zu und ging dann. Diesmal war es Severus, der einem begossenen Pudel alle Ehre machte.
 

Severus stand noch eine ganze Weile in seiner Tür und starrte die Pflanze in seinen Händen an. Er kannte diese Pflanze, sie war nicht wirklich selten aber irgendwie hatte er es nie geschafft, sich eine zu besorgen. Er konnte die Früchte wirklich gut gebrauchen und wenn er es auf den ersten Blick richtig erkannte, war es eine sehr starke, gesunde Pflanze. Mit einem Kopfschütteln trat er in seinen Vorgarten, ein schneller Blick und schon hatte er den passenden Platz ausgewählt. Aber bevor er den Zauberstab ziehen konnte, ploppte es und Fino stand vor ihm.

„Master Snape möchte die Pflanze in den Garten setzen?“, fragte er.

Severus nickte nur und übergab den Pfeffer in die ausgestreckten Hände des Hauselfen.

„Eine schöne Pflanze. Soll Fino die reifen Früchte in das Labor von Master Snape bringen?“

Wieder nickte Severus nur, er ließ sich auf der Bank nieder und beobachtete wie Fino das Pflänzchen einsetzte und gleich goss.

„Braucht Master Snape noch etwas?“

Severus wollte erst den Kopf schütteln doch dann wurde er sich des Wetters richtig bewusst. Es war einfach herrlich und eigentlich war es zu schade um drin zu sitzen.

„Soll Fino Master Snape sein Buch und einen Tee nach draußen bringen?“, fragte Fino wissend.

„Ja“, krächzte Severus mit einem Lächeln, er wusste schon warum er seinen Hauselfen so mochte.

Mit einem Plopp verschwand Fino und das Gewünschte erschien bei ihm, zusätzlich tauchten noch einige Kissen auf. Severus machte es sich bequem und nach einem letzten, etwas ungläubigen Blick auf den Cayennepfeffer wandte er sich seinem Buch wieder zu.
 

Severus würde es niemals zugeben aber er wartete am nächsten Morgen förmlich auf den Besuch von Harry, er war gespannt, was er sich noch einfallen lassen würde um ihn zu überreden. Als es bis zum Mittag noch nicht geklopft hatte, war er, gelinde gesagt, etwas enttäuscht. Hatte er doch so schnell aufgegeben? Warum dann die Aktion mit der Pflanze? Severus beschloss diese dummen Gedanken beiseite zu schieben und sich in sein Labor zu begeben, er brauchte ein paar neue Tränke und die konnte er schließlich selber brauen.
 

Irgendwann klopfte es doch, Severus zuckte erschrocken zusammen. Gut, dass er gerade keine Zutaten in den Kessel getan hatte, das hätte zu einer Katastrophe geführt aber so stellte er nur die Temperatur richtig ein und begab sich dann nach oben. Ja, er war gespannt.

Als er allerdings die Tür öffnete, musste er sein Lachen hinter einem Husten verstecken.

„Ich habe also doch noch Mehl im Gesicht“, seufzte Harry, „ich bringe ihn um.“

Severus hob eine Augenbraue und Harry erklärte, während er ihm einen Korb reichte, „ich habe mit Draco Plätzchen gebacken. Auf Muggelart. Da ich nicht wusste, was Sie für Sorten essen, habe ich einfach ein paar Sorten eingepackt.“

Severus sah ihn jetzt wirklich fragend an.

Harry zuckte mit den Schultern und meinte, „ich habe beim Abendessen erzählt, dass ich früher mit den Kindern immer gebacken habe und da es so etwas ja nicht im Hause Malfoy gibt, musste ich heute kommen und es ihnen zeigen. Die Küche sah vielleicht aus. So, ich habe Sie lange genug aufgehalten, lassen Sie sich die Plätzchen schmecken.“

Damit wandte sich Harry um und verließ den Vorgarten, Severus ließ er einfach stehen. Dieser konnte sich ein schwaches Grinsen nicht verkneifen während er sich umwandte und hinein ging, die Plätzchen passten bestimmt perfekt zum Kaffee.
 

So ging es die nächsten zwei Wochen, Harry tauchte jeden Tag ein Mal bei Severus auf und brachte ihm eine Kleinigkeit mit. Manchmal nur alltägliche Dinge wie eine Auswahl an verschiedenen Honigsorten, weitere selbstgebackene Plätzchen, ein selbstgebackenes Brot aber auch magische Dinge, verschiedene Pflanzen, deren Bestandteile man ausnahmslos für Heil- und Stärkungstränke benutzte, das ein oder andere Buch und andere Kleinigkeiten. Mit jedem Tag, der verging, schmolz Severus' Widerstand und so erwartete er ihn an einem Tag vor seiner Haustür auf der Bank sitzend.
 

Er hatte den Vorgarten gerade betreten und die dunkle Gestalt war ihm sofort aufgefallen, Harry stockte mitten im Schritt. Sollte er weiter gehen? Gerade wurde er bemerkt, Snape senkte das Buch und sah ihn auffordernd an, scheinbar war er doch nicht mehr so unwillkommen wie früher. Er verstärkte den Griff um den Topf und trat näher, eine Augenbraue ruckte nach oben als er näher kam.

„Diesmal kommt das Geschenk nicht von mir sondern von Neville, er meint, dass sie so etwas bestimmt gebrauchen könnt. Sie ist noch nicht erwachsen aber sie ist stark“, erklärte Harry während er ihm den Topf reichte.

Er beobachtete wie Snapes Blick prüfend über die Blätter, ein Blatt wurde vorsichtig zwischen zwei Fingern gerieben ohne es zu verletzen doch schließlich nickte er und sagte, „Mr. Longbottom versteht sein Handwerk, sonst hätte ich ihn wohl auch nicht eingestellt.“

„Natürlich. Ich will Sie auch gar nicht länger stören.“ Harry wollte sich gerade zum Gehen wenden als er aufgehalten wurde.

„Moment.“

„Ja?“

„Fino, bitte“, sagte Severus und zu Harrys Überraschung erschien ein kleiner, runder Tisch und ein hölzerner Gartenstuhl mit Polster. Auf dem Tisch tauchten nacheinander zwei Tassen, eine Kanne, zwei Teller und ein Korb mit Gebäckstücken auf. Mit einem Handwink deutete Severus auf den Stuhl während die Kanne sich hob und selbstständig die Tassen füllte.

„Ich soll mich setzen?“, fragte Harry etwas verwirrt.

„Potter, wenn Sie an einem Gespräch interessiert sind, dann gewöhnen Sie sich diese dämlichen Fragen ab“, schnarrte Severus, „vor allem wenn die Antwort so offensichtlich ist.“

„Natürlich“, murmelte Harry, setzte sich aber schnell bevor es sich sein Gastgeber noch anders überlegte.

Es herrschte eine Zeitlang Schweigen, nur unterbrochen von leisem Kauen und dem Klirren des Porzellans doch irgendwann durchbrach Severus die Stille.

„Was wollen Sie, Potter?“

„Mit Ihnen reden.“

„Das ist auch offensichtlich. Über was wollen Sie reden?“, fragte Severus, „ich kann es mir zwar fast denken aber ich möchte wissen ob Sie den Mut aufbringen mich darauf anzusprechen.“

Harry zuckte zusammen, er atmete tief durch und fragte dann, „warum haben Sie die Anklagen gegen Albus zurückgezogen?“

„Diese Frage habe ich bereits im Ministerium beantwortet aber da ich weiß, dass Sie manchmal etwas länger brauchen, erkläre ich es Ihnen nochmal. Ihr Sohn hat eine geistige Störung und hat sich in diese Sache verrannt, er braucht Hilfe und keine Haftstrafe in Askaban. Er braucht eine Therapie und dann kann er sein Leben nochmal versuchen. Warum soll ich ihm seine Zukunft verbauen für eine Sache, die er nicht wirklich einschätzen konnte?“

„Sie hassen meine Familie.“

„Falsch, ich hasse Ihren Vater.“

„Und mich.“

„Nein, Sie sind mir egal“, gab Severus zu.

„Seit wann?“, war Harry schneller entfleucht als er es aufhalten konnte.

„Seit ich mit meiner Vergangenheit abgeschlossen habe. Warum soll ich diesen alten Geschichten hinterher rennen? Wenn Ihre Kinder aus der Schule raus sind, werde ich hoffentlich nie wieder etwas mit Ihrer Familie zu tun haben“, sagte Severus.

„Meine Enkelkinder?“

„Ich hoffe, dann längst im Ruhestand zu sein.“

„Verdient hätten Sie ihn“, sagte Harry.

„Dessen bin ich mir bewusst. Potter, was wollen Sie wirklich hier?“

„Bitte?“

„Glauben Sie wirklich, dass ich Ihnen diese Ausrede abnehme? Was wollen Sie wirklich?“

„Bin ich so leicht zu durchschauen?“, fragte Harry.

„Ja. Also?“

„Gut, dann halt gleich mit der Tür ins Haus. Die Heiler im St. Mungo kommen nicht weiter, Albus will sich nicht eingestehen, dass er krank ist und dadurch können sie keine Therapie beginnen. Sowohl Smethwyck wie auch Yoxall sind der Meinung, dass ein Besuch von Ihnen hilfreich sein könnte. Sie sind der Meinung, dass es helfen würde wenn Sie Albus nochmal klipp und klar sagen, dass das alles ein Hirngespinst von ihm ist, dass Sie nie Gefühle für ihn hatten oder haben werden und dass diese ganze Sache nur passiert ist weil er einen verbotenen Trank benutzt hat“, erklärte Harry, „deswegen bin ich hier und weil ich es nicht verstehe.“

„Was verstehen Sie nicht?“

„Alles.“
 

Wieder schwiegen sie, Harry hoffte auf eine positive Antwort oder auf überhaupt eine Antwort aber Severus schwieg ihn an. Irgendwann reichte es Harry und er fuhr auf, „Jetzt sagen Sie schon irgendetwas.“

Eine Augenbraue wurde spöttisch nach oben gezogen. „Sie sollten lernen, dass Geduld eine Tugend ist“, schnarrte Severus belustigt, „Sie wollen also, dass ich bei der Therapie ihres Sohnes helfe?“

„Ja.“

„Ihre Frau wird mich nicht mal in die Nähe des St. Mungo lassen ohne mich zu verfluchen und darauf kann ich getrost verzichten.“

„Baldige Ex-Frau und ich werde sie daran hindern. Albus braucht diese Therapie, sonst bleibt er für ewig im St. Mungo. Professor Snape, ich brauche wirklich Ihre Hilfe.“

Severus grinste schwach und sagte, „das ist wohl das erste Mal, dass Sie freiwillig Professor sagen.“

„Werde ich dann jemals das Mr. von ihnen hören?“, fragte Harry mit einem Grinsen.

„Nein.“

Harrys Grinsen wurde breiter, er hob seine Tasse und deutete einen Toast an, was auf der anderen Seite erwidert wurde bevor beide einen Schluck tranken.

„Ich hätte nie gedacht, dass ich das einmal sage aber Sie sind erwachsen geworden, Potter“, sagte Severus schließlich.

„Ich weiß nicht ganz ob ich das als Kompliment aufnehmen soll.“

„Können Sie, es war so gemeint.“

„Helfen Sie mir nun?“, fragte Harry interessiert. Er hätte nie gedacht, dass sich Snape so schnell umstimmen lassen würde, da musste es einfach einen Haken geben. „Was muss ich dafür machen?“, setzte er nach.

„Wie kommen Sie darauf, dass ich eine Gegenleistung will?“, fragte Severus.

„Nicht?“

„Nein. Und ja, ich helfe Ihnen.“

„Wieso?“

„Weil mir Hippocrates auf die Nerven geht und ich mittlerweile alles tun würde damit er Ruhe gibt“, sagte Severus mit einem sehr genervten Gesichtsausdruck.

Harry starrte ihn einen Moment an und fragte dann fassungslos, „es war gar nicht mein Verhalten, dass Sie umgestimmt hat?“

„Nicht wirklich.“

„Aber...“

„Dann war alles umsonst?“, fragte Severus. Er versuchte neutral zu klingen aber so ganz gelang es ihm scheinbar nicht.

Denn Harry legte fragend den Kopf schief und lächelte plötzlich, „nein, es war nicht umsonst. Ich würde sonst nicht hier mit Ihnen sitzen und Tee trinken.“

„Ist das so erstrebenswert?“, fragte Severus skeptisch.

„Naja, der Tee ist super.“

„Danke.“

„Bitte.“

Sie grinsten sich an, irgendwie fiel es Harry wesentlich leichter mit dem Mann umzugehen als früher. Lag es wirklich daran, dass er sich nicht mehr so kindisch benahm? Fiel es ihm deswegen leichter?

„Hippocrates war so frei mir den Therapieansatz zuzuschicken, daher bin ich im Bilde. Wenn Sie Ihre baldige Ex-Frau für einen Tag vom St. Mungo fern halten können, werde ich einen Termin mit Hippocrates machen und mit Ihrem Sohn sprechen“, sagte Severus gerade.

„Wieso eigentlich Hippocrates? Kennen Sie sich?“, fragte Harry, „und das mit Ginny schaffe ich schon.“

Er rechnete zwar nicht mit einer Antwort auf seine Frage aber er bekam sie denn Severus nickte und erklärte, „Hippocrates war der Heiler, der mich damals behandelt hat, nachdem diese Schwachköpfe im Ministerium mich endlich aus Askaban entlassen haben.“

„Hatte der damals auch schon so viele Haare auf den Zähnen?“

„Er ist nur direkt“, grinste Severus.

Harry musterte ihn kurz, Snape benahm sich völlig anders als normal und so langsam argwöhnte Harry einen Trick oder einen Zauber.

„Was?“

„Wer sind Sie und was haben Sie mit Severus Snape gemacht?“

„Wie meinen?“

Harry zuckte mit den Schultern und erklärte, „vor etwas über zwei Wochen haben Sie mir noch die Tür vor der Nase zugeschlagen, dann haben Sie mir eine Moralpredigt gehalten, mich mal wieder mit meinem Vater verglichen und jetzt sitzen wir hier und trinken wie fast alte Freunde Tee? Verzeihung, wenn ich das etwas seltsam finde. Da liegt ja die Vermutung nahe, dass Sie ein Anderer sind als Severus Snape. Denn der Severus Snape, den ich aus meiner Schulzeit kenne, hätte mich dennoch in Grund und Boden geflucht.“

„Wissen Sie, was für ein Tag heute ist?“, fragte Severus statt auf die Bedenken einzugehen.

„Äh..., Mittwoch?“

„10 Punkte Abzug für Gryffindor“, schnarrte Severus trocken.

„Na wenigstens keine Strafarbeiten“, gab Harry grinsend zurück.

„Nochmal der Versuch, wissen Sie welcher Tag heute ist?“

„Ich bin mir sicher, dass Mittwoch ist.“

„Mir ging es eher um das Datum.“

Harry runzelte die Stirn bevor er sehr blass wurde und murmelte, „heute ist der 31. Juli.“

„Was ist an diesem Datum besonders?“, fragte Severus weiter. Er wurde mit großen Augen angesehen. „Potter, sie sind ein hoffnungsloser Fall“, seufzte Severus während er seinen Zauberstab zog und ihn kurz schwang, vor Harry auf dem Tisch erschien ein Päckchen, „trotzdem alles Gute zum Geburtstag.“

„Sie wissen, wann ich Geburtstag habe? Wieso?“, fragte Harry mit einem fassungslosen Blick auf das Päckchen.

„Weil ich Lily einen Tag nach ihrer Geburt im St. Mungo besucht habe“, gestand Severus. Jetzt wurde er angesehen als wäre ihm ein zweiter Kopf gewachsen, er schüttelte grinsend den Kopf und deutete auf das Päckchen, „mein Geschenk an Sie.“

„Aber kein Zaubertränkebuch, oder?“

„Nein, diese Hoffnung habe ich aufgegeben. Ihre Mutter hat ihre Begabung mit ins Grab genommen.“

„Das ist das erste Mal, dass ich Sie von meiner Mutter reden höre. Warum so plötzlich?“, fragte Harry.

Statt einer Antwort deutete Severus auf das Päckchen. Mit einem fragendem Gesichtsausdruck griff Harry jetzt danach, er strich kurz über das schwarze Papier und öffnete es dann, zum Vorschein kam ein Buch, ein ziemlich abgegriffenes Buch. Er war enttäuscht und sein Gesichtsausdruck musste offensichtlich sein.

Severus schnarrte sofort, „nochmal 10 Punkte Abzug für Gryffindor für die Beurteilung einer Sache nach dem Äußeren. Wenn Sie es nicht wollen, können Sie es gerne hier lassen wenn Sie gehen.“

Harry sah überrascht auf, die sonst so kalte Stimme war schneidend und bösartig. Irgendetwas musste an diesem Buch besonderes sein wenn er so reagierte also wandte Harry den Blick jetzt wesentlich aufmerksamer auf das Buch.

Es war wirklich alt und abgegriffen aber auf den zweiten Blick erkannte er, dass es auch sehr gepflegt war. Er spürte die Bewahrungszauber auf dem Einband und zögerte damit es aufzuschlagen. Doch ein auffordernder Blick seines Gegenübers überzeugte ihn, dass er es öffnen konnte ohne verflucht zu werden. Allerdings kam er nur zur ersten Seite denn mit dem, was da stand, musste er erst einmal klar kommen.
 

„Hallo Sev,
 

Ich habe eine ganz tolle Idee. Wir kleben alle unsere Fotos in das Buch, dann verlierst du keins mehr. Wenn wir dann richtig zaubern können, suchen wir das Foto. Wir finden es bestimmt, du musst nicht mehr traurig sein.
 

Wir können auch andere Dinge rein kleben, diese Feder, die du so schön fandest. Und die Muschel, lass uns bitte die Muschel mit rein kleben, die war so schön. Und die Blüte. Die du mir verzaubert hast, die muss unbedingt mit rein. Wir finden bestimmt noch ganz viele schöne Dinge, die wir rein kleben können.
 

Wir sehen uns dann in Hogwarts, hoffentlich geht es deiner Mama bald wieder gut. Sag ihr liebe Grüße von mir und gute Besserung.
 

Deine Lily.“
 


 

Er starrte die Seite mehrere Minuten an doch an den Worten änderte sich nichts. Die Schrift war etwas schief und krakelig, als ob seine Mutter noch nicht alt gewesen war als sie das geschrieben hatte.

„Ich habe dieses Buch als Elfjähriger zu Weihnachten von Ihrer Mutter bekommen.“

Severus' Stimme riss Harry aus seinen Gedanken, er sah überrascht auf und fragte, „und Sie wollen es mir schenken? Das kann ich nicht annehmen, es ist zu wertvoll.“

„Es ist das Exemplar ihrer Mutter.“

„Es gibt zwei?“

„Ja. Lily kam auf die Idee aber damit wir Beide etwas davon haben, haben wir nach Weihnachten ein zweites Buch gekauft und die Fotos immer kopiert“, erklärte Severus bevor er etwas wehmütig lächelte, „der erste Zauber, den ich perfekt konnte, war der Vervielfältigungszauber.“

„Warum wollen Sie mir das schenken? Es ist viel zu wertvoll“, beharrte Harry, „es ist doch eine Erinnerung an meine Mutter.“

Harry hatte weiter geblättert, auf der nächsten Seite war ein Bild von seiner Mutter als Kind, mitten in einem Sturm aus Herbstblättern und lachend, darunter der Schriftzug, „Windzauber sind toll.“

„Ich kann das Buch nicht annehmen, meine Mutter hat bestimmt zu jedem Bild was geschrieben und das kann ich Ihnen nicht wegnehmen“, sagte Harry. Er hörte ein leises Lachen und sah überrascht auf, der Mann konnte lachen?

„So leid es mir ja tut aber das ist nicht die Schrift Ihrer Mutter. Das habe ich geschrieben. Wir haben ins Buch des jeweils Anderen geschrieben, dementsprechend behalte ich das Buch mit den Schriftzügen Ihrer Mutter“, erläuterte Severus mit einem Grinsen.

Harry fühlte sich langsam als hätte ihm jemand den Boden unter den Füßen weggezogen und scheinbar sah er auch genauso aus denn vor ihm erschien ein volles Whiskyglas. Ohne groß darüber nachzudenken, griff er nach dem Glas und stürzte es einfach runter.
 

Langsam und bedächtig blätterte Harry das Buch durch, las die Kommentare und Bemerkungen und versuchte sich vorzustellen, wie Snape und seine Mutter als Kinder waren. Hin und wieder trank er einen Schluck Whisky, er bemerkte nur am Rande, dass sich sein Glas immer wieder füllte. Immer, wenn er aufsah, war Snape in ein Buch vertieft. Manchmal sah er ihn an aber meistens bekam Snape es nicht mal mit und so vertiefte sich Harry wieder in das Album.
 

„Ich weiß nicht, was ich sagen soll“, murmelte Harry irgendwann.

„In normalen Fällen sagt man Danke“, kam trocken zurück.

„Natürlich. Danke. Vielen Dank. Das ist ein tolles Geschenk“, sagte Harry schnell, „ich weiß trotzdem nicht wirklich, was ich sagen soll. Die letzten Seiten, hatten Sie nach der Schule noch Kontakt zu meiner Mutter. Ich dachte, dass Sie nicht mehr mit Ihnen geredet hat, nach dieser Sache.“

„Lily war zu gut für diese Welt. Wir hatten Kontakt, über Eule und Flohnetzwerk, immer hinter dem Rücken ihres Vaters. Er wusste auch nicht, dass ich Lily im St. Mungo besucht habe“, sagte Severus.

„Er hätte es nie erlaubt“, gab Harry zu Bedenken.

„Nein, er hätte wohl Angst gehabt, dass ich Sie als Baby verfluche.“

Harry wollte antworten aber da typische Plopp eines Hauselfen hielt ihn davon ab.

„Was ist?“, fragte Severus sofort.

„Soll Fino das Abendessen nach draußen bringen oder essen Master Snape und sein Gast drinnen?“, fragte Fino.

„Abendessen?“

„Ist es schon so spät?“

Fino nickte als Antwort auf beide Fragen und sah erwartungsvoll von einem zum Anderen.

„Ähm, ich...“, begann Harry, doch er wurde sofort unterbrochen.

„Ersparen Sie Ihrem Hirn die schwere Aufgabe sich eine Ausrede einfallen zu lassen, die mich nicht beleidigt. Ich helfe auch so bei der Therapie.“

Harry schluckte, dieser Mann kannte ihn wirklich sehr gut. Er sah ihn etwas skeptisch an, wie viele solcher Ausreden hatte Snape schon gehört, dass er sofort davon ausging, dass auch er eine Ausrede gesucht hatte? Wie einsam war dieser Mann eigentlich? Hatte er überhaupt Freunde? Oder lebte er hier mit Fino alleine? Von Draco wusste er, dass zumindest zu den Malfoys kein Kontakt mehr bestand, warum auch immer? Er war sich des bohrenden Blickes bewusst und fasste schnell einen Entschluss. Mit einem Lächeln wandte er sich an Fino und sagte, „ich würde gerne zum Abendessen bleiben.“

Der Hauself strahlte ihn förmlich an und fragte, „wo möchten Master Snape und sein Gast essen?“

„Hier“, war alles, was Severus sagte und schon war Fino wieder verschwunden. „Was erhoffen Sie sich davon?“, knurrte Severus sofort.

„Ich weiß nicht, was Sie meinen. Es ist spät, ich habe Hunger und bin zu faul um mir noch etwas zu machen. Kreacher kocht zwar ganz gut aber ich bin froh wenn ich aus diesem Haus raus komme. Außerdem können Sie etwas Gesellschaft vertragen“, erklärte Harry immer noch lächelnd.

Er erntete damit einen Blick als wäre er ein Flubberwurm und ein leises Schnauben, aber keine Wiederworte.
 

Kurze Zeit später tauchte der erste Gang ihres Abendessens auf, tiefe Teller mit einer rötlichen Cremesuppe mit Croûtons. Der Tee verschwand und machte Platz für zwei Karaffen samt der zugehörigen Gläser.

„Wein oder Saft?“, fragte Severus mit einem Deut auf die Karaffen.

„Wein“, gab Harry zurück und schon erhob sich die Karaffe mit dem roten Inhalt um ihnen einzuschenken.

Vor Severus tauchten gerade drei Phiolen auf, die er ohne viele Worte einfach trank. Den fragenden Blick von Harry ignorierte er gekonnt und murrte stattdessen, „guten Appetit.“

„Ebenfalls“, sagte Harry und begann zu essen, er wollte den Mann nicht provozieren.

Es wunderte ihn sowieso, dass er ihn zum Abendessen duldete, vor allem angesichts der Tatsache, dass er diese Phiolen scheinbar vor dem Essen nehmen musste. Harry erinnerte sich gut an die Verhandlung und die Aussagen von Smethwyck, Snape musste einige Tränke nehmen um mehr oder weniger gesund zu bleiben. Das Gift von Nagini hatte sehr viel Schaden angerichtet und der Biss..., Harry sah von seiner Suppe auf und musterte die linke Halsseite seines Gastgebers. Allerdings war die Haut durch den hohen Kragen der Robe verhüllt, hatte der Mann auch andere Sachen außer Roben?

„Sie sollten sich ihrem Essen zuwenden“, erklang der gut gemeinte Rat.

Harry zuckte zusammen, murmelte eine Entschuldigung und aß schnell weiter. Allerdings dachte er über etwas nach, was ihm gerade in den Sinn kam. Smethwyck hatte erwähnt, dass Snape einen Trank nahm damit seine Stimme so klang wie früher, scheinbar hatte der Biss der Schlange seine Stimmbänder stark beschädigt. Der Heiler war damit absolut nicht einverstanden denn die Nebenwirkungen waren sehr stark aber Snape ließ sich nicht umstimmen. Das hieß im Umkehrschluss, dass er schon den ganzen Tag unter Einfluss dieses Trankes stand und das nur, um mit ihm zu reden? War eine dieser Phiolen etwas der Sprachtrank? Hatte er jetzt nur wegen ihm noch einen Trank nehmen müssen? Er warf seinem Gegenüber einen kurzen Blick zu, der fast sofort erwidert wurde.

„Soll ich vielleicht lieber gehen?“, fragte Harry leise.

„Schmeckt Ihnen das Essen nicht?“, war die Gegenfrage.

„Nein, es ist gut.“

„Was ist dann der Grund Ihrer überstürzten Aufbruchspläne?“

Harry hörte wieder diesen Unterton aus seiner Stimme heraus und verstand, dass Severus das sofort auf sich bezog. Wieso war ihm eigentlich nie aufgefallen wie unsicher dieser Mann ist? Er atmete tief durch und erklärte dann, „von Smethwyck weiß ich, dass Sie einen Trank nehmen damit Ihre Stimme normal klingt. Bevor Sie ihn jetzt verfluchen wegen der Verletzung der Schweigepflicht, er hat es nicht wirklich gesagt aber sich darüber aufgeregt, dass Sie so ein Sturkopf sind und keinen anderen Trank nehmen. Einen Trank, der weit weniger Nebenwirkungen hat als der, den Sie momentan nehmen. Mir ist jetzt erst aufgefallen, dass Ihre Stimme völlig normal klingt also müssen Sie den Trank genommen habe. Jeder Trank wirkt nur eine bestimmte Zeitlang und je länger ich hier bin, umso mehr müssen Sie davon nehmen. Deswegen die Frage ob ich vielleicht gehen soll.“

Er wurde etwas erstaunt angesehen angesehen bevor Severus sagte, „Ihre Einstellung in allen Ehren aber das hätten Sie sich vor dem Abendessen überlegen müssen. Essen Sie sonst beleidigen Sie Fino und ein rachsüchtiger Hauself ist mit Vorsicht zu genießen. Zudem es sowieso zu spät für den zusätzlichen Trank ist, also essen Sie, sonst wird es noch ganz kalt.“

Damit war das Thema für Severus scheinbar erledigt denn er aß einfach weiter. Harry war in seinem Verdacht bestätigt, dass eine der Phiolen der Sprachtrank gewesen war. Damit war es wirklich zu spät also aß er auch weiter.
 

Das Thema Tränke wurde im Laufe des Abends nicht wieder angesprochen, stattdessen unterhielten sie sich über Gott und die Welt und das im wahrsten Sinne des Wortes. Hätte irgendjemand Harry vor ein paar Wochen, nein, vor ein paar Tagen noch erzählt, dass er mal mit Severus Snape in dessen Vorgarten sitzen würde und sich dabei köstlich amüsierte, hätte er denjenigen zu Albus ins St. Mungo gebracht. Aber es war so. Irgendwann hatte Severus ein paar Wärme- und Lichtzauber gesprochen, so konnten sie wesentlich länger draußen sitzen und sich unterhalten. Sie räumten mit ein paar Vorurteilen auf, auch wenn sich Harry sicher war, dass sie nie Freunde werden würden aber sie würden sich nicht mehr gegenseitig an die Kehle gehen. Severus würde ihm bei der Therapie von Albus helfen. Der Abend wurde später und das Weinglas war immer gut gefüllt, es war nicht wirklich ein Wunder, dass Harry irgendwann nichts mehr mitbekam.

Kapitel 15

Kapitel 15
 

Mit einem leisen Stöhnen und einem gewaltigen Brummschädel wachte Harry am nächsten Morgen auf. Er konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal solche Kopfschmerzen hatte, selbst nach seinem Saufgelage mit George hatte sein Kopf nicht so gepocht. Unter Schmerzen öffnete er die Augen, das Licht war glücklicherweise gedämmt und stach nicht in den Augen aber dennoch brauchte er ein paar Minuten um seine Umgebung wirklich wahr zu nehmen. Das war nicht der Grimmauldplatz, weder sein Schlafzimmer, noch das Wohnzimmer. Also wo war er? Was hatte er zuletzt getan?

Langsam kamen die Erinnerungen wieder, er hatte Snape die Alraune gebracht und der hatte ihn zum Tee eingeladen. Aus dem Tee ist das Abendessen geworden und dann hatten sie den Abend mit Wein und Whisky ausklingen lassen. Aber so wirklich an den genauen Wortlaut konnte sich Harry nicht erinnern. Er sah sich nochmal um, ganz eindeutig ein Wohnzimmer, klein, dunkel und mit voll gestellten Regalen, die die Wände säumten. Zwei Türen und eine Treppe führten hinaus. Er kannte das Zimmer nicht und da er davon ausging, dass er viel zu besoffen war um noch irgendwo hinzugehen oder zu flohen, blieb nur der Verdacht, dass er in Snapes Wohnzimmer lag.

In einem Bett, wahrscheinlich hatte jemand das Sofa verwandelt und noch immer in seine Sachen von gestern gekleidet. Da sich Harry sicher war, dass er dazu nicht mehr in der Lage gewesen war, musste es wohl Snape gewesen sein. Was war gestern eigentlich geschehen? Er konnte sich zwar noch bruchstückhaft an den Abend erinnern aber die kompletten Gespräche bekam er nicht zusammen. Mit einem Murren ließ er sich zurück ins Kissen fallen, es war still im Haus und irgendwie fand er noch nicht die Ambition um aufzustehen. Zudem war er sich sicher, dass Snape nicht sehr begeistert wäre wenn er in seinem Haus herumgeisterte. Also würde er warten bis der Hausherr selber aufstand.
 

Es dauerte nicht lange bis Harry Geräusche hörte und kurz darauf erklang ein leises Knarzen, Harry kannte dieses Geräusch von einigen Treppen im Grimmauldplatz. Er setzte sich auf und kurz darauf kam Snape die Treppe runter, wie immer gekleidet in seine schweren Roben. Harry fragte sich abrupt ob dieser Mann immer Roben trug oder sie nur an hatte, weil er hier war. Snape zögerte am Fußende und schnarrte dann, „Guten Morgen, … Potter.“

Etwas verwirrt runzelte Harry die Stirn als eine Erinnerung durch sein Hirn schoss.
 

„Potter, Sie sind wirklich eine Landplage.“

„Ist mir bewusst. Aber besser als ein parteiischer, griesgrämiger Tränkeprofessor“, gab Harry grinsend und nicht ganz nüchtern zurück.

„Ich bin nur streng.“

„Von wegen, Sie haben mich zu jeder Zeit fertig gemacht. Völlig grundlos und nur weil Sie mich mit meinem Vater verglichen haben. Immer hieß es, Potter!“

Severus grinste und sagte, „Sie können das nicht. Das muss heißen Potter!“

Harry musste sich eingestehen, dass die Betonung völlig anders war und obwohl es das gleiche Wort war, klang es völlig anders. Er schnaubte, „Sie sind der Einzige, der meinen Nachnamen wie eine wirklich eklige Trankzutat aussprechen kann.“

„Ich hatte genug Übung“, gab Severus grinsend zurück.

„Das ist aber nicht fair. Mein Vater hat Sie tyrannisiert, ich habe nie etwas getan“, protestierte Harry.

„Außer sämtliche Regeln zu brechen, sich ständig in Lebensgefahr zu begeben und ständig zu widersprechen, stimmt, da haben Sie nichts getan.“

„So würde ich das jetzt nicht sehen.“

„Wie dann, Potter?“

„Hören Sie endlich auf meinen Namen so auszuspeien, da wird man ja verrückt“, fuhr Harry auf.

„Wie soll ich Sie dann nennen?“, fragte Severus.

„Harry.“

„Nicht Ihr Ernst.“

„Doch, mein voller Ernst. Merlin, wir sitzen hier und besaufen uns, da können Sie mich auch duzen und beim Vornamen nennen“, murrte Harry.

Er wurde abschätzend angesehen bevor sein Gegenüber fragte, „gehe ich Recht in der Annahme, dass Sie dasselbe Recht für sich einfordern?“

„So schrecklich ist Ihr Vorname jetzt nun auch nicht“, gab Harry grinsend zurück, „ich könnte mich daran gewöhnen.“

„Aha. Nun dann.“

Die Whiskygläser verschwanden und machten Platz für zwei volle Sektgläser, Severus reichte Harry eins und hielt sein Eigenes zum Anstoßen hoch. „Severus, sehr erfreut“, schnarrte er.

Etwas verblüfft starrte Harry ihn einen Moment an bevor er grinste und mit einem erfreuten, „Harry, die Freude ist ganz meinerseits“, anstieß.

Zwar verzog Severus kurz das Gesicht, grinste aber dann und trank einen Schluck.
 


 

„Guten Morgen, Severus, wir waren doch beim Du, oder irre ich mich da?“, fragte Harry mit einem leichten Lächeln.

„Du kannst dich daran erinnern?“

„Grob und bruchstückhaft aber das habe ich mir gemerkt. So oft bekommt man ja nicht das Du von Severus Snape angeboten.“

„Sehr witzig. Frühstück?“, fragte Severus mit einem schiefen Grinsen.

„Gerne.“

Severus nickte und deutete auf die Türen. „Rechts die Küche, Fino wird schon alles anrichten. Links der Flur und das Gästebad, es ist eigentlich alles da um sich frisch zu machen“, erklärte er.

„Danke.“

Wieder ein kurzes Nicken und dann verschwand Severus in der Küche. Harry streckte sich erst mal ausgiebig bevor er aufstand und das Bad suchen ging. Er fand es erstaunlich schnell und Severus hatte Recht gehabt, es lagen genug Sachen bereit damit er sich wieder wie ein Mensch fühlen konnte. Etwas verwirrt inspizierte er allerdings einen Kleiderhaufen, war das für ihn? Wenn ja, woher hatte Fino das?

„Fino?“

Es dauerte einen Moment und dann ploppte der Hauself vor ihm auf. „Ja?“

„Guten Morgen, Fino. Sind die Sachen für mich?“, fragte Harry während er schon das Shirt anhob und es ihm verdächtig bekannt vorkam, „und wo hast du die her?“

„Fino ist zu Master Potter nach Hause gegangen und hat Hauself von Master Potter nach Kleidung gefragt. Kreacher war sehr nett, hat Fino Kleidung für Master Potter gegeben und Fino hat sie hergebracht“, erklärte Fino mit einem Strahlen.

„Danke schön“, war alles, was Harry raus brachte. Er konnte sich nicht vorstellen, dass Kreacher nett war.

„Braucht Master Potter noch etwas? Fino muss das Frühstück machen.“

„Nein, danke. Alles perfekt.“

Fino nickte nochmal und ploppte dann weg, Harry stand noch einen Moment fassungslos da, zuckte aber dann mit den Schultern und zog sich aus. Wenn er schon frische Sachen hatte, könnte er auch gleich duschen gehen.
 

Wenig später betrat Harry frisch geduscht die Küche, das Frühstück stand bereits auf dem Tisch und Severus versteckte sich hinter einem Tagespropheten. Er sah auch nicht auf als Harry sich setzte und sich einschenkte.

„Es ist unhöflich seinen Gast zu ignorieren“, murrte er nach ein paar Minuten.

Der Tagesprophet wurde gesenkt, ein vernichtender Blick traf ihn.

Harry ignorierte den Blick und fragte, „bleiben wir beim Du oder kommen wir wieder auf Potter zurück?“

„Kommt auf meine Laune an“, gab Severus mit einem schwachen Grinsen zurück.

„Dann heiß ich ja ständig Potter, das ist nicht fair.“

„Ich muss nicht fair sein, hier, dass dürfte dich interessieren“, sagte Severus. Er schob ihm den Propheten zu, Harry runzelte fragend die Stirn, schlug aber die Zeitung auf und musste nicht lange suchen um den Artikel zu finden, den Severus meinte.

„Diese verdammte Klatschtante“, murrte er. Nach wenigen Worten schnaubte er und schob den Propheten weg. „So einen Schwachsinn muss ich mir nicht antun. Ich weiß, dass ich geschieden werde.“

„Wäre es in der jetzigen Situation nicht das Beste wenn die Familie zusammen hält?“, fragte Severus zwischen zwei Bissen Toast.

„Wäre es wohl aber wird es nicht“, gab Harry ausweichend zurück.

„Also ist die Scheidung beschlossene Sache?“

„Was interessiert dich das?“

„Verzeih wenn ich versuche eine Unterhaltung zu führen, wir können uns natürlich auch das ganze Frühstück über anschweigen“, knurrte Severus.

„Da gäbe es weit unverfänglichere Themen.“

„Die weder dich noch mich interessieren und da ich sinnlose Konversation auf den Tod nicht leiden kann, werde ich jetzt nicht damit anfangen.“

„Gutes Argument“, sagte Harry, „ja, die Scheidung ist beschlossene Sache. Sie will sogar das alleinige Sorgerecht für die Kinder beantragen.“

„Mit welcher Begründung?“

„Ich wäre ein schlechter Vater, der seine Kinder im Stich lässt und sich nicht für sie einsetzt.“

„Weil du Shacklebolt nicht dazu überredet hast, die Sache unter den Tisch fallen zu lassen? Das hätte er nicht geschafft und damit kommt sie nicht durch“, gab Severus zurück.

„Wieso hätte er das nicht geschafft?“

„Weil weder Hippocrates noch deine Freundin Hermine sich so einfach hätten ruhig stellen lassen.“

„Aber du warst der Hauptkläger und, nichts gegen dich, aber wer hätte dir geglaubt?“, fragte Harry, „du bist nicht gerade der vertrauenerweckende Typ von nebenan.“

„Stimmt, der böse, böse Todesser. Aber Hippocrates nicht. Ihm hätte man geglaubt, vor allem weil er die Unterstützung des Leiters des St. Mungo hat. Wir hätten kurzerhand alles veröffentlicht. Das Band, die Aussage von Fino, meine Krankenakte, die Aussagen von Hermine und Hippocrates und mein Angebot einer Aussage unter Veritaserum. Spätestens dann hätte Shacklebolt reagieren müssen und er kann uns nicht alle drei verschwinden lassen“, erklärte Severus.

„Du hättest wirklich deine eigene Krankenakte veröffentlicht nur um meiner Familie eine auszuwischen?“, fragte Harry fassungslos.

„Nein, um der Wahrheit ans Licht zu verhelfen. Ich mag ein Todesser sein aber was glaubst du, hätte die Gesellschaft gemacht wenn wir das alles veröffentlicht hätten?“

„Die hätten das Ministerium unter Druck gesetzt, es wäre also so oder so zur Verhandlung gekommen“, flüsterte Harry, „man hätte Albus also immer verurteilt.“

„Ja, nur mit einem Unterschied.“

„Welcher?“

„Hätte ich die Verhandlung erzwingen müssen, hätte ich meine Anklagepunkte nicht fallen gelassen. Dein Sohn wäre nach seiner Heilung für sehr lange Zeit nach Askaban gegangen“, sagte Severus.

Harry starrte ihn einen Moment an, trank dann einen Schluck Kaffee und sagte, „dann habe ich richtig gehandelt.“

„Hast du. Auch wenn ich das nicht geglaubt habe.“

„Danke.“

„Bitte.“

Fast gegen seinen Willen musste Harry grinsen, wieso war ihm dieser schwarze Humor nicht schon früher aufgefallen?

„Was hast du heute noch vor?“, fragte Severus plötzlich. Völlig verwirrt sah Harry ihn an, was zu einem Schnauben führte. Severus deutete auf den Propheten und sagte, „im Gegensatz zu dir bin ich in der Lage uninteressante Themen auszublenden und nur Dinge zu lesen, die mich interessieren. Hättest du weiter gelesen, wüsstest du, dass deine Noch-Ehefrau heute ein Freundschaftsspiel gegen die Appleby Arrows hat. Die Redaktion des Tagespropheten wünscht ihr viel Kraft in dieser schwierigen Lage aber für uns heißt das, dass sie keinesfalls im St. Mungo sein kann. Muss ich noch weiter ausführen oder reicht die Restkapazität deines Gehirns aus, um das Offensichtliche zu erkennen?“

Harry warf ihm einen bösen Blick zu, der völlig erfolglos an Severus abprallte und sagte dann niedergeschlagen, „wenn wir heute ins St. Mungo gehen, besteht nicht die Gefahr, dass wir Ginny treffen.“

„Gratuliere, Potter.“

„Harry.“

„Momentan nicht, erst wenn du dein Gehirn wieder einsetzt“, schnarrte Severus.

„Also heiße ich jetzt immer Potter wenn ich was falsch mache?“

„Dann brauche ich deinen Vornamen nie.“

„Danke, Severus.“

Diesmal grinste Severus nur und sparte sich seine Antwort, sie wäre eh sehr zynisch gewesen.

Harry beschloss das Thema auf sich beruhen zu lassen und fragte stattdessen, „bekommen wir so schnell einen Termin bei Yoxall?“

„Zur Not müsste auch Hippocrates reichen um uns rein zu lassen aber ich denke mal, Yoxall freut sich wenn wir so schnell wie möglich auftauchen.“

„Wollen wir gleich los?“, fragte Harry, „ich bin fertig mit frühstücken.“

„Ich auch. Ich muss noch etwas aus dem Labor holen, du kannst im Wohnzimmer warten, wir flohen ins St. Mungo“, erklärte Severus während er sich schon erhob.

„Mach ich“, war alles, was Harry sagte. Er konnte sich denken, was Severus noch holen wollte und da das Thema ihm meistens sehr unangenehm war, versuchte es Harry gar nicht erst anzuschneiden. Auch wenn er nicht ganz verstand was so schlimm daran war wenn er auf Tränke angewiesen war.
 

„Was willst du hier?“

„Wie immer freue ich mich auch über deine freudige Begrüßung“, knurrte Severus.

Hippocrates sah erst ihn und dann Harry skeptisch an doch dann erhellte sich sein Gesicht und er wandte sich direkt an Harry, „du hast den alten Griesgram also rum gekriegt.“

„Ja, ich bin sehr überzeugend“, grinste Harry.

„Der alte Griesgram flucht euch Beide gleich durch die nächste Wand“, kam trocken von Severus.

„Spar dir deinen Atem für den jungen Potter.“

„Was soll ich ihm eigentlich sagen?“, fragte Severus, „der hat bis jetzt auch nicht auf mich gehört.“

Hippocrates winkte sie zum Mitkommen und erklärte während des Laufens, „du musst sehr direkt sein, wirklich direkt. Er darf keines deiner Worte falsch interpretieren können, kein kleines Schlupfloch, keine zweideutigen Bemerkungen, nichts. Du musst ernst und entschlossen auftreten, kein Zögern, kein Äh oder Ähm. Du darfst ihn gerne beleidigen aber ich glaube, dass du mit Ernsthaftigkeit besser voran kommst.“

„Was ist mit Körperkontakt?“, fragte Severus dazwischen.

„Bitte?“, kam von Harry während Hippocrates stehen blieb und ihn fragend ansah.

Severus seufzte theatralisch und knurrte, „nein, ich will den Bengel nicht anfassen, nicht mal mit der Kneifzange. Aber ich gehe davon aus, dass er nicht festgebunden ist und ich ihn auch nicht festfluchen darf. Er wird nicht nur still da stehen und sich meine Predigt anhören, er wird alles versuchen um mich zu überzeugen und ich persönlich denke, dass er auch versuchen wird mich anzufassen. Daher frage ich, wie ich in dieser Situation handeln soll? Wegstoßen? Wegfluchen? Ignorieren?“

Harry senkte den Blick und fühlte sich extrem schuldig während Hippocrates den Kopf schief legte und meinte, „die letzte Variante, wenn du das schaffst.“

„Kein Problem.“

„Was ist, wenn er versucht ihn zu küssen?“, fragte Harry.

„Albus ist kleiner als Severus“, sagte Hippocrates bevor er sich an Besagten wandte, „wenn du den Kopf hoch hältst, dürfte er eigentlich keinen Erfolg haben.“

„Ich darf mich nicht verteidigen?“

„Ich glaube, das wäre kontraproduktiv. Wenn du seine Annäherungsversuche einfach ignorierst, hast du wahrscheinlich mehr Erfolg aber sollte er wirklich extrem zudringlich werden, kannst du dich natürlich wehren“, sagte Hippocrates.

„Ihr redet hier von einem Sechzehnjährigen“, warf Harry etwas verzweifelt ein.

Er erntete von Hippocrates einen mitleidigen und von Severus einen genervten Blick.

„Ich verfluche deinen Sohn schon nicht.“

„Ich hoffe es, er ist sechzehn.“

„Und hat genug kriminelle Energie für drei aufgebracht“, warf Hippocrates ein. Er setzte sich wieder in Bewegung, Severus und Harry folgten ihm. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach.
 

„Noch Ratschläge?“, fragte Severus. Er stand vor der Tür, hinter der Albus auf seinen Besuch wartete. Die Wand neben ihm war verzaubert, man konnte hinein sehen aber von Innen war es eine ganz normale Wand, mit Bildern und sogar einem Regal mit Büchern. Sämtliche Räume hier auf der Station besaßen solch eine Wand, dadurch konnten die Heiler die Patienten im Auge behalten ohne, dass die etwas davon mitbekamen. Denn viele Patienten benahmen sich in Anwesenheit eines Heilers völlig anders als wenn sie sich unbeobachtet fühlten.

„Zeig dich von deiner kältesten Seite, so unnahbar wie möglich und über allem erhaben“, sagte Hippocrates.

„Stell dir vor, ich bin es“, kam von Harry, „vor allem zu meiner Schulzeit, das müsste perfekt passen.“

„Dann verfluche ich ihn.“

„Du hast mich nie verflucht.“

„Weil du mein Schüler warst, er ist es nicht mehr.“

„Severus, du wirst niemanden verfluchen, ganz einfach. Mach ihn einfach mit Worten fertig, das sollte dir nicht schwer fallen und jetzt los“, sagte Hippocrates, „wir werden auch nicht mithören aber wir warten hier. Wenn es eskaliert, greife ich ein.“

Severus nickte, atmete nochmal tief durch und betrat dann den Raum. Harry und Hippocrates blieben vor der Wand stehen um das Schauspiel zu verfolgen.
 

Sie mussten nichts hören um das Gespräch zu verfolgen. Albus freute sich sichtlich Severus zu sehen, er war aufgesprungen und auf ihn zugeeilt, hatte enthusiastisch auf ihn eingeredet, sich sogar an seiner Robe festgekrallt. Und Severus? Nun, der hatte einfach da gestanden, die Arme vor der Brust verschränkt und mit diesem Blick, den Harry nur zu gut kannte. Dieser Blick, der einem klar machte, dass man weniger wert ist als der Dreck unter seinen Schuhen, weit weniger. Und er schwieg. Nicht ein Wort, kein einziges Wort verließ seine Lippen während er da stand und Albus in Grund und Boden starrte.

Irgendwann schien Albus einzusehen, dass da etwas nicht stimmte, er zögerte und trat einen Schritt zurück, unsicher. Harry hätte wirklich alles dafür gegeben zu erfahren was genau Severus sagte denn seine Lippen bewegten sich jetzt. Wenn er allerdings von seinem Gesichtsausdruck ausging, war es nichts Nettes. Severus hatte diesen Gesichtsausdruck, diese arrogante Hochnäsigkeit, die Harry immer schon an ihm gehasst hatte. Albus wurde jetzt sehr blass, schüttelte aber vehement den Kopf, was zu einer langsam nach oben wandernden Augenbraue bei Severus führte und Harry war sich sicher, dass sein Tonfall jetzt nochmal schärfer, arroganter wurde.

„Ich würde meinen Zauberstab dafür geben um zu erfahren was er ihm jetzt an den Kopf wirft“, sagte Hippocrates gerade.

„Ich auch. Kann man da keinen Zauber sprechen?“, fragte Harry.

Ihm wurde ein skeptischer Blick zugeworfen und dann die Frage, „würdest du wirklich ruhig und gelassen daneben stehen wenn dein Sohn in Grund und Boden geredet wird?“

„Nein.“

„Eben und deswegen lassen wir schön den Stillezauber auf der Wand. Außerdem habe ich es Severus zugesagt, dass wir nicht mithören“, sagte Hippocrates, „ganz ehrlich, so wie Albus gerade aussieht, möchte ich nicht mit ihm tauschen. Egal, was Severus sagt aber es ist scheinbar das Richtige.“

Harry wandte sich wieder der Wand zu und bekam sofort Mitleid mit seinem Sohn.

Albus weinte mittlerweile und krallte sich völlig verzweifelt an Severus' Arm. Doch der blieb wie ein Stein stehen und redete einfach weiter. Scheinbar schlug jedes Wort ein wie ein Blitz denn die Tränen wurden mehr und schließlich wurde es zu viel. Er bracht direkt vor Severus zusammen.

„Wir müssen ihm helfen“, sagte Harry sofort. Als er sich allerdings bewegen wollte, musste er feststellen, dass seine Füße am Boden fest geflucht waren. „Was soll das?“

„Du bleibst hier. Jetzt da rein zu gehen, wäre das Falscheste, was du tun kannst“, sagte Hippocrates.

„Aber mein Sohn...“

„Muss da jetzt durch. Da, sieh genau hin, da ist viel Schauspiel dabei. Ich mag kein Geistheiler sein aber ich erkenne einen Schauspieler, wenn ich einen sehe.“

„Du denkst, er schauspielert?“, fragte Harry.

„Sieh hin.“

Harry folgte der Aufforderung und sah wieder in den Raum, dort klammerte sich Albus gerade an Severus' Bein und redete weiter auf ihn ein.

Fast zehn Minuten redete Albus noch auf Severus ein, klammerte sich an ihn und weinte fast die ganze Zeit aber auch Harry musste sich eingestehen, dass sein Sohn einen großen Teil dieser Szenerie schauspielerte. Immer wieder sah er berechnende Blicke, seltsame Lächeln und vor allem kamen die Tränen immer genau im richtigen Moment. Harry bewunderte Severus in diesem Moment, er wusste nicht ob er das so gekonnt hätte. Auch wenn er wusste, dass Albus nur schauspielerte, tat es ihm in der Seele weh und er hätte wahrscheinlich alles getan damit es ihm wieder besser ging. Nun, Severus schien das anders zu sehen denn er redete einfach weiter.

„Jetzt sagt er das Richtige“, sagte Hippocrates gerade.

„Wieso?“

Statt einer Antwort deutete der Heiler in den Raum, wo Albus gerade wie geschlagen zurückzuckte. Er rappelte sich hoch, gestikulierte wild doch Severus schüttelte nur immer wieder den Kopf. Albus wollte wieder einen Schritt auf ihn zu gehen allerdings schien es Severus zu reichen. Schneller als Harry oder Hippocrates gucken konnten, hatte er den Jungen gegen die Wand gedrängt, die Hände in seinem Kragen gekrallt. Harry sah seinen Gesichtsausdruck nicht, konnte ihn sich aber sehr gut vorstellen denn wie oft hatte er ihn mit diesem Blick angesehen. Ihm hatte er immer Angst gemacht, egal ob er elf oder vierzig war und er war sich sicher, dass es Albus genauso ging. Denn sein Sohn wurde gerade sehr blass, nickte zitternd und rutschte einfach an der Wand hinunter als Severus ihn los ließ. Dann sagte er noch etwas, wieder ein extrem zittriges Nicken von Albus und schließlich wandte sich Severus um und verließ den Raum.
 

Mit einem Seufzen lehnte sich Severus an die Tür, er schloss kurz die Augen und atmete mehrmals tief durch. Die Schritte neben ihm ließen ihn sehr schnell seine Fassung wieder gewinnen, er öffnete die Augen und wandte sich Harry und Hippocrates zu. „Reicht das?“, fragte er.

Hippocrates warf einen Blick in den Raum, Albus saß noch immer an derselben Stelle, die Beine angezogen und die Arme um die Knie geschlungen, das Gesicht versteckt.

„Ich weiß es nicht. Wir geben ihm jetzt etwas Zeit um darüber nachzudenken und dann wird Oliver mit ihm reden. Aber es kann sein, dass du nochmal kommen musst“, sagte er.

„Nur wenn jemand Mrs. Potter von hier fern hält.“

„So viel Angst vor einer Frau?“, fragte Hippocrates grinsend.

Severus blieb ruhig und sagte, „nein, nur keine Lust nach Askaban zu gehen. Ich werde mich nicht von einer hysterischen Frau sinnlos anschreien lassen sondern meinen Zauberstab nutzen. Das will niemand.“

„Ginny hat öfters mal Training oder Spiele und wenn keiner etwas sagt, wird sie es nie erfahren“, warf Harry ein.

„Einverstanden. Hippocrates, du kannst mir eine Eule schicken und Harry?“

„Ja?“

„Du brauchst dich nicht mehr bei mir blicken zu lassen, ich helfe deinem Sohn und damit hat es sich. Ich brauche keine kindische Nervensäge, die mir meine Ruhe stört also halte dich von mir fern“, knurrte Severus. Er wartete bis Beide genickt hatten und ging dann.
 

„So ein Griesgram. Aber Harry? Seit wann denn das?“, fragte Hippocrates grinsend.

„Seit gestern, irgendwann zwischen der dritten und sechsten Flasche Feuerwhisky“, gab Harry genauso grinsend zurück, „aber scheinbar hat sich das schon wieder erledigt.“

„Severus ist ein sehr schwieriger Mensch, bei dem man sehr viel Ausdauer braucht.“

„Soll das heißen, ich soll mich nicht so abspeisen lassen?“, fragte Harry.

„Mir persönlich ist es egal aber ich glaube, ihr könnt beide einen Freund gebrauchen, der einem die Wahrheit ins Gesicht sagt. Harry, ich kann dir nicht sagen ob der Besuch etwas bei Albus gebracht hat. Ich werde dich kontaktieren wenn Oliver mit ihm geredet hat und versuche bitte deine Frau da raus zuhalten, die wird uns sonst die Hölle heiß machen.“

„Ich versuch es.“

„Mach es.“

Harry nickte nur, sie wussten Beide, dass es fast unmöglich war Ginny aufzuhalten wenn sie von der Sache Wind bekam. „Ich werde mein Bestes gebe. Hippocrates, ich gehe, es war sehr viel für einen Tag.“

„Tu das.“

Harry warf noch einen Blick in das Zimmer, sein Sohn saß noch immer in derselben Stellung da. Er seufzte leise und ging dann, er musste in aller Ruhe darüber nachdenken.
 

Zwei Wochen und drei Besuche von Severus im St. Mungo später stand Harry wieder vor der schwarzen Holztür und klopfte an. Es dauerte nicht lange bis ihm geöffnet wurde, eine schwarze Augenbraue ruckte nach oben doch dann seufzte Severus und trat beiseite, bedeutete ihm einzutreten. Stirnrunzelnd trat Harry ein, folgte seinem unfreiwilligen Gastgeber ins Wohnzimmer und setzte sich auf die Couch, auf die Severus deutete.

„Ähm, da du mich noch nicht zynisch zurechtgewiesen hast, dass ich hier nichts zu suchen habe, gehe ich davon aus, dass du diesen Sprachtrank noch nicht genommen hast. Da du ihn auch nicht nimmst, hast du entweder keinen mehr oder kannst ihn nicht nehmen“, begann Harry während er in seiner Tasche kramte und ein Pergament zum Vorschein brachte, „da du deinen Zauberstab auch noch nicht gezogen hast, gehe ich ebenfalls davon aus, dass du zumindest hören willst, warum ich hier bin. Wenn es dich nicht interessiert, wirst du mich wahrscheinlich aus dem Haus fluchen.“

Zu seiner Überraschung nickte Severus und deutete fragend auf das Pergament.

„Hast du die Berichte von Yoxall bekommen?“, fragte Harry. Der Blick seines Gegenübers wurde höhnisch und Harry verbesserte sich schnell, „stimmt, die offiziellen Berichte gehen natürlich nur an die Angehörigen. Hast du ganz zufällig mit Hippocrates geredet?“

Nicken.

„Dann weißt du, dass deine Besuche etwas bringen?“

Wieder Nicken.

„Gut. Yoxall wusste leider nicht, dass Ginny davon nichts wissen darf und hat ihr in seinem letzten Bericht geschrieben warum sich Albus langsam verändert. Nun, das Ergebnis ist dieses hier“, sagte Harry niedergeschlagen während er das Pergament über den Tisch schob.

Severus nahm es und schon nach den ersten Worten ließ er es fassungslos wieder sinken.

„Ja, es ist, was da steht. Eine Unterlassungsklage, weder du noch ich dürfen uns Albus mehr nähern. Ich habe schon Widerspruch eingelegt, genau wie Hippocrates und Yoxall aber das wird dauern. Zudem wirft es kein gutes Licht auf die Sorgerechtsklagen.“ Der Blick wurde fragend und Harry seufzte, „Ginny stellt es jetzt so hin, dass ich Albus' Gesundheitszustand absichtlich gefährde weil ich dich zu ihm lasse. Er wäre jetzt labiler als vorher und überhaupt, bin ich ja ein ganz furchtbarer Vater.“

Jetzt zog Severus doch seinen Zauberstab, Harry dachte im ersten Moment, dass er ihn raus fluchen wollte aber er schrieb nur etwas vor sich in die Luft, mit einem Schwenk drehte er es zu ihm um.

„Beide Heiler können bestätigen, dass der Zustand von Albus sich verbessert hat also ist dieser Punkt vom Tisch. Zudem dieser Wisch das Papier nicht wert ist, auf dem er geschrieben ist, er ist nicht mal von Shacklebolt unterzeichnet.“

„Muss er das? Die Unterschrift ist doch von einem Richter des Zaubergamot, oder?“

„Ja, ist sie aber nur ein kleiner, unbedeutender Wicht. Geh mit dem Wisch zu Shacklebolt, er wird die Klage sofort zurücknehmen. Dann nimm Kontakt zu Hermine auf, auch wenn ich Weasleys nicht mag aber Bill Weasley hat einen sehr guten Ruf als Anwalt.“

„Ich kann doch nicht meine Frau verklagen“, fuhr Harry auf, „vor allem kann ich nicht ihren Bruder auf sie hetzen.“

„Harry, werd erwachsen. Das ist nicht mehr das kleine Mädchen von früher. Die Frau will dir deine Kinder weg nehmen und wenn du dich nicht dagegen wehrst, wird ihr das bei den zwei Jüngsten auch gelingen. James ist zu alt, er kann sich selber entscheiden. Willst du das?“

„Nein, aber ich kann sie doch nicht verklagen.“

„Willst du warten bis sie dir die Kinder weggenommen hat? Du hast die Berichte von Yoxall und Hippocrates gelesen, Albus' Zustand verändert sich zu seinem Besten und was glaubst du, was passiert wenn wir die Besuche jetzt einstellen? Willst du ihn sein Leben lang im St. Mungo sehen? Sieh es endlich ein, du musst endlich deinen Arsch hoch kriegen.“

Harry seufzte leise, genau dasselbe hatte ihm George auch schon gesagt, und Blaise auch.

Vor ihm erschien erneut Schrift, „ich bin nicht der Erste, der dir das sagt.“

„Nein. George und Blaise haben mir auch schon die Hölle heiß gemacht.“

„Warum kommst du dann zu mir? Hör auf deine Freunde.“

„Ich wollte einen neutrale Meinung.“

„Ich und neutral? Hast du einen falschen Trank genommen? Ich bin ja alles aber nicht neutral.“

Harry lächelte traurig und sagte, „Früher hätte ich viel dafür gegeben, dass du das zugibst.“

„Jetzt bringt es dir nichts mehr. Harry, geh zu Shacklebolt und klär die Sache und geh mir nicht auf die Nerven.“

„Ist das ein Rauswurf?“

Nicken.

„Du weißt, dass ich wieder komme?“, fragte Harry während er das Pergament einpackte und aufstand.

„Ich habe es befürchtet.“

„Dann bis die Tage, Severus.“ Diesmal kam keine Schrift sondern ein Schnauben, was Harry mit einem Grinsen beantwortete. Dann machte er sich wirklich auf den Weg.
 

„Solche Vollidioten, wie können sie es wagen? Solche inkompetenten Schwachköpfe“, zeterte Oliver während er aufgebracht auf und ab ging. Die übrigen Anwesenden sahen sich kurz an aber keiner sagte etwas. Sie dachten zwar dasselbe aber für sie war es nicht so eine bodenlose Beleidigung wie für Oliver.

„Was machen wir jetzt?“, fragte Harry in eine Pause des Gezeters hinein.

Noch bevor Oliver etwas sagen konnte, fuhr ihm Hippocrates dazwischen, „wir können nicht viel machen. Wir haben Beschwerde eingelegt aber sie hat sich direkt an die Klinikleitung und an die Ethikkommission gewandt. Wir müssen jetzt die Beurteilung durch diesen Deppen abwarten und müssen dann irgendwie mit dem Ergebnis arbeiten. Solange darf sich Severus dem St. Mungo nur im eigenen Krankheitsfall nähern und der Janus Thickey-Station gar nicht.“

„Ist mir bewusst“, kam von Severus. Ihm war nicht anzusehen, was er von dieser Situation hielt.

„Kann sie das so einfach? Spricht das nicht irgendwie gegen deine Bedingungen?“, fragte Harry an Severus gewandt.

„Nein, leider nicht. Meine Bedingungen bezogen sich nur auf seine Entlassung, nicht aber auf seine Behandlung oder Beurteilung. Daher ist es das gute Recht von Mrs. Potter nach einem eigenen Heiler zu rufen“, erklärte Severus.

„Und wenn der Kerl sagt, dass du schädlich für ihn bist?“, knurrte Harry.

„Dann legen wir Widerspruch ein. Harry, sowohl Hippocrates wie auch ich sind der felsenfesten Überzeugung, dass Severus' Besuche gut für die geistige Gesundung deines Sohnes sind und das haben wir auch schriftlich abgegeben. Wir können nicht mehr viel machen als zu warten“, seufzte Oliver.

Harry warf dem Mann einen hilflosen Blick zu, seufzte aber dann und ließ sich auf einen Stuhl fallen. „Können wir gar nichts tun?“, fragte er.

„Wir haben unsere Berichte sowohl bei der Klinikleitung wie auch bei der Ethikkommission abgegeben. Wir haben Widerspruch gegen die Unterlassungsklage eingereicht. Du hast Widerspruch gegen die Sorgerechtsklagen eingereicht. Du warst bei Shacklebolt um ihm die Sache klar dar zulegen“, zählte Hippocrates auf, „wir können nicht mehr viel tun außer zu warten. Jetzt müssen die Behörden aktiv werden.“

„Wie lange kann das dauern?“, fragte Severus.

„Keine Ahnung.“

Severus nickte als Antwort und erhob sich.

„Du willst gehen?“, fragte Harry überrascht.

„Natürlich. Was soll ich noch hier? Sobald ihr die Therapie wieder aufnehmt, meldet euch bei mir. Ansonsten will ich damit nichts zu tun haben, schließlich fängt die Schule in einer Woche wieder an und ich habe einer Arbeit nachzugehen“, sagte Severus.

Während Harry und Oliver ihn nur fragend ansahen, nickte Hippocrates und noch bevor jemand was sagen konnte, war Severus verschwunden.

Kapitel 16

Kapitel 16
 

Mit einem Knall tauchte Harry in seinem Wohnzimmer auf, er war müde und ausgelaugt. Der Anblick des leeren, kalten Wohnzimmers trug nicht dazu bei, dass sich seine Laune hob. Er war es einfach nicht gewohnt alleine zu wohnen, nicht mehr. Er mochte es nicht, nach Hause zu kommen und alleine zu sein, niemand da, der einen erwartete, kein Gefühl von Heimat und Geborgenheit. Mit einem Seufzen durchquerte er das Wohnzimmer, stieg die Treppe nach oben in sein Schlafzimmer, er musste sich nicht die Mühe machen um im Wohnzimmer Feuer zu machen, er wollte nur noch duschen und dann schlafen.
 

Doch als er wenig später in seinem Bett lag, konnte er nicht schlafen. Seine Gedanken fuhren Achterbahn und er überlegte ernsthaft, wann sein Leben begonnen hatte, den Bach runter zu gehen. Er hatte eine liebende Ehefrau gehabt, drei wunderbare Kinder, einen guten Job, super Freunde, also alles, was man sich wünschen konnte. Und jetzt? Die Scheidungspapiere lagen, von beiden Seiten unterschrieben, im Ministerium. Ginny hatte die sofortige Scheidung beantragt weil sie sein Verhalten absolut inakzeptabel fand und es ihr unmöglich war, weiter mit ihm zusammen zu leben. Er hatte einfach zugestimmt und jetzt warteten sie auf einen Termin für die Scheidung, der kam voraussichtlich in vier bis sechs Wochen.

Seine Kinder waren völlig entzweit. Albus saß im St. Mungo und keiner wusste, ob er da jemals wieder raus kam. James wollte weder mit ihm noch mit seinem abartigen Bruder jemals wieder etwas zu tun haben. Und Lily ließ sich immer mehr zu Ginny hinziehen. Sie glaubte die Lügen, die seine Noch-Frau über ihn erzählte. Jeder Brief, den er ihr schrieb, blieb unbeantwortet. Er hatte kurz überlegt ob er am 1. September nach King's Cross gehen sollte doch heute morgen hatte ihn zwei Briefe erreicht. Einer von Ginny und einer von Arthur und Molly, und in Beiden stand dasselbe.

Er solle sich ja nicht am Bahnhof sehen lassen, er wäre nicht erwünscht und es würde nur eine sehr unangenehme Situation für die Kinder sein. Schweren Herzens hatte Harry zwei kurze Antworten verfasst, er würde nicht kommen. Mit einem Seufzen drehte sich Harry um, seine Augen brannten vor unterdrückten Tränen aber er wollte nicht heulen. Er war ja schließlich kein Kind mehr. Stattdessen ging er den nächsten Punkt seiner imaginären Liste an.

Sein Job. Kingsley hatte ihn frei gestellt damit er sich um alle Probleme kümmern konnte. Am Anfang hatte Harry gedacht, dass er seinen Job vermissen würde aber es hatte sich schnell raus gestellt, dass dem nicht so war. Bei näherer Betrachtung stellte er fest, dass er gut ohne diesen Job auskommen könnte. Er hatte schlicht und einfach genug aber irgendetwas musste er ja arbeiten. Wobei, wozu eigentlich? Gold lag genug in den Verliesen um sehr lange, sehr gut zu leben und noch den Unterhalt für Ginny und die Kinder zu zahlen. Er beschloss diesen Punkt erst mal ganz hinten anzustellen, Kingsley hatte bestimmt Verständnis und sein Stellvertreter war ein guter Mann, er könnte seinen Posten ohne Probleme übernehmen.

Kamen seine Freunde, zumindest die Wenigen, die übrig waren. Von den Weasleys waren es nur Bill und George, der Rest hatte seinem Unmut über sein Verhalten Ausdruck verliehen. Seamus und Dean fanden sein Verhalten auch schrecklich und hatte ihm mehr oder weniger die Freundschaft gekündigt. Neville und Luna hielten sich raus, sie waren der Meinung, dass ihre Freundschaft mit ihm nichts mit der Freundschaft zu den Weasleys zu tun hatte. Was nicht wirklich jemanden gefiel aber sie ließen sich da nicht rein reden. Blieb, von seinen engsten Freunden, nur noch Hermine und die kämpfte gerade um ihre Ehe und ihre Familie. Sie wollte ihre Ehe nicht so kampflos aufgeben wie er und deswegen hatte sie ihm, unter Tränen, erklärt, dass sie den Kontakt zu ihm erst mal etwas einschränken musste. Natürlich hatte er zugesagt, auch wenn es ihm fast das Herz gebrochen hatte.

Er seufzte, morgen hatte er einen Termin bei Bill denn der war vor ein paar Tagen bei ihm aufgetaucht und hatte verkündet, dass er ab jetzt sein Anwalt war. Auf die Frage, warum, denn Harry hatte ihn nicht kontaktiert, hatte er geantwortet, dass er keinen erneuten Besuch von Snape haben wollte. Für Harry war es ein Schock gewesen, Severus hatte sich für ihn eingesetzt? Warum? Er war noch nicht dazu gekommen ihn zu fragen, er hatte schlicht und einfach zu viel um die Ohren. Er hoffte, dass der Termin morgen ein paar Dinge klärte, dann hätte er wieder etwas Luft und könnte sich bei Severus bedanken. Aber so, wie sein Leben in den letzten Wochen gelaufen war, glaubte er nicht wirklich daran.
 

Ein heftiges, wütendes Klopfen drang bis hinunter in sein Labor und ließ Severus mit einem Seufzen aufsehen. Es war klar, dass dieser Besuch heute kommen würde. Er selbst hatte ja heute morgen die Kopie des Schreibens der Ethikkommission von Hippocrates bekommen und diesen Menschen seitdem jeden gesunden Menschenverstand abgesprochen. Nach einem letzten Blick auf die Kessel machte er sich auf den Weg nach oben und verfluchte mal wieder das Timing seines Besuchs. Er wollte heute eigentlich keinen Sprachtrank nehmen aber so griff er in seine Tasche, holte die Phiole raus und trank sie. Wenn er Glück hatte, würde sich Harry kurz bei ihm ausheulen und dann gehen, vielleicht konnte er auch mit dem ein oder anderen spitzen Kommentar nachhelfen.
 

Allerdings blieb ihm jeder Kommentar im Hals stecken als er die Tür öffnete und wirklich einen völlig aufgelösten Harry Potter vor seiner Tür vorfand. „Komm rein“, war alles, was er raus brachte.

Ein Nicken, ein irgendwie ersticktes Schluchzen und schon war Harry an ihm vorbei getreten. Er wartete nicht auf ihn sondern ging ins Wohnzimmer durch, setzte sich dort in einen Sessel und fiel förmlich in sich zusammen. Severus folgte ihm einfach und überlegte, wie er ein Gespräch in Gang bringen konnte und vor allem, was er sagen sollte.

Doch diese Überlegung erwies sich als überflüssig, denn kaum saß er, sprudelte es aus Harry raus. „Hast du auch einen Brief bekommen? Von der Ethikkommission? Hast du?“

„Hippocrates war so freundlich mir eine Kopie zukommen zu lassen“, sagte Severus, „der Widerspruch ist schon raus.“

„Was bringt der Widerspruch? Diese Vollidioten. Deine Besuche haben ihm gut getan.“

„Das sehen die Ethikkommission und der Heiler anders. Beide sagen,...“

„Severus, ich weiß, was sie sagen“, unterbrach ihn Harry aufgebracht, „ich habe diesen Schwachsinn gelesen. Er ist das Papier nicht wert auf dem er geschrieben ist. Ja, Albus war aufgebracht wenn du ihn besucht hast aber er hat sich langsam aber sicher der Realität gestellt und das ist das Wichtigste. Noch ein paar Besuche und sie hätten mit der Therapie richtig anfangen können aber jetzt? Jetzt müssen wir uns durch Widersprüche durcharbeiten. Weißt du eigentlich, was Albus mittlerweile wieder sagt?“

„Du darfst ihn besuchen?“, fragte Severus etwas überrascht.

„Ja, ich bin und bleibe sein Vater und das Umgangsverbot konnte Ginny vor keiner Behörde halten. Ich darf ihn ganz normal besuchen, in Absprache mit Hippocrates und Oliver natürlich, also so wie immer.“

„Was sagt Albus?“

„Er sieht dein Wegbleiben als gutes Zeichen für eine mögliche Beziehung.“

„Bitte?“

Harry seufzte leise, nickte aber und erklärte, „er ist jetzt der Meinung, dass du dich doch umentschieden hast und jetzt eine ganz große Überraschung für ihn vorbereitest. Deswegen kommst du nicht mehr, weil dann ja deine Überraschung verdorben wäre. Er ist wieder der felsenfesten Überzeugung, dass du ihn liebst und jetzt ein gemeinsames Leben für euch planst.“

„Fino, Feuerwhisky“, sagte Severus fassungslos.

„Es ist erst drei und so, wie es hier riecht, hast du Tränke auf dem Feuer“, sagte Harry, „wenn du uns also nicht in die Luft jagen willst oder dein Haus abfackeln, sollten wir den Feuerwhisky auf nach dem Abendessen verschieben.“

„Abendessen?“

„Ja, ich lade mich hiermit selber ein.“

Severus sah ihn kurz durchdringend an, auf dem Tisch erschienen unterdessen zwei Tassen und eine Kanne Tee, zusammen mit etwas Gebäck. „Fino scheint mir zuzustimmen.“

Ohne eine Antwort schenkte ihnen Severus ein und trank einen Schluck.

„Jetzt guck nicht so böse“, sagte Harry.

„Ich gucke immer so.“

„Das ist mir bewusst. Sag mal, muss es aus deinem Flur so dampfen?“

Etwas überrascht wandte Severus den Blick, erhob sich aber nicht.

„Muss es?“

„Solange der Dampf noch hell ist, ja. Ich habe wohl den Abzugszauber vergessen, irgendjemand muss mich gestört haben“, sinnierte Severus.

„Ach, wer würde es denn wagen dich zu stören?“, fragte Harry grinsend.

„So ein Möchtegernheld.“

„Hey, ich bin ein Held. Ich habe den dunklen Lord besiegt“, protestierte Harry, allerdings klang er nicht sehr ernst dabei.

„Nur weil er dich grenzenlos unterschätzt hat.“

„Bitte?“

„Du hast mich richtig verstanden. Wenn Riddle dich nicht grenzenlos unterschätzt hätte, wärst du nicht so ungeschoren davon gekommen. Egal was man über den Mann sagt aber er war ein großartiger Duellant und ein sehr mächtiger Zauberer, du hattest bodenloses Glück und in einem ordentlichen Duell hätte er dich ungespitzt in den Boden gerammt und das ohne große Anstrengung“, erklärte Severus während er sich erhob, „denk darüber nach, ich muss nach meinen Tränken sehen.“ Damit ließ er einen absolut fassungslosen Harry in seinem Wohnzimmer zurück.
 

Severus brauchte eine ganze Weile um seine Tränke fertig zu stellen und abzufüllen, er war sich allerdings sicher, dass Harry immer noch in seinem Wohnzimmer sitzen würde wenn er wieder hoch ging. Er fragte sich, warum er ihm das gesagt hatte. Gut, es war die Wahrheit aber er hätte sie Harry nicht unbedingt sagen müssen. Es hatte den Jüngeren bestimmt verletzt und wenn er jetzt so darüber nachdachte, wollte er das eigentlich nicht. Warum eigentlich nicht? Es war ihm doch sonst auch egal ob sein Gegenüber durch seine Worte verletzt wurde oder nicht. Das war auch der Grund, warum es die Meisten nicht in seiner Gegenwart aushielten. Ein Plopp ließ ihn aufsehen, er wischte gerade die letzten Flecken von seinem Arbeitstisch. „Ja?“

„Fino möchte Master Snape sagen, dass das Abendessen fertig ist.“

„Habe ich so lange gebraucht?“, fragte Severus überrascht und eigentlich nur zu sich selbst.

Doch sein Hauself antwortete, „Ja, Master Snape war so lange im Raum für Tränke.“

„Ist Harry noch da?“

„Ja. Master Potter sitzt in der Küche und wartet“, sagte Fino.

„Sag ihm, ich komme sofort.“

Mit einem Plopp verschwand Fino während Severus den Tisch zu ende abwischte und den Lappen dann in den magischen Eimer warf. Es knisterte kurz, kleine Flammen leckten nach oben und schon war der Lappen verschwunden, eine saubere und sichere Methode der Entsorgung. Er ließ den Blick nochmal durch sein Labor schweifen, der letzte, prüfende Blick, den er immer in den Raum warf bevor er ihn verließ. Waren alle Feuer aus? Waren alle übrig gebliebenen Zutaten ordnungsgemäß verschlossen? War alles sauber und ordentlich aufgeräumt? Im Laufe der Jahre hatte er einen Blick dafür entwickelt, meist reichte ein einziger Blick und er hatte die Situation erfasst. Zufrieden machte er sich auf den Weg nach oben.
 

Das Abendessen verlief sehr ruhig, Harry dachte noch immer über die Worte von Severus nach und Severus wollte ihm kein Gespräch aufzwingen. Daher genoss er einfach das Essen, Fino kochte schon seit Ewigkeiten für ihn und es war immer sehr gut gewesen. Und heute schien er sich besondere Mühe gegeben zu haben.

„Severus?“

Die leise Frage ließ ihn fragend aufsehen.

„Hast du das vorhin ernst gemeint?“, fragte Harry leise. Er hielt den Blick auf seinen Teller gesenkt und schob die Nudeln mit der Gabel von einer Seite auf die Andere.

„Vergiss was ich gesagt habe, es ist nicht wichtig“, sagte Severus.

„Das war nicht meine Frage. Hast du das ernst gemeint?“

„Ja, habe ich.“

„Bin ich so ein schlechter Duellant?“, fragte Harry weiter.

Severus seufzte leise und sagte, „das ist kein Gespräch für das Abendessen. Aber du scheinst ja eh keinen Hunger mehr zu haben.“

Etwas überrascht sah Harry auf, lächelte dann entschuldigend und schob seine Teller von sich weg.

Fast sofort erschien Fino neben dem Tisch und fragte, „schmeckt es Master Potter nicht? Möchte Master Potter etwas anderes.“

„Nein, Fino, danke. Ich habe einfach keinen Hunger. Aber könntest du mir noch einen Gefallen tun?“, fragte Harry.

„Natürlich.“

„Dann nenn mich doch bitte Harry, ich finde diesen Master furchtbar“, murmelte Harry.

Die Antwort von Fino wurde von schallendem Gelächter von Severus verhindert, Harry sah ihn extrem verwirrt an.
 

„Wenn du es schaffst, dass er dich beim Vornamen nennt, bekommt Gryffindor 10 Punkte von mir“, lachte Severus.

„Das kann ja nicht so schwer sein. Also, Fino, würdest du mich beim Vornamen nennen?“, fragte Harry nochmal.

Zu seiner Überraschung schüttelte der Hauself vehement den Kopf und sagte, „das kann Fino nicht machen.“

„Aber ich habe nichts dagegen und ich mag das Master nicht.“

„Fino kann Master nicht beim Vornamen nennen, das kann Fino nicht machen. Das ist ein Zeichen von Respekt von Fino“, erklärte der Hauself.

Harry sah ihn fassungslos an und murrte dann, „hör endlich auf zu lachen.“

„Ich habe es dir ja gesagt“, grinste Severus, „danke Fino, wir brauchen nichts mehr. Vielleicht eine Flasche Wein im Wohnzimmer.“

„Natürlich, Master Snape.“

Damit war der Hauself verschwunden und Harry fragte, „woher wusstest du das?“

„Ich habe ihm das Du schon vor sehr vielen Jahren angeboten, er hat abgelehnt. Im Laufe der Zeit habe ich ihm das Du immer wieder angeboten, immer und immer wieder und er hat immer und immer wieder abgelehnt“, erklärte Severus, immer noch schmunzelnd. Er erhob sich und bedeutete Harry ihm nach nebenan zu folgen.
 

„Also, erklär es mir“, forderte Harry nachdem sie es sich bequem gemacht hatten. Jeder hatte ein Glas Rotwein neben sich stehen und der Kamin verbreitete eine angenehme Wärme.

„Die Weigerung von Fino dich beim Vornamen zu nennen?“

„Nein, das was du vorhin gesagt hast. Wie hast du das gemeint?“

„Vergiss es doch einfach.“

„Nein, ich will es jetzt wissen“, sagte Harry, „komm schon. Ja, es wird mich verletzen aber ich will es wissen.“

„Harry, denk doch mal nach. Riddle mag ein größenwahnsinniger Irrer gewesen sein aber er hatte über fünfzig Lebensjahre Erfahrung in der Zauberei und dem Duellieren. Er hat sich sein Leben lang mit schwarzen Flüchen und schwarzer Magie beschäftigt und er wäre nicht so gefürchtet gewesen wenn er schwach gewesen wäre. Riddle war ein großartiger Duellant, der in unseren Reihen seinesgleichen gesucht hat“, erklärte Severus ruhig, „jetzt kommen wir zu dir. Siebzehn Jahre alt, deine Duellausbildung kann man bestenfalls als miserabel bezeichnen und du hast es nicht mal geschafft, mich zu besiegen. Auch wenn ich das nicht gerne zugeben, Riddle war wesentlich stärker als ich. Erinnere dich an deine lustige Verfolgungsaktion nach Dumbledores Tod, an Hagrids Hütte, du hattest keine Chance gegen mich. Du lagst auf dem Boden, dein Zauberstab neben dir, ich hätte dich ohne Probleme töten können und ich habe damals bei weitem nicht so viele Ambitionen dazu wie Riddle. Jetzt willst du mir erzählen, dass du Riddle in einem normalen Duell hättest schlagen können? Er war geschockt, weil du plötzlich wieder aufgestanden bist obwohl er dich für tot gehalten hat. Er hat dich unterschätzt, er war von sich selbst so überzeugt, dass er gar nicht angenommen hat, dass es jemanden gibt, der ihn besiegen kann. Deswegen hast du gewonnen, aus puren Glück aber garantiert nicht aus Können. Merlin, du und deine kleinen Freunde haben nicht mal gegen ein paar Todesser im Ministerium bestanden, wie solltest du dann den dunklen Lord besiegen? Es war einfach nur Glück.“

„Das ist hart“, gestand Harry irgendwann.

„Es ist die Wahrheit, die keiner wissen will und die man besser nicht in der Öffentlichkeit ausspricht“, gab Severus zurück.

„Wieso nicht?“

„Weil es keiner wissen will und es das Bild des strahlenden Helden völlig zerstört. Lassen wir die Menschen in der Annahme, dass du ein starker, fähiger Zauberer bist“, sagte Severus, „hat ja bis jetzt auch nicht geschadet.“

„Hasst du mich deswegen so? Weil ich der Welt etwas vormache?“, fragte Harry.

„Ich hasse dich nicht, ich habe mit diesem Kindergarten abgeschlossen. Allein die Tatsache, dass wir uns wie zwei normale Menschen unterhalten können, sollte dir zeigen, dass ich dich nicht hasse. Dann hätte ich dein Abendessen vergiftet“, grinste Severus.

„Das wäre sehr unfair gewesen.“

„Natürlich. Was erwartest du? Ich bin ein böser Todesser.“

„Nicht mehr.“

„Nach der Zeichnung, immer noch.“

Jetzt runzelte Harry die Stirn, sein Blick wanderte zum linken Unterarm seines Gegenüber bevor er fragte, „es ist nicht verschwunden?“

„Nein.“

„Kann man es nicht entfernen lassen?“, fragte Harry vorsichtig.

Ein sehr zynisches Lächeln erschien auf Severus' Gesicht. „Nein. Riddle war sehr gründlich was die Kennzeichnung seines Besitzes angeht. Aber es stört auch nicht, es ist nur hässlich.“

„Besitzes?“

„Natürlich, was dachtest du denn? Dass wir die besten Freunde waren? Wohl kaum. Entweder man war für oder gegen ihn und für ihn bedeutete nun mal ein sehr hässliches Tattoo“, sagte Severus.

„Hat es weh getan?“

„Ja.“

„Tut es jetzt noch weh?“

„Nein. Was interessiert dich plötzlich mein Mal?“, fragte Severus.

Etwas unschlüssig zuckte Harry mit den Schultern, trank abwesend einen Schluck Wein und sagte dann, „ich jammere dir immer die Ohren voll mit meinen Problemen, du weißt förmlich alles über meine Probleme und den Rest aus den diversen Tageszeitungen und ich weiß so gar nichts über dich. Das ist nicht wirklich fair.“

„Versuchst du gerade mir weiß zu machen, dass du dich für die Person hinter dem bösen Todesser interessierst?“, fragte Severus mit einem schwachen Grinsen.

„Wir könnten Freunde sein.“

„Freunde?“

„Jetzt guck nicht so zweifelnd, ja, Freunde. Was ist daran so schlimm?“

„Ich habe keine Freunde.“

„Dann wird es Zeit, dass du einen bekommst“, grinste Harry.

„Das überlegen wir uns nochmal.“

Dennoch stieß er mit Harry an als dieser ihm das Glas hinhielt.
 

Irgendwann wurde der Abend immer älter, Harrys Sprache immer undeutlicher und nachdem Severus beim letzten Satz fünf mal nachfragen musste, reichte es ihm. Er hatte wesentlich weniger getrunken als Harry denn der Alkohol vertrug sich nicht so gut mit seinen Tränken und er brauchte morgen einen einigermaßen klaren Kopf. Schließlich musste er morgen nach Hogwarts zurück, zum Glück erst zum Abendessen und so hatte er den ganzen Tag um sich von dem Saufgelage zu erholen. Doch Harry sah nicht so aus als würde er überhaupt noch etwas mitbekommen.

„Harry, es ist spät, du solltest dich auf den Heimweg machen. Ich kann dich auch bringen, du siehst nicht so aus als würdest du den Heimweg nicht mehr alleine schaffen“, sagte Severus.

„Will nisch“, murmelte Harry.

„Präzisiere dein Will nisch bitte. Du willst nicht heim oder ich soll dich nicht bringen?“

Harry versuchte den Blick auf Severus zu fokussieren, es gelang ihm nicht denn die Welt drehte sich vor seinen Augen. „Will nisch“, wiederholte er daher nur.

„Warum willst du nicht heim?“

„Kalt, leer, scheisch Haus“, murmelte Harry, der den Kopf jetzt einfach hängen ließ.

Severus seufzte leise, warum betranken sich Leute, die Probleme hatten, immer bei ihm? „Gut, dann schläfst du hier“, bestimmte er schließlich.

„Dasch geht nischt.“

„Warum nicht?“

„Kann doch nischt bei dir pennen“, sagte Harry.

„Du bist ein Vollidiot. Du schläfst hier auf der Couch, ich will dich garantiert nicht in meinem Bett haben“, knurrte Severus.

„Ey, so schlescht bin isch nischt.“

„Harry, steh bitte kurz auf damit ich die Couch verwandeln kann.“

Doch Harry dachte gar nicht daran der Forderung nachzukommen, er verschränkte die Arme vor der Brust und schmollte, „isch bin nischt schlescht.“

„Nein, aber betrunken, zu jung, verheiratet und hetero also steh verdammt nochmal auf oder ich stopfe dich in einen Kessel“, fauchte Severus.

Tja, Betrunkene hatten ja bekanntlich ihre ganz eigene Art und sie hörten meistens nur genau die Dinge, die sie auch interessierte. „Du doch auch“, gab er daher zurück.

Genervt rieb sich Severus mit zwei Fingern die Nasenwurzeln und fragte, „was von alledem?“

„Na, hetero.“

Severus musste doch betrunkener sein als er gedacht hatte denn er antwortete ohne groß darüber nachzudenken, „Nein, bin ich nicht.“

„Wie? Du bischt schwul?“, fragte Harry sichtlich überrascht.

Da es jetzt eh schon zu spät war und sich Severus absolut sicher war, dass sich Harry morgen eh an nichts erinnern könnte, antwortete er, „nein, bin ich nicht.“

„Häh?“

Kurz war Severus versucht ein Foto von diesem Gesichtsausdruck zu machen, er könnte ihn ewig damit aufziehen aber er ließ es und sagte, „die korrekte Bezeichnung ist bisexuell und geht dich eigentlich absolut nichts an. Jetzt steh auf.“

„Warum?“

„Damit ich die Couch verwandeln kann.“

„Warum geht esch misch nischt an?“

Severus schnaubte deutlich hörbar, zog seinen Zauberstab und ließ ihn jetzt kurzerhand von der Couch schweben.

„Hey, wasch soll dasch?“

„Ich will schlafen und keine dämlichen Fragen beantworten“, murrte Severus, der Harry kurz in der Luft hängen ließ um die Couch und ein Kissen zu verwandeln. Dann ließ er seinen mosernden Gast einfach auf das umgewandelte Bett fallen. „Du schläfst hier. Kannst du dich daran erinnern wo das Bad ist?“

„Äh, ja, … oder nein, oder doch ja“, stammelte Harry.

„Gut, was du jetzt machst, ist mir egal, ich gehe ins Bett und ich will, dass hier unten Ruhe herrscht. Also gute Nacht.“

„Bleib doch hier“, sagte Harry, der mittlerweile die Decke um sich geschlungen hatte und jetzt irgendwie wie ein kleiner Junge auf dem Bett saß.

„Danke, ich verzichte.“

„Isch bin so häschlisch.“

Severus verleierte die Augen und murrte, „das werde ich jetzt nicht mit dir diskutieren.“

„Warum nischt? Isch bin nischt so häschlisch.“

„Harry, gute Nacht.“

„Nischt alleine laschen“, bat Harry leise.

„Du bist ein erwachsener Mann, du wirst alleine schlafen können. Außerdem habe ich keine Lust morgen früh eine Zauberstabspitze an meiner Kehle vorzufinden weil du der Meinung bist, dass ich dich angefasst hätte. Also wirst du schön hier im Wohnzimmer schlafen“, sagte Severus.

Er wurde aus großen, traurigen Augen angesehen, schüttelte aber schnell den Kopf und sagte, „Gute Nacht, schlaf gut.“

„Nacht“, wurde gemurmelt. Diesmal zögerte Severus nicht mehr, er drehte sich um und ging schleunigst nach oben.
 

Ein leises Geräusch weckte Severus, er brauchte wesentlich länger als früher um wirklich wach zu werden und das lag zum großen Teil an den Tränken aber auch am Alkohol. Wahrscheinlich auch am Alter aber das wollte er gar nicht so genau wissen. Dennoch war er wach genug um zu realisieren, dass sich jemand in seinem Schlafzimmer befand und da der Alarm nicht losgegangen war, konnte es nur Harry sein.

„Verdammt, was willst du hier?“, fauchte er.

Es kam keine Antwort aber die Gestalt kam näher, es war wirklich Harry, der sich da näherte. Mit einem Wink ließ er die magische Lampe erwachen.

„Harry, das ist nicht witzig, was willst du? Es ist mitten in der Nacht und ich will schlafen.“

„Ich auch“, kam unsicher zurück.

„Dann geh in dein Bett und schlaf da. Du kannst auch heim flohen wenn dir meine Couch nicht zusagt.“

„Ich will nicht.“

„Nein, wir spielen jetzt nicht das lustige Ratespiel. Verdammt, was willst du in meinem Schlafzimmer?“, fragte Severus.

Mittlerweile stand Harry direkt neben seinem Bett, schaffte es aber nicht ihm ins Gesicht zu sehen.

„Entweder ich bekomme sofort eine Antwort oder ich fluche dich persönlich zurück ins Wohnzimmer, und zwar ohne die Tür vorher aufzumachen“, knurrte Severus während er schon nach seinem Zauberstab griff.

Er erreichte ihn nicht denn Harry stürzte sich plötzlich vor und hielt seinen Arm fest.

„Lass das“, fauchte Severus. Er versuchte ihn abzuschütteln doch er musste feststellen, dass er Harry körperlich nicht gewachsen war. Kein Wunder, er war nie der Stärkste gewesen und Harry war wesentlich besser in Form als er. „Harry, lass mich sofort los, ich verfluche dich auch ohne Zauberstab“, knurrte er.

„Ich will nicht alleine sein“, murmelte Harry gerade.

„Dann such dir ne Freundin.“

„Kann ich nicht hier schlafen?“, fragte Harry unbeeindruckt weiter.

„Bitte? Ich habe mich gerade verhört, oder?“

„Nein, lass mich hier schlafen.“

„So betrunken kannst du doch gar nicht sein“, knurrte Severus, „hey, raus aus meinem Bett.“

„Komm schon“, murmelte Harry während er seinen Arm einfach weg schob und zu ihm unter die Decke kroch.

„Harry, raus aus meinem Bett“, fauchte Severus, doch so langsam klang seine Stimme leicht hysterisch.

„Ich will nicht allein sein.“

„Verschwinde.“

„Ich will nicht gehen, ich will nicht alleine sein“, wiederholte Harry.

Er hatte es sich mittlerweile neben Severus bequem gemacht und sah ihn jetzt zum ersten Mal an. Severus runzelte die Stirn, er hielt sein Kinn kurz fest und drehte sein Gesicht ein Stück, die Augen waren seltsam verschleiert. „Du schlafwandelst“, murmelte er leise.

„Ich will nicht alleine sein.“

„Das habe ich mittlerweile verstanden“, gab Severus genervt zurück während er ihn wieder los ließ. Harrys Kopf sank auf seine Brust und blieb dort liegen.

„Schön hier, ich will nicht allein sein“, nuschelte er gegen seine Brust.

„Toll“, murmelte Severus, „werd ja nicht aufdringlich.“

Doch Harry hörte nicht auf ihn, ein Arm legte sich quer über seinen Bauch und sein rechtes Bein wurde unter Harrys Bein begraben.

„Super, so kann ich auch ganz bestimmt schlafen“, motzte Severus leise, er brachte es allerdings auch nicht über sich den Anderen weg zu fluchen.

Scheinbar bekam Harry gar nicht mit was er tat und ein Gutes hatte die Sache. Morgen früh würde sich Harry beschämt und erschüttert davon stehlen und nie wieder zurück kommen. Auch eine Möglichkeit eine noch nicht begonnene Freundschaft zu beenden. Mit einem Murren versuchte sich Severus bequemer hinzulegen, was allerdings nur dazu führte, dass sich Harry enger an kuschelte. Er warf noch einen Blick auf den schwarzen Haarschopf, löschte dann das Licht und schloss die Augen. Er wurde weich, schwach und senil, ganz eindeutig. Aber ab morgen würde er wieder seine Ruhe haben.
 

Warm, weich, gemütlich, … geborgen. Harry konnte sich nicht erinnern wann er das letzte Mal so gut geschlafen hatte. Er konnte nicht glauben, dass Severus' Couch so bequem war. Mit einem Schmatzen kuschelte er sich enger in die Kissen, er wollte gar nicht aufstehen und solange Severus noch schlief, konnte er auch noch liegen bleiben.

„Es freut mich ja, dass du mich scheinbar so bequem findest aber ich würde gerne aufstehen“, schnarrte in diesem Moment eine dunkle Stimme und Harry lief es eiskalt über den Rücken.

In Zeitlupe hob er den Kopf und sah genau in schwarze Augen. Er schluckte, wurde sich jetzt seiner Umgebung richtig bewusst und er wurde sich auch bewusst, dass er scheinbar mit Severus in einem Bett lag, eng an ihn gekuschelt.

„Und mein rechter Arm ist eingeschlafen, ich wäre dir also sehr verbunden wenn du aufstehen würdest“, fügte Severus hinzu.

Er beobachtete wie Harry immer blasser wurde, seinen Arm aber langsam von seinem Bauch zog und auch ihre Beine entwirrte. Wirklich erleichtert zog Severus seinen rechten Arm zu sich und massierte ihn langsam, er fühlte sich an als wäre er schon vor Stunden abgestorben. Aus den Augenwinkeln beobachtete er wie Harry langsam aufstand, der Blick immer noch absolut fassungslos und Severus war sich sicher auch Ekel darin zu sehen.

„Auf dem Kaminsims steht eine Schale mit Flohpulver“, sagte er ohne aufzusehen.

Harry zuckte zusammen, murmelte leise, „ich geh dann mal“, und verließ das Zimmer fluchtartig.

Severus starrte noch einen Moment auf seinen Arm, in den langsam das Leben zurückkehrte bevor er sich langsam erhob. Er war schon eine Zeitlang wach gewesen, hatte Harry beobachtet und es hatte sich wunderbar angefühlt ihn im Arm zu halten. Seine sehr überstürzte Fluch, auch wenn sie vorauszusehen war, tat doch mehr weh als Severus geahnt hatte. Er erlaubte sich einen Moment der Melancholie bevor er schnaubte und sich auf den Weg ins Bad machte, es reichte mit diesen Hirngespinsten. Jetzt hieß es duschen und sich fertig machen, schließlich fing heute die Schule wieder an. Da musste er einen klaren Kopf behalten und er brauchte seine Stimme, gut, dass er den Sprachtrank schon genommen hatte. Er schob den Gedanken, wie schön es wäre nicht mehr allein zu sein, in den hintersten Winkel seines Gehirns, da wo er schon seit Jahren lebte. Da sollte er auch bleiben.

Kapitel 17

Kapitel 17
 

Der Stress der nächsten Wochen ließ Severus diese Nacht vorübergehend vergessen denn er musste sich mit einigen überbesorgten Eltern herumschlagen und zusätzlich noch mit der Ethikkommission des St. Mungo. Denn die mussten den Widerspruch von Hippocrates und Oliver bearbeiten und da gehörte er leider auch dazu denn die zwei Heiler wollten ihn unbedingt bei der weiteren Behandlung dabei haben. Die Kommission lehnte es allerdings ab, mit der Begründung, dass es für Albus schädlich wäre wenn er ständig den Mann sah, der seine Wahnvorstellung hervorrief. Der Heiler, den Ginerva Weasley nachträglich beauftragt hatte, stimmte mit dieser Meinung überein. Bill Weasley, der mittlerweile als Anwalt von Harry funktionierte, hatte Widerspruch dagegen eingelegt und will erreichen, dass Severus seine Besuche wieder aufnehmen durfte. Genau deswegen musste sich Severus mit den verbohrten Menschen der Kommission abgeben, was nicht sehr förderlich für seine Laune war.
 

„Du bist schrecklich gelaunt“, kommentierte Minerva.

„Ist mir bewusst“, kam zurück.

„Hat es was mit diesen Briefen zu tun?“, fragte die Hexe mit einem Handwink auf den Briefstapel zwischen ihnen auf dem Schreibtisch.

„Auch.“

„Wie viele davon sind Rücktrittsforderungen?“

Severus zog seinen Zauberstab und sprach einen Zauber, der Stapel leuchtete in verschiedenen Farben auf. Die Briefe erhoben sich und teilten sich in mehrere Haufen auf, je nach Farbe.

„Was heißt was?“, fragte Minerva fasziniert.

„Rücktrittsforderungen sind rot. Morddrohungen sind gelb. Beschwerden über Noten, die ich nie vergeben habe sind blau, Briefe der Weasleys sind violett und alles andere ist weiß, bis auf die Briefe der Heiler, die sind grün“, erklärte Severus mit einem Deut auf die entsprechenden Haufen.

„Was ist mit dem fünf schwarzen Briefen?“, fragte Minerva, die versuchte unauffällig den Absender zu erkennen. Es gelang ihr nicht aber die Schrift kam ihm irgendwie bekannt vor.

„Uninteressante Dinge“, sagte Severus während die schwarzen Briefe in Flammen aufgingen.

„Aha. Ich hätte nicht gedacht, dass es doch noch so eine Welle schlägt“, sagte Minerva mit einem Blick auf den erstaunlich großen Haufen roter Briefe, „liest du die alle?“

„Ich lese keinen Einzigen davon, warum auch? Ich bin unschuldig und werde meine Stellung nicht wegen so ein paar Idioten aufgeben“, sagte Severus.

„Was machst du dann damit?“

Statt einer Antwort gingen die Briefe in Flammen auf, genau wie die violetten Briefe der Weasleys.

„Und der Rest?“, fragte Minerva amüsiert.

„Die Gelben gehen ins Ministerium, in die Abteilung für magische Strafverfolgung. Es werden jede Woche weniger Gelbe. Die Beschwerden über die Noten sehe ich durch und leite sie dann an die entsprechenden Lehrer weiter. Die Grünen von den Heilern und die Weißen werden natürlich gelesen“, erklärte Severus, „ich habe einen Eulenschutz über mein Büro gelegt, ich bekomme nur ein Mal am Tag Post.“

„Sehr gute Organisation.“ Minerva klang wirklich beeindruckt.

„Natürlich, wie soll ich sonst diesen Papierkrieg in den Griff kriegen? Ich habe schließlich noch andere Dinge zu tun“, sagte Severus.

„Was mich zurück zu der Frage führt, warum du in letzter Zeit so schlecht gelaunt bist. Ist es wegen Albus?“

„Wie meinst du das?“

„Na, die Therapie. Du darfst doch nicht mehr ins Mungos und von Hippocrates weiß ich, dass sie wieder beim Anfang sind“, sagte Minerva, „was hast du denn gedacht?“

„Der Kerl ist schlimmer als die Kimmkorn, kann der nicht mal den Mund halten.“

„Lass ihn doch, ich mag ihn. Also?“

„Ja, auch. Ich verstehe weder den Heiler noch diese Idioten der Ethikkommission, sie behindern die Heilung und sehen es nicht“, knurrte Severus.

„Wie lange zieht sich der Streit jetzt schon?“, fragte Minerva. Sie bemerkte nicht wie Severus unmerklich zusammen zuckte, wie könnte er diesen Tag vergessen?

„Vor genau zwei Monaten kam der Brief der Kommission, in der sie beschlossen haben, dass ich nicht mehr im St. Mungo willkommen bin“, sagte er, und genauso lange war es her, dass Harry die Nacht bei ihm verbracht hatte und sich nicht mehr gemeldet hatte. Gut, er hatte sich gemeldet, schließlich waren auch heute wieder fünf Briefe von ihm dabei gewesen. Aber es gab nichts mehr zu bereden. Sein Blick ging kurz zu dem Aschenhäufchen der schwarzen Briefe bevor er sich wieder Minerva zuwandte, die ihn aufmerksam ansah, „aber sowohl Weasley Nummer eins wie auch Hippocrates und Oliver machen Druck, dass sie das Urteil kippen.“

„Weasley Nummer eins? Da ich davon ausgehe, dass du damit nicht Arthur meinst, kann damit nur Bill Weasley gemeint sein. Wie kommt das?“

„Er ist der Anwalt von Potter.“

„Macht Sinn, er soll sehr gut sein. Severus, was ich nicht verstehe ist, warum wertet die Ethikkommission die Aussage eines Heilers höher ein als von zwei anderen Heilern?“, fragte Minerva.

„Die Antwort befindet sich auf meinem linken Unterarm. Bei jedem Anderen hätten sie sich nicht bequatschen lassen aber wenn es um einen bösen Todesser geht, der eh schon umstritten ist, ist ihnen das Urteil leicht gefallen“, sagte Severus mit einem schiefen Grinsen.

„Glaubst du?“

„Weiß ich. Einer der Männer hat sich vor Oliver verquatscht, er hat wohl nicht gedacht, dass Oliver ihn daraufhin beinah nach Askaban gebracht hätte. Wer steht schon auf der Seite eines verurteilten Todessers?“

„Du wurdest frei gesprochen.“

„Nachdem ich zwei Monate in Askaban war und da wäre ich natürlich nicht gewesen wenn ich wirklich unschuldig gewesen wäre“, schnarrte Severus, „also muss ich ganz bestimmt etwas gemacht haben, was diesen Aufenthalt gerechtfertigt hat. Minerva, sieh es ein, für die Welt werde ich immer ein Todesser sein.“

„Brauchst du Hilfe?“, fragte Minerva. Sie wechselte damit das Thema, bot Severus damit an, das Thema fallen zu lassen und er nahm es an.

„Nein, danke. Ich habe nicht mehr viel Zeit“, sagte Severus mit einem Blick auf eine magische Sanduhr, die seitlich hinter ihm schwebte.

Minerva widersprach nicht, sie wusste, dass es keinen Sinn machte und so nickte sie nur und stand auf. „Wenn du Hilfe brauchst, sag es einfach. Ich helfe dir gerne. Wenn du mal eine Vertretung brauchst, sag es.“

„Mach ich, danke Minerva.“ Die Hexe nickte nur und ging.
 

„Bitte den Wasserspeier aufhalten! Nicht zufallen lassen“, rief eine Stimme.

Minerva streckte geistesgegenwärtig die Hand aus um den zu schwingenden Wasserspeier aufzuhalten und sah sich dann nach dem Verursacher der Stimme um. „Harry, was machst du denn hier?“, fragte sie überrascht.

„Ich will mit dem alten Griesgram reden, nachdem er auf keinen meiner Briefe geantwortet hat“, sagte Harry, der jetzt vor ihr zum Stillstand kam und schwer atmend erst mal an die Wand lehnte.

Minerva legte nachdenklich den Kopf schief und fragte, „wie viele Briefe hast du ihm geschrieben?“

„Heute? Fünf.“

„Woher weißt du, dass er sie nicht noch beantwortet?“, fragte Minerva.

„Ich habe einen Überwachungszauber auf die Briefe gelegt und der hat mir gezeigt, dass er sie vernichtet hat. Ich glaube nicht, dass er sie jetzt noch lesen kann.“

Langsam setzte sich das Bild in Minervas Kopf zusammen, jetzt wusste sie auch woher sie die Schrift auf den Briefen kannte aber warum antwortete Severus nicht auf die Briefe? Sie hatten doch vorher ein so gutes Verhältnis gehabt, was war passiert, dass er jetzt sogar schon die Briefe verbrannte? Er machte sich doch sogar stark dafür, dass er an Albus Potters Therapie weiter mitwirken durfte.

„Seit wann versuchst du denn schon ihn zu erreichen?“, fragte sie.

„Etwa zwei Monate aber du kennst ihn ja, er ist störrischer als ein Maultier“, grinste Harry.

„Der Zeitpunkt ist allerdings schlecht, er hat mir selber gesagt, dass sein Sprachtrank nicht mehr lange wirkt. Er wird noch schlechter gelaunt sein als sonst.“

„Macht nichts, damit komme ich klar.“

„Brauchst du wirklich keine Hilfe?“

„Nein, danke.“

Minerva nickte ihm nochmal zu und beobachtete dann wie der Mann nach oben ging. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass Harry etwas mit der extrem schlechten Laune von Severus zu tun hatte. Sie hoffte, im Sinne von Beiden, dass sich die Sachlage klärte.
 

Das Klopfen ließ Severus aufsehen, sein Blick wanderte kurz zur Sanduhr und da er noch ein paar Minuten hatte, rief er, „komm rein, Minerva. Was gibt es... was willst du hier?“

„Sehr nette Begrüßung“, sagte Harry.

„Raus.“

„Nein, erst wenn du mit mir geredet hast. Da du ja scheinbar nicht mehr in der Lage bist einen Brief zu formulieren, musste ich dich ja persönlich aufsuchen“, sagte Harry während er sich kurzerhand setzte und fort fuhr, „hättest du einen meiner Briefe gelesen, hättest du der Bitte nach einem Treffen nachkommen können. Du hättest mir einen Termin schicken können aber du musst ja schmollen wie ein Kleinkind.“

„Kleinkind?“

„Natürlich. Wie würdest du dein Verhalten sonst beschreiben?“

„Was willst du hier?“, fragte Severus. Er spürte ein leichtes Kribbeln in der Kehle und wollte eigentlich keinen weiteren Trank nehmen.

„Mit dir reden, ganz einfach.“

„Jetzt nicht.“

Harry sah zu der Sanduhr, die gerade ablief und grinste breit, „gut, dann kannst du mir nicht widersprechen und ich kann mich ohne Unterbrechung erklären.“

Severus sah ihn einen Moment an, schüttelte aber dann den Kopf und deutete auf eine Tür.

„Nicht hier?“, fragte Harry nach.

Nicken während sich Severus schon erhob. Harry folgte ihm aber er wusste nicht ob es ein gutes oder schlechtes Zeichen war, dass Severus ihn in seine Privatgemächer bat. Ob er ihn einfach verschwinden lassen wollte? Er blieb unsicher vor der Tür stehen und schluckte leicht. Severus sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an, ein höhnisches Grinsen auf den Lippen.

„Ich habe irgendwie Angst, dass du mich um die Ecke bringst und dann verschwinden lässt“, gestand Harry mit einem schiefen Grinsen.

Der Blick von Severus wurde nachdenklich bevor er begeistert nickte.

„Ich werde mich wehren“, warf Harry schnell ein doch sein Einwurf wurde mit einem Handwink beiseite gewischt. „Toll, dass du mir so viel zutraust“, murrte Harry, folgte Severus aber dann in seine Privatgemächer.
 

„Warum nicht nebenan?“, fragte Harry. Severus deutete an die leeren Wände und Harry mutmaßte, „du willst keine unliebsamen Zuhörer in Form von Bildern?“

Nicken und der Deut auf die Sessel vor dem Kamin. Sie setzten sich und Harry rang etwas die Hände, er wusste nicht wie er anfangen soll. Das ging so lange bis Severus seufzte, etwas unhörbar flüsterte und kurz darauf Fino auftauchte, er stellte eine Phiole vor seinen Herren.

„Du musst den Trank jetzt nur wegen mir nehmen. Tut mir leid.“

Severus trank die Phiole und sagte, „ich bin es ja gewohnt, dass du nur Ärger machst. Also, was willst du?“

„Mich entschuldigen.“

„Für was genau?“

„Dass ich einfach so abgehauen bin. Ich kann mich ehrlich gesagt an nichts mehr erinnern, ich habe einen totalen Filmriss und weiß nur noch, dass wir ein sehr interessantes Gespräch über die Vorteile von magischen Mixern hatten“, sagte Harry grinsend.

„An das Gespräch erinnere ich mich auch noch.“

„Super, dann bilde ich mir das nicht ein. Severus, erlaube die Frage wie ich in dein Bett gekommen bin?“, fragte Harry zögernd.

„Du hast die Nacht auf meiner verwandelten Couch begonnen aber irgendwann hast du dich wohl einsam gefühlt und bist zu mir gekommen. Nein, ich habe dich nicht angefasst“, knurrte Severus.

„Da wir beide angezogen waren, habe ich nichts anderes angenommen. Warum hast du mich nicht wieder raus geschmissen?“

„Harry, es war mitten in der Nacht, ich hatte einen sehr langen, anstrengenden Tag und ich war halb betrunken. Ich wollte in diesem Moment nur schlafen“, sagte Severus, „und außerdem bist du geschlafwandelt.“

„Ich schlafwandle nicht.“

„Doch, tust du, oder hast du getan, je nachdem wie du es sehen willst. Außerdem hatte ich die Hoffnung, dass du dich danach vor Scham nie wieder bei mir blicken lässt“, sagte Severus.

„Falsch gedacht. Ich habe nichts getan, wofür ich mich schämen muss. Ich wusste nicht, dass ich schlafwandle, sehr interessant. Severus, habe ich irgendetwas gesagt?“

„Ja.“

„Was?“

„Dass du nicht alleine sein willst“, sagte Severus.

Harry schwieg einen Moment und sagte dann, „das erklärt immer noch nicht warum du mich nicht raus geschmissen hast? Severus, du wärst auch betrunken und im Halbschlaf mit mir fertig geworden, vor allem wenn ich eh nichts mitbekommen hätte. Das wäre für dich kein Problem gewesen.“

„Ist mir bewusst.“

„Aber wieso dann?“

„Harry, wenn du jetzt irgendein verqueres Liebesgeständnis erwartest, muss ich dich enttäuschen. Es war wirklich so, wie ich sagte. Ich war betrunken, todmüde und ich hatte schlicht und einfach keine Lust auf Stress um diese Uhrzeit. Zudem es für mich persönlich nicht unangenehm ist mit einem anderen Mann im Bett zu liegen, auch wenn mein rechter Arm fast abgestorben wäre“, sagte Severus.

„Armer Arm“, grinste Harry, der sich die Sache irgendwie spektakulärer vorgestellt hatte, „ich habe mir das Gespräch schlimmer vorgestellt.“

„Warum? Wir sind Beiden erwachsen und sollten uns normal über ein Thema unterhalten können, vor allem wenn nichts passiert ist“, gab Severus zurück, „aber manche Menschen müssen sich ja wie Kleinkinder davon stehlen.“

„Oder über fast zwei Monate schmollen“, gab Harry sofort zurück.

„Ich musste meiner Arbeit nachgehen.“

„Klar, und da finden sich keine zehn Minuten um einen Brief zu lesen und zu beantworten“, höhnte Harry.

„Ich bin ein vielbeschäftigter Mann.“

„Natürlich, Severus. Gib es zu, wir haben uns Beide wie Kleinkinder benommen.“

Severus zögerte einen Moment, nickte aber dann.

„Gut, also bleiben wir Freunde?“, fragte Harry.

„Dein Ernst?“

„Ja, mein voller Ernst. Hey, ich habe lange nicht mehr so gut geschlafen.“

„Aha. Und nein, du wirst deine Schlafstörungen nicht bei mir therapieren“, sagte Severus aber er konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen.

„Mist, dann bleiben die Schlaftränke.“

„Du solltest die Tränke nicht über längere Zeit nehmen.“

„Ich weiß, ich habe mit Hippocrates schon darüber geredet aber danke für die Warnung“, sagte Harry, „darf ich dich etwas fragen?“

„Kann ich dich davon abhalten?“, war die Gegenfrage.

„Nein. Severus, warum können wir dieses Gespräch führen?“

„Ich muss leider gestehen, dass ich diese Frage nicht verstehe.“

„Naja, warum können wir hier sitzen wie Freunde und dieses Gespräch führen? Warum habe ich dich schon ohne Sprachtrank erwischt? Oder beim nehmen der Tränke“, sagte Harry zögernd.

„Weil du mich furchtbar genervt hast bis ich keine Lust mehr hatte dir jedes Mal die Tür vor der Nase zuzuschlagen. Außerdem behauptest du die ganze Zeit, dass wir Freunde sind und da mir ein Irrer in deiner Familie reicht, lasse ich dich in diesem Glauben“, sagte Severus.

Es klang höhnisch aber Harry bemerkte, dass er ihm dabei nicht in die Augen sah. Wieder musste Harry feststellen, dass er diesen Mann gar nicht wirklich kannte. „Gewöhn dich an den zweiten Irren, wir sind Freunde“, sagte er grinsend.

Ihm wurde ein Blick zugeworfen, der eine Mischung zwischen Skepsis und Scheu war. Doch schließlich erwiderte Severus das Grinsen bevor er wieder ernst wurde, „also ist zwischen uns alles geklärt?“

„Von meiner Seite, ja. Ich ...“ Ein leiser Gong unterbrach Harry. „Was war das?“

„Meine Erinnerung, dass das Abendessen gleich beginnt. So leid es mir tut aber ich muss dich raus werfen. Ich werde dich nicht mit zum Abendessen in die große Halle nehmen, dann willst du noch mit am Lehrertisch sitzen“, sagte Severus während er sich schon erhob.

„Das geht natürlich gar nicht. Hey, ich könnte Lehrer werden, dann kann ich dir immer Gesellschaft leisten“, grinste Harry. Er erhob sich allerdings auch schon.

„Eh du hier als Lehrer anfängst, gehe ich in Ruhestand. Du kannst vom Kamin aus flohen“, sagte Severus grinsend, mit einem Wink entflammte der Kamin.

„Danke. Kann ich am Wochenende wieder kommen?“

„Warum?“

„Weil mir daheim so langweilig ist und du garantiert Gesellschaft brauchen kannst.“

„Aha. Ich bin am Wochenende nicht hier sondern Zuhause, ich muss ein paar Tränke herstellen“, sagte Severus.

„Ich könnte dir helfen.“

„Klar, und dann kann ich mein Haus komplett renovieren.“

„Das war nicht nett“, maulte Harry während er schon nach dem Flohpulver griff.

„Samstag, zehn Uhr morgens und sei pünktlich“, knurrte Severus.

Harry sah ihn einen Moment fragend an, lächelte aber dann und warf das Pulver in die Flammen, „Grimmauldplatz zwölf.“

Schon war er verschwunden und Severus machte sich kopfschüttelnd auf den Weg zum Abendessen. Er wurde wirklich alt und weich, … aber irgendwie fühlte es sich gar nicht so schlecht an.
 

Der Samstag war schnell gekommen und fast genauso schnell wieder vergangen. Harry konnte sich nicht erinnern wann er das letzte Mal so wenige Probleme mit Zaubertränken hatte aber vielleicht lag es auch daran, dass sein Lehrer ihn diesmal nicht von Anfang an fertig machte. Zwar erntete er auch diesmal sehr viele höhnische und sarkastische Kommentare aber ihnen fehlte diese schwarze Schadenfreude, die sie sonst immer begleiteten. Und so war es ein sehr ruhiger Samstag.
 

„Darf ich dich etwas fragen?“, fragte Harry während er die Blätter vorsichtig in dünne Streifen schnitt.

„Ich höre“, kam von der anderen Seite des Raumes.

Harry zögerte noch einen Moment, er wollte die friedliche Zusammenarbeit nicht gefährden aber seine Neugier war zu groß, „sind die Tränke alle für dich?“

Er sah aus den Augenwinkeln wie Severus kurz im Schneiden inne hielt aber dann einfach weiter machte und sagte, „fast.“

Harry ließ den Blick über die Phiolen schweifen, die sie heute abgefüllt hatten und schluckte. „Wie lange halten die?“

„Kommt auf die Umstände an.“

„Welche?“

„Warum willst du das wissen?“, fragte Severus.

Harry bemerkte jetzt erst, dass sich Severus nicht zu ihm umgedreht hatte sondern immer noch seinem Arbeitstisch zugewandt war. Allerdings bewegten sich seine Arme nicht und die Schultern waren völlig verspannt hochgezogen. „Du kennst mich doch, ich stecke meine Nase ständig in die Dinge, die mich nichts angehen und außerdem kann man sich das unter Freunden doch sagen“, sagte Harry.

„Freunde...“

„Ja, auch wenn du es nicht hören willst aber wir sind Freunde, gewöhn dich dran.“

Es dauerte noch einen Moment doch dann arbeitete Severus weiter und erklärte gleichzeitig, „je nachdem wie anstrengend und lang der Tag war. Wie viele Sprachtränke ich brauchte und wie meine allgemeine Konstitution ist, brauche ich unterschiedlich viele Tränke aber mit der Menge von heute müsste ich eine gute Woche hinkommen.“

„Ernsthaft? Nur eine Woche?“, fragte Harry mit einem Blick auf die unzähligen Phiolen, „wie krank bist du eigentlich?“ Die letzte Frage war ihm entfleucht noch bevor er es verhindern konnte. Unsicher sah Harry von seiner Arbeit auf, er wurde aus ernsten Augen beobachtet und sagte schnell, „tut mir leid, das geht mich nichts an.“

„Stimmt. Willst du die Antwort trotzdem hören?“, fragte Severus.

„Natürlich. Aber warum?“

„Nun, unter Freunden ist es üblich, dass man sich auch über so etwas unterhält, oder sehe ich das falsch?“, fragte Severus weiter. Er hatte den Blick nicht abgewandt, sah ihn weiterhin ernst und durchdringend an.

Jetzt wandte sich auch Harry komplett um, es kam ihm falsch vor wenn er sich ihm nur so halb zuwandte. „Also? Wie krank bist du wirklich?“

„Ich werde der Welt noch eine Weile erhalten bleiben, genau wie Hogwarts. Ich werde nie so alt werden wie ein normaler Zauberer aber die Hundert sollte ich schaffen“, erklärte Severus.

„Aber du bist doch schon weit über sechzig“, platzte es wieder aus Harry raus.

„Danke Harry, das ist genau das was ich hören wollte. Denkst du eigentlich auch mal nach bevor du etwas sagst?“, fragte Severus mit einem schiefen Grinsen.

„Sorry.“

„Und ich bin nicht weit über sechzig.“

„Sondern? Warte, du bist im selben Jahrgang wie meine Eltern gewesen und Remus hat mir mal erzählt, dass mein Dad sechzig geboren ist. Das müsstest du demnach auch, also bist du dreiundsechzig, oder?“, sagte Harry.

„Du kannst ja doch noch denken, ich bin fast beeindruckt.“

„Nein, bist du nicht.“

„Natürlich nicht. Los, mach weiter. Ich will die Tränke vor dem Abendessen fertig haben“, sagte Severus, jetzt wirklich grinsend bevor er sich umwandte und weiter arbeitete.

Harry musterte seinen Rücken noch einen Moment, arbeitete dann aber auch weiter. Doch irgendwie stimmte es ihn traurig zu wissen, dass das Gift Naginis Severus viele Jahre genommen hatte und das nur weil man ihn nicht sofort behandelt hatte. Würde es ihm jetzt anders, besser gehen wenn man ihn gleich behandelt hätte? Er warf Severus einen Blick zu und bemerkte wieder einen Unterschied, er stand fast absolut still während er arbeitete. Nicht wie früher als er sich am Arbeitstisch bewegt hatte, diese leichten, flüssigen Bewegungen, sie waren verschwunden. Wenn er sich bewegte dann langsam, vorsichtig und die Hauptlast lag auf dem rechten Bein, die Schäden auf der linken Seite mussten stärker sein als Harry genommen hatte.

„Hör auf mich anzustarren und arbeite“, knurrte Severus in diesem Moment.

„Woher weißt du das?“

„Man entwickelt mit der Zeit ein Gefühl dafür, arbeite weiter.“

Harry schwieg und kam der Aufforderung nach. Diesmal wurde das Schweigen nicht nochmal unterbrochen.
 

„Muss ich wirklich gehen?“, fragte Harry nach dem Abendessen.

„Nein, habe ich so etwas gesagt?“

„Nein.“

„Wie kommst du dann darauf?“

„Naja, die Arbeit ist getan, wir haben gegessen, rein technisch gesehen, könnte ich gehen“, erklärte Harry.

„Du könntest auch bleiben aber ganz wie du willst.“

„Ich bleibe lieber, bei dir ist es wesentlich gemütlicher.“

Severus zog eine Augenbraue hoch und deutete nach nebenan. Erst als sie im Wohnzimmer saßen, fragte Severus, „was genau meinst du damit?“

„Der Grimmauldplatz ist so furchtbar einsam. Ein großes, leeres Haus. Unzählige leere Räume, alle blank geputzt als würden sie auf neue Bewohner warten aber es kommt keiner. Dann noch Kreacher, der Kerl ist schrecklich“, murrte Harry.

„Dann sprich ihn frei.“

„Habe ich schon, er ist trotzdem geblieben. Er ist dem alten und führnehmen Hause Black verpflichtet und wird das Haus erst verlassen wenn ich es bis auf die Grundmauern niederbrenne.“

„Das wäre mal eine sinnvolle Verwendung für das Haus“, murmelte Severus.

„Als der Orden noch darin gewohnt hat, war es auch sinnvoll verwendet aber jetzt ist es so leer.“

„Du könntest dir eine sinnvolle Verwendung dafür ausdenken. Sitz halt nicht nur sinnlos auf deinem Hintern sondern mach was, du willst doch sowieso nicht zurück ins Ministerium, oder?“, fragte Severus.

„Nein, ich habe meine Kündigung vergangene Woche bei Kingsley abgegeben. Aber was wäre eine sinnvolle Verwendung? Irgendeine soziale Einrichtung?“

„Harry, ich und sozial? Da bin ich garantiert der falsche Ansprechpartner aber du könntest dich mit Hippocrates mal unterhalten. Oder mit Hermine.“

„Die redet nicht mehr mit mir weil sie ihre Ehe retten will.“

„Das ist der falsche Weg“, sagte Severus ruhig.

„Das weiß ich und das weiß sie auch aber sie will es wenigstens probieren.“

„Viel Glück.“

„Spar dir deinen Sarkasmus“, murrte Harry doch sein Gegenüber grinste nur.

„Das ist eines der wenigen Dinge, die mir geblieben sind. Es...“ Ein Hustenanfall unterbrach ihn.
 

Es dauerte eine ganze Zeit bis sich Severus wieder beruhigt hatte, Harry hatte seinen Platz verlassen und hatte ihm mitfühlend auf den Rücken geklopft doch wirklich etwas geholfen, hatte es nicht. „Was war das?“, fragte er.

Doch Severus antwortete nicht, er hustete noch ein paar Mal und versuchte dann aufzustehen.

„Bleib sitzen, Fino, ich glaube, wir brauchen hier einen Sprachtrank sonst muss Severus sich furchtbar vor mir blamieren“, sagte Harry.

Etwas verwundert ließ sich Severus wieder in den Sessel fallen, neben ihm erschien eine Phiole und eine Tasse.

„Milch?“, fragte Harry überrascht.

Severus antwortete logischerweise nicht sondern warf der Tasse einen vernichtenden Blick zu, trank sie aber dann in einem Zug leer und schluckte dann den Inhalt der Phiole. Erst dann antwortete, „Milch besänftigt den Hals und nimmt seltsamerweise die Schmerzen. Ich hasse Milch.“

„Ich auch, dafür liebe ich Schokolade. Geht das nicht?“, fragte Harry während er sich wieder in seinen Sessel setzte.

„Es gibt nur wenige Dinge, die schlimmer sind als Milch und eines davon ist Schokolade in flüssiger Form“, erklärte Severus, „Fino, was zum Nachspülen, der Geschmack ist ja furchtbar.“

Die leere Tasse verschwand und wurde durch eine Neue ausgetauscht, Harry wunderte sich allerdings als er sah, dass sie Tee enthielt.

„Kein Feuerwhisky?“

„Nein. Zu viel Alkohol ist nicht gut.“

„Allgemein oder für dich?“

„Zu viel Alkohol ist nie gut“, sagte Severus. Auf dem Tisch erschien gerade eine zweite Tasse, ebenfalls Tee und eine Schale mit kleinen Knabbereien.

„Heißt das, ich darf noch bleiben?“

„Tu, was du nicht lassen kannst“, sagte Severus leichthin, „du kannst nicht zufällig Schach, oder?“

„Nach Ron bin ich ein miserabler Spieler.“

„Lass mich das selbst überprüfen. Ich verlasse mich ungern auf die Meinung Dritter.“

Harry brauchte einen Moment um zu verstehen, dass Severus ihn gerade zu einem Schachspiel herausforderte. Warum konnte dieser Mann nicht mal direkt nach so etwas fragen? „Sag aber nicht, dass ich dich nicht gewarnt hätte“, sagte Harry grinsend.

„Ich werde mich daran erinnern“, gab Severus zurück. Ein Schachspiel tauchte auf dem Tisch auf, die schwarzen Figuren zu Harry gewandt.

„Du spielst mit weiß?“, fragte er überrascht.

„Immer.“

„Oh, dann beginnst du.“

„Ist mir bewusst“, sagte Severus und tat seinen ersten Zug.
 

„Schachmatt“, grinste Harry.

Severus zögerte einen Moment, nickte aber dann und schon fiel das Schwert seines Königs. „Damit steht es zwei zu drei für mich. Noch ein Spiel?“, fragte er dann.

„Es ist spät, ich kann kaum noch die Augen aufhalten“, sagte Harry gähnend.

„Dann würde ich leichter gewinnen.“

„Severus.“

„Ja, bitte?“

„Für heute reicht es. Kann ich auf deiner Couch schlafen?“, fragte Harry, die letzten Worte waren sehr zögerlich.

„Kannst du. Wir können sie auch in ein Bett verwandeln, das wäre wesentlich bequemer.“

„Danke.“

„Steh auf“, forderte Severus, das Schachspiel sortierte sich inzwischen selbst und verschwand als alle Figuren wieder ganz waren.

Harry folgte der Aufforderung und schon stand ein Bett samt Decke vor ihm. „Danke.“

„Wo das Bad ist, weißt du. Ich glaube, Fino hat dir wieder Sachen geholt. Möchtest du morgen mit frühstücken oder ziehst du es vor dich wieder davon zu stehlen?“, fragte Severus.

„Ich frühstücke gerne mit.“

„Sicher?“

„Ja. Ich glaube nicht, dass ich wieder schlafwandle. Wahrscheinlich waren das nur die Sorgen um Albus und da wir ja jetzt auf dem besten Weg sind, den Beschluss der Ethikkommission zu kippen, bleibe ich bestimmt in meinem Bett“, sagte Harry bestimmt, allerdings konnte er nicht verhindern, dass seine Wangen sich dezent rot färbten.

Severus ging darauf nicht ein sondern nickte nur und sagte, „dann gute Nacht.“

„Dir auch.“

Damit verschwand Severus nach oben und Harry machte sich auf den Weg ins Bad.
 

Diesmal war es kein leises Geräusch sondern ein Rütteln an seiner Tür, was Severus weckte. Denn diesmal hatte er in weiser Voraussicht einen Verschlusszauber auf seine Tür gelegt und an diesem versuchte sich scheinbar gerade Harry. „So viel zum Thema, ich schlafwandle nicht“, murrte Severus während er sich umdrehte und einfach versuchte weiter zu schlafen. Er war sich sicher, dass Harry es noch einen Moment versuchen würde und dann zurück in sein Bett ging. Mit diesem Gedanken schlief er wieder ein.

Irgendjemand musste ihn hassen denn er wachte schon zum zweiten Mal in dieser Nacht auf, diesmal allerdings vor Schmerzen. Mit einem leisen Fluchen begann er sein Bein zu massieren aber der Krampf ging einfach nicht weg. Normal würde er ein paar Stufen hoch und runter laufen, das löste normalerweise den Krampf aber normal hatte er auch keinen Gast. Als der Krampf allerdings auch nach fast zehn Minuten nicht wegging, gab Severus auf und stand auf, er würde einfach einen Stillezauber über das Treppenhaus legen. Mit einem Murren und schmerzverzerrten Gesicht erhob sich Severus, das Licht flammte auf und er machte sich langsam und vorsichtig auf den Weg zur Tür. Der Griff, der seinen Zauberstab in seine Hand beförderte, war schon so selbstverständlich, dass er es gar nicht mehr mit bekam.

Er kam allerdings nicht weit denn kaum hatte er seine Schlafzimmertür geöffnet, musste er auch schon wieder stoppen. Vor seiner Tür lag, zu einer kleinen Kugel zusammengerollt, Harry und schlief tief und fest.

„Das ist doch jetzt nicht wahr, oder?“, murrte Severus leise während er sich mühevoll bückte und Harry wach rüttelte.

Zumindest versuchte er es aber als sich die Lider hoben, waren die Augen dahinter wieder leicht verschleiert. Er war noch immer im Zustand des Schlafwandelns. Da er sich sicher war, dass Harry ihn nicht hörte, konnte er weiter sprechen. Sonst hätte er wirklich noch mitten in der Nacht einen Sprachtrank nehmen müssen.

„Geh ins Bett“, sagte er doch Harry stand einfach nur auf und starrte ihn an, oder eher an ihm vorbei. „Und nein, nicht in mein Bett“, fügte Severus schnell noch an als Harry einfach an ihm vorbei gehen wollte.

„Nicht alleine sein“, wurde gemurmelt.

„Vergiss es.“

Damit packte er ihn an den Oberarmen und wollte ihn umdrehen, wieder hatte er die Kraft des Jüngeren unterschätzt. Harry schüttelte ihn ohne Probleme ab und genau diesen Moment suchte sich sein Bein aus um unter ihm nachzugeben. Nur ein beherzter Griff zur Wand hinderte Severus daran zu Boden zu gehen, nur leider gab er damit seine Tür frei und das nutzte Harry aus. Er trat an ihm vorbei und legte sich wie selbstverständlich in Severus' Bett.

Mit einem Ächzen richtete sich Severus auf, er sprach schnell einen Stabilisierungszauber auf sein Bein und trat dann in den Türrahmen. Da lag Harry, friedlich schlummernd in seinem Bett und machte keine Anstalten wieder aufzustehen. Er ließ kurz den Kopf hängen, er wollte ihn nicht raus zaubern also blieb ihm wohl nicht anderes übrig als im Wohnzimmer zu schlafen. Aber erst musste er sich um den Krampf in seinem Bein kümmern denn das tat noch immer tierisch weh. Seufzend löschte er das Licht in seinem Schlafzimmer und machte sich dann daran die Treppe runter zu gehen. Die ersten Schritte waren wie Messerstiche doch mit jedem Schritt wurde es leichter.

Dennoch musste er die Treppe mehrmals hoch und runter gehen bis sich der Krampf so weit gelöst hatte, dass er keine Schmerzen mehr hatte. Oder zumindest nur noch so viel, dass er schlafen konnte. Doch als er sich das letzte Mal am Treppenkopf umdrehte um nach unten zu gehen, hörte er Geräusche und schon stand Harry neben ihm, immer noch mit starrem Gesichtsausdruck und leicht verschleierten Augen.

„Was willst du?“, krächzte Severus. Da er wusste, dass sich Harry eh an nichts erinnern konnte, hatte er wenige Bedenken was seine Stimme anging.

„Nicht alleine sein.“

„Du wiederholst dich, geh ins Bett“, murrte Severus. Er drehte sich um und wollte die Treppe nach unten gehen, blieb aber sofort stehen als er merkte, dass ihm Harry folgte. „Was wird das?“

„Nicht alleine sein“, wiederholte Harry stur und als Severus einfach weiter laufen wollte, wurde er festgehalten.

„Lass mich los, ich will ins Bett.“

„Nicht alleine.“

Severus seufzte und fragte sich, womit er das verdient hatte. Es war mitten in der Nacht und er stritt mit einem Schlafwandler darum wo und wie er schlafen durfte. Er hatte eigentlich absolut keine Lust dazu und fasste einen Entschluss, ihn störte es schließlich nicht mit einem Mann im Bett zu liegen. Der Gesichtsausdruck morgen von Harry war wahrscheinlich einen Lacher wert.

„Gut, du Nervensäge, dann gehen wir halt ins Bett“, murrte er, drehte sich um und schob Harry ins Schlafzimmer. Diesmal erfolgte kein Widerstand und schnell lagen sie unter der Decke. Severus wollte noch etwas sagen, ihm wurde allerdings die Luft aus den Lungen gepresst als sich Harry plötzlich an ihn kuschelte und die Arme um ihn schlang.

„Ich brauche noch etwas Luft zum atmen“, knurrte Severus. Es dauerte zwar einen Moment aber die Umarmung wurde etwas gelockert, löste sich aber nicht. „Der verflucht mich morgen früh“, murmelte Severus während er versuchte sich bequemer hinzulegen, was mit einem sehr anhänglichen Harry an der Brust nicht so einfach war. Doch schließlich fand er eine einigermaßen bequeme Position und schloss die Augen. Auch wenn er es nicht gerne zugab aber dieser warme, anschmiegsame Körper fühlte sich einfach herrlich an. Mit diesem Gedanken, und der Aussicht auf Harrys Gesicht morgen früh, schlief er ein.

Kapitel 18

Kapitel 18
 

Er spürte sofort, dass er nicht alleine im Bett lag und das hieß, dass er mal wieder geschlafwandelt war. Harry verkniff sich das Seufzen und öffnete vorsichtig die Augen, er sah schwarzen Stoff vor sich. Langsam bekam er die Situation sortiert und langsam aber sicher wurde ihm sehr warm im Gesicht. Er lag, der Länge nach, an Severus geschmust, einen Arm um seine Taille geschlungen und ihre Beine irgendwie verwirrt verflochten. Leider hatte diese ungewohnte Nähe scheinbar eine ganz eigene Wirkung auf seinen Körper und so versuchte er möglichst unauffällig mit dem Unterkörper etwas weg zu rücken. Severus schien noch nicht wach zu sein, er blieb ruhig atmend liegen und so konnte Harry ein Stück wegrücken. Lediglich seine Beine ließ er da wo sie waren denn er war sich sicher, dass Severus dann aufwachen würde.

Sein Blick ging musternd in Severus' Gesicht, er hatte sich eigentlich nicht verändert seit er ihn kannte. Selbst im Schlaf wirkte er streng und irgendwie abgekämpft, als ob er selbst im Schlaf keine Ruhe finden würde. Wie war sein Leben eigentlich verlaufen? Das, was Harry von ihm wusste, war nicht wirklich schön, Betrug, Hass, Dunkelheit, Einsamkeit, nicht viel Schönes. Eigentlich war es kein Wunder, dass er so verschlossen war. Harry war so in seine Gedanken vertieft, dass er nicht bemerkte wie Severus aufwachte. Erst als er ein leises Räuspern hörte, fand er wieder ins Hier und Jetzt und sah, mal wieder, genau in schwarze Augen.

„Ähm, … guten Morgen?!“

Eine Augenbraue wanderte nach oben, genau wie ein Mundwinkel doch dann schüttelte Severus den Kopf und klopfte auf Harrys rechtes Bein. Etwas verwirrt blinzelte Harry ihn an doch dann verstand er und half Severus ihre Beine zu entwirren.

„Tut mir leid“, murmelte Harry während Severus langsam aufstand, es war ihm anzusehen, dass er Schmerzen hatte.

Doch Severus winkte nur ab und deutete auf die Tür.

„Kann ich dir irgendwie helfen?“, fragte Harry, er kannte die Antwort allerdings schon.

Wie erwartet schüttelte Severus den Kopf, wiederholte aber die Handbewegung zur Tür. Harry folgte der Aufforderung, auch wenn er Severus gerne geholfen hätte.
 

„Fino, Schmerztrank, sofort“, krächzte Severus.

Sein Hauself erschien mit einem Plopp, allerdings ohne Phiole. „Master Snape muss erst etwas essen, dann darf er den Trank nehmen. Fino tut es leid aber der Heiler hat gesagt, dass Master Snape den Trank gegen Schmerzen nicht nehmen darf wenn er nichts gegessen hat“, sagte Fino.

„Verdammt, gib mir den Schmerztrank.“

„Nein.“

„Fino, ich behalte jetzt eh nichts drin also rück den Schmerztrank raus“, fauchte Severus so stark wie es ihm mit seiner zerstörten Stimme möglich war.

„Nein. Fino kann Master Snape einen Beruhigungstee machen aber Fino bringt keinen Trank gegen Schmerzen.“

„Dann hole ich ihn mir selber.“

„Fino ist schneller im Keller als Master Snape um die Tränke gegen Schmerzen weg zu stellen.“

„Das wagst du nicht“, knurrte Severus.

„Doch. Fino macht sich Sorgen um Master Snape. Master Snape muss erst etwas essen, dann bringt Fino den Trank gegen Schmerzen“, beharrte Fino ernst.

Severus warf ihm einen hasserfüllten Blick zu, in diesem Moment verfluchte er sich für die Befreiung des Hauselfen aber er konnte sie ja nicht rückgängig machen. „Dann bring mir halt was und sag Harry, dass er schon heim kann, hier dauert es noch.“

Fino nickte und verschwand.
 

Nur um kurz darauf wieder aufzutauchen, allerdings ohne etwas zu essen.

„Was?“, knurrte Severus.

„Master Potter sagt, dass er in der Küche wartet bis Master Snape nach unten kommt, egal wie lange es dauert. Er macht sich auch Sorgen um Master Snape und will nicht eher gehen bis er weiß, wie es Master Snape geht“, teilte Fino mit.

„Dieser verfluchte Bengel, macht nichts als Ärger. Fino, bereite das Frühstück in der Küche vor, für mich etwas ganz Leichtes, ich komme nach unten, irgendwie.“

Fino nickte und verschwand während Severus nach seinem Zauberstab griff und mehrere Zauber auf sein Bein sprach. Eigentlich bräuchte er einen Gehstock aber das ging nicht solange Harry da war aber in seinem Haus ging es. Hier konnte er sich fast unauffällig an den Wänden abstützen. Severus schnaubte, er hasste diese Schwäche aber er konnte es nicht ändern. Mit Mühe machte er sich auf den Weg.
 

Wirklich überrascht war er allerdings als er Harry am Fuß der Treppe antraf, er runzelte fragend die Stirn.

„Severus, ich weiß, du brauchst keine Hilfe aber du siehst beschissen aus. Du bist kalkweiß und bist komplett nass geschwitzt. Und das nur von dem kurzen Weg die Treppe runter, und du siehst aus als würdest du vor Schmerzen am liebsten in die nächste Tischkante beißen wollen“, erklärte Harry während er langsam auf ihn zukam, „von Hippocrates weiß ich, dass man Schmerztränke nicht auf nüchternen Magen nehmen soll. Vor allem nicht so hoch dosierte wie deine.“

Das Stirnrunzeln wurde stärker und er wollte einen Schritt zurückweichen aber Harry war schneller, er griff einfach nach seinem rechten Arm und legte ihn sich über die Schultern. Ohne auf das Gezappel von Severus einzugehen, schlängelte Harry einen Arm um seine Taille und zog ihn förmlich vorwärts.

„Komm, wir gehen frühstücken und je mehr du dich wehrst, umso länger dauert es. Also schluck deinen falschen Stolz runter und lass dir helfen“, sagte Harry lächelnd.

Er spürte wie sich Severus völlig versteifte, nur um dann fast in sich zusammen zu fallen.

„Geht doch, los, ab in die Küche.“

Zufrieden packte Harry nochmal fester zu um einen besseren Halt zu haben und half Severus dann in die Küche. Irgendwie machte es ihn fast schon stolz, dass sich Severus helfen ließ aber er hatte so im Gefühl, dass er sich nur helfen ließ weil es ihm wirklich schlecht ging.
 

Das war so erbärmlich. Severus konnte nicht fassen, was hier passierte aber er konnte es nicht ändern. Er musste sich immer stärker auf Harry stützen denn sein linkes Bein hatte die Stabilisierungszauber schlicht und einfach ignoriert. Es trug ihn nicht mehr und damit hätte er vor der Treppe beinah einen sehr unschönen Sturz hingelegt. Beschweren konnte er sich auch nicht, Fino hatte ihm keinen Sprachtrank gebracht. Nach dem Zauberstab konnte er nicht greifen, seine rechte Hand hing über Harrys Schulter und die Linke zitterte so stark, dass er damit mehr Schaden als Nutzen anrichten würde. Normal wäre er einfach im Bett geblieben aber er hatte ja einen Gast und genau dieser Gast half ihm gerade sich auf einen Küchenstuhl zu setzen.

„Brauchst du Hilfe?“, fragte Harry.

Ein eiskalter Blick traf ihn.

„Das ist wohl ein Nein. Dann frühstücken und dann ein Schmerztrank?“

Nicken.

„Kein Sprachtrank?“

Kopfschütteln während sich Harry ihm gegenüber setzte.

„Du hast ihn schon auf nüchternen Magen genommen also kann es nicht daran liegen. Verursacht der Sprachtrank Schmerzen?“

Severus seufzte leise und begann einfach zu essen, trockenen Toast.

„Bekomm ich später eine Erklärung?“

Nicken.

„Danke, dann trotzdem einen guten Appetit.“

Wieder ein schwaches Nicken, Severus schien wirklich am Ende seiner Kräfte.
 

Eine knappe Stunde später saßen sie im Wohnzimmer, Severus fast direkt vor dem angefeuerten Kamin, die Finger um eine Tasse gekrallt während er versuchte Harry mit Blicken zu erdolchen. Der ließ sich davon allerdings nicht beeindrucken sondern ließ sich im gegenüber nieder und sagte, „ich möchte eine Erklärung.“

„Du und dein verdammter Helferkomplex“, murrte Severus.

Harry grinste, das sagte man ihm öfters nach.

„Du hättest sogar Riddle geholfen wenn du gekonnt hättest.“

„Och, ich glaube, bei dem hätte ich eine Ausnahme gemacht. Also?“

„Wenn du in meinem Unterricht aufgepasst hättest, könntest du es dir denken“, knurrte Severus.

„Da ich das aber nicht habe, musst du es mir erklären. Severus, du wärst heute beinah umgekippt und du siehst immer noch nicht sehr gut aus.“

„Ich sah noch nie gut aus“, unterbrach ihn Severus.

„Du weißt genau, was ich meine. Also, was ist da heute passiert?“

„Mein Körper rebelliert gegen die Tränke. Macht er immer mal, dauert zwischen ein und vier Tagen und kommt jeden Monat etwa ein Mal vor also kein Grund zur Sorge“, erklärte Severus.

„Bitte, ich habe mich gerade verhört? Kein Grund zur Sorge? Severus, du musst was unternehmen.“

„Und was? Soll ich meine Organe lieb bitten, dass sie bitte ihre Funktion nicht einstellen? Oder mein Bein, dass es mich doch bitte auch ohne Trank tragen soll? Genau wie meine Stimme, alles nicht so wild, bilde ich mir bestimmt alles nur ein“, höhnte Severus.

Harry starrte ihn einfach nur an und murmelte dann, „so habe ich das nicht gemeint.“

„Natürlich nicht. Ich würde vorschlagen, du gehst jetzt.“

„Aber...“

„Nein, verschwinde“, fauchte Severus. Als Harry immer noch nicht reagierte, griff Severus nach seinem Zauberstab und richtete auf ihn, „du hast drei Sekunden um dieses Haus zu verlassen und nicht wieder zu kommen.“

„Aber Severus..“

„RAUS! Oder ich helfe nach.“

Langsam erhob sich Harry, er verstand nicht was er gerade falsch gemacht hatte aber es musste für Severus sehr ernst sein. Er beschloss für heute den Rückzug anzutreten, er würde seine Gedanken ordnen und dann zum Gegenschlag ausholen.

„Ich gehe aber ich werde wieder kommen und das weißt du“, sagte er vorsichtig, „wir sind Freunde und Freunde helfen sich untereinander, egal bei was.“

Severus knurrte nur leise, der Zauberstab zuckte leicht und für Harry war es das untrügliche Zeichen, dass er jetzt gehen sollte. Was er auch sehr schnell tat.
 

Die Tür war kaum ins Schloss gefallen als Severus zusammenbrach, ein heftiger Hustenanfall schüttelte seinen Körper durch und nahm ihm das letzte bisschen Kraft. Er spürte wie sich sein Brustkorb verspannte, wie es immer schwerer wurde zwischen den Hustern Luft zu holen. Früher hätte ihn das in Panik versetzt aber diese Situation hatte es in den letzten Jahren zu oft gegeben. Unter Aufbringung seiner letzten Kräfte unterdrückte er den aufkeimenden Husten und zog stattdessen einen tiefen Atemzug in seine Lungen. Es hatte viel Arbeit und Übung gebraucht um zu lernen den starken Husten zu unterdrücken aber er hatte es gemeistert. Nach dem tiefen Luftzug musste er den Kampf gegen den Husten wieder aufgeben, er rutschte aus dem Sessel auf die Knie. Den Oberkörper nach vorne gebogen bis er mit der Stirn den Boden berührte, er hasste diesen Husten, er hasste diese Schwäche, er hasste seinen Körper für diesen Verrat.
 

Wie immer verlor Severus jedes Zeitgefühl und wie immer nach so einer Attacke fühlte er sich danach dem Tod näher als dem Leben. Doch irgendwann ebneten die Hustenanfälle ab, er konnte wieder normal atmen ohne diese anstrengende Technik zu verwenden und irgendwann konnte er sich auch wieder halbwegs aufsetzen.

„Soll Fino Hilfe holen?“, fragte eine leise Stimme.

„Nein“, krächzte Severus, „Milch, Honig.“

„Natürlich.“

Vor Severus erschien das Gewünschte und diesmal trank er es ohne jede Gefühlsregung, er hatte einfach keine Kraft mehr.

„Noch eins?“, fragte Fino leise.

„Ja.“

Auch das zweite Glas trank er ohne Widerwillen doch das Dritte lehnte er ab.

„Soll Fino wirklich keine Hilfe holen?“

„Nein. Geh nach Hogwarts und sag Minerva, dass ich morgen nicht da sein werde“, flüsterte Severus müde während er nach seinem Zauberstab griff. Er musste ins Bett aber laufen konnte er keineswegs, blieb nur ein Schwebezauber aber dafür brauchte er genug Konzentration. Deswegen saß er fast zehn Minuten auf dem Boden bevor sich die schwarzen Schlieren vor seinen Augen soweit gelegt hatten, dass er es wagen konnte. Für den Weg von nur wenigen Metern brauchte er fast eine Stunde, immer wieder unterbrochen von Pausen. Er war noch nie so froh gewesen sein Bett zu erreichen, er fiel drauf und schlief fast auf der Stelle ein, angezogen und auf der Bettdecke.
 

„Herein.“ Die Tür öffnete sich doch es war kein Schüler, wie Minerva angenommen hatte, sondern Harry. Mit einem Lächeln erhob sie sich und trat ihm entgegen, „Harry, was kann ich für dich tun?“

„Ich muss dringend mit Severus reden aber der Sturkopf macht nicht auf. Ich stand jetzt fast eine Stunde vor dem Wasserspeier“, murrte Harry.

„Was willst du denn von ihm?“

„Privat.“

„Hat es etwas mit der Ethikkommission zu tun?“, fragte Minerva.

„Woher weißt du das?“

„Wir haben uns darüber unterhalten, also?“

„Ja, wir haben gestern das Ok bekommen, er darf weiter an der Therapie teilnehmen. Hippocrates hat ihm gestern eine Eule geschickt aber er hat bis jetzt nicht geantwortet. Also bin ich heute extra hergekommen aber er macht nicht auf“, maulte Harry, „dabei wollten wir so schnell wie möglich anfangen.“

„Harry, beruhige dich doch erst mal, Severus ist gar nicht in Hogwarts.“

„Bitte?“

„Er hat sich vor zwei Wochen krank gemeldet und ist seitdem nicht mehr hier gewesen“, sagte Minerva.

„Aber wieso hat Hippocrates nichts gesagt? Ich war doch heute morgen im St. Mungo“, murmelte Harry.

„Er ist an die ärztliche Schweigepflicht gebunden und ich glaube nicht, dass Severus im St. Mungo war.“

„Soll das heißen, der Kerl liegt seit zwei Wochen krank daheim rum und keiner kümmert sich um ihn?“

„Nach Fino geht es ihm schon wieder besser aber er hat den Kamin vom Netzwerk genommen und da ich nicht genau weiß, wo sein Haus liegt, kann ich ihm nicht helfen“, sagte Minerva traurig.

„Dieser elende Sturkopf. Ich werde ihm die Hölle heiß machen“, fauchte Harry während er sich schon umdrehte und aus dem Raum stürmen wollte.

Minerva hielt ihn allerdings nochmal zurück und sagte auf seinen fragenden Blick hin, „lass ihn.“

„Aber man muss ihm doch helfen.“

„Er will aber keine Hilfe, lass ihn einfach in Ruhe.“

„Nein, Minerva, ich werde nicht zulassen, dass er so vor sich hin vegetiert. Ja, er ist krank, das ist mir durchaus bewusst aber er braucht Hilfe und die kann man auch als Severus Snape annehmen. Mir geht dieser falsche Stolz auf die Nerven. Was bringt ihm seine Stimme wenn er durch den Trank Schmerzen hat? Niemand würde seinen Respekt vor ihm verlieren wenn er sich helfen lässt aber nein, wir müssen ja alle auf sein armes Gemüt Rücksicht nehmen“, fuhr Harry auf.

„Wieso machst du dir plötzlich solche Sorgen um ihn? Ihr wart nie die besten Freunde“, sagte Minerva.

Etwas unschlüssig zuckte Harry mit den Schultern und meinte, „durch die Sache mit Albus musste ich mich notgedrungen mit ihm beschäftigen. Dadurch habe ich auch eine andere Seite an ihm kennengelernt und irgendwie habe ich ihn immer falsch eingeschätzt.“

„Severus macht es einem sehr leicht ihn falsch einzuschätzen. Du weißt, wo er wohnt?“

„Ich war Leiter der Aurorenabteilung, ich weiß alles“, grinste Harry.

„Glaubst du, dass er dich rein lässt?“

„Er nicht aber Fino bestimmt.“

„Dann viel Glück. Natürlich auch für die Therapie.“

„Danke Minerva.“

Die Hexe nickte nur lächelnd und diesmal hielt sie Harry nicht auf als er gehen wollte.
 

Es wunderte Harry nicht, dass ihm keiner aufmachte als er bei Severus an der Tür klopfte. Entweder war er dazu nicht in der Lage oder er hörte ihn nicht. „Fino? Kannst du mich hören? Ich weiß, dass Severus krank ist und ich möchte ihm gerne helfen, bitte mach auf“, rief er schließlich.

Es dauerte einen Moment bis es eine Reaktion gab doch dann erschien Fino neben ihm.

„Hallo Fino.“

„Guten Tag, Master Potter.“

„Lässt du mich bitte rein?“

„Master Snape möchte das nicht“, sagte Fino traurig.

„Wie geht es Severus?“

„Master Snape geht es schlecht.“

„Dann lass mich rein.“

„Das hat Master Snape verboten. Fino darf auch nicht den Heiler aus dem Haus der Heiler holen“, sagte Fino todtraurig.

„Naja, rein technisch gesehen, kann dir Severus nichts mehr verbieten. Du bist ein freier Elf und kannst freie Entscheidungen treffen. Du machst dir Sorgen um Severus, genau wie ich und wir wissen Beide, dass er Hilfe braucht“, sagte Harry ernst.

Fino sah ihn aus großen Augen an doch langsam verzogen sich seine Lippen zu seinem feinen Grinsen. „Da hat Master Potter Recht.“ Hinter Harry erklang ein Klicken und die Tür schwang leise auf.

„Danke Fino. Wo ist er?“

„Master Snape ist im Wohnzimmer“, sagte Fino bevor er verschwand.

„Dann auf in die Schlacht“, grinste Harry und betrat das Haus.
 

„Accio Zauberstab.“

Fassungslos musste Severus zusehen wie sein eigener Zauberstab in die ausgestreckte Hand Harrys flog. Er war förmlich starr vor Schock denn er hatte es Fino eigentlich verboten, irgendjemanden rein zu lassen und vor allem Harry nicht. Die unerwartete Nähe tat ihm einfach nicht gut oder besser gesagt, sie gefiel ihm zu gut und das durfte einfach nicht sein.

„Ich bin mir durchaus bewusst, dass du auch stablose Zauber kannst aber ohne Stab und ohne Stimme sollte selbst dir schwer fallen“, erklärte Harry während er langsam den Raum betrat. Denn so wirklich sicher war er sich bei dieser These nicht.

Die Bücher, die plötzlich neben ihm aus dem Regal fielen und ihm wahrscheinlich einige blaue Flecken verursachten, belehrte ihn eines Besseren.

„Ok, du kannst noch zaubern aber ich hoffe, ich kann mich dagegen wehren. Severus, verzeih wenn ich das sage aber du siehst absolut beschissen aus“, sagte Harry.

Da kein weiteres Buch geflogen kam, machte Harry noch zwei Schritte und setzte sich Severus gegenüber.

„Ich sehe es dir an, du willst mich verfluchen.“

Nicken.

„Aber ich gehe Recht in der Annahme, dass ich mit Zauberstab und Stimme momentan stärker bin.“

Nicken und Kopfschütteln.

„Das versteh ich nicht.“

Eine Augenbraue wanderte spöttisch nach oben und auch sein Blick war eindeutig.

„Ich würde mich gerne mit dir verständigen aber irgendwie habe ich Angst, dass du mich dann verfluchst wenn ich dir deinen Zauberstab wiedergebe. Könnten wir uns auch Pergament und Feder einigen?“, fragte Harry.

Er sah wie Severus zögerte bevor er den Kopf schüttelte.

„Warum nicht?“

Wieder ein Zögern doch dann hob Severus die rechte Hand, Harry sah sofort, dass sie extrem stark zitterte, so könnte er nie etwas schreiben.

„Schreiben ist also schlecht. Severus, du kannst doch reden warum tust du es nicht einfach?“

Kopfschütteln.

„Du elender Sturkopf, du kannst reden also tu es.“

Wieder ein Kopfschütteln.

„Gut, dann bleiben wir beim Deuten deiner Körpersprache, das kann lustig werden.“

Nicken und ein auffordernder Blick.

Harry seufzte leise, wischte sich kurz über die Augen bevor er anfing, „Warum bin ich hier? Hast du deine Post geöffnet?“

Kopfschütteln.

„Dachte ich mir. Die Ethikkommission hat sich umentschieden, du darfst Albus wieder besuchen, natürlich nur unter Aufsicht der Heiler aber das war ja sowieso von Anfang an so. Hippocrates hat es dir gestern geschrieben aber als ich heute morgen im St. Mungo war, hat er mir gesagt, dass du noch keine Antwort geschickt hast. Also war ich in Hogwarts aber da warst du nicht und Minerva hat mir gesagt, dass du krank zuhause bist“, erklärte Harry, „spar dir deinen Blick, wir sind Freunde und Freunde helfen sich.“

Severus schnaubte leise und verschränkte die Arme vor der Brust, seine gesamte Körperhaltung drückte Abwehr aus.

„Mensch, warum willst du dir nicht helfen lassen?“, fragte Harry doch als Antwort ging Severus' Blick auf seinen Zauberstab, den Harry noch immer in der Hand hielt.

„Wenn ich dir deinen Stab wiedergebe, verfluchst du mich dann?“

Severus grinste, schüttelte aber den Kopf. Dennoch zögerte Harry doch dann ließ er den Stab zu ihm schweben. Man sah Severus seine Erleichterung als er die Finger um seinen Zauberstab schloss und Harry war sich sicher, dass er es nicht nochmal schaffen würde ihm den Stab abzunehmen.

„Auch wenn die Vorstellung dich zu verfluchen sehr groß ist, habe ich das nicht vor. Ich hätte mich bei Hippocrates gemeldet wenn ich die Post durchgegangen wäre. Momentan kann ich eh nirgendwo hin.“

„Warum hast du dich nicht bei Hippocrates gemeldet? Ich weiß, dass du dir von mir nicht hättest helfen lassen aber warum nicht von Hippocrates?“, fragte Harry.

„Weil er mir nicht helfen kann, genau sowenig wie du.“

„Wieso nicht?“

„Kannst du den Biss von Nagini rückgängig machen? Oder die verlorene Zeit in Askaban?“

„Nein.“

„Damit kannst du auch die Nachwirkungen beider Ereignisse nicht rückgängig machen.“

„Hat es was damit zu tun, was du mir erzählt hast? Dass dein Körper die Tränke abstößt?“, fragte Harry.

„Du kannst das bisschen Hirn ja doch noch nutzen.“

Harry ignorierte die Spitze und fragte, „kann man da gar nichts machen?“

Kopfschütteln.

„Wirklich gar nichts? Tränke fallen raus, was ist mit Muggelmethoden?“

Zu seiner Überraschung lächelte Severus traurig und schrieb, „ohne diese Methoden würde ich nicht mehr leben, die Dialyse hat mich gerettet. Aber nein, momentan kann mir wirklich nichts helfen, außer Ruhe und ein vorübergehender Entzug der Tränke.“

Harry runzelte die Stirn, sah sich dann um und fragte, „warst du die ganze Zeit hier drin?“ Etwas verwirrt nickte Severus, was Harry mit einem Kopfschütteln beantwortete.

„Was hast du denn jetzt schon wieder auszusetzen?“

„Lass mich raten, du nimmst momentan so wenig Tränke wie möglich, verkriechst dich hier im Wohnzimmer und Fino muss dich förmlich zum Essen zwingen“, sagte Harry.

„Worauf willst du hinaus?“

„Du brauchst Ablenkung und frische Luft. Severus, ich mag dein Haus, hier ist es wesentlich gemütlicher als im Grimmauldplatz aber du kannst nicht nur hier drinnen sitzen und darauf warten, dass es dir besser geht“, sagte Harry überzeugt.

Severus hob nur eine Augenbraue und schrieb, „ich wusste gar nicht, dass du vom Auror zum Heiler umgeschult hast.“

„Ich bin etwas viel besseres, ich bin Vater. Du benimmst dich wie ein kleines Kind, dass schmollend in seinem Zimmer hockt und sich über seine Schwäche beschwert.“

„Jetzt wäre der richtige Zeitpunkt dich zu verfluchen.“

Harry grinste ihn breit an, stand auf und kam auf ihn zu, der Zauberstab richtete sich sofort auf ihn, „nein, jetzt ist der richtige Zeitpunkt um etwas raus zu gehen. Du brauchst frische Luft und Sonne, glaub mir, das wird dir gut tun.“

„Ich werde dich verfluchen wenn du noch näher kommst.“

„Komm schon, es ist herrlich draußen, lass uns in den Vorgarten gehen. Oder hast du noch hinten einen Garten? Dann gehen wir da hin. Sonne und frische Luft tun dir gut, garantiert. Bitte Severus, tu mir den Gefallen und komm mit“, bat Harry eindringlich, „ich weiß, dass wir November haben aber es ist unglaublich warm draußen. Wir können Wärmezauber anwenden.“

Er hatte allerdings zu großen Respekt vor dem erhobenen Zauberstab um näher zu kommen. Wenn Severus wirklich nicht wollte, würde er ihn nicht dazu zwingen können denn egal wie schwach Severus schien, er war immer noch ein ernstzunehmender Gegner.

Severus selbst zögerte, der Stab senkte sich geringfügig um ein paar Worte zu schreiben, sehr klein und kaum lesbar, „ich schrieb schon, dass ich nirgends hin kann. Das war sehr ernst gemeint.“
 

Harry überlegte einen Moment, der Vorschlag eines Schwebezaubers hatte ein Buch gegen seinen Kopf fliegen lassen. Er hatte sich nicht wieder gesetzt sondern stand neben Severus' Sessel und überlegte bis ihm etwas auffiel. „Wie bist du vom Schlafzimmer hierher gekommen? Ich bin mir sicher, dass du nicht hier schläfst“, sagte er.

„Verschiedene Zauber und sehr viel Geduld.“

„Was für Zauber?“

„Warum lässt du mich nicht einfach alleine? Ich habe diese Phasen ab und zu mal und sie sind immer wieder vorbei gegangen.“

„Da hattest du keine so nervigen Freunde wie mich und ich gehe nicht eher bis du mit mir im Garten warst.“

„So etwas Ähnliches hatte ich befürchtet.“

Harry grinste ihn breit an und er sah, dass Severus resignierend den Kopf hängen ließ, er hatte gewonnen. Aber dann verschwand sein Grinsen und ein schlechtes Gewissen machte sich in ihm breit, er hatte nur gewonnen weil Severus schlicht und einfach keine Kraft hatte um sich lange mit ihm zu streiten.

„Hast du jetzt dein Gewissen entdeckt?“

„Es tut mir leid, ich habe wohl nicht nachgedacht.“

„Wie kommst du jetzt darauf?“

Harry zuckte mit den Schultern und meinte, „wenn du gesund wärst, würdest du meinen Forderungen nicht so schnell nachgeben. Du hättest mich längst in Grund und Boden geflucht. Es tut mir leid, dass ich dich in solche Bedrängnis bringe.“

„Ich bin von deinem schlechten Gewissen beeindruckt aber ich kann dir versichern, dass es unnötig ist.“

„Aber?“

„Ich bin krank aber ich liege nicht im sterben. Wenn ich dich wirklich los werden will, schaffe ich das auch, keine Angst. Soll ich es dir demonstrieren?“

„Mir macht dein Grinsen Angst“, gestand Harry.

„Gut.“

„Das ist nicht nett, Severus. Also, Vorgarten?“

Zu seiner Überraschung schüttelte Severus den Kopf und deutete Richtung Küche.

„Keine Ahnung, was du meinst.“

„Von der Küche aus geht es in den Garten hinter dem Haus, geh schon mal vor, ich komme nach.“

„Soll ich dir nicht lieber helfen?“, fragte Harry skeptisch. Er konnte sich nicht vorstellen, dass Severus den Weg alleine schaffte.

„Geh schon vor, ich brauche meine Stimme für die Zauber damit ich laufen kann.“

Harry verkniff sich seinen Kommentar, nickte nur und ging nach nebenan.
 

Severus wartete bis Harry den Raum verlassen hatte, mit einem Schwung des Zauberstabes schloss er die Küchentür und wandte sich dann seinem Bein zu. Er würde mehrere Zauber brauchen um heute einigermaßen laufen zu können und es würde dennoch seltsam aussehen. Mit einem Seufzen begann er verschiedene Festigungs- und Stabilisierungszauber auf sein Bein zu sprechen, Harry würde ja eh keine Ruhe geben.
 

Ein leises Rumpeln ließ Harry vom Küchenstuhl aufspringen, Er hatte ja gewusst, dass es keine gute Idee war ihn allein zu lassen. „Severus, ich komme rein“, rief er durch die Tür hindurch bevor er sie öffnete.

Er sparte sich jeden weiteren Kommentar als er Severus sah, er stand neben seinem Sessel und versuchte sich krampfhaft aufrecht zu halten. Schnell durchquerte er das Wohnzimmer aber als er nach Severus' Arm greifen wollte, wich dieser ihm aus.

„Jetzt stell dich nicht so an, ich habe dir schon mal so geholfen“, knurrte Harry. Er griff wieder nach ihm und wieder wich ihm Severus aus, wenn auch sehr ungelenk. „Du benimmst dich wie ein Kleinkind“, fauchte Harry. Er überwand den Abstand zwischen ihnen und griff endgültig nach ihm, diesmal war Severus nicht schnell genug.

Kaum hatte er zugegriffen als Harry seinen Fehler bemerkte denn Severus ging mit einem seltsam krächzenden Schrei zu Boden. Vor Schmerzen und Harry wusste warum, er hatte seinen linken Arm ergriffen.
 

Voller Schuldbewusstsein hatte Harry ihn wieder losgelassen, er hatte die Hand so schnell weggezogen als hätte er sich verbrannt. Jetzt hockte er wie ein Schluck Wasser in einem Sessel und starrte auf Severus, der auf dem Boden kniete und den linken Arm an seine Brust drückte. Er gab keinen Laut von sich auch wenn sich Harry sicher war, dass er am liebsten geschrien hätte.

„Es tut mir leid“, wiederholte Harry zum unzähligen Mal doch diesmal kam eine Reaktion.

Severus winkte mit der rechten Hand ab und griff nach seinem Zauberstab. „Du solltest wirklich erst denken und dann handeln, das kann in sehr vielen Situationen sehr hilfreich erweisen.“

„Es tut mir leid, Severus, wirklich.“

„Ist mir bewusst. Mach dich her und hilf mir hoch, du bist schließlich dafür verantwortlich, dass ich hier hocke.“

Etwas überrascht sah Harry die Schrift an, besann sich aber dann der Worte und sprang auf. „Es tut mir wirklich leid, Severus.“ Wieder winkte Severus ab, hielt aber den rechten Arm etwas höher. Es war eindeutig eine Aufforderung und Harry ergriff sie, und half Severus vorsichtig hoch. „Schaffst du es noch bis in den Garten?“, fragte Harry während er sich seinen Arm über die Schultern und einen Arm um seine Taille legte. Severus nickte, er presste den linken Arm noch immer an sich, machte aber jetzt vorsichtig den erste Schritt.
 

Es dauerte schier ewig bis sie die Küche durchquert hatten und im Garten standen, Severus war schweißgebadet und merklich blasser als vorher. Dennoch zitterte er als Harry ihm half sich auf eine Bank zu setzen. „Fino, ich könnte hier Hilfe brauchen“, sagte er.

Sofort erschien der Hauself, sah sich seinen Herren einen Moment an und verschwand dann wieder.

Neben Severus erschien eine Tasse Tee, vor ihm schwebte plötzlich eine gefaltete Decke und auch neben Harry erschien ein Tee. Harry zögerte, griff aber dann nach der Decke und legte sie über Severus' Schoß, dieser hatte den Blick abgewandt.

„Es tut mir wirklich leid, das war nicht meine Absicht“, sagte Harry nochmal.

„Ich weiß.“

„Soll ich lieber gehen?“

„Dann sitze ich alleine hier und langweile mich.“

Harry grinste und setzte sich neben ihn, jetzt erst kam er dazu einen Blick in den Garten zu werfen.
 

Er musste sofort feststellen, dass sie keine Wärmezauber benötigten denn der komplette Garten war grün und teilweise blühend, es mussten eine Unmengen an Zaubern darauf liegen. Es war ein kleiner, gepflegter Garten, links zogen sich verschiedene Kräuter- und Gemüsebeete entlang, rechts waren einige Beerensträucher. Kaum Rasen aber das hatte Harry auch nicht erwartet denn Rasen konnte man ja nicht für Tränke verwenden. Ein Grinsen erschien auf seinem Gesicht und vor ihm erschien Schrift, „Was hat sich dein Spatzenhirn jetzt schon wieder ausgedacht?“

„Gibt es in diesem Garten auch nur eine einzige Pflanze, die man nicht für einen Trank verwenden kann?“, fragte Harry grinsend.

„Ja.“

„Welche?“

Statt einer Antwort deutete Severus in den hinteren Teil des Gartens, Harry stand auf und machte sich auf die Suche, er fand aber nur einen kleinen, grünen Busch mit fedrigen Blättern. Absolut unscheinbar. „Was ist das?“

„Ein tränendes Herz, es blüht im Frühjahr.“

„Warum blüht er jetzt nicht? Alle Blumen hier blühen, nur das Ding nicht.“

„Es ist nicht den Gartenzaubern von Fino unterworfen, es hält sich an die normalen Jahreszeiten.“

„Fino ist für die ganzen Zauber verantwortlich?“

„Ja.“

Harry warf dem grünen Busch noch einen Blick zu. „Wenn die Blüte genauso unscheinbar ist wie der Busch, ist es echt hässlich. Warum hast du so was hier stehen?“, fragte er während er wieder zurückkam und sich setzte.

„Ich werde es deiner Mutter ausrichten wenn ich sie sehe.“

„Es ist von meiner Mutter? Wieso?“, fragte Harry fassungslos.

„Sie fand die Blüte schon immer schön und als ich hier eingezogen bin, hat sie mir eine kleine Pflanze davon geschenkt. Wir haben sie zusammen eingepflanzt und seitdem steht sie da und blüht jedes Jahr.“

„Werden diese Pflanzen so alt?“

„Nein, normalerweise nicht.“

„Hast du ihn verzaubert?“

„Nein.“

Harry erinnerte sich kurz an die Geschichte von Slughorn und fragte, „hat er irgendwann mal nicht geblüht?“

„Ja.“

„Nach dem Tod meiner Mutter, oder?“

„Richtig.“

„Severus, du bist ja sehr gesprächig heute“, sagte Harry grinsend.

Severus sah ihn lediglich an und sofort machte sich Harrys schlechtes Gewissen wieder breit.

„Tut mir leid, ich habe nicht gedacht, dass selbst das zu viel für dich ist“, sagte er leise.

Severus wandte sich wieder ab, widersprach aber nicht und als Harry kurz zu seiner Hand sah, bemerkte er das starke Zittern. Und das bei der rechten Hand.

„Also einfach hier sitzen bleiben und die Sonne genießen?“, fragte er vorsichtig.

Nicken.

„Soll ich dein Buch holen?“

„Könntest du einfach mal die Klappe halten oder ist das zu viel verlangt? Du wolltest, dass wir hier raus gehen also gib Ruhe oder geh!“

Etwas überrascht sah Harry die Schrift an, sie war etwas ungenau und zeugte davon wie schwer es Severus fallen musste. Er beschloss Ruhe zu geben, sonst würde sich der Zauberstab das nächste Mal auf ihn richten. So machte er es sich bequem und schloss die Augen. Er sah nicht, dass Severus ihm einen kurzen Blick zu warf und dann ebenfalls die Augen schloss, der Weg hier raus war zu viel gewesen. Bald döste Severus einfach weg.

Kapitel 19

Kapitel 19
 

Harry blieb wach und ließ seine Gedanken schweifen. Eigentlich war er hierher gekommen um Severus ins St. Mungo zu schleppen, ob nun zur eigenen Behandlung oder zur Therapie von Albus, da war er sich nicht sicher. Hier angekommen musste er feststellen, dass Severus selber dringend Hilfe benötigte. Sein schlechtes Gewissen war riesig, er hatte nur an Albus gedacht und durch seinen Eigensinn hatte er Severus sogar noch stärkere Schmerzen zugefügt. Dieser Schrei. Harry lief es kurz eiskalt über den Rücken, das war kein normaler Schrei gewesen. Dieses Krächzen, wie eine rostige Tür, nein schlimmer, Harry fand auch nach mehreren Minuten keinen Vergleich dazu.

War das Severus' Stimme? Klang er, wenn er redete, genauso? Wenn ja, verstand Harry, dass er auf diesen speziellen Sprachtrank bestand. Wobei, die Stimme würde den Kindern genauso Angst einjagen wie seine alte Stimme denn Harry war sich sicher, dass er von seinem öligen Sarkasmus nichts verloren hatte. Mit dieser Stimme passte er perfekt ins Bild des unheimlichen Kerkermeisters, wenn er denn noch Tränke unterrichten würde. Dann wäre er wirklich eine Horrorgestalt, die direkt aus einem Märchen entsprungen war um kleine Kinder zu fressen. Harry grinste mit geschlossenen Augen, das durfte Severus nie erfahren sonst wäre er sehr, sehr tot.

Seine Gedanken schweiften wieder ins St. Mungo, er machte sich schreckliche Sorgen um seinen Sohn und im Allgemeinen um seine Familie. Ginny konnte er endgültig vergessen, sie kommunizierten nur noch über die Anwälte miteinander und das tat sehr weh. Er hatte versucht mit ihr zu reden aber er wurde sehr stark abgewiesen, sowohl von ihr wie auch von Arthur und Molly. Und das tat noch mehr weh. Die Familie, die ihn quasi adoptiert hatte, zeigte ihm jetzt die kalte Schulter, zumindest der größte Teil. Seine eigene Familie war völlig zerrissen, hatte er eigentlich nie Glück in dieser Sache?

Eine plötzliche Berührung an der Schulter ließ ihn die Augen öffnen und den Kopf wenden. Den Anblick hätte er nie erwartet und würde er auch nie vergessen. Severus war eingeschlafen und mit dem Oberkörper zur Seite gesunken, er lag jetzt mit dem Kopf auf seiner Schulter. Harry legte den Kopf schief, er schien entspannter als vorher. Konnte er etwa Nachts nicht schlafen? Das würde erklären, warum er so schnell eingeschlafen war denn Harry war sich sicher, dass er sich solche eine Blöße sonst nie gegeben hätte. Harry dachte über seine Situation nach, für diesen stolzen Mann musste die Situation fast schon unerträglich sein. Schwach und auf Hilfe angewiesen.

Harry erinnerte sich an die Verhandlung, Severus hatte zugegeben, dass er alles dafür getan hatte um vor Albus den Schein zu wahren. Er hatte sich mit seinen viel zu starken Tränken wahrscheinlich selbst ins St. Mungo gebracht wenn das nicht Albus' Trank für ihn übernommen hätte. Warum gab er sich vor ihm dann ständig irgendwelche Blößen? Erst auf den zweiten Gedanken fiel es Harry ein, Severus hatte in Albus einen potenziellen Partner gesehen und wollte für ihn perfekt sein. In Harry sah er wahrscheinlich höchstens einen unliebsamen Störenfried. Oder vielleicht doch einen Freund? Harry musste bei dem Gedanken daran unwillkürlich lächeln. Er glaubte, dass sie Beide einen Freund gebrauchen konnten also warum sich nicht gegenseitig helfen? Er lehnte den Kopf zurück und schloss wieder die Augen, doch diesmal dümpelten seine Gedanken eher träge vor sich hin.
 

„Master Potter? Bitte aufwachen, Master Potter.“

Nur langsam öffnete Harry die Augen, das Gewicht auf seiner Schulter sagte ihm, dass Severus noch schlief. „Bin wach“, nuschelte er leise.

„Master Potter, bitte aufwachen“, wiederholte Fino.

„Bin wach, was kann ich für dich tun?“

„Möchte Master Potter mit zu Abend essen? Fino möchte das Abendessen machen“, erklärte der Hauself.

Etwas verwundert runzelte Harry die Stirn, warum wandte sich Fino nicht an Severus? Denn dieser richtete sich gerade auf.

„Er bleibt zum essen.“

„Dann macht Fino das Abendessen.“ Plopp und schon war der Hauself verschwunden.

„Wie geht es dir?“, fragte Harry.

„Nicht schlechter als vorher.“

„Wie schaffst du es eigentlich so sarkastisch zu klingen obwohl du nur schreibst?“, fragte Harry.

„Übung.“

Harry erwiderte das Grinsen, sein Blick wanderte kurz zu Severus' Hand, das Zittern hatte aufgehört. „Wollen wir schon rein oder wollen wir warten bis Fino fertig ist?“, fragte er.

„Ich sitze sehr gut.“

„Alles klar. Ist dir kalt? Wir haben immerhin November. Auch wenn es hier aussieht wie im Frühjahr.“

„Auf der Decke liegt ein anpassender Wärmezauber.“

„Was ist das?“, fragte Harry.

„Warum wundert es mich jetzt nicht, dass du das nicht weißt?“

„Spar dir deinen Sarkasmus und erklär es mir lieber.“

„Dem Zauber wird vorgegeben welche Temperatur der Körper, den er bedeckt, halten soll und der Zauber passt die Temperatur dann an.“

„Also würde die Decke bei mir nichts bewirken?“

„Richtig. Für dich wäre es nur eine normale Decke.“

„Lass mich raten, Fino?“

„Wer sonst?“

„Ich wusste nicht, dass Hauselfen so mächtige Zauber beherrschen.“

„Du weißt eine ganze Menge nicht. Nicht, dass mich das groß überrascht aber gerade bei den Hauselfen ist es doch etwas überraschend. Hermine ist deine beste Freundin und sie hat das größte Projekt für Hauselfen ins Leben gerufen, dass die Zauberwelt jemals gesehen hat. Hast du dich nie damit beschäftigt?“

„Ganz ehrlich? Nein.“

„Du bist ein Idiot.“

Harry starrte die Schrift einen Moment an und begann dann zu lachen. Severus sah ihn einen Moment fragend an, schüttelte aber dann den Kopf und verbuchte es unter beginnendem Wahnsinn.
 

Sie schwiegen bis Fino verlauten ließ, dass das Abendessen fertig war. Harry verkniff sich die Frage ob er Severus helfen sollte sondern griff ihm gleich unter die Arme. Er ignorierte den seltsamen Blick und konzentrierte sich auf den Weg, diesmal ging es schon wesentlich besser als am Nachmittag. Die frische Luft und vor allem der Schlaf schien Severus wirklich gut getan zu haben. Nicht, dass er das jemals zugegeben hätte aber so langsam lernte Harry die versteckten Zeichen zu lesen. Er war noch lange nicht so weit um ihn wirklich zu verstehen aber er war auf dem besten Weg dahin, hoffte er zumindest.
 

Severus sprach es nicht an als Harry es sich nach dem Abendessen in seinem Wohnzimmer bequem machte, mit einem Tee und einem Buch. Er selbst saß in seinem Sessel, wieder in eine Decke gehüllt und ebenfalls ein Buch in den Händen aber er konnte sich nicht wirklich auf die Buchstaben konzentrieren. Deswegen ließ er seine Gedanken schweifen und sie führten ihn zu einer Frage, warum duldete er den Kerl eigentlich hier?

Es wäre zwar eine große Anstrengung aber er könnte ihn dennoch aus dem Haus fluchen. Er wollte allerdings nicht. Die Idee mit der frischen Luft hatte ihm gut getan, der kurze Schlaf wahrscheinlich auch aber wenn Severus ganz ehrlich war, diese ungewohnte Fürsorge tat seiner Seele ungemein gut. Er wusste natürlich, dass sie nur solange anhalten würde bis die Therapie bei Albus anschlug aber warum sollte er es nicht solange genießen? Danach könnte er sich immer wieder an die Einsamkeit gewöhnen. Denn er war sich in dieser Hinsicht absolut sicher, Harry würde sich genauso schnell wieder von ihm abwenden wie er sich ihm zugewandt hatte. Doch solange würde er es definitiv genießen.

„Severus, darf ich dich etwas fragen?“

Etwas überrascht sah Severus auf, nickte aber, was Harry allerdings nicht sehen konnte denn er hielt den Blick gesenkt. Wie sollte er da antworten? Severus seufzte leise und genehmigte sich ein feines Grinsen, und einen winzigen Blitz, der Harry an der Stirn traf.

„Hey, was soll das?“

„Wie soll ich dir antworten wenn du mich nicht ansiehst?“

„Gutes Argument.“

„Was willst du wissen?“

Amüsiert beobachtete er wie Harry den Blick kurz abwandte und dezent rot anlief. Er räusperte sich und fragte dann leise, „Wieso lag ich schon wieder in deinem Bett? Ich habe genau gemerkt, dass du einen Verriegelungszauber auf deine Tür gesprochen hast. Zaubere ich etwa auch wenn ich schlafwandle?“ Er musste Severus notgedrungen wieder ansehen wenn er die Antwort lesen wollte, die er gerade in die Luft schrieb.

„Du lagst vor meiner Tür. Eigentlich wollte ich dich da liegen lassen aber das hätte wahrscheinlich zu einem Abdruck in meinem Boden geführt. Also wollte ich dich ins Bett schicken, nur leider hast du dir das falsche Bett ausgesucht. Als ICH dann im Wohnzimmer schlafen wollte, bist du mir gefolgt und hast klar gemacht, dass du mich nicht alleine schlafen lassen wirst. Also wieder zurück ins Schlafzimmer, mein Bett ist wesentlich gemütlicher als die verwandelte Couch. Wenn ich dich schon an mir kleben habe, dann doch wenigstens bequem liegen.“

Harry war noch dunkler im Gesicht geworden, es war ihm unendlich peinlich, dass er so extrem anhänglich war. Er wollte sich niemanden so aufdrängen, egal wem. „Tut mir leid.“

Severus winkte ab, ihn schien das wirklich wenig zu stören.

„Stört dich das gar nicht?“

„Wahrscheinlich weniger als dich. Du schnarchst wenigstens nicht.“

„Ist das dein einziges Problem?“, fragte Harry wirklich überrascht.

„Hast du schon mal versucht neben jemanden zu schlafen, der schnarcht?“

„Nein. Aber das kann ja nicht so störend sein, irgendwann schläft man ja selber ein. Severus, wieso duldest du das? Du könntest mich mit einem Zauber einfach wieder aus deinem Schlafzimmer werfen und jetzt erzähl mir nichts von wegen Abdruck im Boden“, knurrte Harry, „ich versteh es nicht. Wieso duldest du das? Das ist doch nicht normal.“

Da war sie wieder, die Formulierung, die Severus auf den Tod nicht ausstehen konnte. Nicht normal. Unnormal. Abartig. Pervers. Das waren dann die Steigerungen dazu und er hatte sie schon immer gehasst. Scheinbar fand es Harry doch ekliger als er gedacht hatte.

„Du solltest jetzt gehen.“

„Was? Nein. Ich will eine Antwort. Ich lasse mich nicht einfach so rausschmeißen.“

„Ich kann dich auch durch die geschlossene Tür fluchen, wenn dir das lieber ist.“

„Dazu bist du nicht stark genug“, behauptete Harry, der jetzt sicherheitshalber den Zauberstab zog.

Severus seufzte innerlich, also doch nichts mit etwas Fürsorge und Wärme für die nächsten Wochen. Es wäre auch zu schön gewesen. Natürlich war ihm klar gewesen, dass Harry irgendwann Antworten wollte aber so schnell hatte er nicht damit gerechnet.

„Ich warte auf eine Antwort. Ich werde nicht gehen bis du mir eine Antwort gegeben hast. Severus, was steckt dahinter, dass du mich in deinem Bett schlafen lässt?“, knurrte Harry.

„Ein letztes Mal im Guten, geh!“

„Nein.“

Severus zuckte mit den Schultern, griff in seine Tasche und förderte zwei Phiolen zu Tage, und noch eh Harry etwas sagen konnte, hatte er sie ausgetrunken.

Er konnte nicht glauben, dass Severus extra um ihn rauszuwerfen gleich zwei Tränke nahm. Er sah die Veränderung sofort, Stärke kehrte in seinen Gegenüber zurück und Harry war sich sicher, dass er auch seine Stimme wieder hatte. Er sollte sich nicht irren.

„Warum kannst du Dinge nicht einfach mal so hinnehmen wie sie sind?“, knurrte Severus.

„Aber...“

„Spar es dir, du hast dich deutlich genug ausgedrückt. Nein, ich habe und hätte dich nicht angefasst, keine Angst, deine Unschuld war zu keinem Zeitpunkt in Gefahr“, fauchte Severus während er sich erhob.

Harry sprang schnell auf, er wollte so einem Gegner nicht im Sitzen gegenüber treten. „So war das doch gar nicht gemeint“, verteidigte sich Harry schnell aber er sprach gegen eine Wand.

„Natürlich nicht“, höhnte Severus, „der böse Todesser, der erst den Sohn und dann den Vater anfasst. Die Presse wäre hocherfreut aber ich muss dich enttäuschen, ich habe kein Interesse an dir. Auch ich habe noch etwas Stolz und vor allem Geschmack. Du bist mir zu jung, zu eingebildet, zu voreingenommen, zu unentschlossen und zu dumm, ich bevorzuge Partner, mit denen ich mich auf einer Ebene bewegen kann. Aber keine Angst, du musst dich nicht länger in meiner Gegenwart vor mir ekeln. Du gehst jetzt. Wir sehen uns im St. Mungo für die Therapie von Albus oder in Hogwarts wenn es sich um Angelegenheiten deiner Kinder handelt. In aller Öffentlichkeit, wo du keine Angst haben musst, dass ich dich in die nächste Ecke schleife. Jetzt gehst du!“

„Severus, du verstehst das wirklich falsch, so war das wirklich nicht gemeint, ich...“

„Silencio.“

Harry war zu überrascht um den Zauber abzuwehren und so starrte er seinen Gegenüber nur hilflos an, er hatte wortlose Zauber nie gelernt. Er wich allerdings zurück als Severus langsam auf ihn zu kam, er hätte nie gedacht, dass er sich noch so gefährlich bewegen konnte.

„Ich sage es jetzt ein letztes Mal, ja, ich bin bisexuell aber das heißt nicht, dass ich jeden Mann oder jede Frau anspringe, nur weil der oder die etwas nett zu mir ist. Ich habe mit diesen und anderen Vorurteilen mein ganzes Leben lang gekämpft und brauche sie in meinem Privatleben nicht auch noch. Überleg dir gut ob du eine Freundschaft mit mir wirklich willst, ohne deine kindischen Befürchtungen. Dann kannst du dich wieder hier sehen lassen. Aber überlege dir gut ob du wiederkommst denn bei noch so einer Unterstellung, egal wie nett du sie umschreibst, werde ich dich wirklich durch die geschlossene Tür fluchen. Ich hoffe, ich habe mich diesmal deutlich genug ausgedrückt“, knurrte Severus drohend.

Harry nickte nur, ihm stand der Schweiß auf der Stirn und ja, er hatte gerade eine Scheißangst vor Severus.

„Gut, dann würde ich vorschlagen, du gehst. Der Schweigezauber hebt sich außerhalb meines Grundstücks von alleine auf. Ich werde mich mit Hippocrates in Verbindung setzen. Jetzt geh!“

Diesmal kam Harry der Aufforderung sehr schnell nach, er war froh, dass er weg kam.
 

„Feigling“, fauchte Severus leise bevor er sich umdrehte und zur Vitrine ging. Aus einer der Schubladen holte er Pergament und Feder, er wollte Hippocrates gleich schreiben. Warum es ihm plötzlich wieder so gut ging, war ihm zwar selbst ein Rätsel aber er wollte es nutzen. Er wollte sich von den Gedanken an Harry ablenken. Aber das klappte nicht wirklich denn Harrys Frage war durchaus berechtigt gewesen. Die Antwort darauf war eigentlich einfach, es gefiel Severus den Anderen so nah bei sich zu haben.

Ein warmer Körper, der sich an einen schmiegte. Völlig freiwillig und nicht durch Geld oder einen Zauber dazu gebracht. Gut, ob man schlafwandeln wirklich als freiwillig interpretieren konnte, blieb jedem selbst überlassen aber Severus hatte diese zwei Nächte durchaus genossen. Nun, das hatte sich jetzt ja auch erledigt, er war sich sicher, dass Harry nicht wiederkommen würde. Mit einem Knurren schob er den Gedanken beiseite, es war vorbei und fertig und machte sich daran den Brief für Hippocrates aufzusetzen. Fino würde ihn nachher direkt zu dem Heiler bringen und auch die Antwort gleich mitnehmen.
 

Drei Tage später fand sich Severus im St. Mungo ein und zu seiner grenzenlosen Überraschung war Harry auch anwesend. Er empfing ihn mit einem Lächeln, was Severus mit einer hochgezogenen Augenbraue beantwortete.

„Hippocrates, kann ich Severus kurz unter vier Augen sprechen?“

„Natürlich und keine Verfluchungen.“

„Hatte ich nicht vor“, sagte Harry überrascht.

Hippocrates nickte und deutete anklagend auf Severus, „er aber vielleicht, wäre ja nicht das erste Mal.“

„Ich habe mich nur verteidigt.“

„Natürlich. Ich erwarte euch vor Albus' Zimmer.“

Damit ließ Hippocrates sie allein und Severus verschränkte sofort abwehrend die Arme vor der Brust. „Was willst du?“, knurrte er.

„Mich entschuldigen.“

„Für was genau?“

Harry seufzte leise, rang kurz mit sich und sagte dann, „für diesen absolut dämlichen Unterstellungen, die ich zwar nicht laut ausgesprochen habe aber im Hinterkopf wohl gedacht habe. Das tut mir leid. Mir ist bewusst, dass du mich nicht in irgendeine Ecke schleifst, wie du es so schön ausdrücktest. Allerdings interessiert mich die Antwort auf meine Frage immer noch. Und zwar ohne jeden Hintergedanken, einfach nur eine Antwort auf eine Frage. Ja, ich möchte immer noch, dass wir Freunde werden.“

Severus legte den Kopf geringfügig schief, er musterte ihn aber er sah kein Falsch in Harrys Gesicht. „Entschuldigung angenommen“, murrte er bevor er sich umdrehte und ging.

„Hey, meine Antwort!“, rief ihm Harry hinterher, machte sich aber dann daran ihm zu folgen. Schnell war er neben ihm. „Meine Antwort“, forderte Harry.

„Beim Abendessen.“

Harry stutzte kurz, grinste aber dann und fragte, „wann und wo? Bei dir oder gehen wir irgendwo essen?“

Ihm wurde ein seltsamer Blick zugeworfen bevor Severus schnarrte, „Freitag, 19 Uhr, ich hole dich im Grimmauldplatz ab.“

„Irgendwelche besondere Garderobe?“

„Zieh dich einfach ordentlich an, Muggelkleidung.“

Jetzt war Harry wirklich überrascht aber er sagte nichts sondern nickte nur und damit schien das Gespräch für Severus beendet. Vor ihnen tauchte Hippocrates im Gang auf, er wartete wirklich vor der verzauberten Wand, hinter der Harry seinen Sohn sah.

„Weißt du schon, was du sagen willst?“, fragte er leise.

„Ja.“

„Was...?“

„Das geht dich nichts an, das ist eine Sache zwischen mit und Albus.“

„Okay.“

„Na, bereit?“, fragte Hippocrates.

„Natürlich. Die gleichen Bedingungen wie beim letzten Mal.“ Der Heiler nickte und deutete nur auf die Tür, Severus betrat einfach den Raum.
 

„Habt ihr irgendwelche Probleme miteinander?“, fragte Hippocrates während im Raum Albus aufsprang und auf Severus zu sprang. Blitzschnell zog Severus den Zauberstab und beförderte ihn ans andere Ende des Zimmers.

„Er hat meinen Sohn verflucht“, sagte Harry fassungslos.

„Durchaus aber das war nicht meine Frage.“

„Nein, haben wir nicht, glaube ich zumindest. Ich habe viel falsch gemacht.“

„Aha, was denn?“, fragte Hippocrates.

„Wie gut kennst du Severus?“, war die Gegenfrage.

„Ich kann mich wohl als so etwas wie einen Freund bezeichnen, wenn jemand wie Severus überhaupt Freunde hat. Warum?“

„Du kennst ihn schon lange, oder?“

„Seit der Schlange.“

„War er schon immer so abweisend?“, fragte Harry ohne ihn anzusehen. Sein Blick war starr auf die durchsichtige Wand vor ihm gerichtet. Albus wehrte sich gegen die Zauber, die ihn an der Wand festhielten, natürlich ohne Erfolg.

„Abweisend?“, fragte Hippocrates nach.

„Ja, abweisend.“

Harry sah ihn noch immer nicht an und so entging ihm der wissende Blick, die Antwort allerdings hörte er, „um einen Mann wie Severus für sich zu gewinnen, egal in welcher Art und Weise, braucht es mehr als ein paar netter Worte und einem Lächeln.“

Jetzt wandte Harry doch den Kopf um und fragte, „egal in welcher Art und Weise? Ich glaube, du hast da was falsch verstanden.“

„Ich dachte, du willst, dass ihr Freunde werdet“, sagte Hippocrates lächelnd.

„Will ich auch.“

„Dann liege ich doch richtig, was denkst du denn, was ich gedacht habe?“, fragte der Heiler, das warme Lächeln wurde zu einem wissenden Grinsen.

Harry lief rot an und murmelte, „ich verstehe in letzter Zeit irgendwie alles falsch.“

„Woran könnte das wohl liegen?“

„Keine Ahnung.“

„Hat es dich wirklich so geschockt als du erfahren hast, dass Severus an beiden Ufern fischt?“, fragte Hippocrates. Er warf immer wieder einen Blick in den Raum, dort weinte Albus mittlerweile hemmungslos während Severus weiter auf ihn einredete. Doch auch wenn es jetzt so aussah, dass Albus einbrach, wusste er, dass sie noch viel vor sich hatten. Der Junge war überzeugter denn je, dass er und Severus zusammen gehörten. Es würden noch einige Sitzungen nötig sein bis er überhaupt in Betracht zog, dass er krank war und Hilfe benötigte. Harry hatte noch nicht geantwortet und so fragte Hippocrates weiter, „so schlimm kann es doch gar nicht gewesen sein?“

„Ja, nein, ach, ich weiß auch nicht.“

„Was ist denn daran so schlimm?“

„Das kann ich schlecht beschreiben“, sagte Harry schulterzuckend, „aber ich käme ja eh nicht als Freund in Betracht, da war er ja sehr deutlich.“

Jetzt grinste Hippocrates und fragte, „was genau hat er denn gesagt?“

Harry schnaubte und höhnte, Severus' Stimme sehr gekonnt nachahmend, „du bist mir zu jung, zu eingebildet, zu voreingenommen, zu unentschlossen und zu dumm, ich bevorzuge Partner, mit denen ich mich auf einer Ebene bewegen kann.“

Zu seiner Überraschung verschwand Hippocrates' Grinsen, er wurde plötzlich sehr ernst.

„Was habe ich so schlimmes gesagt?“, fragte Harry als ihn Hippocrates auch nach mehreren Minuten nur schweigend und sehr ernst ansah.

„Nichts.“

„Aha. Das erklärt nicht deinen Gesichtsausdruck. Was ist los?“

„Die Wahrheit?“, fragte Hippocrates ernst.

Harry stockte, so ernst kannte er den Heiler nicht. Er warf einen Blick in den Raum, sein Sohn sah aus als würde er kurz vor einem Nervenzusammenbruch stehen.

„Ihm geht es gut, er ist ein sehr guter Schauspieler“, beruhigte Hippocrates ihn.

„Sicher?“

„Ganz sicher. Sieh dir seinen Blick an wenn sich Severus abwendet“, sagte der Heiler denn Severus war mittlerweile dazu übergegangen im Raum auf und ab zu gehen. Jedes Mal wenn er Albus den Rücken kurz zuwandte, veränderte sich sein Gesichtsausdruck für den Bruchteil einer Sekunde.

„Er schauspielert das alles nur?“, fragte Harry leise.

„Momentan? Ja. Tut er.“

„Kann ich ihm helfen?“

„Ja.“

„Wie?“

„Indem zu nichts tust“, sagte Hippocrates

Harry atmete tief durch, nickte dann kurz und sah ihn wieder an. „Meine Antwort“, forderte er.

Diesmal war es Hippocrates, der den Blick kurz abwandte bevor er leise sagte, „wenn Severus kein Interesse an jemanden hat, sagt er das gerade heraus und sucht nicht nach irgendwelchen Ausreden. Er hat dir Gründe genannt, wenn diese Gründe nicht mehr zutreffen, hat er keine Ausreden mehr.“

„Willst du mir gerade erklären, dass Severus Interesse an mir hat?“, fragte Harry verdächtig blass.

„So wie du aussiehst, lieber nicht.“

„Bitte?“

„Du siehst aus als würdest du gleich umfallen. Ekelt dich der Gedanke daran so sehr an? Er fällt dich ja nicht gleich an“, sagte Hippocrates. Harry schwieg, er war etwas geschockt. „Harry, er wird dich nicht anfallen.“

„Ich weiß“, sagte Harry abwesend.

„Was ist dann dein Problem?“, fragte Hippocrates, „oder könnte es sein, dass du mehr als ein Freund für Severus sein willst?“

„Was? Nein. Ich bin hetero.“

„Sicher?“

Harry nickte, schüttelte aber dann den Kopf und zuckte schließlich die Schultern, er schien völlig weggetreten. So bekam er auch nicht mit, wie Severus den Raum verließ und hinter ihn trat.

„Harry? Was hast du für ein Problem mit einem Interesse von Severus an dir?“, fragte Hippocrates mit einem kurzen Blick über Harrys Schulter.

Severus zog nur eine Augenbraue hoch, sagte aber nicht und machte sich auch sonst nicht bemerkbar. Scheinbar interessierte ihn die Antwort auch.

„Problem? Ich habe kein Problem damit, ich käme ja eh nie in Frage.“

„Wie meinst du das? Er hat dir die Gründe genannt, die gegen eine mögliche Beziehung sprechen und ganz ehrlich? Du siehst nicht gerade abgeneigt aus“, sagte Hippocrates.

Er rechnete mit einem vehementen Abstreiten doch Harry sah ihn nur nachdenklich an und murmelte dann, „ich weiß selber nicht mehr, was ich will. Aber er hat mich ja sehr deutlich abgelehnt.“

„An allen Gründen kann man arbeiten“, schlug der Heiler vor.

„Allein der erste Grund, ich bin zu jung, wie sollte ich daran arbeiten?“, fragte Harry.

„Über diesen Punkt könnte man hinwegsehen“, schnarrte Severus von hinten.
 

Wie von der Tarantel gestochen, fuhr Harry rum und sah Severus mit großen Augen an, sein Blick wurde ruhig und abwartend erwidert. Hippocrates wollte etwas sagen, ließ es aber denn irgendwie hatte er das Gefühl, dass es falsch wäre. „Also stimmt es?“, fragte Harry jetzt.

„Würdest du deine Frage bitte etwas präziser stellen?“, gab Severus zurück. Er war ruhig, zu ruhig wie Hippocrates wusste aber Harry fiel es nicht auf.

„Hat Hippocrates Recht, hast du Interesse an mir? Als festen Freund?“, fragte Harry.

„Ich wäre nicht abgeneigt“, sagte Severus. Er wusste, dass er sich gerade um Kopf und Kragen redete aber wenn die Sache jetzt schon mal angesprochen wurde, wollte er auch ehrlich sein.

„Ist das die Antwort, die ich am Freitag bekommen hätte?“, fragte Harry weiter.

„Ich hätte es etwas geschickter formuliert aber ja, das ist die Antwort“, gab Severus zu.

Nur Hippocrates fiel auf, dass seine Stimme immer ruhiger klang und das konnte nur eins bedeuten, Severus hatte mit der Sache abgeschlossen. Er sah keine Hoffnung mehr.

„Das kann nicht dein Ernst sein“, protestierte Harry gerade, „du hast mir meine Schulzeit zur Hölle gemacht und danach hatten wir nie wirklich Kontakt. Wie kannst du jetzt sagen, dass du mich so sehr magst, dass ich als fester Freund in Betracht komme?“

„Ich habe dich in den letzten Wochen näher kennengelernt und habe ein paar Dinge an dir gesehen, die mich interessieren würden.“

„Du lässt nie ein gutes Haar an mir.“

„Harry, was soll dieses Verhör?“, fragte Severus plötzlich.

„Bitte?“

„Du hast die Frage verstanden.“

„Ich möchte es verstehen.“

„Warum? Allein der Gedanke, dass ich ein, wie auch immer geartetes Interesse an dir habe, treibt dir den Ekel ins Gesicht. Warum überlegst du dir krampfhaft irgendwelche Fragen und Aussagen? Lass es einfach“, knurrte Severus, „du hast deine Antwort, also ist das Abendessen hinfällig.“ Damit wandte er sich an Hippocrates, „Schick mir eine Eule wann der nächste Termin ist.“ Dann ging er einfach.

Kapitel 20

Kapitel 20
 

„Abendessen?“, fragte Hippocrates leise.

„Ja. Wir waren Freitag zum Abendessen verabredet, er wollte mir eine Frage beantworten.“

„Darf ich fragen, welche?“

Unsicher sah Harry ihn an bevor er den Blick wieder in den Raum richtete. Albus hatte schnell aufgehört zu weinen und saß jetzt auf seinem Bett, einen sehr berechnenden und überlegenden Ausdruck auf dem Gesicht.

„Du musst ja nicht mit mir reden.“

„Was weißt du über schlafwandeln?“, fragte Harry ohne ihn anzusehen.

Hippocrates runzelte die Stirn, wie kam er jetzt da rauf?

„Können wir uns woanders unterhalten? Natürlich nur wenn du Zeit hast. Ich glaube eine Gelegenheit zum reden wäre ganz gut“, murmelte Harry.

„Natürlich, komm.“

Mit einem dankbaren Lächeln folgte Harry dem Heiler.
 

„Also, was ist los? Was für eine Frage hast du Severus gestellt? Was hat das Schlafwandeln damit zu tun?“, fragte Hippocrates als sie wenig später im gemütlichen Teil seines Büros saßen. Er hatte extra eine Couchecke eingerichtet, manchem Menschen redeten in gemütlicher Atmosphäre besser als vor einem Schreibtisch.

„Ich schlafwandle scheinbar seit einiger Zeit. Richtig aufgefallen ist es erst als ich mal bei Severus übernachtet habe“, begann Harry, brach aber dann ab.

„Wie?“

Harry zögerte eine ganze Weile und sagte schließlich leise, „ich bin auf der Couch eingeschlafen und in seinem Bett aufgewacht.“

„Wieso hat er dich nicht wieder rausgeschmissen?“

„Das war die Frage.“

„Ah und die Antwort hat dir nicht gefallen. War das das einzige Mal?“

„Nein. Beim zweiten Mal war ich wohl noch aufdringlicher“, murmelte Harry, er erntete damit nur einen fragenden Gesichtsausdruck seines Gegenübers.

Hippocrates wartete höflich bis Harry dazu bereit war, weiter zu sprechen und dafür war ihm Harry sehr dankbar. Er kämpfte mit sich doch dann sprudelte schließlich alles aus ihm raus.

„Ich habe am Abend gespürt wie Severus seine Tür magisch verriegelt hat und dennoch bin ich in seinem Bett aufgewacht. Er hat mir dann erzählt, dass ich vor seiner Tür gelegen habe. Er hat mich mehr oder weniger geweckt und ich bin zielstrebig in sein Bett, und als er dann auf die Couch wollte, bin ich hinterher. Da hat er scheinbar beschlossen, dass es in seinem Bett gemütlicher ist und so haben wir da geschlafen. Ich habe ihn am nächsten Morgen gefragt, warum er mich nicht rausgeschmissen hat und da hat er sich um eine Antwort gedrückt. Dann gab es später einen Streit weil ich ihm, mehr oder weniger, vorgeworfen habe, dass er mir an die Wäsche will und dann hat er mich raus geworfen, natürlich nicht ohne mir vorher eine ordentliche Standpauke zu halten. Der Grundtenor war eigentlich, dass ich meine Vorurteile überdenken soll und mich erst wieder melden soll, wenn ich mit seiner Sexualität klar komme. Das war heute, und ich wollte immer noch eine Antwort. Er hat mich zum Essen eingeladen, irgendwo bei den Muggel, zumindest den Klamotten nach und jetzt das. Der Kerl macht mich noch wahnsinnig. Warum kann der nicht mal meine Fragen beantworten ohne gleich eingeschnappt zu sein? Ist es denn wirklich so schlimm wenn man mal Fragen stellt? Nein, der Herr zieht sich ja sofort in sein Schneckenhaus zurück und wirft mit blöden Sprüchen um sich. Macht er das schon immer? Ich könnte ihn gerade echt in den Arsch treten.“

„Lass das bitte, das gibt blaue Flecken und ist nicht gut für seine Gesundheit“, sagte Hippocrates trocken als Harry kurz Luft holte.

Er wurde überrascht angeblinzelt bevor Harry schief grinste und meinte, „dann werfe ich ihm einen Kessel an den Kopf.“

„Noch schlechter. Nimm ein Kissen.“

„Klar, Severus wird sich freuen wenn ich eine Kissenschlacht anfange. Dann heiße ich gleich wieder Potter“, lachte Harry.

„Heißt du nicht sowieso Potter?“

„Bei Severus nicht. Da heiße ich nur Potter wenn ich, in seinen Augen, etwas falsch gemacht habe oder mich kindisch verhalten habe. Ansonsten heiße ich Harry“, erklärte Harry, „allerdings werde ich jetzt wohl immer Potter heißen.“

„Stört dich das so sehr? Du wolltest doch lediglich mit ihm befreundet sein“, sagte Hippocrates nachdenklich.

„Irgendwie stört es mich schon.“

„Also doch Interesse?“

„Keine Ahnung.“

„Das ist nicht sehr hilfreich“, sagte Hippocrates, „du hast dich bis jetzt nur mit Frauen getroffen, oder?“

„Ja.“

„Ekelt dich der Gedanke an zwei Männer untereinander wirklich so sehr an, wie Severus behauptet hat? Zeichnet es sich in deinem Gesicht ab?“, fragte der Heiler.

Diesmal schnaubte Harry und murrte, „du solltest seine Augen mal untersuchen, ich weiß nicht, was er da gesehen hat aber Ekel war es nicht. Ja, ich war überrascht aber hey, wer wäre nicht überrascht wenn er erfahren würde, dass sein ehemaliger Lehrer so ein Interesse an einem hat? Aber Ekel? Nein, definitiv nicht. Ich war wirklich nur überrascht.“

„Das solltest du ihm so sagen.“

„Der verflucht mich wenn ich vor seiner Tür auftauche.“

„Kommt drauf an wie und wann du vor seiner Tür stehst“, sagte Hippocrates.

„Häh?“

„Wo wolltet ihr am Freitag hin?“

„Keine Ahnung, er sagte nur, dass ich mir war Ordentliches anziehen soll und, dass es Muggelkleidung sein soll“, sagte Harry schulterzuckend.

„Hast du einen Anzug?“

„Häh?“

„Harry, du solltest wirklich über den Kauf eines Wörterbuches nachdenken. Häh ist kein ordentliches Wort.“

„Wieso sollte ich einen Anzug haben?“

„Weil es Restaurants gibt, die eine Kleiderordnung haben und man da einen Anzug tragen sollte“, erzählte Hippocrates doch das Fragezeichen in Harrys Gesicht wurde nur noch größer. Der Heiler seufzte und setzte zur Erklärung an.

„Severus ist ein sehr stolzer Mann, teilweise steht ihm sein eigener, manchmal falscher Stolz im Weg. Sobald er denkt, eine Ablehnung zu spüren, geht er zum Angriff über. Sobald er denkt, dass er irgendwie schwach wirkt, geht er zum Angriff über. Sobald er sich irgendwie in Bedrängnis fühlt, geht er zum Angriff über. Wenn du wirklich mit ihm befreundet sein willst, oder sogar mehr, musst du mit diesen Angriffen klar kommen. Er wird sich nie eine Schwäche eingestehen, es würde bei dir liegen sie zu erkennen. Ich habe fast zwei Jahre gebraucht bis er mir angedeutet hat, wenn er Schmerzen oder andere Probleme Hatte. Zwei Jahre! Ich bin sein Heiler, ich habe ihn zusammengeflickt, ich habe mit ihm die Dialyse und die magische Entgiftung durchgemacht. Ich habe seine Tränke angepasst, ich war dabei wenn er zusammengebrochen ist weil er sich überanstrengt hat. Ich war dabei als er in der Dusche so stark mit dem Kopf gegen die Fliesen geschlagen ist, dass er eine Gehirnerschütterung davon getragen hat und mich dennoch verflucht hat als ich das Bad betreten habe. Nur, damit ich ihn nicht in dieser Situation sehe und ich bin Heiler, ich bin den Anblick von nackten, kranken Menschen gewohnt. Harry, er ist ein furchtbarer Sturkopf, der manchmal nicht weiß, was gut für ihn ist. Wenn du wirklich näheren Kontakt zu ihm willst, musst du lernen damit zu leben und ich würde dir einen Kurs zur Selbstverteidigung empfehlen. Du solltest dich mit Oliver unterhalten, du musst einen Zwischenweg zwischen Aufdringlichkeit, Fürsorge und dem Respekt vor Severus' Privatsphäre finden. Wenn du zu aufdringlich bist, wird er sich ganz verschließen, wenn du zu locker ran gehst, nimmt er dich vielleicht nicht ernst.“

Harry schwieg und starrte in seinen Kaffee, rührte ab und zu um und trank aber dann doch nichts. Auch sein Gegenüber schwieg, er wollte ihm Gelegenheit geben über die Worte nachzudenken und er wollte ihn zu nichts drängen.

„Warum sollte ich so einen Ärger auf mich nehmen? Wenn ich einen Mann als Partner wollte, könnte ich das wesentlich einfacher haben. Das unter der Voraussetzung, dass ich überhaupt einen Mann als Partner will. Merlin, ich bin immer noch verheiratet und habe bis jetzt nicht mal im Traum daran gedacht, dass ich vielleicht bisexuell sein könnte“, sagte Harry ohne von seinem Kaffee aufzusehen, „warum sollte ich das alles auf mich nehmen? Severus hat doch schon zugesagt, dass er Albus hilft. Warum soll ich ihn nicht einfach in Ruhe lassen? So, wie er das möchte. So fies wie es klingt aber Severus bietet nicht viel, verlangt aber ganz viel. Er ist charakterlich einfach nur ein Arschloch und wenn wir ehrlich sind, der Schönste ist er auch nicht.“

„Du sollst gar nichts und du musst auch gar nichts. Keiner zwingt dich zu etwas und Severus hat mit dem Thema eh schon abgeschlossen. Er...“

„Wann?“

„Bitte?“

„Wann hat er damit abgeschlossen?“, fragte Harry überrascht, er sah jetzt auch auf.

„Als ihr euch unterhalten habt, er ist sehr ruhig geworden. Nicht aufgefallen?“, fragte Hippocrates.

„Doch schon aber ich dachte, er weiß einfach nicht was er sagen soll“, gestand Harry.

„Als ob Severus mal sprachlos wäre, schön wäre es. Nein, er wird immer so ruhig wenn ein Thema für ihn erledigt ist. Warum soll er sich auch aufregen wenn er eh keine Hoffnung mehr sieht?“

„Aha, das erklärt immer noch nicht warum ich das alles machen sollte? Er ist nicht gerade das, was man sich als Partner wünscht“, sagte Harry.

Zu seiner Überraschung grinste Hippocrates und meinte, „wäre ich bi oder schwul, würde ich ihn nehmen.“

„Dein Ernst?“

„Mein voller Ernst aber ich bin sehr glücklich verheiratet.“

„Warum?“

„Weil in Severus mehr steckt als man von außen sieht. In seinem Fall könnte man wirklich sagen, dass man bei ihm sehr, sehr tief graben muss um das Gute zu finden aber ich glaube, wenn man das geschafft hat, wird man sehr reich belohnt. Auch wenn du mir nicht glaubst aber Severus ist ein sehr gefühlvoller Mensch, allerdings kennt er immer nur die Extreme. Entweder ganz oder gar nicht, entweder mit vollem Herzen oder gar nicht. Ich glaube, wenn er jemanden wirklich liebt, dann bedingungslos, mit allen Macken, ehrlich, treu und zu einhundert Prozent hinter demjenigen stehend. Ich glaube, wer den Kampf um Severus' Herz gewinnt, kann in jeder Hinsicht nur gewinnen“, sagte Hippocrates ernst.

„Das ist ein harter Kampf wenn ich nicht mal weiß ob ich eine Beziehung will“, gab Harry zurück.

„Ich kann nur von mir reden aber ich möchte Severus als Freund nicht mehr missen. Ja, er ist ein sarkastisches Arschloch aber er ist einer meiner besten und treusten Freunde. Wenn ich wirkliche Probleme hätte, wäre er der Erste, an den ich mich wenden könnte und würde denn ich wäre mir sicher, dass er mir hilft“, sagte Hippocrates.

Er sah wie es in Harry arbeitete doch es war zu viel für einen Tag. Er hatte heute zu viel erfahren, er musste über zu viel nachdenken und er würde jetzt garantiert keinen Entschluss fassen können.

„Harry, möchtest du einen Tipp haben?“, fragte Hippocrates während er aufstand und zu seinem Schreibtisch ging um dort etwas zu kramen.

„Ja, bitte.“

„Wenn du ihn als Freund, Partner, was auch immer haben möchtest, dann kauf dir einen Anzug, ruf in diesem Restaurant an und reserviere für Freitag Abend einen Tisch für zwei. Dann steh um die verabredete Zeit vor seiner Tür und hol ihn zum Essen ab“, sagte der Heiler. Er reichte Harry einen Visitenkarte und erklärte, „ein Muggelrestaurant der gehobenen Klasse in London. Sehr gutes Essen und so nebenbei eines von Severus' Lieblingsrestaurants.“

„Er wird mich weg fluchen.“

„Versuch es. Wann wolltet ihr euch Freitag treffen?“

„Um sieben“, sagte Harry mit Blick auf die Karte.

„Dann reserviere einen Tisch für um Acht, dann kann er sich von dem Schock erholen, sich fertig machen und umziehen“, grinste Hippocrates.

„Der geht nie im Leben mit mir essen.“

„Wird er.“

„Und wenn ich dann irgendwann feststelle, dass ich doch hetero bin und bleibe?“

„Dann sagst du ihm das.“

Harry hob jetzt den Blick um ihm einen fragenden Blick zuzuwerfen.

„Harry, keiner, wirklich keiner, nicht mal Severus, erwartet, dass du dich sofort für irgendetwas entscheidest. Lern ihn doch erst mal richtig kennen, vielleicht mit dem Hintergedanken an eine Beziehung, vielleicht auch nicht, das entwickelt sich mit der Zeit oder auch nicht“, sagte Hippocrates.

„Aber ist das nicht unfair Severus gegenüber.“

„Nicht, wenn du ihm keine falschen Hoffnungen machst. Sag ihm offen und ehrlich, dass du nicht weißt, ob du einen Mann als Partner willst oder ob du es überhaupt kannst. Er soll dann selber entscheiden ob er es will oder nicht.“

„Ich glaube wirklich nicht, dass er mit mir essen geht“, sagte Harry erneut. Er warf wieder einen Blick auf die Karte in seinen Händen und fragte, „ein Muggelrestaurant?“

„Ja. Hast du ein Telefon oder willst du von hier aus telefonieren?“

„Wieso hast du ein Telefon?“, fragte Harry überrascht.

„Damit nichtmagische Partner von magischen Personen das St. Mungo erreichen können wenn mit ihren Partnern etwas ist. Nicht jeder kommt mit dem Flohnetzwerk klar also haben wir auch Muggeltelefone angeschafft“, erklärte Hippocrates, „brauchst du es?“

„Nein, ich habe ein Handy.“

„Wieso?“

„Weil Hermine mich manchmal aus dem Urlaub mit ihren Eltern angerufen hat. Für ihre Eltern ist es die Sicherheit, dass sie jemanden in der magischen Welt erreichen können wenn etwas mit Hermine ist.“

„Wäre da Arthur Weasley nicht sinnvoller? Er ist besessen von Muggelsachen.“

„Molly wollte es nicht. Hippocrates, was soll ich Severus sagen? Ich weiß nicht wie ich mich ihm gegenüber verhalten soll.“

„Die Wahrheit. Egal was du sagst, lüg nicht, er hasst es. Spiel von Anfang an mit offenen Karten“, riet Hippocrates.

Harry nickte nur und fragte dann, „was wird mit Albus?“

„Sehr viel schwierigeres Thema. Oliver wird morgen mit ihm reden aber ich glaube nicht, dass er schon Fortschritte gemacht hat. Er ist tiefer denn je in seinem Wahn gefangen, ich befürchte, es wird noch sehr lange dauern bis wir auch nur erste Anzeichen von einem Fortschritt sehen“, seufzte der Heiler.

„Wie lange?“

„Ich weiß es nicht, wirklich nicht. Ich werde auch keine Vermutungen anstellen.“

Harry nickte während er schon aufstand, „danke.“

„Für was?“

„Für alles.“

„Kein Thema. Darf ich fragen, was du in der Sache Severus vor hast?“

„Ich glaube, ich werde ihn zum Essen einladen“, murmelte Harry, „ich weiß nicht ob ich einen Mann als Partner haben will aber ich möchte zumindest sein Freund sein.“

„Viel Glück.“

„Danke.“

Hippocrates grinste kurz bevor Harry den Raum verließ, er würde es nicht leicht haben.
 

Drei Tage später, am Freitag um Punkt sieben Uhr Abends stand Harry vor Severus' Tür, zum ersten Mal in seinem Leben in einem Anzug und mit so etwas wie einer Frisur auf dem Kopf. Selbst zu seiner eigenen Hochzeit hatte er eine Zauberrobe getragen. Er atmete noch ein paar Mal tief durch bevor er anklopfte, er hatte sich diese Sache jetzt vorgenommen und würde sie auch durchziehen.
 

Es dauerte nicht lange bis die Tür geöffnet wurde und Severus ihn mit diesem Blick ansah. „Was willst du hier?“, knurrte er.

„Wir sind zum Abendessen verabredet und ich sollte mich gut kleiden. Reicht ein Anzug?“, gab Harry unsicher zurück.

„Ich habe die Einladung zurück gezogen.“

„Dann lade ich dich ein. Unser Tisch ist für acht Uhr reserviert, ich hoffe, dir reicht die Stunde um dich fertig zu machen.“

„Das ist dein Ernst“, stellte Severus etwas fassungslos fest.

„Mein voller Ernst.“

„Warum?“

„Weil wir zum Abendessen verabredet waren und ich pflege meine Verabredungen einzuhalten. Severus, in Robe kannst du allerdings nicht gehen“, sagte Harry mit einem Blick auf die Garderobe seines Gegenübers.

„Verschwinde.“

„Nur mit dir zusammen.“

„Verschwinde, Potter“, fauchte Severus und für einen Moment war Harry versucht der Aufforderung nachzukommen. Doch dann erinnerte er sich an Hippocrates' Worte.

„Severus, ich werde nicht eher gehen bis du dich umgezogen hast und mit kommst. Wir waren zum Abendessen verabredet.“

„Warum tust du das?“, fragte Severus jetzt.

„Warum tu ich was?“

„Warum versuchst du krampfhaft den Kontakt zu mir zu halten?“

„Weil wir Freunde sind.“

„Freunde? Wohl kaum. Harry, geh doch einfach und lass mich in Ruhe“, bat Severus jetzt.

Harry zögerte, hatte er die Grenze zu Severus' Privatsphäre schon übertreten oder war das ein weiterer Angriff? Er entschied sich für den Weg nach vorne. „Nein. Was spricht dagegen wenn zwei Freunde essen gehen? Jetzt stell dich nicht so an, geh dich umziehen und dann lass uns essen gehen“, sagte er daher.

Severus musterte ihn einen Moment bevor er knapp nickte und sich umdrehte, „du kannst im Wohnzimmer warten.“

Mit einem breiten Grinsen folgte Harry ihm ins Haus, es war also doch nur eine andere Art von Angriff gewesen. „Hast du überhaupt einen Anzug?“, fragte Harry während Severus die Stufen hochging.

„Natürlich“, kam empört zurück.

„War ja nur ne Frage, ich warte im Wohnzimmer.“

Das Schnauben war sehr deutlich.
 

Mit einem Knurren warf Severus seine Schlafzimmertür ins Schloss und begann die Robe aufzuknöpfen. Warum hatte er ihn überhaupt rein gelassen? Warum hatte er ihn nicht einfach weg geflucht? Das wäre doch ein Leichtes gewesen aber nein, er hatte sich wieder breit schlagen lassen. Grummelnd und leise vor sich hin fluchend, ging er ins Bad, er hatte genug Zeit um zu duschen und zumindest zu versuchen sich einigermaßen herzurichten. Ein flüchtiger Blick in den Spiegel und er verwarf das Letztere wieder, egal was er unternahm, er würde immer so aussehen wie er nun mal aussah. Da sie ja eh nur als Freunde essen gingen, war es auch irrelevant. Mit einem Seufzen trat er unter die Dusche, das würde ein sehr langer Abend werden.
 

Harry wurde mit jeder vergangenen Minute nervöser. Hoffentlich überlegte es sich Severus nicht anders. Zwar hatte er am Anfang noch Bedenken gehabt aber jetzt freute er sich auf den Abend. Auch wenn es Severus garantiert nicht genauso ging. Harry fühlte kurz einen Anflug von schlechtem Gewissen in sich aufsteigen weil er sich Severus so aufdrängte aber er schob es schnell beiseite. Von einem einfachen Abendessen würde Severus nicht sterben. Vielleicht ergab sich die Möglichkeit ihn etwas besser kennenzulernen. Denn genau das wollte Harry, mittlerweile wollte er Severus richtig kennenlernen.

Nicht nur zwischen Tür und Whiskyglas, davon war er die halbe Zeit betrunken und konnte sich an nichts mehr erinnern. Das fand Harry mittlerweile mehr als schade, er hätte gerne gewusst worüber sie sich unterhalten hatten. Aber er traute sich auch irgendwie nicht Severus danach zu fragen. Ein Knarzen riss ihn aus seinen Gedanken und ein schneller Blick auf die Uhr sagte ihm, dass es bereits halb Acht war, er hatte fast eine halbe Stunde in Gedanken zugebracht.

„Wir können“, kam von der Treppe während Harry aufsprang und aus dem Wohnzimmer eilte.

Allerdings blieb er wie angewurzelt stehen als er Severus erblickte, der am Fußende der Treppe stand und auf ihn wartete.

Der Anzug passte perfekt, Harry vermutete, dass er maßgeschneidert war. Schwarz, natürlich, eine andere Farbe würde Severus auch nicht stehen wobei Harry fand, dass das weiße Hemd schon sehr gut aussah.

„Hast du etwas an meinem Anzug auszusetzen?“, knurrte Severus, dem die Musterung eindeutig nicht gefiel.

„Du siehst großartig aus“, sagte Harry und ja, er meinte es genau so wie er es sagte.

Er sah allerdings sofort, dass Severus dachte, er würde ihn veralbern denn sein Gesicht verzog sich auf diese Art und Weise.

„Wirklich. Können wir?“, fragte er schnell.

Statt einer Antwort trat Severus an ihm vorbei und Harry musste sich, nach einem weiteren musternden Blick, eingestehen, dass er mit diesem Zopf wesentlich jünger aussah als sonst. Wenn er diesen verkniffenen Gesichtsausdruck noch ablegen könnte, wären es noch ein paar Jahre, die er jünger wirkte. Aber Harry war sich sicher, dass Severus es nicht darauf anlegte.

„Kommst du endlich oder überlegst du dir jetzt doch noch eine Ausrede?“, knurrte Severus von der Tür aus.

„Niemals. Ich habe mir nicht extra einen Anzug gekauft um jetzt nach Hause zu gehen“, gab Harry mit einem Lächeln zurück.

„Wo wollen wir überhaupt hin?“, fragte Severus während sie das Haus verließen und den Vorgarten durchquerten. Statt einer Antwort hielt ihm Harry den Arm hin. Er erntete damit zwar einen seltsamen Gesichtsausdruck aber schließlich ergriff Severus seinen Arm und mit einem Plopp waren sie disappariert.
 

Severus verlor kein Wort über die Wahl seines Restaurants sondern folgte ihm schweigend. Nicht ein Wort verließ seine Lippen während Harry am Empfang nach ihrem Tisch fragte und dann an einen Kellner weiter geleitet wurde, der sie mit einem Lächeln zu ihrem Platz führte.

„Kann ich Ihnen schon etwas zu trinken bringen?“, fragte der Kellner.

„Nein, ich glaube, wir nehmen erst mal die Karte“, gab Harry unsicher zurück.

Er wusste nicht wirklich wie er sich zu verhalten hatte und sein schweigsamer und ernster Begleiter war auch keine große Hilfe. Der Kellner nickte allerdings, verschwand kurz und brachte ihnen zwei Karten.

„Danke“, murmelte Harry, der Kellner war schon wieder verschwunden.

„Würdest du jetzt endlich mal was sagen?“, fragte Harry als Severus auch nach mehreren Minuten schweigend in die Karte gesehen hatte.

„Ich würde das Kalb empfehlen“, gab Severus zurück ohne von der Karte aufzusehen.

„Severus!“

„Magst du kein Kalb? Dann vielleicht der Lachs?“

„Severus, sieh mich gefälligst an wenn du mit mir redest“, fauchte Harry leise.

Jetzt sah Severus auf, eine Augenbraue fragend erhoben. „Sag endlich was. Du schweigst mich an, seit wir hier rein gekommen sind.“

„Was willst du denn hören?“, fragte Severus.

„Ein normales Gespräch?“

„Dann sollten wir erst mal etwas bestellen, dann können wir uns immer noch unterhalten.“

„Also bist du mit der Wahl des Restaurants einverstanden?“, fragte Harry vorsichtig.

„Natürlich und ich werde Hippocrates gepflegt in den Arsch treten wenn ich ihn das nächste Mal sehe.“

„Woher...?“

„Du kannst es nur von ihm wissen. Harry, such dir bitte etwas zu Essen aus und dann können wir uns immer noch unterhalten. Wir müssen schließlich auf das Essen warten.“

„Oh, ganz vergessen.“

„Typisch Potter.“

Harry verzog das Gesicht, vertiefte sich aber dann auch in der Karte.
 

Doch ein Gespräch kam nicht wirklich in Gang, Harry wusste nicht wirklich, was er sagen sollte und irgendwie fühlte er sich in dem Restaurant unwohl. Severus war einfach nicht nach sinnloser Konversation, er versuchte noch immer den Hintergedanken von dieser Einladung zu erraten. Als Harry allerdings die Vorsuppe fast nicht anrührte, reagierte Severus doch, „wir können jederzeit gehen.“

„Bitte?“, fragte Harry überrascht.

Severus schüttelte den Kopf und winkte den Kellner ran.

„Ja bitte?“, fragte dieser lächelnd.

„Die Rechnung, wir wollen gehen.“

Der Kellner wirkte zwar etwas verwirrt, nickte aber und verschwand.

„Warum wollen wir jetzt gehen?“, fragte Harry.

„Weil mir diese Scharade auf den Nerv geht. Ich weiß nicht, warum du mich hierher geschleift hast aber ich bin nicht gewillt, mir dieses Desaster den ganzen Abend anzusehen“, knurrte Severus. Noch bevor Harry antworten konnte, tauchte der Kellner wieder auf, er zögerte wem er die Rechnung geben sollte. Severus nahm ihm die Entscheidung ab und riss ihm förmlich den Zettel aus der Hand. Er warf einen Blick darauf, legte einige Scheine auf den Tisch und knurrte, „Passt so.“

Der Kellner murmelte nur ein „Danke schön“, und machte sich dann aus dem Staub. Harry blieb völlig geknickt auf seinem Stuhl sitzen während Severus aufstand und ging. Erst nach ein paar Momenten seufzte er leise und machte sich ebenfalls auf den Weg.

Kapitel 21

Kapitel 21
 

Wirklich überrascht wurde er allerdings als er das Restaurant verließ und Severus etwas entfernt von der Tür stand, er wartete scheinbar auf ihn. Etwas unsicher näherte er sich ihm, er würde es Severus durchaus zutrauen ihn auch in dieser Muggelgegend zu verfluchen.

„Severus?“

„Warum hast du mich in dieses Restaurant eingeladen wenn es nicht dein Geschmack ist?“, fragte Severus.

„Hat man das so sehr gesehen?“

„Natürlich. Deine Krawatte ist im übrigen falsch gebunden.“

Harry grinste schief, nahm die Krawatte dann aber ab und seufzte erleichtert, „ich habe kaum Luft bekommen.“

„Wenn man sie richtig bindet, bekommt man auch Luft.“

„Hmpf.“

„Meine Antwort“, forderte Severus plötzlich.

„Hippocrates hat erwähnt, dass du gerne hierher gehst und ich dachte, ich mach dir eine Freude“, murmelte Harry.

Severus sah ihn einen Moment an, schüttelte dann den Kopf und hielt ihm einen Arm hin, „komm, wir gehen woanders hin. Du bist nicht der Typ für gehobenen Restaurants, das ist eine Verschwendung von Essen.“

„Danke“, murrte Harry, ergriff aber seinen Arm und hatte noch ein paar Sekundenbruchteile um sich aufs Apparieren vorzubereiten.
 

„Wo sind wir?“, fragte Harry erstaunt. Er kam sich vor als wären sie ziemlich weit appariert und die nächsten Worte von Severus bestätigten das.

„Liverpool.“

„Das ist im Nordwesten von England, oder?“

„Ja.“

„Was wollen wir hier? Wo ist hier überhaupt?“, fragte Harry während er sich umsah.

Sie standen am Hafen und jetzt erst fiel ihm auf, dass sie von Menschen umgeben waren und keiner hatte auch nur aufgesehen als sie erschienen waren. Severus zog unterdessen seinen Zauberstab und richtete ihn erst auf Harry und dann auf sich, die Anzüge machten ihrer normalen Kleidung Platz. Ein Wärmezauber legte sich zusätzlich auf ihn.

„Wir sind im magischen Viertel des historischen Hafenviertels von Liverpool“, erklärte er schließlich.

„Es ist wunderschön hier.“

„Ist mir bewusst. Hast du Hunger?“

„Nicht wirklich, du?“

„Nein.“

Damit setzte sich Severus langsam in Bewegung, Harry wollte ihn erst fragen wo er hin wollte als ihm auffiel, dass es eher wie ein Spaziergang aussah. Und dem war er nicht abgeneigt, auch wenn sie es immer noch Dezember hatten. Also schloss er sich Severus schnell an und die Umgebung machte das verpatzte Essen mehr als gut.
 

„Es ist wunderschön hier, woher kennst du den Ort? Ich kann mir nicht vorstellen, dass du einfach mal so nach Liverpool gehst“, sagte Harry als sie gegen Mitternacht in einem kleinen Café saßen.

„Ein Bekannter von mir wohnt in Liverpool, durch ihn habe ich diese Stadt kennengelernt“, gab Severus bereitwillig Auskunft.

„Lebt er noch hier?“

„Wieso?“

„Du könntest ihn besuchen.“

„Nein Danke, wir sind im Streit auseinander gegangen“, sagte Severus ausweichend.

„Was ist passiert?“, fragte Harry. Er griff nach seinem Kaffee um einen Schluck zu trinken, er rechnete nicht wirklich mit einer Antwort.

„Wir hatten unterschiedliche Auffassungen von Treue.“

„Ihr wart zusammen?“

„Was dagegen?“, knurrte Severus sofort.

„Nein, nur überrascht. Du sprichst nicht oft über solche Dinge.“

„Warum sollte ich auch?“

„Wir sind Freunde, da kann man auch über verflossene Beziehungen reden“, erklärte Harry lächelnd, „wie lange wart ihr zusammen? Und wann?“

Severus musterte ihn einen Moment, suchte nach Anzeichen von Abscheu oder Argwohn doch Harry sah ihn einfach nur interessiert an. Kurz war er versucht in alte Verhaltensweisen zu verfallen doch dann erinnerte er sich an das Gespräch mit Hippocrates, der ihm gehörig den Kopf gewaschen hatte. Er hatte ihn auf seine unwiederbringliche Art und Weise daran erinnert, dass er nicht sein ganzes restliches Leben lang alleine leben konnte und sollte. Dass er die Leute mit seiner aggressiven Art zwar täuschen und von sich fern halten konnte aber es würde die Suche nach einem potenziellen Freund oder Partner nicht gerade leichter machen. Hippocrates hatte ihm geraten an Harry zu üben etwas höflicher zu sein, warum sollte er das nicht mal probieren?

„Etwa zwei Jahre nach meiner Entlassung aus dem St. Mungo habe ich ihn kennengelernt, wir waren achtzehn Monate zusammen“, gab er daher Auskunft.

„Schöne Zeit?“

„Mehr oder weniger. Wir hatten mehr Tiefs als Hochs und es war nur eine Frage der Zeit bis es auseinander bricht.“

„Warum? Mal von eurer Auffassung von Treue abgesehen“, sagte Harry mit einem Grinsen.

„Wir waren zu unterschiedlich und der Reiz des bösen Todessers war schnell verflogen. Es war abzusehen und gut, dass es irgendwann vorbei war“, sagte Severus.

„Warum hast du nicht einfach Schluss gemacht?“

„Weil ich auch nicht gerne allein bin.“

„Oh.“

Severus konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, Harry schwieg peinlich berührt und rührte seinen Kaffee sinnlos rum. „Willst du was essen?“, unterbrach Severus das Schweigen.

„Ich denke, ja.“

Severus winkte die Kellnerin zu sich und bestellte für sie Beide einen Mitternachtssnack.

Harry hörte gar nicht so genau zu. Er schämte sich für seine Frage, er war immer davon ausgegangen, dass Severus gerne alleine war. Natürlich war das, bei genauerer Betrachtung, Schwachsinn denn welcher Mensch lebte gerne alleine? „Tut mir leid“, murmelte er leise.

„Schon gut, ich kenne die Geschichten über mich. Die alte Fledermaus, die einsam und alleine durch die Kerker flattert“, grinste Severus, „dabei mag ich die Tiere nicht mal.“

„Nicht?“, fragte Harry überrascht.

„Nein. Zu hektisch, zu nervös, da wird man ja wahnsinnig wenn man ihnen zu sieht.“

„Das hätte ich jetzt nicht erwartet.“

„Ach, was hast du denn erwartet? Ich bin im übrigen auch kein Vampir und schlafe, wie du ja bereits weißt, nicht in einem Sarg“, sagte Severus sichtlich amüsiert, „ich habe auch keinen Folterkeller für arme Schüler oder wahlweise Sexpartner.“

Harry lief etwas rot an aber eher vor Scham denn ja, er hatte diese Gerüchte auch gehört und als Kind auch geglaubt.

„Du tust nicht wirklich was dafür um deinen Ruf zu verbessern“, maulte er.

„Natürlich nicht. Ich bin Lehrer und nicht der Freund der Schüler. Sie sollen bei mir etwas lernen und wer aufgepasst hat, der hat auch etwas gelernt“, sagte Severus, „außer dir. Bei dir war jede Mühe umsonst.“

„Weil du mich nur runter gemacht hast.“

„Stimmt.“

„Wir könnten also sagen, wir sind quitt und fangen einfach nochmal neu an“, schlug Harry vor.

„Haben wir das nicht schon?“, fragte Severus misstrauisch.

Harry seufzte tief und erklärte dann, „naja, wir haben uns zusammen betrunken und von den Gesprächen weiß ich nur noch die Hälfte, das zählt also nicht. Zudem ich einige sehr hässliche Vorurteile gegen dich hatte. Ich meine einen richtigen Neuanfang, alles auf null, den Anderen nochmal richtig kennenlernen. Ohne Vergleiche mit meinem Vater oder Fledermäusen. Ohne irgendwelche Befürchtungen um dunkle Ecken oder andere Peinlichkeiten. Ohne Vorwürfe für meine nicht vorhandene Braukunst. Einfach zwei Männer, die sich neu kennenlernen. Ohne feste Vorstellungen, was dabei raus kommt, das muss man einfach sehen. Man weiß ja nie wie sich die eigene Vorstellung entwickelt. Alles ist möglich, nichts muss. Wie klingt das?“

Diesmal ging das Schweigen von Severus aus, er hatte den Unterton in Harrys Stimme wohl richtig gedeutet. Das Essen wurde ebenfalls in Schweigen eingenommen, Harry weil er Severus nicht mehr bedrängen wollte und Severus weil er die Worte erst einmal verarbeiten musste.

Doch schließlich fragte er leise, „ist das dein Ernst?“

„Ja, mein voller Ernst.“

„Welche Vorstellungen sollen sich denn ändern?“, fragte Severus weiter.

„Keine Ahnung, man weiß nie in welche Richtung man sich entwickelt“, murmelte Harry, „ich weiß nur, dass Kreacher sich mittlerweile beschwert, dass ich wohl ständig schlafwandle und überall, nur nicht in meinem Bett, schlafe.“

„Armer Kreacher“, kam von Severus.

„Hey, was ist mit mir? Ich habe schon Rückenschmerzen weil ich ständig irgendwo auf dem Boden penne.“

„Du könntest Schlaftränke nehmen“, schlug Severus vor.

„Nein, die machen abhängig. Ich muss eine andere Möglichkeit finden.“

„Festfluchen?“

„Du würdest mir auch noch dabei helfen“, murrte Harry.

„Aber natürlich. Ich kenne einige hervorragende Fesselflüche.“

„Würdest du sie auch jeden Morgen wieder aufheben?“

„Tut mir leid, für solche Nichtigkeiten habe ich keine Zeit“, grinste Severus.

„Dann schlafe ich in Zukunft einfach bei dir und schon hat sich mein Problem mit dem Schlafwandeln erledigt“, gab Harry mit einem ebenso breiten Grinsen zurück.

„Da gibt es zwei Probleme“, sagte Severus.

Etwas überrascht sah Harry ihn an und fragte, „welche?“

„Erstens, du schlafwandelst auch bei mir und das extrem zielsicher. Zweitens, du bist hetero und es war dir bis jetzt extrem peinlich in meinem Bett aufzuwachen.“

„Hey, versetz dich mal in meine Situation. Ich schlafe bei dir auf der Couch ein und wache, beim zweiten Mal trotz Verriegelungszauber, in deinem Bett auf“, sagte Harry, „und das in meiner damaligen Lage. Ich war wegen meiner Familie völlig aufgelöst und wir kannten uns kaum, das war einfach peinlich. Egal wie du das fandest, ich finde es nicht schön wenn ich mich jemanden so aufdränge.“

„Warum hast du mir das damals nicht so gesagt?“

„Weil es mir unendlich peinlich war“, gestand Harry.

„Und jetzt?“

„Peinlich ist es mir immer noch aber ich hatte genug Zeit um nachzudenken, und einige sehr große Schläge auf den Hinterkopf“, murrte Harry.

„Hippocrates?“

„Auch.“

„Wer noch? So viele Menschen dürften kein großes Interesse daran haben, dass du dich mit mir verstehst“, sagte Severus.

„Och, es sind wahrscheinlich mehr als du denkst. George und Blaise haben auf mich eingeredet und Draco und Scorpius haben mich auch mit Worten an die Wand gestellt. Dann kam noch ein gut gemeinter Brief von Hermine“, erklärte Harry grinsend.

„Ich gestehe, ich bin überrascht.“

„Sieht man.“

Severus verzog das Gesicht etwas, konnte aber das Grinsen nicht unterdrücken doch ihm drängte sich auch die Frage auf, was diese Personen davon hatten wenn sich Harry mit ihm vertrug. Diese Frage stellte er auch.

Harry zuckte mit den Schultern und sagte, „Blaise ist der Meinung, dass du anders bist als ich dich kannte. Er kannte dich ja als seinen Hauslehrer und er hat einige Dinge erzählt, die mich zum überlegen gebracht haben. Hermine mag dich sowieso und hat mir unverblümt gesagt, dass ich meine Vorurteile überdenken muss. George fand dich schon immer interessant, irgendwie hat es ihm dein düsteres Auftreten angetan.“

„Bleiben die Malfoys“, murmelte Severus, der etwas erschlagen war.

„Nun, das müsstest du dir selber beantworten können. Severus, darf ich dir eine Frage stellen?“

„Darfst du aber auf diese Frage bekommst du keine Antwort.“

Harry seufzte und stellte die Frage trotzdem, „warum stößt du Draco so von dir? Scorpius versteh ich noch aber Draco? Du bist sein Pate, du hast für ihn dein Leben riskiert und du hast für ihn getötet. Wieso diese Abwehr?“

Er hatte nicht mit einer Antwort gerechnet und er bekam auch keine, Severus starrte in seine Tasse.

„Darf ich raten? Du musst einfach nur nicken oder den Kopf schütteln aber ich glaube, ich kann mir den Grund fast denken“, sagte Harry.

Sein Gegenüber sah auf, zögerte einen Moment und nickte dann kurz.

Harry überlegte einen Moment, versuchte sich seine Worte zurecht zu legen und begann dann einfach, „so, wie ich dich bis jetzt kennengelernt habe, bist du ein unglaublich stolzer Mensch. Auch wenn du es nicht gerne zugibst aber du gibst sehr viel auf die Meinung von Anderen, sie ist dir sogar so viel wert, dass du dich mit deinen eigenen Tränken beinah umgebracht hättest. Du standest zwar unter dem Einfluss eines Trankes aber der Trank ändert nichts an deiner Persönlichkeit, du wolltest vor Albus den Schein wahren und das um jeden Preis. Ich glaube, das ist auch der Grund warum du Draco so von dir stößt. Er kennt dich als starken, unnahbaren Mann, der immer alles im Griff hat und den nichts erschüttern kann. Du willst nicht, dass er dich jetzt so sieht wie du dich selber siehst. Schwach, krank, teilweise auf Hilfe angewiesen, das alles willst du ihm nicht zeigen. Du denkst, dass er seinen Respekt vor dir verlieren wird wenn er wüsste, wie es dir wirklich geht und auf welche Tränke zu angewiesen bist. Habe ich Recht?“

Harry hatte Severus nur sehr selten fassungslos erlebt aber mit genau diesem Gesichtsausdruck sah er ihn gerade an.

„Spar dir die Antwort. Dein Gesicht sagt alles“, sagte Harry schnell.

„Bin ich so leicht zu durchschauen?“

„Leicht? Nein. Aber ich bin nicht so dämlich, wie du mich gerne hinstellst. Deine Aussagen vor Gericht, dein Verhalten, einfach alles lässt diesen Schluss zu.“

„Scheinbar bist du doch schlauer als ich dachte“, murmelte Severus.

„Das fasse ich jetzt einfach mal als Kompliment auf, daher danke. Severus, darf ich dir einen Rat geben?“ Severus nickte nur und Harry fuhr fort, „es verletzt Draco, dass du ihn so von dir stößt. Er versteht es nicht und da du es ihm auch nie auch nur ansatzweise erklärt hast, grübelt er seit Jahren darüber nach was er falsch gemacht hat. Rede doch einfach mit ihm. Er weiß ja mittlerweile, dass du krank bist und dass du auf Tränke angewiesen bist. Warum also immer noch dieser Heimlichtuerei? Warum machst du das bei mir nicht?“

„Wie darf ich die letzte Frage verstehen?“, fragte Severus ohne auf die Sache mit Draco einzugehen.

„Naja, so wie ich es sagte. Warum darf ich sehen, wie du die Tränke nimmst? Warum habe ich dich gesehen als es dir schlecht ging? Als du nicht mal richtig laufen konntest. Warum habe ich dich schwach und krank gesehen und dein eigener Patensohn nicht?“, fragte Harry. Als Severus ihn nur anschwieg, seufzte Harry und murmelte, „ich glaube, ich kenne den Grund.“

„Bitte, erleuchte mich.“

„Ich bin nicht wichtig genug. Vor Albus wolltest du dir keine Blöße geben und auch Draco ist dir zu wichtig als dass er dich schwach sehen soll. Macht eigentlich Sinn“, seufzte Harry.

„Ich nehme die Aussage mit dem schlau zurück, du bist ein Vollidiot“, knurrte Severus während er ein paar Münzen auf den Tisch legte und aufstand, „los, komm mit, du Depp.“

Leicht beleidigt folgte Harry der Aufforderung, er war sich sicher gewesen, dass das der Grund ist. „Wenn ich so ein Vollidiot bin, sag mir doch den Grund“, maulte er, neben Severus her gehend.

„Nein, wenn du den Grund nicht selber raus findest, bist du doch so dumm wie ich angenommen habe. Ich muss nach Hause, soll ich dich im Grimmauldplatz absetzen oder apparierst du selber?“, fragte Severus.

„Ich bin noch nie so weit appariert“, gestand Harry, fügte dann aber leise hinzu, „und ich habe so gar keine Lust heim zu gehen.“

Severus hielt ihm schweigend einen Arm hin und kaum hatte er ihn ergriffen, waren sie auch schon verschwunden.
 

Harry hatte die Augen zugekniffen, wie jedes Mal wenn er apparierte und als er sie öffnete, blinzelte er verwundert in die Dunkelheit. Warum war es vor dem Grimmauldplatz so dunkel? Normal brannten hier immer die Muggellaternen aber es war fast stockdunkel.

„Kommst du oder willst du da stehen bleiben?“, fragte Severus.

„Wieso ist es hier so dunkel?“, fragte Harry ohne sich zu bewegen.

„Hier war es schon immer dunkel. Lumos.“

Hellblaues Licht erhellte plötzlich die Umgebung und Harry erkannte den Grund, warum es vorher so dunkel war.

„Das ist Spinner's End“, sagte er leise.

„Ist mir durchaus bewusst. Du kannst jederzeit weiter apparieren wenn es dir nicht zusagt. Wenn nicht, kommst du jetzt mit rein, ich muss wirklich heim“, sagte Severus, der sich in Bewegung setzte ohne auf eine Antwort zu warten. Der hellblaue Ball blieb über Harry hängen und als er sich in Bewegung setzte, folgte er ihm.

„Severus, warum hast du mich mit her genommen?“, fragte er vorsichtig.

„Du hast doch selber gesagt, dass du nicht heim willst.“

Harry stockte einen Moment, lächelte aber dann und folgte Severus ins Haus. Ob er ihn irgendwie überreden konnte, dass er im Wohnzimmer schlafen konnte? Er wollte wirklich nicht nach Hause.
 

Im Haus fiel Harry allerdings noch etwas ein und er fragte, „wieso musst du eigentlich so schnell heim? Hast du einen Trank auf dem Feuer?“

Severus stand vor der Treppe, die nach unten führte als er antwortete, „nein, es ist nicht sehr ratsam einen Trank auf dem Feuer zu lassen wenn man das Haus verlässt. Es...“

Er wurde unterbrochen als sein Bein unter ihm nach gab und er einfach weg knickte. Noch bevor Harry reagieren konnte, saß Severus auf dem Boden.

„Deswegen, mein Trank hatte nicht so eine lange Wirkungsdauer“, erklärte Severus während er den Stab zog und ein paar Zauber auf sein Bein sprach.

Harry war unfähig sich zu bewegen, das hatte er nicht erwartet und noch weniger hatte er erwartet, dass Severus das Ganze so ruhig hinnahm. „Brauchst du Hilfe?“, brachte er dann doch noch heraus.

„Nein“, war die klare Antwort während sich Severus mit Hilfe der Wand nach oben stemmte.

„Soll ich dir irgendetwas holen? Einen Trank?“

„Nein, es ist spät und ich habe genug Tränke für heute genommen. Willst du im Wohnzimmer schlafen und dann später nachkommen oder willst du gleich mit ins Bett kommen?“, fragte Severus trocken.

Selbst im Halbdunkeln des Flurs konnte er sehen wie Harry feuerrot anlief und nur leise etwas murmelte.

„Tut mir leid aber so gute Ohren habe ich dann doch nicht. Ich gehe schon hoch, ich brauche etwa eine Viertelstunde. Fino hat dir bestimmt Sachen ins untere Bad gelegt, du kannst dich bettfertig machen und dann selber entscheiden wo du schläfst. Ansonsten, gute Nacht“, sagte Severus, der ihn nicht noch mehr in Verlegenheit bringen wollte. Er wusste, dass es für Harry eine extrem peinliche Situation war aber er war sich auch sicher, dass er wieder schlafwandeln würde.

„Ich schlafe auf der Couch“, rief ihm Harry gerade nach.

„Tu das“, gab Severus als Antwort bevor er in seinem Schlafzimmer verschwand. Sie wussten Beide, dass er wahrscheinlich nicht auf der Couch bleiben würde.
 

Das war so peinlich. Harry musste nicht in den Spiegel sehen um zu wissen, dass er knallrot war, sein Gesicht brannte förmlich vor Scham. Wieso musste dieser Kerl auch immer den Punkt auf den Kopf treffen? Es war so peinlich. Harry seufzte leise während er sich auszog, er wollte schnell duschen gehen und dann ins Bett, naja, auf die Couch. Severus hatte im übrigen Recht gehabt, auf einem kleinen Hocker lag ein ordentlicher Haufen Anziehsachen und auf den ersten Blick erkannte er ein T-Shirt von sich. Fino musste sich ja wirklich gut mit Kreacher verstehen. Auch wenn er es sich nicht vorstellen konnte aber gut, vielleicht war sein griesgrämiger, verschrobener Hauself zu anderen Hauselfen freundlicher als zu ihm? Er schob den Gedanken beiseite und trat unter die Dusche, das heiße Wasser war eine Wohltat.
 

Wenig später stand Harry im Wohnzimmer und sah nachdenklich auf die Stelle, wo eigentlich seine Schlafcouch stehen sollte. Doch irgendjemand hatte sie schon in ein Bett verwandelt, die Decke war einladend aufgeschlagen und das Kissen war aufgeschüttelt. Er seufzte leise, er hatte eigentlich nicht wirklich Lust hier zu schlafen. Langsam drehte er den Kopf und schielte zur Treppe, ob Severus dieses Angebot ernst gemeint hatte? Oder hatte er es nur ausgesprochen weil er genau wusste, dass Harry ablehnen würde? Er seufzte nochmal, legte sich aber dann ins Bett. Hoffentlich blieb er diese Nacht hier liegen und wanderte nicht wieder durchs Haus. Auch wenn er zugeben musste, dass Severus' Bett sehr bequem war. Grummelnd rollte er sich auf den Rücken und starrte die Decke an, seine Gedanken waren völlig aufgewühlt, so würde er nie einschlafen können.
 

Ein gemurmelter Tempus und Harry wusste, dass er sich seit zwei Stunden hin und her wälzte und einfach keinen Schlaf fand. Super. Und er wusste auch genau warum. Es war ihm peinlich. Es war ihm schlicht und einfach peinlich. Denn er war sich hundert prozentig sicher, dass er schlafwandeln würde und sein Weg würde ihn zielsicher ins obere Schlafzimmer führen. Ob Severus schon schlief? Höchstwahrscheinlich und er würde ihn dann nur wecken. Das wollte Harry nicht aber er konnte ja auch nicht die ganze Nacht wach liegen. Es war mittlerweile drei durch. Seufzend rollte er sich auf die andere Seite als plötzlich Geräusche von oben ertönten. Überrascht setzte er sich auf, er hörte wie die Tür aufging und schon drang schwacher Lichtschein zu ihm hinunter. Kurz darauf ertönte das Knarzen der Treppe und schon tauchte Severus aus und irgendwie sah er sehr genervt aus.

„Kannst du nicht schlafen?“, fragte Harry besorgt.

Severus zog den Zauberstab und schrieb, „wie soll ich denn einschlafen wenn du hier unten so einen Krach veranstaltest?“

„Krach? Ich mache doch gar nichts.“

„Außer dich seit zwei Stunden im Bett hin und her zu rollen, ständig aufzustehen und hoch und runter zu laufen und dich dann wie ein Mehlsack aufs Bett fallen zu lassen. Von deinem Geseufze und Gemurmel ganz zu schweigen.“

„Das hast du alles gehört?“

„Das ist ein altes Muggelhaus mit dünnen Wänden und kein altes Herrenhaus einer alten Zaubererfamilie. Du hast jetzt zwei Möglichkeiten. Entweder ich fluche dich am Bett fest damit du schläfst und glaube mir, dass würde ich sehr gerne machen. Oder du schluckst deine sinnlosen Schamgefühle runter und bewegst deinen Arsch nach oben ins Bett. Also, wähle.“

„Du würdest mich wirklich festfluchen“, stellte Harry leise fest, Severus nickte nur und hob auffordernd eine Augenbraue. Harry seufzte erneut, sein Gesicht brannte schon wieder aber dennoch erhob er sich und schlich langsam auf Severus zu.

Vor ihm erschien Schrift, „dir ist freigestellt jederzeit zu gehen. Der Kamin ist ans Flohnetzwerk angeschlossen.“

Doch Harry schüttelte den Kopf und murmelte, „ich will wirklich nicht nach Hause.“

Diesmal war es Severus, der leise seufzte, er schrieb allerdings nichts sondern steckte den Stab weg und deutete auf die Treppe.

Das war nicht nur peinlich, das war super peinlich, zumindest empfand Harry das so. Und so blieb er auch mitten in der Tür stehen. Hinter ihm erklang ein sehr genervtes Schnauben, dann spürte er eine Hand zwischen den Schulterblättern und wurde einfach vorwärts geschoben. Normal hätte er wahrscheinlich noch einen passenden Spruch gedrückt bekommen aber da Severus ja nicht reden wollte, blieb es bei dem Schieben.

„Vielleicht sollte ich doch lieber nach Hause flohen“, murmelte Harry leise.

Er stand mittlerweile direkt vor dem Bett und rechnete damit, dass gleich wieder Schrift auftauchen würde. Womit er nicht rechnete, war der Stoß, der ihn mit Schwung aufs Bett beförderte. Verwundert und wahrscheinlich knallrot rappelte er sich auf und suchte Severus, der gerade ums Bett rum ging und währenddessen den Morgenmantel auszog.

Schrift erschien, „das Bett ist groß genug für zwei Leute, auch ohne, dass sie sich berühren. Also tu uns Beiden einen Gefallen, leg dich hin und schlaf.“

„Sicher?“, fragte Harry. Er krabbelte aber schon auf die Seite des Bettes, die Severus scheinbar für ihn vorgesehen hatte.

„Du legst dich jetzt hin und schläfst oder ich greife zu drastischen Mitteln. Ein Stupor sollte dich lange genug ruhig stellen damit ich ausschlafen kann.“

„Das wäre mehr als fies.“

„SCHLAF!!!“

Damit war das Gespräch für Severus beendet denn er legte den Zauberstab auf den Nachttisch und löschte das Licht mit einem Handwink. Harry schlüpfte jetzt wirklich unter die Decke und stellte fest, dass Severus' Bett wirklich sehr bequem war. Mit einem leisen Seufzen kuschelte er sich tiefer in die Kissen, Severus hatte Recht gehabt, er berührte ihn nicht und hatte dennoch genug Platz um bequem zu liegen. „Gute Nacht“, murmelte er leise. Ein Schnauben erklang, allerdings klang es sehr amüsiert. Harry schloss die Augen und dämmerte fast sofort weg, wenig später schlief er tief und fest.
 

Severus seufzte leise, endlich war Ruhe und er konnte vielleicht auch endlich schlafen. Dieses Rumoren im Untergeschoss hatte ihn ja lange genug wach gehalten. Er musste nicht nach rechts sehen um zu wissen, dass Harry fast sofort eingeschlafen war. So ein elender Sturkopf. Warum war er nicht einfach hoch gekommen? Schämte er sich so extrem? Nun, die Sache hatte sich ja jetzt hoffentlich erledigt. Er wollte sich gerade rum drehen, er konnte auf der rechten Seite einfach besser einschlafen, als sich Harry neben ihm bewegte. Kurz darauf war sein Plan vom rum drehen sehr elegant vereitelt denn Harry hatte sich an seine Seite gekuschelt, Arm und Bein schlangen sich um ihn und schon war er bewegungsunfähig.

„Super“, knurrte Severus leise, schlang aber dennoch einen Arm um ihn. Ja, er genoss das hier, warum auch nicht? Harry war, in seinen Augen, ein attraktiver Mann und wenn er ab und zu mal nachdenken würde bevor er redete, besaß er sogar eine ansprechende Intelligenz. Wenn er sich etwas erwachsener benehmen würde, wäre er eine sehr angenehme Gesellschaft. Severus seufzte leise, egal wie viele Gründe er gegen Harry fand, er war sich sicher, die Liste auf der anderen Seite war wesentlich länger.

Schließlich hatte er mehr als genug Macken, Ecken und Kanten, die einen potenziellen Freund abschrecken könnten und auch würden. Noch nie hatte es jemand länger mit ihm ausgehalten. Die achtzehn Monate damals waren die längste Beziehung gewesen und wenn er ehrlich war, hatten sie die letzten sechs Monate mehr nebeneinander her gelebt. Wenn er noch ehrlicher war, dann war jede Beziehung an ihm zerbrochen, oder besser an seiner Art. Ja, es war nicht leicht mit ihm zu leben, wenn er so darüber nachdachte, war es wahrscheinlich fast unmöglich länger mit ihm zusammen zu leben.

Es blieb ihm wohl nichts anderes übrig als das hier so lange zu genießen wie möglich, wenn es für sein Gefühlsleben zu eng wurde, könnte er Harry immer noch auf Abstand halten. Es wäre ja nicht das erste Mal, dass er gegen seine eigenen Gefühle arbeitete und damals hatte er es auch überlebt, er würde es auch dieses Mal überleben. Auch wenn es sich wirklich wunderbar anfühlte. Ohne groß darüber nachzudenken, verstärkte er die Umarmung. Harry seufzte im Schlaf und kuschelte sich freiwillig enger an ihn, ja, das hier würde ihm sehr gefallen. Er beschloss einfach es so lange zu genießen, wie es für Beide vertretbar war.

Kapitel 22

Kapitel 22
 

Er musste die Augen nicht öffnen um zu wissen wo und vor allem mit wem er im Bett lag. Diesmal lagen sie allerdings anders, Severus lag eng an seinen Rücken geschmiegt, einen Arm um seine Taille geschlungen. Er spürte das sanfte Atmen in seinem Nacken. Auch wenn er es absolut nicht gerne zugab aber er hatte einfach hervorragend geschlafen und er fühlte sich hier definitiv wohl. Dennoch fand er es extrem seltsam, dass es ihm zwar unendlich peinlich war aber er sich dennoch in diesem Moment wünschte, dass Severus so schnell nicht aufwachte. Denn dann könnte er das hier noch länger genießen.

War er vielleicht doch nicht so hetero wie er immer dachte? Er konnte sich nicht wirklich vorstellen mit einem Mann zu schlafen, eigentlich fand er den Gedanken sogar extrem unheimlich und fast schon abstoßend. Aber hier zu liegen, auch mit einem anderen Mann, fand er sehr angenehm. Er war sich selber nicht sicher was er eigentlich wollte. Eine Bewegung hinter ihm riss ihn aus seinen Gedanken, scheinbar wachte Severus gerade auf.

„Guten Morgen“, murmelte Harry.

Der Arm um seine Taille verschwand, Severus drehte sich ein Stück weg und als Harry über seine Schulter sah, stellte Severus gerade die leere Phiole auf den Nachttisch. Er drehte sich wieder zu ihm um, etwas unsicher doch dann legte er sich wieder richtig hinter ihn und legte auch den Arm wieder um ihn.

„Guten Morgen. Gut geschlafen?“, fragte Severus.

„Mhm.“

„Aha, ein sehr qualifizierter Kommentar.“

„Severus?“

„Ja?“

Harry atmete tief durch und fragte dann, „was wird das hier?“

Er spürte wie sich Severus kurz versteifte, dann aber gepresst ausatmete und sagte, „du kannst jederzeit gehen.“

„Das war nicht meine Frage.“

„Dann präzisiere deine Frage bitte.“

„Wie geht es jetzt weiter? Bei uns. Zwischen uns. Ach, was weiß ich. Ich kann das alles nicht einordnen“, gestand Harry leise, „das ist alles neu für mich. Ich weiß einfach nicht, wie ich mich verhalten soll.“

„Warum bestehst du dann jetzt auf eine Entscheidung?“, fragte Severus. Ihm war durchaus aufgefallen, dass Harry keine Anstalten machte sich von ihm zu lösen, im Gegenteil, er kuschelte sich sogar noch an ihn. Auch wenn das wahrscheinlich eher unterbewusst war.

„Du willst keine Entscheidung?“

„Nein, will ich nicht.“

„Wie stellst du dir das jetzt vor?“, fragte Harry.

„Das ist die gleiche Frage, nur eine andere Fragestellung. Harry, was erwartest du? Einen genauen Zeitplan? Eine Aufstellung für die Zukunft für die nächsten zwanzig Jahre? Tut mir leid, das wirst du von mir nicht bekommen“, erklärte Severus.

„Aber wie gehen wir dann jetzt vor?“

„Also ich habe vor noch etwas liegen zu bleiben.“

„Das war nicht das, was ich gemeint habe“, lachte Harry, „aber irgendwie klingt der Vorschlag gut.“

„Ernsthaft?“

„Ja. Also einfach noch einen Moment liegen bleiben?“, fragte Harry.

„Ja.“

Harry zögerte einen Moment, nickte aber dann und schloss einfach die Augen. Es war ungewohnt aber es war schön.
 

Ein Plopp ließ Harry hochschrecken, er musste doch nochmal eingeschlafen sein. „Wann möchten Master Snape und Master Potter frühstücken?“, fragte Fino.

„Ist es schon so spät?“, gähnte Harry.

„Es ist fast elf und ich denke, wir sollten wirklich langsam was essen. Bleibst du zum Frühstück oder hast du wieder vor dich klammheimlich davon zu stehlen?“, fragte Severus.

„Beim letzten Mal hast du mich raus geworfen.“

„Beim ersten Mal bist du einfach davon gehuscht.“

„Aller guter Dinge sind drei, oder? Dann bleibe ich doch diesmal zu einem ordentlichen Frühstück“, grinste Harry.

„Fino, du hast es gehört.“

„Soll Fino das Frühstück ans Bett bringen?“, fragte der Hauself.

„Nein, ich glaube, das heben wir uns für eine andere Gelegenheit auf. Wir frühstücken in der Küche“, sagte Severus während er sich langsam von Harry löste.

Dieser fühlte sich sofort etwas einsamer aber er würde sich hüten und das laut aussprechen. Stattdessen schälte er sich auch langsam aus der Decke und drehte sich dann zu Severus um, der auf der Bettkante saß und sich nicht weiter bewegte.

„Brauchst du Hilfe?“

„Nein, nur einen Moment Zeit.“

„Was ist los? Dein Bein?“, fragte Harry vorsichtig. Er wusste ja wie empfindlich Severus reagierte wenn man seinen körperlichen Zustand ansprach. Beim letzten Mal hatte er ihn sofort raus geschmissen doch diesmal schwieg er ihn einfach an. „Kann ich dir irgendwie helfen?“

„Nein.“

„Brauchst du irgendetwas? Schmerztrank? Stärketrank?“, fragte Harry weiter.

„Nein. Ich brauche nur Zeit.“

„Wieso?“

„Harry, warum gehst du nicht schon runter?“, fragte Severus.

„Weil es mich interessiert.“

„Warum?“

„Weil wir Freunde sind und ich mir noch nicht sicher bin ob ich nicht doch mehr möchte“, flüsterte Harry so leise, dass er nicht sicher war ob Severus es überhaupt gehört hatte.

Doch Severus hatte es gehört aber er glaubte ihm nicht, in keinster Weise. Oder konnte er ihm doch glauben? Warum sollte sich Harry plötzlich für ihn interessieren? Er erinnerte sich wieder an Hippocrates' Worte und seufzte leise bevor er erklärte, „mein Bein ist taub. Jeden Morgen braucht es eine gewisse Zeit bis genug Blut zurückgeflossen ist damit ich es bewegen kann.“ Auch eine Art um einen potenziellen Freund zu verschrecken, wir zählen unsere körperlichen Gebrechen auf. Severus musste bei dem Gedanken daran schief grinsen.

„Kann man da nicht was machen?“, fragte Harry und er klang wirklich interessiert.

Dennoch drehte sich Severus nicht zu ihm um, er zögerte mit seiner Antwort und sagte dann doch, „nein.“

„Jetzt nochmal die Wahrheit.“

„Nichts, was du machen könntest.“

„Brauchst du Hilfe beim Aufstehen?“, fragte Harry.

„....nein“, murmelte Severus.

Harry schüttelte lächelnd den Kopf, stand auf und ging um das Bett herum bis er direkt vor Severus stand, dieser sah ihn nur fragend an. „Geht es mit deinem Bein?“

„Ja, wieso?“

Die Frage klang sehr misstrauisch und das zu Recht denn Harry griff nach ihm und zog ihn vorsichtig hoch.

„Was soll das?“, fragte Severus, hielt sich aber an Harry fest denn er hatte keine Lust einfach umzufallen weil er sich gegen ihn wehrte.

„Ich helfe dir, sieht man doch. Können wir? Ich habe Hunger.“ Harry legte einen Arm um seine Taille, zog seinen anderen Arm über seine Schulter und sah ihn auffordernd an. Severus warf ihm einen skeptischen Blick zu, nickte aber dann resignierend und setzte seinen linken Fuß vorsichtig auf. Erst als er sich war, dass er sein Gewicht hielt, setzte er sich in Bewegung. Harry blieb einfach neben ihm, er hatte ruhig gewartet bis Severus so weit war. Wenn er ehrlich war, es machte ihm nichts aus. Ob es wirklich an seinem, vielfach nachgesagten Helferkomplex lag oder vielleicht an etwas Anderem? Er wusste es nicht und im Moment wollte er es auch gar nicht wissen.
 

Nach dem Frühstück trennten sich ihre Wege vorerst, Severus musste arbeiten und Harry flohte ins St. Mungo, er wollte wissen wie es Albus ging. Auf dem Weg zu Oliver kam ihm Ginny entgegen, völlig verheult und mit schnellem Schritt.

„Ginny, was ist los?“, fragte er sofort.

„Das ist alles deine Schuld. Nur wegen dir darf dieser Pädophile wieder zu unserem Sohn und das hast du jetzt davon. Du bist an allem Schuld, ich werde dir das Sorgerecht für Albus und Lily entziehen lassen. Du wirst nicht noch unsere Tochter in ihr Unglück stürzen“, fauchte Ginny, „es ist alles deine Schuld.“

Noch bevor Harry reagieren konnte, war sie an ihm vorbei gerauscht und er stand alleine und ahnungslos im Gang. „Was war das?“, murmelte er bevor er weiter ging, Oliver würde es ihm garantiert erklären können.
 

„Herein.“

Harry folgte der Aufforderung und war überrascht als er neben Oliver auch Hippocrates in dem Raum vorfand. „Guten Morgen.“

„Harry, was führt dich her?“, fragte Oliver. Er stand auf um hinter seinem Schreibtisch vor zu kommen und deutete auf die gemütliche Couchecke, alle drei Männer ließen sich dort nieder.

„Ich wollte mich nach Albus erkundigen und wurde von meiner baldigen Ex-Frau im Gang angemotzt, ich wäre an allem schuld. Was ist denn passiert?“, fragte Harry.

„Ginny wollte Albus besuchen aber der hat ihr sehr deutlich klar gemacht, dass er sie nicht sehen will. Er gibt dir und Ginny die Schuld daran, dass Severus ihn nicht mehr besuchen kommt und die Worte haben deiner Frau wohl nicht gepasst“, erklärte Oliver.

„So schlimm?“, fragte Harry besorgt.

„Schlimmer denn je. Er hat sich völlig verrannt.“

„Aber Severus hat ihm beim letzten Mal an die Wand geflucht. Wie kann er da noch Gefühle für ihn haben?“, fragte Harry.

„Das ist extrem schwer zu beschreiben und wahrscheinlich würdest du den größten Teil nicht verstehen. Sicher ist nur, dass diese Gefühle weit tiefer und komplexer sind als die normale Gefühlslage für einen potenziellen Freund. Um es einfach auszudrücken, es ist eine Mischung zwischen der Suche nach einer Vaterfigur und einem möglichst starken, mächtigen Partner. Das alles verbunden mit einer enormen Energie, egal in welche Richtung und einer absolut verschobenen Weltwahrnehmung“, erklärte Oliver schulterzuckend.

„Ich bin also ein schlechter Vater, schön zu wissen.“

„Harry, du hast daran keine Schuld. Wahrscheinlich hat sich diese Obsession schon als Kind gezeigt, ich vermute es hat begonnen als er nach Hogwarts gekommen ist. Vielleicht hätte man es früher erkennen können aber ich glaube eher nicht. Du kannst nichts dafür, wir können nur hoffen, dass wir es irgendwie in den Griff kriegen.“

„Und endlich mit der Therapie anfangen können“, sagte Harry doch zu seiner Überraschung schüttelte Hippocrates den Kopf und sagte, „die Therapie hat schon begonnen.“

„Ich dachte, er muss sich erst eingestehen, dass er krank ist?“

„Falsch, das Eingeständnis wäre schon ein riesiger Schritt in die richtige Richtung. Die Therapie hat begonnen als er hier eingeliefert wurde, nur leider sieht man die Anstrengungen nicht. Vor allem deine bezaubernde Noch-Frau setzt uns jede Woche erneut unter Druck“, erklärte Oliver.

„Tut mir leid.“

„Was hast du damit zu tun?“

„Ich habe sie geheiratet.“

Beide Heiler sahen ihn überrascht an bevor Beide laut lachten.

„Wenn ihr fertig seit, klärt mich bitte über den Witz auf, den ich gerade gemacht habe“, murrte Harry.

„Du kannst nichts für deine Frau, egal ob verheiratet oder nicht. Eure Scheidungspapiere liegen doch schon im Ministerium, oder?“

„Ja.“

„Dann hat es sich doch eh bald erledigt. Harry, du kannst Albus momentan nicht helfen.“

„Darf ich ihn besuchen?“, fragte Harry.

Die Heiler sahen sich kurz an, Hippocrates zuckte mit den Schultern während Oliver den Kopf schüttelte, „lieber nicht, ich möchte nicht auch von dir angeschrien werden. Lass uns etwas Zeit.“

Es fiel Harry zwar schwer aber er nickte widerstrebend.

„Kann ich sonst noch etwas für dich tun?“, fragte Oliver um das Thema zu wechseln.

„Ja, wie kann ich Severus helfen?“

„Will er denn deine Hilfe?“, kam sofort die Gegenfrage von Hippocrates.

„Nein.“

„Warum willst du ihm dann helfen? Er ist momentan mit den Tränken sehr gut eingestellt.“

„Muss sein Bein jeden Morgen taub sein?“, fragte Harry dazwischen.

„Nein, muss und sollte nicht. Woher weißt du das?“

Harry lief rot an und verweigerte die Antwort, was Hippocrates zu einem Schmunzeln und Oliver zu einem Stirnrunzeln brachte.

„Also nochmal, nein, sein Bein sollte nicht taub sein. Wie lange hat es gedauert bis er stehen konnte?“, fragte Oliver.

„Etwa zehn Minuten.“

„Das ist nicht gut. Hat er einen Trank genommen?“

„Den Sprachtrank aber keinen Stärketrank.“

„Gar keinen?“ Irgendwie konnte Hippocrates das nicht glauben und die nächsten Worte bestätigten seinen Verdacht.

„Während ich da war, nein. Aber ich bin gegen eins gegangen und er wollte Papiere für Hogwarts fertig machen, ich denke, da wird er einen Trank genommen haben.“

„Wenn der Kerl nur einen Tag pro Woche auf die Tränke verzichten würde, wäre ihm und seiner Gesundheit sehr geholfen“, murrte Hippocrates.

„Geht das denn?“, fragte Oliver interessiert. Er hatte die Krankengeschichte von Severus nur am Rande mitbekommen, eigentlich wusste er nur das, was durch die Verhandlung ans Licht gekommen war.

„Ja, das würde gehen aber da müsste sich der Herr Griesgram ja einschränken und helfen lassen“, murrte Hippocrates.

„Wie?“ Die Frage kam von Harry, ruhig und ohne einen der Heiler anzusehen aber sehr ernst.

Hippocrates legte den Kopf schief, wägte alles einen Moment ab und erklärte dann, „als er damals hier behandelt wurde, wurde auch eine spezielle Diät für ihn ausgearbeitet. Sie ist darauf abgestimmt seinen Körper mit allem zu versorgen ohne ihn mit unnötigen Stoffen zu belasten. Würde er diese Diät durchziehen, bräuchte er den Trank, der seine Organe beschützt nur noch ein Mal die Woche und nicht mehr jeden Tag. Würde er die Übungen, die ihm mein Kollege gezeigt hat, machen, bräuchte er weniger Stärkungstränke aber da für die Übungen eine zweite Person notwendig ist, hat er sie eingestellt als er die Entlassungspapiere unterschrieben hat. Zudem gehen wir davon aus, dass die Übungen, wenn sie regelmäßig durchgeführt werden, auch seine Nerven beruhigen und vielleicht sogar stärken. Aber dazu müsste er jeden Tag hierher kommen oder jeden Tag jemanden bei sich Zuhause empfangen. Zudem würde ihm mehr Bewegung gut tun, frische Luft, vielleicht sogar schwimmen. Aber da wir ihn ja alle kennen, wissen wir, wie schwer es sein wird ihn dazu zu überreden.“

„Kannst du mir die Übungen beibringen?“, fragte Harry, noch immer ohne einen der Heiler anzusehen.

„Wenn ich das mache, würde ich uns Beiden zu einem Verteidigungskurs gegen dunkle Flüche raten“, sagte Hippocrates und jetzt sah Harry auf. Der Heiler schnaubte leise und fragte, „was glaubst du, macht Severus erst mit dir und dann mit mir wenn du plötzlich versuchst, diese Übungen bei ihm durchzuführen?“

„Er wird nicht sehr begeistert sein?“, fragte Harry vorsichtig.

„Er wird euch in Grund und Boden fluchen“, warf Oliver ein.

„Und das auch ohne Sprachtrank“, fügte Hippocrates hinzu.

„Also bringst du mir die Übungen nicht bei?“

„Wir machen einen Deal. Wenn du es schaffst, dass er herkommt und ich mir sein Bein ansehen kann, dann bringe ich dir die Übungen bei. Wie du ihn dann dazu überredest, dass ihr sie auch durchführt, ist deine Sache“, sagte Hippocrates ernst.

Harry überlegte einen Moment, nickte aber dann und stand auf.

„Willst du gleich dein Leben riskieren?“

„Ja, will ich. Er wird mich schon nicht verfluchen.“

„Ich bereite dann mal ein Bett auf der Station für Langzeitflüche vor“, sagte Oliver grinsend.

„Vielen Dank für euer Vertrauen in meine Fähigkeiten.“

„Ich habe vollstes Vertrauen in deine Fähigkeiten aber ich kenne Severus und so leid es mir tut, ich habe mehr Vertrauen in Severus' Flüche“, erklärte Oliver.

„Ihr werdet schon noch sehen. Ich verabschiede mich für heute. Schickt mir doch bitte eine Eule wenn sich bei Albus etwas ändert.“

„Machen wir. Viel Glück.“

„Danke. Können wir einfach vorbei kommen?“

Hippocrates lachte, „wenn du es schaffst ihn freiwillig hierher zu bringen, kannst du jederzeit herkommen. Ich werde sofort da sein.“

„Einverstanden.“ Damit machte sich Harry auf den Weg, er brauchte einen Plan, einen verdammt guten Plan.
 

„Nein.“

Harry seufzte, so hatte er sich das nicht vorgestellt. Aber er hatte auch bis zum Abend keinen Plan gehabt und so hatte er Severus einfach darauf angesprochen. Und dessen Reaktion war eindeutig. Doch so schnell wollte Harry nicht aufgeben. „Zu was genau?“, fragte er daher, „zu der Sache mit den Übungen oder der Untersuchung im St. Mungo?“

„Beides.“

„Aber Hippocrates hat gesagt, dass dein Bein nicht taub sein sollte also sollte er sich das angucken. Bitte Severus, er will dir doch nur helfen“, sagte Harry ernst.

„Bis jetzt habe ich keine Hilfe benötigt.“

„Wie lange geht das schon?“

„Ein paar Jahre bestimmt. Harry, es geht mir gut.“

„Klar.“

Severus hob eine Augenbraue, schüttelte aber dann den Kopf und stand langsam und vorsichtig auf.

„Wo willst du jetzt hin?“, murrte Harry.

„In mein Labor.“

„Warum?“

„Um meine Ruhe vor dir zu haben“, gestand Severus, der den Raum schon fast verlassen hatte.

„Vergiss es, ich werde dich so lange nerven bis du zu der Untersuchung bei Hippocrates gehst“, sagte Harry während er aufsprang und Severus folgte.

„Gut, dass heute schon Samstag ist und ich am Montag wieder nach Hogwarts gehe.“

„Ich werde es schaffen.“

„Viel Glück“, grinste Severus höhnisch.
 

Es wurde später und je später es wurde, umso amüsierter wurde Severus. Er arbeitete über seinen Tränken aber aus den Augenwinkeln beobachtete er Harry, der es sich im Sessel bequem gemacht hatte. Er hatte diese Sesselecke eingerichtet um sich kurz ausruhen zu können wenn ihm das Bein vom vielen stehen weh tat doch heute hatte Harry sich dort breit gemacht. Am Anfang hatten sie sich noch unterhalten, Harry hatte versucht ihn von dieser Behandlung zu überzeugen und im Inneren musste ihm Severus zustimmen, es war wirklich nötig. Das hatte er ihm allerdings nicht gesagt und so waren die Gespräche irgendwann verstummt. Als Severus das Gehippel und Gezappel auf den Geist ging, hatte er ihm ein Buch in die Hand gedrückt. Erst hatte Harry ihn fragend angesehen doch dann hatte er angefangen zu lesen.
 

Nun, je später es wurde, desto mehr versuchte Harry seine Müdigkeit zu verstecken. Er sah immer unauffällig zur Uhr und versteckte sein Gähnen, zumindest glaubte er das. Severus fragte sich ernsthaft, wann er den Mut aufbringen würde das Thema Schlafen anzusprechen. Wobei sich Severus auch fragte, warum Harry nicht einfach nach Hause ging. Damit würde er das, für ihn anscheinend, hoch peinliche Thema einfach umgehen. Er könnte ja morgen früh wieder kommen wenn er ihn unbedingt weiter nerven wollte. Als Harrys Kopf schließlich immer wieder nach vorne sackte und auch seine Augen immer wieder zu fielen, reichte es Severus. Vor allem weil er ständig auf seinem Buch einschlief. Er beendete seine Aufräumarbeiten, er war eh fast fertig gewesen und wandte sich dann zu Harry, der das allerdings nicht mit bekam weil er einfach im Sessel eingeschlafen war. „Harry.“

Keine Reaktion.

Severus legte den Kopf schief, ließ das Buch aber dann weg schweben und richtete den Zauberstab auf ihn, „Aquamenti.“

Prustend und fluchend sprang Harry auf und sah sich fast schon panisch um bis sein Blick auf einen sehr fies grinsenden Severus fiel.

„Was soll das?“, fauchte Harry, „ich bin ganz nass.“

„Aber wenigstens wieder wach.“

„Ich bin nicht eingeschlafen.“

„Natürlich nicht, du hast nur deine Augen ausgeruht“, schnarrte Severus bevor er ernst wurde, „erlaube die Frage, wo du heute schlafen willst?“

„Wie meinst du das?“

„Was ist an dieser Frage nicht zu verstehen?“

„Ähm...“

Schon wieder fehlten Harry irgendwie die Worte, er wollte nicht heim, absolut nicht. Er fühlte sich in diesem Haus hier sehr wohl, es war zwar etwas düster aber gemütlich und es strahlte so eine Art von Geborgenheit aus, die er im Grimmauldplatz wohl noch in hundert Jahren suchen würde. Allerdings war er sich auch sehr sicher, dass Severus ihn dieses Mal nicht im Wohnzimmer schlafen ließ, er würde sie Beide nur wieder ewig wach halten. Er warf Severus einen vorsichtigen Blick zu, dieser lehnte am Arbeitstisch, die Arme vor der Brust verschränkt und sah ihn ruhig und abwartend an. Da lag keine Häme in seinem Blick, sondern nur ein ruhiges Warten.

Aber irgendwie war sich Harry sicher, dass Severus eine Antwort wollte und er sich diesmal wirklich entscheiden musste. Er überlegte einen Moment, wirklich eine Wahl hatte er nicht. Entweder er ging nach Hause oder er schluckte sein Schamgefühl runter und schlief bei Severus. Und, auch wenn er es nicht gerne zugab, aber der Gedanke gefiel ihm und ja, er freute sich fast darauf. Dieses Gefühl von Geborgenheit war einfach wunderschön.

„Nun? Was ist bei deiner Überlegung raus gekommen?“, fragte Severus gerade ruhig.

Harry schluckte, er spürte, dass sein Gesicht förmlich brannte aber darauf wollte und konnte er jetzt keine Rücksicht nehmen. „Ich glaube, ich würde gerne bei dir schlafen“, gestand er schließlich.

„Glaubst du oder willst du?“, fragte Severus.

„Will“, flüsterte Harry. Ja, es war ihm furchtbar peinlich und er hoffte in diesem Moment, dass Severus nicht noch weiter nachfragte. Er hatte den Blick abgewandt und hörte jetzt wie sich Severus bewegte, vorsichtig sah er auf.

„Fino wird dir wieder Sachen ins untere Bad gelegt haben, ich gehe schon vor, du kannst nachkommen wenn du fertig bist“, sagte Severus während er ihn förmlich aus dem Labor schob und die Tür hinter sich versiegelte.

„Ich klaue nichts.“

„Bitte?“

„Du musst die Tür nicht versiegeln, ich klaue nichts“, murrte Harry.

Severus blinzelte ihn wirklich verwirrt an bevor sein Blick auf die Tür ging.

„Was?“, knurrte Harry.

„Mir ist nicht aufgefallen, dass ich die Tür versiegelt habe.“

„Wieso das?“

„Es ist eine Gewohnheit, seit Jahren schon. Ich habe in Hogwarts jedes Klassenzimmer hinter mir versiegelt, bei den Tränkezimmern war es immer notwendig und mein Büro habe ich immer versiegelt. Es ist einfach eine Gewohnheit und hat nichts mit dir zu tun“, erklärte Severus.

„Entschuldigung.“

„Muss du nicht, es war ja nicht offensichtlich. Los, ab ins Bad und dann ins Bett, ich will schlafen.“ Damit wandte sich Severus endgültig von der Tür ab und begann die Treppe hochzusteigen, Harry sah allerdings, dass es ihm sehr schwer fiel.

„Brauchst du Hilfe?“

„Nein.“

„Natürlich.“

„Die Treppe ist nicht breit genug für zwei Leute, du würdest mich mehr behindern als mir helfen“, erklärte Severus.

Nach einem zweiten Blick musste ihm Harry zustimmen und so hoffte er einfach, dass Severus nicht die Treppe runter fiel.
 

Eine knappe halbe Stunde später betrat Harry, frisch geduscht und gekleidet in eine leichte Stoffhose und T-Shirt, das Schlafzimmer von Severus und fand es leer vor. Etwas verwirrt runzelte er die Stirn, sein Blick ging zur geschlossenen Badtür, scheinbar war Severus noch nicht fertig. Dann sah er wieder zum Bett, es kam ihm seltsam vor hier zu stehen und bald wieder da drin zu schlafen. Aber auf der anderen Seite freute er sich auch darauf, das Bett war sehr bequem und ja, auch die Gesellschaft sagte Harry immer mehr zu.

Er seufzte leise als Severus' Stimme erklang, „du kannst jederzeit gehen, ich zwinge dich nicht hier und bei mir zu schlafen. Nur im Wohnzimmer schläfst du nicht mehr, nochmal will ich nicht ewig wach gehalten werden.“

„Du bist fertig“, stellte Harry überflüssigerweise fest.

„Anscheinend. Also? Bett oder Kamin?“

„Im Kamin zu schlafen, ist keine gute Idee. Da habe ich morgen extreme Rückenschmerzen“, gab Harry zurück während er sich schon in Bewegung setzte und auf die Bettseite zu ging, wo er vergangene Nacht auch geschlafen hatte. Severus schien nichts dagegen zu haben, er begab sich auf seine Bettseite und ließ sich vorsichtig nieder, ein leises Seufzen entrang sich seinen Lippen. „Alles in Ordnung?“

„Würdest du diese Frage endlich mal lassen?“

„Wie meinst du das?“, fragte Harry verwirrt.

„Du weißt mittlerweile, dass mit mir so gut wie gar nichts in Ordnung ist also lass diese Frage immer wieder. Leg dich endlich hin und schlaf“, murrte Severus bevor er von einem leisen Husten unterbrochen wurde.

Als er danach nicht weiter redete, sagte Harry, „Dein Sprachtrank wirkt nicht mehr, also gute Nacht.“

Severus nickte nur, wartete bis Harry scheinbar richtig lag und löschte dann das Licht. Und irgendwie war sich Severus sicher, dass sie mit weit weniger Abstand zueinander aufwachen würden wie jetzt. Denn Harry hatte es sich am äußersten Rand des Bettes bequem gemacht.
 

Am nächsten Morgen war es Severus, der als Erstes aufwachte und zwar vor Schmerzen. Er wusste auch sofort wo sie her kamen, er lag auf der linken Seite und das verursachte nach einer gewissen Zeit immer Schmerzen. Normal hätte er sich umgedreht aber das wollte er heute auf keinen Fall denn Harry lag direkt hinter ihm, eng an seinen Rücken geschmiegt und mit einem Arm um seine Taille. Severus konnte sich ein leises Seufzen nicht verkneifen, wann war er eigentlich so mit einem anderen Mann aufgewacht? Egal wann, es war viel zu lange her. Er konnte es sich nicht verkneifen sich etwas enger an Harry zu kuscheln, der murrte nur leise, zog den Arm etwas enger um ihn, wachte aber nicht auf. Severus schloss die Augen wieder, die Schmerzen in seiner linken Seite wurden zwar immer stärker aber der Wunsch, so liegen zu bleiben, war einfach größer. Er hoffte, dass Harry noch sehr lange schlief.
 

Doch sein Körper verriet ihn, die Schmerzen wurden unerträglich und so musste er sich wieder der Realität stellen. Mit einem Murren öffnete er die Augen und wollte die Hand nach der Phiole auf seinem Nachttisch ausstrecken. Harrys Arm war schneller, er reichte ihm die Phiole und legte den Arm dann wieder auf seinen Bauch. Etwas verwirrt trank Severus den Trank und sagte dann, „so schön wie ich es auch finde aber ich muss dich bitten mich los zu lassen, ich muss mich umdrehen.“

Sofort rückte Harry von ihm ab und mit einem, mehr als erleichterten, Seufzen rollte sich Severus auf den Rücken.

„So schlimm?“

„Nur wenn ich länger auf der linken Seite liege“, sagte Severus, der die Augen geschlossen hielt und darauf wartete, dass die Schmerzen etwas verschwanden.

„Schmerztrank?“

„Nein.“

„Wäre aber sinnvoll“, sagte Harry, der sich auf eine Ellenbogen gestützt hatte und ihn aufmerksam ansah.

„Sinnvoll aber nicht gut.“

„Warum?“

„Weil ich über den Tag verteilt nur zwei Schmerztränke nehmen darf. Ein Trank wirkt etwa fünf Stunden bei mäßigen Schmerzen, bei starken Schmerzen nur drei und da überlegt man sich zwei Mal ob man den Trank schon am frühen Morgen nimmt“, erklärte Severus, der die Augen noch immer geschlossen hielt. Er wollte die Augen nicht öffnen und sich damit der Realität stellen. Solange er die Augen zu hatte, konnte er sich einreden, dass da nicht nur eine vorübergehende Bekanntschaft neben ihm lag sondern ein Mann, der wirklich an seinem Wohlergehen interessiert war.

„Die Schmerzen würden bestimmt besser werden wenn du die Übungen machen würdest und wenn sich Hippocrates mal dein Bein ansieht. Es ist doch schon wieder taub, oder?“, fragte Harry.

„Geringfügig.“

„Und der Rest?“

„Du bist eine furchtbare Nervensäge“, murrte Severus.

„Geringfügig“, gab Harry zurück. Severus öffnete jetzt doch die Augen, er wurde breit angegrinst bevor Harry fragte, „hast du die Schmerzen eigentlich nur links?“

„Das reicht auch.“

„Also hast du rechts keine Schmerzen?“

„Was soll die Frage?“

Harry senkte kurz den Blick, sah aber schnell wieder auf wenn auch nicht direkt in Severus' Gesicht sondern er sah auf seine rechte Seite. Severus runzelte kurz die Stirn, hob aber dann den Arm und wartete, bot ihm wortlos etwas Annäherung an. Harry zögerte, er hatte diesen Gedanken eigentlich nur gesponnen doch jetzt musste er eine Entscheidung treffen. Er war sich bewusst, dass es hier um mehr ging als nur um eine harmlose Umarmung und etwas kuscheln. Wenn er Severus jetzt abwies, war er sich absolut sicher, dass er nie wieder hier schlafen würde. Zwar war er, wieder einmal, knallrot aber er überbrückte den Abstand zwischen ihnen und legte sich vorsichtig an Severus' Seite. Er musste ihm nicht ins Gesicht sehen um das Erstaunen zu sehen, der Arm legte sich nur sehr zögerlich um seine Taille.

„Also noch eine Weile liegen bleiben?“, fragte Severus leise.

„Ja“, war die knappe Antwort während Harry den Arm hob aber zögerte ihn quer über Severus' Bauch zu legen.

„Probleme?“, fragte Severus.

„Tu ich dir weh wenn ich deine linke Seite berühre?“, fragte Harry zurück.

„Nein.“

Der Arm senkte sich auf seinen Bauch und blieb da liegen, Harry seufzte nochmal leise und entspannte sich dann.

Severus schielte auf den schwarzen Haarschopf, hatte er wirklich nur gezögert weil er ihm nicht weh tun wollte? War er vielleicht doch mehr als eine vorübergehende Bekanntschaft? Er hatte den Kampf auf seinem Gesicht gesehen und auch, dass er in mehr als einer Beziehung eine Entscheidung getroffen hatte. Wollte er wirklich eine Beziehung mit ihm eingehen? Auch wenn Severus es nicht glauben konnte aber alle Anzeichen deuteten daraufhin. Sollte Harry wirklich Interesse an ihm haben? Er fand zwar fast ein Dutzend Gründe, die dagegen sprechen würden aber die schob er bei Seite. Sollte Harry wirklich Interesse an einer ernsthaften Beziehung haben, würde er sich garantiert nicht quer stellen. Warum auch?

„Severus?“

„Ja?“

„Was ist jetzt mit dem St. Mungo und der Untersuchung bei Hippocrates?“, fragte Harry leise gegen seine Brust.

„Du wirst nicht eher Ruhe geben bis ich zu sage, oder?“

„Nein.“

„Gut, ich gehe zu Hippocrates.“

„Und die Übungen?“

„Nein.“

Harry hob den Kopf um ihm einen vorwurfsvollen Blick zu zu werfen, „warum nicht?“

„Weil ich mich nicht ständig mit irgendeinem, fremden Besserwisser rumschlagen will“, knurrte Severus.

„Wie meinst du das?“

„Als ich die Übungen im St. Mungo gemacht habe, musste ich mich ständig mit irgendeinem Vollidioten rumschlagen“, knurrte Severus, „Mr. Snape, Sie machen die Übung falsch. Mr. Snape, Sie müssen das Bein weiter beugen. Nein, Mr. Snape, das kann nicht weh tun, das ist bei dieser Übung nicht möglich. Mr. Snape, wir können die Übung heute nicht ausfallen lassen sonst bringt es ja nichts. Mr. Snape, ich bin ihr behandelnder Heiler, ich werde ja wissen, was ich tue.“

Harry musste bei dem höhnischen Tonfall grinsen, schüttelte aber dann den Kopf und meinte, „es wird ja wohl mehr als einen Heiler geben, der deine Übungen kennt, oder?“

„Ich hatte insgesamt acht Vollidioten.“

„Oh. Was ist mit Hippocrates?“

„Der hat zu viel zu tun.“

„Dauern die Übungen so lange?“, fragte Harry überrascht.

„Wenn man es richtig machen würde, ja. Ungefähr zwei Stunden pro Tag, eine Morgens, eine Abends. Ich hätte in Hogwarts nicht mal die Zeit dazu.“

„Die Zeit könntest du dir nehmen.“

„Wer noch?“

„Häh?“

„Harry, es sind zwei Personen für diese Übungen notwendig, immer. Einige kann ich alleine machen aber gerade die Dehnungs- und Streckungsübungen kann ich nicht alleine machen“, erklärte Severus.

„Ich könnte dir helfen.“

„Erstens hast du absolut keine Ahnung von den Übungen. Zweitens solltest du eigentlich genauso wenig Zeit haben wenn du deinen Job noch hättest und drittens werde ich mir garantiert nicht von dir bei den Übungen helfen lassen“, knurrte Severus.

„Was hat mein Job damit zu tun“

„Du hast doch gekündigt. Willst du dein Leben lang arbeitslos sein? Kannst du nichts Besseres mit deiner Zeit anfangen?“, fragte Severus.

„Soll das jetzt ein Vorwurf sein?“

„Nein, eine gedankliche Anregung. Harry, willst du einfach weiter vor dich hin leben? Jeden Tag im St. Mungo auftauchen und nach Albus fragen? Dann hierher oder nach Hogwarts kommen um mich zu nerven? Ist das alles, was du machen willst?“, fragte Severus weiter.

Harry sah ihn einen Moment an, ein Gedanke blitzte auf und er murmelte, „zu unentschlossen.“

„Bitte?“

„Du sagtest, ich bin zu unentschlossen um als Partner in Frage zu kommen. Das war zumindest einer der Punkte“, sagte Harry.

„Das hast du dir gemerkt?“

„Natürlich. Hast du das damit gemeint?“

„Auch, ja.“

Harry legte erst den Kopf schief, zuckte dann mit den Schultern und legte sich dann wieder an Severus' Seite, den Kopf auf seine Brust.

„Was ist das jetzt für eine Antwort?“, fragte Severus überrascht.

„Gar keine. Es ist Sonntag und ein Sonntag ist nicht dazu da um große Entscheidungen zu treffen. Ich werde am Montag damit anfangen“, nuschelte Harry.

„Ob das einen großen Unterschied macht?“

„Sehr witzig. Wie sieht es mit deinen Schmerzen aus?“

„Sind erträglich.“

„Das heißt, wir müssen aufstehen?“, fragte Harry.

„Nein.“

Kapitel 23

Kapitel 23
 

„Du willst was?“, fragte Hippocrates, „wiederhole das bitte nochmal.“

„Ich möchte mich zum Heiler mit dem Schwerpunkt auf Bewegungstherapie oder wie auch immer das sich nennt, was Severus helfen würde, ausbilden lassen“, erklärte Harry zum sechsten Mal.

„Dir ist bewusst, dass eine Ausbildung zum Heiler vier Jahre dauert, selbst wenn du nur die Grundzüge mitnimmst. Dazu noch die Spezialisierung auf die Rehabilitation von Krankheiten und Flüchen, das sind mindestens fünf Jahre. Harry, das ist etwas viel für eine spontane Entscheidung“, sagte Hippocrates.

„Das ist keine spontane Entscheidung.“

„Ach, nein? Seit wann willst du denn Heiler werden? Harry, ich bin doch nicht blöd. Du willst diese Ausbildung um Severus zu helfen.“

„Auch.“

„Auch? Was noch?“

„Brauche ich denn unzählige Gründe?“, fragte Harry genervt.

„Nein aber nur mit einer albernen Verliebtheit wirst du diese Ausbildung nicht durchstehen und wahrscheinlich in wenigen Monaten abbrechen. Was ist wenn aus der Sache mit Severus nichts wird? Oder er sich nicht von dir behandeln lassen will? Willst du dich dann immer noch durch die Ausbildung kämpfen?“, fragte Hippocrates ruhig. Er verstand Harrys Beweggrund aber eine Vernarrtheit würde irgendwann verfliegen, er brauchte einen wirklichen Grund um Heiler zu werden.

„Ja, mein Hauptgrund ist gerade Severus. Ich will ihm helfen und der Kerl wird sich gefälligst von mir behandeln lassen, ich brauch doch ein Übungsobjekt. Nein, es ist noch etwas anderes. Ich habe schon vor Wochen gekündigt und lebe seitdem mehr vor mich hin als mit einem wirklichen Ziel. Entweder ich bin hier oder bei Severus aber ich habe kein Ziel mehr und das ist etwas, was ich mein ganzes Leben nicht hatte. Severus hat mir nur den Anstoß zum Nachdenken gegeben“, erklärte Harry, „nein, ich kann dir nicht garantieren, dass ich die Ausbildung durchstehe. Das hätte ich auch vor der Aurorenausbildung nicht gekonnt aber ich kann sehr hartnäckig sein und ich bin einiges gewohnt.“

„Du kannst eine Heilerausbildung nicht mit der eines Aurors vergleichen. Ja, ihr seht schreckliche Dinge aber wir hier sind mit anderen Dingen konfrontiert. Denk an die Eltern deines Freundes Longbottom. Oder an Todkranke. Kannst du Menschen gehen lassen? Kannst du den letzten Fluch sprechen, im Angesicht der trauernden Hinterbliebenen?“, fragte Hippocrates, „du willst in die Rehabilitation, was machst du, wenn du deinem Patienten nicht helfen kannst? Wenn die Schmerzen zu groß sind um die Übungen zu machen?“

„Ich weiß es nicht, Hippocrates. Das ist die Antwort, ich weiß es nicht. Aber ich werde es auch nie wissen wenn ich es nicht ausprobiere. Du willst mir doch nicht erzählen, dass sämtliche Schüler, die die Ausbildung anfangen, sie auch zu ende bringen, oder?“, fragte Harry.

„Natürlich nicht.“

„Warum dann diese Fragerei?“

„Weil ich will, dass du dir sicher bist und es nicht nur versuchst weil du langsam anfängst die Welt durch eine super kitschige rosarote Brille zu sehen.“

Jetzt musste Harry doch grinsen und sagte, „keine Angst, die hat Severus schon am Boden zerschmettert.“

„Wie meinst du das?“

„Du kennst doch Severus, glaubst du wirklich, dass er mich mit irgendwelchen beschönigten Aussagen konfrontiert. Der Kerl ist so direkt, dass es manchmal schon beleidigend ist. Glaubst du echt, dass ich da ne rosarote Brille auf habe? Wohl kaum“, sagte Harry ernst.

„Ich kenne Severus sehr gut und genau deswegen glaube ich nicht, dass er dir alles erzählt hat. Was weißt du über seine Probleme?“, fragte Hippocrates genauso ernst.

Harry runzelte die Stirn, irgendwie kam ihm die Frage seltsam vor und so erklärte er, „ich weiß, dass er den Sprachtrank braucht. Dass er Stärkungstränke braucht. Ich glaube auch irgendetwas mit den Nerven und sein Bein ist frühmorgens taub.“

„Ist das alles?“

„So in etwa. Was fehlt noch?“

„Einiges aber das muss dir Severus selber erzählen, dass würde gegen die Schweigepflicht verstoßen. Harry, bist du dir sicher mit der Ausbildung?“

„Ja.“

„Gut, dann mache ich einen Termin für die Aufnahmeprüfung für dich. Ich lasse dir ein paar Bücher zukommen, ich würde dir raten sie zu lesen und zu lernen“, sagte Hippocrates, „wenn ich etwas Druck mache, solltest du die Prüfung in vier bis fünf Wochen machen können. Reicht dir das?“

„Müsste es mir reichen?“, fragte Harry misstrauisch.

„Wenn du dich reinhängst, ja.“

„Dann mach den Termin. War Severus eigentlich bei dir?“

Jetzt war es Hippocrates, der sehr überrascht schaute und dann sagte, „nein, sollte er?“

Harry schwieg eine Weile bevor er murmelte, „ja, sollte er.“

„Um was zu tun?“

„Er hat gesagt, dass er sich von dir untersuchen lässt“, sagte Harry während er sich erhob.

„Wo willst du hin?“

„Ihn in den Arsch treten und zur Not an seiner Robe hierher zerren.“

„Ich bin auf Station wenn du ihn wirklich hierher bringst“, sagte Hippocrates grinsend.

„Werde ich.“ Damit verabschiedete sich Harry und ging, sein Ziel war Hogwarts. Und diesmal würde er ihn wirklich hierher zerren.
 

Er wurde erwartet und zwar von einem Hauselfen, der vor ihm auftauchte als er den Wasserspeier gerade erreicht hatte. „Du kannst mich nicht aufhalten“, sagte Harry sofort.

Der Elf schüttelte nur den Kopf und sagte, „Master Snape schickt mich mit dem Wort, damit der Eingang zu der gewundenen Treppe sich öffnet.“

„Oh. Wie lautet es?“

„Nervensäge“, sagte der Elf und sofort knirschte der Wasserspeier hinter ihm.

„Vielen Dank.“

„Gern geschehen, Master Potter.“ Damit verschwand der Hauself und Harry machte sich auf den Weg nach oben. Es überraschte ihn wirklich, dass Severus sich keine Ausrede hatte einfallen lassen. Er hatte eigentlich erwartet, dass er die Arbeit oder sonst was vor schieben würde.
 

Harry klopfte an der Bürotür, erhielt aber keine Antwort. „Severus, ich komme rein“, rief er bevor er langsam die Tür öffnete. Doch das Büro war leer, sein Blick ging sofort zu der Tür, die in die privaten Gemächer von Severus führten. Schnell hatte er das Büro durchquert und gerade, als er anklopfen wollte, öffnete sich die Tür. „Severus?“, rief er unsicher, betrat aber dennoch das Wohnzimmer. Es war leer, der Kamin war aus und es wirkte als wäre keiner Zuhause. Harry runzelte die Stirn, Severus würde ihm nicht das Passwort geben wenn er nicht da war. Er sah sich um, es gab nur zwei weitere Türen aber er wusste nicht, wohin sie führten. Bis jetzt hatte er es nur bis ins Wohnzimmer geschafft. Nun, er würde nicht herausfinden wohin die Türen führten wenn er weiter hier rum stand. Also begab er sich zur ersten Tür und klopfte dort an, „Severus?“

Schweigen und auch sonst keine Reaktion. Er öffnete sie vorsichtig, immer auf einen Fluch vorbereitet doch seine Vorsicht war unbegründet, er sah in eine kleine, leere Küche. Blieb eigentlich nur noch ein Schlafzimmer also wandte er sich der zweiten Tür zu und klopfte dort an. „Severus? Bist du da?“ Wieder keine Reaktion bevor er die Tür langsam öffnete und sich wirklich in einem Schlafzimmer wieder fand. Hier fand er auch Severus, der im Bett saß und ihn auffordernd ansah.
 

Langsam durchquerte er das Zimmer, irgendetwas stimmte hier nicht. Wieso war Severus so relaxt? Er saß im Bett, mehrere Kissen im Rücken um ihn zu stützen, ein Buch lag aufgeklappt in seinem Schoß und auf dem Nachttisch lag sein Zauberstab neben einer Tasse und einer Kanne. Misstrauisch trat Harry neben das Bett, er wurde ruhig und abwartend angesehen.

„Da du nicht sagst, gehe ich davon aus, dass du nicht reden kannst. Da du mich hier im Bett sitzend empfängst, kannst du scheinbar nicht laufen. Also was ist los?“, fragte Harry doch Severus griff nicht nach seinem Zauberstab sondern sah ihn einfach nur an. „Bist du jetzt auch taub geworden?“

Kopfschütteln und ein leichtes Grinsen.

„Was ist los mit dir? Hast du in den letzten drei Tagen das Bett überhaupt verlassen?“

Erneutes Kopfschütteln.

„Warum hast du Hippocrates nicht geeult, er hätte dir helfen können“, maulte Harry während er nach dem Zauberstab griff und ihn Severus hin streckte, „los, rede mit mir.“

Doch Severus machte keine Anstalten nach dem Stab zu greifen sondern deutete nur auf den Nachttisch.

„Nein, ich will mit dir reden. Also entweder sprichst du mit mir, was du nicht tun wirst oder du schreibst mit mir“, knurrte Harry.

Severus schüttelte den Kopf, griff dann nach seinem Stab und legte ihn wieder auf den Nachttisch.

„Hey, so war das nicht gemeint. Du sollst mit mir reden.“

Kopfschütteln.

„Verdammt Severus, was soll das? Rede mit mir.“

Severus seufzte leise, griff nach dem Stab und schrieb, „Troll, durchgefallen.“

„Bitte?“

„Deine Geduld ist miserabel und du willst Heiler werden? Also ich werde kein Patient von dir, da muss man ja mit Schlägen rechnen.“

Fassungslos ließ sich Harry auf die Bettkante sinken und murmelte, „woher weißt du das?“

„Ich weiß alles und Hippocrates hat mir geeult als du die erste Anfrage gestellt hast. Du solltest an deiner Geduld arbeiten.“

„Du hast mich verarscht“, stellte Harry fest, das breite Grinsen von Severus bestätigte seine Vermutung.

„Warum?“, fragte Harry irgendwann.

„Langeweile und ein Test, du bist mit Pauken und Trompeten durchgefallen. Du solltest dringend an deiner Frustrationstoleranz arbeiten.“

„Danke Severus, das brauche ich. So ne richtige Aufmunterung noch vor Beginn der Ausbildung. Super, echt. Du könntest mich etwas unterstützen“, maulte Harry.

„Mach ich doch.“

„Ach ja, wie?“

„Wenn du mit mir klar kommst, kommst du mit jedem Patienten klar.“

„Du würdest dich von mir behandeln lassen?“

„Nein, natürlich nicht. Ich hänge an meinem Leben. Ich schrieb, klar kommen, nicht mich behandeln lassen.“

„Du hast ja richtig Vertrauen in meine Fähigkeiten.“

Severus hob nur eine Augenbraue und grinste leicht, schrieb aber nichts.

„Toll. Egal, ich werde dich schon noch überzeugen. Themawechsel, du sitzt hier und schweigst mich an also geht es dir schlecht. Soll ich Hippocrates holen?“, fragte Harry.

„Nein.“

„Soll ich raten warum nicht oder erklärst du es mir einfach?“

„Dann sitzen wir morgen noch hier. Hippocrates kann mir nur helfen wenn er mein Bein untersucht und ich dabei etwas fühle. Das funktioniert nur leider nicht wenn mein Bein seit drei Tagen absolut taub ist.“

Harry starrte ihn fassungslos an, sein Blick ging kurz auf Severus' Bein doch dann sah er wieder auf und fragte, „kann man dabei nichts machen?“

„Nein.“

„Jetzt nochmal die Wahrheit, bitte“, forderte Harry unbeeindruckt.

Es wunderte ihn nicht, dass Severus einen Moment zögerte und dann erst eine Antwort schrieb, „es geht normalerweise innerhalb einer Woche von selbst weg.“

„Das ist nicht die Antwort, die ich hören wollte. Was kann ich tun?“

„Nichts.“

Harry seufzte leise, stand auf und sagte, „Gut, du alter Sturkopf. Ich gehe jetzt zum Kamin und werde Hippocrates anflohen. Ich werde hin herholen und dann verprügeln wir dich zusammen.“

„Das wagst du nicht.“

„Abwarten.“

Severus sah ihn zweifelnd an, es war ihm aber anzusehen, dass er ihm nicht glaubte. Nun, in diesem Fall irrte sich Severus denn keine zehn Minuten später standen sowohl Harry wie auch Hippocrates in seinem Schlafzimmer.
 

Noch bevor irgendjemand Hippocrates erklärte, was eigentlich los war, schnaubte der Heiler und knurrte, „dein Bein ist taub, oder?“

Severus sparte sich an dieser Stelle eine Antwort und versuchte stattdessen Harry mit Blicken umzubringen.

„Gut, keine Antwort ist auch eine Antwort. Wie lange schon?“

Da Severus weiterhin schwieg, antwortete Harry, „er hat gesagt, seit drei Tagen. Aber es geht ja normalerweise innerhalb einer Woche von selbst weg.“

„Eine Woche...? SEVERUS!!!!“, brauste Hippocrates auf.

„Ich bin nicht taub und es ist doch immer wieder weg gegangen.“

„Du elender, missmutiger Giftpanscher, du bist so ein sturer Esel. Ich habe dir damals schon gesagt, dass Taubheit eine negative Begleiterscheinung ist, die du nicht haben solltest. Verdammt, du hättest nach der ersten längeren Taubheit sofort zu mir kommen müssen aber nein, der Herr ist sich ja zu stolz dazu“, fauchte der Heiler.

Severus sah ihn lediglich ruhig und abwartend an. Nach seinem Gesichtsausdruck könnte er kein Wässerchen trüben.

„Ich habe das Gefühl er heckt etwas aus“, sagte Harry unsicher, „Severus, ich möchte dich daran erinnern, dass ich meinen Zauberstab habe und im Gegensatz zu Hippocrates kann ich mich verteidigen. Ich bin mir sicher, dass ich es mit dir aufnehmen kann.“

Severus hob eine Augenbraue und schrieb, „nur solange ich nicht spreche.“

„Das wirst du nicht machen weil du ein verbohrter Kerl bist und der Meinung bist, dass du ohne deine richtige Stimme weniger wert bist“, mischte sich Hippocrates ein während er sich dem Bett näherte. Er blieb allerdings schnell stehen als sich die Zauberstabspitze auf ihn richtete. „Hör endlich auf damit, ich muss mir dein Bein ansehen.“

„Nur wenn er das Zimmer verlässt.“

Harry wollte widersprechen doch Hippocrates nickte, „Harry, raus. Das ist eine Angelegenheit zwischen Patient und Heiler also raus.“

„Aber ich will doch auch Heiler werden“, protestierte Harry jetzt doch.

„Aber ich nicht dein Patient, das hatten wir schon. Und jetzt raus.“

„Wir haben diese Diskussion noch nicht beendet.“

„Von meiner Seite aus schon. Du wirst definitiv nicht mein Heiler, da kann ich mir gleich mein eigenes Grab zaubern. Danke, nein.“

Harry wollte wieder protestieren aber Hippocrates mischte sich ein, „das Thema könnt ihr bereden wenn ihr alleine seit, ich will mir jetzt sein Bein ansehen also mach dich raus, Harry.“

Der Blick des Heilers war es, der Harry zeigte, dass es jetzt Zeit war das Feld zu räumen. Mit einem Murren nickte er und verließ das Zimmer.
 

„So, und jetzt zu uns. Was denkst du dir eigentlich dabei?“, fauchte Hippocrates, „warum muss erst Harry zu mir kommen um mir zu sagen, dass es dir so schlecht geht? Warum hast du nicht den Arsch in der Hose um selber zu kommen? Mensch, Severus, ich bin dein Heiler, ich habe dich nicht mühsam zusammen geflickt damit du dich jetzt selbst ruinierst. Warum machst du das?“

„Wofür?“

Etwas verwirrt blinzelte Hippocrates das Wort an bevor er fragte, „wofür was?“

„Wofür hast du mich zusammen geflickt?“

„Ist die Frage ernst gemeint? Severus, das Leben ist lebenswert, egal was du dir gerade wieder zusammen spinnst. Wenn du dich endlich mal zusammen reißen würdest und dich nicht immer in Selbstmitleid ertränkst, würdest du das auch sehen“, knurrte Hippocrates. Er deutete auf die geschlossene Tür und fuhr fort, „da draußen steht ein Mann, der wirklich Interesse an dir hat und der dich wirklich gut genug kennt um deine schlechtesten Seiten zu kennen. Statt sich darüber zu freuen und zu versuchen eine Beziehung aufzubauen, ja, ich weiß, dass du dem nicht abgeneigt bist, stößt du ihn bei jeder Gelegenheit vor den Kopf. Warum tust du das? Warum gibst du ihm nicht eine Chance?“

„Eine Chance auf was? Eine Beziehung? Mit einem Krüppel? Das ist wohl kaum das, was ein Zauberer um die Vierzig anstrebt. Zudem gehört zu einer Beziehung auch eine sexuelle Komponente und auch in diesem Punkt kann ich Harry nicht das geben, was er verdient. Glaubst du wirklich, dass es leicht für mich ist?“ Severus' Gesichtsausdruck war verbittert.

Hippocrates legte fragend den Kopf schief, „seit wann geht das nicht mehr?“ Er rechnete nicht wirklich mit einer Antwort, normal wäre Severus zu stolz gewesen diese Frage zu beantworten. Aber allein die Tatsache, dass er das Thema von sich aus ansprach, zeigte ihm, wie verzweifelt Severus eigentlich war. Die Antwort überraschte aber selbst ihn.

„Seit etwa fünf Jahren.“

„Verzeih die Frage aber was hast du versucht um es zu ändern?“

„Alles. Sowohl Muggelmedizin wie auch Tränke und Zauber, Muggelfilme, Bücher, eine Therapie bei einem Muggelarzt, der auf das Thema spezialisiert ist. Es hat nichts geholfen.“

„Ein echter Mann?“

„Danke, nach dem zehnten Mal, wo ich diesen enttäuschten, angewiderten und teils belustigten Blick gesehen habe, habe ich genug von dieser Art. Bevor du fragst, ja, Männer wie Frauen. Hippocrates, sieh es ein, es funktioniert nicht.“

„Und Harry hat davon keine Ahnung“, stellte Hippocrates zögernd fest.

„Nein. Das wird auch so bleiben. Wenn du ihm auch nur ein Wort sagst, verfluche ich dich und diesmal halte ich mein Wort, da kannst du dir sicher sein.“

„Das heißt, du willst Harry einfach so lange von dir stoßen bis er genug hat und geht?“

Nicken.

„Ich nehme dir ungern deine Illusionen aber ich glaube nicht, dass diese Strategie bei Harry aufgeht. Überleg doch mal, er kennt dich seit Kindertagen an und er hat mir erzählt, wie du ihn behandelt hast. Nicht sehr nett. Dazu ist er hetero, ja, auch das hat er mir erzählt aber dennoch findet er es sehr schön bei dir zu sein, auch früh am Morgen im Bett. Er will, wegen dir, Heiler werden. Glaubst du wirklich, so ein Mann lässt sich von ein bisschen schlechter Laune aufhalten?“, fragte Hippocrates mit einem schlecht verborgenen Grinsen.

„Wohl eher nicht, oder?“

„Nein, gar nicht. Er wird zweifeln, sich dann selbst in den Arsch treten, vielleicht mach ich das auch und dann wird er von vorne anfangen. Du müsstest ihn doch auch gut genug kennen, so schnell gibt er nicht auf.“

„Was hast du davon wenn wir ein Paar werden?“

„Die Hoffnung, dass du dich richtig behandeln lässt. Damit sind wir beim Thema, Decke weg, ich will mir dein Bein ansehen. Nur links oder ist es mittlerweile auch das Rechte?“, fragte Hippocrates, der übergangslos ernst geworden war und jetzt wieder als sein Heiler hier war.

Severus seufzte leise, schlug dann die Decke weg und schrieb, „nur links. Das rechte Bein ist allerdings sehr schwach.“

„Kein Wunder, du hattest noch nie viele Muskeln aber jetzt ist fast gar nichts mehr da“, sagte Hippocrates noch bevor er den Zauberstab zog und einen Diagnosezauber auf das linke Bein sprach.

„Und das heißt?“

„Das du Übungen für den Muskelaufbau machen musst oder dich mit dem Gedanken anfreunden, dass du bald nicht mehr laufen kannst. Nur mit Tränken kannst du auf Dauer nichts machen. Kurzfristig ja, aber auf Dauer, nein. Wenn du so weiter machst, werden sich die Muskeln immer weiter zurückbilden bis du nicht mehr laufen kannst.“

„Es gibt Stützzauber.“

Hippocrates sah die Schrift einen Moment an, schüttelte dann den Kopf und sagte, „gibt es aber die setzen eine gewisse Muskelmasse voraus, die sie stützen können. Du hast bald keine Muskeln mehr. Severus, du musst dich entweder mehr bewegen oder die Übungen machen. Am Besten Beides.“

„Falls es dir entfallen ist, ich kann gerade nicht laufen.“

„Ich kann dir auch sagen warum.“

„Bitte!“

„Da ist eine Verdickung neben einer der Hauptnerven. Je nach Durchblutung drückt es auf den Nerv und schon ist das Bein taub. Wenn die Verdickung dauerhaft wird, bleibt das Bein auch dauerhaft taub. Und wird wahrscheinlich irgendwann absterben“, erklärte Hippocrates.

„Was für eine Verdickung?“

„Keine Ahnung, ich kann dir nur sagen, was der Diagnosezauber sagt. Aber hier kann ich nichts machen, du musst ins St. Mungo.“

„Wie? Ich kann nicht laufen und ich werde mich nicht dieser Schmach aussetzen per Schwebezauber ins St. Mungo zu gehen.“

Jetzt grinste Hippocrates und meinte, „du kannst dein rechtes Bein belasten. Wir haben zwei starke Männer hier, die dich stützen können. Also, möchtest du dir noch was Anderes anziehen oder kann ich Harry rein holen? Spar dir den Blick, der wirkt bei mir nicht.“

Severus zögerte, es war ihm anzusehen, dass ihm das mehr als unangenehm war aber er sah schließlich auch die Notwendigkeit wenn er sein Bein nicht verlieren wollte.

„Nun?“

Statt einer Antwort schwang Severus den Zauberstab und murmelte etwas, die leichte Stoffhose und der dünne Pullover wurden durch seine typischen, hochgeschlossenen Roben ersetzt.

„Warum eigentlich? Er hat bei dir geschlafen, er müsste dein Schlafoutfit kennen“, sagte Hippocrates.

„Wer sagt, dass es mir um Harry geht? Hol ihn schon rein.“

Hippocrates sah ihn einen Moment seltsam an, nickte aber dann und ging zur Tür um Harry zu holen.
 

Er hasste flohen und Seite-an-Seite war es noch schlimmer, fand zumindest Harry. Doch er riss sich zusammen, schließlich musste er Severus helfen, der sich schwer auf ihn stützte. Hippocrates, auf Severus' rechter Seite, dirigierte sie in einen Behandlungsraum. Der Weg war nicht weit, sie waren direkt in Hippocrates' Büro raus gekommen. „Wie lange muss Severus denn hier bleiben?“, fragte Harry nachdem sie Severus auf die Behandlungsliege gelegt hatten.

„Das kommt drauf an wie sehr sich der Herr gegen die Therapie wehrt. Aber ein paar Tage bestimmt. Harry, ich muss dich jetzt bitten zu gehen“, sagte Hippocrates.

Diesmal gab Harry keine Widerworte sondern verabschiedete sich und ging.

„Und wir können anfangen.“

„Ich bin begeistert.“

Hippocrates grinste, schwang dann den Zauberstab und legte Severus' linkes Bein frei. Er konnte sich ein missbilligendes Schnalzen nicht verkneifen, Severus sparte sich seinen Kommentar und sah weg, so wie er es immer machte. Er wollte die Behandlung nicht sehen, wollte seine eigene Schwäche nicht sehen und wenn er nicht sah, was Hippocrates machte, konnte er sich irgendwie einreden, dass es nicht ganz so schlimm war. Allerdings würde er sich in den nächsten Tagen wohl wieder eingestehen müssen, dass es doch so schlimm war. Spätestens wenn er die Aufbautherapie anfing, und er war sich sicher, dass Hippocrates ihn dazu zwingen würde, musste er sich wieder der Realität stellen.

„Bereit?“, fragte Hippocrates ruhig.

Severus nickte nur und im nächsten Moment spürte er den Betäubungszauber auf seinem Bein.
 

Er hatte die Station kaum betreten als er schon hörte, dass etwas nicht stimmte. Denn Severus' Stimme war sehr deutlich. „WENN ICH SAGE, DASS ES WEH TUT, DANN TUT ES WEH. UND ES IST MIR EGAL OB DAS BEI DER ÜBUNG MÖGLICH IST ODER NICHT!!!“

Kurz darauf explodierte etwas, dunkler Rauch quoll aus einem der Zimmer und machte ein Weitergehen fast unmöglich. Pfleger und Heiler kamen von allen Seiten angerannt, eine Frau bat ihn zur Seite und dann wurde der Rauch per Zauber entfernt. Zwei Heiler gingen vorsichtig vorwärts, aus dem Zimmer stürzte gerade ein junger Mann, der eine tropfende Blutspur hinter sich herzog.

„Nicht schon wieder.“

Harry drehte sich zu Hippocrates um und fragte, „was ist los?“

„Was soll schon los sein? Severus ist los“, fauchte der Heiler.

„Naja, wenn er wirklich Schmerzen hat und der Heiler die Übung wirklich durchsetzen will, wäre ich auch stinkig.“

„Aber Schmerzen sind bei dieser Übung nicht möglich.“

„Das sieht Severus anders“, sagte Harry vorsichtig.

Hippocrates wollte antworten, schloss aber den Mund sofort wieder als er sah, dass Severus den Flur betrat. Das linke Bein war steif und er zog es nach, er musste sich auch an der Wand abstützen aber er hielt dennoch den Zauberstab erhoben. Doch schließlich fand er seine Stimme doch wieder, „Was machst du hier? Du hast strenge Bettruhe.“

„Die werde ich Zuhause einhalten.“

„Severus, du kannst nicht gehen“, sagte Hippocrates während er sich ihm vorsichtig näherte, die restlichen Heiler und Pfleger versuchten sich möglichst unauffällig zu entfernen. Zwei Heiler hatten sich zwischenzeitlich dem Verletzten angenommen.

„Ich werde gehen!“

„Severus, bitte. Du musst die Therapie machen, du bist viel zu schwach und deine Muskeln sind fast nicht vorhanden. Ich kann dich nicht guten Gewissens gehen lassen“, sagte Hippocrates, er klang fast schon verzweifelt.

„Hippocrates, ich sage es dir ein Mal im Guten, ich will dich nicht verfluchen aber ich werde es tun. Ich werde jetzt zum nächsten Kamin gehen und nach Hause flohen und ich werde mich von dir nicht aufhalten lassen“, knurrte Severus.

„Das ist Wahnsinn.“

Harry sah sich das Ganze schweigend an, er sah die Entschlossenheit bei Severus und die Verzweiflung bei Hippocrates. Er war sich allerdings sicher, dass der Heiler ihn nicht aufhalten könnte. „Vielleicht kann ich helfen?“, mischte er sich daher ein.

„Wie willst du helfen? Du kannst die Übungen nicht und dieser Trottel wird sich von dir nicht helfen lassen“, fauchte Hippocrates.

„Trottel?“

„Natürlich, Trottel du Trottel. Du gehörst ins Bett, mit medizinischer Versorgung und nicht alleine in dein Haus.“

„Ich könnte ihm Gesellschaft leisten und du könntest mir zumindest die wichtigsten Übungen zeigen. Ich bin mir sicher, dass Severus und ich uns schon irgendwie arrangieren werden“, schlug Harry vor.

„Ach, glaubst du?“, fragte Hippocrates mit einem skeptischen Blick auf Severus, der sich noch nicht weiter bewegt hatte. Er wusste auch warum, er sah von hier aus den kalten Schweiß, der auf Severus' Stirn stand. Allein das Stehen musste ihn enorm viel Kraft kosten.

„Ja, glaube ich. Oder Severus? Ich bin das geringere Übel.“

„Wieso?“, fragte Severus.

„Naja, Hippocrates wird dich nicht wirklich gehen lassen, du bist zu krank. Also entweder schlägst du dich weiter mit den Heilern hier rum oder du schlägst dich mit mir in deinem eigenen Haus rum. Ich kann sogar mehr oder weniger kochen und ich bin doch so lieb“, grinste Harry.

„Du bist eine Landplage“, konterte Severus trocken.

„Und du hast mich lieb“, gab Harry noch breiter grinsend zurück.

„Ich hasse dich.“

Hippocrates' Anspannung fiel von ihm ab, er konnte sich ein amüsiertes Schmunzeln nicht verkneifen und schließlich sagte er, „ich sehe schon, ihr habt euch wirklich lieb. Gut, dann nimm ihn mit. Bring ihn nach Hause, leg ihn ins Bett und komm dann wieder, ich zeige dir die wichtigsten Übungen. Und ich gebe dir dann die genauen Anweisungen. Verschwinde Severus.“

„Geht doch“, murrte Severus, bewegte sich aber nicht. Alle wussten warum aber keiner sagte etwas.

Harry löste sich von seinem Platz, trat an Severus' linke Seite und legte sich kurzerhand seinen Arm um die Schultern, der eigene Arm fand den Halt an seiner Taille. „Wo finde ich dich?“, fragte er Hippocrates.

„Irgendwo auf der Station, frag dich durch. Wenn es schlimmer wird, melde dich bitte!“

„Mach ich. Komm Severus, schaffen wir dich heim.“

Severus sagte nichts, wehrte sich aber auch nicht als Harry vorsichtig los ging sondern stützte sich schwer auf ihn. Hippocrates zog es vor zu schweigen denn noch hatte Severus den Zauberstab erhoben und egal wie schwach er war, Kraft zum fluchen würde er immer finden.
 

„Du kannst mich jetzt loslassen“, knurrte Severus als sie den Kamin verließen.

„Klar und dann sammle ich dich wieder vom Boden auf weil du nicht stehen kannst. Severus, ich spüre wie stark du zitterst und deine Roben sind völlig nass geschwitzt, du bist am Ende deiner Kräfte. Couch oder Bett?“, fragte Harry.

„Couch.“ Die Antwort war klar, Severus würde den Weg nach oben nicht schaffen.

Ein Plopp ließ sie aufsehen, Fino sah sie mit großen Augen an und fragte, „Wie geht es Master Snape? Was kann Fino tun?“

„Einen Tee“, bat Severus, der sich schwer auf die Couch fallen ließ.

„Kann ich dich eine Weile alleine lassen? Ich muss mir bei Hippocrates meine Anweisungen abholen“, sagte Harry.

„Brauchst du nicht. Ich komme klar.“

„Natürlich. Also, kann ich dich allein lassen?“

„Ich werde nicht weglaufen.“

Harry nickte und flohte dann zurück ins St. Mungo.

Severus wartete bis die Flammen wieder ihre normale Farbe hatten bevor er mit einem tiefen Seufzen in sich zusammen sackte. Er hatte höllische Schmerzen und kaum noch die Kraft die Augen auf zu halten. Sein Blick ging kurz zur Treppe, er verwarf den Gedanken aber sehr schnell wieder, er würde die Treppe nie bewältigen können.

„Master Snape?“

Etwas überrascht wandte sich Severus dem Hauselfen zu, der gerade eine dampfende Tasse auf den Tisch stellte.

„Kann Fino noch etwas für Master Snape tun?“, fragte Fino sichtlich traurig.

„Eine Decke“, murmelte Severus, „und einen Schmerztrank.“ Er war so müde, er wusste, dass er eigentlich dringend aus den verschwitzten Sachen raus musste aber das überstieg momentan seine Kräfte. Während Fino kurz verschwand, schwang er den Zauberstab und sprach einen einfachen Reinigungszauber, und selbst das überstieg schon fast seine Kräfte. Mit einem Seufzen legte er den Zauberstab weg, legte sich vorsichtig hin und schloss die Augen, er wollte nur ganz kurz ausruhen und dann wirklich duschen gehen. Er spürte nicht mehr wie Fino die Decke über ihm ausbreitete, er schlief fast augenblicklich ein.

Kapitel 24

Kapitel 24
 

Genau so fand ihn Harry als er eine geraume Zeit später aus dem Kamin stieg. Harry zögerte, er wusste, dass Severus seinen Schlaf brauchte aber er musste etwas essen, duschen und trockene Sachen anziehen. Zudem war die Couch nicht wirklich bequem, er sollte ins Bett. Er seufzte leise, er wollte ihn nicht wecken. Ein sehr leises Plopp ließ ihn aufsehen.

„Soll Fino das Abendessen zubereiten?“, fragte der Hauself, „muss Fino etwas beachten?“

„Nach Hippocrates viel Gemüse, mageres Fleisch, nicht zu scharf oder stark gewürzt und viel trinken“, erklärte Harry während er in seine Tasche griff und eine Pergamentrolle zum Vorschein brachte. „Hippocrates hat gesagt, dass du lesen kannst. Er hat dir hier einen Plan aufgeschrieben was Severus essen darf und was nicht.“

Fino nahm die Rolle entgegen, entrollte sie und überflog sie. Schließlich sagte er, „Fino kennt diese Liste. Der Heiler hat Master Snape diese Liste schon einmal gegeben aber Master Snape möchte nicht, dass Fino nach dieser Liste kocht.“

„Mir egal und Hippocrates auch. Er muss sich an diese Diät halten und das wird er auch. Fino, bitte, koch nach dieser Liste, ich kläre das mit Severus“, sagte Harry. Fino sah ihn einen Moment abschätzend an, nickte dann heftig und verschwand mit einem Plopp.

„Wach auf, komm schon, Severus, wach auf“, sagte Harry während er sich auf den Rand der Couch quetschte und Severus leicht an der Schulter berührte. Es erfolgte allerdings nicht wirklich eine Reaktion, nur ein leises Grummeln. „Wach auf, du musst duschen, essen und dann ins Bett. Die Couch ist unbequem und nicht gut für deinen Rücken. Wach auf.“

„Hm.“

„Das ist keine Antwort, wach auf.“

Severus schlug langsam die Augen auf, öffnete sogar den Mund um etwas zu sagen, zögerte aber dann und schloss ihn wieder. Stattdessen sah er sich nach seinem Zauberstab um.

Harry verleierte demonstrativ die Augen, reichte ihm den Stab aber dann. „Du könntest auch einfach mit mir reden, das wäre wesentlich leichter.“

„Ich rede nicht mal mit Hippocrates, wie kommst du dann auf die Idee, dass ich mit dir reden würde? Warum weckst du mich?“

„Fino macht gerade das Abendessen, du musst etwas essen. Dann duschen, was Trockenes anziehen und dann kannst du im Bett weiter schlafen“, erklärte Harry, er erntete nur einen genervten Blick aber dann nickte Severus kurz. Als er allerdings versuchte sich aufzusetzen, sackte er kraftlos in sich zusammen. Harry fragte gar nicht erst sondern half ihm einfach sich hinzusetzen.

„Ich würde vorschlagen wir essen hier, dann sparst du dir den Weg in die Küche.“

„Wie spät ist es eigentlich? Habe ich so lange geschlafen?“

„Es ist fast sieben. Ich habe ganz schön lange bei Hippocrates gebraucht, ist der Kerl immer so penetrant?“, fragte Harry während er in seine Tasche griff und etwas auf den Tisch legte. Ein Schwung des Zauberstabes und vor ihnen lagen mehrere Bücher und Pergamente.

„Du musst sie nicht lesen und kannst nach dem Abendessen einfach gehen.“

Harry überging diesen Kommentar, er spürte förmlich die Unsicherheit von Severus und fuhr einfach fort, „er hat mir die Übungen gezeigt aber ich bin mir nicht sicher ob ich alle behalten habe. Aber ich habe ein Buch, wo die alle drin sind. Du kennst sie ja, du kannst mir einfach zeigen welche Übungen wir machen sollen und welche wir machen können.“

„Können?“

„Ja. Hippocrates hat gesagt, dass wir nur die Übungen machen sollen, die du machen kannst. Und die Übungen dann langsam ausbauen.“

Ein leiser Gong erklang, Harry sah sich verwirrt um und Severus schrieb, „das Abendessen ist fertig.“

„Fino, wir würden lieber im Wohnzimmer essen.“

Fast sofort erschien das Essen auf dem Tisch, Harrys Teller stand allerdings vor dem Sessel.

„Abmarsch, so kann ich nicht essen.“

Murrend erhob sich Harry um seinen Sitzplatz zu wechseln, er wäre gerne auf der Couch sitzen geblieben. Und so verlief das Abendessen in Schweigen, nur unterbrochen von leisem Klirren und Kauen.
 

Er überlegte das ganze Abendessen über wie er das Thema duschen am Besten anfing denn er glaubte nicht, dass Severus sich auf den Beinen halten könnte. Aber er musste sich den Schweiß abwaschen, Hippocrates hatte ihm erklärt, dass Reinigungszauber ja schön und gut waren aber für die Haut war Wasser und Seife einfach besser. Nur wie konnte er Severus bei diesem Problem helfen? Konnte er ihm überhaupt helfen? War er selber dazu bereit? Es war eine Sache, darüber zu reden aber eine Andere, es wirklich zu tun.

„Was spinnst du dir jetzt schon wieder zurecht?“

Mit einem schiefen Grinsen sah Harry auf die goldene Schrift und beschloss dann einfach mit der Tür ins Haus zu fallen. „Hippocrates hat gesagt, dass du duschen oder zumindest dich waschen sollst. Wie wollen wir das veranstalten? Kannst du dich auf den Beinen halten? Brauchst du Hilfe? Was kann ich tun?“, fragte er.

„Aufhören dämliche Fragen zu stellen. Ich werde mich von dir garantiert nicht waschen lassen.“

„Wie dann?“

Severus schüttelte den Kopf und schrieb, „hilf mir lieber hoch wenn du schon helfen willst.“

Etwas überrascht sprang Harry auf und half ihm aufzustehen, Severus stützte sich schwer auf ihn und bemühte sich sein linkes Bein gar nicht zu belasten. Es würde ein langer Weg nach oben werden.
 

Es ging doch besser als Harry vermutet hatte, was aber wahrscheinlich nur daran lag, dass Severus sich extrem anstrengte. Was wiederum dazu führte, dass er erneut völlig in Schweiß gebadet war. „Jetzt brauchst du wirklich ne Dusche“, sagte Harry während sie das Schlafzimmer durchquerten. Er erntete nur ein Knurren, zu mehr war Severus gerade nicht in der Lage. Harry wollte gerade fragen was sie jetzt machen wollten als ihm ein Hocker in der Dusche auffiel und so schluckte er seine Frage runter und bewegte sich darauf zu. Severus entfuhr ein sehr erleichtertes Seufzen als er auf dem Hocker Platz nahm. Jetzt wurde es Harry allerdings doch etwas peinlich, „Ähm...“

„Spar dir deinen Atem, den Rest schaffe ich alleine. Es gibt Ankleidezauber und die Dusche ist auf meine Stimme verzaubert. Du kannst also in aller Ruhe nach Hause gehen.“

Harry runzelte die Stirn, Severus sah ihn nicht an sondern sah an ihn vorbei an die Wand. „Wieso sollte ich nach Hause gehen? Du musst noch ins Bett und wenn ich dann schon mal da bin, kann ich mich ja gleich mit dazu legen“, murmelte Harry, verdächtig rot um die Nase.

Jetzt sah Severus ihn abschätzend an doch schließlich nickte er und deutete auf die Tür. „Ich mache mich bemerkbar wenn ich fertig bin.“

„Tu das, ich geh unten duschen.“

Wieder nickte Severus und Harry ging.
 

Geraume Zeit später tigerte Harry nervös im Schlafzimmer hin und her, sein Blick ging von der Badtür zum Bett und wieder zurück und seine Gedanken fuhren Achterbahn in seinem Kopf. Warum brauchte Severus so lange? Wollte er überhaupt, dass er schnell fertig wurde? Er fühlte jetzt schon, wie sein Gesicht vor Scham brannte. Auch wenn er vorhin so locker daher geredet hatte, war er sich nicht wirklich sicher ob er hier schlafen wollte, konnte, durfte, was auch immer. Wenn er ehrlich zu sich selber war, wollte er bei ihm schlafen. Er fühlte sich bei Severus einfach wohl, geborgen und es fühlte sich einfach richtig an. So hatte es sich mit Ginny nie angefühlt, da hatte er immer einen gewissen Druck verspürt. Immer stark sein, immer seinen Mann stehen, immer der strahlende Held sein. Das musste er hier nicht. Harry grinste bei dem Gedanken, Severus würde ihn gepflegt durchs ganze Haus fluchen wenn er hier den strahlenden Helden spielte. Das Knirschen der Tür ließ ihn aufsehen und sofort zur Tür eilen.

„Was machst du da? Warum hast du dich nicht bemerkbar gemacht?“, fauchte er Severus sofort an.

Dieser blieb in der Tür stehen und schrieb, „ich hatte nicht wirklich damit gerechnet, dass du noch da bist.“

„Sehr schmeichelhaft.“

„Ich bin nur realistisch.“

„Jaja, können wir jetzt ins Bett?“

Diesmal verkniff sich Severus die Antwort, er hatte auch keine Gelegenheit dazu denn Harry hatte ihm einen Arm um die Taille gelegt und zog ihn mehr oder weniger sanft Richtung Bett.

Severus ließ sich mit einem Seufzen auf dem Bett nieder, der Weg durchs Bad hatte seine Kräfte wieder komplett ausgelaugt. „Da ist schon die Quittung für deinen Übermut. Du hättest wenigstens versuchen können dich bemerkbar zu machen. Verdammt Severus“, fauchte Harry während er ums Bett rum ging und sich dann setzte.

Er sah nicht wie Severus ihn seltsam ansah, er hörte nur das Klacken des Zauberstabes als er ihn auf den Nachttisch legte.

„Also schmollst du jetzt?“

Severus schüttelte den Kopf, rutschte dann sehr umständlich unter die Decke und legte sich hin. Harry wollte etwas sagen, verkniff es sich aber und kroch unter die Decke. Als er richtig lag, sah er nochmal zu Severus, der mit geschlossenen Augen auf den Rücken lag und ruhig atmete. Er überlegte kurz ob er nicht etwas näher an ihn ran rücken könnte aber ihm fehlte der Mut.

„Gute Nacht, Severus.“

Schwarze Augen sahen ihn einen Moment abschätzend an, als ob er auf etwas warten würde aber dann nickte er und löschte das Licht. Harry versuchte eine bequeme Position zu finden und schloss die Augen, er hoffte, dass er schlafen konnte.
 

„Was ist es diesmal? Ist das Kissen zu weich? Ist dir zu kalt? Zu warm? Was ist es?“

Harry starrte einen Moment auf die Schrift, die vor ihm aufgetaucht war bevor er seufzte und sagte, „alles in Ordnung.“ Er lag mit dem Rücken zu Severus und starrte seit einer gefühlten Ewigkeit in die Dunkelheit des Schlafzimmers.

„Wieso schläfst du dann nicht?“

„Woher weißt du das? Ich liege ganz still.“

„Eher weniger. Du rutschst auf der Stelle rum, seufzt alle paar Minuten so schwer als würde die ganze Last der Welt auf dir lasten und außerdem atmest du zu schwer um zu schlafen.“

„Das hörst du alles?“

„Scheinbar. Also, was ist los? Ich will die Wahrheit hören sonst fluche ich dich aus dem Haus.“

Wieder seufzte Harry bevor er leise sagte, „manchmal frage ich mich warum mich der Hut nach Gryffindor geschickt hat. Mir fehlt in manchen Dingen einfach der Mut.“

Die Luft vor ihm blieb dunkel, keine Schrift erschien, dafür aber das leise Klack als Severus den Stab weg legte. Was machte er jetzt? Harry spürte wie sich Severus hinter ihm bewegte, kam er wirklich näher? Er konnte ein Zusammenzucken nicht ganz unterdrücken als er eine Berührung am Arm spürte, Severus stockte, bewegte sich aber dann weiter. Harry hielt förmlich die Luft an als sich Severus direkt hinter ihn legte, ein Arm wurde zögerlich um seine Taille gelegt. Allerdings spürte er wie angespannt Severus war, er war in diesem Fall aber immer noch mutiger als er selbst. Mit einem erleichterten Seufzen entließ Harry die angehaltene Luft und kuschelte sich tiefer in die Umarmung.

„Danke“, flüsterte er leise.

Hinter ihm wurde nur leise gemurrt, was ihm ein leises Lachen entlockte.

„Was machen wir wenn ich immer noch nicht schlafen kann?“, fragte Harry.

Ihm wurde sehr unsanft ins Ohr gepustet.

„Hey, lass das. Ich schlaf ja schon.“

Ein mehr oder weniger zufriedenes Murren erklang, Severus legte sich nochmal etwas anders hin und entspannte sich dann spürbar.

„Danke Severus.“

„Hm.“

„Gute Nacht.“

Nach kurzem Zögern kuschelte sich Harry noch etwas mehr an ihn, der Arm zog sich enger um ihn zusammen und zeigte Harry, dass er nicht der Einzige war, der das hier gerade sehr genoss. Er schloss die Augen und entspannte sich, versuchte zu schlafen und es gelang ihm sehr schnell.

Dafür konnte Severus nicht mehr einschlafen. Was hatte er sich nur dabei gedacht? Er hätte sich doch denken können, dass er so nah an Harry gekuschelt nicht mehr schlafen könnte. Aber nein, die Sehnsucht nach dem Mann war größer gewesen, die Sehnsucht nach genau dieser Nähe. Er seufzte leise, Harry reagierte nicht aber das hatte er auch nicht erwartet. Seine Atmung hatte sich schlagartig verlangsamt und beruhigt, er war fast sofort tief und fest eingeschlafen. Und nun? Er konnte ohne Probleme auf der rechten Seite liegen bleiben aber er wollte doch auch schlafen. Also versuchte er diese aufkeimenden Gefühle beiseite zu schieben, schloss die Augen und versuchte zu schlafen. Er brauchte sehr lange bis er endlich einschlief.
 

Am nächsten Morgen wachte Harry nur sehr langsam auf, ganz so als wolle sein Unterbewusstsein nicht aufwachen. Doch irgendwann musste er den Kampf aufgeben und öffnete die Augen. Es war noch nicht spät, es war noch relativ dunkel im Schlafzimmer und sie hatten sich im Schlaf wohl gedreht. Jetzt lag er wieder an Severus' Seite, den Arm über seinem Bauch und sein Kopf lag bis eben noch in seiner Schulterbeuge. Er wandte den Blick, musterte Severus' Gesicht und überlegte, was er eigentlich wollte. Er kam zu keinem Ergebnis denn irgendwie kam ihm die Situation so irreal vor.

Sein Blick schweifte über den Mann, an den er gekuschelt war. Harte, eckige Formen, nichts weiches, rundes wie bei einer Frau. Was zog ihn daran an? Denn, dass es ihn anzog, konnte und wollte er nicht mehr leugnen. Er hob den Arm, fuhr unsicher mit den Fingern über seine Brust, spürte die Rippen, hart, unnachgiebig und viel zu dünn. Severus musste dringend zunehmen, sagte auch Hippocrates. Seine Gedanken schweiften ab, er malte sinnlose Muster auf Severus' Brust und Bauch und dachte nach. Und merkte in seiner Überlegung nicht, dass Severus aufwachte und ihn ebenso nachdenklich musterte.

Er brauchte keine Legilimentik um zu erkennen, dass Harry tief in Gedanken versunken war und vor allem worüber er nachdachte. Severus bewegte sich nicht, machte keine Anstalten ihm zu zeigen, dass er wach war sondern beobachtete ihn. Und dachte ebenfalls nach. Für Harry musste die Situation sehr schwer sein. Er versuchte sich zu erinnern, was er damals gemacht und gefühlt hatte als er festgestellt hatte, dass er beide Geschlechter anziehend fand. Es war in Salem gewesen, während seiner Ausbildung zum Tränkemeister. Ein Studienkollege, eine belanglose Affäre, die so schnell kam, dass er eigentlich keine Zeit hatte darüber nachzudenken.

Es hatte am nächsten Morgen nur einen Moment des Schockes gegeben aber dann hatte er es akzeptiert. Warum auch leugnen was einem eindeutig gefiel? Er war jung gewesen und warum sollte er nicht alles nutzen, was sich ihm anbot? Sein Blick fiel auf Harrys nachdenkliches Gesicht, für ihn war die Situation scheinbar wesentlich schwerer. Aber warum? Was machte ihm solche Sorgen? Nun, wenn er ihn weiter anstarrte, würde er keine Antwort bekommen. Harrys wahrscheinlich unbeabsichtigten Streicheleinheiten waren zwar wunderschön aber er wollte sich nicht darauf einlassen, solange Harry noch zögerte. Also atmete er innerlich tief durch und räusperte sich dann leise.

Das Ergebnis war ein Harry, der wie geschlagen zusammen zuckte und ihn dann fast panisch ansah. Severus lächelte knapp und deutete dann auf den Nachttisch, auf die Phiole, die dort stand. Er konnte sie, so wie er gerade lag, nicht erreichen, Harry schon. Dieser verstand den Wink und reichte ihm die Phiole, die er sofort austrank und dann fragte,

„Was spinnst du dir jetzt schon wieder zu recht?“

„Bitte?“

„Dein Blick. Du spinnst dir doch schon wieder etwas zu recht. Harry, was ist eigentlich dein Problem?“, fragte Severus ernst.

„Ich weiß nicht wovon du redest“, gab Harry zurück, wich seinem Blick aber aus. Ob ihm bewusst war, dass er immer noch verwirrende Muster auf seinen Bauch malte? „Ich weiß es nicht.“

„Was weißt du nicht?“

„Das hier alles. Ich bin mir nicht sicher, was ich davon halten soll. Was ich denken soll? Wie ich mich verhalten soll? Ich bin mir einfach nicht sicher. Was denken die Leute? Was werden sie denken? Was soll ich denken?“, murmelte Harry.

Severus musterte ihn einen Moment, schüttelte dann den Kopf und zog ihn kurzerhand wieder an sich.

„Hey...“

„Du denkst zu viel.“

„Du nicht?“

„Nein, warum sollte ich? Was die anderen Menschen denken ist mir egal und ich bin mir meiner Sexualität sicher, worüber soll ich also nachdenken?“, fragte Severus.

„Uns?“

„Solange du dir in keiner Weise sicher bist, gibt es kein Uns.“

Harry sah ihn kurz an, legte sich dann aber vorsichtig wieder an ihn und lehnte den Kopf in seine Schulterbeuge. „Willst du das überhaupt?“, fragte er nach einer Weile.

„Das liegt bei dir.“

„Wieso bei mir? Das sollten wir schon Beide entscheiden.“

Severus lachte leise und fragte, „warum sollte ich dagegen sein? Ich habe dir gegenüber schon zugegeben, dass ich an einer Beziehung interessiert wäre. Was sollte also von meiner Seite dagegen sprechen? Harry, ich bin nicht blind oder blöd, ich weiß wie ich aussehe und kenne meinen Charakter wohl besser als alle Anderen. Ich habe genug Macken für drei Leute und weiß, dass eine Beziehung mit mir extrem anstrengend sein kann. Ich habe keinerlei Illusionen, dass du genug Gründe gegen eine Beziehung finden würdest und das ohne große Anstrengung.“

„Also gibst du von vorne herein auf?“

„Ich kann nichts aufgeben, was es nicht gibt.“

„Ich bin mir aber nicht sicher“, sagte Harry leise.

„Warst du dir bei deiner Ex-Frau sofort sicher?“

„Nein aber es fühlte sich so natürlich an.“

„Und das hier?“, fragte Severus und streichelte zur Verdeutlichung mit der Hand über Harrys Hüfte.

Es dauerte einen Moment bis Harry reagierte und leise gestand, „fühlt sich toll an.“

„Aber?“

„Es ist nicht normal.“

Severus entfuhr ein leises Knurren, er hasste diese Formulierung, hatte sie zu oft gehört und zu oft war es weiter gegangen.

„Alles in Ordnung?“, fragte Harry sofort.

Er richtete sich halb auf um Severus anzusehen, dieser atmete gezwungen stark ein und aus um sich zu beruhigen. Doch schließlich öffnete er die Augen und sah ihn sehr ernst an bevor er begann, „nein. Harry, ich sage es nur ein einziges Mal. Ich will nie wieder in meiner Gegenwart diese Formulierung nicht normal hören. Ja, Heterosexualität wird im allgemeinen als Normal betrachtet aber das macht andere sexuellen Ausrichtungen nicht unnormal. Weißt du, wie viele deine ehemaligen Kollegen auf das eigenen Geschlecht stehen? Wer einen besonderen Fetisch oder eine besondere Vorliebe hat? Wer vielleicht gar keinen Sex will sondern seine Erfüllung in etwas Anderem findet? Dem Kuscheln und Küssen genug ist?“ Er wartete bis Harry zögerlich den Kopf geschüttelt hatte und fuhr dann fort, „all das wäre als nicht normal anzusehen aber es geht niemanden etwas an. Solange die sexuelle Vorliebe niemanden schadet, niemanden belästigt oder niemanden bloßstellt, geht es niemanden etwas an. Wer es nötig hat sich über die Vorlieben Anderer das Maul zu zerreißen, sollte bedauert werden denn er hat scheinbar keine anderen Probleme. Daher geht es niemanden etwas an, mit wem ich mein Bett und vielleicht sogar mein Leben teile und daher will ich, wenn du willst, dass wir eine Chance haben, nie wieder hören, dass das hier unnormal wäre. Haben wir uns in diesem Punkt verstanden?“, fragte Severus. Seine Stimme war zum Schluss hin sehr schneidend geworden.

Harry nickte nur zögerlich.

„Gut. Die Stimmung ist dahin, was hältst du davon wenn wir frühstücken gehen?“, fragte Severus jetzt wesentlich versöhnlicher.

„Ich weiß immer noch nicht, was ich davon halten soll“, sagte Harry, machte aber keine Anstalten aufzustehen oder ihn los zu lassen.

„Warum willst du eigentlich einen Plan?“

„Häh?“

„Harry, du hast gesagt, dass du mir helfen willst und da du dein Haus eh nicht magst, gehe ich davon aus, dass du dich am Liebsten bei mir einnisten würdest. Gut, damit kann ich leben und es erleichtert dir den Versuch mich zu bemuttern, und mir dich zu verfluchen. Wenn du dich also eh hier einnisten willst und mir helfen willst, werden wir uns wohl oder übel näher kommen, schon allein bei deinem Versuch mit mir diese verdammten Übungen zu machen also warum lässt du es nicht einfach geschehen? Wir werden sehen was dabei raus kommt. Vielleicht stellen wir Beide fest, dass wir doch kein Paar sind aber vielleicht entwickelt sich auch etwas daraus. Aber warum sollen wir uns drängen?“, sagte Severus, der sich vorsichtig von ihm löste und sich aufsetzte. Er verzog allerdings das Gesicht vor Schmerzen.

„Aber ist das dir gegenüber fair?“, fragte Harry unsicher.

„Ja, ist es. Du bist mit einer völlig neuen Situation konfrontiert und viele andere Männer hätten längst die Flucht ergriffen oder versucht mich zu verfluchen. Du bist einfach nur unsicher und brauchst Zeit, die ich bereit bin dir zu geben. Ich werde dich zu nichts zwingen, ich werde mich dir nicht über die Maßen ungebührlich nähern und wenn du etwas nicht willst, musst du es sagen, ich kann keine Gedanken lesen“, erklärte Severus.

„Okklumentik?“

„Tut dir weh und ist für mich zu anstrengend. Außerdem möchte ich bei einem potenziellen Lebensgefährten nicht auf die Okklumentik angewiesen sein damit ich weiß, was er will. Du kannst reden also tust du es bitte auch. Also, Frühstück?“

„Schaffst du es alleine in die Küche?“, war die Gegenfrage.

„Ins Bad ja, die Treppe runter definitiv nicht.“

Harry nickte und stand langsam auf, „dann geh ich kurz unten ins Bad, mach mich frisch und komme wieder hoch. Einverstanden?“

„Gute Idee.“

Dennoch wartete Harry bis Severus die Beine aus dem Bett schwang, ein, zwei Zauber auf sein Bein sprach und dann langsam, testend aufstand. Erst als er sich sicher war, dass seine Beine sein Gewicht hielten, ging er langsam Richtung Bad. Erst dann machte sich Harry auch auf den Weg.
 

Trotz der direkten Worte war sich Harry immer noch nicht sicher und so verbrachten sie das Frühstück schweigend, gut, Severus hatte sich auch hinter dem Tagespropheten versteckt und schien ihm die Zeit zum Nachdenken zu lassen. Wollte er eine Beziehung? Er mochte Severus, er war gerne bei ihm, sowohl tagsüber wie auch Nachts aber war das genug für eine Beziehung? Severus würde doch irgendwann mehr wollen, oder? Konnte er das? Harry seufzte bei dem Gedanken, er wusste es nicht.

„Hör endlich auf damit“, schnarrte Severus in diesem Moment.

„Äh...“

„Nichts äh, hör auf damit. Ich brauche keine Okklumentik um deine Gedanken zu erraten. Hör auf damit. Wenn du dir unbedingt Sorgen machen willst, setz dich an deine Bücher und überleg ob du das wirklich willst. Aber hör auf dir über uns Gedanken zu machen. Lass es doch einfach auf dich zukommen“, knurrte Severus, der den Propheten weglegte und ihn ernst und etwas genervt ansah.

„Aber...“

„Verdammt Harry, lass es!“

„Das sagst du so leicht.“

„Es IST leicht. Du musst dir nur weniger Gedanken machen.“

Harry seufzte leise, nickte aber.

„Gut, dann machen wir uns auf den Weg ins Labor, ich brauche neue Tränke und damit du auf andere Gedanken kommst, wirst du mir helfen.“

„Du kannst kaum stehen, wie willst du da Tränke brauen?“, fragte Harry verwirrt, er ahnte allerdings wie die Antwort ausfallen würde. Als Severus ihn jetzt nur breit angrinste, ließ Harry den Kopf hängen und mutmaßte, „du wirst dir einen Stuhl nehmen und dich neben den Tisch setzen während du mich herumkommandierst?“

„Du lernst sehr schnell.“
 

„Das ist nicht fair. Ich liebe ihn und er liebt mich. Wieso kannst du das nicht verstehen? Du bist doch nur neidisch, ich habe eine funktionierende Beziehung und du bist geschieden. Du bist nur neidisch, weil ich geliebt werde und du nicht“, rief Albus während er aufgeregt auf und ab ging.

„Aber Albus, das ist doch nicht wahr“, versuchte Ginny ihren Sohn zu beruhigen aber er schnaubte nur.

„Und ob das wahr ist, du bist nur neidisch. Dad hat dich sitzen gelassen weil er dich nicht mehr liebt aber Severus liebt mich.“

„Wo ist er dann?“, rief Ginny.

„Er bereitet eine Überraschung für mich vor, er liebt mich und wir werden zusammenleben.“

Ginny starrte ihren Sohn fassungslos an, es war fast Weihnachten und er war damit schon seit fast neun Monaten im St. Mungo doch bis jetzt hatte sich nichts verändert. Doch, ganz am Anfang, als Snape die erste Therapie unterstützt hatte, da hatte es ab und zu mal Momente der Klarheit gegeben. Sie hatte das allerdings damals noch nicht sehen wollen und durch ihr Eingreifen und die extreme Verzögerung war Albus tiefer denn je in seinen Wahnvorstellungen gefangen. Albus begann gerade wieder zu schwärmen, wie es sein würde wenn er und Snape endlich zusammen leben würden. Ginny schüttelte den Kopf und verließ das Zimmer, wenn er in diese Phase war, bekam er nichts mehr mit und das teilweise über Stunden.
 

Sie wurde vor der Tür erwartet doch der Mann sagte nichts, wie er es immer tat. Er gab ihr die Schuld daran, dass sie so viele Monate in der Behandlung verloren hatten und eigentlich hatte er Recht. „Heiler Smethwyck, gibt es irgendwelche Besserung?“, fragte sie dennoch.

„Nein.“

„Kann ich etwas tun?“

„Ja, können Sie. Schicken Sie zu Weihnachten ein großzügiges Geschenk, genau wie Ihre Kinder, ein schönes, persönliches Geschenk“, sagte Hippocrates ernst.

„Wieso? Er wirft sie doch eh nur ins Feuer.“

„Nicht unbedingt. Er wird alles auspacken und dann alles wegwerfen, was er für sinnlos hält. Wenn er aber merkt, dass er von Severus nichts bekommen hat, wird er zögern mit dem Wegwerfen“, erklärte Hippocrates.

„Aber hieß es nicht, dass Snape ihm an Weihnachten eine weitere Abfuhr erteilen soll?“, fragte Ginny verwundert.

„Ja, hieß es. Aber Oliver und ich sind überein gekommen, dass kalte Ignoranz an Weihnachten besser wirkt. Es wird wohl ein paar Tage bis Wochen dauern bis er akzeptiert, dass Severus ihm nichts schenkt aber wir sind da zuversichtlich. Dafür müssen die Geschenke der Familie umso schöner sein, er muss erkennen wer ihn wirklich liebt und bei wem er es sich nur einbildet.“

Ginny dachte einen Moment über das Gehörte nach, irgendwo ergab es Sinn. Allerdings gab es da noch eine Sache, die sie mit dem Heiler besprechen wollte. „Heiler Smethwyck, besteht die Möglichkeit, dass Albus an Weihnachten ein paar Stunden nach Hause kommt?“, fragte sie.

„Das ist gegen die Anordnung vom Zaubergamot also nein. Sie können ihn besuchen kommen aber er wird hierbleiben, sonst habe ich schneller Severus und die Auroren hier als ich meinen eigenen Namen aussprechen kann“, sagte Hippocrates.

„Wieso Snape? Er hat doch damit nichts zu tun“, protestierte Ginny. Den Hass gegen Severus hörte man ihr deutlich an.

„Doch. Eine seiner Bedingungen lautet, dass Albus hier bleibt bis Oliver und ich ihn entlassen. Kommt er vorher hier raus, hat Severus das Recht ihn sofort nach Askaban zu schicken. Bis es eine neue Verhandlung gibt und dann wird Severus auf einer Bestrafung bestehen“, erklärte Hippocrates, „also ist es wohl besser wenn er hier bleibt bis er gesund ist.“

„Aber es ist Weihnachten.“

„Das ist mir egal, Mrs. Potter, ich muss mich an die Vorschriften des Gamot halten und das werde ich auch. Sie müssen nicht zu Oliver gehen, er denkt genauso“, sagte Hippocrates.

„Das sagen Sie auch nur weil Sie auf Snapes Seite stehen.“

Der Heiler schüttelte den Kopf und sagte, „das hat nichts mit Severus zu tun sondern mit der gültigen Rechtsprechung. Sollte Albus dieses Krankenhaus ohne meine und Olivers Zustimmung verlassen, geht er direkt nach Askaban. Sie können ihn besuchen aber er wird hierbleiben.“

Ginny sah ihn noch einen Moment fast schon fassungslos an, murrte dann aber etwas und wandte sich von ihm ab. Sie warf noch einen Blick in das Zimmer wo ihr Sohn gerade irgendetwas schrieb, wahrscheinlich wieder einen Brief an Snape, und ging dann ohne ein weiteres Wort.

Hippocrates sah ihr nicht nach, er mochte die Frau nicht und das aus gutem Grund. Noch immer musste Oliver jede Woche einen Bericht an den dritten Heiler und an die Ethikkommission schicken. Ihre Arbeit wurde von allen Seiten überwacht und so langsam ging es ihm und Oliver an die Substanz. Jeder hatte irgendeinen Kritikpunkt, jeder hatte ach so tolle Verbesserungsvorschläge aber keiner wollte auch nur einen Tag die Therapie übernehmen. Gut, Severus hatte sich angeboten aber er würde den Jungen eher verfluchen als ihn zu therapieren. Hippocrates seufzte tief und schwer, eine Heilerin in der Nähe warf ihm einen fragenden Blick zu, den er mit einem gequälten Grinsen beantwortete. Sie warf ihm eine aufmunterndes Lächeln zu und ging dann weiter ihrer Arbeit nach, genau wie er sich auch auf den Weg machte. Er hatte schließlich noch eine eigene Station, um die er sich kümmern musste.
 

Ihn erwartete eine, ihm sehr wohlbekannte, Eule, die aufgeregt mit dem Schnabel klackerte und ihm einen bösen Blick zuwarf. „Aridia, was machst du denn hier?“, fragte er grinsend, er konnte sich schon denken worum es ging. Die Zwergohreule streckte ihm das Bein entgegen, nahm dann wohlwollend den Keks entgegen und machte sich auf den Rückflug, scheinbar erwartete Harry keine Antwort. Dann konnte es gar nicht so schlimm sein. Mit deutlich besserer Laune setzte er sich und öffnete den Brief.
 

„Hallo Hippocrates,
 

Ich dachte, ich nutze die Zeit in der Severus wütend vor sich hin wütet um dir mal zu schreiben. Also, wie läuft es? Von meiner Seite aus, gut. Wenn du Severus fragen würdest, würde er dich wohl verfluchen. ;)
 

Nein, im Ernst. Ich zwinge ihn zu vier regelmäßigen, kleinen Mahlzeiten streng nach der Diätliste, er hasst es im übrigen aber er isst es. Aber wahrscheinlich nur weil er sich nicht wieder mit mir streiten will, das letzte Mal haben wir uns fast vier Stunden über dieses Thema 'unterhalten'. Dann hat er endlich aufgegeben und diese dämliche Suppe gegessen. Naja, seitdem sind wir uns fast einig, was das Essen angeht. Sag mal, darf er Kaffee trinken? Wenigstens eine Tasse früh am Morgen, er ist ohne Kaffee echt unausstehlich und der schwarze Tee ist jetzt schon zum fünften Mal an der Wand gelandet.
 

Wir machen auch die Aufbauübungen für die Muskeln, ist aber echt schwer, wenn du mich fragst. Ist es normal, dass er nach 10 Minuten so erschöpft ist, dass er sich selbst unter Flüchen nicht mehr zum weitermachen bewegen lässt? Zum Spazierengehen konnte ich ihn nicht überreden, er hat wahrscheinlich Angst, dass er unterwegs zusammen bricht. Gut, versteh ich auch also laufen wir im Haus rum aber selbst da reicht ein Mal die Treppe hoch und runter um ihn zu erschöpfen.
 

Allerdings nimmt er kaum noch Tränke. Den Sprachtrank, klar, den wird er ewig nehmen. Den Nerventrank und maximal noch einen Schmerztrank pro Tag. Die Tränke für die Organe muss er ja nicht nehmen wenn er sich an die Diät hält und er verzichtet auch auf die Stärketränke. Was allerdings dazu führt, dass er nach dem Mittag fast einschläft, was er natürlich mit jedem Atemzug verhindern will. Der Kerl ist einfach zu stur.
 

Was kann ich noch machen? Wie kann ich ihm weiter helfen? Muss ich etwas anders machen oder soll ich den Weg einfach so weitergehen?
 

Einen ganz lieben Gruß
 

Harry“
 


 

Mit einem Grinsen sah Hippocrates auf den Brief, scheinbar hatte Harry alles mehr oder weniger im Griff aber ein bisschen Hilfe könnte er durchaus noch gebrauchen. Also griff er nach Pergament und Feder und begann einen Antwortbrief zu schreiben. Er würde ja zu gerne Severus' Gesicht sehen aber er war sich sicher, dass er sich das Lachen nicht verkneifen würde können und das würde mit einem sehr unangenehmen Fluch beantwortet werden. Daher beließ er es bei einem sehr fetten Grinsen während er Harry schrieb.

Kapitel 25

Kapitel 25
 

„Verschwinde bevor ich dich verfluche“, fauchte Severus.

„Ein Mal noch“, beharrte Harry, was dazu führte, dass Severus den Stab hob.

Harry zögerte, versuchte abzuschätzen ob er es noch ein Stück weiter treiben konnte oder ob er es für heute gut sein lassen könnte. Sie müssten die Übung eigentlich noch mehrere Male machen aber Severus war jetzt schon am Ende seiner Kräfte. Er seufzte leise und nickte, „gut, dann reicht es für heute. Was hältst du von der Idee wenn ich dir ein Bad einlasse und dich dann in Ruhe lasse?“

„Unter welcher Bedingung? Ein wirklich abartiges Abendessen?“, fragte Severus misstrauisch.

„Ein ganz normales Abendessen, du hast dir ein entspannendes Bad einfach verdient und ich habe etwas Zeit zum lernen. Also?“

Diesmal nickte Severus, Harry schenkte ihm ein Grinsen und ging dann nach oben um das Bad einzulassen, das untere Bad hatte leider nur eine Dusche. Also musste Severus den Weg nach oben heute noch zwei Mal bewältigen, ein Mal zum Baden und dann später um ins Bett zu gehen. Aber genau das hatte Harry so geplant und er war sich hundertprozentig sicher, dass Severus diesen Plan auch durchschaut hatte.
 

„Ja, hallo, wer bist denn du?“, fragte Harry als er eine halbe Stunde später wieder ins Wohnzimmer kam und dort eine kleine, hellgraue Eule vorfand.

Das Tier schuhute ihn freundlich an und streckte ihm ihr Bein entgegen, daran befand sich eine kleine Pergamentrolle.

„Ah, du gehörst zu Hippocrates, alles klar. Dann gib mal her.“

Er befreite das Tier von der Rolle, er kannte nur Hippocrates, der statt der normalen Briefe kleine Pergamentrollen verschickte, gab ihm einen Keks und ließ es dann wieder aus dem Fenster raus. Fino musste sie vorhin rein gelassen haben. Er hatte zwar nicht so schnell mit einer Antwort gerechnet aber er freute sich darauf, dass der Heiler ihm so schnell geschrieben hatte. Mit einem Grinsen ließ er sich in einen Sessel fallen und begann zu lesen.
 

„Hallo Harry,
 

Deswegen frage ich Severus nicht, ich kenne ja seine Meinung zu der Diät und den Übungen. ;)
 

Die Frage mit dem Kaffee ist nicht ernst gemeint, oder? Du hast ihm nicht seinen Morgenkaffee weg genommen, oder? Wenn ja, wie hast du das überlebt? Der Kerl war gerade aus dem Koma aufgewacht und hat sofort nach Kaffee verlangt und das sehr nachdrücklich. Wie hast du es geschafft, dass er dich nicht durch die Wand flucht? Aber egal, was es ist, gib ihm seine Tasse Morgenkaffee zurück. Eine oder zwei Tassen am Tag bringen ihn nicht um, vor allem nicht wenn er die Diät wirklich einhält. Dann schadet das bisschen Koffein nichts.
 

Wie oft macht ihr die Übungen? Warte, lass mich raten. Zwei Mal am Tag solange bis Severus nicht mehr kann, oder? Das ist zwar sehr löblich aber nicht wirklich hilfreich. Hat er starken Muskelkater? Wenn ja, habt ihr zu viel gemacht. Leichter Muskelkater, ein ganz leichtes Ziehen, ist in Ordnung aber er sollte sich normal bewegen können. Am Besten wäre es wenn ihr die Übungen mehrmals am Tag macht, dafür aber dann nur wenige Minuten. Hört auf bevor er keine Kraft mehr hat.
 

Wenn du es irgendwie schaffst, dass er sich über Mittag eine Stunde hinlegt und schläft, verleihe ich dir einen weiteren Merlin-Orden. Dieses krampfhafte Wachhalten bis zum Abend ist nicht gesund aber das weiß er und hat es bis jetzt immer ignoriert oder geleugnet. Für seinen Körper wäre diese Stunde allerdings sehr hilfreich.
 

Ansonsten klingt es gut. Ich gehe davon aus, dass du Fino auf deiner Seite hast denn das erklärt, wieso er sich an die Diät hält. Das ist wirklich gut. Mach erst mal so weiter, ich würde Severus gerne in der ersten oder zweiten Januarwoche zur Untersuchung sehen. Du kannst ihn ja schon mal darauf vorbereiten. Ansonsten wünsche ich euch ein schönes Weihnachtsfest, ich habe frei und du wirst mit Oliver vorlieb nehmen müssen. Bei Fragen oder Problemen kannst du mich natürlich jederzeit aneulen oder anflohen.
 

Liebe Grüße und eine gute Portion Nerven

Hippocrates.“
 


 

Harry musterte den Brief nachdenklich, er hatte die Übungen wirklich zwei Mal am Tag so lange durchgesetzt bis Severus wirklich nicht mehr konnte oder wollte. Ob er es schaffen würde, dass sie öfters aber dafür kürzer trainierten? Bestimmt. Diese Sache mit dem Mittagsschlaf würde er bestimmt auch irgendwie durch bekommen. Hm, er könnte ihm ja anbieten sich mit hinzulegen. Etwas überrascht über seine eigenen Gedanken, die er in diesem Moment gar nicht so schlecht fand, las er den Brief nochmal und legte ihn dann weg. Sein Blick ging kurz zur Standuhr, er hatte noch massig Zeit bis er Severus wieder nerven konnte also beschloss er einen Blick in die Bücher zu werfen. Er hatte in der zweiten Januarwoche die Aufnahmeprüfung und bis dahin hatte er noch sehr viel zu tun.
 

„Du willst was?“

„Ich will Weihnachten hier feiern und dazu das Haus zumindest etwas schmücken“, erklärte Harry. Er wurde nur weiter so fragend angesehen, dass er irgendwann seufzte und nochmal anfing, „meine geliebte Ex-Frau hat mir einen Brief geschrieben, dass ich mich nicht bei den Kindern blicken lassen soll. Einen Brief mit ungefähr dem gleichen Inhalt erreichte mich von meinem Ältesten James. Lily wünscht mir schöne Weihnachten, möchte sich aber auch nicht mit mir treffen weil sie ihre Mom nicht aufregen will. Also bleibt Albus, den ich nur zwei Stunden besuchen darf und dann würde ich wieder alleine im Grimmauldplatz sitzen.“

„Also bin ich eine willkommene Notlösung, dass du nicht alleine bist“, knurrte Severus.

Harry lächelte, mit genau dieser Aussage hatte er gerechnet, er kannte seinen Gegenüber in dieser Hinsicht schon gut genug. „nein, bist du nicht. Denn ich habe beschlossen, dass wir den 25. hier zu zweit und ganz gemütlich feiern und ich am zweiten Feiertag dann zu Albus ins St. Mungo gehe. Genau deswegen würde ich gerne die Wohnung etwas schmücken“, erklärte Harry.

„Du kannst den 25. nicht hier verbringen.“

„Warum nicht?“

„Der Tag gehört der Familie“, sagte Severus mit einem seltsamen Unterton in der Stimme.

„Ist mir bewusst und ich bin an diesem Tag genau da, wo ich sein will. Also, hast du Weihnachtsdeko oder muss ich einkaufen gehen?“

„Auf dem Speicher müsste noch was von früher sein. Wenn Fino es nicht weggeworfen hat“, sagte Severus. Er klang allerdings immer noch sehr seltsam.

Harry beschloss es zu ignorieren und rief, „Fino, kann ich sämtliche Weihnachtsdekoration haben, die sich hier im Haus befinden.“

Es dauerte nur wenige Momente und dann erschien Fino im Wohnzimmer, zusammen mit drei Kisten, die hinter ihm erschienen.

„So viel?“, fragte Harry überrascht.

„Wage es ja nicht den ganzen Kram hier im Haus zu verteilen“, knurrte Severus sofort.

Harry grinste ihn an, bedankte sich bei Fino und öffnete dann die Kisten um sich einen Überblick zu verschaffen, Fino verschwand mit einem Knall.

„Harry, das ist mein Ernst.“

„Jaja.“

„Hey.“

„Jetzt lass mich doch erst mal gucken was ich hier habe, dann können wir immer noch entscheiden was wir aufhängen“, murrte Harry aus der Kiste heraus. Er sah nicht wie Severus die Augen verleierte, sich aber dann zurücklehnte und ihn ruhig beobachtete.

Er konnte noch nicht wirklich glauben, dass Harry den Weihnachtstag bei ihm verbringen wollte. War das nur ein Scherz oder meinte er das wirklich ernst? Er sollte bei seiner Familie sein und nicht bei einem alten Grinch. Ja, er wusste, wie Hippocrates ihn gerne nannte und er hatte ja Recht. Er mochte Weihnachten nicht, verbrachte die Tage meistens in seinem Labor und räucherte das Haus kräftig ein. Jetzt sollte er ein richtiges Weihnachtsfest mit Harry feiern? Als was? Als Freunde? Als potenzielle Partner? Als was?

„Was hältst du davon?“

„Bitte?“

„Hörst du mir eigentlich zu?“, maulte Harry.

„Nein“, gestand Severus mit einem Grinsen, „was willst du?“

„Was hältst du hier von?“, fragte Harry erneut und hielt eine Girlande hoch, grüne Stechpalme mit kleinen roten und weißen Perlen.

„Annehmbar.“

„Super.“ Damit landete die Girlande auf der Couch und Harry verschwand wieder zur Hälfte in der Kiste. „Misteln darf ich nicht aufhängen, oder?“, fragte er gedämpft.

„Wenn du mit den Konsequenzen leben kannst, bitte“, war alles, was Severus dazu sagte.

Es folgte ein Moment der Stille, Harry verharrte in seiner Position bevor er deutlich sichtbar mit den Schultern zuckte und sagte, „ich werde schon damit klar kommen. Also darf ich Mistelzweige aufhängen.“ Damit begann er wieder in der Kiste rum zu kramen.

Severus sparte sich eine Antwort denn sie wussten Beide, was die Misteln bedeuten würden. Denn Harry musste Severus noch immer durchs Haus helfen und damit auch durch die Türen, über denen normalerweise die Zweige aufgehängt wurden. Nun, er würde sich diese Chance nicht entgehen lassen.
 

„So. Pause.“

„Und das heißt?“

„Dass wir uns eine Stunde hinlegen“, sagte Harry bestimmt.

Zum zweiten Mal an diesem Tag wurde er absolut fragend angesehen, er beschloss, dass er das öfters machen wollte, ein verblüffter Severus war einfach genial. „Wir werden was?“

„Wir werden uns eine Stunde hinlegen, du bist eben schon fast über deinem Buch eingeschlafen und dieser kindische Stolz geht mir auf die Nerven. Also habe ich beschlossen, dass wir uns jetzt eine Stunde hinlegen.“

„Wieso wir?“

„Weil du Angst hast dich alleine hinzulegen und damit du keine Albträume hast, leiste ich dir Gesellschaft“, erklärte Harry mit einem immer breiter werdenden Grinsen.

„Wie gedenkst du mich zu diesem Schwachsinn zu bringen?“, fragte Severus.

„Hm, ich dachte eigentlich, dass meine Anwesenheit Anreiz genug ist“, gab Harry sofort zurück.

Severus musterte ihn einen Moment bevor er, zu Harrys Überraschung, einfach nickte.

„Ernsthaft?“

„Ja.“

„Warum?“

Doch Severus schüttelte den Kopf und stand langsam auf, er war noch immer extrem schwach auf den Beinen und daher trat Harry sofort zu ihm. Es erfolgte mittlerweile keine Gegenwehr mehr wenn Harry einen Arm um seine Taille legte und Severus' Arm über seine Schultern, er hatte sich in sein Schicksal gefügt. Aber Harry war sich absolut sicher, dass er ihn abschütteln würde wenn er wieder stark genug war. Doch vorläufig war er auf seine Hilfe angewiesen oder auf unzählige Tränke und Zauber, wer war da wohl die bessere und gesündere Alternative?
 

Sie lagen schnell zusammen unter der Decke, wie immer mit einem deutlichen Abstand zwischen ihnen. Bis jetzt war es immer Severus gewesen, der den Abstand überbrückt hatte und ihn entweder in den Arm genommen oder an sich gezogen hatte. Doch heute machte er keine Anstalten dazu. Harry rutschte unruhig auf seiner Seite umher, er schlief jetzt schon seit fast zwei Wochen in diesem Bett, bei Severus und immer eng mit ihm zusammen. Nie so weit weg.

„Entweder du liegst still oder du beweist, dass du im Löwenhaus doch nicht so falsch warst“, schnarrte Severus in diesem Moment. Er lag auf dem Rücken und hatte die Augen geschlossen.

„Warum?“, fragte Harry leise.

„Warum soll eine Annäherung immer nur von mir ausgehen? Das könnte man schnell als Bedrängung sehen“, erklärte Severus.

„So empfinde ich es aber nicht.“

„Also willst du immer warten bis ich den ersten Schritt mache? Nein, Harry, so funktioniert es nicht.“ Severus hörte wie Harry leise seufzte und sich dann zögernd bewegte. Er hob einen Arm um es ihm leichter zu machen und schon kuschelte sich Harry an seine Seite. „War das jetzt so schwer?“

„Nein.“

„Warum zögerst du dann immer wieder?“, fragte Severus. Er spürte wie Harry mit den Schultern zuckte und dann den Kopf an seine Brust legte. „Daran solltest du arbeiten, ich werde definitiv nicht immer den ersten Schritt machen“, sagte Severus, „habe ich dir je Anlass dazu gegeben zu glauben, dass ich mich durch eine Annäherung gestört fühle?“

„Nein, hast du nicht. Severus, ich bin einfach so.“

„Wie hast du das bei deiner Ex-Frau gemacht?“

Es folgte ein unverständliches Gemurmel, auf welches Severus die Augen öffnete um den schwarzen Hinterkopf anzusehen.

„Nochmal verständlich bitte.“

„Wenn ich so darüber nachdenke, hat Ginny immer die wichtigsten Schritte gemacht. Selbst zum Heiratsantrag musste sie mich mehr oder weniger überreden“, gestand Harry leise.

„Daran solltest du dringend arbeiten.“

„Ich versuch es.“

„Machen, nicht versuchen. Und jetzt schlafen, sonst können wir auch wieder aufstehen“, murrte Severus. Auch wenn er es nicht gerne zugab aber er war müde und die Vorstellung eine Stunde zu schlafen, war sehr verlockend.

„Hm“, war alles was Harry sagte. Er legte sich allerdings bequemer hin und war ruhig.

Doch Harry konnte nicht schlafen, er musste darüber nachdenken was Severus gesagt hatte. Er war wirklich ein Feigling in dieser Hinsicht und das obwohl sich Severus definitiv über mehr Engagement von ihm freuen würde. Warum tat er sich dennoch so schwer damit? Die Antwort war eigentlich ganz einfach, er wusste nicht was er machen sollte. Bei Ginny war es so einfach gewesen, da war jede Umarmung, jede Berührung so natürlich gewesen. Es war ihm normal vorgekommen sie zu umarmen wenn er in einen Raum kam. Ein Kuss auf die Wange wenn sie sich kurz oder lang nicht mehr gesehen hatten und später natürlich auch mehr. Es war ihm nie seltsam vorgekommen wenn er sich Abends zu ihr auf die Couch gesetzt hatte und einen Arm um ihre Schultern gelegt hatte.

Bei Severus hatte er das nie gemacht obwohl der sich in den letzten Tagen immer auf die Couch gesetzt hatte und das obwohl er sonst immer im Sessel saß. Harry hob den Kopf um ihn anzusehen, hatte er das absichtlich gemacht? War es eine subtile Anspielung gewesen? Harry seufzte leise, er wurde aus diesem Kerl einfach nicht schlau. Die Hand, die bis jetzt auf seiner Hüfte lag, hob sich plötzlich, legte sich an seinen Hinterkopf und drückte seinen Kopf wieder in die liegende Position, zusammen mit einem geknurrten, „Schlaf oder ich fluch dich bewusstlos.“

„Das ist nicht nett“, murrte Harry.

„Schlaf!“

„Ich kann nicht schlafen.“

„Warum?“

„Weil ich mir Gedanken mache.“

„Das machst du immer. Schlaf oder ich stehe wieder auf“, knurrte Severus.

„Ok, gute Nacht.“

Damit schloss Harry jetzt wirklich die Augen aber schlafen konnte er dennoch nicht. Allerdings blieb er ruhig liegen und nach ein paar Minuten spürte er wie sich Severus' Atmung verlangsamte, die Hand rutschte langsam von seiner Hüfte, er war wirklich eingeschlafen. Nun, dann sollte Hippocrates schon mal den Merlin-Orden bereit halten.
 

Etwas missmutig sah Severus über die Dekoration, die Harry im Haus verteilt hatte. In diesem Haus war seit seiner Kindheit kein Weihnachten mehr gefeiert worden und eigentlich hatte er auch vor gehabt, diese Tradition zu bewahren. Nun, damals hatte er noch nicht mit einem sehr aufdringlichen Harry Potter gerechnet, der mit Pauken und Trompeten in sein Leben eingefallen war und es so gründlich umgekrempelt hatte, wie es nur möglich war. Er hielt sich an diese furchtbare Diät auch wenn er zugeben musste, dass Fino es tatsächlich schaffte, dass das Essen einigermaßen schmeckte. Er machte diese dämlichen Übungen und ja, sie zeigten langsam Wirkung. Er brauchte weniger Tränke, das Zittern in seiner linken Körperhälfte war weniger geworden und seit er über Mittag eine Stunde schlief, fühlte er sich den restlichen Tag wesentlich stärker. Zwar war er noch sehr weit davon entfernt auch nur annähernd gesund zu sein aber er war auch nicht mehr kurz vorm Sterben, wie es Hippocrates so schön ausgedrückt hatte.

Ja, von ihm hatte er einen sehr amüsierten Brief bekommen und Severus überlegte immer noch ob er Harry dafür verfluchen sollte, dass er ihm die Sache mit dem Mittagsschlaf geschrieben hatte. Noch hatte er sich dagegen entschieden aber man konnte ja seine Meinung noch ändern. Severus warf einen Blick zur Seite, Harry saß direkt neben ihm auf der Couch und war über seinen Büchern eingeschlafen. Er hatte sich vor drei Tagen, nach ihrem sehr interessanten Gespräch vorm Mittagsschlaf, endlich zu ihm gesetzt. Doch erst heute war er auf die Idee gekommen, dass man auch etwas enger sitzen konnte und sich sogar aneinander anlehnen konnte. Natürlich hätte auch Severus wieder den ersten Schritt tun können aber so lief eine Beziehung nicht, zumindest nicht von seiner Seite aus.

Wenn immer nur alles von ihm ausging, fühlte er sich wirklich so als würde er Harry bedrängen. Sein Blick ging wieder zur Weihnachtsdekoration, mit einem Grinsen hatte er registriert, dass sich Harry doch nicht getraut hatte Mistelzweige aufzuhängen, scheinbar fürchtete er die Konsequenzen doch mehr als er zugeben wollte. Harry regte sich langsam, im Sitzen zu schlafen war scheinbar doch nicht so bequem.

„Wach?“, fragte Severus leise.

„Hm.“

„Also nein.“

„Hm, doch, doch, bin wach.“

„Natürlich Harry. Was hältst du von Abendessen?“, fragte Severus grinsend.

Jetzt schien Harry doch wach zu werden, er hob den Kopf von seiner Schulter und sah zur Standuhr. „Ich bin eingeschlafen.“

„Sehr intelligente Feststellung.“

„Warum hast du mich nicht geweckt? Ich muss lernen“, maulte Harry.

Severus schüttelte nur den Kopf, nahm ihm jetzt endlich das Buch weg und meinte, „aber nicht am vierundzwanzigsten Dezember. Du kannst nach den Feiertagen weiter lernen oder wolltest du dich morgen den ganzen Tag hinter deinem Buch verstecken?“

„Nein, natürlich nicht. Ich habe eigentlich schon was geplant, mal schauen ob es hin haut.“

„Aha. Also, Abendessen?“

„Und danach die Übungen.“

„Vielleicht.“

„Severus.“

„Vielleicht“, murrte Severus bevor er sich langsam erhob und vorsichtig Richtung Küche ging. Momentan war er zum Laufen nicht auf Harrys Hilfe angewiesen und das nutzte er natürlich. Harry wiederum schüttelte den Kopf und folgte ihm, sie würden die Übungen schon noch machen.
 

„Post für dich“, knurrte Severus als Harry die Küche gerade betrat.

„Jetzt noch? Die Posteulen sind doch schon durch.“

„Nach der Handschrift deine Ex-Frau.“

„Verbrenn ihn.“

Severus sah ihn fragend an aber als sich Harry einfach setzte ohne Anstalten zu machen den Brief zu nehmen, zuckte er mit den Schultern und verbrannte ihn wirklich. „Was, wenn es wichtig war?“, fragte er danach.

„War es nicht, es war garantiert nur wieder eine Erinnerung, dass ich zu Weihnachten nicht erwünscht bin. Das weiß ich bereits und muss es nicht nochmal lesen. Was ist jetzt mit Abendessen?“, fragte Harry.

Als hätte Fino auf diese Frage gewartet, ploppte es vor ihnen und das Essen stand auf dem Tisch. Harry begann auch sofort zu essen, es war offensichtlich, dass er nicht über das Thema reden wollte. Also zuckte Severus nur kurz die Schultern und begann dann ebenfalls, er würde sich garantiert nicht in diese Sache reinhängen. Zudem freute er sich innerlich auf den morgigen Tag, er war gespannt was Harry ausgeheckt hatte. Ein Blick auf seinen Gegenüber zeigte ihm allerdings, dass Harry gerade tief in Gedanken versunken war und sehr lustlos in seinem Essen rum stocherte. Wenn er morgen wirklich ein schönes Weihnachtsfest haben wollte, musste er ihn heute noch auf andere Gedanken bringen. Ein hinterhältiges Grinsen machte sich auf Severus' Gesicht breit, was brachte Menschen eher auf andere Gedanken als Scham? Ohne, dass Harry es wirklich mit bekam, zog er seinen Zauberstab und flüsterte ein paar Sprüche, das würde bestimmt lustig werden.
 

Die Übungen wurden mehr oder weniger ambitioniert absolviert. Severus hatte keine Lust und Harry war eher in Gedanken versunken. Denn egal was Harry sagte, es verletzte ihn, dass seine Familie ihn nicht sehen wollte. Severus war sich sicher, dass er keine annehmbare Alternative war. Allerdings ging ihm dieses Gegrübel auf die Nerven.
 

„Schluss für heute.“

„Bitte?“, fragte Harry überrascht. Sein Blick ging automatisch zur Standuhr, es war noch nicht mal halb zehn und normalerweise musste er Severus gegen Elf förmlich ins Bett zerren.

„Dein Gemurmel und Geseufze geht mir auf die Nerven und du hast in der letzten Stunde genau eine einzige Seite gelesen. Ich bin mir absolut sicher, dass du nicht ein Wort davon behalten hast. Also machen wir für heute Schluss und gehen ins Bett“, bestimmte Severus während er sich schon erhob. Allerdings knickte er fast sofort mit dem linken Bein ein und konnte sich gerade noch so an der Lehne festhalten.

Harry sprang auf und griff ihm unter die Arme. „Was ist los? Du konntest doch vorhin noch gut laufen.“

„Keine Ahnung, frag das mein Bein, vielleicht gibt es dir eine Antwort“, knurrte Severus zurück.

„Schon gut, also los, wir wissen ja wie es geht“, sagte Harry schnell.

Er wusste ja, dass Severus leicht gereizt reagierte wenn man ihn auf eine angebliche Schwäche ansprach. Daher schob er den Gedanken beiseite und konzentrierte sich auf den Weg.
 

Im Türrahmen des Schlafzimmers blieben sie allerdings urplötzlich und so ruckartig stehen, dass Severus einen Moment um sein Gleichgewicht kämpfte. Erst als sie wieder sicher standen, fragte Harry, „was ist los? Warum hältst du an?“

„Habe ich nicht.“

„Wer dann?“

Severus zuckte mit den Schultern und versuchte sich zu lösen, es ging nicht.

„Du Severus?“, fragte Harry vorsichtig.

„Ja?“

Unsicher und mit deutlich mehr Farbe im Gesicht als vorher, deutete Harry nach oben.

Severus folgte dem Blick, grinste innerlich und knurrte ihn dann an, „hast du die Dinger doch aufgehängt. Dir war aber nicht bewusst, dass es magische Mistelzweige sind, oder?“

„Ich habe sie nicht aufgehängt“, protestierte Harry bevor er leise fragte, „was bedeutet das mit dem magisch?“

„Du wolltest sie aber aufhängen und das ohne, dass du wirklich darüber Bescheid weißt?“, fragte Severus mit hochgezogener Augenbraue.

„Ich dachte, das ist nur Deko. Halt die ganz normalen Mistelzweige, die draußen in den Bäumen wachsen.“ Das Geständnis kam sehr leise und undeutlich.

„Nun, jetzt darfst du mit den Konsequenzen leben.“

„Welche?“

Severus schnaubte leise und flehte fast schon, „Harry, benutz dieses Teil in deinem Schädel, was sich Gehirn nennt. Was tut man normalerweise unter einem Mistelzweig?“

„Sich küssen?“

„Das wäre fast einen halben Punkt für Gryffindor wert. So, denken wir weiter, was könnte ein magischer Mistelzweig bewirken? Vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass wir uns nicht bewegen können.“

„Wir müssen uns küssen damit der Zauber gelöst wird?“, fragte Harry zögernd.

„Das gibt noch einen halben Punkt für Gryffindor.“

„Das wäre mindestens einen ganzen Punkt wert.“

„Willst du jetzt hier über meine Punktevergabe diskutieren oder wollen wir uns dem Problem des Mistelzweiges zuwenden?“, fragte Severus, „und glaub ja nicht, dass ich wieder alles übernehme.“

Schlagartig wurde Harry noch röter und wandte den Blick ab. So sah er nicht wie sich etwas in Severus' Augen veränderte, wie sich die Enttäuschung hinein schlich.
 

Als sie auch nach mehreren Minuten noch so da standen und Harry weder ein Wort gesagt hatte noch sonst irgendwie reagiert hatte, reichte es Severus. Mit einem Knurren, das Harry zusammen zucken ließ, zog er den Zauberstab und richtete ihn auf den Mistelzweig, „Flagrarias.“

Der Mistelzweig fing Feuer und sofort spürte Harry wie der Zauber, der sie gefangen hielt, verschwand. Allerdings verschwand auch der Arm um seine Schultern.

„Severus?“

„Du solltest heute woanders schlafen“, knurrte Severus.

„Was? Nein. Severus, bitte. Das war nicht so gemeint.“

„Deine Reaktion war sehr aufschlussreich und hat mir einige Fragen beantwortet. Du kannst im Wohnzimmer oder bei dir Zuhause schlafen. Wir sehen uns morgen früh nach dem Frühstück zu den Übungen“, erklärte Severus ruhig, zu ruhig.

„Nein. Wenn ich jetzt gehe, lässt du mich nie wieder hier rein. Das kann ich nicht machen“, sagte Harry ernst. Er erinnerte sich an Hippocrates' Worte und er wollte nicht, dass das hier vorbei war noch bevor es wirklich angefangen hatte. Ja, er hatte gezögert Severus zu küssen, er hatte zu lange gezögert aber irgendwie war da immer noch eine Art Sperre in ihm. Er hatte ihn küssen wollen, wirklich aber er hatte sich nicht bewegen können.

„Du gehst jetzt.“

Severus war ein paar Schritte in den Raum hinein gegangen, völlig problemlos und das sagte Harry, dass er das hier alles geplant hatte. Und jetzt natürlich schwer enttäuscht von ihm war.

„Nein, Severus, bitte. Ja, ich weiß, du bist enttäuscht aber so schnell kann ich nicht aus meiner Haut. Für mich ist das alles sehr schwer.“ Er war einen Schritt auf Severus zu getreten, er musste die Situation klären sonst wäre alles bisher Erreichtes verloren. Er sah es an Severus' Gesichtsausdruck, er war kurz davor ihn zum ersten Mal wirklich raus zu fluchen.

„Was genau ist schwer?“, fragte Severus jetzt misstrauisch.

„Alles. Severus, ich mag dich, sehr sogar aber für mich ist die Situation einfach schwer. Ich bin ganz ehrlich, ich kann mir nicht vorstellen mit einem Mann zu schlafen, ich finde diese Vorstellung, naja, schwierig. Nein, kein Ekel, einfach nur für mich unvorstellbar“, erklärte Harry, „aber ich bin gerne bei dir, sowohl tagsüber wie auch Nachts. Ich fühle mich wohl bei dir, geborgen und nein, ich will nicht weg und ich werde auch nicht weg gehen. Severus, versetz dich doch mal in meine Lage. Ich war fast 20 Jahre mit der Frau verheiratet, die ich als Zweites geküsst habe. Davor noch ein Kuss mit einer Anderen und tata, du hast meine Erfahrungen was Liebe und Sexualität angeht, sehr beeindruckend, oder?“

„In der Tat.“

„Spar dir deinen Sarkasmus. Fassen wir also zusammen, dass ich bis jetzt mit genau einer Frau zusammen war und eine Andere geküsst habe. Ich bin definitiv hetero und dennoch fühle ich mich zu einem Mann hingezogen. Für dich mag die ganze Sache einfach sein, für mich nicht. Mal davon abgesehen, dass meine Muggelverwandten eine mehr als bedenkenswerte Einstellung zum Thema Homosexualität haben. Nein, ich will sie nicht verteidigen aber ich habe als Kind bei ihnen gelebt und ja, das prägt. Ich weiß, dass sie Müll geredet haben aber es ist nun mal schwer Jahrzehnte alte Einstellungen zu überdenken und auch danach zu handeln. Ich mag dich aber ich brauche Zeit“, sagte Harry ernst, „und nicht ständig einen Zauberstab vor der Nase, dessen Besitzer mich bei jeder Kleinigkeit und jedem Zögern durch die Wand fluchen will.“

Es dauerte eine Zeit bis Severus irgendwie reagierte, bis dahin sah er Harry einfach nur nachdenklich an. Mit jeder Minute, die verstrich, machte Harry nervöser. „Würdest du bitte etwas sagen?“, fragte er schließlich.

„Bis zu deinem nächsten Geburtstag“, knurrte Severus.

„Häh?“

„Ich will bis zu deinem nächsten Geburtstag ein eindeutiges Zeichen von dir und nein, ich meine damit keinen Sex. Aber ich will ein eindeutiges Zeichen, von dir, nicht von mir ausgehend sondern einzig und allein von dir“, erklärte Severus ernst.

„Warum plötzlich diese Zeitbegrenzung? Du hast doch gesagt, wir haben Zeit“, sagte Harry.

Severus nickte und sagte, „fast acht Monate sollten dir allerdings reichen um zu entscheiden ob du eine Beziehung mit einem Mann haben willst oder nicht. Harry, ich will nicht jedes Mal ein schlechtes Gewissen bekommen wenn ich dich anfasse und du zuckst zusammen. Oder noch schlimmer zurück zuckst. Das brauchen wir Beide nicht. Du hast bis zu deinem nächsten Geburtstag Zeit um dich zu entscheiden und dir ein eindeutiges Zeichen zu überlegen. Ich betonte es nochmal, es geht mir nicht um den Sex.“ Den könnte ich dir eh nicht biete, aber das dachte Severus nur und sprach es nicht aus.

„Was dann?“

„Eine Beziehung besteht aus mehr als nur Sex und wenn du das bis jetzt nicht wusstest, solltest du dir Gedanken darüber machen“, lachte Severus bevor er sich umdrehte und Richtung Bad ging.

„Äh, und nun?“, fragte Harry seinen Rücken.

„Ich geh mich bettfertig machen, was du machst, ist mir egal“, war die Antwort und schon war die Tür zum Bad zu.

Harry starrte das Holz einen Moment an, grinste aber dann und machte sich auf den Weg nach unten, schnell duschen und dann noch schneller wieder hier hoch. Er hatte es wieder geschafft, dass sich Severus nicht in sein Schneckenhaus zurück gezogen hatte, er war wieder einen Schritt weiter. Jetzt musste er sich nur noch Gedanken über dieses eindeutige Zeichen machen.
 

Als Harry kurz darauf wieder ins Schlafzimmer kam, lag Severus schon im Bett und er zögerte etwas. Sofort ruckte eine schwarze Augenbraue nach oben, Misstrauen trag in seine Augen und ein Ausdruck, den Harry leider zu gut kannte, Enttäuschung.

„Darf ich noch hier schlafen? Du wolltest mich vorhin noch raus werfen“, sagte Harry schnell.

Die Enttäuschung verschwand, das Misstrauen blieb aber dennoch nickte Severus.

„Dein Trank hat schon aufgehört zu wirken? Du hast ihn doch erst genommen.“ Während Harry den Raum durchquerte und unter die Decke schlüpfte, griff Severus nach seinem Zauberstab und schrieb.

„Ich habe zum Abendessen einen schwächeren Trank genommen. Wirkt genauso aber nicht so lange.“

„Und belastet damit deinen Körper nicht so lange“, schloss Harry.

„Richtig.“

„Severus, wie stellst du dir dieses Zeichen vor?“, fragte Harry übergangslos. Er rutschte zögernd näher und blieb fast direkt neben Severus liegen, auf den Ellenbogen gestützt und ihn ansehend.

„Das sollst du dir ausdenken, nicht ich. Du hast ja noch Zeit.“

„Hm, ok. Schlafen?“

Harry wartete bis Severus den Zauberstab weggelegt hatte und bequemer im Bett lag bevor er komplett an ihn ran rutschte und sich an seine Seite kuschelte. Er wurde nur überrascht angesehen dann aber legte sich Severus' Arm um seine Taille und zog ihn noch etwas enger an ihn. „Ich weiß, das gilt nicht als Zeichen.“

Kopfschütteln und ein leichtes Grinsen.

Harry sah ihn seltsam an und fragte dann zögernd, „dir geht es wirklich nicht um den Sex, oder?“

Wieder ein Kopfschütteln aber das Grinsen verschwand.

Es schien als würde Harry noch einen Moment überlegen, dann nickte er und legte sich bequemer hin. „Gute Nacht, Severus.“ Er bekam ein leises Brummen und schloss die Augen.

Er spürte wie Harrys Atmung immer langsamer wurde und schließlich flach und gleichmäßig über seine Brust strich, er spürte es nur geringfügig durch den dünnen Pullover aber er spürte es. Es fühlte sich wunderbar an. Er wollte das hier nicht aufgeben, er war vorhin wieder einmal fast grundlos ausgerastet und eigentlich hatte er es schon nach den ersten Worten bereut. Aber auch er konnte nicht aus seiner Haut und so kam wieder kein Wort der Entschuldigung über seine Lippen. Doch wieder hatte er Harry unterschätzt, er hatte sich nicht verjagen lassen, hatte sich ihm entgegen gestellt und sich ihm erklärt. Er hatte sich wie ein Erwachsener verhalten, im Gegensatz zu ihm selbst.

Aus Selbstschutz hatte er ihn wieder von sich stoßen wollen und wieder hatte Harry es verhindert. Er hoffte wirklich, dass Harry sich irgendwie überwinden könnte um eine Art Beziehung zu führen. Nähe, Zärtlichkeit, Geborgenheit, das würde er sich wünschen aber ohne dieses leidige Thema Sex. Vielleicht hatte er ein Mal in seinem Leben Glück und Harry würde sich in dieser Hinsicht nicht verändern. Eine Beziehung ohne Sex, das könnte funktionieren. Aber so wie er sich und sein Schicksal kannte, hatte er einfach kein Glück. Aber er würde es so lange genießen wie er konnte.

Kapitel 26

Kapitel 26
 

Leises, gedämpftes Fluchen weckte Severus am nächsten Morgen. Etwas verwirrt sah er sich um, er war alleine im Bett und das war mehr als ungewöhnlich. Normal musste er Harry am Morgen förmlich aus dem Bett werfen aber heute schien er es sehr eilig mit dem Aufstehen gehabt zu haben. Die Frage war nur, warum? Denn wenn Severus ehrlich war, war er schon etwas enttäuscht denn er hatte sich gewünscht, am Weihnachtstag gemeinsam im Bett aufzuwachen. Nun, scheinbar war er alleine mit diesem Gedanken. Sehr schade. Severus spürte einen Stich, schob ihn aber beiseite und stand auf, er war jetzt doch etwas neugierig was Harry da unten veranstaltete. Also warf er sich einen Morgenmantel über, steckte seinen Zauberstab ein und ging langsam nach unten.
 

Er blieb allerdings im Türrahmen stehen und machte sich nicht mal die Mühe sich ein Grinsen zu verkneifen. Da stand Harry in der Küche und versuchte anscheinend eine Mahlzeit zuzubereiten. Allerdings verzweifelte er an der Küche denn die war nicht ganz so einfach zu bedienen wie eine normale Küche. Da er selber eigentlich nie kochte, war die Küche so verzaubert, dass Fino es leichter hatte. Viele Dinge hier bewegten sich daher nur mit Hauselfenmagie, nur leider hatte das Harry keiner gesagt. Dementsprechend funktionierte es natürlich nicht so wie Harry es wollte. Was dazu führte, dass die Küche mittlerweile wie ein Schlachtfeld aussah und Harry auch nicht viel besser. Severus' Grinsen wurde immer breiter, er zog eine Phiole Sprachtrank aus seiner Tasche, trank sie und schnarrte dann, „kannst du mir erklären, was du hier machst?“

Die Reaktion war sehr beeindruckend, Harry fuhr zu ihm rum, fegte dabei die Pfanne vom Herd und brachte sich dann mit einem ungelenken Sprung vor dem heißen Inhalt in Sicherheit. Eine weitere Fluchwelle folgte bevor Harry in die Knie ging um die Pfanne aufzuheben, er blieb allerdings auf dem Boden knien. Severus runzelte die Stirn, warum stand er nicht wieder auf? Er kam näher und hörte jetzt ein leises Murmeln und Schniefen.

„Harry?“

„Es tut mir leid“, schniefte Harry leise.

„Was genau tut dir leid?“, fragte Severus, der direkt hinter ihm stehen geblieben war.

„Ich wollte Frühstück machen und es nach oben bringen. Du solltest doch noch schlafen, du bist sonst nie so früh wach. Ich wollte fertig sein bjis du aufwachst und wir wollten gemeinsam im Bett frühstücken“, sagte Harry leise und traurig, „es sollte der perfekte Anfang für den Tag sein. Ich dachte, dass es dir vielleicht gefällt und dann habe ich es so vermasselt.“

Severus konnte es nicht verhindern, die Worte wärmten sein Herz und ließ den Stich, den er über das Fehlen von Harry im Bett verspürt hatte, verblassen. Zu gerne hätte er sich zu Harry gekniet, hätte ihn umarmt aber das konnte er sich nicht leisten, er würde wahrscheinlich hilflos auf dem Boden sitzen bleiben. Daher beschränkte er sich darauf ihm eine Hand auf die Schulter zu legen. Harry sah auf, noch waren keine Tränen zu sehen aber seine Augen schimmerten verdächtig.

„Was hältst du davon wenn wir wieder ins Bett gehen, es uns nochmal gemütlich machen und Fino in der Zeit das Frühstück macht?“, fragte Severus sanft.

„Aber ich wollte es machen.“

„Dann müssen wir erst die Zauber von der Küche nehmen.“

„Welche Zauber?“, fragte Harry verwirrt, der verdächtige Schimmer in seinen Augen verschwand und er stand langsam auf. Severus bot ihm eine Umarmung an, unsicher, vorsichtig, Harry nahm sie gerne an und schmiegte sich an ihn, die Arme eng um ihn geschlungen.

Dann erst erklärte Severus, „da ich die Küche nie brauche, habe ich Fino erlaubt sie zu verzaubern. Für einen Hauselfen erfordert es sehr viel Kraft um unsere Gerätschaften zu bedienen, außer sie dürfen sie so verzaubern, dass sie besser auf ihre Magie reagieren. Nicht unüblich in Küchen, die ausschließlich von Hauselfen benutzt werden, Hogwarts zum Beispiel. Daher hast du solche Probleme gehabt.“

„Das hättest du mir sagen können“, murmelte Harry.

„Ich dachte nicht, dass du kochen willst. Komm, wieder ab ins Bett, es ist definitiv zu früh um aufzustehen.“

„Es tut mir leid...“

„Halt die Klappe, los komm.“ Damit zog Severus ihn mehr oder weniger mit sich mit, Harry sparte sich eine Antwort.
 

Doch Harrys Laune besserte sich nicht, er war niedergeschlagen und das merkte man ihm auch an.

„Was ist los? Willst du doch lieber zu deiner Familie?“, fragte Severus.

„Nein.“

„Was ist es dann? Du siehst aus als hätte ich Gryffindor sämtliche Hauspunkte abgezogen.“

Harry grinste leicht, kuschelte sich dann an ihn und murmelte, „ich wollte doch nur, dass alles perfekt ist.“

„Dir ist bewusst, dass Perfektionismus immer im Auge des Betrachters liegt, oder?“, fragte Severus, der die Arme etwas enger um ihn schloss. Sie lagen sich gegenüber, Harrys Kopf an seiner Brust und die Arme umeinander geschlungen und wenn Severus ganz ehrlich war, fand er das hier wesentlich schöner als Frühstück.

„Wie meinst du das?“, wurde gegen seine Brust genuschelt.

„Nun, ich finde das hier gerade sehr perfekt.“

„... wirklich?“

„Ja.“

„Und Frühstück?“

„Kann Fino machen. Lass ihn auch was machen, er fühlst sich sonst nutzlos“, sagte Severus schmunzelnd.

„Aber ich wollte Frühstück machen und dich damit überraschen.“

„Das nächste Mal. Was hast du denn noch geplant?“

Harry zögerte einen Moment und sagte dann, „ich wollte mit dir im Bett frühstücken, dann die Geschenke auspacken, eventuell ein kleiner Spaziergang. London ist um diese Zeit immer sehr schön und da wäre es auch nicht mehr so weit bis zu dem Restaurant, wo ich einen Tisch für uns zum Mittagessen bestellt habe.“

„Du erwartest ein Geschenk?“

„Naja,, ähm...“, nuschelte Harry und versuchte sich von ihm zu lösen, die Situation war ihm sichtlich unangenehm.

Severus ließ ihn los, sah ihn aber immer noch fragend an. „Das ist keine Antwort“, sagte er ruhig.

„Sagen wir mal so, ich würde mich über ein Geschenk freuen aber...“

„Du gehst nicht davon aus, dass der böse Todesser ein Geschenk für dich hat“, unterbrach Severus ihn.

Harry sah ihn nicht an, wich seinem Blick aus und antwortete auch nicht.

Ein Plopp unterbrach das nicht statt findende Gespräch, Fino verbeugte sich leicht und sagte, „Fino hat das Frühstück fertig. Wo soll Fino das Frühstück hin bringen?“

Severus warf Harry einen fragenden Blick zu doch dieser starrte nur weiter auf die Bettdecke und seufzte dann, „wir frühstücken in der Küche.“ Er sah wie Harry noch etwas mehr in sich zusammensackte und dann schon aufstand. Severus verleierte die Augen, nickte Fino nochmal zu und stand dann ebenfalls auf. „Komm, lass uns frühstücken, dann packen wir die Geschenke aus und dann unterhalten wir uns nochmal über diesen Spaziergang“, sagte Severus.

Harrys Kopf ruckte hoch, er sah ihn ungläubig an doch dann schlich sich ein kleines Lächeln auf seine Züge. Er nickte vorsichtig und folgte Severus dann nach unten.
 

Das Frühstück verlief sehr schweigsam, Harry schämte sich etwas für seine Gedankengänge und Severus wollte kein sinnloses Gespräch führen. Daher fanden sie sich schnell im Wohnzimmer wieder. In den Socken, die Harry gegen Severus' Willen am Kamin aufgehangen hatte, steckten Geschenke und Severus sah jetzt schon, dass da nicht nur für Harry etwas dabei war. Er setzte sich in seinen Sessel während Harry zum Kamin ging, die Socken abhängte und sich dann ihm gegenüber setzte.

„Bitte schön und mach bitte alle auf“, bat Harry.

„Wie meinst du das?“

„Ich weiß von Draco, dass du seine Geschenke immer ungeöffnet zurück schickst. Mach wenigstens an Weihnachten sein Geschenk auf.“

Severus zögerte kurz, nickte aber dann und sah nach, was sich alles in der Socke befand. Er fand gleich fünf Geschenke und sah schnell die Absender durch, Minerva, Draco, Hippocrates, Narzissa und Harry. Das Erste legte er beiseite, es war ein Roman, so wie jedes Jahr und wie jedes Jahr würde er ihn zwischen Weihnachten und Silvester lesen, wenn er denn dieses Jahr dazu kam. Auch das Geschenk von Hippocrates legte er beiseite, auch hier gab es jedes Jahr einen Roman, allerdings eine andere Richtung. Genau wie Hippocrates von ihm jedes Jahr einen Roman bekam. Es war ein alter Scherz zwischen ihnen denn er hatte am ersten Weihnachten ein Buch nach ihm geworfen, Hippocrates hatte es damals mit den Worten, „Wenn dir der Roman nicht gefällt, kann ich dir auch einen Anderen bringen“, gefangen. Seitdem schenkten sie sich gegenseitig jedes Weihnachten einen Roman.

Sein Blick ging auf das Geschenk von Narzissa, auf das er sich jedes Jahr fast schon freute. Narzissa hatte England und der Familie Malfoy den Rücken gekehrt. Sie hatte nach dem Krieg wieder ihren Mädchennamen Black angenommen und war aufs Festland geflüchtet, sie hatte sich dort ein neues Leben aufgebaut. So weit er wusste, pflegte sie nur noch Kontakt zu ihm und das auch nur zu drei Gelegenheiten im Jahr, Weihnachten und ihrer beider Geburtstag. Sie schien allerdings keinen festen Wohnsitz zu haben denn die Geschenke kamen jedes Mal aus einer anderen Ecke des Landes. Als er das Papier löste, kam ein kleines Päckchen mit Gebäck zum Vorschein, ein kleiner Zettel haftete daran.

„Melomakarona, ein traditionelles griechisches Weihnachtsgebäck. Lass es dir schmecken und ich hoffe für dich, dass du ein paar besinnliche Tage verbringen kannst. Narzissa.“

Er lächelte leicht, die Dinger konnte man gut in den nächsten Tagen zum Tee essen.

„Was Interessantes?“, fragte Harry vorsichtig.

Statt einer Antwort reichte Severus ihm das Päckchen und den Zettel und wandte sich dem Geschenk von Draco zu. Nachdenklich besah er das silberne Papier, normal rief er jetzt Fino um das Geschenk zurückzugeben aber heute nicht.

„Mach es schon auf, es wird dich nicht fressen“, erklang Harrys Stimme und als Severus auf sah, wurde er angelächelt.

„Schon gut.“ Damit löste er das Papier und fand eine Pergamentrolle vor sich. Etwas überrascht entrollte er es und las.
 

„Hallo Severus,
 

Fröhliche Weihachten, von mir und Scorpius. Auch wenn du diesen Brief wahrscheinlich genauso wenig lesen wirst wie die Jahre zuvor.
 

Warum schreibe ich dir eigentlich immer noch? Du hast mir ja sehr deutlich zu verstehen gegeben, dass du keinen Kontakt willst. Aber ich will es dennoch versuchen. Auch weil Harry mir fast schon versprochen hat, dass er alles versucht damit du es liest.
 

Also, hier mein Geschenk wie jedes Jahr. Ich lade dich für den morgigen Tag zu mir nach Malfoy-Manor ein. Ein gemütlicher Tag im Kreise der Familie. Keine Verpflichtungen, keine Gesellschaftsregeln, einfach nur gemeinsam einen schönen Tag verbringen.
 

Ich würde mich freuen wenn ihr kommt, ja, Harry ist auch eingeladen, und ich erwarte euch einfach mal zwischen Frühstück und Mittagessen.
 

Einen schönen Weihnachtstag.
 

Dein Patenkind.“


 

Severus musterte den Brief ein paar Augenblicke bevor er zu Harry sah, der bereits in einem geschenkten Buch blätterte und erst aufsah als er sich räusperte. „Wusstest du davon?“, fragte Severus mit einem Deut auf Dracos Brief.

„Ja, ich habe das gleiche Geschenk erhalten. Gehen wir hin?“

„Ich war seit fast zwanzig Jahre nicht mehr in Malfoy-Manor.“

„Dann wird es Zeit, er hat etwas um dekoriert. Sieht jetzt wesentlich besser aus als vorher“, sagte Harry lächelnd.

„Wann warst du denn in Malfoy-Manor?“

„Vor ein paar Tagen zuletzt. Sehr nett. Also, gehen wir hin?“

„Das überlege ich mir.“

„Hm, okay. Hey, wieso hast du mein Geschenk noch nicht aufgemacht? Los, mach es auf“, forderte Harry.

Severus legte den Brief von Draco sorgfältig weg und besah dann stirnrunzelnd das Geschenk, auf dem Harrys Name stand.

„Es wird dich nicht beißen.“

„Sicher?“

„Ja, los, mach es auf.“

Mit einem Seufzen ergab sich Severus in sein Schicksal und öffnete das Päckchen. Zum Vorschein kamen zwei kleine, graue Töpfe mit sehr zarten, gelb violetten Pflänzchen und ein Umschlag. „Was ist das?“, fragte Severus misstrauisch, er kannte diese Blattform nicht. Zumindest nicht mit diesem zarten Gelbton und den violetten Adern.

„Eine Eigenkreation von Neville.“

„Die du mir schenkst weil...?“

„Es ist ein Experiment von Neville, er weiß nicht ob es funktioniert.“

„Harry, was soll die Pflanze bewirken?“, unterbrach Severus ihn genervt.

„Die Pflanze gar nicht, die Früchte wenn sie groß sind. Sie ist mit der Weinraute verwandt und wirkt entgiftend.“

„Ich habe kein Gift mehr in mir, das wurde alles entfernt.“

Harry nickte und sagte, „ich sagte ja auch, sie sind verwandt. Neville ist der Meinung, dass die Früchte die Auswirkungen von Vergiftungen bekämpfen sollte. Was in deinem Fall die Nervenschäden sind.“

„Er denkt, dass die Früchte meinen Nerven helfen können?“, fragte Severus schneidend.

„Ja, denkt er aber er kann es nicht garantieren.“

„Wieso schickt er dir diese Pflanzen?“

„Weil er mein Freund ist und mir helfen will. Bevor du fragst, er weiß nur das, was alle nach der Verhandlung wissen aber Neville ist nicht so dumm wie du ihn gerne hinstellst. Er hat sich viele Dinge selbst zusammen gereimt und seitdem etwas geforscht. Er kann nicht garantieren, dass die Früchte wirken aber sie werden dich zumindest nicht vergiften“, erklärte Harry.

„Warum schickt er uns dann nicht die Früchte sondern zwei kleine, noch sehr empfindliche Pflanzen?“, fragte Severus mit einem skeptischen Blick auf die kleinen Pflänzchen.

Jetzt druckste Harry rum und brachte dann doch schließlich heraus, „genau hier liegt das Problem. Diese Pflanzen sind so sehr mit Magie verändert worden, dass sie etwas eigen geworden sind. Er persönlich gibt Luna die Schuld daran aber gut, dass kann man nicht ändern.“

„Was genau willst du mir damit sagen?“

„Naja, sie brauchen Zuwendung, Ansprache und etwas Magie, zusätzlich zum Wasser und Licht“, sagte Harry grinsend.

Severus musterte ihn einen Moment bevor er grinsend sagte, „ich dachte, wir lassen uns mit den Haustieren noch etwas Zeit.“

Harry starrte ihn an und begann dann zu lachen.
 

Irgendwann verebnete das Lachen, Severus schüttelte immer noch grinsend den Kopf und fragte, „wie wollen wir die Zwei nennen?“

„Wieso nennen?“

„Haustiere brauchen einen Namen“, grinste Severus.

„Das überlegen wir uns noch. Mach den Rest auf“, sagte Harry und deutete auf den Umschlag.

Severus folgte der Aufforderung und öffnete den Umschlag, es kam ein Stück Pergament zum Vorschein. „Das ist ein Gutschein für ein Wellnesswochenende“, las er etwas ungläubig vor.

„Ja, ist es.“

„Für zwei.“

„Ebenfalls richtig“, sagte Harry nickend.

„Für uns?“, fragte Severus lauernd.

Er erwartete eine zögerliche Antwort doch diesmal täuschte er sich in Harry denn dieser nickte sofort und sagte, „ja, für uns.“

„Wo ist der Haken?“

„Es ist ein Muggelkurort mit angeschlossenen Wellness- und Therapiebereich. 5 Sterne. Wenn es uns gefällt, können wir auf eine Woche erweitern“, erklärte Harry.

„Therapiebereich? Was hast du vor?“

„Schwimmtherapie.“

„Wohl kaum.“

„Doch. Nach Hippocrates ist das perfekt für dich und ich weiß von ihm, dass du schwimmen kannst. Also spricht nichts gegen eine Bewegungstherapie im Wasser. Diese Kurort hat die führenden Therapeuten in dem Gebiet“, erklärte Harry.

„Wobei das Problem besteht, dass meine Ursache magischer Art ist und wie willst du das vor einem Muggel erklären?“

„Muss ich nicht. Es gibt dort zwei Therapeuten, einen Zauberer und einen Squib, und ich habe mich mit Beiden schon in Verbindung gesetzt. Sie würden sich freuen dich kennenzulernen.“

„Hast du ihnen auch meinen Namen gesagt?“, fragte Severus lauernd.

„Ja, habe ich und sie freuen sich trotzdem. Wir sollen nur die Krankenakte von Hippocrates mitbringen oder noch besser vor schicken. Dann können sie einen Trainingsplan ausarbeiten, dann wollen sie dich untersuchen und dann erst wird der Plan vollendet“, sagte Harry. Er war erfreut, dass sich Severus nicht von Anfang an gegen seinen Vorschlag wehrte. Jetzt musste er ihn nur noch komplett überzeugen und auch wirklich dorthin bringen.

„Warum?“, fragte Severus gerade.

„Weil es für dich gut wäre und wir einen neuen Trainingsansatz hätten. Zudem ist es nur ein kleiner Teil des Wochenendes, den Rest können wir uns entspannen, Massagen nehmen, in die Sauna gehen, gut essen, es uns einfach gut gehen lassen“, sagte Harry.

„Wann genau willst du dieses Wochenende machen?“

„Keine Ahnung, wenn es uns passt. Wir haben in den ersten zwei Januarwochen Termine, also vielleicht danach? Oder im Februar, wann ist egal, der Gutschein verfällt ja nicht.“

Severus warf dem Gutschein noch einen Blick zu und legte ihn dann zu den restlichen Geschenken auf den Tisch.

Harry freute sich, dass Severus seinem Vorschlag mit dem Wellnesswochenende scheinbar nicht abgeneigt war. Es würde bestimmt eine gute Zeit werden. Sein Blick wanderte zu seinen Geschenken und er spürte, wie er traurig wurde denn auch wenn Severus vorhin etwas anderes angedeutet hatte, war kein Geschenk von ihm dabei gewesen. Die üblichen Geschenke seiner Freunde, etwas von Hippocrates für die bevorstehende Ausbildung, die Einladung von Draco aber nichts von Severus und ja, das tat weh.

„Wenn du jetzt losheulst, überlege ich mir das mit dem Geschenk nochmal anders“, knurrte Severus gerade.

„Ich heule nicht.“

„Noch nicht. Da ich dich noch nicht gut genug kenne um dir ein passendes Geschenk zu besorgen und ich keine Lust hatte einen deiner Freunde anzuschreiben, mache ich es mir ganz einfach“, begann Severus, er wurde sehr interessiert angesehen. „Du hast doch für heute noch ein paar Dinge geplant, oder?“

„Ja.“

„Gut, mein Geschenk an dich ist, dass ich mitkomme. Und das ohne Gemaule und Verfluche, ich werde heute tun was du willst, solange es im Rahmen des anständigen Benehmens bleibt“, sagte Severus und mit jedem Wort wurden Harrys Augen größer.

„Ist das dein Ernst?“, fragte er schließlich.

„Ja., ist es.“

„Dann ist es das beste Weihnachtsgeschenk heute“, sagte Harry ernst. Er sah, dass Severus ihm nicht glaubte aber das war egal, er würde ihn schon noch überzeugen.
 

Sie gingen wirklich spazieren, durch die Innenstadt von London, weit weg von irgendwelchen Zauberern oder Leuten, die sie kannten. Sie mussten zwar sehr langsam laufen weil Severus weigerte sich helfen zu lassen oder einen Gehstock zu benutzen aber sie hatten es auch nicht eilig. Es wurde ein gemütlicher Schaufensterbummel, Harry empfand es als sehr entspannend. Sein Blick ging zwar immer wieder zu Severus doch der sagte nichts zu dem Spaziergang, er ging mit und sah sich mit ausdrucksloser Miene um. Er hoffte, dass es ihm auch nur ansatzweise gefiel.
 

Den reservierten Tisch sagten sie allerdings ab als sie das Restaurant betraten und es hoffnungslos überfüllt war. Harry hörte das angewiderte Schnauben und so verließen sie das Lokal unverrichteter Dinge wieder.

„Und jetzt?“, fragte Harry deprimiert. Heute ging lief einfach nichts nach Plan.

„Hast du Hunger?“, war die Gegenfrage.

„Nicht wirklich. Du?“

„Nein.“

„Was machen wir jetzt?“, fragte Harry etwas motivierter. Wenn sie Beide keinen Hunger hatten, war es nicht ganz so schlimm wenn das Mittagessen ausfiel.

Severus sah sich kurz um und deutete dann in eine Richtung, „Hier in der Nähe gibt es einen sehr schönen Park mit nettem Café. Was hältst du davon wenn wir noch ein Stück gehen und es uns dann in dem Café gemütlich machen?“

„Also kein traditionelles Weihnachtsessen?“

„Warum? Wir haben beide keinen Hunger, die Restaurants hier sind alle hoffnungslos überbucht und wir müssten in aller Eile essen. Das ist weder gesund noch besinnlich. Das Café müsste leerer sein, da haben wir Zeit und mit den entsprechenden Wärmezaubern können wir da ne Weile sitzen bleiben“, erklärte Severus.

„Das klingt gut, also los.“ Mit einem Lächeln auf den Lippen setzte sich Harry in Bewegung, Severus folgte ihm fast sofort.
 

Wenig später saßen sie in besagten Café, direkt an einem kleinen See und mit einer atemberaubenden Aussicht. Severus sprach, in einem unbeobachteten Moment, ein paar Wärmezauber auf sie.

„Geht es mit deinem Bein?“, fragte Harry, dem der erleichterte Gesichtsausdruck durchaus aufgefallen war.

„Es geht.“

„Hast du was dabei?“

„Ja, habe ich aber ich brauche gerade nichts. Du weißt doch, was Hippocrates immer sagt, so wenig Tränke wie möglich“, schnarrte Severus.

„Also bleiben wir einfach ne Weile hier sitzen und entspannen uns?“

„Ja. Gegen einen Kaffee hätte ich auch nichts einzuwenden“, sagte Severus bevor er nach der Kellnerin winkte.
 

Harry wunderte sich etwas als sie eine knappe halbe Stunde später immer noch schweigend in dem Café saßen und Severus einfach nur aufs Wasser starrte. Was genau er da beobachtete, konnte Harry nicht sagen. Erst als eine entfernte Glocke ein Uhr schlug, ging ihm ein Licht auf. Severus war schlicht und einfach erschöpft und versuchte wieder zu Kräften zu kommen. In den letzten drei Wochen hatten sie um diese Zeit immer im Bett gelegen und geschlafen, wie hatte er das nur vergessen können?

„Sollen wir lieber heimgehen?“, fragte er leise.

Es dauerte einen Moment bis Severus reagierte und sich zu ihm umdrehte, „warum?“

„Naja, normal sind wir um diese Uhrzeit nicht wach.“

„Es geht schon.“

„Wir können wirklich gehen wenn es für dich besser ist“, sagte Harry, der jetzt ein furchtbar schlechtes Gewissen hatte.

„Für mich wäre es besser wenn du nicht ständig dumme Fragen stellen würdest. Ich bin schon groß und kann sagen, wenn ich nach Hause will“, knurrte Severus bevor er leise hinzufügte, „oder ist dir meine Gesellschaft in der Öffentlichkeit so unangenehm?“

„Nein, wie kommst du darauf?“

„Ich bin nicht blind und sehe die Blicke der Menschen um uns herum. Wir sehen uns nicht ähnlich, Vater und Sohn schließen die Meisten sofort aus und dann kommen die Gedanken, welches Verhältnis wir sonst zueinander haben“, erklärte Severus leise.

Harry runzelte die Stirn und sah sich unauffällig um. Das Café war, trotz der winterlichen Temperaturen, gut gefüllt und bei einem zweiten Blick fiel ihm auf, dass Severus Recht hatte. Viele Menschen sahen sie fragend und skeptisch an, und sobald sie seinen Blick auf sich spürten, sahen sie schnell weg und tuschelten untereinander. Harry musterte ein paar der Leute einen Moment bevor er sich wieder zu Severus umdrehte, hier wurde er ruhig und abwartend angesehen. Ein breites Grinsen breitete sich auf Harrys Gesicht aus, was Severus mit einer hochgezogenen Augenbraue beantwortete. Immer noch mit einem extrem breiten Grinsen rutschte Harry samt Stuhl direkt neben Severus und lehnte sich vorsichtig an ihn. Beide hörten wie das Getuschel lauter wurde aber zumindest Harry störte es nicht.

„Gleich fallen sie tot um“, prophezeite Severus schmunzelnd.

„Oder sie schmeißen uns raus.“

„Das wagen sie sich nicht, die Kellnerin hat schon gezittert als sie den Kaffee gebracht hat.“

„Weil du so böse geguckt hast“, sagte Harry.

„Ich gucke immer so.“

„Eben. Was machen wir jetzt?“

„Noch etwas ausruhen, dann können wir noch über ein Stück Kuchen nachdenken und irgendwann gehen wir wieder“, sagte Severus.

„Gute Idee.“
 

Der Tag war absolut nicht so gelaufen wie Harry ihn geplant hatte. Doch als er am Abend eng an Severus gekuschelt auf der Couch saß, kam es ihm irgendwie nicht so schlimm vor. Allerdings war er sich unsicher ob Severus das genauso sah. Er schielte vorsichtig zu Severus hoch, der las in einem Buch und beachtete ihn gar nicht.

„Severus?“, fragte er leise.

Es dauerte einen Moment bis der reagierte und ihn fragend ansah.

„Irgendwie ist der Tag nicht so verlaufen wie ich geplant hatte. Es tut mir leid.“

Eine Augenbraue ruckte nach oben, ein leises Schnauben und dann las Severus einfach weiter. Harry grinste, er verstand den Wink und kuschelte sich an ihn. Für Severus war die Welt scheinbar in Ordnung, warum sollte er sich dann unnötig Gedanken machen? Er beschloss, dass er sich morgen noch genug Gedanken machen könnte.
 

„Severus, verdammt, Severus, schwing deinen Arsch aus dem Bett und mach dich zum Kamin. Los jetzt.“

Harry hob müde den Kopf, hatte er sich diese Stimme eingebildet?

„SEVERUS!!!“

Nein, hatte er nicht aber sein Bettnachbar rührte sich nicht sondern schnarchte einfach leise weiter. Seit er die starken Tränke nicht mehr nahm, hatte er einen sehr gesunden Schlaf entwickelt.

„Verdammt, ist überhaupt jemand da? … Harry? Hippocrates hier, ich kann den Kamin nicht durchqueren sondern nur durch sprechen. Es gibt Probleme mit Albus und ich brauche Severus hier. Wenn du mich hörst, weck ihn und schleif ihn ins St. Mungo, bitte“, ertönte Hippocrates' Stimme.

Jetzt war Harry hellwach, er setzte sich auf und rüttelte Severus mehr als unsanft wach. Schwarze Augen sahen ihn mit einer Mischung zwischen Müdigkeit und Wut an.

„Hippocrates ist im Kamin, er sagt, dass etwas mit Albus ist und er deine Hilfe braucht“, sagte Harry schnell.

Severus blinzelte den Schlaf komplett weg, nickte und machte sich daran aufzustehen. Harry zögerte nicht lange sondern sprang auf und eilte nach unten, Fino hatte ihm bestimmt schon Sachen hingelegt.

„Ich rufe Hippocrates zurück, mach dich fertig“, rief ihm Severus hinterher.
 

Nach nicht mal dreißig Minuten durchquerten sie den Kamin in Hippocrates' Büro und sie wurden erwartet. „Na endlich, wo wart ihr so lange?“, fragte der Heiler.

„Was willst du?“, war die Gegenfrage.

„Kommt mit, ich erkläre es euch unterwegs.“ Damit machte sich Hippocrates auf den Weg, Severus und Harry blieb nichts anderes übrig als ihm zu folgen.

„Also, was ist mit meinem Sohn?“

„Er hat versucht sich umzubringen.“

„WAS?“

Harry stockte mitten im Schritt, wurde aber von Severus kurzerhand weiter geschleift.

„Er hat versucht sich umzubringen“, wiederholte Hippocrates.

„Wie? Wann? Was ist passiert? Wie geht es ihm?“

„Eines nach dem Anderen. Zum Wann, irgendwann in der Nacht, er hat sein Laken zerrissen und versucht sich aufzuhängen. Das Laken ist gerissen, er ist sehr hart auf dem Boden aufgekommen und wurde heute morgen bewusstlos gefunden. Ihm geht es soweit gut aber er ist psychisch am Ende. Wir haben einen Überwachungszauber auf ihn gelegt und in den nächsten Tagen wird immer ein Heiler vor seinem Zimmer sein“, erklärte Hippocrates auf dem Weg.

„Warum hat er das getan? Wo ist Ginny?“

„Die brauchen wir nicht.“

„Wie jetzt?“

Hippocrates blieb stehen und sah Harry ernst an bevor er sagte, „Harry, dein Sohn hat die letzte Karte ausgespielt. Wir müssen ihm jetzt den letzten Stoß geben und hoffen, dass er dann endlich mit sich reden lässt.“

„Warte mal, Albus hat versucht sich umzubringen und ihr wollt ihn noch richtig fertig machen? Habe ich das richtig verstanden? Verdammt, was ist denn das für eine Therapie?“, fauchte Harry.

„Die Schocktherapie. Er hat das gemacht weil er von Severus kein Geschenk bekommen hat und mit dieser Aktion will er erreichen, dass sich Severus um ihn kümmert. Da kommt Severus ins Spiel und jetzt kommt, wir müssen eingreifen solange er noch am Boden ist“, sagte Hippocrates und ging einfach weiter, Harry folgte ihm absolut fassungslos während Severus sehr reserviert aussah.

Kapitel 27

Kapitel 27
 

Vor dem Zimmer von Albus erwartete sie Oliver und ein Mann, den weder Harry noch Severus kannten. „Da seit ihr ja endlich. Severus, darf ich dir Richard vorstellen?“, sagte Oliver, er wurde sofort unterbrochen.

„Warum?“

„Weil er der Mann ist, mit dem du den Weihnachtsfeiertag verbracht hast statt bei Albus zu sein“, kam von Hippocrates, „der dir auch so wichtig ist, dass du nicht mal ein Geschenk für Albus hast.“

Severus musterte den Mann vor sich, etwas jünger als er selbst, kurze, braune Haare, ein offener Gesichtsausdruck, ein gepflegter, gut aussehender Mann. Dennoch ergriff er nicht dessen Hand.

„Severus?“

„Warum brauche ich diesmal Hilfe bei der Scharade?“, fragte Severus statt einer Antwort.

„Weil es richtig sein muss.“

„Was erwartet ihr?“

„Überzeugende Worte, etwas Körperkontakt und wenn ihr euch überwinden könnt, einen überzeugenden Kuss“, sagte Oliver todernst.

Severus musterte erst ihn, dann Richard nochmal bevor er den Kopf kurz schüttelte, „nein.“

„Aber...“

„Nein, Hippocrates!“

„Severus, bitte.“

„Muss ich mich ständig wiederholen? Nein. Ich gehe da rein, sage, was ihr wollt aber ich werde mich nicht hinter einer gelogenen Beziehung verstecken. Das habe ich nicht nötig“, knurrte Severus.

„Merlin, stell dich nicht so an“, knurrte Hippocrates.

„Nein.“

Die Heiler sahen sich genervt an doch zumindest Hippocrates kannte Severus gut genug um zu wissen, dass er sich nicht umstimmen lassen würde.

„Wenn man keine Lüge nutzen würde?“, fragte Harry plötzlich.

Während Oliver fragend die Stirn runzelte, hob Hippocrates skeptisch eine Augenbraue und Severus drehte sich komplett zu Harry um.

„Wir führen keine Beziehung“, sagte er deutlich.

„Noch nicht aber egal. Das war auch gar nicht was ich gemeint habe“, sagte Harry, „aber ich war der Grund, warum du gestern nicht hier warst. Das wäre nicht gelogen.“

„Du willst deinem eigenen Sohn erzählen, dass du dich an den Mann ran machst, den er über alles liebt?“, fragte Oliver von der Seite.

„Ja.“

„Dir ist bewusst, dass du dich dann nicht mehr bei Albus blicken lassen musst, oder? Er wird dich hassen“, sagte Hippocrates.

„Wird es ihm helfen?“, fragte Harry.

„Wenn es nach uns geht, ja, wird es. Aber es wird dein Verhältnis zu Albus wahrscheinlich für immer zerstören“, sagte Oliver.

Harry lachte rau auf und meinte, „wie ich erfahren musste, hasst mein Sohn mich jetzt schon. Was soll sich an diesem Verhältnis noch verschlechtern?“ Er wandte sich an Severus, der bis jetzt geschwiegen hat, „was hältst du davon? Wir sagen ihm einfach die Wahrheit.“

Noch bevor einer der Heiler etwas sagen konnte, nickte Severus, packte Harry am Arm und zog ihn förmlich ins Zimmer. Oliver schickte Richard mit Dank wieder weg und wandte sich dann der verzauberten Wand zu, genau wie Hippocrates doch dieses Mal würden sie mithören.
 

„Adhaereris pedus“, knurrte Severus als Albus sofort aufsprang.

Seine Füße blieben sofort am Boden kleben und jetzt erst bemerkte er seinen Vater. „Dad? Was machst du denn hier?“, fragte er überrascht.

„Wir müssen dir etwas sagen.“

„Wir? Was hast du mit meinem Severus zu tun?“

„Punkt ein, ich bin nicht Ihr Severus, Mr. Potter. Punkt zwei, dieses jämmerliche Schauspiel von wegen, ich setze meinem Leben ein Ende weil ich ja so bemitleidenswert bin, ist genau das. Jämmerlich und es ist mir völlig egal. Punkt drei, ich werde auch nie Ihr Severus sein, Mr. Potter, ich habe mich für ein anderes Mitglied ihrer Familie als Partner entschieden“, schnarrte Severus in genau diesem Tonfall, mit dem er früher arme Schüler zusammen gestaucht hatte.

Albus sah ihn Stirn runzelnd an, es war ihm anzusehen, dass er die Worte entweder nicht verstand oder sie nicht realisierte. Auch nach ein paar Momenten schien es Albus noch nicht verstanden zu haben.

Severus schnaubte genervt und knurrte, „gut, nochmal für Dumme. Ich und Ihr Vater sind zusammen, als Paar. Er hat sich als wesentlich sinnvollerer Partner erwiesen als ich jemals dachte. Damit stelle ich nochmal klar, ich habe nie etwas für Sie empfunden, Mr. Potter und ich werde auch nie etwas für Sie empfinden. Es gab niemals eine ehrliche Beziehung zwischen uns und es wird nie eine geben. Haben Sie es jetzt endlich verstanden?“

Albus blinzelte ihn noch einen Moment an bevor die Worte scheinbar so richtig ankamen. „Aber wir sind zusammen, wir haben uns geküsst“, sagte er.

„Weil Sie mir einen illegalen Trank untergejubelt haben und mein Urteilsvermögen damit getrübt war. Jetzt, bei klarem Verstand, würde ich Sie nicht mal unter einem Imperius anfassen, geschweige denn küssen oder sonst etwas mit Ihnen machen, Mr. Potter“, schnarrte Severus.

„Das sagst du nur damit du geschützt bist aber ich bin volljährig und nicht mehr dein Schüler, wir können offen zu unserer Liebe stehen“, sagte Albus lächelnd.

„Es gibt keine Liebe.“

„Doch, du willst es.“

„Falsch, ich habe mich bereits für einen anderen Mann entschieden. Mit ihm habe ich den gestrigen Weihnachtstag verbracht, mit ihm schlafe ich in einem Bett und mit ihm plane ich meine Zukunft, nicht mit Ihnen, Mr. Potter.“

Jetzt sah Albus zu seinem Vater, der bis jetzt geschwiegen hatte und auch etwas von Severus entfernt stand. „Ich glaube dir nicht“, sagte Albus.

„Merlin, manchmal wie der Vater“, seufzte Severus, bevor er sich zu Harry umdrehte, ihn in seine Arme zog und schlicht und einfach küsste.

Harry hatte es zwar kommen sehen aber dennoch war er überrascht, dass Severus ihn wirklich küsste. Er musste sich eingestehen, dass es seltsam war. Wobei er nicht sagen konnte ob es daran lag, dass er einen anderen Mann küsste oder daran, dass er überhaupt jemand anderen küsste. Dennoch hatten diese schmalen Lippen etwas an sich, woran er sich gewöhnen könnte. Severus beließ es bei einem harmlosen Kuss, ohne Zunge und doch brannte Harrys Gesicht.

„Nein, das ist nicht wahr“, flüsterte Albus fassungslos.

„Doch, ist es. Selbst Sie sollten die Wahrheit erkennen wenn Sie sich direkt vor Ihren Augen abspielt, Mr. Potter“, schnarrte Severus, der Harry einfach im Arm behielt. Er musste dieses Spiel beenden auch wenn sein Herz schmerzte, er hatte durchaus gemerkt, dass Harry den Kuss nicht erwidert hatte.

„Dad, wie kannst du nur? Severus gehört mir“, sagte Albus klagend.

„Severus gehört nur sich selbst.“

„Dad, ich liebe diesen Mann, wie kannst du dich zwischen uns stellen? Du schläfst nicht wirklich bei ihm, nein.“

„Doch, tu ich.“

„Aber er gehört mir“, jammerte Albus. Langsam aber sicher machte sich Verzweiflung in Albus' Gesicht breit. „Lass ihn los, er gehört mir.“

Harry schüttelte den Kopf, drückte sich noch etwas enger an Severus und sagte, „Nein, werde ich nicht. Wir sind ein Paar, egal was du dir einbildest oder nicht. Albus, du bist krank und brauchst Hilfe.“

„Ich liebe ihn, du ruinierst mein Leben“, rief Albus. Tränen liefen über sein Gesicht, Harry war sich nicht sicher ob es gespielt war oder nicht aber er hoffte, dass sie auf dem richtigen Weg waren.

„Nein, ich will dir helfen. Deine Obsession für Severus muss geheilt werden, du brauchst Hilfe.“

„Nimmst du mir deswegen den Mann weg, den ich liebe? Ich hasse dich, du ruinierst mein Leben“, brüllte Albus, der jetzt versuchte sich zu bewegen doch seine Füße waren fest mit dem Boden verklebt.

„Du hast mich schon vorher gehasst, genau wie deine restliche Familie, das ist also nichts Neues. Nochmal, ich ruiniere nicht dein Leben, ich will, dass du überhaupt noch ein Leben außerhalb des St. Mungo hast“, sagte Harry ruhig. Er spürte wie Severus' Hand auf seiner Taille kurz zudrückte, scheinbar sagte er das Richtige.

Nur Albus schien das nicht so zu sehen denn er begann wild auf ihn ein zu brüllen, immer zusammenhangsloser, immer lauter, immer wilder, Harry konnte die einzelnen Worte nicht mehr voneinander unterscheiden.

„Silencio.“

Das Geschrei verstummte, Severus rieb sich kurz über die Augen und sagte dann, „meine Zeit ist mir zu kostbar um sie mit so etwas zu verschwenden. Mr. Potter, Sie befinden sich seit fast neun Monaten hier im St. Mungo weil Sie sich in Ihre Obsession mich bezüglich verrannt haben und versucht haben, mich mit einem illegalen Trank zu einer Beziehung zu zwingen. Wenn ich die Wahl zwischen einer Nacht mit dem Dunklen Lord oder mit Ihnen hätte, würde ich den Dunklen Lord vorziehen. Ich verachte Sie, Sie sind für mich ein kleines, bockiges Kind, dass sich schreiend auf den Boden wirft weil seine Mama ihm keinen Schokofrosch kauft. Ich hatte und werde niemals irgendein romantisches Interesse an Ihnen haben, ich habe mich für einen anderen Mann als Partner entschieden. Finden Sie sich endlich damit ab und lassen Sie sich helfen, Sie sind einfach nur krank.“ Er wartete nicht auf irgendeine Reaktion sondern legte Harry einen Arm um die Schultern und zog ihn einfach mit raus. Er hoffte, dass es diesmal ausreichen würde.
 

Harry ließ sich widerstandslos aus dem Raum ziehen, blieb aber vor der Tür stocksteif stehen denn er sah sich seiner Familie gegenüber. Ihre Gesichtsausdrücke hätten nicht unterschiedlicher sein können. Ginny war extrem wütend während James ihn mit einer Mischung aus Ekel und Hass ansah, nur bei Lily konnte er es nicht wirklich zuordnen. Ohne es wirklich zu bemerken, löste er sich schnell von Severus.

„Ist es wahr?“, fragte Ginny, ihre Stimme zitterte vor Wut.

„Ist was wahr?“, fragte Harry.

Sie deutete auf ihn und Severus und fauchte, „diese angebliche Affäre mit diesem Pädophilen. Ist das wahr? Bist du so ein Perverser?“

„Dad, das ist absolut eklig“, kam von James während Lily sie mit einem seltsamen Blick ansah.

Harry sah kurz zu Severus, der ihn ruhig ansah aber er sah es in seinem Gesicht, er war sehr gespannt auf seine Reaktion. Er war sich absolut sicher, dass Severus mit einem vehementen Abstreiten rechnete. Nun, da würde ihn Harry wohl enttäuschen müssen. Mit einem Lächeln wandte er sich zu seiner Familie, „nein, ich habe keine angebliche Affäre mit irgendeinem Pädophilen. Aber ja, ich habe eine Beziehung zu Severus.“ Damit hatte keiner gerechnet und das sagten Harry auch die Gesichtsausdrücke der Umstehenden.

Es war James, der als Erster seine Sprache wieder fand, „das ist so abartig.“

„Nein, mein Sohn, ist es nicht und eigentlich war ich davon überzeugt, dass ich dich zu einem toleranten, jungen Mann erzogen habe aber scheinbar habe ich mich da geirrt“, konterte Harry sofort.

„Aber das ist abartig. Zwei Männer zusammen, bäh, das ist widerlich“, sagte James während er sich deutlich sichtbar schüttelte.

„Wie kannst du nur?“, fauchte Ginny jetzt. Harry sah sie nur fragend an und seine Exfrau fuhr fort, „wie kannst du nur diesen …. Menschen anfassen? Er hat deinen Sohn vergewaltigt, er ist ein Pädophiler und gehört nach Askaban. Wie kannst du nur? Du bist doch gar nicht so pervers. Hat dich die Trennung so verwirrt, dass du dich an so einen abartigen Kerl klammerst? Das ist doch wirklich unter deinem Niveau.“

James nickte zustimmend während Harry seine Exfrau nur fassungslos ansah, er hätte nicht gedacht, dass sie immer noch an diesen sinnlosen Vorbehalten festhielt.

„Na, fehlen dir jetzt die Worte?“

„Nein, ich überlege nur gerade, was ich gegen diesen Mist sagen sollte aber ich habe mich dazu entschlossen, es zu lassen. Meine Beziehung zu Severus ist weder widerlich noch pervers oder abartig, sie ist völlig normal. Es tut mir leid, dass du es anders siehst aber das ändert nichts daran“, sagte Harry ruhig bevor er sich an Hippocrates wandte, „brauchst du uns noch?“

Der Heiler sah ins Zimmer von Albus, die Zauber von Severus hatten sich gelöst und der junge Mann saß auf seinem Bett und starrte vor sich hin. „Nein, ich denke, ich brauche euch nicht mehr. Ich melde mich wenn sich etwas ändert“, sagte Hippocrates.

„Gut, dann gehen wir, wir sind zum Brunch eingeladen.“

„Du kannst doch nicht nicht einfach gehen“, fauchte Ginny doch Harry nickte nur.

„Doch, kann ich. Albus ist in den besten Händen und wir haben schon Pläne für heute.“ Dann sah er zu Severus und fragte, „können wir?“

„Natürlich“, war alles, was dieser sagte. Er hatte sich bis jetzt raus gehalten und hatte auch nicht vor sich mit der restlichen Familie Potter abzugeben.

„Ich werde diesen Vorfall vor die Ethikkommission bringen. Sie werden euch Beiden den Umgang verbieten“, sagte Ginny, „solche Perversen braucht Albus nicht in seiner Gegenwart.“

„Tu, was du nicht lassen kannst. Wir werden wieder Widerspruch einlegen aber an deiner Stelle würde ich mir das nochmal überlegen.“

„Warum?“

„Als du das letzte Mal erreicht hast, dass Severus ihn nicht mehr besuchen darf, hat das Albus so weit zurückgeworfen, dass kaum noch Hoffnung auf Heilung bestand“, erklärte Harry ruhig, „vielleicht schaffst du es diesmal, dass er sich völlig verschließt. Wenn dir das Leben und das Wohlergehen unseres Sohnes auch nur geringfügig etwas bedeutet, dass schluck deine Vorurteile und sinnlosen Vorbehalte hinunter und arbeite mit den Heilern zusammen. Du weißt genau, dass Albus Hilfe braucht aber statt die Schuld bei allen Anderen zu suchen, solltest du endlich mal die Augen aufmachen. Unser Sohn ist krank, psychisch krank und er braucht Hilfe wenn er irgendwann ein normales Leben führen soll. Bevor du mir wieder mit dem Entzug des Sorgerechts kommst, James will mich sowieso nicht mehr sehen und Lily ist mit ihren fast sechzehn Jahren alt genug um selber zu entscheiden, ob sie mit mir Kontakt hat oder nicht.“

„Wirklich?“, unterbrach seine Tochter ihn.

„Natürlich. Selbst wenn deine Mutter mir das Sorgerecht entzieht, hast du das Recht mich zu sehen, du musst es nur vor Gericht erstreiten“, sagte Harry überrascht.

Lily nickte kurz, sagte aber nichts und auch Ginny schwieg, wahrscheinlich war sie geschockt von der Tatsache, dass Lily doch noch Kontakt zu ihrem Vater wollte.

„Gut, dann sollten wir los, sonst denkt unser Gastgeber noch, dass wir ohne Benachrichtigung abgesagt haben“, sagte Harry, „Hippocrates, Oliver, meldet euch bitte wenn sich etwas ergibt. Ginny, ich wünsche dir und den Kindern dennoch ein paar schöne Feiertage. Severus, wir können.“ Damit trat er zu Severus, legte einen Arm um seine Taille und zog ihn weg, ein Arm wurde um seine Schultern gelegt auch wenn er nichts sagte. Sie hörten kein Wort hinter sich aber Beide waren sich sicher, dass diese Begegnung noch Nachwirkungen haben würde.
 

„Das war ein sehr unpassender Vergleich“, sagte Harry als sie den Kamin verließen. Sie hatten sich dagegen entschieden direkt nach Malfoy-Manor zu flohen sondern wollten erst in Spinners End in Ruhe frühstücken.

„Welcher Vergleich?“, fragte Severus.

„Das mit Voldemort und meinem Sohn, das war ein unpassender Vergleich.“

„Nein, er war genau passend.“

„Das würdest du nicht machen“, behauptete Harry ernst während er Richtung Küche ging. Doch als Severus ihn nur anschwieg, blieb Harry stehen und drehte sich langsam zu ihm um, Severus stand neben dem Sessel und sah ihn seltsam an.

„Das würdest du nicht machen, oder?“, fragte Harry nochmal.

„Jetzt, nein.“

„Wann dann? Severus, willst du mir gerade erklären, dass du was mit Voldemort hattest? Sag mir bitte, dass das nicht wahr ist“, keuchte Harry.

Severus tat ihm den Gefallen nichts zu sagen aber sein Blick war eindeutig.

„Wann? Wieso? Severus, wieso? Der Kerl hatte ja nun gar nichts an sich was einen zweiten Blick wert gewesen wäre“, sagte Harry, der wieder näher an ihn ran trat und eine Hand auf seinen Unterarm legte.

„Zu der Zeit als du ihn kennengelernt hast, nicht aber auch er war mal ein normaler Mensch, er war nicht immer dieses Schreckgespenst“, erklärte Severus mehr oder weniger ausweichend.

„Das ist die Antwort auf Wann. Fehlt die Antwort auf wieso.“

Severus zuckte etwas hilflos mit den Schultern und meinte, „ich war jung und auf der Suche nach Macht und Rache. Er hat mir Beides geboten und halt eine Gegenleistung erwartet. Er war ein gutaussehender Mann also warum nicht?“

Harry wollte erst widersprechen als ihm die Erinnerung an sein zweites Schuljahr kam, an die Gestalt in der Kammer des Schreckens und ja, er war ein hübscher Junge gewesen. Wenn er sich so weiter entwickelt hatte, war er bestimmt ein gutaussehender Mann geworden.

„Was war es genau? Wieso ist es auseinander gegangen?“, fragte er.

„Warum willst du das wissen?“, fragte Severus.

„Ich will dich verstehen.“

„Es war eine belanglose Affäre, von beiden Seiten aus. Wir wollten unseren Spaß und den haben wir auch gehabt. Es ist kurz vor Halloween 81 auseinander gegangen.“

„Wegen meiner Mutter, oder?“

„Ja. Haben wir jetzt genug über meine dunkle Vergangenheit geredet? Wir wollten frühstücken“, erinnerte Severus ihn.

„Natürlich.“

Harry wandte sich um, stockte aber dann, drehte sich nochmal um, gab Severus einen kurzen Kuss und ging dann erst zur Küche. Er sah nicht mehr wie sich der geschockte Gesichtsausdruck in einen sehr überraschten verwandelte bevor Severus leicht grinste und ihm in die Küche folgte.
 

Mit wehmütigem Blick sah Draco zu der großen Standuhr, er konnte sich ein Seufzen nicht verkneifen denn er hatte so gehofft, dass sie heute doch noch kamen. Aber es war bereits eins und damit war sowohl das Frühstück wie auch das Mittagessen längst vorbei.

„Dad?“, fragte Scorpius vorsichtig.

Draco lächelte etwas wehmütig und sagte, „schon gut, ich habe es irgendwie nicht anders erwartet.“

„Hatte Harry nicht zugesagt?“, fragte sein Sohn.

„Er hat gesagt, dass er alles versucht um ihn zu überzeugen aber Severus ist ein elender Sturschädel, den bekommt nicht mal Harry überzeugt.“

Scorpius sah seinen Vater skeptisch an, er konnte sich immer noch nicht vorstellen, dass Severus Snape so anders sein sollte als er ihn in Hogwarts kennengelernt hatte. Sie hatten den ganzen Morgen auf Harry und Severus gewartet aber das Feuer blieb rot.

„Wenn du willst, kannst du in dein Zimmer gehen oder was auch immer du vor hast“, sagte Draco gerade.

„Ich glaube, ich leiste dir noch etwas Gesellschaft.“ Draco sah seinen Sohn fragend an, nickte aber dann.

„Dad, wir könnten eine Runde Schach spielen.“

„Gute Idee.“

Damit stand Scorpius auf und holte das Schachspiel, er hatte das Spiel von seiner Mutter gelernt bevor sie gestorben war. Und er spielte am liebsten mit seinem Vater aber der hatte nur selten Zeit dafür. Umso mehr freute sich Scorpius über jedes Spiel gegen seinen Vater.
 

Ein leiser Gong unterbrach ihr zweites Spiel und kurz darauf erschien eine Hauselfe. „Master Snape und Master Potter sind soeben in der Eingangshalle aufgetaucht“, piepste sie.

„Wir kommen sofort“, sagte Draco etwas geschockt.

Scorpius sah zur Standuhr, es war fast halb vier und damit eigentlich schon fast Zeit für den Tee. „Wieso kommen sie jetzt erst?“, fragte er mehr zu sich selbst.

Aber sein Vater antwortete, „das werden wir gleich sehen. Komm.“ Damit war Draco schon aufgesprungen und Scorpius musste sich beeilen um mit ihm Schritt zu halten.
 

Doch die Eingangshalle war leer, eigentlich unmöglich denn es lagen spezielle Zauber auf dem Raum. Es konnte zwar fast jeder den Kamin benutzen oder hinein apparieren aber man konnte den Raum nicht verlassen. Nur wer in die Familienzauber eingewoben war, konnte die Halle verlassen.

„Wo sind sie? Hast du sie in die Zauber eingewoben?“, fragte Scorpius.

„Severus ist schon immer drin aber Harry eigentlich nicht“, gab Draco zurück.

„Wie konnte er dann die Halle verlassen? Wo sind sie?“

Draco deutete auf die einzige, halboffene Tür, die in den kleinen Salon führte und während sie sich auf den Weg machten, erklärte er, „Severus war der beste Freund meines Vaters, vielleicht hat er ihm erweiterte Befugnisse eingeräumt.“

„Was heißt das?“

„Dass Severus auch andere Menschen in die Zauber einbinden kann und das wird er gemacht haben. Das ist zumindest die einzige Erklärung“, sagte Draco.

„Aha. Ist das nicht gefährlich?“

„Bei Severus? Nein.“

Scorpius sah seinen Vater skeptisch an, schwieg aber und folgte ihm in den kleinen Salon, wo sie ihre verspäteten Gäste wirklich vorfanden.
 

Nach einer kleinen Begrüßungsrunde setzten sie sich und Draco fragte, „wieso kommt ihr jetzt erst? Wie konnte Harry die Eingangshalle verlassen?“

„Ich habe ihn in die Zauber eingebunden, ganz einfach“, sagte Severus ohne auf die erste Frage einzugehen.

Doch Draco fragte nach, „wieso kommt ihr jetzt erst? Versteht mich nicht falsch, ich freue mich, dass ihr überhaupt gekommen seit aber wieso so spät?“

Severus sah weg und Harry sagte ausweichend, „wir waren erst im St. Mungo weil mein Sohn durchgedreht ist und dann wollten wir noch Frühstücken, irgendwie hat das länger gedauert.“

Während Scorpius sie fragend ansah, legte Draco den Kopf schief. Er wusste, dass sie keine sexuelle Beziehung hatten also konnte es nicht daran liegen. Ein Blick auf Severus und dessen beschämten Gesichtsausdruck bestätigte seine Vermutung, es musste ein Schwächeanfall oder so etwas gewesen sein.

„Gut, das nächste Mal schickt ihr einfach eine Eule und sagt Bescheid, dass ihr später kommt. Wir haben noch keinen Nachmittagstee getrunken, Interesse?“, fragte Draco lächelnd.

„Gerne“, war alles, was Harry sagte. Er war, genau wie Severus, erleichtert, dass keiner weiter nachfragte. So beschlossen alle das Thema fallen zu lassen und sich besinnlicheren Themen zuzuwenden.
 

Auch wenn sich Severus am Anfang noch unsicher war, ob dieser Besuch wirklich eine gute Idee war, so musste er sich nach einiger Zeit eingestehen, dass es wirklich schön war. Er war froh, dass er sich von Harry hatte überreden lassen denn nach dem Schwächeanfall beim Frühstück hatte ihn jede Lust auf einen Weihnachtsbesuch verlassen. Es war nur Harrys Sturkopf zu verdanken, dass sie jetzt hier saßen. Auch wenn es ihm am Anfang sehr befremdlich vorkam mit einem seiner Schüler auf Du zu sein aber auch hier hatte Harry seine Finger im Spiel. Er hatte ihn freundlich aber bestimmt darauf hingewiesen, dass ein Sie zu Weihnachten nicht angebracht war und so erhielt Scorpius die Erlaubnis Severus zu duzen. Zumindest wenn sie unter sich waren, in Hogwarts hatte er ihn weiter zu siezen.
 

Es wurde spät und Severus sah Probleme auf sich zukommen. Er spürte sein linkes Bein nicht mehr, schon seit fast einer Stunde aber er hatte bis jetzt nichts gesagt denn Harry würde ihm garantiert wieder einen Vortrag halten. Doch jetzt wollten sie aufbrechen.

„Severus, kommst du? Wir wollten los“, sagte Harry gerade.

„Einen Moment noch.“

Harry und Draco sahen sich kurz an bevor sich Draco an seinen Sohn wandte, „es ist spät, es reicht für heute, oder?“

„Natürlich, Dad. Gute Nacht Harry, gute Nacht, Severus“, sagte Scorpius schnell und nachdem alle mehr oder weniger geantwortet hatten, verschwand er auch.

Harry wartete bis die Tür hinter Scorpius ins Schloss gefallen war bevor er fragte, „was ist es? Taub oder zittern?“

„Taub“, war die knappe Antwort. Severus' Gesichtsausdruck war verbissen und es war offensichtlich, dass er Dracos Blick auswich. Es war ihm unendlich peinlich.

„Super und ich bin zu betrunken um ordentlich zu flohen.“

„Falls es niemanden aufgefallen ist aber ich habe einige Gästezimmer und alle sind bezugsfertig“, warf Draco ein, „dann könnt ihr gleich zum Frühstück bleiben.“

„Das geht nicht“, knurrte Severus sofort.

„Warum nicht?“, war die Gegenfrage doch Harry wusste um sein Dilemma. Sie hatten nicht genug Tränke für den folgenden Morgen mitgenommen.

„Brauchst du irgendwelche Tränke? Die könnte einer meiner Hauselfen doch von dir holen. Oder du rufst deinen Hauselfen und lässt es dir bringen“, schlug Draco vor.

Severus zögerte, nickte aber dann. Er wusste, dass es Stunden dauern konnte bis sein Bein wieder so weit war, dass er damit flohen konnte. Zum Apparieren hatte sowohl Harry wie auch er zu viel getrunken.

„Fino“, rief Harry kurzerhand. Es dauerte einen Moment bis der Hauself auftauchte, sein Blick ging sofort sehr besorgt zu Severus.

„Bring mir bitte die Tränke, die ich am Morgen nehmen muss“, sagte dieser.

Fino nickte nur und verschwand wieder.

„Musst du so viele Tränke nehmen?“, fragte Draco, ihm wurde ein abweisender Blick zu geworfen. „Ich bin dein Patenkind, ich kenne dich seit meiner Kindheit und ich habe garantiert nicht weniger Respekt vor dir wenn ich weiß, wie krank du wirklich bist“, murrte Draco als weder Severus noch Harry antworteten, „aber gut, wenn du nicht mit mir reden willst, lass es. Ich werde dich nicht dazu zwingen. Ich zeige Harry das Zimmer, wie ihr dann dahin kommt, ist eure Sache. Oder wollt ihr getrennte Zimmer?“

„Lieber nicht, ich möchte mich hier nicht verlaufen“, sagte Harry.

„Wieso?“

„Ich schlafwandle und das sehr zielgerichtet. Ich möchte mich in diesem Manor nicht verlaufen.“

„Gut, dann komm mit, ich zeige dir den Weg“, sagte Draco und wandte sich schon um, ganz ohne Severus nochmal zu beachten. Ja, er war beleidigt und das wusste Severus auch. Aber er konnte nicht so schnell über seinen Schatten springen und so blieb er im Salon sitzen während Harry Draco folgte.
 

„Nimm es ihm nicht übel“, sagte Harry leise, „du kennst ihn doch.“

„Es ist deprimierend. Er ist mein Pate und vertraut mir nicht“, seufzte Draco, „dir vertraut er mehr als mir.“

„Ich habe auch lange genug dafür gekämpft. Draco, ich nerve ihn seit fast neun Monaten, eigentlich seit Albus ins St. Mungo eingeliefert wurde. Es braucht einfach Zeit bis er soweit ist. Mit Vertrauen hat das nichts zu tun.“

„Mit was dann?“

„Mit Stolz und falschen Moralvorstellungen“, sagte Harry mürrisch.

„Wie meinst du das?“

„Draco, Severus vertraut dir sonst wäre er nicht hier. Aber er ist zu stolz, er will sich vor dir keine Schwäche eingestehen. Wahrscheinlich hat er schon den ganzen Abend Schmerzen im Bein und er hat nichts gesagt, musste er ja dann auch nicht mehr weil es taub geworden ist. Gib ihm einfach etwas Zeit“, bat Harry.

„Warum seit ihr zu spät gekommen?“, fragte Draco.

Sie standen mittlerweile vor einer Tür, die Draco jetzt öffnete, ein geräumiges Zimmer kam zum Vorschein. Eine gemütliche Sitzecke, ein Schreibtisch unterm Fenster, ein großer Schrank und ein Doppelbett, zusätzlich noch eine weitere Tür, die wahrscheinlich ins Bad führte. Dracos nächste Worte bestätigten seine Worte,

„Das Bad hat noch einen zweiten Ausgang, es teilen sich immer zwei Gästezimmer ein Bad. Aber die Türen können verschlossen werden. Also?“

„Er hatte einen Schwächeanfall beim Frühstück und wollte danach gar nicht mehr her kommen. Ich habe fast eine Stunde gebraucht um ihn vom Gegenteil zu überzeugen“, sagte Harry.

„Wie hast du das geschafft?“

Jetzt grinste Harry und sagte, „ich habe ihm gedroht, dass ich ihn den restlichen Tag nerven werde wenn er nicht mitkommt. Siehe da, da waren wir.“

Draco musste unwillkürlich grinsen und deutete dann in den Raum hinein, „reicht euch das für die Nacht?“

„Natürlich. Vielen Dank.“

„Wir frühstücken um neun, passt das?“

„Bestimmt. Schick uns einfach einen Hauselfen um uns zu wecken. Komm bitte nicht selber, Severus ist manchmal seltsam in seinen Reaktionen wenn er gerade aufwacht.“

„Will ich den Hintergrund dieser Aussage kennen?“, fragte Draco grinsend.

„Er hat sich mal erschrocken weil ich da war und hat mich mit Schwung aus dem Bett befördert, im Halbschlaf ist das echt toll“, lachte Harry, „so, dann hole ich mal den Griesgram.“

„Lass ihn das nicht hören.“

„Das sage ich ihm regelmäßig damit er es nicht vergisst. Willst du nochmal mitkommen?“, fragte Harry.

„Nein. Ich sehe euch zum Frühstück. Findest du den Weg zurück in den Salon?“

„Ich denke schon, wenn nicht rufe ich einen deiner Hauselfen, der hilft mir bestimmt.“

Draco nickte, wünschte ihm noch eine gute Nacht und ging dann.
 

Es war ein schwerer Weg Severus ins Gästezimmer zu kriegen. Sein Bein war völlig taub und trug ihn nicht, und da er Harry bei der Erwähnung eines Schwebezaubers beinah verflucht hätte, mussten sie sich sehr langsam fortbewegen. Severus stützte sich schwer auf Harry und konnte sich eigentlich nur hüpfend fortbewegen.

„Wir sollten den Sinn der Übungen nochmal besprechen“, keuchte Harry.

„Halt die Klappe.“

„Das ist mein Ernst, du kannst nicht ständig einbeinig durch die Gegend hüpfen.“

„Halt die Klappe“, knurrte Severus schwach. Seine Kräfte waren am Ende und er war froh als Harry eine Tür öffnete und er sich einem der altbekannten Gästezimmern von Malfoy-Manor gegenüber sah.

„Bad?“, fragte Harry.

„Bett und Reinigungszauber“, keuchte Severus.

Harry folgte der Aufforderung und sie durchquerten das Zimmer so schnell es Severus möglich war. Einen Moment wunderte sich Harry über die Eile aber als sie am Bett ankamen und er spürte wie schnell sich Severus darauf fallen ließ, verstand er. Seine Kräfte waren verbraucht und Harry hätte ihn, auch wenn er zwanzig Jahre jünger war, nicht alleine tragen können. Bliebe die Wahl Draco zu Hilfe zu rufen oder einen Schwebezauber zu verwenden, Beides würde ihm einen sehr unschönen Fluch von Severus einbringen.

„Ich geh noch ins Bad.“

„Tu das“, war alles, was Severus sagte. Während Harry ins Bad verschwand, nutzte Severus seinen Zauberstab um sich notdürftig zu reinigen und umzuziehen.
 

Als Harry kurze Zeit später wieder kam, lag Severus schon unter der Decke und hatte die Augen geschlossen. Für einen Moment nahm Harry an, dass er schon schlief aber dann hob er einen Arm und schlug die Decke an seiner rechten Seite weg. Schnell schlüpfte er unter die Decke und nahm das wortlose Angebot an. Er brauchte einen Moment um die richtige Position zu finden aber nachdem er sich sortiert hatte, lehnte er mit einem erleichterten Seufzen den Kopf an Severus' Brust.

„Brauchst du noch einen Schmerztrank?“

„Nein, nur Schlaf.“

„Und morgen etwas bessere Laune, du hast Draco schwer verletzt“, murmelte Harry.

„Ich bin ich, dass sollten sowohl du wie auch er mittlerweile wissen. Ich kann nicht aus meiner Haut“, gab Severus ruhig zurück.

„Hm, dann müssen wir daran wohl noch arbeiten.“

„Das heißt?“

„Dass wir wohl öfters zum Tee herkommen oder Draco uns besucht.“ Harry spürte das tiefe Luftholen als Severus zu einer Erwiderung ansetzte doch er kam ihm zuvor, „bevor du es jetzt abstreitest, bedenke, dass ich sehr nervig sein kann. Ich habe sehr überzeugende Argumente. Severus, dir tut Gesellschaft ganz gut also schlaf doch einfach mal ne Nacht über die Idee und dann sehen wir weiter.“

„Gute Nacht.“

„Dir auch, schlaf gut“, grinste Harry. Er kuschelte sich noch etwas bequemer in die Kissen und vor allem an Severus bevor das Licht plötzlich verlöschte. Die tiefen, gleichmäßigen Atemzüge seines Kissens, die sich bald darauf einstellten, zeigten ihm, dass Severus sehr schnell eingeschlafen war. Er versuchte es ihm gleich zu tun.

Kapitel 28

Kapitel 28
 

Der Morgen verlief ruhig aber angespannt, was vor allem an Severus lag denn dieser hatte nur wenige Stunden richtig geschlafen und war jetzt entsprechend gelaunt. Zudem ging es ihm an diesem Morgen sichtbar schlecht und Harry wusste, dass sie sich normalerweise einen ruhigen Tag auf der Couch gemacht hätten. Ruhig, friedlich und vor allem ohne unnötige Tränke aber solange sie hier in Malfoy-Manor waren, würde Severus viel zu viele Tränke nehmen. Das alles um den Schein zu wahren. Allerdings schienen auch die Malfoys einzusehen, dass heute kein guter Tag war denn das Frühstück war wesentlich schneller vorbei als normal übrig. Scorpius zog sich mit dem Vorwand etwas für die Schule machen zu wollen, in sein Zimmer zurück.Auch Draco deutete mehr oder weniger deutlich an, dass er noch mehr als genug Arbeit hätte. Aber das er sich natürlich freuen würde, wenn sie mal wieder zum Kaffee oder zum Abendessen kommen würden. Und so machten sie sich sehr schnell auf den Heimweg.
 

„Hast du etwas mit der plötzlichen Arbeitswillen der Zwei zu tun?“, knurrte Severus als sie den Kamin in Spinner's End verließen.

„Nein, ausnahmsweise mal nicht. Aber die Zwei sind nicht dumm, sie haben gesehen, dass es dir nicht gut geht“, gab Harry zurück, „soll ich dir einen Tee machen?“

Severus nickte nur, ihm war es immer noch unangenehm wenn sich Harry um ihn kümmerte und so hatten sie sich mehr oder weniger auf das wortlose Dulden geeinigt.

„Seit wann bekommst du den Tagespropheten?“, fragte Harry, dem die Pergamentrolle beim Durchqueren des Raumes aufgefallen war.

„Ich bekomme keinen. Fino.“

Der Hauselfe tauchte sofort auf und sah ihn fragend an.

„Wo kommt der Prophet her?“, fragte Severus.

„Braune Eule hat Pergament der Zauberer gebracht. Saß vor dem Fenster und wollte hinein. Fino hat das Fenster auf gemacht und braune Eule hinein gelassen. Braune Eule hat Pergament fallen gelassen und ist wieder weg geflogen“, erklärte Fino.

Sofort lag Severus' Zauberstab in seiner Hand und er sprach einen Diagnosezauber über den Propheten.

„Glaubst du wirklich, jemand will uns mit einem Tagespropheten angreifen?“, fragte Harry grinsend.

„Man kann nie sicher sein.“ Der Prophet leuchtete hell auf und Severus steckte den Zauberstab wieder weg, scheinbar war er mit der Untersuchung zufrieden denn er griff danach. Es dauerte nur ein paar Sekunden bevor er leise knurrte und sagte, „er ist von deiner Exfrau.“

„Woher willst du das wissen?“, fragte Harry jetzt.

Wortlos wurde ihm der Prophet gereicht und er musste nur die erste Schlagzeile lesen um zu wissen, dass Severus Recht hatte.
 

„Todesser verführt Kriegshelden.“
 

Er las die ersten zwei, drei Zeilen und warf den Propheten dann ins Feuer. „So ein Schwachsinn, was denkt sie sich nur dabei?“

„Kimmkorn oder deine Ex?“, fragte Severus trocken. Er hatte sich zwischenzeitlich aufs Sofa gesetzt und sah ihn jetzt abwartend an.

Harry zögerte einen Moment, schien nachzudenken und sagte schließlich, „eigentlich Beide, aber egal.“ Damit wandte er sich um und ging Richtung Küche.

„Ist das alles?“, fragte Severus in seinem Rücken.

Harry drehte sich um und fragte, „wenn du jetzt erwartest, dass ich zum Tagespropheten gehe und sie zwinge eine Gegendarstellung zu schreiben, muss ich dich enttäuschen. Seit meinem vierten Schuljahr ignoriere ich dieses Schundblatt einfach, egal was drin steht. Sollen sie doch schreiben, was sie wollen. Wir wissen, wie es wirklich ist. Mal ehrlich, glaubst du, sie würden uns glauben? Dass du dich von einem jüngeren Mann so nerven lässt, dass er sogar in deinem Bett schlafen darf?“

„Wohl eher nicht. Also willst du das einfach so stehen lassen?“

„Ja, will ich. Oder willst du etwas machen?“

Severus warf einen Blick zum Kamin und schüttelte dann den Kopf, „nein, belassen wir sie in ihren Lügengeschichten.“

„Eben. Tee?“

„Gerne.“

Jetzt drehte sich Harry um und ging wirklich in die Küche, er ließ Severus mit seinen Gedanken alleine.
 

Es war nicht der letzte Prophet, der ihnen zugestellt wurde. Den Zweiten verbrannte Severus sofort und beim Dritten wollte Harry dann doch wissen, was sie so schrieben. Also saß er zwei Tage später am Frühstückstisch und schmökerte in der magischen Zeitung. Severus beobachtete fasziniert wie das Grinsen immer stärker wurde und auch das Kopfschütteln wurde immer mehr. „Tu mir einen Gefallen und erleuchte mich, was ist so lustig?“, fragte er schließlich.

„Wusstest du, dass du ein Faible für Ketten und Peitschen hast?“, fragte Harry grinsend.

„Ist mir neu.“

„Mir auch aber nach Kimmkorn ist es so. Genau wie die Tatsache, dass du mir den gleichen Trank untergeschoben hast, den Albus dir gegeben hat.“

„Wann tauchen die Auroren hier auf?“, fragte Severus trocken.

„Wenn sie das gelesen haben, müsste sich Kingsley eigentlich bald melden. Auch wenn er wahrscheinlich nur nachfragt weil er es muss“, sagte Harry, „ach, und im übrigen möchte ich kein dunkles Mal, welches du mir natürlich einbrennen willst.“

„Will ich?“

„Steht hier. Also ja, willst du“, grinste Harry und jetzt schüttelte Severus auch den Kopf.

„Diese Frau schreibt nur Mist.“

„Du sollst auch ein neuer dunkler Lord werden, mit dem Kriegshelden als Lustsklaven“, sagte Harry ernst und mit bestätigendem Nicken. Jetzt sah ihn Severus wirklich fassungslos an bevor er anfing zu lachen. Harry stimmte sehr schnell mit ein.

Irgendwann beruhigten sie sich wieder, Harry warf nochmal einen Blick auf den Propheten und runzelte dann fragend die Stirn.

„Was ist?“

„Hast du das dunkle Mal eigentlich noch?“, fragte Harry unvermittelt, „du hast immer lange Klamotten an, sogar zum schlafen. Hast du eigentlich kurze Sachen?“

„Habe ich, trage ich aber selten und ja, ich habe das Mal noch. Riddle war sehr gründlich mit seinen Flüchen“, erklärte Severus.

„Merkst du es noch?“, fragte Harry weiter. Ihm war der Gedanke an sein viertes Schuljahr gekommen, als er Severus und Karkaroff in der Vorratskammer überrascht hatte. Wenn er sich nicht ganz irrte, hatte Karkaroff angedeutet, dass er Schmerzen von dem Mal hatte.

„Nein, tu ich nicht. Es ist nur noch eine einfache, hässliche Tätowierung.“

„Hast du mal über eine Entfernung nachgedacht?“

„Funktioniert nicht, genau sowenig wie ein Muggeltattoo. Wie schon gesagt, Riddle war sehr gründlich. Ich habe mich daran gewöhnt, meistens bemerke ich es gar nicht“, gestand Severus, „wie kommst du darauf?“

„Nur so, reines Interesse, wenn du mich schon brandmarken willst, will ich doch schon wissen, wie es sich anfühlt“, grinste Harry.

„Dann werde ich dich gar nicht mehr los, vergiss es.“

„Du wirst mich auch so nicht mehr los.“

„Abwarten.“ Harry grinste ihn nur breit an und Severus blieb nichts anderes übrig als bodentief zu seufzen, er hatte so etwas schon befürchtet.
 

Wie Harry es gesagt hatte, tauchte Kingsley wirklich noch am selben Tag auf. Zumindest versuchte er es aber sein erster Versuch, nämlich das Flohnetzwerk zu benutzen, scheiterte noch bevor er wirklich los konnte. Die Flammen färbten sich gar nicht erst grün, was bedeutete, dass Severus seinen Kamin entweder komplett vom Netz genommen hatte oder dass er nur diese Adresse gesperrt hatte.

„Und nun?“, fragte der Auror, der hinter ihm stand.

Kingsley seufzte leise, er war verpflichtet den Anschuldigungen, die mittlerweile sogar als Anklage auf seinem Tisch lagen, nachzugehen. Er war außerdem verpflichtet zwei Auroren mitzunehmen. „Wir apparieren“, sagte er und verschwand schon.
 

Sie tauchten vor dem Haus auf, außerhalb des Zaunes und Kingsley spürte jetzt schon die Abwehrzauber, die auf dem Zaun und dem Garten lagen.

„Das wird keine leichte Sache, oder?“, fragte einer der Auroren.

Kingsley musste sich eingestehen, dass er sich ihre Namen nicht gemerkt hatte. Er hatte einfach die zwei Auroren mitgenommen, die gerade da waren und leider war einer der Beiden ein totaler Anfänger. Er war nur froh, dass der ältere Kollege scheinbar Snapes' Ruf schon kannte. „Nein, wenn er uns überhaupt auf macht. Los, die Herren“, sagte Kingsley und schritt voran, mit wesentlich mehr Zuversicht als er verspürte.
 

Entgegen Kingsleys Vermutung wurden sie nicht zerrissen als sie Grundstücksgrenze überquerten, er fühlte sich aber sofort wesentlich unwohler. Das leise Gemurmel hinter ihm sagte ihm, dass es zumindest dem jüngeren Auroren genauso ging. Kingsley klopfte an, rechnete aber nicht wirklich damit, dass Snape reagierte. Zu seiner Überraschung erklang fast sofort eine Stimme, „Moment.“ Er kannte diese Stimme und hatte so sehr gehofft, dass sich der Sprecher nicht hier befand.

Die Tür wurde aufgemacht und Kingsleys schlimmste Befürchtungen bestätigten sich als ihn Harry angrinste.

„Ich habe mich schon gefragt wann ihr hier auftaucht. Kommt doch rein.“

„Ich hatte gehofft dich nicht hier zu finden“, gestand Kingsley.

„Warum sollte ich nicht hier sein? Ich wohne hier, naja, nicht offiziell aber so inoffiziell wohne ich hier“, erklärte Harry, „kommt ihr jetzt rein oder wollt ihr hier draußen stehen bleiben?“

„Werden wir verflucht wenn wir reinkommen?“

„Nur wenn ihr nicht höflich seit. Seit ihr unhöflich, helfe ich Severus sogar dabei euch zu verfluchen also kommt jetzt rein“, sagte Harry ernst.

Kingsley nickte und trat dann ein, die Auroren folgten ihm sichtlich unwillig.
 

„Was wollen Sie hier?“, knurrte Severus statt einer Begrüßung.

„Ihnen auch einen guten Tag, Professor Snape. Ich kann Ihnen versichern, dass ich nicht freiwillig hier bin. Auf meinem Tisch lag heute morgen eine Anklage gegen Sie, Verabreichung eines illegalen Trankes, Freiheitsberaubung und Vergewaltigung“, sagte Kingsley ernst.

„Guter Witz.“

„Ich scherze nicht, Professor Snape.“

„Aber er hat Recht, es ist ein guter Witz“, mischte sich Harry ein, „Kingsley, du kannst das nicht wirklich glauben.“

„Was ich glaube, ist egal. Ich bin vom Gesetz her verpflichtet dieser Anklage nachzugehen. Du kannst die Sache ganz einfach auflösen wenn du einer Blutentnahme zustimmst“, sagte Kingsley.

„Wenn ich mich weigere?“

„Willst du das? Dann müssen wir die Sache vor das Gamot bringen und da ich ihn sehr gut kenne, wird er auf Veritaserum bestehen“, sagte Kingsley mit einem Deut auf Severus, der zu seiner Überraschung mit dem Kopf schüttelte. „nein, würden Sie nicht?“

„Nein, weil ich mich weigere vor dem Gamot auszusagen. Ich habe nichts gemacht und werde mich nicht vor Gericht ziehen lassen nur weil die Exfrau meines Freundes einen hysterischen Anfall hat“, erklärte Severus.

Kingsley sah sofort sehr fragend aus, die Auroren sahen abwechselnd zwischen Harry und Severus hin und her und man brauchte nicht viel Fantasie um zu erkennen, was sie dachten.

„Freund?“, fragte Kingsley nach.

Es war Harry, der antwortete denn ihm war der Blick von Severus aufgefallen. Er hatte mehr oder weniger offiziell ein Statement abgegeben und wollte jetzt wissen, wie Harry reagierte. „Ja, Freund. Wir sind seit einigen Wochen zusammen und haben es Ginny am ersten Weihnachtsfeiertag gesagt, genau einen Tag bevor diese Verleumdungen gegen Severus angefangen haben“, sagte Harry, „wir sind schon am überlegen ob wir rechtliche Schritte dagegen einleiten.“

Kingsley wirkte unentschlossen, er befand sich in einer sehr undankbaren Situation. „Ihr könntet die Sache mit einer Blutabnahme schnell aus der Welt schaffen“, sagte er schließlich zögernd.

„Nein, Kingsley, tut mir leid. Ich sehe es wie Severus, ich habe nicht vor mich ständig nach den Launen meiner Exfrau zu richten. Ich kenne das Vorgehen und ich weiß, dass du der Anklage nachgehen musst aber unsere Aussagen müssen dir reichen. Jetzt wäre es an Ginny zu beweisen, dass ich unter einem Trank stehe. Oder wollen wir uns in eine tolle Schlammschlacht begeben? Gut, dann klage ich meine Exfrau an, dass sie unsere jüngste Tochter schlägt“, sagte Harry.

„Du weißt, dass das nicht wahr ist“, sagte Kingsley sofort.

„Du weißt, dass die Anklage von Ginny nicht wahr ist“, konterte Harry, „wo liegt der Unterschied? Wieso müssen wir mit Taten beweisen, dass die Anklage nicht wahr ist? Gilt nicht mehr der Grundsatz, unschuldig bis die Schuld bewiesen ist?“

„Nicht bei dir“, schnarrte Severus, „beziehungsweise bei uns.“

Er wurde fragend angesehen, nur Kingsley schaffte es nicht ganz ihn anzusehen.

„Habe ich nicht Recht, Minister? Sie wären nie hierher gekommen wenn Harry ein Anderer wäre oder wenn ich ein Anderer wäre. Aber wenn natürlich im Raum steht, dass der böse Todesser sich an den Liebling der Nation ran macht, dann sieht die Sache natürlich anders aus“, knurrte Severus während er sich langsam erhob und sich ihm langsam, schleichend und unendlich gefährlich näherte.

Nur Harry wusste, wie viele Tränke und Zaubersprüche es gekostet hatte damit er sich für ein paar Stunden wieder so geschmeidig wie früher bewegen konnte. Nur Harry wusste mit welchen Nachwirkungen er in den nächsten Tagen kämpfen würde. Aber sein Auftritt verfehlte seine Wirkung nicht, die Auroren wichen ein Stück zurück, ihre Hände schlossen sich um die Zauberstäbe und auch Kingsley konnte es nicht verhindern, dass er einen halben Schritt zurück trat. Er griff allerdings nicht nach seinem Zauberstab.

„Professor Snape, ich bin nicht freiwillig hier, ich muss dieser Anklage nachgehen“, sagte er nochmal, „und...“

„Ich kenne das Prozedere. Die Anklage wurde eingereicht, Sie haben sie überprüft und sowohl meine wie auch Harrys Aussage bekommen, dass es Schwachsinn ist. Der weitere Verlauf wäre, dass Sie den Ankläger aufsuchen und dort die Beweise holen, die die Anklage unterstützen. Mit diesen Informationen gehen Sie vor das interne Zaubergamot und dort wird entschieden ob die Anklage wirklich erhoben wird und ob weitere Nachforschungen stattfinden“, schnarrte Severus in bester Lehrermanier.

Harry fragte sich abrupt ob er der Einzige war, der sich wieder wie ein elfjähriger Schüler fühlte und Severus fuhr fort, „da Sie diese Beweise nicht bekommen werden, muss das Gamot die Anklage im Normalfall abweisen. Und das ungeachtet der Tatsache, wer die Beklagten sind. Minister, ich würde vorschlagen, Sie schlagen den normalen Weg ein und begeben sich zu Mrs. Potter um dort die nicht vorhandenen Beweise zu holen. Denn die sollten Sie haben wenn Sie sich nochmal hierher wagen. Sie sollten bedenken, dass das Gamot nach Tatsachen entscheiden sollte und nicht nach dem gesellschaftlichen Stand der Beklagten. Denn sonst müsste man über eine Verfassungsklage nachdenken.“

„Das ist nicht Ihr Ernst, eine Verfassungsklage gegen das Zaubergamot?“, keuchte Kingsley.

„Och, ich bin mir sicher unser Anwalt wird uns da sehr behilflich sein. Ein paar Nachrichten an die Zauberergesellschaft auf dem Festland und in Amerika sollten auch sehr hilfreich sein“, sagte Harry, der sich jetzt auf die Lehne des Sessels setzte, wo eben noch Severus saß. Er wirkte lässig aber zusammen mit Severus' aggressiven Auftreten vermittelten sie ein sehr bedrohliches Bild.

Das schien auch Kingsley einzusehen denn er nickte und sagte, „gut, ich möchte euch bitten, dass ihr noch einen Termin im Ministerium macht damit eure Aussagen aufgenommen werden können.“

„Machen wir“, kam von Harry während Severus ihn einfach nur ansah. Harry war froh, dass er hinter ihm saß denn er kannte diesen Blick von früher, damit musste Severus nichts sagen, sein Blick reichte völlig aus.

„Dann gehen wir jetzt“, sagte Kingsley zögernd.

Severus nickte und die Tür öffnete sich hinter ihnen, Kingsley und die Auroren verstanden den Wink und gingen wirklich.
 

„Die hatten echt Schiss“, sagte Harry lachend.

Er verstummte allerdings als sich Severus schweigend zu ihm umdrehte. Als er langsam und schleichend auf ihn zu kam, fühlte er sich kurz in sein sechstes Schuljahr zurück versetzt. Mit diesem Severus hatte er sich nach Dumbledores Sturz vom Astronomieturm duelliert und kläglich verloren. Doch es war etwas anders denn dieses seltsame Funkeln hatte er damals nicht in den Augen gehabt. Unsicher stand Harry auf, er war sich nicht sicher was Severus gerade dachte aber irgendwie kam er sich wie ein Maus vor, die vor einer Schlange stand. Severus stand schließlich direkt vor ihm, zog ihn in eine feste Umarmung und sah ihn einfach nur an. Harry spürte die Anspannung in ihm, er musste sich gerade extrem zusammen reißen und Harry wusste nicht mal wieso.

Als die schwarzen Augen allerdings musternd über sein Gesicht glitten, wusste er zumindest, was er gerade dachte. Mit einem Lächeln überbrückte er den kurzen Abstand zwischen ihren Gesichtern und küsste Severus. So wie er es in den letzten Tagen immer öfters gemacht hatte. Doch fast sofort merkte er, dass diesmal etwas anders war denn Severus erwiderte den Kuss nur sehr zögerlich. Er drückte ihn bestätigend an sich, wollte ihn ermutigen aber mit der Reaktion hätte er nicht gerechnet. Severus zögerte noch einen Moment bevor ihm ein leises Knurren entwich und er Harry fast schon schmerzhaft eng an sich drückte. Dieser keuchte erschrocken auf und genau diese Gelegenheit ließ Severus nicht ungenutzt verstreichen.

Das nächste Keuchen von Harry kam aus Überraschung als sich plötzlich eine fremde Zunge in seinen Mund schlängelte. Das war definitiv nicht so ein Kuss wie sie ihn schon öfters getauscht haben. Dieser Kuss war, von Severus' Seite aus, voller Gefühl, Hitze und nur schwer unterdrückten Leidenschaft. Dieser Kuss zeigte Harry, dass Severus in einer Beziehung nur zu zwei Dingen fähig war, entweder ganz oder gar nicht. Langsam begann er zu verstehen und genauso langsam begann er den leidenschaftlichen Zungenkuss zu erwidern.
 

Harry war etwas atemlos als Severus sich wieder von ihm löste und ihn mit brennenden Blick ansah. Dennoch machte er nichts weiter, er sah ihn nur an. „Das kam jetzt überraschend“, gestand Harry mit einem schiefen Grinsen, „aber kann man durchaus wiederholen“

„Kann man?“, fragte Severus dunkel.

Harry spürte eine Hand über seinen Rücken streichen, kurz über seinem Hintern verharrte sie allerdings. „Nein, muss man“, sagte er.

Severus legte den Kopf schief, ein feines Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus bevor er sich wieder zu ihm beugte und seine Lippen erneut verschloss. Kurz versank Harry in diesen schwarzen Augen doch dann schloss er die Augen und genoss einfach nur. Dieses neue, ungewohnte Gefühl musste man einfach genießen.
 

Die Knutscherei, die sie schließlich aufs Sofa verlegt hatten, wurde sehr unromantisch von einem starken Hustenanfall von Severus beendet. Harry musste hilflos mit ansehen wie sein Freund, denn jetzt stand für ihn fest, dass sie zusammen waren, sich vor Husten und Keuchen kaum noch auf dem Sofa halten konnte. Schließlich gab Severus scheinbar auf. Er rutschte vom Sofa, kam auf den Knien auf und beugte sich hustend darüber.

„FINO!“, rief Harry panisch, „mach was. Bring mir irgendetwas. Los, mach schon.“

Der Hauself tauchte sofort auf, mit leeren Händen und sagte traurig, „Fino kann nichts machen. Bei bösem Husten kann Fino nicht helfen. Master Potter muss leider warten.“

„Kann man da gar nichts tun?“, fragte Harry.

Fino schüttelte nur den Kopf, ihre Blicke lagen auf Severus, der sich scheinbar die Seele aus dem Leib hustete. Harry ging schließlich um ihn herum, kniete sich auf seine rechte Seite und strich Severus einfach nur über den Rücken. Er wollte ihm unbedingt helfen aber er war zur Tatenlosigkeit verdammt.
 

Für Harry schienen Stunden zu vergehen bevor der Husten langsam weniger wurde, das krampfhafte Schütteln ab ebnete bis Severus schließlich, völlig durchgeschwitzt, zur Ruhe kam. Ein rascher Blick auf die Standuhr zeigte Harry, dass es gerade mal fünfzehn Minuten gewesen waren doch es war ihm so viel länger vorgekommen. „Kann ich dir was bringen?“, fragte er leise.

Severus wollte etwas antworten als schon ein großes Glas Milch vor ihm auftauchte. Wortlos griff er danach und trank es in einem Zug leer. Auch als es sich zum zweiten und zum dritten Mal füllte, trank er, nur das vierte Glas ließ er stehen.

„Kann ich dir helfen?“, fragte Harry nochmal.

Er war sich sicher, dass Severus nicht mit ihm reden würde aber ihm wurde der rechte Arm entgegen gehalten. Sofort griff er zu und half ihm hoch, Severus ließ sich schwer aufs Sofa fallen und schloss die Augen.

„Ich hätte nicht gedacht, dass die Tränke nur so kurz wirken“, sagte Harry während er den Zauberstab zog und Severus kurzerhand trocken zauberte. Er wurde überrascht angesehen und grinste schief, „du warst völlig durchgeschwitzt, das kann nicht gesund sein. Hätten die Tränke nicht mehrere Stunden wirken müssen?“

Severus zog den Zauberstab und schrieb, „das lag an der Menge der Tränke. Einzeln oder zu zweit hätten sie mehrere Stunden gewirkt aber nicht in der Menge.“

„Das sagst du mir jetzt? Verdammt, Severus, was soll das? Hätte ich das gewusst, hätte ich dich daran gehindert so viele Tränke zu nehmen nur um Kingsley und die Auroren einzuschüchtern“, fauchte Harry, was zu einem leichten Grinsen von Severus führte.

„Deswegen habe ich es dir nicht gesagt. Hättest du im Unterricht besser aufgepasst, hättest du gewusst, dass sich die Wirkungsdauer von Tränke verringert wenn man mehrere zusammen nimmt. Es hat sich gelohnt.“

„Waren ihre erschrockenen Gesichter wirklich solche Schmerzen wert?“, fragte Harry bitter.

„Ich sprach nicht von den Auroren oder Shacklebolt.“

Harry starrte ihn fassungslos an und murrte dann, „nur um mich zu küssen, hättest du nicht so viele Tränke nehmen müssen.“ Severus wich seinem Blick aus, es ging scheinbar nicht nur um diesen ersten Kuss aber worum dann? Er überlegte, kam aber nicht wirklich darauf also fragte er, „Erleuchte mich, ich komm einfach nicht darauf.“

Doch Severus schwieg sich aus.

„Hey, ich rede mit dir“, murrte Harry.

„Ich aber nicht mit dir.“

„Ach, spielen wir jetzt wieder bockiges Kind, oder was? Verdammt, Severus, rede mit mir“, knurrte Harry.

Doch statt einer Antwort erhob sich Severus und ging langsam und schwankend Richtung Küche.

„Nicht nur bockiges Kleinkind sondern auch noch feige. Diesmal nicht“, fauchte Harry während er schon aufsprang und ihn am Arm griff. Mit Schwung drehte er Severus wieder zu sich um und knurrte, „Ich will eine Antwort und zwar sofort.“

Kopfschütteln.

„Doch, sofort.“

Wieder Kopfschütteln.

„Och Mensch, Severus, stell dich doch nicht so an“, sagte Harry jetzt etwas versöhnlicher. Die Art und Weise wie Severus seinen Blick abwandte, ließ einen Gedanken in Harry erwachen. Er seufzte leise, schlang die Arme um Severus und sagte auf dessen erstaunten Gesichtsausdruck hin, „ich dachte, wir hätten das Thema mit deinen Schwächen langsam durch. Ich habe dich schon schwach erlebt und es ist mir egal. Ich küsse dich auch wenn du mir nicht vorher eine Scheißangst einjagst oder du den armen Zaubereiminister verängstigst. Du musst mir nicht beweisen, dass du stark bist. Vor allem nicht wenn es so auf deine Gesundheit geht.“

Er spürte wie Severus zögerte doch schließlich erwiderte er die Umarmung und seufzte leise, es klang sehr kratzig.

„Ich habe also Recht“, seufzte Harry, er spürte wie Severus nickte und seufzte gleich nochmal. Das war doch zum verrückt werden. „Wie kann ich dir beweisen, dass mich diese Schwächen nicht stören?“, fragte Harry leise.

Er bekam keine Antwort und hatte eigentlich auch keine erwartet.
 

Bis zum Abend hatte er keine Antwort von Severus erhalten denn der wusste selbst nicht weiter. Er war verzweifelt denn dieser kurze Zeitraum, wo er sich wieder so fühlte und sich so bewegen konnte wie früher, hatten ihn schwer getroffen. Er war kein Mensch, der sich gehen ließ aber heute fiel es ihm extrem schwer die Fassung zu wahren. Es war eigentlich nur Harrys Anwesenheit zu verdanken, dass er nicht heulend unter seiner Bettdecke lag. Denn zum heulen war ihm zumute. Heute war ihm wieder richtig bewusst geworden, dass er nie wieder so sein würde wie früher. Sein Blick ging zu Harry, der im Sessel gegenüber saß und in einem der Bücher von Hippocrates las. Er hatte bald den Aufnahmetest aber Severus war sich sicher, dass er es schaffen würde, er lernte ja fast ununterbrochen. Er musterte den Mann und fragte sich wieder einmal, was er an ihm fand und von ihm wollte.

Harry war ein gut aussehender Mann, hatte durch seine Eltern und die Siegzahlung vom Ministerium ein gut gefülltes Verlies und wenn er die Sache mit dem Heiler wirklich durchziehen würde, einen soliden Job. Dazu kam noch der Prominentenbonus wegen dem Sieg über den dunklen Lord, er war alles in allem eine sehr gute Partie. Was also wollte er bei Severus?

„Worüber grübelst du jetzt schon wieder nach?“

Severus blinzelte kurz, er hatte nicht gemerkt, dass Harry aufgesehen hatte. Er schüttelte den Kopf, ihm war nicht nach reden oder schreiben.

„Das ist eine ganz miese Ausrede, also, was ist los?“, fragte Harry wieder.

Severus zögerte einen Moment, griff aber dann zum Zauberstab und schrieb, „warum bist du hier?“

„Ich wohne so gut wie hier.“

„Das meine ich nicht, warum bist du bei mir?“

„Ach, dieses Gespräch wieder. Ich weiß es nicht.“

„Das ist deine Antwort?“

Harry zuckte mit den Schultern und sagte, „ja, ist es. Severus, ich mag dich, sehr sogar, von Liebe kann ich nicht reden, vielleicht noch nicht, vielleicht auch nie. Warum mag man jemanden? Man mag ihn einfach. Du hast, auch wenn du sie extrem gut versteckst, auch deine guten Seiten und die mag ich.“

„Das ist nicht wirklich aufschlussreich.“

„Ach, was willst du denn hören?“

Severus setzte an etwas zu schreiben, ließ es aber dann und zuckte etwas unglücklich mit den Schultern.

Harry legte den Kopf schief, legte dann das Buch weg und erhob sich. Mit wenigen Schritten stand er vor Severus und kniete sich kurzerhand vor ihn. „Wo liegt dein Problem?“

„Was willst du mit einem Krüppel?“

„Nur weil du deine Schwächen hast, bist du kein Krüppel“, fuhr Harry ihn sofort an doch Severus schüttelte den Kopf.

„Ich bin ein Krüppel, egal wie man es dreht und wendet.“

„Nur weil du ein schwaches Bein hast und eine etwas kratzige Stimme, bist du nicht gleich ein Krüppel. Da gehört schon mehr dazu.“

„Zu einer Beziehung gehört auch mehr als ich dir bieten kann.“

Die Schrift kam scheinbar schneller als Severus denken konnte denn kaum standen sie vor ihm, weiteten sich seine Augen und er wandte den Blick schnell ab. Zum ersten Mal sah Harry wie Severus rot wurde und er brauchte nicht viel Fantasie um sich zu denken, um was es ging.
 

Er schwieg eine Zeitlang, er musste diese Information erst mal verdauen. Er konnte sich im Moment selbst noch nicht vorstellen mit Severus zu schlafen aber irgendwann? Ja, irgendwann bestimmt, das gehörte doch irgendwie dazu, oder nicht? Wusste Severus schon länger von diesem Problem? Oder gab es das Problem erst seit kurzem? Er sah ihn an, versuchte es zumindest doch Severus sah starr zur Seite.

„Darf ich dich etwas fragen?“, fragte Harry vorsichtig.

Kopfschütteln, was er auch erwartet hatte.

„Du musst auch nur nicken oder den Kopf schütteln, du musst mich auch nicht ansehen“, schlug Harry weiter vor.

Erst wollte Severus den Kopf schütteln aber dann nickte er ergeben.

Harry atmete tief durch, er wollte die Fragen nicht stellen aber er wollte sicher sein, dass sie von derselben Sache redeten. „Gehe ich Recht in der Annahme, dass das, was du mir nicht bieten kannst, sich auf Sex bezieht?“, fragte er.

Zögerliches Nicken und der Rotton wurde noch dunkler. Die Situation war Severus so unendlich peinlich aber Harry war der Meinung, wenn sie das hier jetzt überstanden, konnten sie eine neue Ebene ihrer Beziehung einführen. Aber dazu mussten sie diese Situation irgendwie durchstehen.

„Hast du dieses Problem schon länger?“

Nicken.

„Du bist ein Meister der Zaubertränke, ich gehe davon aus, dass du in diese Richtung schon alles ausprobiert hast, oder?“

Nicken.

„Hast du es mal mit den Methoden der Muggel versucht?“

Nicken.

„Du hast alles ausprobiert, oder?“

Nicken.

Harry seufzte leise und fragte, „ist das Problem wirklich so schlimm?“

Ein sehr resignierendes Nicken.

Harry ließ den Kopf hängen, überlegte kurz und sagte dann schließlich, „zu einer Beziehung gehört mehr als nur Sex. Ich habe die letzten Jahre fast gar nicht mehr mit meiner Ex geschlafen und es hat mir nie was gefehlt. Auch davor hatten wir wenig Sex, irgendwie hat es nie wirklich gepasst. Mich hat schon immer verwundert wie wir gleich drei Kinder bekommen konnten. Meinst du nicht, wir kriegen das hin, zur Not auch ohne Sex.“

Er sah auf und diesmal sah ihn Severus sogar an, sehr musternd.

„Severus, ich meine es ernst. Ich weiß nicht ob ich jemals mit einem Mann schlafen will oder kann. Vielleicht kann ich es nie, momentan ist der Gedanke für mich noch sehr abwegig. Zu einer Beziehung gehört wirklich mehr als nur Sex“, sagte Harry ernst.

Kopfschütteln.

„Zu was?“

Severus grinste schwach und hob den Zauberstab, „du bist ein Idiot.“

„Du kannst mich wieder beleidigen also geht es dir gut. Also, zu was das Nein?“

„Zu allem.“

„Severus, wenn ich Sex mit einem Mann will, kann ich den garantiert woanders haben, ganz ohne Beziehung und einen mürrischen Griesgram. Aber ich möchte diesen mürrischen Griesgram, mit all seinen Launen und Eigenarten und hey, davon hast du wirklich genug. Ich möchte eine Beziehung mit dir, mit allen Hochs und Tiefs, die da kommen werden. Du wirst dich mit meiner Exfrau, den Reportern und allgemein der Zaubererwelt rumschlagen müssen. Ich stehe leider mit allem, was ich tue in der Öffentlichkeit und damit wirst du leben müssen. Genauso wie ich mit deinen Macken rumschlagen muss. Du hast in der Öffentlichkeit mit unserer Beziehung zu kämpfen, ich im privaten, ich würde sagen, wir sind damit quitt“, erklärte Harry.

Er wurde absolut fassungslos angesehen.

„Außer du willst gar keine Beziehung.“

„Eigentlich schon.“

„Eigentlich ist ein ganz doofes Wort. Willst du oder willst du nicht? Willst du es nicht wenigstens versuchen? Willst du einfach kampflos aufgeben? Du magst körperliche Schwächen haben aber dein Charakter hat sich doch nicht geändert und seit wann gibst du kampflos auf? Wenn du diesen Panzer aus Selbstmitleid und sinnlosen Selbstvorwürfen ablegen würdest, wäre da drunter immer noch der Severus Snape, den ich damals kennengelernt habe. Glaubst du wirklich, dass dein Gang oder deine Stimme dich selbst ausmachen?“

Zögerliches Nicken.

„Dann bist du der Idiot. Soll ich ganz ehrlich sein, mir hat dieser Blick früher viel mehr Angst gemacht als jedes Wort, was du sagen konntest“, gestand Harry.

Der Blick seines Gegenübers wurde fragend bevor er sich verändert und Harry sich wieder wie ein Kind fühlte.

„Genau dieser Blick.“

„Ein Blick macht keinen Mann aus.“

„Eine Stimme auch nicht. Ein Gangbild auch nicht. Severus, du könntest auch heute noch für Angst und Schrecken in der Schule sorgen wenn du nur wolltest. Aber du hast dich im Schulleiterbüro verkrochen. Gut, die Beweglichkeit im Unterricht wäre wohl ne Sache über die man nachdenken müsste aber wenn du einen Stock nehmen würdest, könntest du dich damit gut bewegen“, erklärte Harry, „du könntest damit zur Not auch nach Schülern werfen.“

Jetzt musste Severus fast gegen seinen Willen grinsen doch dann wollte er den Kopf schütteln, er ließ es aber und sah Harry nur nachdenklich an.

„Was denkst du dir jetzt schon wieder aus?“, fragte dieser misstrauisch.

„Ich frage mich ob du weißt, worauf du dich einlässt.“

„In Bezug auf dich? Ja, ich denke, ich weiß genau worauf ich mich einlasse. Ich kenne dich ja mittlerweile gut genug.“

Severus sah ihn skeptisch an und schnaubte leise.

„Ist das ein Ja zu einer Beziehung?“

„Du wirst es bereuen.“

„Nein, ich denke nicht. Also?“

„Ja, es war ein Ja, du elende Nervensäge.“

Harry strahlte ihn an und beugte sich kurzerhand vor um ihn zu küssen. Der Kuss blieb nicht unerwidert.

Kapitel 29

Kapitel 29
 

Am nächsten Morgen erwarteten sie gleich zwei Überraschungen. Eine davon waren gleich zwei Tagespropheten, die sich auf dem Küchentisch befanden und die Zweite war die helle Eule, die ebenfalls auf dem Küchentisch saß und scheinbar ungeduldig auf sie wartete. Severus hob eine Augenbraue und Harry meinte etwas fassungslos, „die gehört Hermine. Die hat mir seit Wochen nicht mehr geschrieben weil sie sich nicht noch mehr mit Ron zerstreiten will.“

Es folgte ein Grummeln während sich Severus setzte und nach dem Tagespropheten und seinem Kaffee griff. Ein Fehler, wie sich schnell heraus stellte denn bei der ersten Überschrift spuckte er den Schluck Kaffee quer über den Tagespropheten und den Tisch.

„Gut, dass wir zwei Zeitungen bekommen haben. So schlimm?“, fragte Harry trocken während er der Eule einen Keks gab und den Brief dafür bekam.

Severus schüttelte den Kopf und warf ihm den zweiten Propheten einfach an den Kopf.

„Sehr liebenswürdig.“

Ein fieses Grinsen wurde ihm geschenkt, Severus hatte heute auf die meisten Tränke verzichtet und wollte daher nicht reden aber Harry hatte festgestellt, dass er das auch nicht musste. Er konnte sich sehr gut nonverbal verständigen. Er nahm den Propheten und konnte sich ein Grinsen bei der Überschrift nicht verkneifen.
 

„Todesser und Kriegsheld ein Paar?“
 

Darunter ein Artikel von Kimmkorn, die von eindeutigen Quellen berichtete und die immer wieder betonte, dass sie diese Aussage für eine Schutzbehauptung hielt. Sie würde für ihre Leser natürlich an der Story dran bleiben.

„Was denkst du, die Auroren?“, fragte Harry.

Severus nickte und deutete dann auf den Brief. Sofort öffnete Harry ihn und las die wenigen, fast schon unpersönlichen Zeilen und er war etwas enttäuscht.
 

Ein Räuspern holte ihn zurück und er sah in einen fragenden Gesichtsausdruck. „Sie schreibt, dass sie den Propheten gelesen hat und fragt mich, ob es wahr ist. Also nicht die Sache mit dem Pädophilen sondern die Sache mit der Beziehung. Sie hat auch durch die Blume angedeutet, dass sie sich über eine Antwort freuen würde und auch einer Einladung zum Tee nicht abgeneigt wäre. Aber ich sollte bitte nicht an ihre Privatadresse schreiben sondern an Bill, er würde den Brief dann weiter geben“, sagte Harry.

„Deinem Tonfall entnehme ich, dass du nicht wirklich davon begeistert bist.“

„Ich finde es heuchlerisch. Sie will Kontakt aber bitte nicht öffentlich damit sie keinen Ärger bekommt. Das finde ich nicht richtig und nein, so will ich keinen Kontakt“, sagte Harry ernst.

„Dann lass es. Niemand zwingt dich ihr zu schreiben, ich garantiert nicht. Oder schreib ihr, dass du das so nicht willst. Du bist doch sonst nicht auf den Mund gefallen.“

Harry sah nachdenklich auf den Brief und legte ihn dann weg.

„Also keine Antwort?“

„Doch aber nicht jetzt. Jetzt will ich frühstücken und dann sehen wir weiter. Es ist Silvester, da will ich mich nicht mit so etwas rumschlagen müssen“, erklärte Harry.

„Was willst du sonst machen?“

„Werden wir sehen, nach dem Frühstück.“ Damit war für Harry das Thema beendet, er griff nach seinem Toast und begann jetzt etwas aufmerksamer den Tagespropheten zu lesen. Er wollte sich noch etwas amüsieren. Severus ließ ihn in Ruhe und frühstückte einfach.
 

Die Tagesplanung musste wegen Severus' Gesundheitszustand abgesagt werden und so landeten sie kurzerhand auf dem Sofa. Severus in dicke Decken eingewickelt weil er trotz Wärmezauber und angefeuerten Kamin fror und Harry dicht an ihn gekuschelt, in einem seiner Bücher lesend.

„Brauchst du was?“

Diese Frage stellte Harry ungefähr ein Mal in der Stunde. Manchmal bekam er ein Kopfschütteln als Antwort aber meistens einen Klaps auf den Hinterkopf, den er als Nein interpretierte. Nach dem Abendessen bekam er gar keine Antwort mehr. Ein kurzer Blick zeigte ihm, dass Severus eingeschlafen war. Er bemühte sich in den nächsten Stunden sich so wenig wie möglich zu bewegen um ihn nicht zu wecken. Severus hatte den Schlaf dringend nötig, vor allem nach der Einnahme der vielen Tränke am Vortag. Es wunderte Harry sowieso, dass er scheinbar nicht mehr Nachwirkungen hatte aber er wollte es nicht provozieren also ließ er ihn schlafen.
 

Severus wachte weit nach Mitternacht wieder auf, er blinzelte etwas verwirrt in sein eigenes Wohnzimmer bis sein Blick auf zwei volle Sektgläser fiel. Er realisierte langsam, dass er alleine war.

„Ah, du bist wach, perfektes Timing“, erklang Harrys Stimme in diesem Moment. Severus sah sich um, Harry betrat gerade das Wohnzimmer, ein Tablett auf den Händen.

„Wie spät ist es?“ Die Standuhr stand direkt hinter Severus und er hätte sich verrenken müssen um nach der Uhrzeit zu sehen, da war es leichter Harry zu fragen.

„Fast drei, du hast den Jahreswechsel verschlafen.“

„Warum hast du mich nicht geweckt?“

Harry stellte das Tablett ab, Tee, Kaffee und kleine Sandwichs, bevor er antwortete, „weil du den Schlaf brauchst und das weißt du auch. Wir können immer noch anstoßen? Hunger?“

„Etwas.“

„Dann lass uns erst anstoßen und dann was essen. Danach sehen wir weiter.“

Severus nickte einfach nur und schon wurde ihm ein Sektglas in die Hand gedrückt.

„Dann auf uns“, schlug Harry vor. Wieder ein Nicken von Severus und schon stießen die Gläser klirrend aneinander. Jeder trank einen Schluck, dann beugte sich Harry vor und stahl sich einen Kuss. „Willst du Tränke zum Essen nehmen oder klappt es ohne?“, fragte er dann.

Severus schüttelte den Kopf und griff nach einem Sandwich, er wollte heute keine Tränke mehr nehmen. Eigentlich war er noch gar nicht richtig wach und würde am liebsten weiter schlafen.

„Was hältst du davon wenn wir nach dem Essen einfach ins Bett gehen? Ich bin hundemüde“, sagte Harry zwischen zwei Bissen.

Ihm wurde ein nachdenklicher Blick zugeworfen aber dann nickte Severus und aß einfach weiter.
 

Mit einem breiten Grinsen, blendender Laune und einer Flasche Weißwein trat Harry aus dem Kamin, mit dem felsenfesten Vorsatz heute mit Severus zu feiern. Er blieb allerdings mitten im Schritt stehen als er nicht nur Severus im Wohnzimmer vorfand sondern auch Draco.

„Was machst du denn hier?“, entfuhr es ihm schneller als er nachdenken konnte.

„Dir auch einen schönen guten Tag“, sagte Draco fast schon beleidigt, „ich bin hier um Severus zum Geburtstag zu gratulieren. Warum auch sonst?“

Harry entgleisten die Gesichtszüge, er drehte sich zu Severus um und fragte absolut fassungslos, „du hast heute Geburtstag?“

„Ja, schon seit ein paar Jahren. Immer derselbe Tag“, gab Severus zurück.

„Du hast es in den letzten acht Monaten nicht ein einziges Mal für nötig gehalten, mir das zu sagen?“, fragte Harry weiter.

„Es ist nicht von Bedeutung. Ich habe meinen Geburtstag seit fast dreißig Jahren nicht mehr gefeiert. Wie lief deine Prüfung?“

„Welche Prüfung?“, fragte Draco.

„Die Aufnahmeprüfung im St. Mungo zur Heilerausbildung, die war heute“, erklärte Severus.

„Warum hast du es mir nicht gesagt?“, fragte Harry leise. Er klang verletzt und sein Gesichtsausdruck zeigte, dass er verletzt war.

„Das habe ich doch bereits gesagt, es spielt für mich keine Bedeutung. Du musstest dich auf die Prüfung vorbereiten und konntest keine Ablenkung gebrauchen. Was ist jetzt mit der Prüfung?“, fragte Severus erneut. Er verstand die Reaktion nicht, für ihn war sein Geburtstag ein Tag wie jeder Andere. Nicht mal Minerva gratulierte ihm mehr weil sie das genau wusste. Doch Harry schien wirklich verletzt zu sein und er verstand nicht warum. Der traurige und verletzte Gesichtsausdruck blieb als er das Wohnzimmer durchquerte, die Weinflasche einfach auf den Tisch stellte und dann die Treppe hochging.

„Bestanden“, war alles, was er sehr niedergeschlagen sagte.
 

„Was war das?“

„Du bist ein Idiot, Severus.“

„Warum?“

Draco schüttelte den Kopf und deutete auf die Treppe, „du hast ihn sehr verletzt.“

„Wie? Es ist mein Geburtstag und ich werde ja wohl entscheiden dürfen ob ich ihn feiere oder nicht“, gab Severus zurück.

„Darum geht es nicht.“

„Worum geht es dann?“

„Du weißt es wirklich nicht, oder?“, fragte Draco.

Severus schüttelte nur den Kopf, er wusste es wirklich nicht.

„Es wäre etwas Persönliches gewesen, was du ihm von dir mitteilst. Ein Zeichen, dass er dir so wichtig ist, dass du das mit ihm teilst“, erklärte Draco, „für dich mag dein Geburtstag völlig nebensächlich sein, für Harry ist es ein sehr wichtiger Tag. Er hätte garantiert gerne mit dir gefeiert.“

„Aber er musste sich auf die Prüfung vorbereiten. Wenn er gewusst hätte, dass ich heute Geburtstag habe, hätte er wieder irgendwelche Pläne gemacht. Er hätte wieder nicht richtig geschlafen, sich unnötig Gedanken darüber gemacht ob mir seine Pläne gefallen und hätte wahrscheinlich keinen weiteren Gedanken an die Prüfung verschwendet. Was zur Folge gehabt hätte, dass er mit Pauken und Trompeten durchgefallen wäre“, knurrte Severus, „also warum regt er sich wegen so einem blöden Datum so auf?“

„Du kapierst es wirklich nicht.“

„Nein, scheinbar nicht. Erklär es mir.“

„Habe ich schon. Für Harry wäre es ein Zeichen gewesen, dass er dir wichtig genug ist, dass du so etwas mit ihm teilst. Auch wenn dein Geburtstag für dich sinnlos ist, für Harry ist er sehr wichtig. Er macht sich jetzt Vorwürfe weil er kein Geschenk für dich hat“, sagte Draco, „du hast ihm doch zum Geburtstag auch etwas geschenkt. Du wusstest also wann er hat.“

„Die ganze Welt weiß, wann Harry Potter Geburtstag hat.“

„Du verstehst es wirklich nicht“, seufzte Draco während er sich erhob.

„Was wird das jetzt?“

„Ich gehe und du bringst die Sache mit Harry in Ordnung. Der arme Kerl hat es nicht verdient so behandelt zu werden.“

„Sagt der Mann, der sich in der Schule einen Kleinkrieg mit Harry geliefert hat“, knurrte Severus.

„Wir sind erwachsen geworden, warum versuchst du das nicht auch mal?“, gab Draco zurück.

Er erntete damit einen bösen Blick, den er schulterzuckend abprallen ließ.

„Nimm den Wein, zwei Gläser, geh hoch und entschuldige dich. Dann feiert ihr deinen Geburtstag und seine bestandene Prüfung. Du willst, dass er dir ein deutliches Zeichen setzt aber versteckst dich in deinem Schneckenhaus. Zu einer Beziehung gehören Zwei also schieb nicht immer alles auf ihn ab“, sagte Draco während er schon langsam auf den Kamin zu ging. Davor blieb er stehen, drehte sich nochmal um und sagte sehr ernst, „du hast dich vorhin beschwert, dass er sich manchmal wie ein Kleinkind benimmt. Aber momentan ist nicht er das Kleinkind. Er kämpft mit einer völlig neuen Lebenssituation. Neuer Job, neue Familie, neue Sexualität, neues Leben und ganz ehrlich, er macht das sehr gut. Aber du musst nur mit dir kämpfen und ganz ehrlich, du verlierst gerade haushoch.“

Als Severus ihn einfach nur etwas geschockt ansah, seufzte Draco und warf eine Prise Flohpulver in den Kamin.

„Denk darüber nach“, sagte er noch bevor er in die grünen Flammen trat, „Malfoy-Manor.“
 

Nachdenklich sah Severus in die Flammen, die längst wieder ihre normale Farbe angenommen hatten. Dann ging sein Blick auf den Wein, Weißwein und das obwohl Harry am liebsten Rosé oder Rotwein trank. Der Weißwein war nur für ihn, extra trocken, genauso wie er ihn liebte. Severus seufzte leise, so langsam begann er zu verstehen wo sein Fehler lag und das nur wegen diesem dämlichen Geburtstag. Warum konnte er das Datum nicht einfach aus dem Kalender löschen? Mit einem leisen Ächzen erhob er sich, griff sich die Flasche und ließ aus dem Schrank noch zwei Gläser zu sich schweben. Mit seiner Fracht machte er sich langsam auf den Weg nach oben, der Weg fiel ihm nicht nur wegen seinem Bein schwer.
 

Es gab im Obergeschoss noch zwei Räume aber die waren leer also ging Severus nicht davon aus, dass sich Harry in einem davon aufhielt. Blieb das Schlafzimmer, das er jetzt leise betrat. Tatsächlich, Harry saß im Schneidersitz auf seiner Bettseite und sah jetzt auf, traurig und verletzt.

„Darf ich reinkommen oder willst du alleine sein?“, fragte Severus ohne das Zimmer zu betreten.

Etwas unschlüssig zuckte Harry mit den Schultern und sagte, „es ist dein Haus und dein Schlafzimmer. Ich kann dich nicht aus deinem eigenen Schlafzimmer verbannen.“

„Das war nicht meine Frage.“

„Komm halt rein.“

Severus folgte der Aufforderung und setzte sich aufs Bett, zu lange stehen konnte er immer noch nicht. „Ich wusste nicht, dass dir mein Geburtstag so viel bedeutet“, begann Severus, „für mich ist er so besonders wie jeder andere Tag auch. Niemand gratuliert mir mehr weil alle wissen, dass ich nicht feiere und auch kein Interesse daran habe. Ganz ehrlich, ich bin gar nicht auf die Idee gekommen, dass es dich so interessiert.“

„Wie kann mich dein Geburtstag nicht interessieren?“, fragte Harry leise und mit Blick auf die Decke.

„Warum sollte mein Geburtstag irgendjemanden interessieren? Nicht mal Minerva gratuliert mir noch, warum auch? Ist ein Tag wie jeder Andere, mit mehr oder weniger Arbeit wenn ich in Hogwarts wäre“, sagte Severus.

Harry sah auf, verwundert und immer noch verletzt.

„Harry, das hat nichts mit dir zu tun, es erschien mir einfach nicht wichtig. Ganz ohne Wertung. Wenn ich ehrlich bin, habe ich heute mehr an deine Aufnahmeprüfung gedacht als an meinen Geburtstag. Ich hatte ihn eigentlich vergessen bis Draco plötzlich im Kamin stand“, erklärte Severus und mit jedem Wort veränderte sich Harrys Gesichtsausdruck langsam. Doch noch immer stand Trauer und Unverständnis in seinen Augen.

„Aber wie kann man seinen eigenen Geburtstag nicht mögen? Das ist als würde man sich selber nicht mögen“, sagte er.

Severus sah ihn skeptisch an und fragte, „das wundert dich bei mir?“

„Ja, nein, doch schon. Oder nicht? Ich weiß gerade selber nicht, was ich denken soll. Es fühlt sich nur komisch an“, gestand Harry schulterzuckend.

„Harry, es war absolut nicht gegen dich gerichtet, ich habe einfach nicht daran gedacht es dir zu sagen. Für mich ist es absolut unwichtig, wie ein alter, gammeliger Toast.“

Harry grinste leicht und deutete dann auf den Wein, „wollen wir noch anstoßen?“

„Natürlich, du hast schließlich bestanden. Wann fängt deine Ausbildung an?“, fragte Severus während er den Wein öffnete und die Gläser füllte.

„Nächsten Montag, den Fünfzehnten. Pünktlich um acht im St. Mungo“, sagte Harry grinsend, „wer nicht pünktlich ist, darf gleich wieder gehen. Meine Ausbilderin war da sehr genau in ihren Worten.“

„Dann können wir gemeinsam frühstücken.“

„Du musst nicht so früh aufstehen.“

Severus schüttelte den Kopf, reichte ihm das Glas und meinte, „ich fange am Montag auch wieder mit arbeiten an, ich flohe nach dem Frühstück nach Hogwarts zurück.“

„Wie bitte? Du bist noch lange nicht gesund, das geht nicht“, brauste Harry sofort auf doch wieder schüttelte Severus den Kopf.

„Ich werde nie wieder richtig gesund und ich will wieder arbeiten gehen. Mir fällt die Decke auf den Kopf und wenn ich hier den ganzen Tag die Wand anstarre, werde ich auch nicht schneller gesund. Ich werde am Montag wieder arbeiten gehen.“

„Kommst du wenigstens Abends Heim?“

„Eigentlich wollte ich in Hogwarts bleiben. So viel flohen ist nicht gesund und das wird dir auch Hippocrates sagen.“

Jetzt starrte Harry ihn fassungslos und unendlich traurig an, „das heißt, wir sehen uns nur noch am Wochenende? Das kann nicht dein Ernst sein.“

„Doch, eigentlich schon. Ich würde am Freitag nach dem Abendessen her kommen und Montag nach dem Frühstück wieder nach Hogwarts gehen. Du kannst gerne hier wohnen wenn du möchtest“, sagte Severus.

„Ich wohne sowieso schon hier. Aber wir sehen uns dann die ganze Woche nicht“, klagte Harry.

„Du bist doch sowieso den ganzen Tag im St. Mungo und kommst erst spät Heim. Dann lernst du noch und gehst ins Bett, du wirst gar nicht merken, dass ich nicht da bin. Es sind nur vier Abende, Freitag bin ich wieder da. Wir sind Beide erwachsen und können wohl fünf Tage getrennt von einander überleben, oder?“, fragte Severus.

Harry sah ihn immer noch traurig an, nickte aber dann ergeben und rutschte übers Bett an ihn ran, lehnte sich an ihn und hielt das Glas zum anstoßen hin. „Alles Gute zum Geburtstag, Severus.“

„Glückwunsch zur bestandenen Prüfung, Harry.“
 

Drei Tage später gab es das nächste große Ereignis denn Severus hatte am Freitag einen Termin im St. Mungo zur Untersuchung bei Hippocrates und er äußerte schon am Donnerstag seinen Unmut darüber. Was ihm allerdings nichts brachte denn Harry schleifte ihn am Freitag dennoch ins St. Mungo.
 

Harry wunderte es nicht, dass ihnen die Heiler großzügig aus dem Weg gingen als er mit Severus durch die Korridore ging. Was wahrscheinlich auch daran lag, dass Severus' Miene jedem einen schnellen Tod versprach, der ihn auch nur schief ansah.

„Harry, was machst du denn hier?“, erklang plötzlich eine weibliche Stimme, „die Ausbildung geht doch erst am Montag los. Oder bist du etwa krank?“

Überrascht blieben sie stehen und Harry sah sich um, es dauerte nicht lange bis er die blonde Frau bemerkte, die auf ihn zu kam. „Mrs. Rushton“, sagte er lächelnd, „nein, ich bin nicht krank.“

„Ich habe dir am Dienstag schon gesagt, dass du Isabella sagen sollst“, sagte sie entrüstet bevor ihr Blick auf Severus fiel, der immer noch nicht sehr freundlich aussah. Sie musterte ihn von oben bis unten und fragte schließlich, „und Sie sind?“

„Nicht mit Ihnen verabredet“, knurrte Severus bevor er sich umdrehte und weiter ging. Sowohl Harry wie auch Isabella blieb der Mund offen stehen.

„Isabella, entschuldige uns. Ich muss da jemanden in den Arsch treten“, sagte Harry schnell und nachdem sie, immer noch etwas geschockt, genickt hatte, rannte er ihm hinterher. Sie hörte noch Harrys Worte, „Severus, kannst du deine schlechte Laune nicht an jemand Anderem auslassen als meiner zukünftigen Ausbilderin?“

Und die Antwort, „gerne, nachher bist du dran.“

Isabella sah dem ungleichen Gespann nach, DAS war Severus Snape? Der Mann, dessen Namen jeden Heiler hier in Angst und Schrecken versetzte? Was hatte er mit Harry zu tun? Unterschiedlicher konnten zwei Menschen nicht sein und sie glaubte nicht, dass sie sehr viel gemeinsam hatten. Was machten sie hier? Wenn Harry nicht krank war, konnte es nur um Snape gehen. Aber der hasste das St. Mungo mehr als den Dunklen Lord und das Ministerium zusammen, das war allgemein bekannt. Wie hatte es Harry geschafft ihn hierher zu bekommen? Und warum? Wenn sie sich richtig erinnerte, hatte Hippocrates ihn damals behandelt und er war auch bis heute der einzige Heiler, der freiwillig in Snapes Nähe ging. Und das auch noch unbeschadet überlebte. Isabella legte den Kopf schief, sie würde Harry nach seiner Beziehung zu dem ehemaligen Todesser befragen. Es war ja nicht so als wäre sie neugierig aber interessiert war sie schon. Mit diesen Gedanken machte sie sich wieder auf den Weg, es musste noch sehr viel für nächsten Montag vorbereitet werden. Schließlich fingen gleich zwölf neue Lehrlinge an.
 

Zwei Stimmen, die er sehr genau kannte und die sich, wie fast immer, stritten, sagte Hippocrates, dass sein Patient wirklich eingetroffen war. Mit einem Handwink öffnete er die Tür um sie einzulassen und tatsächlich betraten Harry und Severus fast sofort den Raum. Streitend. „Merlin, jetzt seit doch mal ruhig, was ist denn los?“, rief er über den Lärm hinweg.

„Der Kerl ist unmöglich“, rief Harry während er verzweifelt die Arme in die Luft warf.

„Weiß ich. Was hat er diesmal gemacht?“

„Nur die Wahrheit gesagt“, verteidigte sich Severus auch wenn es nicht sehr reumütig klang, eher bockig.

„Wir haben unterwegs Isabella Rushton getroffen, meine zukünftige Ausbilderin und der Griesgram hat nichts Besseres zu tun als sie wie einen Vollidioten stehen zu lassen. Das macht natürlich einen super Eindruck“, fauchte Harry.

Hippocrates warf Severus einen vorwurfsvollen Blick zu, der lediglich mit dem Hochziehen einer Augenbraue beantwortet wurde. Er seufzte leise und fragte, „so weit ich weiß, hatte Isabella noch nie Kontakt zu Severus und da sie keinen Tagespropheten liest, weiß ich nicht mal ob sie weiß, wer er ist. Wenn sie es weiß, wird sie es dir nicht krumm nehmen sondern dich dazu beglückwünschen, dass du es mit ihm aushältst.“

„Bitte?“, knurrte Severus.

„Stimmt auch wieder“, sagte Harry, „egal, deswegen sind wir nicht hier. Da ist dein Patient.“

„Der euch gleich beide verflucht.“

„Damit drohst du jedes Mal“, konterte Hippocrates, „aber schön, dass ihr hier seit. Harry, raus.“

„Aber....“

„Kein Aber. Du bist kein Heiler und solange Severus nicht dein Patient ist, hast du bei der Behandlung nichts zu suchen also raus“, sagte Hippocrates ernst.

Harry zögerte noch einen Moment, nickte aber dann und ging.
 

Wortlos ließ sich Severus auf der Liege nieder und sah ihn vernichtend an. Der Heiler schüttelte nur den Kopf, zog den Zauberstab und sprach die ersten Diagnosezauber auf ihn. Die magische Feder auf seinem Schreibtisch erwachte sofort zum Leben und schrieb die Ergebnisse auf.

„Macht ihr die Übungen?“, fragte Hippocrates.

„Ja.“

„Die Diät?“

„Leider, ja.“

Hippocrates grinste leicht und fragte, „was ist das Schwerste? Vielleicht finden wir einen Kompromiss.“

„Zu wenig Kaffee“, knurrte Severus.

„Zwei Tassen am Tag, mehr ist nicht drin, da gibt es keinen Kompromiss. Steh mal auf und geh ein paar Schritte und nimm vorher die Stützzauber von deinem Bein“, befahl Hippocrates.

Er wurde zwar seltsam angesehen aber dann folgte Severus der Aufforderung. Mit kritischen Blick beobachtete der Heiler wie Severus den Raum durchquerte und dann wieder zurück kam.

„Hast du momentan Schmerzen?“

„Nein.“

„Warum entlastest du das Bein dann?“

„Tu ich nicht.“

„Doch, tust du. Du läufst schief, mit Schwerpunkt auf dem rechten Bein“, sagte Hippocrates.

„Ist mir nicht aufgefallen.“

„Scheint so. Severus, hast du Rückenschmerzen?“

Etwas unschlüssig zuckte Severus mit den Schultern und meinte, „nein, nicht wirklich.“

„Dann hat sich dein Körper schon so daran gewöhnt, dass du schief läufst aber das ist nicht gesund. Wir sollten deine Haltung korrigieren.“

„Wie?“

„Es gibt einen Zauber, der dich zwingt gerade zu laufen aber ich befürchte, dass der dir extreme Schmerzen verursachen wird, zumindest wenn du läufst“, erklärte Hippocrates.

„Warum soll ich es dann machen?“, fragte Severus, „bis jetzt komme ich gut klar.“

„Abwarten. Ich würde gerne ein magisches Röntgenbild von dir machen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Schieflage gesund für deine Knochen und Gelenke ist“, sagte Hippocrates und ging schon Richtung Tür. Er hörte wie Severus hinter ihm die Stützzauber erneuerte und ihm dann folgte.
 

Zwei Stunden und mehrere Untersuchungen später saßen sie wieder zu Dritt im Behandlungszimmer von Hippocrates und sahen sich die Bilder an. Severus hatte Zähne knirschend zugestimmt, dass Harry dabei sein durfte. Mit dem Zauberstab deutete Hippocrates auf einige Stellen in seinem Skelett, die sich sofort vergrößerten.

„Das sind deine Gelenke und so hier“, ein Wink mit dem Stab ließ daneben weiteren Bilder erscheinen, „sollte es aussehen.“

Harry legte den Kopf schief und fragte, „müssen die Ränder von den Gelenken so zerfranst sein?“

„Nein, müssen und dürfen nicht. Das können wir mehr oder weniger heilen aber das bringt nichts wenn Severus weiter schief läuft“, erklärte Hippocrates.

„Was heißt das?“

„Dass du entweder bei jedem Schritt daran denken musst oder wir den Zauber nehmen. Der richtet deine Knochen und Gelenke je nach Untergrund aus und sorgt dafür, dass du gerade läufst und alles gleichmäßig belastet wird“, erklärte Hippocrates.

„Klingt doch gut“, sagte Harry erfreut doch ein Blick auf Severus dämpfte seinen Enthusiasmus sofort. „Klingt es nicht gut?“, fragte er.

„Welche Nebenwirkungen?“, knurrte Severus, „wenn der Zauber ohne Nebenwirkungen wäre, hättest du ihn mir längst verpasst. Da du vorhin nur Schmerzen erwähnt hast, ist das wahrscheinlich nicht alles. Also sag schon, wo ist der Haken?“

„Das Problem sind deine Sehnen, Muskeln und Fleisch, zumindest das Bisschen, was du auf den Rippen hast. Das alles hat sich an deinen schiefen Gang gewöhnt und wenn wir dich jetzt gerade stellen, werden sämtliche Muskeln und Sehnen protestieren. Schrecklicher Muskelkater, vielleicht sogar Muskelrisse, Schmerzen, Krämpfe, eigentlich wird wohl jede Bewegung schmerzen“, erklärte Hippocrates, „ich kann dir nicht mal sagen wie lange das andauern wird. Es würde helfen wenn du zur Massage gehen würdest, da könnte man deine Muskeln lockern.“

„Abgelehnt.“

„Sturkopf, dann leb halt mit deinen Schmerzen. Aber du musst etwas machen denn sonst reiben sich deine Gelenke völlig ab.“

„Ihr könnt es nachwachsen lassen, warum also etwas ändern?“, fragte Severus.

„Weil wir es dann regelmäßig machen müssten, ich würde schätzen alle zwei Monate und das ist wiederum nicht gut für deinen Körper. Severus, du weißt besser als jeder Andere, dass jeder Trank auch Nebenwirkungen hat und auch das Skele-Wachs hat seine Nachwirkungen, vor allem wenn man es regelmäßig nimmt. Wir sind Zauberer und keine Götter“, sagte Hippocrates ernst.

Severus schnaubte kurz während Harry fragte, „welche Nebenwirkungen hat denn Skele-Wachs? Ich habe es als Kind mal bekommen.“

„Gegen einmal oder zweimal ist ja nichts einzuwenden aber regelmäßig angewendet, kann es dazu führen, dass die Knochen weich werden. Und zwar richtig weich, nicht porös damit sie brechen sondern sie bekommen eine Gummi ähnliche Substanz und die Auswirkungen dürften klar sein, oder?“, fragte Hippocrates.

Harry nickte nur, Severus schwieg und sah sich die Bilder seines Skeletts nochmal an. Schließlich seufzte er und sagte, „bring mir den Zauber bei.“

„Das wird sehr schmerzhaft für dich.“

„Ich bin Schmerzen gewohnt, also?“

Hippocrates schüttelte den Kopf und zog den Zauberstab, „Stell dich hin und halt still.“ Severus folgte der Aufforderung und schon vollführte Hippocrates eine Bewegung, „sustineris pro corpus.“

Ein schmerzerfülltes Stöhnen entkam Severus' Lippen als sich sein Körper verzog, er konnte förmlich spüren wie Muskeln und Sehnen gegen den Zauber wehrten und mit Gewalt in eine völlig unmögliche Lage gezwängt wurden. Zumindest unmöglich aus Severus' Sicht aus. Sein Körper fühlte sich an als wäre seine Haut plötzlich zwei Nummern zu klein geworden. Seine Muskeln sollten Positionen einnehmen, die sie nicht kannten. Er wollte die Hand ausstrecken um sich am Stuhl fest zu halten, unterbrach aber die Bewegung sofort wieder weil sie einfach unmöglich war.

„Wie soll ich mich so bewegen?“, knurrte er, „ich will Montag wieder arbeiten gehen und kann keinen Muskel bewege.“

„Durch Übung.“

„Er kann kaum stehen, wie soll er da laufen?“, fragte Harry, der sah wie Severus langsam der Schweiß auf der Stirn ausbrach, genau wie Hippocrates doch der Heiler hatte wenig Mitleid mit ihm.

„Massagen würden es besser machen, genau wie eine Physiotherapie aber du verweigerst Beides und Harry ist noch nicht so weit um diese komplexen Übungen zu können also lebe mit deinem Starrsinn. Den Zauber kannst du ganz einfach mit dem Finite auflösen aber du solltest ihn wirken wenn du dich bewegst. Also eigentlich bis auf die Zeit wo du schläfst oder mal in der Wanne oder auf der Couch liegst“, erklärte er ohne auf den Einwand von Harry einzugehen.

„Wie lange wird es dauern bis ich mich wieder normal bewegen kann?“, fragte Severus.

„Keine Ahnung.“

„Bitte?“

„Severus, du bist Jahre lang schief gegangen, vielleicht sogar Jahrzehnte. Es kann Wochen oder sogar Monate dauern bis sich dein Körper an die richtige Haltung gewöhnt hat und du keine Einschränkungen mehr hast. Ich würde vorschlagen, ich untersuche dich alle vier Wochen aber mehr kann ich nicht machen. Es wäre im übrigen sehr unvorteilhaft wenn du zu viele Schmerztränke nimmst.“

„Ist mir bewusst.“

„Kannst du gar nichts machen?“, fragte Harry. Er war etwas geschockt über die Kaltschnäuzigkeit von Beiden.

„Ich kann euch den Namen eines guten Masseurs und einer guten Physiotherapeutin geben aber sonst? Nein.“

„Wir verzichten“, knurrte Severus bevor er sich umdrehte und einfach ging.

„Schick sie mir“, sagte Harry im Aufspringen und eilte seinem Freund dann hinterher. Hippocrates sparte sich jede Antwort, er überließ den Kampf mit Severus' Starrsinn liebend gerne Harry.
 

„Finite incantatem“, knurrte Severus kaum dass er das Wohnzimmer in Spinner's End betreten hatte.

„Was machst du da? Du hast doch Hippocrates gehört, oder?“

„Ja, habe ich“, sagte Severus und ließ sich mit einem Stöhnen auf das Sofa fallen, „ich habe nicht vor mich heute nochmal hier weg zu bewegen.“

„Willst du auf dem Sofa schlafen?“

„Wenn es sein muss, ja.“

„Das wird sehr eng“, sagte Harry trocken.

„Du schläfst im Bett.“

Harry grinste und meinte, „du weißt doch ganz genau, dass ich sehr anhänglich bin.“

Severus seufzte leise, sagte aber nichts.

„Willst du trotzdem am Montag nach Hogwarts?“, fragte Harry während er sich in den Sessel setzte.

„Natürlich. Was sollte mich davon abhalten?“

„Also willst du den Zauber nicht sprechen?“

„Doch. Ich werde unter dem Zauber nach Hogwarts gehen, was spricht dagegen?“, fragte Severus.

„Du bist kaum bis hierher gekommen und willst am Montag einen kompletten Arbeitstag durchstehen?“, fragte Harry zurück.

„Ja.“

„Natürlich. Das schaffst du nicht.“

„Harry, überlass diese Einschätzung doch bitte mir und jetzt lass mich in Ruhe.“

Harry legte den Kopf schief, Severus wirkte erschöpft also beschloss er ihn wirklich in Ruhe zu lassen. Er holte sich eines seiner Bücher und machte es sich bequem. Severus verfolgte das Ganze einen Moment mit den Augen, ignorierte ihn aber dann und irgendwie wunderte es Harry nicht, dass er kurz darauf eingeschlafen war.
 

Das Wochenende war die Hölle, für Beide. Severus kämpfte mit unglaublichen Schmerzen und Krämpfen und Harry mit seiner schlechten Laune und einigen Flüchen, die teilweise nur haarscharf an ihm vorbei flogen. Als er am Sonntag Abend die Übungen ansprach, explodierte die Wand hinter ihm und das auch nur weil er sich schnell genug zur Seite geworfen hatte. Mit einer Mischung aus Wut, Fassungslosigkeit und Schrecken sah Harry zu der Wand, die jetzt breite Risse und eine Menge abgebröckelten Putz hatte.

„Das war knapp“, keuchte er.

„Es wird gleich noch knapper“, fauchte Severus.

Harry wandte ihm den Blick zu, diesen mörderischen Blick hatte er schon lange nicht mehr auf sich gespürt und wie immer verfehlte er seine Wirkung nicht. Er schluckte nervös, vor allem weil Severus noch immer seinen Zauberstab in der Hand hielt. „Es war doch nur eine Frage“, sagte er zweifelnd.

„Da hast du meine Antwort.“

„Du hättest mich beinah in Stücke gesprengt.“

„Du bist doch ausgewichen“, sagte Severus trocken.

Jetzt überwog die Fassungslosigkeit bei Harry. Er erhob sich langsam und trat zu ihm, langsam und vorsichtig denn so wirklich traute er dem Frieden nicht. Er wurde sehr skeptisch angesehen. Mit einem Seufzen setzte sich Harry neben ihn und murmelte, „du hättest auch einfach Nein sagen können.“

„Das wirkt bei dir?“

„Du hättest es ja wenigstens versuchen können. Ich weiche schon das ganze Wochenende deinen Flüchen aus, langsam finde ich es beleidigend“, sagte Harry ohne ihn anzusehen.

Severus schwieg, er wusste, dass seine Reaktionen falsch waren aber er hatte Schmerzen, schreckliche Schmerzen. Er hatte seit Freitag nicht mehr richtig geschlafen denn die Schmerzen gingen über Nacht nicht weg. Sie wurden teilweise sogar noch schlimmer denn sobald er am Abend den Zauber von sich nahm, versuchte sein Körper wieder in die alte, verschobene Form zurück zu kehren. Was dazu führte, dass er Nachts vor Schmerzen nicht schlafen konnte. Was er Harry allerdings nicht gesagt hatte.

Dieser atmete gerade mehrmals tief durch und sagte dann, „was hältst du davon wenn ich dir oben ein Bad einlasse und wenn du dann schön entspannt bist, machen wir noch ein, zwei Übungen?“

Severus sah ihn überrascht an, nickte aber dann. Ohne weitere Worte erhob sich Harry um nach oben zu gehen. Irgendwie hatte Severus plötzlich ein schlechtes Gewissen.

Kapitel 30

Kapitel 30
 

Am Mittwoch musste sich Severus eingestehen, dass Hippocrates Recht hatte und dass es eine absolut beschissene Idee war, wieder arbeiten zu gehen. Er konnte sich kaum noch aufrecht halten, jede Bewegung schmerzte, eigentlich schmerzte es auch wenn er sich nicht bewegte. Er hatte seit Tagen nicht mehr richtig geschlafen, die Momente wo er vor Erschöpfung für ein paar Minuten eingeschlafen war, zählten nicht. Er hatte heute schon den Zauber weg gelassen aber seine Muskeln und Sehnen bestanden scheinbar nur noch aus schmerzhaften Knoten. Fluchend ließ er sich aufs Sofa fallen, er hatte zum Abendessen kaum etwas runter bekommen und hatte jetzt, zusätzlich zu den Schmerzen, auch noch Hunger. Was für ein tolles Leben.

Kurz hatte er überlegt ob er doch zu Hippocrates gehen sollte wegen der Massagen aber sein Stolz hielt ihn davon ab und so litt er lieber leise und alleine vor sich hin. Harry wollte er mit seinen Problemen auch nicht belästigen denn der sollte sich auf seine Ausbildung konzentrieren. Severus erinnerte sich an seine erste Zeit in Salem, alles neu, alles aufregend und vor allem alles sehr stressig. Da brauchte Harry nicht noch eine krüppeligen Freund, der ihn mit seinen Schwächen nervte. Freund. Noch immer konnte er nicht glauben, dass sie es wirklich als Paar versuchen wollten. Trotz seiner Probleme und seines Charakters. Severus wollte den Kopf schütteln, unterbrach es aber sofort als der Schmerz wie ein Blitz sein Rückgrat entlang schoss. Er würde einfach hier sitzen bleiben und hoffen, dass er es nachher irgendwie ins Bett schaffte.
 

Harry stolperte mehr schlecht als recht aus dem Kamin, unterdrückte einen Hustenanfall und sah sich um, wieso war es hier so dunkel? Es war gerade mal neun, Severus konnte noch nicht im Bett sein. „Lumos“, flüsterte er. Der Zauber sprang von seiner Zauberstabspitze auf die magischen Lampen, die an den Wänden befestigt waren. Und zeigten Harry, dass er wirklich allein im Wohnzimmer von Severus stand. Severus hatte ihm das Passwort für seine privaten Räume in Hogwarts gegeben, eigentlich nur für Notfälle aber Harry war sich sicher, dass es ein Notfall war. Er ging schnell ins Arbeitszimmer, fand es aber auch verlassen vor also wandte er sich zum Schlafzimmer und hier wurde er fündig.
 

Leise schlich er ins Schlafzimmer, Severus schlief aber irgendwie sah er nicht sehr entspannt aus. Die Gesichtszüge waren hart, verspannt und er lag auch sehr verkrampft da. Harry schüttelte den Kopf und ging ins Bad, der Kerl war wirklich so stur wie Hippocrates gesagt hatte. Nein, er konnte seinen Stolz nicht runter schlucken und zu den Massagen gehen, da litt er lieber unter seinen Schmerzen. Er ließ ein Bad ein, zusammen mit den Kräuteressenzen, die ihm Isabella mitgegeben hatte. Dann ging er zurück ins Schlafzimmer, setzte sich auf die Bettkante und sagte, „Severus, wach auf.“

Fast sofort schlug Severus die Augen auf und sah ihn fragend und etwas überrascht an.

„Keine Antwort?“, fragte Harry.

Kopfschütteln.

„Gut, dann nimmst du wenigstens in deiner Freizeit keine sinnlosen Tränke. Ich habe dir ein Bad eingelassen und du wirst dich jetzt ohne Widerworte oder Flüche in die Wanne begeben. Dann klären wir welche Stellen deines Körper am meisten weh tun und das auch ohne Widerworte oder Flüche. Und dann wirst du dich von mir massieren lassen“, erklärte Harry in einem Ton, den Severus noch nie bei ihm gehört hatte.

Eine Augenbraue wanderte langsam nach oben doch schließlich nickte er und versuchte sich langsam hoch zu stemmen. Harry griff ihm schnell unter die Arme und half ihm ins Bad. Er konnte allerdings nicht verhindern, dass Severus seinen Zauberstab mitnahm.
 

„Ich kann mich alleine ausziehen also raus!“

„Aber...“

„Ich bin ohne Widerworte ins Bad und gehe auch ohne Widerworte in die Wanne. Vom Ausziehen war keine Rede also raus.“

Harry starrte die Worte an und sagte, „das ist Haarspalterei.“

„Dann drück dich halt beim nächsten Mal genauer aus. Harry, ich kann mich selbst ausziehen.“

„Okay, aber du meldest dich wenn du fertig bist. Das Anziehen kannst du dir bis auf die Unterhose sparen.“

„Bitte? Ich habe mich gerade verhört, oder?“

„Nein, hast du nicht. Ich will dich massieren und habe ein Öl von Hippocrates dazu bekommen. Das Öl funktioniert nicht wenn du angezogen bist, deine Kleidung ist nicht verkrampft. Also stell dich nicht so an“, sagte Harry ernst.

Er wusste genau warum Severus sich so anstellte, er schämte sich für seinen Körper und wollte sich vor Harry nicht halb nackt zeigen. Doch langsam war Harry der Meinung, dass er diese Komplexe langsam überwinden musste. Er wollte sich schließlich nicht immer nur an seine Schlafklamotten kuscheln sondern auch mal nackte Haut unter den Fingern haben. In Severus' Gesicht arbeitete es doch schließlich nickte er.

„Raus mit dir, ich komme dann rüber.“

Damit war Harry zufrieden, er gab ihm noch einen Kuss und verließ dann das Bad. Severus seufzte kurz, zog sich aber dann aus und stieg vorsichtig in die Wanne. Er konnte sich ein erleichtertes Stöhnen nicht verkneifen, was auch immer Harry ins Wasser getan hatte, es wirkte. Wenn er sich etwas konzentrierte, könnte er wahrscheinlich die Inhaltsstoffe heraus riechen aber dazu hatte er keine Lust. Also schloss er die Augen, lehnte den Kopf an den Rand und genoss.
 

Nach einer knappen halben Stunde tauchte Severus wieder im Schlafzimmer auf, allerdings nicht wie von Harry gewünscht nur in Unterhose sondern in seiner normalen Schlafhose und mit freiem Oberkörper. Noch bevor Harry protestieren konnte, schrieb er, „Ich diskutiere nicht über meine Hose. Die bleibt da wo sie ist, meinen Beinen geht es gut.“

„Da hat Hippocrates was anderes gesagt.“

„Wer hat die Schmerzen? Er oder ich? Ich werde ja wohl wissen wo es am meisten weh tut, oder?“

Die Schrift war abgehakt und zornig. Harry verstand, dass er sich auf einer sehr dünnen Grenze bewegte und beschloss, sein Glück nicht zu strapazieren. „Leg dich hin. Wo ist der größte Schmerz?“, fragte er mit einem Deut auf die Liege, die er aus dem St. Mungo mitnehmen durfte.

„Der komplette Rücken.“

„Das war einfach“, murmelte Harry während er beobachtete wie sich Severus langsam auf die Liege legte. Es war ihm anzusehen, dass er scheinbar furchtbare Schmerzen hatte. Harry atmete tief durch, er war nervös denn er wollte nichts falsch machen.

„Du musst nicht wenn es dir zuwider ist.“

„Idiot. Ich bin nervös, ich hatte nur drei Tage um die Griffe zu lernen und ich weiß, wie schnell du mit dem Zauberstab bist wenn dir jemand Schmerzen zufügt“, knurrte Harry.

„Seit wann stehen Massagen gleich am Anfang auf dem Unterrichtsplan eines Heilers?“

„Seit besagter Heiler mit dem Schrecken des St. Mungos zusammen ist. Hippocrates muss wohl mit Isabella geredet haben und als ich am Montag im St. Mungo aufgetaucht bin, hat sie mich gleich zu den Masseuren geschickt. Da habe ich die letzten drei Tage verbracht und ich denke, ich kann dir zumindest etwas helfen“, erklärte Harry während er an die Liege trat und das Öl zur Hand nahm. „Du könntest nicht zufällig den Zauberstab weg tun, oder?“, fragte er.

Severus sah ihn von der Seite her an, seufzte dann und warf den Stab aufs Bett. Harry starrte das Stück Holz einen Moment an und sagte dann schlicht, „Danke.“

„Pfft.“

Jetzt grinste Harry und nahm sich etwas von dem Öl, es war durch einen Zauber schon angewärmt und dennoch zögerte er einen Moment. Er wollte Severus nicht weh tun. Als er allerdings dessen Blick auf sich spürte, überwand er seine Angst und fing an.
 

In den ersten Minuten waren Beide völlig verkrampft, Severus vor Schmerzen und Harry vor Unsicherheit.

„Ich möchte dir nicht mehr weh tun als ich sowieso schon tu. Kannst du dich irgendwie bemerkbar machen wenn es unerträglich wird? Möglichst ohne mich zu verfluchen“, bat Harry leise.

Er bekam ein Nicken, was dazu spürte, dass sich zumindest Harry etwas entspannte. Zwar war er sich nicht sicher wie sich Severus bemerkbar machen würde aber er hoffte, dass es für ihn schmerzlos war. Nur wenige Sekunden später, als er gerade in Richtung linkes Schulterblatt massierte, wurde ihm demonstriert, dass Severus keine Worte zur Kommunikation brauchte, er knurrte ihn einfach an.

„Ok, das versteh ich“, lachte Harry und massierte an dieser Stelle etwas sanfter.

Nach ein paar Minuten testete er ob er wieder etwas mehr Kraft aufbringen konnte und wurde wieder angeknurrt. Zusätzlich wandte Severus den Kopf um ihm einen warnenden Blick zuzuwerfen.

„Also lassen wir die Stelle?“, fragte Harry.

Nicken.

Ohne weitere Worte wandte sich Harry der nächsten Stelle zu und so arbeiteten sie sich über Severus' Rücken.

Am Anfang war sich Severus nicht sicher gewesen ob diese Massage eine gute Idee war. Er hatte einfach zu viele schlechte Erfahrungen gemacht, denn viele Masseure übergingen sein, „ich habe Schmerzen“, einfach und machten unbeirrt weiter. Harry wäre nicht der Erste gewesen, den er bei der Massage verflucht hätte aber scheinbar hatte sein Freund doch mehr Verständnis als er gedacht hatte. Nachdem er bewiesen hatte, dass er auf Severus' Warnungen reagierte, konnte er sich auch langsam entspannen. Langsam zeigte die Massage Wirkung, er konnte förmlich fühlen wie sich die hartnäckigen Knoten in seinem Körper langsam auflösten. Er hoffte wirklich, dass er diese Nacht schlafen konnte.
 

Nach knapp fünfzehn Minuten musste Harry sich allerdings eingestehen, dass er die Massage unterschätzt hatte denn seine Hände taten höllisch weh und durch die ungewohnte Haltung verkrampfte sich langsam sein Rücken. Doch er wollte unbedingt durchhalten. Severus schien das anders zu sehen denn er richtete sich langsam auf.

„Ich bin noch nicht fertig“, sagte Harry schnell.

Der Zauberstab flog zu Severus und er schrieb, „deine Hände sind schon völlig verkrampft, lass es für heute gut sein.“

„Wie fühlst du dich? Ich hoffe, ich habe es nicht schlimmer gemacht.“

„Nein, es geht.“

„Das klingt nicht sehr positiv“, sagte Harry traurig.

„Ich werde wohl die Nacht wieder schlafen können. Du kannst also gehen.“

„Ich dachte eigentlich daran bei dir zu schlafen. Gestern bin ich in der Küche aufgewacht.“

Severus musste sich ein Grinsen verkneifen, nickte aber und stand langsam auf. „Dann ab ins Bett. Wann musst du zurück sein?“

„Ich kann noch mit frühstücken, wenn es geht aber nicht in der großen Halle.“

„Wir können hier frühstücken, kein Problem.“

Harry lächelte und wischte sich die Hände an einem Tuch ab. Danach säuberte er noch die Liege, denn etwas Öl war doch auf das Leder getropft und Isabella würde ihn einen Kopf kürzer machen wenn er die Liege dreckig zurück brachte. Noch schnell ein Schrumpfzauber und schon konnte er sie wieder in seine Tasche stecken. Erst dann wandte er sich Severus zu, der auf seiner Bettkante saß und ihn ansah. Ein Wink und er hatte seinen normalen, dünnen Pullover, den er zum schlafen trug, in der Hand.

„Wegen mir musst du dich nicht anziehen“, sagte Harry schnell, diese Chance wollte er schließlich nicht ungenutzt verstreichen lassen. Vor allem weil ihm sonst wieder der Mut fehlen würde.

Severus musterte ihn einen Moment bevor er schrieb, „gleiches Recht für Beide. Entweder oder.“

Harry verstand und zauberte sich kurzerhand in seine Pyjamahose, das Oberteil ließ er weg. Doch dann zögerte er, Severus' Blick änderte sich sofort und noch bevor Harry etwas sagen konnte, hatte er den Pullover doch angezogen. Harry wusste im ersten Moment nicht ob er sich oder ihn verfluchen sollte. Er war feige gewesen und Severus hatte wieder mit Rückzug reagiert.

„Wenn du hier schlafen willst, komm ins Bett.“

Diesmal zögerte Harry nicht, er durchquerte den Raum, zauberte Severus' Pullover wieder weg und rutschte schließlich unter die Decke. Er konnte Severus nicht ansehen, spürte aber dessen Blick auf sich ruhen bevor er auch unter die Decke kam.

Ohne weiteres Zögern rutschte Harry an ihn ran, stützte sich auf einen Ellenbogen und musterte ihn, Severus ließ ihn. In seiner Nervosität hatte Harry vorhin keinen Blick für ihn gehabt, er hatte sich nur Sorgen gemacht, dass er die Massage richtig hinbekommen würde. Doch jetzt fiel ihm auf wie dünn Severus eigentlich war, viel zu dünn. Die Haut sah auch nicht gesund aus, blass, teils sogar wässrig und von unzähligen kleinen und größeren Narben überzogen. Sein Blick ging automatisch zu seinem Hals, er hatte von der Narbe von Naginis Biss bis jetzt nur die Ränder gesehen. Dick, wulstig, mehrfach geteilt, in einem hässlichen Dunkelrot, einfach entstellend und unglaublich hässlich.

Er musterte sie kurz, es war eigentlich ein Weltwunder, dass er den Biss überhaupt überlebt hatte. Sein Blick ging weiter, zum linken Unterarm von Severus, den er auf den Bauch gelegt hatte. Das Dunkle Mal. Er sah es nicht zum ersten Mal aber egal wie oft er es sah, es verursachte einen kalten Schauer, der ihm langsam über den Rücken kroch. Langsam streckte er die Hand aus, Severus hielt ihn nicht auf als er mit den Fingerspitzen über die dunklen Linien fuhr. Noch immer glaubte er die dunkle Magie von Voldemort darin zu spüren aber das war nur Einbildung, es war einfach nur noch ein extrem hässliches Tattoo.

„Es ist hässlich“, sagte Harry abwesend.

„Dann passt es ja zu mir.“

„Idiot.“

„Danke. Willst du noch hier schlafen?“

Harry hob den Kopf um ihn anzusehen, Severus war auf eine Ablehnung gefasst.

„Natürlich. Ich werde in Zukunft unter der Woche hier schlafen. Für mich ist das Flohen kein Problem und für meine Ausbildung ist es egal wo ich lerne. Für meinen Rücken ist es allerdings sehr viel erholsamer wenn ich in einem Bett schlafe“, erklärte Harry, der es sich jetzt neben Severus bequem machte.

Das Gefühl von nackter Haut an nackter Haut war im ersten Moment seltsam, warm, weich aber auch fremd und ungewohnt aber nicht schlecht. Ganz und gar nicht schlecht. Mit einem zufriedenen Seufzen entspannte sich Harry, ein Arm wanderte auf Severus' Bauch und blieb dort neben dessen Arm liegen, die Hand direkt auf dem dunklen Mal.

„Gute Nacht.“

„Ebenfalls. Und wenn ich zu schwer werde, mach dich bemerkbar.“

„Ich schubs dich dann einfach aus dem Bett.“

Harry lachte leise, kuschelte sich enger an ihn und schloss die Augen. Er war sehr zuversichtlich, dass er heute im Bett bleiben würde und nicht wieder umher wandern würde.

Das Gefühl war viel zu lange her, stellte Severus in diesem Moment fest. Der warme Atem, der ihm über die nackte Brust streifte, verursachte ihm jedes Mal eine Gänsehaut. Wie sollte er da bitte schön schlafen? Aber um nichts in der Welt würde er es ändern wollen denn es fühlte sich einfach herrlich an. Wenn es nur mehr geben könnte. Wieder verfluchte er seine körperlichen Schwächen aber er konnte es nicht ändern, er konnte Harry nur das geben, was er hatte. Er musste hoffen, dass es genug war. Vorläufig schien es für Harry genug zu sein und er konnte nur hoffen, dass es so blieb. Mit diesem Gedanken schloss Severus die Augen, blendete die Schmerzen so weit es ging aus und versuchte zu schlafen.
 

Harry wachte am nächsten Morgen auf weil ihm kalt war. Verwundert schlug er die Augen auf und sah sich um, er war alleine. „Severus?“ Ein Geräusch kam aus dem Bad und kurz darauf erschien Schrift auf der Badtür.

„Alles in Ordnung.“

„Kommst du wieder ins Bett oder kann ich aufstehen?“, rief Harry, der mit Schrecken festgestellt hatte, dass es gerade mal kurz vor halb sechs war. Damit hatte er noch fast drei Stunden bis er im St. Mungo sein musste, sein Tag begann um halb neun und wann Severus anfing, blieb ihm überlassen, er hatte ja keinen Unterricht mehr.

„Schlaf weiter, ich bleibe auf.“

„Was ist los?“, fragte Harry alarmiert.

Die Badtür öffnete sich und Severus humpelte ins Zimmer, er musste sich schwer an der Wand abstützen. Seufzend erhob sich Harry, ging zu ihm und half ihm zurück ins Bett.

„Hast du Schmerzen?“

Nicken.

„Stark?“

Nicken.

„Kann ich dir irgendwie helfen?“

Wieder ein Nicken. Sie hatten das Bett erreicht und Severus ließ sich vorsichtig darauf nieder.

„Was denn? Soll ich dir was holen? Brauchst du was?“, fragte Harry.

Statt einer Antwort legte sich Severus hin und zog ihn einfach mit sich. Es dauerte einen Moment bis Harry verstand und es sich an ihm bequem machte.

„Das soll helfen?“, fragte zweifelnd.

„Es macht die Schmerzen erträglicher.“

„Machst du die Übungen eigentlich noch?“

„Nein. Das geht nicht allein und das weißt du auch.“

„Dann könnten wir wieder damit anfangen wenn ich eh hier bin. Zumindest so weit es dir möglich ist“, schlug Harry vorsichtig vor. Er rechnete nicht wirklich mit einer positiven Antwort doch Severus schrieb.

„Lass uns noch eine Stunde hier liegen, dann machen wir ein paar Übungen und dann frühstücken wir. Einverstanden?“

„Ja, sogar sehr.“ Damit legte er den Kopf wieder an Severus' Brust und schloss die Augen, er döste langsam wieder weg.
 

Die Tage pendelten sich langsam ein auch wenn es Severus mehr als unangenehm war. Er hatte die Hoffnung gehabt, dass er seine Schwäche unter der Woche vor Harry verstecken konnte aber da dieser kurzerhand bei ihm in Hogwarts eingezogen war, ging das natürlich nicht. Ihm war es furchtbar peinlich aber Harry schien es entweder nicht zu sehen oder es störte ihn wirklich nicht. Das Letztere konnte Severus allerdings nicht glauben. Auch wenn er das Harry gegenüber nie zugeben würde, er vermutete aber, dass der es genau wusste.
 

„Schluss“, keuchte Severus.

Harry sah ihn überrascht an, nickte aber dann und streckte sein Bein langsam wieder aus. „Noch einmal?“, fragte er sicherheitshalber.

„Nein, Schluss. Ich kann nicht mehr.“

Diesmal fragte Harry nicht nach, sie waren mittlerweile an einem Punkt angekommen wo er respektierte, wenn Severus Schluss sagte. Denn er wusste wie schwer es Severus fiel, zuzugeben, dass er am Ende war.

„Soll ich dir ein Bad einlassen?“

„Nein, ich geh nur schnell duschen.“

„Dann eine Massage danach“, schlug Harry vor.

Severus nickte nur während er sich erhob und ins Bad ging. Harry runzelte die Stirn, sein Freund humpelte wieder stärker als gestern. Er würde ihn darauf ansprechen, nach der Massage, wenn er entspannter war. Denn noch immer war Severus sehr schnell mit dem Zauberstab.
 

„Hältst du dich eigentlich noch an die Diät?“, fragte Harry während er einen besonders hartnäckigen Knoten in der linken Schulter bearbeitete, natürlich sehr sanft denn sonst würde er nur wieder angeknurrt werden.

„Natürlich, diese verfluchten Hauselfen setzen mir ja nichts anderes vor“, murrte Severus, „Fino muss mit ihnen geredet haben.“

„Nimmst du noch deine Tränke?“, fragte Harry weiter.

„Ja, alle Notwendigen. Was soll die Fragerei?“

„Du humpelst stärker als gestern. Hast du stärkere Schmerzen?“

„Nicht mehr als sonst. Ich hatte den Zauber allerdings die ganze Nacht über auf mir“, erklärte Severus.

Harry stockte kurz und fragte, „wieso?“

„Weil es sinnvoller ist.“

„Aber dein Körper entspannt sich doch Nachts. Das braucht er doch, oder?“, fragte Harry überrascht.

„Vor allem geht mein Körper wieder in die Schieflage und das tut mehr weh als der Zauber. Wenn ich ihn drauf lasse, ist mein Körper gezwungen die richtige Haltung aufrecht zu halten und so gewöhnt er sich schneller daran“, murmelte Severus, „weiter rechts.“

Gehorsam wanderten Harrys Hände weiter nach rechts und machten sich daran langsam die Wirbelsäule runter zu massieren. Mittlerweile konnte er es sogar richtig gut. Was er hauptsächlich Isabella zu verdanken hatte denn sie schickte ihn jeden Tag nach dem Unterricht und den Lehrstunden noch eine Stunde zu den Masseuren. Dort lernte er neue Griffe, übte die Alten und trainierte seine Hände damit er länger durchhielt. Natürlich probierte er jeden neuen Griff noch am selben Tag an seinem Freund aus.

„Ist das gesund?“, fragte er schließlich.

„Keine Ahnung, wer von uns will denn Heiler werden?“, gab Severus schon im Halbschlaf zurück. Auch wenn er es nie zugeben würde aber diese allabendlichen Massagen wirkten sich sehr positiv auf seinen körperlichen Zustand aus. Die extremen Schmerzen blieben weg, er konnte wesentlich besser laufen und sich allgemein bewegen und er schlief auch besser.

„Also soll ich morgen einfach mal fragen?“

„Wenn du die Antwort wissen willst, dann ja. Genug für heute, lass uns schlafen gehen“, schlug Severus vor.

„Gute Idee.“

Schnell waren die Sachen weggeräumt, Harry hatte sich längst eine eigene Massageliege gekauft und noch schneller lagen sie zusammen unter der Decke.

Als sich Harry allerdings wie immer an ihn kuscheln wollte, wurde er weggeschoben. „Hey, was soll das?“

„Umdrehen, sofort!“

Etwas verwundert und auch erschrocken über den barschen Ton drehte sich Harry unsicher um, nur um dann zu grinsen. Severus war an ihn ran gerutscht und kuschelte sich an seinen Rücken. Warum konnte der Kerl nicht einfach mal etwas nett sagen? Nein, er knurrte einen lieber an.

„Gute Nacht, Severus.“

„Hm.“

Harry schüttelte innerlich den Kopf, legte dann die Hände auf die Arme, die um seinen Bauch lagen und kuschelte sich eng an ihn. Das hier war eigentlich auch toll, warum lagen sie nicht öfters so? Ach ja, weil Severus sich dann eine Schwäche eingestehen müsste denn ein Severus Snape kuschelte ja nicht. Manchmal war er echt schwierig.
 

Müde und erschöpft machte sich Harry auf den Weg in die Station für Verletzungen durch Tierwesen, er wollte eigentlich nur noch nach Hause aber er musste noch mit Hippocrates reden. Er konnte sich nicht vorstellen, dass es gesund war wenn Severus diesen Zauber zur Körperkorrigierung vierundzwanzig Stunden am Tag auf sich trug. Da er Hippocrates nicht in seinem Büro vorfand, fragte er sich kurzerhand durch. Er hatte keine Lust ihn ewig zu suchen.
 

„Harry, was willst du denn hier? Hast du bei Isabella nicht genug zu tun?“, fragte Hippocrates. Er war gerade aus dem Zimmer eines Patienten gekommen und war förmlich in Harry rein gelaufen.

„Ich muss mit dir reden.“

„Albus oder Severus?“

„Severus. Von Albus habe ich erst gestern den Bericht von Oliver bekommen“, sagte Harry, „auch wenn es mir schwer fällt aber für meinen Sohn kann ich momentan nichts tun. Er hasst mich mehr denn je und wird wahrscheinlich nie wieder mit mir reden.“

Der Heiler nickte und fragte, „was hat der Grinch jetzt wieder gemacht?“

Harry konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, Hippocrates und Severus waren so etwas wie Freunde und das war halt seine Art um es zu zeigen. Er sorgte sich um Severus, auch wenn er eine seltsame Art hatte um das auszudrücken.

„Eigentlich ist er momentan brav, er hält sich peinlich genau an alle Anordnungen. Ich bin aus eigenem Antrieb hier. Er löst den Korrigierungszauber nicht auf, er lässt ihn immer auf sich und ich wollte dich fragen ob das gesund für ihn ist?“, erklärte Harry.

„Tag und Nacht?“

„Ja.“

„Hm, das hatte ich befürchtet.“

„Ist es gesundheitsschädlich?“

Hippocrates schüttelte den Kopf und erklärte, „nicht wirklich. Lass mich raten, er hat gesagt, dass die Schmerzen dann Nachts nicht so schlimm sind?“ Harry nickte, was Hippocrates ebenfalls mit einem nachdenklichen Nicken beantwortete und dann sagte, „er muss sich belesen haben. Der Zauber wirkt natürlich besser wenn er nicht aufgelöst wird. Aber die Meisten halten die Schmerzen durch die Korrektur nicht über Nacht aus und lösen den Zauber deswegen auf. Normalerweise entspannt sich der Körper und die Schmerzen gehen nach einiger Zeit weg, bei Severus dürfte das nicht der Fall sein. Die Schmerzen Nachts müssen stärker sein als tagsüber und deswegen hat er diese Lösung gewählt. Was eigentlich für seine Haltung nicht so schlecht ist. Lässt er sich von dir massieren?“

Isabella hatte ihm von diesen Extrastunden bei den Masseuren erzählt und auch gleich angedeutet, dass sie nicht glaubte, dass Severus sich massieren ließ. Der Kerl hatte im St. Mungo mittlerweile einen sehr schlechten Ruf weg.

Zu seiner Überraschung grinste Harry und sagte, „auch wenn du es mir genauso wenig glauben wirst wie Isabella und Markus aber er lässt sich freiwillig von mir massieren. Nicht ich hole nach den Übungen das Öl für die Massage.“

„Ernsthaft? Dann habe ich zwei Galleonen verloren.“

„Du hast gewettet, ob Severus sich von mir massieren lässt?“, fragte Harry lachend.

„Natürlich und ich bin nicht der Einzige. Aber Oliver hat gewonnen, der Rest hat gegen dich gewettet“, erklärte Hippocrates grinsend.

„Super. Was laufen noch für Wetten?“

Jetzt wurde das Grinsen noch breiter und Hippocrates sagte, „es steht fünf zu eins gegen dich, dass er dieses Wellnesswochenende mit Schwimmtherapie mitmacht.“

Harry starrte ihn einen Moment an bevor er in Gelächter ausbrach, das musste er Severus erzählen.
 

Genau das tat er am Abend und die Reaktion war dieselbe, Severus brach in Gelächter aus. „Ich wette mit“, sagte er irgendwann, noch immer grinsend.

„Gegen oder für mich?“, fragte Harry.

„Für dich, wir machen dieses verdammte Wochenende, es war schließlich dein Weihnachtsgeschenk.“

„Echt? Wann wollen wir fahren?“, fragte Harry begeistert.

„Hast du nicht gesagt, dass du meine Krankenakte vor schicken sollst? Dann würde ich vorschlagen, du holst sie bei Hippocrates ab, schickst sie hin und wir fahren am ersten oder zweiten Februarwochenende“, schlug Severus vor.

„Gibt er mir die Akte einfach? Was ist mit der Verschwiegenheitspflicht? Da stehen doch garantiert auch Dinge drin, die du mir nicht gesagt hast weil du dich unsinnigerweise dafür schämst“, sagte Harry. Er konnte den bitteren Unterton nicht ganz aus seiner Stimme verbannen, er rechnete mit einem Ausbruch oder einem Fluch aber Severus schüttelte den Kopf.

„Da steht nichts drin, was du nicht mehr oder weniger weißt. Dass ich im Koma lag, fast gestorben bin, die Dialyse und die Reha, die sinnlosen Therapieversuche und meine momentane Verfassung mit all ihren negativen Seiten. Also nichts, was du nicht weißt. Außerdem gehe ich davon aus, dass du die Akte nimmst, sie an eine Eule bindest und in dieses Hotel schickst und nicht, dass du erst mal ne Stunde darin rum stöberst. Hippocrates wird sie dir geben, er hat von mir eine Vollmacht bekommen.“

Etwas sprachlos starrte Harry ihn an und schließlich fragte er, „Vollmacht?“

„Natürlich. Bei den Tränken, die ich nehme, und meinen Vorerkrankungen kann es jederzeit zu einem Herzinfarkt oder anderen Nettigkeiten kommen und sollte ich nicht in der Lage sein, mich selbst zu artikulieren, bist du der Bevollmächtigte. Zusammen mit Hippocrates“, sagte Severus ruhig und ernst.

„Wieso?“

„Weil ich das so wollte. Du musst natürlich gar keine Entscheidung treffen und kannst Hippocrates alles überlassen aber ich denke mal, ihr werdet euch einig.“

„Seit wann?“, fragte Harry immer noch fassungslos. Er konnte nicht glauben, dass Severus ihm so sehr vertraute um ihn in so eine Vollmacht einzutragen.

„Etwa einen Monat vor Weihnachten.“

Jetzt entgleisten Harry sämtliche Gesichtszüge.

„Was?“, fragte Severus. Er verstand nicht wirklich, wo jetzt das Problem lag. „Harry, wo liegt dein Problem? Wenn du es nicht willst, schicke ich Hippocrates eine Eule und lasse es umändern“, sagte er schließlich. Ihm war der Gedanke gekommen, dass er Harry damit zu sehr an sich band und er das nicht wollte.

„Untersteh dich“, knurrte Harry sofort, „ich war nur überrascht, dass du mir so sehr vertraust um mir so eine Entscheidung zu überlassen.“

„Wenn ich mich eh nicht wehren kann, ist es mir egal. Wenn ich mich wieder wehren kann, verfluche ich dich einfach“, gab Severus schulterzuckend zurück.

„Natürlich. Also bringe ich morgen die Akte mit und schicke sie weg. Dann müssen wir die Antwort abwarten und dann können wir schon hin“, sagte Harry fröhlich.

„Ich bin begeistert.“

„Nur wegen der Schwimmtherapie? Mensch, so schlimm kann es doch nicht sein. Hast du überhaupt eine Badehose?“

„Natürlich nicht. Wozu auch? Ich war seit zwanzig Jahren nicht mehr schwimmen“, knurrte Severus.

„Dann wird es Zeit.“

„Heute nicht mehr. Lass uns schlafen gehen.“

„Die Übungen?“, fragte Harry.

„Heute nicht“, war die abweisende Antwort.

Harry nickte, ihm war schon aufgefallen, dass Severus heute nicht gut beisammen war. Er saß seltsam und bewegte sich nur sehr schwach. „Dann ab ins Bett.“

Kapitel 31

Kapitel 31
 

Vier Wochen später standen Severus und Harry vor dem Eingang eines Muggelhotels. Alles war hell und freundlich, bunte Blumen wuchsen in gepflegten Rabatten entlang des Weges und in großen Kübeln vor dem Eingang. Menschen liefen an ihnen vorbei, schenkten ihnen nur kurze Blicke bevor sie sich wieder abwandten.

„Ich will wieder gehen“, sagte Severus gerade.

„Nichts. Wir werden erwartet. Außerdem will ich dich in Badehose sehen“, grinste Harry.

Er bekam ein leises Knurren und einen mörderischen Blick zu geworfen. Dann wandte Severus ruckartig den Kopf und ging einfach los, Harry folgte ihm mit einem breiten Grinsen im Gesicht.
 

„Schönen guten Tag, was kann ich für Sie tun?“, fragte die Frau hinter der Rezeption mit einem freundlichen Lächeln.

„Snape, wir haben reserviert“, knurrte Severus.

Das Lächeln gefror, blieb aber professionell auf ihrem Gesicht während sie im Computer nachsah und schließlich nickte, „ja, hier sind Sie. Ein Doppelzimmer mit dem Premiumpaket. Sie möchten sich bestimmt erst frisch machen und sich danach in den Wellnessbereich begeben. Hier steht, dass Sie eine Sitzung bei Herrn Samuel Miller haben. Soll ich Herrn Miller informieren, dass Sie da sind?“

„Ja. Der Zimmerschlüssel“, forderte Severus.

Die Frau sah ihn etwas verschreckt an, warf Harry einen hilflosen Blick zu, nickte aber dann und kramte unter ihrer Theke rum. Schließlich legte sie ein Blatt Papier und eine kleine Plastikkarte auf die Theke.

„Mit dieser Karte haben Sie überall Zugang. Sie gilt gleichzeitig als Zahlungsmittel, wenn Sie zusätzliche Dienste nutzen möchten. Der Gesamtbetrag wird Ihnen dann am Ende ihres Besuches in Rechnung gestellt. Wenn Sie dieses Formular bitte noch ausfüllen wollen“, sagte die Frau bemüht ruhig.

Statt einer Antwort nahm sich Severus die Karte und ging.

Harry seufzte leise und trat an die Theke. „Entschuldigen Sie bitte sein Verhalten, die Anreise war lang und er ist müde“, sagte er lächelnd.

„Schon in Ordnung“, gab die Frau mit einem gequälten Lächeln zurück, „unser Therapiebereich ist sehr bekannt und hier kommen viele Menschen mit starken Schmerzen her. Da ist man einiges gewöhnt.“

Harry musste sich beherrschen um nichts zu sagen, er lächelte einfach nur vielsagend und füllte das Formular aus, einige Zeilen musste er frei lassen. Sie hatten schlicht und einfach keine Telefonnummer oder Email-Adresse. Als er das Formular zurückgab, runzelte die Frau zwar die Stirn, sagte aber nichts.

„Können Sie mir noch die Zimmernummer geben?“, fragte Harry, „irgendwie konnte ich nicht schnell genug auf die Karte gucken.“

„Zimmer 202. Sie gehen einfach da vorne zu den Aufzügen, zweiter Stock und dann gleich nach rechts“, erklärte die Frau lächelnd, „möchten Sie vielleicht eine zweite Karte?“

„Nein, wir werden uns schon einig“, grinste Harry, „wie lange dauert es bis wir mit Herr Miller sprechen können?“

„Etwa eine halbe Stunde. Sie können sich etwas frisch machen. Der Therapiebereich befindet sich dort hinten links, das Büro von Herr Miller ist gleich die erste Tür links. Soll er Sie nochmal auf dem Zimmer anrufen?“

„Nein, wir gehen dann einfach hin. Sagen Sie ihm, dass wir in einer halben Stunde da sind“, sagte Harry bevor er sich verabschiedete und samt Koffer zum Aufzug ging. Er hoffte, dass sich Severus etwas beruhigt hatte denn er hatte keine Lust dessen schlechte Laune mit zu dem Treffen mit dem Physiotherapeuten zu nehmen.
 

Seine Hoffnung wurde nicht erfüllt. Als er ihr Zimmer betrat, saß Severus auf dem Bett und allein die Haltung zeigte ihm, dass er starke Schmerzen haben musst. Einen Schmerztrank durfte er nicht nehmen denn die Therapeuten hatten gesagt, dass sie ihn möglichst clean kennenlernen wollten und das hieß, dass er vierundzwanzig Stunden vorher keinen Trank nehmen durfte. Eigentlich sollte er gar keinen Trank nehmen aber bei dem Sprachtrank hatte sich Harry die Zähne ausgebissen, er hatte ihn genommen.

„Wir werden in einer halben Stunde beim Therapeuten erwartet“, sagte er vorsichtig.

Er war sich nicht sicher wie sein Freund reagieren würde doch statt eines Fluches bekam er nur ein müdes Nicken.

Harry setzte sich neben ihn, legte eine Hand auf sein Bein und fragte, „wollen wir den Termin verschieben? Wir können auch morgen hin gehen und uns heute ausruhen.“

„Sollte morgen nicht schon deine dämliche Schwimmtherapie anfangen?“, fragte Severus.

„Auf einen Tag kommt es ja nicht an wenn es dir heute so schlecht geht.“

„Nein, wir haben diesen Termin und gehen auch hin, ich drücke mich nicht vor einem einfachen Arzttermin“, knurrte Severus.

„Frisch machen oder auf dem Bett dösen?“, fragte Harry.

Er wurde von der Seite angesehen bevor sich Severus einfach nach hinten fallen ließ, ihn mit sich ziehend. Lachend machte er es sich an Severus bequem, der noch schnell einen Alarmzauber murmelte und dann die Augen schloss. Er würde zwar nicht schlafen können aber die halbe Stunde Ruhe würde ihm gut tun.
 

Genau eine halbe Stunde später standen sie vor der Bürotür des Therapeuten und klopften an. Ein freundliches „Herein“ erklang und sie folgten der Aufforderung. Der Mann, der sie empfing, war groß, blonde Haare und ein freundliches Lächeln, das Severus sofort leise knurren ließ.

„Schönen guten Tag,“ sagte er ohne auf das Knurren einzugehen.

Während Harry ihn normal begrüßte, schwieg Severus, die halbe Stunde hatte ihm zwar körperlich gut getan aber er hatte immer noch Schmerzen.

„Gleich am Anfang, Sie können gerne Samuel sagen, ich fühle mich sonst so alt. Aber setzen Sie sich doch erst mal“, sagte Samuel.

„Dann bin ich Harry.“

„Snape.“

Harry ließ demonstrativ den Kopf hängen, sagte aber nichts und auch Samuel sagte dazu nichts sondern schlug stattdessen eine Akte auf.

„Ich habe mich nochmal mit Heiler Smethwyck in Verbindung gesetzt um ein paar Fragen zu klären. Interessanterweise habe ich als allererstes eine Reihe von Sicherheitsvorkehrungen zu hören bekommen“, begann Samuel, „erst nach knappen zwanzig Minuten konnten wir dann endlich über meine Fragen reden. Muss ich irgendetwas beachten, was Heiler Smethwyck vergessen hat?“

„Kommt drauf an, was er gesagt hat“, sagte Harry mit einem Seitenblick auf Severus.

„Er hat mir einige Notfall-Schutzzauber gesagt. Die Übungen beschrieben, die ihr momentan machen solltet. Ich habe den Diätplan erhalten. Und die dringende Aufforderungen auf ein Nein schnell zu reagieren und nicht zu sagen, dass bei dieser Übung keine Schmerzen auftreten sollten“, sagte Samuel.

„Sehr vernünftig“, knurrte Severus.

„Ja, mach ihm nur Angst. Was Hippocrates gesagt hat, hat schon Sinn. Wie gehen wir jetzt vor?“, fragte Harry.

Samuel sah etwas verwirrt von Harry zu Severus, es war nicht schwer zu erkennen, was er dachte. Warum sprach Severus nicht für sich selber? Aber er würde den Rat seines englischen Kollegen beherzigen und nicht nachfragen. Er wandte sich aber jetzt an Severus, „ich würde Sie gerne untersuchen. Danach kann ich den genauen Therapieplan erstellen.“

„Warum? In der Akte steht alles drin“, knurrte Severus.

„Ich würde mir gerne ein persönliches Bild von ihrem Zustand machen. Natürlich steht alles in der Akte drin aber ich könnte einen besseren Plan machen wenn ich Ihren Zustand persönlich sehe“, erklärte Samuel ruhig, „zudem ich so auch einschätzen kann, wo ihre Grenzen liegen und das ohne mich einem Zauberstab gegenüber zu sehen.“

Jetzt grinste Harry während Severus nur nickte und fragte, „welche Untersuchungen?“

„Ein Ganzkörperdiagnosezauber, ein Blutbild und ich würde gerne Ihr Gangbild sehen ohne den Korrigierungszauber“, erklärte Samuel.

Wieder kam nur ein Nicken von Severus und zog Samuel seinen Stab und gleichzeitig ein Spritzenbesteck aus der Schublade.

„Soll ich raus gehen?“, fragte Harry. Samuel sah fragend zu Severus, der den Kopf schüttelte und den rechten Arm bereits frei machte.

Also blieb Harry sitzen während Samuel den Diagnosezauber sprach. In der Zeit, wo die Feder die Ergebnisse aufschrieb, nahm er Severus Blut ab. Er sprach sofort ein paar Zauber auf die Phiole und schon erwachte eine zweite Feder zum leben. Es würde nicht lange dauern bis er die Ergebnisse hatte.
 

Schweigend verglich Samuel die Ergebnisse mit der Krankenakte und er musste feststellen, dass der körperliche Zustand von Snape besser war als zur letzten Untersuchung durch Smethwyck. Ob sie das wussten?

„Stimmt etwas nicht?“, fragte Harry.

„Doch, doch, es ist alles in Ordnung. Ihnen müsste es wesentlich besser gehen als früher, stimmt das?“

„Ja.“

„Ehrlich?“, fragte Harry überrascht, „du merkst das?“

„Natürlich.“

„Die Diät und die Übungen tun Ihrem Körper gut“, sagte Samuel, „ich denke mit einer entsprechenden Therapie können wir Ihre Bewegungsfähigkeit noch weiter ausbauen. Sie können schwimmen, oder?“

„Ja“, presste Severus zwischen zusammen gebissenen Zähnen heraus.

Samuel versuchte sich das Grinsen zu verkneifen, er war froh, dass er sich vor diesem Gespräch mit Smethwyck unterhalten hatte. Sonst wäre er jetzt ernsthaft beleidigt gewesen denn Snape war wirklich extrem unfreundlich. Er freute sich jetzt schon auf die morgige Therapiestunde.

„Gut, dann würde ich sagen, wir sehen uns morgen früh nach dem Frühstück. Also um Neun im Therapiebereich des Hotels, ich werde sie erwarten. Sie brauchen nur eine Badehose und ein großes Handtuch“, sagte Samuel lächelnd, „haben Sie noch Fragen?“

„Nein“, knurrte Severus bevor er ohne ein weiteres Wort aufstand und ging.

„Ich schlage ihn“, seufzte Harry deprimiert.

Samuel grinste jetzt offen und sagte, „verzeih die Frage aber wie hältst du es mit ihm aus? Ihr seit völlig verschieden.“

„Ist mir bewusst und er ist normalerweise auch nicht so. Er will nur nicht hier sein und das zeigt er leider auch offen“, sagte Harry lächelnd.

„Harry, darf ich dir eine persönliche Frage stellen?“

„Natürlich, bitte.“

„Hilfst du ihm weil du ein Freund bist oder seit ihr ein Paar?“, fragte Samuel, der seine Neugier einfach nicht mehr im Zaum halten konnte. Er konnte sich nicht vorstellen, dass diese zwei Männer zusammen waren.

Harry grinste und sagte, „auch wenn es mir keiner glaubt und noch weniger Leute es verstehen werden aber wir sind ein Paar. Auch wenn man die Bezeichnung Paar wohl bei Severus nochmal überarbeiten sollte.“

„Ihr seit wirklich zusammen?“, fragte Samuel etwas fassungslos.

„Ja, sind wir.“

Samuel warf einen Blick auf die Akte und sah Harry dann seltsam an, der wusste allerdings genau was los war. In der Akte stand auch Severus' sexuelles Problem und er konnte die Gedanken des Heilers förmlich lesen.

„Ja, ich weiß um seine Probleme und Schwächen und wir arbeiten an allem, auch wenn manche Dinge momentan unwichtiger sind als Andere. Wir werden alles irgendwie in den Griff kriegen und anfangen tun wir bei seiner Beweglichkeit“, erklärte Harry, „wir sehen uns dann morgen früh.“

„Bis morgen früh.“ Damit verließ Harry das Büro und ließ einen sehr nachdenklichen Heiler zurück.

Samuel konnte nicht wirklich glauben, dass diese Zwei ein Paar waren, sie waren einfach zu unterschiedlich. Sein Blick fiel auf die Akte, zu einer sexuellen Beziehung war Snape gar nicht in der Lage und Smethwyck wusste nicht mal warum. Er hatte ihn untersucht und war zu keinem Ergebnis gekommen. Wobei sich Samuel sofort fragte, wie der Kollege diese Untersuchung überlebt hatte. Ihm graute es jetzt schon vor Morgen denn irgendwie glaubte er nicht, dass diese Schwimmtherapie einfach werden würde.
 

Als Harry ihr gemeinsames Zimmer betrat, lag Severus schon umgezogen im Bett. Wie immer in den letzten Tagen ohne Oberteil. Er dachte, dass er schon schlafen würde aber als er näher kam, öffnete Severus die Augen und sah ihn fragend an.

„Er wollte wissen ob wir wirklich ein Paar sind“, sagte Harry grinsend. Eine Augenbraue wanderte skeptisch nach oben und Harry sagte, „er hat mir nicht geglaubt.“

„Wer würde das auch glauben?“, fragte Severus.

„Nicht schon wieder dieses Thema. Ich geh ins Bad.“

Severus schwieg, er kannte diesen Ton und wusste, dass es egal war, was er jetzt sagte. Also ließ er es gleich.
 

Kurz darauf tauchte Harry wieder auf, frisch geduscht und in seine Pyjamahose gekleidet. Ohne Zögern oder Scheu schlüpfte er unter die Decke und kuschelte sich an ihn.

„Severus, versprichst du mir etwas?“

„Was?“

„Versprich mir, dass du morgen wenigstens versuchst nett zu sein“, flehte Harry, „es werden auch Muggel anwesend sein und ich habe keine Lust zu testen wie gut ich den Obliviate noch kann.“

„Wieso werden Muggel anwesend sein?“, knurrte Severus.

„Weil das Schwimmbecken zu groß für eine Person ist und du dich sonst verschwimmst.“

„Sehr witzig.“

„Ich scherze nicht, bitte Severus, tu mir den Gefallen und versuche es“, bat Harry, der sich jetzt auf den Ellenbogen stützte und ihn ansah.

Schwarze Augen sahen ihn abschätzend an doch dann nickte Severus kurz. „Ich versuche es aber ich garantiere für nichts.“

„Das ist mehr als ich erwarten kann“, sagte Harry, „es ist noch ziemlich früh zum schlafen.“

„Du kannst gerne noch auf bleiben aber ich bin müde und würde gerne schlafen“, gab Severus gähnend zurück.

„Kannst du mit den Schmerzen schlafen?“

„Sind nicht schlimmer als sonst also ja. Nun, aufstehen oder schlafen?“

„Ich bleibe hier liegen“, sagte Harry lächelnd.

„Dann leg dich hin.“

Harry zögerte, er hätte gerne einen Gute-Nacht-Kuss aber er traute sich nicht danach zu fragen und wenn er ehrlich war, wollte er keinen dieser kurzen, keuschen Küsse. Doch seit dieser einen wilden Knutscherei hatte Severus ihn nicht nochmal so geküsst.

„Erde an Harry, bist du noch da?“

„Ja, klar.“

„Natürlich, was spinnst du dir jetzt wieder zurecht?“, knurrte Severus.

„Ich hoffe einfach, dass du morgen niemanden verfluchst“, log Harry und Severus glaubte ihm.

Mit einem Seufzen legte Harry sich komplett hin, barg den Kopf an seiner Brust und verfluchte sich selbst für seine Feigheit. In solchen Momenten verstand er nicht warum ihn der Hut nach Gryffindor geschickt hatte. Eine Hand legte sich auf seine Taille, warm, weich und mittlerweile so unglaublich vertraut. Er drehte den Kopf um Severus anzusehen, zu seiner Überraschung wurde sein Blick erwidert.

„Was ist los?“, fragte Severus ruhig und sanft.

„Du hast mich nur einmal richtig geküsst, warum?“, fragte Harry leise.

„Warum soll immer ich anfangen?“, fragte Severus zurück.

Etwas verwirrt blinzelte Harry ihn an, daran hatte er nie gedacht.

„Ich sagte dir bereits, es ist ein Geben und Nehmen, ich habe nicht vor immer zu geben. Ich will dich nicht bedrängen“, sagte Severus.

„Du bedrängst mich nicht, das weißt du.“

„Harry, warum soll immer ich den ersten Schritt machen?“, fragte Severus, „das sollte so nicht sein, so funktioniert eine Beziehung nicht.“

„Ich weiß, wir hatten das Thema ja schon oft genug.“

„Warum müssen wir es dann immer wieder wiederholen? Ich dachte, du bist ein tapferer Löwe“, murrte Severus.

„Ich fühle mich eher wie ein feiges Kätzchen“, sagte Harry leise.

„Keine Tiere im Bett.“

Gegen seinen Willen musste Harry lachen bis er spürte wie die Hand von seiner Taille langsam höher wanderte und schließlich in seinem Nacken zum liegen kam. Lange Finger kraulten ihn leicht und zogen ihn dann näher an Severus, sehr bereitwillig gab er dem Zug nach. Kam ihm sogar etwas schneller entgegen, sehnte den Kuss herbei und zerfloss förmlich als sich ihre Lippen endlich berührten.

Doch es blieb wieder bei einem sehr keuschen Kuss, Severus unternahm keinen Versuch den Kuss zu vertiefen und Harry traute sich nicht. Als sie sich trennten, wandte Harry den Blick ab, ihm war es peinlich.

„Sieh mich an“, forderte Severus plötzlich.

Nur unsicher hob Harry den Blick.

„Hör auf dir darüber Gedanken zu machen und lass es einfach auf dich zukommen. Wenn du dich zu etwas zwingst, ist es falsch“, sagte Severus bevor er ihm noch einen kurzen Kuss gab und ihn dann förmlich wieder in seine Schlafposition drückte.

„Danke für deine Geduld.“

„Och, du kannst dich morgen revanchieren, du wirst deine Geduld brauchen“, sagte Severus dunkel.

„Das hatte ich befürchtet“, seufzte Harry. Er setzte einen Kuss auf Severus' Brust und murmelte, „gute Nacht.“

„Gute Nacht.“
 

Der nächste Tag begann schlecht, sehr schlecht denn Severus ging es so schlecht, dass er keinen Sprachtrank nehmen konnte. Sein Hals tat schon beim Aufstehen weh und nach dem ersten Hustenanfall nahm Harry ihm den Trank einfach weg.

„Vergiss es, du nimmst nicht noch einen Trank wenn du sowieso schon Probleme mit dem Hals hast“, sagte Harry. Er wurde vernichtend angesehen doch diesmal wirkte es nicht, er schüttelte den Kopf und meinte, „Nein. Du wirst dich mit Gesten zufrieden geben müssen.“

„Bist du verrückt? Ich werde garantiert nicht schweigend zu dieser Therapiesitzung gehen, vergiss es.“

„Severus, du bist doch ein großer Junge, du wirst dich schon verständlich machen“, sagte Harry.

Severus starrte ihn einen Moment an bevor sich sein Gesichtsausdruck verändert und irgendwie lief es Harry, angesichts dieses verschlagenen Grinsens, eiskalt den Rücken runter.

„Du weißt, dass da auch Muggel sind, also kein Zauberstab und keine Schrift in der Luft?“, fragte Harry vorsichtig.

Als Severus einfach nur grinsend nickte, wusste Harry, dass das ein sehr, sehr langer Vormittag werden würde.
 

Der Schwimmbadbereich war schnell gefunden, sehr zu Severus' Missfallen doch Harry kannte kein Erbarmen und drohte ihm kurzerhand an, dass er ihn, zur Not, wie ein kleines Kind an der Hand ins Schwimmbad zerren würde. Daraufhin stellte Severus zumindest die offensichtliche Gegenwehr ein und folgte ihm.
 

Ein großes Becken, dass schon teilweise gut besucht war, erwartete sie. Männer und Frauen bewegten sich im Wasser oder auf den Fliesen, einige allein oder zu zweit, schweigend oder in ein leises Gespräch vertieft. Die Angestellten des Hotels waren an ihrer uniformen Kleidung zu erkennen, dunkelblaue Hosen und ein hellgelbes T-Shirt. An den Wänden sah Harry einige Schwimmringe und diese kleinen Bretter, die er als Letztes im Schwimmunterricht in der Schule gesehen hatte. Er stellte sich sofort vor wie er die Menschen hier drinnen in Sicherheit bringen konnte wenn Samuel versuchen würde, Severus mit so einem Brett auszustatten. Er seufzte leise, warum war sein Freund auch so kompliziert?
 

Samuel runzelte die Stirn als er Snape und Harry sah, vor allem als ihm der sehr besorgte Gesichtsausdruck von Harry auffiel. Allerdings wurde sein Blick schnell auf Snape gelenkt denn er war sehr geschockt über dessen körperlichen Zustand, den er gestern so nicht gesehen hatte. Snape war viel zu dünn, er konnte förmlich sämtliche Rippen zählen aber noch mehr schockten Samuel die ganzen Narben. Teils nur dünne Striche, teils ganze Narbenlandschaften und dann dieses geschwollene, rote … Ding an seinem Hals. Er war wohl nie ein attraktiver Mann gewesen aber jetzt war er förmlich entstellt.

Was fand Harry an diesem Menschen? Sein Blick blieb an seinem linken Unterarm hängen, das dunkle Mal hob sich stark von der hellen Haut ab. Er wurde sich allerdings des stechenden Blickes bewusst und hob schnell den Blick, schwarze Augen verkündeten ihm einen schnellen Tod wenn er sich nochmal auf das Mal konzentrieren würde.

Harry schob sich schnell dazwischen um ihn zu begrüßen, „guten Morgen, Samuel.“

„Guten Morgen, Harry, Mr. Snape, schön, dass ihr gekommen seit“, sagte Samuel lächelnd.

„Mal sehen ob du das in einer Stunde auch noch sagst“, murmelte Harry mit einem sehr eindeutigen Blick auf Severus, der aussah als könnte er kein Wässerchen trüben.

Erneut runzelte Samuel die Stirn, fing sich aber schnell wieder und wandte sich direkt an Severus, „Mr. Snape, wann waren Sie das letzte Mal schwimmen?“

„Das habe ich ganz vergessen, Severus ist heute auf Gesten angewiesen, er kann heute nicht reden“, warf Harry schnell ein, „aber so weit ich weiß, war er seit über zwanzig Jahren nicht mehr im Wasser.“

„Nach seiner Krankenakte kann er doch aber reden, nur halt mit anderer Stimme“, sagte Samuel, sein Stirnrunzeln wurde immer stärker.

Ein Windstoß kam auf und riss gleich drei der rotweißen Schwimmringe von der Wand.
 

Erstaunte Rufe wurden laut, zwei Angestellte kamen sofort angelaufen und räumten auf, entschuldigten sich bei den zwei Frauen, die erschrocken beiseite gesprungen waren. Samuel war auch sofort rum gefahren und drehte sich jetzt ganz langsam wieder zu Severus rum, hier empfing ihn ein Blick, der den Tod versprach.

„Also Gesten“, sagte er mühsam beherrscht.

„Gute Idee“, sagte Harry schnell.

„Sie waren also sehr lange nicht mehr schwimmen?“, fragte Samuel.

Nicken von Severus.

„Dann würde ich vorschlagen, dass Sie schon mal ins Wasser gehen und sich wieder an das Element Wasser gewöhnen“, schlug Samuel mit einem sehr gequälten Lächeln vor. Wieder ein Nicken von Severus bevor er sich umdrehte und zur Treppe ging.

„Es tut mir leid“, murmelte Harry leise.

„Sag mir bitte, dass das alles war, was er mit stabloser Magie anrichten kann“, flehte Samuel genauso leise.

Harry sah ihn einfach nur traurig und vorsichtig an.

„Also noch mehr?“

„Leider ja.“

„Gut, was muss ich beachten damit er mir nicht den kompletten Laden demoliert?“, fragte Samuel.

„Reiz ihn nicht und akzeptiere wenn er sich bei einer Übung weigert sie zu tun. Er spielt dir nichts vor und er wird alles mitmachen, was du verlangst aber wenn er Schmerzen hat, kann er sehr unleidlich werden“, erklärte Harry.

„In der Akte steht, dass du ihn massierst, wie überlebst du das?“

„Indem ich mich an die Regeln halte. Wenn er reden kann, sagt er mir wenn es unerträglich weh tut und ich höre an dieser Stelle auf. Wenn er nicht reden kann, knurrt er mich einfach an“, sagte Harry grinsend.

„Das funktioniert?“

„Oh ja, das funktioniert sehr gut.“

„Dass sollten wir Richard vor der ersten Massage sagen, ich hänge sehr an meinem Kollegen und möchte nicht, dass er im Massageöl ertränkt wird“, sagte Samuel nachdenklich.

Harry lachte nur leise während Samuel ihm grinsend zunickte und dann zum Becken ging, Harry folgte ihm nach kurzem Zögern.
 

Er hasste Wasser und schwimmen noch mehr. Er war seit seiner Jugend nicht mehr schwimmen gewesen und der Grund war der Vater des Mannes, der ihn hierher geschleift hatte. Nie würde er die unglaubliche Panik vergessen als er von James Potter mittels Zauber immer und immer wieder im Schwarzen See versenkt wurde. Damals dachte er wirklich, dass er sterben würde. Es war Lily, die ihn damals gerettet hatte doch die wenigen Minuten waren ihm wie Jahre vorgekommen. Seitdem hatte er nie wieder einen Fuß in Wasser gesetzt, das tiefer als seine Hüfte war. Nun stand er hier in diesem verdammten Becken und bereitete sich auf eine Schwimmtherapie vor. Und warum das Ganze? Severus hob den Blick als er Schritte am Beckenrand hörte und sah diesen Heiler und Harry auf sich zukommen. Ach ja, da war sein Grund, nur für ihn tat er das Ganze hier.

„So, sind Sie wieder etwas vertraut mit dem Wasser?“, fragte Samuel gerade.

Er knurrte ihn leise an.

„Das war wahrscheinlich ein Ja, gut, dann fangen wir an.“

Diesmal war das Knurren noch etwas lauter aber Severus fügte sich und folgte den Anweisungen des Heilers. Harry sah sich die Sache vom Rand aus an, er wollte nicht gehen und ihn alleine lassen denn so könnte er vielleicht einen Ausbruch verhindern. Aber er hoffte, dass sich Severus zusammen reißen würde.
 

Doch Severus hatte nach einer knappen halben Stunde ganz andere Sorgen als sein Temperament unter Kontrolle zu bringen denn die ungewohnten Schwimmbewegungen forderten ihren Tribut von seinem Körper. Allerdings ließ er sich nichts anmerken und im Wasser merkte man nicht wie ihm der Schweiß ausbrach. So machte er eine Übung nach der Anderen, auch wenn er sich teilweise nur noch wegen seinem Starrsinn auf den Beinen hielt. Er wollte sich keine Blöße geben.
 

„Samuel, ich glaube, es reicht für heute“, mischte sich Harry ein als der Heiler Severus eine weitere Bahn schwimmen lassen wollte.

Der Heiler sah ihn etwas verwirrt an, nickte aber dann und Severus machte sich daran das Becken zu verlassen. Allerdings zögerte er auf der obersten Stufe und jetzt erst fiel es Samuel wie Schuppen von den Augen. Das war nicht nur Wasser auf seinem Körper und das linke Bein zitterte deutlich sichtbar, genau wie der linke Arm.

„Du elender Sturkopf“, hörte er Harry leise flüstern während er schon an ihn ran trat und einen Arm um seine Hüfte legte, „du hättest längst aufhören müssen.“

Severus hatte nicht mal mehr die Kraft um ihn anzuknurren.

„Soll ich dir helfen?“, fragte Samuel vorsichtig, um ihn anzuknurren reichte Severus' Kraft dann scheinbar doch noch. „Schon verstanden. Soll ich die Stunde bei Richard absagen?“

„Nein, eine Massage ist nicht anstrengend, wir sind dann da, ich würde mir das gerne ansehen, vielleicht kann ich noch etwas lernen. Um Zwei?“, fragte Harry.

„Ja, um zwei. Behandlungsraum zwei.“

Harry nickte und schleppte Severus förmlich weg, dieser hatte nicht mal protestiert und allein das zeigte ihm, wie schwach er gerade war.
 

„Duschen, essen und dann Mittagsschlaf“, ordnete Harry in ihrem Zimmer an.

Er erntete nur ein schwaches Nicken während sie das Zimmer durchquerten und das Bad betraten. Severus hielt sich an der Handtuchstange fest damit Harry die Hände frei hatte. Mit dem Zauberstab verwandelte er ein Handtuch in einen kleinen Hocker und stellte ihn in die Dusche.

„Ausziehen geht selber?“, fragte er.

Nicken.

„Gut, dann mach dich bemerkbar wenn du soweit bist.“

Wieder ein Nicken.

Harry half ihm noch in der Dusche auf dem Hocker Platz zu nehmen und verließ dann das Bad. Er wollte beim Zimmerservice etwas zu essen bestellen.
 

Wirklich überrascht wurde Harry als der Zimmerservice das Essen brachte und neben den abgedeckten Tellern ein kleiner Briefumschlag lag. Neugierig öffnete er ihn und las die wenigen Zeilen,
 

„Hallo Harry,
 

was ich vorhin ganz vergessen habe, Severus kann seine normalen Medikamente wieder nehmen. Sowohl die für den Hals wie auch die Anderen. Für die weitere Therapie ist es nicht notwendig, dass er medikamentenfrei ist.
 

Bis nachher zur Massagestunde.
 

Samuel.“
 


 

„Wenigstens etwas Gutes“, murmelte Harry. Er steckte den Brief weg und holte zwei Phiolen raus, die er neben Severus' Teller stellte. Ein leises Pfeifen erklang und er machte sich auf den Weg zum Bad, es war das Signal, dass Severus fertig war.
 

Als er am Tisch saß, hob Severus fragend die Phiolen hoch.

„Samuel hat geschrieben, dass du deine Tränke nehmen kannst. Nein, du bekommst keinen Sprachtrank. Die zwei Tränke müssen reichen“, sagte Harry entschieden.

Severus legte fragend den Kopf schief, nickte aber und begann zu essen, er war heilfroh über den Schmerztrank denn sein Körper hatte sich dazu entschlossen ihn heute umzubringen. Harry musterte ihn kurz schweigen, begann aber dann auch zu essen. Er wusste ganz genau warum Severus während der Therapiestunde nichts gesagt hatte und es verletzte ihn irgendwie. Wie konnte er immer noch denken, dass er ihn verließ wenn er Schwäche zeigte? Aber wenn er es jetzt ansprach, würde Severus nur alles leugnen. Es war ein Teufelskreis. Irgendwie musste er diesen Kreis durchbrechen, sonst würden sie sich ewig im Kreis drehen. Doch heute würde er nicht mehr viel erreichen.
 

Die Massage verlief, zu Harrys grenzenloser Überraschung, ohne weitere Probleme. Der Masseur hielt sich peinlichst genau an die Anweisungen und ließ von Severus ab sobald dieser ihn anknurrte. Doch es war offensichtlich, dass sich Severus nicht entspannte. Er lag sehr angespannt auf der Liege und war sichtlich erleichtert als es vorbei war.
 

„Du willst was?“

„Mit dir in den Whirlpool, habe ich jetzt schon drei Mal gesagt und ich möchte mich ungern nochmal wiederholen“, sagte Harry.

„Warum?“

„Weil du völlig verspannt bist, ich zu müde für eine Massage und das heiße Wasser müsste deine Muskeln zumindest etwas lockern. Also?“

Severus sah ihn einen Moment abschätzend an, nickte aber dann. Er hatte weder die Kraft noch die Nerven um jetzt ewig mit ihm zu diskutieren und wenn er ehrlich war, klang die Idee gar nicht mal so schlecht.

„Dann los“, war alles, was Harry sagte.

Er hatte ihre Sachen schon zusammen gepackt und zog Severus jetzt kurzerhand aus dem Zimmer, nicht, dass er es sich noch anders überlegte.
 

Als sie später im heißen Wasser lagen, musste Severus zugeben, dass die Idee doch sehr gut gewesen war. Allerdings waren sie nicht alleine und Severus fielen die seltsamen Blicke durchaus auf. Er versuchte sie zu ignorieren aber wieder einmal wurde er daran erinnert, dass er neben Harry einfach eine extrem schlechte Figur machte. Nicht, dass er jemals gut ausgesehen hätte aber er war nun doch schon über sechzig und das sah man ihm auch an.

„Würdest du damit aufhören?“, fragte Harry plötzlich.

Etwas überrascht und auch fragend sah er ihn an.

„Glaubst du wirklich, ich merke das nicht? Du machst dir Gedanken, was die Leute gerade denken könnten. Was denken sie, wenn sie uns zusammen sehen? Was spinnen sie sich zurecht? Hab ich Recht?“, fragte Harry weiter.

Severus schüttelte den Kopf.

„Natürlich nicht. Lass sie doch denken, was sie wollen. Was die Schüler über dich gedacht haben, hat dich doch auch nie interessiert. Warum also jetzt? Entspann dich doch einfach und genieß das Wasser. Du kannst die anderen Menschen nicht ändern, oder ihre Meinung über uns also hör auf dir darüber Gedanken zu machen“, sagte Harry bevor er sich etwas bewegte und sich an ihn lehnte, den Kopf auf seiner Schulter.

Er sah nicht wie ihn Severus etwas geschockt ansah, er spürte allerdings wie angespannt er noch war.

„Entspann dich doch einfach“, bat Harry leise.

Er hörte ein leises Schnauben aber entspannen tat sich Severus nicht.
 

Es war diese Tatsache, die Harry schlussendlich den Spaß und die Entspannung verdarb. Er konnte sich einfach nicht entspannen wenn sein Freund stocksteif neben ihm saß. Und so blieben sie nicht lange sondern verließen den Whirlpool schon nach kurzer Zeit.
 

„Es tut mir leid.“

Die Worte standen in der Luft als Harry aus dem Bad, wo er sich bettfertig gemacht hatte, kam. Severus selbst saß auf der Bettkante und hatte den Blick abgewandt.

„Warum fällt es dir so schwer? Ich müsste derjenige sein, der da Probleme damit hat“, sagte Harry während er den Raum durchquerte und sich auf seine Bettseite setzte. Als Severus nicht antwortete, rutschte er übers Bett und umarmte ihn von hinten. „Sag schon.“

„Ich bin ein Krüppel und nur in Badehose sieht man das leider auch sehr deutlich.“

Harry verleierte kurz die Augen, drückte sich dann etwas enger an seinen Rücken und murmelte, „das Thema hatten wir abgehakt.“

„Du vielleicht, ich werde jeden Tag beim Blick in den Spiegel daran erinnert.“

„Dann hängen wir die Spiegel ab, ganz einfach.“

„Potter!“

„Ach, sind wir jetzt wieder beim Nachnamen? Severus, ich weiß wie du aussiehst, ich bin nicht blind und ich muss ehrlich gestehen, es ist mir egal. Nein, ich diskutiere jetzt nicht wieder mit dir, warum das so ist. Lass uns schlafen gehen, es ist spät und ich bin müde“, gähnte Harry.

Er rutschte weiter in die Mitte des Bettes, Severus mit sich ziehen. Er wehrte sich nicht sondern legte seinen Zauberstab auf den Nachttisch und ließ sich unter die Decken schieben. Er wehrte sich auch nicht als Harry ihn kurzerhand auf den Rücken drückte und sich an ihn kuschelte, die Finger geisterten über seine Brust.

„Hör endlich auf dir darüber Gedanken zu machen.“

„Hm.“

„Was für eine sinnvolle Antwort. Gute Nacht, Severus.“

Statt einer Antwort bekam er einen Kuss auf die Schläfe.
 

Die Schwimmtherapie am nächsten Tag musste ausfallen denn Severus konnte sich schlicht nicht bewegen. Auf die Massagen hatte er keine Lust, was er sehr eindrucksvoll in ihrem Zimmer bewies. Harry gab es schließlich aus und schleifte ihn wieder in den Whirlpool und diesmal ließ er sich nicht von den Blicken der anderen Menschen vertreiben. Es dauerte allerdings sehr lange bis sich Severus wirklich entspannte. Eigentlich erst nachdem ihm Harry leise vorgeschlagen hatte, dass er sich einfach vorstellen sollte, dass er in Hogwarts war. Vor den Schülern würde er sich schließlich auch nicht so schämen und von diesem Zeitpunkt schien Severus verändert, er ignorierte die Anderen einfach.
 

„Nein.“

„Komm schon, dir tut es doch gut“, sagte Harry doch Severus schüttelte den Kopf.

„Nein. Ich muss zurück nach Hogwarts und du ins St. Mungo. Du hast deine Ausbildung gerade erst angefangen und kannst es dir nicht leisten gleich zu fehlen.“

„Aber ich habe von Isabella die Erlaubnis bekommen extra ein paar Tage länger zu bleiben“, protestierte Harry.

„Warum?“

„Wie meinst du das?“

„Was an Warum verstehst du nicht?“, fragte Severus.

„Weil es dir gut tut, deswegen möchte ich noch ein paar Tage bleiben“, erklärte Harry, „das wäre das Warum.“

„Ich will es nicht. Du hast dir sämtliche Griffe zeigen lassen. Ich weiß, welche Übungen ich im Wasser machen soll also können wir gehen. Ich will nicht, dass du deine Ausbildung wegen so etwas unterbrichst.“

„So etwas? Es geht hier um dich.“

„Eben und ich bin alt genug um selber auf mich aufzupassen. Harry, es kann nicht sein, dass du jedes Mal springst und alles liegen lässt wenn es mir mal wieder etwas schlechter geht. Ich bin Schmerzen und Unwohlsein gewöhnt und werde nicht gleich tot umfallen“, knurrte Severus, „du bist über vierzig also verhalte dich nicht wie ein Altenpfleger. Ich dachte, wir sind zusammen.“

„Sind wir doch auch“, sagte Harry schnell.

„Dann hör auf dich wie mein Krankenpfleger zu verhalten.“

„Ich wollte dir doch nur helfen.“

„Zwischen helfen und mich bemuttern, liegen Welten.“

Harry sah ihn etwas fassungslos an, nickte aber dann zögernd. „Tut mir leid wenn ich dich genervt habe.“

„Mach es einfach nicht wieder“, sagte Severus bevor er endlich mit dem Packen weiter machen konnte. Denn genau dabei hatte Harry ihn vorhin gestört.

Dieser setzte sich schweigend in einen Sessel und dachte nach, hatte er mit seiner Sorge wirklich übertrieben?

Kapitel 32

Kapitel 32
 

Sie kehrten in den Alltag zurück, Severus nach Hogwarts und Harry ins St. Mungo. Und der Alltag hielt sie fest umklammert, es blieb wenig Zeit für Zweisamkeit und gerade Harry vermisste es schnell. Er hatte sich noch nie wirklich getraut nach dieser Zweisamkeit zu fragen doch nach der letzten Standpauke hatte ihn der Mut ganz verlassen. Es war nicht so als würden sie sich aus dem Weg gehen aber er spürte eine Art Mauer, die ihm mit jedem Tag mehr weh tat. Sie schliefen zusammen in einem Bett, frühstückten zusammen und verbrachten auch die Abende zusammen aber es kam Harry so vor als würden sie sich trotzdem immer weiter voneinander entfernen. Für die Übungen und die Massagen fanden sie keine Zeit mehr und wenn die Zeit da war, traute sich Harry nicht etwas zu sagen. Er befürchtete, dass Severus das wieder als übertriebene Sorge sehen würde und so ließ er es. Was allerdings dazu führte, dass es Severus wieder schlechter ging. Es war ein Teufelskreis.
 

„Wer sind sie und was wollen sie?“, fragte Hippocrates fassungslos.

„Spar dir deine dämlichen Worte, ich brauche deine Hilfe“, knurrte Severus.

„Du kannst nicht Severus Snape sein, der würde niemals freiwillig hierher kommen.“

„Ich bin nicht freiwillig hier, ich brauche Hilfe.“

Hippocrates legte den Kopf schief, er sah den Unwillen in Severus' Gesicht und eigentlich musste Severus schon extreme Probleme haben wenn er freiwillig her kam. Er deutete auf die Sitzgruppe und meinte, „setz dich und erzähl.“

Als sich Severus setzte, sah Hippocrates schon, dass es ihm sehr schlecht gehen musste denn er bewegte sich extrem ungelenk. „Ich verliere ihn“, murmelte Severus leise und riss Hippocrates damit aus seinen Gedanken.

„Wieso?“, fragte er sofort, es war ja klar, worum und vor allem um wen es ging.

Hilflos zuckte Severus mit den Schultern und meinte, „der anfängliche Reiz des bösen Todesser ist wohl verflogen.“

„Aha und jetzt nochmal die Wahrheit.“

„Es ist die Wahrheit.“

„Wohnt ihr noch zusammen? Soweit ich weiß, beeilt sich Harry jeden Tag um nach Hause zu kommen“, sagte Hippocrates.

„Er kommt zu mir nach Hogwarts, mir ist das tägliche Flohen oder Apparieren zu anstrengend. Wir essen zusammen, verbringen die Abende zusammen im Wohnzimmer und schlafen in einem Bett aber es kommt mir vor als würde er sich immer weiter von mir entfernen“, erklärte Severus leise und sichtlich deprimiert.

Hippocrates runzelte die Stirn, so niedergeschlagen hatte er Severus noch nie gesehen. „Woran genau machst du das fest? Es klingt doch ganz normal.“

„An Kleinigkeiten. Er drängt mich nicht mehr zu den Übungen oder den Massagen. Es gibt keinerlei Annäherung mehr von seiner Seite, würde ich nicht Nachts rüber rutschen, könnten wir auch getrennt schlafen.“

„Willst du das?“

„Nein, natürlich nicht. Sonst wäre ich nicht hier. Du kennst ihn doch, kannst du nicht mal mit ihm reden?“, fragte Severus vorsichtig.

„Könnte ich aber mach ich nicht. Ihr Zwei seit alt genug um über eure Probleme zu reden. Ich kann dir nur sagen, dass er hier immer sehr schnell abhaut um zu dir zu kommen. Nachdem er bei den Masseuren war um auch dort weiter zu lernen. Er macht eigentlich neben seiner Ausbildung zum Heiler gleich noch die Weiterbildung als Masseur, das ist eine extreme Doppelbelastung. Da wir Beide wissen für wen er das macht, lass dir gesagt sein. So etwas macht man nicht wenn man für denjenigen keine Gefühle mehr hat“, sagte Hippocrates, „hast du ihm vielleicht mal irgendetwas gesagt, dass er jetzt so auf Abstand geht? Mir kommt es eher so vor als würde er sich nicht mehr trauen sich dir zu nähern.“

Er wurde einen Moment angestarrt bevor sich Severus einfach erhob und ging.

„Vielen Dank für das Gespräch, Hippocrates, danke, dass du mir zugehört hast“, sagte Hippocrates trocken. Er schüttelte den Kopf und ging wieder an die Arbeit. Er hatte das Gefühl, dass Severus genau wusste, was er wieder mal Falsches gesagt hatte.
 

Dunkelheit empfing ihn als er den Kamin verließ. „Ähm.“ Etwas ratlos sah sich Harry um, normalerweise war Severus hier wenn er kam doch dann ließ er den Kopf hängen. Waren sie jetzt schon so weit, dass sie die Abende auch getrennt verbrachten? Er seufzte leise und machte erst mal Licht. Das Wohnzimmer war wirklich leer und da er vorhin in der Dunkelheit keinen Lichtschimmer unter den anderen Türen gesehen hatte, war er wohl allein. War seine Fürsorge wirklich so schlimm gewesen, dass sich Severus jetzt völlig von ihm abwandte? Er wollte gerade den Raum durchqueren als er hörte wie Jemand das Schulleiterbüro nebenan betrat. Und zwar lautstark fluchend. Er ging zur Tür und lauschte, es war eindeutig Severus' Stimme und nachdem er sicher war, dass er alleine war, öffnete er langsam die Tür.

„Severus?“, fragte er als dieser ihn nicht bemerkte.

Severus drehte sich rum und hob fragend eine Augenbraue.

„Alles in Ordnung?“, fragte Harry ohne näher zu kommen.

„Nein. Diese Idioten vom Schulbeirat wollen mich meines Amtes entheben“, sagte Severus während er selber näher kam und ihn schließlich umarmte.

Erfreut aber überrascht erwiderte Harry die Umarmung. „Haben sie eine Chance?“, fragte er an seiner Schulter.

„Nein, haben sie nicht. Ich habe mir nichts zu Schulden kommen lassen und meine Arbeit ist einwandfrei, sie haben keine Chance“, erklärte Severus. Er drückte Harry enger an sich, er genoss diesen Körperkontakt sehr und bemerkte erst jetzt, wie sehr es ihm gefehlt hatte.

„Severus, ist alles in Ordnung?“

„Es tut mir leid, dass ich dich in diesem Hotel so zusammen gestaucht habe. Ich habe nichts gegen deine Fürsorge, absolut nicht, ich möchte nur nicht, dass du deine eigene Ausbildung wegen mir vernachlässigst. Das bedeutet nicht, dass du dich gar nicht mehr um mich sorgen darfst. Ich möchte die Übungen weiter machen und ich würde mich freuen wenn du mich auch weiter massieren würdest“, sagte Severus ohne ihn los zu lassen. Ohne direkten Augenkontakt fiel es ihm wesentlich leichter mit ihm zu reden und so fuhr er fort, „ich habe dich verdammt gerne und mir gefällt nicht, wie sich die Situation zwischen uns gerade entwickelt. Ich mag diese unterkühlte Stimmung zwischen uns nicht.“

„Ich auch nicht“, sagte Harry, „heißt das, ich darf dich wieder bemuttern?“

Severus lachte leise und meinte, „solange es im Rahmen bleib, ja. Hast du dich deswegen so zurück gezogen?“

„Ich wollte dir nicht noch mehr auf die Nerven gehen. Darf ich dich wieder massieren?“, fragte Harry.

„Gerne. Wann?“

„Sofort?“

Etwas überrascht drückte Severus ihn ein Stück von sich weg und sah ihn fragend an.

Harry lächelte lediglich und erklärte, „ich habe ein paar neue Griffe gelernt aber irgendwie macht es bei Anderen nicht so viel Spaß wie bei dir.“

„Du kannst dir deine Patienten nicht aussuchen“, mahnte Severus.

„Beim Massieren schon. Ich will kein Masseur werden, das mache ich nur damit ich dir helfen kann. Also?“

Severus schüttelte den Kopf, löste sich von ihm und ging nach nebenan.

„Hey, wo willst du hin?“, rief ihm Harry hinterher.

„Duschen, der Tag war lang. Du kannst das Öl für die Massage erwärmen, ich brauche eine Viertelstunde“, wurde zurück gerufen.

Langsam breitete sich ein Grinsen auf Harrys Gesicht aus bevor er ins Schlafzimmer ging, dort bereitete er alles vor.
 

Wie immer kam Severus in langer Hose und nacktem Oberkörper zur Massage und legte sich ohne weitere Worte auf die Liege.

„Alles in Ordnung?“, fragte Harry zögernd.

Nicken.

„Dein Trank wirkt nicht mehr, wieso?“

„Ich habe einen schwächeren Trank genommen.“

„Wieso das?“, fragte Harry während er einen Klecks Öl sanft auf seinem Rücken verteilte.

„Wir haben in den letzten Abenden nicht viel geredet also bin ich davon ausgegangen, dass ich meine Stimme nicht brauche.“

„Warum fällt es uns eigentlich so schwer über unsere Probleme zu reden?“

„Weil wir Beide Feiglinge sind?“

Harry sah die Worte nur kurz an, begann dann ihn zu massieren und erntete fast sofort das erste Knurren. „Du bist völlig verspannt.“

„Mein Freund ist daran schuld.“

„So ein böser Kerl. Was hat er denn gemacht?“, fragte Harry grinsend.

„Er übertreibt in seinen Reaktionen. Da sagt man einmal, dass er etwas über fürsorglich ist und der Kerl zieht sich total vor einem zurück. Furchtbar.“

„Ja, schrecklich. Mit so einem Kerl bist zu zusammen?“

„Ja, ich leide wahrscheinlich unter den Tränken und bin nicht zurechnungsfähig.“

Als Antwort drückte Harry kurz auf die Stelle, die zuvor ein Knurren ausgelöst hatte, das folgende Knurren war wesentlich lauter und gefährlicher. „Selbst schuld, wenn du so etwas sagst. Hast du eine Idee wie wir solche Situationen in Zukunft vermeiden können?“, fragte Harry. Er wandte sich anderen Stellen zu doch überall spürte er nur verspannte Muskeln.

„Streit gehört zu einer Beziehung dazu.“

„Ich will mich aber nicht streiten. Das ist nicht richtig.“

„Falsch, ein böser Streit ist nicht richtig. Ein guter Streit ist wichtig für eine Beziehung.“

„Ich gestehe, das verstehe ich nicht. Warum ist Streit wichtig? Wo ist der Unterschied zwischen gutem und schlechten Streit?“

„Eine Beziehung muss nicht immer harmonisch sein, es gibt immer Reibungspunkte zwischen zwei Menschen und das ist normal. Ein guter Streit behandelt einen dieser Reibungspunkte, zum Beispiel die Tatsache, dass du furchtbar unordentlich bist.“

„Hey, ich bin nicht unordentlich, ich habe nur eine andere Auffassung von Ordnung“, protestierte Harry sofort.

Severus schnaubte leise und schrieb einfach weiter, „ich sag ja, du bist unordentlich. Auf Dauer würde ich dich wohl irgendwann anschreien weil mich irgendetwas nervt. Du räumst es dann weg und die Sache ist vergessen, ein guter Streit.“

„Was wäre das als schlechter Streit?“

„Wenn sich im Laufe dieses Streites das Thema ausweitet auf Dinge, die absolut nichts damit zu tun haben oder wenn es persönlich wird. Wenn einer von uns dem Anderen Dinge vorwirft, die eigentlich geklärt waren oder die er ewig mit sich rum getragen hat. Das ist ein schlechter Streit.“

„Wie würdest du die letzte Sache einordnen?“, fragte Harry, der langsam begriff worauf Severus hinaus wollte.

„Ein schlechter Streit, von meiner Seite aus. Ich hätte dich nicht so anfahren dürfen sondern hätte es dir einfach erklären sollen. Wir hätten uns in der Sache aussprechen müssen.“

„Ich hätte einfach nachfragen können aber ich war zu feige. Sag mal, wie kannst du eigentlich noch laufen? Du bist völlig verknotet. Das muss höllisch weh tun.“

„Gewohnheitssache. Wieso denkst du, dass man nicht streiten darf?“

Harry unterbrach kurz die Massage, nahm dann neues Öl und fuhr dann fort. „Keine Ahnung. Wenn ich mich mit Ginny gestritten habe, hat es sich immer so falsch angefühlt. Ich habe mich immer schuldig gefühlt. Ich war es auch immer, der den ersten Schritt zur Versöhnung gegangen ist“, erklärte er leise, „ich streite einfach nicht gerne. Ich habe in meinem Leben genug gestritten und gekämpft.“

„Man kann sich in einer Beziehung oder Ehe auch immer nur schlecht streiten.“

„Willst du mich damit in Schutz nehmen?“

„Das habe ich nicht nötig, es war lediglich eine Feststellung. Die wenigsten Menschen können noch richtig streiten und werden sehr schnell sehr persönlich und genau das ist falsch. Streit wird es immer geben. Es ist genauso falsch wenn man auf Biegen und Brechen versucht immer Harmonie vorzugaukeln. Wir können diese Situationen nicht verhindern aber wir können besser damit umgehen. Hör auf, mir tut der ganze Rücken weh.“

Etwas verwundert sah Harry auf die letzten Worte, hörte aber sofort auf und sah zu wie Severus sich langsam erhob. „Hast du eigentlich noch diesen Korrigierungszauber auf dir?“, fragte er.

Severus nickte, reinigte die Liege mit einem Schwung des Zauberstabes und deutete dann aufs Bett.

„Gerne“, sagte Harry, „ich geh nur schnell ins Bad.“

Wieder ein Nicken von Severus während er schon aufs Bett zu ging.
 

Als Harry wenig später wieder kam, lag Severus bereits mit geschlossenen Augen unter der Decke, der Zauberstab lag auf dem Nachttisch. Schnell schlüpfte Harry unter die Decke, rutschte an ihn ran und kuschelte sich mit einem erleichterten Seufzen an ihn.

„Das habe ich so vermisst“, gestand er leise. Er spürte eine Hand auf seiner Hüfte, die leicht über seine Haut streichelte, die andere Hand strich über seinen Arm, den er über Severus' Bauch gelegt hatte. „Danke, dass du immer rüber gekommen bist“, sagte Harry noch leiser.

Der Streicheln stockte kurz, setzte aber dann wieder ein. Harry kuschelte sich etwas enger an ihn, er hatte es wirklich vermisst. Als das Licht plötzlich verlosch, schloss er die Augen doch wirklich einschlafen konnte er nicht. Er spürte allerdings wie Severus immer ruhiger atmete und schließlich einschlief, die Hand blieb allerdings auf seiner Hüfte liegen. Er wollte sich nicht mit Severus streiten aber wenn es sich wirklich nicht verhindern ließ, musste sie eine Möglichkeit finden besser damit umzugehen. Denn so schnell wollte er diese Beziehung nicht aufs Spiel setzen und er hoffte, dass es Severus genauso ging.
 

Wie jeden Mittwoch verabschiedete sich Harry von Isabella und machte sich auf den Weg, aber nicht zu den Masseuren sondern sein Weg führte ihn auf die Janus Thickey-Station. Wie jeden Mittwoch würde ihn Oliver erwarten, zusammen mit den neusten Ergebnissen von Albus' Therapie. Doch heute wurde er überrascht denn neben Oliver stand seine eigene Tochter und sah ihn fast schon scheu an.

„Lily, was machst du denn hier?“, fragte Harry, er machte sich nicht die Mühe seine Überraschung zu verbergen. Seit seinem Outing hier im St. Mungo hatte er nichts mehr von seinen Kindern gehört und das hatte ihn mehr als verletzt. Es war allgemein bekannt, dass er jeden Mittwoch nach Albus sah und dementsprechend hielten sich Ginny und die Kinder an diesem Tag von hier fern.

„Hallo Dad“, flüsterte Lily.

„Dad? Du weißt noch, dass ich dein Vater bin. Ich bin überrascht“, gab Harry bitter zurück.

Lily zuckte zusammen und sah unsicher zu Oliver, der schweigend daneben stand. Dann wandte sie sich wieder ihrem Vater zu, der mit verschränkten Armen vor ihr stand und sie abwartend ansah. „Es tut mir leid, Dad.“

„Was genau tut dir leid?“

„Alles. Ich war einfach überfordert und Mom und James haben immer gesagt, dass es falsch ist. Dass es unnormal ist, ich wusste einfach nicht was ich denken soll. Dad, ich bin sechzehn, kannst du nicht verstehen, dass ich einfach überfordert war? Mein Bruder als Geistesgestörter im St. Mungo. Meine Eltern lassen sich scheiden. Mein anderer Bruder schimpft und flucht auf die zwei Perversen und Abartigen. Mein Dad entdeckt seine Gefühle für einen anderen Mann, den ich nur als meinen Schulleiter kenne. Das soll ich einfach so wegstecken?“, fragte Lily traurig.

Es war ihr anzusehen, dass sie am Ende ihrer psychischen Kräfte war und das sah auch Harry ein. Er trat zu ihr und zog sie einfach in seine Arme. Schluchzend wurde die Umarmung erwidert.
 

Oliver verfrachtete sie schließlich in sein Büro damit sie sich zumindest ansatzweise aussprechen konnten. Er wusste, dass sie mehr als ein Gespräch brauchen würden um sich wieder anzunähern aber es war ein Anfang. Er selber hielt sich im Hintergrund während Harry und seine Tochter sich unterhielten. Es würde wohl ein sehr langes Gespräch werden.
 

Müde nahm Severus die Brille ab und rieb sich über die Augen. Sein Blick wanderte zur Standuhr und er runzelte die Stirn, es war kurz nach Neun und Harry war immer noch nicht da. Er hatte alleine zu Abend gegessen weil er die regelmäßigen Mahlzeiten brauchte und sie nicht einfach ausfallen lassen konnte. Appetit hatte er keinen gehabt. Wo war Harry? Was hatte er schon wieder falsch gemacht, dass er nicht hier auftauchte? Er wusste, dass er heute bei Oliver war um die neusten Ergebnisse von Albus' Therapie zu bekommen aber das dauerte immer maximal bis sechs oder halb sieben aber nicht bis fast halb zehn. Er ließ sich den Morgen und das Frühstück durch den Kopf gehen, hatte er etwas gesagt, was Harry verletzt hatte?

Nein, der Morgen war ruhig und friedlich verlaufen, der Abschied war mit einem langen Kuss besiegelt wurden. Er konnte sich nicht an etwas erinnern, was er falsch gemacht hatte. Aber wo war Harry dann? Fluchend schob er die Pergamente weg, er hatte weder Lust noch Laune sich weiter mit diesem Schwachsinn vom Schulbeirat zu beschäftigen. Auch wenn er es nicht zugeben wollte aber er vermisste Harry. Wie sehr hatte er sich schon an seine Anwesenheit gewöhnt, dass er ihn vermisste wenn er nur ein paar Stunden zu spät kam? Hätte er nicht wenigstens eine Eule schicken können? Besorgt aber auch wütend erhob sich Severus, verschloss die Pergamente im Schreibtisch und ging nach nebenan. Er machte sich schlicht und einfach Sorgen.
 

Kurz nach elf flammten das Feuer im Kamin grün auf und spuckte Harry aus und dieser sah sofort, dass er etwas sehr Wichtiges vergessen hatte. Er sah es an Severus' Gesichtsausdruck, der erst sorgenvoll war und dann langsam wütende Gesichtszüge zeigte. Er hatte sich so über den Besuch und das klärende Gespräch mit Lily gefreut, dass er Severus völlig vergessen hatte. Er hatte ihm nicht mal eine Eule geschickt. Doch noch bevor Severus etwas, zweifellos sehr wütendes, sagen konnte, hatte Harry den Raum durchquert und sich vor dem Sessel auf den Boden gekniet.

„Es tut mir leid. Ich hatte Besuch von Lily und habe mich mir ihr ausgesprochen, ich habe einfach die Zeit vergessen. Es tut mir leid, Severus, wirklich. Ich bin es einfach nicht gewöhnt, dass jemand Zuhause auf mich wartet. Ginny war selten da und die Kinder waren entweder in Hogwarts oder es war ihnen egal ob ich da bin oder nicht. Es tut mir wirklich leid“, sagte Harry schnell aber aufrichtig.

Die Wut in den schwarzen Augen flackerte kurz und erlosch dann, Sorge machte sich wieder breit. „Du hättest wenigstens eulen können“, murrte er.

„Hätte ich, ja, aber ich habe es einfach vergessen. Es tut mir leid.“

„Ich bin halt leicht zu vergessen.“

„Nein, bist du nicht. Aber versetz dich in meine Lage. Meine Tochter wollte mit mir reden, nach so vielen Monaten der Funkstille stand sie plötzlich vor mir und wollte mit mir reden. Ich war einfach überwältigt und habe alles vergessen. Ich habe nicht mal die Ergebnisse von Albus' Therapie bekommen weil ich es vergessen habe“, erklärte Harry, „es war Oliver, der mich darauf aufmerksam machte, dass ich wahrscheinlich erwartet werde. Das nächste Mal eule ich dir wenn ich später komme.“

„Das nächste Mal?“, fragte Severus misstrauisch.

„Ja, Lily möchte sich weiter mit mir treffen. Sie möchte dich kennenlernen.“

„Wieso mich?“

„Weil du mein Freund bist, ganz einfach. Du bist der Mann an meiner Seite und damit muss sich auch meine Tochter abfinden. Oder hast du geglaubt, dass ich gehe wenn meine Kinder wieder mit mir reden?“

„Ja.“

„Danke für dein Vertrauen“, murrte Harry bevor er seufzte und sagte, „aber das habe ich wohl verdient. Nein, ich werde dich nicht verlassen nur weil meinen Kindern einfällt, dass ich ihr Vater bin. Wobei ich mir bei James sicher bin, dass er diese Tatsache ab jetzt ignorieren wird. Du wirst mich nicht mehr los also akzeptiere es.“

Severus zog nur eine Augenbraue hoch, schüttelte aber dann den Kopf und erhob sich. Harry sah ihn vom Boden aus fragend an. „Ich gehe davon aus, dass Oliver euch was zum Abendessen serviert hat. Also geh duschen und lass uns dann ins Bett gehen“, sagte Severus.

„Wirklich?“

„Natürlich, ich muss morgen früh ins Ministerium und würde gerne schlafen gehen.“

Harry stand auf und folgte ihm ins Schlafzimmer während er fragte, „was machst du im Ministerium?“

„Den Schulbeirat in den Arsch treten“, knurrte Severus.

„Geben die immer noch keine Ruhe?“

„Hast du in den letzten Tagen mal den Tagespropheten gelesen?“

„Nein.“

Severus murrte und deutete auf die Badtür, „geh duschen.“

Etwas verwirrt sah Harry ihn an, folgte der Aufforderung aber dann.
 

Als er fertig war und wieder ins Schlafzimmer kam, saß Severus im Bett, den Rücken ans Kopfteil gelehnt und auf seinem Schoß lagen mehrere Tagespropheten. „Wolltest du nicht schlafen?“, fragte Harry während er den Raum durchquerte und neben ihm unter die Decke schlüpfte.

„Du wolltest doch wissen warum ich ins Ministerium muss, oder nicht?“

„Doch, will ich.“

„Hier, deine Frau und diese Kimmkorn haben in den letzten Tagen ganze Arbeit geleistet“, sagte Severus. Er reichte ihm die Propheten doch Harry musste nur die Überschriften lesen um zu wissen, dass er die Artikel nicht lesen wollte.
 

„Untersuchung gegen Todesser abgelehnt – ist da schwarze Magie am Werk?“
 

„Todesser und allseits bekannter Kriegsheld immer noch zusammen, warum unternimmt niemand etwas?“
 

„Schwarze Magie soll in Hogwarts unterrichtet werden – sind unsere Kinder noch sicher?“
 

„Wie sicher sind unsere Kinder unter der Herrschaft eines Todessers?“
 

„Warum verschließt das Ministerium die Augen vor den dunklen Machenschaften des Schulleiters von Hogwarts?“
 


 

Es waren noch mehr dieser Anzeigen und eine war haarsträubender als die Nächste. Er schüttelte den Kopf, warf die Propheten auf den Nachttisch und zog Severus ganz ins Bett.

„Kein Kommentar?“, fragte dieser.

„Nein, sie schreiben Mist. Du hast nichts gemacht und wirst ihnen morgen so richtig die Leviten lesen. Soll ich morgen früher Heim kommen?“, fragte Harry zurück und legte sich bequemer hin.

„Warum solltest du früher Heim kommen?“

„Weil du dem Schulbeirat in den Arsch treten willst und bei dir ist das gleich bedeutend damit, dass du unzählige Tränke nehmen wirst. Wenn diese Tränke dann nicht mehr wirken, wirst du Hilfe brauchen und deswegen werde ich morgen früher kommen“, sagte Harry gähnend, „und ich will keine Diskussionen.“

Severus sah auf den schwarzen Wuschelkopf, der sich gerade an seine Brust legte und musste grinsen.

„Na, wann kommen die dummen Sprüche?“, fragte Harry.

„Ich spare mir meine wohl überlegten Gegenargumente und akzeptiere deinen Sturkopf“, gab Severus zurück.

„So kann man es auch formulieren. Gute Nacht, Severus.“

„Gute Nacht.“
 

„Harry, eine Eule für dich.“ Mit diesen Worten betrat Isabella den Unterrichtsraum, auf ihrer Hand saß ein komplett rotbrauner Uhu, der arrogant in die Welt guckte und warnend mit dem Schnabel klackerte. Harry wusste sofort wem das Tier gehörte und das konnte nur bedeuten, dass er ganz dringend ins Ministerium sollte. Er nahm seiner Ausbilderin das Tier ab, nahm den Brief und las die paar Zeilen.
 

„Hallo Harry,
 

du solltest so schnell wie möglich hierher kommen. Der Schulbeirat will Severus absetzen aber der weiß noch von nichts. Ich garantiere nicht, dass er sich beherrschen wird und wenn du ihn nicht in Askaban besuchen willst, solltest du herkommen.
 

Verhandlungsraum 5, zehnter Stock. Beginn um 10 Uhr. Beeil dich.
 

Draco.“
 


 

„Ich muss weg“, war alles, was Harry sagte während er den Uhu einfach zum Fenster raus warf und seine Sachen packte. Der Uhu schrie ihn protestiert an, drehte aber dann ab und flog davon.

„Schlimm?“, fragte Isabella.

„Keine Ahnung. Kannst du Hippocrates Bescheid sagen, dass ich ihn heute wahrscheinlich noch brauche. Ich eule ihm dann.“

„Viel Glück“, war alles, was Isabella noch sagen konnte bevor Harry schon zur Tür raus war. Sie konnte sich denken um was oder besser gesagt, um wen es ging. Und sie beschloss sofort zu Hippocrates gehen. Sie gab den übrigen Lehrlingen eine Stillarbeit auf und machte sich dann auf den Weg.
 

Harry wurde erwartet und zwar von Draco, der nach dem Tod seines Vaters dessen Position im Schulbeirat eingenommen hatte. „Schön, dass du da bist“, wurde er begrüßt.

„Hat es schon angefangen?“

„Nein und Severus ist auch noch nicht da aber er müsste jeden Moment kommen. Hör zu, es....“

„Was machst du hier?“, schnarrte eine Stimme, die Beiden sehr bekannt vorkam.

Harry und Draco drehten sich nicht wirklich überrascht um und sahen Severus auf sich zukommen, genauso elegant und gefährlich wie früher. Sofort runzelte Harry die Stirn, mit den Nachwirkungen der Tränke würden sie wieder Tage lang zu kämpfen haben.

„Ich habe ihn her gebeten“, sagte Draco.

„Warum?“

„Weil die da drinnen eine Falle für dich haben. Ich weiß aus sicherer Quelle, dass sie dich absetzen wollen und dafür wollen sie dich so sehr provozieren, dass du ausrastest“, erklärte Draco, „diesen Ausraster wollen sie als Grund angeben, dass du nicht mehr als Schulleiter geeignet bist.“

Harry fiel die Kinnlade runter während Severus lediglich die Arme vor der Brust verschränkte und fragte, „mit was wollen sie mich provozieren? Ich bin nicht gerade dafür bekannt, dass ich leicht ausraste. Zumindest in der Öffentlichkeit.“

Draco sah mit einem bedeutenden Blick zu Harry.

„Sie wollen mich mit meiner Beziehung zu Harry zum Ausrasten bringen?“

„So ist der Plan. Wobei sie es so hinstellen wollen, dass du ihm diesen Trank gegeben hast und alles illegal ist.“

„Das ist Blödsinn und das wissen auch alle. Kingsley hat die Vorwürfe untersucht, es wurde vor das Gamot gebracht und das Gamot hat die Klage abgelehnt. Severus ist unschuldig“, sagte Harry.

„Das interessiert nur keinen. Einige Mitglieder sind der gleichen Meinung wie deine Exfrau.“

„Aber das ist doch Schwachsinn.“

„Es ist egal“, unterbrach Severus das Gespräch, er wurde fragend angesehen.

„Wieso ist es egal?“, fragte Harry schließlich, „bin ich etwa egal?“

„Nein, bist du nicht und auch unsere Beziehung nicht aber unsere Beziehung hat nichts aber auch absolut gar nichts mit meinem Posten als Schulleiter zu tun. Deswegen hat sie auch nichts mit der heutigen Verhandlung zu tun“, erklärte Severus ruhig.

„Sie werden dich darauf ansprechen und das Thema so richtig breit treten. Severus, du musst dich zusammen reißen“, mahnte Draco während Harry nur den Kopf schief legte, er kannte diese ruhige Art schon. Ein eiskaltes, sehr beängstigendes Grinsen breitete sich auf Severus' Gesicht aus. Draco wich einen Schritt zurück und flüsterte zu Harry, „er macht mir Angst.“

„Nein, er ist einfach nur gut drauf“, gab Harry zurück.

„Ihr passt gut zusammen.“

„Genug von dem sinnlosen Geschwätz“, murrte Severus.

Draco nickte und fragte an Harry gewandt, „willst du mit rein kommen?“

„Natürlich, die Show will ich mir nicht entgehen lassen. Vielleicht kann ich auch ein paar Dinge klar stellen.“

„Du darfst nicht an der Sitzung teilnehmen“, sagte Severus.

„Wieso nicht?“

„Weil du kein Mitglied des Schulbeirates bist und nur Mitglieder dürfen teilnehmen“, erklärte Severus während sich Draco mit der flachen Hand gegen die Stirn schlug, das hatte er nicht bedacht. Er sah Harry entschuldigend an.

Dieser sah seinen Freund nachdenklich an, legte dann den Kopf schief und fragte, „soll ich ein leichtes Mittagessen, ein heißes Bad und eine Massage vorbereiten oder muss ich dich in Askaban besuchen?“

Draco runzelte die Stirn, es war fast zehn und so eine Sitzung dauerte meistens den ganzen Tag, wieso sollte Harry da ein Mittagessen vorbereiten?

„Ich bin pünktlich um eins in Hogwarts“, schnarrte Severus, was dazu führte, dass Draco ihn mehr als erstaunt ansah.

„Gut, dann viel Spaß“, lächelte Harry. Severus erwiderte das Lächeln kurz, drehte sich aber dann um und ging in den Saal.

„Das wird er nicht schaffen, das sind gerade einmal 3 Stunden. Die Sitzung geht garantiert länger“, sagte Draco verwundert.

„Wie gut kennst du Severus?“, fragte Harry zurück.

„Gut genug aber auch er wird die Sitzung nicht so sehr verkürzen können. Harry, sie haben es wirklich auf ihn abgesehen.“

„Dann kennst du ihn nicht gut genug. Wenn er sagt, dass er um eins Zuhause ist, dann ist er es.“

„Das schafft er nicht“, wiederholte Draco.

Harry lächelte lediglich und deutete auf die Tür, „geh rein und sieh es dir selber an.“

In diesem Moment schlug die große Glocke zehn Uhr, Draco murmelte einen kurzen Abschiedsgruß und schlüpfte schnell in den Saal, das wollte er auf keinen Fall verpassen. Harry wiederum wandte sich ab und ging, er musste es nicht sehen obwohl er gerne dabei wäre. Aber er verließ sich auf Severus und flohte dann ins St. Mungo. Er wollte Isabella Bescheid sagen und dann weiter nach Hogwarts. Er war sich absolut sicher, dass Severus sein Wort halten würde.
 

Etwas fassungslos verfolgte Draco jetzt seit über zwei Stunden wie sich Severus gegen die Übermacht des Schulbeirates zur Wehr setzte und auch noch am gewinnen war. Er hätte nie gedacht, dass sein Patenonkel so wortgewandt und so aalglatt war aber er hatte die Diskussion eigentlich schon von Anfang an für sich entschieden gehabt. Er hatte für jedes noch so lächerliche Argument ein sehr sinnvolles Gegenargument. Auf eine Diskussion über seine Beziehung zu Harry ließ er sich gar nicht ein und ignorierte jede Frage oder Anschuldigung, die in diese Richtung ging.
 

In der ersten Stunde hatten die Anwesenden noch vermehrt versucht ihn darauf anzusprechen aber nachdem selbst Kingsley keine Antwort auf seine Frage bekommen hatte, gab zumindest er es auf. Bei dem Rest dauerte es etwas länger bis sie es begriffen doch fiese Spitzen folgten den Rest der Unterredung. Severus ließ sich allerdings nicht darauf ein. Draco warf einen Blick zur magischen Uhr, Severus hatte noch fünfzehn Minuten um pünktlich zum Mittagessen bei Harry zu sein und er brauchte knapp zehn Minuten ins Atrium um von dort zu flohen oder apparieren. Wenn er pünktlich sein wollte, musste er die Diskussion jetzt beenden.

Da, Severus' Blick ging für einen Sekundenbruchteil zur Uhr und für genau diesen Bruchteil veränderte sich sein Gesichtsausdruck. Wie genau konnte Draco nicht erkennen, zu schnell war da wieder diese gelangweilte, eisige Maske doch in diesem Moment war er sich sicher, dass Severus das Mittagessen nicht verpassen würde.
 

„Schluss“, knurrte Severus plötzlich.

Alle Gespräche verstummten, der Redner, der gerade seinen Vortrag hielt, sah ihn verwirrt an.

„Professor Snape?“, fragte Kingsley misstrauisch.

Severus wandte sich direkt an den Minister und erklärte in bester Lehrermanier, „ich habe genug von diesem sinnlosen Treffen. Keiner der hier Anwesenden hat auch nur ein logisches Argument warum ich meines Amtes als Schulleiter enthoben werden sollte. Damit gibt es auch keinen Grund dazu. Ich verteile keine Noten, also ist das angebliche Argument der Bevorteilung der Slytherins vom Tisch. Ich verteile die Schüler nicht in die Häuser und die Auroren des Ministeriums haben den Vorwurf wegen Manipulation des sprechenden Hutes nicht nachweisen können. Meine komplette Korrespondenz mit den Eltern oder sehr viel seltener mit den Schülern liegt dem Ministerium vor und nach Überprüfung wurde keine einziges, unangebrachtes Wort darin gefunden. Meine komplette Haushaltsführung von Hogwarts liegt dem Ministerium ebenfalls vor und meine Ausgaben bewegen sich im absolut akzeptablem Rahmen. Der Vorfall mit Mr. Albus Potter wurde vor dem Zaubergamot behandelt und das entsprechende Urteil liegt den hier Anwesenden vor und muss nicht weiter besprochen werden. Meine Beziehung zu Mr. Harry Potter stand und steht zu keiner Zeit zur Diskussion, wir sind Beide erwachsen und mündig genug um uns über dieses Thema auszutauschen. Der Vorwurf, der gegen mich und Mr. Potter erhoben wurde, war lediglich eine Rachefeldzug einer verlassenen Exfrau und den Worten sollte genauso viel Beachtung geschenkt werden wie einem kleinen, tobenden Kind. Zudem die Vorwürfe vor dem Gamot keinen Bestand hatten und abgewiesen wurden. Und vor allem hat mein Privatleben absolut nichts mit meiner Arbeit als Schulleiter zu tun. Demnach gab und gib es kein Argument für meine Absetzung und da ich sinnlose Konversation verabscheue und nebenbei noch eine Schule zu führen habe, werde ich dieses Treffen jetzt verlassen. Sie können sich gerne noch den Rest des Tages lustige Dinge erzählen aber es wird nichts daran ändern, dass ich Schulleiter von Hogwarts bin und auch bleibe. Minister, ich werde mir in Zukunft vorbehalten gegen solche Verleumdungen wie von Mrs. Potter oder auch anderen Personen sofort Anzeige zu erstatten. Ich habe es lange genug im Guten versucht und jetzt reicht es. Jede Anschuldigung wird von nun an verfolgt und für den Anschuldigen auch Konsequenzen haben. Mir reicht es. Hat noch jemand Fragen?“
 

Es wunderte wohl niemanden, dass niemand etwas sagte und auch Kingsley schüttelte lediglich den Kopf. Es hatte ihn, ehrlich gesagt, schon längst gewundert warum Snape so lange so ruhig geblieben war. Wenn er jetzt wirklich gegen jede Anschuldigung vorgehen würde, würde die Aurorenzentrale in Zukunft wesentlich mehr zu tun haben. Severus sah nochmal in die Runde, nickte Kingsley zu und ging dann einfach, es war genau elf Minuten vor Eins.

Kapitel 33

Kapitel 33
 

Kingsley sollte Recht behalten, bereits am nächsten Tag landete eine Schneeeule in der Aurorenzentrale, mit gleich zwei Briefen am Bein. Snape hatte Wort gehalten. Es gab eine Unterlassungsklage gegen den Tagespropheten ihn weiterhin als Todesser zu bezeichnen, eine private Klage gegen Kimmkorn wegen Verleumdung und übler Nachrede und einen kurzen Zusatz, dass er dem Propheten lieber etwas auf die Finger klopften sollte bevor Snape wirklich ernst machte. Nur eine halbe Stunde später landete die Zwergohreule von Harry auf seinem Schreibtisch, mit einer Anzeige wegen übler Nachrede, falscher Verdächtigung und Verleumdung gegen seine Exfrau. Und einem nett formulierten Brief, dass er hinter seinem Freund stand und ihn in jeder Beziehung unterstützen würde. Kingsley sah etwas fassungslos auf die Anzeigen, er musste mit Cuffe reden und der musste Kimmkorn zurückpfeifen. Wenn Snape und Harry gegen sie klagen würden, könnten sie großen Schaden anrichten. Es gab noch andere magische Zeitungen, die sich nicht an dem Feldzug gegen Snape beteiligt hatten und die würden mit Freuden gegen den Propheten arbeiten. Er seufzte leise und erhob sich, er hätte dem Treiben schon viel eher Einhalt gebieten müssen.
 

„Sie haben eine Gegendarstellung gedruckt“, rief Harry.

Von nebenan erklang ein leises Schnauben bevor Severus den Raum betrat und sich setzte, mit einer Hand langte er allerdings sofort nach dem Tagespropheten. Dort war wirklich eine Gegendarstellung gedruckt worden, die ihn vom Vorwurf des Todessers und der Beeinflussung von Harry frei sprach.

„Das ist ein Anfang“, murrte er, nachdem er den Artikel gelesen hatte, „hat sich deine Ex gemeldet?“

„Ja und sie war etwas beleidigt weil ich ihr ihren Bruder auf den Hals gehetzt habe“, sagte Harry schulterzuckend.

„Hat sie die Verfügung unterschrieben?“

„Natürlich nicht, sie hat sie zerrissen und will mich verklagen, und dich auch, und Bill auch.“

„Dann wird sie viel zu tun haben. Deine Kinder?“

„Lily treffe ich am Sonntag zum Kaffee in London, sie lässt anfragen ob du mitkommst. James schweigt mich an. Und Albus ist im St. Mungo“, erklärte Harry.

„Nein“, war alles, was Severus sagte und Harry nickte nur. Er fragte bei jedem Treffen mit Lily ob Severus ihn begleiten wollte und jedes Mal sagte er nein. Irgendwann würde er schon mitgehen, da war sich Harry sehr sicher.

„Meinst du, sie lassen diese Berichte in Zukunft?“

„Wenn nicht, verklage ich sie bis auf den letzten Knut, ganz einfach. Du musst los“, sagte Severus mit einem Blick auf die Uhr.

Harry folgte seinem Blick kurz, erhob sich sofort und raffte seine Tasche. Er gab Severus noch einen Kuss und verschwand dann ins Wohnzimmer. Severus wiederum warf noch einen Blick auf den Tagespropheten, schnaubte leise und verließ die Küche dann auch, er hatte einen Job und würde dem auch nachgehen. Egal was Andere davon hielten.
 

Mehr als nur nachdenklich saß Harry auf der Bank im Garten, er hatte keinen Blick für die blühenden Pflanzen denn er hatte ein riesiges Problem. Er hatte in drei Wochen Geburtstag und an diesem Tag lief Severus' Ultimatum ab. Und er hatte absolut keine Idee was er ihm für ein Zeichen senden konnte. Er hatte einfach keine Ahnung was er machen konnte um ihm zu zeigen, dass er ihm wirklich wichtig war. Harry seufzte leise, er konnte sich mittlerweile nicht mehr vorstellen sich von diesem Mann zu trennen und dennoch fiel ihm nichts ein. Er wollte nicht, dass sich Severus von ihm trennte, er wollte ihn nicht verlieren. In den letzten Monaten war er ihm immer mehr ans Herz gewachsen und so langsam konnte er nicht mehr von mögen reden. Wieder verließ ein tiefes Seufzen seine Lippen und diesmal wurde es beantwortet.

„Was ist los?“

Überrascht fuhr Harry rum und fragte, „du bist schon wieder da?“

Severus zog eine Augenbraue hoch und schnarrte, „offensichtlich. Komme ich ungelegen?“

„Nein, natürlich nicht. Ich hatte dich nur noch nicht zurück erwartet.“

„Es ist bereits fünf durch“, sagte Severus und Harry entgleisten die Gesichtszüge, saß er wirklich schon über fünf Stunden hier im Garten und grübelte? Severus setzte sich neben ihn, hielt aber unübersehbar Abstand zu ihm und Harry brach es fast das Herz. Er spürte selber, dass sie sich immer weiter voneinander entfernten und in diesem Moment erinnerte es ihn an die Zeit als Severus ihn wegen seiner übertriebenen Fürsorge rund gemacht hatte. Er erinnerte sich auch daran, dass sie damals gesagt hatten, dass sie über ihre Probleme reden wollten. Also warum tat er es nicht einfach? Harry schielte zur Seite, Severus hatte die Augen geschlossen und den Kopf an die Hauswand gelehnt. Er musterte ihn nachdenklich.

Severus sah besser aus als zu dem Zeitpunkt, wo er erneut in Harrys Leben getreten war. Die Falten und strengen Linien waren nach wie vor da und würden auch immer da bleiben aber die Härte und der abgekämpfte Eindruck waren verschwunden. Durch die Diät und die verschiedenen Therapien hatte sein Körper an Kraft gewonnen, er benötigte weniger Tränke und die Tränke, die er nahm, wirkten länger und besser obwohl sie mittlerweile schwächer gebraut waren. Er würde nie ein schöner Mann sein aber das störte Harry schon lange nicht mehr.

„Warum starrst du mich so an? Du müsstest mittlerweile wissen wie ich aussehe“, schnarrte Severus mit geschlossenen Augen, „der Anblick wird sich auch nicht verbessern.“

„Blödmann“, murmelte Harry bevor er sich straffte und sagte, „ich muss mit dir reden.“

Es dauerte einen Moment bis Severus reagierte und ihn ansah, ruhig und abwartend.

Harry kannte diesen Ausdruck, Severus war auf eine Enttäuschung gefasst. Er atmete nochmal tief durch und begann dann, „erinnerst du dich noch an die Sache mit dem Mistelzweig?“

Severus nickte lediglich.

„Du hast mir damals gesagt, dass du bis zu meinem nächsten Geburtstag ein deutliches Zeichen von mir haben willst. Naja, mein Geburtstag ist in drei Wochen und ich bin ganz ehrlich, ich habe keine Ahnung was für ein Zeichen ich dir geben kann.“

Es dauerte einen ganze Zeit bis Severus reagierte und fragte, „was bedeutet das für uns?“

„Ich weiß es nicht. Severus, wir sind fast sieben Monate fest zusammen und ich kann mir ein Leben ohne dich nicht mehr vorstellen. Am Anfang habe ich über deine Forderung gar nicht nachgedacht weil ich der Meinung war, dass ich ja mehr als genug Zeit habe. Dann habe ich meine Ausbildung angefangen, der Marathon mit den Klagen und Gegenklagen und plötzlich war es schon Juni, und ich stand vor der Frage was ich machen kann. Ich überlege seit Wochen, komme zu keinem Ergebnis und merke, wie ich mich immer weiter von dir entferne. Nein, ich will das nicht, ich will mich nicht von dir trennen und ich will nicht, dass du dich von mir trennst. Aber ich weiß einfach kein Zeichen, kein Symbol, keine Tat um dir zu beweisen, dass ich es ernst meine. Ich kann ja mittlerweile nicht mal mehr sagen, dass ich dich mag denn das wäre gelogen“, erklärte Harry leise aber sehr ernst.

„Was wäre dann die Wahrheit?“, fragte Severus ruhig.

Harry wusste nicht ob es die Ruhe vor dem Sturm war oder nicht also beschloss er einfach die Wahrheit zu sagen. „Ich habe mich in dich verliebt und nein, ich kann dir keine Gründe nennen. Ich habe Seiten an dir gesehen, in die ich mich verliebt habe. Ich fühle mich bei dir wohl, geborgen und ja, auch irgendwie geliebt. Ich kann dir kein Zeichen geben aber lass dir eins gesagt sein, ich werde nicht kampflos gehen und ich werde dich auch nicht kampflos gehen lassen“, sagte Harry.

Er wurde lange Zeit einfach nur angesehen bis Severus die Distanz zwischen ihnen überbrückte und ihn einfach küsste.
 

Wesentlich später saßen sie eng aneinander gekuschelt auf der Bank doch auch wenn Harry diese Situation durchaus schätzte, war er doch etwas überrascht. Severus hatte kein Wort gesagt sondern ihn nur geküsst und dann an sich gezogen.

„Auch wenn ich es super schön finde mit dir hier zu sitzen aber ich mache mir noch immer Gedanken“, murmelte Harry leise.

„Musst du nicht mehr, das Zeichen reicht mir.“

„Welches Zeichen?“

„Benutz dein Gehirn, Potter.“

Harry schluckte, es war lange her, dass er seinen Nachnamen in diesem Ton gehört hatte also beschloss er den Mund wieder zu schließen und zu überlegen.

Er hatte ihm doch gar kein Zeichen gegeben, er hatte ihm gestanden, dass er keins wusste und auch in drei Wochen würde er keins wissen. Dann noch das etwas verquere Liebesgeständnis, auch wenn es eigentlich nicht so gedacht war. Nicht, dass er sich dafür schämte aber er wäre sich über seine Gefühle gerne sicherer gewesen bevor er sie Severus so entgegen schleuderte. Aber dazu war es jetzt zu spät, blieb die Frage was Severus an diesem Gestammel als Zeichen sah.

„Du kommst nicht drauf, oder?“, fragte Severus plötzlich.

„Nein, tut mir leid. Ich weiß, es ist dämlich aber ich komme einfach nicht drauf.“

„Nun, du kannst ja noch eine Weile darüber nachdenken, ich geh solange in die Küche und esse“, sagte Severus während er sich schon erhob.

Harry sah ihm einfach nur nach als es förmlich klick machte. Sein verqueres Liebesgeständnis und die Aussage, dass er ihn nicht kampflos gehen lassen würde, das war das Zeichen. Es war so einfach aber so wirkungsvoll. „Ich bin wirklich ein Idiot“, murmelte Harry. Er stand aber dann auf und folgte Severus ins Haus. Er musste ihm schließlich sagen, dass er doch nicht ganz so dämlich war.
 

„Hör auf“, knurrte Severus.

Etwas überrascht hielt Harry seine Hände still und sah ihn fragend an, er war sich sicher, dass ihm der Griff nicht weh getan hatte. Die allabendliche Massage erstreckte sich mittlerweile nicht nur auf den Oberkörper sondern auch auf die Arme und Beine, vor allem das linke Bein. Gerade jetzt befanden sich seine Hände auf dem linken Oberschenkel, vielleicht etwas weit oben aber für seine Begriffe noch im Rahmen des Annehmbaren.

„Warum?“, fragte Harry.

Statt einer Antwort stand Severus auf, entzog sich seinen Händen und sagte, „Du kennst den Grund also lass es.“

„Ich weiß nicht wovon du redest.“

„Du weißt ganz genau wovon ich rede“, knurrte Severus. Er saß auf der Liege, sah ihn einen Moment einfach nur an bevor er aufstand und zum Bett ging.

Harry seufzte leise, natürlich wusste er worum es ging.

„Ich dachte eigentlich, ich hätte mich am Anfang deutlich genug ausgedrückt“, seufzte Severus vom Bett aus, Harry hob den Blick und sah ihn wieder fragend an. Severus saß mittlerweile auf der Bettkante, sah ihn aber nicht an sondern hielt den Blick gesenkt. „Harry, ich dachte eigentlich, dass ich klar gemacht hätte, dass eine sexuelle Beziehung nicht möglich ist“, sagte er leise, „du warst damals damit einverstanden und es hat dich nicht wirklich gestört. Du konntest es dir nicht einmal vorstellen.“

„Die Vorstellung hat sich irgendwie geändert“, gestand Harry.

„Dann bin ich aber nicht der richtige Partner für dich.“

„Wir haben zusammen viele Probleme gelöst, vielleicht können wir auch das lösen“, sagte Harry, der sich langsam dem Bett näherte und sich neben ihn setzte.

Severus seufzte tief und sagte, „ich habe schon alles probiert, es funktioniert einfach nichts. Ich war sogar mittlerweile bei Hippocrates.“

„Wann?“

„Vor etwa zwei Monaten. Er hat mich komplett untersucht und genau wie alle Ärzte und Heiler davor nichts gefunden“, sagte Severus.

„Warum warst du bei Hippocrates? Du hast dich immer geweigert mit diesem Problem zu ihm zu gehen. Warum jetzt?“, fragte Harry vorsichtig.

Jetzt sah Severus auf, warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu und sagte, „ich bin weder blind noch blöd. Glaubst du wirklich, mir fällt dein fast allmorgendlicher schneller Abgang ins Bad nicht auf?“

„Sorry.“

„Warum? Das ist etwas völlig Normales aber es funktioniert nicht mit mir und das hatte ich dir eigentlich auch klar gemacht.“

Harry nickte, senkte den Blick und murmelte eher zu sich selbst als zu Severus, „das ginge ja auch andersrum.“

Erst nach ein paar Momenten fiel ihm auf, was er da gesagt hatte, er riss den Kopf hoch und sah in das sehr amüsierte Gesicht seines Freundes.

„Ähm, also, ich, .. ähm.“

Aus den Amüsement wurde lautes Gelächter.
 

Mit hochrotem Kopf saß Harry neben Severus und wartete darauf, dass er sich beruhigte denn er lachte immer noch. Doch schließlich reichte es Harry und knurrte, „ist ja gut, ich habe verstanden, dass diese Idee absolut abwegig ist. Du kannst aufhören zu lachen.“

Er klang mehr als nur verbittert denn er hatte in den letzten Wochen einige Nachforschungen bezüglich homosexueller Beziehungen gemacht. Denn für ihn war es ja völliges Neuland. Er hatte einiges gelernt und eigentlich hatte er gedacht, dass Severus eine gleichwertige Beziehung wollte, sowohl außerhalb wie auch innerhalb des Bettes. Hatte er nicht selbst gesagt, dass er sich mit seinem Partner auf einer Ebene bewegen wollte? Nun, scheinbar endete diese Ebene an der Bettkante. Das Lachen hatte im übrigen nicht aufgehört.

„Schön, ich habe es wirklich verstanden, dass ich mich gerade lächerlich gemacht habe. Vielen Dank“, fauchte Harry schließlich während er aufstand und gehen wollte, „ich schlafe auf der Couch.“

Doch noch bevor er den zweiten Schritt machen konnte, spürte er eine Hand an seinem Handgelenk und wurde mit Schwung zurück aufs Bett gezogen.

„Lass mich los“, knurrte er.

„Nicht bevor ich mich erklärt habe, dann kannst du immer noch auf der Couch schlafen“, gab Severus zurück, immer noch mit einem breiten Grinsen im Gesicht.

„Deine Reaktion war ja schon sehr deutlich.“

„Weißt du überhaupt, warum ich gelacht habe?“, fragte Severus.

„Weil mein Vorschlag über eine potenzielle Rollenverteilung im Bett so lächerlich war?“, fragte Harry bitter zurück.

„10 Punkte Abzug von Gryffindor“, schnarrte Severus, „deswegen habe ich nicht gelacht.“

„Weswegen dann?“

„Wegen deinem Gesichtsausdruck“, grinste Severus.

„Mein Gesichtsausdruck? Was war an dem so lächerlich?“

„Absolut alles.“

„Na danke“, maulte Harry, fragte aber dann vorsichtig, „also war es nicht mein Vorschlag?“

„Nein, der war es nicht, dem wäre ich nicht abgeneigt aber möchtest du mit jemanden schlafen, dessen Körper absolut keine Reaktion auf irgendeine Stimulation zeigt?“, fragte Severus jetzt wieder sehr ernst.

„Gar keine?“

„Nein, gar keine.“

Jetzt schwieg Harry, die Vorstellung, dass Severus so gar nicht reagierte, war nicht sehr erregend.

„Spar dir deine Antwort, ich sehe es in deinem Gesicht und ich verstehe es. Es ist nicht schön wenn man selber erregt ist aber der andere Körper gar nicht reagiert“, sagte Severus ruhig, „willst du noch auf der Couch schlafen?“

„Nein, die ist unbequem. Severus, darf ich dich was fragen?“

Severus nickte, schlüpfte aber schon ins Bett und sah ihn auffordernd an.

Harry folgte dem Beispiel und erst als er an ihn gekuschelt war, fragte er, „hast du diese Erfahrung durch?“

„Ja, habe ich. Er war damals auch der Meinung, dass man das schon schaffen kann und es ihm nichts ausmacht.“

„Was ist passiert?“

Severus schwieg bis Harry den Kopf hob und ihn ansah, seinem Blick wurde ausgewichen.

„Severus?“

Dieser atmete nochmal tief durch und erzählte dann, immer noch mit abgewandtem Blick, „wir waren ein paar Monate zusammen bis das Gespräch auf das Thema Sex kam. Er hat denselben Vorschlag gemacht wie du, man könnte es ja andersrum versuchen. Ich weiß nicht wieso jeder auf die Idee kommt, dass ich immer den aktiven Part im Bett bevorzuge aber egal. Wir haben also miteinander geschlafen und er sagte mir, dass es ihm nichts ausmacht. Ich Trottel habe ihm geglaubt und so ging es ein paar Wochen gut. Bis er irgendwann völlig ausgeflippt ist, im Bett, kurz nach dem Sex. Er hat mir einige Dinge vorgeworfen, mehr oder weniger nette Dinge. Der Grundtenor war, dass er nicht weiter mit einem emotionalen und körperlichen Krüppel zusammen leben will. Dass er wieder mit einem Mann leben will, den seine Anwesenheit auch erregt und bei dem er sich nicht erst überlegen muss ob er im Bett aus Lust mitmacht oder damit es schnell vorbei ist. Er ist noch in derselben Nacht ausgezogen und ich habe ihn nie wieder gesehen. Das war dann auch mein letzter Versuch in diese Richtung. Ich bin ganz ehrlich, ich finde es so wie es jetzt ist sehr schön und würde es gerne dabei belassen.“

„Wenn mir das so nicht reicht?“, fragte Harry vorsichtig.

„Dann sollten wir einen Schlussstrich unter diese Beziehung setzen bevor es für dich unerträglich wird. Ich habe nicht vor in einer Beziehung zu leben, in der mein Freund sich außerhalb des heimatlichen Bettes amüsiert“, sagte Severus ernst und jetzt sah er ihn auch an. Ernst, ruhig aber auch mit einer gewissen Trauer, er ging davon aus, dass Harry ihn verlassen würde.

„Ich muss dich enttäuschen, ich werde nicht gehen und ich bin dennoch der Meinung, dass wir dieses Problem auch lösen könnten“, sagte Harry ernst.

„Wie?“

„Keine Ahnung, ich weiß ja nur was du mir gesagt hast. Ich würde gerne mit Hippocrates über das Thema reden aber dazu brauche ich deine Erlaubnis“, erklärte Harry, „ich will dich zu nichts zwingen aber ich könnte mir vorstellen, dass dir auch irgendetwas fehlt, oder nicht?“

„Ich habe mich damit abgefunden.“

„Glaubst du das wirklich?“

„Es hat mein Leben bis jetzt wesentlich einfacher gemacht“, sagte Severus.

„Glaubst du DAS wirklich?“, fragte Harry leise.

Severus musterte ihn einen Moment und schüttelte dann sachte den Kopf.

„Warum willst du es dann nicht probieren? Warum willst du kampflos aufgeben?“

„Weil ich dich nicht verlieren will, ganz einfach. Ich will nicht, dass du gehst weil du den Anblick nicht mehr ertragen kannst. Ich will nicht, dass du dich fragst, ob es mir wirklich gefällt oder ob ich mich verstelle. Ich will diesen Gesichtsausdruck bei dir nicht sehen“, erklärte Severus ernst.

Jetzt lächelte Harry und sagte, „Severus, ich kenne dich wohl besser als fast alle anderen Menschen. Ich kenne deine schlechtesten Seiten sowie die weniger schlechten und wir haben genug miteinander durchgemacht. Wir haben schon einige Probleme gemeinsam gemeistert und ich sehe hier nur ein weiteres, nicht so großes Problem, das wir meistern könnten und werden. Davon mal abgesehen, gibt es mehr in einer Beziehung als Sex, oder nicht?“

„Für die meisten Menschen gehört das aber grundlegend dazu“, warf Severus ein.

„So ganz ohne sexuelle Handlungen könnte ich mir eine Beziehung auch nicht vorstellen aber es gibt doch mehr als den reinen Geschlechtsakt, oder?“, fragte Harry.

„Natürlich gibt es mehr aber das wollte bis jetzt keiner wissen.“

„Naja, da ich keinerlei Erfahrungen im Bereich der homosexuellen Erotik habe, bin ich, glaube ich, für fast alles offen. Ich muss nicht gleich mit dem Akt an sich anfangen“, grinste Harry.

Eine Augenbraue ruckte langsam aber sicher nach oben und ein leichtes Grinsen erschien.

„Naja, nicht sofort oder so aber man könnte es ja langsam angehen. Ich würde mich vorher gerne mit Hippocrates unterhalten.“

„Warum? Er wird dir nichts anderes sagen als ich“, sagte Severus.

„Weil ich gerne die körperliche Seite verstehen würde. Manchmal sagen einem Heiler nicht alles, vor allem wenn es um so einen etwas undankbaren Patienten wie dich geht“, sagte Harry grinsend.

„Ich bin nicht undankbar, ich bin lediglich direkt, das wird nur gerne verwechselt.“

„Natürlich, Severus. Also, darf ich mit Hippocrates reden?“

„Du hast bereits die Vollmacht, er müsste dir eigentlich alles zeigen.“

„Richtig, er gibt mir die Akte aber ob er wirklich mit mir darüber redet, ist fraglich. Außerdem möchte ich das nicht hinter deinem Rücken machen. Das Thema geht uns Beide an und ich möchte das auch zusammen in Angriff nehmen“, erklärte Harry.

„Also soll ich mit zu diesem Gespräch?“

„Wenn du willst, ja. Aber ohne Zauberstab!“

Severus grinste und fragte, „ja, wieso das denn?“

Das Grinsen wurde erwidert doch dann legte sich Harry wieder hin, den Kopf auf seine Brust gelegt bevor er fragte, „also nehmen wir das Problem in Angriff?“

„Wenn du das wirklich willst, ja, nehmen wir. Aber nicht jetzt und nicht gleich morgen. So etwas braucht Zeit.“

„Die haben wir. Hippocrates?“

„Ich schreibe ihm damit er mit dir redet. Sonst noch Fragen oder können wir endlich schlafen?“, fragte Severus gähnend.

„Gute Nacht.“

„Dir auch.“

Severus löschte das Licht während sich Harry zufrieden an ihn kuschelte, wieder war eine weitere Mauer um Severus' Herz gefallen.
 

Er wusste nicht was ihn mehr überraschte, der Brief, den er heute Morgen erhalten hatte oder der Mann, der direkt vor ihm saß und ihn erwartungsvoll ansah. Er atmete nochmal tief durch und fragte dann, „Harry, warum habe ich heute einen Brief von meinem Lieblingsgriesgram bekommen, in dem er mir schreibt, dass ich dir alle Fragen so gut es geht beantworten soll?“

„Weil ich ihn darum gebeten habe und ich einige Fragen an dich habe“, gab Harry lächelnd zurück.

Irgendwie machte Hippocrates dieses Lächeln Angst aber er war mit Severus klar gekommen, da würde er auch mit Harry klar kommen. „Um was drehen sich deine Fragen?“

„Um das nicht vorhandene Sexualleben in meiner Beziehung und die Möglichkeiten, diese Tatsache zu ändern“, sagte Harry, immer noch lächelnd.

Hippocrates sah ihn einen Moment absolut ausdruckslos an, warf dann nochmal einen Blick auf den Brief und fragte dann, „hast du ihn unter den Imperius gesetzt damit er diesen Brief schreibt?“

„Nein.“

„Cruziatus?“

„Nein“, lachte Harry.

„Was dann?“, fragte der Heiler immer noch etwas fassungslos.

„Auch wenn es sich keiner vorstellen kann aber man kann sehr vernünftig mit Severus reden, über jedes Thema. Naja, wir haben darüber gesprochen und wir wollen dieses Problem gemeinsam angehen. Dafür möchte ich die körperliche Verfassung von Severus in dieser Beziehung kennen“, erklärte Harry ruhig.

„Weißt du, was passiert ist als der letzte Mann der Meinung war, dass sie dieses Problem gemeinsam angehen können?“, fragte Hippocrates jetzt.

„Ja, Severus hat es mir erzählt. Hippocrates, mir geht es nicht darum, dass wir in den nächsten Wochen sofort miteinander schlafen. Das will und kann ich ehrlich gesagt nicht.“

„Um was geht es dir dann?“, fragte der Heiler denn er war genau davon ausgegangen. Es hatte ihn sowieso gewundert, dass ein Mann in den besten Jahren, was Harry ja nun war, so ganz ohne ein Sexualleben auskam. Denn in einem Punkt war er sich absolut sicher, Harry war seinem Freund treu.

„Ich weiß es nicht genau aber schon um Intimität. Mensch, es gibt doch mehr als nur den Geschlechtsakt aber ich kann ja nicht mal etwas ausprobieren weil Severus sich gegen jede Art von Intimität sperrt. Ich bin ehrlich, ich würde gerne mal mit ihm baden oder so was aber keine Chance. Als ich das Thema mal angesprochen habe, hat er mich verflucht“, murrte Harry.

„Schlimm?“

„Nein, er war so nett den Stupor wieder aufzuheben. NACHDEM er geduscht hatte und dann hat er ganze vier Wochen immer die Badtür mittels Verriegelungszauber abgesperrt damit ich auch ja nicht rein komme.“ Jetzt klang Harry wie ein kleines, trotziges Kind und Hippocrates konnte nicht anders als zu grinsen.

„Wie hast du ihn dazu gebracht den Zauber nicht mehr anzuwenden?“, fragte er schließlich.

„Darüber geredet und ich musste ihm schwören, dass ich nicht rein komme. Aber seitdem schließt er zumindest nicht mehr ab. Also, was ist jetzt mit meinen Fragen?“

„Was genau willst du denn wissen? Ich gehe davon aus, dass du von Severus' Problem weißt. Wie kann ich dir helfen?“, fragte Hippocrates jetzt wieder sehr ernst aber auch neugierig.

„Ich würde gerne wissen wie sein körperlicher Zustand ist.“

„In dieser Hinsicht ausgezeichnet. Er hat ja einige körperliche Gebrechen aber das gehört nicht dazu. Du weißt ja, dass er vor zwei Monaten hier war, oder?“, fragte der Heiler und als Harry nur nickte, fuhr er fort, „ich habe sämtliche Untersuchungen an ihm durchgeführt, die ich kenne und die ich mir von einem Heiler geholt habe, der auf Erektionsprobleme spezialisiert ist. Nach seiner und meiner Meinung ist er völlig gesund. Nerven, Blutbahnen, Muskeln, Schwellkörper, alles in Ordnung. Es ist alles durchblutet, rein technisch gesehen, steht einer Erektion nichts im Wege.“

„Warum klappt es dann nicht?“

„Wenn Severus das erfährt, bring er mich um aber ich habe mit Oliver über das Thema gesprochen. Er ist der Meinung, dass es psychisch bedingt ist“, sagte Hippocrates.

„Aber Severus wollte früher Sex und es hat trotzdem nicht funktioniert“, erinnerte Harry ihn.

„Schon aber sein eigener Kopf steht ihm im Weg. Ja, er wollte Sex aber er hat nichts an sich gesehen, was das auch wert gewesen wäre.“

„Versteh ich nicht.“

Hippocrates atmete mehrmals tief durch und sagte, „Severus mag nach außen ein sehr stolzer, unnahbarer Mann sein aber im Inneren hat er das Selbstbewusstsein eines Regenwurmes. Vor allem wenn es um eine Beziehung geht. Er sieht an sich absolut gar nichts, was eine Beziehung rechtfertigt und noch weniger sieht er etwas, was einen anderen Mann oder eine Frau gefallen oder erregen könnte. Für ihn ist es absolut unverständlich, dass du oder ein Anderer sich für ihn interessiert und Oliver und ich glauben, dass genau hier das Problem liegt. Er hasst seinen Körper, früher mochte er ihn schlicht nicht aber seit dem Angriff der Schlange und den daraus folgenden Konsequenzen hasst er seinen Körper. Er hat regelrechte Komplexe und egal was man ihm erzählt, er wird es nicht glauben. Er hat echte Probleme damit sich fallen zu lassen und jetzt überlegen wir mal, in welchen Situationen würde sein Körper und das Fallen lassen eine Rolle spielen?“, fragte Hippocrates.

„Schon klar. Aber was kann ich machen? Wie kann ich ihm helfen?“, fragte Harry.

„Das ist eine verdammt gute Frage aber ich glaube, da kann dir Oliver besser helfen. Aber ich vermute mal, dass du es ihm einfach beweisen musst.“

„Was muss ich ihm beweisen?“

„Alles. Severus ist in dieser Hinsicht einfach absolut unsicher und wird dir wahrscheinlich sehr lange nicht glauben aber ich denke mal, wenn du genug Ausdauer hast, kannst du ihn von dir und deinen Absichten überzeugen“, sagte Hippocrates, „aber du solltest dir bewusst sein, dass er vielleicht körperlich nie so reagieren wird wie du es dir wünschst.“

„Aber er fühlt es doch, oder? Wenn ich ihn berühre, fühlt er es und kann es auch genießen, oder?“

„Harry, außer einer Penetration ist eigentlich alles möglich. Er könnte auch einen Orgasmus kriegen wenn er es schafft sich darauf einzulassen und sich fallen zu lassen“, sagte Hippocrates ernst.

Er wurde nachdenklich angesehen und dann fragte Harry, „könntest du mir einen Termin bei Oliver besorgen? Ich würde gerne mit ihm über das Thema reden.“

„Natürlich, kann ich. Alleine oder willst du mit Severus zusammen kommen?“

Jetzt grinste Harry und meinte, „würde ich schon gerne aber ich glaube zu dem Termin komme ich alleine.“

„So war das nicht gemeint, das macht ihr bitte bei euch Zuhause“, sagte Hippocrates grinsend, „brauchst du noch was?“

„Nein, den Bericht über Albus habe ich bekommen und freue mich über die Fortschritte. Aber es wird noch ein weiter Weg sein.“

„Stimmt. Gut, dann verschwinde nach Hause, du wirst bestimmt erwartet.“

„Nein, Severus will heute im Keller rum rumoren, da störe ich ihn nur“, sagte Harry.

„Da stört ihn jeder“, lachte Hippocrates.
 

Leise Schritte auf der Treppe warnten Severus, dass er gleich Besuch kriegen würde. Dieser Besuch würde ihm wieder einen vorwurfsvollen Blick zuwerfen weil er hier im Keller Tränke braute und sich nicht schonte. Ja, die Tage hier unten waren anstrengend und er brauchte danach meistens ein, zwei Tage um sich komplett davon zu erholen aber es bedeutete ihm einfach zu viel. Er hatte schon öfters versucht es Harry zu erklären aber sein Freund sah leider nur, dass es ihm danach wieder für Tage schlecht ging. Die Schritte hatten die Tür erreicht, es klopfte kurz und dann betrat Harry den Raum, mit einem Tablett auf dem Arm. Severus hob fragend eine Augenbraue, er hatte heute keinen Sprachtrank genommen und hatte es auch nicht vor.

„Warst du die ganze Zeit hier unten?“, fragte Harry.

Nicken.

„Dachte ich mir und dabei hast du das Mittagessen total vergessen. Fino hat dich verraten. Da dachte ich mir, dass ich dir was zu essen bringe“, erklärte Harry während er das Tablett auf dem freien Teil des Tisches abstellte.

Severus sah ihn skeptisch an, machte aber keine Anstalten sich eines der Sandwiches zu nehmen.

„Jetzt erzähl mir nicht, dass du keinen Hunger hast“, sagte Harry.

Statt sich etwas zu nehmen, zog Severus seinen Zauberstab und schrieb, „keine Vorhaltungen, dass ich mich schonen muss?“

„Nein“, sagte Harry kauend.

„Wieso nicht?“

Harry schluckte den Bissen runter und sagte grinsend, „weil ich dich heute Abend mit einem heißen Bad quälen werde.“

„Was soll daran eine Qual sein?“

„Wir werden gemeinsam baden gehen.“

„Nein.“

„Doch und da diskutiere ich auch nicht mit dir. Die Wanne ist locker groß genug für zwei Personen und ich will mit dir baden gehen, fertig, Punkt, aus“, sagte Harry bevor er sein Sandwich einfach weiter aß.

„Und wenn ich mich weigere?“ Severus stand ihm gegenüber und sah ihn abwartend an, er machte immer noch keine Anstalten etwas zu essen.

„Dann bleibe ich hier und nerve dich so tierisch, dass du keine Zutat mehr richtig schneiden kannst. Wenn du aber einverstanden bist, gehe ich wieder hoch und lasse dich den gesamten Tag in Ruhe“, erklärte Harry ruhig. Er hatte sich Hippocrates' Worte zu Herzen genommen und er wusste, dass Severus niemals den ersten Schritt gehen würde also musste er ihn gehen.

„Das ist Erpressung.“

„Nein, das ist ein Deal. Du kannst in aller Ruhe deine Tränke brauen und ich bekomme mein gemeinsames Bad.“

„Was hast du davon? Du wirst es bereuen.“

„Warum? Weil ich meinen Freund nackt sehe? Wohl kaum.“

„Woher willst du das wissen?“

Harry seufzte und erklärte, „Severus, ich bin nicht blind oder blöd. Ich weiß wie alt du bist und ich weiß wie dein restlicher Körper aussieht. Glaubst du wirklich, ich habe irgendeine verquere Vorstellung davon? Wir sind Beide keine zwanzig mehr und werden es auch nicht mehr werden. Aber wir sind zusammen, als Paar und für mich gehört da auch dazu, dass wir uns mal nackt sehen können ohne, dass du mich dafür gleich verfluchst. Es gehört dazu, ganz einfach.“

„Ein Bad. Mehr nicht?“

„Momentan nein, mehr nicht.“

Severus hob vielsagend eine Augenbraue, schnaubte dann leise, nahm sich ein Sandwich und setzte sich in seinen Sessel.

„Das ist keine Antwort“, sagte Harry amüsiert.

„Verschwinde und lass mir meine Ruhe, du ruinierst mir nur die Tränke. Wir sehen uns zum Abendessen um sieben.“

Harry grinste, das war seine Antwort und damit war er zufrieden, er würde heute Abend sein gemeinsames Bad bekommen. Er gab Severus noch einen Kuss auf die Wange und ging dann.
 

Nachdenklich sah Severus auf die geschlossene Tür bevor er sich seufzend erhob und zurück an seine Kessel ging. Aber seine Gedanken schweiften immer wieder zu der Forderung von Harry. Warum wollte er unbedingt mit ihm baden? Warum musste er dieses verdammte Thema immer wieder anschneiden? Er hatte eigentlich gedacht, dass das Gespräch über den nicht vorhandenen Sex nur so eine Spinnerei von Harry war aber nein, der hatte sich ja wirklich daran fest gebissen. Und jetzt? Severus' Blick ging über die Regalreihen, er hatte unzählige Tränke, die er nehmen konnte und die ein Bad heute Abend sehr effektiv verhindern würden. Er wäre schlicht und einfach zu krank um baden zu gehen aber er war sich auch sicher, dass Harry das durchschauen würde. Irgendwie war es ihm gegenüber nicht fair. Er seufzte leise, er wollte nicht aber er würde es wohl tun. Allerdings war er sich nicht sicher ob sie dann morgen noch ein Paar sein würden.
 

Mit immer schlechter werdendem Gewissen beobachtete Harry wie Severus mehr in seinem Essen herumstocherte als wirklich etwas zu essen. War es wirklich so schlimm mit ihm baden zu gehen? Er konnte sich ein resignierendes Seufzen gerade noch verkneifen und aß einfach weiter. Auch wenn ihm Severus in diesem Moment leid tat, würde er nicht klein beigeben. Denn dann würde sich Severus in seinen Selbstzweifeln bestätigt fühlen und das wollte er auf keinen Fall. Außerdem musste irgendwann jemand den Anfang machen und bei Severus konnte er da lange warten. Nein, auch wenn er sich jetzt gerade schlecht fühlte, er würde sich wesentlich besser fühlen wenn er merkte, dass sein Aussehen Harry nicht störte. Da musste Severus jetzt einfach durch, sonst würden sie nie vorwärts kommen.
 

Je näher das gemeinsame Bad kam, umso unsicherer wurde Severus. Doch Harry ließ sich nicht beirren, nach dem Abendessen drängte er zu den Übungen. Er wurde fragend angesehen.

„Oder willst du die Übungen heute ausfallen lassen? Ich dachte, erst die Übungen und dann ein entspannendes Bad“, sagte Harry.

Sofort verzog sich Severus' Gesichtsausdruck aber er nickte und ging zu der Liege, auf der sie die ersten Übungen machen würden. Harry folgte ihm, sagte aber nichts sondern begann dann.
 

„Nein, Schluss für heute“, sagte Harry als Severus nach fast eineinhalb Stunden immer noch weiter machen wollte, „du bist am Ende.“

„Etwas geht schon noch“, schrieb Severus schnell.

„Nein, du willst dich nur vor dem Bad drücken und das lasse ich nicht zu“, sagte Harry ernst.

„Warum bestehst du darauf? Harry, lass es doch einfach gut sein. Es ist doch so wie es ist schön, warum willst du es ändern?“, schrieb Severus mit einem sehr unglücklichen Gesichtsausdruck.

Harry seufzte und sagte, „weil für mich zu einer Beziehung auch eine gewisse Intimität gehört. Und weil ich nicht zulassen werde, dass du mich von dir stößt nur weil du unter völlig irrsinnigen Körperkomplexen leidest. Ich werde jetzt ins Bad gehen und die Wanne voll laufen lassen und dann nehme ich ein Bad. Ich würde mich sehr freuen wenn mein Freund mir dabei Gesellschaft leistet. Aber ich werde dich nicht dazu zwingen.“ Damit erhob er sich und verließ das Schlafzimmer, Severus sah ihm unglücklich nach.

Kapitel 34

Kapitel 34
 

Er hatte wirklich gehofft, dass Severus zu ihm kommen würde aber er lag seit fast fünfzehn Minuten alleine im heißen Wasser. Im Schlafzimmer war es absolut totenstill, er war sich sicher, dass sich Severus nicht bewegt hatte seitdem er den Raum verlassen hatte. War es denn wirklich so schlimm? Harry seufzte leise und rutschte tiefer ins Wasser bis er gerade noch so Luft bekam. Zu sagen, er war deprimiert, wäre eine bodenlose Untertreibung und wenn er ehrlich war, war er auch zutiefst enttäuscht. Vertraute ihm Severus denn so gar nicht? Glaubte er wirklich, dass er ihn verlassen würde weil er nicht mehr wie zwanzig aussah? Das tat so unglaublich weh. Ein Geräusch ließ ihn hoch fahren und fast schon ungläubig zur Tür sehen, dort stand Severus. Er hatte aber den Blick abgewandt und wirkte mehr als nur unsicher.

„Komm rein, das Wasser ist herrlich“, sagte Harry schnell, er winkte ihn rann doch Severus blieb einfach stehen. „Muss ich erst raus kommen und dich holen?“

Wieder keine Antwort also atmete Harry nochmal tief durch und stieg dann aus der Wanne. Ja, es war ihm im ersten Moment peinlich aber sein Wunsch Severus näher zu kommen, war größer. Also durchquerte er tropfend das Badezimmer, packte Severus am Arm und zog ihn sanft aber bestimmt Richtung Badewanne.

Er fühlte sich so hilflos wie noch nie zuvor in seinem Leben. Noch nie war er so unsicher gewesen und in diesem Moment hätte er sich gerne woanders hin gewünscht. Aber dieser Wunsch wurde ihm nicht gewehrt, stattdessen zog ihn Harry immer weiter zur Wanne. Er war so in seinen eigenen Zweifeln gefangen, dass er den Anblick seines nackten, tropfenden Freundes gar nicht genießen konnte. Er registrierte ihn nicht mal wirklich.

„So, runter die Klamotten“, sagte Harry plötzlich. Als er sich allerdings nicht bewegte, fragte Harry, „Zauberstab oder per Hand?“

Severus zögerte noch einen Moment, schüttelte seine Hand dann ab und begann seine Sachen auszuziehen. Da er zu den Übungen nur einen dünnen Pullover, eine leichte Stoffhose, Unterwäsche und Socken trug, war er schnell bei der Boxershorts angekommen. Hier zögerte er.

„Severus, bitte, ich guck dir nichts ab. Habe ich alles selber. Ich will nur mit dir baden gehen“, sagte Harry lächelnd.

Sein Blick glitt über die helle Haut, die mittlerweile nicht mehr krankhaft weiß sondern einfach nur noch sehr hell war. Er sah sie fast jeden Tag bei der Massage und mittlerweile fand er sie sogar schön. Die Narben, die er überall am Körper trug, störten Harry schon lange nicht mehr, er sah sie teilweise gar nicht mehr. Selbst die Narbe von Naginis Biss fiel ihm nur noch auf wenn er sich direkt daran erinnerte, sonst war sie einfach ein ganz normaler Anblick für ihn. Seine Begutachtung wurde unterbrochen als Severus mit den Fingern vor seinen Augen schnipste.

„Äh, bin da. Ja?“

Severus stand vor der Wanne, ihm den Rücken zugewandt und sah ihn fragend über die Schulter hinweg an. Er war wirklich nackt.

„Du bist ja immer noch nicht im Wasser.“

Severus schnaubte und stieg in die Wanne, er vermied es allerdings geschickt, dass Harry seinen Intimbereich sah. Doch das war auch nicht wichtig denn Harry hatte ihn da wo er ihn haben wollte, nackt im heißen Wasser. Genau da wollte er jetzt auch hin aber wie sollte er in die Wanne steigen? Mit Ginny hatte er nie zusammen gebadet, sie hatte es immer abgelehnt. Wieder wurden seine Gedanken unterbrochen, diesmal von einer kleinen Welle, die eindeutig mit Hilfe von Magie in seinem Gesicht landete.

„Jaja, ich komme ja schon“, lachte Harry und stieg vorsichtig in die Wanne, er wusste allerdings immer noch nicht wie er sich setzen sollte also machte er sich daran sich Severus gegenüber zu setzen.

Sein Vorhaben wurden unterbrochen als er eine Hand an seinem Handgelenk spürte, kein Zug, kein Druck. Er sah Severus fragend an, seinem Blick wurde allerdings ausgewichen und da war ein leichter Rotton auf seinen Wangen. Doch da war plötzlich ein leichter Zug an seinem Handgelenk, kaum wahrnehmbar aber da. Mit einem Lächeln gab er dem Zug nach und setzte sich kurzerhand vor Severus, lehnte sich mit dem Rücken an seine Brust und zog seine Hand auf seine Brust.

„So, und jetzt entspannen“, befahl er lachend doch er spürte wie verspannt Severus wirklich war. Es würde wohl eine Zeitlang dauern bis er sich entspannen würde.

Unsicher sah Severus auf den schwarzen Hinterkopf, der an seine Brust gelehnt war. Harry lag völlig entspannt halb auf ihm, er hielt seine Hand mit einer Hand fest aber der Griff wurde immer lockerer. Seine Hand wäre schließlich ins Wasser gerutscht wenn er sie nicht selber auf Harrys Bauch halten würde denn Harry war eingeschlafen. Wie konnte der jetzt einfach einschlafen? Gut, ihr Tag war lang gewesen und das heiße Wasser wirkte wirklich entspannend also warum fiel es ihm so schwer seinem Beispiel zu folgen?

Er selber war völlig verspannt und das obwohl die Situation doch eigentlich sehr angenehm war. Da lag er mit einem, in seinen Augen, sehr attraktiven Mann in der Badewanne, nackt und eng aneinander gekuschelt und doch machte er sich Gedanken ob sich dieser Mann am nächsten Morgen immer noch sein Freund nannte. Er strich mit der Hand vorsichtig über Harrys Bauch, weiche Haut und eine dünne Haarspur, die sich vom Bauchnabel abwärts zog. Er verfolgte die Haarspur nicht, sondern strich höher. Eine durchtrainierte Brust, glatte Haut und hier und da ein paar kleine Narben, nichts im Gegensatz zu seinen eigenen Narben. Seine Hand wanderte über seine Arme, strich sanft über die leicht gebräunte Haut, fühlte Muskeln und straffe Haut, wieder ein krasser Gegensatz zu sich selbst.

„Hey, mach weiter“, maulte Harry plötzlich.

Severus' Hand stockte, strich aber dann über seinen Arm zurück auf den Bauch und blieb dort liegen.

„Warum machst du nicht weiter? Das war schön. Warum bist du immer noch so verspannt?“, fragte Harry. Er wandte den Kopf etwas um ihn anzusehen, sein Blick wurde ruhig und abwartend erwidert. „Das war mein Ernst, du hättest ruhig weiter machen können.“

Eine Augenbraue ruckte nach oben bevor er den Kopf schüttelte und den Kopf auf den Wannenrand legte, die Augen geschlossen.

„Es wäre alles nicht so umständlich wenn du einfach mit mir reden würdest“, sagte Harry.

Als Antwort wurde er in den Bauch gepikst.

„Ich kriege dich noch dazu mit mir zu reden.“

Wieder ein Piksen, etwas stärker als vorher. Harry verstand, er sollte die Klappe halten. Also lehnte er sich wieder an ihn und schloss die Augen, es war einfach sehr angenehm und er wollte es noch eine Weile genießen.
 

Irgendwann wurde es Severus allerdings zu viel, er schrumpelte schon an den Fingerspitzen also schob er Harry einfach von sich runter.

„Das geht auch netter“, maulte dieser.

Severus verdrehte die Augen und holte sich mit einem Handwink ein Badetuch. Er drehte Harry den Rücken zu während er die Wanne verließ und sich sofort das Badetuch um die Hüfte schlang.

„Ich habe es dir schon einmal gesagt, ich gucke dir nichts ab“, kam von hinten doch er ignorierte es und verließ das Bad.

Harry schüttelte nur den Kopf, das würde er ihm schon noch abgewöhnen. Erstmal war er froh, dass sich Severus überhaupt dazu überwunden hatte. Seufzend trocknete er sich ab, zog sich eine Boxershorts an und ging nach nebenan, er war sich sicher, dass Severus bereits im Bett liegen würde. Und sich wahrscheinlich unzählige Gedanken machte.
 

„So, was war daran jetzt so schlimm?“, fragte Harry nachdem er mit unter die Decke geschlüpft war und wie immer an ihm klebte.

Kopfschütteln.

„Gut, dann bestehe ich jetzt öfters auf gemeinsame Bäder.“

Ein sehr skeptischer Blick traf ihn.

Harry nickte nur und sagte, „stell dich langsam darauf ein, dass ich dir näher kommen will.“

Der Blick wurde nachdenklich bevor sich Severus einfach hinlegte und das Licht löschte.

„Das ist nicht wirklich eine Antwort“, maulte Harry.

Er spürte wie sein Kopf zurück auf Severus' Brust gedrückt wurde, eine Hand legte sich auf seinen Arm, die Andere auf seine Hüfte. Es war offensichtlich, dass Severus nicht mehr reden wollte.

„Gute Nacht“, murmelte er.

Er bekam keine Antwort, so wie oft in dieser Situation.
 

Drei Wochen später stand Harry vor dem nächsten Problem denn sein Geburtstag stand an und er wusste nicht mit wem er feiern sollte. Lily wollte gerne mit ihm und Severus feiern aber dieser hatte abgelehnt, ihm aber gleichzeitig vorgeschlagen, dass er mit Lily den Tag verbringen sollte und sie dann am Abend zu zweit feierten. Eigentlich war das ein sehr vernünftiger Plan aber Harry kam es nicht richtig vor ihn den ganzen Tag alleine zu lassen. Das hatte er ihm gegenüber allerdings nicht ausgesprochen, er hätte ihn nur verflucht.

Seufzend hob Harry den Blick und sah in den Himmel, wie schon vor drei Wochen saß er im Garten und dachte nach. Sollte er zumindest aber er kam zu keinem Ergebnis. Wer hätte gedacht, dass er mal nicht wusste mit wem er seinen Geburtstag feiern sollte? Sonst hatte er immer mit seiner Familie und seinen Freunden gefeiert. Vor genau einem Jahr hatte er am heutigen Tag in Severus' Vorgarten gesessen und seinen Geburtstag völlig vergessen, damals hatte er das Fotoalbum seiner Mutter geschenkt bekommen. Irgendwie hatte damals auch sein Leben mit Severus begonnen, wenn auch nicht so wie es jetzt war. Er lächelte bei dem Gedanken an das Jetzt und kehrte dann zu seinem Problem zurück.

Seine Familie wollte oder konnte ihn nicht sehen, bis auf Lily und die wollte mit ihm feiern. Seine Freunde hatten sich größtenteils von ihm abgewandt und die Wenigen, die noch mit ihm redeten, hatten keine Zeit. Wirklich weh tat ihm die, immer noch ausbleibende Antwort von Hermine. Er hatte ihr vor Wochen schon geschrieben, dass er sich gerne wieder mit ihr treffen würde aber nicht hinter dem Rücken von Ron und nicht heimlich. Er wollte kein dunkles Geheimnis sein. Nun, seit diesem Brief hatte er keine Antwort von ihr erhalten.

Er seufzte leise und hörte dann Severus' Stimme, „was ist los?“

„Warum fragst du mich das ständig?“, fragte Harry zurück ohne sich umzuwenden.

Er spürte wie sich Severus neben ihn setzte, ihn aber nicht berührte. Das war normal und würde sich wohl nie ändern, Severus suchte von sich aus nur selten den Kontakt.

„Weil du ständig irgendwo rum sitzt und über sinnlose Dinge grübelst“, gab Severus zur Antwort, „es geht doch mit Sicherheit um morgen, oder?“

„Ja.“

„Gut, dann kann ich dich beruhigen. Ich muss ins Ministerium und werde dort wahrscheinlich bis zum späten Nachmittag festsitzen, also kannst du ohne schlechtes Gewissen zu deiner Tochter.“

Jetzt wandte sich Harry doch um und sah ihn fragend an, „wieso das?“

„Weil es diese Idioten vom Schulbeirat immer noch nicht kapiert haben.“

„Es gibt eine neue Verhandlung?“, fragte Harry überrascht, „wieso?“

„Weil es Idioten sind und weil sich Shacklebolt nicht durchsetzen kann. Ich werde mir also die Vorwürfe anhören, dann machen wir eine Mittagspause und dann reiß ich allen den Arsch auf“, erklärte Severus ruhig und mit dem Blick auf den Garten, er sah ihn nicht an.

„Wann musst du los?“

„Die Verhandlung beginnt um acht.“

„So früh?“

„Ja, du kannst ausschlafen.“

Harry sah ihn etwas bestürzt an, er hatte auf ein gemeinsames Frühstück zu seinem Geburtstag gehofft aber das war scheinbar zu viel verlangt. Irgendwie war Severus in letzter Zeit seltsam. „Also sehen wir uns am Nachmittag?“, fragte er leise.

„Wohl eher zum Abendessen, ich muss noch etwas erledigen.“

„Muss das morgen sein?“, fragte Harry mehr als enttäuscht.

„Ja, muss es“, war die ausweichende aber sehr klare Antwort.

Harry sah ihn immer noch an und er erkannte an seinen Gesichtszügen, dass jede weitere Frage unbeantwortet geblieben wäre also ließ er es. Scheinbar hatte sein Freund an seinem Geburtstag besseres zu tun als mit ihm zu feiern. Gerade erhob sich Severus und ging zurück ins Haus, wortlos. „Das wird ein atemberaubender Geburtstag“, murmelte Harry niedergeschlagen.
 

„Dad, alles in Ordnung?“, fragte Lily am nächsten Tag als sie ihren Vater in London traf.

„Ja, mehr oder weniger“, gab Harry mit einem gequälten Lächeln zurück. Lily legte den Kopf schief und Harry erklärte, „ich bin heute alleine aufgewacht und musste alleine frühstücken, so habe ich mir meinen Geburtstagsmorgen nicht vorgestellt. Aber es ist schön dich zu sehen.“ Damit umarmte er seine Tochter erst einmal und drückte sie an sich, es tat gut zumindest eines seiner Kinder wieder in die Arme schließen zu können.

Die Umarmung wurde erwidert während Lily sagte, „alles, alles Liebe zum Geburtstag, Dad.“

„Danke.

„So, und jetzt erzählst du mir warum du den heutigen Morgen alleine verbringen musstest“, sagte Lily während sie ihn los ließ und auf das Café zuging wo sie zu Mittag essen wollten.

„Wollen wir uns jetzt ernsthaft über meine Beziehungsprobleme unterhalten?“, fragte Harry skeptisch.

„Ja, wollen wir. Also?“

„Mein Freund war der Meinung, dass er heute ganz viele andere Dinge vor hat außer mit mir zu frühstücken oder zu Mittag zu essen oder zu Abend“, maulte Harry.

„Wo ist er denn?“

„Im Ministerium. Den Schulbeirat in den Arsch treten.“

Sie setzten sich an einen Zweiertisch im Schatten und Lily fragte, „warum? Hattest du nicht gesagt, dass er die Sache geregelt hatte?“

„Nein, er ist einfach gegangen. Jetzt will er es klären und das dauert leider so lange. Danach will er noch etwas erledigen.“

Jetzt grinste Lily denn ihr Vater klang ernsthaft beleidigt.

„Lach mich nicht aus, ich weiß ja, dass er schwierig ist aber ist es wirklich zu viel verlangt wenn wir meinen Geburtstag zusammen feiern?“, maulte Harry.

„Dad, bist du mal auf die Idee gekommen, dass er noch ein Geschenk für dich besorgen will. Oder dass er irgendetwas für dich vorbereiten will?“, fragte Lily grinsend.

Harry ließ sich den Gedanken kurz durch den Kopf gehen, schüttelte aber dann den Kopf und sagte, „Nein, das würde absolut nicht zu Severus passen.“

„Nach dem was du mir erzählt hast, hat er sich doch schon verändert. Vielleicht gehört das auch dazu.“

„Meinst du?“

„Naja, besser als zu glauben, dass ihm dein Geburtstag egal wäre.“

„Sein Eigener ist ihm so egal, dass er mir nicht mal gesagt hat, wann er Geburtstag hat“, knurrte Harry, was ihm einen sehr erstaunten Gesichtsausdruck seiner Tochter einbrachte. Er nickte und erzählte ihr die kleine Anekdote.
 

Aus dem Mittagessen wurde ein langer Nachmittag und ein gemeinsames Abendessen, Harry sprach das Thema Severus nicht nochmal an und Lily hörte mit den Fragen auf nachdem sie auch beim dritten Nachfragen keine Antwort bekommen hatte. Doch es war offensichtlich, dass Harry die Zeit hinauszögerte. Richtig fand Lily das nicht aber sie konnte ihrem Vater ja schlecht vorschreiben was er zu tun hatte. Sie konnte ihn allerdings mehr oder weniger nach Hause schicken.
 

„Willst du wirklich schon gehen?“, fragte Harry traurig.

„Ja Dad, so schön es mit dir ist aber es ist spät, ich möchte nach Hause und du wirst garantiert erwartet“, gab Lily lächelnd zurück.

Harry schnaubte leise und murrte, „ich werde ein kaltes, leeres Haus vorfinden.“

„Sieh es doch nicht so pessimistisch, vielleicht überrascht er dich ja. Eulen wir uns?“

„Natürlich.“

Lily umarmte ihren Vater nochmal und begab sich dann zu einem der öffentlichen Kamine um nach Hause zu flohen. Sie war zwar schon siebzehn aber sie hatte ihre Apparierlizenz noch nicht gemacht. Harry sah ihr missmutig nach, er wollte nicht nach Hause denn er war sich hundertprozentig sicher, dass er alleine sein würde. Deswegen hatte er das Treffen mit Lily soweit hinaus gezögert. Doch auch wenn dieser Tag wunderschön gewesen war, im Inneren war er sehr deprimiert bei dem Gedanken an Severus und dessen Verhalten. Wenn ihm sein eigener Geburtstag schon egal war wie konnte Harry dann annehmen, dass ihm sein Geburtstag irgendetwas bedeutete?

Er würde den Abend wahrscheinlich alleine verbringen. Severus würde irgendwann in der Nacht kommen, irgendeine Entschuldigung wegen dem Ministerium vorbringen und dann ins Bett gehen, was für ein grandioser Geburtstag. Harry seufzte leise, sein Blick ging zu der großen Uhr. Es war fast zehn, er hatte also noch fast genau zwei Stunden Geburtstag. Er wollte nicht nach Hause, nicht in das kalte, leere Haus gehen also beschloss er noch etwas spazieren zu gehen. Es interessierte Severus ja sowieso nicht ob er Geburtstag hatte oder nicht.
 

Mit einem Plopp tauchte Harry im Wohnzimmer von Severus' Haus auf, es war kurz vor Mitternacht und er war nur hierher gekommen weil er müde war. Doch er blieb wie angewurzelt stehen und blinzelte ins Wohnzimmer aber so wirklich konnte er das Bild nicht verstehen. Das Wohnzimmer war nicht kalt und verlassen, wie er vermutet hatte. Überall standen Kerzen und verbreiteten ein warmes Licht. Der flache Couchtisch war verschwunden und hatte einem kleinen runden Tisch mit zwei Stühlen Platz gemacht, der Tisch war für ein Abendessen zu zweit gedeckt. In einem Sektkühler stand eine Flasche, zwei Gläser daneben doch alles war unberührt.

„Severus?“, rief Harry doch er erhielt keine Antwort.

Langsam trat er näher an den Tisch ran, ein Pergament lag darauf. Mit wachsender Angst, einem endlos schlechten Gewissen und zitternden Händen griff er danach und entrollte es, Severus' Handschrift kam zum Vorschein.
 


 

„Alles Gute zum Geburtstag.
 

Scheinbar war meine Andeutung, dass wir uns zum Abendessen sehen, nicht deutlich genug. Aber ich verstehe wenn du den Tag lieber mit deiner Tochter verbringen wolltest. Ich war wohl der Einzige, der sich auf ein Abendessen zu zweit und den weiteren Abend gefreut hat.
 

Verzeih wenn ich dich nicht empfange wenn du kommst aber du weißt selber wie mein körperlicher Zustand ist. Ich bin zu alt um Stundenlang auf jemanden zu warten, der mir beim letzten Mal versprochen hat eine Eule zu schicken wenn es wieder später werden würde. Auf dein Geburtstagsgeschenk wirst du verzichten müssen, mich hat der Mut verlassen und ich bin mir mittlerweile sicher, dass du es nicht vermissen wirst. Zudem bin ich mir sicher, dass du kein Geburtstag mehr hast wenn du diesen Brief liest.
 

Solltest du noch Hunger verspüren, das Abendessen steht im Kühlschrank, Fino kann es dir aufwärmen. Sei bitte leise wenn du kommst, ich habe einen Schlaftrank genommen und würde die Nacht gerne durchschlafen.
 

Severus.“
 


 

Das schlechte Gewissen grub sich tief in Harrys Herz und es wurde noch schlimmer als er die einzelne rote Rose auf dem Tisch sah, ein kleines Pergament war an ihrem Stiel befestigt. Er legte den Brief beiseite, nahm die Rose zur Hand und löste das Pergament, wieder Severus' Schrift.
 


 

„Alles Gute zum Geburtstag.
 

Mein Geburtstagsgeschenk an dich ist nichts Materielles aber ich hoffe, es wird dir dennoch gefallen. Komm bitte nach oben aber lass dir etwas gesagt sein.
 

Auf der Tür zum Schlafzimmer liegen zwei Zauber, die dich stumm und blind werden lassen. Lass mich dir zeigen, dass es mehr gibt, dass ich dir auch etwas bieten kann.
 

Vertraust du mir?“
 


 

Fassungslos und unendlich traurig ließ sich Harry auf einen der Stühle fallen, das Pergament entglitt seinen Finger. Er hatte ihn falsch eingeschätzt. Er hatte ihn völlig falsch eingeschätzt und damit wahrscheinlich bis ins Innerste verletzt. Wie konnte er sich nur so irren? Ja, Severus hatte gesagt, dass sie sich zum Abendessen sehen würden aber er hatte ihm nicht geglaubt. Warum eigentlich nicht? Harry ließ den Blick über den Tisch und die zwei Briefe wandern. Severus hatte sich scheinbar doch für seinen Geburtstag interessiert, mehr noch, er hatte ein romantisches Abendessen und mehr geplant. Genau dieses Mehr wunderte Harry mehr als alles Andere denn diesen Schritt hätte er ihm nie zugetraut. Genauso wenig wie dieses Abendessen, er hatte seinen Freund völlig unterschätzt. Und das nach fast acht Monaten Beziehung.

Harry kam sich so schäbig vor, er fühlte sich schlechter als jemals zuvor. Sein Blick ging zur Treppe, sollte er sich jetzt wirklich einfach so ins Bett neben ihn legen? Nein, das konnte er nicht. Er hatte Severus zutiefst enttäuscht, das war ihm bewusst aber er wusste nicht wie er es wieder gut machen konnte. Konnte er es überhaupt wieder gut machen? Ein leises Plopp riss ihn aus seinen Gedanken.

„Guten Abend, Master Potter“, sagte Fino leise.

„Guten Abend, Fino. Kann ich etwas für dich tun?“

„Master Snape hat mir aufgetragen das Essen für Master Potter warm zu machen. Möchte Master Potter etwas essen?“

„Nein, mir ist gehörig der Appetit vergangen. War er sehr enttäuscht?“, fragte Harry leise.

Fino sah ihn traurig an, zögerte mit seiner Antwort, sagte aber dann doch, „ja, Master Snape war sehr enttäuscht. Er hat sehr lange auf Master Potter gewartet. Bis die Tränke für den Körper aufgehört haben zu wirken. Dann hat Master Snape noch zwei Tränke genommen und ist ins Bett gegangen.“

„Welche Tränke?“

Diesmal dauerte es noch länger bis Fino antwortete, „ein Trank damit Master Snape einschlafen kann. Und ein Trank, der böse Träume verhindert.“

Harry schluckte, wenn Severus schon einen Traumlostrank nahm, war er sehr enttäuscht. „Danke Fino.“

„Master Potter sollte ins Bett gehen.“

„Ich trau mich nicht“, gestand Harry und auf den verständnislosen Blick des Hauselfen fuhr er fort, „Severus muss so enttäuscht von mir sein, ich trau mich nicht zu ihm zu gehen. Ich möchte ihn nicht wecken.“

„Master Snape schläft nicht, der Trank damit er einschlafen kann, hat nicht lange gewirkt. Master Snape ist seit einer Stunde wach“, sagte Fino.

Harry sah ihn fassungslos an bevor sein Blick zur Treppe ging, Severus musste ihn gehört haben und fragte sich jetzt bestimmt was er noch so lange hier unten machte. „Danke Fino.“

„Braucht Master Potter noch etwas?“

„Mut“, sagte Harry mit einem schiefen, gequälten Grinsen.

„Damit kann Fino Master Potter nicht dienen.“

„Ich weiß. Gute Nacht, Fino.“

„Gute Nacht, Master Potter.“

Nach einem letzten fragenden Blick verschwand der Hauself und Harry erhob sich langsam. Seine Beine zitterten als er sich auf den Weg nach oben machte. Er wollte nicht, er wollte sich Severus nicht stellen aber er war es ihm schuldig.
 

Als er die Tür zum Schlafzimmer passierte, spürte er deutlich, dass keine Zauber mehr darauf lagen. Severus musste sie entfernt haben als er ins Bett gegangen ist. Er seufzte leise und schlich ins Bad, er wollte noch schnell duschen gehen aber wenn er ehrlich zu sich selbst gewesen wäre, hätte er sich eingestanden, dass er Zeit schinden wollte.
 

Wenig später betrat Harry erneut das Schlafzimmer, frisch geduscht und wie immer nur in Pyjamahose gekleidet. Doch er zögerte, sein schlechtes Gewissen war förmlich greifbar aber es nutzte nichts, er wollte nicht im Stehen schlafen. Also schlich er zum Bett, die kleinen magischen Lampen hatten sich entzündet als er das Zimmer betreten hatte und rutschte vorsichtig unter die Decke. Severus lag mit dem Rücken zu ihm, was mehr als ungewöhnlich war denn er lag auf der linken Seite und das schmerzte nach einer Weile. Harry starrte den schwarzen Rücken an, Severus trug wieder den dünnen Pullover und das hatte er seit Monaten nicht mehr getan. Es zeigte Harry mehr als alles andere wie enttäuscht er von ihm war. Er rutschte langsam näher, legte einen Arm um ihn. Er spürte die Handbewegung von Severus und schon lag er wieder alleine am anderen Bettrand.

„Ok, das ist deutlich“, murmelte Harry, „und das sagt mir, dass du wach bist.“

Es erfolgte keine Reaktion aber er hatte auch keine erwartet. Harry atmete nochmal tief durch und begann dann.

„Gut, du willst nicht mit mir reden aber du wirst mir wohl zuhören, hoffe ich. Es tut mir wirklich leid, auch wenn dir das nichts bringt aber vielleicht kann ich mich erklären. Erinnerst du dich noch an deinen Geburtstag? Du hast den Tag so runter gemacht, du hattest so gar kein Interesse daran gezeigt. Dann noch deine Aussage, dass du den ganzen Tag nicht da bist. Merlin, du wolltest nicht mal mit mir frühstücken obwohl ich dir gesagt habe, dass ich das gerne machen würde. Du hast alles abgelehnt und ganz ehrlich, es hatte den Anschein als wäre dir mein Geburtstag völlig egal. Ja, du hast gesagt, dass wir uns zum Abendessen sehen aber ich habe dir nicht geglaubt. Ich habe gedacht, dass du weit nach dem Abendessen kommst, dann etwas in die Richtung sagst, dass es leider länger gedauert hat und dann ins Bett gehst. So, wie du deinen Geburtstag nicht für wichtig hältst, dachte ich, hältst du meinen auch nicht für wichtig. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass es dich interessiert und dass du sogar so etwas planst. Ich gebe es zu, ich habe dich völlig unterschätzt und das tut mir sehr leid. Ich weiß, dass ich das nicht wieder gut machen kann. Ich habe einen Fehler gemacht, einen großen Fehler und das tut mir wirklich sehr leid. Aber das, was ich dir vor drei Wochen gesagt habe, kann ich nur wiederholen, ich lasse dich nicht wieder gehen. Ich werde daran arbeiten, dass du mir den heutigen Tag verzeihst aber ich werde mich nicht von dir trennen und ich werde es nicht zulassen, dass du dich von mir trennst. Keine Chance. Du hast mich am Arsch.“

Es erfolgte keine Reaktion aber damit hatte Harry auch nicht gerechnet, allerdings hätte er es sich gewünscht.

Ein Gedanke erschien ihm und mit einem breiten Grinsen sagte er, „ich bestehe im übrigen auf meinem Geburtstagsgeschenk. Ich habe das Pergament gefunden und ich werde es behalten, ich bestehe darauf.“

Jetzt bekam er eine Reaktion denn Severus griff nach seinem Zauberstab und schrieb vor sich in die Luft, „vergiss es, Potter.“

„Nicht wirklich, Professor Snape. Ich habe das Pergament und Geschenke werden nicht zurückgenommen, ganz einfach. Ich bestehe auf mein Geburtstagsgeschenk“, sagte Harry grinsend.

„Stirb, Potter.“

Harrys Grinsen wurde immer breiter während er langsam und vorsichtig näher rutschte, er hoffte auf eine Versöhnung. Diesmal wurde er nicht wieder weggezaubert als er den Arm um Severus legte. „Es tut mir wirklich leid, Severus. Ich habe dich wirklich falsch eingeschätzt und das tut mir leid. Ich würde es gerne irgendwie wieder gutmachen aber ich befürchte, wenn ich dir das anbiete, lande ich in Einzelteilen in irgendwelchen Tränken“, sagte er leise.

„Das ist eine vorzügliche Idee, Potter.“

„Du bist der Einzige, der es schafft Abscheu schriftlich auszudrücken. Ich sollte meinen Nachnamen ändern.“

„Egal welchen Nachnamen du trägst, ich schaffe das immer.“

Harry überlegte einen Moment, grinste aber dann und meinte, „ich heirate dich einfach und nehme deinen Namen an. Du schaffst es niemals deinen eigenen Nachnamen so abwertend zu schreiben oder auszusprechen.“

„Sie unterschätzen mich, Mr. Snape. Egal welchen Nachnamen Sie tragen, ich werde es immer schaffen. Außerdem würde dieses Vorhaben voraussetzen, dass ich auch gewillt bin Sie zu heiraten. Nach den Ereignissen des heutigen Abends bin ich mir nicht sicher ob ich das wirklich wollen würde, Mr. Snape.“

Harry seufzte leise, rutschte dann aber ein Stück hoch und küsste Severus sanft in den Nacken. „Ich weiß, dass ich Scheiße gebaut habe und es tut mir leid aber ich werde es wieder gut machen, irgendwie schaffe ich das bestimmt“, murmelte er leise.

Er hörte Severus leise seufzen, dann das bekannte Klacken als er den Zauberstab auf den Nachttisch legte. Im ersten Moment dachte er, dass es wohl heute doch keine Versöhnung mehr geben würde aber dann drehte sich Severus plötzlich um und legte einen Arm um ihn. Das Licht der magischen Lampen war zwar schwach aber es reichte dennoch um die Enttäuschung in den schwarzen Augen zu enthüllen.

„Es tut mir wirklich leid“, seufzte Harry.

Nicken.

„Du bist mir noch böse, oder?“

Sehr viel deutlicheres Nicken.

„Habe ich die Chance es wieder gut zu machen?“, fragte Harry, er rechnete mit einem Kopfschütteln aber zu seiner Überraschung nickte Severus. „Wie?“

Eine Augenbraue ruckte nach oben.

„Wieder ein Zeichen?“

Nicken.

„Wie lange habe ich Zeit?“

Der Ausdruck in Severus' Augen änderte sich aber wirklich deuten konnte es Harry nicht und das sagte er auch. Ein Schulterzucken war die Antwort.

„Das ist nicht wirklich eine Antwort. Einfach so schnell wie möglich?“

Zögern und dann wieder ein Nicken.

„Also ist zwischen uns wieder alles gut?“, fragte Harry vorsichtig.

Diesmal dauerte das Zögern länger doch schließlich nickte Severus.

„Wirklich? Du musst das nicht nur sagen damit ich dich in Ruhe lasse.“

Jetzt grinste Severus schwach, schüttelte den Kopf und rutschte dann noch ein Stück näher, kuschelte sich förmlich an ihn. Diesmal sparte sich Harry einen Kommentar, das Verhalten war eindeutig und es war sehr zufriedenstellend.

„Gute Nacht, Severus.“

„Hm.“

Mit einem Handwink ließ Severus die Lampen verlöschen, er selbst war schnell eingeschlafen während Harry noch einige Zeit wach lag.
 

Ihm war kalt als er aufwachte und er brauchte nur ein paar Momente um zu verstehen, warum. Er war alleine. Severus setzte sich langsam auf und sah sich um, er hörte Stimmen aus dem Bad. Mit wem unterhielt sich Harry im Bad? Warum war er nicht im Bett? Er hatte eigentlich gehofft, dass er nach der letzten Nacht nicht alleine aufwachen würde. Die Stimmen verstummten und kurz darauf öffnete sich die Badtür.

„Wieso bist du wach?“, fragte Harry sofort während er den Raum durchquerte und wieder unter die Decke schlüpfte. Severus hob fragend eine Augenbraue und Harry fuhr fort, „da bin ich zehn Minuten im Bad und du wachst auf, Mensch, das wirft ein schlechtes Licht auf mich.“

Nach einem Griff zum Zauberstab schrieb Severus, „mit wem hast du dich im Bad unterhalten?“

„Fino. Ich habe ein Frühstück ans Bett bestellt.“

„Wir frühstücken nicht im Bett.“

„Heute schon, ich mag mich nicht in die Küche setzen und wenn du den ganzen Abend auf mich gewartet hast, hast du bestimmt viele Tränke genommen. Also brauchst du Ruhe und Fürsorge“, erklärte Harry.

„Was habe ich zu übertriebener Fürsorge gesagt?“

„Ich darf mich um meinen Freund kümmern wenn es ihm nicht gut geht und ich der Grund dafür bin also essen wir im Bett, nehmen danach ein schönes Bad und dann überlegen wir was wir mit dem restlichen Tag machen. Was ist eigentlich gestern bei der Besprechung raus gekommen?“

„Idioten.“

Harry lachte und meinte, „das ist sehr aufschlussreich, Severus.“

Dessen Antwort wurde von Fino unterbrochen, der mit einem Knall auftauchte. „Guten Morgen, Master Snape, Master Potter. Darf Fino das Frühstück servieren?“, fragte er nach einer Verbeugung.

„Wir essen nicht im Bett.“

„Doch, tun wir. Bitte Fino, das Frühstück.“

Der Hauself sah zwischen ihnen umher, schnippte aber dann mit den Fingern und ließ ein volles Tablett vor ihnen erscheinen. Noch bevor Severus etwas schreiben konnte, füllten sich die Tassen mit Kaffee während das Tablett in bequemer Reichweite vor ihnen schwebte. „Braucht Master Potter noch etwas?“, fragte Fino.

„Nein. Danke, Fino.“

Der Hauself nickte nochmal und verschwand dann.

„Ich dachte immer ich bin der Hausherr.“

Grinsend reichte Harry die Kaffeetasse an ihn, die er grummelnd entgegen nahm und dann still schweigend frühstückte. Es war zwar weit entfernt von einer romantischen Stimmung, die sich Harry insgeheim erhofft hatte aber Severus verfluchte ihn zumindest nicht. Er akzeptierte seine Entscheidung im Bett zu essen und das war eigentlich mehr als Harry gedacht hatte. Er hatte ihn am letzten Abend schwer verletzt und so war es eigentlich ein Wunder, dass er jetzt hier im Bett mit ihm frühstückte. Es wäre ja nicht das erste Mal, dass Severus seiner schlechten Laune mit dem Zauberstab Ausdruck verlieh. Harry sah ihn von der Seite her an, ob er ihn wirklich in die Wanne bekam?
 

Das Frühstück war vorbei, Fino hatte das Tablett wieder abgeholt und Severus erhob sich gerade. Harry sah ihm vorsichtig nach, sollte er das Thema Badewanne wirklich ansprechen? Doch scheinbar schien Severus fast die gleichen Gedanken zu haben denn er bewegte sich langsam Richtung Badtür.

„Kommst du oder hast du es dir anders überlegt?“

Mit einem Sprung war Harry aus dem Bett und kam ihm nach, „bin schon da.“

Severus sparte sich einen Kommentar sondern ging einfach weiter, Harry folgte ihm.
 

„Du hast meine Frage vorhin nicht beantwortet. Was ist gestern im Ministerium raus gekommen?“, fragte Harry eine knappe Viertelstunde später als sie im heißen Wasser lagen.

„Es sind verbohrte Idioten aber sie haben es kapiert. Es wird ein paar weitere Anzeigen gegen ein paar Gamotmitglieder geben, Shacklebolt hat doch noch einen weiteren Warnschuss gebraucht aber jetzt hat er es verstanden.“

„Dein Posten als Direktor?“

„Ich bin und bleibe Direktor von Hogwarts, egal was sich irgendwelche Emporkömmlinge einbilden.“

„Hat es noch Konsequenzen für dich?“

„Nein.“

„Severus!“

„Nein ist die Antwort. Es gibt keine Konsequenzen. Ich habe niemanden verflucht oder verhext also haben sie keine Handhabe. Ich bin nicht ausgeflippt und ich werde meinen Posten so lange behalten wie ich ihn bewältigen kann. Das wird noch eine Weile dauern.“

„Wieso das?“, fragte Harry jetzt.

„Weil ich, wegen einer absoluten Nervensäge, körperlich besser drauf bin als früher.“

„Du magst mich deswegen.“

„Nervensäge.“

Harry grinste, kuschelte sich enger an den Mann hinter sich und strich mit den Fingern über den Arm um seine Hüfte. Auch Severus schrieb nicht weiter, allerdings zog sich sein Arm etwas enger um Harry zusammen, das zeigte Harry mehr als alles andere wie Severus dazu stand. Es war ein riesiger Fortschritt zu dem Anfängen ihrer Beziehung. Mit einem Seufzen schloss er die Augen, er wollte einfach nur noch genießen und nach dem leisen Grummeln hinter sich zu urteilen, ging es Severus genauso.

Kapitel 35

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Kapitel 36

Kapitel 36
 

Harry stockte mitten im Schritt, diese Stimme hatte er seit Weihnachten nicht mehr gehört und damals hatte sie ihn nur böse beschimpft. Langsam drehte er sich um und sah in das Gesicht des Kindes, das ihm am ähnlichsten sah. „Albus?“, entfuhr ihm leise.

„Al, bitte. Albus klingt so alt“, gab sein Sohn lächelnd zurück.

Zwei Heiler standen neben ihm, einer runzelte jetzt die Stirn und sagte, „Mr. Potter, Sie sollte erst mit Heiler Yoxall reden.“

„Ich werde meinen Vater schon nicht verfluchen“, warf Albus ein.

Die Heiler sahen sich an, es war ihnen anzusehen, dass sie dagegen waren und Harry wusste auch warum. Er hatte seit Weihnachten keinen Kontakt mehr zu Harry gehabt weil Oliver es verboten hatte.

„Warum setzt ihr euch nicht in die Kantine und unterhaltet euch etwas und ich hole Oliver?“, fragte Isabella plötzlich.

Jetzt waren die Heiler völlig verwirrt, nickten aber und deutete in die Richtung der Aufzüge. Harry nickte seiner Ausbilderin kurz zu und folgte ihnen dann.
 

„Er macht bitte was?“, fragte Oliver geschockt, „bitte wiederhole das.“

„Harry hat seinen Sohn auf dem Gang getroffen und jetzt sollten sie in der Kantine sitzen und sich unterhalten“, wiederholte Isabella.

„Warum?“

„Warum was?“

„Warum sitzen sie in der Kantine?“, fragte Oliver genervt während er aufstand und um seinen Schreibtisch herum ging.

„Weil ich sie dahin geschickt habe.“

„Verdammt, Isabella, das könnte die ganze Therapie zunichte machen.“

„Glaube ich nicht, du hast Albus nicht gesehen. Er schien wirklich erfreut seinen Vater zu sehen“, konterte Isabella.

„Hoffen wir es. Los, wir gehen sofort hin.“ Damit ging Oliver an ihr vorbei und aus dem Raum raus, Isabella folgte ihm.
 

Doch als sie die Kantine betraten, blieb Oliver stehen und beobachtete das Gespräch zwischen Vater und Sohn, welches scheinbar sehr friedlich und harmonisch geführt wurde. Die zwei Heiler, die Albus normalerweise außerhalb seines Zimmers begleiteten, saßen am Nachbartisch und hörten still schweigend zu.

„Wolltest du nicht Wut schnaubend hin stürmen und ihn von ihm weg reißen?“, fragte Isabella, „sie scheinen sich gut zu unterhalten.“

„Bis das Thema auf Harrys Freund fällt, damit kann er alles kaputt machen“, knurrte Oliver.

„Glaubst du wirklich, dass Harry so dämlich ist und ihm erst mal lang und breit von Snape vorschwärmt? Mensch Oliver, jetzt denk doch mal nach, so empathielos ist Harry nun auch nicht“, sagte Isabella etwas empört.

„Ich weiß, ich weiß aber er macht im Moment sehr gute Fortschritte und die will ich mir nicht durch ein paar unbedachte Worte zerstören.“

„Aber irgendwann wird er sich wieder mit seinen Eltern unterhalten und damit auch mit seinem Vater. Oliver, irgendwann wird Albus mit der Tatsache konfrontiert, dass sein Vater und Snape zusammen sind“, sagte Isabella.

„Auch das weiß ich aber doch nicht jetzt. Nicht zu diesem Zeitpunkt“, seufzte der Heiler leise, „es könnte alles kaputt machen.“

„Nun, momentan unterhalten sie sich nur über Harrys Ausbildung“, warf Isabella ein denn es drangen immer wieder Gesprächsfetzen zu ihnen.

„Noch.“

Isabella sah ihn fragend von der Seite an, ihr Kollege schien wirklich ernsthaft besorgt. Seine Sorge schien berechtigt denn plötzlich wandte sich das Gespräch doch Severus Snape zu.
 

„Wie geht es eigentlich Professor Snape?“, fragte Albus plötzlich.

Harry stutzte und sah dann etwas unsicher zu den zwei Heilern, die wiederum Hilfesuchend zu Oliver sahen.

„Oder ist das ein Thema über das du nicht mit mir reden darfst?“, fügte Albus hinzu.

„Ich bin mir nicht sicher ob das Thema so geeignet ist“, sagte Harry vorsichtig.

Er rechnete mit einem Ausbruch doch Albus lächelte nur nachsichtig und sagte, „ich kann dich verstehen.“

„In wie weit?“, fragte plötzlich Oliver, der sich mit Isabella genähert hatte. Er zog sich einen Stuhl ran, warf Harry und Albus aber einen fragenden Blick zu und erst als Beide genickt hatten, setzte er sich.

„Ich muss dann mal wieder. Harry, wir sehen uns dann morgen. Ich schicke dir die Unterlagen per Eule zu“, sagte Isabella lächelnd.

„Danke und dann bis morgen“, sagte Harry schnell und schon verschwand seine Ausbilderin.
 

„Also, wie meinst du das?“, fragte Oliver.

Albus zuckte mit den Schultern und meinte, „ich habe viel Mist gebaut und beim letzten Mal habe ich ein paar sehr unschöne Dinge zu den Beiden gesagt.“

„Was davon hast du denn auch so gemeint?“, fragte Harry.

„Gute Frage, ich glaube damals alles. Jetzt? Hm, schwierig. Ich kann es gar nicht so genau sagen aber eines kann ich mich Sicherheit sagen.“

„Und was?“, fragte Oliver misstrauisch.

„Ich hasse meinen Dad nicht“, sagte Albus lächelnd.

Während sich Harry über diese Aussage freute, blieb Olivers Blick misstrauisch und er fragte, „und die Liebe zu Professor Snape?“

„Ich dachte diese Frage hätten wir zur Genüge geklärt“, sagte Albus sichtlich verwirrt, „die war nie echt auch wenn es sich noch sehr echt anfühlt.“

„Wie meinst du das?“, fragte Harry bevor Oliver etwas sagen konnte.

Sein Sohn warf Oliver einen fragenden Blick zu und nachdem dieser genickt hatte, erklärte Albus, „ich weiß mittlerweile, dass diese Liebe nicht echt war. Ich habe ihn nie wirklich geliebt auch wenn es sich im Moment noch so anfühlt. Da sind noch Gefühle aber ich weiß, dass sie nicht echt sind. Sie sind Einbildung aber so weit ich das verstanden habe, bin ich auf dem Weg der Besserung. Ja, ich bin krank und ich brauche Hilfe.“

Harry starrte seinen Sohn fassungslos an während Oliver zufrieden nickte.

„Heißt das, ich darf meinen Vater öfters sehen?“, fragte Albus hoffnungsvoll.

Sofort kehrte das Misstrauen bei Oliver zurück, Albus hob abwehrend die Hände und sagte schnell, „nein, nicht wegen seiner Beziehung zu Professor Snape. Ich würde gerne meinen Vater wieder sehen. Wir haben in der Vergangenheit viele Fehler gemacht, es sind viele Missverständnisse aufgekommen und ganz ehrlich, wir haben uns nie wie Vater und Sohn verhalten. Ich würde gerne versuchen meinen Vater wieder zu bekommen.“

„Gerne“, war alles, was Harry raus brachte.

Oliver sah zwischen ihnen umher und nickte schließlich zögernd, „am Anfang nur unter Aufsicht und bestimmte Gesprächsthemen sollten wir einfach mal ausklammern. Zumindest am Anfang und wenn es zu einer Verschlechterung in deinem Zustand kommt, müssen wir die Besuche wieder einstellen. Kein Verstellen, Albus, du weißt genau welche Konsequenzen wir dann ziehen müssten, oder?“

„Ja, weiß ich“, sagte Albus schnell.

Harry runzelte die Stirn, sagte aber nichts, er wollte seinen Sohn wieder sehen und wieder Zeit mit ihm verbringen. Vielleicht ergab sich hier die Chance auf einen neuen Umgang mit ihm.

„Gut. Albus, was hältst du davon, wenn wir uns nochmal zu Zweit unterhalten und dann machen wir einen Termin für ein Gespräch mit deinem Dad?“, fragte Oliver.

„Wirklich?“

„Ja, wirklich. Aber ich denke mal, für heute reicht es“, sagte Oliver.

„Ich muss auch nach Hause, ich muss zwei Wochen Arbeit nachholen“, maulte Harry.

„Wieso das?“, fragte Albus verwundert.

„Ich hatte die letzten zwei Wochen Urlaub und fange morgen wieder an und ich wollte die Sachen eigentlich nachholen. Deswegen bin ich heute eigentlich hier, ich wollte die Unterlagen holen und dann Daheim durch gehen“, erklärte Harry, „Isabella hat die Eule bestimmt schon los geschickt also habe ich noch sehr viel Arbeit vor mir.“

Er rechnete mit einer Nachfrage wegen Severus doch Albus lächelte nur und meinte, „viel Spaß.“

„Werde ich habe.“

„Gut, dann gehst du jetzt nach Hause und arbeitest deine Unterlagen durch und du solltest längst beim Mittagessen sein.“ Damit erhob sich Oliver und es war das allgemeine Zeichen zum Aufbruch.

„Darf ich meinen Dad noch umarmen?“, fragte Albus.

„Natürlich, da spricht nichts dagegen.“

Mit Erleichterung schloss Harry seinen Sohn in die Arme und für ihn fühlte es sich in diesem Moment wieder richtig an. Wie früher, als er seinen kleinen Jungen in die Arme geschlossen hatte.

„Danke Dad“, flüsterte Albus plötzlich.

„Wofür?“, war die leise Gegenfrage.

„Dass du nicht aufgegeben hast und mich hierher gebracht hast“, sagte Albus während er sich ein Stück von ihm weg drückte um ihn in die Augen zu sehen.

„Du bist mein Sohn und ich liebe dich. Ich würde alles für dich tun“, sagte Harry ernst.

Albus lächelte ihn nur an und löste sich dann von ihm.

„Harry, ich eule dir so schnell wie möglich“, sagte Oliver, der über den Verlauf dieses Gespräches mehr als erfreut war.

„Tu das bitte.“

Oliver nickte ihm nochmal zu und führte Albus dann weg und auch Harry machte sich auf den Weg, allerdings nach Hogwarts. Er wollte und konnte jetzt nicht alleine sein.
 

Ein Plopp unterbrach die Lehrerversammlung und ließ alle Blicke zu dem Hauselfen gehen, der neben Severus aufgetaucht war. Dieser hob nur fragend eine Augenbraue, beugte sich aber dann vor als der Hauself ihn zu sich winkte und ihm schließlich etwas ins Ohr flüsterte. Aus der hochgezogenen Augenbraue wurde ein Stirnrunzeln bevor Severus nickte und sagte, „ich komme sofort.“

Der Hauself nickte und verschwand.

„Severus, alles in Ordnung?“, fragte Minerva von der Seite.

„Ja“, war alles, was Severus sagte während er sich schon erhob, „wir machen kurz Pause.“ Noch bevor jemand etwas sagen konnte, hatte er den Raum schon verlassen. Er sah nicht mehr wie sich die Lehrer verwirrt ansahen und dann in wilde Spekulationen ausbrachen.
 

„Was ist so wichtig, dass du mich aus der Lehrerversammlung holen lässt?“, fragte Severus schroff, kaum, dass er einen Fuß in seine Privaträume gesetzt hatte.

Harry stockte mitten im Schritt und zögerte, sein zusammen geraffter Mut verschwand und er trat sogar einen Schritt zurück. „Tut mir leid, ich wollte dich nicht stören. Ich bin sofort wieder weg“, sagte er.

„Harry, was ist los? Warum hast du mich aus der Versammlung geholt?“, fragte Severus nochmal.

Harry seufzte leise und flüsterte, „Ich wollte einfach gerade nicht alleine sein.“ Er hatte den Blick abgewandt, so sah er nicht wie Severus die Stirn runzelte aber er hörte das leise Seufzen. Dann erklangen Schritte und kurz darauf wurde er in eine feste Umarmung gezogen. Völlig überrascht schlang Harry die Arme um ihn und drückte sich an ihn. „Danke“, flüsterte er leise.

„Was ist los?“, fragte Severus jetzt zum dritten Mal, diesmal allerdings wesentlich versöhnlicher als die ersten zwei Male.

„Ich war im St. Mungo um die Unterlagen von den vergangenen Wochen zu holen und ich habe Albus getroffen“, sagte Harry leise.

Er spürte wie sich Severus versteifte bevor er mutmaßte, „und das Treffen ist nicht so schön verlaufen.“

„Nein, im Gegenteil, wir haben uns fast eine Stunde ganz normal unterhalten“, sagte Harry schniefend.

„Warum heulst du dann?“, fragte Severus während er ihn von sich weg drückte und prüfend ansah.

„Das nennt man Tränen der Freude, du Grinch“, maulte Harry.

„Aha. Warum hast du mich jetzt aus der Versammlung geholt? Das hättest du mir auch heute Abend sagen können.“

Harry seufzte leise und machte Anstalten ihn los zu lassen, Severus' Arme lösten sich allerdings nicht von ihm.

„Meine Frage“, beharrte dieser.

„Du verstehst es ja doch nicht.“

„Wenn du es mir nicht erklärst, kann ich es nicht verstehen. Harry, ich habe keine Kinder, woher soll ich wissen wie du dich fühlst?“, fragte Severus.

Er wurde misstrauisch angesehen bevor Harry etwas unschlüssig mit den Schultern zuckte und sagte, „das lässt sich schwer erklären. Ich habe Albus seit Weihnachten nicht mehr gesehen und du erinnerst dich doch garantiert, wie das Treffen verlaufen ist.“ Nachdem Severus genickt hatte, fuhr er fort, „ich war so überrascht als er heute plötzlich vor mir stand. Und dann haben wir uns ganz normal unterhalten, wie Vater und Sohn. Dann kam Oliver, ich dachte erst, dass er das Gespräch unterbrechen will aber er war scheinbar damit einverstanden. Wir haben uns dann noch etwas unterhalten und er hat zugesagt, dass wir uns ab jetzt wieder öfters treffen können. Severus, ich darf meinen Sohn wiedersehen und naja, das hat mich wohl einfach etwas mitgenommen. Entschuldigung, dass ich dich gestört habe, ich bin einfach so gerührt gewesen.“

Er schniefte nochmal, wandte den Blick aber ab denn er konnte dem stechenden Blick seines Freundes nicht standhalten. Erst als dieser die Luft geräuschvoll ausstieß, sah er auf, direkt in warme, schwarze Augen.

„Ich muss erst diese Versammlung beenden, wir waren eh fast fertig. Danach habe ich ein bisschen Zeit bis die Schüler zum Abendessen kommen. Wenn du willst, können wir diese Zeit zusammen verbringen“, schlug Severus vor.

„Gerne.“

Severus nickte, ließ ihn jetzt doch los und wand sich zum gehen. „Ich bin in einer halben Stunde zurück“, war alles, was er sagte bevor die Tür hinter ihm ins Schloss fiel.
 

Die Lehrer waren mehr als überrascht als Severus wiederkam und die restlichen Tagespunkte innerhalb von zwanzig Minuten abhandelte. Zwar konnten sich alle denken, dass es etwas mit Harry zu tun hatte aber keiner brachte den Mut auf ihn darauf anzusprechen. Nicht mal Minerva wollte das Risiko eingehen, ihn wütend zu machen. Denn es hatte, als ihre Beziehung in den Zeitungen breit getreten wurde, einen sehr unschönen Zwischenfall gegeben. Der ehemalige Astrologielehrer hatte ein paar sehr unschöne Dinge verlauten lassen und hatte daraufhin die Standpauke seines Lebens zu hören bekommen. Kurz darauf hatte er seinen Posten niedergelegt und hatte Hogwarts verlassen. Niemand sprach darüber aber alle wussten, dass Severus da seine Finger im Spiel hatte und keiner wollte der Nächste sein.

„Severus?“

Der Angesprochene blieb mitten im Schritt stehen und wandte sich Minerva zu, die restlichen Lehrer machten sich mehr oder weniger schnell auf den Weg.

„Lass uns ein Stück zusammen gehen, ich habe fast den gleichen Weg“, sagte Minerva lächelnd.

Eine schwarze Augenbraue ruckte nach oben aber dennoch nickte er und verließ den Raum, die Hexe folgte ihm.
 

„Was willst du?“, knurrte er.

„Wie geht es euch?“, war die freundliche Gegenfrage.

Severus sah sie ein paar Momente misstrauisch und abschätzend an bevor er sagte, „gut.“

„Geht es auch etwas genauer? Was macht Harry gerade?“

„Warum willst du das wissen?“

„Weil ich Harry mag und mir manchmal etwas Sorgen um ihn mache. Bei dem Griesgram“, sagte Minerva grinsend.

„Du hast mit Hippocrates geredet“, stellte Severus trocken fest, „du kannst Harry selber fragen was er macht, er wartet in meinen Räumen.“

„Aber nur auf dich, oder?“

„Er wird es überleben, er kann sich ja nicht ständig nur mit einem alten, verbitterten Tränkepanscher abgeben“, murrte Severus. Er sah aus den Augenwinkeln wie Minerva den Kopf schüttelte und fragte, „was?“

„Du verkennst deinen Wert. Das hast du schon immer. Ich bin froh, dass es endlich Jemanden gibt, der sich nicht durch deine grantige Art abschrecken lässt“, sagte Minerva, die plötzlich vor einem Korridorabzweigung stehen blieb. Severus sah sie fragend an und sie fuhr fort, „ich meine es ernst, ich bin froh, dass du Jemanden gefunden hast. Severus, wir kennen uns jetzt schon so viele Jahre und du hast in deinem Leben genug durch gemacht. Es ist Zeit, dass du Jemanden hast, der dich so nimmt wie du bist, auch wenn du bestimmt nicht einfach bist. Sag Harry bitte einen schönen Gruß von mir.“

Noch bevor Severus reagieren konnte, hatte sie sich umgedreht und war in den Korridor gegangen. Severus schüttelte irgendwann nur noch den Kopf und machte sich auf den Weg in seine Räume.
 

Dort wartete Harry wirklich, allerdings hatte er mittlerweile die Unterlagen von Isabella vor sich liegen und sah Severus vorsichtig an als dieser eintrat.

„Was habe ich jetzt gemacht?“, murrte dieser.

„Ich habe mich wie ein Kleinkind verhalten, das tut mir leid.“

„Erklär es mir. Ich verstehe dich nicht ganz. Ich verstehe, dass du dich über den erneuten Kontakt zu deinem Sohn freust aber ich verstehe nicht warum du in der Situation nicht alleine sein wolltest. Wie schon gesagt, ich habe keine Kinder“, sagte Severus während er den Raum durchquerte und sich neben Harry auf die Couch setzte.

„Ich kann es dir nicht wirklich erklären, ich war einfach so aufgewühlt, ich wusste nicht wohin mit meinen Gefühlen und da ist mir nur eingefallen, dass ich zu dir gehe. Ich habe nicht wirklich darüber nachgedacht, dass ich dich stören könnte. Ich war einfach nur aufgebracht“, sagte Harry schulterzuckend.

„Jetzt hast du dich beruhigt?“

„Ja, mehr oder weniger. Ich freue mich immer noch aber ich befürchte, dass Ginny da noch etwas dagegen haben wird.“

„Dann verklagen wir sie, wäre ja nicht das erste Mal“, sagte Severus unbekümmert, „bevor ich es vergesse, einen schönen Gruß von Minerva. Sie wünscht dir, durch die Blume, viel Erfolg mit deinem Griesgram.“

Jetzt grinste Harry bevor er sich zu ihm rüber beugte und ihn küsste. Murrend wurde der Kuss erwidert.
 

Etwas enttäuscht murrte Harry als Severus die Knutscherei abbrach und ihn ein Stück von sich weg schob. „Das hätte jetzt sehr romantisch sein können“, maulte er.

„Und dann?“, fragte Severus.

„Wie meinst du das?“ Severus seufzte leise und sagte, „Harry, ich muss nachher los und ich habe nicht vor irgendetwas in Hektik zu machen, egal was sich dein Hirn schon wieder zusammen spinnt.“

„Unromantischer Typ.“

„Schon immer gewesen, du solltest dich langsam daran gewöhnt haben. Fino, wir hätten gerne Tee.“

Etwas überrascht blinzelte Harry ihn angesichts des Themawechsels an, grinste aber dann und drückte ihm noch einen Kuss auf die Wange. „Ich krieg dich schon noch rum.“

„Aha, fragt sich nur ob du das Rumkriegen dann auch bis zum Ende durchziehst“, schnarrte Severus.

Er wurde fragend angesehen bevor es förmlich Klick machte und Harry feuerrot anlief. Da machte es das dunkle Lachen von Severus auch nicht sehr viel besser, Harry konzentrierte sich da lieber auf den Tee, der gerade auf dem Tisch erschien. Auch Severus ließ das Thema fallen denn er war sich sehr sicher, dass es nicht Harry sein würde, der bei so einer Aktion rot anlaufen würde. Und daher hoffte er, dass Harry noch sehr lange nicht den Mut dazu aufbringen würde.
 

Die Trennung zum Abendessen war kurz aber intensiv, Harry wollte ihn eigentlich nicht gehen lassen aber er sah auch die Notwendigkeit ein, dass der Schulleiter bei der Begrüßungszeremonie dabei sein musste. Harry wusste ja selber, dass diese gesamte Zeremonie mit dem Abendessen leicht zwei Stunden dauern konnte also hatte er genug Zeit um sich wirklich mal den Unterlagen seiner Ausbilderin zuzuwenden. Das Abendessen, welches Fino ihm servierte, aß er nebenbei.
 

„Severus, du siehst nicht gut aus, ist alles in Ordnung?“, fragte Minerva leise.

Erst nickte Severus aber dann schüttelte er den Kopf und sagte leise, „nicht wirklich.“

„Willst du gehen?“

„Das geht nicht und das weißt du“, gab Severus zurück.

Zu seiner Überraschung schüttelte Minerva den Kopf und meinte, „die Auswahlzeremonie ist vorbei, das Abendessen ist auch fast vorbei und die ersten Schüler würden am Liebsten schon gehen. Es traut sich nur keiner. Wenn du den Abend offiziell beendest, können die endlich machen, was sie wollen.“

Severus ließ seinen Blick über die Haustische schweifen und musste feststellen, dass seine Verwandlungslehrerin Recht hatte. Bis auf die Erstklässler waren fast alle übrigen Schüler schon fertig und beschäftigten sich mehr oder weniger sinnvoll.

„Selbst ich hätte Besseres zu tun“, warf Minerva leise ein.

Severus sah sie seltsam an und erhob sich, es dauerte nur ein paar Momente bis die Schüler ruhig waren. „Da Sie alle morgen Unterricht haben und zu diesem ausgeschlafen sein sollten, werden Sie sich jetzt in Ihre Gemeinschaftsräume und anschließend in Ihre Schlafräume begeben. Die Vertrauensschüler nehmen sich der Erstklässler an. Wie immer ist es verboten sich Nachts außerhalb der Gemeinschaftsräume aufzuhalten, nur in absoluten Ausnahmefällen ist dies gestattet. Dann hat der betreffende Schüler oder die betreffende Schülerin sich auf dem kürzesten Weg zum betreffenden Hauslehrer zu begeben. In diesem Sinne wünsche ich eine gute Nacht und ein erfolgreiches Jahr in Hogwarts.“

Es folgte ein kurzer Applaus, den Severus noch über sich ergehen ließ bevor er kurz nickte und den Raum verließ. Es dauerte noch nur ein paar Momente bis sich auch die ersten Schüler auf den Weg machten.
 

Etwas verwirrt blieb Severus in seinem Wohnzimmer stehen, in seinem leeren, dunklen Wohnzimmer. Mit einem Handwink ließ er die magischen Lampen zum Leben erwachen, in der Annahme seinen Freund schlafend auf dem Sofa vor zu finden doch das Wohnzimmer war menschenleer. Sein Blick ging zur Standuhr, es war gerade halb zehn, sollte Harry wirklich schon im Bett sein? Schulterzuckend ging er zum Schlafzimmer doch auch dieses war leer. Ihm fiel allerdings auf, dass die Badtür angelehnt war und das ein Lichtschein zu sehen war. Jetzt wusste er wo er war aber warum gab er keinen Mucks von sich?

Als er die Badtür öffnete, wusste er auch warum, Harry war in der Wanne eingeschlafen. Severus schüttelte leicht den Kopf, er spürte zwar die Zauber, die auf der Wanne lagen aber dennoch war es sehr leichtsinnig. Mit wenigen Schritten stand er neben ihm und überlegte kurz wie er ihn am Besten wecken sollte. Für einen Moment kam seine typische fiese Seite wieder zum Vorschein doch sie wurde schnell überlagert, und zwar von dem Wunsch nach etwas Nähe. Er warf noch kurz einen musternden Blick auf Harrys schlafendes Gesicht bevor er sich kurzerhand auszog und schleunigst mit in die Wanne stieg. Logischerweise wachte Harry davon aus.
 

Er träumte noch, anders konnte Harry es sich nicht erklären, dass der nackte Hintern seines Freundes in seinem Blickfeld auftauchte als er die Augen öffnete. Als sich das Wasser allerdings bewegte und sich kurz darauf Severus vor ihn setzte, war er sich sicher, dass er doch nicht träumte. Er wartete bis Severus sich an ihn gelehnt hatte und schlang dann die Arme um ihn.

„So möchte ich jetzt jedes Mal geweckt werden“, murmelte er an seinem Hals.

Statt einer Antwort bekam er Wasser ins Gesicht gespritzt.

„Alles klar, dein Trank wirkt nicht mehr.“

Harry nahm seinen eigenen Zauberstab vom Wannenrand und drückte ihn Severus in die Hand. Dieser zögerte einen Moment, schwang ihn aber dann vorsichtig, kleine, grün-rote Funken entsprangen der Spitze.

„Er mag dich“, kommentierte Harry das Ganze.

„Dein Stab passt zu dir, ihr leidet Beide unter Geschmacksverirrung.“ Die Schrift war anders als sonst, nicht schwächer oder stärker, einfach anders.

„Wir haben Beide einen vorzüglichen Geschmack. Vielleicht etwas verschoben aber wir kommen damit klar. Man muss bei manchen Menschen halt sehr tief graben um die guten Seiten zu finden“, sagte Harry grinsend.

„Natürlich.“

„Du wirst mir schon noch glauben,“ murmelte Harry bevor er einen Kuss auf Severus' Hals setzte. Dieser murrte leise, legte aber dann den Kopf etwas zu Seite und den Zauberstab zurück auf den Wannenrand. Mit einem Grinsen nutzte Harry den frei gewordenen Platz während seine Hände langsam aber sicher auf Wanderschaft gingen.
 

Severus wusste nicht so richtig wie er reagieren konnte. Er genoss die sanfte Behandlung seines Freundes durchaus aber er spürte auch, dass es Harry bei weitem nicht kalt ließ. Doch er sah ein paar Probleme auf sich zukommen und eines davon war, dass er nicht sprechen konnte. Gut, sprechen wollte er auch gerade nicht aber seine Stimme klang leider bei jedem Geräusch so grässlich. Und bei dem, was Harry gerade im Kopf hatte, konnte er diese Stimme garantiert nicht gebrauchen. Leider schien Harry das anders zu sehen denn dessen Hände wanderten gerade sehr geschäftig über seine Haut, er genoss es wirklich aber Severus war ehrlich zu sich selbst, er konnte sich nicht darauf einlassen. Dass sein Körper nicht reagierte, sah er nicht als Problem an, das war schlicht und einfach die Realität. In dieser Realität musste er Harry aufhalten bevor er sich noch weiter hinein steigerte.

Mit einem Handgriff hatte er dessen Zauberstab wieder in der Hand und schrieb, „Hör auf.“

Es dauerte einen Moment bis Harry auf die Schrift aufmerksam wurde und leise seufzte, die Hände blieben auf seinem Bauch liegen. Er legte den Kopf auf seine Schulter und fragte, „Warum? Gefällt es dir nicht?“

„Das habe ich nicht geschrieben.“

„Das ist keine Antwort. Severus, hat es dir gefallen?“

„Ja, hat es aber was tut das zur Sache? Es funktioniert nicht.“

„Was funktioniert nicht? Ich weiß ja nicht, was du vor hattest aber ich wollte einfach etwas kuscheln und fummeln“, sagte Harry grinsend. Er wurde von der Seite her angesehen, misstrauisch, skeptisch doch schließlich wandte Severus den Blick ab.

Seine Hand schrieb allerdings, „das sieht ein Teil deines Körpers anders.“

Noch immer drückte Harrys Erektion an seinen unteren Rücken doch Harry lachte nur und sagte, „nur weil der steht, will ich nicht gleich Sex. Aber ich darf meinen Freund ja noch erregend finden, oder? Vor allem wenn er nackt mit mir in der Wanne liegt. Ja, ich weiß, du glaubst mir nicht aber vielleicht glaubst du ja meinem Körper.“

„Sexuelle Stimulation hat nicht immer etwas mit Attraktivität zu tun, es ist eine rein körperliche Reaktion.“

Harry murrte leise und spritzte ihm kurzerhand Wasser ins Gesicht, er wurde etwas erschrocken angesehen. „Hör auf so etwas zu sagen. Nein, bei mir ist das keine rein körperliche Reaktion“, knurrte Harry.

„Wie meinst du das?“

„So, wie ich es sage. Ich finde die Vorstellung einem Mann näher zu kommen immer noch, naja, gewöhnungsbedürftig. Um genauer zu sein, ist es für mich unvorstellbar und nein, ich schaue auch keinen anderen Kerlen nach. Trotzdem liege ich nackt mit dir in der Wanne, schlafe mit dir in einem Bett und wenn ich mich an den vergangenen Abend richtig erinnere, war da auch schon mehr als nur schlafen“, erklärte Harry ernst, „also sag mir nicht, dass mein Körper auf jeden anderen Kerl auch reagieren würde.“

Severus schwieg, sowohl mündlich wie auch schriftlich, er legte den Zauberstab sogar weg und lehnte sich wieder an ihn. Harry überlegte kurz ob er noch etwas sagen sollte, ließ es aber dann und versuchte sich zu entspannen. Die Stimmung war für die Fummelei zwar verdorben aber kuscheln konnte man ja trotzdem noch.
 

„Warum redest du eigentlich nicht mit mir?“

„Ich rede doch mit dir.“

„Nein, du schreibst mit dem Zauberstab Wörter in die Luft, das ist nicht reden. Severus, die Frage ist ernst gemeint denn ich verstehe es nicht. Ich habe dich schon schwach erlebt, ich habe dich gestützt und war bei den Anfällen dabei. Wir haben uns über deine Erektionsprobleme unterhalten und über die Nachwirkungen der Tränke. Man könnte also sagen, dass ich dich schwach kenne aber trotzdem redest du nicht mit mir ohne den Sprachtrank“, sagte Harry, „genau das verstehe ich nicht. Ich weiß mittlerweile, dass deine Stimme zerstört ist und anders klingt aber ich verstehe nicht, warum das dir so wichtig ist.“

Sie hatten das Bad inzwischen verlassen und wollten eigentlich ins Bett aber dieser Gedanke hatte Harry seit Tagen nicht mehr losgelassen und als Severus ihm jetzt schriftlich eine gute Nacht gewünscht hatte, war es aus ihm raus gebrochen.

Severus sah ihn abschätzend an und schrieb dann, „warum stört es dich plötzlich? Du hattest doch bis jetzt keine Probleme mich zu verstehen.“

„Ich habe auch jetzt keine Probleme dich zu verstehen aber ich verstehe nicht warum es dir so wichtig ist, vor allem vor mir. Ich erwarte ja nicht, dass du dir anderen Leuten gegenüber irgendwelche angeblichen Schwächen eingestehst aber deinem Freund gegenüber?“, fragte Harry, „ich dachte eigentlich, dass du mir inzwischen mehr vertraust aber scheinbar habe ich mich geirrt.“

Er klang traurig und das war er auch, er hatte gehofft, dass Severus mittlerweile mehr Vertrauen zu ihm hatte. Dieser sah ihn jetzt seltsam an, hob die Hand um etwas zu schreiben, ließ sie aber fast sofort wieder sinken.

„Verstehst du mich wenigstens?“, fragte Harry nach.

Es dauerte ein paar Momente bis Severus reagierte, er schien mit sich zu ringen doch schließlich nickte er und sagte, nein krächzte leise, „ja, tu ich.“

Kapitel 37

Kapitel 37
 

Etwas fassungslos starrte Harry ihn an aber nicht aus dem Grund, den Severus annahm. Es war die Fassungslosigkeit, dass er wirklich mit ihm geredet hatte und nicht, wie Severus vermutete, der Schock über seine Stimme. Harry stellte am Rande fest, dass er sich nicht geirrt hatte. Dieser krächzende Schrei damals in Spinner's End war wirklich seine Stimme.

„Wir sollten schlafen gehen.“

Harry blinzelte die Schrift vor sich an während Severus schon unter die Decke rutschte. „Warum schreibst du jetzt wieder?“, fragte Harry verwirrt.

„Mir reicht es diesen geschockten Gesichtsausdruck einmal bei dir zu sehen, das brauche ich nicht nochmal.“

„Du missverstehst mich genauso gut wie ich dich.“

„Ich habe deinen Gesichtsausdruck gesehen.“

„Ich war geschockt, dass du überhaupt geantwortet hast und nicht wegen deiner Stimme. Ganz ehrlich, ich hätte nicht gedacht, dass du mir antwortest“, erklärte Harry während er zu ihm unter die Decke schlüpfte. Mit einem Handgriff entwand er ihm den Zauberstab und legte ihn auf den Nachttisch auf seiner Seite. „So, und da das jetzt geklärt wäre, brauchst du den in meiner Gegenwart nicht mehr. Verfluchen kannst du mich auch ohne Worte und du kannst normal mit mir reden. Wir haben ja jetzt festgestellt, dass die Welt nicht untergeht wenn du mir mir redest und ich bin auch nicht schreiend weg gerannt“, sagte Harry bevor er gähnte und sich an ihn kuschelte. Er spürte den mehr als skeptischen Blick auf sich ruhen und seufzte leise bevor er sich auf einen Ellenbogen stemmte und ihn fragte, „Was ist los? Was habe ich jetzt schon wieder Falsches gesagt?“

Severus öffnete den Mund, schloss ihn aber sofort wieder.

„Jetzt stell dich nicht so an, du hast eben mit mir geredet also tu es auch wieder.“

Doch Severus schüttelte den Kopf und schielte nach seinem Zauberstab.

„Vergiss es, du redest jetzt mit mir“, fauchte Harry, „stell dich doch nicht so an. Severus, ich kenne deine Schwächen, ich habe deine Stimme eben gehört und trotzdem liege ich hier bei dir. Ich trenne mich nicht von dir, vergiss es, du wirst mich nicht mehr los.“

„Du bist eine Nervensäge“, knurrte Severus plötzlich.

„Ach, plötzlich geht das Reden? Schön. Also, was habe ich Falsches gesagt?“, fragte Harry.

„Stört dich das so gar nicht?“

„Deine Stimme? Nein, tut es nicht. Ich finde es angenehm nicht ständig etwas lesen zu müssen. Ganz ehrlich, ich verstehe nicht warum du dich so anstellst“, gab Harry zu.

„Du solltest deine Ohren untersuchen lassen“, krächzte Severus.

Doch Harry schüttelte den Kopf und meinte, „meine Ohren funktionieren einwandfrei. Ja, deine Stimme klingt grausam, so ein bisschen als würde man zwei Eisenteile aneinander reiben aber noch etwas schlimmer.“

Severus hob eine Augenbraue und sein Blick sagte so viel wie, ich habe es dir ja gesagt.

Harry grinste allerdings bevor er plötzlich ernst wurde und sagte, „du könntest die Schüler damit in Grund und Boden ängstigen. Diese Stimme, dein fließender Sarkasmus und deine spitze Zunge würde auch heute noch eine Klasse ruhig stellen und dazu müsstest du dich nicht mal anstrengen. Severus, ich habe es dir schon mehrmals gesagt, eine Stimme macht keinen Mann aus, genauso wenig wie ein Gang oder ein Erscheinungsbild. Du könntest heute noch Zaubertränke unterrichten und würdest genauso viel Angst und Schrecken verbreiten wie zu meiner Kindheit. Ja, du bist ein Anderer als früher und mit den entsprechenden Vorbereitungen und Hilfsmitteln könntest du heute auch noch Zaubertränke unterrichten. Severus, auch wenn du es bestreiten wirst aber ich weiß, dass du lieber wieder Zaubertränke unterrichten würdest als dich mit dem Papierkram des Schulleiters rum zuschlagen.“

Severus sah ihn einfach nur an, er musste nichts sagen denn Harry sah es an seinem Blick. Auch wenn er immer wieder über seine Schüler geflucht hatte, hatte er seinen Job doch geliebt und vermisste es. Er war noch nie ein Mensch für den Schreibtisch gewesen.

„Ich habe Recht, oder?“

Schulterzucken.

„Severus, rede mit mir.“

Doch Severus schüttelte den Kopf und löschte mit einem Handwink das Licht.

„Gut, dann schlafen wir halt aber ich werde dich mit diesem Thema nicht in Ruhe lassen“, prophezeite Harry.

„Gute Nacht“, kam leise von Severus.

„Dir auch, schlaf gut.“

„Hm.“

Harry schüttelte den Kopf und wollte sich an ihn kuscheln doch ein leichter Stoß beförderte ihn auf den Rücken. Kurz darauf lag Severus an seine Seite geschmiegt, einen Arm über seinen Bauch gelegt und den Kopf in seiner Schulterbeuge gekuschelt. Es war selten, dass Severus so anschmiegsam war und Harry freute sich jedes Mal darüber, es zeigte für ihn, dass er ihm vertraute. Er schlang die Arme um ihn und drückte ihn an sich, es erfolgte keine Gegenwehr.
 

Nachdenklich ließ Severus seinen Blick über seinen Schreibtisch schweifen, seine Gedanken schweiften zu dieser Nacht vor vier Wochen zurück. Die Nacht, in der er Harry seine Stimme offenbart hatte und so viel zu hören bekommen hatte. Seitdem hatte sich einiges verändert, zumindest im privaten Bereich. Das Gravierendste für ihn war, dass sich Harry standhaft weigerte seine Schrift zu lesen oder seine Mimik oder Gestik zu deuten. Wenn er etwas von ihm wollte, musste er es aussprechen. Tja, nur leider fand sich weder in seinen Privatgemächern noch in Spinner's End auch nur ein einziges Sprachtrank. Am Anfang hatte er einfach nur gedacht, dass er sich irrte und einfach keinen mehr hatte.

Deswegen hatte er einen ganzen Kessel voll gebraut, mit dem Ergebnis, dass sämtliche Phiolen am nächsten Tag weg waren. Harry hüllte sich in Schweigen, genau wie Fino. Daher war er gezwungen mit dieser grässlichen Stimme zu sprechen. In den ersten zwei Wochen war ihm jedes Wort schwer gefallen doch wenn er ehrlich war, es fiel ihm mit der Zeit immer leichter. Zumindest Harry gegenüber. Denn sobald jemand Anderes mit ihm reden wollte, tauchte kurz davor wie von Zauberhand eine Phiole mit Sprachtrank auf. Auch wenn er es sich nicht gerne eingestand aber es tat ihm gut, sein Körper genoss die trankfreie Zeit. Er hatte nicht geahnt, dass der Sprachtrank doch so extreme Auswirkungen auf seinen Körper hatte aber ihm ging es wirklich besser.

Sie hatten die Übungen ausgebaut und, zu seinem eigenen Unmut, auch die Schwimmtherapie wieder aufgenommen. Einmal in der Woche apparierten sie nach London um an einer Therapiestunde teilzunehmen. Die Kursleiterin war eine Hexe und hatte sich, vor Beginn der Therapie, mit Hippocrates in Verbindung gesetzt. Was dazu führte, dass die Therapie doch nicht ganz so schlimm wurde wie Severus vermutet hatte. Mal von den schrecklichen Schmerzen danach abgesehen aber um die kümmerte sich Harry mit anschließenden Massagen und einem gemeinsamen Bad. Auch hier würde es Severus nie zugeben aber es half.

Er war körperlich so gut drauf wie vor dem Biss von Nagini, es gab zwar immer noch genug Momente wo sein Körper ihn verriet aber sie wurden weniger. Was nichts daran änderte, dass er seinen Körper immer noch hasste. Nun, auch das sah Harry anders. Der Kerl versuchte doch nicht wirklich ihn an zu tatschen, und das bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Severus schnaubte leise, seit dieser ersten Nacht hatte er leider keine Ausrede mehr um Harry auf Abstand zu halten. Sein Blick ging über die Pergamente, die er eigentlich bearbeiten sollte und er musste Harry Recht geben. Er hasste diesen Job und wünschte sich eigentlich nichts sehnlicher als wieder Zaubertränke zu unterrichten.

Nun, vielleicht nicht gerade die ersten Klassen aber die zwei Oberklassen hätte er schon gerne wieder. Professor Barnett war zwar gut in ihrem Job aber er fand sie zu weich und nachgiebig. Er hatte sich einige Aufsätze der siebten Klasse angesehen, von allen vier Häusern, und wenn es nach ihm ginge, hätte nur ein Bruchteil davon auch nur ein Annehmbar bekommen. Sie war für die jüngeren Schüler gut geeignet aber nicht für die hohen Klassen. Aber könnte er wirklich wieder unterrichten? Mit diesen körperlichen Einschränkungen und dieser Stimme? Er schüttelte schnell den Kopf, das konnte er sich einfach nicht vorstellen doch dieser sinnlose Papierkram würde ihn noch ins Grab bringen. Ein Klopfen ließ ihn aufsehen, sein Blick glitt über den Tisch auf der Suche nach dem Sprachtrank doch er wurde nicht fündig. Was nur bedeuten konnte, dass Harry vor der Tür stand und genau dieser trat gerade ein. Severus' Blick ging sofort zur Uhr, es war halb vier, also war er gerade mal zwei Stunden weg gewesen.

„Ja, ich bin wieder da“, grinste Harry während er näher kam.

„Warum?“, fragte Severus kurz angebunden.

„Könntest du deine Frage präzisieren?“, fragte Harry während er um den Schreibtisch herum ging und sich kurzerhand auf seinen Schoß setzte.

Severus verleierte die Augen, sagte aber nichts sondern sah ihn nur auffordernd an.

„Ich weiß nicht, was du von mir willst.“

Severus war sich sicher, dass das die Rache für sein Verhalten in Harrys Kindheit war denn er zwang ihn förmlich zum reden und das obwohl er wusste, dass er seine Stimme hasste. Doch wie fast immer in den letzten Wochen hatte er auch diesmal Erfolg damit. „Warum bist du schon wieder da? Was ist schief gegangen?“, fragte Severus schließlich, er versuchte das schreckliche Krächzen einfach zu ignorieren.

Harry schlang die Arme um seinen Hals und gab ihm einen Kuss bevor er sagte, „es ist nichts schief gegangen. Das erste Treffen mit Albus ist super gelaufen, wir haben Kaffee getrunken, Kuchen gegessen und uns unterhalten. Natürlich mit Oliver zusammen aber es war wunderbar.“

„Das beantwortet nicht warum du schon wieder da bist“, konterte Severus, seine Arme waren längst um Harry geschlungen.

„Weil Oliver gesagt hat, dass es für heute reicht. Es ist viel und wir wollen Albus nicht überfordern. Bestimmte Gesprächsgebiete hat Oliver von vorne rein verboten“, erklärte Harry, der sich jetzt an ihn kuschelte und den Kopf auf seine Schulter legte.

„Und ich bin eines dieser Themen.“

„Ja, bist du. Mein komplettes Privatleben ist vorläufig Tabuthema, Albus fragt nicht, ich sage nichts, so ist die Abmachung.“

„Deine Ausbildung?“

„Zählt nicht dazu, nur alles, was mit dir zu tun hat“, sagte Harry mit geschlossenen Augen. Er genoss dieser Zweisamkeit und das, etwas erzwungene Vertrauen von Severus wegen seiner Stimme. Ja, er hatte sich mit Fino zusammen getan und sämtliche Sprachtränke kurzerhand einkassiert, er bekam nur einen wenn er mit jemand Anderem sprechen musste.

„Wie geht es ihm?“, fragte Severus plötzlich.

Etwas überrascht über die Frage hob Harry den Kopf um ihn anzusehen doch so wirklich wurde er nicht schlau aus seinem Gesichtsausdruck.

„Nach Oliver geht es ihm gut, er macht große Fortschritte und Oliver ist sich sicher, dass er irgendwann ein normales Leben führen kann. Wann genau das sein wird, weiß er aber nicht“, erklärte er schließlich, „aber er hat noch viel zu verarbeiten und ich werde wohl auch noch in die Therapie eingebunden.“

„Wieso?“

„Weil ich scheinbar ein sehr gestörtes Verhältnis zu meinem mittleren Sohn habe und das gedenkt Oliver zu ändern.“

„Was ist mit dem Rest deiner Familie?“, fragte Severus.

„Wenn er nach Oliver geht, müssten die auch mitmachen aber er sieht bei Ginny und James schlechte Chancen.“

„Warum?“

„Aus verschiedenen Gründen.“

„Einer“, sagte Severus während er die Augen schloss und den Kopf an seine Brust lehnte.

Harry drückte sich an ihn, legte das Kinn auf seinen Kopf und überlegte kurz bevor er sagte, „allein seine Homosexualität ist für James und Ginny so unnormal, dass sie nicht mal im Traum daran denken das als normal anzusehen.“

„Muss in der Familie liegen.“

„Falsch, ich war einfach nie damit konfrontiert und habe in meiner Kindheit nur Mist zu dem Thema gehört. Weder Ginny noch James können sich damit raus reden“, sagte Harry.

„Das sah in der Vergangenheit anders aus. Dein ehemals bester Freund redet nicht mehr mit dir wegen deiner schwulen Beziehung“, warf Severus ein.

„Falsch, Ron redet nicht mehr mit mir weil ich seinen Neffen ins St. Mungo gebracht habe und mit der bösen Oberfledermaus zusammen bin. Mit jedem anderen Kerl würde er klar kommen aber nicht mit dir“, berichtigte Harry ihn.

„Was ist mit dem Rest der Familie? So weit ich weiß hast du nur noch zu Bill Weasley Kontakt und das auch nur weil er dein Anwalt ist. Der Rest redet nicht mit dir.“

„Was ist mit George? Den seh ich regelmäßig. Charlie hält sich raus, der ist auch wegen dir geschockt. Auf Percy kann ich verzichten und Molly will nichts mehr von mir wissen wegen derselben Dinge wie Ron. Und Arthur steht völlig unter dem Pantoffel“, erklärte Harry.

„Interessante Familienverhältnisse.“

Harry lachte leise, setzte sich aber dann auf und fragte, „hast du noch viel Arbeit?“

„Ja.“

„Das klingt aber nicht sehr motiviert, Herr Schulleiter.“

Severus schnaubte leise und zog ihn kurzerhand zu einem Kuss runter. Mit einem Lächeln erwiderte Harry den Kuss und vertiefte ihn gleich noch.
 

Die Knutscherei wurde von einem Klopfen an der Tür unterbrochen, was Harry mit einem sehr frustrierten Stöhnen kommentierte. Was vielleicht auch daran lag, dass seine Hände längst die lange Knopfreihe geöffnet hatten und über nackte Haut streichelten. Da er auch sanfte Hände auf seiner eigenen Haut spürte, hatte er gehofft, dass sie die Arbeit Arbeit sein ließen und nach nebenan gingen. Gut, das schien sich jetzt erledigt zu haben.

„Severus? Bist du da?“, ertönte Minervas Stimme jetzt.

Severus schien mit seinen Gedanken völlig woanders zu sein denn er antwortete ohne länger darüber nachzudenken, „ja, einen Moment.“ Erst als er seine eigenen Worte hörte, bemerkte er seinen Fehler. Seine Augen weiteten sich geschockt.

Minerva schien sich schneller zu fangen und fragte, „Kann ich dann rein kommen?“

Harry war schon von seinem Schoß gestiegen nachdem er seine Robe wieder zugeknöpft hatte und richtete sich selber etwas her. „Brauchst du noch einen Sprachtrank? Jetzt hat sie deine Stimme schon gehört“, sagte er.

„Das ist alles deine Schuld“, fauchte Severus ihn an.

Harry lief es eiskalt über den Rücken, die Stimme eignete sich perfekt um Leute anzugehen. „Wieso? Du hast geantwortet.“

„Weil du mich ständig an tatschst.“

„Ich darf das, wir sind zusammen. Du warst nicht wirklich abgeneigt.“

„Ich unterbreche euer Gespräch nur ungern aber ich höre alles“, erklang plötzlich Minervas Stimme wieder.

Während Harry jetzt doch rot anlief, verleierte Severus nur die Augen und knurrte, „Kommt halt rein.“
 

Mit einem sehr schlecht verborgenen Grinsen trat Minerva ein und setzte sich auf den Stuhl von Severus' Schreibtisch, sie hatte einige Pergamente in der Hand.

„Ich geh dann mal, ich habe bestimmt noch etwas zu tun“, sagte Harry zögerlich.

Severus winkte ihn nur weg während Minerva sagte, „Ich wünsche dir noch einen sehr schönen Tag.“

„Hmhm.“

Damit verschwand Harry so schnell es ihm möglich war, ihm war das unendlich peinlich und er war sich sicher, dass Severus ihn noch damit aufziehen würde.
 

Minerva wartete bis Harry die Tür hinter sich geschlossen hatte bevor sie fragte, „möchtest du noch einen Sprachtrank nehmen oder geht es auch ohne?“

Ihr wurde ein misstrauischer Blick zugeworfen doch dann seufzte Severus nur und sagte, „jetzt ist es eh zu spät, was hast du da?“

„Ein paar Beschwerdebriefe von Eltern.“

„Was soll ich damit? Ich vergebe keine Noten“, sagte Severus stirnrunzelnd. Er streckte allerdings schon die Hand aus und blätterte die Briefe durch.

„Die Beschwerden richten sich ja auch gegen mein Haus und die Einteilung der Kinder in eben dieses Haus“, erklärte Minerva.

„Auch da kann ich nichts dafür. Warum schreiben sie nicht an mich?“

„Weil bekannt ist, dass diese Briefe irgendwie nie ankommen.“

„Sie kommen an, ich lese sie nur nicht“, murmelte Severus.

„Genau das könnte der Grund sein warum sie dir nicht schreiben sondern sich gleich bei den Hauslehrern beschweren“, mutmaßte Minerva. Sie wunderte sich sehr, dass Severus plötzlich mit ihr redete, sie war sich aber sicher, dass Harry seine Finger da mit im Spiel hatte. Auch wenn sie es nicht geglaubt hatte aber diese Beziehung hielt jetzt schon so lange und sie tat Beiden scheinbar sehr gut.

„Bekommen die anderen Hauslehrer auch Beschwerden wegen der Häusereinteilung?“, fragte Severus jetzt.

„Teilweise, hauptsächlich Pomona, aber die wirft sie weg, du kennst sie ja.“

„Hm, seit wann beschweren sie sich über Gryffindor? Da wollen doch sonst immer alle hin“, sagte Severus während er jetzt endlich mal von den Briefen aufsah und sie fragend ansah.

„Ich weiß es nicht, deswegen bin ich hier. Ich habe noch nie Beschwerden wegen der Hauseinteilung bekommen. Was soll ich damit machen?“, fragte Minerva sichtlich überfordert. Bis jetzt war es für sie als Hauslehrerin immer am Leichtesten gewesen, jeder wollte nach Gryffindor, dem berühmten Haus des noch berühmteren Harry Potter.

„Mach es wie Pomona, wirf sie weg. Die Häusereinteilung findet über den sprechenden Hut statt, vom Ministerium und dem Schulbeirat abgesegnet, da gibt es nichts daran zu rütteln. Weder die Hauslehrer noch ich können daran etwas ändern, ganz einfach. Wenn du höflich sein willst, teilst du das den Eltern genau so mit“, erklärte Severus, fügte dann aber noch an, „ich persönlich würde damit meinen Kamin heizen.“

Minerva grinste leicht, dass war der Severus, den sie kannte. „Ich werde höflich sein“, informierte sie ihn, was zu einem Schulterzucken führte.

„Sonst noch etwas?“, fragte Severus nachdem er ihr die Briefe zurück gegeben hatte. Er sah ihr an, dass sie etwas sagen wollte aber zu seiner Überraschung zögerte die Hexe. Das war mehr als ungewöhnlich für sie denn solange Severus sie kannte, hatte sie immer gesagt, was sie dachte und sich von niemanden den Mund verbieten lassen. Doch jetzt zögerte sie. „Jetzt sag es schon“, murrte er, „ich weiß, dass ich unmöglich klinge.“

„Das wollte ich gar nicht sagen, ich wollte mich für dein Vertrauen bedanken“, sagte Minerva ernst.

Severus blinzelte sie nur fassungslos an, sagte aber nichts.

„Ich meine es ernst, Severus. Es bedeutet mir viel, dass du mir scheinbar doch noch so sehr vertraust, dass du mich mit deiner normalen Stimme ansprichst auch wenn du es wahrscheinlich gar nicht wolltest. Aber allein die Tatsache, dass du dann doch keinen Sprachtrank genommen hast, beeindruckt mich sehr“, erklärte Minerva, „wir kennen uns jetzt schon so lange und ganz ehrlich, es tat schon weh, dass du dich so sehr verschlossen hast. Ich weiß, wir waren nie die engsten Freunde aber ich dachte schon, dass wir ein gutes Verhältnis hatten. Es hat lange gedauert bis ich verstanden habe, dass sich deine Abwehr nicht gegen mich persönlich gerichtet hatte.“

„Warum hast du mir das nicht früher gesagt?“, fragte Severus immer noch etwas fassungslos.

„Hättest du mir zugehört?“

„Wohl eher nicht. Warum sagst du es mir dann jetzt?“

„Weil du mir jetzt zuhörst“, war die simple Antwort.

„Der Kerl macht mich wirklich weich“, murmelte Severus mehr zu sich selbst als zu Minerva doch sie antwortete trotzdem, „nein, er hat dich nicht weich gemacht, er hat dich aus deinem Schneckenhaus geholt. Wenn er dich jetzt noch dazu bringt wieder Zaubertränke zu unterrichten, verleihe ich ihm persönlich noch einen Merlin-Orden.“

Jetzt sah Severus wirklich wie eine Eule aus.
 

„Wie kommst du darauf?“, brachte Severus irgendwann heraus.

„Glaubst du wirklich, dass es niemanden aufgefallen ist, wenn du dich klammheimlich in die Kerker geschlichen hast um dort Tränke zu brauen? Oder wie verbissen du dich mit dem ganzen Papierkram hier rum schlägst? Severus, versteh mich nicht falsch, du machst deinen Job sehr gut aber deine Leidenschaft sind die Tränke und auch wenn du immer über deine Schüler geschimpft hast, hast du gerne unterrichtet“, sagte Minerva lächelnd, „erlaube mir die Frage ob du in der Lage wärst wieder zu unterrichten?“

Zögernd nickte Severus und auf den fragenden Blick von Minerva fuhr er fort, „es wäre möglich.“

„Aber du müsstest dir einige Dinge eingestehen, die du dir nicht eingestehen willst“, vermutete Minerva und Severus nickte nur. „Gehe ich Recht in der Annahme, dass du in ganz Hogwarts keinen einzigen Sprachtrank finden würdest wenn du wieder unterrichten würdest?“, fragte Minerva.

„Nicht nur.“

„Ist er wirklich so streng?“ Jetzt konnte sich Minerva das Grinsen nicht mehr verkneifen.

Die Antwort war ein sehr schiefes Grinsen auf Severus' Gesicht.

„Nun, er will nur dein Bestes und du weißt genau, dass es dir ohne die vielen Tränke besser geht. Du siehst gesünder aus und du bist auch gesünder, oder?“

„Du klingst wie Harry“, murrte Severus, der genau wusste, dass sie Recht hatte. Aber musste ihm das jeder auf die Nase binden? Ein leiser Gong ertönte, Minerva runzelte die Stirn und Severus erklärte, „das Abendessen beginnt gleich, ich vergesse es manchmal, deswegen die Erinnerung.“

„Kommst du mit in die Große Halle?“, fragte Minerva während sie sich erhob.

Severus folgte ihrem Beispiel, schüttelte aber den Kopf und meinte, „ich esse mit Harry.“

„Dann wünsche ich euch einen guten Appetit und an deiner Stelle würde ich nochmal ernsthaft darüber nachdenken ob du den Job nicht wechseln willst.“

„Wer will schon meinen Job?“, fragte Severus.

„Och, ich würde mich über etwas mehr Ruhe und Papierkram durchaus freuen. Ich mag meine Schüler aber ich glaube, ich könnte mich auch mit Vertretungsstunden anfreunden“, rief die Hexe beim Hinausgehen.

Severus sah ihr einen Moment nach, drehte sich aber dann um und verließ sein Büro. Allerdings setzte sich der Gedanke sehr hartnäckig fest.
 

Der Gedanke setzte sich so stark fest, dass sich Severus wenige Wochen später an einem Samstagnachmittag im Tränkelabor einfand. Zusammen mit einem sehr anhänglichen Harry, der es sich mit einigen Unterlagen in einem Sessel bequem machte, den er sich aus einem Stuhl transformierte.

„Was willst du eigentlich hier?“, knurrte Severus während er den Zauberstab schwang und eine Sanduhr herbei rief.

„Was soll ich alleine in der Wohnung? Das ist langweilig. Was willst du brauen?“

„Einen gewöhnlichen Schrumpftrank.“

„Wieso?“

„Weil er mit Vorbereitungen genau zwei Schulstunden dauert“, gab Severus zurück bevor er in den Nebenraum ging um sich die benötigten Zutaten zu holen. Harry verstand, Severus wollte wissen ob er diese zwei Schulstunden ohne Probleme durchhielt und das komplett ohne Tränke. Allerdings sah er jetzt schon, dass Severus das linke Bein extrem entlastete. Er glaubte nicht, dass er die gesamten zwei Stunden stehen könnte. Gerade kam sein Freund wieder, mehrere Zutaten in den Händen. Und ohne ihn weiter zu beachten, begann er mit der Vorbereitung.
 

Harry beobachtete seinen Freund jetzt schon eine Weile bis er es sich endlich eingestand, Severus hatte viel von seinem früheren Auftreten verloren. Wie er es schon in Spinner's End festgestellt hatte, bewegte sich Severus nur noch wenn es notwendig war. Seine frühere Eleganz war verloren, die ehemals flüssigen Bewegungen waren abgehakt und ruckartig. An seinen Fähigkeiten hatte sich nichts geändert, seine Bewegungen waren zielgerichtet und er wusste genau, was er tat aber die Faszination, die Harry immer bei ihm empfunden hatte, war irgendwie verschwunden.

„Hör auf damit“, knurrte Severus plötzlich.

„Was meinst du?“, gab Harry etwas erschrocken zurück.

„Du vergleichst mich mit meinem früheren Ich und da kann ich nur verlieren. Ich habe dir von Anfang an gesagt, dass ich keine Zaubertränke mehr unterrichten kann“, sagte Severus. Er hatte sich nicht mal umgedreht sondern weiter sehr konzentriert an seinem Trank gearbeitet.

„Stimmt, ich habe dich verglichen aber verloren? Nein, so würde ich das nicht bezeichnen.“

„Hör auf mich anzulügen. Ich weiß selber, dass ich ein körperlicher Krüppel bin.“

„Severus, du bist ein Anderer aber damit bist du nicht schlechter als früher.“

Als Antwort kam nur ein Schnauben und Harry wusste, dass er jetzt keine vernünftige Antwort mehr von ihm bekam. Severus mochte sich verändert haben aber in einem Punkt war er absolut gleich geblieben, er war ein elender Sturkopf. Mit einem Seufzen wandte sich Harry wieder seinen Unterlagen zu, er musste schließlich auch mal lernen.
 

Ein Gong ertönte und kündete damit das Ende der zwei Unterrichtsstunden an. Harry sah auf, Severus löschte gerade die Flammen unter seinem Kessel und schwang kurz den Zauberstab. Der Kessel glühte hell auf und zeigte damit, dass der Trank gelungen war. Ein weiterer Zauberstabschwenk ließ den Trank verschwinden, er brauchte ihn nicht. Harry runzelte fragend die Stirn, Severus bewegte sich seltsam und als er kurz sein Profil sah, bemerkte er die Schweißtropfen auf seiner Stirn. Er legte seine Unterlagen beiseite und erhob sich.

„Bleib mir ja vom Leib, ich bin durchaus in der Lage meinen Arbeitsplatz selber aufzuräumen“, knurrte Severus.

Harry stockte mitten im Schritt, nicht wirklich beruhigt. Doch er kannte Severus lange genug um zu wissen wann er dessen Abweisung wirklich ernst nehmen sollte und so setzte er sich wieder und wartete darauf, dass Severus fertig wurde.
 

Mit einem Seufzen, das zum kleinsten Teil aus Resignation und zum größten Teil aus Wut, bestand, ließ sich Severus in einen Sessel fallen. Er schloss die Augen und ignorierte Harry bis dieser leise sagte, „das sah doch gar nicht so schlecht aus, oder? Es wäre also möglich.“

Statt einer Antwort hob Severus die rechte Hand und mit Schrecken erkannte Harry, wie stark sie zitterte.

„Kannst du das linke Bein noch belasten?“, fragte er leise.

„Nein, ich habe schon vorhin einen Stabilisierungszauber darauf gesprochen. Es geht nicht, ich kann nicht unterrichten.“

„Aber du hast doch die zwei Stunden durchgehalten.“

Severus schnaubte leise und sagte, „dabei habe ich mich aber nicht bewegt. Was mache ich wenn ein Schüler Hilfe braucht? Was mache ich wenn ich einen genauso begabten Schüler wie Longbottom im Unterricht habt und mal wieder ein Kessel droht in die Luft zu fliegen? Wie soll ich durch die Reihen gehen und die Tränke kontrollieren? Wie soll ich die langen Tränke unterrichten, die teilweise vier Unterrichtsstunden benötigen? Wie soll ich zwei Klassen nacheinander unterrichten? Harry, ich kann mich jetzt schon nicht mehr auf den Beinen halten und da soll ich einen halben oder sogar einen ganzen Tag unterrichten? Selbst wenn mir mein unfairer Freund einige meiner Tränke gestatten würde, würde ich den Tag nicht durchhalten.“

„Du bist nur so erschöpft weil du dich krampfhaft aufrecht hältst und dabei völlig ignorierst, dass dein linkes Bein nicht mehr die Kraft dazu hat. Würdest du einen Gehstock benutzen, könntest du dich darauf stützen und würdest deinen Körper entlasten“, konterte Harry ungerührt.

„Ich werde keinen Gehstock benutzen“, knurrte Severus.

„Alter Sturkopf.“

„Nein, ich bin nur realistisch.“

„Nein, du bist ein elender Sturkopf.“

Severus antwortete nicht, er öffnete allerdings die Augen und ließ den Blick über das Tränkelabor schweifen. Harry erkannte die tiefe Sehnsucht in seinem Blick, sagte aber nichts denn momentan würde er nur gegen eine Wand reden.

Kapitel 38

Kapitel 38
 

Ein paar Tage später stand der nächste Besuch bei Albus an und Harry konnte seine Sorgen um Severus für ein paar Stunden vergessen. Dachte er zumindest doch als er den Besuchsraum im St. Mungo betrat, kam ihm Albus nicht wie sonst entgegen sondern saß am Fenster und sah nachdenklich nach draußen. Er war etwas zu früh dran und daher war Oliver noch nicht da aber das konnte ja nicht so schlimm sein.

„Al?“, fragte Harry leise.

Sein Sohn zuckte zusammen und sah ihn an, „Dad?“

„Ja. Wir haben einen Termin oder soll ich lieber wieder gehen?“

„Nein, bleib. Setz dich doch. Darfst du ohne Oliver mit mir reden?“

Harry zuckte mit den Schultern, nahm sich einen Stuhl und setzte sich neben ihn. „Was ist los, Al? Du siehst so traurig aus“, sagte er.

„Mom und James waren da.“

Harry schluckte und fragte vorsichtig, „das Treffen ist nicht ganz so verlaufen wie du dir vorgestellt hast?“

„Dad, bin ich unnormal?“, fragte Albus während er den Blick wieder aus dem Fenster richtete.

„In welcher Beziehung? Al, du bist nicht umsonst hier auf dieser Station.“

„Ich weiß, dass ich krank bin aber ich will wissen ob ich unnormal bin. Oder ob du unnormal bist? Oder Professor Snape?“, sagte Albus.

Jetzt verstand Harry, sein Gesicht hellte sich sichtlich auf und er schüttelte den Kopf bevor er sagte, „nein, du bist nicht unnormal. Homo- oder Bisexualität ist etwas völlig Normales auch wenn es manche Menschen anders sehen. Selbst wenn man sich in Jemanden verliebt, der älter oder jünger ist, ist das nicht unnormal.“

„Ich liebe ihn nicht. Es war wirklich nur eine Wahnvorstellung, das weiß ich mittlerweile“, sagte sein Sohn lächelnd, „bei dir scheint es das aber nicht zu sein.“

„Al, du weißt, dass wir über das Thema Severus nicht sprechen dürfen“, erinnerte Harry ihn als er Schritte hörte.

Kurz darauf setzte sich Oliver mit einem Stuhl zu ihnen und nickte, er hatte den letzten Satz gehört. „Stimmt, dürft ihr nicht aber über das Thema der Sexualität dürft ihr reden und nein, du bist in dieser Hinsicht absolut nicht unnormal“, sagte er.

„Aber meine Mom sagt das. Und James auch“, murmelte Albus, „Mom will mich in ein anderes Krankenhaus verlegen lassen. In eines, wo man mich von dieser Abnormalität heilt.“

Sowohl Harry wie auch Oliver starrten sich und Albus fassungslos an. Harry, weil er nicht fassen konnte, dass seine Frau so einen Mist erzählte. Und Oliver, weil er gedacht hatte, dass er die Besuche der Mutter nicht überwachen musste. Er hatte die Gespräche mit Harry für gefährlicher gehalten, scheinbar hatte er sich geirrt. Er konnte nur hoffen, dass es keine negativen Auswirkungen auf die Therapie hatte.

„Das kann sie gar nicht“, sagte Harry gerade. Sein Sohn sah ihn fragend an und Harry erklärte, „die Bedingungen von Severus. Verlässt du dieses Krankenhaus ohne Olivers und Hippocrates' Zustimmung, wanderst du direkt nach Askaban. Das weiß deine Mutter eigentlich aber vielleicht sollte ich sie nochmal daran erinnern.“

„Würde er das immer noch machen?“, fragte Oliver interessiert.

„Warum sollte er sein Recht nicht mehr wahr nehmen?“, fragte Harry verwirrt.

Oliver antwortete nicht, sein Blick sagte allerdings alles und Albus sprach es aus, „vielleicht weil du mit ihm zusammen bist? Vielleicht denkt Mom, dass du ihn soweit zurück hältst, dass sie machen kann was sie will.“

„Ich habe dich hier einweisen lassen, wie kommt sie auf die Idee, dass ich es jetzt unterstützen würde, dass du die Therapie abbrichst?“, fragte Harry wirklich überrascht.

Während Albus mit den Schultern zuckte, runzelte Oliver die Stirn. Diese Frau machte mehr Ärger als er gedacht hatte. Aber Harry hatte Recht, es war gegen die Anordnung des Ministeriums, dass Albus das St. Mungo verließ aber diese Frau und ihr eigener Heiler machten ihm schon von Anfang an Probleme. Dabei war der Zeitpunkt wirklich ungünstig denn Albus machte extrem viele Fortschritte. Er konnte es sich einfach nicht leisten, dass die Frau alles mit ihrer verdrehten Weltanschauung kaputt machte.

„Harry, kann ich dich kurz sprechen?“, fragte er, „ihr könnt das Treffen nachher natürlich fortführen.“

Harry nickte und folgte ihm nach draußen, Albus sah ihnen fragend nach, blieb aber sitzen.
 

„Was kann ich für dich tun?“

„Wir müssen deine Ex an die Leine legen. Sie kann ja denken was sie will aber sie muss Albus gegenüber die Klappe halten. Wir haben lange gebraucht um ihm klar zu machen, dass seine sexuellen Neigungen etwas normales sind. Ich kann nur hoffen, dass es keinen Schaden verursacht hat“, sagte Oliver wütend.

„Wie kann ich dir helfen?“

„Ganz einfach, ich will, dass du das alleinige Sorgerecht für Albus beantragst.“

„Aber er ist volljährig“, warf Harry ein.

„Solange er hier im Krankenhaus ist, gilt er als minderjährig. Wir müssen dafür sorgen, dass sie keinen Kontakt mehr zu ihm hat, ganz einfach. Deinen ältesten Sohn will ich auch nicht mehr hier haben“, sagte Oliver.

Harry seufzte leise und sagte, „Oliver, das wird nicht funktionieren. Sie werden mir das Sorgerecht nie geben.“

„Warum nicht?“

„Weil ich mit Severus zusammen bin, offiziell und das schon seit ein paar Monaten. Auch wenn ich es mir gerne anders einrede aber die Gesellschaft wird in ihm immer einen Todesser sehen oder einen Spion oder einen Verräter. Egal wie man ihn sieht, es wird in einer Anhörung genug Leute geben, die der felsenfesten Meinung sind, dass es gefährlich ist wenn ich das alleinige Sorgerecht bekomme solange ich mit ihm zusammen bin“, erklärte Harry, „und nein, ich werde mich nicht von ihm trennen.“

„Das habe ich weder gedacht noch gewollt. Dann müssen wir es anders regeln“, sagte Oliver nachdenklich.

„Wie?“

„Ganz einfach, wer nicht hören will, muss fühlen.“

„Aha. Wie willst du das durchsetzen?“

Jetzt grinste Oliver und meinte, „ich werde mit Hippocrates eine Liste über Themen schreiben, die sie nicht ansprechen darf. Hält sie sich nicht daran, wird das Treffen umgehend beendet und es gibt die zwei Wochen Sperrfrist. Hält sie sich drei Mal nicht daran, kann ich eine drei Monatsfrist verhängen. Hält sie sich danach nochmal nicht daran, kann ich die Besuche für ein Jahr untersagen. Dann kann ich auch beantragen, dass sie das Umgangsrecht mit ihm verliert.“

„Das wusste ich nicht.“

„Warum auch? Du hast dich immer an die Regeln gehalten also hatte ich nie Anlass dazu. Aber deine Frau schadet Albus“, sagte Oliver ernst, „das gedenke ich zu ändern. Wir haben so viel Arbeit hinter uns und so viele Fortschritte gemacht, das lasse ich mir nicht kaputt machen. Wenn Albus weiter solche Fortschritte macht, könnte er in ein, zwei Jahren entlassen werden. Aber sie gefährdet nicht nur die Entlassung sondern seinen gesamten Zustand.“

„Aber das wird dauern, oder? In dieser Zeit kann sie sehr viel Schaden anrichten“, sagte Harry.

Oliver zuckte mit den Schultern und sagte, „nicht unbedingt. Ab jetzt wird jedes Treffen überwacht und so, wie ich deine Ex einschätze, wird es nicht lange dauern bis sie gegen die Regeln verstößt. Ich glaube, es wird nur ein paar Wochen dauern bis ich die erste Sperre verhängen kann.“

„Was ist mit James?“

„Den kann ich nach dem ersten Fehltritt gleich sperren. Geschwister haben nicht die gleichen Rechte wie Eltern. Sag mal, weißt du warum Lily nicht her kommt?“, fragte Oliver.

„Ja, weiß ich. Sie traut sich nicht. Sie weiß nicht wie sie sich ihrem Bruder gegenüber verhalten soll. Wir haben uns darüber unterhalten, ich habe ihr sogar angeboten mit mir zusammen her zu kommen aber sie ist noch unsicher“, erklärte Harry.

„Ist irgendwo verständlich. Vielleicht sollte sie mal zu mir kommen, vielleicht kann ich ihr helfen“, sagte der Geistheiler.

Harry nickte und fragte, „kann ich zu Albus zurück?“

„Natürlich.“

„Kommst du mit?“

Oliver zögerte einen Moment, schüttelte aber dann den Kopf, „nein, ich denke, du weißt über welche Themen du reden darfst und über welche Themen nicht. Lass Snape raus, dann ist alles gut. Versuch ihn davon zu überzeugen, dass seine Sexualität nicht unnormal ist.“

„Mach ich. Danke Oliver.“
 

Er wurde erwartet, Albus sah ihn gespannt an und runzelte sofort die Stirn als Harry alleine den Raum betrat. Als Oliver auch danach nicht auftauchte, vertiefte sich das Stirnrunzeln noch. „Darfst du alleine mit mir reden?“, fragte er noch während Harry sich setzte.

„Seit deine Mutter so einen Müll erzählt hat, ja, darfst du.“

„Müll?“

„Ja, Albus, Müll“, sagte Harry bevor er sehr ernst wurde, „was deine Mutter da erzählt hat, ist wirklich Müll. Deine sexuelle Orientierung ist absolut nicht unnormal, egal was deine Mutter oder James erzählen. Ja, Heterosexualität wird im allgemeinen als normal betrachtet aber das macht andere Orientierungen nicht unnormal. Sie sind weniger vertreten aber genauso normal. Lass dir niemals einreden, dass das unnormal wäre denn das ist es nicht.“

Sein Sohn sah ihn lange Zeit einfach nur an bevor er leise fragte, „wirklich nicht?“

„Nein, wirklich nicht. Da ist auch nichts, was man heilen müsste. Deine Orientierung ist keine Krankheit sondern ein Teil von dir“, sagte Harry.

Er wurde immer noch zweifelnd angesehen und Harry verstand, dass Ginny wesentlich mehr Schaden angerichtet hatte als er geahnt hatte. Er würde später mit Oliver darüber reden müssen.

„Was mache ich wenn Mom mich nochmal darauf anspricht?“, fragte Albus leise.

„Dann bricht Oliver das Gespräch sofort ab und du hast deine Ruhe. Al, du bist nicht unnormal, du bist völlig normal, wenn man von deiner Erkrankung absieht aber sonst bist du ein ganz normaler, junger Mann“, sagte Harry lächelnd, „wie seit ihr eigentlich auf das Thema gekommen? Ich glaube nicht, dass du das deiner Mutter auf die Nase gebunden hast, oder?“

Zu seiner Überraschung wurde sein Sohn sofort rot und nuschelte etwas, was Harry allerdings nicht verstand.

„Nochmal bitte, ich verstehe kein Wort.“

„Das ist peinlich, Dad und....“

„Was und? Al, du kannst mit mir über alles reden“, sagte Harry, der jetzt eine Hand auf seinen Unterarm legte und ihn aufmunternd ansah.

Albus sah ihn zweifelnd an und schüttelte schnell den Kopf, „ich weiß nicht ob es die Wahrheit ist oder ob ich es mir wieder nur einbilde.“
 

Nach dieser Aussage schwieg Harry denn er wusste nicht was er sagen sollte. Diese Aussage war nicht so unwichtig wie er im ersten Moment geglaubt hatte und so hatte er den ersten Kommentar, der ihm auf der Zunge lag, wieder runter geschluckt.

„Ich bilde mir es nur ein, oder?“, fragte Albus leise.

Harry zögerte, atmete dann tief durch und fragte dann, „um was geht es eigentlich? Ich weiß nicht ob du es dir einbildest wenn ich nicht weiß, worum es geht.“

Diesmal ging das Zögern von Albus aus bevor er flüsterte, „ich finde den einen Pfleger ganz süß und ich glaube, ihm geht es genauso.“

„Wieso glaubst du das?“, fragte Harry vorsichtig nach. Innerlich freute er sich für seinen Sohn, dass er scheinbar Interesse an einem Anderen als Severus gefunden hatte aber er war sich auch nicht sicher, dass es nicht wieder nur Einbildung war.

„Weil er es gesagt hat“, sagte Albus. Er wandte kurz den Blick ab und sah ihn dann nur aus den Augenwinkeln an.

„Hast du das mal Oliver gegenüber erwähnt?“

„Nein. Es ist bestimmt verboten“, sagte Albus schnell, „ich will nicht, dass er Ärger bekommt.“

Noch bevor Harry antworten konnte, ertönte eine Stimme, „es wäre nicht verboten wenn es auf beidseitigem Einverständnis beruht und beide volljährig sind. Da du momentan nicht als volljährig giltst, müsste das Einverständnis der Eltern eingeholt werden.“

Sohn und Vater drehten sich überrascht um während Oliver den Raum durchquerte und sich setzte. „Warum hast du das in den Sitzungen nie erwähnt?“, fragte der Geistheiler schließlich. Er hatte sich entschlossen dem Gespräch doch wieder beizuwohnen, er wusste schließlich nicht wie viel Schaden Mrs. Potter angerichtet hatte.

„Ich wollte nicht, dass er Ärger bekommt. Wir haben nichts gemacht, wirklich nicht, ich schwöre es. Wir haben nichts gemacht“, sagte Albus schnell und mit jedem Wort wurde seine Stimme immer hysterischer.

„Ganz ruhig, das habe ich auch nicht gesagt“, sagte Oliver beruhigend, „ich kenne meine Pfleger und keiner würde etwas tun, was verboten wäre. Um wen geht es denn überhaupt?“

„Warum?“

„Weil ich dir dann sagen kann ob es überhaupt in Betracht kommt oder ob du es dir vielleicht wirklich nur einbildest.“

„Kann das sein? Bilde ich mir das nur ein?“, fragte Albus.

„Es kann alles sein aber es muss nicht sein“, sagte Oliver, „sag mir bitte um wen es sich handelt.“

„Colin MacArran“, flüsterte Albus und sein Blick drückte reine Panik aus. Er hatte schlicht und einfach Angst, dass er sich das wieder nur einbildete.

Doch Oliver grinste plötzlich und meinte, „du musst dir keine Sorgen machen. Colin hat dieselben Vorlieben wie du also ist es durchaus möglich. Das würde erklären warum Colin vor ein paar Wochen bei mir war und sich darüber informiert hat, was er machen müsste um eine Beziehung zu einem Patienten eingehen zu können.“

„Das heißt, ich bilde mir das nicht ein? Bist du sicher? Ich bilde mir das nicht ein?“, fragte Albus plötzlich sehr euphorisch.

„Ich bin mir sicher, dass du dir das nicht einbildest.“

Mit einem Freudenschrei fiel Albus dem Heiler um den Hals, Tränen liefen über sein Gesicht während er gleichzeitig schluchzte und lachte. Harry sah sich die Sache schweigend an, scheinbar ging es wirklich langsam bergauf mit seinem Sohn.
 

Erschöpft trat Harry aus den Flammen, der Tag hatte ihn emotional fertig gemacht aber er war glücklich. Albus' Verliebtheit hatte sich wirklich nicht als Einbildung raus gestellt, sie hatten den Pfleger noch zu ihrem Gespräch geholt und dieser hatte alles bestätigt. Harry musste einfach lächeln bei dem Gedanken an ihre Blicke, da waren zwei aber ganz gehörig ineinander verschossen.

„Muss ich mir Sorgen machen weil du grinsend mitten im Wohnzimmer stehst und nicht mal guten Abend sagst?“, riss Severus' Stimme ihn aus seinen Gedanken.

„Guten Abend“, entfleuchte Harry schneller als er nachdenken konnte.

„Aha, jetzt mache ich mir Sorgen. Was ist passiert?“, fragte Severus.

Harry blinzelte ihn an, lächelte aber dann wieder und setzte sich zu ihm auf die Couch. „Albus hat sich verliebt“, sagte er schließlich.

„Ist das gut oder schlecht?“, war die vorsichtige Gegenfrage.

Harry verstand ihn, Severus war bei allem, was seinen Sohn anging, sehr vorsichtig und er hatte auch verlauten lassen, dass er absolut keinen Kontakt wünschte. Weder jetzt noch später irgendwann.

„Es ist gut, sehr gut sogar. Ein sehr netter junger Mann, der als Pfleger im St. Mungo arbeitet. Irgendwie haben sie sich dort gefunden.“

„Das ist erlaubt? Pfleger und Patient?“

„Noch nicht, noch haben sie aber auch nichts gemacht. Der Pfleger wird auf eine andere Station versetzt und da Albus momentan nicht als volljährig gilt, muss das Einverständnis der Eltern eingeholt werden. Meins ist schon da und da Ginny niemals ihr Einverständnis geben wird, wollen Oliver und ich es einklagen“, erklärte Harry während er sich an ihn kuschelte, ein Arm legte sich um seine Schultern.

„Hast du deinem Anwalt schon geschrieben?“, fragte Severus, „das geht über die Ethikkommission, oder?“

„Ja, zusammen mit Oliver. Hippocrates war schon Zuhause, den informiert Oliver morgen und dann müsste er auch eine Klageschrift einreichen. Ja, es geht über die Ethikkommission.“

„Wie stehen die Chancen?“

„Nach Oliver, sehr gut. Was sollte auch gegen eine Beziehung zwischen zwei jungen Männern sprechen?“

„Wenn es nach deiner Ex geht eine ganze Menge“, sagte Severus trocken.

Jetzt grinste Harry und meinte, „wenn Ginny ihre Überzeugung von der Abnormalität einer homosexuellen Beziehung vor der Ethikkommission ausbreitet, haben wir so gut wie gewonnen. Oliver hat mir erzählt, dass eine der Hexen dort in einer Beziehung mit einer Frau lebt. Die Hexe ist sehr beliebt, es wird ihr also nicht schwer fallen den Rest davon zu überzeugen, dass eine normale Beziehung für Albus sehr gesund ist.“

„Abnormalität?“

„Ja, Ginny ist fest davon überzeugt, dass Albus' sexuelle Orientierung eine Krankheit ist, die geheilt gehört. Sie will ihn sogar in ein anderes Krankenhaus verlegen lassen“, sagte Harry, der gespannt auf die Reaktion seines Freundes war denn dessen Stimme war eben schon um einige Nuancen kälter geworden. Die nächsten Worte bestätigten alles, was er und Oliver vermutet hatten.

„Setzt er auch nur einen Fuß außerhalb des St. Mungo auf die Erde ohne das Einverständnis von Hippocrates und Yoxall, bringe ich ihn noch in derselben Stunde persönlich nach Askaban“, knurrte Severus, „die Tatsache, dass wir zusammen sind, ändert rein gar nichts an der Aussage, die ich damals getroffen habe.“

Es herrschte kurz Schweigen und Severus beschlich ein sehr ungutes Gefühl. Warum hatte er nicht einfach die Klappe halten können? Warum musste er auf dem Sohn seines Freundes rum hacken? Es war ja logisch, dass besagter Freund davon nicht begeistert sein würde. Harry bewegte sich jetzt doch statt aufzustehen und zu gehen, so, wie Severus vermutete, setzte er sich kurzerhand rittlings auf seinen Schoß. Severus konnte den erstaunten Gesichtsausdruck nicht unterdrücken, vor allem angesichts des breiten Grinsens, das ihn ansah.

„Genau das habe ich Oliver auch gesagt“, sagte Harry.

„Vor den Augen deines Sohnes?“, fragte Severus.

„Natürlich. Severus, ich habe ihn da einweisen lassen weil er Hilfe braucht und ich habe schon damals hinter deiner Entscheidung gestanden, egal wie unsere Beziehung damals war. Es war schlicht und einfach richtig. Genauso richtig ist es, dass er genau da bleibt wo er ist und daher stehe ich völlig hinter dir“, erklärte Harry während er die Arme um seinen Hals legte und sich etwas näher an ihn kuschelte.

Jetzt erst legte Severus die Arme um seine Hüfte und nach kurzem Zögern lehnte er den Kopf an seine Brust. „Ich will deinen Sohn nicht nach Askaban bringen“, murmelte er irgendwann.

Harry drückte sich komplett an ihn, legte das Kinn auf seinen Kopf und sagte, „ich weiß aber wenn Ginny das wirklich durchziehen will, muss es sein. Severus, du, nein wir können es uns nicht leisten nachzugeben. Albus muss im St. Mungo bleiben, er ist so klar wie noch nie zuvor in seinem Leben und wenn es nach Oliver geht, kann er in ein oder zwei Jahren entlassen werden.“

„Komplett entlassen?“

„Er wird immer eine Therapie benötigen, oder zumindest eine therapeutische Begleitung aber er sollte in der Lage sein ein normales Leben zu führen. Einen Job annehmen, eine Familie gründen, ein ganz normales Leben halt“, sagte Harry.

„Dann müssen wir das durchziehen, egal was es kostet. Wann willst du Weasley kontaktieren?“, fragte Severus gegen seine Brust genuschelt.

„Ich schreibe Bill morgen, er soll seine Schwester nett vorwarnen, dass wir nicht zulassen werden, dass sie alles kaputt macht. Aber es ist spät, was hältst du davon wenn wir schlafen gehen?“

„Ich kann gerade sehr schlecht aufstehen.“ Harry lehnte sich grinsend zurück, gab ihm einen Kuss auf die Stirn und stand dann auf. Er hielt Severus eine Hand hin und im Gegensatz zu früher zögerte dieser nicht sondern ließ sich aufhelfen.

„Dann ab ins Bett“, war alles, was er dazu sagte. Seiner Aufforderung wurde mit Freude nachgekommen.
 

Sehr wütendes Klopfen ließ Harry und Severus aufsehen.

„Erwartest du Jemanden?“, fragte Severus.

„Nein, du?“

Noch bevor er antworten konnte, ploppte es und Fino tauchte auf, zusammen mit einer Phiole. „Mrs. Ginerva Potter steht vor der Tür und will mit Master Potter und Master Snape sprechen“, sagte der Hauself.

„Nein“, war alles, was Severus sagte bevor er sich wieder seinen Unterlagen zuwandte.

„Ähm, willst du nicht wenigstens wissen worum es geht?“, fragte Harry.

„Nein, will ich nicht. Harry, Oliver hat uns gestern mitgeteilt, dass er ihr Treffen unterbrochen hat und die erste Sperrfrist verhängt hat. Worüber könnte deine reizende Ex-Frau wohl mit uns reden wollen?“, fragte Severus.

Statt einer Antwort ließ Harry den Kopf hängen und wandte sich dann an Fino, „bist du mutig genug dich ihr zu stellen?“

„Was soll Fino sagen?“

„Sag ihr einfach, dass wir sie nicht sehen wollen und nicht mit ihr reden wollen. Wenn sie etwas von uns will, soll sie sich an Bill Weasley wenden. Dann kannst du einfach wieder verschwinden“, sagte Harry.

Fino nickte und verschwand, die Phiole mit dem Sprachtrank verschwand ebenfalls. Das Klopfen hörte kurz auf, setzte aber dann noch wütender wieder ein. Severus zog seinen Zauberstab und richtete ihn auf die Tür, „Silencio.“ Sofort verstummte das Klopfen.

„Sie wird nicht weggehen, oder?“

„Doch, irgendwann wird sie gehen. Hast du nicht noch etwas zu tun?“, fragte Severus ohne von seinen Unterlagen auf zu sehen.

„Natürlich aber ich werde mir ja wohl Gedanken machen dürfen, oder?“

„Du musst dir keine Gedanken machen. Die Entscheidung hat Oliver gefällt und als behandelnder Arzt hat er jedes Recht dazu. Wenn deine Ex damit nicht einverstanden ist, soll sie den normalen Weg gehen und sich an die Klinikleitung oder die Ethikkommission wenden. Ich möchte nicht jedes Mal privat belästigt werden wenn sie wieder einen ihrer Anfälle hat“, sagte Severus, der jetzt doch aufsah, „oder willst du ständig nach ihrer Pfeife tanzen?“

„Nein, natürlich nicht aber vielleicht wäre eine Erklärung ganz gut.“

„Wofür? Harry, das ist nicht unsere Angelegenheit. Oliver hat sie vorher informiert was passiert wenn sie sich nicht an die Regeln hält. Sie hat sich nicht an die Regeln gehalten also wurde die Sperrfrist verhängt, fertig. Das ist ganz alleine Olivers Sache. Wir werden in den nächsten Tagen wahrscheinlich ein paar Briefe bekommen aber da gibt es ein paar sehr nette Zauber für. Harry, würdest du dich bitte auf deine Ausbildung konzentrieren? Du hast in vier Tagen eine wichtige Prüfung also lern gefälligst“, knurrte Severus bevor er sich wieder seinen eigenen Unterlagen zuwandte.

Harry sah ihn einen Moment etwas verzweifelt an, seufzte dann tief und versuchte das Problem dann beiseite zu schieben. Severus hatte Recht, er musste lernen.
 

Drei Tage später hatte Harry ganz andere Probleme als die Prüfung, die am nächsten Tag stattfinden würde. Denn er und Severus wurden förmlich von Ginny terrorisiert. Jeden Tag tauchten unzählige Briefe auf, Ginny selbst stand mehrmals am Tag vor der Tür und lauerte Harry sogar im St. Mungo auf.

„Du bist an allem schuld.“

Diese Worte warnten Harry noch bevor er sich umdrehte und einfach sagte, „ich will und werde nicht mit dir reden. Ich habe genug zu tun.“

„Du wirst mit mir reden. Du bist schuld, dass ich meinen Sohn nicht mehr sehen darf“, fauchte Ginny ihn an.

Bevor Harry antworten konnte, mischte sich eine andere Stimme ein, „Mrs. Potter, Sie haben in den letzten Wochen genug Unheil angerichtet, ich erteile Ihnen hiermit Hausverbot für das St. Mungo. Sie dürfen sich wieder hier einfinden wenn die Sperrfrist abgelaufen ist.“

Sowohl Harry wie auch Ginny drehten sich überrascht um, Oliver stand mit zwei Pflegern vor ihnen.

„Sie wollen mich einfach raus werfen?“, fragte Ginny wütend, „und der Kerl darf weiter hier rumlaufen. Er ist an allen schuld.“

„Sie verlassen dieses Gebäude auf der Stelle. Begleitet Mrs. Potter hinaus“, wandte sich Oliver an die zwei Pfleger, die jetzt auch die Hexe zutraten.

„Das werde ich mir nicht gefallen lassen. Ich werde Sie vors Gamot bringen.“

„Tun Sie das. Jetzt verlassen Sie das Krankenhaus.“

Mehr oder weniger nachdrücklich drängten die Pfleger sie Richtung Ausgang, begleitet von unzähligen Schimpftiraden.
 

„Wieso hast du sie nochmal geheiratet?“, fragte Oliver schließlich.

„Sie war damals nicht so. Sie war völlig anders. Ich muss diese Veränderung irgendwie verpasst haben.“

„Belästigt sie Snape auch?“

„Er hat nichts gesagt“, sagte Harry, „aber ich hoffe für sie, dass sie es nicht macht. Severus wird nicht reden sondern den Zauberstab sprechen lassen. Ich konnte ihn bis jetzt davon abhalten Anzeige zu erstatten.“

„Weswegen?“

„Wegen knapp dreißig Briefen am Tag und ungefähr 10 Besuchen in Hogwarts vor unseren Räumen“, seufzte Harry.

„Das ist ja schon fast Belästigung.“

„Das ist Belästigung und eigentlich hätte Severus jedes Recht sie anzuzeigen aber hey, es ist meine Ex-Frau, wir können sie nicht einfach anzeigen.“

Oliver schüttelte den Kopf und deutete dann in den Korridor, „geh zu deiner Ausbilderin, sie wartet bestimmt schon auf dich. Überleg dir das mit der Anzeige, es wäre gerechtfertigt. Hier hast du erst mal deine Ruhe, ich gebe eine Nachricht an den Sicherheitsdienst, sie wird das Gebäude erst wieder betreten wenn ihre Sperrfrist abläuft.“

„Danke Oliver.“

„Nicht dafür. Ach ja, dein nächster Termin bei Albus ist übermorgen, gegen 16 Uhr. Passt das?“

„Ja, sehr gut sogar. Bis dann.“

Der Geistheiler nickte nur und machte sich dann auf den Weg. Auch Harry setzte sich in Bewegung aber seine Gedanken waren nicht bei seiner Ausbildung.
 

Der schriftliche Teil der Prüfung lief schon seit gut zwei Stunden als es an der Tür klopfte. Isabella runzelte die Stirn, begab sich aber dann zur Tür um sie leise zu öffnen, die Lehrlinge schrieben einfach weiter. „Hippocrates, was willst du?“

„Ich brauche Harry und zwar sofort“, war die Antwort.

„Der sitzt mitten in einer wichtigen Prüfung. Was ist los?“, fragte Isabella.

„Seine Ex ist in Hogwarts aufgetaucht und wollte Snape zur Rede stellen, der war nicht sehr erfreut und jetzt stehen die Auroren in Hogwarts.“

„Auroren? Gut, warte hier. Ich hole ihn.“

Damit schloss sie die Tür und begab sich leise zum Platz von Harry, der überrascht aufsah. Sie beugte sich zu ihm und flüsterte, „du sollst nach Hogwarts kommen. Dein Freund hat deine Ex-Frau und die Auroren zu Besuch.“

Harry wurde blass und sah etwas panisch auf seine Prüfung, er war noch nicht mal zur Hälfte fertig.

Isabella schien seine Gedanken zu erraten und flüsterte, „wenn ihr fertig seit, meldest du dich umgehend bei mir. Sprich mit keinem deiner Mitlehrlinge, dann kannst du die Prüfung zu ende schreiben. Verstanden.“

„Ja, danke“, gab Harry leise zurück bevor er so leise wie möglich seine Sachen packte und den Raum verließ. Er war sich noch nicht sicher wen er erwürgen sollte, Ginny oder Severus.
 

Als er den Kamin verließ, wurde er bereits erwartet.

„Harry, endlich“, sagte Minerva, die mehr als besorgt aussah.

„Was ist eigentlich los? Scheiße, ich sollte eigentlich in einer verdammt wichtigen Prüfung sitzen“, knurrte Harry, „was hat er jetzt schon wieder gemacht?“

Zu seiner Überraschung schüttelte Minerva den Kopf und sagte ernst und besorgt, „er weigert sich seine Wunden behandeln zu lassen. Harry, deine Ex hat Severus in der großen Halle angegriffen, mit dem Zauberstab und vor versammelter Schülerschaft.“
 

Der Weg in die große Halle kam Harry noch nie so lang vor, sie schwiegen die ganze Zeit über. Vor der großen Flügeltür standen mehrere Auroren, Harry erkannte einige seiner ehemaligen Kollegen und sie sahen alle mehr als besorgt aus. Allerdings ließen sie ihn anstandslos passieren.
 

„Harry, endlich. Nimm ihm den Zauberstab ab“, so wurde er von Kingsley empfangen.

Harry antwortete nicht sondern versuchte sich erst mal einen Überblick zu verschaffen. Severus befand sich vor dem Lehrertisch, sichtbar verletzt und mit erhobenen Zauberstab, vor ihm gleich drei Auroren, die versuchten ihn zu überreden sich behandeln zu lassen. Harry runzelte kurz die Stirn, warum ließ er sich nicht helfen? „Was ist passiert?“, fragte er Kingsley, „warum lässt er sich nicht helfen? Wo ist Ginny?“

„Mrs. Potter wurde in die Arrestzellen des Ministeriums gebracht. Sie wird dort behandelt und dann wartet sie auf ihre Anhörung. Wir wurden von Professor Longbottom mittels Patronus gerufen. Mrs. Potter ist beim Mittagessen plötzlich in der großen Halle aufgetaucht, hat wohl angefangen Snape zu beleidigen und hat schließlich ihren Zauberstab gezogen. Snape muss wohl nicht damit gerechnet haben, dass sie ihn wirklich verflucht, deswegen ist er verletzt. Er hat sich gewehrt und die restlichen Lehrer haben die Schüler geschützt, dann waren wir auch schon da. Das war vor knapp einer halben Stunde, seitdem bedroht er jeden, der sich ihm nähert, mit dem Zauberstab“, erklärte Kingsley.

„Ist sie verletzt?“

„Sagt dir der Sectumsempra was?“

Harry schluckte und fragte, „hat er etwas gesagt?“

„Ja, seltsamerweise sagt er nur, dass er nicht nochmal nach Askaban geht“, sagte Kingsley sichtlich verwirrt.

Jetzt machte es Klick bei Harry und er fragte ernst, „was für Konsequenzen hat er zu erwarten?“

„Konsequenzen?“

„Ja, dafür, dass er Ginny angegriffen hat.“

„Harry, ich versteh dich nicht. Er hat sich verteidigt, gut, er hätte sie schocken können aber im Eifer des Gefechts kann man den Zauber schon mal verwechseln. Wir haben die Aussagen sämtlicher Lehrer, es war Notwehr, er hat gar keine Konsequenzen zu fürchten. Warum auch?“

„Weil er das dunkle Mal noch auf dem Arm trägt. Er hat schlicht und einfach Angst, dass ihr ihn wieder nach Askaban schickt. Kingsley, die Zeit in Askaban ist der einzige Zeitraum über den ich nie mit ihm reden konnte“, sagte Harry.

So langsam schien es auch Kingsley zu dämmern doch dann schüttelte er den Kopf und sagte, „es gibt unzählige Zeugen, er ist unschuldig und hat sich nur verteidigt. Niemand wird ihn dafür nach Askaban bringen können.“

„Bist du sicher?“

„Hundertprozentig. Wir haben die Aussagen der Lehrer und wir könnten zur Not noch sämtliche Schüler befragen, er hat nichts zu befürchten.“

Harry nickte, dankte ihm undeutlich und ging dann zu Severus, die Auroren ließen ihn bereitwillig passieren.
 

Doch auch er sah sich einem gezogenen Zauberstab gegenüber und der Blick, mit dem Severus ihn ansah, machte ihm klar, dass dieser ihn gar nicht richtig sah. Er schien eher durch ihn hindurch zu sehen, als wäre er in einer ganz anderen Situation und Harry glaubte zu wissen wo und vor allem wann er war.

„Severus?“, fragte er vorsichtig.

„Ich gehe nicht nach Askaban“, knurrte Severus, der Zauberstab hob sich noch ein Stück und Harry erkannte die Anfangsbewegung des Sectumsempra.

„Du gehst nicht nach Askaban“, sagte er schnell und hob abwehrend die Hände, „ich schwöre dir, du gehst nicht nach Askaban. Was hältst du davon wenn du den Zauberstab senkst und wir uns in aller Ruhe unterhalten? Severus, du gehst nicht nach Askaban.“

„Ich gehe nicht nach Askaban, nie wieder“, fauchte Severus, der Zauberstab blieb an Ort und Stelle.

„Nein, du gehst nicht nach Askaban. Guck, da ist der Minister, er ...“

Es waren die falschen Worte denn der Fluch verließ den Zauberstab schneller als Harry reagieren konnte. Die Auroren reagierten zum Glück schneller, der Fluch prallte harmlos an einem Schutzschild ab.

„Das war jetzt kontraproduktiv“, murmelte Harry bevor er sich langsam von ihm entfernte und zu Kingsley ging.
 

„Es tut mir leid. Das wird jetzt aber Auswirkungen haben, oder?“, fragte er leise.

Zu seiner Überraschung schüttelte Kingsley den Kopf und sagte, „nein, ich werde keine Anklage erheben. Was ist los mit ihm?“

„Die Zeit in Askaban muss stärkere, psychische Schäden angerichtet haben als alle gedacht haben. Kingsley, kannst du deine Leute aus der großen Halle bringen? Ich glaube nicht, dass ich ihn aus dem Wahn raus bekomme wenn ihr hier seit“, sagte Harry.

„Kommst du mit ihm klar?“

„Ja, komme ich. Mich wird er nicht angreifen, ich habe ihn nicht nach Askaban gebracht. Also?“

„Wir sind schon weg“, sagte Kingsley, der dann die Stimme erhob, „die Auroren machen sich bitte auf den Weg ins Ministerium, es gibt bestimmt noch andere Dinge zu erledigen. Die Sache hier ist geklärt und ihre Hilfe wird nicht mehr benötigt.“

Die Männer und Frauen sahen ihn zwar im ersten Moment seltsam an, verließen die große Halle aber dann.

„Harry, er muss irgendwann ins Ministerium kommen wegen seiner Aussage.“

„Keine Chance“, unterbrach Harry ihn sofort.

„Aber...“

„Kingsley, wir können froh sein wenn er in den nächsten Wochen niemanden verflucht der nach Auror aussieht. Ich werde ihn definitiv nicht ins Ministerium bekommen. Kannst du nicht herkommen um seine Aussage aufzunehmen?“

Der Minister überlegte einen Moment, nickte aber dann und meinte, „schick mir ne Eule wenn er soweit ist. Und ich würde gleich an die Geistheiler schreiben.“

Jetzt lachte Harry rau auf und sagte, „dann kann ich mich gleich selbst verfluchen. Ich melde mich dann.“

Kingsley nickte erneut und ging dann, genau wie die Lehrer, die von Minerva hinaus geschickt worden. Harry zögerte noch ein paar Momente bis er tief durchatmete und sich wieder zu Severus umwandte.
 

Dieser wirkte zwar merklich entspannt aber noch immer war der Zauberstab erhoben. „Severus, können wir uns normal unterhalten? Du gehst nicht nach Askaban.“

„Ich habe deine Frau angegriffen, die schicken mich nach Askaban“, hielt Severus dagegen, immer noch mit diesem Blick, der Harry zeigte, dass er immer noch nicht wieder im Hier und Jetzt angekommen war. Sie sollten dieses Problem dringend mit Oliver bereden.

„Erstens, ist es meine EX-Frau, wir sind seit fast einem Jahr zusammen, falls dir das entgangen sein sollte. Zweitens, hast du sie nicht angegriffen sondern dich verteidigt. Das haben alle Lehrer bestätigt, das hat sogar schon Kingsley bestätigt. Er will auch keine Anzeige gegen dich erstatten. Severus, du bist unschuldig und das wissen auch alle. Du gehst nicht nach Askaban“, sagte Harry wieder während er sich ganz langsam auf ihn zu bewegte. Der misstrauische Blick blieb doch der Zauberstab wurde ein Stück gesenkt.

„Ich habe Shacklebolt angegriffen.“

„Er wird keine Anzeige erstatten, er hält dich nur für etwas mehr exzentrisch. Severus, nimm bitte den Zauberstab weg, ich will dir nichts tun und du gehst auch nicht nach Askaban.“

Irgendetwas veränderte sich in den schwarzen Augen, ohne, dass Harry genau sagen konnte, was. Severus blinzelte ihn jetzt an, schien endlich in die Realität zurück zu finden und ließ die Hand mit dem Zauberstab kraftlos fallen. Mit einem unnatürlich lauten Klappern prallte der Stab auf den polierten Boden der Großen Halle. Er sah Harry einfach nur an bis dieser den Abstand zwischen ihnen überbrückte und ihn einfach in die Arme schloss. Nur langsam und zögernd erwiderte Severus die Umarmung, noch langsamer lehnte er den Kopf an seine Schulter. Es dauerte noch länger bis er sich an ihn lehnte und dann hörte Harry.

„Ich bin kaputter als ich dachte.“

Harry wusste nicht was er darauf sagen sollte, also strich er ihm nur beruhigend über den Rücken. Dann passierte etwas, was Harry so nie erwartet hatte. Severus' Schultern bebten plötzlich leicht, seine Hände verkrallten sich in seinem Rücken und nach einem leisen Schluchzen spürte Harry wie seine Schulter langsam nass wurde. Er konnte nicht glauben, dass das gerade passierte aber es war für ihn ein gutes Zeichen. Ein Zeichen, dass Severus ihm endlich so weit vertraute, dass er sich ihm gegenüber öffnete und auch so einen Moment der Schwäche zeigte. Und so drückte Harry ihn nur enger an sich, strich ihm über den Rücken und versuchte ihn zu beruhigen.

Kapitel 39

Kapitel 39
 

Doch irgendwann schien es Severus doch zu peinlich zu sein denn er schniefte nochmal leise, straffte sich dann und löste sich etwas abrupt von Harry. Er wischte sich mit der Hand übers Gesicht, holte sich seinen Zauberstab mit einem Handwink zu sich und wandte sich um.

„Severus, es ist keine Schwäche Gefühle zu zeigen“, sagte Harry schnell.

„Ist mir bewusst. Was du vorhin gesagt hast, war das wahr? Mit Shacklebolt und deiner Ex?“, fragte Severus, „mir ist im übrigen bewusst, dass wir fast ein Jahr zusammen sind.“

„Ja, das war wahr. Kingsley wird keine Anzeige gegen dich erstatten, er hält dich nur für durchgeknallter als sonst. Die Sache mit Ginny stimmt auch. Alle Lehrer wurden schon als Zeugen vernommen und alle haben das Gleiche ausgesagt. Sie hat dich angegriffen, du hast dich verteidigt, reine Notwehr. Es wäre jedem lieber gewesen wenn du einen Stupor oder einen Lähmungszauber verwendet hättest aber nach Kingsley ist es verständlich, wenn man die Zauber mal verwechselt“, erklärte Harry, „haben wir eigentlich einen Jahrestag?“

„Gehe ich Recht in der Annahme, dass Shacklebolt meine Aussage haben will. Also muss ich ins Ministerium“, sagte Severus bitter, „der 26. Dezember. Da hast du es vor deiner Familie offiziell gemacht und dann muss ich im Dezember nur einmal feiern.“

Doch Harry schüttelte den Kopf und sagte, „du musst nicht ins Ministerium, ich schicke Kingsley eine Eule und dann kommt er her um deine Aussage aufzunehmen. Ich war der Meinung, dass es nicht gut wäre wenn wir dich ins Ministerium schleifen müssen. Ich finde den 26. super. Feiern wir auch?“

„Habe ich eine andere Wahl?“

„Nein“, grinste Harry.

Severus warf ihm einen genervten Blick zu, nickte aber dann geschlagen und sagte plötzlich, „hast du deine Prüfung schon fertig geschrieben?“

„Nein, ich wurde mittendrin raus geholt weil meine Ex-Frau eine Familienzusammenführung der besonderen Art gemacht hat.“

„Kannst du sie nachschreiben?“

„Ich soll mich bei Isabella melden wenn hier alles geklärt ist und zwar ohne vorher mit meinen Mitlehrlingen zu reden, dann kann ich die Prüfung zu ende schreiben. Hat Ginny eigentlich irgendetwas gesagt oder hat sie gleich geflucht?“, fragte Harry, der jetzt auf die Seitentür deutete und sich mit Severus in Bewegung setzte.

„Das Übliche. Der böse, pädophile Todesser, der sich erst am Sohn und dann am Vater vergreift und jetzt dafür sorgt, dass die liebende, besorgte Mutter ihren eigenen Sohn nicht mehr sehen darf“, schnarrte Severus, „wann willst du deine Prüfung nachschreiben?“

„Ich schreib sie morgen nach, ich möchte dich heute nicht alleine lassen.“

„Ich bin kein Kleinkind.“

„Nein, bist du nicht aber ich möchte heute einfach bei meinem Freund sein. Ich kann die Prüfung auch morgen nachschreiben, kein Problem. Willst du Ginny anzeigen?“

Sie durchquerten nebeneinander die Korridore, keiner begegnete ihnen denn die Schüler waren alle in ihren Gemeinschaftsräumen und die Lehrer waren entweder bei ihnen um sich um sie zu kümmern oder sie waren in ihren Räumen.

„Ja, ich werde sie anzeigen. Oder sollte ich nicht?“

„Severus, sie hat vor versammelter Schülerschaft angefangen rum zu fluchen, natürlich gehört sie angezeigt“, sagte Harry, „aber man könnte ja vielleicht nicht auf versuchten Mord plädieren sondern auf Körperverletzung mit seltsamen Hintergrund.“

„Soll ich jetzt deine ganze Familie ins St. Mungo einweisen lassen? Mal sehen was Shacklebolt vorschlägt, ich bin zu Kompromissen bereit und du reist jetzt zurück ins St. Mungo und schreibst deine Prüfung fertig“, sagte Severus ernst.

„Nein, ich bleibe heute bei dir und ich dulde keine Widerworte“, gab Harry ungerührt zurück.

Sie hatten den Wasserspeier, der sich ohne weiteres Zutun öffnete, inzwischen erreicht und schnell war das Büro des Schulleiters durchquert.

„Was habe ich dir zu übertriebene Fürsorge gesagt?“, knurrte Severus.

„Das ist keine übertriebene Fürsorge sondern gerechtfertigt. Severus, du standest komplett neben dir, du hast die Realität nicht mehr mitbekommen und das ist keine Kleinigkeit. Ich will heute bei dir bleiben, ganz einfach. Ich schicke noch schnell eine Eule an Isabella und dann machen wir es uns gemütlich. Baden?“, fragte Harry.

Er wurde seltsam gemustert doch schließlich nickte Severus.

„Soll ich gleich einen Brief an Oliver schicken?“, fragte Harry.

„Du nervst mich damit doch sowieso, oder?“

„Nein.“

„Nein? Wer bist du und was hast du mit meinem Freund gemacht?“, fragte Severus sichtlich erstaunt.

Harry grinste kurz und meinte dann ernst, „ich kann dich solange nerven bis du einer körperlichen Heilungsmaßnahme zustimmst aber bei einem Geistheiler bringt nerven nichts. Es ist wie bei Albus, du musst es selber wollen. Also?“

„Ich überleg es mir, jetzt nicht. Los, geh deiner Ausbilderin schreiben, ich lasse das Wasser ein.“

Harry grinste leicht, nickte und verschwand dann schnell nach nebenan. Er wollte nur schnell Isabella schreiben und dann so schnell wie möglich mit in die Wanne.
 

Er wollte nicht hier sein aber seine Stellung als Zaubereiminister verlangte es. Gut, er hätte auch den Leiter der Aurorenzentrale schicken können aber er wollte den guten Mann nicht im St. Mungo besuchen. Nachdem, was ihm der Geistheiler Yoxall mitgeteilt hatte, wäre er definitiv dort gelandet. Langsam ging er durch die Korridore von Hogwarts und dachte über die zwei Männer nach, mit denen er einen Termin hatte.

Harry hatte es wirklich geschafft, dass Snape zum Geistheiler gegangen ist und der hatte ihn untersucht. Das Ergebnis hatte man ihm sogar mitgeteilt weil Yoxall der felsenfesten Meinung war, dass Snape nicht anders reagieren konnte und auch in Zukunft nicht anders reagieren würde. Es war eine geistige Schädigung, hervorgerufen durch den Aufenthalt in Askaban. Er hatte ihm einige Verhaltensregeln mitgegeben, zusammen mit dem gutgemeinten Rat immer Harry zwischen sich und Snape zu haben.

Kingsley grinste schief, er hoffte, dass dieses Gespräch einfacher würde als das Gespräch mit der Gegenpartei. Ginerva Potter sah es absolut nicht ein, sie sah sich absolut im Recht und hatte ihm mehr oder weniger zu verstehen gegeben, dass sie es jederzeit wieder tun würde. Nun, Snape und Harry hatte kurzerhand eine Bannmeile gegen sie erwirkt, sie durfte sich ihnen nicht mehr als 150 Yards nähern. Sollte sie dagegen verstoßen, durfte sie sich eine Nacht in der Arrestzelle des Ministeriums einfinden. Termine im St. Mungo wegen dem gemeinsamen Sohn mussten vorher abgesprochen werden und Hogwarts durfte sie auch nicht mehr betreten, ihre jüngste Tochter hatte die Schule letztes Jahr verlassen. Kingsley stand mittlerweile vor dem Wasserspeier, wollte aber nicht wirklich weiter gehen.

Dass er hier war, war eigentlich überflüssig denn die Lage war klar. Snape wurde angegriffen, er hatte sich verteidigt. Die Sache war klar, er war hier um die notwendige Aussage aufzunehmen und zu klären, wegen was er Mrs. Potter anklagen wollte. Nach Minerva McGonagall müsste es versuchter Mord sein denn sie schwor, dass der Fluch ein verdächtiges Grün hatte aber diesen Vorwurf konnte keiner der anderen Lehrer bestätigen. Blieb Snape und wenn der das bestätigte, würde es eng werden. Er atmete nochmal tief durch und klopfte dann an, es dauerte nur Sekunden bis der Speier zur Seite schwang und die Wendeltreppe frei gab.
 

„Kingsley, schön dich zu sehen“, so wurde er von Harry begrüßt als er das Schulleiterbüro betrat und nur von Harry.

„Ebenfalls aber sollte hier nicht noch jemand sein?“, fragte Kingsley während er ihm die Hand reichte.

„Nebenan.“

„Wieso?“

Harry lächelte und meinte, „weil wir doch wollen, dass du unbeschadet wieder nach Hause gehst, oder?“

„Ist er so instabil?“

„Wenn man ihn nicht ärgern, nein. Du hast die Anleitungen von Oliver bekommen?“, fragte Harry.

„Ja, habe ich.“

„Gut, dann halte dich einfach daran.“ Mit einem Lächeln wandte sich Harry um und bedeutete ihm ihm zu folgen.

„Harry, darf ich dich etwas fragen?“, fragte Kingsley ohne sich zu bewegen.

Etwas überrascht blieb Harry stehen und nickte nur.

„Wie schaffst du das?“

„Ich verstehe nicht ganz.“

Kingsley machte eine Bewegung, die irgendwie alles einschloss und auch wieder nicht und sagte, „das alles hier. Seit du ihn kennst, hast du nur Probleme. Nicht nur die Sache mit Albus, deine Familie hat sich fast völlig von dir abgewandt, genau wie deine Freunde. Was die Presse darüber denkt, muss ich dir nicht sagen, das weißt du garantiert. Dazu noch seine charakterlichen Sonderheiten, seine geistige Instabilität und eine wahre Schönheit ist er auch nicht. Harry, warum nimmst du das alles auf dich? Was hast du davon? Vor allem, wie schaffst du das? Du bist doch eigentlich jederzeit in Lebensgefahr wenn er mal wieder austickt und den Zauberstab zieht. Was bringt dir das alles? Sei mir nicht böse über die Fragen aber du bist so ein netter, liebevoller Mann, du könntest jemand wesentlich Besseres finden.“

Das Lächeln war nicht von Harrys Gesicht verschwunden, im Gegenteil, er wurde wärmer und liebevoller. „Ich bin dir nicht böse, diese Fragen stellt sich jeder, der uns kennt und die Antwort versteht eigentlich auch keiner. Ich habe in Severus jemanden gefunden, den ich eigentlich immer gesucht habe ohne es zu wissen. Glaub mir, er kann privat völlig anders sein als ihn alle kennen. Er kann ein sehr liebevoller, fürsorglicher Mann sein, auch wenn er diese Seiten sehr, sehr gut verstecken kann“, lachte Harry, „aber weißt du, was für mich das Wichtigste ist? Für ihn bin ich normal. Bei ihm muss ich mich nicht fragen, ob er mich, den Kriegshelden oder mein Geld will. Bei ihm werde ich nie in Versuchung geraten abzuheben, er wird mich immer auf dem Boden halten. Ich kann bei ihm sein, wer ich bin. Ich muss nicht stark sein, ich kann auch mal schwach sein, mich einfach fallen lassen, ich kann einfach sein wer ich will und er wird trotzdem immer vollständig hinter mir stehen. Bei ihm muss ich nie Angst haben, dass er mich in irgendeiner Weise betrügt oder hintergeht. Auch wenn es wohl die Wenigsten verstehen aber ich bin glücklich, wirklich glücklich und so schnell wird er mich nicht mehr los.“

Kingsley zögerte einen Moment, ihm lag noch eine Frage auf der Zunge und bevor er wirklich nachdenken konnte, fragte er, „liebst du ihn?“

Diesmal dauerte die Antwort länger, Kingsley sah wie Harry überlegte und er sah noch etwas, die Tür hinter Harry war einen Spalt geöffnet. Er war sich sehr sicher, dass sie vorhin noch geschlossen war.

Er wollte Harry gerade von der Antwort abhalten als dieser sagte, „ja. Auch wenn mir das bis eben gar nicht klar war.“

„Wie kann einem so etwas nicht klar sein?“, fragte Kingsley überrascht, die Tür öffnete sich lautlos komplett und Severus betrat unbemerkt von Harry den Raum.

„Ich habe nie darüber nachgedacht. Ich mochte ihn am Anfang, dann konnte ich von Verliebtheit sprechen aber Liebe? Darüber habe ich nie nachgedacht und dabei ist die Antwort eigentlich sehr einfach“, sagte Harry leichthin, „ja, ich liebe ihn.“

„Vielleicht solltest du das mir sagen und nicht Shacklebolt“, schnarrte Severus von hinten.

Früher wäre Harry erschrocken rum gefahren doch auch er hatte sich verändert und so drehte er sich einfach nur lächelnd um und sagte, „ich liebe dich, Severus.“
 

Kingsley war gespannt auf die Reaktion, ihn persönlich hätte das Schweigen bereits sehr verunsichert. „Wir haben einen Termin“, war alles, was Severus sagte bevor er sich wieder umdrehte und zurück ins Wohnzimmer ging.

Harry schüttelte nur grinsend den Kopf und rief ihm nach, „wir kommen gleich, du kannst Tee aufsetzen.“

Ein magische Windstoß kam auf und mit einem Knall flog die Tür ins Schloss.

„Ok, jetzt wäre ich beleidigt“, gab Kingsley zu.

„Warum? Weil er nicht in Liebesschwüre ausgebrochen ist? Oder weil er die Tür hinter sich zu gemacht hat?“, fragte Harry grinsend.

„Beides.“

„Beides für Severus völlig normal.“

„Ist ihm dein Liebesgeständnis egal?“, fragte Kingsley.

„Nein, dann hätte er mir irgendeinen sarkastischen Spruch rein gedrückt. Kingsley, er ist kein Mensch, der seine Gefühle in der Öffentlichkeit breit tritt. Wir klären das, wenn wir unter uns sind aber ich bin mir sehr sicher, dass ich von seiner Reaktion nicht enttäuscht sein werde. Kommst du jetzt oder willst du wieder gehen?“, fragte Harry grinsend.

Sein Gegenüber schüttelte etwas fassungslos den Kopf, folgte ihm aber dann nach nebenan.
 

Severus saß im Sessel und erwartete sie, zusammen mit einer Kanne Tee und drei Tassen. „Schön, dass ihr euer Geplänkel beendet habt. Dann können wir ja anfangen“, knurrte er.

„Falsche Reihenfolge. Erst Tee einschenken, einen Schluck trinken und dann die Fragen stellen“, gab Harry lächelnd zurück während er sich setzte und den Tee einschenkte, „Kingsley, mit zwei Stück Zucker, oder?“

„Ja, bitte“, gab Kingsley zurück, er ließ sich in den letzten Sessel sinken, behielt aber Severus genau im Auge. Erst als der Tee verteilt war, lehnte sich Harry zurück.

„Also, bringen wir es hinter uns“, knurrte Severus.

Kingsley warf ihm einen unsicheren Blick zu, raffte sich aber dann auf und begann, „ich brauche Ihre Aussage über den Vorfall. Ich muss wissen, weswegen Sie Mrs. Potter anzeigen wollen.“

Er holte ein Pergament und eine magische Feder aus seiner Tasche, beides in Veritaserum getränkt und als Einziges zugelassen um eine Aussage aufzunehmen. Severus hob eine Augenbraue und erzählte in knappen Worten, was geschehen war. Es unterschied sich in keinster Weise von den Aussagen der anderen Lehrer. Sie war reingekommen, hatte ihn beschimpft und beleidigt und dann angefangen ihn zu verfluchen. Er hatte sich gewehrt während Professor Longbottom einen Patronus ins Ministerium geschickt hatte. Die Auroren waren schnell aufgetaucht und waren dann auch verflucht worden bis jemand auf die Idee kam Harry zu holen. Den Rest kannte Kingsley, blieb die Frage nach der Anklage und der Farbe des ersten Fluches.
 

„Haben Sie die Farbe des Fluches erkannt? Wissen Sie mit welchem Fluch Mrs. Potter Sie angegriffen hat?“, fragte Kingsley als er fertig war.

Severus warf Harry einen kurzen Blick zu und sagte dann, „nein auf beide Fragen.“

Alle Anwesenden wussten, dass es gelogen war.

„Bleibt die Frage nach der Anklage.“

„Ich habe mich entschlossen Mrs. Potter nicht anzuklagen“, schnarrte Severus.

„Bitte?“, war alles, was Kingsley sagte. Harry hielt sich aus allen raus, er war eigentlich nur hier damit es nicht eskalierte.

„Drücke ich mich so undeutlich aus? Ich habe mich gegen eine Anklage entschieden. Sie darf sich uns und meiner Arbeitsstelle nicht mehr nähern, das reicht mir. Zudem würde das Gamot sowieso nur eine geringe Strafe ansetzen wegen der familiären Umstände. Deswegen muss ich niemanden vor Gericht ziehen. Ich will meine Ruhe“, erklärte Severus, den Blick allerdings immer mal wieder auf Harry gerichtet.

Kingsley verstand, dass diese Zusage nur für Harry entstanden war. Doch für ihn war das eine Erleichterung denn es bedeutete weniger Arbeit und weniger Ärger. Er nickte und holte noch etwas aus seiner Tasche, reichte es allerdings lieber Harry.

„Was ist das?“

„Das Urteil der Ethikkommission, es gab einen Schnellbeschluss“, sagte Kingsley.

„Vielleicht überlege ich meine Anklage nochmal“, murmelte Severus während Harry grinste und die Pergamentrolle öffnete um sie zu lesen.

„Sie sind der Meinung, dass eine gesunde Beziehung sehr förderlich für seinen geistigen Zustand ist und sprechen sich ausdrücklich dafür aus“, sagte Harry erfreut, „allerdings wollen sie den jungen Mann kennenlernen und er darf natürlich nicht mehr auf der Janus Thickey-Station arbeiten. Zudem muss er eine Überprüfung von Oliver vorlegen, dass er den Zustand von Albus nicht in irgendeiner Weise ausnutzt.“

Severus nickte knapp während Kingsley sagte, „das klingt doch gut. Hattest du Zweifel an dem Urteil?“

„Hast du die Aussage meiner Ex gehört?“, war die Gegenfrage.

„Nein.“

„Das erklärt es. Hättest du sie gelesen, hättest du auch Zweifel an dem Urteil gehabt. Sie hat mit allen Mitteln versucht diese Beziehung zu verhindern. Sie hat sogar Forschungsergebnisse der Muggel angeführt, die besagen, dass Homosexualität eine Krankheit ist und geheilt werden kann. Sie wollte mir den Kontakt verbieten weil ich ja an dieser Krankheit schuld bin und ihn sozusagen angesteckt habe“, erklärte Harry, von Severus kam nur ein erbostes Schnauben während Kingsley die Stirn runzelte.

„Wenn ich falsch liege, berichtige mich aber hatte er seine sexuellen Neigungen nicht bevor du dich geoutet hast?“

Harry bemerkte sofort die Veränderung bei Severus und wandte sich als Erstes an ihn, „es war nur eine Frage und Kingsley meint es nicht böse also lass den Zauberstab genau da wo er ist.“ Erst als Severus zögernd genickt hatte, drehte sich Harry zu Kingsley um, „du irrst dich nicht aber Ginny hat angeführt, dass ich schon immer schwul war und es nur versteckt hätte. Damit habe ich Albus angesteckt. Sie wollte mir auch den Kontakt zu James und Lily verbieten lassen aber da Beide volljährig sind, hat die Kommission die Klage gar nicht zugelassen. Zudem James mich eh nicht sehen will.“

„Was ist mit deiner Tochter?“

„Mit der treffe ich mich morgen zum Mittag“, grinste Harry, „wir wollen meine bestandene Prüfung feiern.“

„Hast du das Ergebnis schon? Dann gratuliere ich recht herzlich.“

„Danke. Kingsley, hast du noch Fragen?“

Dieser sah sich die Unterlagen durch und fragte sicherheitshalber nochmal nach, „Sie wollen wirklich keine Anklage erstatten?“

„Nein. Sollte sie mich nochmal angreifen, überlege ich es mir nochmal.“

„Verständlich. Ich würde eine verschobene Klage vorschlagen“, sagte Kingsley.

Während Severus etwas erstaunt eine Augenbraue hob, fragte Harry, „was heißt das?“

„Dass Professor Snape jetzt keine Klage erstattet sondern sie aufschiebt. Normalerweise sind das drei Jahre. Findet in dieser Zeit nochmal so ein Vorfall statt, kann er nicht nur den Neuen sondern auch den alten Vorfall anzeigen“, erklärte Kingsley, „wenn in den drei Jahren nichts mehr vorfällt, verfällt sein Anspruch auf die Klage.“

„Einverstanden“, war alles, Severus sagte während Harry den Kopf schief legte und meinte, „ich glaube nicht, dass da nichts mehr vorfällt.“

„Verzeih Harry aber dann hat deine Ex-Frau wirklich Pech gehabt“, sagte Kingsley, „ich werde sie über die Verschiebungsklage informieren, mit den genauen Auswirkungen und wenn sie sich dann noch was zu schulden kommen lässt, ist sie selber schuld. Du kannst sie nicht vor allem beschützen.“

„Ich beschütze sie nicht. Ich bin nur realistisch.“

„Gibt es sonst noch was?“, knurrte Severus plötzlich.

Harry warf einen Blick zur Uhr, war wirklich schon so viel Zeit vergangen? „Severus hat Recht, es ist spät und du hast bestimmt noch etwas zu tun“, sagte er daher und erhob sich.

Kingsley erkannte einen Rauswurf und stand lieber schnell auf, seine Sachen hatte er schon vorher wieder eingepackt. „Dann wünsche ich noch einen angenehmen Tag.“

„Du kannst vom Kamin im Büro flohen, ich bring dich“, sagte Harry.

Keiner sagte, dass es nicht notwendig war ihn ein Zimmer weiter zu begleiten, er könnte den Kamin auch allein anfeuern.
 

„Was willst du noch?“, fragte Kingsley nachdem Harry die Tür hinter ihnen zugemacht hatte.

„Ich möchte, dass du meiner Ex-Frau noch etwas von mir gibst“, sagte Harry während er schon einen Umschlag aus einer Tasche zog.

„Schick ihn doch einfach per Eule.“

„Sie liest meine Briefe nicht sondern schickt sie entweder ungeöffnet zurück oder verbrennt sie sofort.“

„Per Anwalt?“, fragte Kingsley.

„Sobald Bills Siegel auf dem Brief ist, macht sie völlig dicht. Aber wenn der Brief durch Zufall in den Unterlagen ist, die du ihr gibst, liest sie ihn vielleicht“, sagte Harry.

„Ist es so wichtig?“

„Nein. Es ist nur der letzte Versuch die Wogen zu glätten. Wenn nicht dann nicht aber hey, ich war immerhin über 17 Jahre mit ihr verheiratet und fast 20 Jahre zusammen, da kann ich doch noch einen letzten Versuch unternehmen mich im Guten mir ihr zu einigen.“

„Sie wollte deinen Freund verfluchen und wir Beide wissen, dass er den Fluch ganz genau erkannt hat.“

Harry nickte und sagte, „ich weiß sogar welchen Fluch sie benutzt hat. Aber das ändert nichts an den Tatsachen. Lass die Sache mit Severus bitte mein Problem sein, das ist mit ihm geklärt.“

Kingsley sah ihn einen Moment abschätzend an, nahm den Brief dann und meinte, „ich misch es unter die Unterlagen aber garantieren kann ich dir natürlich nichts.“

„Musst du nicht. Danke Kingsley.“

„Für dich, gerne. Wir sind Freunde, ich hoffe, dass weißt du“, sagte Kingsley ernst.

„Du bist einer der wenigen Freunde, die ich noch habe“, sagte Harry lächelnd.

„So schlimm?“

„Nein, ich weiß nur jetzt, wer wirklich meine Freunde sind und hey, auf diese Freunde kann ich mich wenigstens immer verlassen.“

„Dann hatte das Ganze ja noch einen positiven Nebeneffekt. Harry, ich muss, auf mich wartet noch sehr viel Arbeit. Allerdings befürchte ich, dass wir uns schneller wiedersehen werden als wir denken“, sagte Kingsley.

Dazu konnte Harry nur nicken, ein Handwink ließ den Kamin zum Leben erwachen und schnell war der Minister wieder verschwunden.
 

Das Wohnzimmer war leer als er den Raum wieder betrat doch das war absehbar gewesen, es war fast sechs und Severus pflegte pünktlich zu Abend zu essen. Also durchquerte Harry den Raum um in die kleine, private Küche zu kommen. Dort wurde er bereits erwartet doch nicht so, wie er gedacht hatte. Denn kaum hatte er die Küche betreten, erhob sich Severus und kam auf ihn zu, mit einem sehr seltsamen Gesichtsausdruck. Im nächsten Moment fand sich Harry an der Wand neben der Küchentür wieder, eng an Severus gedrückt und in einem tiefen, feurigen Kuss gefangen. Sein überraschtes Keuchen verwandelte sich schnell in ein heiseres Stöhnen bevor er die Augen zufallen ließ und diesen Kuss einfach nur genoss. Es war die Antwort auf sein Liebesgeständnis und wie er Kingsley gesagt hatte, er wurde nicht enttäuscht.

Er wollte mehr, dass wurde ihm in diesem Moment bewusst als er Severus enger an sich zog und spürte, wie sich sein Blut langsam in seiner Mitte sammelte. Doch er spürte auch sofort, wie sich Severus versteifte und sich von ihm wegdrücken wollte, die wilde Knutscherei unterbrach er dabei auch gleich.

„Lass mich los“, knurrte Severus als Harry ihn nicht weg ließ.

„Warum?“

„Du weißt genau warum.“

„Was ist so schlimm daran, dass mein Freund mich erregt?“, fragte Harry ohne Anstalten zu machen ihn los zulassen. Im Gegenteil, er drückte ihn einfach nur eng an sich. Er wusste es natürlich ganz genau, es ging nicht um seine Erregung sondern um das, was er nicht spürte denn bei Severus regte sich gar nichts.

„Lass mich los oder ich greife zu drastischen Maßnahmen“, drohte Severus und er klang sehr ernst dabei.

Mit einem Seufzen ließ Harry ihn los, verhinderte aber dass er ganz weg ging. Seinem Blick wurde ausgewichen. „Severus, irgendwann musst du mir doch mal glauben“, seufzte Harry, der resignierend den Kopf nach vorne sinken ließ und mit der Stirn an seiner Schulter anlehnte.

Die Gegenwehr erlahmte, Severus strich über seinen Rücken und sagte, „ich möchte dich nicht verlieren. Harry, warum können wir das nicht so belassen wie es jetzt ist? Warum willst du es unbedingt provozieren?“

„Du wirst mich nicht verlieren aber ich bin der Meinung, dass Sex zu einer normalen Beziehung dazu gehört“, sagte Harry ohne sich zu bewegen.

„Ich war noch nie normal also passt das ja.“

„Nein, passt es nicht.“

Diesmal schwieg Severus, er wusste es ja selber aber er hatte gehofft diesen Zeitpunkt noch sehr weit hinauszögern zu können. Aber wenn das so weiter ging, würden sie nicht mal ihren ersten Jahrestag erleben.

Harry hob gerade seufzend den Kopf, gab ihm einen kurzen Kuss und löste sich dann von ihm um zum Tisch zu gehen, „Fino, wir können essen.“

Severus sah ihm nach, murmelte dann, „ich habe keinen Appetit“, und ging dann einfach. Er sah nicht mehr wie ihm Harry todtraurig nachsah und sich dann einfach auf einen Stuhl fallen ließ, warum war das alles so schwer?
 

Nachdem er das Abendessen alleine eingenommen hatte, machte sich Harry auf die Suche nach seinem Freund denn die Wohnung war leer. Allerdings hatte er schon eine Vermutung und so begab er sich in die Kerker, er war sich relativ sicher, dass er Severus im Tränkeklassenzimmer fand.
 

Seine Ahnung erwies sich als richtig doch sein Freund braute nicht sondern saß auf einem der Schülerstühle und starrte einfach nur vor sich hin. Er war allerdings nicht so in Gedanken versunken, dass er sein Eintreten nicht bemerkte.

„Solltest du nicht hinter diesem Tisch da sitzen?“, fragte Harry mit einem Deut auf den Lehrertisch.

„Ich bin kein Lehrer mehr“, krächzte Severus, der Sprachtrank hatte aufgehört zu wirken.

Harry setzte sich neben ihn und meinte, „du könntest wieder als Lehrer arbeiten. Ich weiß von Minerva, dass sie sich über etwas Ruhe freuen würde.“

„Du warst selber dabei, ich schaffe es nicht.“

„Falsch, du schaffst es so nicht. Wenn du deinen falschen Stolz runter schlucken würdest, könntest du es schaffen“, konterte Harry sofort.

„Wie stellst du dir das vor? Soll ich im Rollstuhl Unterricht geben?“, knurrte Severus ohne ihn anzusehen.

„Nein, so krass würde ich es nicht formulieren. Aber mit ein paar Regelungen könnte man es schaffen.“

„Welche?“

„Naja, du willst doch sowieso die jüngeren Schüler nicht unterrichten, oder?“, fragte Harry. Er wartete bis Severus den Kopf geschüttelt hatte und fuhr fort, „du könntest nur die UTZ-Kurse unterrichten, das hätte mehrere Vorteile.“

„Die da wären?“

„Naja, es sind weniger Schüler und die haben wirklich Interesse an dem Fach, sie machen also weniger Unfug und du musst weniger Angst haben, dass sie sich gegenseitig was in die Kessel werfen. Dadurch, dass es weniger Schüler als in den unteren Klassen sind, sind es auch weniger Stunden für dich. Zudem du dich nicht mit den Grundlagen rumschlagen müsstest, sprich, während den Vorbereitungen könntest du hinterm Schreibtisch sitzen bleiben. Um dann durch die Gänge zu schleichen, könntest du einen Gehstock verwenden. Ja, ich weiß, wie du dazu stehst aber hey, sieh es positiv, du kannst damit zur Not auch auf Tische oder Schüler schlagen oder ihn quer durch den Raum werfen“, sagte Harry grinsend, „wenn wir deinen Tagesplan entsprechend planen und genug Ruhezeiten einbauen, wäre es durchaus möglich, dass du wieder als Tränkelehrer arbeitest.“

„Du stellst dir das viel zu einfach vor. Es gibt einige Probleme an deinem Plan“, sagte Severus irgendwann.

„Welche? Los, raus damit. Ich finde für jedes Problem eine Lösung“, behauptete Harry zuversichtlicher als er eigentlich war. Aber das war das erste Mal, dass Severus das Gespräch an dieser Stelle nicht sofort abbrach und das musste er nutzen.

„Problem eins, glaubst du wirklich, dass sich siebzehn und achtzehn jährige Zauberer und Hexen etwas von einem Krüppel sagen lassen?“, fragte Severus, „selbst du hast mir in der ersten Stunde nicht mal richtig zugehört.“

„Ich habe dir zugehört, ich habe sogar mitgeschrieben aber du hättest mich nicht mal ausreden lassen.“

„Mitgeschrieben? Was? Meine alljährliche Eingangsrede?“

„Ja. Für mich war es interessant. Severus, ich war fasziniert von der Zaubererwelt, von Hogwarts, auch von dir. Ich habe mich auf den Unterricht gefreut aber leider hast du mir die Lust an Zaubertränken gleich in der ersten Stunden verdorben“, sagte Harry.

Jetzt wurde er endlich angesehen, absolut ungläubig.

Er nickte und meinte, „ich habe als kleines Kind mal ein Buch meines Cousins gefunden. Ein Bilderbuch über einen Zauberer und der hat genau so ein Labor gehabt. Ich habe dieses Bild geliebt, so viele schöne und ungewöhnliche Dinge und dann bin ich hierher gekommen, in dieses Zimmer. Ich war fasziniert von den Kesseln, Phiolen, den unheimlichen Zutaten und von dem Mann, der mich so an meinen Zauberer aus dem Buch erinnert hat.“

„Und ich habe alles kaputt gemacht.“ Severus' Stimme war kaum zu verstehen, er hatte den Blick abgewandt und man sah ihm das schlechte Gewissen jetzt wirklich an. Harry rutschte mit dem Stuhl an ihn ran, legte die Hand sanft um sein Kinn und drehte sein Gesicht wieder zu ihm bevor er ihm einen kurzen Kuss gab.

„Die Vergangenheit kann man nicht ändern, wir machen es in der Zukunft besser“, sagte er sanft, „zu deinem Problem, zeig es ihnen.“

„Ich habe nicht mehr viel, was ich zeigen kann. Dazu bin ich körperlich gar nicht in der Lage“, murrte Severus, auf den Rest ging er nicht ein. Er konnte seine Fehler aus der Vergangenheit nicht ungeschehen machen.

„Du sollst ihnen keinen Tanzkurs geben sondern Zaubertränke unterrichten. Severus, zeig ihnen was es heißt ein Zaubertränkemeister des ersten Grades zu sein. Zeig ihnen die Schönheit des leise brodelnden Kessels mit seinen schimmernden Dämpfen, die zarte Macht der Flüssigkeiten, die durch die menschlichen Venen kriechen, den Kopf verhexen und die Sinne betören. Lehre sie den Ruhm in Flaschen zu füllen, Ansehen zusammen zu brauen und den Tod zu verkorken. Zeig ihnen die Schönheit und Komplexität der Zaubertränke, ganz ohne albernes Zauberstabgefuchtel“, sagte Harry grinsend, „zudem hast du noch deine stärkste Waffe, deine Zunge und deinen Sarkasmus. Du konntest eine Klasse immer in Schach halten, nur mit ein paar Worten und diesem fiesen Blick.“

Schweigen und ein ungläubiger Gesichtsausdruck bevor Severus leise schnaubte und knurrte, „Problem zwei, ich habe bereits eine sehr gute Lehrerin für Zaubertränke. Wie soll ich erklären, dass ich sie gerade von den UTZ-Klassen abziehe?“

„Ich weiß durch Zufall von Minerva, dass Professor Barnett nichts dagegen hätte wenn sie die UTZ-Klassen nicht mehr unterrichten müsste. Sie hat zwar den Abschluss in Salem aber sie hat nur den dritten Grad. Ich weiß, ebenfalls durch reinen Zufall, dass sie den Unterricht in den jüngeren Klassen wesentlich schöner findet. Sie ist der Meinung, dass die UTZ-Klassen einen Lehrer bräuchten, der einen höheren Grad hat“, sagte Harry, immer noch grinsend.

„Problem drei, der Weg von meiner Wohnung bis in die Kerker ist sehr weit, zu weit um ihn mehrmals täglich zurück zu legen. Die Lehrerwohnung im Keller ist von Professor Barnett bewohnt, die ja auch Hauslehrerin von Slytherin ist“, fuhr Severus unbeeindruckt fort.

„Wenn Minerva Schulleiterin wird, wird sie von ihrer Wohnung in deine jetzige ziehen. Professor Barnett hat angedeutet, dass sie nichts gegen einen Umzug hätte“, sagte Harry.

„Die Hauslehrer sollten in der Nähe ihrer Häuser wohnen, Minervas Wohnung ist weit weg von den Schlangen“, warf Severus sofort ein.

„Als ich das letzte Mal bei Minerva zum Tee war, hatte sie gerade Besuch von Professor Barnett und diese hat zugegeben, dass sie mit dieser Doppelbelastung als Hauslehrerin und Zaubertränkelehrerin etwas überfordert ist. Sie ist ja frisch von der Akademie. Man könnte sich die Aufsicht über die Slytherin teilen und die Schlangen würden sich bestimmt freuen wenn du ihr neuer Hausvorstand wirst, du bist doch förmlich eine Legende in dem Haus“, erklärte Harry, „du siehst, ich finde für alles eine Lösung.“

„Nein, ich sehe, dass du zu viel Tee bei Minerva trinkst“, konterte Severus trocken, „für das nächste Problem wirst du auch keine Lösung finden. Die Eltern werden Hogwarts niederreißen wenn ich wieder unterrichte, die Schüler sind alle in dem Alter deines Sohnes während dieser unangenehmen Sache damals. Die Eltern werden es nicht dulden.“

„Als ob dich jemals interessiert hat, was die Eltern dulden oder nicht.“

„Schon, aber ich habe nicht vor mich wegen jeder Note vor Gericht ziehen zu lassen. Oder für jede Prüfung, die nicht bestanden wurde. Diesen Stress muss ich mir nicht geben“, sagte Severus.

„Lassen wir vom Ministerium und dem Schulbeirat absegnen und fertig. Die Briefe der Eltern leiten wir an den Schulbeirat weiter, die werden am Anfang jemanden schicken, der die Noten überprüft aber das wird denen auch irgendwann zu langweilig und dann wird sich die Sache legen“, erklärte Harry schulterzuckend, „außerdem bin ich auch noch da. Was willst du mit einem pubertierenden Zauberer wenn du den Held der Zauberwelt hast?“

„Eingebildet bist du gar nicht, oder?“

„Nein, ich weiß nur um meinen Ruf in dieser Welt und zu irgendetwas muss er doch gut sein. Severus, egal wie viele angebliche Gründe du dir ausdenkst, ich finde eine Lösung. Es würde sich alles regeln lassen wenn du nicht so verdammt stur wärst.“

„Ich bin realistisch.“

„Nein, du bist der größte Pessimist, den ich jemals kennengelernt habe. So, wollen wir jetzt hier sitzen bleiben oder gehen wir wieder hoch und gehen ins Bett? Ich habe keine Lust die Nacht im Zaubertränkeklassenzimmer zu verbringen“, sagte Harry während er sich schon erhob.

Severus sagte nichts, stand aber ebenfalls auf und machte sich mit Harry auf den Weg. Er sprach keines der Themen nochmal an.

Kapitel 40

Kapitel 40
 

„Draco, Scorpius, was macht ihr denn hier?“, fragte Harry als er wenige Tage später nach der Arbeit seinen Termin mit Albus wahrnehmen wollte.

„Ich will meinen besten Freund endlich wiedersehen. Ich habe ihn seit fast eineinhalb Jahren nicht mehr gesehen und ich will ihn endlich wieder sehen“, sagte Scorpius ernst und nachdrücklich.

Draco zuckte mit den Schultern und sagte, „ich habe alles probiert aber mein Sohn kommt in seiner Starrköpfigkeit irgendwie nach seinem Vater.“

„Hast du Oliver mal angeschrieben?“, fragte Harry.

„Er hat jede Anfrage nach einem Treffen abgelehnt. Ich will meinen besten Freund wiedersehen.“

Harry seufzte leise und meinte, „ich geh ihn fragen, mehr kann ich nicht für dich tun. Wartet bitte hier.“

Beide Malfoys nickten einfach nur.
 

Wenig später kam Harry wieder, zusammen mit Oliver.

„Ich will zu Albus“, fuhr Scorpius ihn sofort an.

„Wenn es nach mir ginge, bitte, jederzeit aber er will Sie nicht sehen“, gab Oliver ruhig zurück.

Damit hatte er den Jüngeren sprachlos gemacht und so fragte Draco, „wieso will er ihn nicht sehen?“

Oliver sah ihn unglücklich an, warf Harry dann einen Blick zu und meinte, „das fällt unter die ärztliche Schweigepflicht.“

„Sag es ihnen“, sagte Harry leichthin, „Draco ist einer meiner wenigen Freunde und Scorpius ist Albus' bester Freund seit Kindertagen.“

Der Geistheiler seufzte leise und erklärte, „Albus ist sich nicht sicher ob er sich die Freundschaft zu Ihnen nicht auch nur eingebildet hat. Zudem hat er ein extrem schlechtes Gewissen weil er Sie zu dem unbrechbaren Schwur gezwungen hat.“

„Er hat mich nicht gezwungen, ich habe das freiwillig gemacht. Er hat sich meine Freundschaft nicht eingebildet, wir sind seit über sieben Jahren die besten Freunde. Er war mein erster, richtiger Freund überhaupt und ich gebe ihn nicht einfach kampflos auf“, sagte Scorpius aufgebracht.

„Verstehen Sie mich nicht falsch, ich würde mich freuen wenn er mit Ihnen redet aber er will nicht. Ich habe jede Anfrage an ihn weiter geleitet, er will nicht.“

„Und wenn wir ihn einfach dazu zwingen?“, fragte Harry, „ich weiß wie wichtig Scorpius ihm früher war und ich glaube daran hat sich nichts geändert.“

Oliver sah etwas unglücklich zwischen den Beteiligten umher und seufzte dann leise, „gut, wir versuchen es. Sollte ich sehen, dass die Begegnung sich negativ auf Albus auswirkt, breche ich sofort ab. Sie gehen dann ohne großes Theater. Haben wir uns verstanden?“

„Ja, natürlich. Wann?“

„Er kann sofort mit mir mitgehen“, schlug Harry vor.

Noch unglücklicher nickte Oliver und so machten sich alle auf den Weg zu dem Treffen.
 

Albus erhob sich als er die Schritte hörte und wollte seinem Vater wie immer entgegen treten doch er stockte mitten im Schritt als er die Männer erkannte, die ihn begleiteten.

„Scorpius?“, fragte er fassungslos.

„Ja, Scorpius. Es freut mich, dass du dich noch an deinen besten Freund erinnerst“, gab dieser lächelnd zurück.

„Bester Freund?“, fragte Albus mit zittriger Stimme. Doch nicht nur seine Stimme zitterte sondern auch sein Körper. Sein Blick ging fast schon panisch zu Oliver bevor er vor Scorpius zurückwich.

„Hey, willst du mich nicht begrüßen? Wir sind die besten Freunde“, sagte Scorpius stirnrunzelnd.

Doch Albus antwortete nicht sondern wich weiter zurück, sein Blick ging immer wieder zu Oliver. Dieser trat jetzt vor und sagte ernst, „du setzt dich jetzt auf deinen Stuhl, sofort.“

Dem Befehl wurde nachgekommen doch der panische Blick blieb.

„Erinnere dich an deine Atemübungen“, war der nächste Befehl.

Albus sah ihn kurz an, schloss aber dann die Augen und begann kontrolliert ein- und auszuatmen, immer wieder mit ein paar Sekunden dazwischen wo er die Luft anhielt. Es schien zu helfen denn das Zittern ließ nach.

„Gut und jetzt mach die Augen auf“, wies Oliver ihn an.

Der Blick war bei weitem nicht mehr so panisch aber es lag noch immer Angst darin. Oliver hatte sich zwischenzeitlich vor ihn gesetzt, der Rest saß verteilt auf ein paar Stühlen und schwieg.

„So und jetzt hörst du mir zu. Ich weiß, dass du Scorpius nicht sehen willst aber er besteht darauf. Er ist dein bester Freund, nein, du hast dir diese Freundschaft nicht eingebildet und bildest sie dir auch jetzt nicht. Er ist dir auch nicht böse wegen dem unbrechbaren Schwur“, sagte Oliver ruhig aber mit einer gewissen Ernsthaftigkeit.

„Ich habe mir das nicht eingebildet?“, fragte Albus vorsichtig.

Oliver schüttelte den Kopf und sagte, „nein, hast du nicht. Er ist dein Freund gewesen und er ist immer noch dein Freund.“

„Und der Schwur?“, fragte Albus leise mit einem unsicheren Blick zu Scorpius.

Dieser hob lächelnd die Hand, um die sich früher die Schwurmale gewunden hatten und sagte, „Severus hat mich von dem Schwur entbunden und ich habe es nie bereut, dass ich ihn geleistet habe. Auch wenn man dir vielleicht früher hätte helfen können.“

„Du bist mir nicht böse?“, fragte Albus. Die Angst verschwand langsam aber es war offensichtlich, dass er sich noch nicht sicher war. Seit er die Therapie machte und sich eingestanden und auch verstanden hatte, dass er sich die Liebe zu Severus nur eingebildet hatte, hatte er Angst, dass das auch auf alle anderen Beziehungen zutraf.

„Nein, ich bin dir nicht böse, in keinster Weise. Al, wir sind die besten Freunde. Du bist der erste, wirkliche Freund, den ich jemals hatte und ich gebe dich nicht kampflos her. Wir haben uns seit über eineinhalb Jahren nicht mehr gesehen und dann habe ich erfahren, dass du Besuch empfangen darfst. Ich will dich sehen, du bist mein Freund“, sagte Scorpius ruhig aber sehr ernst. Man sah wie es in Albus' Gesicht arbeitete doch es war scheinbar zu viel denn sein Blick ging Hilfe suchend zu Oliver.

„Möchtest du hier abbrechen und wir unterhalten uns in aller Ruhe darüber?“, fragte der Geistheiler.

Albus warf einen sehr unsicheren Blick auf seine Besucher. Es war Harry, der die Situation sofort begriff, es war zu viel für Albus aber er traute sich nicht das zu sagen. Er erhob sich und umarmte Albus einfach.

„Wir machen einen neuen Termin, mein Sohn, wir sind dir nicht böse. Red in aller Ruhe mit Oliver und dann sehen wir uns einfach danach. Du kannst dich ja auch mit Scorpius alleine treffen, bei so einem Gespräch unter Freunden stören die Väter doch nur“, sagte er lächelnd. Sein Lächeln wurde sichtlich erleichtert erwidert bevor Albus nickte und ihm leise dankte.

„Dann gehen wir jetzt besser“, warf Draco ein.

„Aber ich darf wiederkommen“, sagte Scorpius sofort.

„Ja, darfst du aber erst wenn wir die Sache geklärt haben. Ich schicke dir dann eine Eule, dir auch Harry.“

Damit erhoben sich jetzt alle, Albus war sichtlich erleichtert, dass keiner böse auf ihn war und vor allem, dass er sich die Freundschaft doch nicht eingebildet hatte. Oliver beobachtete wie die Besucher gingen und er hatte ein gute Gefühl bei der Sache. Jede positive Erfahrung war gut für Albus und seinen ältesten Freund wieder um sich zu haben, war garantiert eine positive Erfahrung. Er musste nur vorher mit dem jungen Malfoy reden, er musste wissen wie der junge Mann dachte, vor allem über die sensiblen Themen. Aber er war sich fast sicher, dass das gut gehen würde.
 

Es ging gut. Das erste Treffen zwischen Scorpius und Albus war zwar sehr steif und förmlich aber sie tauten Beide im Laufe des Treffens auf und nach ein paar Treffen war es so als wären sie nie getrennt gewesen. Oliver beobachtete die Zwei am Anfang immer aber schnell war klar, dass die Besuche des jungen Malfoys Albus gut taten. Zwar gab es auch bei ihnen Themen, die sie nicht ansprechen durften aber das machte nichts, sie hatten genug andere Themen zum besprechen.

Auch Harry fand sich regelmäßig bei seinem Sohn ein, er hatte mittlerweile ein besseres Verhältnis zu ihm als jemals zuvor in seinem Leben. Nun, das war zumindest etwas, wovon seine Ex-Frau nicht reden konnte denn nachdem sie sich wiederholt über die Regeln hinweg gesetzt hatte, hatte Oliver eine Drei-Monats-Sperre über sie verhängt. Diese schloss Weihnachten, Silvester und die ersten zwei Monate des neuen Jahres mit ein, etwas, wogegen sie natürlich vorgehen wollte. Genau aus diesem Grund hatte sich Harry am ersten Dezembertag im Ministerium eingefunden, bei einer Tagung der Ethikkommission.
 

Mehr als gut gelaunt stieg Harry aus dem Kamin und fand sich im Dunkeln wieder. „Ähm, ok, hier sollte eigentlich jemand sein“, murmelte er leise während er den Zauberstab schwang und die magischen Lampen zum Leben erweckte. Doch das Bild blieb gleich, das Wohnzimmer war leer und ein rascher Rundgang durch die restlichen Räume zeigte ihm, dass er alleine war. Ein kurzer Blick zur Standuhr und seine Verwunderung wuchs. Es war halb acht am Abend und Severus war um diese Uhrzeit sonst immer hier. Ja, es hatte länger gedauert weil er Draco im Ministerium getroffen hatte aber diesmal hatte er eine Eule geschickt um Severus darüber zu informieren also wo war sein Freund?

„Fino?“

Ein Plopp und schon stand der Hauself vor ihm. „Was kann Fino für Master Potter tun?“

„Mir sagen wo sich Severus rumtreibt.“

„Master Snape ist im Raum für Tränke“, sagte Fino.

„Um diese Zeit? Wie lange ist er schon da unten?“, fragte Harry stirnrunzelnd.

„Master Snape hat das Abendessen im Raum für Tränke eingenommen.“

„Hat er Tränke genommen?“

„Nein, Fino hat sich an die Anweisung von Master Potter gehalten und Master Snape keine Tränke gegeben. Aber Master Snape kann die Tränke selber machen“, sagte Fino.

„Dann trete ich ihn in den Arsch. Danke Fino.“

Der Hauself nickte und verschwand während sich Harry auf den Weg in die Kerker machte, er musste wissen was Severus um diese Zeit da unten wollte.
 

Auf der Tür zum Tränkelabor lag ein Verriegelungszauber.

„Severus, ich bin es, lass mich rein“, rief Harry.

Er hätte den Zauber auch mit Gewalt brechen können aber das stellte für ihn einen Vertrauensbruch gegenüber Severus dar. Wenn er ihn wirklich nicht hier haben wollte, würde er wieder gehen. Doch die Tür glühte kurz auf und schon konnte er sie öffnen. Severus senkte gerade den Zauberstab und wandte sich wieder seinem Trank zu.

„Was machst du hier? Es ist halb Acht“, sagte Harry während er den Raum durchquerte und neben ihm stehen blieb.

„Ich nutze die freie Zeit um meinem Hobby nach zu gehen“, gab Severus krächzend zurück.

„Bin ich so anstrengend?“, fragte Harry grinsend.

„Ich habe nicht dich gemeint.“

„Was dann? So viel Freizeit kannst du doch heute gar nicht gehabt haben, ich bin nach dem Mittagessen gegangen und davor hast du deinen ganz normalen Job gemacht.“

„Danach aber nicht. Minerva war so freundlich meine Aufgaben für einen Nachmittag zu übernehmen also habe ich die Zeit genutzt um ein paar Tränke zu brauen“, erklärte Severus.

Es dauerte einen Moment bis Harry verstand und fragte, „du warst den ganzen Nachmittag hier unten?“

„Seit halb zwei.“

„Das sind über sechs Stunden.“

„Ist mir bewusst“, schnarrte Severus, der jetzt um den Tisch herum griff und etwas vor holte. Zu Harrys grenzenloser Überraschung stellte es sich als Gehstock heraus, der ihm erstaunlich bekannt vorkam. Dieses schwarze Holz mit dem silbernen Schlangenkopf, der Stock gehörte früher Lucius Malfoy, wobei der ihn nie wirklich zum gehen benötigt hatte.

„Wo hast du den her?“

„Kam vor ein paar Wochen mit einem sehr nervigen falsch lackierten Uhu“, knurrte Severus, der den Stock jetzt wirklich dazu nutzte um zu gehen.

Harry sah ihm einen Moment zu und meinte dann vorsichtig, „es scheint aber ganz gut zu funktionieren.“

Er erwartete einen Ausbruch doch Severus schnaubte nur und knurrte, „ich habe nie behauptet, dass es nicht funktioniert. Es ist nur so demütigend. Ich komme mir vor wie ein alter Mann.“

„Severus, auch wenn du das gerne ignorieren willst aber du wirst in sechs Wochen 65 Jahre alt also bist du nicht mehr der Jüngste“, warf Harry noch vorsichtiger ein.

Severus stockte mitten in der Bewegung und wandte ihm den Blick zu, Harry schluckte, dieser Blick würde ihn töten wenn er könnte.

„Okay, Themawechsel, wie kommst du mit dem Stock klar?“, fragte er schnell.

„Es geht.“

„Das klingt nicht überzeugend.“

„Das ist kein Gehstock, zumindest war er dafür nie gedacht. Man kann ihn dazu nutzen aber eigentlich war es ein Spielzeug eines adligen Reinblüter. Der Knauf liegt ungut in der Hand“, erklärte Severus.

„Aber es geht.“

„Ja, es geht.“

„Du könntest dich damit arrangieren“, schloss Harry schnell. Diesmal schwieg Severus aber die Art wie er den Blick abwandte, sagte Harry, dass er Recht hatte. Daher beschloss er das Thema vorläufig ruhen zu lassen und sah wieder zu den Kesseln, „Was braust du da eigentlich?“

„Einen Gifttrank.“

„Wofür?“

„Für den Unterricht, dem ich morgen beiwohnen werde. Siebte Klasse, Ravenclaw und Slytherin“, sagte Severus ruhig und ihn wieder ansehend. So entging ihm nicht wie Harrys Mund einfach aufklappte und kein Wort heraus kam.
 

Es dauerte eine Weile bis sich Harry gefangen hatte und fragte, „erklärst du es mir auch?“

„Was daran muss ich erklären?“, war die Gegenfrage.

„Alles.“

„Ich braue einen Gifttrank, den die Schüler morgen analysieren und auf dessen Grundlage ein Gegengift herstellen sollen. Und da ich wissen will wie sich der UTZ-Kurs macht, nehme ich am Unterricht teil“, erklärte Severus jetzt.

„Mit oder ohne Sprachtrank.“

„Kommt auf dich an.“

„Wieso auf mich?“

Jetzt grinste Severus und sagte, „du hast die Wahl. Entweder Sprachtrank und Gehstock oder Stärketrank und diese Parodie einer Stimme.“

„Also einen Trank willst du auf alle Fälle nehmen. Warum?“, fragte Harry, der in Gedanken schon durchging welcher Trank mehr Schaden anrichtete.

„Weil ich noch nicht bereit dazu bin alle meine Schwächen zu offenbaren“, gestand Severus.

„Was ist dir lieber?“

„Wenn ich jetzt etwas sage, gibst du mir den gegenteiligen Trank.“

„Ich bin der Meinung, dass du gar keinen Trank bekommen solltest aber ich gestehe dir den Sprachtrank zu“, grinste Harry.

„Warum den?“

„Weil du dich garantiert nicht zusammen reißen kannst und irgendeinen armen Schüler an maulen willst, also der Sprachtrank. Wie lange braucht dein Gifttrank noch?“

Ein rascher Blick auf den köchelnden Trank und die Aussage, „etwa zwei Stunden. Ich muss noch drei Zutaten hinein tun also kann ich nicht weg.“

„Das ist langweilig, ich geh nach oben. Du kommst dann hoch?“, fragte Harry während er sich schon zum Gehen wandte.

„Ich hatte nicht vor hier zu schlafen. Natürlich komme ich hoch.“

„Dann bis nachher.“

Severus nickte nur und kaum, dass Harry die Tür hinter sich zugezogen hatte, versiegelte er sie wieder. Er wollte nicht hinterrücks überrascht werden.
 

Das Wohnzimmer war leer doch die Schlafzimmertür stand ein Stück offen und das flackernde Licht von Kerzen war zu sehen. Severus schnalzte missbilligend mit der Zunge, es war nicht gesund bei Kerzenlicht zu lesen aber Harry mochte es mehr als das gleichmäßige Licht der magischen Lampen. Während er das Wohnzimmer durchquerte, kam ihm kurz der Gedanke, dass jeder Andere wohl als Erstes an eine romantische Überraschung gedacht hätte. Doch der Gedanke war ihm gar nicht gekommen denn Harry wusste ganz genau, was er davon hielt und außerdem konnte er sich nach einem halben Tag im Tränkelabor kaum noch auf den Beinen halten.

„Und, ist der Trank fertig?“, fragte Harry lächelnd.

„Natürlich. Sonst wäre ich nicht hier. Ich geh nur duschen“, sagte Severus, „und du räumst das Bett frei.“

Mit einem schiefen Grinsen sah Harry auf das Chaos, welches er auf dem Bett angerichtet hatte und nickte, Severus verschwand schon ins Bad.
 

Frisch geduscht und wie immer nur in Boxershorts kam er schließlich eine halbe Stunde später, immer noch schwer auf den Stock gestützt. „Du kommst damit besser klar, oder?“, fragte Harry, „es hat also doch seine Vorteile.“

„Ich habe nie gesagt, dass es keine Vorteile hat. Es ist nur demütigend“, gab Severus zurück während er sich aufs Bett setzte und den Stock an den Nachttisch lehnte. Er warf ihm noch einen vernichtenden Blick zu, murrte aber dann leise und glitt in die angebotene Umarmung von Harry unter die Decke.

„So, und jetzt will ich genau wissen was das mit dem Unterricht morgen auf sich hat. Darfst du überhaupt wieder unterrichten? Jetzt erzähl mir nicht, dass du nur zugucken willst, das schaffst du gar nicht. Was sagt der Schulbeirat dazu? Wird es keine Probleme mit den Eltern geben?“, fragte Harry, „was ist wenn ein Schüler irgendwelche sexuellen Anspielungen macht?“

„Ich war gestern im Ministerium und habe mich wieder als Fachlehrer eintragen lassen. Der Schulbeirat ist informiert und hat mir einen Überwachungsstein gegeben. Der wird im Zaubertränkeklassenzimmer angebracht und nimmt den kompletten Unterricht auf. Sollte es zu irgendwelchen Anschuldigungen kommen, kann ich jedes Wort und jede Tat beweisen. Zusätzlich zu der Aussage von Professor Barnett“, erklärte Severus.

„Hm, Strafarbeiten? Da wird Professor Barnett nicht immer anwesend sein, oder?“

„Werden auch im Zaubertränkeklassenzimmer stattfinden und aufgezeichnet, außerdem wirst du mir dabei Gesellschaft leisten.“

„Wieso ich?“, fragte Harry überrascht.

„Weil ich nicht einsehe den Abend alleine mit einem nervigen Schüler zu verbringen und dabei auf meinen Freund zu verzichten. Außerdem kannst du dann jedes Wort bezeugen und wer würde wohl etwas gegen den Bezwinger Voldemorts sagen.“

„Also bist du nur auf meinen Ruf aus.“

„Natürlich, zu irgendetwas muss er ja gut sein“, gab Severus zurück.

Harry sah zwar sein Grinsen nicht, konnte es sich aber gut vorstellen. „Also hast du dich nach allen Seiten abgesichert.“

„Natürlich. Ich habe sogar alles per Eule zu Shacklebolt geschickt.“

„Du gehst wirklich auf Nummer sicher“, stellte Harry etwas überrascht fest.

„Hm. Lass uns schlafen, der Tag war lang und anstrengend.“

„Gute Nacht, Severus.“

Es kam nur ein leises Gemurmel zurück und wenige Momente später war Severus schon eingeschlafen. Stirnrunzelnd sah Harry auf den schwarzen Haarschopf, er war etwas zwiegespalten bei der Sache. Er konnte nur hoffen, dass sich Severus in seiner Sache sicher war denn sonst würden sie nur Probleme damit bekommen. Aber er wollte Severus auch nicht rein reden, er war ja froh, dass er sich überhaupt aus seinem Schneckenhaus traute und da wollte er ihn nicht gleich wieder bremsen. Er löschte die Kerzen mit einem Wink und machte es sich bequem, er konnte wirklich nur hoffen, dass es gut ging.
 

Als Severus am nächsten Morgen die Große Halle betrat, verstummten die Gespräche und so hallte das hölzerne Klack des Gehstockes unnatürlich laut in dem Raum wieder. Keiner wagte etwas zu sagen, es gab nicht das kleinste Getuschel während er die Halle durchquerte. Minerva runzelte nur die Stirn, warum nahm Severus den langen Weg durch die komplette Halle und nicht den kurzen Weg durch den Lehrereingang? Sein Gesichtsausdruck war genauso ausdruckslos wie immer, nichts deutete darauf hin, dass ihm dieser Auftritt irgendwie unangenehm war doch Minerva wusste es besser. Und wieder einmal musste sie Harry in Gedanken ihren Respekt aussprechen, nie hätte sie geglaubt, dass sie dieses Bild jemals sah. Severus hatte seinen Platz inzwischen erreicht, setzte sich und begann ohne großes Theater mit essen.

„Guten Morgen, Severus“, sagte Minerva leise.

„Guten Morgen“, kam sofort zurück, mit seiner normalen Stimme.

„Ist bei dir alles in Ordnung?“, fragte die Hexe weiter.

„Natürlich, was soll nicht in Ordnung sein?“, war die Gegenfrage. Noch immer sah er sie nicht an und Minerva wusste genau warum nicht.

„Nicht weiter wichtig. Bleibt es heute Nachmittag dabei?“

„Ja.“

Damit ließ die Hexe das Thema auf sich beruhen und wandte sich auch ihrem Frühstück zu, ihr fiel allerdings auf, dass die Schüler wesentlich leiser waren als sonst.
 

Die Schüler der siebten Klasse, die an diesem Morgen Zaubertränke hatten, bekamen einen noch größeren Schock als sie ihren Klassenraum betraten und dort neben ihrer Zaubertränkelehrerin auch den Schulleiter vorfanden. Lautes Gemurmel setzte ein, verwirrte Blicke wurden getauscht.

„Es wäre sinnvoller wenn Sie das sinnlose Gefrage einstellen und sich an ihre Plätze begeben, wir haben heute noch etwas Besseres vor als dumm in der Gegend rum zu stehen“, schnarrte Severus plötzlich in einer Tonlage, die Wasser zum gefrieren gebracht hätte. Wie immer verfehlte sie ihre Wirkung nicht, die Schüler huschten so schnell sie konnten zu ihren Plätzen und setzten sich. Jetzt erst fielen ihnen die Phiolen auf, die auf den Tischen in einer Halterung standen. Ein Ravenclaw streckte die Hand danach aus und sofort ertönte wieder Severus' Stimme.

„Zehn Punkte Abzug für Ravenclaw.“

„Aber wieso?“, fuhr der Schüler ihn an.

„Weitere zehn Punkte Abzug. Möchten Sie so weiter machen oder können wir mit dem Unterricht anfangen?“, fragte Severus, der vor der Klasse stand und sich schwer auf seinen Stock stützte.

„Aber wieso bekomme ich Punkte abgezogen? Ich habe nichts falsch gemacht.“

„Weitere zehn Punkte Abzug für Ravenclaw. Mr. Scotts, ich kann so den ganzen Vormittag weiter machen und ich führe für Sie auch gerne noch Minuspunkte ein. Also entweder Sie halten jetzt den Mund und lassen mich mit dem Unterricht beginnen oder ich lasse mir ein drastischeres Mittel einfallen um Sie zum Schweigen zu bringen“, schnarrte Severus.

Der Banknachbar des Ravenclaws flüsterte leise, „Mensch, halt die Klappe sonst haben wir gar keine Punkte mehr.“

Doch der junge Zauberer schüttelte den Kopf und sagte, „das sehe ich nicht ein. Ich habe nichts gemacht und bekomme Punkte abgezogen. Sie sind nicht mal unser Lehrer, wieso sollte ich auf Sie hören? Haben Sie überhaupt die Qualifikation um Zaubertränke zu unterrichten?“

Severus hob eine Augenbraue und schnarrte, „Zehn Punkte Abzug von Ravenclaw und Sie dürfen sich heute Abend um 20 Uhr bei mir zur Strafarbeit einfinden.“

„Und meine Fragen? Können Sie nicht mal was beantworten?“, fragte William Scotts wütend.

„Zehn Punkte Abzug von Ravenclaw und morgen dürfen Sie sich auch zur Strafarbeit einfinden.“

„William, halt endlich die Schnauze“, fuhr eine Hexe ihn an, genau wie die restlichen Ravenclaws. Sie hatten in nicht einmal fünf Minuten fünfzig Punkte verloren und ihr Schulleiter sah nicht so aus als würde er in dieser Sache mit sich reden lassen. Das schien auch William jetzt einzusehen denn endlich schwieg er.

„Gut, da diese Diskussion damit beendet ist, können wir ja mit dem Unterricht anfangen. Sie sind hier weil Sie einen UTZ in Zaubertränke erwerben wollen und Ihr Wissen können Sie heute unter Beweis stellen. In den Phiolen vor Ihnen befindet sich ein Gifttrank, den Sie in keinem Ihrer Bücher finden werden. Der Trank ist extrem stark und da man nicht garantieren kann, dass sich an der Außenseite der Phiolen noch Reste davon befinden, werden Sie diese Phiolen nur mit Handschuhen anfassen. Andernfalls könnten Sie schwere Vergiftungen davon ziehen. Wer also eine Phiole unbekannter Herkunft einfach anfassen will, hat nicht nur den Verlust von Punkten zu riskieren sondern auch seine Gesundheit oder sein Leben“, erklärte Severus und er sah, dass es bei einigen Schülern langsam dämmerte.

Hände wurden von den Tischen gezogen, Stühle wurden etwas weiter weg gerückt doch keiner sagte etwas. Mit einem Zauberstabwink ließ Severus den Stapel mit Handschuhen hinter sich schweben und verteilte sie, keiner machte Anstalten danach zu greifen. Ein weiterer Wink ließ Schrift auf der Tafel hinter ihm erscheinen.

„Ihre Aufgabe für die folgenden zwei Doppelstunde ist es, diesen Gifttrank in seine Bestandteile zu zerlegen und ein Gegengift herzustellen. Die Sicherheitsvorkehrungen schreiben Sie vorher von der Tafel ab und halten sich auch daran. Professor Barnett und ich werden dafür sorgen, dass sich alle daran halten und ich möchte Sie warnen, es gib in ganz Hogwarts kein Gegengift zu dem Trank, der sich vor Ihnen befindet. Also würde ich vorschlagen, dass Sie sehr umsichtig mit dem Umgang sind“, schlug Severus vor.

Ein Slytherin hob den Arm und als Severus ihn fragend ansah, fragte er, „wenn es in Hogwarts kein Gegengift gibt, wo kommt dieser Trank dann her?“

„Ich habe ihn hergestellt“, gab Severus zur Antwort, „daher weiß ich um seine Giftigkeit.“

„Also könne Sie auch das Gegengift herstellen“, sagte der Slytherin.

„Kann ich, ja. Aber das dauert länger als Sie Zeit haben, im Falle einer Vergiftung. Daher rate ich zu äußerster Achtsamkeit.“

„Das ist lebensgefährlich, wie können Sie so etwas zulassen? Das würde der Schulbeirat niemals zulassen“, rief William dazwischen.

„Zehn Punkte Abzug von Ravenclaw und ein weiterer Abend in meiner Gesellschaft bei der Strafarbeit. Mr. Scotts, überlassen Sie den Schulbeirat bitte mir und konzentrieren Sie sich auf Ihre Aufgabe“, schnarrte Severus völlig unbeeindruckt.

„Aber das ist Wahnsinn. Solch ein Trank kommt bei keiner Prüfung vor, warum sollten wir uns damit abmühen? Das ist lebensgefährlich und sinnlos. Vor allem wenn Sie keine Qualifikationen haben, Sie könnten uns alle umbringen“, schrie William weiter.

„So, Sie wollen nicht hören. Weitere vierzig Punkte Abzug von Ravenclaw und Sie werden den Unterricht sofort verlassen. Sie sollten sich in Zukunft über Ihre Gesprächspartner informieren bevor Sie mit unwahren Dingen um sich werfen. Sie schreiben mir einen Aufsatz über zwei Ellen über die Person Severus Snape. Sollten Sie sich weder zu den Strafarbeiten einfinden noch den Aufsatz schreiben, werden Sie aus dem UTZ-Kurs geworfen“, erklärte Severus gefährlich leise während er sich langsam auf ihn zu bewegte.

Er hatte seine frühere Eleganz verloren, er hatte die Stärke seiner Bewegung verloren und er war auf einen Gehstock angewiesen aber er hatte eines nicht verloren, seine Ausstrahlung. Dem Ravenclaw wurde die Situation jetzt wirklich bewusst, er wurde auf seinem Stuhl sehr klein und wollte zur Erwiderung ansetzen als ihm Severus dazwischen fuhr.

„Für jedes weitere Wort ziehe ich Ihnen fünf weitere Punkte ab. Sie packen Ihre Sachen und gehen. Den Aufsatz dürfen Sie zum letzten Nachsitzen in zwei Tagen mitbringen und jetzt gehen Sie mir aus den Augen.“

Kein Wort verließ die Lippen des Schüler während er seine Sachen so schnell wie möglich zusammen packte und den Raum noch schneller verließ. Der enorme Punktabzug würde ihm noch Probleme in seinem Haus einbringen.

Severus wartete nicht bis der Schüler den Raum verlassen hatte sondern fuhr einfach fort, „um Ihre Ängste zu zerstreuen was meine Qualifikationen angeht. Ich bin Zaubertränkemeister des ersten Grades mit einem Meistertitel aus Salem und Paris. Ich habe schon Zaubertränke unterrichten als Sie noch nicht einmal geboren waren und ich kann Ihnen versichern, wenn Sie sich an die Sicherheitsvorkehrungen halten, kann Ihnen nichts passieren.“

Er sah den geschockten Blick des rausgeworfenen Schülers nicht denn er hatte ihm den Rücken zugedreht. Doch die restlichen Schüler schwiegen jetzt wirklich, das hatten sie nicht gewusst. Allgemein war nicht viel über den Schulleiter bekannt.

„Dann dürfen Sie jetzt anfangen. Wenn Sie Fragen haben, fragen Sie.“

Fast sofort wurden Federn gezückt und schnell ertönte das Kratzen auf Pergament.
 

Wie ein dunkler Schatten wanderte Severus durch den Raum, nicht wie früher mit wehenden Roben sondern jetzt begleitet von dem hölzernen Klack des Gehstocks. Er musste allerdings feststellen, dass die Reaktion darauf auch interessant war, einige Schüler zuckte im Klang des Stockes zusammen. Innerlich grinste er, wenn er seinen alten Ruf als Zaubertränkelehrer wieder hatte, würden alle Schüler im Klang zusammen zucken. Gut, das war beim Zubereiten der Tränke etwas hinderlich aber daran konnte man arbeiten. Als er sah, dass alle Schüler die Sicherheitsvorkehrungen ordnungsgemäß und vor allem leserlich abschrieben, begab er sich nach vorne zum Lehrertisch wo Grace Barnett auf ihn wartete.
 

„War das nicht etwas hart?“, fragte Grace leise.

„Was davon?“

„Alles?“

„Nein. Eine unbekannte Phiole anzufassen, ist reine Dummheit und das sollte volljährige Zauberer auch wissen. Ich diskutiere nicht über meine Punkteverteilung. Das habe ich früher nicht gemacht und ich werde jetzt nicht damit anfangen“, schnarrte Severus leise.

„Bist du sicher, dass das rechtens ist?“, fragte Grace wobei ihr das Du etwas schwer über die Lippen kam. Bis vor zwei Tagen hatte sie den Schulleiter gesiezt, erst als er ihr von dieser Stunde erzählt hatte, kam das Du dazu. Severus nickte und deutete mit einer Kopfbewegung auf einen unscheinbaren Edelstein, der an der Decke befestigt war.

„Das Ministerium kann jede Sekunde der Stunde nachvollziehen, ich halte mich peinlichst genau an die Regeln und die Punkteverteilung obliegt den jeweiligen Fachlehrern. Ich bin seit gestern wieder als Fachlehrer gemeldet also ist alles rechtens.“

„Was ist mit den Strafarbeiten? Da könnte es Probleme geben.“

„Welche?“

Grace druckste etwas rum, atmete tief durch und sagte dann, „der Schüler könnte ungute Gerüchte in Umlauf bringen. Oder willst du den Überwachungsstein auch in deinen Räumen anwenden? Oder finden die Strafarbeiten hier statt?“

Severus grinste kalt, er bewunderte ihren Mut und meinte, „die Strafarbeiten finden hier statt und ich werde nicht alleine mit dem Schüler sein. Mein Lebensgefährte wird mir Gesellschaft leisten.“

Jetzt erwiderte Grace das Grinsen, es gab wohl keinen besseren Leumund als den berühmten Harry Potter.

„Professor?“, ertönte die Stimme eines Schüler plötzlich. Beide drehten sich rum und Severus musste feststellen, dass alle Schüler fertig mit abschreiben waren.

„Dürfen wir anfangen?“, fragte ein Ravenclaw.

„Ja, dürfen Sie“, sagte Grace.

Jetzt erst begannen die Schüler mit den Arbeiten und Grace und Severus stellten ihr Gespräch ein und verteilten sich im Raum. Bei der Giftigkeit des Trankes hatte Severus nicht übertrieben, nur bei der Tatsache, dass das Gift nur wirkte wenn man es in den Körper bekam. Reiner Kontakt war völlig harmlos aber das mussten die Schüler ja nicht wissen, es würde nur ihre Aufmerksamkeit ablenken.
 

Der Gong ertönte und beendete damit den Vormittagsunterricht doch keiner der Schüler im Zaubertränkeklassenzimmer erhob sich oder machte auch nur Anstalten seine Sachen einzupacken. Sie alle rätselten an der letzten Zutat des Gifttrankes. Severus war beeindruckt von der Klasse.

„Wollen Sie nicht zum Mittagessen gehen?“, fragte er in die Klasse rein.

Die Schüler sahen ihn an, Enttäuschung war in vielen Gesichtern zu sehen und ein Slytherin sagte schließlich, was wohl alle dachten, „mir fehlt die letzte Zutat. Wie soll ich einen Gegentrank zu einem Trank herstellen wenn mir eine Zutat fehlt?“

„Gar nicht“, war die Antwort von Grace.

„Aber das war die Aufgabe.“

„Die Sie nie bewältigen konnten“, warf Severus ein.

„Wieso nicht?“

„Weil Sie die fehlende Zutat weder kennen noch jemals in die Hände bekommen werden. Das Tier, von dem das Grundgift stammt, ist tot und es gab nur ein Exemplar“, erklärte Severus, „die Aufgabe war von vorne herein nicht zu erfüllen, es ging lediglich um die Art und Weise wie Sie damit umgehen.“

„Von welchem Tier stammt das Gift?“, fragte eine Ravenclawhexe.

„Wer das herausfindet, bekommt fünfzig Punkte für sein Haus. Jetzt räumen Sie ihren Platz auf und gehen Sie zum Mittagessen, Sie haben heute schließlich noch anderen Unterricht“, sagte Severus ernst.

Sofort kam Bewegung in die Schüler, ruhig aber ordentlich räumten sie die Sachen weg. Als sie den Raum verließen, verabschiedete sich jeder einzeln von den zwei Lehrern. Die anfängliche Skepsis über ihren Schulleiter war zwar nicht komplett verschwunden aber sie hatten zumindest festgestellt, dass er seinen Unterricht durchaus ernst meinte. Es war der Anfang für neue Gerüchte.

Kapitel 41

„Severus, was hast du gemacht?“, fragte Harry trocken als die schwarze Ministeriumseule zum Abendessen zum Fenster hinein segelte und auf dem Tisch landete.

„Ravenclaw hundert Punkte abgezogen, drei Abende Strafarbeit verhängt, einen Aufsatz in Arbeit gegeben und einen Schüler aus dem Unterricht geworfen“, gab Severus bereitwillig Auskunft, „wir haben im übrigen um 20 Uhr einen Termin zur Strafarbeit.“

„Bei einem einzigen Schüler?“

„Ja.“

„Aha“, murmelte Harry während er der Eule den Brief abnahm und sie wieder weg schickte. Er öffnete den Brief und las ihn während Severus völlig unbeeindruckt weiter aß, er hatte nicht vor sich sein Abendessen verderben zu lassen. „Das ist eine Klage gegen dich von einem Ehepaar Scotts. Es geht um Mobbing ihres Sohnes, ungerechtfertigter Punktabzug und völlig ungerechtfertigter Ausschluss vom Unterricht“, sagte Harry irgendwann, „zudem protestieren sie gegen die Strafarbeiten.“

„Dann sollten sie schnell sein, ihr Sohn hat sich in zwei Stunden bei mir einzufinden.“

„Wird er nicht. Sie kündigen hier an, dass er nicht zu den Strafarbeiten kommen wird weil sie es ungerechtfertigt finden“, sagte Harry.

Jetzt streckte Severus eine Hand aus und las die Klageschrift selber durch.

„Und?“

„Sie haben einige Fehler gemacht“, sagte Severus bevor er sich erhob und zum Fenster ging. Dort ließ er mit dem Zauberstab eine bestimmte Melodie ertönen.

„Pergament und Feder?“, fragte Harry. Als sich Severus umdrehte, grinste er breit und Harry erhob sich um das Benötigte schnell zu holen.
 

Als er den Raum wieder betrat, saßen zwei Eulen auf dem Tisch, seine eigene Zwergohreule Aridia und die Schneeeule von Severus, sein Freund selber saß auf seinem Platz und hatte scheinbar zu ende gegessen. Aridia schuhute ihn fröhlich an während die Schneeeule nur ein arrogantes Schnabelklappern für ihn übrig hatte.

„Weißt du eigentlich, dass diese Eule extrem eingebildet ist?“, fragte Harry während er einige Bogen Pergament und eine Feder samt Tintenfass vor Severus stellte.

„Natürlich, deswegen heißt er ja auch Lucius.“

„Du hast ihn nach Malfoy Senior benannt? Wusste er das?“

„Ja.“

„An wen willst du schreiben?“, fragte Harry weiter.

„Lucius fliegt erst zu den Scotts und dann zu Shacklebolt, jeweils derselbe Brief. Aridia fliegt direkt zum Schulbeirat“, erklärte Severus während er schon begann zu schreiben.

„Kann ich dir helfen?“

„Nein, oder doch ja, geh bitte um kurz vor 20 Uhr runter ins Zaubertränkeklassenzimmer und sieh nach ob der Kerl sich wirklich traut nicht zur Strafarbeit zu erscheinen.“

„Kann ich gerne machen. Sonst noch was?“

„Ruhe.“

Harry nickte nur, das war eindeutig also holte er seine eigenen Bücher und lernte weiter, er hatte ja noch Zeit bis 20 Uhr.
 

Kingsley Shacklebolt sah überrascht auf als es an seinem Fenster klopfte und er eine weiße Schneeeule davor sah. Es kam extrem selten vor, dass er eine Eule zu seiner Privatadresse bekam aber leider kannte er den Besitzer der Eule und wenn er ehrlich zu sich selber war, hatte er schon mit Post gerechnet. Er erhob sich und lies den Eulerich hinein, „guten Abend, Lucius, schön dich zu sehen.“

Er hatte gelernt, dass dieser Vogel genauso viel Wert auf Höflichkeit legte wie sein Namensgeber und sein Besitzer. Lucius flatterte auf seinen ausgestreckten Arm und ließ sich den Brief ohne Probleme abnehmen.

„Sollst du auf eine Antwort warten?“, fragte Kingsley höflich.

Als das Tier nickte, schloss Kingsley das Fenster und trug den Eulerich zu einer Sitzstange, die er genau für solche Fälle in seinem Büro angebracht hatte. Die Näpfe füllten sich automatisch mit Wasser und kleinen Fleischstücken.

„Bedien dich bitte“, sagte Kingsley und nein, es kam ihm nicht seltsam vor so mit einer Eule zu reden.

Die magischen Zauberereulen waren weit intelligenter als die normalen Muggeleulen. Sie verstanden teilweise jedes Wort und er war der Meinung, dass sie mit dem entsprechenden Respekt behandelt werden sollten. Er hatte auch noch nie Probleme mit irgendeiner Eule gehabt, nicht mal mit diesem Schneeeulenmännchen, was so gar nicht zu seinem Besitzer passte. Doch seine Gedanken wurden eigentlich sofort auf den Brief in seinen Händen gezogen, er ahnte, was darin stand. Dennoch öffnete er ihn erst als er an seinem Schreibtisch saß und ihn in Ruhe lesen konnte. Seine böse Ahnung wurde schnell bestätigt.
 

„Kommst du mit ins Bett?“, fragte Harry als sich die Zeiger der Uhr langsam auf Mitternacht zubewegten.

„Nein, ich muss noch auf den Brief von Shacklebolt warten.“

„Glaubst du wirklich, dass er noch schreibt?“ Harry gähnte und lehnte sich an ihn, sie hatten es sich auf dem Sofa bequem gemacht.

„Wird er. Ich brauche seine Unterschrift und zwar so schnell wie möglich“, gab Severus zurück während er einen Arm um ihn legte und ihn näher an sich zog. Er war eigentlich furchtbar müde aber wenn er den Respekt der Schüler haben wollte, durfte er nicht nachgeben, und schon gar nicht am Anfang seiner neuen Lehrerkarriere.

„Ist mit Professor Barnett eigentlich alles geklärt? Und mit Minerva?“, fragte Harry, der jetzt einfach die Beine aufs Sofa zog um es sich wirklich bequem zu machen.

„Alles geklärt, auch mit dem Schulbeirat. Ab Januar unterrichte ich die UTZ-Kurse in Zaubertränke, Grace übernimmt die unteren fünf Klassen in Zaubertränke. Die Schulleiterposition wird von Minerva und mir als Doppelbesetzung übers restliche Jahr gebracht. Ab nächstes Schuljahr wird Minerva komplett Schulleiterin und für Verwandlung wird ein neuer Lehrer eingestellt“, erklärte Severus.

„Wieso erst am nächstes Jahr?“

„Weil wir die Sachen nicht überstürzen wollen und weil es etwas dauert um einen geeigneten Verwandlungslehrer zu finden. Minerva muss in den Posten eingearbeitet werden.“

„Was ist mit dem Posten als Hauslehrer von Slytherin?“

„Ist noch unklar wann ich den übernehme, je nachdem wie sehr ich die Schüler ärgern will“, sagte Severus grinsend.

„Also ab Januar.“

„Wahrscheinlich.“

„Und der Schüler, der heute nicht aufgetaucht ist?“, fragte Harry gähnend.

Ein Klacken am Fenster ließ Severus aufsehen, er öffnete das Fenster mit Hilfe des Zauberstabes und ließ seinen gefiederten Freund ein. Lucius landete auf der Sofalehne und streckte ihm das Bein entgegen. „Danke schön, Lucius“, sagte Severus während er den Brief nahm und schnell las und dann auf die Frage von Harry antwortete, „der Schüler fliegt aus dem UTZ-Kurs, hier ist die schriftliche Genehmigung.“

„Kann er Einspruch beim Schulbeirat einlegen?“, fragte Harry ohne sich zu bewegen. Er musste nicht lesen, was in dem Brief stand, Severus hatte ihm das Wichtigste ja bereits mitgeteilt.

„Kann er, wird nichts bringen. Ich bin eingetragener Fachlehrer, ich habe ihm eine Strafarbeit aufgegeben und gleich die Konsequenzen mitgeteilt. Er wusste, was ihn erwartet also muss er damit leben“, erwiderte Severus, der Lucius kurz durchs Gefieder strich und ihn dann weg schickte.

Das Tier schuhute nochmal und machte sich dann auf den Weg, direkt zum Fenster raus in die Dunkelheit.

„So, jetzt können wir ins Bett.“

Harry wurde hellhörig und sprang förmlich auf, „gut, dann ab ins Bett.“

Severus grinste nur, legte die Pergamente zur Seite und erhob sich langsam, musste sich aber sofort an der Lehne festhalten.

„Alles in Ordnung?“, fragte Harry, der schon neben ihm stand und ihm einen Arm um die Taille legte.

„Der Tag war sehr lang. Lass uns schlafen gehen“, sagte Severus. Er legte einen Arm um seine Schultern und stützte sich schwer auf ihn, sein Bein war schlicht und einfach taub. Der Stock war wirklich nicht zum Laufen gedacht, der Knauf lag einfach unbequem in der Hand. Irgendwann musste er sich wohl nach einem anderen Gehstock umsehen aber das schob er beiseite, dann würde er sich wirklich eingestehen müssen alt zu werden. Diese Tatsache wollte er noch so weit wie möglich in die Zukunft schieben.
 

Beim Frühstück am nächsten Morgen landete gleich zwei Eulen vor Severus auf der Lehrertafel, sein Lucius war noch in der Nacht zurückgekehrt und hatte ihm den benötigten Brief gebracht. Dennoch nahm er den Tieren ihre Last ab und las sie sich schnell durch.

„Alles in Ordnung?“, fragte Grace neben ihm, sie hatte mit Filius den Platz getauscht weil sie neugierig war ob das Fernbleiben von der Strafarbeit Konsequenzen für den Schüler hatte. Denn sie war am Abend am Zaubertränkeklassenzimmer vorbei gekommen aber außer einem sehr freundlichen Harry Potter hatte sie niemanden getroffen. Das musste eigentlich Konsequenzen haben.

„Ja. Grace, würdest du dem Schulbeirat deine Erinnerungen an die gestrigen Stunden zur Verfügung stellen wenn es zu einer Anklage kommt?“, fragte Severus.

„Natürlich. So schlimm?“

„Nein, nur als Vorsichtsmaßnahme. Danke Grace.“

Damit erhob sich Severus und begab sich an den Ravenclawtisch. Es wurde sehr schnell sehr ruhig in der Halle, alle Blicke wandten sich ihm zu.
 

„Mr. Scotts, kann es sein, dass Sie gestern Abend eine Verabredung vergessen haben?“, schnarrte Severus als er am Tisch angekommen war.

„Meine Eltern haben mir gesagt, dass die Strafarbeit ungerechtfertigt waren und ich nicht daran teilnehmen muss“, gab William zurück.

„Ihre Eltern sind Mitglieder des Schulbeirates?“

„Nein.“

„Dann sind Ihre Eltern Lehrer in Hogwarts?“, fragte Severus weiter.

„Nein.“

„Woher nehmen Ihre Eltern dann die Qualifikation um zu entscheiden ob eine Strafarbeit gerechtfertigt ist oder nicht?“

„Sie sind kein Fachlehrer und nur Fachlehrer dürfen Strafarbeiten verhängen“, fuhr William ihn an.

„Sie sollten die Regeln von Hogwarts erneut studieren denn es ist sowohl den Fachlehrern wie auch der Schulleitung möglich Punkte zu verteilen und abzuziehen und Strafarbeiten zu verhängen. Aber Sie werden in Zukunft wesentlich mehr Zeit für solche Art der Studien haben“, sagte Severus bevor er sehr ernst wurde, „scheinbar haben Sie mich gestern nicht richtig verstanden aber das schützt Sie nicht vor der Strafe. Sie haben sich nicht zu den angesetzten Strafarbeiten eingefunden also schließe ich Sie hiermit vom UTZ-Kurs Zaubertränke aus. Sie dürfen nachträglich einen anderen Kurs wählen aber Zaubertränke werden Sie nicht wieder belegen.“

„Das ist nicht rechtens, das können Sie nicht machen“, keuchte William doch er war sehr blass geworden.

„Hier ist das Ausschlussdokument, vom Minister Shacklebolt unterzeichnet“, sagte Severus während er ihm das Pergament auf den Tisch legte, die Gesichtsfarbe des Ravenclaw wurde noch blasser.

„Aber ich brauche den UTZ in Zaubertränke“, flüsterte er.

„Das ist nicht mein Problem. Mr. Scotts, wenn Sie nicht gestern feige zu Ihren Eltern gerannt wären sondern sich Ihrer Strafarbeit gestellt hätten, hätten Sie dieses Problem jetzt nicht. Sie können natürlich Beschwerde einreichen, der Schulbeirat wurde bereits gestern informiert und ich darf Sie darüber informieren, dass der Verlauf der gestrigen Stunden bereits per Überwachungsstein im Ministerium ist. Eine Falschaussage über mein Verhalten oder mein Vorgehen wird eine Gegenklage nach sich ziehen“, erklärte Severus ruhig aber ernst.

„Ich brauche den UTZ. Wirklich.“

„Das hätten Sie sich früher überlegen müssen.“

„Meine Eltern werden es nicht zulassen“, sagte William doch er klang nicht wirklich zuversichtlich.

„Wollen Sie sich Ihr Leben lang hinter Ihren Eltern verstecken? Sie sind achtzehn Jahre alt, nach den Gesetzen der Zauberer volljährig also benehmen Sie sich auch so“, schnarrte Severus bevor er sich von dem Tisch abwandte und zu dem Rednerpult mit der goldenen Eule ging.

Sie schrie leise, schlug mit den Flügeln und breitete sie dann aus.

Dann erst erhob Severus die Stimme, „ich möchte hier gleich noch eine Ankündigung machen. Mit Beginn des zweiten Trimesters dieses Schuljahres, also nach den Weihnachtsferien werden die UTZ-Kurse in Zaubertränke nicht länger von Professor Barnett unterrichtet sondern von mir. Wer sich darüber beschweren will, kann das gerne tun aber es wird nichts ändern, es ist sowohl vom Zaubereiminister wie auch vom Schulbeirat abgesegnet. Genauso wenig werden Beschwerden über meine Art des Unterrichts, meine Punktevergabe oder meine Strafarbeiten etwas bringen, jede Stunde wird mittels eines Überwachungssteines aufgezeichnet und kann dementsprechend nachvollzogen werden. Wer sich also wie ein Kleinkind aufführen will und zu seinen Eltern rennen möchte, dem steht dieser Weg frei. Oder Sie benehmen sich wie Erwachsene und lernen etwas für Ihr Leben. Hat noch jemand Fragen?“

„Sind Sie überhaupt Fachlehrer im Fach Zaubertränke?“, kam vom Gryffindortisch.

„Ja. Ich bin Zaubertränkemeister des ersten Grades, Abschluss in Salem und Paris. Ich habe vor dem zweiten Krieg gegen den dunklen Lord an dieser Schule Zaubertränke unterrichtet und habe mich vor zwei Tagen wieder als Fachlehrer eintragen lassen“, gab Severus zur Auskunft.

„Legen Sie Ihren Posten als Schulleiter ab?“, fragte eine Hexe vom Hufflepufftisch.

„Noch nicht. Bis zum Ende dieses Schuljahres werden Professor McGonagall und ich den Posten der Schulleitung zusammen übernehmen.“

„Bleibt Professor Barnett die Hauslehrerin von Slytherin?“, kam die Frage vom Schlangentisch.

„Nein, dieses Amt werde ich mit Beginn des zweiten Trimesters übernehmen“, antwortete Severus, nur um sofort unterbrochen zu werden, „das dürfen Sie gar nicht.“

Sein Blick ging zum Ravenclawtisch, wo ein Schüler aufgesprungen war und ihn an funkelte.

„Wieso sollte ich das nicht dürfen?“, fragte Severus.

„Sie haben sich an einem Schüler vergriffen, Sie dürfen gar kein Hauslehrer mehr sein“, behauptete der Schüler.

„Sie sollten sich Ihre Informationen nicht aus der Klatschkolumne des Hexenwoche besorgen“, schnarrte Severus unbeeindruckt, „wenn Sie gegen meine Lehrerschaft Einwände erheben wollen, dann können Sie das gerne tun. Aber ich würde ihnen raten diese haltlosen Anschuldigungen nicht länger auszusprechen.“

„Was sollte mich davon abhalten? Ich habe keinen UTZ-Kurs in Zaubertränke“, sagte der Schüler siegesgewiss, „Sie können mir nichts anhaben.“

„Sollte ich nochmal hören, dass Sie diese Anschuldigungen gegen mich nochmal aussprechen, verklage ich Sie einfach. Verleumdung und falsche Anschuldigung.“

„Das dürfen Sie nicht.“

„Was darf ich denn noch alles nicht?“, fragte Severus amüsiert.

„Ich bin Ihr Schüler, Sie dürfen mich nicht verklagen.“

„Sie sollten wirklich andere Informationsquellen als die Hexenwoche nutzen. Ich habe bereits einen Schüler verklagt, was also sollte mich davon abhalten das nochmal zu machen?“, sagte Severus schmunzelnd bevor er sehr ernst wurde und sich an die komplette Schülerschaft wandte.

„Ich sage es jetzt einmal und danach nie wieder. Sämtliche Anklagepunkte, die letztes Jahr gegen mich erhoben wurden, wurden von einem vollen Zaubergamot als falsch eingestuft. Eine Befragung sämtlicher Beteiligten unter Veritaserum hat meine volle Unschuld bewiesen und daher wurde ich vom Zaubergamot und vom Zaubereiminister als unschuldig entlastet und entlassen. Sollte auch nur ein einziger Schüler weiter solch eine falsche Anschuldigung vorbringen, kann ich ihnen versichern, dass wir uns vor dem Zaubergamot wiedersehen. Ich werde jeden verklagen, der es wagt unwahre Behauptungen über meine Person anzustellen und ich werde mit jeder Anklage an die Presse gehen. Was glauben Sie, wie groß Ihre Chancen in der Arbeitswelt sind wenn bekannt wird, dass Sie wegen Verleumdung und falscher Anschuldigung schuldig gesprochen werden? Ich kann Ihnen garantieren, dass Sie verurteilt werden denn jede Anschuldigung in diese Richtung sind schlicht und einfach falsch. Auch wenn es niemanden etwas angeht aber ich befinde mich in einer glücklichen Beziehung und habe nicht das geringste Interesse an irgendeinem Schüler oder einer Schülerin. Weder Sie noch Ihre Eltern werden es verhindern, dass ich wieder als Fachlehrer und als Hauslehrer arbeite also würde ich vorschlagen, dass Sie sich mit dem Gedanken anfreunden. Jetzt sollten Sie in den Unterricht gehen.“

Damit wandte er sich um und wollte gehen doch scheinbar hatte es für manche Schüler nicht gereicht denn es erklang wieder die Stimme des Ravenclaws, „als ob der große Harry Potter wirklich mit Ihnen zusammen wäre. Das ist eine riesige Lüge.“

Severus stoppte, sah ihn über die Schulter hinweg an und schnarrte, „ich werde es ihm zum Abendessen sagen. Jetzt gehen Sie in den Unterricht oder wollen Sie sich an Mr. Scotts ein Beispiel nehmen was die Punktezuweisung für Ihr Haus angeht?“

Jetzt schwieg der junge Zauberer, es hatte alle Ravenclaws am vergangenen Tag geschockt als sie das Stundenglas in der Eingangshalle gesehen hatten. Man verlor nicht jeden Tag gleich einhundert Punkte.

„Gut, da das jetzt geklärt wäre, gehen alle Schüler in den Unterricht“, sagte Severus bevor er sich komplett umwandte und den Raum durch die Lehrertür verließ. Er war sich absolut sicher, dass seine Ankündigungen noch für sehr viel Wind sorgen würden.
 

Wie Recht er hatte, musste er noch am selben Nachmittag feststellen denn er bekam unangekündigten Besuch. „Was willst du hier?“, fragte Severus als der Kamin grün aufflammte und Harry den Raum betrat.

„Kingsley beschützen“, war die durchaus ernste Antwort während er beiseite trat und Kingsley den Kamin verließ.

Eine Phiole tauchte vor Severus auf, die er auch sofort austrank und dann knurrte, „was wollen Sie?“

Seine Stimmung hatte sich sofort verändert und Kingsley war gerade extrem froh, dass er Harry um seine Teilnahme an diesem Treffen gebeten hatte.

„Kannst du dir das nicht denken? Das Ministerium wird von Eulen überschwemmt“, sagte Harry während er sich setzte und Kingsley das Gleiche andeutete.

„Was habe ich damit zu tun? Es ist alles legal, was ich gemacht habe. Sowohl der Ausschluss von Mr. Scotts, wie auch die Ankündigungen über die Umstrukturierung in Hogwarts. Ich war zu keiner Zeit alleine mit einem Schüler, auch wenn ich das durchaus dürfte, und die Stunden, an denen ich teilgenommen habe, liegen als Aufzeichnungen vor“, sagte Severus ernst, „also was wollen Sie hier? Der Schulbeirat kann mir nichts.“

„Der Schulbeirat schickt mich.“

„Warum?“

„Weil die Mitglieder des Schulbeirates darum bitten, dass Sie Ihre Lehrerschaft zurückziehen und weiter als Schulleiter und nicht als Fach- und Hauslehrer arbeiten“, erklärte Kingsley.

„Bitten?“, fragte Harry und Kingsley nickte sichtlich resigniert.

Es war Severus, der antwortete, „weil sie keine rechtliche Handhabe gegen mich haben also appellieren sie an mein Gewissen. Shacklebolt, Sie müssten die Antwort eigentlich schon kennen.“

„Sie lehnen ab und treten pünktlich nach dem Ferienbeginn die Arbeit als Fachlehrer für Zaubertränke und Hauslehrer von Slytherin an“, sagte Kingsley.

Severus sparte sich die Antwort aber Harry fragte, „warum sollte er es auch nicht tun? Kingsley, er ist ein sehr guter Lehrer und du weißt, dass er sich nicht an Schülern vergreift.“

„Natürlich weiß ich das. Ich bin hier weil der Schulbeirat keine andere Möglichkeit mehr sieht. Die Eltern rennen ihnen die Büros ein, wir werden mit Beschwerdebriefen überschwemmt und einige Eltern wollen sogar ihre Kinder von der Schule nehmen“, sagte Kingsley, „es war der letzte Versuch.“

„Der kläglich gescheitert ist. Shacklebolt, Sie hätten sich denken können, dass ich mich nicht von meinen Plänen abbringen lasse“, sagte Severus.

Zu seiner Überraschung nickte Kingsley und sagte, „ich war hier, ich habe die Bitte vom Schulbeirat überbracht, meine Arbeit ist getan.“

„Bist du sonst nicht etwas zielstrebiger?“, fragte Harry verwundert.

„Nur, wenn es Sinn macht und es macht keinen Sinn.“

„Aha?“

Kingsley grinste Harry an und meinte, „Professor Snape hat seine Kompetenz sowohl als Fach- wie auch als Hauslehrer bereits unter Beweis gestellt und die Absolventen, die seine UTZ-Kurse erfolgreich hinter sich gebracht haben, zählen zu den Besten ihres Faches. Seine Unschuld wurde mehr als eindeutig bewiesen also gibt es so gar keinen Grund, der gegen seine Pläne spricht. Warum soll ich mir hier also die Flüche um die Ohren fliegen lassen?“

„Warum hast du mich dann gebeten her zu kommen?“, fragte Harry noch verwunderter.

„Weil ich nicht wusste ob er mich überhaupt zu Wort kommen lässt.“

„Wer höflich ist, den lasse ich immer zu Wort kommen“, warf Severus ein.

„Ja, um ihn danach zu verfluchen“, konterte Harry bevor er sich an Kingsley wandte, „also steht seinem Berufswechsel nichts mehr im Wege? Die Eltern und ihre Beschwerdebriefe?“

„Nein. Solange sich Severus nichts zu Schulden kommen lässt, spricht nichts dagegen.“

„Was heißt zu schulden kommen? Was müsste er machen? Strafarbeiten? Punktabzug? Er hat damals nichts gemacht.“

„Das weiß ich alles, Harry und das meinte ich nicht. Strafarbeiten, Punktabzug und sogar der Rauswurf von dem Schüler, alles legitim. Auch mit einem Schüler alleine in einem Raum zu sein, ist legitim. Was darf er nicht, gute Frage. Das Übliche, was halt kein Lehrer darf. Keine Schüler verfluchen, keine körperlichen Strafen, natürlich keine sexuellen Annäherungen aber das dürfte ja klar sein“, sagte Kingsley, „die Eltern können sich beschweren solange sie wollen, da haben sie keine Chance. Wobei es ein gutes Bild auf Sie werfen würde wenn Sie dem Schüler eine zweite Chance geben.“

Harry rechnete mit ein paar sehr bösen Worten doch Severus nickte nur und sagte, „er hat noch zwei Strafarbeiten abzuleisten und einen Aufsatz abzugeben. Wenn er nicht spätestens morgen Abend um 20 Uhr samt Aufsatz vor meiner Tür steht, setze ich den Rauswurf durch.“

„Ehrlich? Ich dachte, er ist schon raus geflogen.“

„Noch liegen die Papiere auf meinem Schreibtisch, übermorgen schicke ich sie weg.“

Kingsley nickte und meinte, „das ist fair. Bekommt er einen Hinweis?“

„Indirekt hat er den schon, ich sagte ihm, er soll sich wie ein Erwachsener benehmen und seine Strafe auch so tragen, was er daraus macht, ist seine Sache.“

„Glaubst du, dass er hier auftaucht?“, fragte Harry.

„Nein.“

„Das war klar. Harry, Professor Snape, ich muss wieder los. Von meiner Seite habt ihr alle Unterstützung, die ihr braucht“, sagte Kingsley während er sich erhob, Harry folgte seinem Beispiel und zu aller Überraschung erhob sich auch Severus.

„Dann bis demnächst, Kingsley“, sagte Harry, der ihm die Hand reichte.

Kingsley schlug kurz ein und wandte sich dann an Severus, der ihm allerdings zuvor kam und ihm die Hand reichte, „für das nächste Mal dann Severus und ohne Geleitschutz durch meinen Freund.“

Kingsleys Augen weiteten sich etwas doch dann verstand er und schlug ein, „dann natürlich Kingsley und viel Erfolg mit den Schülern.“

„Werde ich haben“, gab Severus mit einem schiefen Grinsen zurück. Das Grinsen wurde kurz erwidert bevor Kingsley zum Kamin ging und kurz darauf in den grünen Flammen verschwunden war.
 

„Wieso so plötzlich das Du?“, fragte Harry, der jetzt um den Schreibtisch herum ging. Severus setzte sich wieder und schon hatte er seinen Freund rittlings auf dem Schoß sitzen.

„Warum nicht? Du duzt ihn doch auch.“

„Ich weiß nicht ob das ein Argument ist aber egal. Was machen wir jetzt?“

„Ich habe zu arbeiten und du solltest lernen. Wir haben noch zwei Stunden bis zum Abendessen und danach nochmal eine Stunde bis es 20 Uhr ist. Danach können wir uns zurückziehen“, gab Severus zur Auskunft. Doch entgegen seiner Worte schlang er die Arme um Harrys Taille und schmiegte den Kopf an seine Brust.

„Ist das Arbeit?“

„Ja.“

„Gut, dann arbeiten wir halt noch etwas“, grinste Harry.

Da von Severus keine Erwiderung kam, legte Harry das Kinn auf seinen Kopf und schloss die Augen, er genoss diese Nähe ungemein. Er konnte fast nicht glauben, dass sie in weniger als einem Monat schon ihren ersten Jahrestag feiern würden. Aber es war so und er freute sich darauf.
 

Am nächsten Abend wanderte Harrys Blick immer wieder zur Uhr bis Severus schließlich knurrte, „er kommt eh nicht mehr.“

„Abwarten, er hat noch ein paar Minuten.“

„Harry, er wird nicht kommen“, sagte Severus kopfschüttelnd bevor er sich wieder seinen Unterlagen zuwandte. Es waren die ersten Bewerbungen für die Stelle von Minerva, er wollte eine Vorauswahl treffen und den Rest dann mit Minerva durch sprechen.

„Ich gebe die Hoffnung nicht auf“, warf Harry ein.

Severus schnaubte nur leise und würdigte ihn nicht mal einer Antwort.
 

Eine Minute vor 20 Uhr klopfte es zaghaft an die Tür, Severus sah sehr langsam auf während sich auf Harrys Gesicht ein breites Grinsen ausbreitete.

„Willst du ihn nicht rein bitten?“, fragte er grinsend.

„Herein“, rief Severus. Er musste keinen Sprachtrank mehr nehmen denn er nutzte schon den ganzen Tag seine alte Stimme. Heute hatte er am UTZ-Kurs von Hufflepuff und Gryffindor teilgenommen, mit dem gleichen Gifttrank und auch das Ergebnis war dasselbe gewesen, keiner hatte die fehlende Zutat herausgefunden. An der oberen Tür klopfte es nochmal kurz bevor sie geöffnet wurde und William Scotts langsam eintrat, sein Blick irrte zwischen Harry und Severus hin und her.

„Mr. Scotts, was kann ich für Sie tun?“, fragte Severus.

„Ich bin hier um meine Strafarbeit anzutreten und ich habe den Aufsatz dabei“, sagte William leise.

„Sie hätten sich bereits in den letzten zwei Tagen hier einfinden müssen.“

„Ich weiß und das tut mir leid.“

„Wie kommt es zu Ihrem plötzlichen Meinungsumschwung?“, fragte Severus mit einem Seitenblick auf Harry, der ihn sehr unschuldig ansah.

William kratzte sich etwas verlegen am Nacken und sagte, „der neue Freund meiner Tante hat mich zusammen gestaucht und mir nahe gelegt meinen Arsch erst in die Bibliothek zu schaffen wegen dem Aufsatz und dann hierher.“

„Wie heißt denn der neue Freund Ihrer Tante?“, fragte Severus, der vermutete, dass er den Namen wohl kennen würde.

„Theodore Nott, Sie müssten ihn kennen“, sagte William.

Severus nickte nur und deutete jetzt auf den Besucherstuhl vor seinem Schreibtisch, Harry hatte sich einen Stuhl in einen Sessel verwandelt und lümmelte darin rum. Der Ravenclaw setzte sich und legte den Aufsatz auf den Tisch, Severus griff danach und begann ihn grob zu überfliegen.

„Was ist denn meine Strafarbeit?“, fragte er vorsichtig.

„Wenn ich ganz fies wäre, so wie es hier steht, würde ich Sie einfach zwei Stunden mit Harry alleine lassen“, gab Severus zurück ohne aufzusehen.

„Ähm, Moment, wieso sollte das eine Strafe sein?“, kam empört von Harry, er bekam keine Antwort.

Stattdessen zog Severus den Zauberstab und ließ zwei Bücher aus einem Regal zu sich schweben, sie landeten vor William. „Sie haben die letzten zwei Stunden Zaubertränke verpasst und dürfen jetzt die Hausaufgaben dafür machen. Ein Aufsatz, eigentlich eine Elle aber Sie dürfen zwei schreiben, die Möglichkeiten einen Gegengifttrank herzustellen und die unterschiedlichen Sorten von Gegengifttränken“, erklärte Severus, immer noch ohne aufzusehen.

Ohne Widerworte holte William sein Schreibzeug raus und machte sich an die Arbeit während Severus den Aufsatz weiter las und Harry etwas schmollte, er war definitiv keine Strafe.
 

Knappe zwei Stunden später war William mit seinem Aufsatz fertig. Es war ihm am Anfang komisch vorgekommen mit diesen zwei Männern in einem Raum zu sitzen doch Beide hatten ihn in Ruhe arbeiten lassen und sich ihren eigenen Unterlagen zugewandte.

„Ich bin fertig“, sagte er leise.

Severus sah auf und streckte die Hand aus, William rollte das Pergament zusammen und reichte es ihm, er bekam im Gegenzug seinen Aufsatz zurück. Neugierig und etwas ängstlich entrollte er ihn, er rechnete nicht wirklich mit einer guten Note doch er wurde überrascht.

„Erwartungen übertroffen?“, fragte er überrascht.

„Ja. Es wäre ein Ohnegleichen gewesen wenn Sie auf Ihre persönliche Note verzichtet hätten. Es ist nicht klug den Schulleiter und zukünftigen Zaubertränkelehrer als fies und parteiisch hinzustellen“, sagte Severus.

„Aber nach dem neuen Freund meiner Tante waren Sie es.“

„War ich auch aber Sie sollten zwischen persönlichen Motiven und tatsächlichen Fakten unterscheiden können“, erklärte Severus, „Sie wollen Heiler werden, wenn ich das richtig gelesen habe, oder?“

„Ja, will ich. Was hat das damit zu tun?“, fragte William stirnrunzelnd.

„Als Heiler können Sie sich Ihre Patienten nicht aussuchen. Sie müssen jeden behandeln, auch den Mann, mit dem Ihre Frau Sie betrogen hat. Auch den Jungen, der Ihrer Tochter das Herz gebrochen hat. Auch die Frau, die Ihnen beim letzten Date ein Glas Wein ins Gesicht geworfen hat. Sie können nicht wählen, Sie müssen ihre persönlichen Diskrepanzen beiseite schieben und Ihren Job machen“, sagte Severus, „außer Sie sind ein angeblicher Held der Zauberwelt.“

„Das habe ich gehört“, kam von Harry hinter seinem Buch vor.

„Gut, dann nimm es dir zu Herzen“, schnarrte Severus bevor er sich sehr ernst an den Schüler vor sich wandte, „Mr. Scotts, Sie können persönlich von mir halten, was auch immer Sie wollen. Sie können auch vor Ihren Freunden sagen, was Sie wollen solange es kein Rufmord bedeutet aber im Unterricht bin ich Ihr Lehrer. Ich diskutiere nicht über meine Art des Unterrichtens, weder über meine Art und Weise noch über meine Punktevergabe. Wenn ich eine Aufgabe stelle, dulde ich Fragen zu der Ausführung der Aufgabe aber nicht über den Sinn der Aufgabe. Jede überflüssige Diskussion wird mit Punkteabzug bestraft und im wiederholten Fall mit Strafarbeiten oder Ausschluss vom Unterricht. Alle Schüler in meinen UTZ-Kursen sind volljährig oder zumindest fast und ich erwarte, dass Sie sich alle auch so benehmen. Ich bin durchaus zu vernünftigen Diskussionen bereit aber bei meinem Unterricht verstehe ich keinen Spaß. Ich kann Ihnen versichern, dass ich lange genug Lehrer bin um zu wissen was ich tue. Ich hoffe, dass ich mich klar genug ausgedrückt habe und so eine Situation wie vor zwei Tagen nicht nochmal vorkommt.“

„Wird es nicht, Sir“, sagte William, „ich habe aus meinen Fehlern gelernt.“

„Gut, dann sind sie für heute entlassen und dürfen sich die nächsten zwei Abende zu ihren versäumten Strafarbeiten einfinden. Allerdings im Zaubertränkeklassenzimmer. Haben wir uns verstanden?“, fragte Severus.

„Ja, Sir, verstanden. Morgen Abend um 20 Uhr?“

„Richtig.“

„Dann gute Nacht, Sir. Gute Nacht, Mr. Potter“, sagte William während er aufstand.

„Gute Nacht, Mr. Scotts“, kam von Harry während Severus nur nickte und die Tür mit einem Handwink öffnete. William verstand den Wink und ging schleunigst.
 

„So, und wir gehen jetzt baden und dann ins Bett“, bestimmte Harry, der schon das Buch zuschlug und aufstand.

„Sagt wer?“

„Das ist die Strafe für deine fiesen Sprüche“, gab Harry murrend zurück.

Severus grinste, stand aber auf und nickte, „lass uns für heute wirklich Schluss machen.“

„Endlich. Meinst du, er gibt deine Ansprache weiter?“

„Natürlich.“

„Meinst du auch es ändert etwas?“, fragte Harry während er ihm die Tür aufhielt und ihm dann folgte.

„Wenn es nur ein Schüler versteht und mir weniger Probleme macht, hat es gereicht“, gab Severus zurück.

„Wann willst du eigentlich den Sprachtrank weglassen?“

„Gar nicht?“

„Severus, wir hatten eine Abmachung“, erinnerte Harry ihn tadelnd.

Sie betraten gerade das Bad und Severus ließ die Wasserhahn mittels Magie zum Leben erwachen bevor er begann sich langsam auszuziehen. Wie immer wandte er Harry dabei den Rücken zu, Harry seufzte leise, zog sich aber dann auch aus.

„Wir hatten keine Abmachung, du hast dich mit Fino gegen mich verschworen“, sagte er jetzt, „wenn es nach mir gehen würde, würde ich den Trank weiter nehmen. Ich...“

Ein Hustenanfall unterbrach seine Antwort, stärker, heftiger als noch vor ein paar Tagen. Er war so stark, dass er hilflos in die Knie ging und sich einfach nach vorne über beugte, hustend, keuchend und nach Luft schnappend. Harry sah seinen Freund mitleidig an, hockte sich neben ihn und streichelte sanft über seinen Rücken, mehr konnte er sowieso nicht für ihn tun.

Kapitel 42

Kapitel 42
 

Knapp 15 Minuten später verebnete der Husten, Severus holte tief keuchend Luft als auch schon ein Glas Milch vor ihm erschien. Doch er griff nicht danach, er blieb auf den Knien liegen, die Arme um den Oberkörper geschlungen und die Stirn auf den Boden gelegt. Harry verzog leicht das Gesicht als er das rasselnde Geräusch hörte, dass Severus' Atmung begleitete.

„Du solltest dich aufrichten, das ist besser für die Lunge“, sagte Harry leise.

Als er keine Reaktion bekam, schob er die Hand unter Severus' Brust und drückte ihn vorsichtig hoch, es gab keine Gegenwehr. Außer, dass Severus einfach die Augen schloss und Harry wusste genau warum.

„Ich habe im Moment echt andere Sorgen als mich über deinen körperlichen Zustand lächerlich zu machen, was ich eh nicht tun würde“, knurrte Harry, der jetzt nach der Milch griff und ihm hin hielt, „trink.“

Das Glas wurde mit der rechten Hand entgegen genommen und in einem Zug geleert, die Augen immer noch geschlossen.

„Noch eins?“

„Nein“, krächzte Severus.

„Deine Stimme klingt schlechter als sonst. Kann es sein, dass du den Sprachtrank nicht mehr verträgst?“, fragte Harry, „dein Körper findet ihn auf alle Fälle doof. So einen starken Anfall hattest du lange nicht mehr.“

„Das ist am Anfang immer so.“

„Wieso am Anfang? Versteh ich nicht“, gestand Harry, der jetzt aufstand und Severus kurzerhand vorsichtig hochzog, „ab in die Wanne, wir wollten baden.“

Severus sah ihn misstrauisch an, stieg aber dann in die Wanne, seine Nacktheit versuchte er einfach zu ignorieren. Im Gegensatz zu Harry, der ihn kurz gemustert hatte und er sah nichts, was ihn abschreckte aber das müsste er dem Sturkopf eh wieder beweisen. Der erste Schritt dazu war, dass er mit in die Wanne stieg und Severus einfach an sich zog.

Erst als sie bequem lagen, fragte er, „also, was meinst du damit?“

„Mein Körper muss sich erst wieder an den Trank gewöhnen, dann lassen die Anfälle nach“, erklärte Severus, der sich erschöpft an seinen Freund kuschelte und die Augen wieder schloss.

In den letzten Monaten war es ihm so gut gegangen, dass er seine Schwäche fast vergessen hätte aber dieser Anfall hatte ihn wieder mit aller Grausamkeit daran erinnert. Nun, zumindest schien sein körperliches Aussehen Harry nicht abzuschrecken, fraglich war es allerdings ob es so blieb.

„Wie lange dauert das?“, fragte Harry jetzt.

„Etwa drei bis vier Monate.“

„Aber hatten wir den Sprachtrank nicht erst aus geschlichen?“

„Hatten wir.“

„Warum soll sich dein Körper jetzt wieder daran gewöhnen? Severus, wir hatten genug Probleme als sich dein Körper davon erholt hat. Wollen wir das wirklich noch zweimal durchmachen?“, fragte Harry leise. Er strich mit den Händen über Severus' Brust, mehr nachdenklich als irgendetwas anderes.

„Ich ja.“

„Severus.“

„Ich weiß, wie ich heiße.“

„Warum tust du das? Warum willst du das wirklich nochmal durchmachen? Dein Körper hatte sich gerade daran gewöhnt mit weniger Tränken aus zu kommen und du willst ihn wieder voll pumpen, warum?“

„Du weißt genau, warum“, knurrte Severus.

Er hörte Harry tief seufzen, die Arme um seine Brust zogen sich eng zusammen und ein Kuss wurde auf seinen Hals gesetzt. Doch er sagte nichts und das sagte Severus mehr als alles andere, was Harry davon hielt.
 

Da das Schweigen anhielt, wurde es Severus immer unangenehmer bis er es nicht mehr aushielt und sich von Harry löste.

„Wo willst du hin?“, fragte Harry.

„Ins Bett“, war alles, was Severus sagte während er die Wanne verließ und sich kurzerhand trocken zauberte.

„Willst du jetzt wieder wie ein Kleinkind weglaufen oder wollen wir darüber reden?“, fragte Harry traurig.

„Ich sagte, ich gehe ins Bett, das kann man wohl kaum als Weglaufen betiteln“, gab Severus zurück während er sich eine Boxershort anzog, „worüber willst du reden? Du willst, dass ich den Sprachtrank nicht mehr nehme. Ich will ihn weiter nehmen. Wir werde auf keinen gemeinsamen Nenner kommen.“

„Willst du ihn ewig nehmen? Du weißt genau wie sehr er deinen Körper belastet“, sagte Harry, der jetzt auch aus der Wanne stieg um sich abzutrocknen und anzuziehen. Doch Severus antwortete nicht sondern ging nach nebenan. „Sturer Kerl“, murmelte Harry. Er atmete aber dann nochmal tief durch und ging ins Schlafzimmer, er wollte diese Sache geklärt haben.
 

„Ich will, dass du mit mir redest. Ich will nicht im Streit ins Bett gehen, da schlafe ich immer so schlecht und ich weiß, dass es dir genauso geht“, sagte Harry, der zu Severus unter die Decke krabbelte und sich frontal an ihn kuschelte. Er spürte die Überraschung und das Zögern bevor Severus langsam die Arme um ihn legte.

„Was willst du denn hören?“, fragte Severus leise.

„Ob du den Trank für immer im Unterricht nehmen willst?“

„Nein. Ich darf ja nicht.“

„Es ist nicht gesund. Severus, ich verstehe es nicht. Du hast dir schon die angebliche Schwäche mit dem Gehstock eingestanden, vor versammelter Schule, was ist an der Stimme so schlimm?“, fragte Harry gegen seine Brust gemurmelt.

„Du kennst den Grund.“

„Eine Stimme macht keinen Mann aus.“

„Ich weiß“, seufzte Severus leise, „aber...“

Er brach ab und Harry sagte, „aber du glaubst, dass die Schüler weniger Respekt vor dir haben werden wenn du klingst wie eine rostige Tür.“

„Netter Vergleich aber das wäre noch geschmeichelt. Meine Stimme klingt einfach furchtbar“, murrte Severus.

„Dann passt sie perfekt zu dem düsteren Kerkermeister, der arme, kleine Schüler schikaniert.“

„Bitte? Ich habe ich gerade verhört, oder?“

Harry drückte sich ein Stück von ihm weg um ihn anzusehen, schwarze Augen sahen ihn fragend und abschätzend an. „Nein, hast du nicht. Severus, erzähl mir nicht, dass du früher nicht mit den Gerüchten gespielt hättest. Die griesgrämige Fledermaus, der böse Vampir, komm, du hast doch garantiert vorm Spiegel geübt bis die Roben so hinter dir her geflogen sind, oder?“, grinste Harry, „du könntest genauso mit den neuen Gerüchten spielen. Der böse Kerkermeister, deutlich gezeichnet durch einen Krieg und dennoch stolz und unnahbar in seinem Auftreten. Du könntest noch genauso viel Angst und Schrecken verbreiten wie zu meiner Schulzeit.“

Severus sah ihn seltsam an, drückte seinen Kopf dann kurzerhand wieder an seine Brust und murmelte, „Windzauber, kein Spiegel.“

„Ernsthaft?“

„Natürlich, der Auftritt hat nie seine Wirkung verfehlt. Aber jetzt kann ich das vergessen.“

„Naja, allein das Geräusch des Stockes müsste doch in den Korridoren sehr weit zu hören sein, dass kündigt das Unheil dann schon mal an“, grinste Harry, „was habe ich mich immer erschrocken wenn du plötzlich hinter mir standest.“

„Das kann ich auch vergessen.“

„Ist richtig aber hey, du kündigst dich an und erhöhst damit die Angst mit jedem Schritt.“

„Das klingt als hättest du schon alles geplant“, murrte Severus.

„Naja, ich mache mir halt meine Gedanken. Aber was ist jetzt mit dem Trank?“

„Muss ich ihn sofort wieder absetzen?“

„Du musst gar nichts, ich kann dich nur darum bitten. Hast du vor den Weihnachtsferien noch Unterricht?“, fragte Harry, dem eine Idee kam, „wie viel Unterricht hast du später in der Woche?“

Es dauerte einen Moment bis Severus antwortete, „nur noch die sechste Klasse Hufflepuff und Slytherin. Sie müssen den Gifttrank noch analysieren. Danach vier Mal die Woche je zwei Doppelstunden. Es gibt jeweils zwei UTZ-Kurse in der sechsten und in der siebten Klasse. Warum?“

„Also vier halbe Tage Arbeit.“

„Oder zwei Ganze wenn man es anders legt, warum?“, fragte Severus erneut.

„Schaffst du die vollen Tage?“

„Wenn ich mich Mittags eine Stunde hinlegen würde und mich die restliche Woche schone, ja, müsste ich schaffen. Nicht auf Dauer aber für das restliche Schuljahr müsste es gehen“, sagte Severus, der langsam begriff worauf Harry hinaus wollte.

„Dann machen wir einen Deal, du darfst den Trank noch das restliche Schuljahr über nehmen, natürlich nur an den Tagen mit Unterricht oder wenn was Wichtiges im Ministerium ist und im nächsten Schuljahr werfen wir ihn komplett weg“, sagte Harry, der ihn eng an sich drückte und so Mut zusprechen wollte.

„Komplett?“

„Brauchst du ihn dann noch? Die Schüler werden den Mund nicht halten und es weiter geben, da wäre es sehr sinnfrei wenn du ihn außerhalb der Schule weiter nehmen würdest, oder? Du hast ihn außerdem nicht nötig“, sagte Harry.

„Komplett?“, fragte Severus nochmal und irgendwie klang es sehr weinerlich.

Mit einem Lachen rutschte Harry hoch und küsste ihn. „Ja, komplett. Du brauchst ihn nicht. Du bist ein wundervoller, starker Mann, du hast weder eine künstliche Stimme noch ein künstliches Gangbild nötig. Du bist genauso richtig wie du bist und du gehörst ganz allein mir“, sagte Harry ernst.

Der Ausdruck in den schwarzen Augen änderte sich, es trat dieser Schimmer hinein, von dem Harry wusste, dass nur er ihn zu sehen bekam und kurz darauf fand er sich in einem tiefen, leidenschaftlichen Kuss wieder.

„Das ist zwar nicht die Antwort, die ich hören wollte aber auch sehr zufrieden stellend“, stellte Harry fest als er wieder Luft bekam.

„Welche Antwort willst du denn hören?“

„Was du von meinem Vorschlag hältst.“

„Wirklich komplett?“

„Severus, du hast fast zehn Monate um dich an den Gedanken zu gewöhnen. Meinst du nicht, dass das reicht?“, fragte Harry.

„Wenn es nach mir ginge, würde ich den Trank immer nehmen. Es wären doch nur zwei Tage in der Woche.“

„Falsch, ab nächsten Schuljahr legen wir das wieder auf vier halbe Tage, das ist sonst zu anstrengend für dich und deinen Körper. Also müsstest du den Trank an vier Tagen nehmen und das ist zu viel. Es würde deinen Körper nur unnötig belasten. Severus, das hast du nicht nötig“, sagte Harry ernst, „also? Zehn Monate für eine Entscheidung. Ich hatte nur neun.“

Severus blinzelte ihn fragend an bevor es Klick machte und er schief grinste und nickte, „in Ordnung. Mit Beginn des neuen Schuljahres werfen wir den Sprachtrank weg.“

„Versprochen?“, fragte Harry.

„Ja, versprochen. Jetzt schlaf, du elende Nervensäge.“

Harry grinste ihn an, gab ihm noch einen sanften Kuss und kuschelte sich dann an ihn. „Gute Nacht.“

„Hm.“
 

Etwas unsicher klopfte William Scotts an die schwarze Holztür, ein scharfes „Herein“, ertönte und die Tür schwang schon auf. Noch unsicherer betrat er das Tränkeklassenzimmer denn irgendwie kam es ihm seltsam vor um diese Uhrzeit hier zu sein. Vor allem mit diesem Lehrer, der hinter dem Lehrertisch saß und ihn jetzt ansah. Auch wenn er offiziell frei gesprochen wurde, blieb ein ungutes Gefühl bei dem Schüler.

„Guten Abend, Sir“, sagte er höflich. Er war ihm durchaus dankbar, dass er den UTZ-Kurs weiter besuchen durfte aber jetzt und hier, mit ihm alleine, fühlte er sich sehr unwohl.

„Guten Abend, Mr. Scotts. Sie brauchen sich nicht zu setzen“, sagte Severus und hinderte den Schüler damit daran sich zu setzen.

„Sir?“

Severus hörte den seltsamen Unterton aus seiner Stimme raus, ignorierte ihn aber und erhob sich. „Ihre Strafarbeit findet nebenan statt“, sagte er und ging einfach vor, das Klack des Gehstockes hallte seltsam hohl in dem leeren Klassenzimmer wieder. Zwar merkte er, dass ihm der Schüler nur langsam folgte aber er folgte ihm.
 

„Guten Abend, Mr. Scotts. Endlich bekomme ich Hilfe“, so wurden sie von Harry empfangen, der vor einem Spülbecken aus Stein stand. Die Ärmel waren hochgekrempelt, in der rechten Hand hielt er eine Wurzelbürste und in der Linken hielt er einen Kessel fest, der in dem Spülbecken stand.

„Ähm, guten Abend, Mr. Potter. Was machen Sie da?“, fragte William überrascht.

„Ich muss Strafarbeiten machen und Sie werden mir helfen“, gab Harry mit einem breiten Grinsen zurück.

William sah verwirrt von ihm zu Severus und wieder zurück bevor ihm entfleuchte, „warum müssen Sie Strafarbeiten leisten? Sie sind doch gar kein Schüler mehr.“

„Wahrscheinlich als Erinnerung an alte Zeiten“, murrte Harry bevor Severus knurrte, „Sie sollten anfangen sonst werden Sie heute gar nicht mehr fertig.“

Der Ravenclaw zuckte zusammen, stellte seine Sachen weg und trat schnell neben Harry, der ihm grinsend eine Bürste reichte und den Kessel zu ihm schob. Er selbst holte sich einen neuen Kessel, strich Severus im Vorbeigehen kurz über den Arm und machte sich dann, Seite an Seite mit dem Ravenclaw an die Arbeit. Severus sah sich das Ganze einen Moment an bevor er sich umwandte und sich an den kleinen Schreibtisch setzte, er wollte noch ein paar Dinge erledigen.
 

„Wieso kann man da eigentlich keine Reinigungszauber nutzen?“, maulte William nach einer Stunde, zwei Kesseln und mit schmerzenden Armmuskeln. Den ersten Kessel hatte er zwei Mal schrubben müssen weil es Severus nicht gefallen hatte, dafür war er beim Zweiten umso gründlich gewesen.

„Weil es sonst keine Strafarbeit wäre“, gab Harry grinsend zurück.

„Falsch“, kam von Severus, ohne das er auch nur aufsah.

Harry und William sahen sich erstaunt an bevor Harry den Kopf umwandte und fragte, „wieso dann?“

„Das interessiert dich erst jetzt? Du hast unzählige Stunden an diesem Becken verbracht“, gab Severus zurück.

„Ehrlich?“, fragte William.

„Ja, leider, ich wurde immer ungerechtfertigter Weise zu Strafarbeiten verdonnert“, grinste Harry, der gerade den vierten Kessel zum Spülbecken schleppte. Von Severus kam nur ein Schnauben, noch immer ohne von seinen Unterlagen aufzusehen.

„Warum kann man keine Reinigungszauber auf die Kessel anwenden, Sir?“, fragte William schmunzelnd, er fand diese Gespräche zwischen den zwei Männern sehr amüsant. Sie waren auch sehr aufschlussreich, vor allem was die Beziehung zwischen ihnen anging.

„Mr. Scotts, Sie sind der erste Schüler in meiner gesamten Lehrerlaufbahn, der diese Frage jemals wirklich interessiert gestellt hat“, sagte Severus, der aufgesehen hatte und sich jetzt erhob.

„Hey, ich habe das mindestens hundert Mal gefragt.“

„Ja, motzend, maulend und die böse Fledermaus verfluchend.“

Harry senkte grinsend den Blick, sah aber dann neugierig zu wie Severus den Zauberstab zog und einen Zauber auf den Kessel sprach, den er gerade geholt hatte. Der Kessel verfärbte sich schwarz mit sehr unregelmäßigen roten Tupfen und Spritzern.

„Was ist das?“, fragte William jetzt wirklich interessiert.

„Ein Analysezauber. Das Silber des Kessels verfärbt sich schwarz, Kupfer nimmt einen Blauton an. Diese roten Flecken sind Rückstände von Zaubertränken, die sich mit Reinigungszaubern nicht weg machen lassen. Da diese Rückstände mit neuen Zaubertränken zu sehr interessanten Reaktionen führen könnten, müssen die Kessel regelmäßig von Hand gereinigt werden“, erklärte Severus ruhig, der Kessel verfärbte sich gerade wieder zurück.

„Wieso werden diese Reste nicht von den Reinigungszaubern angegriffen? Der restlichen Zaubertrank verschwindet doch auch“, sagte Harry verwundert, das hatte er nicht gewusst.

„Manche Zutaten werden durch das Brauen resistent gegen Zauber, auch Reinigungszauber. Die Kessel sehen optisch sauber aus, sind es aber nicht.“

„Warum hast du das uns Schülern nie erklärt?“, fragte Harry.

„Weil ihr mir eh nie zugehört habt, ihr habt nur immer meinen Unterricht verflucht“, gab Severus zurück.

„Sie hatten Professor Snape als Lehrer?“

„Ja, hatte ich. Er war ein sehr guter Lehrer, auch wenn wir ihm das Leben wirklich schwer gemacht haben“, gestand Harry.

Severus sparte sich eine Antwort und sah kurz zur Uhr bevor er sagte, „Ihr habt noch jeder drei Kessel, dann sind wir fertig.“

„Severus, wird diese Tatsache im Unterricht behandelt?“, fragte Harry während er schon anfing den Kessel zu schrubben.

William holte sich unterdessen einen neuen Kessel und Severus antwortete, „nein, ist auch nicht nötig. Der Lehrer sorgt dafür, dass die Kessel regelmäßig gereinigt werden.“

„Aber das müssen die Schüler doch wissen. Was ist wenn sie eine weiterführende Schule mit Zaubertränke besuchen?“

„Dann wird ihnen das schon noch erklärt werden“, sagte Severus, „in Salem wird das erste halbe Jahr nur Theorie unterrichtet. Da kommt das mit dran.“

„Aber ist es nicht gefährlich für die Schüler?“, fragte William jetzt.

„Nein. Jeder Kessel wird nach dem Unterricht kontrolliert und wenn er ein bestimmtes Maß an Verschmutzung erreicht hat, wird er gegen einen Anderen ausgetauscht. Die schmutzigen Kessel werden dann gereinigt und kommen zurück in den Schulalltag“, erklärte Severus, der sich wieder setzte.

„Was ist wenn alle Kessel so sehr verschmutzt sind, dass sie unbrauchbar sind?“, fragte Harry.

„Dazu ist es in der gesamten Geschichte Hogwarts noch nie gekommen.“

„Wieso nicht?“

„Weil es immer genug Schüler gab, die sich freiwillig für die Arbeit gemeldet haben“, sagte Severus grinsend.

„Deswegen hast du das so gerne als Strafarbeit eingesetzt.“

„Natürlich. Glaubst du, ich würde meine Schüler irgendetwas sinnloses machen lassen? Egal ob Strafarbeit oder nicht“, sagte Severus.

Williams schwieg doch Harry maulte, „wenn du dich ab und zu besser erklärt hättest, würden die Schüler es auch besser verstehen.“

„Wenn die Schüler einfach das tun, was ich ihnen sage, würden sie es verstehen. Aber nein, es muss ja immer diskutiert, immer alles in Frage gestellt werden. Würden die Schüler nur halb so viel fragen und doppelt so viel zuhören, wäre mein Job leichter und die Noten wesentlich besser“, sagte Severus.

„Wirklich?“, kam von William, „wieso? Sind Fragen denn falsch? Manche Dinge möchte man verstehen bevor man sie macht.“

„Fragen sind immer dann falsch wenn der Lehrer noch nicht fertig ist. Was bringt es dem Schüler wenn er dazwischen fragt, einen Anschiss kassiert und dann mitbekommt, dass der Lehrer die Antwort sowieso gesagt hätte? Es stört den Unterricht und nervt einfach nur“, erklärte Severus, der sich gegen den Tisch gelehnt hatte und sie mit verschränkten Armen ansah.

„Ab wann sind Fragen denn erlaubt?“, fragte William, der nebenbei an seinem Kessel schrubbte.

Harry schwieg, er war am Anfang skeptisch gewesen was diese Strafarbeit anging aber scheinbar ging Severus' Plan auf. Der Ravenclaw lernte ihn hier von einer anderen Seite kennen, einer menschlichen Seite und das würde sich positiv auf seinen Unterricht auswirken. Er machte sich keine Illusionen, Severus würde immer ein strenger und oft gehasster Lehrer sein aber vielleicht brachte es die Schüler in den UTZ-Kursen dazu, sich mehr zu konzentrieren und besser zu lernen.

„Fragen sind ab dann erlaubt wenn der Lehrer fertig ist, ganz einfach. Wenn wir nicht ständig unterbrochen werden würden, könnten wir unsere Anweisungen in Ruhe ansagen und dann fragen, ob es noch Fragen gibt. Aber es gibt leider immer irgendwelche neunmalklugen Schüler, die ständig dazwischen reden und fragen müssen.“

„Du meinst nicht zufällig Hermine, oder?“

„Doch, genau die meine ich“, sagte Severus, „Mr. Scotts, ich kann Ihnen sagen, dass so ein Verhalten wie ich es in den jetzigen UTZ-Klassen gesehen habe, sowohl in Salem wie auch in Paris zum Ausschluss aus dem Kurs geführt hätte.“

„Sind wir so schlecht?“

„Das Zuhören sollten Sie auch lernen, ich sagte Verhalten, nicht Wissen. Ja, Sie sind nicht schlecht aber Ihr Verhalten ist absolut unangemessen für Ihr Alter“, sagte Severus. Er wartete einen Moment und dann kam die Frage, auf die er gewartet hatte.

„Was machen wir falsch, Sir?“

„In der Kurzfassung? Sie sind absolute Tratschweiber, alle durch die Reihe durch. Egal welches Haus, man kann keine fünfzehn Minuten unterrichten ohne, dass es an irgendeiner Ecke tuschelt oder tratscht. Sogar wenn Sie nur etwas abschreiben müssen, wird geredet. Beim Zutaten holen, Gerede. Beim Zubereiten der Zutaten, Gerede. Selbst wenn ich etwas erkläre, muss irgendeiner seinem Banknachbarn etwas furchtbar Wichtiges erzählen. Ich kann Ihnen sagen, dass mein Tränkeprofessor in Salem solche Schwätzer gerne mit einem Silencio belegt hat und zwar bis zur nächsten Stunde“, sagte Severus mit einem breiten Grinsen.

Harry sah ihn abschätzend an, zuckte dann mit den Schultern und schrubbte weiter während William ihn etwas panisch ansah.

„Keine Angst, ich habe andere Methoden um meine Klasse ruhig zu bekommen.“

„Das macht mir Angst“, gestand William.

„Muss es nicht, er tut nur so“, sagte Harry schmunzelnd.

„Aha“, war alles was der Schüler noch raus brachte bevor er sich sehr intensiv seinem Kessel widmete.

Harry warf Severus einen vielsagenden Blick über die Schulter zu und grinste. Sein Grinsen wurde breit erwidert, zusammen mit einer spöttisch hochgezogenen Augenbraue.
 

Die nächsten Wochen war es ruhig, entweder hatten sich die Eltern beruhigt oder sie gingen davon aus, dass ihre Beschwerden Erfolg hatten und Severus nicht im neuen Jahr seinen neuen Posten antreten würde. Nun, an Severus' Plänen hatte sich nichts geändert, er hatte den Unterricht für die Sechstklässler schon durchgeplant und würde sich nicht davon abhalten lassen. Doch für heute hatte er die Unterlagen weg gelegt und es sich mit einem Roman im Sessel bequem gemacht. Er war alleine und würde es wohl auch noch eine Weile bleiben denn Harry war im St. Mungo und besuchte, zusammen mit seiner Tochter Lily, seinen Sohn. Es würde der letzte Besuch vor Weihnachten sein denn heute war schon der 24. Dezember und die nächsten zwei Tage hatten sie schon verplant.

Morgen wurden sie zum Frühstück und Geschenke auspacken in Malfoy-Manor erwartet und wenn er ehrlich war, freute er sich darauf. Seit Scorpius nicht mehr sein Schüler war, kam es ihm auch nicht mehr so seltsam vor. Er konnte nur hoffen, dass er seine Geschenke passend ausgewählt hatte, er war einfach nicht gut in so etwas. Wobei seine Gedanken sowieso beim übernächsten Tag lag, der 26. und damit ihr erster Jahrestag. Waren sie wirklich schon ein Jahr zusammen? Nun, genau genommen hatte diese seltsame Beziehung früher begonnen aber irgendeinen Tag mussten sie ja festlegen. Zumindest wenn es nach Harry ging. Severus seufzte leise, er fragte sich ob sie den nächsten Jahrestag noch erleben würden?

Eigentlich lief alles gut, sie kamen gut miteinander klar, kannten die Macken des Anderen und wussten, wie sie damit umgehen mussten. Wenn da nicht diese eine Sache wäre. Noch vor einem Jahr hatte ihm Harry gesagt, dass er sich Sex zwischen ihnen nicht vorstellen konnte und jetzt, nun, jetzt musste Severus aufpassen, dass sein Freund ihn nicht ansprang. Seine Meinung hatte sich komplett geändert, er wollte mit ihm schlafen, sehr gerne sogar aber Severus hielt ihn auf Abstand, teilweise sogar mit dem Zauberstab. Wieder verließ ein Seufzen seine Lippen, er wusste, dass er sich nicht mehr lange raus reden konnte, irgendwann musste er sich Harry stellen. Es war nicht so als würde er keinen Sex wollen, es war nur diese absolute Schmach, dass sein Körper ihn verriet und so gar nicht reagierte. Er wollte diesen Blick nicht bei Harry sehen, diesen zweifelnden, teilweise belustigten Blick, mit dem er sonst immer gemustert wurde wenn es zu dieser Situation kam.

„Worüber denkst du so angestrengt nach, dass du mich nicht mal begrüßt?“

Severus schreckte aus seine Gedanken hoch und schneller als er wirklich denken konnte, hatte er den Zauberstab in der Hand und den Fluch auf den Lippen, „Stupor“ Mit weit aufgerissenen Augen kippte Harry einfach um.
 

„Das hält er mir ewig vor“, murmelte Severus bevor er den Zauberstab auf Harry richtete, „Rennervate.“

„Das war nicht nett“, murrte Harry, der sich auf rappelte und ihn böse ansah.

„Du hast mich erschreckt.“

„Das habe ich gemerkt. Wo warst du mit deinen Gedanken?“, fragte Harry versöhnlicher während er auf ihn zuging. Er verwandelte den Sessel in ein Sofa und setzte sich dann neben ihn, eng an ihn gekuschelt.

„Nirgendwo.“

„Lügner. Also, worüber hast du nachgedacht? Deine Geschenke hast du, die Schüler sind fast alle zu Hause und du hast deine Arbeit für dieses Jahr beendet. Worüber könntest du nachgedacht haben? Lass mich raten, es kann nur um mich gehen“, sagte Harry, der seine Position jetzt änderte. Er legte sich neben ihn auf den Rücken, den Kopf in seinen Schoß gelegt und die Augen geschlossen.

„Richtig“, gab Severus zu.

„Da wir sonst keine Probleme haben, kann es nur um das Thema Sex gehen“, fuhr Harry fort. Er musste die Augen nicht öffnen um zu sehen, wie Severus ihn ansah. „Keine Antwort ist auch eine Antwort. Severus, worüber machst du dir Gedanken?“

„Dass du gehst“, gestand Severus leise.

„Weil du nicht mit mir schläfst? Wohl kaum. Ich muss dich enttäuschen, du wirst mich nicht mehr los, egal ob mit Sex oder ohne“, sagte Harry.

„Das sagst du jetzt. Was ist in sechs Monaten? In einem Jahr?“

„In einem Jahr feiern wir unseren zweiten Jahrestag, ganz einfach. Und in etwas mehr als sechs Monaten würde ich gerne mit dir in Urlaub fahren.“

„Kannst du die Sache auch ernst nehmen?“, knurrte Severus.

Jetzt öffnete Harry doch die Augen, ihn traf ein Blick, der eine Mischung aus Wut und Resignation war. Er seufzte leise und sagte, „ich meine es ernst. Ich würde gerne mit dir in den Urlaub fahren und ich will den zweiten Jahrestag mit dir feiern. Was daran klang nicht ernst gemeint? Severus, ich meine es todernst. Ich habe nicht vor dich zu verlassen. Wir werden das schon noch hin bekommen.“

„Aha.“

„Du glaubst mir nicht.“

„Nein.“

Sichtlich frustriert richtete sich Harry auf und fragte ernst, „was muss ich tun damit du mir glaubst? Los, sag es. Ich will, dass du mir endlich glaubst. Mensch Severus, glaubst du, dass alles hier ist eine fixe Idee von mir? Wir wollen übermorgen unser Einjähriges feiern und sind eigentlich noch länger zusammen. Ich habe mich gegen meine Familie und meine Freunde für dich gestellt, ich werde Heiler wegen dir und du glaubst mir immer noch nicht. Was muss ich noch machen? Sag es, was muss ich machen damit du mir endlich glaubst? Bitte, sag es.“

Severus wich seinem Blick aus und murmelte, „ich weiß es selber nicht.“
 

Mit einem Seufzen erhob sich Harry nach fast zehn Minuten, die sie sich nur angeschwiegen hatten. Aus den Augenwinkeln sah er wie sich Severus' Blick veränderte, Angst trat in seine Augen und er seufzte erneut. „Lass uns ins Bett gehen“, schlug Harry lächelnd vor.

Skepsis trat in das tiefe Schwarz.

„Was hast du gedacht? Dass ich dich aufs Sofa verbanne? Wohl kaum, damit schneide ich mich ins eigene Fleisch oder hast du schon vergessen, wie zielgerichtet ich schlafwandle? Severus, ich verlasse dich nicht und ich bin mir absolut sicher, dass wir das Problem gelöst haben. Mir hast du auch Zeit gegeben, warum sollte ich dich also drängen?“, fragte Harry.

„Wann habe ich dir Zeit gegeben?“, fragte Severus ohne sich zu bewegen.

Harry griff kurzerhand nach seinen Händen und zog ihn hoch und gleich in eine enge Umarmung. „Ganz am Anfang, du hast mir immer wieder Zeit gegeben um mir sicher zu werden ob ich eine Beziehung zu einem Mann will. Ob ich das kann. Jetzt soll ich dich stressen wegen Sex?“, fragte Harry etwas ungläubig.

„Wenn du das so sagst, klingt es wirklich lächerlich“, murrte Severus.

„Es ist lächerlich. Ich würde jetzt gerne ins Bett, wir sind morgen um zehn verabredet“, sagte Harry, der sich von ihm löste und ihn einfach Richtung Schlafzimmer zog. Severus wehrte sich nicht aber es war offensichtlich, dass er sich extrem unwohl fühlte.
 

Das änderte sich auch nicht als sie im Bett lagen, Harry eng mit dem Rücken an Severus' Brust gekuschelt, seine Arme hatte er kurzerhand um seine Hüfte gezogen. Doch er spürte wie verkrampft sein Freund war. „Könntest du dich bitte entspannen? Severus, ich verlasse dich nicht. Ich liebe dich, das habe ich nicht nur so gesagt weil es sich nett anhört. Ich scherze mit so etwas nicht, also glaub mir endlich“, sagte Harry, er drückte ihre verschränkten Hände an seine Brust. Er wollte sich eigentlich nicht umdrehen, er genoss es so an Severus gekuschelt zu liegen. Es gab ihm ein Gefühl von Geborgenheit.

„Ich weiß, dass du damit nicht scherzt aber ich kann einfach nicht anders“, sagte Severus zögernd, „es ist das erste Mal.“

Jetzt stutzte Harry, er blinzelte etwas ungläubig in die Luft und versuchte die Worte zuzuordnen. Er war sich absolut sicher, dass es dabei nicht um das Thema Sex ging. Das hieß, dass es nur um sein Liebesgeständnis gehen konnte. Langsam drehte er sich um, er wurde fast schon scheu angesehen und dieser Gesichtsausdruck passte so gar nicht zu dem Mann, der neben ihm lag.

„Ich liebe dich, Severus, von ganzem Herzen. Ich muss dich bitter enttäuschen aber du wirst mich nicht mehr los. Du wirst dich mit mir arrangieren müssen, ich gebe dich nicht mehr her“, sagte Harry ernst. Er sah, dass Severus nicht wusste was er sagen sollte also gab er ihm einfach einen sanften Kuss und drehte sich dann wieder um. „Und jetzt schlafen wir, gute Nacht.“

„Gute Nacht“, sagte Severus mit gepresster Stimme.

Er war schlicht und einfach gerührt und wusste einfach nicht was er sagen sollte. Es war wirklich das erste Mal, dass er diese Worte von einem anderen Mann hörte, bei keinem Anderen war es je so weit gekommen. Und wenn er ehrlich war, war er völlig überfordert damit. Er hatte Harry ja noch nicht mal geantwortet und dabei war die Antwort so einfach, er liebte den Kerl. Schon seit Monaten war ihm das bewusst auch wenn er es sich lange nicht eingestanden hatte aber Harry hatte längst einen festen Platz in seinem Herzen. Und so konnte er zum zweiten Mal in seinem Leben von sich sagen, dass er jemanden liebte. Sein Blick ging auf den Nacken des Mannes, der vor ihm lag und ein schweres Seufzen verließ seine Lippen, er wollte ihn nicht verlieren. Auf gar keinen Fall.

„Würdest du endlich schlafen?“, fragte Harry murrend.

„Bin schon so gut wie eingeschlafen.“

„Natürlich. Severus, mach dir weniger Gedanken und schlaf. Wir müssen morgen früh raus“, sagte Harry, der sich nochmal bequemer an ihn kuschelte und einen Kuss auf ihre verflochtenen Hände setzte.

Als Antwort küsste ihn Severus kurz in den Nacken und murmelte ein, „Gute Nacht.“

„Mhm und schlaf auch wirklich“, sagte Harry, der genau wusste, dass Severus noch lange grübeln würde.
 

Er hatte Recht gehabt mit seiner Vermutung doch wie stark sich das auf Severus auswirkte, begriff er erst als er mitten in der Nacht aufwachte und alleine im Bett lag. „Was bei Merlin...?“, murmelte er während er nach dem Zauberstab griff und die magischen Lampen zum Leben erweckte. Doch das Bild blieb gleich, er war alleine und da die Badtür einen Spalt offen stand, sah er, dass das Bad dunkel und leer war. Verwirrt krabbelte Harry aus dem Bett und ging nach nebenan ins Wohnzimmer und hier wurde er fündig.

„Wieso bist du wach?“, fragte Severus ihn vom Sessel aus.

„Wieso ich wach bin? Mir war kalt weil mein Freund sich klammheimlich aus dem Staub gemacht hat“, gab Harry gähnend zurück. Er durchquerte das Wohnzimmer, nahm Severus das Buch ab und setzte sich auf seinen Schoß. „Warum bist du hier und nicht bei mir im Bett?“, fragte er.

Severus schlang die Arme um seine Taille und sagte, „ich konnte nicht schlafen und wollte dich nicht wach halten.“

„Also sitzt du lieber alleine mitten in der Nacht im Wohnzimmer rum?“

„Ja, so kannst du wenigstens schlafen.“

„Du bist dann morgen völlig übermüdet. Severus, komm wieder mit ins Bett, ich will nicht alleine schlafen“, sagte Harry.

„Ich kann nicht schlafen.“

„Warum machst du dir solche Gedanken? Ich verlasse dich nicht, egal was du dir zusammen spinnst. Ich habe alle Zeit der Welt und wenn wir keinen Sex haben, dann ist es eben so. Wir wissen ja Beide, dass es auch anderes Sachen gibt aber ich bin mir sehr sicher, dass wir das noch hinbekommen. Severus, warum setzt du dich so unter Druck? Warum kannst du es nicht einfach genießen?“, fragte Harry, der den Kopf an seine Schulter lehnte.

Er rechnete nicht mit einer Antwort doch Severus sagte, „Weil ich Angst habe.“

„Angst? Wovor?“

„Dass es dir zu viel wird und du gehst. Du bekommst von allen Seiten Druck und hast dann noch Probleme in der Beziehung wegen der du diesen Druck hast. Das ist auch Dauer nicht gut und ich habe Angst, dass du dir Jemanden suchst, mit dem es einfacher ist“, gestand Severus zögerlich, „es ist das erste Mal, dass eine Beziehung so eine Tiefe erreicht und wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht was ich machen muss, oder soll. Ich habe Angst, dass ich etwas falsch mache und damit alles ruiniere. Es ist so ungewohnt, so neu, ich weiß einfach nicht, was richtig und falsch ist.“

„Ich habe keine Probleme in meiner Beziehung, ich bin sehr zufrieden. Ich habe keinen Druck, von wem auch? Ja, einige meiner Freunde haben sich von mir abgewandt, dafür habe ich neue Freunde bekommen. Gleicht sich also aus. Ich wusste am Anfang auch nicht, was ich machen muss oder soll und wir haben es trotzdem hinbekommen. Severus, du hast mir damals gesagt, dass ich alles auf mich zukommen lassen soll also warum hältst du dich nicht an deine eigenen Worte? Du hast doch am Anfang auch nicht daran geglaubt, dass es zwischen uns funktioniert und doch wollen wir übermorgen unser Einjähriges feiern“, sagte Harry, der den Kopf hob und ihn ernst ansah, „ich verlasse dich nicht, habe ich absolut keinen Grund zu. Ich weiß, wie du bist, charakterlich wie auch körperlich. Ich wusste von Anfang an auf was ich mich einlasse und ich bereue es absolut nicht. Also hör endlich auf dir Gedanken zu machen. Lass uns ins Bett gehen und schlafen, ich will Draco morgen nicht erklären müssen warum du am Frühstückstisch eingeschlafen bist.“

Damit erhob er sich und zog Severus einfach mit hoch, er wusste, dass er jetzt keine vernünftige Antwort bekommen würde.

„Schlaftrank?“, fragte Harry während er Severus Richtung Schlafzimmer zog.

„Nein.“

„Aber du schläfst auch, oder?“

„Ja.“

Harry musste sich damit zufrieden geben, er hoffte allerdings, dass sich Severus seine Worte zu Herzen nehmen würde und ihm endlich glauben würde.

Kapitel 43

Kapitel 43
 

„Sie sind zu spät“, maulte Scorpius. Sein Blick ging zum Weihnachtsbaum und den Geschenken, die er erst nach dem Frühstück auspacken durfte. Und dieses Frühstück verzögerte sich weil Severus und Harry immer noch nicht da waren.

„Wie alt bist du nochmal?“, fragte Draco, der ruhig im Sessel saß und einen Tee trank.

„Zu Weihnachten? Fünf“, gab sein Sohn grinsend zurück.

„Das hatte ich befürchtet. Sie werden schon auftauchen, Beide haben zugesagt.“

„Sie sind trotzdem zu spät“, maulte Scorpius.

„Setz dich und benimm dich deinem Alter entsprechend. Du bist achtzehn und nicht fünf.“

Murrend ließ sich Scorpius in einen Sessel fallen, die Arme vor der Brust verschränkt und schmollend.
 

Severus und Harry tauchten eine Stunde später auf und wurden von Draco begrüßt, „ich soll euch mitteilen, dass ihr zu spät seit.“

Während Severus die Stirn runzelte, grinste Harry und meinte, „du hättest ihm schon ein Geschenk geben können.“

„Nein. In diesem Haus wurden die Geschenke immer nach dem Frühstück ausgepackt und das werden wir nicht verändern weil mein Herr Sohn denkt, dass er wieder fünf ist“, gab Draco ernst zurück. Er war ihnen in der Eingangshalle entgegen gekommen während Scorpius schon ins Esszimmer gegangen war. „Darf ich fragen warum ihr zu spät seit oder ist die Frage unangebracht?“, fragte er während sie sich auf den Weg machten.

„Verschlafen“, war die knappe Antwort von Severus und seine Stimme machte deutlich, dass er keine weiteren Nachfragen zu dem Thema hören wollte. Harry zuckte entschuldigend mit den Schultern und schwieg. Auch Draco fragte nicht weiter nach sondern nahm es hin und entschloss sich dazu Harry bei ihrem nächsten Treffen alleine nochmal dazu zu befragen. Doch heute wollten sie Weihnachten feiern.
 

Knapp zwei Stunden später saßen sie zu viert im Wohnzimmer und packten Geschenke aus. Hauptsächlich wurden praktische Dinge verschenkt, Scorpius bekam die komplette Grundausstattung, die er für seine Ausbildung benötigte. Er hatte eine Ausbildungsstelle bei Gringotts als Fluchbrecher erhalten und würde am 6. Januar anfangen. Bei Harry hatten sich alle mehr oder weniger abgesprochen, er bekam Sachen für seine Heilerausbildung. Severus wurde fast von Büchern erschlagen und Draco konnte sich über einige Dinge für sein Büro freuen.

Doch dann runzelte Draco die Stirn und sagte, „wenn ich richtig gezählt habe, hat Severus ein Geschenk zu wenig. Harry?“

„Ich trau mich nicht“, gestand Harry.

„Du traust dich nicht deinem Freund ein Weihnachtsgeschenk zu geben?“, fragte Scorpius etwas ungläubig nach.

„Falsch. Ich traue mich nicht ihm das Weihnachtsgeschenk zu geben, dass ich gekauft habe. Ich habe Angst, dass er mich damit schlägt.“

Jetzt legte Severus den Kopf schief und murrte, „gib es schon her, ich kann es mir denken.“

„Du versprichst mich nicht zu schlagen“, forderte Harry doch Severus grinste nur bis Harry seufzte und den Stab schwang.

Ein langes, schmales Päckchen erschien vor Severus, der nur den Kopf schüttelte und es auspackte, er hatte es fast geahnt. Keiner sagte etwas und Harry zog schon mal vorsichtshalber den Kopf ein als Severus den neuen Gehstock aus dem Päckchen nahm und begutachtete. Schwarzes Holz mit einer feinen rostroten Maserung, am unteren Ende ein Puffer aus magischem Silber, der sich jedem Untergrund anpasste. Der Griff war eine Sonderanfertigung und Harry war froh, dass es noch fertig geworden ist, er war sich nur nicht sicher ob er Severus gefiel.

„Hatte ich dir nicht irgendwann mal gesagt, dass ich diese Tiere nicht leiden kann?“, fragte dieser gerade während er die Hand prüfend um den Griff in Form einer Fledermaus mit ausgebreiteten Flügel schloss.

„Du hast einen Ruf zu verteidigen wenn du wieder als Tränkelehrer arbeitest“, warf Draco grinsend ein, er bekam dafür einen Schlag mit dem Stock.

„Hey, du hast versprochen nicht damit zu schlagen“, protestierte Draco sofort.

„Ich habe gar nichts versprochen und wenn dann schlage ich nur Harry damit nicht, den verfluche ich“, gab Severus zurück.

Während sich Draco schmollend zurücklehnte, grinste Harry und Scorpius versuchte sein Lachen hinter einem Husten zu verstecken.

„Gefällt er dir?“, fragte Harry vorsichtig.

„Egal ob er mir gefällt oder nicht, ich werde ihn nutzen müssen.“

„Jetzt sag schon, dass er dir gefällt, du elender Griesgram.“

Doch Severus grinste ihn nur an.

„Er gefällt ihm also, gut. Was habt ihr heute von vor?“, fragte Draco jetzt.

„Nicht viel aber wenn du schon so fragst, hast du noch was vor.“

Draco nickte und sagte, „es ist eigentlich nur ein Vorschlag aber ihr könntet den Tag hier verbringen. Ein paar fiese Geschichten aus der Vergangenheit aufwärmen, ein paar Partien Schach spielen, ein paar Unterhaltungen führen, Tee und Kekse essen, einfach einen schönen Tag im Kreise der Familie verbringen.“

Harry schwieg, er wollte die Entscheidung Severus überlassen doch ihm fiel sofort ein Problem ein denn der Sprachtrank wirkte maximal bis sechzehn Uhr. Einen Zweiten würde er definitiv nicht erlauben und nach dem Blick, den ihn Severus gerade zuwarf, wusste der das ganz genau.

„Es geht um deine Stimme, oder?“, fragte Draco. Zögernd nickte Severus und Draco sagte, „du könntest mit dem Zauberstab antworten oder ganz normal mit deiner eigentlichen Stimme. Ich weiß, dass die nicht mehr lange ein Geheimnis ist.“

Der Blick, der Harry jetzt traf, ließ ihn schlucken, das würde wahrscheinlich noch Konsequenzen haben. Er sollte schon mal den Verwandlungszauber für die Couch üben.

„Was genau weißt du?“, fragte Severus jetzt.

„Dass es ab dem nächsten Schuljahr keine Sprachtränke mehr in Hogwarts geben wird“, sagte Draco ausweichend.

Severus' Blick veränderte sich bevor er sich einfach erhob und den Raum verließ, ohne den neuen Gehstock.
 

„Tut mir leid“, sagte Draco leise, „ich dachte, er weiß, dass ich Bescheid weiß.“

„Weiß er nicht. Er wusste nicht, dass wir uns darüber unterhalten haben. Aber geht schon klar, ich geh das eben klären“, sagte Harry, der sich schon erhob. Er griff sich den Gehstock und folgte Severus.

„Wird er das schaffen?“, fragte Scorpius vorsichtig.

„Ja, wird er. Severus ist ein sehr stolzer Mensch. Manchmal viel zu stolz. Das Wissen, dass ich schon weiß, dass er seine eigentliche Stimme nutzen muss, ist schrecklich für ihn.“

„Warum?“

„Weil er sich damit eingestehen muss, dass ich eine weitere Schwäche von ihm kenne“, sagte Draco.

„Aber das wusstest du doch schon immer. Es ist seit der Verhandlung kein Geheimnis mehr, dass er körperlich geschädigt ist und auch seine Stimme beschädigt ist. Wenn er sowieso im nächsten Schuljahr mit dieser Stimme auftritt, macht das doch gar keinen Unterschied“, konterte Scorpius.

„Für uns nicht, für Severus ja.“

„Versteh ich nicht.“

„Musst du nicht. Los, mein Sohn, wir räumen hier etwas auf bevor sie wieder kommen“, sagte Draco während er schon aufstand und den Zauberstab zog. Sein Sohn folgte seinem Beispiel.
 

Harry war Severus unterdessen in die Kellerräume gefolgt und hatte erstaunt festgestellt, dass es hier unten eine eigene Wohnung und ein komplett eingerichtetes Tränkelabor gab. Er hatte mit Draco nie darüber geredet und die Führung durch das Manor hatte sich auf die oberen Etagen beschränkt. Er musste ihn nicht rufen, er fand ihn in dem Labor.

„Severus?“

„Warum hast du mit Draco darüber geredet?“, fragte Severus ohne sich zu ihm umzudrehen. Er stand vor einem der Regale und hatte den Blick auf die unzähligen Phiolen, Kessel und Glasbehälter gerichtet.

„Weil er dein Patenkind ist und sich regelmäßig nach dir erkundigt hat und da ist es einfach zur Sprache gekommen. Er hat deswegen nicht weniger Respekt oder Achtung vor dir“, gab Harry zurück während er den Raum durchquerte und hinter ihm stehen blieb, er berührte ihn allerdings nicht.

„Warum musst du jedem auf die Nase binden wie mein körperlicher Zustand ist?“, fragte Severus.

„Ich binde niemanden etwas auf die Nase. Ich habe deinem Patenkind gegenüber erwähnt, dass du ab nächsten Schuljahr ohne Sprachtrank unterrichten wirst. Ich habe ihm weder etwas über deine Stimme noch über andere Probleme erzählt“, gab Harry ruhig zurück.

„Und Scorpius?“

„Hat es wahrscheinlich gerade erst erfahren.“

„Warum tust du das?“, fragte Severus weiter, „warum musst du es allen erzählen? Reicht es nicht, dass ich auf diesen verdammten Stock angewiesen bin und jeder weiß, dass ich ein körperlicher Krüppel bin? Musst du auch noch allen erzählen, dass meine Stimme falsch ist?“

Harry trat noch einen Schritt näher und umarmte ihn vorsichtig, „weil ich stolz auf dich bin.“

„Stolz? Auf was könntest du stolz sein?“

„Auf dich und zwar von ganzem Herzen. Severus, du hast in der Vergangenheit Großartiges geleistet und Schreckliches durchgemacht. Ich bin stolz auf die Fortschritte, die du gemacht hast. Darauf, dass du wieder fast normal laufen kannst. Dass du der Welt mit Gehstock entgegen trittst und dich nicht mehr versteckst. Ich bin stolz auf dich, dass du endlich aus deinem Schneckenhaus raus gekommen bist und allen zeigst, was für ein wunderbarer Mann und fantastischer Lehrer du bist“, sagte Harry, der sich einfach an seinen Rücken schmiegte.

„Ist das dein Ernst?“

„Jedes einzelne Wort. Severus, du hast dich fast zwanzig Jahre in deinem Büro versteckt, es wird Zeit, dass du der Welt zeigst, dass du noch genauso sein kannst wie früher. Du hast es nicht nötig dich zu verstecken und ich bin stolz auf dich, dass du diesen Weg gehst. Und genau das möchte ich eigentlich allen entgegen schreien aber ich beherrsche mich ja“, sagte Harry.

Er spürte wie Severus seine Arme von sich löste, sich umdrehte und seine Arme dann wieder um sich legte, die Umarmung wurde jetzt erst erwidert. „Du bist ein sentimentaler Trottel“, murrte Severus.

„Ich weiß und dafür hast du mich ganz, ganz doll gerne“, gab Harry grinsend zurück.

„Nein, habe ich nicht.“

„Nicht?“

„Nein.“

„Was dann?“, fragte Harry, der den Kopf jetzt von seiner Schulter nahm und ihn ansah, seinem Blick wurde ausgewichen.

Kurz darauf löste sich Severus von ihm und griff nach dem Gehstock um zu gehen. „Lass uns zurück zu Draco und Scorpius gehen“, sagte Severus ohne ihn anzusehen.

Harry seufzte leise, er hätte gerne eine Antwort bekommen aber er wusste, dass er erst recht keine Antwort bekam wenn er ihn bedrängte also schob er die ausstehende Antwort beiseite und folgte Severus.
 

Sie verbrachten den Tag wirklich zu viert im Wohnzimmer, Severus erst noch etwas zurückhaltend doch sowohl Draco wie auch Scorpius gingen nicht näher darauf ein und so blieb ihm nichts anderes übrig als sich am gesellschaftlichen Leben zu beteiligen. Gegen halb zwei wurde das Treiben allerdings unterbrochen, von einem schweren Hustenanfall von Severus.
 

„Was sollen wir machen?“, fragte Draco. In seiner Stimme schwang die gleiche Panik mit, die in Scorpius' Gesicht geschrieben stand.

„Warten und ein Glas Milch bereitstellen“, gab Harry zurück, der sich neben Severus aufs Sofa setzte und ihm leicht über den Rücken strich. Doch er spürte sofort, dass sich Severus nur immer weiter verkrampfte und er wusste warum, sein Freund versuchte krampfhaft eine aufrechte Position bei zu behalten. „Könntet ihr kurz raus gehen?“, fragte er leise.

Zwar wurde er seltsam angeguckt doch dann stand Draco auf und zog seinen Sohn hoch. „Wenn ihr etwas braucht, ruft einfach nach uns oder einem Hauselfen“, sagte er beim Rausgehen.

„Danke“, rief ihm Harry hinterher bevor er sich an Severus wandte, „jetzt hörst du bitte mit deinem falschen Stolz auf.“
 

Severus warf ihm nur einen Blick zu, dann gab er den Kampf gegen die Nachwirkungen des Trankes auf. Wie schon immer rutschte er einfach vom Sofa und kniete sich auf den Boden, das Husten fiel ihm fast sofort leichter und die Schmerzen nahmen deutlich ab.

„Warum nicht gleich so?“, seufzte Harry, der sich neben ihn kniete und wieder über seinen Rücken strich. Er konnte nur warten, so wie immer.
 

Knapp zwanzig Minuten später schwang Harry den Zauberstab um Severus' Roben wieder zu trocknen, er hatte sie schlicht und einfach durchgeschwitzt. Er fragte nicht, ob er Hilfe beim Aufstehen brauchte sondern griff ihm unter die Arme und half ihm vorsichtig auf.

„ Ich bräuchte mal einen Hauselfen hier“, rief er während er Severus auf die Couch half.

Hinter ihm ploppte es, „was braucht Master?“

„Ich hätte gerne ein Glas Milch“, sagte Harry während er sich umdrehte.

Die Hauselfe nickte und verschwand, kurz darauf tauchte auf dem Tisch ein Glas Milch auf. Wortlos griff Severus nach dem Glas und leerte es, dann lehnte er sich zurück und schloss die Augen. Er sah nicht nur geschafft aus, er war es auch, wie Harry sehr gut wusste.

„Wollen wir gehen?“, fragte er sanft.

„Willst du?“, war die Gegenfrage, wesentlich krächzender als Harry gewohnt war.

„Dein Körper stößt den Trank ab, oder?“, fragte er.

„Wie kommst du darauf? Ich habe dir doch gesagt, dass er sich daran gewöhnen muss.“

„Lüg mich nicht an. Er wirkt kürzer, die Anfälle sind stärker und es greift deinen Körper mehr an. Also liegt der Schluss nah, dass dein Körper sich dagegen wehrt und ihn abstößt“, erklärte Harry.

Severus hob den Kopf und sah ihn an, er musste nichts sagen, sein Blick sagte alles.

„Also, wollen wir gehen?“

„Nein, hol die Zwei rein. Ich will euch nicht den Tag verderben“, sagte Severus, der allerdings in seine Tasche griff und eine Phiole zum Vorschein brachte.

„Du willst nicht noch einen Sprachtrank nehmen, oder?“

„Hatte ich eigentlich vor. Harry, ich kann das nicht und ich will nicht den ganzen Tag mit dem Zauberstab schreiben. Es ist nur ein Trank“, sagte Severus.

„Der dich körperlich wieder angreift. Severus, der Trank ist nicht nötig. Du kennst Draco seit seiner Geburt, er mag und respektiert dich, egal wie es dir geht“, sagte Harry, der langsam wütend wurde. Er verstand diese Halsstarrigkeit im Bezug auf Draco nicht.

„Aber mir ist das nicht egal. Warum verstehst du das einfach nicht? MIR ist es nicht egal“, knurrte Severus, „mir ist nicht egal, wie mich die Leute sehen. Wie mich Draco sieht. Ich will nicht, dass er mich so sieht, dass er diese Stimme hört.“

„Aber das ist doch Blödsinn. Er wird nicht weniger Respekt vor dir haben. Du stellst dich einfach nur an.“

Noch bevor Severus antworten konnte, klopfte es an die Tür und Draco fragte, „ist bei euch alles in Ordnung? Können wir wieder rein kommen?“

„Moment“, rief Harry bevor er zu Severus sagte, „Ich will nicht, dass du den Trank nimmst. Nimm halt den Zauberstab wenn es unbedingt sein muss aber keinen Trank. Stell dich deinem Patensohn, du bist doch kein Kind mehr.“

„Das scheinst du vergessen zu haben“, knurrte Severus leise.

„Was habe ich vergessen?“, fragte Harry verwirrt.

Severus sah ihn seltsam an, trank dann plötzlich die Phiole leer und fuhr ihn dann an, „dass ich nicht dein Kind bin. Ich bin erwachsen, ich weiß, was ich meinem Körper zumuten kann und was du willst, ist mir in diesem Fall egal. Ich habe mich in den letzten Monaten ständig nach dir gerichtet, alles, was du wolltest, hast du durchgesetzt. Ich benutze diesen dreimal verfluchten Stock und ich habe dir zugesagt, dass ich den Trank ab nächsten Schuljahr nicht mehr nutzen werde und das alles für dich. Aber das reicht dir anscheinend nicht, du willst mich auch noch vor meinem Patensohn demütigen. Warum kannst du nicht verstehen, dass mir das zu schnell geht? Warum kannst du es nicht mal auf etwas beruhen lassen? Ja, der Trank schadet mir aber noch mehr schadet mir momentan mein Freund, der mich in alle möglichen Lebenslagen pressen will ohne zu beachten, dass ich das nicht will.“

Mit jedem Wort war er lauter geworden und mittendrin war er sogar aufgestanden und war wütend hin und her gelaufen, mehr gehumpelt als gelaufen aber die Botschaft war klar. Harry starrte ihn nur fassungslos an, damit hatte er nicht gerechnet, genauso wenig wie mit den nächsten Worten, „Ich gehe jetzt, ich denke, ich brauche etwas Abstand. Das wird mir alles zu viel.“

„Was?“

„Du hast mich verstanden“, knurrte Severus bevor er sich einfach umdrehte und ging.

Als er die Tür aufriss, trat Draco sicherheitshalber einen Schritt zurück denn er hatte die Worte natürlich gehört und hielt ihn jetzt lieber nicht auf. Er spürte wenig später wie jemand durch die Schutzschilde disapparierte. Mit einem Seufzen betrat er das Wohnzimmer und setzte sich Harry gegenüber, der ihn einfach nur verwirrt anstarrte.

„Ich geh lieber in mein Zimmer“, sagte Scorpius hinter ihm, Draco nickte nur wortlos.
 

„Hat er Recht?“, fragte Harry irgendwann, „du hast doch alles gehört, hat er Recht?“

„Womit?“

„Damit, dass ich ihn drängen würde ohne auf seine Gefühle Rücksicht zu nehmen. Ich will doch nur sein Bestes.“

„Seins oder Deins?“, fragte Draco leise.

„Wie meinst du das?“

„So, wie ich es sage. Harry, willst du das alles um seinetwillen oder damit er besser in der Öffentlichkeit dar steht und du dich nicht für ihn schämen musst? Dass du es vor deinen Freunden besser rechtfertigen kannst? Harry, versteh mich nicht falsch, ich freue mich sehr, dass ich wieder Kontakt zu meinem Paten habe aber ich verstehe ihn auch in gewisser Weise. Du hast ihn in den letzten Monaten sehr bedrängt, vielleicht etwas zu sehr. Und ich frage mich ob du das wirklich seinetwillen tust oder für dich“, erklärte Draco, „oder lass es mich anders formulieren, könntest du auch mit ihm zusammen sein und leben wenn er das alles nicht macht? Wenn er nicht wieder Lehrer wird sondern es vorzieht sich weiter in seinem Büro zu verstecken? Wenn er nicht auf Sprach- und Nerventränke verzichten will? Würdest du dann auch noch mit ihm zusammen sein wollen?“

„Ja, würde ich und ich glaube, ich verstehe es langsam. Aber so war das nicht gemeint, ich wollte ihn nicht zu irgendetwas drängen, ich wollte nur sein Bestes“, sagte Harry, der mittlerweile sehr nachdenklich aussah.

Er dachte an die letzten Monate zurück und er musste sich leider eingestehen, dass sowohl Severus wie auch Draco Recht hatten. Er hatte seine Vorstellungen sehr rücksichtslos durchgesetzt. Er hatte zwar die Widerworte gehört aber sie nicht wirklich akzeptiert und sich immer wieder darüber hinweg gesetzt.

„Ich habe seine Bedürfnisse wirklich ignoriert“, seufzte Harry schließlich leise.

„Und warum?“

„Weil ich sein Bestes will. Er braucht die Tränke nicht, er kann alles auch ohne sie tun ohne sich für irgendetwas schämen zu müssen. Warum versteht das keiner? Er ist ein großartiger Mann, er hat es nicht nötig sich zu verstecken oder irgendetwas vor zu täuschen. Draco, du hättest ihn sehen sollen als er von den Unterrichtsstunden in den UTZ-Kursen erzählt hat. Er hat förmlich gestrahlt, du hättest ihn bei den Strafarbeiten sehen sollen, er ist wieder aufgeblüht. Er lebt wieder, er vegetiert nicht mehr vor sich hin, er lebt wieder, er hat wieder Freude am leben“, sagte Harry ernst, „ich war auch mit ihm zusammen als er noch in seinem Schneckenhaus gewohnt hat. Ich liebe den Mann und nicht das, was er kann aber ich sehe es nicht ein, ihn in seinem falschen Wahn zu unterstützen.“

„Welcher Wahn?“, fragte Draco dazwischen.

„Weißt du eigentlich, dass er mir bis heute nicht glaubt, dass ich ihn nicht verlasse weil er körperlich und geistig beeinträchtigt ist?“, fragte Harry mit einem traurigen Lächeln.

„Geistig? Er ist doch total klar.“

„Das meine ich nicht. Hast du zufällig von dem Vorfall mit meiner Ex und den Auroren in Hogwarts gehört?“

„Ja, so am Rande“, gab Draco ausweichend zu und Harry war sich sicher, dass er den gesamten Vorfall sehr genau kannte.

„Er ist danach, als alle weg waren, zusammengebrochen. Nach Oliver hat er ein schweres Trauma von Askaban und das hat er bis jetzt vor mir verborgen. Erst an diesem Tag habe ich das erfahren und ich bin immer noch mit ihm zusammen“, sagte Harry.

„Das wusste ich nicht aber was hat das mit seinen Vorwürfen zu tun?“

„Ganz einfach, den Termin bei Oliver habe nicht ich gemacht sondern er. Ich habe ihn nicht gezwungen mit Oliver zu reden, dass hat er ganz alleine entschieden“, erklärte Harry.

„Warum hast du nicht darauf bestanden?“, fragte Draco.

„Weil es keinen Sinn macht und ich genau wusste, dass es zu viel für ihn war. Ja, ich bestehe auf viele Dinge, die für Außenstehende vielleicht nach Zwang aussehen aber ich sehe was Severus leisten kann. Ich kenne ihn wohl besser als jeder Andere, ich sehe Fortschritte, wo andere nur Stillstand sehen. Ich kenne seine Macken, seine Anfälle, geistig wie körperlich und ich komme mit allem klar.“

Draco seufzte leise und fragte dann, „Was hast du jetzt vor? Willst du hier schlafen? Ich habe genug Gästezimmer.“

Harry lachte, schüttelte den Kopf und meinte dann, „Lieber nicht, ich schlafwandle und ich möchte morgen früh nicht in deinem oder noch schlimmer in Scorpius' Bett aufwachen. Ich werde nach Hause gehen.“

„Grimmauldplatz?“

„Das war das Zuhause von Sirius, mein Zuhause ist Hogwarts oder Spinner's End.“

„Hat er nicht eben gesagt, dass er Abstand braucht?“, fragte Draco zweifelnd.

„Ja, und jetzt sitzt er wahrscheinlich in irgendeinem Sessel und denkt darüber nach wann ich ihn nach dieser Aussage verlasse“, murrte Harry.

„Glaubst du?“

„Weiß ich. Wir hatten so ein ähnliches Gespräch letzte Nacht. Er ist der felsenfesten Meinung, dass ich ihn verlasse weil ein bestimmter Aspekt unserer Beziehung nicht so funktioniert wie es wohl normal wäre“, sagte Harry ausweichend.

Draco hob eine Augenbraue doch er fragte nicht nach, er konnte sich fast denken worum es ging. „Würdest du?“, fragte er stattdessen.

„So ein Schwachsinn, fang du nicht auch noch damit an. Ich habe so viel mit ihm durchgemacht, ich werde ihn garantiert nicht verlassen weil es ein paar kleine Probleme in unserer Beziehung gibt.“

„Willst du gleich nach Hause?“

„Nein. Er bekommt den Abstand, den er haben möchte. Ich bleibe bis heute Abend hier und flohe dann nach Hause.“

„Meinst du, das geht gut?“, fragte Draco, „vielleicht macht er sich Vorwürfe?“

„Er möchte Abstand, den kann er bis heute Abend haben, danach kann er sich wieder mit mir auseinander setzen. Wenn er nicht mit mir reden will, ist das sein gutes Recht, dann schlafe ich eben auf der Couch. Aber ich werde mich nicht von meinem Freund fern halten. Wir sind erwachsene Menschen, wir müssen über jedes Thema normal reden können und das verlange ich auch“, erklärte Harry.

„Ob er das auch so sieht?“

„Werden wir sehen. Wollen wir Scorpius wieder runter holen? Der arme Kerl muss nicht den ganzen Tag in seinem Zimmer hocken.“

Etwas verwirrt über den plötzlichen Themawechsel brauchte Draco einen Moment um zu reagieren doch dann nickte er. „Ich hole ihn“, sagte er während er sich schon erhob. Er wollte Harry die Möglichkeit geben sich kurz zu sammeln auch wenn er nicht glaubte, dass die Stimmung wieder aufkommen würde. Aber sie würden das Beste aus dem Tag machen.
 

Nach dem Abendessen machte sich Harry aufbruchsbereit, Draco drückte nochmal seine mögliche Gastfreundschaft aus doch Harry lehnte ab. Er hatte im Laufe des Abends ein immer schlechteres Gefühl bekommen und er wollte nach Severus sehen. Und so begleitete Draco ihn in die Eingangshalle um ihn zu verabschieden, Scorpius hatte das schon im Esszimmer getan.

„Ich bin noch eine ganze Weile auf, wenn was ist, schick mir eine Eule oder wenn es sehr eilig ist einen Patronus. Du kannst auch jederzeit herkommen“, sagte Draco.

„Danke aber ich denke, ich schaffe das schon.“

„Wo wirst du hingehen? Hogwarts?“

„Nein, Spinner's End. Da wollten wir zumindest vor dieser Sache die Weihnachtsferien verbringen. Vielleicht tauche ich aber nochmal bei dir auf, so um ein paar Stunden oder Tage tot zu schlagen“, sagte Harry.

„Gerne, du bist jederzeit willkommen und Severus natürlich auch.“

Harry nickte nochmal und verschwand dann mit einem Knall.
 

Er wurde erwartet, von einem völlig aufgelösten Hauself und einem komplett zerstörten Wohnzimmer. „Was ist denn hier passiert?“, entfuhr es Harry.

„Master Snape“, war alles was Fino leise sagte.

„Er war das? Warum hast du mich nicht geholt?“, fragte Harry, der die Lampen an machte und sich genauer umsah. Das Wohnzimmer sah aus als hätte jemand einen Orkanzauber darin ausprobiert.

„Master Snape hat einen Bann über Fino gesprochen. Fino kann seine magischen Kräfte nicht benutzen. Fino wollte helfen aber Master Snape hat ihn angeschrien und ist in den Keller gegangen. Master Snape hat die Tür versiegelt, Fino kann nicht zu ihm“, sagte der Hauself aufgeregt.

„Hat er da unten auch etwas zerstört?“

„Fino hat böse Geräusche aus dem Keller gehört. Fino hat an die Tür geklopft aber Master Snape hat nicht aufgemacht.“

„Noch etwas?“

Fino nickte und trippelte zur Vitrine, die er öffnete. Harry sah auf den ersten Blick, dass die zwei Flaschen Feuerwhisky fehlten und Finos nächste Worte bestätigten seinen Verdacht, „Master Snape hat beide Flaschen Whisky mitgenommen.“

„Danke Fino. Kann ich den Bann irgendwie von dir nehmen?“

„Nein, das kann nur Master Snape. Trotzdem dankt Fino Master Potter“, sagte Fino.

„Wenn er beide Flaschen getrunken hat, wird er den Bann erst morgen von dir nehmen können. So lange wirst du warten müssen“, sagte Harry entschuldigend.

„Das macht Fino nichts aus. Kann Master Potter Master Snape helfen?“

„Das hoffe ich. Danke Fino.“

Damit wandte sich Harry ab und ging in die Kellerräume. Scheinbar war Severus doch stärker abgestürzt als er gedacht hatte.
 

Das Labor, Severus' geheiligtes Labor, dass er mit sehr viel Liebe und Sorgfalt eingerichtet hatte, war schlicht und einfach zerstört.

Harry blieb fassungslos in der Tür stehen und starrte auf das Chaos, welches sich vor ihm ausbreitete. Es gab nicht eine ganze Phiole mehr in diesem Raum, Zutaten lagen wahllos verstreut, zusammen mit ganzen Lachen von Tränke in den unterschiedlichsten Farben, zerbeulte und zerstörte Kessel, Waagen und Schneidebrettern. Selbst der schwere Tisch, den Severus zur Vorbereitung genutzt hatte, war in mehrere Stücke gesprengt. Genau wie Teile der Wandverkleidung und der Sitzecke, die er hier für ihn eingerichtet hatte. Regale waren umgeworfen und zerstört. Das steinerne Becken, in dem Kessel gereinigt wurden, war gespalten, Wasser tropfte aus dem verbogenen Wasserhahn und mischte sich mit den Tränken auf den Boden.

Mitten drin hockte Severus, auf den Knien, mit dem Rücken zu ihm und von schweren Schluchzern durchgeschüttelt. Harry sah eine Flasche Feuerwhisky neben ihm liegen, leer, direkt daneben sein Zauberstab, in zwei Teile zerbrochen. Er seufzte leise, das hier hatte er nicht erwartet. Zumindest nicht in diesem Ausmaß.

Kapitel 44

Kapitel 44
 

Er zog seinen Zauberstab, sprach einen Schutzzauber auf seine Schuhe und machte sich dann daran den Raum zu durchqueren, langsam und vorsichtig. Scherben knirschten unter seinen Schuhen, die Tränkepfützen versuchte er zu umgehen denn er wusste nicht wie die verschiedenen Tränke miteinander reagierten. Severus hörte ihn nicht, er war völlig in seiner eigenen Welt. Er bemerkte ihn erst als Harry um ihn herum ging und sich vor ihn hockte, sorgsam darauf bedacht weder Scherben noch Flüssigkeiten zu berühren. Schwarze Augen sahen ihn völlig geschockt an.

„Was hast du denn hier veranstaltet?“, fragte Harry leise und sanft während er nach vorne griff und Severus die zweite Flasche Feuerwhisky aus der Hand nahm, sie war noch halb voll.

„Was machst du hier?“, war die Gegenfrage, erstickt und mit gepresster Stimme.

„Meinen Freund erst in die Dusche und dann ins Bett stecken“, gab Harry lächelnd zurück, er wurde nur absolut verständnislos angesehen.

Harry seufzte leise und richtete sich wieder auf, Severus folgte ihm mit dem Blick. Ohne weiter darauf einzugehen, griff er ihm unter die Arme und zog ihn hoch. Severus schwankte, wollte sich von ihm lösen doch er war ihm körperlich unterlegen.

„Lass das, du fällst nur hin und tust dir weh. Du gehst jetzt duschen und dann ins Bett“, sagte Harry, der ihm einen Arm um die Taille legte und ihn vorwärts zog.

„Wieso bist du hier? Willst du deine Sachen holen?“

„Ich bin hier weil ich hier mit meinem Freund wohne und genau diesen Freund ins Bett zu stecken“, gab Harry zurück.

„Freund?“

„Natürlich und darüber diskutiere ich auch nicht mit dir. Du bist betrunken und nicht zurechnungsfähig. Wir können morgen darüber reden wenn du das unbedingt möchtest.“

„Also willst du morgen gehen“, schloss Severus und wandte den Blick ab.

Harry schüttelte den Kopf, jede Diskussion war hier umsonst also beschloss er dieses Gespräch auf morgen zu verschieben. Jetzt mussten sie erst mal ins Bett.
 

Severus schien mit dem Gedanken abgeschlossen zu haben denn er wehrte sich nicht mehr. Weder als Harry ihn im Bad auszog und unter die Dusche stellte, noch als er ihn kurzerhand trocken rubbelte und per Zauber in Boxershorts steckte. Auch als er ihn ins Bett steckte, erfolgte keine Gegenwehr.

„Du bleibst hier liegen, ich geh duschen und komme dann ins Bett“, sagte Harry.

Severus drehte sich nur von ihm weg, ihm liefen immer noch die Tränen übers Gesicht. Harry seufzte leise, er hätte nie gedacht, dass dieser starke Mann mal so abstürzen würde aber er hatte aus seinen Fehlern gelernt und er hoffte, dass diese Sache auch nur ein Gutes hatte. Wenn sie das hier durchstehen würden, glaubte ihm Severus hoffentlich, dass er ihn nicht verließ wenn es mal etwas schwieriger wurde. Doch jetzt wollte er duschen gehen, er war sich, trotz Schutzzauber, nicht sicher ob er nicht etwas von dem Tränkemischmasch abbekommen hatte. Dann wollte er ins Bett.
 

Es war ruhig als er das Schlafzimmer wieder betrat aber zu seiner Erleichterung lag Severus noch im Bett, er war scheinbar eingeschlafen. Er hatte sich gedreht und lag jetzt mit dem Gesicht zu ihm. Harry schlüpfte unter die Decke und musterte ihn, so wie er es am zweiten Morgen, der er zu ihm geschlafwandelt war, gemacht hatte. Dieselben harten Gesichtszüge, jetzt noch mehr verkrampft, ob vor Schmerzen, dem Alkohol oder seinen Gefühlen wusste Harry nicht aber es war auch egal. Es tat ihm furchtbar leid, dass er Severus nicht sofort gefolgt war. Er hätte diesen Absturz verhindern können, wenn Severus ihm überhaupt zugehört hätte. Er seufzte leise und rutschte an Severus ran, der schlang im Schlaf sofort die Arme um ihn und drückte ihn eng an sich. Leises Schniefen war zu hören aber Severus wachte nicht auf. Harry kuschelte sich eng an ihn, er musste ihn irgendwie davon überzeugen, dass er diese ganze Sache hier todernst meinte. Aber nicht mehr heute, heute wollte er nur noch schlafen, der morgige Tag würde anstrengend genug werden.
 

Stechende Kopfschmerzen weckten Severus am nächsten Morgen, er schlug murrend die Augen auf und sofort spürte er, dass er alleine im Bett lag. Also hatte er sich das doch nur eingebildet. Er hatte geträumt, dass Harry gestern noch gekommen war und ihn ins Bett gebracht hatte, zusammen mit der Aussage, dass er immer noch sein fester Freund war. Aber er war alleine und würde es in Zukunft wohl auch wieder sein und bleiben. Gegen seinen Willen traten die Tränen wieder in seine Augen, er hasste es einfach aber in diesem Moment war ihm einfach nur zum heulen zumute. Er griff zum Nachttisch, wollte nach seinem Zauberstab greifen, verharrte aber mitten in der Bewegung als ihm der vergangene Abend einfiel.

Er hatte seinen Zauberstab zerbrochen, nachdem er erst das Wohnzimmer und dann sein Labor in seine Einzelteile geflucht hatte. Er hatte sich nicht anders zu helfen gewusst, die Wut auf sich selbst und die Verzweiflung hatten einfach ein Ventil gebraucht und so musste er sich jetzt wohl auf die Suche nach einem neuen Zauberstab machen. Seufzend ließ er sich in die Kissen zurück fallen, die Tränen liefen jetzt aber er hatte weder die Kraft noch die Motivation sie weg zu wischen. Warum auch? Es war ja keiner mehr da, der ihn so schwach erleben konnte. Mit einem Schluchzen drehte er sich um, vergrub das Gesicht in den Kissen und ließ seinen Gefühlen freien Lauf. Es war alles egal.
 

„Master Potter, Fino hört Master Snape“, piepste der Hauself und unterbrach Harry damit in seinen Vorbereitungen für das Frühstück.

„Will er wegrennen?“, fragte er.

„Nein. Master Snape weint.“

„Das hatte ich befürchtet. Ich würde ja nach oben gehen aber dann brennt mein Frühstück an“, sagte Harry mit einem Blick auf die brutzelnden Pfannen und auch die Brötchen im Ofen waren fast fertig, genau wie der Kaffee.

„Fino würde gerne helfen aber Fino kann nicht“, sagte der Hauself todunglücklich.

„Ich weiß, Fino, ich weiß. Ich möchte nicht, dass du in die Keller gehst. Das muss mit dem Zauberstab gereinigt werden, alles andere wäre zu gefährlich.“

Der Hauself nickte traurig, er hatte heute Morgen angefangen das Wohnzimmer aufzuräumen aber Master Potter hatte ihn daran gehindert. Er wollte nicht, dass er sich verletzte und das hatte Fino zu Tränen gerührt.

„Sag mir bitte Bescheid wenn er versucht wegzurennen“, sagte Harry, der langsam das Frühstück auf dem Tablett verteilte.

„Macht Fino.“

„Danke.“
 

Er hörte Geräusche, wahrscheinlich Fino, der versuchte das Chaos aufzuräumen, dass er selbst hinterlassen hatte. Aber warum störte ihn das so? Natürlich, Severus setzte sich langsam auf und wischte sich grob übers Gesicht. Er musste Fino daran hindern, er würde sich an den Scherben verletzte weil er seine Kräfte nicht einsetzen konnte. Sehr beschämt dachte er daran, wie er den armen Hauselfen am Abend mit dem Bann belegt hatte, er hoffte sehr, dass Fino ihm nicht böse war. Fino war wohl der Einzige, der es auf Dauer mit ihm aushielt. Er schloss kurz die Augen und atmete ein paar Mal tief durch, es war nicht das erste Mal, dass eine Beziehung in die Brüche ging aber es würde das letzte Mal gewesen sein. Nochmal wollte er diese Sache nicht durchmachen, dieses Gefühl als würde einem das Herz aus der Brust gerissen werden. Das leise Knarren der Tür ließ ihn aufsehen, was wollte Fino von ihm? Doch es war nicht Fino, der in der Tür stand sondern Harry, der ein Tablett auf den Armen balancierte und langsam näher kam.

„Du bist wach, das ist schön. Dann können wir frühstücken“, sagte Harry lächelnd.

„Du bist nicht echt“, keuchte Severus, der ihn fast schon panisch anstarrte.

„Doch, ich bin sehr echt.“

„Nein, bist du nicht. Du bist gegangen.“

„Falsch, du hast mich bei Draco sitzen lassen und wolltest Abstand. Den habe ich dir bis zum Abend gegeben und dann bin ich hierher gekommen. Wo ich meinen Freund im zerstörten Kellerlabor gefunden habe und ihn dann erst in die Dusche und dann ins Bett gesteckt habe“, erklärte Harry, der das Tablett jetzt per Zauberstab über dem Bett in der Schwebe hielt.

„Wann willst du gehen?“, fragte Severus, der den Blick jetzt abwandte.

„Heute gar nicht mehr. Morgen gehen WIR in die Winkelgasse zu Ollivander um dir einen neuen Zauberstab zu besorgen. Ich glaube nicht, dass wir deinen Alten reparieren können, das Innenleben hat sich leider in den ausgelaufenen Tränken aufgelöst“, erklärte Harry, der das Tablett jetzt in der Position fixierte und hinter Severus aufs Bett rutschte. Noch bevor Severus möglicherweise flüchten konnte, saß Harry direkt hinter ihm und schlang die Arme um seine Taille, Severus zuckte wie geschlagen zusammen.

„Warum?“, flüsterte er leise.

„Naja, du brauchst doch einen Zauberstab und heute haben die Läden zu.“

„Das meine ich nicht.“

Harry seufzte, gab ihm einen Kuss in den Nacken und sagte, „dann präzisiere deine Frage bitte. Es gibt so viel Warums.“

„Warum bist du hier?“, fragte Severus mit gepresster, tränenerstickter Stimme.

„Weil ich dich liebe und unseren ersten Jahrestag mit dir feiern will. Weil ich hier wohne und auch gedenke noch einige Jahre wohnen zu bleiben. Weil ich verstehe, dass ich dich zu sehr gedrängt habe und das tut mir leid. Ich gelobe Besserung aber ich werde nicht zulassen, dass du dich in dein Schneckenhaus zurückziehst. Du bist ein wunderbarer Mann und ich bin stolz auf dich, ich bin glücklich mit dir und ich werde dich nicht verlassen“, sagte Harry, der den Kopf an seinen Rücken gelegt und ihn fest umarmt hatte.

Severus schwieg, Harry spürte allerdings wie Tränen auf seinen Arm tropften.

„Du hast mal gesagt, dass es in einer Beziehung nicht immer nur Harmonie geben kann, dass es immer Reibungspunkte gibt und einen dieser Punkte haben wir gestern erreicht. Ich habe dich in den letzten Monaten wirklich sehr bedrängt und ich habe wohl die Anzeichen übersehen, dass es dir zu viel wird. Das tut mir sehr leid und ich werde mich definitiv bessern. Ich wollte dich nie in irgendeine Lebenssituation pressen, die du nicht willst, ich dachte bis jetzt wirklich, dass du das mit dem Lehrerjob auch möchtest. Ich habe dich gesehen als du an den UTZ-Stunden teilgenommen hast oder bei den Strafarbeiten, du bist gerne Lehrer und ich dachte halt, dass du nur einen kleinen Anstupser brauchst. Ich habe wirklich nicht bemerkt, dass dir das zu viel wird. Es tut mir leid.“

„Dir tut es leid? Ich habe dich völlig grundlos angefahren“, flüsterte Severus irgendwann.

„Völlig grundlos war es ja nicht, du hast nur deinen Standpunkt klar gemacht. Auf deine eigene, unwiederbringliche Art und Weise und die kenne ich ja mittlerweile gut genug. Ich hätte mehr Rücksicht auf dich nehmen müssen“, sagte Harry ernst, „und du hättest schon früher was sagen können.“

„Hätte ich tun können.“

„Warum hast du es nicht?“, fragte Harry.

„Weil ich deine Begeisterung gesehen habe und dich nicht enttäuschen wollte. Du warst so glücklich, dass ich alles geschafft habe, ich wollte einfach nicht enttäuschen. Ich....“

Severus brach ab und Harry fragte nach, „was ist mit dir? Severus, bitte.“

„Ich verstehe dich, du wolltest dich nicht für mich schämen und hast...“

„Hör sofort auf so einen Müll zu erzählen“, unterbrach Harry ihn, „ich schäme mich nicht für dich, ich war auch mit dir zusammen als du noch tief in deinem Schneckenhaus gelebt hast. Ja, ich war am Anfang unsicher, gerade meiner Familie und meinen Freunden gegenüber aber ich glaube, ich habe eindrucksvoll bewiesen, dass ich diese Unsicherheit abgelegt habe. Ich stehe voll und ganz hinter dir.“

„Warum musst du mich dann verändern?“, fragte Severus leise, „warum reiche ich dir anscheinend doch nicht?“

„Severus, du verstehst meine Ambitionen falsch. Ich will dich nicht verändern, ich liebe dich so wie du bist aber diese Karikatur, die du der Öffentlichkeit präsentierst, bist nicht du. Du bist kein Mensch, der sich hinter Tränken und Zaubern verstecken muss, das hattest und hast du nicht nötig. Ich habe den wahren Severus Snape erlebt, du bist ein großartiger, starker, stolzer Mann, mit unglaublichen Fähigkeiten und Kenntnissen. Du hast deinen Beruf als Fachlehrer geliebt, du hast es geliebt Schüler fertig zu machen, vor allem arme, unschuldige Gryffindors. Du bist kein Schreibtischmensch, du hast die Büroarbeit immer gehasst und sie nur als Notlösung gemacht“, sagte Harry ernst, „du hast unter deiner körperlichen Schwäche gelitten. Ich habe gesehen, wie du aufgeblüht bist als du weniger auf die Tränke angewiesen warst. Du bist immer stärker geworden, du hast immer mehr am Leben teilgenommen und ich dachte halt, dass du das auch willst. Und nein, ich schäme mich nicht für dich, in keinster Weise. Noch nie und werde ich auch nicht.“

Es folgte Schweigen bis Harry sich von Severus löste und ihn aufs Bett zog. „Lass uns frühstücken, dann können wir uns immer noch gegenseitig das Leben schwer machen“, sagte er auf den erstaunten Blick hin.

„Frühstücken?“

„Ja.“

„Aber Finos Kräfte sich blockiert.“

„Tja, diesmal habe ich das mit der Küche ja gewusst und habe mich entsprechend vorbereitet. Deswegen habe ich das Frühstück gemacht“, erklärte Harry, der die Kissen aufschüttelte und sie so drapiert, dass sie bequem sitzen konnten.

„Wir essen nicht im Bett“, sagte Severus seltsam tonlos.

„Doch, heute essen wir im Bett. Es ist unser erster Jahrestag, da dürfen wir das“, gab Harry lächelnd zurück.

Allerdings machte Severus keine Anstalten nach etwas zu greifen, er starrte das Tablett einfach nur an, vor allem die einzelne rote Rose in der schlanken Vase.

„Habe ich was vergessen?“, fragte Harry.

„Wird es unser letzter Jahrestag sein?“, fragte Severus leise.

„Nein“, war die klare Antwort, „du wirst mich nicht mehr los. Natürlich nur wenn du mich noch willst, nachdem ich dich so gedrängt habe.“

„Ich glaube meine Reaktion am vergangenen Abend hat klar gemacht, was ich davon halte, oder?“ Harry sah ihn an doch seinem Blick wurde ausgewichen.

„Wenn ich es richtig verstanden habe, wärst du nicht sehr erfreut über eine Trennung“, sagte Harry vorsichtig.

Er erntete damit ein Schnauben und die Worte, „nicht sehr erfreut ist wohl maßlos untertrieben.“

„Offensichtlich. Können wir jetzt frühstücken? Wenn das Essen so lange unter dem Wärmezauber steht, schmeckt es nicht mehr. Danach können wir uns immer noch unterhalten auch wenn es für mich klar ist, dass ich weiter mit dir zusammen bleiben will“, sagte Harry, „Kaffee?“

Severus sah ihn einfach nur an, griff aber dann wortlos nach der Tasse. Zumindest wollte er das doch seine Hand schwenkte um und griff nach dem Umschlag, der an der Vase lehnte. Doch bevor er ihn öffnete, hob er fragend eine Augenbraue.

„Mein Geschenk an dich, auch wenn ich es in Anbetracht des gestrigen Gespräches wohl lieber zurückziehen sollte. Ich möchte dich in dieser Hinsicht nicht weiter bedrängen“, sagte Harry leise.

Immer noch ohne etwas zu sagen, öffnete Severus den Umschlag und holte einen Zettel raus. „Das ist eine Buchungsbestätigung für ein Hotel in Rom“, sagte er fassungslos, „für ein Doppelzimmer, zwei Wochen im Juli des nächsten Jahres.“

„Ich habe ja gesagt, dass ich mit dir in den Urlaub fliegen wollte“, sagte Harry zerknirscht.

„Das war dein Ernst?“

„Natürlich. Aber wir können es natürlich noch stornieren wenn du nicht willst.“

Severus starrte auf den Brief in seinen Händen, er konnte nicht glauben, dass Harry immer noch mit ihm in den Urlaub fahren wollte. Trotz seines Ausrasters am vergangenen Tag. „Ich habe nichts für dich“, gestand Severus, „ich habe es gestern mit zerstört.“

„Du könntest es nochmal herstellen oder herstellen lassen, je nachdem. Ich kann warten.“

„Wirklich?“

„Ja und jetzt frühstücken wird. Das mit dem Urlaub können wir ja nochmal in aller Ruhe durchsprechen.“

Severus nickte nur, warf noch einen Blick auf den Brief und legte ihn dann ordentlich auf den Nachttisch. Dann griff er nach der Tasse, die ihm Harry reichte. Das Frühstück verlief in sehr bedrückendem Schweigen.
 

„Willst du dich wieder hinlegen? Du siehst nicht gut aus“, sagte Harry vorsichtig.

„Die Nachwirkung von zu vielen Tränken und Alkohol“, gestand Severus leise.

„Dann leg dich hin. Sag mal, kann ich den Bann von Fino aufheben? Der arme Kerl möchte unbedingt aufräumen und ich habe Angst, dass er sich an den Scherben schneidet oder sich irgendwie an den Tränken vergiftet“, sagte Harry.

„Er kann die Tränke nicht aufräumen, die einzelnen Tränke müssen einzeln gesäubert werden, genau wie die Zutaten einzeln aufgeräumt werden müssen. Sonst kann es zu starken Wechselwirkungen mit den Reinigungszaubern kommen“, sagte Severus alarmiert.

„Also darf weder er noch ich aufräumen?“

„Eher nicht.“

„Hm, warte mal, mein Zauberstab mag dich, könntest du damit nicht aufräumen?“, fragte Harry.

„Wenn ich auf der Höhe wäre, ja, könnte ich.“

„Bist du aber nicht. Gut, dann verlegen wir das Aufräumen auf Morgen, dann kannst du mir auch gleich die verschiedenen Reinigungszauber beibringen und wir verbringen den heutigen Tag im Bett. Auch nicht schlecht“, grinste Harry, der dennoch aufstand und nach dem Tablett griff, „ich bringe nur das Tablett in die Küche und komme dann wieder.“

Er wartete nicht auf eine Antwort sondern verließ das Zimmer, er wollte Severus etwas Zeit zum Nachdenken geben. Und schnell einen Brief an Draco schreiben, dass er sich keine Sorgen machen musste.
 

Severus sah die geschlossene Tür an und wusste nicht was er denken sollte. Noch vor zwei Stunden war er sich hundertprozentig sicher gewesen, dass Harry ihn verlassen würde und selbst jetzt konnte er kaum glauben, dass es nicht so sein sollte. Aber Harry war hier, bei ihm. Sein Blick fiel auf den Umschlag auf dem Nachttisch, ein weiterer Beweis, dass Harry sich eine längerfristige Zukunft mit ihm vorstellte. Er hatte sich längst eingestanden, dass Harry Recht hatte. Diese ganze Wandlung tat ihm gut, er fühlte sich so gut wie schon ewig nicht mehr und ja, er liebte seinen Beruf als Tränkelehrer. Er liebte den Umgang mit den Schülern, auch wenn er sie manchmal gerne verfluchen würde und er war wirklich glücklich bei dem Gedanken an den kommenden Unterricht. Er freute sich darauf.

Er war Harry auch sehr dankbar, dass er ihn mehr oder weniger gezwungen hatte auf die meisten Tränke zu verzichten. Er fühlte sich fast wieder so wie früher, gut, er würde nie wieder richtig laufen können und seine Stimme war zerstört aber er war wieder stark genug um den Tag zu überstehen und Abends nicht wie tot ins Bett zu fallen. Er konnte wieder unterrichten wenn er den Stock nehmen würde und ja, er fühlte sich allgemein besser. Aber er musste sich seine Schwächen eingestehen, erst der Gehstock und jetzt der Sprachtrank, er sollte der ganzen Welt seine zerstörte Stimme präsentieren und davor hatte er Angst. Angst vor der Reaktion, Angst davor, den Respekt der Schüler zu verlieren.

Severus sah wieder auf den Umschlag und ihm wurde etwas klar, Harry würde mit ihm in den Urlaub fahren, egal ob mit Gehstock oder nicht, egal ob mit Sprachtrank oder nicht, egal ob sie die Tage im Hotel verbringen mussten weil es ihm nicht gut ging, ihm war es egal, er wollte einfach die Zeit mit ihm verbringen. Er seufzte leise, so langsam musste er es wohl doch glauben aber es fiel so schwer, was vielleicht auch daran lag, dass er an sich selbst absolut nichts fand, was eine Beziehung wert wäre. Vor allem mit den ganzen Macken, die er hatte. Unsicher griff Severus nach dem Umschlag und zog den Brief nochmal raus, er konnte es nicht glauben.

„Nicht verbrennen, ich brauche die Buchungsnummer um es im Notfall zu stornieren“, erklang Harrys Stimme.

Fast gegen seinen Willen musste Severus grinsen, Harry kannte ihn einfach zu gut. „Ich werde es nicht verbrennen“, sagte er leise während er den Brief wieder wegsteckte und zurück auf den Nachttisch legte, „wir brauchen die Bestätigung schließlich für das Hotel.“

„Wir fahren?“, fragte Harry plötzlich sehr euphorisch.

„Wenn du es weiter mit mir aushältst, ja, dann fahren wir“, sagte Severus.

Im nächsten Moment war Harry wie ein Teenager neben ihm ins Bett gesprungen und hatte ihn fest umarmt. Mit einer Mischung zwischen Lachen und Schnauben schlang Severus die Arme um ihn, er wollte diesen Mann nie wieder hergeben.
 

Sie verbrachten den Tag wirklich im Schlafzimmer, allerdings nicht so, wie Harry sich das vorgestellt hatte denn Severus' Körper machte einfach schlapp. Zu viele Tränke und zu viel Alkohol am vergangenen Abend forderten einfach ihren Tribut und so ließ Harry ihn in aller Ruhe schlafen. Am Anfang war er in die Küche gegangen um etwas zu lesen aber das hatte sich als Fehler raus gestellt denn kaum war Severus eine Stunde später aufgewacht, hatte er den Morgen scheinbar völlig vergessen. Fino hatte Harry geholt weil er Weinen und Fluchen aus dem Schlafzimmer gehört hatte und er hatte fast eine halbe Stunde gebraucht um ihn zu beruhigen.

Danach hatte er seinen Leseplatz ins Schlafzimmer verlegt, in einen Sessel neben dem Bett denn er wollte Severus nicht mit seinen Bewegungen wach halten. Es erwies sich als richtig denn Severus wachte in unregelmäßigen Abständen immer wieder auf und sah sich im ersten Moment fast schon panisch um. Als er Harry dann sah, verschwand die Panik, machte einer ungewohnten Wärme Platz und schon konnte er in aller Ruhe weiter schlafen. Es war ihm selbst peinlich, dass er so extrem reagierte aber er konnte es nicht ändern. Seine Angst, dass Harry doch ging, war einfach zu groß, zu stark waren seine Gefühle für ihn und das obwohl er nicht mal den Mut aufbrachte es ihm zu sagen. Er konnte in dieser Hinsicht nur hoffen, dass seine Reaktionen auf Harrys Liebesgeständnisse bis jetzt ausreichend waren. Zumindest bis er sich dazu durchringen konnte, ihm das Gleiche zu sagen
 

„Severus, wach auf. Komm schon, aufwachen, Schlafmütze“, sagte Harry sanft.

Langsam schlug Severus die Augen auf, blinzelte ihn etwas verwirrt an bevor er langsam klar wurde und fragte, „wie spät ist es?“

„Zeit für das Abendessen.“

„So spät schon? Warum hast du mich nicht vorher geweckt?“

„Weil dein Körper die Ruhe brauchte und was hättest du denn machen wollen? Mir beim Lesen zugucken?“, fragte Harry grinsend.

„Kann auch interessant sein“, sagte Severus, der sich jetzt langsam aufsetzte. Er fühlte sich zwar noch schwach aber es war kein Vergleich zum Morgen, wo er kaum hatte aufstehen können. Der Schlaf und die Ruhe hatten ihm definitiv gut getan. Dieser Geruch, der ihm gerade in die Nase stieg, ließ ihm das Wasser im Mund zusammen laufen. „Was hast du da?“, fragte er.

„Selbst gekochte Hühnersuppe mit Nudeln und ganz viel Gemüse. Haben meine Kinder früher schon bekommen wenn sie krank waren und ist genau das Richtige für meinen Freund damit er wieder zu Kräften kommt“, erklärte Harry während er das Tablett vor Severus schweben ließ.

„Ich bin mir absolut sicher, dass wir kein Huhn im Haus hatten“, sagte Severus.

„Stimmt, ich habe Draco einen Brief geeult, mit der Bitte einen seiner Hauselfen mit den fehlenden Zutaten zu mir zu schicken. Nein, er weiß nicht wie es dir geht aber er wünscht dir trotzdem gute Besserung“, erklärte Harry.

„Er wird es sich denken können.“

„Wird er. Wollen wir jetzt essen?“

Diesmal nickte Severus nur und griff nach seinem Löffel, er wollte nicht streiten und irgendwo hatte Harry Recht. Auch im Bezug auf Draco aber noch war er nicht so weit. „Guten Appetit.“

„Dir auch.“
 

Der Abend und die Nacht verliefen absolut friedlich, Severus wollte, zumindest an diesem Abend, nicht mehr nachdenken und genoss einfach nur noch als sich Harry zu ihm ins Bett legte. Und so döste er auch irgendwann weg und schlief ganz ein. Er bekam nicht mehr mit wie Harry sein Buch weglegte, das Licht löschte und sich eng an ihn kuschelte.
 

„Trank oder Gehstock?“, fragte Harry als sie am nächsten Morgen nach dem Frühstück im Wohnzimmer standen und sich fertig machten um in die Winkelgasse zu flohen.

„Wie meinst du das?“, fragte Severus, der bereits den Sprachtrank in der Hand hielt und ihn gerade trinken wollte.

„Möchtest du einen Trank für dein Bein oder nimmst du den Gehstock?“, fragte Harry, der Beides in der Hand hielt.

„Wieso gestehst du mir plötzlich einen Nerventrank zu? Ich laufe in Hogwarts auch mit dem Stock.“

„Weil die Winkelgasse nicht Hogwarts ist, ganz einfach. Und ich möchte dich nicht wieder übergehen, also frage ich dich“, sagte Harry lächelnd.

Severus sah ihn einfach nur an, er konnte nicht glauben, was er da hörte. Doch er wusste auch, dass er eine Entscheidung treffen musste und er wollte Harry nicht enttäuschen.

„Wenn du mir schon so einen verdammten Stock gekauft hast, nehme ich ihn auch. Sonst beschwerst du dich hinterher noch, dass ich dein Weihnachtsgeschenk nicht zu würdigen weiß“, sagte Severus, der zu ihm trat und ihm den Stock aus der Hand nahm.

Harry lächelte leicht, stellte den Nerventrank auf den Tisch und wandte sich dann dem Kamin zu, „dann los, du brauchst einen neuen Zauberstab. Wir müssen hier dringend aufräumen.“

Wortlos trat Severus neben ihn, warf eine Handvoll Flohpulver in die Flammen und schnarrte mit seiner alten, Trank verstärken Stimme, „Winkelgasse.“ Schon war er verschwunden, Harry folgte ihm mit einem Grinsen.
 

Sie zogen die Blicke auf sich und Harry spürte wie sich Severus neben ihm immer mehr versteifte. Er war in diesem Moment froh, dass er keinen Zauberstab hatte. „Lass sie doch gucken, die sind nur neidisch“, sagte er.

„Falsch, die überlegen sich gute Flüche um dich von mir zu befreien“, gab Severus knurrend zurück. Harry schüttelte den Kopf und ging nicht darauf ein, es hätte eh keinen Sinn.

„Harry?“

Etwas überrascht blieben sie stehen und drehten sich zu der Stimme um, die zumindest Harry sehr lange nicht mehr gehört hatte. Vor ihnen standen Hermine mit ihrem Sohn Hugo und starrten sie sehr seltsam an.

„Hallo Hermine, hallo Hugo, wenn ich sagen würde, ich freue mich euch zu sehen, würde ich lügen also lasse ich es. Verzeih wenn ich nicht zu irgendwelchen Gesprächen aufgelegt bin aber wir haben bereits etwas vor“, sagte Harry bevor er Severus einfach am Arm nahm und ihn weiter zog.

„Hast du keine fünf Minuten für deine beste Freundin übrig?“, rief ihm Hermine hinterher.

Harry atmete tief durch doch es war Severus, der stehen blieb, sich umdrehte und antwortete, „eine beste Freundin, Mrs. Weasley, würde ihren besten Freund nicht Monate lang ignorieren und sich auch zu Weihnachten mal melden. Eine beste Freundin würde sich für das neue Glück ihres besten Freundes freuen und sich nicht nur hinter dem Rücken des eigenen Mannes mit ihm verabreden wollen. Eine beste Freundin hätte sich zum Geburtstag ihres besten Freundes bei ihm gemeldet. Mrs. Weasley, verzeihen Sie wenn wir keine Freudensprünge machen weil Ihnen jetzt gerade einfällt, dass Harry ja angeblich ihr bester Freund ist. Wir haben unser Leben auch ohne Sie geplant und auch der heutige Tag ist schon verplant, ohne Sie. Zumindest ich bin nicht bereit mich nach Ihren Launen zu richten.“

„Harry?“, fragte Hermine fassungslos.

„Du hast es gehört also entschuldige uns“, sagte Harry, der sich nicht umgedreht hatte und jetzt einfach weiter ging, Severus schloss sich ihm schnell an.
 

Hermine starrte ihnen einfach nur nach doch sie wusste, dass Severus eigentlich Recht hatte. Sie hatte sich in letzten Monaten nicht mal per Eule bei Harry gemeldet weil sie keinen Stress mit Ron und seiner Familie haben wollte. Sie hatte sich ihrem eigentlich besten Freund gegenüber einfach schäbig verhalten.

„Mom?“, fragte Hugo.

„Es tut mir leid, dass du deinen Paten so lange nicht gesehen hast“, sagte Hermine leise.

„Ähm, so ist das nicht ganz korrekt.“

Überrascht und stirnrunzelnd drehte sich Hermine zu ihrem Sohn um, der sich plötzlich sehr für seine Schuhspitzen interessierte. „Wie meinst du das?“, fragte sie.

Unsicher sah Hugo auf und gestand, „ich treffe mich regelmäßig mit Lily und sie hat mich zu einem Treffen mit Harry mitgenommen. Er hat sich sehr gefreut und ich mich ehrlich gesagt auch. Wir schreiben uns regelmäßig.“

„Warum hast du uns das nicht gesagt?“

„Mom, bei dem Stress im letzten Jahr sollte ich euch noch erzählen, dass ich mich mit dem Mann treffe, über den Dad, Oma und Tante Ginny seit Monaten fluchen und schimpfen? Das ist nicht dein Ernst“, sagte Hugo.

„Was ist mit Rose?“

„Was soll mit ihr sein?“

„Hat sie auch Kontakt zu Lily und Harry? Oder sogar zu Albus?“, fragte Hermine, die jetzt weiter ging. Sie wollten ein paar Weihnachtsgeschenke umtauschen, Hugo schloss sich ihr an.

„Nicht so weit ich weiß aber Rose hatte noch nie groß Kontakt zu Lily oder Albus. Mom, darf ich dich was fragen?“

„Natürlich, bitte.“

„Warum hast du dich nie bei Harry gemeldet? Ich meine, ihr habt so viel zusammen durch gemacht und jetzt redet ihr nicht mal mehr miteinander. Du bist bei Albus doch derselben Meinung wie er gewesen und hey, Albus geht es besser als jemals zuvor in seinem Leben. Ich weiß, dass Dad und Oma dagegen sind aber musst du auf sie hören? Oder liegt es an Professor Snape?“, fragte Hugo.

„Es ist alles zusammen. Die Sache mit Albus, seine Beziehung zu Severus, seine Scheidung, einfach alles.“

„Severus?“

„Ja, eigentlich waren wir mal beim Du aber er hat den Status von damals wieder hergestellt“, sagte Hermine seufzend.

„Naja, du müsstest Harry ja nur eine Eule schicken und ihn zum Kaffee einladen, ich glaube nicht, dass er absagen würde. Wenn du willst kommen Lily und ich auch mit“, sagte Hugo grinsend.

Hermine schwieg einen Moment und sagte dann, „dann müsstet ihr auch mit Severus klar kommen.“

„Wieso das?“

„Wenn ich meinen besten Freund wieder haben will, muss ich mich mit seinem Lebensgefährten abfinden. Also sollte ich Beide zum Kaffee einladen“, erklärte Hermine.

„Och, ich glaube, da muss ich nicht dabei sein. Ich glaube auch nicht, dass er kommt wenn Lily dabei ist. Professor Snape hat bis jetzt jedes Treffen mit Lily abgelehnt“, sagte Hugo.

„Dann nur die Erwachsenen.“

„Das habe ich überhört.“

„Komm, wir wollen die Geschenke umtauschen“, grinste Hermine. Sie würde später nochmal in aller Ruhe darüber nachdenken und eine Lösung finden.
 

Unterdessen hatten Harry und Severus den Laden von Ollivander betreten und testeten sich durch die Zauberstäbe, was mit jedem weiteren Stab sehr an Severus' Nerven zehrte. Was aber vor allem daran lag, dass Severus darauf bestand Zauberstäbe auszuprobieren, die seinem Alten ähnelten. Was Mr. Ollivander ihm eigentlich abgeraten hatte aber er fügte sich dem Kundenwunsch, er war sich allerdings auch sehr sicher, dass sie so keinen neuen Stab finden würden.
 

Nach fast einer Stunde und nachdem der letzte Zauberstab beinah die Schaufenster zerstört hatte, mischte sich Harry ein. „Severus, du hattest jetzt deinen Willen, kann Mr. Ollivander jetzt bitte seiner Arbeit nachgehen. Sonst sitzen wir morgen noch hier ohne neuen Zauberstab für dich“, sagte er während er aufstand und ihm den nächsten Stab einfach aus der Hand nahm und ihn den Ladenbesitzer in die Hand drückte.

„Was meinst du damit?“, knurrte Severus.

„Du hast darauf bestanden Stäbe zu probieren, die deinem Alten ähnlich sind. Weiches Holz mit verschiedenen Kernsubstanzen in verschiedenen Härten. Keiner hat auch nur annähernd gepasst. Was hältst du davon wenn wir jetzt die Stäbe ausprobieren, die uns ein sehr fachkundiger Zauberstabmacher empfiehlt?“, fragte Harry lächelnd.

Er wurde leise angeknurrt doch dann nickte Severus und Mr. Ollivander verschwand nach hinten, um fast sofort mit mehreren Schachteln wieder zu kommen. Nur mit sehr wenig Begeisterung probierte Severus die Stäbe denn Mr. Ollivander verriet ihm nicht um welche Art des Zauberstabes es sich jeweils handelte.
 

Silberne und dunkelgrüne Funken entsprangen der Zauberstabspitze und ein Gefühl der Stärke kehrte in Severus zurück, wieder hatte ein Zauberstab sichtbar seinen Besitzer gefunden.

„Ein schöner Stab“, meinte Harry mit einem Blick auf das schwarzbraune Holz.

„Was für ein Stab ist es?“, fragte Severus.

„Walnussholz mit Drachenherzfaser, sehr starr, 11,5 Zoll“, erklärte Mr. Ollivander, der sofort abbrach.

„Da fehlt doch noch was. Für was ist dieser Zauberstab gut?“, fragte Harry, der sich gut daran erinnerte, dass Mr. Ollivander ihm damals gesagt hatte, dass er Großartiges mit seinem Zauberstab vollbringen würde. Nun, der Tod von Riddle galt wohl als großartig.

„Ein starker, stolzer Stab, den zu führen viel Mut erfordert. Er ist dafür gemacht große Veränderungen zu bewirken, Stillstand liegt ihm nicht“, sagte Mr. Ollivander mit einem vorsichtigen Blick auf Severus.

„Dann ist er perfekt“, sagte Harry, „was schulden wir?“

„14 Galleonen, 12 Sickel und 10 Knuts.“

Ohne ein Wort zu sagen, legte Severus den gewünschten Betrag auf den Tisch, steckte den Stab ein und ging einfach.

„Vielen Dank“, sagte Harry schnell und nachdem Mr. Ollivander ihm lächelnd zugenickt hatte, ging er auch.
 

„Das war extrem unhöflich“, sagte Harry als er Severus draußen eingeholt hatte.

„Wieso? Er hat sein Geld, ich einen Zauberstab. So läuft das Geschäft.“

„Man hätte sich wenigstens verabschieden können. Also, was machen wir jetzt?“, fragte Harry.

„Nach Hause gehen.“

„Och komm schon, wir könnten noch nett irgendwo essen gehen.“

„Nein.“

„Severus, warum hast du denn so schlechte Laune?“, fragte Harry, „ich dachte eigentlich, dass du etwas besser gelaunt bist wenn du wieder einen Zauberstab hast.“

Severus schnaubte leise und knurrte, „was soll ich mit so einem Stab?“

„Zaubern?“, schlug Harry grinsend vor.

„Ich verfluche dich gleich“, drohte Severus.

Das Grinsen wurde breiter bevor Harry stehen blieb und ihn am Arm festhielt weil Severus einfach weiter gehen wollte. „Jetzt mal im Ernst, warum bist du so unzufrieden mit dem Stab? Er hat dich eindeutig ausgesucht“, sagte er.

„Du hast es doch gehört, ein stolzer Stab, den zu führen Mut erfordert, was soll ich damit?“, knurrte Severus, der seinem Blick auswich.

Langsam trat Harry an ihn ran, legte die Arme um ihn und erzählte, „weißt du, was ich meinem Sohn damals am Bahnhof gesagt habe?“

„Außer, dass er zwei furchtbare Namen bekommen hat?“, fragte Severus dazwischen, der die Umarmung nur sehr zögerlich erwiderte. Ihm waren die Blicke unangenehm doch er wollte seinen Freund auch nicht so stehen lassen.

„Ich finde die Namen immer noch sehr passend. Nein, ich sagte ihm, dass einer dieser Männer der mutigste Mann war, den ich jemals kennenlernen durfte. Diese Meinung vertrete ich heute noch.“

„Dumbledore würde sich freuen, das zu hören“, sagte Severus trocken.

„Du bist ein elender Griesgram“, lachte Harry bevor er sich vorbeugte und ihn einfach küsste. Dass sie mitten in der Winkelgasse standen, war ihm dabei herzlich egal. Er sah wie sich schwarze Augen geschockt weiteten doch der Kuss wurde erwidert.

Kapitel 45

Kapitel 45
 

Sie wurden von einer Stimme unterbrochen, die zumindest Harry wohl bekannt und sehr geliebt war, „müsst ihr das in der Öffentlichkeit machen?“

Während Severus leise knurrte, grinste Harry, drückte Severus noch einen kurzen Kuss auf und wandte sich dann zu seiner Tochter um, „ja, mein Kind, müssen wir.“

Lily stand mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht vor ihnen, an ihrer Seite ein junger Mann, der sie interessiert musterte.

„Und wer ist der Herr?“, fragte Harry während er den Zauberer musterte.

Ein sehr nett wirkender junger Mann mit kurzen braunen Haaren und grauen Augen, die ihn unwillkürlich an Lucius Malfoy erinnerten.

Lily verzog sofort das Gesicht und maulte, „Dad, jetzt lass hier nicht den Vater raus hängen.“

„Ich bin dein Vater“, warf Harry ein.

„Ja, aber du musst dich doch nicht so verhalten.“

„Mathéo Rousseau, sehr erfreut Sie kennenzulernen, Mr. Potter“, sagte der junge Mann und hielt ihm eine Hand hin, „ich bin der Sohn der Gastfamilie, in der Lily ab nächsten Monat wohnt. Ich bin über Weihnachten hergekommen um mir Ihr schönes Land mal anzusehen.“

„Und meine Tochter“, sagte Harry, der die Hand aber ergriff.

„Ja, die auch“, gestand Mathéo, der auch Severus die Hand geben wollte.

Dieser hob nur eine Augenbraue, machte aber keine Anstalten nach der Hand zu greifen oder auch nur ein Wort zu sagen.

Harry ließ kurz den Kopf hängen und sagte dann, „Severus Snape, mein Lebensgefährte und ein furchtbarer Griesgram.“

Mathéo sah sie skeptisch an, grinste aber dann und sagte, „wir wollten gerade Mittag essen gehen, das könnten wir auch zu viert machen.“

„Geht nicht. Professor Snape möchte nicht mit mir gesehen werden, er mag mich nicht“, sagte Lily schnell.

Harry gab sich nicht die Mühe sein Grinsen zu verkneifen während Severus versuchte seine Tochter in Grund und Boden zu starren. Doch dann knurrte er leise und setzte sich in Bewegung.

„Hey, wo willst du hin?“, fragte Harry.

„Es gibt ein vorzügliches Restaurant in der Nokturngasse und ich gehe jetzt Mittag essen“, gab Severus zurück ohne sich umzudrehen.

Es dauerte einen Moment bis zumindest Harry verstand, er griff Lily und Mathéo beim Arm und zog sie mit.

„Will er, dass wir dabei sind?“, fragte Mathéo leise.

„Ja, sonst wäre er einfach disappariert.“

„Aha.“

Harry grinste ihn an und meinte, „er ist kompliziert.“ Lily lachte leise während Mathéo ihn nur seltsam ansah aber sie folgten Severus.
 

Zu aller Überraschung verlief das Mittagessen sehr friedlich auch wenn Severus sehr schweigsam war. Nur Harry sah ihm die Unsicherheit an und er wusste warum. Lily war seine Tochter und damit ein sehr wichtiger Teil seines Lebens und wenn Severus und Lily sich nicht vertrugen, konnte es schwierig werden. Harry wiederum war eher an Mathéo interessiert denn in Gesellschaft dieses jungen Mannes würde seine Tochter das nächste Jahr verbringen. Doch egal wie sehr er ihn mit Fragen löcherte, er fand einfach nichts was ihn an ihm stören könnte.

Er war ein gebildeter, höflicher, netter junger Zauberer, der genau wie Lily in diesem Jahr seine Schule beendet hatte und sich jetzt langsam dem Ernst des Lebens stellte. Es gab absolut nichts an ihm auszusetzen aber er konnte nicht aus seiner Haut und hier ging es immerhin um seine kleine Tochter. Doch er hatte keine Wahl, Lily hatte einen Praktikumsplatz im französischen Zaubereiministerium bekommen und freute sich sehr auf dieses Jahr. Weil sie nicht alleine wohnen wollte, hatte sie sich eine Gastfamilie gesucht und gefunden.

Alles in allem war es ein guter Start in die Arbeitswelt aber Harry vermisste sie jetzt schon, seine kleine Tochter, die ihm gerade sehr erwachsen gegenüber saß und versuchte ein Gespräch mit Severus in Gang zu bringen. Was sich als extrem schwierig heraus stellte aber sie hielt sich gut. Er schob die bedrückenden Gedanken beiseite und wandte sich wieder dem Gespräch zu, er konnte es eh nicht verhindern und so entschloss er sich, sich für Lily zu freuen.
 

Aus dem Mittagessen wurde fast der gesamte Tag, den sie zu viert verbrachten wobei Severus zum Abend hin immer nervöser wurde. Und zwar so stark, dass es selbst Mathéo und Lily auffiel.

„Alles in Ordnung?“, fragte Lily vorsichtig.

Severus antwortete nicht, sein Blick ging zu Harry und der verstand jetzt erst.

„Ja, alles in Ordnung aber wir verabschieden uns für heute“, sagte er.

„Jetzt schon?“

„Ja, mein Kind, jetzt schon. Wir haben schließlich Urlaub und wollen in dieser Zeit auch ein bisschen Zeit zu Zweit haben“, sagte Harry, der jetzt einen Arm um Severus legte.

Nur er spürte wie sich sein Freund jetzt schwer auf ihn stützte, für die zwei Anderen sah es einfach nur nach einer normalen Umarmung aus.

„Dad, ich habe dich furchtbar lieb aber ich möchte nichts über dein Liebesleben wissen“, maulte Lily, „du bist mein Vater.“

„Darf ich deswegen kein Liebesleben haben?“, fragte Harry schmunzelnd.

Sowohl Mathéo wie auch Lily schüttelten den Kopf und Mathéo sagte, „Eltern haben kein Liebesleben, das sind Eltern.“

Jetzt lachte Harry und auch Severus grinste kurz bevor er sagte, „gut, ich bin kein Vater, also darf ich.“

„Hey, was ist mit mir?“, fragte Harry lachend.

„DAD!“

„Okay, lassen wir unser Liebesleben da wo es hingehört, bei uns zu Hause. Lily, wir sehen uns am 4. Januar im St. Mungo bei Albus, bevor du England verlässt und deinen armen, alten Vater alleine lässt“, sagte Harry.

„Du hast Severus“, gab Lily grinsend zurück. Schon beim Mittagessen hatte Severus Beiden das Du angeboten.

„Ich zähle scheinbar nicht“, warf Severus trocken ein, was zu einem Stupser von Harry führte.

„Ich sehe, ihr versteht euch. Dann wünschen wir euch noch einen schönen Abend“, sagte Lily, die auf ihren Vater zu trat.

Dieser löste sich vorsichtig von Severus und umarmte seine Tochter, Mathéo wurde die Hand gegeben. Severus hielt sich, wie schon bei der Begrüßung, sehr zurück doch sowohl Lily wie auch Mathéo hatten ihn am heutigen Tag so gut kennengelernt, dass sie verstanden, dass diese Zurückhaltung nichts mit ihnen zu tun hatte. Er nickte ihnen zum Abschied lediglich zu.

„Melde dich wenn etwas ist“, sagte Harry ernst, was zu einem sehr genervten „Ja, Dad“, führte. Harry grinste seine Tochter nochmal kurz an bevor er zu Severus zurück ging und Arm in Arm mit ihm ging.
 

Etwas überrascht blieb Harry stehen und fragte, „was wird das?“

Er war nur kurz duschen gegangen und wollte eigentlich ins Bett aber jetzt stand er vor seine Freund, der auf der Massageliege saß und ihn ansah. Sie hatten fast zwei Stunden gebraucht um das Chaos im Wohnzimmer und vor allem im Labor wieder aufzuräumen. Fino, der seine Kräfte wieder hatte, hatte zwar mit vollen Kräften geholfen aber allein die Tränke mit den entsprechenden Zaubersprüchen gefahrlos aufzuräumen, hatte fast eine Stunde gedauert.

„Ich habe beschlossen, dass du dich nützlich machen kannst wenn du dich schon als Heiler ausbilden lässt“, sagte Severus mit einem Deut auf die Ölflasche.

„Warum kannst du nicht einfach sagen, dass du dir eine Massage wünschst?“, seufzte Harry, der langsam näher kam.

„Habe ich doch.“

Harry schüttelte grinsend den Kopf und sagte dann, „ich kann dich besser massieren wenn du dich hinlegst.“

Seiner Aufforderung wurde Folge geleistet und schon konnte er einen Klecks angewärmtes Öl auf Severus' Rücken verteilen. Als er mit der Massage anfing, entfleuchte seinem Freund ein leises, zufriedenes Seufzen.

„Warum hast du mich nicht schon früher gefragt wenn du so verspannt bist?“, fragte er angesichts der völlig verspannten Muskelgruppen unter seinen Fingern.

„Gute Frage.“

„Eine Antwort wäre auch nicht schlecht.“

„Hm“, war alles was Severus sagte und Harry wusste, dass er keine Antwort bekommen würde.

„Sag mal, wollen wir die Übungen wieder aufnehmen?“, wechselte Harry das Thema.

„Warum? Mir geht es gut.“

„Damit es dir noch besser geht. Wir könnten uns von Hippocrates andere Übungen zeigen lassen, zum Muskelaufbau, zur Verbesserung der Beweglichkeit und zur Stabilisierung.“

„Das macht nur unnötig Arbeit“, sagte Severus ausweichend.

„Also mache ich einen Termin bei ihm, er kann uns die Übungen direkt an dir zeigen, dass macht es einfacher.“

„Wenn du meinst.“

„Keine Widerworte? Wer bist du?“, fragte Harry grinsend.

Er bekam ein leises Knurren geschenkt, was aber auch an dem sehr hartnäckigen Knoten in seiner Schulter liegen könnte. „Wir sollten die Übungen und die Massagen wieder regelmäßiger machen, wir haben das ganz schön schleifen lassen.“

„Mir geht es gut.“

„Natürlich, Severus, natürlich.“

Damit ließ Harry das Thema auf sich beruhen, er würde einen Termin bei Hippocrates machen und dann würden sie weiter sehen. Jetzt konzentrierte er sich auf die Massage.
 

Silvester war vorbei, sie hatten den Jahreswechsel ruhig und friedlich hinter sich gebracht und lediglich mit einem Glas Sekt angestoßen. Doch schnell war das neue Jahr, gleich am ersten Wochenende hatte sich Harry schweren Herzens von seiner Tochter verabschieden müssen denn sie war am 5. Januar nach Frankreich abgereist. Sie würden sich eulen, sie konnten per Flohnetzwerk Kontakt halten und das Apparieren dauerte nur wenige Sekunden aber Harry kam es vor als würde seine kleine Tochter ans andere Ende der Erde ziehen. Aber so ging es wohl jedem Vater wenn die eigene Tochter auszog.
 

Nachdenklich sah Severus in die Flammen, die Standuhr hinter ihm schlug ein Uhr und damit war es eigentlich viel zu spät um noch wach zu sein. Sein Blick ging auf den kleinen Beistelltisch, eine einsame Phiole stand darauf und glitzerte leicht im Licht der Flammen. Der Sprachtrank.

Der Trank, den er morgen früh nehmen würde um einen Tag lang zu unterrichten, Siebtklässler Ravenclaw und Slytherin und Sechstklässler Hufflepuff und Gryffindor. Jeweils vier Unterrichtsstunden, wobei der Nachmittagsunterricht um eine Stunde nach hingen verschoben wurde weil er sich ausruhen musste.

Der Trank, der momentan das einzige Streitthema zwischen ihm und Harry war, auch wenn sein Freund sich sehr zurückhielt. Aber Severus merkte ihm bei jedem Gespräch an, dass er sich sehr zurückhalten musste um ihn nicht anzufahren. Er verstand Harry. Auch wenn er es nicht zugeben wollte aber er wusste, dass seine Einstellung nur auf falschem Stolz beruhte. Aber er konnte es nicht ändern, zu lange hatte er eine Mauer um sich herum errichtet, Stein um Stein und es fiel ihm schwer diese Mauer wieder einzureißen. Wobei es, genau genommen, nur noch eine Ruine war denn Harry hatte sie mit Pauken und Trompeten eingerissen. Warum also nicht den Rest auch niederreißen?

Sein Blick ging wieder in die Flammen, die fast herunter gebrannt waren. Er hörte das leise Knarren der Schlafzimmertür hinter sich und das leise Tapsen von nackten Füßen auf Holzboden. Wortlos legte Harry die Arme um seinen Hals und küsste ihn sanft auf den Kopf.

„ Kommst du jetzt ins Bett?“

„Wie lange liegst du schon wach?“, fragte Severus leise.

„Knapp zwei Stunden, ich hatte gehofft, dass du wieder kommst. Komm ins Bett, Severus.“

„Das lohnt sich fast nicht mehr.“

„Stimmt, wer will schon noch sechs Stunden Schlaf? Severus, komm ins Bett, ich will schlafen“, sagte Harry, der um den Sessel herum trat und ihn bittend ansah.

Severus nickte nur und stand langsam auf, Harry legte einen Arm um ihn und zog ihn mit sich. Er wusste zwar, dass Severus nicht wirklich schlafen würde aber die Ruhe tat ihm doch gut. Und vielleicht schlief er ja doch ein.
 

Das lauten Klack des Gehstockes hallte durch den Korridor während sich Severus dem Zaubertränkeklassenzimmer näherte. Er hoffte, dass seine Entscheidung richtig gewesen war. Noch konnte er sie revidieren aber er wollte nicht, er war kein Feigling, er hatte Jahrzehnte lang gekämpft und würde jetzt nicht kampflos aufgeben. Es war nur eine andere Art des Kampfes, ein anderes Schlachtfeld und er hatte definitiv vor zu gewinnen. Auch wenn er noch nicht sicher war ob es ein schwerer Kampf wurde als sonst. Doch jetzt war es zu spät, vor ihm war die Tür zum Klassenzimmer und die wartenden Schüler aufgetaucht, es wurde Zeit für die Feuertaufe.
 

Die Schüler sahen sich etwas verwirrt an als ihr Lehrer die Tür wortlos aufsperrte und sie alle eintreten ließ. Sie setzten sich auf ihre Plätze, ihre Blicke wurden immer verwirrter als Severus sich einfach nur vor die Klasse stellte und nichts sagte. Es war kein Gerede zu hören, kein Getuschel, kein Getratsche, William Scotts hatte natürlich weiter gegeben was Severus während der Strafarbeiten gesagt hatte und die Schüler waren gespannt ob sich etwas an dem Unterricht änderte wenn sie sich daran hielten. Doch momentan sah ihr Lehrer sie nur an.

Es fiel ihm so schwer wie noch nie etwas zuvor in seinem Leben doch er konnte schließlich nicht den gesamten Unterricht hier stehen bleiben. Also atmete Severus noch einmal tief durch und begann dann, „während der letzten Unterrichtseinheit, an der ich teilgenommen habe, haben Sie einen Gifttrank analysiert. Weiß mittlerweile irgendjemand von Ihnen welches die fehlende Zutat ist?“

Es erfolgte keine Reaktion, außer, dass die Schüler ihn fassungslos anstarrten denn er hatte mit seiner eigenen, zerstörten Stimme geredet. Ein Geräusch als würde man gefrorenes Eisen aneinander reiben, tief, kratzig und mit einem Unterton, der Wasser zum Erstarren bringen würde.

„Keiner?“, fragte Severus nach.

Die Schüler schauten sich untereinander an, unsicher, zögernd bevor William vorsichtig die Hand hob.

„Mr. Scotts, was denken Sie?“

„Es ist nur eine Vermutung aber Sie haben gesagt, dass das Gift von einem Tier stammt, dieses Tier das Einzige seiner Art war und verstorben ist. Des Weiteren müssen Sie diesem Tier irgendwann in Ihrem Leben begegnet sein, sonst hätten Sie das Gift nicht“, erklärte William zögernd, brach aber dann ab.

„Mr. Scotts, weiter. Sie sollten Ihre Beweisführung auch zu Ende bringen wenn Sie schon damit anfangen“, schnarrte Severus.

Er sah wie einige Schüler zusammen zuckten und William schwer schluckte bevor er weiter sprach, „in Anbetracht dieser Tatsachen fällt mir nur ein Tier ein, welches in Frage kommt.“

„Welches?“

„Die Schlange vom Dunklen Lord, Nagini.“

„Ich gratuliere, Mr. Scotts, Sie haben Recht und damit haben Sie fünfzig Punkte für Ravenclaw gewonnen. Gut, und damit kommen wir zum Thema der nächsten Stunden, das Gift von Nagini“, sagte Severus, der den Zauberstab schwang und mehrere Phiolen auf dem Lehrertisch schweben ließ, gleichzeitig erschien Schrift auf der Tafel. Keiner der Schüler bewegte einen Muskel, alle waren noch zu geschockt von der Stimme. Severus ließ sich nicht aufhalten, er hatte es begonnen, er würde es auch zu Ende bringen.

„Nagini war keine gewöhnliche Schlange, sie war das Ergebnis mehrerer Experimente. Eine Kreuzung zwischen Riesenschlange und Giftschlange, magisch verändert und durch einen geborenen Parselmund gezähmt“, erklärte Severus, der einige Dinge an der Tafel veränderte, „Fragen?“

„Warum, Sir? Es gibt große Giftschlangen, warum also so viel Arbeit?“, fragte ein Slytherin.

„Weil sie ihm zu klein waren. Ein Königskobra wird etwas über fünf Yards lang, eine Riesenschlange kann das Doppelte haben. Kleine Tiere sind nicht eindrucksvoll, Große schon. Zudem wollte er eine Mischung des Schlangengiftes denn normalerweise wirkt ein Schlangengift nur auf eine Hauptart. Entweder greift es die körperliche Substanz an und zersetzt Fleisch und Muskeln oder es geht auf die Nerven und lähmt sie. Beide Giftarten führen zum Tod“, erklärte Severus. Er atmete kurz durch und fuhr dann fort, „Naginis Gift wirkt auf beide Arten, es greift die körperliche Substanz an und zerstört Nerven, dazu kommt noch ein vergrößertes Gebiss und schon hat man eines der tödlichsten Tiere, die wir jemals kennengelernt haben.“

„Hat jemand den Biss jemals überlebt?“, fragte ein Slytherin.

Severus' Blick ging kurz zu William, bei dem es sichtbar klick machte. Denn dieser Punkt in seinem Aufsatz war falsch gewesen, er hatte angenommen, dass Nagini ihn verfehlt hatte.

Er nickte und sagte, „es gibt genau einen Zauberer, der einen ernsthaften Angriff dieser Schlange jemals überlebt hat.“

„Wer?“

„Ich.“
 

Die Schüler schwiegen, ihre Blicke gingen abwechselnd zu seinem kaputten Bein, dann zu seinem Hals und in sein Gesicht, immer und immer wieder. Er fragte sich, wer als Erstes den Mut aufbringen würde ihn nach den Konsequenzen zu fragen und kurz war er am überlegen ob er diesem Schüler Hauspunkte dafür geben würde. Er verwarf den Gedanken daran aber sofort wieder, Hauspunkte mussten verdient werden. Es war schließlich eine Ravenclawhexe, die zögernd den Arm hob und unter seinem fragenden Blick zusammenzuckte.

„Ihre Frage?“

Sie deutete auf seinen Hals und fragte noch zögerlicher, „ist das Gift von Nagini für Ihre Stimme verantwortlich?“

„Nein, für meine Stimme sind ihre Zähne verantwortlich, ihrem Gift verdanke ich diesen hier“, sagte Severus und hob den Stock.

„Mit welchen Auswirkungen?“, fragte die Hexe.

Jetzt grinste Severus schmal und sagte, „das herauszufinden ist Ihre Aufgabe für die nächsten Stunden. Sie werden in Zweierteams arbeiten, jeweils ein Slytherin mit einem Ravenclaw. Finden Sie sich bitte selbst zusammen, das sollte in Ihrem Alter ohne Probleme möglich sein.“

Er erwartete das gleiche Chaos, was diese Anordnung früher bedeutet hätte doch die Schüler überraschten ihn. Scheinbar gab es schon feste Teams denn es dauerte weniger als fünf Minuten bis die Hälfte der Schüler auf ihren neuen Plätzen saß. Und ihn erwartungsvoll ansahen. Er öffnete einen Schrank mit Hilfe des Zauberstabes und ließ einige Phiolen zu sich fliegen.

„Der Dunkle Lord hatte ein sehr interessantes Hobby, er hat sich sehr für die Möglichkeiten der Zaubertränke interessiert und vor allem für die Verwendungsmöglichkeiten von Naginis Gift. Dementsprechend hat er der Schlange über Jahre regelmäßig Gift abgenommen und nachdem er gefallen war, hat man einen ganzen Vorratsraum voll diesen Giftes gefunden. Das Ministerium war so freundlich mir einige Phiolen für den Unterricht auszuleihen“, erklärte Severus während er die Phiolen verteilte.

Es musste ja niemand wissen, dass er selber einen nicht unbeträchtlichen Vorrat dieses wertvollen Giftes hatte, nicht mal Harry wusste davon.

„Jedes Team bekommt eine Phiole und dann gehen wir die Sicherheitsvorkehrungen für den weiteren Unterricht durch. Lassen Sie sich gesagt sein, dieses Gift ist das Stärkste und Tödlichste, dass die Zaubererwelt im Moment kennt. Es ist nicht nur unendlich wertvoll sondern auch extrem gefährlich“, fuhr er fort, es wunderte ihn nicht, dass sich kein Schüler bewegte.

Allerdings entfuhr einem Schüler, „wie haben Sie das dann überlebt?“

„Das werde ich Ihnen erklären wenn Sie Ihre Abschlussarbeit zu diesem Thema abgegeben haben und es einen Klassendurchschnitt von der Stufe Erwartungen übertroffen gibt. Ansonsten müssen Sie die Schule unwissend verlassen“, gab Severus mit einem kalten Grinsen zurück.

Die Schüler sahen ihn enttäuscht an doch Severus ließ sich nicht beirren, er schrieb mit dem Zauberstab verschiedene Regeln an die Tafeln und machte sich daran sie einzeln mit den Schülern durch zu gehen. Mit jedem Wort wurde er sicherer, er hatte den Kampf angenommen und wie es aussah, würde er als Sieger vom Schlachtfeld gehen.
 

Müde und erschöpft trat Harry aus dem Kamin, nicht verwundert, dass er alleine war denn Severus würde bis zum Abendessen im Unterricht sein. Er wollte duschen gehen und dann diesen verfluchten Aufsatz schreiben, warum mussten sie denn Hausaufgaben auf bekommen? Er hatte gehofft, dass sich das mit Beendigung der Schule erledigt hätte aber nein, Isabella stand genauso auf Hausaufgaben wie Severus und Minerva damals. Als er gerade den Raum durchqueren wollte, fiel sein Blick auf etwas und stirnrunzelnd drehte er ab. Etwas ratlos griff er nach der Phiole, die auf dem Tisch stand. Das war der Sprachtrank, den er Severus gestern Abend gegeben hatte aber warum stand die volle Phiole hier?

„Fino?“

Mit einem Plopp erschien der Hauself und fragte, „Was kann Fino für Master Potter tun?“

„Hat Severus eine andere Phiole von dir bekommen?“, fragte Harry.

„Nein, Fino hat Master Snape keinen Trank gegeben.“

„Ist er im Unterricht?“

„Ja, Master Snape ist seit dem Morgen bei den Schülern. Der hat nach dem Mittag eine Stunde geschlafen und ist dann wieder zu den Schülern“, erklärte Fino.

Harry blinzelte ihn fassungslos an, dann die Phiole in seiner Hand und schließlich breitete sich ein breites Grinsen auf seinem Gesicht aus. „Fino, kannst du mir einen Gefallen tun?“

„Natürlich, Master Potter.“

„Sag bitte in der Küche Bescheid, dass Severus und ich heute hier essen wollen und ich wäre den Hauselfen sehr verbunden wenn sie sich was Besonderes einfallen lassen würden“, sagte Harry.

„Fino wird es ausrichten und Fino ist sich sicher, dass seine Freunde etwas Besonderes zaubern können“, sagte Fino bevor er mit einem Knall verschwand.

Harry sah nochmal auf die Phiole in seiner Hand, er hatte sich wirklich nicht vorstellen können, dass Severus wirklich ohne Sprachtrank in den Unterricht gehen würde. Er hatte sich auf einen riesigen Streit eingestellt wenn das Thema nochmal auf den Tisch kam aber jetzt war es so einfach gelöst? Er konnte es kaum glauben aber er hielt den Beweis hier in der Hand, mit einem Grinsen stellte er die Phiole zurück auf den Tisch und ging dann ins Schlafzimmer. Er wollte duschen und sich dann wirklich an den Aufsatz setzen.
 

Langsam betrat Severus sein Wohnzimmer, er war etwas überrascht gewesen als er die Nachricht von Harry bekommen hatte doch er freute sich auf einen Abend zu zweit. Er hatte ganz vergessen wie anstrengend ein ganzer Tag Unterricht sein konnte und wie nervig die Schüler. Nach dem Mittagessen hatten ihn sämtliche Schüler und Lehrer einfach nur angestarrt, die Sache mit seiner wirklichen Stimme hatte sich rasend schnell herum gesprochen. Aber keiner hatte es gewagt ihn darauf anzusprechen, die Schüler hatten im Unterricht geradezu krampfhaft versucht nicht auf seinen Hals zu starren. Was ihnen nur mäßig gelungen war.

„Geh duschen und dann gibt es Abendessen in der Küche“, erklang Harrys Stimme plötzlich.

„Mach ich“, gab Severus zurück während er schon die Richtung wechselte und ins Schlafzimmer ging.

Er würde die Kerkerwohnung umbauen lassen, er wollte nicht auf die zusätzliche, kleine Küche verzichten. Das Bad musste auch vergrößert werden, die Wanne war einfach zu klein für zwei Personen und auch darauf wollte er nicht verzichten, aber gut, das waren kleine Probleme, die leicht zu lösen waren. Jetzt wollte er duschen und dann schauen, was Harry vorbereitet hatte.
 

Frisch geduscht und in eine bequeme Alltagsrobe gekleidet, betrat Severus die Küche. Harry drehte sich vom Herd weg, sprach schnell einen Zauber und kam dann auf ihn zu. Er umarmte ihn und drückte ihm einen Kuss auf.

„Ich bin so stolz auf dich“, sagte er.

„Und ich habe Hunger“, gab Severus etwas peinlich berührt zurück.

„Unromantischer Kerl aber ich bin trotzdem stolz auf dich“, sagte Harry, der sich von ihm löste und zurück zum Herd ging. Der Tisch war bereits für zwei Personen gedeckt, zwei volle Weingläser standen auf ihren Plätzen, bei Severus weiß, bei Harry rot.

„Du hast es also schon gehört.“

„Nein, ich habe die Phiole gefunden und Fino gefragt, ob du von ihm einen anderen Trank bekommen hast. Er hat verneint und da war klar, dass du ohne Sprachtrank in den Unterricht bist. Wie ist es gelaufen?“, fragte Harry während er die Teller füllte.

„Ganz gut, denke ich. Es hat keiner gewagt zu lachen und alle haben jedes Mal ängstlich in eine andere Richtung geguckt wenn ich sie angesehen habe“, gab Severus zur Auskunft.

Harry lachte leise, stellte die Teller auf den Tisch und setzte sich. Er griff nach dem Glas und hielt es Severus zum Anstoßen hin.

„Auf was willst du trinken?“ fragte dieser während er nach dem Glas griff.

„Auf uns.“

„Auf uns.“

Mit einem Klirren stießen die Gläser aneinander und nach dem obligatorischen Schluck begannen sie zu essen, Harry hatte sich an einem italienischen Nudelgericht versucht. Tortellini in einer Pilz-Basilikum-Soße mit feinen, gebratenen Hähnchenstreifen. Er konnte nur hoffen, dass es Severus schmeckte.

„Und?“, fragte er nach einigen Minuten, in den Severus einfach nur aß und nichts sagte.

„Ach, ich soll das bewerten?“, fragte dieser zurück.

„Naja, ich erwarte keine Schulnoten aber du könntest schon sagen ob es dir schmeckt“, maulte Harry.

„Würde ich es sonst essen?“

„Mensch Severus, kannst du nicht etwas lieb zu mir sein?“ Der Blick, der ihm jetzt zugeworfen wurde, ließ einen Schauer über seinen Rücken laufen, sein Mund wurde trocken und er brachte fast schon piepsend heraus, „so war das nicht gemeint.“

„Nicht? Sehr schade“, sagte Severus grinsend, „aber das Essen ist wirklich gut.“

Harry aß einfach weiter auch wenn seine Gedanken jetzt ganz woanders waren, das war das erste Mal, dass Severus das Thema wieder von sich aus ansprach, zumindest seit der Sache nach seinem Geburtstag. Er deutete das einfach als gutes Zeichen und vielleicht konnte er das Thema später am Abend noch etwas weiter ausbauen.
 

Doch der Tag hatte seine Spuren bei Severus hinterlassen, er war es schlicht und einfach nicht mehr gewohnt den ganzen Tag Unterricht zu geben. Er hatte sich fast sofort nach dem Abendessen auf die Couch verzogen, mit einer dicken Decke, einer Tasse Tee, mehreren Unterlagen und Harry, der als lebendiges Kuscheltier herhalten musste. Was ihn aber nicht wirklich störte, er schloss die Augen und genoss die Ruhe.

Bis er merkte, dass das Rascheln des Pergaments verstummt war, er öffnete die Augen und sah nach oben, Severus war eingeschlafen. Mit einem leichten Kopfschütteln erhob er sich langsam, räumte die Pergamente weg und rüttelte Severus so lange bis er wach war.

„Warum lässt du mich nicht schlafen?“

„Weil die Couch zu unbequem ist und wir auch ins Bett gehen können, es ist halb zehn und du hast morgen wieder Unterricht“, erklärte Harry, „willst du die Unterrichtseinheiten eigentlich so lassen? Wenn du den Trank eh nicht nimmst, könntest du es auch wieder auf vier halbe Tage legen statt zwei Volle. Ist für dich weniger anstrengend.“

„Wenn ich den Unterrichtsplan dieses Schuljahr nochmal umstelle, erwürgt mich Minerva“, grinste Severus, „vielleicht nach den Osterferien, dann können sich die Lehrer und Schüler darauf vorbereiten.“

Er erhob sich schwerfällig doch noch bevor er nach dem Stock greifen konnte, hatte Harry schon einen Arm um ihn gelegt um ihn zu stützen.

„Hältst du das durch?“

„Ja, es sind ja nur zwei Tage, dann habe ich fünf Tage zum erholen.“

„Warum hast du die Tage nicht getrennt?“

„Weil das nicht hingehauen hätte. Ich muss mich auch ein kleines Bisschen nach den anderen Lehrern richten und einige haben so etwas wie ein Privatleben“, erklärte Severus. Sie bewegten sich langsam Richtung Schlafzimmer.

„Was hat das mit Hogwarts zu tun? Das ist doch ihre Arbeit, oder?“

„Dürfen sie deswegen keine anderweitigen Verpflichtungen haben? Wohl kaum. Filius, zum Beispiel, hat jeden Mittwoch Nachmittag frei weil er da auf seine Nichte aufpasst und das schon seit fast zwanzig Jahren. Sie hat eine geistige Behinderung und benötigt rund um die Uhr Betreuung und damit die Eltern entlastet sind, kümmert er sich jede Woche einen Nachmittag um sie. Minerva hat Freitag Vormittag nie Unterricht weil sie Donnerstag Abend zu ihrer Frauengruppe geht und bis tief in die Nacht Canasta spielt. Jeder Lehrer hat so seine Eigenheiten und es sind diese Eigenheiten, die man bei dem Unterrichtsplan berücksichtigen muss“, erklärte Severus während sie das Schlafzimmer betraten. Harry ließ ihn vorsichtig auf dem Bett nieder und zog sich aus, Severus folgte seinem Beispiel, er war zu müde um ordentlich zu zaubern.

„Das wusste ich nicht.“

„Das weiß keiner, ist auch nicht notwendig. Die Stunden werden so gelegt, dass für die Schüler kein Nachteil entsteht also geht es auch keinen etwas an. Jeder Lehrer ist auch nur ein Mensch, mit normalen Bedürfnissen und persönlichen Verpflichtungen. Genug davon, lass uns schlafen gehen.“

Dem Vorschlag konnte Harry nur zustimmen also krabbelte er als Erster unter die Decke. Schnell lag er auf dem Rücken und schlang die Arme um Severus, der sich an seiner Seite an ihn kuschelte und einen Arm quer über seinen Bauch legte. Er spürte wie sein Freund fast sofort einschlief, der Tag war scheinbar doch anstrengender gewesen aber das würde Severus niemals zugeben. Harry löschte das Licht, konnte aber noch nicht wirklich schlafen und so schweiften seine Gedanken ab. Wobei sie sich hauptsächlich um den Mann drehten, der an seiner Brust schlief. Es kam ihm in keinster Weise mehr seltsam vor hier so mit ihm zu liegen, es war für ihn so normal geworden wie früher der Umgang mit Ginny. Doch es war irgendwie anders, es fühlte sich einfacher an, natürlicher, er musste sich nicht verstellen. Er konnte sein, wie er war und Severus nahm es genauso hin. Er seufzte leise, er war wirklich glücklich und konnte nur hoffen, dass das noch lange so blieb. Nun, er war schon immer ein Kämpfer gewesen, also würde er um dieses Glück kämpfen.

Kapitel 46

Kapitel 46
 

Donnerstag, der 9. Januar und diesmal war Harry vorbereitet und hatte sich frei genommen, genau wie den Freitag denn er hoffte, dass Severus sein Geburtstagsgeschenk gefiel und sie es gleich an diesem Wochenende umsetzen konnten. Daher hatte er sich auch mit Minerva in Verbindung gesetzt und sie gebeten sich am Freitag Nachmittag um die Angelegenheiten des Schulleiters zu kümmern. Jetzt musste nur noch sein Freund zustimmen doch der schlief noch während er in der kleinen Küche werkelte. Er hatte noch zehn Minuten bis Severus aufstand und dann würde das Frühstück fertig sein.

„Wieso bist du schon wach?“, schnarrte in diesem Moment eine Stimme.

Harry fuhr herum und seufzte, „weil ich eigentlich ein schönes Frühstück für dich vorbereiten wollte aber du mal wieder nicht im Bett bleiben konntest.“

Severus trat langsam näher und setzte sich auf seinen Platz und gestand, „ich schlafe schlechter sobald du aufstehst.“

„Ehrlich? Ok, dann muss Fino das nächste Mal das Frühstück machen und ich bleibe im Bett liegen. Aber erst mal“, grinste Harry, der näher kam und ihn küsste. Der Kuss wurde erwidert. „Alles Gute zum Geburtstag.“

„Hm“, murmelte Severus.

Er ließ ihn nur ungern wieder gehen aber er hatte auch Hunger und so deckte Harry den Tisch damit sie in aller Ruhe frühstücken konnten.
 

Severus war ehrlich gesagt etwas enttäuscht und auch etwas überrascht. Sie hatten in aller Ruhe gefrühstückt und eigentlich hatte er sich darauf vorbereitet den heutigen Tag alleine in Hogwarts zu verbringen. Ein gutes Buch lesen, vielleicht ein paar Tränke brauen, ein kleines Mittagsschläfchen, so hatte er den Tag geplant aber Harry machte keine Anstalten zu gehen.

„Musst du nicht los?“, fragte er schließlich.

„Nein, ich habe heute frei und wir sind zum Mittagessen in Malfoy-Manor eingeladen“, gab Harry lächelnd zurück.

„Aha und wann wolltest du mir das sagen?“

„Habe ich doch gerade. Draco und Scorpius freuen sich schon, dein Patensohn wünscht sich seit fast zwanzig Jahren deinen Geburtstag richtig zu feiern.“

„Wenn auch nur einer anfängt zu singen, verfluche ich euch alle“, drohte Severus.

„So verrückt sind wir dann doch nicht“, gab Harry lachend zurück.

„Was hast du bis dahin vor?“

„Dir dein Geburtstagsgeschenk geben.“ Damit holte Harry einen Umschlag aus seiner Tasche und reichte ihn an Severus weiter. Dieser runzelte die Stirn und öffnete ihn.

„Das ist ein Gutschein.“

„Ja.“

„Das ist ein Gutschein für ein Romantikhotel“, sagte Severus fassungslos.

„Ja“, murmelte Harry.

„Das ist dein Ernst?“

„Ja, ist es.“

„Harry, willst du da mit jemand Anderem hin oder hast du mich in den letzten anderthalb Jahren so falsch eingeschätzt? Du weißt, dass ich mit Romantik nichts anfangen kann“, sagte Severus.

Harry seufzte leise, setzte sich zu ihm aufs Sofa und erklärte, „ich weiß, dass du kein Romantiker bist. Ich möchte einfach nur ein paar schöne Tage mit dir verbringen. An einem Ort, wo wir nicht dumm angesehen werden wenn wir uns in der Öffentlichkeit küssen. Schön romantisch essen, vielleicht ein oder zwei Spaziergänge am Strand, gemeinsam in den Whirlpool und danach eng aneinander gekuschelt auf dem Bett rum liegen. Einfach ein paar schöne Tage machen.“ Er hatte ja gewusst, dass das Geschenk keine so gute Idee war aber das Severus so enttäuscht war, hätte er sich nicht vorgestellt.

„Können wir das hier nicht?“, fragte Severus.

„So gemütlich finde ich Hogwarts dann doch nicht. Hier werden wir dumm angeguckt wenn wir nur zusammen spazieren gehen und Spinner's End ist auch nicht wirklich dafür gedacht. Es ist urgemütlich dort aber ich möchte mit dir auch mal raus. Nicht immer nur daheim rum hängen sondern auch mal was unternehmen“, sagte Harry niedergeschlagen. Er saß wie ein Häufchen Elend neben seinem Freund und starrte auf seine Schuhspitzen, er hatte sich etwas mehr von seinem Geschenk erhofft.

„Harry?“

„Hm?“

„Sieh mich bitte an wenn ich mit dir reden will“, schnarrte Severus. Unsicher sah Harry auf, schwarze Augen sahen ihn mit einem warmen Ausdruck darin an. „Glaubst du wirklich, dass sie uns in diesem Hotel nicht komisch ansehen werden? Wir sind zwei Männer in zwei sehr unterschiedlichen Altersklassen, wir werden überall schief angesehen“, sagte Severus.

„Naja, die Tatsache, dass wir zwei Männer sind, ist in diesem Hotel egal, es ist auf homosexuelle Paare ausgelegt.“

„Bleibt die Sache mit dem Alter und die Tatsache, dass wir uns dann wieder mehrere Tage wie Muggel benehmen müssen.“

„Müssen wir nicht, das ist ein Hotel der Zauberer mit allen Annehmlichkeiten, die uns die Magie bietet. Severus, überleg es dir doch bitte wenigstens“, bat Harry.

„Ich muss es mir nicht überlegen.“

Harry ließ den Kopf hängen bis sich zwei Finger unter sein Kinn legten und sein Kopf mit sanfter Gewalt wieder nach oben gedrückt wurde.

„Du solltest mich ausreden lassen bevor du dir ein Urteil bildest. Ich muss mir da nichts überlegen weil wir natürlich fahren. Wenn du dir das wünscht, werden wir das machen und ich habe meinen Zauberstab wenn mir etwas nicht passt“, sagte Severus mit einem schwachen Grinsen.

„Wir fahren wirklich?“, fragte Harry.

„Natürlich. Es ist schließlich mein Geburtstagsgeschenk, das will ich auch einlösen. Wann gedenkst du denn zu fahren? Und wo ist das überhaupt? Du hast vorhin was von Strandspaziergang gesagt aber es ist Januar“, sagte Severus.

„Du hast anscheinend nicht weit genug gelesen. Das Hotel befindet sich auf einer kleinen, magisch abgeschotteten Insel in der Karibik. Zauber halten das Wetter das ganze Jahr über auf dem gleichen Level und sorgen dafür, dass wir auch im Januar einen Strandspaziergang machen können“, erklärte Harry, dessen Laune sich langsam hob doch so wirklich traute er dem Frieden nicht.

„Wann gedenkst du zu fahren?“

„Heute Abend?“

„Dein Ernst?“

„Ja.“

Severus seufzte leise und erhob sich langsam, Harry sah ihm fast schon ängstlich nach. „Kommst du? Wir sollten packen. Ich gehe davon aus, dass du das ganze Wochenende verplant hast und da brauchen wir ein paar Sachen. Ich lasse nicht gerne Fino meine Sachen packen“, sagte Severus schmunzelnd.

Langsam breitete sich ein strahlendes Lächeln auf Harrys Gesicht aus bevor er aufsprang und ihn umarmte.

„Hast du wirklich geglaubt, dass ich ablehne?“, fragte Severus während er Harry eng an sich drückte, „warum hast du mir dann so etwas geschenkt?“

„Weil ich ein paar schöne Tage mit dir verbringen wollte, abseits des normalen Alltages, nur wir Zwei“, nuschelte Harry gegen seine Brust.

„Werden wir aber erst packen wir, dann lassen wir das Mittagessen über uns ergehen und dann können wir sofort los. Portschlüssel?“

„Nein, es gibt einen Zauberspruch auf dem Anmeldeformular. Den spricht man vorm Kamin und schon kann man per Flohnetzwerk bequem hin flohen. Wenn wir das Formular und unsere Sachen mitnehmen, können wir gleich von Draco aus flohen, dann sparen wir uns den Weg nochmal nach Hause“, erklärte Harry.

„Dazu müssten wir erst mal packen.“

„Stimmt.“

Harry löste sich von ihm, gab ihm einen Kuss und zog ihn dann Richtung Schlafzimmer. Er freute sich auf den Kurzurlaub und würde versuchen es für Severus so schön wie möglich zu machen.
 

Der Tisch war feierlich gedeckt, wobei Draco wohlweislich auf zu kitschige Dekoration verzichtet hatte. Er wollte sich schließlich keinen Fluch einfangen.

„Ziemlich düster, oder?“, fragte Scorpius hinter ihm.

„Nein, perfekt.“

„Meinst du, sie sind diesmal pünktlich?“

Ein Gong ertönte und Draco drehte sich grinsend zu seinem Sohn um, „ja, diesmal sind sie pünktlich.“ Damit ging er an ihm vorbei um ihre Gäste zu begrüßen.
 

Es gab eine kurze, herzliche Begrüßung, die von Severus' Seite sehr schweigsam ausfiel bevor sie sich setzten und Severus gleich zwei Geschenke vor sich stehen hatte.

„Sollen wir auch singen?“, fragte Draco grinsend. Er sah sich einer Zauberstabspitze gegenüber, bei der er sofort die Stirn runzelte. „Seit wann hast du einen neuen Zauberstab?“

Severus zögerte und krächzte dann, „seit Weihnachten. Der Alte ist kaputt gegangen also brauchte ich einen Neuen.“

Beide Malfoys starrten ihn einfach nur an, keiner wagte etwas zu sagen bis Harry meinte, „mach die Geschenke auf, los, ich bin doch so furchtbar neugierig.“

„Das sind meine Geschenke also mache ich sie auf wann ich das will“, gab Severus zurück. Er hatte lange überlegt ob er heute einen Sprachtrank nehmen sollte aber er hatte sich dagegen entschieden. Er hatte die Schüler und Lehrer von Hogwarts überlebt, dann würde er das hier auch überleben.

„Los, mach schon auf“, quengelte Harry.

„Wie alt bist du nochmal?“, entfuhr es Draco.

„Fünf. Wenn es um Geschenke geht.“

Severus hob eine Augenbraue, schob die Geschenke beiseite und sagte, „ich danke euch für die Geschenke, ich werde sie später aufmachen. Wollen wir essen?“

„Das ist nicht dein Ernst? Du machst deine Geschenke jetzt auf, los.“

Draco grinste leicht und auch bei Scorpius schlich sich ein Schmunzeln auf sein Gesicht, Severus verkniff es sich aber er beschloss sich später bei Harry zu bedanken. Sein Freund war zwar neugierig aber er würde sich in Gesellschaft nicht wie ein Fünfjähriger aufführen, außer um andere Leute von seiner Stimme abzulenken.

„Lass Severus seine Geschenke und lass uns essen. Vielleicht hast du Glück und erbarmt sich nach dem Essen deine Neugier zu befriedigen“, sagte Draco. Die Hauselfen mussten zugehört haben denn im selben Moment erschien das Essen auf dem Tisch.

„Aber nach dem Essen werden die Geschenke ausgepackt“, maulte Harry, was jetzt wirklich zu Lachern führte und damit war auch das Thema Stimme für die Malfoys abgehakt.
 

Draco und Scorpius hatten sich ins Wohnzimmer zurückgezogen um einem Fluch zu entkommen. Severus hatte die Geschenke doch noch auf gemacht und Draco beinah erwürgt. Denn dieser hatte ihm mehrere kleine Flaschen Massageöl geschenkt, selbst hergestellt und mit, wie er grinsend gesagt hatte, sehr entspannender Wirkung. Harry hatte gerade noch den Zauberstab erwischt und die Malfoys dann nach nebenan geschickt, er wollte erst seinen Freund beruhigen.

„Jetzt setz dich wieder, was ist so schlimm daran?“, fragte Harry grinsend.

„Ich werde ihn zu einem Trank verarbeiten“, murrte Severus mit einem vernichtenden Blick auf die Fläschchen.

„Warum? Ich finde das Geschenk toll und ich glaube, dass das Öl noch andere Nebenwirkungen hat.“

„Natürlich, sonst hätte Draco nicht so dreckig gegrinst“, fauchte Severus ihn an.

„Noch besser, dann passt es zu meinem zweiten Geschenk“, sagte Harry mit verdächtig roten Wangen.

„Welches zweite Geschenk?“

„Das hier.“

Damit reichte Harry ihm eine kleine Karte, auf deren Oberseite ein einzelnes rotes Rosenblütenblatt befestigt war. Stirnrunzelnd nahm Severus die Karte an und drehte sie um, er wurde sehr blass. Auf der Rückseite standen nur drei Worte.

„Vertraust du mir?“
 

„Wann gedenkst du diese Karte einzulösen?“, fragte Severus irgendwann sehr tonlos.

„Wenn du dazu bereit bist, ganz einfach. Ohne oder mit den Zaubern, je nachdem wie du willst“, gab Harry lächelnd zurück, ihm wurde ein sehr seltsamer Blick zugeworfen.

„Du meinst das wirklich ernst“, stellte Severus schließlich fest und Harry war sich sicher, dass er damit nicht nur die Karte und das Dahinter meinte.

„Ja, todernst. Ich will, dass du mir endlich glaubst. Vielleicht kann ich es damit beweisen“, sagte er und deutete auf die Karte, „aber alles zu seiner Zeit. Wollen wir nach nebenan gehen? Die denken noch, dass du mich gefressen hast.“

Severus sah noch einen Moment auf die Karte, steckte sie dann weg und erhob sich langsam, sein Griff ging wie selbstverständlich zum Gehstock.

„Severus?“

„Komm, lass uns zu Draco und Scorpius gehen, das mit der Karte klären wir im privaten Rahmen“, gab Severus ruhig zurück. Harry nickte und folgte ihm schnell.
 

„Hast du ihm seinen Zauberstab wieder gegeben?“, fragte Draco vorsichtig.

Als Antwort trafen ihn gleich mehrere Bücher in den Rücken, ganz ohne, dass sich Severus auch nur bewegt hatte.

„Ok, ich verstehe, du brauchst keinen Zauberstab. Also, was machen wir jetzt?“

„Wir leisten euch noch etwas Gesellschaft und dann flohen wir“, gab Harry zur Antwort, während er Severus zum Sofa bugsierte und Beide sich setzten.

„Wollt ihr so schnell nach Hause?“, fragte Scorpius etwas überrascht.

„Wir flohen nicht nach Hause, wir verbringen das Wochenende in einem kleinen, romantischen Hotel in der Karibik“, gab Harry zur Auskunft.

„Geht das über Flohnetzwerk?“, fragte Draco während Scorpius etwas rot anlief und sowohl Harrys wie auch Severus' Blick auswich.

„Ja, es gibt einen Zauberspruch auf dem Anmeldeformular, den sagt man vor dem Kamin und schon hat man eine Verbindung. Sehr bequem und man muss nicht umsteigen.“

„Klingt gut, also ein magisches Hotel?“

„Natürlich, wie soll man sich ohne Magie entspannen?“, grinste Harry.

Draco erwiderte das Grinsen und fragte dann, „wann wollt ihr los?“

Ein fragender Blick zu Severus, der einen Blick zur Uhr warf und dann sagte, „wir nehmen noch den Tee mit euch ein und reisen danach ab. Dann bleibt uns genug Zeit um uns im Hotel einzurichten und das Abendessen nicht zu verpassen.“

Damit war das Thema für Severus erledigt und das sahen auch alle Anderen so denn Harry wandte sich jetzt an Scorpius um ihn über seine Ausbildung zu befragen. Sie wollten den Nachmittag schließlich noch ruhig verbringen.
 

Entgegen Severus' Befürchtungen fand er sich nicht in einem Alptraum in Rosa und Rot wieder als sie den Kamin verließen. Sein Blick ging fast schon bewundernd über die elegante Einrichtung des Hotels, einzelne schwarze und rote Elemente durchbrachen die hellen Farben der Möbel und des Bodens.

„Gefällt es dir?“, fragte Harry unsicher.

„Erstaunlicherweise ja.“

„Das freut mich.“

„Hast du dir das Hotel vorher angesehen?“, fragte Severus während sie die Eingangshalle durchquerten und auch die Rezeption zuhielten. Er ignorierte den Mann, den er aus den Augenwinkeln sah und der beim Klang seiner Stimme erschrocken zusammen gezuckt war.

„Nein. Hippocrates hat es mir empfohlen. Er hat hier seine Hochzeitsreise verbracht und war der Meinung, dass es dir hier gefallen würde“, gab Harry zu.

„Wie seit ihr überhaupt auf dieses Gespräch gekommen?“

„Ich habe wohl mal erwähnt, dass ich gerne ein paar ruhige Tage mit dir verbringen würde aber keinen passenden Ort weiß. Da hat Hippocrates gemeint, dass ich dieses Hotel mal aneulen sollte.“

„Aha. Gibt es ein Programm, nachdem wir uns richten müssen?“

Sie hatten die Rezeption mittlerweile erreicht und die Frau, die dahinter stand, hatte wohl die letzte Frage gehört und sagte lächelnd, „wir bieten eine Vielzahl an Freizeitaktivitäten an aber wir zwingen natürlich niemanden daran teilzunehmen. Ein Programmheft finden Sie auf Ihrem Zimmer.“

Bevor Severus jetzt zu einer schneidenden Antwort ansetzen konnte, sagte Harry, „das klingt sehr gut, wir werden es uns mal ansehen. Wir haben auf den Namen Potter reserviert.“

„Ah, Mr. Potter, ja, hier steht es. Ein Zimmer für Zwei mit Sondereinrichtung, für eine Dauer von drei Tagen bis Sonntag. Sie haben all inklusive gebucht, damit haben Sie zu allen Einrichtungen uneingeschränkten Zugang. Dazu müssen Ihre Zauberstäbe registriert werden, die Registrierung wird natürlich bei Ihrer Abreise rückstandslos wieder entfernt. Die Registrierung hat keinerlei Auswirkungen auf Ihre Zauberfähigkeiten. Sobald die Registrierung vorgenommen wurde, können Sie mit Hilfe des Zauberstabes sämtliche Lokalitäten betreten“, erklärte die Frau lächelnd.

Harry warf Severus einen Blick zu, das mit der Zauberstabsregistrierung hatte er ihm wohlweislich verschwiegen und jetzt war er mehr als gespannt wie er reagieren würde. Doch statt eines Ausbruchs zog Severus nur seinen Zauberstab und legte ihn auf den Tresen, Harry folgte seinem Beispiel mehr als verwundert.

Die Frau wandte sich an Severus und fragte, „auf welchen Namen darf ich Ihren Stab registrieren?“

„Auf meinen, sollten Extrakosten anfallen, trage ich sie“, warf Harry sofort ein.

Wenn es der Hexe seltsam erschien, ließ sie es sich nicht anmerken, sie nickte nur und ließ ihren Stab kurz über den zwei Stäben schweben. Sie glühten hell auf bevor sie sich wieder ihren Unterlagen zuwandte, „Sie haben eine Sondereinrichtung gebucht, sollte Ihnen daran etwas nicht gefallen, melden Sie sich einfach bei mir und ich schicke Ihnen des Hausmeister aufs Zimmer. Sie können die Einrichtung nicht selber verändern, sie ist dagegen geschützt. Sie finden auf Ihrem Zimmer sämtliche Informationen über unser Hotel, sollten Sie dennoch Fragen haben, können Sie sich an jeden Angestellten hier wenden, Ihnen wird umgehend geholfen. Haben Sie jetzt noch Fragen?“

„Nein, ich denke, wir kommen klar“, sagte Harry.

„Wo ist unser Zimmer?“, fragte Severus.

Die Hexe winkte einen jungen Mann heran, der genau wie sie, eine Uniform in schwarz und rot trug und damit als Angestellter des Hotels ausgezeichnet war. „Mein Kollege wird Ihnen den Weg zeigen. Sollten Sie unterwegs Fragen haben, fragen Sie einfach“, sagte sie lächelnd.

Severus nickte ihr kurz zu und Harry bedankte sich höflich bevor sie dem Mann folgten, der sie mit einem genauso freundlichen Lächeln empfing. Keiner der Beiden ließ es sich anmerken wenn ihnen die Stimme oder das Auftreten von Severus irgendwie befremdlich erschien und Harry sah das als gutes Zeichen, dass sie einen hoffentlich guten Aufenthalt genießen konnten.
 

„Was bedeutet die Sondereinrichtung?“, fragte Severus plötzlich während sie dem Angestellten durch die Gänge folgten.

Während Harry ihn verwundert ansah, dass er überhaupt mit dem Mann redete, lächelte der nur und erklärte, „unsere Zimmer sind alle gleich eingerichtet, die Möbel sind mit speziellen Zaubern versehen. Je nach Kundenwunsch werden diese Zauber angepasst um sich in Farbe und Form dem Kundenwunsch anzupassen. Dazu gibt es eine zeitliche Begrenzung und danach haben die Möbel wieder ihre alte Form.“

Harry nickte, es war schwer Möbel für längere Zeit zu verwandeln, meistens ging etwas schief oder man musste den Zauber erneuern. Solche Zauber benötigten weniger Magie und man musste die Gäste nicht stören um die Zauber zu erneuern, er konnte sich vorstellen, dass das gerade auf Hochzeitsreisen sehr gefragt war. Severus schwieg, warf ihm jetzt aber einen seltsamen Blick zu und Harry schluckte, er würde den Ausbruch abbekommen wenn Severus seine Vorstellung von Romantik nicht gefiel.

Der Angestellte musste den Blick bemerkt haben denn er sagte schnell, „wir können die Einrichtung jederzeit nach Ihren Wünschen ändern, das ist gar kein Problem. Das kann ich auch machen.“

„Das werden wir sehen wenn wir die Zimmer gesehen haben“, sagte Harry vorsichtig.

Der Angestellte nickte nur und sah dann wieder nach vorne, er war sich sehr sicher, dass sie das Zimmer passend einrichten könnten. Das hatten sie bis jetzt bei jedem Gast geschafft, also würden sie das auch bei dem grimmigen Mann schaffen.
 

Schweigend ging Severus durch das erste Zimmer ihrer Suite und er musste sich eingestehen, dass er absolut nichts zu meckern hatte. Große Fenster ließen viel Licht hinein, ein heller Holzboden mit dunkelblauen Teppichen, die Wände waren beige mit einem schwarzen Schmuckstreifen im obersten Drittel. Die Couchlandschaft war ein großes U mit zwei unterschiedlich langen Seiten, weiß mit schwarzen Polstern. Die Kissen waren schwarz mit feinen silbernen Stickereien an den Rändern. Ein Glastisch mit schwarzem Fuß komplettierten das Bild, eine schmale Vase mit weiß-roten Lilien gab einen schwachen aber sehr gelungenen Farbtupfer. An einer Wand befand sich eine schmale, hüfthohe Kommode aus dunklem Holz, darauf der obligatorische Obstkorb. Die zwei Türen, die den Raum zusätzlich zur Eingangstür noch verließen, hatten die gleiche Holzfarbe wie die Kommode, alles in allem ein sehr gut abgestimmtes Zimmer. Harry hatte einen vorzüglichen Geschmack bewiesen und er fühlte sich hier sofort wohl auch wenn es wesentlich heller eingerichtet war als sein Haus in Spinner's End oder seiner Räume in Hogwarts.

„Möchten Sie etwas ändern?“, fragte der Angestellte freundlich.

„Nein“, war alles, was Severus sagte.

„Brauchen Sie noch etwas?“, war die nächste Frage.

„Nein, ich denke, wir haben alles“, sagte Harry und schon war der Angestellte verschwunden. Es war in der Zaubererwelt nicht üblich während eines Hotelbesuches Trinkgeld zu geben, das Geld wurde am letzten Tag einfach im Zimmer hinterlegt.
 

„Gefällt es dir?“, fragte Harry, der den Raum langsam durchquerte und ihn umarmte.

„Erstaunlicherweise ja, sehr schön“, gab Severus zu während er die Umarmung erwiderte. Allerdings löste er sie fast sofort wieder und holte etwas aus seiner Tasche, „Hier, für dich.“

„Was ist das?“, fragte Harry.

„Mein Geschenk zum Jahrestag, ich hatte es zerstört und habe es neu anfertigen lassen. Es ist gestern fertig geworden“, erklärte Severus.

Mit wesentlich mehr Enthusiasmus öffnete Harry das Päckchen und hob den Inhalt heraus, fragend wurde Severus angesehen. „Das ist ein Schlüssel“, sagte er etwas hilflos. Denn genau das hielt er in den Händen, einen alten, mittelalterlichen Schlüssel.

„Du hast keine Ahnung von magischen Besitztümern, oder?“

„Nein?“

„Dachte ich mir. Das ist der Schlüssel für Spinner's End. Wenn du ihn mit deinem Zauberstab aktivierst, wird dein Wohnort offiziell auf Spinner's End eingetragen“, erklärte Severus, „außer ich stehe mit meinem Wunsch zusammen zu ziehen, alleine da.“

„Nein, stehst du nicht. Das klingt super. Wie aktiviere ich ihn?“

„Einfach mit dem Zauberstab antippen“, sagte Severus und sofort zog Harry seinen Stab und tippte den Schlüssel an. Er glühte lediglich kurz auf.

„War das alles? Jetzt wohne ich offiziell bei dir?“

„Richtig. Vielleicht sollten wir auch etwas um dekorieren“, murmelte Severus mit einem Blick ins Zimmer.

„Wieso?“

„Du hast dieses Zimmer nach deinen Vorstellungen einrichten lassen und es unterscheidet sich doch sehr zu meinem Haus.“

„Falsch, ich habe es so einrichten lassen, dass wir uns hier wohl fühlen. Hell aber nicht zu hell, klassisch aber nicht kalt und doch irgendwie gemütlich“, erklärte Harry, der ihn wieder umarmte, „ich fühle mich in Spinner's End sehr wohl.“

„Aber?“

„Wie kommst du darauf, dass es ein Aber gibt?“

„Weil es so klingt“, sagte Severus.

„Naja, es ist immer noch dein Haus, ich wohne bei dir und ich will dir nicht meinen Geschmack aufdrängen, es ist dein Haus“, erklärte Harry leise.

Diesmal schwieg Severus, er verstand seine Bedenken. „Wir könnten auch in den Grimmauldplatz ziehen“, schlug er irgendwann vor.

„Ich höre deine Abscheu“, lachte Harry, „nein, ich will da nicht wohnen.“

„Ich möchte Spinner's End nicht verkaufen.“

Etwas überrascht sah Harry ihn an und meinte, „Das habe ich nicht verlangt, nicht mal gedacht.“

„Wie lösen wir dann dein Problem?“

„Ich habe kein Problem. Severus, ich fühle mich bei dir sehr wohl. Ich sehe dein Haus schon seit langem als mein Zuhause an, ich habe wirklich kein Problem und jetzt kann ich endlich sagen, dass wir wirklich zusammen wohnen“, sagte Harry lächelnd. Er sah Severus an, dass ihn das Thema noch beschäftigte aber er schwieg und Harry war sich sicher, dass er das Thema irgendwann nochmal aufgreifen würde. Aber nicht jetzt. „Genug davon. Lass uns auspacken und dann zum Abendessen gehen. Wir sind hier um uns zu entspannen und nicht um trübsinnigen Gedanken nach zu hängen“, sagte er während er sich schon von ihm löste und ihn Richtung Schlafzimmer zog. Kein Widerstand doch Severus' Blick zeigte ihm, dass er nachdachte.
 

Das Nachdenken musste er einstellen als sie das Schlafzimmer betraten und er sich die Einrichtung ansehen konnte. Auch hier hatte Harry sehr guten Geschmack bewiesen, das gleiche Grundmuster wie im Wohnzimmer aber das Bild wurde logischerweise vom Bett dominiert. Von einem runden Bett.

„Rund?“, war alles, was er fragte.

„Ja, mal was anderes. Gefällt es dir?“

„Es ist interessant“, sagte Severus ausweichend während er das Bett umrundete.

Harry grinste, so verwirrt hatte er Severus lange nicht mehr gesehen.

„Du weißt, dass ich keine Morgensonne im Gesicht mag“, sagte Severus jetzt mit einem Blick auf die großen Fenster.

„Magische Vorhänge, sie lassen genau so viel Sonne rein wie man will, ich habe sie auf die Helligkeit in Spinner's End eingestellt“, erklärte Harry.

„Du hast wirklich an alles gedacht, oder?“, fragte Severus, der mit einer Hand über das dezente, dunkelblaue Herz auf der sonst komplett schwarzen Bettwäsche strich.

„Ich hoffe es.“

„Dann lass uns auspacken“, war alles, was Severus sagte.

Harry grinste, das war so etwas wie ein Zustimmung also ließ er es gelten und machte sich ans Auspacken.
 

Kurze Zeit später saß Harry auf dem Sofa und blätterte durch eine Mappe, die er gefunden hatte. Dort standen die Angebote hier im Hotel drin, die Möglichkeiten, die sie hatten und schon nach den ersten Seiten wusste er, dass die drei Tage wohl nicht reichen würden um das komplette Angebot zu nutzen. Aber das wäre mit Severus auch gar nicht möglich, wenn man seinen Abneigung gegen fremde Menschen mit einbezog, blieb nicht mehr viel übrig was sie machen konnten. Aber es war genug.

„Bereust du schon, dass wir hier sind?“, fragte Severus plötzlich.

„Nein, ich überlege wo wir zu Abend essen. Restaurant oder eher zu Zweit?“, fragte Harry zurück. Er ignorierte diese Anspielungen schon seit Monaten und hoffte, dass Severus sie irgendwann lassen würde.

Severus setzte sich neben ihn und fragte, „zu zweit müssten wir wohl hier im Zimmer bleiben, oder?“

„Nein. Es gibt zwei große Restaurants, das Eine ganz klassisch mit musikalischer Untermalung. Das Zweite besteht ausschließlich aus einzelnen Abteilen, magisch abgeschirmt und auf den jeweiligen Geschmack des Gastes abgestimmt.“

„Also verstecken wir uns?“

„Wenn noch Platz ist, wäre ich gerne mit dir alleine, ansonsten gebe ich halt mit dir an, auch kein Problem. Wir müssen uns für das zweite Restaurant anmelden, sie haben nicht genug Platz für alle Gäste und die Gäste, die auf Hochzeitsreise sind, werden bevorzugt. Die Anmeldungen müssen für jeden Abend neu erfolgen und hier wird geschrieben, dass ein Paar nicht zwei Abende hintereinander reservieren kann“, erklärte Harry während er die Mappe so hielt, dass Severus es zur Not auch lesen konnte.

Doch der warf keinen Blick darauf sondern erhob sich, Harry blinzelte ihn fragend an.

„Kommst du oder soll ich alleine essen gehen?“

„Wollen wir nachfragen ob wir noch einen Platz bekommen?“

„Nein, du wolltest hierher also lebe damit mit mir in der Öffentlichkeit gesehen zu werden“, schnarrte Severus, der ihm jetzt die Mappe abnahm und ihn hoch zog.

Harry umarmte ihn, küsste ihn kurz und meinte dann, „ich habe damit kein Problem, also lass uns gehen.“

Es gab keine Antwort aber der Blick, der ihm zugeworfen wurde, war eindeutig. Harry beschloss ihn zu ignorieren.
 

Das Restaurant war schick und edel eingerichtet, nicht übertrieben kitschig und in gedeckten Farben gehalten. Große, grüne Pflanzen lockerten das Bild auf und sorgte für wesentlich mehr Privatsphäre als in normalen Restaurants. Der Kellner brachte sie zu einem gemütlichen Zweiertisch und ließ sie dann alleine, die Karte erschien von selbst vor ihnen.

„Also mir gefällt es hier“, sagte Harry während er sich nochmal umsah.

„Es ist annehmbar.“

„Griesgram.“

„Immer gewesen.“

Harry grinste, nahm sich aber dann eine Karte, Severus folgte seinem Beispiel schweigend.

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Kapitel 48

Kapitel 48
 

Eng umschlungen hockten sie auf dem Bett, Harry hatte die Arme eng um Severus' Brust geschlungen und hatte den Kopf auf seine Schulter gelegt, schwer keuchend versuchte er wieder zu Atem zu kommen. Severus' Hände lagen auf seinen Armen, er hatte den Kopf nach hinten auf seine Schulter gelegt, genauso keuchend wie er. Lange war nur das schwere Atmen zu hören, nur langsam beruhigten sich ihre Herzschläge, ihre Atmung und irgendwann öffnete Harry die Augen und hob langsam den Kopf, keine Reaktion von Severus. Er setzte sanfte Küsse auf die Schulter vor ihm, streichelte über die Hände, die seine Eigenen festhielten und stellte jetzt erst fest, dass er immer noch in Severus war.

„Wie löse ich jetzt die Zauber?“, fragte er zwischen zwei Küssen auf die Schulter.

„Sind schon“, war die müde Antwort.

„Wie das?“

„Die Zauber sind so gestaltet, dass sie ihre Wirkung verlieren wenn der Verzauberte zum Orgasmus kommt“, erklärte Severus leise und ohne sich zu bewegen.

Harry blinzelte ihn schräg von der Seite an bevor er es sich nicht verkneifen konnte an Severus runter zu sehen, die Spermaspuren waren eindeutig. Etwas ungläubig sah er wieder auf, genau in schwarze Augen, die ihn sehr seltsam ansahen.

„Wenn du mich jetzt fragst wie das möglich ist, verfluche ich dich“, murrte Severus doch Harry lachte nur und küsste ihn.

„Ich weiß, wie das möglich ist, ich hätte nur nicht gedacht, dass wir das schaffen“, erklärte Harry nachdem er den Kuss beendet hatte, er wurde fragend und misstrauisch angesehen.

Doch dann schüttelte Severus den Kopf und sagte, „das klären wir später, jetzt gehst du erst mal raus aus mir. Dann entscheiden wir ob wir duschen gehen oder einen Reinigungszauber verwenden.“

Etwas beschämt löste sich Harry von ihm und griff nach dem Zauberstab, er wollte nicht nochmal aufstehen und sprach den Reinigungszauber auf sie Beide. „Klären wir das zu dem Zeitpunkt, an dem du mir erklärst wann du mir den Trank untergejubelt hast?“, fragte er mit einem liebenswerten Lächeln.

Zu seiner Überraschung schüttelte Severus den Kopf, zog ihn kurzerhand ins Bett und sagte, „nicht dir, uns.“

„Uns?“

„Ja.“

„Wieso? Und wie?“, fragte Harry, der nach der Decke griff und es sich eng an ihn gekuschelt bequem machte, die Decke warm und weich über sie gelegt.

„Im Massageöl, der Trank wird über die Haut aufgenommen“, erklärte Severus.

Er wurde einen Moment fragend angesehen bevor sich Traurigkeit in seinen Blick schlich. Ohne etwas zu sagen, ließ Harry den Kopf hängen und legte sich komplett hin.

„Was habe ich jetzt schon wieder falsch gemacht?“, fragte Severus.

„Dann lag es also an dem Trank.“

„Was lag an dem Trank?“

„Dass du einen Orgasmus hattest, ich hatte gehofft, dass ich das schaffe“, gestand Harry ohne ihn anzusehen.

„Du bist ein Volltrottel.“

Etwas überrascht über diese Aussage hob Harry den Kopf um ihn fragend anzusehen.

„Du bist ein Volltrottel“, wiederholte Severus.

„Warum? Du hast doch selber gesagt, dass du was in das Öl gemischt hast.“

„Ja, einen Trank zur Entspannung und um sich etwas mehr gehen zu lassen. Der Trank hat keinerlei Auswirkungen auf die Lust“, erklärte Severus, „oder glaubst du nicht, dass ich solche Tränke nicht längst probiert hätte?“

„Das versteh ich nicht. Mit solchen Tränken sollte doch immer ein Orgasmus erreicht werden, oder?“, fragte Harry vorsichtig.

„Sollte, ja, macht er aber nicht. Ich habe viele Tränke ausprobiert, glaub mir.“

„Dann lag es doch an mir?“

„Wenn du jetzt eine Note erwartest, fluche ich dich erst ins Wohnzimmer und dann fluche ich dich auf dem Sofa fest“, knurrte Severus bevor er etwas versöhnlicher hinzu fügte, „meine Reaktion sollte dir eigentlich Antwort genug sein.“

„Wozu dann der Trank?“

„Sagte ich bereits, zur Entspannung und um sich besser darauf einzulassen.“

„Also immer mit Trank?“, fragte Harry fast schon verzweifelt. Reichte er seinem Freund doch nicht?

„Nein, nicht immer aber für den Anfang war es doch für uns Beide besser, dass wir weniger Hemmungen haben, oder?“, fragte Severus zurück. Er hob die Hand und fuhr mit den Fingern sanft über Harrys Wange.

„Fällt es dir so schwer?“, fragte Harry zweifelnd, „das bin doch ich.“

„Und ich bin ich. Harry, ich kann nicht aus meiner Haut, zumindest nicht sofort und gleich. Ich brauche Zeit und einen Lebensgefährten an meiner Seite, der das versteht und mich nicht drängt oder sich schreckliche Selbstvorwürfe macht“, sagte Severus sanft, „ich will dich nicht wegen so etwas verlieren. Ja, es hat mir sehr gefallen, wenn du das unbedingt hören musst und wenn es nach mir geht, können wir das gerne wiederholen. Auch ohne Trank. Ich...“ Hier brach er ab, wich Harrys Blick aus.

Dieser seufzte leise und fragte dann einfach, „Liebst du mich?“

Schwarze Augen sahen ihn geschockt an, Harry erwiderte den Blick ruhig und abwartend, er wollte jetzt endlich eine Antwort doch Severus schwieg.

„Severus, mir reicht es wenn die Antwort aus einem Wort besteht, ja oder nein. Du musst es nicht aussprechen wenn es dir so schwer fällt aber ich möchte, ehrlich gesagt, wissen, woran ich bin. Ich weiß, dass du mich sehr gern hast, sehr lieb hast aber ich möchte, nein, ich will wissen ob du mich liebst“, erklärte Harry mit warmer Stimme. Er wusste, dass er ihn damit in die Ecke drängte aber diesmal wollte er mal egoistisch sein. Er sah wie es im Gesicht seines Freundes arbeitete, wie er nachdachte.

Schließlich seufzte Severus leise, „ich weiß gar nicht warum mir das so schwer fällt.“

„Du hast Angst, dass ich bei einem Liebesgeständnis schreiend aus dem Bett springe?“, schlug Harry grinsend vor.

Severus verzog nur das Gesicht, wandte den Blick kurz ab bevor er ihn offen ansah, „Ja ist die Antwort. Ich liebe dich.“

Als Antwort fiel ihm Harry um den Hals und küsste ihn.
 

Zufrieden mit der Antwort kuschelte sich Harry irgendwann einfach nur an ihn, die Arme um seinen Oberkörper zogen sich enger zusammen und ein Kuss wurde auf seinen Kopf gesetzt.

„Können wir jetzt schlafen oder willst du mich zu noch mehr Aussagen zwingen?“, fragte Severus gähnend.

„Ich habe dich nicht gezwungen, ich habe dir nur die Entscheidung abgenommen. Severus, du hast in den letzten drei Monaten fast jeden dritten Tag dazu angesetzt mir genau das zu sagen und du hast immer wieder abgebrochen. Dann hast du dich von mir abgewandt und gedacht, ich würde gehen. So haben wir das Problem gelöst, du musst dir keinen Kopf mehr machen, ich bin auch auf der sicheren Seite also können wir das Ganze sehr viel entspannter angehen“, sagte Harry ohne sich groß zu bewegen, „so ähnlich wie bei dem Trank, den du ins Massageöl gemischt hast. Es beeinflusst uns nur positiv.“

Severus schwieg, drückte ihn aber kurz und Harry wusste, dass das seine Antwort war.

„Lass uns schlafen“, schlug Harry vor.

„Gute Nacht“, war alles, was Severus sagte.

Während sich Harry jetzt bequemer hinlegte, löschte Severus das Licht. Er war sich allerdings nicht sicher ob er wirklich schlafen konnte
 

Das Ende des Schuljahres war da und die Schüler, die die UTZ-Kurse in Zaubertränke belegt hatten, waren um einige Erfahrungen reicher.

Die Erste, und Schmerzhafteste, war, dass es Menschen gab, die einen Gehstock sehr zielgerichtet und mit sehr viel Wucht durch den Klassenraum werfen konnten.

Die zweite Erkenntnis hatte ihnen gezeigt, dass ihr Lehrer ein absolutes Ekel war aber genau wusste, was er tat und zu einem der besten Zaubertränkemeister gehörte, die sie je kennengelernt hatten.

Die Dritte war, dass dieser Mann ein Gift überlebt hatte, dass keiner von ihnen auch nur mit der Fingerspitze berühren wollte. Sie waren sich alle einig, dass der Unterricht schwerer, anstrengender und auch irgendwie fieser geworden war aber in seiner Qualität und in seinem Anspruch war er um einiges gestiegen. Und auch wenn sie ihren Lehrer immer wieder verfluchten, waren sie doch dankbar für die Möglichkeiten, die sich ihnen mit ihm boten.

Die vierte Erkenntnis war, dass ihr Lehrer durchaus eine Beziehung zu dem Helden der Nation hatte denn dieser befand sich bei jeder Strafarbeit mit im Raum und ihr Umgang miteinander zeigte den Schülern Seiten an beiden Männern, die sie so nicht erwartet hatten. Im Großen und Ganzen war Severus als Lehrer eine große Überraschung für alle Beteiligten, er war hart, ließ nicht im Geringsten mit sich reden und er war schnell was das Verteilen von Strafarbeiten und Punktabzug anging aber er vermittelte im Gegenzug ein Wissen, was für die UTZ-Kurse angemessen war. Im Job lief es für Severus sehr gut, im Privaten allerdings nicht. Er wusste nicht was los war, er wusste nicht, was er wieder falsch gemacht hatte aber er reagierte genauso wie immer, er zog sich zurück.
 

„Solltest du nicht bei Isabella sein?“, fragte Hippocrates mit einem Blick auf seine Armbanduhr, die er von seiner Enkelin zu Weihnachten bekommen hatte.

„Ich habe den Nachmittag frei um mit dir zu reden“, gab Harry zurück während er sich schon setzte, „sie hat mir verraten, dass du heute Nachmittag nichts vor hast.“

„Was kann ich für dich tun?“, fragte der Heiler, der sich den Grund schon fast denken konnte.

„Ich brauche leider mal wieder deine Hilfe“, gestand Harry, „es geht um Severus.“

„Das habe ich mir schon gedacht, was ist denn dein Problem?“

„Mein Freund will nicht mit mir schlafen, zumindest nicht ohne Trank“, murrte Harry.

Hippocrates ließ den Kopf hängen, er hatte so gehofft, dass doch ein anderer Grund hinter Harrys Besuch steckte aber er hatte mal wieder kein Glück. „Warum kommt ihr eigentlich immer zu mir wenn ihr Probleme habt? Habe ich eine Weiterbildung zum Paartherapeut gemacht, von der ich nichts weiß?“, murrte er, „dann immer mit solchen Themen. Ich bin doch kein Liebesorakel.“

„Ich weiß doch, … warte mal, ihr? Wann war Severus denn bei dir?“

„Vor zwei Wochen, nachdem du aus dem Schlafzimmer geflüchtet bist. Hat er dir nicht gesagt, dass er bei mir war, er war schließlich die ganze Nacht weg“, sagte Hippocrates überrascht.

„Wir haben uns den nächsten Tag angeschwiegen und sind dann irgendwie zur Tagesordnung über gegangen“, gestand Harry.

„Das ist nicht gut. Also, ich mache dir einen Vorschlag. Du erzählst mir, was das Problem ist, zumindest aus deiner Sicht und ich überlege mir dann ob ich euch Beide so lange in einen Raum einsperre bis ihr miteinander geredet habt.“

Harry blinzelte ihn fragend an, seufzte aber dann und nickte. Während er seine Gedanken sortierte, bestellte Hippocrates bei einem Hauselfen Tee und Gebäck, er befürchtete, dass dieses Gespräch länger dauern würde. Wenn er da an das Gespräch mit Severus dachte, schnaubte er leise, das hier konnte nicht viel schlimmer werden.

„Ich weiß gar nicht wie ich anfangen soll“, sagte Harry schulterzuckend.

„Vorschlag, ich stelle dir Fragen und du antwortest. Hat bei dem Griesgram auch funktioniert“, sagte Hippocrates. Als Harry nur genickt hatte, fuhr der Heiler fort, „habt ihr Sex?“

„Ja.“

„Klingt sehr begeistert.“

Jetzt schnaubte Harry und murrte, „wir haben genau fünf Mal miteinander geschlafen und jedes Mal hat er uns irgendwie einen Trank untergeschoben. Die ersten drei Mal war der Trank im Massageöl, das wusste ich, bei den anderen Malen hat er hinter meinem Rücken einen Trank genommen weil ich mich geweigert habe das Öl zu benutzen.“

„Was für einen Trank?“

„Er hat behauptet, dass es ein Trank zur Entspannung ist.“

„Das glaubst du ihm aber nicht“, schloss Hippocrates.

„Ich weiß es nicht, wieso kann er sich nicht ohne Trank entspannen? Beim ersten Mal, okay, da habe ich das verstanden aber danach? Wirken tut der Trank auch nicht, wirklich entspannen kann er sich ja scheinbar bei mir nicht.“

„Wie kommst du darauf?“

Jetzt druckste Harry etwas rum, wurde sogar rot, sagte aber dann, „er hatte nur die ersten zwei Mal einen Orgasmus, danach nicht mehr. Beim letzten Mal ist er förmlich aus dem Bett geflüchtet.“

„So weit ich weiß, bist du beim letzten Mal geflüchtet.“

„Das war vor dem Sex. Wir hatten Streit weil ich das Öl nicht benutzen wollte und ihn daran gehindert habe einen Trank zu nehmen. Hippocrates, ich versteh es einfach nicht. Es hat doch funktioniert, es hat doch geklappt, wieso vertraut er mir nicht? Ich liebe ihn, ich will mit ihm schlafen und nicht mit jemanden, der dafür ständig Tränke nehmen muss. Bin ich so abstoßend, dass er mich sonst im Bett nicht erträgt?“, fragte Harry traurig.

„Dir ist aber schon bewusst, dass Mann nicht jedes Mal einen Höhepunkt haben muss oder kann, oder?“

„Ja schon aber muss er deswegen immer den Trank nehmen? Kann er es nicht mit mir alleine versuchen? Was stimmt an mir nicht, dass es nicht klappt?“, fragte Harry.

„Weißt du, wie du gerade klingst?“

„Nein, wie?“

„Wie sein letzter Freund, kurz bevor er sich von ihm getrennt hat“, sagte Hippocrates traurig.
 

Der Schock stand Harry ins Gesicht geschrieben und er schwieg.

Hippocrates seufzte nochmal, trank einen Schluck Tee und begann dann, „ich gehe davon aus, dass du Severus gefragt hast, warum er den Trank nimmt. Er wird dir geantwortet haben, dass es nur zur Entspannung ist. Du hast ihm nicht geglaubt und in diesem Fall hast du sogar Recht, mir hat er den wahren Grund genannt. Willst du ihn hören?“

Nicken.

„Er nimmt diesen Trank weil er hofft, dass er sich so weit fallen lassen kann, dass er einen Höhepunkt hat und dich damit glücklich macht. Er hat panische Angst, dass du denkst, es liegt an dir und dann gehst. Harry, dieser Kerl liebt dich, er würde alles dafür tun, dass du glücklich bist und scheinbar bedeutet dir das so viel, dass er sogar über einen sehr potenten und sehr gefährlichen Liebestrank nachgedacht hat. Von dieser Idee konnte ich ihn allerdings wieder abbringen, ich weiß aber nicht, ob er es nicht doch macht. Harry, mit jedem Mal, wo du so offensichtlich enttäuscht bist, dass er nicht kommt, machst du es für das nächste Mal schwerer für ihn sich fallen zu lassen. Warum ist das für dich so wichtig? Warum reicht es dir nicht, dass er mit dir schläft?“, fragte Hippocrates.

„Das gehört doch dazu, oder?“

„Dann wäre ich längst geschieden“, lachte der Heiler, was zu einem sehr verwunderten Gesichtsausdruck seines Gegenüber führte. „Das geht dich eigentlich gar nichts an aber meine Frau hatte nach der Geburt unseres ersten Kindes extreme Probleme zum Höhepunkt zu kommen. Wenn ich mich damals so angestellt hätte wie du jetzt, wäre ich jetzt wieder Single.“

„Hat dich das nie gestört?“

„Doch, sehr sogar. Ich habe lange gedacht, es liegt an mir. Bin ich nicht mehr anziehend genug? Hat sie einen Anderen? Mache ich etwas falsch? Ich war völlig am Boden“, gestand Hippocrates, „mit diesen Selbstvorwürfen hätte ich meine Frau fast zu Grunde gerichtet. Sie hat alles versucht, hat Tränke genommen, Therapien gemacht, sogar Spielzeug gekauft. Nichts hat geholfen.“

„Wie habt ihr das überwunden?“, fragte Harry leise. Die Situation kam ihm sehr bekannt vor.

„Mit Verständnis, sehr langen Gesprächen, einer Paartherapie, aber vor allem ohne den Druck, den ihr euch gerade macht. Ich habe nicht mehr erwartet, dass sie zum Höhepunkt kommt, ich war nicht mehr enttäuscht wenn sie nicht kam sondern habe es hingenommen. Wir haben lange Zeit nur gekuschelt, ohne Gedanken an Sex, uns nur geküsst, ohne dass es weiter ging, wir haben den Druck aus der ganzen Sache raus genommen“, sagte Hippocrates mit einem warmen Lächeln, „und siehe da, ich bin immer noch verheiratet und habe mittlerweile drei Kinder.“

„Was soll ich jetzt machen?“, fragte Harry irgendwann.

„Geh nach Hause, setzt euch bequem auf die Couch und dann redet über die Sache. Hör auf zu denken, dass es an dir liegt. Wenn der Kerl dich nicht anziehend finden würde, würde er nicht mit dir schlafen, ganz einfach. Er macht sich schon furchtbare Gedanken darüber, dass er keine Erektion bekommt, setz ihn nicht noch unter Druck mit dieser Sache. Was glaubst du eigentlich warum er die Tränke hinter deinem Rücken genommen hat?“, fragte Hippocrates.

Schulterzucken.

„Weil er beim dritten Mal, trotz des Trankes im Massageöl nicht gekommen ist und du scheinbar sehr enttäuscht davon warst.“

„Ich war nicht sehr enttäuscht, ich war einfach überrascht.“

Hippocrates sah ihn zweifelnd an und Harry gestand, „okay, vielleicht habe ich so etwas in der Art gesagt.“

„Aha, und jetzt setzen wir das mit Severus' Selbstbewusstsein in dieser Hinsicht zusammen und was kommt dabei raus?“

„Dass ich ihn extrem verunsichere und er denkt, ich würde ihn verlassen und mit einen Anderen suchen?“, schlug Harry leise vor.

„Was du aber nicht vor hast, oder?“

„Natürlich nicht, ich liebe ihn. Ich gehe garantiert nicht.“

„Doch, du gehst jetzt nach Hause und regelst die Sache. Ihr habt so viel zusammen durch, dass schafft ihr auch noch, garantiert“, sagte Hippocrates zuversichtlich.

Harrys Gestalt straffte sich, er trank seinen letzten Schluck Tee und sagte dann, „natürlich schaffen wir das. Wir haben so viel geschafft, dann schaffen wir das auch.“ Damit erhob er sich, wesentlich besser gelaunt als zu dem Moment als er hier aufgetaucht war.

Hippocrates stand ebenfalls auf, begleitete ihn zur Tür und sagte noch, „macht euch keinen Stress. Das ist nie gut. Wolltet ihr nicht in Urlaub fahren?“

„Ja, morgen geht der Flug nach Rom aber bei der Stimmung, die momentan bei uns herrscht, war ich nicht sicher ob wir trotzdem noch fahren. Ich bin mir nicht mal sicher ob er überhaupt mit mir reden will.“

„Willst du noch einen Rat?“

„Bitte.“

„Pack eure Sachen und schleif ihn morgen zum Flughafen. Fahrt in den Urlaub und vielleicht ergibt sich dort eine Möglichkeit in aller Ruhe miteinander zu reden. Zeig ihm einfach, dass du bei ihm bleibst, egal was bei euch im Bett passiert“, sagte Hippocrates.

„Und heute?“

„Macht es euch auf der Couch bequem, ohne irgendwelche sexuellen Forderungen. Körperliche Nähe ohne Verpflichtungen.“

Harry sah ihn einen Moment an, nickte aber dann, bedankte sich nochmal und ging dann. Hippocrates sah ihm kurz nach, er konnte nur hoffen, dass sie das Problem in die Griff bekamen. Es wäre eine Schande wenn sie sich wegen so einem Problem trennen würden.
 

Unsicher betrat Severus das Wohnzimmer in Spinner's End, er war den ganzen Tag im Labor gewesen und war auch nicht nach oben gegangen als er gehört hatte, dass Harry nach Hause gekommen war. Er hatte ihn oben rum rumoren gehört aber er war nicht nach unten gekommen bis er ihm jetzt Fino geschickt hatte, mit der Mitteilung, dass das Abendessen fertig war.

„In der Küche“, rief Harry als er das Wohnzimmer betrat.

Nur sehr langsam betrat Severus die Küche, er wollte diesen mitleidigen Blick nicht sehen. Diesen verletzten Blick, wenn er ihn körperlich wieder abwies. Er wollte nicht sehen wie ihre Beziehung langsam den Bach runter ging, deswegen hatte er auch den ganzen Tag im Tränkelabor verbracht. Wobei er die letzten zwei Stunden nur noch in die Luft gestarrt hatte.

„Hast du Hunger? Ich habe gekocht“, empfing ihn Harry mit einem Lächeln, „allerdings nur was Leichtes.“

„Wieso?“, fragte Severus während er sich zögerlich setzte.

„Weil wir früh ins Bett müssen, wir müssen morgen früh bis spätestens halb acht im Londoner Flughafen eingecheckt haben. Das heißt, früh aufstehen, frühstücken und dann nach London apparieren“, erklärte Harry während er das Essen auf den Tisch stellte.

„Was ist das?“, war die etwas überraschte Frage.

„Hähnchenfilet in einer Cashewkruste auf Blattspinat mit Paprikakartoffelecken“, erklärte Harry.

„Wieso der Londoner Flughafen?“, fragte Severus weiter, ohne Anstalten zu machen nach dem Besteck zu greifen.

„Willst du nach Rom flohen oder apparieren? Das ist ziemlich weit. Severus, wir wollen morgen in Urlaub fliegen. Ich habe unsere Sachen schon gepackt, es ist alles vorbereitet. Aber vielleicht magst du deine Sachen nochmal durch sehen ob ich etwas vergessen habe“, sagte Harry.

„Rom?“

„Ja, Rom. Wir haben ein Hotel gebucht und wollten Urlaub machen, schon vergessen?“

„Nein, nicht vergessen, nur nicht daran geglaubt.“

Harry seufzte leise, setzte sich und sah ihn offen an bevor er sagte, „wir wollten in den Urlaub fahren und wenn es nach mir geht, möchte ich das immer noch. Ich habe mich in den letzten Wochen in einigen Dingen nicht richtig verhalten und wir sollten irgendwann darüber reden. Nicht heute, nicht morgen, sonder irgendwann wenn es passt. Solange können wir auch in Urlaub fahren.“

„Bist du sicher?“

„In welcher Hinsicht?“, fragte Harry, „ja, ich will mit dir in Urlaub fahren. Ja, ich habe mich falsch verhalten und ja, wir müssen darüber reden aber nein, ich werde dich definitiv nicht verlassen.“

Severus sah ihn wieder so seltsam an, Harry hatte mittlerweile verstanden, dass dieser Blick eine Mischung zwischen Scheu und Skepsis war und er seufzte leise.

„Lass uns essen“, schlug er vor. Wortlos griff Severus nach seinem Besteck und begann zu essen. Traurig folgte Harry seinem Beispiel.
 

„Kommst du mit auf die Couch oder willst du wieder in den Keller?“, fragte Harry nach dem Essen.

Wieder dieser Blick und er sah wie Severus fast schon panisch einen Schritt Richtung Tür machte. Nach diesem Gespräch mit Hippocrates verstand er diese Reaktion auch, er hatte in den letzten Wochen immer versucht ihn auf der Couch zu verführen und genau das fürchtete Severus jetzt.

„Nur zusammen auf die Couch setzen, nichts anderes, ich verspreche es. Severus, ich werde dich zu nichts drängen, versprochen.“

„Ich muss nochmal ins Labor“, war alles, was Severus sagte bevor er schon flüchtete.

Etwas fassungslos und traurig sah Harry die geschlossene Tür an, irgendwie hatte er es wohl nicht anders verdient. Er atmete tief durch und ging dann ins Wohnzimmer, vielleicht tauchte sein Freund ja doch noch auf.
 

Severus tauchte auf, kurz vor elf und auch nur für die Zeitspanne, die er brauchte um ihm kurz Gute Nacht zu wünschen und dann ins Obergeschoss zu verschwinden. Kurz darauf erklang das Geräusch der Dusche und Harry seufzte erneut, Severus würde sich bettfertig machen und sich dann ans äußere Ende des Bettes legen. Jedes Mal wenn er selbst sich bewegte, würde er zusammen zucken. Erst nach dem Gespräch mit Hippocrates hatte er nachgedacht und ihm waren die untrüglichen Zeichen erst jetzt aufgefallen. Dieses Zusammenzucken, diese Abwehr, diese Flucht, jedes Mal wenn er ihm irgendwie näher kommen wollte. Wie hatte er das nur übersehen können?
 

Irgendwann ging Harry auch nach oben, er hatte überlegt ob er auf der Couch schlafen sollte aber nein, er wollte bei seinem Freund sein und ihm zeigen, dass er seine reine Nähe auch sehr zu schätzen wusste. Wie er erwartet hatte, lag Severus auf der äußersten Kante des Bettes. Er beschloss duschen zu gehen und ihm genau das dann zu zeigen.
 

Severus stellte sich schlafend als Harry das Schlafzimmer betrat und kurz stehen blieb, er hörte ihn seufzen bevor er ins Bad ging. Kurz flackerte ein Fluchtgedanke in ihm auf aber wohin sollte er auch fliehen? Er sehnte sich nach Harry aber gleichzeitig fürchtete er seine Nähe denn er hatte Angst wieder zu versagen. Noch immer hatte er den zu tiefst enttäuschten Gesichtsausdruck seines Freundes vor Augen als er trotz Trank im Massageöl nicht gekommen war. Dann danach, er hatte den Trank sogar stärker gebraut und dennoch hatte er ihm wieder enttäuscht. Harry war inzwischen wieder gekommen und lag im Bett, weit weg von ihm und er machte auch keine Anstalten rüber zu kommen. Gut, das war nicht verwunderlich, so wie er vorhin aus der Küche geflüchtet war. Harry musste ihn für bekloppt halten.

„Wenn du willst, dass ich denke, dass du schläfst, solltest du nicht so tief seufzen“, sagte Harry plötzlich.

Das nächste Seufzen war schwer und traurig bevor Severus sich rum drehte und ihn ansah, die magischen Lampen verbreiteten nur schwaches Licht aber es reichte um etwas zu erkennen. Harry lag ihm gegenüber, auf einen Ellenbogen gestützt und ihn traurig ansehend.

„Verzeih, dass ich einfach so abgehauen bin“, flüsterte Severus.

„Ich kann dich verstehen. Ich war heute bei Hippocrates.“

„Was fehlt dir?“

Gegen seinen Willen musste Harry lächeln, es war so typisch, dass sich Severus trotz aller Sorgen um ihn sorgte und das tat wirklich gut.

„Mir fehlt Verständnis und Einfühlungsvermögen für meinen Freund“, sagte Harry leise, diesmal schwieg Severus und wandte den Blick ab. „Du warst auch bei ihm.“

„Ja.“

„Warum?“

„Weil wir zu feige sind um miteinander zu reden?“, schlug Severus leise vor ohne ihn anzusehen.

„Wahrscheinlich und dabei ist es so einfach. Einfach Wörter bilden und schon reden wir miteinander.“

Severus lachte leise und rutschte ein kleines Stückchen näher, Harry sah ihn mit großen Augen an, kam ihm aber entgegen. Sie trafen sich in der Mitte, zögernd von Severus aus, freudig von Harry aus aber er wusste auch, dass er jetzt sehr viel kaputt machen könnte. Vorsichtig schlang er einen Arm um Severus' Taille und drückte sich noch vorsichtiger an ihn. Er spürte das Zögern bevor Severus die Arme um ihn legte. Es dauerte noch ein paar Momente, in denen Harry völlig angespannt da lag und auf eine Abweisung wartete. Sie kam nicht und tief durchatmend entspannte er sich und kuschelte sich eng an ihn. Bei Severus dauerte es noch wesentlich länger bis er sich entspannte, Harry versetzte dieses Verhalten einen Stich denn eigentlich sollte es seinem Freund nicht so schwer fallen sich bei ihm zu entspannen. Aber er war selber Schuld an diesem Verhalten und jetzt konnte er nicht mehr machen als es irgendwie wieder gerade zu bügeln.
 

Der nächste Tag verlief ruhig aber irgendwie distanziert, Harry hoffte, dass sich die Stimmung in Rom bessern würde. Und so frühstückten sie schweigend, apparierten schweigend nach London und auch der Flug verlief ohne viele Worte, genau wie das Einchecken im Hotel.
 

„Hast du schon eine Idee, was wir machen wollen?“, fragte Harry vorsichtig als Severus aus dem Bad kam.

„Mittagessen und dann darf ich mich entweder hier im Zimmer oder in einem der Wellnessbereiche ausruhen. Ich würde mich natürlich freuen wenn du mir Gesellschaft leistest. Morgen früh nach dem Frühstück machen wir uns auf den Weg ins magische Viertel von Rom, da sollten wir den Tag gut verbringen können, ich war lange nicht mehr da. In den nächsten Tagen können wir uns das restliche Rom ansehen, es ist wirklich sehenswert aber ich befürchte, selbst wenn ich gesund wäre, würden wir das nicht an einem Tag schaffen“, erklärte Severus und mit jedem Wort wurden Harrys Augen größer. „Du hast etwas dagegen?“, fragte Severus nachdem Harry ewig nicht geantwortet hatte.

„Nein, nein, absolut nicht. Ich wusste nur nicht, dass du schon einen Plan hast. Ich hatte mich noch nicht wirklich damit beschäftigt“, sagte Harry schnell.

„Ich hatte in den letzten Tagen genug Zeit um mich kundig zu machen“, sagte Severus ausweichend während er schon langsam an ihm vorbei ging. Diesmal verstand er die Aufforderung und folgte ihm.
 

Die nächsten Tage beruhigte sich die Situation zwischen ihnen, Harry unternahm keinen Versuch mehr ihn zu verführen aber er suchte dennoch seine Nähe. Er wollte ihm zeigen, dass er seine Nähe wollte aber ihn nicht bedrängen wollte und er schien Erfolg zu haben. Langsam aber sicher entspannte sich Severus wieder in seiner Nähe, er schreckte nicht mehr bei jeder Berührung zurück und umarmte ihn auch wieder von sich aus. Für das magische Viertel von Rom brauchten sie doch zwei Tage um es komplett zu erkunden und auch die Sehenswürdigkeiten im restlichen Rom nahmen viel Zeit in Anspruch. Wobei sich Harry sicher war, dass Severus öfters mal mit dem Zauberstab nach half damit sie etwas sehen konnten oder damit sie länger irgendwo verweilen konnten. Nicht, dass Harry ihm böse war, er genoss diese kleinen Zeichen doch in seinem Hinterkopf war immer noch das Gespräch, was sie führen mussten. Er konnte nicht wissen, dass es Severus genauso ging.
 

Es war Severus, der schließlich den Mut aufbrachte und das Gespräch suchte. Sie hatten in einem kleinen, romantischen Restaurant zu Abend gegessen und schlenderten jetzt durch einen Park. Ein kleiner See tauchte rechts von ihnen auf, Severus schluckte leicht und manövrierte Harry zu einem der unzähligen Pavillons, die überall versteckt standen. Sie luden Pärchen förmlich dazu ein in ihnen zu verweilen und etwas Zweisamkeit auszutauschen.

„Es ist wunderschön hier, ich hätte nie gedacht, dass es in Rom so schön ist“, sagte Harry nachdem sie es sich bequem gemacht hatten.

„Hm.“

„Severus?“

„Wie lange wollen wir noch vor diesem Problem wegrennen?“, frage Severus, der neben ihm saß und den Blick starr auf den See gerichtet hatte.

„Wenn es nach mir geht, noch ne Weile. Es ist gerade so schön“, gestand Harry.

„Das bringt uns aber nichts. Das ist dir gegenüber nicht fair.“

„Wieso mir gegenüber?“

Severus schnaubte leise und murrte, „glaubst du wirklich, ich würde es nicht merken, dass du nach ein paar Minuten kuscheln aus welchem Grund auch immer auf mich reagierst? Dass du früh kalt duschen gehst? Du willst Sex.“

„Natürlich will ich Sex, ich bin in einer glücklichen Beziehung und da ist es ja normal, dass ich Sex will, oder? Aber ich will keinen Sex wenn du dich damit unter Druck gesetzt fühlst. Sex soll Spaß machen und nicht zu einer Pflichtübung werden“, sagte Harry, der näher rutschte und den Kopf an seine Schulter lehnte, Severus würde ihn momentan eh nicht ansehen.

Severus lachte rau und bitter auf.

„Ist doch so, Sex soll Spaß machen.“

„Und so macht es keinen Spaß?“, fragte Severus.

„Wenn ich dich ständig unter Druck setze und wir dann Tagelang nicht mit einander reden? Nein, so macht es keinen Spaß. Ich habe es leider nicht verstanden, dass ich dich mit meinen Reaktionen so verletzt und verunsichert habe“, sagte Harry, „ich habe halt gedacht, dass es an mir liegt. Ich habe es nicht verstanden.“

„Glaubst du, ich versteh es?“, fragte Severus dunkel.

„Wie, … wie meinst du das?“

„Harry, ich versteh es selber nicht. Glaubst du, ich mache das mit Absicht? Ich würde dir gerne erklären, was falsch läuft aber ich kann es nicht. Mir gefällt es so, wie es ist aber ich kann den Orgasmus, den du anscheinend für so wichtig hältst, nicht erzwingen. Genauso wenig wie ich eine Erektion erzwingen kann, egal mit welchen Mitteln“, sagte Severus traurig.

„Die Idee mit dem Liebestrank schlägst du dir ganz schnell wieder aus dem Kopf, das ist zu gefährlich.“

„Ich bring ihn um.“

Harry lachte leise und schüttelte knapp den Kopf, „Nein, tust du nicht. Lass Hippocrates leben, er hat mir sehr geholfen. Ohne ihn hätte ich es immer noch nicht begriffen und hätte vielleicht noch mehr kaputt gemacht. Ich muss mich nochmal bei ihm bedanken.“

Diesmal schwieg Severus und auch Harry wusste nicht mehr so wirklich, wie er das Gespräch weiter führen sollte.
 

Doch irgendwann rang sich Severus doch dazu durch, die Frage zu stellen, die ihm auf der Seele brannte, „was machen wir jetzt mit unserem Problem?“

„Darf ich dich was total peinliches fragen?“, war die leise Gegenfrage.

Etwas überrascht wandte Severus so weit den Kopf, dass er den einen Blick auf Harrys Kopf werfen konnte aber außer schwarzen Haaren und einer knallroten Ohrspitze konnte er nicht viel erkennen. „Bitte, frag.“

„Naja, ähm, findest du, äh, dass ich, also, ähm...“, stotterte Harry.

Severus konnte sich die Frage vorstellen und erlöste Harry von seinem Gestotter, „ja, ich finde dich attraktiv. Wenn das deine Frage war. Im Gegensatz zu dir muss ich mich nicht für meinen Freund schämen.“

„Ich schäme mich nicht für dich, wie kommst du darauf? Ich liebe dich“, sagte Harry, „die Muggel haben ein Sprichwort über die Liebe und Schönheit.“

„Nicht die Schönheit entscheidet, wen wir lieben, sondern die Liebe entscheidet, wen wir schön finden“, unterbrach ihn Severus ruhig und leise.

„Du kennst es?“

„Ja, und ich habe es schon immer für Schwachsinn gehalten.“

Jetzt richtete sich Harry auf um ihn anzusehen und zu fragen, „warum?“

„Weil das Leben bis jetzt nicht schön war, ganz einfach.“

„Ist es jetzt schön?“, fragte Harry während er einen Arm um Severus' Taille legte und sich vorsichtig an ihn kuschelte.

Ein Arm wurde um seine Schultern gelegt, ein Kuss auf seinen Kopf gesetzt und ein leises, „Ja, ist es.“
 

„Du hast meine Frage nicht beantwortet, was machen wir jetzt mit unserem Problem?“, fragte Severus.

„Willst du einen Plan machen?“, fragte Harry grinsend zurück.

„Das sind meine Worte.“

„Dann halte dich auch daran. Wie hast du damals zu mir gesagt, lass es doch einfach auf dich zu kommen. Wir sind doch glücklich zusammen, oder?“

„Ja.“

Ein warmes Gefühl machte sich in Harry breit, es war extrem selten, dass Severus so etwas so deutlich sagte. „Dann lassen wir es doch einfach auf uns zukommen. Wir haben uns bis jetzt nicht drängen lassen, egal bei was, warum machen wir uns dann jetzt so einen Stress?“, fragte er.

„Sehr gute Frage, ich kann sie dir nicht beantworten“, gab Severus zurück.

„Schon komisch, oder? Über ein Jahr haben wir uns Zeit gelassen und kaum, dass wir das erste Mal Sex hatten, machen wir uns Stress. Das ist doch dämlich. Wir haben doch alle Zeit der Welt“, sagte Harry während er sich von ihm löste und aufstand, er wurde fragend angesehen. „Lass uns zurück ins Hotel gehen, es ist spät und ich habe gespürt wie dein Bein zittert. Wir können ins Bett oder es uns auf der Couch bequem machen und einfach nur kuscheln, ohne Sex, ohne Verpflichtungen, einfach nur zusammen kuscheln“, schlug Harry lächelnd vor.

Das Fragende verschwand aus Severus' Blick, die schwarzen Augen sahen ihn warm an während er langsam und vorsichtig aufstand. Er musste sich schwer auf den Gehstock stützen denn egal wie gesund er sich fühlte, nach fast sechs Tagen Sightseeing in Rom spürte er jeden Muskel in seinem Körper und jeder weitere Schritt fiel ihm schwer. Ein Arm wurde um seine Taille gelegt, er stützte sich mit einem erleichterten Seufzen auf seinen Freund.

Harry schnalzte missbilligend und murrte, „warum hast du nicht gesagt, dass es zu viel ist? Wir hätten den Tag heute im Hotel verbringen können.“

„Du wolltest unbedingt das Kolosseum sehen.“

„Es war wirklich sehenswert auch wenn es sehr seltsam war, dass wir an manchen Orten so ganz alleine waren“, sagte Harry während sie sich langsam auf den Weg machten.

„War es unangenehm?“, fragte Severus.

„Nein, auch wenn die Steine im Rücken gewöhnungsbedürftig waren“, grinste Harry. Bei dem Gedanken an den plötzlichen Überfall seines Freundes lief es ihm heiß den Rücken runter, vor allem weil Severus sich in den letzten Wochen ja so von ihm distanziert hatte.

„Ich kenne ein paar Zauber, die das angenehmer gestalten könnten.“

„Im Kolosseum?“

„Nein. Aber vielleicht ergibt sich eine andere Gelegenheit“, sagte Severus ausweichend.

„Ist das ein Versprechen?“

Severus seufzte und sagte leise, „das würde eine körperliche Reaktion voraussetzen, die ich dir nicht bieten kann.“

Er spürte wie Harry die Schultern zuckten und dann sagte, „das kommt irgendwann und wenn nicht, naja, es gibt ja noch andere Möglichkeiten und Hilfsmittel.“

Jetzt sah ihn Severus etwas erstaunt an, was Harry aber lieber ignorierte, er spürte auch so schon wie seine Wangen vor Scham brannten. „Das Thema sollten wir zu gegebener Zeit nochmal beleuchten“, schnarrte Severus schließlich.

„Hmhm“, murmelte Harry, der es dann vorzog zu schweigen.
 

Der Weg ins Hotel und ins Bett wurde in einem angenehmen Schweigen zurückgelegt. Harry freute sich unendlich als Severus im Bett zum ersten Mal seit Wochen den ersten Schritt tat und sich an ihn kuschelte. Mit einem zufriedenen Seufzen schlang er die Arme um den Mann, den er über alles liebte und drückte ihn eng an sich.

„Ich brauche noch Luft zum atmen“, murrte Severus.

„Luft wird überbewertet“, gab Harry grinsend zurück, lockerte aber seine Umarmung etwas und sagte dann, „was hältst du davon wenn wir Morgen im Hotel bleiben und uns einen ganz gemütlichen Tag machen? Die haben Massagen im Angebot, könnte dir gut tun.“

„Ich würde mich lieber von dir massieren lassen“, gab Severus leise zu.

„Gut, dass ich alles mitgenommen habe. Aber in die Sauna gehen wir.“

„Sauna?“

„Ja, Sauna. Oder Whirlpool. Irgendetwas Warmes damit sich deine Muskeln lockern, dann kann ich dich besser massieren, es ist für dich nicht so schmerzhaft und ich laufe nicht Gefahr verflucht zu werden“, erklärte Harry.

„Ich habe dich seit Ewigkeiten nicht mehr verflucht.“

„Ich möchte auch nicht, dass du damit wieder anfängst.“

Severus brummte nur, langte aber dann nach dem Lichtschalter und machte kurzerhand das Licht aus.

„Dann gute Nacht“, schnurrte Harry.

„Gute Nacht“, kam leise und müde zurück.

Harry lächelte leicht, es dauerte nicht lange bis die Anspannung aus Severus wich und die gleichmäßigen, ruhigen Atemzüge anzeigten, dass Severus eingeschlafen war. Es war wirklich zu viel gewesen. Sein schlechtes Gewissen regte sich, Severus hatte diese ganzen Tagestouren nur wegen ihm mitgemacht. Er war zwar alt genug um etwas zu sagen wenn es ihm zu viel wurde aber nach den Ereignissen der letzten Wochen wollte er ihn wahrscheinlich nicht noch mehr enttäuschen. Das schlechte Gewissen wurde stärker, unbewusst hatte er Severus so eine Enttäuschung eingeredet, dass dieser sogar mit dem Gedanken gespielt hatte, seine Gesundheit erneut aufs Spiel zu setzen. Das durfte nicht passieren. Er seufzte leise, er hatte einige Fehler gemacht und erst Hippocrates hatte ihm die Augen geöffnet. Dabei war es so einfach, sie mussten nur miteinander reden.

Er sah auf den schwarzen Haarschopf auf seiner Brust, das Licht, dass die Straßenlaternen einließen, war zwar schwach aber er konnte noch Umrisse erkennen. Vorsichtig drückte er Severus etwas an sich, er murrte leise, wachte aber nicht auf. Er liebte diesen Mann, mehr als er sich jemals vorgestellt hatte und er wollte ihn nicht verlieren, vor allem nicht wegen so einem banalen Thema. Sie würden es schaffen, sie waren so viele Probleme zusammen angegangen und hatten sie gelöst, da würden sie sich wegen so etwas nicht aufhalten lassen. Harry setzte vorsichtig einen Kuss auf Severus' Kopf, wieder ein leises Murren und wieder wachte er nicht auf. Sie würden es schaffen, da war er sich ganz sicher.

Epilog

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]


Nachwort zu diesem Kapitel:
Jetzt bin ich mal gespannt, was ihr zum ersten Kapitel zu sagen habt. ;)

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Mal ein kleiner Einblick ins Haus der Familie Potter und die ersten Reaktionen von Severus. Ob das alles gut geht?

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Das Unheil nimmt seinen Lauf.... Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Was wohl passieren wird wenn die Maske fällt?

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Nachwort zu diesem Kapitel:
So langsam fällt Severus' schlechter Gesundheitszustand auf. Mal sehen, wie lange das noch gut geht.

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Severus reitet sich immer weiter in die Misere. :/

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Mal ein kleiner Einblick ins Hause Malfoy, scheint als wäre Draco wirklich erwachsen geworden.

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Das Kartenhaus ist zusammen gefallen. Mal sehen, was man aus seinen Trümmern Neues bauen kann.

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Albus ist aufgeflogen und Fino ist endlich frei, auch wenn er Severus wohl nie verlassen wird. Mal sehen, was es für Konsequenzen für Albus hat.

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Scheinbar hat Harrry sein Rückgrat wieder gefunden und bei aller Lieb, es wurde auch Zeit und er wird es dringend brauchen.

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Das Veritaserum hat er hinter sich, bleibt die Befragung durch das Gamot. Ob das gut geht?

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Jetzt könnte das Leben wieder normal verlaufen....

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Viel Glück, Harry, du wirst es brauchen.

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Nein, ich enttäusche gleich eure Hoffnungen, sie haben keinen Sex. ;)

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Ein Schritt vor, drei Schritte zurück, so wird Albus für immer im St. Mungo bleiben. Hoffentlich hat der Einspruch Erfolg und Ginny muss das Handwerk gelegt werden.

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Scheint als wäre diese Freundschaft beendet bevor sie überhaupt richtig beginnen konnte. Schade.

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Jetzt sind die Fronten wenigstens geklärt. Bleibt die Frage ob Harry damit klar kommt? Denn auch wenn er nur Freundschaft will, wird er dieses Interesse immer im Hinterkopf haben. Wir werden sehen.

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Ein klärendes Gespräch und hey, das nenne ich mal einen gelungenen Abend. *Ironie off*

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Harry, du denkst zu viel. Ganz eindeutig.

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich wünsche allen einen guten Rutsch ins Jahr 2019. =)

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Kommentare zu dieser Fanfic (54)
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Von:  mathi
2023-01-15T00:48:12+00:00 15.01.2023 01:48
Ich muss sagen ich liebe deine Geschichten - diese hier war in zwei Tagen durchgelesen. So gefesselt war ich schon lange nicht mehr. Severus und Harry durch so viele verschiedenen Phasen zu führen und trotzdem ein gelungenes Ende :)


Von:  Alexxx50
2021-01-05T20:22:56+00:00 05.01.2021 21:22
Ich glaube mit einem fettem WOW und dem Merlinsorden ersterklasse sollte diese geschichte benotet werden.

Klasse geschrieben
Grandiose einfallsreich und humorvolle Dialoge
Sehr interessante idee für geschichte

Auch stimme ich lilaBat zu war erst schräg das pairing.
Trotzdessen die geschichte ist einfach nur fantastisch
Antwort von:  demona1984
05.01.2021 21:53
Vielen, lieben Dank. :)

Ja, das "Anfangspairing" war bewusst so schräg gewählt aber es war ja auch vom Hintergrund nicht ganz gerade. Aber es freut mich, dass du trotzdem weiter gelesen hast.

Man liest sich bestimmt nochmal. :)

Tata.
Antwort von:  Alexxx50
05.01.2021 21:55
Ja tuts sich schon hab mir schon an die nächste geschicht gemacht :)
Von:  ShadowKage
2020-06-19T15:40:54+00:00 19.06.2020 17:40
Ach ja. Und diese FF habe ich dann auch zum 3.mal gelesen xD
Ich liebe einfach deinen Schreibstiel und deine FFs x3
Von:  ShadowKage
2020-06-19T15:39:31+00:00 19.06.2020 17:39
Mal ne frage.
Lädst du denn deine FFs auch noch woanders hoch? Wenn ja wo?
Antwort von:  demona1984
19.06.2020 18:49
Nur noch auf Fanfiktion.de aber da steht nichts Anderes. :)
Antwort von:  ShadowKage
19.06.2020 19:21
Wie heißt du denn auf FF.de? :)
Ich bin so gespannt auf deine nächste FF. Ich bin immer noch so begeistert. ☺
Antwort von:  demona1984
19.06.2020 19:27
Demona. :D

Momentan schreib ich nichts, oder ich lade eher nichts hoch, kreative Schaffenspause und private Probleme. =)
Antwort von:  ShadowKage
19.06.2020 19:33
Oh das tut mir leid.
Da deücke ich dir die Daumen, dass sich das wieder gibt. Ich werde dich sofort auf die Favo liste setzen :)
Von:  lilaBat
2019-12-01T17:55:05+00:00 01.12.2019 18:55
Wow wunderschöne tolle Geschichte. Sie hat mich so gefesselt. Freitag Abend gefunden, Sonntag Abend fertig.

Schade dass du zu den Kapiteln so wenig Feedback bekommen hast. Habe sie jetzt erst als ganzes gefunden und gelesen. Ich finde die ganze Story einfach toll. Am Anfang war ich noch ein wenig skeptisch mit dem Paring albus/severus.

Aber du hast es echt geschafft , es so toll und fesselnd zu schreiben, dass ich unbedingt wissen wollte , wie es aus geht. Tolles Thema und tolle Umsetzung, kein hektische Ende oder unschlüssig Füllkapitel.

Ich kann mich nur wiederholen: wunderbare fantastische mitreißende Fanfiction :)
Von:  _Riku_schatz_
2019-06-02T09:02:37+00:00 02.06.2019 11:02
Hallo :)
Diese Geschichte ist wirklich unglaublich *.* Ich hatte am Anfang echt Angst das er mit Al zusammen kommt und obwohl du extra das Paar angegeben hast, konnte ich mir wirklich nicht vorstellen wie die zusammen kommen können. Aber du hast es geschafft oO Ich finde es sehr gut, dass er behandelt und nicht eingesperrt wurde. Du hast es wirklich sehr schön geschrieben. Severus ist ein wirklich starker Mann, aber er musste einfach viel zu viel in seinem Leben ertragen und ich bin wirklich froh das Harry es versteht und ihm genau richtig hilft. Ich muss gestehen, dass ich die Länge echt unterschätzt habe xD Dachte ich schaffe es an einem Tag *lach* nop XD als ich um drei Uhr morgens gesehen habe das ich eigentlich noch am Anfang bin hab ich es dann doch auf später verschoben xD Aber um so besser <3 ich liebe lange Geschichten und deine tat mal richtig gut :D
Vielen Dank, dass du dir so viel Mühe gegeben hast und so viel Zeit investiert hast <3
Freue mich sehr auf weitere Geschichten von dir <3 gerne auch wieder so lange ;) denn es gibt nichts worauf du nicht eingegangen bist, oder ausgelassen hast.
Ich würde sagen sie ist Perfekt so wie sie ist :D
Lg Diana
Von:  xSasuSakux
2019-01-28T14:25:06+00:00 28.01.2019 15:25
Eine wirklich sehr schöne Fanfiction, und du hast sehr schön vor Augen geführt, dass auch das nicht perfekte perfekt ist. Man muss es nur akzeptieren und sich eingestehen.
Es ist zwar sehr schade, dass sie zu Ende ist, aber es war ein sehr gelungener Schluss, der die ganze Geschichte abgerundet hat.
Von:  ShadowKage
2019-01-27T15:13:34+00:00 27.01.2019 16:13
So eine Tolle FF. Ich hatte schon in den letzten Kapiteln gedacht, dass jetzt nur noch eine Verlobung fehlt.
Es ist wundervoll.
Auch dass Sev endlich sichtlich errwgt war. Eine echt tolle FF. Ich hoffe man ließt noch mehr so tolle Snape FFs. :)
Von: abgemeldet
2019-01-25T20:34:01+00:00 25.01.2019 21:34
Eine tolle FF, absolut keine Frage! Auch, wenn das Ende für mich doch etwas überraschend kam. Es waren noch so viele Fragen offen... Aber dieses letzte Kapitel schließt alle offenen Enden deines roten Fadens, lässt das Geschehene wunderbar Revue passieren und erschließt tiefgründig deinen Titel. Eine tolle Idee, die du hier verwirklicht hast. Und ich kann deinen Frust so sehr verstehen... Trotzdem hoffe ich, dass der Stolz auf dein Werk ungebrochen ist. Vielen Dank, dass du es mit uns geteilt hast! Ich wünsche dir von Herzen eine inspirierende Kreativpause.
Von:  Schnippyhippy
2019-01-25T18:57:38+00:00 25.01.2019 19:57
Du bist einfach super. Die Geschichte ist fantastisch. Schade das jetzt Schluss ist.
Antwort von:  demona1984
25.01.2019 20:14
Danke schön. =) Ja, irgendwann muss Schluss sein. =)

LG Demona


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