Zwanzigstes Türchen
Frozer
Was wäre, wenn Kagami es etwas übertrieben hätte?
„Das ist Philippe von der Eisbahn. Mit ihm macht Eislaufen echt Spaß.“ Adrien las laut vor, was er in sein Handy tippte und postete den Text umgehend mit einem Foto von sich zusammen mit dem Eiskunstläufer. Dieser stand begeistert und dankbar neben ihm. „Vielen Dank, Adrien.“
„Ich hoffe, dass sie jetzt mehr Schüler bekommen.“ Ihm war die Idee gekommen, nachdem sie den jungen Mann gerade von einem Akuma befreit hatten. Der Bürgermeister wollte die Eisbahn schließen, wenn er nicht bald neue Talente für die Eisbahn finden würde. Er erhoffte sich von seiner kleinen indirekten Werbung, dass es den einen oder anderen Fan überzeugen könnte zur Eisbahn zu kommen und eventuell Unterricht bei Philippe zu nehmen.
„Du machst immer das, was andere Leute von dir erwarten, stimmt’s?“, fragte Kagami, die auf ihn gewartete hatte mit geschulterter Sporttasche und einem undeutbaren Blick. Sie liefen gemeinsam zu den beiden Limousinen die bereits auf die Teenager warteten.
„Nein“, antwortete Adrien bestimmt. „Ich will nur, dass er glücklich ist.“ Er hielt Kagami die Tür ihres Autos auf. Dann fiel ihm noch etwas ein, was er Kagami sagen wollte um eventuelle Missverständnisse auszuräumen. „Und ich wechsel mein Ziel nicht, auch wenn das heißt, dass ich immer wieder scheitere, denn eines Tages werde ich mein Ziel schon noch erreichen.“
Kagami musterte ihn etwas überrascht von seiner plötzlichen Meinungsänderung, ließ es sich aber keinesfalls anmerken. Ihren aufmerksamen Augen war nicht entgangen, was heute in der Eishalle mit Adrien los gewesen war und sie blickte hinüber zu Marinette und Luka, die noch an der Tür zur Eishalle standen und sich von Philippe verabschiedeten. „Solltest du dir doch das falsche Ziel ausgesucht haben und davon bin ich überzeugt“, ihr Kopf nickte kaum merklich hinüber zur dem dunkelhaarigen Mädchen bevor sie mit überlegenem Tonfall fortfuhr: „Ich bin da.“ Sie wollte gerade in das Auto steigen als Adrien sie zurückhielt.
„Was soll das denn? Du denkst ich habe Marinette gemeint? So ein Quatsch! Und ich möchte nicht, dass du so abwertend über sie redest. Du kennst sie ja noch nicht mal richtig.“ Genauso wenig, wie er sich die seltsame Eifersucht vorhin erklären konnte, als er seine Klassenkameradin mit Luka hatte Eislaufen sehen, sowenig gelang es ihm zu begreifen, warum ihn Kagamis Worte so gegen den Strich gingen. „Marinette ist eine meiner besten Freundinnen und immer für mich da. Darum ist sie heute überhaupt mitgekommen, nur um mir zu helfen. Und selbst, wenn sie mein Ziel gewesen wäre, gibt es dir nicht das Recht für mich zu entscheiden ob das richtige oder das falsche.“
„Oh, da habe ich wohl einen wunden Punkt getroffen.“ Kagamis Mund verzog sich zu einem schmalen Lächeln. Es tat ihr nicht leid. Sie war nur ziemlich verwundert darüber, dass sie es angeblich nicht sein sollte. Adrien hatte die ganze Zeit mehr Augen für Marinette als für sie gehabt und als diese sich nach ihrem Sturz verletzt hatte, sie selbst eiskalt stehen lassen. Das hatte sie gekränkt und sie war es auch nicht gewohnt so respektlos behandelt zu werden. Irgendwie hatte sie das in ihrem Stolz verletzt und sie nur weiter angespornt. Sie mochte Adrien sehr. Sie waren sich in vielen Dingen ähnlich und er sah in ihren Augen auch sehr gut aus. Darum konnte sie es einfach nicht ertragen, dass seine Aufmerksamkeit zunehmends Marinette galt. Vor allem da ihr nicht entgangen war, dass das Mädchen eindeutig auch Gefühle für Adrien hegte, das war ganz offensichtlich. Doch jetzt war sie schon etwas neugierig und beschloss ihn direkt darauf anzusprechen. „Darf ich trotzdem Fragen, wer es stattdessen ist?“
Er war zwar immer noch etwas angefressen wegen ihrer abwertenden und auch ziemlich arroganten Haltung und überlegte angestrengt, was er darauf nur sagen sollte. Eins war sicher, so wie er Kagami einschätzte, würde sie ihn für die Wahrheit auslachen und als hoffnungslosen Träumer abstempeln. „Ihren Namen verrate ich dir nicht.“ Mal davon abgesehen, dass er ihren wahren Namen ja auch nicht kannte. „Sie ist schön, freundlich und immer hilfsbereit. Ihr Haar ist etwas dunkler als deines und länger und sie hat unglaubliche himmelblaue Augen.“ Unbeabsichtigt, war er doch einen Moment ins Schwärmen gekommen, war sich aber sicher, nicht zu viel verraten zu haben. Das konnte immerhin für mehrere Mädchen gelten.
Kagami hatte aufmerksam zugehört und dann ging ihr Blick noch ein letztes Mal hinüber zu Marinette bevor sie siegessicher Adriens Kopf mit einer Hand zum Eingang der Eisbahn drehte und sagte: „Das passt ja doch!“
Adrien wurde abwechselnd heiß und kalt und mit großen Augen verglich er in Gedanken seine Angebetete Ladybug mit seiner Freundin Marinette und musste überrascht zugeben, dass Kagami recht hatte. Konnte das tatsächlich möglich sein?