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Nemos Vermächtnis

Eine "Operation Nautilus" FanFiction
von

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Teil 17

Verkrampft lagen seine Hände auf der Schlafkammer und er konnte sich nicht vorstellen, wie er es schaffen sollte diesen Tag zu überstehen und noch mehr graute es ihm vor denen danach.

Wenn er Mike so ansah, ähnelte er mehr einem Toten und die Vorstellung ihn je wieder in die Arme schließen zu können, rückte in weite Ferne.

Müde legte er den Kopf auf seinen Händen ab, schloss kurz die Augen und stellte sich vor, wie er Mike über das Gesicht strich. Dabei versuchte er sich genau vorzustellen, wie sich dessen Haut unter seinen Fingern anfühlte und rief sich jede Kleinigkeit ins Gedächtnis.

Schuldgefühle plagten ihn. Sein Verstand sagte ihm, dass er nichts dafür konnte, was passiert war und doch glaubte er, dass es alles aufgrund seines Versagens geschehen war.

In Gedanken ging er jeden Tag – nein, jede Stunde – die vergangen war durch. Hätte er das alles verhindern können?

Wenn er, statt Mike, das Messer abgefangen hätte? Es wäre zumindest seine Aufgabe gewesen. Warum konnte er nichts tun, an diesem Tag?

Warum stand er nur da, wie gelähmt?

Es war seine verdammte Aufgabe, für die sein Vater ihn trainiert hatte, nämlich, die dafür zu sorgen, dass Mike kein Leid geschah. Und er versagte immer und immer wieder.

Er fühlte sich hilflos, wie an dem Tag, an dem sein Vater starb.

Bitter erinnerte er sich an diesen Tag, als er die Nachricht vom Tod seines Vaters erhielt. Es brach eine Welt für ihn zusammen, denn er war gerade erst zwölf Jahre alt gewesen und seine Ausbildung weit davon entfernt, um als abgeschlossen bezeichnet zu werden. Und doch stand er plötzlich alleine da, mit dieser riesigen Verantwortung für die Sicherheit des jungen Prinzen.

Schließlich öffnete er seine Lider und stutzte kurz, als er meinte ein leichtes Lächeln auf Mikes Lippen zu sehen.

„Es tut mir leid.“, wisperte er Mike zu.

Er erwartete keine Antwort und er bekam auch keine, aber der Druck auf seinem Herzen löste sich etwas.

Erst nach einer Weile bemerkte er, dass er nicht mehr alleine war. Still war Serena an ihn herangetreten und blickte ebenfalls schweigend auf die Kammer herab.

Das er sie nicht kommen gehört hatte, sagte viel über seinen eignen Zustand aus. Normalerweise war es beinahe unmöglich sich an ihn heranzuschleichen, denn jahrelanges Training in verschiedensten Kampftechniken hatten seine Sinne und Reflexe beinahe unmenschlich geschärft.

„Der Anblick tut weh.“, brach Serena das Schweigen und berührte Singh sanft am Arm, um ihm Trost zu spenden. Im ersten Moment erwartete sie, dass er den Arm wegziehen würde, denn der Inder war nicht dafür bekannt jedem seine Gefühle zu zeigen und wahrte stets eine professionelle Distanz. Stattdessen nickte er nur.

Als die Stille zwischen ihnen unangenehm zu werden drohte, räusperte sich Serena.

„Es sieht schlimm aus, aber für ihn ist es das nicht, weißt du.“

Mit einem Nicken deutete sie auf die gläserne Kammer und erinnerte sich an ihren eigenen jahrhundertelangen tiefen Schlaf.

„Wahrscheinlich träumt er und wenn er aufwacht, ist es für ihn so, als hätte er nur einen längeren Schlaf gehalten. Jedenfalls war es so bei mir. Das Schlimmste war, das niemand meines Volkes – ja meine ganze Heimat- nicht mehr existierte, aber Mike wird nicht so lange schlafen. Da bin ich mir sicher.“

Sie sah Singh forschend an, doch dieser schwieg weiter mit verbissenem Gesichtsausdruck.

„Du… du liebst ihn, oder?“

Der Inder zuckte erschrocken zusammen und sah sie schuldbewusst an. Es war ihm nicht unangenehm das Serena es wusste, weil er sich zu einem Mann hingezogen fühlte, sondern, weil er wusste was Serena für Mike empfand.

Er würde seine Beziehung und die Gefühle zu Mike nie verleugnen, aber es erfüllte ihn mit Mitgefühl, dass Mikes Serenas Gefühle seinetwegen nicht erwidern würde. Aber was er für Mike empfand war besonders und ging so tief, dass er sich sicher war, dass ihre Seelen zueinander gehörten und es daher keine Bedeutung mehr hatte, welches Geschlecht sie hatten, oder welchen Stand in der Gesellschaft oder gar das das Alter eine Rolle gespielt hätte.

Diesmal musste Serena sogar etwas schmunzeln, als sie den erschrockenen Ausdruck auf Singhs Gesicht sah. Sie schätzte den Inder als Freund sehr und ihn so gefühlvoll zu sehen, machte ihn in ihren Augen noch sympathischer.

„Es ist okay.“, sagte sie, ehe Singh die passenden Worte gefunden hatte und Singh seufzte.

„Aber du fühlst ebenfalls viel für ihn.“

„Ja“, sie lächelte etwas gequält. „Aber Gefühle lassen sich nun einmal nicht erzwingen und egal was passieren wird, ich weiß das wir immer eine Familie sein werden.“

Es war nicht nur so daher gesagt, um Singh eine Last zu nehmen. Ihre Worte waren ehrlich und aufrichtig gemeint.

Auch wenn Mike nicht sie liebte, so hatte er ihr doch etwas Wichtiges gegeben, das sie verloren hatte und vielleicht so in dieser Form noch nie hatte.

Freunde, die mehr waren als ein Verband von Gleichgesinnten, sondern mehr eine Familie. Er hatte sie gelehrt, was es bedeutete andere Menschen wert zu schätzen und Mitgefühl für andere zu zeigen. Und er war es auch, der sie überredete ihre magischen Fähigkeiten an das alte Wesen zurückzugeben.

Davor war sie eine launische, herzlose und vor allem einsame Prinzessin gewesen, der ihre Macht mehr galt, als die Liebe zu anderen.

Das alles änderte sich mit ihm und sie war ihm Dankbar dafür.

Das Zischen der Tür riss sie aus ihrer einseitigen Unterhaltung und erwartungsvoll drehten sich die beiden zu ihrem Besucher um.

„Wir haben unser Ziel erreicht.“, berichtete Nemo, als er Singh entgegenlief und bedachte ihn mit einem seltsamen nachdenklichen Blick. Der Inder legte die Stirn fragend in Falten, doch der Kapitän des Raumschiffes ging zunächst nicht darauf ein, sondern kontrollierte den Zustand seines Sohnes.

„Meine Männer werden gleich kommen und ihn zur Krankenstation der Keya bringen, dort können wir mehr für ihn tun.“ Er schwieg eine Weile. „Willst du dabei helfen?“

Singh nickte dankbar, denn was er nun dringend brauchte, war eine Aufgabe, sonst würde er womöglich noch den Verstand verlieren. Hier nur zu stehen und nichts tun zu können machte ihn verrückt und ließ seinen Kopf in Richtungen denken, die er nicht wollte. Er spürte weiterhin Nemos durchdringenden Blick und begann zunehmend sich unwohl zu fühlen.

Immerhin handelte es sich um den Vater seines Geliebten, der ihn als dessen Leibwächter bereitgestellt hatte und er hatte sich seiner Meinung nach nicht besonders gut angestellt und dann noch mit ihm geschlafen. Das Nemo einem Volk angehörte, dass Gedankenlesen konnte, half zudem nicht sich zu entspannen.

Er konnte ein Zusammenzucken nicht verhindern, als Nemo ihn an den Schultern fasste und sanft von der Kammer wegzog und langsam mit ihm zu einem der Aussichtsfenster lief.

„Ich will das du aufhörst, dir solche Vorwürfe zu machen.“, sagte er, Singh fuhr schuldbewusst zusammen und sah Nemo aus großen Augen an.

„Keine Sorge.“, fuhr er fort. „Ich lese deine Gedanken nicht, aber man sieht dir deutlich an, was in dir vorgeht. Es gibt keinen Grund dich so zu quälen, du hast absolut nichts falsch gemacht und du hättest nichts tun können, um das alles hier zu verhindern.“

Er sah eine Weile aus dem Fenster, das nun nicht mehr zeigte als das eintönige Grau des Frachtraumes.

„Wenn sich jemand Vorwürfe machen muss, dann bin ich das…“

Über Nemos Gesicht huschte ein Schatten und es breitete sich wieder Schweigen unter ihnen aus, schließlich hellte sich seine Miene auf und er klopfte Singh aufmunternd auf die Schulter.

„Komm mit.“, meinte er und führte den jungen Leibwächter seines Sohnes zur Tür. „Da ist jemand, der dich sehen will.“

Jemand der ihn sehen wollte, dachte Singh erstaunt; wer sollte das sein, auf einem außerirdischen Raumschiff? Sprach er vielleicht von Trautman, aber warum sagte Nemo dann nicht direkt, dass Trautman ihn sehen wollte?

Die Tür schloss sich hinter ihnen wieder mit einem leisen Surren, auf dem Gang stand nur ein einziger Mann, doch Singh konnte ihn nicht genau erkennen, da er ihnen den Rücken zudrehte.

Doch auf eine seltsame Art kam er ihm bekannt vor.

Er war groß, breitschultrig und muskulös und schien etwa im selben Alter wie Nemo, oder etwas älter, zu sein. Sein Haar war schwarz, mit einzelnen grauen Strähnen durchzogen und reichte ihm in einem sorgfältig gebundenen Zopf bis über die Schultern; die Haut war so dunkel, wie die Singhs.

„Nein, das kann unmöglich sein.“, murmelte Singh zu sich selbst. In seinem Kopf hörte er sein Blut rauschen und das andere was er hörte war die Stimme des Mannes. Eine Stimme, von der er sich sicher war, sie nie wieder zu hören.

„Hallo, Ghunda.“, sagte der Mann, als er sich zu ihnen herumdrehte.

Singh blieb wie vom Blitz getroffen stehen und starrte den Mann vor sich an. Vollkommen unmöglich, schoss es ihm durch den Kopf.

Nervös trat der Offizier von einem Bein auf das andere. Er sah nicht aus wie jemand, der oft von Nervosität betroffen war und offensichtlich bereitete es ihm Schwierigkeiten, wie er mit der Situation umgehen sollte.

„Du siehst gut aus.“, fuhr der Offizier schließlich, mit einem angespannten Lächeln, fort. „Ich wusste immer, dass aus dir ein guter Mann werden würde.“

Singh war unfähig, etwas zu sagen – ja, er war unfähig zu denken – und fing am ganzen Leib an zu zittern.

Der Mann wirkte nun noch hilfloser und machte einen vorsichtigen Schritt auf Singh zu.

Er seufzte.

„Ghunda, ich weiß, das muss schwierig für dich sein, aber…“

War Singh in der einen Sekunde noch verwirrt und entsetzt, so verwandelten sich diese Gefühle in ihm so jäh in ein anderes, dass er erschrocken zurückprallte.

„Bleib stehen!“, schrie er den Mann vor sich an und seine Stimme überschlug sich dabei geradezu. Er fühlte eine Wut in sich, wie noch nie in seinem Leben und es war ihm egal, dass er hier als erwachsener Mann stand und komplett die Fassung verlor.

„Bitte, ich möchte dir das alles erklären.“, flehte der Mann, mit dem Gesicht seines Vaters, ihn an.

„Nein.“, murmelte Singh und schüttelte unter Schock den Kopf. „Nein! Mein Vater ist tot!“

Die letzten Worte hatte er seinem Vater regelrecht entgegen gebrüllt, dann drehte er sich um und rannte so schnell er konnte. Er wusste nicht wohin ihn seine Beine trugen, aber Hauptsache weg, damit er wieder atmen konnte.



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