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Perfekt

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Kapitel 24

Kapitel 24
 

Genau so fand ihn Harry als er eine geraume Zeit später aus dem Kamin stieg. Harry zögerte, er wusste, dass Severus seinen Schlaf brauchte aber er musste etwas essen, duschen und trockene Sachen anziehen. Zudem war die Couch nicht wirklich bequem, er sollte ins Bett. Er seufzte leise, er wollte ihn nicht wecken. Ein sehr leises Plopp ließ ihn aufsehen.

„Soll Fino das Abendessen zubereiten?“, fragte der Hauself, „muss Fino etwas beachten?“

„Nach Hippocrates viel Gemüse, mageres Fleisch, nicht zu scharf oder stark gewürzt und viel trinken“, erklärte Harry während er in seine Tasche griff und eine Pergamentrolle zum Vorschein brachte. „Hippocrates hat gesagt, dass du lesen kannst. Er hat dir hier einen Plan aufgeschrieben was Severus essen darf und was nicht.“

Fino nahm die Rolle entgegen, entrollte sie und überflog sie. Schließlich sagte er, „Fino kennt diese Liste. Der Heiler hat Master Snape diese Liste schon einmal gegeben aber Master Snape möchte nicht, dass Fino nach dieser Liste kocht.“

„Mir egal und Hippocrates auch. Er muss sich an diese Diät halten und das wird er auch. Fino, bitte, koch nach dieser Liste, ich kläre das mit Severus“, sagte Harry. Fino sah ihn einen Moment abschätzend an, nickte dann heftig und verschwand mit einem Plopp.

„Wach auf, komm schon, Severus, wach auf“, sagte Harry während er sich auf den Rand der Couch quetschte und Severus leicht an der Schulter berührte. Es erfolgte allerdings nicht wirklich eine Reaktion, nur ein leises Grummeln. „Wach auf, du musst duschen, essen und dann ins Bett. Die Couch ist unbequem und nicht gut für deinen Rücken. Wach auf.“

„Hm.“

„Das ist keine Antwort, wach auf.“

Severus schlug langsam die Augen auf, öffnete sogar den Mund um etwas zu sagen, zögerte aber dann und schloss ihn wieder. Stattdessen sah er sich nach seinem Zauberstab um.

Harry verleierte demonstrativ die Augen, reichte ihm den Stab aber dann. „Du könntest auch einfach mit mir reden, das wäre wesentlich leichter.“

„Ich rede nicht mal mit Hippocrates, wie kommst du dann auf die Idee, dass ich mit dir reden würde? Warum weckst du mich?“

„Fino macht gerade das Abendessen, du musst etwas essen. Dann duschen, was Trockenes anziehen und dann kannst du im Bett weiter schlafen“, erklärte Harry, er erntete nur einen genervten Blick aber dann nickte Severus kurz. Als er allerdings versuchte sich aufzusetzen, sackte er kraftlos in sich zusammen. Harry fragte gar nicht erst sondern half ihm einfach sich hinzusetzen.

„Ich würde vorschlagen wir essen hier, dann sparst du dir den Weg in die Küche.“

„Wie spät ist es eigentlich? Habe ich so lange geschlafen?“

„Es ist fast sieben. Ich habe ganz schön lange bei Hippocrates gebraucht, ist der Kerl immer so penetrant?“, fragte Harry während er in seine Tasche griff und etwas auf den Tisch legte. Ein Schwung des Zauberstabes und vor ihnen lagen mehrere Bücher und Pergamente.

„Du musst sie nicht lesen und kannst nach dem Abendessen einfach gehen.“

Harry überging diesen Kommentar, er spürte förmlich die Unsicherheit von Severus und fuhr einfach fort, „er hat mir die Übungen gezeigt aber ich bin mir nicht sicher ob ich alle behalten habe. Aber ich habe ein Buch, wo die alle drin sind. Du kennst sie ja, du kannst mir einfach zeigen welche Übungen wir machen sollen und welche wir machen können.“

„Können?“

„Ja. Hippocrates hat gesagt, dass wir nur die Übungen machen sollen, die du machen kannst. Und die Übungen dann langsam ausbauen.“

Ein leiser Gong erklang, Harry sah sich verwirrt um und Severus schrieb, „das Abendessen ist fertig.“

„Fino, wir würden lieber im Wohnzimmer essen.“

Fast sofort erschien das Essen auf dem Tisch, Harrys Teller stand allerdings vor dem Sessel.

„Abmarsch, so kann ich nicht essen.“

Murrend erhob sich Harry um seinen Sitzplatz zu wechseln, er wäre gerne auf der Couch sitzen geblieben. Und so verlief das Abendessen in Schweigen, nur unterbrochen von leisem Klirren und Kauen.
 

Er überlegte das ganze Abendessen über wie er das Thema duschen am Besten anfing denn er glaubte nicht, dass Severus sich auf den Beinen halten könnte. Aber er musste sich den Schweiß abwaschen, Hippocrates hatte ihm erklärt, dass Reinigungszauber ja schön und gut waren aber für die Haut war Wasser und Seife einfach besser. Nur wie konnte er Severus bei diesem Problem helfen? Konnte er ihm überhaupt helfen? War er selber dazu bereit? Es war eine Sache, darüber zu reden aber eine Andere, es wirklich zu tun.

„Was spinnst du dir jetzt schon wieder zurecht?“

Mit einem schiefen Grinsen sah Harry auf die goldene Schrift und beschloss dann einfach mit der Tür ins Haus zu fallen. „Hippocrates hat gesagt, dass du duschen oder zumindest dich waschen sollst. Wie wollen wir das veranstalten? Kannst du dich auf den Beinen halten? Brauchst du Hilfe? Was kann ich tun?“, fragte er.

„Aufhören dämliche Fragen zu stellen. Ich werde mich von dir garantiert nicht waschen lassen.“

„Wie dann?“

Severus schüttelte den Kopf und schrieb, „hilf mir lieber hoch wenn du schon helfen willst.“

Etwas überrascht sprang Harry auf und half ihm aufzustehen, Severus stützte sich schwer auf ihn und bemühte sich sein linkes Bein gar nicht zu belasten. Es würde ein langer Weg nach oben werden.
 

Es ging doch besser als Harry vermutet hatte, was aber wahrscheinlich nur daran lag, dass Severus sich extrem anstrengte. Was wiederum dazu führte, dass er erneut völlig in Schweiß gebadet war. „Jetzt brauchst du wirklich ne Dusche“, sagte Harry während sie das Schlafzimmer durchquerten. Er erntete nur ein Knurren, zu mehr war Severus gerade nicht in der Lage. Harry wollte gerade fragen was sie jetzt machen wollten als ihm ein Hocker in der Dusche auffiel und so schluckte er seine Frage runter und bewegte sich darauf zu. Severus entfuhr ein sehr erleichtertes Seufzen als er auf dem Hocker Platz nahm. Jetzt wurde es Harry allerdings doch etwas peinlich, „Ähm...“

„Spar dir deinen Atem, den Rest schaffe ich alleine. Es gibt Ankleidezauber und die Dusche ist auf meine Stimme verzaubert. Du kannst also in aller Ruhe nach Hause gehen.“

Harry runzelte die Stirn, Severus sah ihn nicht an sondern sah an ihn vorbei an die Wand. „Wieso sollte ich nach Hause gehen? Du musst noch ins Bett und wenn ich dann schon mal da bin, kann ich mich ja gleich mit dazu legen“, murmelte Harry, verdächtig rot um die Nase.

Jetzt sah Severus ihn abschätzend an doch schließlich nickte er und deutete auf die Tür. „Ich mache mich bemerkbar wenn ich fertig bin.“

„Tu das, ich geh unten duschen.“

Wieder nickte Severus und Harry ging.
 

Geraume Zeit später tigerte Harry nervös im Schlafzimmer hin und her, sein Blick ging von der Badtür zum Bett und wieder zurück und seine Gedanken fuhren Achterbahn in seinem Kopf. Warum brauchte Severus so lange? Wollte er überhaupt, dass er schnell fertig wurde? Er fühlte jetzt schon, wie sein Gesicht vor Scham brannte. Auch wenn er vorhin so locker daher geredet hatte, war er sich nicht wirklich sicher ob er hier schlafen wollte, konnte, durfte, was auch immer. Wenn er ehrlich zu sich selber war, wollte er bei ihm schlafen. Er fühlte sich bei Severus einfach wohl, geborgen und es fühlte sich einfach richtig an. So hatte es sich mit Ginny nie angefühlt, da hatte er immer einen gewissen Druck verspürt. Immer stark sein, immer seinen Mann stehen, immer der strahlende Held sein. Das musste er hier nicht. Harry grinste bei dem Gedanken, Severus würde ihn gepflegt durchs ganze Haus fluchen wenn er hier den strahlenden Helden spielte. Das Knirschen der Tür ließ ihn aufsehen und sofort zur Tür eilen.

„Was machst du da? Warum hast du dich nicht bemerkbar gemacht?“, fauchte er Severus sofort an.

Dieser blieb in der Tür stehen und schrieb, „ich hatte nicht wirklich damit gerechnet, dass du noch da bist.“

„Sehr schmeichelhaft.“

„Ich bin nur realistisch.“

„Jaja, können wir jetzt ins Bett?“

Diesmal verkniff sich Severus die Antwort, er hatte auch keine Gelegenheit dazu denn Harry hatte ihm einen Arm um die Taille gelegt und zog ihn mehr oder weniger sanft Richtung Bett.

Severus ließ sich mit einem Seufzen auf dem Bett nieder, der Weg durchs Bad hatte seine Kräfte wieder komplett ausgelaugt. „Da ist schon die Quittung für deinen Übermut. Du hättest wenigstens versuchen können dich bemerkbar zu machen. Verdammt Severus“, fauchte Harry während er ums Bett rum ging und sich dann setzte.

Er sah nicht wie Severus ihn seltsam ansah, er hörte nur das Klacken des Zauberstabes als er ihn auf den Nachttisch legte.

„Also schmollst du jetzt?“

Severus schüttelte den Kopf, rutschte dann sehr umständlich unter die Decke und legte sich hin. Harry wollte etwas sagen, verkniff es sich aber und kroch unter die Decke. Als er richtig lag, sah er nochmal zu Severus, der mit geschlossenen Augen auf den Rücken lag und ruhig atmete. Er überlegte kurz ob er nicht etwas näher an ihn ran rücken könnte aber ihm fehlte der Mut.

„Gute Nacht, Severus.“

Schwarze Augen sahen ihn einen Moment abschätzend an, als ob er auf etwas warten würde aber dann nickte er und löschte das Licht. Harry versuchte eine bequeme Position zu finden und schloss die Augen, er hoffte, dass er schlafen konnte.
 

„Was ist es diesmal? Ist das Kissen zu weich? Ist dir zu kalt? Zu warm? Was ist es?“

Harry starrte einen Moment auf die Schrift, die vor ihm aufgetaucht war bevor er seufzte und sagte, „alles in Ordnung.“ Er lag mit dem Rücken zu Severus und starrte seit einer gefühlten Ewigkeit in die Dunkelheit des Schlafzimmers.

„Wieso schläfst du dann nicht?“

„Woher weißt du das? Ich liege ganz still.“

„Eher weniger. Du rutschst auf der Stelle rum, seufzt alle paar Minuten so schwer als würde die ganze Last der Welt auf dir lasten und außerdem atmest du zu schwer um zu schlafen.“

„Das hörst du alles?“

„Scheinbar. Also, was ist los? Ich will die Wahrheit hören sonst fluche ich dich aus dem Haus.“

Wieder seufzte Harry bevor er leise sagte, „manchmal frage ich mich warum mich der Hut nach Gryffindor geschickt hat. Mir fehlt in manchen Dingen einfach der Mut.“

Die Luft vor ihm blieb dunkel, keine Schrift erschien, dafür aber das leise Klack als Severus den Stab weg legte. Was machte er jetzt? Harry spürte wie sich Severus hinter ihm bewegte, kam er wirklich näher? Er konnte ein Zusammenzucken nicht ganz unterdrücken als er eine Berührung am Arm spürte, Severus stockte, bewegte sich aber dann weiter. Harry hielt förmlich die Luft an als sich Severus direkt hinter ihn legte, ein Arm wurde zögerlich um seine Taille gelegt. Allerdings spürte er wie angespannt Severus war, er war in diesem Fall aber immer noch mutiger als er selbst. Mit einem erleichterten Seufzen entließ Harry die angehaltene Luft und kuschelte sich tiefer in die Umarmung.

„Danke“, flüsterte er leise.

Hinter ihm wurde nur leise gemurrt, was ihm ein leises Lachen entlockte.

„Was machen wir wenn ich immer noch nicht schlafen kann?“, fragte Harry.

Ihm wurde sehr unsanft ins Ohr gepustet.

„Hey, lass das. Ich schlaf ja schon.“

Ein mehr oder weniger zufriedenes Murren erklang, Severus legte sich nochmal etwas anders hin und entspannte sich dann spürbar.

„Danke Severus.“

„Hm.“

„Gute Nacht.“

Nach kurzem Zögern kuschelte sich Harry noch etwas mehr an ihn, der Arm zog sich enger um ihn zusammen und zeigte Harry, dass er nicht der Einzige war, der das hier gerade sehr genoss. Er schloss die Augen und entspannte sich, versuchte zu schlafen und es gelang ihm sehr schnell.

Dafür konnte Severus nicht mehr einschlafen. Was hatte er sich nur dabei gedacht? Er hätte sich doch denken können, dass er so nah an Harry gekuschelt nicht mehr schlafen könnte. Aber nein, die Sehnsucht nach dem Mann war größer gewesen, die Sehnsucht nach genau dieser Nähe. Er seufzte leise, Harry reagierte nicht aber das hatte er auch nicht erwartet. Seine Atmung hatte sich schlagartig verlangsamt und beruhigt, er war fast sofort tief und fest eingeschlafen. Und nun? Er konnte ohne Probleme auf der rechten Seite liegen bleiben aber er wollte doch auch schlafen. Also versuchte er diese aufkeimenden Gefühle beiseite zu schieben, schloss die Augen und versuchte zu schlafen. Er brauchte sehr lange bis er endlich einschlief.
 

Am nächsten Morgen wachte Harry nur sehr langsam auf, ganz so als wolle sein Unterbewusstsein nicht aufwachen. Doch irgendwann musste er den Kampf aufgeben und öffnete die Augen. Es war noch nicht spät, es war noch relativ dunkel im Schlafzimmer und sie hatten sich im Schlaf wohl gedreht. Jetzt lag er wieder an Severus' Seite, den Arm über seinem Bauch und sein Kopf lag bis eben noch in seiner Schulterbeuge. Er wandte den Blick, musterte Severus' Gesicht und überlegte, was er eigentlich wollte. Er kam zu keinem Ergebnis denn irgendwie kam ihm die Situation so irreal vor.

Sein Blick schweifte über den Mann, an den er gekuschelt war. Harte, eckige Formen, nichts weiches, rundes wie bei einer Frau. Was zog ihn daran an? Denn, dass es ihn anzog, konnte und wollte er nicht mehr leugnen. Er hob den Arm, fuhr unsicher mit den Fingern über seine Brust, spürte die Rippen, hart, unnachgiebig und viel zu dünn. Severus musste dringend zunehmen, sagte auch Hippocrates. Seine Gedanken schweiften ab, er malte sinnlose Muster auf Severus' Brust und Bauch und dachte nach. Und merkte in seiner Überlegung nicht, dass Severus aufwachte und ihn ebenso nachdenklich musterte.

Er brauchte keine Legilimentik um zu erkennen, dass Harry tief in Gedanken versunken war und vor allem worüber er nachdachte. Severus bewegte sich nicht, machte keine Anstalten ihm zu zeigen, dass er wach war sondern beobachtete ihn. Und dachte ebenfalls nach. Für Harry musste die Situation sehr schwer sein. Er versuchte sich zu erinnern, was er damals gemacht und gefühlt hatte als er festgestellt hatte, dass er beide Geschlechter anziehend fand. Es war in Salem gewesen, während seiner Ausbildung zum Tränkemeister. Ein Studienkollege, eine belanglose Affäre, die so schnell kam, dass er eigentlich keine Zeit hatte darüber nachzudenken.

Es hatte am nächsten Morgen nur einen Moment des Schockes gegeben aber dann hatte er es akzeptiert. Warum auch leugnen was einem eindeutig gefiel? Er war jung gewesen und warum sollte er nicht alles nutzen, was sich ihm anbot? Sein Blick fiel auf Harrys nachdenkliches Gesicht, für ihn war die Situation scheinbar wesentlich schwerer. Aber warum? Was machte ihm solche Sorgen? Nun, wenn er ihn weiter anstarrte, würde er keine Antwort bekommen. Harrys wahrscheinlich unbeabsichtigten Streicheleinheiten waren zwar wunderschön aber er wollte sich nicht darauf einlassen, solange Harry noch zögerte. Also atmete er innerlich tief durch und räusperte sich dann leise.

Das Ergebnis war ein Harry, der wie geschlagen zusammen zuckte und ihn dann fast panisch ansah. Severus lächelte knapp und deutete dann auf den Nachttisch, auf die Phiole, die dort stand. Er konnte sie, so wie er gerade lag, nicht erreichen, Harry schon. Dieser verstand den Wink und reichte ihm die Phiole, die er sofort austrank und dann fragte,

„Was spinnst du dir jetzt schon wieder zu recht?“

„Bitte?“

„Dein Blick. Du spinnst dir doch schon wieder etwas zu recht. Harry, was ist eigentlich dein Problem?“, fragte Severus ernst.

„Ich weiß nicht wovon du redest“, gab Harry zurück, wich seinem Blick aber aus. Ob ihm bewusst war, dass er immer noch verwirrende Muster auf seinen Bauch malte? „Ich weiß es nicht.“

„Was weißt du nicht?“

„Das hier alles. Ich bin mir nicht sicher, was ich davon halten soll. Was ich denken soll? Wie ich mich verhalten soll? Ich bin mir einfach nicht sicher. Was denken die Leute? Was werden sie denken? Was soll ich denken?“, murmelte Harry.

Severus musterte ihn einen Moment, schüttelte dann den Kopf und zog ihn kurzerhand wieder an sich.

„Hey...“

„Du denkst zu viel.“

„Du nicht?“

„Nein, warum sollte ich? Was die anderen Menschen denken ist mir egal und ich bin mir meiner Sexualität sicher, worüber soll ich also nachdenken?“, fragte Severus.

„Uns?“

„Solange du dir in keiner Weise sicher bist, gibt es kein Uns.“

Harry sah ihn kurz an, legte sich dann aber vorsichtig wieder an ihn und lehnte den Kopf in seine Schulterbeuge. „Willst du das überhaupt?“, fragte er nach einer Weile.

„Das liegt bei dir.“

„Wieso bei mir? Das sollten wir schon Beide entscheiden.“

Severus lachte leise und fragte, „warum sollte ich dagegen sein? Ich habe dir gegenüber schon zugegeben, dass ich an einer Beziehung interessiert wäre. Was sollte also von meiner Seite dagegen sprechen? Harry, ich bin nicht blind oder blöd, ich weiß wie ich aussehe und kenne meinen Charakter wohl besser als alle Anderen. Ich habe genug Macken für drei Leute und weiß, dass eine Beziehung mit mir extrem anstrengend sein kann. Ich habe keinerlei Illusionen, dass du genug Gründe gegen eine Beziehung finden würdest und das ohne große Anstrengung.“

„Also gibst du von vorne herein auf?“

„Ich kann nichts aufgeben, was es nicht gibt.“

„Ich bin mir aber nicht sicher“, sagte Harry leise.

„Warst du dir bei deiner Ex-Frau sofort sicher?“

„Nein aber es fühlte sich so natürlich an.“

„Und das hier?“, fragte Severus und streichelte zur Verdeutlichung mit der Hand über Harrys Hüfte.

Es dauerte einen Moment bis Harry reagierte und leise gestand, „fühlt sich toll an.“

„Aber?“

„Es ist nicht normal.“

Severus entfuhr ein leises Knurren, er hasste diese Formulierung, hatte sie zu oft gehört und zu oft war es weiter gegangen.

„Alles in Ordnung?“, fragte Harry sofort.

Er richtete sich halb auf um Severus anzusehen, dieser atmete gezwungen stark ein und aus um sich zu beruhigen. Doch schließlich öffnete er die Augen und sah ihn sehr ernst an bevor er begann, „nein. Harry, ich sage es nur ein einziges Mal. Ich will nie wieder in meiner Gegenwart diese Formulierung nicht normal hören. Ja, Heterosexualität wird im allgemeinen als Normal betrachtet aber das macht andere sexuellen Ausrichtungen nicht unnormal. Weißt du, wie viele deine ehemaligen Kollegen auf das eigenen Geschlecht stehen? Wer einen besonderen Fetisch oder eine besondere Vorliebe hat? Wer vielleicht gar keinen Sex will sondern seine Erfüllung in etwas Anderem findet? Dem Kuscheln und Küssen genug ist?“ Er wartete bis Harry zögerlich den Kopf geschüttelt hatte und fuhr dann fort, „all das wäre als nicht normal anzusehen aber es geht niemanden etwas an. Solange die sexuelle Vorliebe niemanden schadet, niemanden belästigt oder niemanden bloßstellt, geht es niemanden etwas an. Wer es nötig hat sich über die Vorlieben Anderer das Maul zu zerreißen, sollte bedauert werden denn er hat scheinbar keine anderen Probleme. Daher geht es niemanden etwas an, mit wem ich mein Bett und vielleicht sogar mein Leben teile und daher will ich, wenn du willst, dass wir eine Chance haben, nie wieder hören, dass das hier unnormal wäre. Haben wir uns in diesem Punkt verstanden?“, fragte Severus. Seine Stimme war zum Schluss hin sehr schneidend geworden.

Harry nickte nur zögerlich.

„Gut. Die Stimmung ist dahin, was hältst du davon wenn wir frühstücken gehen?“, fragte Severus jetzt wesentlich versöhnlicher.

„Ich weiß immer noch nicht, was ich davon halten soll“, sagte Harry, machte aber keine Anstalten aufzustehen oder ihn los zu lassen.

„Warum willst du eigentlich einen Plan?“

„Häh?“

„Harry, du hast gesagt, dass du mir helfen willst und da du dein Haus eh nicht magst, gehe ich davon aus, dass du dich am Liebsten bei mir einnisten würdest. Gut, damit kann ich leben und es erleichtert dir den Versuch mich zu bemuttern, und mir dich zu verfluchen. Wenn du dich also eh hier einnisten willst und mir helfen willst, werden wir uns wohl oder übel näher kommen, schon allein bei deinem Versuch mit mir diese verdammten Übungen zu machen also warum lässt du es nicht einfach geschehen? Wir werden sehen was dabei raus kommt. Vielleicht stellen wir Beide fest, dass wir doch kein Paar sind aber vielleicht entwickelt sich auch etwas daraus. Aber warum sollen wir uns drängen?“, sagte Severus, der sich vorsichtig von ihm löste und sich aufsetzte. Er verzog allerdings das Gesicht vor Schmerzen.

„Aber ist das dir gegenüber fair?“, fragte Harry unsicher.

„Ja, ist es. Du bist mit einer völlig neuen Situation konfrontiert und viele andere Männer hätten längst die Flucht ergriffen oder versucht mich zu verfluchen. Du bist einfach nur unsicher und brauchst Zeit, die ich bereit bin dir zu geben. Ich werde dich zu nichts zwingen, ich werde mich dir nicht über die Maßen ungebührlich nähern und wenn du etwas nicht willst, musst du es sagen, ich kann keine Gedanken lesen“, erklärte Severus.

„Okklumentik?“

„Tut dir weh und ist für mich zu anstrengend. Außerdem möchte ich bei einem potenziellen Lebensgefährten nicht auf die Okklumentik angewiesen sein damit ich weiß, was er will. Du kannst reden also tust du es bitte auch. Also, Frühstück?“

„Schaffst du es alleine in die Küche?“, war die Gegenfrage.

„Ins Bad ja, die Treppe runter definitiv nicht.“

Harry nickte und stand langsam auf, „dann geh ich kurz unten ins Bad, mach mich frisch und komme wieder hoch. Einverstanden?“

„Gute Idee.“

Dennoch wartete Harry bis Severus die Beine aus dem Bett schwang, ein, zwei Zauber auf sein Bein sprach und dann langsam, testend aufstand. Erst als er sich sicher war, dass seine Beine sein Gewicht hielten, ging er langsam Richtung Bad. Erst dann machte sich Harry auch auf den Weg.
 

Trotz der direkten Worte war sich Harry immer noch nicht sicher und so verbrachten sie das Frühstück schweigend, gut, Severus hatte sich auch hinter dem Tagespropheten versteckt und schien ihm die Zeit zum Nachdenken zu lassen. Wollte er eine Beziehung? Er mochte Severus, er war gerne bei ihm, sowohl tagsüber wie auch Nachts aber war das genug für eine Beziehung? Severus würde doch irgendwann mehr wollen, oder? Konnte er das? Harry seufzte bei dem Gedanken, er wusste es nicht.

„Hör endlich auf damit“, schnarrte Severus in diesem Moment.

„Äh...“

„Nichts äh, hör auf damit. Ich brauche keine Okklumentik um deine Gedanken zu erraten. Hör auf damit. Wenn du dir unbedingt Sorgen machen willst, setz dich an deine Bücher und überleg ob du das wirklich willst. Aber hör auf dir über uns Gedanken zu machen. Lass es doch einfach auf dich zukommen“, knurrte Severus, der den Propheten weglegte und ihn ernst und etwas genervt ansah.

„Aber...“

„Verdammt Harry, lass es!“

„Das sagst du so leicht.“

„Es IST leicht. Du musst dir nur weniger Gedanken machen.“

Harry seufzte leise, nickte aber.

„Gut, dann machen wir uns auf den Weg ins Labor, ich brauche neue Tränke und damit du auf andere Gedanken kommst, wirst du mir helfen.“

„Du kannst kaum stehen, wie willst du da Tränke brauen?“, fragte Harry verwirrt, er ahnte allerdings wie die Antwort ausfallen würde. Als Severus ihn jetzt nur breit angrinste, ließ Harry den Kopf hängen und mutmaßte, „du wirst dir einen Stuhl nehmen und dich neben den Tisch setzen während du mich herumkommandierst?“

„Du lernst sehr schnell.“
 

„Das ist nicht fair. Ich liebe ihn und er liebt mich. Wieso kannst du das nicht verstehen? Du bist doch nur neidisch, ich habe eine funktionierende Beziehung und du bist geschieden. Du bist nur neidisch, weil ich geliebt werde und du nicht“, rief Albus während er aufgeregt auf und ab ging.

„Aber Albus, das ist doch nicht wahr“, versuchte Ginny ihren Sohn zu beruhigen aber er schnaubte nur.

„Und ob das wahr ist, du bist nur neidisch. Dad hat dich sitzen gelassen weil er dich nicht mehr liebt aber Severus liebt mich.“

„Wo ist er dann?“, rief Ginny.

„Er bereitet eine Überraschung für mich vor, er liebt mich und wir werden zusammenleben.“

Ginny starrte ihren Sohn fassungslos an, es war fast Weihnachten und er war damit schon seit fast neun Monaten im St. Mungo doch bis jetzt hatte sich nichts verändert. Doch, ganz am Anfang, als Snape die erste Therapie unterstützt hatte, da hatte es ab und zu mal Momente der Klarheit gegeben. Sie hatte das allerdings damals noch nicht sehen wollen und durch ihr Eingreifen und die extreme Verzögerung war Albus tiefer denn je in seinen Wahnvorstellungen gefangen. Albus begann gerade wieder zu schwärmen, wie es sein würde wenn er und Snape endlich zusammen leben würden. Ginny schüttelte den Kopf und verließ das Zimmer, wenn er in diese Phase war, bekam er nichts mehr mit und das teilweise über Stunden.
 

Sie wurde vor der Tür erwartet doch der Mann sagte nichts, wie er es immer tat. Er gab ihr die Schuld daran, dass sie so viele Monate in der Behandlung verloren hatten und eigentlich hatte er Recht. „Heiler Smethwyck, gibt es irgendwelche Besserung?“, fragte sie dennoch.

„Nein.“

„Kann ich etwas tun?“

„Ja, können Sie. Schicken Sie zu Weihnachten ein großzügiges Geschenk, genau wie Ihre Kinder, ein schönes, persönliches Geschenk“, sagte Hippocrates ernst.

„Wieso? Er wirft sie doch eh nur ins Feuer.“

„Nicht unbedingt. Er wird alles auspacken und dann alles wegwerfen, was er für sinnlos hält. Wenn er aber merkt, dass er von Severus nichts bekommen hat, wird er zögern mit dem Wegwerfen“, erklärte Hippocrates.

„Aber hieß es nicht, dass Snape ihm an Weihnachten eine weitere Abfuhr erteilen soll?“, fragte Ginny verwundert.

„Ja, hieß es. Aber Oliver und ich sind überein gekommen, dass kalte Ignoranz an Weihnachten besser wirkt. Es wird wohl ein paar Tage bis Wochen dauern bis er akzeptiert, dass Severus ihm nichts schenkt aber wir sind da zuversichtlich. Dafür müssen die Geschenke der Familie umso schöner sein, er muss erkennen wer ihn wirklich liebt und bei wem er es sich nur einbildet.“

Ginny dachte einen Moment über das Gehörte nach, irgendwo ergab es Sinn. Allerdings gab es da noch eine Sache, die sie mit dem Heiler besprechen wollte. „Heiler Smethwyck, besteht die Möglichkeit, dass Albus an Weihnachten ein paar Stunden nach Hause kommt?“, fragte sie.

„Das ist gegen die Anordnung vom Zaubergamot also nein. Sie können ihn besuchen kommen aber er wird hierbleiben, sonst habe ich schneller Severus und die Auroren hier als ich meinen eigenen Namen aussprechen kann“, sagte Hippocrates.

„Wieso Snape? Er hat doch damit nichts zu tun“, protestierte Ginny. Den Hass gegen Severus hörte man ihr deutlich an.

„Doch. Eine seiner Bedingungen lautet, dass Albus hier bleibt bis Oliver und ich ihn entlassen. Kommt er vorher hier raus, hat Severus das Recht ihn sofort nach Askaban zu schicken. Bis es eine neue Verhandlung gibt und dann wird Severus auf einer Bestrafung bestehen“, erklärte Hippocrates, „also ist es wohl besser wenn er hier bleibt bis er gesund ist.“

„Aber es ist Weihnachten.“

„Das ist mir egal, Mrs. Potter, ich muss mich an die Vorschriften des Gamot halten und das werde ich auch. Sie müssen nicht zu Oliver gehen, er denkt genauso“, sagte Hippocrates.

„Das sagen Sie auch nur weil Sie auf Snapes Seite stehen.“

Der Heiler schüttelte den Kopf und sagte, „das hat nichts mit Severus zu tun sondern mit der gültigen Rechtsprechung. Sollte Albus dieses Krankenhaus ohne meine und Olivers Zustimmung verlassen, geht er direkt nach Askaban. Sie können ihn besuchen aber er wird hierbleiben.“

Ginny sah ihn noch einen Moment fast schon fassungslos an, murrte dann aber etwas und wandte sich von ihm ab. Sie warf noch einen Blick in das Zimmer wo ihr Sohn gerade irgendetwas schrieb, wahrscheinlich wieder einen Brief an Snape, und ging dann ohne ein weiteres Wort.

Hippocrates sah ihr nicht nach, er mochte die Frau nicht und das aus gutem Grund. Noch immer musste Oliver jede Woche einen Bericht an den dritten Heiler und an die Ethikkommission schicken. Ihre Arbeit wurde von allen Seiten überwacht und so langsam ging es ihm und Oliver an die Substanz. Jeder hatte irgendeinen Kritikpunkt, jeder hatte ach so tolle Verbesserungsvorschläge aber keiner wollte auch nur einen Tag die Therapie übernehmen. Gut, Severus hatte sich angeboten aber er würde den Jungen eher verfluchen als ihn zu therapieren. Hippocrates seufzte tief und schwer, eine Heilerin in der Nähe warf ihm einen fragenden Blick zu, den er mit einem gequälten Grinsen beantwortete. Sie warf ihm eine aufmunterndes Lächeln zu und ging dann weiter ihrer Arbeit nach, genau wie er sich auch auf den Weg machte. Er hatte schließlich noch eine eigene Station, um die er sich kümmern musste.
 

Ihn erwartete eine, ihm sehr wohlbekannte, Eule, die aufgeregt mit dem Schnabel klackerte und ihm einen bösen Blick zuwarf. „Aridia, was machst du denn hier?“, fragte er grinsend, er konnte sich schon denken worum es ging. Die Zwergohreule streckte ihm das Bein entgegen, nahm dann wohlwollend den Keks entgegen und machte sich auf den Rückflug, scheinbar erwartete Harry keine Antwort. Dann konnte es gar nicht so schlimm sein. Mit deutlich besserer Laune setzte er sich und öffnete den Brief.
 

„Hallo Hippocrates,
 

Ich dachte, ich nutze die Zeit in der Severus wütend vor sich hin wütet um dir mal zu schreiben. Also, wie läuft es? Von meiner Seite aus, gut. Wenn du Severus fragen würdest, würde er dich wohl verfluchen. ;)
 

Nein, im Ernst. Ich zwinge ihn zu vier regelmäßigen, kleinen Mahlzeiten streng nach der Diätliste, er hasst es im übrigen aber er isst es. Aber wahrscheinlich nur weil er sich nicht wieder mit mir streiten will, das letzte Mal haben wir uns fast vier Stunden über dieses Thema 'unterhalten'. Dann hat er endlich aufgegeben und diese dämliche Suppe gegessen. Naja, seitdem sind wir uns fast einig, was das Essen angeht. Sag mal, darf er Kaffee trinken? Wenigstens eine Tasse früh am Morgen, er ist ohne Kaffee echt unausstehlich und der schwarze Tee ist jetzt schon zum fünften Mal an der Wand gelandet.
 

Wir machen auch die Aufbauübungen für die Muskeln, ist aber echt schwer, wenn du mich fragst. Ist es normal, dass er nach 10 Minuten so erschöpft ist, dass er sich selbst unter Flüchen nicht mehr zum weitermachen bewegen lässt? Zum Spazierengehen konnte ich ihn nicht überreden, er hat wahrscheinlich Angst, dass er unterwegs zusammen bricht. Gut, versteh ich auch also laufen wir im Haus rum aber selbst da reicht ein Mal die Treppe hoch und runter um ihn zu erschöpfen.
 

Allerdings nimmt er kaum noch Tränke. Den Sprachtrank, klar, den wird er ewig nehmen. Den Nerventrank und maximal noch einen Schmerztrank pro Tag. Die Tränke für die Organe muss er ja nicht nehmen wenn er sich an die Diät hält und er verzichtet auch auf die Stärketränke. Was allerdings dazu führt, dass er nach dem Mittag fast einschläft, was er natürlich mit jedem Atemzug verhindern will. Der Kerl ist einfach zu stur.
 

Was kann ich noch machen? Wie kann ich ihm weiter helfen? Muss ich etwas anders machen oder soll ich den Weg einfach so weitergehen?
 

Einen ganz lieben Gruß
 

Harry“
 


 

Mit einem Grinsen sah Hippocrates auf den Brief, scheinbar hatte Harry alles mehr oder weniger im Griff aber ein bisschen Hilfe könnte er durchaus noch gebrauchen. Also griff er nach Pergament und Feder und begann einen Antwortbrief zu schreiben. Er würde ja zu gerne Severus' Gesicht sehen aber er war sich sicher, dass er sich das Lachen nicht verkneifen würde können und das würde mit einem sehr unangenehmen Fluch beantwortet werden. Daher beließ er es bei einem sehr fetten Grinsen während er Harry schrieb.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Harry, du denkst zu viel. Ganz eindeutig.

Tata. Komplett anzeigen

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