Zum Inhalt der Seite

The Cookie Jar

YGO-One Shots, PWP, Smut & Kurzgeschichten
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Liebe Freischalter, ich war mir nicht ganz sicher, ob eine Adult-Markierung hier angebracht ist, da meiner Meinung nach nichts zuuuuuuuu explizit beschrieben wird...sollte ich mit meiner Meinung allerdings falsch liegen und eine Adult-Markierung ist notwendig, werde ich sie natürlich nachträglich setzten!

Ich habe mich mal an einem Pairing versucht, welches bei mir in der Beliebtheitsskala eigentlich immer einen recht konstanten Mittelplatz hatte...trotzdem konnte ich sie mir irgendwie ganz gut nebeneinander in einem Endzeitszenario vorstellen. :)
Ich hoffe, es gefällt!

Triggerwarnings: Zombies, leichte Gewalt, Endzeitstimmung Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Ähhhmm...ja.
Ich hatte einfach Lust darauf, ein kleines Hin- und Her zwischen Bakura und Marik zu schreiben und das hier kam dabei heraus...:D
Ist absichtlich ein wenig crackig geschrieben und soll nicht ganz so ernst genommen werden. ;)) Ich hoffe, es bringt euch ein wenig zum lachen!

Triggerwarnings: Crack, schlechte Metaphern, ein wenig OOC, ein wenig Gewalt.

Lieber Freischalter - ich denke, es ist keine adult-Markierung notwendig...oder doch? :o Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Total spontan entstandener OS!
Vor einiger Zeit bin ich auf tumblr über die Idee gestolpert, dass Mokuba Vater von 4 Kindern werden könnte, von denen eines am meisten Seto gleicht, was dem etwas überforderten Onkel doch irgendwie zu schaffen macht. Daraufhin hatte ich diese Szene im Kopf, in der Seto auf sein "Mini-Me" trifft und von ihm zu einem Duell herausgefordert wird.
Sollte irgendjemand also wissen, wer die ursprüngliche Idee für diesen Headcanon hatte, so möge er mir bitte den entsprechenden tumblr-Post zukommen lassen, damit ich ihn als Inspirationsquelle angeben kann. :)

Und ja, das Pairing ist hier eigentlich sogar eher nebensächlich...es soll mehr um "Onkel Seto Kaiba" gehen. ;)

Und jetzt - viel Spaß!

Triggerwarnings: keine Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Was macht man, wenn man ein riesengroßer AU-Fan ist, frisch aus VENOM aus dem Kino kommt und den Gedanken einfach nicht loswird, dass ein Wesen aus einer anderen Welt mit langer Zunge und leicht sadistischen Tendenzen einen irgendwie an einen allzu bekannten YGO-Villain erinnert? Richtig - man schreibt einen AU-Two Shot dazu. :--D

Es wäre vielleicht von Vorteil, wenn ihr VENOM bereits gesehen habt, um euch gewisse Gegebenheiten besser vorstellen zu können, aber ich habe versucht es so zu formulieren, dass man es auch versteht, wenn man den Film nicht gesehen hat. :)

Triggerwarnings: Tod einiger Nebencharaktere, leichte Gewalt Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Ein Pairing, das eigentlich schon lange überfällig war! :D Und da ich die Abriged-Versions von Marik und Bakura absolut liebe, wurden sie hier eben nicht ganz so serientreu, sondern sind mehr ihre eigenen Parodien...generell ist es mehr ein lustiger, als ein wirklich erotischer One Shot geworden, daher auch keine Adult-Markierung. :))

Ich wünsche euch viel Vergnügen und hoffe, dass ich euch ein bisschen zum Lachen bringen kann! Feedback wäre natürlich sehr, sehr fein. :)

Triggerwarnings: keine Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Eine kleine Kurzgeschichte, die tatsächlich mal KEIN Pairing enthält! Oder doch...? :)

Inspiriert wurde sie sowohl von Diesem Beitrag über die Yami Kawaii-Kultur, als auch Diesem Song.
Daher ist sie auch eine Art schwarzhumoriges Gedankenspiel, nach dem Motto "Was wäre wenn...?". Was wäre also gewesen, wenn nicht Ryou, sondern seine Schwester Amane den tödlichen Autounfall überlebt und den Milleniumsring erhalten hätte? :)

Triggerwarnings: SCHWARZER HUMOR, Suizid(-versuche), Thematisierung psychischer Krankheiten und Tod. Diese Geschichte ist definitiv leicht grenzwertig und soll auf keinen Fall irgendetwas verharmlosen oder gar jemanden zu irgendetwas anstiften!

Ich wünsche euch viel Spaß und würde mich wie immer über Feedback freuen. :)
Dieses Kapitel trägt den Titel Hochhaus. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Triggerwarnings: siehe Part 1!


Dieser Teil trägt den Titel Strick. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Triggerwarnings: Siehe Part 1!

Dieser Teil trägt den Titel U-Bahn. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Triggerwarnings: siehe Part 1!

Dieser Teil trägt den Titel Kälte. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Triggerwarnings: siehe Part 1!

Dieser Teil trägt den Titel Tabletten Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Triggerwarnings: siehe Part 1!

Und jetzt viel Spaß mit dem Epilog. :) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Ich liebe das Lied Jenga von Jennifer Rostock und wollte es schon immer mal in einer Fanfiction verwenden. Es hat mir nur irgendwie das passende Ship dazu gefehlt...und plötzlich erschien mir das Azureshipping passend dafür. :)

Als ich das Lied live auf einem Open Air-Konzert der Band gehört habe, hatte ich eine Gänsehaut, die so dick war, dass ich wirklich hoffe, dass ich diese Stimmung irgendwie in diesen One Shot einbauen konnte...ich habe mich übrigens bezüglich der Handlung auch etwas am Songtext entlanggearbeitet, bin allerdings nicht der große Fan von klassischen Songfics, in denen die Songtexte mitten in der Fanfic stehen...darum habe ich darauf verzichtet und man kann sich den Text vielleicht einfach davor oder danach noch einmal durchlesen. :)

Ich wünsche Euch viel Spaß!

Triggerwarnings: keine Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Mal etwas lustiges, weniger ernstes für zwischendurch! Und ich hoffe, jedes Yaoi-Fangirl da draußen kann ein bisschen über sich selbst lachen und erkennt sich in dieser Geschichte wieder...;)

Ich wünsche Euch viel Spaß!

Triggerwarnings: keine Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Was ist das klischeehafteste AU der Welt neben dem Bäckerei-AU? Richtig, ein Tattooladen- und Blumengeschäft-AU! :D Und genau auf dieses hatte ich Lust, zusammen mit ein paar Charakteren, die ich bisher eigentlich noch nie so richtig miteinander geshippt habe...vielleicht ändert sich das ja jetzt? :)

Viel Spaß!

Triggerwarnings: keine Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Yoga - Puzzleshipping

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

The Queen of Games - Rivalshipping (Genderbender!)

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Incubus - Deathshipping

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

The Walking Dead - Puppyshipping

Der Schuss einer Pistolenkugel war es, der in ihm augenblicklich nackte Angst auslöste. Oh nein. Ein Schuss bedeutete das schlimmste. Es bedeutete, sie waren ihm zu nahe gekommen und er hatte keine andere Wahl mehr gehabt.

Ohne nachzudenken stürzte er los, die Schritte seiner schweren Stiefel schienen ohrenbetäubend von den Häusern der menschenleeren Straße widerzuhallen. Er musste zu ihm. Er war definitiv in Schwierigkeiten. Seine linke Hand ballte sich um den Griff des schwarzen Baseballschlägers. Sein erster Instinkt war es, seinen Namen zu rufen, doch es würde weitere von ihnen anlocken und sie in noch größere Gefahr begeben.
 

Mit schmerzenden Lungen und seinem eigenen rasenden Herzschlag in den Ohren bog er um die Straßenecke ab, die zu der großen Kreuzung führte – und sofort blieb er stehen. Der Gestank, der zwar überall in der Stadt herrschte, schien sich plötzlich an einen einzigen Ort gebündelt zu haben und es ließ ihn sich würgend die Hand vor den Mund pressen. Was er erblickte, musste eine Szene aus einem Alptraum sein und es ließ sein sowieso schon rasendes Herz beinahe aus seiner Brust springen.
 

Die Kreuzung, die weit und großflächig war und einst von vielen tausenden von Menschen täglich passiert wurde, lag nun im gespenstischen Herbstnebel vor ihm. Gequältes Stöhnen und Krächzen erfüllte die Luft. Und zwischen den Nebenschwaden konnte er sie sehen. Zu hunderten. Zu tausenden. Die schwankenden, abnormen Kreaturen, die nun diese Welt bevölkerten. Geleitet von den primitivsten aller Trieben: töten und fressen. Sie krochen und wankten durch die Straßen, verfolgten alles, was noch einen lebenden Puls besaß und sie hatten Joey vor wenigen Monaten alles genommen, was ihm lieb und teuer war. Alles, bis auf...

Eine Hand hatte ihn wie aus dem Nichts heraus grob an seinem Oberarm gepackt und eine schnarrende Stimme zischte ihm bloß ein einziges Wort zu:

„Lauf!“
 

Und Joey begann zu rennen. Ohne sich umzudrehen. Ohne darauf zu achten, wohin sie eigentlich flohen. Bloß weg. Weg von diesem Alptraumszenario, in dem sich eine untote Herde Zombies über die Hauptstraße von Domino City direkt auf sie zuschob. Weg vor dem sicheren Tod.

Er ergriff die Hand, die ihn noch immer an seiner Jeansjacke zog und nahm sie stattdessen in seine, klammerte sich so fest an sie, als hätte er Angst, ihr Besitzer könnte sich jeden Moment einfach in Luft auflösen, während sie immer noch rannten.

Mit reinem Adrenalin in den Venen bogen sie schließlich Hals über Kopf in eine Seitengasse ab, stolperten über umgeworfenen Müll auf dem Boden und schafften es mit vereinten Kräften schließlich, einen großen Rollcontainer von der Wand wegzubewegen und mit ihm den Weg zu blockieren, ehe sie sich dahinter auf den Boden kauerten. Joey versuchte, seinen keuchenden Atem zu unterdrücken und angestrengt zu lauschen. Alles was er vernahm, war Stille. Doch das hatte nichts zu heißen.
 

„Scheiße...“

Die gedämpfte Stimme seines Partners ließ ihn aufblicken. Seto hatte die Zähne so fest aufeinander gebissen, dass sein Kiefer garantiert schmerzen musste und sein kastanienbraunes Haar hing ihm wirr in die Stirn. Joey bemerkte erst jetzt, dass ihm ein großes Stück Stoff in Fetzen von der Schulter seines Trenchcoats herunterhing und sogar das schwarze Sweatshirt, was er darunter trug, war eingerissen, so dass man einen Teil seiner nackten Schulter sehen konnte. Mit klopfendem Herzen streckte Joey seine Hand aus.

„Was ist passiert? Warum hast du geschossen?“

Seto war im Gegensatz zu ihm kein Mensch für Nahkampfwaffen. Er bevorzugte Schusswaffen, mit denen er auch ziemlich geschickt umgehen konnte, viel geschickter als Joey es jemals vermochte. Doch war Seto auch vernünftig genug zu wissen, dass Munition in Zeiten wie diesen nicht ersetzbar war und sie die Schusswaffen nur im äußersten Notfall gebrauchen durften. Für alles andere waren sie auf Baseballschläger und Bowiemesser angewiesen.
 

„Eines dieser Dinger hat mich gepackt. Es war meine Schuld, ich weiß wir hatten vereinbart, rein, raus und dann zurück zum Treffpunkt, egal was wir finden. Es ging nicht anders. Ich musste ihm das Hirn rausblasen.“

Mit einem wütenden Blick riss er sich den baumelnden Fetzen Stoff von der Schulter und Joey schwieg. Es wurde einfach immer schlimmer. Je mehr Zeit ins Lande ging. Ihre Körper waren mittlerweile geschwächt und die Zahl der fressenden Leichen war so stark gestiegen, dass Beutezüge mittlerweile ein Spiel auf Leben und Tod waren. Selbst Mokuba nahmen sie nicht mehr mit, obwohl der Kleine sich mittlerweile mehr als geschickt mit dem Messer anstellte, wie Joey zugeben musste...
 

Der Blonde öffnete den Mund, um etwas zu antworten, doch Seto hatte ihm plötzlich eine Hand auf den Mund gelegt und drückte sich mit ihm zusammen auf den Boden.

„Shhhhh....“

Er ließ Joey los und dieser warf einen Blick unter dem Rollcontainer hindurch – und hielt augenblicklich den Atem an. Der Wind trug das grauenvolle, untote Stöhnen und den Gestank nach Verwesung und Verfaulung bis zu ihnen hin und das Bild, dass sich ihnen bot, ließ Joey das Blut in den Adern gefrieren.

Tausende wandelnde Leichen schwankten an ihnen vorbei, auf der Suche nach etwas fressbarem. Joey betete innerlich, sie würden nicht in die Seitengasse zu ihnen abbiegen, sondern einfach weiterziehen. Eine solch riesige Herde von Zombies hatten sie beide noch nie zuvor gesehen. Es löste in ihnen eine seltsame Art von Beklemmung und Angst aus.
 

Das geräuschvolle Schnappen von Zähnen und ein röchelndes Pfeifen ließ ihre Köpfe plötzlich herumwirbeln und mehrere blutüberströmte Gestalten wahrnehmen, die sich vom anderen Ende der Gasse auf sie zubewegten.

„Fuck!“, entfuhr es nun Joey, als sie beide wieder auf ihre Füße sprangen, die Hände schon instinktiv an den Waffen. Die Zombies mussten sich schon zuvor hier befunden haben und durch den Krach auf sie aufmerksam geworden worden sein. Seto und er hatten die Gasse in ihrer Hektik nicht überprüft. Und jetzt hatten sie sich selbst eine Falle gestellt.

„Lauf.“, hörte er Setos Stimme erneut zischen – doch Joey dachte überhaupt nicht daran jetzt wegzulaufen.

Mit einem Satz war er vorwärts gesprungen und hatte seinen Baseballschläger von unten gegen den Kiefer des ersten Untoten geschlagen, der auch sofort zu Boden ging. Jetzt ging es nicht mehr um Logik oder Strategie. Das einzige, was jetzt noch zählte, war Überleben.

Der nächste Zombie ging zu Boden, als Joey ihn mit seinem kompletten Körpergewicht gegen die nächste Hauswand stieß und ihm dann den Baseballschläger über den Kopf zog. Wie viele dieser Biester waren es? Vier? Fünf?!

Ein dritter ging auf sein Konto, den Joey frontal angriff und ihm mit einem gezielten Schlag auf die Schädeldecke den Garaus machte. Als auch dieser Untote zu Boden ging, konnte Joey keine unkontrollierten, schwankenden Bewegungen um sich herum mehr ausmachen und er drehte sich leicht schnaufend zu seinem Partner um.
 

Seto stand inmitten der leblosen Körper, die zerstreut und unnatürlich verkrümmt um ihn herumlagen. Seine Stiefel und sein Trenchcoat waren blutbefleckt und er hatte einen der Untoten noch immer am Kragen gepackt, als er sein Bowiemesser aus ihm herauszog und den nun endgültig toten Körper zu Boden fallen ließ. Sein Blick wandte sich Joey zu.
 

„Du hättest laufen sollen.“

Entrüstet klappte dem Blonden der Mund auf und da er keine Geräusche mehr von der Straße vernahm, verteidigte er sich auch sofort gegen Setos Aussage.

„Und dich hier zurücklassen?! Womöglich sogar sterben lassen?! Das kannst du nicht von mir verlangen!“

Plötzlich war der ehemalige Präsident der Kaiba-Corporation so nahe an ihm, dass Joey reflexartig einen Schritt zurückwich und sofort spürte, wie Setos Hände ihn noch einen weiteren schnellen Schritt zurückdrängten und er mit dem Rücken gegen die nächste Hauswand stand, Setos Hände links und rechts von seinem Gesicht, so dass er gezwungen war, ihn anzusehen.

„Wie oft muss ich es dir verdammt nochmal erklären...Wheeler?!“

Die Erwähnung seines Nachnamens, den Seto eigentlich nur noch dann benutzte, wenn er verärgert oder wütend war, ließ Joey sich so gekränkt fühlen, dass er Seto am liebsten von sich weggestoßen hätte.

„Was glaubst du, wie Mokuba reagieren würde, wenn ich ihm sagen müsste, dass du irgendwo da draußen drauf gegangen bist, weil ich dich wie ein Feigling zurückgelassen habe?! Denkst du, er würde das gut heißen?!“

Da war er, der wohl empfindlichste Punkt, den man bei einem Seto Kaiba überhaupt treffen konnte. Sie hatten es unzählige Male besprochen. Sich unzählige Male deswegen auch gestritten. Doch Joey konnte es nicht akzeptieren, dass Seto im Falle eines Szenarios, aus dem nur einer von ihnen lebend entkommen konnte verlangte, dass er ihn zurückließ...um Mokubas Willen. Damit Mokuba nicht auf sich allein gestellt war.
 

Seto schob seinen Unterarm unter Joeys Kinn und drückte ihn so fest gegen die Hauswand, dass der Blonde begann, sich zu wehren und seine Fingernägel in Setos Arm zu bohren, was durch den Ärmel seines Trenchcoat jedoch nicht wirklich viel Erfolg brachte.

„Er braucht jemanden, der für ihn da ist, wenn ich es nicht mehr sein kann. Außerdem möchte ich niemals miterleben, wie du...“

Seto sprach nicht weiter. Sein Gesichtsausdruck war kalt und angespannt, doch Joey verstand.
 

„...wie ich hier draußen sterben muss.“
 

Er beendete das, was Seto widerstrebte, auszusprechen. Er sah Setos Iris in dem tiefen Blau seiner Augen regelrecht vibrieren und keiner von ihnen sprach mehr ein Wort.

Erst nach wenigen Augenblicken der Stille schob Joey Setos Arm mit Bedacht von sich und sein Gegenüber ließ es widerstandslos zu.

Alles um sie herum wirkte wieder leblos und tot, die Herde schien weitergezogen zu sein. Das einzige Geräusch war der Herbstwind in den Straßen.
 

„Was hast du gefunden?“, fragte Joey schließlich und Setos Kopf drehte sich nach dem schwarzen Rucksack um, den er abgelegt hatte, als sie angegriffen wurden.

„Eine Menge Konservendosen. Etwas Haarshampoo.“, er fasste mit der Hand in eine der weiten Taschen seines Trenchcoat und zog tatsächlich eine noch fabrikneue Shampooflasche hervor.

„Wie erfolgreich warst du?“

Joey befreite sich von dem nahezu identischen Rucksack, den auch er auf dem Rücken trug und öffnete ihn, um Seto die Ausbeute ihres Streifzugs in den Großmarkt zu zeigen.

„Konserven...ein wenig Mehl, vielleicht können wir daraus noch Brot machen...“

Sein Partner beobachtete ihn und Joey bemerkte, wie die Unruhe, die zuvor sowohl in ihren Köpfen, als auch auf den Straßen geherrscht hatte, sich tatsächlich langsam legte. Sie hatten es geschafft. Sie hatten Vorräte erbeutet. Sie lebten. Heute Abend würden sie etwas zu Essen auf dem Tisch haben.

„Ramennudeln...dafür wird Mokuba dir garantiert um den Hals fallen...“, kommentierte der Braunhaarige trocken und Joey schenkte ihm nur ein freches Lächeln, ehe er seinen Rucksack wieder schulterte.

„Komm...lass uns nachhause gehen...“
 

Sie hausten noch immer im Gebäude der mittlerweile leeren und in sich eingestürzten Kaiba Cooperation. Auch wenn längst jegliche Technik versagt hatte. Auch wenn es langsam aber sicher nur noch vor sich hin rottete. Ein Teil von ihm war noch bewohnbar und Joey wusste, dass er Mokuba und Seto niemals dazu bewegen könnte, sich gemeinsam mit ihm irgendeine leerstehende Wohnung in Domino City zu suchen, um nicht tagtäglich an den ehemaligen Glanz der Kaiba Cooperation erinnert zu werden, von dem jetzt nichts als ein Haufen Schutt übrig geblieben war.

Mokuba fiel Joey tatsächlich beim Anblick seiner Ausbeute um den Hals und Seto zog sich schweigend in eines der vielen Zimmer zurück. Joey wusste, dass er Zeit brauchte. Sie alle brauchten Zeit. Die Vergangenheit, die mittlerweile beinahe wie ein Traum wirkte, der nie wirklich geschehen war, die Zukunft, die im Ungewissen lag, der tägliche Kampf ums Überleben...alles schwebte stets wie ein unheilvoller Schleier über ihnen.

Es waren wahrlich nicht die besten Umstände gewesen, unter denen Seto und Joey zueinander gefunden hatten, nach ewiger Rivalität und beiderseitiger Ablehnung. Doch es war, wie es nun einmal mal war.
 

Es wurde früh dunkel und Mokuba hatte sich auf sein Zimmer zurückgezogen, um noch ein wenig zu lesen – seitdem weder Fernsehen, noch das Internet in irgendeiner Form mehr existierten, war Mokuba tatsächlich zu einem Bücherwurm geworden – und Joey lag auf der großen Ledercouch im Wohnbereich, die tatsächlich bis auf ein paar abgewetzte Spuren noch intakt war, während er Seto dabei zusah, wie er den zerrissenen Ärmel seines Mantels mit geschickten Fingern wieder annähte. Joey war mehr als erstaunt gewesen, dass Seto so etwas überhaupt beherrschte, doch dieser hatte nur etwas von „Waisenhaus“ und „auf sich selbst gestellt“ gemurmelt.

„Denkst du, sie sind noch irgendwo da draußen?“, fragte Joey schließlich in die Stille hinein. Sein Partner schenkte ihm einen kurzen, fragenden Blick und wandte sich dann jedoch wieder der Nadel ins einen Händen zu.

„Nein. Sie sind alle mit den ersten Helikoptern in das improvisierte Flüchtlingslager außerhalb gebracht worden. Entweder sie wurden gefressen, als das Lager überrannt wurde oder sie konnten fliehen und sind dann irgendwo verhungert.“

Es war genau die Antwort, die ihm ein Seto Kaiba geben würde und obwohl Joey mit einer schroffen, sachlichen Auslegung der Tatsachen gerechnet hatte, fühlte es sich für ihn wie ein Stich an. Das seine Freunde einfach tot sein sollten...nein, irgendetwas in ihm weigerte sich, diesen Gedanken zu akzeptieren.

„Yugi ist schlau.“, sagte er mit bestimmter Stimme, doch von Seto kam keine Antwort, nicht einmal ein kurzes Schulterzucken.
 

„Außerdem hat es sehr wohl jemand geschafft, zu überleben, als das Camp überrannt wurde.“, setzte er schließlich mit einem Grinsen hinzu und schaffte es, dass der ehemalige Präsident der Kaiba Corp sich nun wirklich zu ihm umdrehte.

„ ,Überlebt' hat man diesen Zustand ja kaum nennen können, in dem wir dich vor den Toren gefunden haben.“

„Trotzdem habe ich es aus dem Camp heraus geschafft.“, Joey rollte sich auf seine Seite und stützte sich auf seinem Ellenbogen ab. Es war ein anstrengender Tag für sie beide gewesen. Er fühlte sich müde und spürte bereits, dass sein Körper sich immer schwere anfühlte. Er wäre wohl sicherlich bald in einen leichten Halbschlaf abgedriftet, als er Setos Bewegungen neben sich auf der Couch spürte und er seine Augen wieder aufschlug.

„Ich gehe die letzte Abendwachrunde drehen. Nimm dir in der Zwischenzeit etwas vom Shampoo...das Wasser müsste jetzt lauwarm laufen.“

Seto war aufgestanden und hatte sich zu ihm hinuntergebeugt, eine Hand auf seine Schulter gelegt. Sie wechselten sich meist mit der letzten Kontrolle, ob sich ungebetene Gäste vor den Toren befanden und ob sie alles sicher verschlossen hatten, täglich ab und eigentlich war heute Joey an der Reihe gewesen.

„Ist gut...“, murmelte er ein wenig benommen und spürte dann, wie Seto ihm einen sanften Kuss auf seine Schläfe gab und sich dann wieder aufrichtete, um mit Taschenlampe und Baseballschläger bewaffnet die Wohnräumlichkeiten zu verlassen.
 

Frisch geduscht lag Joey schließlich in ihrem gemeinsamen Bett, froh darum, endlich den Schweiß und das fremde Blut von sich heruntergespült zu haben.

Das leise Rauschen der Dusche - Wasser war rar, doch diesen Luxus mussten sie sich ab und zu doch gönnen - ließ ihn beinahe schon wieder einschlafen, ehe er den Geruch eines zweiten frisch geduschten Körpers neben sich wahrnahm und sich in dessen Richtung drehte. Normalerweise war ihre übliche Schlafposition jene, dass Joey einen Arm träge um Setos Mitte legte, während dieser auf dem Rücken und mit einem Arm unter seinem Kopfkissen einschlief. Doch heute spürte Joey, wie Seto seine Arme stattdessen um ihn schlang, ihn in eine feste Umarmung zog und seine Stirn an die von Joey lehnte.

Joey ließ ihn gewähren und streichelte über Setos Rücken und seine Schultern. Er verstand ihn. Es war ein harter Tag gewesen. Sein Freund brauchte jetzt Nähe und Körperkontakt. Vielleicht sogar mehr als das.

Joey spürte, wie Seto ihm ein paar gehauchte Küsse auf das Gesicht gab, Sanft. Ungewöhnlich für seine sonst eher gefühlskalte Art. Joey legte eine Hand an seine Wange und fing Setos Lippen mit den seinen ein, während seine Hand sich in das kastanienbraune Haar legte.
 

Der Kuss den sie austauschten war langsam und vorsichtig. Fast so, als würden sie sich zum allerersten Mal küssen. Joey saugte an Setos Unterlippe und selbst als sich ihre Zungenspitzen schließlich berührten, überstürzten sie nichts. Zärtlich und genießerisch ließen sie ihre Zungen miteinander spielen. Ihr nächtliches Beisammensein war ihr persönlicher Gegenpol zu der grausamen Welt, die da draußen herrschte und von der niemand genau sagen konnte, was einmal aus ihr werden sollte.
 

Seto war in Joeys Augen ein fantastischer Küsser und auch wenn sie müde und nicht in der Stimmung für wildes übereinander Herfallen waren, rieb er sein eigenes Becken träge gegen das seines Partners. Sie waren beide erregt und Joey schob seine Hand, die zuvor noch Setos Hinterkopf gestreichelt hatte langsam zwischen ihre Körper, um Seto vorsichtig zu umfassen. Mittlerweile hatten sie auch ihre zuvor geschlossenen Augen wieder aufgeschlagen und hielten miteinander Blickkontakt, währen d Joeys Hand sich bewegte und ihre Lippen nur noch geöffnet aufeinander lagen, ohne dass sie einen richtigen Kuss miteinander austauschten.

Als Seto kam, stöhnte er einmal kurz und unterdrückt auf und Joey küsste seinen Nasenrücken und seine Mundwinkel, ehe er auch schon fühlte, wie sein Freund sich nun ihm widmete. Setos Finger waren geschickt und agil und Joey liebte es, sie auf sich zu spüren, weshalb er seinen Kopf schwer in das Kissen fallen ließ und sich hingab. Seinen eigenen Höhepunkt zögerte er nicht unnötig heraus, sondern ließ es einfach geschehen und kam, während Seto ihm die noch feuchten blonden Strähnen aus der Stirn strich.
 

Stumm versuchte Joey ihn dazu zu bewegen, sich wieder in ihre übliche Schlafposition zu legen, doch Seto blieb tatsächlich wo er war und ließ seine Arme fest um Joey geschlungen. Der Blonde gab es mit einem kaum hörbaren Seufzen auf und drehte sich mit dem Rücken zu ihm hin, um Setos Arme von hinten um sich legen zu können.

Setos warmen Atem in seinem Nacken spürend blickte Joey noch einmal für einen kurzen Moment zum Fenster hin, hinter dem sich nichts als Dunkelheit befand.

Die Toten wandelten über diese Erde. Es gab keine Regeln, keine Gesetze, kein System mehr. Doch eine Sache war in dieser Welt noch nicht verloren: die Hoffnung.

Full Metal Whore - Prideshipping

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Drag Me to Hell - Tendershipping

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Meine bessere Hälfte - Angst-/Thief-/Death-/Psychoshipping

„Oh mein Gott, ich bin so erledigt...und diese Kälte ist nicht auszuhalten...“
 

Obwohl sie jetzt bereits seit einer guten halben Stunde wieder zurück in Ryous winzigem Apartment waren und mit heißem Kakao und der aufgedrehten Heizung auf Ryous Bett saßen und irgendeine Sendungen im Fernsehen mit nicht besonders viel Aufmerksamkeit verfolgten, schien Marik ernsthafte Probleme damit zu haben, sich und seinen Körper wieder aufzuwärmen. Noch immer presste er sich fest an Ryou, der zwischen Mariks aufgestellten Beinen saß und die Decke festhielt, die er um sie beide geschlungen hatte und schien nicht einen winzigen Millimeter Platz zwischen ihren Körpern lassen zu wollen.

Ryou seufzte innerlich. Es war der erste Winter seines Freundes, den er außerhalb von Ägypten verbrachte, natürlich war ein Stadtbummel im Schnee für ihn ungewohnt. Aber wenn Ryou es sich recht überlegte, hatte er sowieso eine bessere Idee, Marik aufzuwärmen.
 

Mit einer Hand griff er nach der Fernbedienung und schaltete den Fernseher aus, während er mit der anderen Hand seine Tasse auf dem Nachtisch abstellte, auf dem auch der Milleniumsring ruhte, bevor er sich grinsend zu seinem Freund umdrehte.
 

„Ich dachte, wir könnten uns den Abend noch ein wenig...versüßen...“, Ryou war vielleicht kein absoluter Meister der Verführungskünste, aber er war sich sicher, dass Marik diese Idee gefallen würde. Er behielt recht. Ein Rotschimmer breitete sich prompt auf Mariks Gesicht aus und das lag garantiert nicht nur daran, dass ihn langsam wieder Wärme durchströmte.

„Du meinst...wir könnten noch ein paar Marshmallows in unseren Kakao schütten?“

Ryou war von dieser leicht ironisch wirkenden, aber dank Mariks etwas naiver Art leider völlig ernst gemeinten Frage so überrascht, dass er seinem Freund für eine kurze Sekunde nur mit leicht geöffnetem Mund in die blitzenden Augen blickte.
 

„Nein, Dummerchen...“, der Albino fing sich wieder und nahm Marik die heiße Tasse, auf der ein etwas kitschiges Bild von ihnen beiden in einem Fotoautomat abgebildet war, aus den Händen.

„Ich meinte eher so etwas hier...“

Ohne weitere Erklärungen küsste er Marik auf den Mund und kletterte in seinen Schoss, seine blassen Finger bereits am Kragen von Mariks Pullover herumspielend. Sein Freund war ja aufgrund jahrelanger Isolation in einem unterirdischen Grab manchmal etwas schwer von Begriff – aber er war hübsch, sexy und Ryou liebte ihn trotzdem. Trotz all seiner Macken.
 

Kaum ein paar Minuten später hatten sie mit dem Großteil ihrer Kleidung kurzen Prozess gemacht, doch da es keinen besonderen Grund zur Eile gab, zögerten sie den Moment, bis sie sich auch ihrer Boxershorts entledigen sollten, noch ein wenig hinaus...bis ein störendes Geräusch ihren Kuss auf dem Bett unterbrach.
 

„Oh nein...das ist Ishizu...“
 

Mariks Stimme klang genervt, als er sich von den Lippen des kleineren Albinos löste und sich ächzend vom Bett aufrappelte.

„Lass es doch einfach klingeln...“, versuchte Ryou seinen Freund dazu zu bewegen, einfach weiterzumachen und verrollte ein wenig die Augen, doch der Ägypter schüttelte den Kopf.

„Wenn ich nicht rangehe, wird sie es weiter versuchen...ich wimmel sie schnell ab, es dauert nur eine Minute.“

Ryou ließ sich zurück in die Kissen fallen und streckte die Arme über seinem Kopf aus, ehe er Marik dabei beobachtete, wie er wahllos Gegenstände aus seiner Tasche herauswühlte, bis er sein klingelndes Mobiltelefon fand. Er ertappte sich selbst, wie er Mariks hübsche Rückenansicht ein wenig länger betrachtete...die braune Haut, die schmalen Hüften zusammen mit Mariks knackigem Hinterteil, selbst die Tattoos, die Marik so sehr hasste...

Ryou spürte seine Mundwinkel sich zu einem Grinsen verziehen, während er kurz ein paar Wortfetzen aufschnappte, die Marik am Telefon mit seiner Schwester wechselte – und plötzlich vor Schreck die Augen aufriss.

Oh nein! Sein Freund hatte doch nicht ernsthaft...?!

Sie hatten doch darüber gesprochen, dass Ryou dieses....Ding nicht in seiner Nähe haben wollte! Und damit war sicherlich kein Körperteil von Marik gemeint, denn diese hatte Ryou sehr gerne in seiner Nähe!
 

„Ja...ja, bis morgen.“

Der Ägypter hatte das Gespräch beendet und legte das Handy einfach achtlos auf die Küchenzeile, bevor er sich lächelnd zu seinem Freund umdrehte – und eine Augenbraue nach oben zog, als er Ryous völlig entsetztes Gesicht erblickte. So geschockt hatte sein kleines Schneehäschen das letzte Mal ausgesehen, als Marik ihm eröffnet hatte, dass er Vegetarier war! Was hatte er also diesmal verbrochen?
 

„Was-?“

„Du...du hast ihn dabei?!“
 

Irritiert und fragend folgte der Ägypter Ryous Blick zu seiner Tasche...und begriff was er meinte.

„Ich kann den Stab nicht in der Nähe von Ishizu oder Odion lassen, das würde nur riesigen Ärger geben.“

„Aber ihn heimlich mit hier her zunehmen ist völlig in Ordnung?!“
 

Ryou hatte sich auf dem Bett aufgesetzt und die Arme vor der Brust verschränkt. Er fühlte sich doch irgendwo ein wenig hintergangen. Und seine Augen weiteten sich vor Unglaubwürdigkeit, als Marik nur leise vor sich hinmurmelte „Es wäre ja nicht das erste Mal...“.

Okay. Spätestens jetzt war der Kleinere sauer!

„Du hattest ihn immer dabei?! Und sagst mir nichts davon?!“

„Nicht immer. Aber schau, es ist doch nie irgendetwas passiert...“

„Trotzdem! Marik, das ist nicht so, als würdest du mir einfach verschweigen, dass du meine letzten Kekse aufgegessen hast – was ich im übrigen genau weiß, dass du es manchmal machst! - das ist...etwas ernstes!“

Marik blicke seinen Freund auf dem Bett an, über dessen Nase sich eine leichte Zornesfalte gebildet hatte und der seine blassrosa Lippen fest aufeinander gekniffen hatte. Er erinnerte ihn irgendwie an eine Wolke. Eine...böse Wolke. Ryou war wie eine Gewitterwolke über der ägyptischen Wüste. Man bekam sie nicht oft zu sehen, aber wenn sie doch einmal da war, stand hinterher alles unter Wasser. Außer, dass Marik gerade nicht unter Wasser stand...er schüttelte sein strähniges Haar, seine Gedanken machten mal wieder ein paar komische Wendungen.
 

„Dein Milleniumsgegenstand ist doch genauso hier...“, versuchte er ein wenig einzulenken – und bemerkte sofort, dass dieses Thema wohl keine gute Idee gewesen war.

„Das ist etwas völlig anderes! Der Geist des Milleniumrings ist...weitestgehend harmlos! Und er und ich haben uns unter Kontrolle!“

Hätte Mariks Augenbraue noch weiterwandern können, so wäre sie jetzt garantiert mindestens auf seinem Scheitel angelangt. Ryou...der Geist des Milleniumrings...unter Kontrolle. Alles lauter Wörter, die in seinem Kopf nicht richtig zusammenpassen wollten. Aber das Gefühl, dieses Thema jetzt lieber nicht zu vertiefen, sondern stattdessen einfach einzulenken, drängte sich ihm beinahe schon ein wenig penetrant auf und er beschloss, ihm einfach nachzugeben.
 

„In Ordnung...ich entschuldige mich dafür, dass ich dir nicht die Wahrheit gesagt habe.“

Als sich der Gesichtsausdruck seines Freundes immer noch nicht veränderte, schritt Marik langsam an das Bett heran und legte sich zurück zu ihm, während er seine Hand sanft auf Ryous Schulter legte.

„Komm...es ist nur ein Gegenstand, nichts weiter. So wie der Ring.“

Seine Stimme klang so versöhnlich und beruhigend wie möglich und Ryou, der es kurz vorher noch tunlichst vermieden hatte, ihn anzusehen, wandte seinen Blick tatsächlich wieder langsam zu Marik hin.

„Und jetzt...gibt es nur noch uns Beide...“

Marik verschloss ihre Lippen zu einem Kuss und ließ sie dort weitermachen, wo sie aufgehört hatten. Und tatsächlich entspannte sich auch sein Freund wieder unter der zärtlichen Berührung.
 

Ihr Kuss wurde wilder und leidenschaftlicher und auch ihre Hände waren längst auf Wanderschaft über den Körper des jeweils anderen gegangen.

„Ryou...“

Der Name seines Freundes kam Marik tief und kehlig über die Lippen, als er seine schlanken Finger bestimmt in den weißen Haaren seines Gegenübers vergrub und sich mit ihm auf den Rücken rollte, ohne dass sie ihren Kuss unterbrachen und Ryou nun auf ihm lag.

Marik spürte, wie sein Freund augenblicklich seine immer noch bekleideten Hüften an ihm rieb und ihm plötzlich in die Unterlippe biss, so fest, dass Marik einen kurzen, erschrockenen Laut von sich gab. Ja, sein Ryou konnte manchmal, wenn er wirklich in Ekstase war, auch etwas wilder werden, aber das er jetzt schon jegliche Hemmungen über Board warf, obwohl sie nicht einmal angefangen hatten...musste wohl daran liegen, dass sie knapp einem Streit entkommen waren.

„Sind wir heute gierig...?“, murmelte der Ägypter ein wenig neckend und öffnete langsam seine Augen – bevor dieses Mal er derjenige war, der sie erschrocken aufriss und beinahe reflexartig aus dem Bett gesprungen wäre.
 

„Mhmmm, ich sehe, dir ist schon viel wärmer als zuvor...“

Die Stimme die zu ihm sprach war um einiges tiefer als die seines Freundes und das böse Grinsen, dass auf ihn herunterschaute, war auch ein Gesichtsausdruck, den man an Ryou so gut wie nie zu sehen bekam. Selbst wenn er in totaler Gewitterwolkenstimmung war.

Hilfe. Alles, was Marik noch spürte war, dass sein Mund geräuschlos auf- und zuklappte.
 

„Wie wäre es...“, der Weißhaarige über ihm richtete sich ein wenig auf und legte seinen Zeigefinger auf Mariks Lippen, „Wenn wir zwei Hübschen einfach weitermachen?“

In diesem Moment kehrte augenblicklich Leben in den Angesprochenen zurück.

„Was machst du-?! Und wo ist Ryou?!“

Mit einem Ruck hatte er sich unter dem Geist des Milleniumrings aufgesetzt, wurde jedoch sofort wieder sanft zurück auf die Matratze gedrückt und mit einem geflüsterten „Shhhhhh...“ zur Stille ermahnt. Marik errötete entsetzt als die blassen Hände seines Gegenübers auch noch damit begannen, seinen nackten Oberkörper zu streicheln. Ein tadelndes Geräusch entfuhr den blassrosa Lippen und der weiße Haarschopf wurde langsam geschüttelt.

„Er ist im Moment nicht hier. Und du brauchst dir um ihn auch keine Sorgen zu machen. So lange du ihm nichts erzählst, werde ich es auch nicht tun...“

Dunkelbraune, blitzende Augen wanderten an Marik herunter, als wäre er irgendeine Leckerei auf einem einladenden Buffet und der Ägypter kreuzte seine Arme über seiner Brust, während das Blut in seinen Ohren rauschte. Konnte...dieser Kerl vielleicht damit aufhören, ihn so anzustarren?!

„Ryou tut den ganzen Tag nicht wirklich viel, was es wert wäre, zu beobachten. Aber verdammt, als er angefangen hat, regelmäßig mit dir herumzuknutschen, wurde ich ja auf einmal ganz hellhörig...“
 

Wie bitte?!
 

Der Weißhaarige stützte sich mit einem obszönen Grinsen neben Mariks Kopf ab und begann damit, seinen Hintern völlig ungeniert in Mariks Schritt zu pressen und der Blonde wusste überhaupt nicht mehr, wie ihm geschah.

„D-du hast uns beobachtet, wie eine Art...Kinofilm?!“

Da Marik ohne jegliche Form von Film oder Fernsehen aufgewachsen war, gingen er und Ryou häufig ins Kino oder schauten sich Filme zuhause an. Marik gefiel dies durchaus, doch selbst wie ein Film betrachtet zu werden, machte ihn auf eine gewisse Art...ärgerlich. Ryou und er hatten ein Privatleben! Das war eine echte Frechheit!
 

„Tst!“

Wieder ertönte ein amüsiertes Lachen und Marik spürte, wie plötzlich seine Schläfen und sein Kiefer mit einer überraschenden Zärtlichkeit geküsst wurden, die er Bakura kaum zugetraut hätte.

„Nicht euch...dich.“

Es sollte sehr wahrscheinlich schmeichelnd oder gar verführerisch wirken – bewirkte in diesem Moment aber das exakte Gegenteil.

Beinahe schon wütend schaffte der Ägypter es tatsächlich, sich unter dem Geist des Milleniumrings aufzurichten und auch dessen Hintern von sich herunterzuschieben.
 

„Du bist wohl völlig verrückt geworden! Du holst jetzt auf der Stelle Ryou zurück und dann verziehst du dich zurück in den Ring! Das hier ist kein...Porno, die du dir einfach ansehen kannst!“
 

Ja, Marik war wütend und fühlte, wie das zunächst noch vor Scham in ihm pulsierende Blut langsam aber sicher begann zu rasen, weil er verärgert und sauer war. Und niemals zugeben würde, dass er sich in Abwesenheit von Ryou manchmal Pornos anschaute!

Tatsächlich schaute ihn der Geist des Milleniumrings zuerst ein wenig überrascht an, die Augenbrauen so weit hochgezogen, dass sie unter seinem weißen Pony verschwanden.

Dann erfüllte Gelächter das Zimmer.

„Oh man...du bist ja noch süßer, wenn du dich aufregst...“

Eine Hand legte sich an seine Wange und Bakuras Gesicht war mit einem Mal wieder sehr nahe an seinem und die Tatsache, dass er Mariks Ansprache überhaupt kein bisschen ernst nahm, steigerte den Ärger des Ägypters nur noch mehr.

„Die Vorstellung von einem Porno mit dir in der Hauptrolle macht mich ja ganz...“
 

Bakura konnte seinen Satz nicht beenden, da seine Hand, die zuvor an Mariks Wange gelegen hatte, plötzlich gepackt wurde und er mit einem solchen Ruck auf den Rücken geworfen wurde, dass das Bett einen quietschenden Laut von sich gab. Nicht, dass es ihm etwas ausgemacht hätte – er begrüßte diese neue Wildheit, die er in Marik entfacht hatte. Oh es würde so viel mehr Spaß machen, wenn Marik so richtig heißblütig und hitzköpfig war, genau deshalb reizte ihn dieser Junge so sehr...und Ryou, dieses zuckersüße, aber viel zu nette Ding verpasste all diese Möglichkeiten! Vielleicht sollte er seinem kleinen Gastgeber einmal eine Nachhilfestunde erteilen. Auf der anderen Seite...nein. Sollte der puppengesichtige Schneehase doch weiterhin mit seinem Freund den langweiligsten Sex der Welt haben.
 

Der gebräunte Körper war sofort wieder über ihm und mit einem Grinsen griff Bakura nach einer Hand voll der sandblonden Haarsträhnen, um ihn wieder zu sich zu ziehen – und endlich seine Lippen auf die von Marik zu pressen. Und der Junge überraschte ihn einfach wieder einmal!

Gierig und ohne Hemmungen schob er seine Zunge in Bakuras Mund und griff nach Bakuras Handgelenken, um sie mit einer Hand über seinem Kopf festzuhalten. So viel körperliche Kraft hätte Bakura ihm nicht einmal zugetraut, aber gut, es sollte ihn nicht stören, er würde ihm schon noch zeigen, wer hier das Sagen hatte und sich seinen kleinen Hintern vorknöpfen...
 

„Ein Porno klingt nach einer großartigen Idee, vielleicht hat deine kleine gute Seite ja die nötige Ausrüstung dafür.“

Diese Stimme...klang in keinster Weise noch nach Marik. Eher nach einer Kreissäge, die sich langsam, aber sicher durch einen Haufen Fleisch und Knochen fraß. Oder Peitschenknallen auf nackter Haut.

Ein bitterböses Grinsen blickte auf Bakura herunter, sichtbare Adern zogen sich über die freiliegende Stirn, während sandblondes Haar wie elektrisiert in alle Richtungen stand. Jetzt war es der Geist des Milleniumrings, dem heiß und kalt wurde. Hatte er etwa gerade...mit Mariks dunkle Seite...?!
 

„Ohhhh...“

Der Größere über ihm setzte einen bedauernden Gesichtsausdruck auf und legte seinen Kopf schief, was ihn ein wenig wie eine wartende Raubkatze wirken ließ.

„Wenn du so guckst, siehst du beinahe aus, wie der kleine Marshmallow, den meine etwas nettere Persönlichkeit so gerne hat, wie heißt er noch gleich? Ryou?!“

„Scheiße, runter von mir!“

„Das ist ein interessanter Name für einen Sterblichen.“

Bakura schaffte es, seine Handgelenke aus dem bestimmten, wenn auch nicht zu festen Griff über seinem Kopf zu befreien und ignorierte den amüsierten Kommentar Mariks' dunkler Seite, während er es schaffte, sich unter ihm freizustrampeln.
 

„Wieso...du?“

Bakura war aus dem Bett gesprungen, das Herz in seiner Brust wie eine Trommel schlagend. Es gab nicht viel, das einen Jahrtausende alten bösen Geist erschreckte, doch ein aus Wut und Hass heraus geborenes Wesen gehörte definitiv dazu. Ein Wesen...das es sich jetzt auch noch unverschämter Weise auf dem Bett seines Wirts bequem machte. Ausgestreckt wie ein Leopard oder ein Panther, Elegant, aber auch irgendwie...furchteinflößend. Mit einem irren Grinsen im Gesicht, das eine Reihe weißer, glatter Zähne entblößte.
 

„Ach komm schon...wir wissen doch beide, dass meine bessere Hälfte unerfahren und langweilig ist.“

Mariku stützte seinen Kopf auf einer Hand ab und ließ seinen Blick an Bakura auf und ab fahren, ein süffisantes Grinsen teilte dabei beinahe sein Gesicht in zwei Teile.

„Ich war das letzte Mal in seinem Kopf, als er deinem kleinen Schneehasen den Schwanz gelutscht hat und bei Ra...“, Mariku verzog das Gesicht, als hätte er ein Bild vor Augen, dass ihn regelrecht anekeln würde.

„Schrecklich. Am liebsten hätte ich die Kontrolle über ihn übernommen und es selbst zu Ende gebracht.“

Mit einem Ruck hatte er sich auf die Kante des Bettes gesetzt, einen Ellenbogen locker auf seinem gebräunten Oberschenkel abgestützt, mit der anderen Hand Bakura zu sich herwinkend. Doch der Geist des Milleniumsrings bewegte sich nicht einen Millimeter auf ihn zu.
 

„Und jetzt komm schon her, mein Süßer...lass uns ein wenig...Spaß haben.“

Er betonte dieses Wort auf eine solch obszöne Weise, dass Bakura daran zweifelte, ob das, was Mariku implizierte, wirklich Spaß bedeutete. Verdammt. Alles was er wollte, war doch nur Marik gewesen, der sich lustverschleiert unter ihm gewunden hätte und Dinge wie „Ja Bakura!“ und „Fick mich, Bakura!“ gestöhnt hätte. Und jetzt hatte er diesen...durchgeknallten Irren am Hals. Der zwar schön, aber völlig wahnsinnig war. Nein, bei diesem Spiel würde Bakura ganz sicher nicht mitspielen. Aber...es gab da etwas, das sein geliebtes Objekt der Begierde vielleicht wieder auf den Plan rufen würde. Und Mariku eins auswischen würde.

Sein panischer Gesichtsausdruck verwandelte sich augenblicklich in ein hämisches Lächeln.
 

„Du hättest Ryou also gerne den Schwanz geblasen?“

Mariku erhob sich bei diesen Worten aus dem Bett, seine sowieso schon große und einschüchternde Statur überragte Bakura durch seine aufgestellten Haare noch einmal um ein gutes Stück.

„Ich würde ihn gerade lieber dir lutschen. Oder du fängst an und gehst schön vor mir auf die Knie, wo du hingehörst.“

Es war nicht die Antwort, die Bakura sich erhofft hatte...aber er ging trotzdem nicht darauf ein.

„Nun denn...“
 

Mariku bemerkte ein Leuchten aus dem Augenwinkel heraus, das vom Nachttisch neben dem Bett strahlte, doch was wirklich seine Aufmerksamkeit in Anspruch nahm, war die Tatsache, dass Bakuras abstehendes Haar plötzlich um einiges geordneter wirkte als noch zuvor. Auch seine aufrechte Haltung schien ein wenig in sich zusammenzusacken und als ihn plötzlich große, fragende braune Augen unter einem weißen Pony anschauten, hätte er den Geist des Milleniumrings am liebsten eigenhändig zurück aus dem Ring gezerrt und ihn dafür ausgelacht, dass er doch tatsächlich den Schwanz einzog, als es spannend wurde. Doch eigentlich...dieser putzige Marshmallow würde es auch tun. Bestimmt würde er sogar noch ein wenig mehr schreien und Angst haben. Eigentlich kam es ihm ganz gelegen.
 

„Marik?!“, fragte Ryou erschrocken und befühlte unbeholfen seinen eigenen Kopf, nicht ganz sicher, was gerade passiert war. Gerade eben hatte er doch noch mit Marik auf dem Bett gelegen...er fühlte sich, als hätte man ihn aus einem schönen Traum gerissen. Und geradewegs in einen Alptraum katapultiert, denn was da vor ihm stand und durch halb geschlossene Augen auf ihn herunterblickte, ließ ihm das Herz geradewegs in die Hose rutschen. Und das nicht auf eine erotische Art, wie sein Freund es normalerweise schaffte.
 

„Hallo Kleiner. Oder sollte ich dich lieber so nennen, wie dich dein Parasit mir vorhin vorgestellt hat?“

Mariks dunkle Seite brach vor ihm in schallendes Gelächter aus, als er an Bakuras Worte dachte, während Ryou dreinschauen musste wie eine Kuh wenn es blitzte. Was genau war so witzig...er fragte lieber gar nicht erst.

„Ähm...hör zu, ich will wirklich nicht unhöflich sein...“

Ryou hob ein wenig hilflos seine Hände, was jedoch nur zur Folge hatte, dass Mariku sein Lachen einstellte und einen weiteren Schritt auf ihn zu kam, so nahe, dass Ryou jeden einzelnen Muskel an ihm sehen konnte.

„Aber...“

Ein weiterer Schritt. Ryou wich mit immer noch erhobenen Händen zurück, doch es half nicht viel. Mariku kam ihm nach.

„Könntest du...“

Sein Apartment war wirklich nicht groß und prompt spürte der Kleinere, wie er mit seinem Hintern an die Kante seines winzigen Esstisches stieß, die Blumenvase darauf schon gefährlich schwankend. Mariku war ihm jetzt so nahe, dass er seinen Atem in seinem Haar spüren konnte und die Tatsache, dass sie beide nur in Boxershorts bekleidet waren, machte Ryous Nervosität nicht gerade besser.

„....bitte Marik zurückholen?“

Eine große Hand erhob sich, um mit ein paar Strähnen seiner weißen Haare zu spielen.

„Diesen absoluten Nichtskönner?! Warum willst du es dich von diesem Versager durchvögeln lassen?“

Der sehr direkte und vulgäre Tonfall trieb Ryou die Schamesröte ins Gesicht. Mariks dunkle Seite war wirklich kein angenehmer Zeitgenosse, aber vielleicht konnte Ryou ihn irgendwie hinhalten und es schaffen, Marik wieder zurückzuholen. Irgendwie. Er würde sich schon etwas einfallen lassen. Zumindest redete er sich das ein.
 

„Ich möchte einfach, dass du Marik wieder die Kontrolle gibst...bitte.“

Ryou schwor sich innerlich, seinem Freund eine kräftige Standpauke zu halten, sobald er wieder klar und deutlich vor ihm stand. Dieser verfluchte Milleniumsgegenstand kam ihm definitiv nicht mehr ins Haus, ganz egal was Odion und Ishizu damit anstellten, wenn Marik nicht in der Nähe war!

„Nein. Jetzt gibt es nur dich und mich, Schneehäschen.“

„Wa-?!“

Schneller als er reagieren konnte, hatte Mariku seine Arme um ihn geschlungen und ihn auf den Esstisch gesetzt, die darauf stehende Vase nun endgültig zu Boden rollend und nasses Blumenwasser überall verteilend.

„Und jetzt zeige ich dir, was wahrer Spaß ist!“

Mit einer Hand auf Ryous Brust presste er ihn flach auf den Tisch, während sich seine andere Hand in den Bund von Ryous Shorts einhakte. Die endgültige Panik stieg in dem Kleineren auf.

„Halt! Lass mich los!“

Mit aller Kraft versuchte der Albino, Mariku davon abzuhalten, ihn einfach so mir nichts, dir nicht zu entblößen und am Ende sogar noch auf seinem eigenen Küchentisch zu vögeln, doch der Größere besaß mehr Kraft, als man ihm ansah und Ryous Versuch, sich unter ihm zu befreien, entlockte ihm nur ein schwaches Grinsen.

„Ein wenig bockig sind wir auch noch...das könnte interessant werden.“

Und um ihn zum Schweigen zu bringen, presste Mariku einfach jene Hand, die zuvor auf Ryous Brust gelegen hatte über seinen Mund, ehe er sich wieder damit befasste, Ryou endlich komplett auszuziehen – als ein Schmerz seine Hand durchzuckte und er sie reflexartig vom Gesicht des Albinos zurückzog.
 

„Au! Bissiges, ungeduldiges Biest!“

„Es war nicht Teil des Plans, dass du meinen Wirt fast zu Tode erschreckst!“

Der Körper unter ihm hatte sich nun tatsächlich aufgerichtet und die Arme vor der Brust verschränkt, zwei seiner weißen Haarsträhnen wie kleine Hörnchen von seinem Kopf abstehend.

Mariku betrachtete die Bissspuren an seiner linken Hand fast schon ein wenig bewundernd, denn sie waren erstaunlich tief und deutlich sichtbar. Irgendwie begann ihm die Lust zu vergehen. Diese beiden Weißhaarigen brachten keinen Spaß mit sich, weder der süße Marshmallow, noch der explodierte große Wattebausch, der die Kontrolle über ihren Körper zurückgeholt hatte und jetzt wieder vor ihm saß.

„Fahr zur Hölle...du und dein Wirt...“

Mariku warf ihm einen vernichtenden Blick zu, ehe seine Frisur plötzlich in sich zusammenfiel, als würde man ihn mit einem Eimer Wasser übergießen.

„Aua...das tut weh...“
 

Mit irritiertem Blick sah Bakura dabei zu, wie der junge Mann vor ihm das Gesicht verzog – und dann den Blick auf ihn richtete. Es musste ein absolut absurder Anblick sein, er halbnackt auf Ryous Esstisch, mit den Resten des Blumenwassers in seinen Haaren und Marik, der immer noch zwischen seinen Beinen vor der Tischkante stand...

„Hast du mich etwa gebissen?!“

„Es war nicht an dich gerichtet, sondern an deine schlimmere Hälfte!“, verteidigte sich der etwas beleidigte Weißhaarige, der ein wenig mehr Dank erwartet hatte. Dank dafür, dass er es geschafft hatte, Mariku freiwillig dazu zu bringen, sich zu verziehen. Ein kleines Dankeschön wäre also mehr als angebracht. Vielleicht in Form eines kleinen Kusses. Oder eines kleinen Blowjobs. Bakura war da nicht wählerisch.
 

„Du spinnst doch!“

Der Ägypter drehte sich um, seine Hand immer noch inspizierend und trat an das Spülbecken heran, um das kühle Wasser aufzudrehen. Und während er seine Hand darunter hielt, sprach er weiter, ohne Bakura anzusehen, der vom Esstisch heruntergerutscht war.

„Und jetzt holst du Ryou zurück und lässt uns für den Rest der Nacht gefälligst in Frieden.“

Bakura hörte ihm nicht wirklich zu, sondern starrte den Rücken des Blonden an, während er sich genießerisch vorstellte, jedes einzelne seiner Tattoos mit seiner Zunge nachzuzeichnen, bis er an Mariks Steißbein angekommen war und ihm seine Boxershorts über seine drallen Hinterbacken....

Mit ein paar schnellen Schritten war er hinter Marik getreten, um seinen Fantasien Taten folgen zu lassen und seine Arme von hinten um ihn zu schlingen.

„Hey! Was soll das?“
 

Mit wütendem Gesicht drehte der Ägypter sich über seine Schulter zu ihm um und Bakura versuchte, ihm den verführerischsten Blick zuzuwerfen, der normalerweise jedes seiner Opfer schwach werden ließ. Doch dieses sture Ding schaute ihn nur an, als würde er ihm jeden Moment eine Kopfnuss verpassen wollen, weshalb Bakura innerlich die Augen verrollte und eine andere Taktik einschlug.

„Ich...entschuldige mich. Dafür, dass ich dich beißen musste.“

Natürlich meinte er das nicht ernst, aber es würde Marik sicherlich ein wenig milder stimmen. Zumindest hoffte er das, denn der Geruch des Jungen brachte sein Blut mittlerweile ziemlich zum kochen.

„Wie wäre es, wenn du dich ein wenig hinlegst und ich mich um dich kümmere.“

„Vergiss es. Und jetzt lass mich los.“

„Komm schon...“

Vorsichtig legte Bakura seine Hände an die Hüften des Blonden und schaffte es, ihn zu sich herumzudrehen, so dass sich ihre nackten Oberkörper berührten.

„Ich weiß, dass Ryou nicht besonders gut darin ist, es dir zu besorgen.“, es war zwar ein wenig gemein, aber Bakura hatte seine Ziele noch nie auf sonderlich nette Art erreicht.

„Nur ein einziges Mal und er wird es niemals erfahren...und es wird dir gefallen.“

Plötzlich spürte Bakura zwei warme Hände an seinen Wangen und spürte das Gefühl des Triumphs ihn durchströmen. Na bitte, es ging doch! Und jetzt würde er ihn ausziehen, ihn so lange küssen, bis Marik fast verrückt werden würde und ihn kräftig in seinen kleinen Arsch...

„Ich sagte – vergiss es!“
 

Bakura wich einen großen Schritt von Marik zurück und presste sich beide Hände in sein Gesicht, während eine rote Fontäne aus seiner Nase spritzte. Hatte Marik ihm gerade...wirklich eine Kopfnuss verpasst?! Der Schmerz, der sich jetzt durch seine Nase zog, sprach jedenfalls sehr dafür!

„Verdammte....!“

Bakura nahm eine seiner Hände von seinem Gesicht und betrachtete die Blutspur, die von ihr herunterlief. Das durfte doch nicht wahr sein. Langsam aber sicher verlor er die Geduld mit diesem schönen, aber störrischen und undankbaren Biest, das sich Marik Ishtar nannte.

Ein genervter Laut verließ seine Lippen, ehe er beschloss, es für heute tatsächlich aufzugeben. Sollte Marik doch schlechten Sex mit seiner besseren Hälfte haben...irgendwann würde er es schon merken und dann würde Bakura ins Spiel kommen. Er warf Marik ein letztes, verschwörerisches Grinsen zu, bevor er seinen Geist in den Milleniumring zurückzog.
 

„Auuuuuuu...“

Ein weinerlicher Schmerzenslaut ließ Marik mit einem Satz bei seinem Freund sein und ihm mit sanfter Gewalt die Hand von seiner blutigen Nase nehmen.

„Oh nein...das wird garantiert blau werden...“

Hektisch griff der Ägypter nach dem Geschirrhandtuch und begann, es mit kaltem Wasser zu benetzen, während Ryou immer noch versuchte, seine Gedanken zu ordnen.

„Hast du...mich geschlagen?!“, murmelte er immer noch geschockt, während Marik ihm das kalte Handtuch ins Gesicht presste und Ryous Blick dabei auf seine Hand fiel.

„Und was ist mit deiner Hand passiert?!“

Sein Freund stieß einen langgezogenen Seufzer aus, bevor er ihm mit gesenktem Blick antwortete.

„Du hast mich gebissen, ich hab dir eine Kopfnuss und somit eine blutige Nase verpasst. Und Schuld daran haben unsere zweiten Persönlichkeiten.“

Er nahm das Handtuch aus Ryous Gesicht. Fast wäre ihm ein Lachen entwichen, denn der Gesichtsausdruck seines Freundes war schon fast ein Bild für die Götter.

„Ist eine lange Geschichte.“, setzte er darum schnell hinzu und tupfte Ryou noch einmal die letzten Blutreste von Nase und Lippen.

Fassungslos schüttelte der Kleinere den Kopf und ließ einen geräuschvollen Atemzug aus seiner Nase entweichen, der von einem hohen Pfeifen begleitet wurde. Irgendwie niedlich, auch wenn es eigentlich alles andere als niedlich war!
 

„Sollen wir...da mal jemanden drüber schauen lassen?“, fragte Marik und gestikulierte in Richtung von Ryous Gesicht, doch dieser schüttelte nur den Kopf und senkte den Blick um festzustellen, dass sie immer noch nur Unterwäsche trugen. Doch die Lust, sich mit seinem Freund im Bett herumzuwälzen, war ihm nun mehr als gehörig vergangen.

„Ist schon in Ordnung, so schlimm ist es nicht...wie wäre es, wenn ich einfach duschen gehe und wir uns dann schlafen legen? Meine Haare stinken nach altem Wasser...“

Dieser Plan klang tatsächlich irgendwie sinnvoll und Marik nickte nur stumm, bevor sein Freund an ihm vorbei ins Bad verschwand. Für einen Moment wusste Marik nicht so recht, was er nun tun sollte, also schaltete er den Fernseher an und begann parallel damit, sich etwas anzuziehen. Sein Blick traf den Milleniumsstab, der immer noch halb aus seiner Tasche unter einem der Stühle hervorragte und obwohl er wusste, dass es kindisch und sinnlos war, schnitt er ihm eine Grimasse. Er und seine dunkle Seite hatten definitiv ein Hühnchen miteinander zu rupfen! Und das war nicht der geflügelte Drache des Ra!
 

Keine halbe Stunde später lagen sie gemeinsam in Ryous Bett, Marik von hinten an seinen Freund geschmiegt, seine Hand immer noch ein wenig geschwollen und Ryous Nase strahlte immer noch einen leicht stechenden Schmerz aus. Der Albino dachte ein wenig ironisch daran, dass er schon oft gehört hatte, dass Liebe weh tat...aber so...

Langsam spürten sie, wie sie beide langsam ins Reich der Träume abglitten...und diesen Schlaf hatten sie sich nach dieser Aufregung definitiv verdient! Niemand von ihnen ahnte, dass zwei völlig andere Seelen in diesem Raum überhaupt nicht nach Schlafen war...
 

„Überraschung!“

Marikus Stimme war gehässig wie immer und voller Hohn, als er einen Arm um den zweiten Körper im Bett schlang und sich von hinten an ihn presste. Doch anstelle eines geschockten Ryous, dessen angsterfüllter Herzschlag Musik in seinen Ohren gewesen wäre, drehte sich ein anderer Haarschopf zu ihm um, mit einem ebenso gemeinen Grinsen im Gesicht.

„Guten Abend auch an dich.“

Der Albino rollte sich zu Mariku herum, die beiden auffälligen weißen Haarsträhnen auf seinem Kopf stachen ihm dabei beinahe in die violetten Augen.

„Schön, dass du ein wenig...Farbe gekriegt hast.“

Mit einem Finger versuchte der böse Geist des Milleniumstabs die schon blau angelaufene Nase seines Gegenübers zu berühren, doch dieser hielt seine Hand fest und inspizierte noch einmal die Bissspuren darauf.

„Ich muss gestehen, deine gute Seite ist gar nicht so unschuldig, wie sie aussieht“, murmelte er und dachte an den Schmerz, der ihn durchzuckt hatte, als Marik ihm eine Kopfnuss verpasst hatte.

„Und ich muss gestehen, dass es irgendwie amüsant war, dich dabei zu beobachten, wie du versucht hast, ihn rumzukriegen...köstlich. Fast hätte ich es dir gegönnt, ihn einmal ordentlich durchzuvögeln.“

Bakura konnte nicht sagen warum, aber irgendwie war die Atmosphäre um sie herum...anders als zuvor. Vielleicht, weil Mariks absolut verrückte Seite Bakura nicht mehr die Angst in den Nacken kriechen ließ. Vielleicht aber auch, weil sie es gemeinsam geschafft hatten, ihren besseren Hälften doch ein paar nette Gemeinheiten zuzufügen. Schließlich war das etwas, das sie beide miteinander verband. Vielleicht aber auch nur, weil sie zu zweit in einem Bett lagen. Und sich ihre Körper sogar berührten.
 

„Chaos und Unglück zu streuen ist etwas so wunderbares...“, Bakura konnte nicht verhindern, dass ein Lächeln sein Gesicht zierte. Oh ja, er fühlte sich gut, trotz seiner schmerzenden Nase und der Tatsache, dass er heute keinen unglaublichen Sex mit Marik bekommen hatte.

„Du hättest wirklich sein Gesicht sehen sollen, als er seine Hand angestarrt hat, als gehöre sie nicht zu ihm.“

„Und du siehst aus, als hätte man dich verprügelt. Irgendwie macht mich das an...“

Mit einem Mal hatte Mariku sich auf ihn gerollt und es sich auf seinen Hüften bequem gemacht, doch anstelle von Panik, wurde Bakuras Grinsen nur immer breiter. Oh ja, sie waren ein gutes Team.

Die Hände des Albinos wanderten an Marikus Oberschenkeln hinauf zu seinen Seiten.

„Wie wäre es...wenn wir sie noch ein wenig mehr in den Wahnsinn treiben?“

Die dunkelvioletten Augen über ihm blitzen vor Erregung, fast wie ein kleines Kind, dem man einen gigantischen Lolly entgegenstrecke.

„Ich dachte da an ein paar Knutschflecken und Kratzspuren, dort wo es jeder ihrer kleinen Freunde hinterher sehen kann...und wie sie sich beide am nächsten Morgen nicht mehr rühren können, da ihre Gliedmaßen viel zu schwach sein werden, nach all der Vögelei...“

Prompt schlangen sich ein paar blasse Arme um ihn und der Geist des Milleniumrings hatte ihn zu sich hinuntergezogen.
 

„Das klingt nach einem Plan...einem sehr bösen Plan. Komm her!“

Blue Eyes will hold a Surprise, oder: Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm - Kiddyshipping

Manchmal fragte Seto sich, wo die letzten 20 Jahre eigentlich abgeblieben waren. Hatte er nicht gerade gestern erst die Firma seines Adoptivvaters übernommen? Neben dem Traualtar gestanden, während sein jüngerer Bruder seine zukünftige Ehefrau mit strahlenden Augen erwartet hatte? Sich geschockt einen Whiskey eingeschenkt, als Mokuba und Rebecca ihm lächelnd ein Ultraschallbild gezeigt hatten und er mit dem Gedanken leben musste, dass der Familienname Kaiba bald in eine neue Generation übergehen würde?!
 

Jedenfalls neigte der Weihnachtsabend sich dem Ende zu und auch wenn Seto nicht besonders viel auf Feiertage oder Familienfestlichkeiten gab, würde er niemals Mokuba abweisen, der sich ein gemeinsames Weihnachtsfest mit Seto, seiner Frau Rebecca Hawkins-Kaiba und den Kindern gewünscht hatte. Also hatte Seto alles in die Wege geleitet, um ein Abendessen in den Räumlichkeiten seiner Firma zu organisieren, auch wenn er es eher begrüßt hätte, wie jedes Jahr Mokubas Kindern ein paar teure Geschenke zukommen zu lassen und Weihnachten einfach allein zu verbringen.

Doch während sie am Tisch saßen und Rebecca angeregt von ihrer neuen Arbeitsstelle erzählte, gestand sich der Präsent der Kaiba Cooperation wirklich innerlich ein, dass Mokuba Recht gehabt hatte. Er hatte die Familie seines Bruders sehr lange nicht gesehen und hatte bereits bei ihrem Eintreffen zweimal hinsehen müssen, um die beiden älteren Jungen noch als jene kleinen, aufgeweckten Zwillinge wiederzuerkennen, die ihm noch in seinem Kopf präsent waren.
 

Die Zwillinge waren mittlerweile 14 Jahre alt und beinahe schon so groß wie Seto und Mokuba selbst. Auch schienen sie Mokuba wie aus dem Gesicht geschnitten zu sein, selbst das schwarze, glänzende Haar hatten sie von ihm geerbt. Nur, dass sie ihres in Kurzhaarschnitten trugen. Einer von ihnen trug eine schwarz umrandete Brille, so wie Rebecca es tat. In ihrer Kindheit war es für Seto oft so gewesen, als hätte er Mobuka in doppelter Ausführung durch die Flure seine Firma herumrennen und stromern gehabt, auch charakterlich glichen sie ihrem Vater sehr – stets aufgeweckt, ein wenig frech, aber im Großen und Ganzen mit einem guten Herzen ausgestattet.

In diesem Moment allerdings wirkten sie eher wie typische Teenager – unter dem Tisch tippten sie gleichgültig auf ihren Mobiltelefonen herum, ab und zu warfen sie ihrer Mutter einen genervten Blick zu, wenn diese sie deswegen tadelte.
 

Setos Blick wanderte zu dem zweiten Zwillingspaar am Tisch. Er hatte bis heute keine Ahnung, wie Mokuba und Rebecca es tatsächlich geschafft hatten, zwei Mal Zwillinge zu bekommen.

Der blonde, 12jährige Junge, der bisher stumm und verschüchtert mit ihnen am Tisch gesessen hatte, kam eindeutig nach seiner Mutter – das helle Haar, die grün-blauen Augen, selbst die Sommersproßen. Nur das er nicht Rebeccas ab und zu ziemlich direkte Art geerbt hatte und eher unauffällig und leise wirkte. Seto versuchte ab und zu, sich mit ihm zu unterhalten und ihn ein wenig aus der Reserve zu locken, doch der Junge errötete sofort, wenn man ihm eine persönliche Frage stellte.

Und dann war da noch...Mokubas einzige Tochter. Ein paar wenige Minuten älter als ihr blonder Zwillingsbruder und ihm so unähnlich wie Tag und Nacht. Seto wusste manchmal nicht, ob er darüber lachen oder entsetzt sein sollte.
 

Das Mädchen hatte kastanienbraunes Haar und eisblaue Augen. Ihre Haare hatte sie zu einem losen Zopf geflochten, der ihr auf ihre rechte Schulter fiel. Seto wusste, dass sie eine 1er-Schülerin war. Das sie nicht viel sprach. Das sie stets beobachtete und analysierte.

Mokuba hatte ihm irgendwann einmal lachend erzählt, dass Rebecca manchmal ein wenig enttäuscht darüber war, dass ihre einzige Tochter so gar nicht nach ihr kam – sondern nach Seto. Und es stimmte. Das Mädchen erinnerte ihn so sehr an sich selbst, dass er sich manchmal fragte, ob das Schicksal ihn damit irgendwie ein wenig ärgern wollte.
 

„Ihr könnt aufstehen.“, wandte Mokuba sich schließlich an seinen Nachwuchs, als sie den Nachtisch beendet hatten und die Teenager zogen sich mit ihren Geschenken in ein Nebenzimmer zurück, das Seto normalerweise für Meetings benutzte. Doch in weiser Voraussicht hatte er die Möbel aus dem Zimmer räumen lassen, denn natürlich hatten seine Neffen und Nichte die neuen Duel Disk-Systeme zu Weihnachten bekommen und würden sie ausprobieren wollen.

„Ich hole uns einen Whiskey.“, wandte Seto sich kurz an Mokuba und seine Frau und stand dann selbst auf, anstatt einem der Bediensteten ein Zeichen zu geben. Mit raschen Schritten begab er sich in eines der angrenzenden Arbeitszimmer, um eine Flasche und 3 Gläser für sie zu holen. Sie würden den Abend noch ein wenig redend ausklingen lassen, ehe auch diese Familienfeier beendet war und alles wieder zur Normalität zurückkehren würde...zumindest glaubte Seto das, als er plötzlich erschrak und eine Gestalt wahrnahm, die still in einer Ecke des Zimmers stand und die Dokumente zu studieren schien, die an den Wänden in Rahmen ausgehängt waren.
 

„Du wirst irgendwann noch jemanden zu Tode erschrecken,“

Kopfschüttelnd betrachtete Seto seine Nichte, die ihn selbst in ihrer aufrechten Art zu Stehen, die Arme vor der Brust verschränkt und die Hüften nach vorne gelehnt, an ein Spiegelbild von sich selbst erinnerte. Er hatte selbst nicht den geringsten Wunsch danach, selbst Vater zu werden oder zu sein, aber verdammt, sie wäre tatsächlich so etwas wie eine Tochter gewesen, die er begrüßt hätte. In deren Kopf er sich hätte einfühlen können.
 

„Fröhliche Weihnachten Onkel Seto, ich hätte da einen Vorschlag für dich.“

Ihr Tonfall war fest und entschlossen und Seto ärgerte es irgendwie ein wenig, dass sie einfach mit ihm sprach, als wäre er....nicht Seto Kaiba. Präsident des größten Spieleunternehmens der Welt. Eine Autoritätsperson.

„Und der da wäre?“, fragte er ein wenig uninteressiert und griff nach einer der Whiskeyflaschen aus der Vitrine, um sie zu öffnen und in drei Gläser zu füllen.

„Du bietest mir einen Job an.“

Seto hob den Kopf und drehte ihn in ihre Richtung, als wäre sie von allen guten Geistern verlassen. Vielleicht hatte er sie ja falsch eingeschätzt. Vielleicht war sie gar nicht so intelligent, vielleicht imitierte sie sein Verhalten ja nur gut genug, um es ihn glauben zu lassen...

„Falls du es vergessen haben solltest, du bist 12 Jahre alt. Ich biete keinen Kindern Jobs in meiner Firma an.“

Eigentlich erwartete er, dass sie nun wie ein typischer pre-pupertärer Teenager reagieren und entweder anfangen würde, wütend mit ihm zu diskutieren – worauf er sich natürlich nicht einlassen würde – oder wie ein verwöhntes Prinzesschen ihren Eltern erzählen würde, dass ihr Onkel gemein zu ihr war und sie nie wieder zu einer Familienfeier mitwollte. Stattdessen bewegte sich lediglich ihr Mundwinkel amüsiert nach oben. Die Härchen auf Setos Unterarmen stellten sich auf.
 

„Wie alt warst du, als dein Adoptivvater dir 10 Millionen gegeben hat und dich vor die schier unmögliche Aufgabe gestellt hat, sie innerhalb eines Jahres zu verzehnfachen? Du warst nicht viel älter als ich.“

Ihre blauen Augen wichen seinem Blick nicht eine Sekunde lang aus und Seto fühlte eine Welle von Kälte, die seinen Nacken empor kroch.

„Das ist etwas völlig anderes. Es gibt Gesetze in diesem Land, selbst wenn ich jemanden beschäftigen wollte, der minderjährig ist, wäre es unmöglich.“

Das ein Seto Kaiba Mittel und Wege – und das nötige Geld, um sich seinen Willen einfach zu erkaufen – besaß, um so etwas trotzdem möglich zu machen, sprach er natürlich nicht laut aus. Doch irgendwie hatte er das Gefühl, sie wusste es sowieso. Sie hatte ihre Hausaufgaben definitiv gemacht. Trotzdem...wieso unterhielt er sich hier überhaupt mit seiner Nichte über ein solches Thema, sie sollte jetzt lieber mit ihren Brüdern durch die Gänge der Kaiba Cooperation schleichen und Duel Monsters spielen...Seto wusste ganz genau, dass Mokubas Nachwuchs jede Gelegenheit ausnutze, sich hier umzusehen, immerhin war es ein exklusiver Einblick hinter die Kulissen, mit dem sie vor ihren Freunden und Klassenkameraden ordentlich prahlen konnten.
 

„Ich wäre die perfekte Dozentin in der Duel Monsters Academy. Ich bin ein Wunderkind, genau wie du es warst Seto. Ich könnte die Spreu vom Weizen trennen und sofort erkennen, wer eine reale Chance hat. Du sagst selbst immer, dass du nicht willst, dass die Duel Monsters Academy schlechte Duellanten hervorbringt.“

Ihre großspurigen Worte ließen ihn vor seinem geistigen Auge sich selbst sehen, wie er trotz seines damaligen Alters einen erwachsenen Mann namens Gozaburo Kaiba dazu überzeugen konnte, ihn und seinen Bruder zu adoptieren. Seine Gene waren definitiv bis in Mokubas Tochter durchgesickert und beinahe war ihm nach einem sarkastischen Lachen zu mute.

„Die Antwort lautet Nein. Und jetzt geh zu deinen Geschwistern.“

Er nahm das kleine Tablett, auf dem er den Whiskey angerichtet hatte in beide Hände und drehte sich von ihr weg, doch mit einem Schritt hatte sie sich einfach wieder in sein Blickfeld geschoben.

„Teste mich, na los...duellieren wir uns, Onkel Seto...“
 

Das Seto nicht das Tablett aus den Händen gefallen wäre, war alles, was noch gefehlt hätte. Seine eigene Nichte forderte ihn zu einem...Duell heraus?! Das war ein schlechter Witz. Das konnte er nicht bringen, selbst wenn es inoffiziell und nicht öffentlich war, er würde damit seine völlige Glaubwürdigkeit ruinieren. Andererseits...früher hatte er virtuelle Kopien von sich selbst erstellt, um gegen sich selbst im Duell anzutreten. Vielleicht war das ja eine Möglichkeit, gegen eine reale Kopie von ihm anzutreten. Eine sehr junge Kopie. Die ihm trotzdem ein würdiger Gegner sein könnte. Ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen.

„Gib mir die Chance, meinen Whiskey zu trinken. Dann sehen wir uns in der Simulationskammer.“
 


 

Es war weit nach Mitternacht, als die Lichter der Simulationskammer wieder aufflackerten und sie wieder in die Realität zurückholte. Mokuba, Rebecca und die drei Jungen hatten hinter sicheren Glasscheiben dem Duell beigewohnt, doch jetzt beeilten sie sich, um schnell zu den beiden Duellanten zu gelangen, die sich noch immer schwer atmend gegenüberstanden. Über 2 Stunden hatte ihr Kampf angedauert. Seto fühlte sich so voller Adrenalin, wie schon lange nicht mehr. Es war, als wäre er um endliche Jahre zurückgeworfen worden und er war wieder der junge Präsident der Kaiba Cooperation, der sich gegen seinen ewigen Erzrivalen duellierte...er hatte dieses Gefühl vermisst. Mit tiefen Atemzügen sah er dabei zu, wie Rebecca ihre Tochter in die Arme schloss und das Mädchen ein Lächeln im Gesicht trug – obwohl sie nicht gewonnen hatte. Ihre Strategie war hervorragend gewesen. Sie hatte Seto mehrere Male an den Rand seiner Lebenspunkte gedrängt und das Blatt mehr als ein dutzend Male zu ihren Gunsten gewendet. Es waren seine Strategien gewesen, die sie gegen ihn eingesetzt hatte. Ihre blitzenden Augen, ja selbst ihr hämisches Lachen, wenn sie ihn mehrere Male genau dort gehabt hatte, wo sie ihn haben wollte – alles an ihr hatte ihn an sich selbst erinnert, wie er damals seinen Gegnern gegenübergestanden hatte. Es war knapp gewesen, doch er hatte es geschafft, sie zu besiegen.
 

„Du hast gut gekämpft, mein Schatz.“

Mokuba gab ihr einen Kuss auf den braunen Haarschopf und warf seinen ältesten Söhnen einen strengen Blick zu, die bereits schelmisch grinsten und ihrer Schwester sehr wahrscheinlich gerne einen fiesen Kommentar hinsichtlich ihrer Niederlage an den Kopf geworfen hätten – bevor er seinen Blick auf seinen Bruder richtete.

„Ich habe mich ein wenig in die Zeit zurückversetzt gefühlt, als ich dich damals angefeuert habe, Bruderherz.“, er lächelte Seto zu und sein Bruder erwiderte dieses Lächeln tatsächlich, bevor er über das Feld zu Mokuba und seiner Familie schritt und seiner Nichte eine Hand auf die Schulter legte.
 

„Du hast dich geschlagen, wie ein Kaiba. Und du hast in einem Punkt tatsächlich recht behalten.“

Mit einem leichten Gefühl des Triumphs sah er ihre blauen Augen, aus denen mit einem Mal die Kälte zu weichen schien. Plötzlich sah sie tatsächlich wie ein 12jähriges Mädchen aus, ein 12jähriges Mädchen, das seine ersten Schritte auf dem Weg ins Erwachsenenleben gegangen war.

„Du wärst die perfekte Dozentin in meiner Akademie.“, ihr Gesicht hellte sich plötzlich so sehr auf, dass Seto beinahe glaubte, Tränen in ihren Augenwinkeln zu sehen. Er hob seinen Zeigefinger.

„In ein paar Jahren. Sobald du volljährig bist.“

Und plötzlich setzte jene Reaktion ein, die er schon viel früher von ihr erwartet hatte.

„In ein paar Jahren?! So lange kann ich nicht warten! Alles in mir will nichts anderes, außer Duel Monsters spielen! Onkel Seto, bitte!“

Ihre Stimme war laut und hörte sich tatsächlich wie ein nörgelndes, vorpupertierendes Etwas an. Oh ja, sie musste definitiv noch ein paar Jahre hinter sich bringen. Ein paar mehr Duelle bestreiten. Erfahrungen sammeln. Ein paar Gegner erniedrigen. Seto lachte beinahe amüsiert über seinen eigenen Gedankengang. Er drehte sich um und hob die Hand, um Mokuba und seiner Familie zum Abschied zu winken.
 

„Mein Chauffeur wartet schon unten auf euch, es ist spät. Bis zur nächsten...Familienfeier.“
 

Aus den Augenwinkeln sah er noch, wie einer der Bediensteten sie in Richtung des Ausgangs begleitete, während er selbst die Simulationskammer durch eine andere Tür verließ.

In seinem persönlichen Schlafzimmer angekommen, in dem er sofort seine Schuhe von den Füßen zog und die Krawatte um seinen Hals lockerte, rief er nach seinem Computer, der ihm auch sofort in einer angenehmen Frauenstimme antwortete.
 

„Guten Morgen, Master Kaiba, es ist 1:43. Womit kann ich Ihnen helfen?“

„Setz einen Vertrag auf, über ein unbefristetes Arbeitsverhältnis in der Kaiba Cooperation. Datiere ihn auf Weihnachten in 6 Jahren.“

„Wird erledigt, Sir. Welchen Namen sollen wir in den Briefkopf setzen?“

Seto Kaiba hielt für einen kurzen Moment inne, ehe er antwortete.

„Den Namen meiner Nichte.“

Hunger Games - Sideshipping

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Teamwork - Flareshipping

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Venom - Part 1 - Bronzeshipping

„Tür schließt.“

Eine mechanische, klare Frauenstimme erfüllte die gläserne Kammer und ließ das Schloss, welches die Tür versiegelte einrasten und somit jegliche Fluchtmöglichkeiten aus dem gläsernen Gefängnis verschwinden.
 

Lavendelfarbene Augen wanderten zu den Personen, die er durch die Glasscheibe auf der anderen Seite sehen konnte. Einer von ihnen war ein großer, schlanker Mann mit kastanienbraunem Haar.

„Sie brauchen nicht nervös zu sein. Wir werden Ihnen nun einige Fragen stellen, die zur Routine gehören, machen Sie sich also keine Sorgen.“

Leichter gesagt, als getan. Er ließ seinen Blick noch einmal durch den Raum wandern. Außer ihm – dem sogenannten „Versuchsteilnehmer“ - war der gläserne Raum beinahe leer. Das einzige, was sich noch mit ihm darin befand, war ein gläsernes Gefäß, in dem eine schwarze Flüssigkeit waberte, von der er nicht wirklich sagen konnte, was genau sie war.
 

„Wie ist Ihr Name?“

„Marik Ishtar.“

„Wie alt sind Sie?“

„23.“

„Was ist Ihre Nationalität?“

„Ägyptisch.“

„Leiden Sie unter irgendwelchen chronischen Krankheiten?“

„Nein.“
 

Das einzige, was bei ihm chronisch war, war sein Geldmangel, schoss es ihm sarkastisch durch den Kopf. Es war der einzige Grund gewesen, warum er sich überhaupt auf diese Anzeige gemeldet hatte. Eine Anzeige, die Testpersonen zum Aufstellen irgendeiner Studie suchten. Nach unzähligen Nebenjobs in allen möglichen Branchen, von dem ihm keiner so wirklich gelegen hatte, war er zu dem Schluss gekommen, dass sich schnelles, gutes Geld verdienen ließ, sich als Versuchskaninchen für irgendeine Studie der Kaiba Corporation zu melden. Schließlich war der Konzern weltbekannt, sehr reich und zahlte nicht schlecht.

Sogar Seto Kaiba persönlich stand jetzt auf der anderen Seite seines gläsernen Gefängnisses und stellte ihm irgendwelche banale Fragen, die sicherlich irgendeinen Zweck hatten.
 

„Männlich, 23, gesund. Sehr gut. Fangen wir mit dem Verbindungsprozess an.“

Kaiba nickte zu einer Frau, die neben ihm stand und kurze braune Haare und blaue Augen hatte, sowie eine schwarze Hornbrille trug.
 

Und dann ging alles ganz schnell. Marik konnte die Sequenz noch immer vor seinem geistigen Auge abrufen, wie in einem Traum, den man irgendwo in seinem Kopf abgespeichert hatte.

Mit einem zischenden Geräusch öffnete sich der Behälter inmitten des Glasraumes. Die schwarze, zähflüssige Masse quoll augenblicklich daraus hervor, als hätte sie ein Eigenleben und nur darauf gepocht, endlich aus ihrem Gefängnis befreit zu werden. Marik wusste nicht warum, aber sein innerer Instinkt befahl ihm augenblicklich zu fliehen, denn so wie das schleimige Etwas sich über den Boden und auf ihn zu bewegte, konnte das nicht mit rechten Dingen zugehen. Doch er kam nicht weit.

Noch ehe er reagieren oder auch nur schreien konnte, berührte die schwarze Flüssigkeit seine nackten Zehen. Noch ehe er sich wehren oder eingreifen konnte, bedeckte das eigenartige Etwas seinen Körper und fühlte sich kalt und fremd an. Wie ein Schwall eiskaltes Wasser, dass unvorbereitet über jemanden gegossen wurde.

Und im nächsten Augenblick wurde alles schwarz.
 

„Lauf!“

Das nächste, was Marik wieder in seinem Bewusstsein erfasste, war eine schnarrende Stimme, das Geräusch von zerberstendem Glas und schreienden Menschen, ehe seine Füße sich in Bewegung setzten und er über einen von Kaibas Mitarbeitern sprang, der reglos am Boden lag. Ohne Kopf. In einer riesigen Blutlache.

Alles schien mit einem Mal auf ihn einzuprasseln und alles schien gleichzeitig zu passieren.

Er spürte, wie er durch die Flure des Laborflügels rannte, schneller als er jemals in seinem Leben gerannt war. Er hörte Kaibas wildgewordene Schreie und mehrere Alarmsirenen aufheulen. Mehrere schwere Türen schlossen sich automatisch vor ihm, um seine Flucht zu verhindern, doch er öffnete sie mit bloßen Händen, als wäre es nichts. Und als wäre das noch nicht genug, kommentierte dabei auch noch eine körperlose Stimme alles, was er tat mit einem hämischen, amüsierten Unterton.

„Zur Seite! Nein, die andere Seite!“ - „Du merkst schon, dass sie gerade auf dich schießen? Deine Wade wurde gerade getroffen.“ - „Beiss diesem Wicht den Kopf ab, ich wette, er schmeckt herrlich!“
 

Der junge Ägypter hatte keine Ahnung, ob sein Kopf irgendwie bei dem Versuch beschädigt worden war oder ob tatsächlich jemand mit ihm sprach, doch ihm blieb keine Zeit, darüber nachzudenken. Er musste hier raus. Sie hatten nie die Absicht gehabt, ihn sicher und wohlbehalten aus dem Versuch zu entlassen, sonst würden sie gerade nicht wie wild geworden versuchen, ihn zu töten.
 

Mit rasendem Herzen hatte er es in das Treppenhaus geschafft – und stellte fest, dass er sich im obersten Stockwerk des Kaibatowers befinden musste, unter ihm mindestens 400 Meter bis zum Erdgeschoss. Als er hier her gekommen war, hatte man ihn durch so viele Treppen und Aufzüge geführt, dass er längst den Überblick verloren hatte und keine Ahnung hatte, wo genau er sich innerhalb des gigantischen Gebäudes befinden musste. Doch nun blickte er einem schier unmöglichen Szenario entgegen.

Einhundert Stockwerke abwärts zu fliehen, bevor seine Verfolger es schaffen würden, ihn einzuholen – oder ihn mit einem gezielten Schuss zu töten. Er war geliefert. Er saß in der Falle.
 

„Spring!“

Die fremde, tiefe Stimme sprach schon wieder zu ihm und Marik, dessen Atem noch immer schwer und stoßweise ging, schaffte es zum ersten Mal wieder, sich bewusst und suchend umzublicken, anstelle von blindem, kopflosen Rennen durch abgedunkelte Gänge.

„W-Was...?“

„Spring. Dir wird nichts geschehen. Vertrau mir.“

„Wer spricht da?“
 

Ein knallender Schuss durchzog die Luft nur knapp an Mariks linkem Ohr und erschrocken und verängstigt presste der Ägypter sich seine Handflächen an die Seiten seines Kopfes.

„Spring! Spring verdammt nochmal!“

„Sie werden mich töten!“

„Nicht wenn du springst!“

In diesem Augenblick vernahm Marik eine bekannte Stimme hinter sich, von der er wusste, dass sie nichts gutes verhieß.

„Gib mir zurück, was mir gehört! Und wir lassen dich vielleicht am Leben!“

Seto Kaiba war kein ehrlicher Mann. Die Erkenntnis, dass sie ihn so oder so umbringen würden traf Marik wie ein Blitzschlag.
 

Er schloss die Augen. Ohne einen weiteren Blick über seine Schulter zu werfen schwang er sich über das Treppengeländer. Kaibas wütender Aufschrei vermischte sich mit dem Knallen weiterer Schüsse und dem heulen einer ohrenbetäubenden Sirene, während er in die Tiefe stürzte, die Stockwerke, Treppen, grelle Leuchtfarben und hier und da sogar Menschen vermischten sich in seinem Sichtfeld zu einem immer unübersichtlicheren Strudel.
 

Und dann wieder diese Schwärze. Und wieder ein plötzliches Zurückwerfen ins Hier und Jetzt. Mit zitternden Händen fand Marik sich in einer schwach beleuchteten Seitenstraße wieder, die sich in unmittelbarer Nähe der Kaiba Corporation befand.

„Na los! Wir müssen weg hier!“

Die Stimme in seinem Kopf war immer noch vorhanden und obwohl Marik wusste, dass es eigentlich angebracht war, ihr Fragen zu stellen – zum Beispiel wie zur Hölle er einen Sprung aus dem einhundertsten Stockwerk ohne einen einzigen Kratzer überleben konnte – stimmte er ihr in dieser Aussage ausnahmslos zu.

Immer noch etwas wackelig auf den Beinen rannte er los, ehe er ihm ein paar der Gebäude um ihn herum mit einem Mal bekannter vorkamen und er wusste, dass er zuvor sein Motorrad hier irgendwo geparkt haben musste.

Verfolgten Kaibas Männer ihn?! Hatte er jemanden getötet, als er bewusstlos war?! Zu viele Gedanken kreisten in seinem Kopf, doch er konnte und wollte sie nicht zu Ende denken. Und irgendwie...war da noch etwas anderes. Als würde irgendetwas – oder irgendjemand – seine Gedanken in seinem Kopf ruhig stellen. Wie das Gefühl, wenn jemand verspricht, das alles gut werden wird und man sich keine Sorgen machen muss.

Es musste das Adrenalin sein. Das Adrenalin gepaart mit dem Instinkt zu überleben, redete sich der junge Ägypter ein, als er es endlich schaffte, sein Motorrad in Gang zu setzen und diesen furchtbaren Ort zu verlassen.
 

Es war nicht klug, zu seinem winzigen Apartment zu fahren und sich dort zu verschanzen, das wusste Marik sehr genau. Die Kaiba Corporation hatte seine persönlichen Daten, seine Adresse, selbst den Namen der Universität auf der er eingeschrieben war. Doch er wusste beim besten Willen nicht, wohin er sonst sollte. Für ein Hotelzimmer hatte er kein Geld, sonderlich gute Freunde besaß er hier auch nicht...er würde also einfach nachhause gehen und seine Gedanken sortieren. Irgendetwas würde ihm schon einfallen, immerhin war er am Leben und das konnte nicht aus einem bestimmten Grund so sein.
 

Erschöpft und müde schloss er die Tür hinter sich und ließ sich auf einen der Stühle fallen, die in der improvisierten Essecke standen. Beinahe im gleichen Moment sprang er wieder auf seine Füße, als hätte man ihn wie eine Marionette an Schnüren nach oben gezogen und riss seinen Kühlschrank auf, um wahllos Lebensmittel daraus herauszuziehen, als ginge es um Leben und Tod. Der plötzliche Appetit in ihm war so groß, als hätte er seit Tagen nichts mehr gegessen und während er mit bloßen Händen in die Reste seiner letzten Mahlzeit griff und dabei das klinisch weiße Oberteil bekleckerte, dass man ihm in der Kaiba Corporation gegeben hatte, fiel ihm noch einmal mehr als bewusst auf, dass er nicht eine einzige Schramme am Körper hatte. Er war sogar immer noch barfuß – und konnte sich nicht entsinnen, dass ihm das Laufen ohne Schuhe und selbst das Motorradfahren an irgendeinem Punkt unangenehm gewesen war! Was war hier bloß los...
 

„Was ist das?! Wo ist das Fleisch!?“

Schockiert und ängstlich ließ Marik den Teller fallen, von dem er sich mit bloßen Händen Reis und Bohnen in den Mund geschoben hatte und er stolperte ein paar Schritte rückwärts, bevor er es zum ersten Mal wagte, zu sprechen.
 

„Wer...wer bist du?“

Stille. Das einzige, was Marik hörte, war das Blut, das in seinen Ohren rauschte.

Dann ein leises Lachen. Ein Lachen, das so laut und klar wurde, dass Marik sich sicher war, es sich nicht einzubilden.

„Schau doch mal in den Spiegel!“

Das Chaos, das er verursacht hatte war völlig nebensächlich, als er mit einem Satz durch die Badezimmertür stürzte und sein Gesicht in dem kleinen Spiegelschrank erblickte – und fühlte, wie seine Beine unter ihm nachgaben.
 

„Hallo Marik!“, sprach der zweite Kopf, der ihm aus der Schulter wuchs und dessen blondes Haar in alle Richtungen abstand, während sein unglaublich breiter Mund sich zu einem noch breiteren Grinsen verzog und Marik rückwärts in seinen Duschvorhang kippte und das Bewusstsein verlor.
 

Gleißender Sonnenschein war es, der ihn wieder zu sich kommen und sich umständlich aus dem Duschvorhang befreien ließ, den er in seinem Sturz mit sich gerissen hatte. Und obwohl er sich sicher war, mit dem Kopf auf die nackten Fließen der Badezimmerwand geknallt zu sein, spürte er weder eine Platzwunde, noch irgendeine Form von Kopfschmerzen.
 

„Hallo Marik. Jetzt machen wir das ganze noch einmal, ohne das du dir gleich vor Angst ins Hemd machst.“
 

Sein Mund klappte starr vor Schreck auf, als sein Blick wieder in den Badezimmerspiegel fiel – und ihm der zweite Kopf, der aus seinem Körper zu wachsen schien, wieder entgegen grinste. Breit und schamlos, als wäre er besonders stolz auf das, was er geleistet hatte.
 

„Ich bin ein Symbiont. Das bedeutet, ich kann nur mit Hilfe eines weiteren Organismus in dieser Welt existieren und tadaah...mein neuer Wirt bist du, Marik Ishtar. Und jetzt“, hilflos musste es sich der Ägypter gefallen lassen, dass sein Körper sich gegen seinen Willen umdrehte und wie mechanisch zurück in die Küche ging.

„Jetzt essen wir erstmal etwas. Und dabei unterhalten wir uns.“
 

Das ganze Szenario war so absurd, dass Marik es einfach zuließ und mit unsicheren Bewegungen begann, sich einen Frühstückstoast zu schmieren. Obwohl es mit Sicherheit längst Mittag sein musste. Sobald er die beiden Toastscheiben aufeinander presste, fuhr plötzlich ein gebräunter Arm aus seiner linken Schulter heraus und schnappte sich das fertige Sandwich, bevor die fremde Kreatur, die immer noch halb aus ihm herausragte, es sich im ganzen in den Mund schob.
 

„Da ist ja immer noch kein Fleisch drauf!“

„Ich bin Vegetarier!“

Obwohl Marik sich leicht dämlich und völlig verrückt dabei fühlte, mit einem Wesen zu sprechen, das sich wohl oder übel in ihm eingenistet hatte, war seine Stimme laut und deutlich.

Ein missmutiger Laut war zu hören, danach nur noch Kaugeräusche.
 

„Wir werden definitiv ein wenig Fleisch besorgen.“

„Wir?!“

„Ganz recht. Wir.“
 

Panik befiel den jungen Mann. Wer oder was war diese...Kreatur?!“
 

„Was glaubst du, wie viele Versuchskaninchen mir dieser Bengel von Seto Kaiba vorgesetzt hat und wie viele ich von ihnen gefressen habe, bis ich dich gefunden habe?“

Mariks Kinnlade klappte leicht nach unten, während der auf seltsame Art und Weise agile Arm schamlos die komplette Toastbrotpackung griff und sich einen nach dem anderen von ihnen in den Mund schob. Marik war also nicht der erste, der...?
 

„Ganz recht. Ich musste sie alle töten und fressen, um wieder zu Kräften zu kommen...und dann kamst du und ich weiß nicht so recht, aber irgendwie mochte ich dich auf Anhieb, Marik Ishtar.“
 

„U-und was...was soll das Ganze hier? Wieso bleibst du in meinem Körper?“
 

„Ich musste raus aus diesem Gefängnis. Zum Dank habe ich dich nicht sterben lassen.“
 

Es klang zwar sinnig, aber irgendwie nicht wirklich...moralisch richtig. Doch Marik blieb keine Zeit darüber nachzudenken, da sich die fremde Kreatur mit einem Mal wieder vollständig in seinen Körper zurückzog und nur noch als unsichtbare Stimme in seinem Kopf ihm zu schnaubte.
 

„Nicht die Tür öffnen!“
 

Kaum ausgesprochen schallte das Geräusch der Klingel durch Mariks Apartment. Dem Ägypter gefror das Blut in den Adern.
 

„Aufmachen! Wir werden Ihnen nichts antun, wenn Sie die Tür sofort öffnen!“
 

Irritiert und mit rasendem Herzen wandte Marik den Blick zu seiner linken Seite um, bevor ihm wieder bewusst wurde, dass sein nagelneuer Mitbewohner sich ja wieder in ihn hinein verzogen hatte. Moment, interagierte er jetzt schon ernsthaft mit diesem...Ding?! Als wäre es eine Person?!
 

Ihm war bewusst, dass es eine Falle sein könnte, als er rasch zur Tür schlich und durch den Türspion spähte. Jetzt zu fliehen war sowieso keine Option, Kaibas Männer würden es auf der Stelle bemerken und weiter nach ihm suchen. Außerdem waren sie bewaffnet, wohingegen er völlig schutzlos war!
 

„Ich möchte zuerst wissen, was Sie wollen!“, er versuchte, seine Stimme selbstbewusst und fordernd klingen zu lassen, wurde jedoch von einer weiteren unterbrochen, die empört in seinem Kopf herumkreischte.
 

„Ich hab doch gesagt, bleib von der Tür weg! Hör sofort auf mit denen zu verhandeln!“
 

„Wir wollen nur das zurück, das Mister Kaiba gehört. Und jetzt öffnen Sie sofort die Tür.“
 

Mit klopfendem Herzen trat der Ägypter einen Schritt zurück. Die Möglichkeiten für den Ausgang dieses Szenarios schienen sich endlos in seinem Kopf zu eröffnen. Sie könnten irgendeine Möglichkeit besitzen, diesen Fremdkörper aus ihm herauszuholen und ihn selbst einfach hier zurücklassen. Sie könnten ihn mitnehmen und Kaiba selbst würde sich um das Problem kümmern. Sie könnten ihn hier und auf der Stelle töten und den Symbionten beschlagnahmen. Und ihn womöglich zu einem späteren Zeitpunkt auch vernichten.

Die Stimme in seinem Kopf war bemerkenswert ruhig. Ob er seine Gedanken las?

Dieses seltsame Ding mit der Löwenmähne hatte von Gefangenschaft und Versuchen gesprochen. War eine solche Behandlung nicht irgendwie...unmenschlich? Konnte man bei einem solchen Wesen überhaupt das Wort „menschlich“ benutzen?
 

„Nein. Gehen Sie, oder ich werde die Polizei verständigen!“

Entschlossen ballte der Ägypter die Hände zu Fäusten und fixierte mit starrem Blick die Tür, während eine gackernde Stimme in seinem Kopf sich höchst stolz zu Wort meldete.
 

„Ausgezeichnet! Das ist mein Junge!“
 

„Öffnen Sie auf der Stelle diese Tür!“

„Nein! Hauen Sie ab!“
 

Und kaum hatte Marik seine Drohung ausgesprochen, zersplitterte auch schon das Schloss und die Tür seines Apartments flog mit einem ohrenbetäubenden Knall auf. Vier bewaffnete Männer in Schutzkleidung, auf denen das Logo der Kaiba Corporation prangte, drangen in die Wohnung ein und richteten den Lauf ihrer Waffen auf ihn.

Aus, vorbei. Er war geliefert. Hoffentlich würden sie es wenigstens schnell und schmerzlos machen!

Kapitulierend erhob Marik die Hände und ließ Kaibas Handlager tatsächlich innehalten – doch jemand anderem in ihm drin schien das gar nicht zu passen.
 

„Nimm sofort die Hände runter! Du lässt uns dämlich aussehen!“

„N-nein, das ist notwendig...sie werden uns sonst...“
 

Marik spürte, wie sich die Männer, die ihn umzingelt hatten, irritierte Blicke zuwarfen. Wahrscheinlich glaubten sie, er wäre vollkommen übergeschnappt, vor ihren Augen auch noch ein Selbstgespräch zu führen.
 

„Nimm die Hände runter!“

„Aber sie werden schießen!“

Ein entnervter Laut war alles, was darauf noch als Antwort erfolgte. Dann plötzlich spürte Marik, wie etwas aus ihm herauszuwachsen schien und sich über ihn legte, wie eine zweite Haut, die ihn sich stärker, machtvoller und kräftiger fühlen ließ.
 

„Ich übernehme das!“
 

Als Marik wieder bei Bewusstsein war, fand er sich mitten auf dem Holzboden seiner Wohnung wieder – und direkt in seinem Blickfeld ein toter Körper, dessen abgetrennter Kopf auch nur wenige Zentimeter von ihm entfernt lag. Marik spürte, wie ihm speiübel wurde.
 

„Was zur Hölle hast du gemacht?!“

„Ich habe uns vor dem sicheren Tod gerettet, Marik. Und jetzt fressen wir sie, einen nach dem anderen.“

„Du bist ja nicht mehr ganz dicht!“
 

Wie von Geisterhand wurde er auf seine Füße gezogen und ein Kopf wuchs aus seinem Brustkorb heraus, dem ein halber Oberkörper folgte, so dass sie sich auf Augenhöhe ansehen konnten. Zwei Hände wurden an seine Wangen gelegt – die sich erstaunlicherweise sehr warm anfühlten. Fast wie warmes, angenehmes Wasser, welches sein Gesicht berührte.
 

„Genau deswegen habe ich dich ausgewählt, Marik Ishtar. Hitzköpfig und nicht auf den Mund gefallen, wenn es darauf ankommt!“

Eine sehr lange, bewegliche Zunge kam aus dem leicht geöffneten Mund hervor und leckte Mariks Nasenbein, was den Ägypter starr vor Schreck werden ließ.
 

„Keine Sorge, ich helfe dir dabei, den Rest zu entsorgen. Aber ich bin mir sicher, wir zwei werden noch viel, viel Spaß miteinander haben....!“

Venom - Part 2 - Bronzeshipping

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Deflower - Sinshipping

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Perfect Strangers - Wishshipping

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Role Play - Thiefshipping

Die Dämmerung war für ihn schon immer eine besondere Zeit des Tages gewesen. Schon immer fühlte er sich erst, wenn die Hitze des Tages endlich der angenehmen Kühle des Abends wich, ganz wie er selbst. Erst, wenn die Schatten länger wurden und er eins mit ihnen werden konnte, fühlte er sich richtig als das, was er wirklich war: ein Dieb. Jemand, der eindeutige Grenzen überschritt und sich etwas nahm, das ihm eigentlich verwehrt war. Nicht nur, weil es ihm Gewinn einbrachte, nein. Es war das Gefühl der Überlegenheit und der Macht, das ihn so sehr reizte. Seine Hände an etwas zu legen, das ihm nicht gehörte und es sich einfach zu nehmen. Die Kontrolle darüber zu haben. Es zu seinem Besitz zu machen.
 

Doch irgendwie war es etwas anderes, auf den Treppenstufen eines Apartmentkomplexes darauf zu warten, dass die Dunkelheit endlich hereinbrach, als wenn man in der lauen Nacht der ägyptischen Wüste darauf wartete, im sicheren Schatten der Nacht endlich eine alte Grabstätte zu plündern. Mit leicht angenervtem Blick warf er nun schon zum gefühlten unendlichsten Mal einen Blick auf sein Mobiltelefon in der Hand – als das kleine elektronische Gerät prompt anfing zu vibrieren und das Photo eines allzu bekannten Gesichtes auf dem Display erschien. Die Augen verrollend nahm er den Anruf entgegen.
 

„Bakura! Wo bleibst du denn?“
 

Die Stimme seines Freundes ertönte so laut aus dem Hörer, dass Bakura ihn sogar noch durch die geschlossene Tür ihres gemeinsamen Apartments hören konnte. Typisch Marik.
 

„Es ist noch nicht wirklich dunkel. Wir hatten gesagt, wir warten bis es dunkel wird, damit es so authentisch wie möglich ist.“

„Mein Arsch tut mir aber langsam vom Warten weh!“
 

Der ehemalige Grabräuber nahm einen tiefen, betont langsamen Atemzug. Mariks Arsch sollte seiner Meinung nach auch gefälligst weh tun. Für sein ständiges Genörgel hatte er das mehr als verdient.

„Gut. Warte noch 5 Minuten und dann bin ich bei dir.“

„5 Minuten?! So lange kann ich nicht mehr warten!“

„Maaarik!“

„Ja ja, ist schon gut...5 Minuten!“
 

Und damit beendete der Ägypter ihr Gespräch, so dass Bakura stumm die Uhr auf seinem Mobiltelefonbildschirm anstarrte. Wieso hatte er nur bloß zu so einem Quatsch zugestimmt...doch dann fiel ihm wieder das begeisterte Gesicht seines Freundes ein, als er ihm das improvisierte Outfit vorführt hatte, dass er sich extra für diese Gelegenheit zusammengebastelt hatte. Es bestand aus einem weißen Laken, das Marik sich wie eine Art Kilt um die Hüften drapiert hatte und das so viel von seinen gebräunten Oberschenkeln preisgab, dass Bakura sich ernsthaft gefragt hatte, warum so ein albernes Rollenspiel denn noch nötig war, wenn er Marik dieses...Ding doch auch einfach nur herunterzuziehen brauchte. Doch nein, das wäre „langweilig“ und „nicht authentisch genug“.

Und als er dann auch noch die grinsende Frage gestellt hatte, ob Mariks gesamte Familie so verrucht angezogenen in den Tiefen eines unterirdischen Grabes herumgelaufen wäre, hatte er sich seine Chance auf Sex an diesem Abend sowieso verspielt und sich stattdessen mit einem empörten Marik herumschlagen müssen.

Es gab also durchaus einen berechtigten Grund, wieso er zugestimmt hatte...zumindest sagte er sich das in Gedanken selbst.
 

Der Blick auf die Uhr verriet ihm, dass die 5 Minuten verstrichen waren und er erhob sich von den Treppenstufen, auf denen er gewartet hatte, bevor er sich zurück zur Apartmenttür begab und diese betont langsam grade soweit öffnete, dass er sich durch den entstandenen Spalt schieben konnte. Still und leise zu sein fiel ihm niemals schwer...ein böses Lächeln schlich sich auf seine Lippen, denn er fühlte sich mit einem Schlag in seinem Element.

Wie ein Geist schlich er über ihren kleinen Flur, bis er an der Tür angelangt war, die ins Wohnzimmer führte. Mit ein paar geschickten Handgriffen schaffte er es, sie so zu öffnen, dass nicht einmal ein leises Quietschen die Stille durchbrach – und war für einen Moment mehr als nur irritiert.
 

Ihr Wohnzimmer sah in keinster Weise mehr so aus, wie Bakura es kannte und am liebsten hätte er sich eine Hand an die Stirn geschlagen. Marik hatte wohl ernsthaft versucht, eine „realistische“ Atmosphäre zu erschaffen, denn die Vorhänge waren zugezogen, der Ventilator in der Ecke lief auf höchster Stufe und blies fast schon eiskalte Luft durch das Zimmer, ihre wenigen Möbel waren alle zur Seite geschoben, so dass nur noch ihr Esstisch in der Mitte des Raumes stand...und Bakura darauf eine liegende Gestalt erkannte. Marik. Natürlich.
 

Mit einem weiteren tiefen Atemzug hatte er sich schon dem Tisch in der Mitte des Raumes genähert, bevor er realisierte, dass er eigentlich überhaupt keine Ahnung hatte, wie er dieses...Spiel eigentlich einleiten sollte. Da ihm partout nichts einfallen wollte, blieb er für einen Moment stehen und betrachtete seinen Freund, der sich auf dem Tisch in eine bequeme Schlafposition gelegt hatte. Seine Augen waren geschlossen und seine blonden Haare fielen ihm ins Gesicht. Bakura hatte ihn schon oft beim Schlafen beobachtet und jedes Mal konnte er nicht leugnen, dass Marik wirklich hübsch war. Sogar jetzt, wenn er nur mit einem Tuch um seine Hüften auf ihrem Esstisch lag und diese ganze Rollenspielgeschichte eigentlich so albern war, dass er sich innerlich schwor, nie wieder einer von Mariks Schnapsideen zuzustimmen...
 

„Ähm...hey!“

Seine Stimme klang leider weniger überzeugend, als er es gerne gewollt hätte und er platzierte eine Hand auf Mariks Schulter.

„Ich bin hier um...dieses...“, mit leicht peinlich berührtem Blick nahm er noch einmal ihr Wohnzimmer in Augenschein und bemerkte, dass trotz der eiskalten Luft, die der Ventilator erzeugte, ihm irgendwie heiß war, „...dieses...Grab auszurauben.“

Mit klopfendem Herzen erwartete er eine Reaktion. Doch diese blieb aus. Verwirrt beugte er sich ein Stück zu dem blonden Haarschopf herunter und rüttelte sanft an der entblößten Schulter.

„...Marik?“

Ein lauter, nasaler Schrei hallte durch die komplette Wohnung und Bakura sprang in einem solchen Satz zurück, dass er beinahe nach hinten gekippt wäre, während der Blonde sich mit einem Ruck aufgerichtet hatte, drohend den Milleniumsstab in seiner rechten Hand haltend. Bakura hatte nicht bemerkt, dass Marik ihn unter sich versteckt haben musste.
 

„Wer sind Sie und was wollen Sie hier?!“, donnerte die erste Frage und Bakura klappte ein wenig der Mund auf. Hatte Marik ihm überhaupt zugehört...?
 

„Marik, das habe ich gerade eben schon gesagt!“

Eine blonde Augenbraue zuckte verdächtig auf dem noch immer böse dreinschauenden Gesicht und der Albino rechnete bereits mit dem schlimmsten.
 

„Bakura! Du musst in deiner Rolle bleiben! Meine Güte, jetzt müssen wir ganz von vorne anfangen!“
 

Von vorne anfangen?! Bloß nicht! Sie würden diesen dämlichen Quatsch jetzt zu Ende bringen, denn langsam wurde auch er ungeduldig...
 

„Es hat aber überhaupt keinen Sinn ergeben, was du gesagt...ach, vergiss es.“, er räusperte sich hörbar, während Marik ihn immer noch skeptisch und mit erhobenem Milleniumsstab beobachtete.

„Ich bin ein Grabräuber und bin hier um dieses Grab zu plündern.“

Es klang nicht ansatzweise ernst gemeint oder überzeugend, doch Bakura kümmerte diese Tatsache gerade herzlich wenig. Hauptsache Marik würde jetzt nicht anfangen herumzumeckern, denn noch einen Tag ohne Sex wollte er wirklich nicht auskommen...
 

„Das kann ich nicht zulassen! Ich, Marik Ishtar der Grabwächter, werde Sie aufhalten!“

Der Blonde war von der Tischplatte heruntergesprungen und hielt den Milleniumsstab ausgestreckt wie ein Zepter vor sich hin. Würde sein fast nackter Körper Bakuras Blut nicht fast schon zum Kochen bringen, hätte der ehemalige Grabräuber sehr wahrscheinlich lachen müssen. Und wieder einmal wurde ihm bewusst, dass er keine Ahnung hatte, was er sagen sollte. Also hob er nur seufzend die Hände, ganz so als würde er sich ergeben, während seine Augenbrauen zeitgleich unter seinen weißen Pony wanderten.
 

„Dann...habe ich wohl keine Chance.“

„BAKURA!“
 

Schon wieder fuhr sein Freund ihn so tadelnd an, dass es ihm fast Kopfschmerzen bereitete. Doch dieses Mal konnte er sich nicht beherrschen und einfach klein beigeben.
 

„Was ist jetzt schon wieder falsch?!“

„Wieso hebst du die Hände?! Ist das hier“, demonstrativ schob er dem Weißhaarigen den goldenen Stab beinahe ins Gesicht, so dass der ehemalige Grabräuber fast schon angeekelt einen Schritt zurück machte, „etwa eine Milleniumspistole?! Nein! Hebt man die Hände nur dann, wenn man mit Schusswaffen bedroht wird? Ja!“

„Es ist eine allgemeine Geste, Marik.“

„Es passt aber nicht!“

„Verdammt nochmal!“

Langsam aber sicher hatte Bakura die Schnauze gestrichen voll von diesem völlig hirnverbrannten Quatsch. Und während er fühlte, dass auf seiner Stirn sich eine pochende Ader ausbreitete, er die Zähne aufeinander biss und die Hände zu Fäusten ballte, da er sich innerlich dafür bereit machte, Marik nun aber so richtig anzublaffen und die Meinung zu geigen...begann dieser plötzlich zu strahlen und Bakura so verzückt anzusehen, als wäre dieser ein süßes Kätzchen.
 

„Ja! Das ist es! Du bist wütend darüber, dass du mein Grab nicht plündern kannst, da ich es mit Leib, Seele und vollem Körpereinsatz verteidigt habe! Ich wusste es Bakura, dass du das hinkriegst!“
 

Mariks Augen blitzen so begeistert und euphorisch auf, dass Bakuras Zorn der puren Verwirrtheit wich.

Was. Zum. Teufel?!
 

„Grabräuber!“, wieder völlig in der Rolle deutete Marik schon wieder mit dem Milleniumsstab auf ihn.

„Ihr habt das Grab betreten und damit geschändet! Dafür muss ich euch bestrafen!“

„Oh nein, mir schlottern bereits die Knie...“

Der Sarkasmus war wohl doch noch nicht ganz aus ihm heraus gewichen, stellte der Weißhaarige zynisch fest und betete innerlich, dass Marik nicht auch noch so etwas übertriebenes wie Peitschenhiebe geplant hatte. Doch sein Freund grinste lediglich. Ein Grinsen, das er häufig aufsetzte, bevor er...
 

Kokett hatte er wieder auf der Tischplatte Platz genommen und die Beine übereinander geschlagen, so dass Bakura für den Bruchteil einer Sekunde unter seine lächerliche Aufmachung von Verkleidung sehen konnte. Der Grabräuber spürte einen Kloß im Hals.
 

„Eure Bestrafung beinhaltet...“, provokant grinsend fuhr der Ägypter mit einem seiner perfekt manikürten Fingernägeln seinen Oberschenkel hinauf, ehe er seine dunkelblonde Mähne dramatisch zurückwarf und Bakura ein süffisantes Grinsen schenkte.

„....es mir so richtig zu besorgen.“
 

Wenn es nicht so urkomisch wäre, hätte Bakura ohne ein weiteres Wort sich selbst die Klamotten vom Leib gerissen, um sich augenblicklich in Marik zu versenken. Doch alles, was er gerade zu Stande brachte, war ein unterdrücktes, grunzendes Lachen.
 

„Das scheint mir eine angemessene Strafe.“, rang er sich gerade noch ab, bevor er noch in lautes Gelächter ausbrechen und sich damit jegliche Chancen auf Sex endgültig versemmeln würde. Lieber zog er seine Schuhe von den Füßen, knöpfe sich das Hemd auf und öffnete schließlich den Gürtel und Reißverschluss seiner Hose.

Sein Freund verfolgte dabei jede Bewegung mit seinen Augen und schwenkte dabei den Milleniumsstab in seiner Hand hin und her, als wäre er ein kleiner Hund, der mit dem Schwanz wedeln würde.
 

Schneller als ein Taschendieb, der sich im Gedränge an fremden Geldbeuteln bediente, war der ehemalige Grabräuber nackt...doch etwas störte erneut den Ablauf des geplanten Rollenspiels.

„Bakura! Was soll das?! Willst du es mir damit etwa besorgen?!“

Beinahe schon entrüstet und beleidigt stemmte der Weißhaarige die Hände in die Hüften.

„Der Ventilator macht hier drin die reinste Eishölle, es ist scheiße kalt!“, verteidigte er sich und vermied es, Marik direkt anzusehen.
 

„In einem Grab ist das nun einmal so!“

Kopfschüttelnd und seufzend sprang der Blonde wieder von der Tischplatte und sank vor dem Weißhaarigen auf die Knie, dessen Augen sich auf die Größe von Autoreifen weiten mussten.

„Alles muss man selber machen.“

Der tadelnde Blick, den er Bakura dabei zuwarf, war diesem augenblicklich ziemlich egal, da das nächste was er fühlte, ein zärtliches Streicheln, gefolgt von einer nassen, gelenkigen Zunge war. Der Mund des Grabräubers öffnete sich lautlos.
 

„Oh, Baby...“, eine seiner Hände war bereits auf dem Weg in Mariks Haare, um ihn bei seinem Tun zu unterstützen. Doch dieser verflixte Ägypter hatte mal wieder andere Pläne.

Mit einem schmatzenden Geräusch entfernte er seine Lippen von Bakura, betrachtete kurz sein „Werk“ und lächelte dann zufrieden.
 

„Damit kann ich arbeiten!“

Bakura hätte es nicht überrascht, wenn sein Freund auch noch glücklich vor sich hingesummt hätte, während er sich selbstgefällig grinsend wieder erhob und sich dann umdrehte, um beide Unterarme auf dem Tisch hinter ihm zu platzieren und Bakura über seine Schulter hinweg anzublicken. Das Tuch um seine Hüften spannte dabei sichtbar um seine drallen Hinterbacken und rutschte bereits ein paar wenige Zentimeter nach oben, was dem Grabräuber logisches Denken völlig unmöglich machte.
 

„Und jetzt – ich befehle dir, es mir zu besorgen, Dieb!“

Dank Mariks typisch nasalem Tonfall in seiner Stimme, klang es nicht wirklich wie ein Befehl, doch selbst das war Bakura gerade vollkommen gleich.

„Mit dem größten Vergnügen...“, schaffte er es noch mit trockener Kehle herauszupressen, als er auch schon mit einem einzigen Schritt hinter Marik war und dessen letztes Kleidungsstück packte, um es ihm endlich auszuziehen. Doch leider, leider...handelte es sich hier immer noch um Marik. Den wohl größten Dickkopf der Geschichte.
 

„Mit dem größten Vergnügen?!“, für einen Moment fragte Bakura sich ernsthaft, ob er Marik für die Frechheit, seinen britischen Akzent zu imitieren, einfach den Hintern grün und blau versohlen sollte, doch da kam schon ein weiterer Schwall Worte aus dem Mund des hübschen Ägypters heraus und ließen ihm keine Zeit zum Denken, „Das ist eine Strafe! Du sollst doch keine Strafe mit Vergnügen empfangen!“

„Marik! Es ist doch nur ein Spiel!“

Die Verzweiflung ließ ihn sich noch nicht einmal darum bemühen, in seiner Rolle zu bleiben und er schickte ein weiteres Stoßgebet zum Himmel, dass Marik sich jetzt endlich, endlich einfach ficken lassen würde.

„Ein Spiel, das du nicht ernst nimmst!“

„Marik, bei dem gigantischen Schwanz von Diabond, wenn ich wirklich irgendwo in ein Grab eingestiegen wäre und dich halbnackt und schlafend vorgefunden hätte, hätte ich dich sehr wahrscheinlich einfach an Ort und Stelle gefickt! Natürlich kann ich das hier dann nicht ernst nehmen!“
 

Seine Stimme war lauter geworden, als er es beabsichtigt hatte und seine Finger krallten sich in das dünne Stück Stoff an Mariks Körper. Aus, vorbei. So wie er Marik kannte, würde dieser nun beleidigt aufspringen, sich mit Bakura ein so heftiges Wortgefecht leisten, dass sehr wahrscheinlich irgendwann wieder die Nachbarn klingeln würden, bevor sie entweder für den Rest des Abends kein Wort mehr miteinander redeten oder vielleicht – aber auch nur vielleicht – irgendwann heute Nacht noch Versöhnungssex haben würden. Doch jetzt würde der Haussegen erst einmal gehörig schief hängen...glaubte Bakura zumindest.

Stattdessen grinste der Blonde ihn diabolisch über seine gebräunte Schulter hinweg an. Beinahe so, als hätte er gerade irgendeine besondere Strategie in einem Duel Monsters-Duell ausgeführt.
 

„Wieso tust es dann nicht einfach?“
 

Diese kleine, miese, sehr gut aussehende Ratte. Marik war zwar selten in der Lage, irgendeinen bösen Plan alleine auf die Beine zu stellen – doch wenn er es schaffte, riss er Bakura damit regelmäßig von den Socken. Der ehemalige Grabräuber war ein paar wenige Sekunde lang nur in der Lage, ihm in die lilafarbenen Augen zu starren, bevor er Marik mit ein paar geschickten Griffen das gebundene Tuch einfach zerriss.
 

„Dann halt die Klappe.“
 

Und mit einem kräftigen Schlag auf Mariks nackten Hintern untermalte er seine Aussage, bevor er Marik tatsächlich einfach so nahm, als wäre Marik irgendeine Reliquie, an der er sich bedienen konnte.
 


 

„Bakuuuuuraaaaaaa.....“

Mitten in der Nacht spürte Bakura ein heftiges Rütteln an seiner Schulter. Müde und mit verquollenen Augen zog der Weißhaarige die Bettdecke von seinem Gesicht und erblickte seinen Freund, der das grell leuchtende Display seines Mobiltelefons in sein Gesicht hielt und er kniff sofort wieder die Augen zusammen, bevor er sich wegdrehte.

„Was zum Teufel ist los? Lass mich gefälligst schlafen oder ich lasse Ryou die Kontrolle übernehmen...“

„Schau mal, was ich gefunden habe!“

Gnadenlos wurde das nervige Handy wieder in sein Blickfeld geschoben und der Angesprochene rollte sich demonstrativ wieder enger in seine Decke ein. Nach einem wahren Marathon an Sex, den sie beide im Wohnzimmer gehabt hatten, waren sie viel zu müde gewesen, um die improvisierte „Grabkammer“ wieder zurück in ihr Wohnzimmer zu verwandeln, weshalb sie lediglich schnell geduscht hatten und totmüde ins Bett gefallen waren...doch offenbar hatte Marik wieder irgendeinen Grund, ihm den Schlaf zu rauben.
 

„Ein Forum, das verschiedene Ideen für Rollenspiele gesammelt hat! Was hältst du davon? Du ziehst dir eine Latzhose an und wartest mit einem Schraubenschlüssel vor der Tür, weil ich einen Klempner für unsere kaputte Spülmaschine bestellt habe! Und wenn ich die Tür aufmache, dann sagst du...“

„Okay okay, ich habs begriffen! Wenn ich dir verspreche mitzumachen, lässt du mich dann in Frieden weiterschlafen?“

„Ja. Ich meine Nein! Das hier musst du dir noch anhören, also wir lassen es so aussehen, als ob das Cabrio eine Panne hatte und ich stelle mich dann mit ausgestrecktem Daumen an den Straßenrand und...“

Die Aufregung und Begeisterung schien sich in Mariks Stimme fast zu überschlagen. Bakuras Kopf sank schwer in das Kissen zurück. Offenbar hatte sein Freund doch tatsächlich Gefallen an Rollenspielen gefunden...und eigentlich hatten sie heute ja auch keinen schlechten Sex gehabt. Vielleicht – aber auch nur vielleicht – konnte Bakura ihn irgendwie dazu überreden, einen Knebel zu tragen und ihn glauben zu lassen, es wäre Teil des Spiels. Das wäre ein Spiel nach seinem Geschmack! Augenblicklich war sein Geist hellwach und ein breites Grinsen schlich sich auf sein Gesicht.
 

„Wie wäre es damit? Wir dekorieren das Wohnzimmer so um, dass es aussieht, wie der Thronsaal des Pharaos und ich setze mich auf unseren Sessel, den wir vorher natürlich ebenfalls herrichten. Und du, Marik, bist ein Sklave, den ich mir nur für einen ganz besonderen Zweck in den Palast geholt habe....“

„Bakura! Das klingt perfekt!

Das Sterben kann noch warten - Part 1

„In Ordnung, Miss...Bakura.“

 

Die Vorhänge des Raumes waren wie immer halb zugezogen, was angesichts des miserablen Wetters noch weniger Licht hineinließ, als sonst.

„Ich möchte nun, dass Sie mir eine Situation aus der vergangenen Woche beschreiben, die Sie in einen Angstzustand versetzt hat.“

 

Eine ältere Dame mit kurzen, grauen Haaren und adretter Kleidung hatte ihre Hände über ihrem Schoß gefaltet und blickte das Mädchen mit einem auffordernden Lächeln an.

Amane vermied es, sie direkt anzusehen.

 

Diese Frau wusste sowieso schon viel zu viel. Von Anfang an hatte Amane sich ihr offenbaren müssen – angefangen von ihrer Geburt in England und dem Leben gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrem Bruder. Das Verhältnis zu ihrem Vater, der aufgrund seines Berufs praktisch getrennt von der Familie lebte.

Und dann der Tag, der Amanes Leben für immer verändert hatte. Der Tag des Unfalls. Ihr Bruder und ihre Mutter, die in den Tod gerissen wurden. Die Trauerfeier, die unzähligen Menschen, die versucht hatten, ihr Mitleid auszudrücken. Ihr eigener Umzug nach Domino City, um fortan bei ihrem Vater zu leben. Einen Menschen, den sie kaum kannte.

Die Therapeutin, die ihr Vater für sie rausgesucht hatte, damit es ihr „besser ging“, hatte sie all das noch einmal durchleben lassen. Und sie mit irgendetwas diagnostiziert.

 

Manchmal fragte Amane sich, ob es nicht besser gewesen wäre, sie wäre an Ryous Stelle in diesem Auto gewesen.

 

 

Wenn du später nachhause kommst, warte nicht mit dem Essen auf mich. Aber geh noch nicht sofort schlafen. Ich habe noch etwas für dich. Dad.“

Die Nachricht, die sie noch schnell auf dem Display ihres Mobiltelefons las, bevor sie ihren Regenschirm aufspannte und zur U-Bahnstation lief, war ein typisches Beispiel für Konversationen zwischen ihr und ihrem Vater. Kurz, neutral, auf das Wichtigste fokussiert. Ihr Vater war so, wie die Dinge, mit denen er sich beruflich beschäftigte. Analytisch. Messbar in Zahlen und Fakten, nicht in Emotionen. Die Qualitäten eines liebenden Elternteils besaß er nicht.

Und darum antwortete Amane ihm auch in der gleichen Manier, bevor sie das Handy in der Jackentasche verschwinden ließ und den U-Bahnschacht betrat, das dumpfe Dröhnen eines einfahrenden Zugs bereits aus der Entfernung vernehmend.

 

 

 

 

Lustlos kaute Amane auf einem Bissen Reis herum, während sie im Fernsehen irgendeine Sendung verfolgte, die sie weder kannte, noch interessierte. Eines ihrer Schulbücher lag aufgeschlagen auf dem Wohnzimmertisch, doch sie hatte es bisher weder angesehen, noch versucht zu begreifen, mit was es sich beschäftigte. Normalerweise würde sie nicht einmal hier im Wohnzimmer sitzen, sondern in ihrem Zimmer darauf warten, dass es spät genug war, um endlich ins Bett zu gehen, doch da ihr Vater ihr wohl irgendetwas überreichen wollte, zwang sie sich dazu, hier auf ihn zu warten.

Der Regen prasselte immer noch leise gegen die geschlossene Fensterscheibe und erinnerte Amane an ihre alte Heimat, England. Es hatte dort oft geregnet. Auch an jenem Tag, an dem ihre Mutter die Kontrolle über den Wagen verloren hatte und sie sich mehrfach überschlagen hatten, bevor der Aufprall ihr und Ryou schließlich das Leben ausgehaucht hatte, hatte es geregnet.

Amane trat an das Fenster und blickte wie schon unendliche Male zuvor hinaus, auf das Lichtermeer von Domino City, die Tropfen an der Fensterscheibe und den nassen Asphalt. Das Wohnzimmerfenster ließ sich nicht öffnen, aber wenn sie hinaus auf die Dachterrasse gehen würde...wie lange würde ihr Vater wohl brauchen, um zu realisieren, dass sie fort war?

 

In diesem Moment erklang das klackende Geräusch eines Schlüssels aus dem kleinen Flur und Amane stieß ein Seufzen aus, ehe sie sich zurück auf die Couch setzte und unauffällig ihre Schüssel Reis verbarg, um Ärger zu vermeiden. Die Tür zum Wohnzimmer ging auf und ihr Vater stand in seiner typischen Arbeitskleidung vor ihr, eine braune Papiertüte in der Hand, das graue Haar nass vom Regen.

 

„Hallo Amane. Ich sehe, du tust etwas für die Schule. Wie war deine Therapiesitzung mit Mrs Watanabe?“

 

Das der Fernseher lief und Amane das Buch nicht einmal in den Händen hielt, schien er entweder nicht zu bemerken, oder er versuchte nur irgendeine Art von Gespräch mit ihr aufzubauen. Sehr wahrscheinlich war eher letzteres der Fall.

 

„Produktiv.“

 

Es war eine Antwort, die ihren Vater zufrieden stimmen würde. Und sie verfehlte ihre Wirkung nicht.

Mit einem Nicken fixierte der Archäologe zuerst seine Tochter, dann die braune Papiertüte in seiner Hand. Auch diese schien ein wenig vom Regen mitgenommen zu sein, wie es Amane auffiel, als er sie ihr entgegenstreckte.

„Wir haben heute eine Inventur in den Lagerräumen des Museums durchgeführt. Das hier sollte entsorgt werden, aber ich war der Meinung, es könnte dir vielleicht gefallen.“

 

Ihr Vater schenkte ihr also irgendeinen wertlosen Plunder aus der Mottenkiste eines Museums. Am liebsten hätte Amane ihn gefragt, ob er sich damit über sie lustig machen will.

 

Doch stattdessen ging sie auf ihn zu, nahm den fremden Gegenstand entgegen und steckte ihre Hand in die Tüte hinein, um herauszuholen, was auch immer sich darin befand. Ihre Fingerkuppen ertasteten etwas glattes, kühles.

Langsam, nicht wirklich wissend was sie erwartete – und was sie außer Peinlichkeit eigentlich empfinden sollte – zog sie das Geschenk ihres Vaters aus seiner improvisierten Verpackung.

Es war ein Ring.

Ein goldener Ring an einer verschlissenen, abgetragenen Schnur. Ein goldenes Auge starrte sie aus seiner Mitte heraus an – und Amane starrte zurück. Was bitte war das denn für ein Geschenk? Es war nicht nur hässlich, es war auch absolut nichts aussagend und passte rein gar nicht zu ihrem Geschmack...

 

„Danke, Dad.“

„Bitteschön. Ich dachte, es passt womöglich in dein Zimmer. Als Dekoration.“

„Ich gehe dann jetzt schlafen.“

„Gute Nacht, Amane.“

 

Ihre Schulunterlagen unter den Arm geklemmt und den Goldring in der anderen Hand verschwand Amane aus dem Wohnzimmer und schloss ihre Zimmertür hinter sich.

Dieser Tag war einfach von Grund auf beschissen und sie hoffte einfach, dass er bald zu Ende sein würde.

Dieser Tag?!

Eigentlich war ihr ganzes Leben von Grund auf beschissen.

 

 

Es vergingen noch zwei weitere Stunden, in denen Amane in ihrem Bett lag und ziellos auf ihrem Handy durch das Internet surfte. Schlaflosigkeit, sowie das Gegenteil, das erhöhte Bedürfnis nach Schlaf waren Begleiterscheinungen einer Major Depression, wie ihre Therapeutin es ihr erklärt hatte. Den Ring hatte sie vorerst an den Pfosten ihres Bettes gehängt und sich dazu entschieden, morgen darüber nachzudenken, wo sie ihn platzieren sollte. Am besten in irgendeine Schublade, wo sie ihn nicht mehr sehen und auch nicht mehr darüber nachdenken musste, warum ihr Vater eigentlich so ein miserables Elternteil war. Und warum ihr das Schicksal ihre Mutter und ihren Bruder genommen hatte. Und überhaupt alles, was ihr jemals lieb und teuer gewesen ist.

 

Doch es gab eine Möglichkeit, sich das alles zurück zu holen. Das wusste Amane.

In ihrer Pyjamahose und einem weiten Schlafshirt zog sie sich still und leise Socken und einen Hoodie an, warf noch einen letzten Blick auf das Display ihres Handys, um sich die Uhrzeit einzuprägen – und auch noch einmal auf den goldenen Ring, dessen Auge sie regelrecht anzuglotzen schien.

Sie würde es jetzt beenden. Und endlich wieder mit Ryou und ihrer Mutter vereint sein.

 

Ihr Vater schien ebenfalls bereits zu Bett gegangen zu sein, denn das Apartment war dunkel und still, als Amane in ihre Schuhe schlüpfte, den Wohnungsschlüssel bewusst dort hängen ließ, wo er war und stattdessen lediglich den Schlüssel für die Dachterrasse mitnahm.

Und während sie die Stufen nach oben zählte, fragte sie sich, wie lange es wohl dauern würde, bis man sie auf dem Asphalt finden würde. Ihr Vater hätte sicherlich keine Tränen für sie übrig, doch es gab da ein paar wenige Mitschüler in ihrer Klasse, die vielleicht von der Nachricht ihres Todes geschockt wären. Und sogar weinen würden. Na also. Das Sterben lohnte sich ja irgendwie doch!

 

Ruhig und gelassen schloss sie die Tür zur Dachterrasse auf und öffnete sie mit einem Lächeln – was ihr augenblicklich wieder versiegte. Durch die offene Tür peitschte ein solcher Regen und eisiger Wind, dass sie prompt die Augen zusammenkniff und die Tür fast automatisch durch den entstandenen Luftzug und mit einem ohrenbetäubenden Knall wieder zuflog.

Still und sich die nassen Haarsträhnen aus dem Gesicht streichend stand Amane auf dem Treppenabsatz und hörte nichts, außer ihrem eigenen Herzschlag und dem Geräusch des Regens auf der anderen Seite der Tür.

Als sie sich wieder umdrehte und zurück über Treppen und Flure in Richtung ihres Apartments lief, schoss ihr wieder durch den Kopf, dass sie keinen Wohnungsschlüssel mitgenommen hatte. Mit geschlossenen Augen und sich schuldbewusst auf die Unterlippe beißend drückte sie die Klingel und erwartete die Stimme ihres Vaters durch die Gegensprechanlage.

 

„Hallo?!“

„Ich bins Dad. Ich habe mich ausgeschlossen.“

 

Der Summer ertönte kurz und leise und Amane warf ihrem Vater nur einen stummen, beschämten Blick zu, während sie die Wohnung betrat.

„Wo bist du denn gewesen?“, fragte dieser sie und seine Stimme klang zur Abwechslung einmal nicht kühl und emotionslos, sondern überrascht. Seine Tochter zuckte mit den Schultern.

„Frische Luft schnappen.“

Mich umbringen, ging es ihr sarkastisch durch den Kopf.

„Ich gehe wieder ins Bett.“

 

„Nimm dir beim nächsten Mal einen Schlüssel mit!“, hörte sie ihren Vater ihr noch ein wenig verärgert nachrufen, während sie sich an ihm vorbei zwängte und erneut in ihrem Schlafzimmer verschwand.

Kaum hatte sie die Tür hinter sich geschlossen, fühlte sie sich auch schon wieder von diesem unsagbar dämlichen goldenen Auge angestarrt, welches noch immer in der Mitte des Ringes an ihrem Bettpfosten baumelte.

 

„Selbst du hältst mich für eine erbärmliche Versagerin...“, flüsterte sie leise und verärgert in seine Richtung und trat an ihr Bett heran, in das sie sich fallen ließ und ihr Handy wieder zur Hand nahm.

Nichts.

Nicht eine ungelesene Nachricht, nicht eine Reaktion der Außenwelt. Nichts.

Sie sollte sich wirklich dringend mit dem Sterben beeilen. Es gab doch niemanden, der sie vermissen würde!

Das Sterben kann noch warten - Part 2

Die nächsten Tage verliefen monoton und ereignislos wie immer. Amane besuchte ihre Therapiestunden, ging zur Schule, sprach hier und da mit ihrem Vater. Und grübelte innerlich darüber nach, wie ihr Suizid doch endlich gelingen könnte.

Um sich zu vergiften besaß sie nicht die ausreichenden Fachkenntnisse. Und so etwas wie Spülmittel zu trinken bescherte ihr am Ende womöglich nur einen peinlichen Krankenhausaufenthalt. Nein, nein viel zu riskant.

Sich selbst eine Kugel durch den Kopf zu jagen war ein Abgang, der schon fast eines Helden würdig war.Doch eine Waffe besaß sie nicht. Und sie kannte auch niemanden, der eine besaß. Also fiel diese Möglichkeit auch schon einmal weg.

Sich selbst die Pulsadern aufzuschneiden wäre zwar preiswert und schnell möglich...aber Amane war dafür viel zu zimperlich. Sie würde wahrscheinlich nicht einmal bis zu ihren Adern kommen.

Doch während sie im Unterricht auf einem ihrer Blätter herumkritzelte, kam ihr plötzlich die rettende – oder sollte man besser sagen, tödliche? - Idee. Ein Strick! Besorgen konnte man ihn sich sicher irgendwo und wie man ihn richtig knotete, konnte man im Internet nachschlagen...ein Grinsen schlich sich auf ihre Lippen. Sie musste nur noch diese äußerst langweilige Unterrichtsstunde aussitzen und dann würde sie es heute Abend zu Ende bringen und endlich wieder bei ihrer Mutter und Ryou sein.

 

Also machte sie nach der Schule einen raschen Abstecher in ein Fachgeschäft für Garten- und Baumaterialien und besorgte sich ein dickes, stabiles Seil, welches so schwer war, dass Amane beinahe Mühe hatte, es in ihrer Schultasche nachhause zu transportieren.

Das Abendessen ließ sie ausfallen – immerhin würde sie in weniger als einer Stunde sowieso tot sein, wieso sollte sie da also noch etwas essen – stattdessen begab sie sich auf ihr Zimmer, zog sich nicht einmal die Schuluniform aus und begann fein säuberlich damit, das gekaufte Seil zu einer Schlinge zu verarbeiten.

Ihr Grinsen wurde dabei so breit und die Vorfreude stieg so sehr in ihr auf, dass ihr beinahe der Gedanke kam, dass es doch irgendwie schade war, gleich von dieser Welt zu gehen. Auch wenn sie am liebsten tot wäre, ein paar Dinge hätte sie doch gerne noch von der Liste der Dinge, die sie im Leben erlebt haben wollte, abgehakt. Das hatte sie sogar ihrer Therapeutin erzählt, obwohl sie sich sonst furchtbar dagegen sträubte, ihr irgendetwas zu erzählen.

Tauchen zum Beispiel. Amane liebte das Meer und Tauchen hatte sie schon immer fasziniert. Doch nun würde es nicht mehr dazu kommen.

Ein Motorrad fahren. Zwar besaß Amane weder einen Führerschein, noch war es in irgendeiner Form zwingend notwendig, unbedingt einmal ein Motorrad zu fahren, doch coole Kerle auf Motorrädern hatten sie schon damals in England ein wenig schwach gemacht. Und ihre Arme um den breiten Rücken eines richtigen Bikers zu schlingen und gemeinsam in den Sonnenuntergang zu fahren, hatte schon etwas verdammt romantisches.

Und verbunden damit wäre Amane auch irgendwie gerne noch ihre Jungfräulichkeit losgeworden, ehe sie sich das Leben nahm. Doch es schien ganz so, als würde auch daraus nichts werden. Kein einziger Kerl hatte sich jemals großartig für sie interessiert und dabei würde es wohl auch bleiben.

Auf ihrem Grabstein könnte so etwas wie „ungeliebt und ungefickt“ stehen, ging es ihr sarkastisch durch den Kopf, bevor sie die Schlinge probeweise einmal um ihren Hals legte und ihren Blick dann gen Decke richtete. Und einen großen Logikfehler in ihrem Plan bemerkte.

 

Vor lauter Euphorie hatte sie völlig vergessen darüber nachzudenken, wo genau sie eigentlich den Strick befestigen wollte. Alles, was über ihrem Kopf zu sehen war, war ihre Zimmerdeckenlampe. Kein massiver Balken, kein Haken, nichts, was auch nur irgendwie dafür geeignet war, sich daran aufzuhängen.

Verdammt. Sollte sie den Strick denn nun umsonst gekauft haben?!

Wütend ballte sie die Hände zu Fäusten und nahm sich die Schlinge wieder vom Hals. Einen Rückzieher zu machen, kam für sie jetzt auf keinen Fall in Frage!

Energisch schob sie ihren Schreibtischstuhl heran, kletterte hinauf – immer bedacht, das Gleichgewicht zu halten, um nicht vorzeitig herunterzustürzen – und fuhrwerkte mit den Händen über ihrem Kopf herum, um den Strick nun doch an ihrer Deckenlampe anzubringen.

 

Irgendwie würde das schon klappen, es musste ja nur ein paar Minuten halten, bis sie tot war. Danach war es auch egal, ob die Lampe von der Decke riss oder nicht...

 

„Nein. Ich kann dir gleich sagen, dass das nichts wird.“

 

Vor lauter Schreck fiel Amane der Strick aus der Hand und das schwere Seil fiel mit einem lauten Geräusch zu Boden.

Hatte...da gerade jemand mit ihr gesprochen?! Eine fremde Männerstimme? Oder begann sie jetzt schon, völlig zu spinnen?!

Sie hielt inne und blinzelte kurz, während ihr Blick immer noch auf die am Boden liegende Schlinge gerichtet war.

„Die Deckenlampe hält dich nicht aus. Du brauchst es also gar nicht erst zu versuchen.“

 

Und spätestens jetzt war Amane sich sicher, dass es absolut keine Einbildung gewesen war, denn sie blickte in zwei tiefbraune, von schwarzen Wimpern umrandete Augen, die ihren eigenen verblüffend ähnlich waren.

Der Schreck saß ihr so tief in den Gliedern, dass sie nicht einmal schreien konnte und ihre Muskeln sich so sehr versteiften, dass sie starr wie eine Plastikfigur auf ihrem Schreibtischstuhl stand.

 

Der fremde Mann, der wie selbstverständlich auf ihrem Bett herumlag, blickte sie unter einem weißen Wirrwarr von Haaren an, als würde sie ihn gerade zu Tode langweilen.

„Ich werde dich zwar nicht aufhalten, dir aber den Hinweis geben, dass dein Plan nicht sonderlich gut durchdacht ist, Engelchen.“

Erst jetzt fand Amane ihre Sprache wieder, die piepsig und hochgradig entsetzt klang.

 

„D-du...du siehst aus, wie...mein...mein toter...Bru-“

 

„Dein toter Bruder? Ja, ich habe sein Bild in deinen Erinnerungen gesehen. Aber so“, sein skeptischer Blick wanderte gen Decke und dann wieder auf Amane herunter, die sich sofort ein wenig ertappt fühlte, „Wirst du ihn so schnell nicht wieder sehen.“

 

„Wer bist du?“

 

Es musste klingen, als wäre sie ein absoluter Idiot, aber wie zum Teufel kam ein Fremder hier einfach herein? Ein Fremder, der Ryou und auch ihr selbst so absolut ähnlich sah?

 

„Ab sofort dein ständiger Begleiter, Engelchen. Du hättest dieses wundervolle Geschenk deines Vaters nicht annehmen dürfen.“

Er streckte die Hand aus und ließ seine Finger über die spitzen Zylinder gleiten, die an der Unterseite des goldenen Rings herunterhingen.

 

„Du...du kommst aus dem Ring?“

„Gut erkannt. Und ich brauche einen Körper, um in dieser Welt zu existieren.“

 

Das ganze wurde ja einfach immer verrückter. Amanes Mund klappte mehrfach auf und zu, ohne einen Laut herauszubringen. War sie vielleicht schon tot?! Und was redete dieser Kerl davon, dass er ihren Körper brauchte...sie hatte sich zwar gewünscht, endlich ihre Jungfräulichkeit loszuwerden, aber das war doch nicht so gemeint gewesen!

 

„Vergiss es! Was oder wer auch immer du bist, es war schön, deine Bekanntschaft gemacht zu haben. Aber jetzt wars das. Dieses Leben wird nun beendet.“

 

Mit einem Satz war sie vom Schreibtischstuhl gesprungen und hatte das Seil wieder aufgehoben. Innerlich hatte sie sich dazu entschlossen, einfach weiterzumachen und diesen komischen Kerl...dieses komische Wesen...was auch immer er war, nicht zu beachten.

Auf Wiedersehen schöne Welt, hallo Reich der Toten!

 

Ganz so, als wäre nichts gewesen, befestigte sie den Strick erneut an der Halterung der Zimmerlampe und vernahm dabei immer wieder leises Gekicher. Dieser Typ lachte sie doch ernsthaft aus. Noch ein Grund mehr, jetzt endlich zu sterben!

 

„So...“, sie gab dem Strick einen prüfenden Ruck und er schien dem Zug standzuhalten.

„Also dann...“

Mit Bedacht steckte sie ihren Kopf in die geknotete Schlinge und zog sie in ihrem Nacken zu, so dass der schwere Knoten fest auf ihr Genick drückte. Dann richtete sie ihren Blick noch einmal auf ihr Bett.

Der Fremde war inzwischen aufgestanden und befand sich nun fast auf Augenhöhe mit ihr. Die blassen Arme hatte er vor der Brust verschränkt, das hämische Grinsen schien regelrecht in sein Gesicht getackert worden zu sein.

„Na los. Es hält dich niemand auf, Engelchen.“

„Ach sei einfach leise!“

 

Es waren Amanes letzte Worte zu ihm, bevor sie den Schreibtischstuhl unter ihren Füßen zur Seite trat und fühlte, wie ihr Körper durch die Schwerkraft in Richtung Boden gezogen wurde. Und sie in einem schmerzhaften Aufprall landen ließ, den Strick noch immer um den Hals gezogen, einen laut scheppernden Gegenstand nur wenige Zentimeter neben ihrem Gesicht.

Es war ein absolutes Chaos aus Schmerzen, Geräuschen und Orientierungslosigkeit, ehe Amane realisierte, dass ihre Zimmertür geöffnet wurde und sich das Gesicht ihres Vaters in ihr Blickfeld schob.

 

„Amane! Was machst du denn da?“

 

Zittrig richtete das Mädchen sich ein wenig auf und befühlte ihren Hals – nur um festzustellen, dass dort kein Strick mehr zu spüren war. Doch die herausgerissene Lampe lag doch tatsächlich neben ihr.

 

„Ich...ich bin gefallen...“

„Was hast du denn mit der Lampe gemacht?!“

 

Die Stimme ihres Vaters war gleichermaßen verwirrt, wie auch verärgert und Amane schämte sich plötzlich entsetzlich und wünschte sich, er würde nicht bemerken, was sie eigentlich vorgehabt hatte. Was er sehr wahrscheinlich auch nicht konnte, da der Strick auf mysteriöse Weise verschwunden war. Ebenso wie dieser weißhaarige Ringgeist...

 

„...die Glühbirne wechseln. Sie muss runtergefallen sein.“

„Gefallen?! Sie ist komplett aus der Decke gerissen!“

 

Schuldbewusst warf Amane einen Blick nach oben – und zu ihrem Entsetzen prangte dort tatsächlich ein Loch in der Decke. Sie senkte ihren Blick auf ihre Knie und wagte es nicht mehr, noch irgendetwas zu sagen.

 

„Morgen kümmern wir uns darum. Und du räumst jetzt besser einmal dieses Chaos auf!“

 

Ihr Vater verließ schnaubend ihr Zimmer und Amane war erst in der Lage, sich auf die Beine zu rappeln, als sie ihn nicht mehr über den Flur stampfen hörte.

Das war ja richtig gründlich nach hinten losgegangen!

Mit ein paar schnellen Handgriffen bugsierte sie die kaputte Lampe unter ihr Bett und setzte sich auf die Matratze. Der goldene Ring schien ihr von ihrem Bettpfosten aus zuzublitzen und Amane warf ihm einen bösen Blick zu.

 

„Jaja, ich weiß schon, du hast es mir ja gesagt.“

 

Für einen kurzen Moment rieb sie sich ihre schmerzenden Knie, bevor sie sich endgültig dafür entschied, es für heute einfach gut sein zu lassen. Sie sollte schlafen gehen und morgen vielleicht mit ihrer Therapeutin sprechen.

 

Doch als sie sich bettfertig gemacht hatte und ihren Kopf neben dem goldenen Ring bettete, schoss ihr noch etwas durch den Kopf – und es war definitiv keine Kugel, die ihr Leben beendete.

 

„Danke, dass du das Seil vor meinem Vater versteckt hast...“

 

Es erklang keine Antwort, doch Amane erwartete auch keine.

Das Sterben kann noch warten - Part 3

Der Wecker tönte laut und erbarmungslos und Amane fühlte sich, als wäre sie von einem Zug überrollt worden. Ein Zug...

Ein paar seltsame Ideen begannen, sich in ihrem Kopf selbstständig zu machen, doch sie schob sie vor dem Frühstück schnell beiseite, da sie am heutigen Tag leider gemeinsam mit ihrem Vater frühstücken musste. Er hatte Freitags eine spätere Schicht im Museum und war daher noch zuhause. Amane hasste es. Vor allem jetzt, da diese seltsame Situation von gestern Abend immer noch zwischen ihnen stand.

 

„Morgen...“

Murmelte sie daher nur knapp angebunden, während sie an den Herd herantrat, um sich ein Spiegelei zu braten. Ihr Vater saß bereits mit einer großen Tasse Kaffee am Frühstückstisch und blätterte in der Zeitung.

„Guten Morgen.“, erwiderte er ebenfalls in gleicher Manier und blickte kurz auf. Und Amane blickte sich irritiert zu ihm um, als er weitersprach, denn wirkliche Konversationen führten sie eigentlich abseits von „Wann kommst du heute nachhause?“ oder „Wie läuft es in der Schule?“ und ähnlichen Fragen niemals.

 

„Ich habe dich vor lauter Aufregung gestern Abend gar nicht gefragt, ob du dich verletzt hast. Das tut mir leid. Geht es dir gut?“

„Ist schon okay, Dad. Mir ist nichts passiert.“

 

Es war keine Lüge, aber auch nicht ganz die Wahrheit. Und das Mädchen bekam es beinahe schon mit nervöser Angst zu tun, als ihr Vater seinen Blick nicht wieder zufrieden auf seine Zeitung richtete, sondern sie weiterhin ansah.

 

„Hast du heute eine Therapiesitzung bei Mrs Watanabe?“

Doch da war er wieder. Ihr Vater, wie sie ihn kannte.

 

„Nein. Sie hat erst wieder nächste Woche freie Termine.“

Es entsprach der Wahrheit, auch wenn Amane tatsächlich darüber nachgedacht hatte, ihrer Therapeutin eine Mail zu schreiben und sie um einen heutigen Notfalltermin zu bitten. Doch irgendwie...war ihr das Verlangen danach gehörig vergangen.

 

Ihr Vater erwiderte daraufhin nichts mehr und Amane tat so, als wäre sie völlig damit beschäftigt, das Spiegelei in der Pfanne zu wenden.

War das gerade eben so etwas wie...väterliche Sorge? Nein, das konnte nicht sein. Mister Bakura, angesehener Archäologe des Domino City-Museums besaß keine Vaterqualitäten und wusste nicht, wie man mit seinem eigenen Nachwuchs umzugehen hatte.

 

Amane verließ das Haus pünktlich und in Richtung der U-Bahn. Es regnete immer noch und leise fluchend blieb sie stehen, um in ihrer Schultasche nach einem Regenschirm herumzukramen. Doch was ihre Finger ertasteten, war gewiss kein Regenschirm.

Es war glatt, kühl und besaß eine Schnur am oberen Ende.

Der Ring?!

Sie konnte sich nicht entsinnen, den Ring in ihre Tasche gesteckt zu haben. Wozu auch – er war völlig nutzlos! Eigentlich wäre sie gut daran, ihn einfach im nächsten Mülleimer zu entsorgen, doch dafür hatte sie nun wirklich keine Zeit mehr.

Frustriert ließ sie den Ring einfach wo er war und rannte ohne Regenschirm und mit wehendem Schuluniformsrock bis zu den Treppen der U-Bahn, wo sie bereits einen Zug einfahren hörte.

 

Und während sie hastig über Treppen, als auch Rolltreppen hetzte, kamen ihr ihre Gedankengänge des Morgens wieder in den Sinn.

Ein Zug wäre eine todsichere Methode. Im wahrsten Sinne des Wortes. Vor lauter Erkenntnissen blieb sie sogar unbewusst auf der Treppe stehen und wurde von einer Gruppe Jugendlicher angerempelt, die ihr nur ärgerliche Blicke zuwarfen.

Das war es! Sie konnte es doch noch schaffen!

 

Mit klopfendem Herzen rannte sie den Rest ihres Weges hinab zu den Gleisen, doch weil sie nicht unbedingt wollte, dass wegen ihr noch weitere Schüler ihrer Schule zu spät kommen mussten, da sie logischerweise die gleiche U-Bahn wie sie nahmen, entschied sie sich dafür, es auf dem gegenüberliegenden Gleis zu tun.

Absichtlich wartete sie, bis der gerade eingefahrene Zug davongerollt war, bevor sie ihre Schultasche abstellte und einen tiefen Atemzug nahm. Gleich würde es vorbei sein. Für immer! Wenigstens auf die Pünktlichkeit der U-Bahn war Verlass! Oh wie sehr sie sich danach sehnte!

 

„Das würde ich lieber lassen, Engelchen.“

 

Mit einem Mal waren ihre Sinne nicht mehr vernebelt von der Vorfreude, bald in tausend Teile zerfetzt auf irgendwelchen U-Bahngleisen zu liegen und sie blickte sich hektisch nach allen Seiten um. Sie kannte diese Stimme! Wo versteckte der Kerl sich!?!

 

„Ich bin hier.“

 

Das sie ihn immer noch nicht sah, regte sie fürchterlich auf und sie fühlte Ärgernis in sich aufsteigen. Was bildete dieser Jemand sich eigentlich ein?! Ihr einfach zu sagen, was sie zu tun und zu lassen hatte!

 

„In deinem süßen, kleinen Köpfchen.“

 

Jetzt verwandelte sich ihre Wut plötzlich in Angst.

 

„W-wie...?“

 

„Du musst nicht laut sprechen, ich kann deine Gedanken hören. Tja, was soll ich sagen...ich brauch einen Körper in dieser Welt und deshalb wäre ich ja schön dämlich, dich einfach springen zu lassen.“

„Geh sofort aus meinem Kopf heraus!“

 

Obwohl der Geist ihr gesagt hatte, dass sie sich auch ohne Worte unterhalten konnten, rutschte ihr diese Forderung so laut von der Zunge, dass sich ein älterer Herr zu ihr umdrehte und sie schnell seinem Blick auswich.

 

„Dafür ist es zu spät. Und jetzt wirst du schön umdrehen.“

„Nein. Ich werde jetzt springen und es ist mir egal, wo du dann bist.“

 

Statt einer schnippischen Antwort ertönte nur wieder ein gemeines Lachen in ihrem Kopf.

 

„Was soll diese ganze „Ich-will-unbedingt-sterben“-Nummer eigentlich?“

 

In diesem Moment fuhr die nächste U-Bahn ein, doch Amane konnte und wollte sich nicht dazu bewegen, loszurennen. Stattdessen blieb sie stehen und sah den Menschenmassen dabei zu, wie sie sich in die bereits überfüllten Wagons quetschten oder aus ihnen heraus schoben.

 

„Was geht dich das an?!“, gab sie patzig und gedanklich zurück und konnte sich in diesem Moment regelrecht vorstellen, wie der Weißhaarige wieder die Arme vor der Brust verschränkte und selbstgefällig den Kopf schief legte.

 

„Meinst du nicht, du übertreibst ein bisschen? Ich meine...sieh dir doch mal die Welt an, in der du lebst.“

 

Mit dieser Antwort hatte Amane tatsächlich nicht gerechnet.

 

„Und was soll damit sein? Fängst du jetzt schon an wie meine Psychotherapeutin?“

„Bei Ra und Zorc, du bist aber auch eine harte Nuss. Ich rede von dieser Zeit. Diesem Jahr. Dieser Welt. Ich komme aus einer anderen Zeit, wir hatten überhaupt nichts. Ihr hingegen“, die Stimme schwieg für einen Moment anerkennend, „Habt alles. Selbst Familien, die euch lieben und euch euren teuren Hintern hinterhertragen.“

 

„Ich habe keine Ahnung, von was für einem Quatsch du da erzählst, aber wenn es dir in meinem Kopf nicht entgangen haben sollte, meine Familie ist tot! Und ich werde es gleich auch sein!“

 

Noch ein Grund mehr, gleich mit allem Schluss zu machen. Dann würde sie auch dieser Stimme in ihrem Kopf das dämliche Grinsen vergehen! Mit Knall und Fall wie bei einer Ohrfeige!

 

„Nein. Glaub mir, das wirst du nicht.“

„Halt deine Klappe!“

 

Wütend und mit wilder Entschlossenheit drehte sie ihren Kopf weg und erblickte die Lichter einer sich nähernden Bahn. Jetzt oder nie!

 

Mit einem gedämpften Schrei rannte sie los, nicht darauf achtend, wen genau sie anrempelte oder zur Seite schob, ehe sie zum Sprung ansetzte – und nicht springen konnte. Stattdessen bremste sie so abrupt ab, dass sie fast das Gleichgewicht verloren hätte und der Länge nach auf den Bahnsteig geknallt wäre.

 

„Buh!“

 

Eine böse grinsende Gestalt hatte sich genau vor ihr wie aus dem Nichts heraus manifestiert und sie allein durch seine bloße Anwesenheit zum Stehenbleiben gebracht. Taumelnd brauchte sie einen Moment, um sich wieder zu fangen und dann in das Gesicht des Ringgeists zu blicken, der wie selbstverständlich zwischen all den Menschen stand, die sich erneut in den gerade eingefahrenen Zug schoben und ihn überhaupt nicht zu beachten schienen. Völlig entspannt hatte er eine Hand auf seine Hüfte gestützt und betrachtete Amane triumphierend mit einer hochgezogenen Augenbraue.

 

„Geh...mir aus dem Weg!“

„Und dann? Willst du so lange gegen die U-Bahn springen, bis du blutest?“

 

Diese ungehobelte und freche Antwort ließ Amane die Fäuste ballen. Der Geist des Rings schaute nur weiterhin auf sie herab, bevor er tatsächlich so etwas wie ein versöhnliches Lächeln aufsetzte und den Kopf schüttelte.

 

„Komm. Jetzt nimmst du deine Sachen und gehst schön brav in die Schule. Du bist nämlich spät dran.“

 

Die U-Bahn hinter ihm setzte sich wieder in Bewegung und Amane schaute dem ratternden Zug hinterher und fühlte sich, als würde ihr Mut einfach aus ihr entweichen. Vielleicht sollte sie wirklich einfach die nächste Bahn nehmen und einfach zur Schule fahren. Mit einem Mal fühlte sie sich sehr dämlich, wenn auch nicht so erniedrigt, wie bei ihrem gestrigen gescheiterten Versuch, sich an ihrer Zimmerlampe aufzuhängen...

 

„Gutes Mädchen.“

 

Der Geist des Rings schien völlig mit sich selbst zufrieden zu sein, denn er streckte seine Hand nach ihr aus, wohl um ihr den Kopf zu tätscheln – doch seine schneeweiße Hand griff einfach durch sie hindurch und lediglich ein kalter Schauer breitete sich über Amanes Haut aus.

„Oh! Das hatte ich ja ganz vergessen zu erwähnen.“, er beugte sich zu ihr hinunter, so dass sich ihre Nasenspitzen eigentlich berühren müssten. Was sie allerdings nicht taten.

„Nur du kannst mich sehen. Und eigentlich hättest du ohne Probleme durch mich hindurchspringen und es zu Ende bringen können.“

 

Und mit diesen Worten löste er sich einfach in Luft auf und ließ Amane einfach mit offenem Mund auf dem Bahngleis stehen.

Das Sterben kann noch warten - Part 4

Als Amane ihre Augen öffnete, hörte sie das erste Mal seit ein paar Tagen keinen Regen gegen ihre Fenster prasseln. Sicherlich war dies eine Tatsache, die die meisten Bewohner von Domino City freute, denn es war ein Samstag und viele Menschen konnten diesen freien Tag für Aktivitäten nutzen, bei denen Regen nur hinderlich gewesen wäre. Einen Stadtbummel zum Beispiel.

Doch Amane war nach überhaupt nichts zu Mute. Als sie jedoch ihre Bettdecke anhob, um sich noch einmal darunter umzudrehen, verzog sie ein wenig ihre kleine, mit Sommersprossen bedeckte Nase.

Sie könnte eine Dusche vertragen, bestimmt hatte sie in der Nacht geschwitzt. Und da ihr Vater sowieso nicht zuhause war, könnte sie sich auch Zeit lassen und ein Bad nehmen.

 

Leise machte sie sich auf den Weg ins Bad, ließ ihren Pyjama einfach achtlos auf den gefliesten Boden fallen und stellte sich in die Dusche, während sie schon einmal das Badewasser einlaufen ließ.

Die kurze Katzenwäsche, die sie erledigte, um den gröbsten Schweiß und Schmutz von sich abzuwaschen, tat ihr bereits mehr als gut, doch ein Gedanke trübte ihren kurzen Anflug von Glückseligkeit.

Da gab es doch diesen....Geist. Wesen. Dämon. Was auch immer er war. Der sich mal in dem goldenen Ring und mal in ihrem Kopf einnistete. Konnte er sie jetzt gerade sehen? War er ab sofort immer und überall bei jeder ihrer Tätigkeiten dabei? Das war ja mehr als peinlich!

 

Sich mit einem Mal auf irgendeine Weise schämend drehte sie das Wasser ab und stieg aus der Dusche, wo sie nach einem Handtuch auf dem nahestehenden Halter griff und sich darin einwickelte. Ihr Blick wanderte irritiert durch das Bad, fast so, als würde sie nach einer Art versteckten Kamera Ausschau halten.

„Hallo? Bist du da?“

Sie sprach laut und deutlich, doch natürlich erhielt sie keine Antwort. Nach ein paar weiteren Augenblicken, in denen nichts geschah und Amane lediglich ihre eigenen Umrisse in der beschlagenen Scheibe des Spiegels anstarrte, schüttelte sie den Kopf.

Jetzt war sie nicht nur depressiv, sondern hatte auch nicht mehr alle Tassen im Schrank. Großartig! Genau so ein Mädchen würden all die Jungen aus ihrer Schule bestimmt wollen!

 

Langsam und genießerisch ließ sie sich in das warme Badewasser gleiten und lehnte sich zurück, so dass ihre Haare nun ebenfalls nass wurden. Sie schloss die Augen und dachte daran, dass sie wirklich gerne einmal Tauchen gehen würde. Irgendwo, in einem wunderschönen, schillernden Ozean, in dessen Korallenriffen sie sich wie eine Meerjungfrau fühlen konnte.

Vom Great Barrier Reef in Australien hatte sie gehört, dass es ein Paradies sein musste. Oder die Strände im Norden von Ägypten, die hinaus auf das Meer führten. Wie schön es dort sein musste...

 

Doch leider, leider würde sie es niemals mehr erleben, sagte Amane sich selbst. Weil sie nämlich bald sterben würde.

Ihr Kopf arbeitete schon wieder auf Hochtouren, denn die Badewanne brachte sie auf ganz neue Ideen. Konnte man sich selbst ertränken? Sicherlich nicht, zuvor würde man bestimmt ohnmächtig werden und wieder an die Oberfläche treiben.

Gedankenverloren betrachtete sie ihren eigenen Körper unter der niedrigen Wasseroberfläche und stellte sich vor, wie es wäre, einfach in einem warmen, angenehmen Dampfband dahinzusterben. Die Vorstellung hatte etwas...nur das sie zwei gravierende Dinge enthielt, die das Ganze schwierig und außerdem noch etwas peinlich machte.

Zum einen glaubte sie kaum, dass sie sich wirklich dazu zwingen konnte, lange genug unter Wasser zu bleiben, bis sie tot war. Der Gedanke beschämte sie ein wenig, doch leider musste sie in diesem Punkt einfach ehrlich zu sich sein – sie besaß die entsprechende Selbstbeherrschung nicht.

Und zum anderen – wenn sie jetzt einfach sterben würde, würde ihr Vater sie genau so finden, wie sie gerade war. Nackt. In ihrem gemeinsamen Bad. Und wenn sie ehrlich war, wollte sie doch nicht unbedingt so aufgefunden werden!

 

Amane setzte sich in der Badewanne auf und begann damit, ihre Haare einzushampoonieren. Wenn sie sich schon nicht ertränken konnte...welche Möglichkeiten gab es sonst noch?

Viele absurde Gedanken rollten durch ihren Kopf wie ein Spielball, während sie sich die Haare wusch und sich anschließend mit einem Schwamm ihren Körper abschrubbte. Plastiktüten, Elektrische Schocks, Gasherde, Nahrungsverweigerung, Überdosis, Rauchvergiftung...

 

Und nach langem hin- und herüberlegen fasste sie einen Entschluss. Es war vielleicht ein wenig verrückt, doch es hatte irgendwie etwas für sich. Doch zuvor würde sie sich noch etwas anziehen!

 

Das Badewasser hatte sie abgelassen, ihre Haare ließ sie ungeföhnt und nur in ihrer Unterwäsche und einem Tanktop bekleidet lief sie durch die leere Wohnung zum Gefrierfach, um so viele Eiswürfel wie nur möglich herauszuholen. Natürlich war ihre Ausbeute mehr als mager, doch schon allein das Gefühl, bei dem sich ihre Finger ein wenig vor Kälte versteiften, ließ sie vorfreudig und selbstzufrieden lächeln.

In England waren sie und ihr Bruder oftmals Anfeindungen und Hänseleien ausgesetzt gewesen. Nicht nur, dass sie beide ursprünglich aus aus einem anderen Land stammten, auch aufgrund ihrer Haut- und Haarfarbe hatten Amane und Ryou seit Kindesbeinen an die erniedrigsten und geschmacklosesten Spitznamen verpasst bekommen, die Amane noch heute wie eine grell leuchtende Neonreklame im Gedächtnis prangten:

 

Wasserleichen, Schneezombies, Ruft den Bestatter, die Toten sind auferstanden.

 

Vielleicht hatten ihre ehemaligen Schulmobber ja gar nicht so unrecht. Vielleicht würde sie ja heute das werden, als das sie jahrelang beschimpft und tituliert wurde.

 

Amane füllte die wenigen Eiswürfel, die sie aus dem Kühlfach genommen hatte, in die nun leere Badewanne. Es bedeckte nicht einmal richtig den gesamten Boden, doch es war schließlich nicht alles. Bis zum Anschlag drehte sie die das eiskalte Wasser auf, hielt noch einmal prüfend ihre Hand darunter und nickte anschließend befriedigend sich selbst zu.

Sie würde die Badewanne mit so kaltem Wasser befüllen, dass es einfach schnell gehen musste! Spätestens wenn ihr Vater heute von der Arbeit nachhause kam, würde sie nicht mehr am Leben sein, sondern erfroren wie ein Babykaninchen im tiefsten Winter!

 

Sobald das Wasser eine für sie ausreichende Höhe erreichte, nahm Amane noch einmal einen tiefen Atemzug – und setzte einen Fuß hinein.

Eisige, beissende Kälte schoss an ihr hinauf wie ein elektrischer Schlag und das Mädchen biss augenblicklich die Zähne aufeinander. Es war wie an einem heißen Sommertag, an dem man den ersten Fuß in einen vergleichsweise eiskalten Badesee setzte! Und genau so langsam und bedächtig arbeitete sie sich nun vor. Nahm zuerst den zweiten Fuß hinzu, ließ sich dann erst langsam ins Wasser sinken – ignorierte dabei die gefühlt zentimeterdicke Gänsehaut und ihre schon steif abstehenden Brustwarzen – ehe sie wieder in ihrer alten Ausgangsposition in der Wanne lag.

Nur das dieses Mal kein wohltuendes, warmes Bad sie umspülte, sondern eiskaltes Wasser.

 

Noch war es auszuhalten, doch Amane war sich sicher, dass schon bald ihre Zähne anfangen würden zu klappern. Ihr Körper würde anfangen, müde zu werden. Nach und nach würde er alle wichtigen Körperfunktionen einstellen. Und irgendwann würde sie in eine schöne Ohnmacht und einen noch schöneren Tod hinabgleiten. Oh ja, genau so würde es kommen! Sie musste nur geduldig sein. Geduldig sein und warten...

 

Ein paar Minuten verstrichen. Amane fühlte, wie die Kälte langsam begann, unangenehm zu werden und empfand dies, als ein positives Zeichen. Jetzt nur nicht aufgeben! Leider musste sie doch gestehen, dass das Warten auf den Tod irgendwie langweilig war...vielleicht hätte sie Musik anschalten sollten, oder...

 

„Tst! Was treibst du da jetzt schon wieder?“

 

Amanes Augen weiteten sich augenblicklich und ihr Kopf schoss aus dem Wasser, so dass sie sich in eine aufrechte Position setzten konnte.

Auf dem Badewannenrand saß mit überschlagenen Beinen und vor der Brust verschränkten Armen eine halb durchsichtige Gestalt, die auf sie herunterschaute, als würde sie nichts als pures, verächtliches Mitleid für Amane empfinden.

 

„Verschwinde!“

 

Sie versuchte es drohend klingen zu lassen, doch durch die Tatsache, dass ihre Zähne schon leicht anfingen, aufeinander zu klappern, ließ es eher wie ein undeutliches Zischen klingen.

 

„Soll ich dir voraussagen, wie lange es ungefähr dauern wird, bis du tot bist?“

 

Der herablassende Ausdruck im Gesicht des Ringgeistes war plötzlich einem wissenden Grinsen gewichen. So als wäre er ganz in seinem Element.

Ohne eine Antwort von Amane abzuwarten, hob er 7 seiner langen, schlanken Finger.

 

„7 Stunden. Wenn du Glück hast, 5.“

 

7 Stunden?! Das konnte nicht sein. Dieser...übernatürliche Geisterfreak wollte sie doch bloß auf den Arm nehmen und sie kurz vor ihrem Tod noch einmal so richtig als Trottel dastehen lassen!

 

„Du verarschst mich doch nur!“

 

Diesmal kam es wirklich etwas zorniger herüber. Auch wenn die Gänsehaut sich immer noch anfühlte, als würde ihr gerade ein Fell wachsen. Und ihre Brustwarzen so hart waren, das sie garantiert bei jedem Casting für Pornofilme nicht einmal den Mund hätte aufmachen müssen.

 

„Warum sollte ich dich anlügen, Engelchen?“

„Weil du dich nur wichtig machen willst und du doch sowieso keine Ahnung hast.“

Amane war bewusst, dass ihre Antwort sehr wahrscheinlich kindisch und stur klang. Und der Geist des Ringes drehte sich tatsächlich mit einem leisen Seufzen zu ihr ihr um, so dass er ihr besser ins Gesicht sehen konnte. Wieder hob er seine Hände, diesmal mit nur einem erhobenen Zeigefinger.

 

„Erstens – du schwimmst nicht und verbrauchst dadurch keine Energie. Zweitens.“

Er erhob zusätzlich den Mittelfinger und verdeutlichte dadurch seine Aufzählung, „Ist dieses Wasser hier allerhöchstens 7 Grad kalt, wenn du lange genug wartest, wird es vielleicht noch 2 Grade kälter. Angenommen, du würdest in einem Eismeer schwimmen, ganz so, wie ein süßes kleines Seepferdchen, dann mein Engelchen, wärst du innerhalb von 45 Minuten tot. Aber das hier...“

 

Der Ringgeist zog die Nase kraus und Amane ertappte sich bei der Erkenntnis, dass es seinem sonst so giftigen Gesichtsausdruck etwas angenehmeres verlieh. Trotzdem biss sie sich ärgerlich auf ihre kalte Unterlippe.

„Ich glaub' dir kein Wort.“

Demonstrativ drehte sie den Kopf von ihm weg, so dass ihre nassen Haarsträhnen an ihrer Wange kleben blieben. Und wieder ertönte das amüsierte, unbarmherzige Lachen.

 

„Nur zu. Wir können ja hier zusammen warten.“

 

Amane schenkte ihm keine Beachtung mehr und starrte stattdessen die gekachelte Wand des Badezimmers an. Doch aus den Augenwinkeln heraus konnte sie noch immer den halbtransparenten Mann mit den weißen, langen Haaren, aus denen zwei markante Strähnen auf seinem Kopf abstanden, auf dem Badewannenrand sitzen sehen. Er schien keinerlei Anstalten zu machen, von hier zu verschwinden.

 

Als schließlich ein paar weitere Minuten verstrichen, in denen rein gar nichts zu passieren schien – außer der Tatsache, dass Amane langsam spürte, dass ihre Finger und Zehen ein wenig steif wurden.

 

„Na komm. Wir können uns doch wenigstens ein wenig unterhalten, bis der Tod dich holt.“

Die tiefe markante Stimme klang nun ehrlich interessiert und als Amane ihren Kopf wieder zu ihm drehte, hatte der fremde Geist wirklich auf auffordernde Weise den Kopf schief gelegt.

 

„Was willst du denn wissen? Kannst du nicht sowieso meine Gedanken lesen?“

Für einen Augenblick fühlte Amane sich tatsächlich ein wenig triumphierend und schnippisch und wartete auf eine irritierte Reaktion seitens des seltsamen Wesens auf ihrem Badewannenrand. Doch diese blieb aus.

 

„Sicher. Aber ich fände es spannender, wenn du dich mir öffnen würdest. Wieso sollte ich mir den Spaß also schon verderben?“

 

Irgendetwas sagte Amane, dass sie diesen Kerl wohl so schnell nicht loswerden würde. Aber da sie sowieso bald tot sein würde, könnte es ihr auch egal sein, was er über sie erfuhr. Doch ein kurzes Augenrollen konnte sie sich nicht verkneifen.

 

„Schön. Was willst du wissen?“

„Was tust du so, um ein wenig Spaß zu haben?“

„Was ist das denn bitte für eine Frage?“

„Eine Frage, die mich wirklich interessiert, Engelchen. Ich sitze jetzt schon ein paar Tage in deinem Kopf und habe noch nie erlebt, dass es dir gut ging. Außer wenn du kurz davor standest, dir das Leben zu nehmen.“

Der letzte Teil der Frage amüsierte ihn wohl besonders und wäre Amane nicht so kalt, wäre sie sicherlich ein wenig rot geworden, da sie sich mit einem Mal etwas beleidigt fühlte.

 

„Ich weiß nicht. In England habe ich viel gezeichnet, ich wollte unbedingt Mangaka werden.“

„Oh man, wenn du so zeichnest wie du drauf bist, sehen ja selbst die Hieroglyphen in den Pyramiden glücklicher aus.“

„Halt deinen Mund!“, jetzt wurde das Mädchen doch ein wenig ungehalten, „Du hast meine Zeichnungen nicht einmal gesehen.“

 

Es folgte ein kurzes, unterdrücktes Kichern, doch der Geist schien sich rasch wieder zu fangen.

„Gut, dann erzähl mir etwas anderes. Hast du einen Freund?“

 

Jetzt konnte Amane wirklich nicht mehr verhindern, dass ihr Herz trotz der Kälte in ihrer Brust schlug, als würde sie gerade einen Marathon rennen. Ihre Augen mussten sich auf doppelte Größe geweitet haben.

 

„Das...geht dich nichts an.“

„Also nein.“

„Ich hab gesagt, das geht dich nichts an!“

„Also hast du keinen Freund.“

 

Amane schwieg erneut, dieses Mal, weil ihr das Gespräch wirklich langsam zu blöd wurde – und zum anderen, weil sie nicht schon wieder an ihren letzten Wunsch vor dem Sterben denken wollte. Der sich nicht erfüllen würde.

 

„Das ist der G-Grund, warum ich nicht mir dir r-reden wollte.“

 

Das Sprechen fiel ihr vor Kälte schon ein klein wenig schwerer. Sehr gut! Das war ein phantastisches Zeichen!

 

„Komm schon, Engelchen!“

 

Der Geist des Rings verschwand mit einem Mal spurlos von der Bildfläche und Amane zuckte erschrocken zusammen, als er plötzlich direkt neben ihrem Kopf wieder auftauchte, die Knie auf dem Vorleger der Badewanne und die Ellenbogen auf dem Rand abgestützt.

 

„Ich will dir doch nur ein wenig helfen. Meinst du nicht, wir beide wären zusammen ein gutes Team?“

 

Nein, dieser Meinung war sie wirklich nicht. Sie warf ihm einen abschätzigen Blick zu.

 

„Wieso sollte ich mich mit dir verbünden?“

„Ich würde dir deinen letzten Wunsch erfüllen. Wenn ich einen funktionierenden Körper hätte.“

 

Wenn Amane nicht sowieso schon sitzen würde, hätte sie sich spätestens jetzt setzen müssen. Wie bitte?!

 

„Da ich diesen jedoch noch nicht besitze, muss das leider warten.“

Der weißhaarige Geist zuckte nur gleichgültig mit den Schultern, als wäre es das normalste der Welt. Doch für das Mädchen war es das ganz und gar nicht. Was sagte er da?!

Fast instinktiv bedeckte sie sich ein wenig durch ihre eigenen Arme vor der Brust und achtete darauf, dass ihre Oberschenkel fest zusammengepresst blieben.

Eigentlich, ging es ihr auf leicht ironische Weise durch den Kopf, sollte sie sich ja freuen. Noch nie hatte jemand ernsthaftes Interesse an ihr bekundet, aber...dieser Kerl war ja nicht einmal ein richtiger Mensch! Und er sah aus wie ihr toter Bruder!

Nein, nein, nein. Das war doch viel zu absurd!

 

Das absolute Schweigen stellte sich wieder zwischen ihnen ein, doch dieses Mal versuchte der Ringgeist nicht, sie wieder in irgendein Gespräch zu verwickeln. Stattdessen hatte er seine Position so verlagert, dass er mit dem Rücken an die Badewanne gelehnt saß und Amane auf seinen weißen Hinterkopf starren konnte.

 

Eine gewisse Form von Neugier begann doch in ihr aufzusteigen. Wieso konnte sie eigentlich plötzlich einen Geist sehen? Und was hatte es mit diesem goldenen Ring auf sich? Und wie hieß dieser Fremde überhaupt?

 

Das Grübeln und Nachdenken gepaart mit der ermüdenden Kälte begann sie schläfrig zu machen und als sie ihre Knie an sich heranzog und ihr Kinn darauf bettete, konnte sie sich ein Gähnen nicht verkneifen. Es erweckte die erneute Aufmerksamkeit des Ringgeistes, der sich zu ihr umdrehte und plötzlich vom Boden aufstand, um ihr seine Hand entgegenzustrecken.

 

„Na komm. Geh in dein Zimmer, leg dich noch ein wenig in dein warmes Bett.“

 

„Nein...nicht jetzt...“

Es ergab zwar absolut keinen Sinn mehr, was sie da im schläfrigen Zustand vor sich hinmurmelte, doch sie konnte doch jetzt nicht einfach das Handtuch werfen. Oder sich in das Handtuch einwickeln. Oder...wie auch immer. Sie musste doch noch sterben! Doch der Geist blieb hartnäckig.

 

„Komm.“

 

Amane hob träge ihren schweren Kopf und blickte in sein Gesicht. Es sah nicht böse oder hinterhältig aus. Fast schon eher...neutral. Mit großen, dunkelbraunen Augen, die auf sie hinunterblickten.

 

Ihr war so kalt. Ein warmes Bett klang so einladend.

 

Mit gemischten Gefühlen erhob sie sich und die wenige Kleidung, die sie am Leib trug, klebte an ihr wie eine zweite Haut. Ein eisiger Kälteschauer durchfuhr sie noch einmal, als sie ernsthaft versuchte, nach der Hand des Ringgeistes zu greifen...doch diese wieder nur durch sie hindurch glitt. Oh richtig. An diese „Geister-Sache“ musste sie sich immer noch gewöhnen.

 

Sie wusste nicht wie, aber nur wenige Augenblicke später hatte sie sich mit einem großen Handtuch so gut wie es nur ging abgetrocknet und in ihrem Zimmer einen frischen, trockenen Pyjama angezogen.

Nur ihre Haare waren noch nass und klebten an ihrer Haut, doch es kümmerte sie herzlich wenig, als sie erschöpft in ihr warmes Bett fiel.

 

„Und jetzt schläfst du noch ein wenig.“

 

Eine tiefe Stimme sprach zu ihr und während der Schlaf bereits ihren Geist befiel, konnte sie noch fühlen, wie ihre Bettdecke über sie gezogen wurde.

Das Sterben kann noch warten - Part 5

Das Klacken ihrer Zimmertüre war es, das sie wieder erwachen ließ. Schlaftrunken hob sie ihren schweren Kopf und öffnete ihre Augen, die sich vom Schlaf noch ganz verklebt anfühlten. Durch die Vorhänge ihres Zimmers konnte sie ein Stück des orangenen Himmels sehen, was für sie darauf hindeutete, dass der Samstag sich bereits dem Ende zuneigte.

Oh nein. Hatte sie fast einen kompletten Tag verschlafen?

Wenn ja, müsste sie sich eigentlich vollständig erholt und frisch fühlen. Doch fast schon das Gegenteil war der Fall.

 

„Amane? Ich habe mehrfach versucht, dich anzurufen, doch du bist nicht ans Telefon gegangen...“

Es war die Stimme ihres Vaters und das Mädchen setzte sich im Bett auf. War er schon von der Arbeit zurück? Sie hatte wirklich einen kompletten Tag verpasst. Und konnte in ihrem noch halb schlafenden Zustand noch nicht wirklich einordnen, ob dies eine gute Sache war.

 

„Ja...es tut mir leid. Ich...habe geschlafen...“

 

Das sie versucht hatte, in der Badewanne zu erfrieren, erwähnte sie natürlich nicht. Im Nachhinein war sie sich plötzlich nicht einmal mehr sicher, ob dieser Plan überhaupt aufgegangen wäre...

 

Erwartungsvoll sah sie ihren Vater durch ihre weißen, strähnigen Haare an, die ihr aufgrund der Tatsache, dass sie sie nach ihrem gescheiterten Suizidversuch weder geföhnt, noch irgendwie frisiert hatte, in einem völligen Chaos vom Kopf abstehen mussten. Wahrscheinlich würde nun irgendein emotionsloser Vorwurf kommen, dass sie bitte ans Telefon gehen sollte, wenn er sie anrief. Doch stattdessen erblickte sie den älteren Mann mit den ebenfalls weißen Haaren mit zusammengezogenen Augenbrauen und zwei Fingern an seiner rahmenlosen Brille, die er auf seiner Nase zurechtrückte. Es war sein typischer Gesichtsausdruck, wenn er etwas analysierte. Meistens irgendein altes Gestein oder eine Antiquität. Doch seine eigene Tochter hatte er noch nie zuvor auf diese Weise angesehen.

 

„Bist du krank, Amane?“

 

Waren ihre Gefühle eben noch ein heilloses Durcheinander, so stellte sich nun prompt reine Verwirrtheit in ihr ein.

 

„...wie meinst du das?“

 

Die eigentliche Antwort, die ihr auf der Zunge gelegen hätte, wäre gewesen, dass sie natürlich krank sei. Mrs Watanabe hatte sogar eine Akte zu diesem Thema angelegt. Doch weil ihr Vater unmöglich von dieser Art Krankheit sprechen konnte, musste er wohl irgendetwas anderes meinen.

 

„Dein Gesicht ist gerötet. Deine Augen glasig. Und du hast viel geschlafen. Ich glaube, du brütest etwas aus.“

 

Amane starrte ihren Vater an, als wäre ihm gerade ein zweiter Kopf gewachsen. Meinte er das gerade ernst?

 

„Du solltest ein wenig im Bett bleiben. Ich koche für heute Abend Suppe und melde dich am Montag in der Schule krank.“

 

Zwar sprach er wie immer ruhig und faktisch, doch es war mehr der Inhalt seiner Aussage, die Amane langsam glauben ließ, man hätte ihren Vater gegen irgendjemanden ausgetauscht, der ihm zwar ähnlich sah, aber unmöglich er selbst sein konnte.

 

„In Ordnung, Dad.“

 

Etwas besseres fiel ihr in diesem Moment nicht ein. Und während sie sich wieder in die Kissen zurücklegte, nickte ihr Vater nur bestätigend und verließ dann ihr Zimmer. Amane wartete, bis sie seine Schritte in der gemeinsamen Wohnung nicht mehr hören konnte, bevor sie zu ihrem Handy griff und schnell das Display anschaltete, um zu überprüfen, was gerade so in der Welt passierte.

Bis auf ein paar recht unwichtige Textnachrichten war der Tag wohl relativ ruhig gewesen. Als sie alle Anwendungen und Apps wieder schloss, konnte sie einen unverdeckten Blick auf ihr Hintergrundbild werfen – und fühlte einen traurigen Schmerz in der Brust.

 

Es zeigte Ryou, ihre Mutter und sie selbst. Eines der letzten gemeinsamen Photos, die von ihnen existierten. Im Hintergrund war die Innenstadt von Domino City zu sehen. Da ihr Vater nie wirklich Zeit hatte, zu ihnen nach England zu kommen, hatte ihre Mutter sich darum bemüht, wenigstens ein paar Mal mit Ryou und ihr nach Domino City zu kommen. Es war jedes Mal schön gewesen. Fast wie ein Familienurlaub.

Und nun steckte Amane hier fest und es war überhaupt nicht mehr schön. Bittere, bittere Ironie...

 

 

Irgendwann klopfte ihr Vater erneut an die Tür und kam mit einem Tablett herein, auf dem tatsächlich warme Suppe, ein Tee und eine Packung Schmerztabletten lagen. Er verlor nicht viele Worte, sondern stellte es Amane auf den Nachttisch und verließ das Zimmer ebenso schweigend.

 

Nach einem ganzen Tag im Bett war Amane hungrig und bediente sich an der Suppe, während sie ihr Laptop auf ihrem Schoss balancierte und sich durch das Netz klickte.

Da es draußen mittlerweile dunkel wurde, erschien ihr der Bildschirm immer greller und sie kniff die Augen zusammen, um sich mit ihrer freien Hand darüber zu reiben – bevor sie eine wahre Kettenreaktion an den Tag legte, als sie ihre Augen erneut öffnete.

 

Heiße Suppe bekleckerte ihr Pyjamaoberteil, da sie gerade noch so verhindern konnte, dass die heiße Flüssigkeit sich über ihr Laptop ergoss, so sehr zuckte sie vor Schreck zusammen. Fluchend und sich die nasse Hand an ihrer Hose abwischend stellte sie die Schüssel zurück auf das Tablett und warf einen genervten Blick in die dunklen, fast schwarzen Augen, die sie plötzlich über den Rand ihres Laptops hinweg anstarrten.

 

„Aua, vorwarnen bitte! Das brennt!“

„Guten Abend, ich hab dich auch vermisst.“

 

Der Geist des goldenen Rings saß doch tatsächlich am Fußende ihres Bettes, den Rücken gegen die Wand gelehnt, die Beine übereinander geschlagen, die Arme vor der Brust verschränkt. Es war das erste Mal, dass er einfach so auftauchte, ohne das Amane sich gerade in akuter Lebensgefahr war.

An sich selbst herunterblickend und sich mit einem Mal ziemlich begossen vorkommend, schob Amane den Laptop von sich und stieg aus dem Bett, ohne ihm eine weitere Antwort zu geben. Doch der Ringgeist hatte wohl auch keine von ihr erwartet.

 

„Ich wollte dich nicht erschrecken. Tut mir leid.“, er sagte es in einem solchen Plauderton, dass Amane ihm kein Wort glaubte. Ohne ihn eines Blickes zu würdigen kramte sie durch ihre Kommode und zog ein sauberes Schlafshirt heraus. Fast hätte sie sich schon aus lauter Gewohnheit des Alleinseins einfach ihr Pyjamaoberteil aufgeknöpft...doch da fiel ihr ein, dass sie ja nicht alleine war.

 

„Kannst du bitte kurz weggucken?“

Sie wollte es beiläufig und selbstbewusst klingen lassen und warf dem Geist auf ihrem Bett nun doch einen kurzen Blick über ihre Schulter zu. Doch natürlich begann dieser nur amüsiert zu lachen und schenkte ihr ein frivoles Grinsen.

 

„Natürlich könnte ich. Aber wozu? Hast du etwas zu verbergen?“

 

Dieser verfluchte Geist! Amane fragte sich, ob es eigentlich noch irgendeinen tiefer gehenden Grund hatte, dass er ausgerechnet in ihrem Leben gelandet war – außer diesem seltsamen Zeug von einem eigenen Körper, das er immer erzählte.

 

Ein beleidigtes Schnauben war alles, was sie ihm antwortete, bevor sie sich – den Rücken immer noch demonstrativ zu ihm gewandt – ihr Pyjamaoberteil auszog und ein trockenes Shirt über ihren Kopf streifte. So. Immerhin das war erledigt.

 

„Was willst du?“

Als sie sich umdrehte bemerkte sie, dass sie wohl unbewusst seine Körperhaltung imitiert hatte, denn auch sie hatte nun die Arme vor der Brust verschränkt und blickte ihn finster an. Selbst mit ihren ungekämmten Haaren musste sie ihm auf eine gewisse Art ähnlich sehen.

 

„Ich dachte, wir könnten noch ein wenig Zeit miteinander verbringen. Unser nette Unterhaltung von heute morgen fortsetzen.“

 

„Unterhaltung konnte man das ja wohl nicht nennen.“

 

Mit einem Mal schien sich etwas in der Aura des Ringgeistes zu verändern. Sein Blick war nicht mehr länger stolz und abwertend, sondern verdunkelte sich so schlagartig, dass Amane das Herz in die Hose rutschte. Plötzlich war er nicht mehr auf dem Bett zu sehen. Sondern tauchte wie aus dem Nichts heraus direkt vor Amane auf, so nahe, wie sie sich noch vor kurzem in der U-Bahn gegenübergestanden hatten.

 

„Du hast nicht die geringste Ahnung.“

In seiner Stimme war keine Spur von Zynismus mehr zu hören, sondern pure Dunkelheit, so wie Amane sie noch nie zuvor von ihm gehört hatte. Erschrocken wich sie zurück.

„Du hast nicht die geringste Ahnung, wie es da drinnen ist. Die Einsamkeit, die dich umgibt. Jahrhundertelang nur Einsamkeit.“

Amane verstand zuerst nicht, wovon er sprach, bis sie den goldenen Ring, der wieder an ihrem Bettpfosten hing aus den Augenwinkeln heraus sah – und ihr auch der schwache Goldschimmer nicht entging, der ihn umgab.

 

„Das wusste ich nicht. Entschuldigung.“

Es war eine ehrliche Entschuldigung, die sie aussprach und sie fühlte eine Mischung aus Reue und Mitleid in sich aufsteigen. Es stimmte tatsächlich – sie hatte nicht die geringste Ahnung. Sie wusste praktisch nichts über den Ringgeist. Vielleicht konnten sie sich ja wirklich irgendwie...unterhalten. Wie auch immer man es nun nennen wollte.

 

„Komm...setzen wir uns doch einfach.“

 

Keine Minute später saßen sie wieder in ihrer Ausgangsposition auf Amanes Bett und Amane löffelte den Rest ihrer mittlerweile lauwarmen Suppe. Der Geist des Ringes wollte nichts abhaben, sie hatte ihm zunächst etwas davon angeboten. Es war die erste Sache, die sie über ihn lernte: er konnte zwar Dinge berühren und bewegen, aber nichts zu sich nehmen. Er musste es ja theoretisch auch nicht.

 

„Woher kommst du?“

„Aus einem Dorf in Ägypten. Vor 5000 Jahren.“

„Und wie kommt es, dass du jetzt hier bist?“

„Mein Dorf wurde niedergebrannt und ich schwor Rache an jener Person, die dafür verantwortlich war. Egal wie lange es dauern wird.“

„Warum hast du niemals zuvor versucht, aus dem Ring auszubrechen?“

„Das ist nicht so einfach, Engelchen. Die Verbindung funktioniert nur mit bestimmten Menschen. Bei deinem Vater spürte ich bereits eine leichte Verbindung, doch als du den Ring berührt hast...ich habe mich gefühlt wie nach einer erfolgreichen Nacht mit einem allzu willigen jungen Ding.“

 

Ihre Unterhaltung nahm langsam so etwas wie eine gewisse Vertrautheit an, doch als der Geist des Rings ihr zusammen mit seinem süffisanten Kommentar ein breites Grinsen schenkte, war Amane sich sicher, dass er wieder zu seiner üblichen, direkten Art zurückgekehrt war.

Mit einem tiefen Atemzug beschloss sie, seine Aussage einfach zu übergehen.

 

„Ich will dich ja nicht enttäuschen, aber ich glaube, ich kann dir bei deinen Plänen leider nicht assistieren. Deine Rache wird also noch etwas warten müssen.“

„Wer sagt denn, dass du dabei assistieren musst? Ich brauche lediglich deinen Körper, das ist die einzige Form von Mithilfe, die du leisen kannst.“

„Und auch der wird bald nicht mehr existieren. Ich bin es leid, ich werde bald mit allem Schluss machen. Es tut mir leid, aber daran ändern auch deine Pläne nichts mehr.“

 

Eigentlich erwartete sie nun, dass der Geist des Rings versuchen würde, sie auf irgendeine Weise umzustimmen, doch alles was er tat, war sie von oben bis unten zu mustern und dann seufzend die Augen zu verrollen.

 

„Ihr Kinder heutzutage seit echt merkwürdig.“

 

Daraufhin sagte er nichts mehr. Und auch als er weiterhin schwieg und sich eine peinliche Stille zwischen ihnen anbahnte, setzte Amane noch einmal mit Nachdruck hinzu:

 

„Diese Entscheidung steht.“

 

„Es tut mir ja leid, dich enttäuschen zu müssen“, wiederholte der Ringgeist beinahe genau die gleiche Phrase, die sie zuvor noch benutzt hatte, was sie irgendwie ärgerte,

„Aber all deine Versuche verliefen ja nicht wirklich erfolgreich. Meinst du wirklich, dein Plan ist so wasserdicht, wie du denkst?“

„Es wird mir schon etwas einfallen.“

Es war zwar keine wirklich gute Antwort, aber das so auf sich sitzen zu lassen konnte sie nun auch wieder nicht.

 

Der Ringgeist seufzte lang und langgezogen. Jedoch nicht auf abwertende, sondern fast schon auf eine...bedauernde Art und Weise.

 

„Schade, Engelchen. Schade um dich und dein hübsches, kleines Köpfchen.“

 

Und mit diesen Worten löste er sich langsam auf und verschwand, höchstwahrscheinlich zurück in den Ring.

Amane blickte das goldene Schmuckstück noch eine Zeit lang stumm und nachdenklich an.

 

Verrückt. Verrückt war das richtige Wort dafür. Denn es war einfach nur verrückt, ernsthaft darüber nachzudenken, ob man so etwas wie Mitleid für ein übernatürliches Wesen empfinden konnte.

 

 

 

 

Amane war nicht mehr lange nach dem Verschwinden des Ringgeistes aufgeblieben. Das Nichtstun hatte sie irgendwie müde gemacht...und da ihr Vater ernsthaft glaubte, sie würde sich mit einer Grippe oder einer Erkältung im Bett befinden, sah sie auch keinen besonderen Grund, das Zimmer zu verlassen.

Das nächste Mal, als sie erwachte, regnete es wieder. Sie konnte es an dem trommelnden Geräusch gegen ihre Fensterscheibe erkennen. Ein Blick auf ihr Handy verriet ihr, dass es Sonntagvormittag war und das Apartment war wie immer ruhig, fast schon gespenstisch. Es war nicht ungewöhnlich, dass ihr Vater auch Sonntags arbeitete, immerhin hatte das Museum an sieben Tagen in der Woche seine Pforten geöffnet.

Nicht wirklich wissend, was sie mit dem freien Tag nun anstellen sollte, beschloss Amane aufzustehen und sich einen Tee zu machen, denn die Tasse, die ihr Vater ihr am Vorabend auf den Nachttisch gestellt hatte, war inzwischen ziemlich kalt geworden.

 

Sich etwas merkwürdig fühlend, da sie sonst nie im Pyjama in der Wohnung herumlief, betrat Amane die Küche und setzte das Teewasser auf, Vielleicht könnte sie den heutigen Tag ja tatsächlich irgendwie nutzen...

Sich hungrig fühlend öffnete sie den Kühlschrank, um nachzusehen, was sie eventuell zum Tee frühstücken könnte, doch zu ihrer Enttäuschung gab der Kühlschrank nicht sonderlich viel her...sie mussten demnächst dringend wieder zum Einkaufen fahren. Alles, was Amane vorfand, war ein wenig Gemüse, ein Fertiggericht und Sake, den ihr Vater manchmal zu einem warmen Abendessen trank. Und eine angebrochene Packung Milch.

Enttäuscht nahm Amane zumindest diese aus dem Kühlschrank, um einen Teil davon in ihren Earl-Grey-Tee zu gießen und wieder zurück auf ihr Zimmer zu gehen. Vielleicht sollte sie doch auf Verhungern setzen...auch wenn das nach langem Warten und sehr mühselig klang.

 

Die kalte Teetasse auf ihrem Nachttisch nahm sie in die Hand, um sie mit ihrer frisch zubereiteten Tasse zu ersetzen...als ihr etwas anderes ins Auge stach.

Neben der leeren Suppenschüssel und der der kalten Tasse Tee lag da noch etwas anderes, was sie zwar wahrgenommen hatte, das mögliche Potential jedoch nicht sofort erkannt hatte.

 

Schmerztabletten. Handelsübliches Paracetamol. Eine Packung Tabletten, die man nicht einmal in einer Apotheke kaufen musste, sondern in jedem größeren Supermarkt für geringes Geld bekam. Nicht, das Amane sie wirklich brauchte, immerhin ging es ihr - bis auf die Tatsache, dass die depressiv und ihr Leben außer Kontrolle war - gut. Doch für das Mädchen sahen sie in diesem Moment aus wie ein Ticket in die Freiheit.

Mit klopfendem Herzen setzte sie die Tasse ab und griff mit zitternden Händen nach der Verpackung, um eine der kleinen Laschen aufzureißen und den Blister herauszuziehen. Bis auf eine einzige Tablette war die Verpackung fast noch vollständig. 29 Stück.

Amane fühlte, wie sich die Gedanken in ihrem Kopf beinahe überschlugen. Sie hatte noch nie darüber nachgedacht, wie viele Tabletten wohl möglich sein müssten, um sich selbst eine Überdosis zu verpassen.

 

Sie musste sich kurz auf ihr Bett setzen, um darüber nachzudenken. Wenn sie alle auf einmal nehmen würde...wäre sie dann tot? Würde es ihr womöglich nur soweit helfen, dass sie sich die Seele aus dem Leib kotzen musste? Der Gedanke machte ihr Angst.

 

Mit fahrigen Händen ergriff sie ihr Mobiltelefon und fühlte das schlechte Gewissen in sich aufsteigen, als sie in die Suchmaschine sowohl „Medikamente“ als auch „Suizid“ eintippte. Würde man ihr Handy nach ihrem Tod durchsuchen?

Alles was sie fand waren rein medizinische Seiten – aber auch ein paar Foren, auf denen psychisch kranke Menschen sich auszutauschen schienen. Amane beschloss, nicht in diesen Abgründen des Internets nachzusehen, sondern sich den rein faktischen Websites zuzuwenden. Sie konnte ja immer noch behaupten, sie habe sich nur informieren wollten. Aber wieso sollte sie lügen, wenn sie sowieso tot war...?

Das ganze Gedankenkarussell ließ sie nicht mehr logisch nachdenken!

 

Sie musste nicht lange herumklicken, bis sich ihr Geist förmlich aufzuhellen schien. Ein Suizid mithilfe von Tabletten schien zwar nicht unmöglich zu sein, doch es gab eine Sache, eine Geheimzutat, die das ganze zu einem wasserdichten Plan machte:

 

 

Alkohol.

 

Dad's Sake.

 

Mit einem Mal fühlte Amane sich so klar und ruhig wie schon seit Tagen nicht mehr.

 

 

 

Entspannt und ruhig stand das Mädchen keine 20 Minuten später in der Küche des Apartments.

Sie hatte sich etwas alltagstauglicheres als ihren Pyjama angezogen, ihre Haare in einen strammen Zopf gebunden und richtete auf der Küchenzeile das an, was sie für ihr Vorhaben benötigte.

Die Packung Schmerztabletten lag bereits griffbereit neben ihr. Dann ein wunderschön verzierter Keramikbecher, von dem Amane wusste, dass ihr Vater ihn noch vor ihrer Geburt einmal geschenkt bekommen hatte und zu guter letzt der Sake ihres Vaters. Zuerst hatte sie darüber nachgedacht, einfach alle Tabletten der Verpackung mit einem großen Glas Wasser herunterzuspülen, und anschließend den Sake zu trinken, doch sie hatte sich jetzt doch dazu entschieden, sie einfach nach und nach zusammen mit dem Reiswein einzunehmen. So ging sie auf Nummer sicher.

 

Ein letztes Mal warf sie einen Blick aus dem verregneten Fenster, bevor sie den Wein in den Becher goss und die ersten vier Tabletten aus dem Blister löste.

„Na dann...“

Doch noch ehe sie ihre ausgestreckte Handfläche zum Mund führen konnte, ertönte plötzlich ein Räuspern aus der Richtung der Küchentür. Wie ertappt hielt das Mädchen in ihrer Bewegung inne und wandte den Kopf irritiert in besagte Richtung.

 

„Hast du überhaupt schon einmal Alkohol getrunken?“

 

Oh nein. Den hatte sie ja komplett vergessen!

 

Im Türrahmen der Küche stand der Ringgeist, die Arme wie immer vor der Brust verschränkt, eine Schulter gegen den Türrahmen gelehnt und sie mit schief gelegtem Kopf fragend anblickend. Musste er ausgerechnet jetzt auftauchen?

 

„Ich komme aus England. Wir fangen alle früh mit dem Trinken an, aber keiner gibt es zu, nicht einmal die Regierung.“

Eine Tatsache, die Amane selten preisgab. In der Heimat ihres Vaters war schließlich vieles anders.

 

Eine amüsierte, hochgezogene Augenbraue schaute sie mit einem Gesichtsausdruck an, der doch tatsächlich ein wenig überrascht wirkte.

 

„So ein böses Engelchen bist du also...das hätte ich ja nicht von dir gedacht.“

„Du weißt so einiges nicht über mich. Und wenn du mich jetzt entschuldigen würdest – ich muss Sterben gehen.“

 

„Ich meinte nicht den Alkohol....“, der Geist des Ringes sprach einfach ruhig weiter, während sie nun aber wirklich die vier ersten Tabletten auf ihre Zunge legte, um alles mit in den Nacken gelegten Kopf durch den Sake herunterzuspülen,

„...sondern die Tatsache, dass du ernsthaft eine Möglichkeit gefunden hast, dich wirklich umzubringen.“

 

Fast hätte Amane den Sake wieder ausgespuckt. Ihr Kopf flog herum, während sie alles was im Mund hatte in einem großen Schluck ihre Kehle hinunterbeförderte.

 

„Wie meinst du das?“

 

„Genau so, wie ich es sage. Leider, leider, so gerne ich es täte, würde ich dir jetzt erzählen, dass dein Plan völlig umsonst ist und du so kläglich scheitern wirst, wie ein Sklave, der die Pyramide herunterfällt...doch du hast es wirklich geschafft. Du hast einen Plan entwickelt, der niet- und nagelfest ist. Ich sollte dir eigentlich gratulieren, Engelchen.“

 

Spöttisch und träge klatschte der Ringgeist in die Hände und sah ihr dabei in die Augen.

Amane hätte ihm für seinen dämlichen Gesichtsausdruck am liebsten den Keramikbecher an den Kopf geworfen, auch wenn sie wusste, dass sie sich eigentlich freuen sollte. Sie hatte ihr Ziel erreicht. Zwar noch nicht ganz – immerhin lebte sie noch – doch sie war wohl auf dem richtigen Weg. Und außerdem wollte sie ja das Keramik nicht zerstören, da es im hohen Bogen durch ihn hindurchfliegen würde...

 

„Hör auf damit. Ja, es ist toll, dass ich endlich auch mal schlauer bin als du. Du kannst dich gerne mit mir darüber freuen und ich wünsche dir noch ein schönes Leben, vielleicht treffen wir uns irgendwann ja einmal wieder, im Himmel oder...wo auch immer.“

 

Schon wandte sie sich wieder ihrem Tun zu, löste die nächsten Tabletten aus der Verpackung – diesmal waren es sogar schon sieben – und schluckte sie so schnell mit Hilfe des Sakes hinunter, dass sie fast würgen musste. Nicht nachdenken, einfach machen. Schon spürte sie eine Art wohliges Wärmegefühl in sich aufsteigen, wobei sie nicht sagen konnte, ob es vom Alkohol oder den Tabletten kam.

 

„Ach Engelchen...“

Der Ringgeist hatte sich von der Küchentür wegbewegt und stand nun direkt neben ihr, wo er fast schon so etwas wie einen traurigen Gesichtsausdruck trug. Amane versuchte weiterhin ihn zu ignorieren und stattdessen weitere Tabletten aus der kleinen, silbernen Folie zu befreien.

 

„Wenn du sowieso jetzt draufgehst...kann ich dir etwas anvertrauen?“

Kurz hielt Amane in ihrem Tun inne und sah ihn aus den Augenwinkeln heraus an.

„Wenn du unbedingt willst...“

„Hätten wir uns zu einem anderen Zeitpunkt getroffen, oh dann glaub mir, du wärst schneller nicht-mehr-Jungfrau gewesen, als du Pharao sagen könntest.“

 

Entsetzt riss das Mädchen die Augen auf und wandte sich nun doch dem Geist des Rings zu.

„Du hättest mich VERGEWALTIGT?!“

Ein entnervtes Augenrollen begleitete seine Antwort.

„Natürlich nicht, für so etwas hätte man in meiner Zeit den Kopf, oder noch schlimmer, den Schwanz abgehakt bekommen. Aber vielleicht hätte ich dich mit meinem unzähligen Schmuck aus der Diebesausbeute beeindruckt und mich mit dir bei Sonnenuntergang ans Ufer des Nils gesetzt und dir einen kleinen Kelch Rotwein angeboten, damit deine Wangen schön geleuchtet hätten, wenn ich dich anschließend mit in mein zuhause genommen hätte und dir dort so richtig schön die...“

„Ja ich hab es begriffen, du musst es nicht weiter erklären!“

 

Peinlich berührt starrte Amane auf die Küchenzeile, während ihr Gesicht tatsächlich glühte. Zu viel Alkohol. Zu viele seltsame Gedanken, die dieser vermaledeite Geist ihr gerade in den Kopf pflanzte...

 

„Das könnte alles Wirklichkeit werden, Engelchen.“, er breitete die Arme aus, als würde er gerade eine Art große Rede halten, „Wir müssen nur geduldig sein, bis meine Rache beendet ist und ich wieder einen eigenen Körper bekomme.“

„Jetzt ist es doch sowieso zu spät.“

 

Amane spürte, wie ihr Kopf langsam zu schwimmen begann, aber sie durfte jetzt nicht aufgeben. Sie musste ganz sicher gehen, dass sie nicht einfach nur in Ohnmacht fallen würde. Sie musste die Packung ausleeren.

 

So rasch es in ihrem aktuellen Zustand noch ging, befreite sie eine Tablette nach der anderen endgültig aus ihren silbernen Versiegelungen und nahm nun wahllos eine nach der anderen in den Mund. Gleich war es geschafft! Gleich musste sie sich nur noch aufs Sterben freuen!

 

„Und wenn ich dich bitte?“

Plötzlich war die Stimme des Ringgeistes so anders. Nicht so wie letzte Nacht, in der er wohl eine Art kurzen Zornanfall gehabt hatte, sondern so...ehrlich. Neutral.

„Um was?“

„Es doch sein zu lassen. Jetzt hättest du noch die Möglichkeit, einen Krankenwagen zu rufen.“

„Nein. Es gibt kein Zurück mehr.“

 

Amane spürte bereits, wie ihr das Sprechen schwerer fiel. Und wie ihre Hand bereits etwas schwankte, als sie es endlich tat. Die letzte Tablette. Kurz ließ sie sie auf ihrer Zunge liegen, dann glitt sie auch schon ihre Kehle hinunter. Es war geschafft. Sie hatte 29 Schmerztabletten mit Alkohol heruntergespült.

 

Amane nahm einen tiefen Atemzug und blieb dann ruhig vor der Küchenzeile stehen, abwartend, was sie nun erwarten würde. Ihr Blickfeld war bereits verschwommen. Ihre Augenlider fühlten sich tonnenschwer an, so dass es ihr große Anstrengungen bereitete, sie überhaupt aufzuhalten. Das war es also. Das Sterben, nach dem sie sich immer so sehr gesehnt hatte. Irgendwie hatte sie es sich...spektakulärer vorgestellt. Mit einem wahren Feuerwerk der Gefühle. Fast einem Orgasmus gleich. Sagte man in so manchen Sprachen nicht auch, ein Orgasmus wäre „der kleine Tod“?

 

„Ach Engelchen...du bist ein solcher Dickkopf, du lässt mir leider keine andere Wahl...“

 

In diesem Moment fühlte Amane sich, als ob man sie packen und davonreissen würde. Als würde sich irgendetwas um sie schlingen und sie in die Luft heben. Vor ihren Augen wurde alles Schwarz.

 

Das musste er sein, der Tod.

Das Sterben kann noch warten - Epilog

Der Zustand des Todseins fühlte sich fast wie eine abgespeckte Version des Lebens an. Es war kein Gefühl des Glücks, kein Gefühl der Trauer...mehr wie ein Gefühl des Schwebens. Und unter ihren Fingern konnte Amane noch immer die kalte, glatte Fläche der Küchenzeile fühlen, in ihren Ohren noch immer das Prasseln des Regens gegen die Fensterscheibe hören...allerdings nicht so, als würde sie gerade wirklich in ihrer Küche stehen.

Mehr so, als empfinde sie alles durch eine Art Schleier. Als hätte sich irgendetwas über ihren Geist gelegt, der es verhinderte, dass ihre Sinne richtig arbeiteten...

Ruckartig öffnete sie ihre Augen.

 

Sie befand sich noch immer in ihrer Küche. Doch was sie sah, faszinierte und erschrak sie zu gleichen Teilen: sich selbst.

Sich selbst, wie sie noch immer an Ort und Stelle stand. Den Kopf gesenkt, beide Hände auf der Küchenzeile platziert. Der selbe Blickwinkel, aus der ein Außenstehender sie womöglich jetzt sehen würde. War das Teil des Sterbens? Würde nun ihr Leben rückwärts an ihr vorbeilaufen und ein großes, helles Licht sie empfangen? Macht das überhaupt irgendeinen Sinn?

 

In diesem Augenblick hob das Abbild von ihr den Kopf und drehte ihn genau in ihre Richtung.

„Eine Maßnahme der Notwendigkeit...“

Die Tatsache, dass ihr eigener Körper zu ihr sprach, ohne das sie es kontrollieren konnte, versetzte sie in schiere Panik. So sehr, dass ihr erst jetzt auffiel, dass ihr Gesichtsausdruck überhaupt nicht nach ihr selbst aussah und zwei ihrer Haarsträhnen auffällig nach oben abstanden.

 

„Du?! Was hast du getan?!“

 

Ihre Stimme erklang schrill und zittrig und ihr Gegenüber hob lediglich die Hände, als ob er sich der Anklage schuldig bekennen würde.

 

„Wie erkläre ich es dir am besten, Engelchen? Du überlebst eine Überdosis nicht. Ich schon. Ich kann diesen Zustand aussitzen, bis dein Körper sich wieder neutralisiert hat, aber dafür musste ich mit dir die Plätze tauschen.“

Ein stolzes, selbstgefälliges Grinsen folgte der Aussage und Amane blickte voller Entsetzen an sich selbst herunter. Auf halbdurchsichtige, schimmernde Hände.

Sie war ein Geist. Allerdings kein toter Geist, so wie sie es sich erträumt hatte. Sie war ein körperloser Geist. Denn dieser Kerl hatte doch dreister Weise ihren Körper übernommen!

 

„Gib mir auf der Stelle meinen Körper zurück!“

Amane war plötzlich so wütend, dass sie Tränen hinter ihren Augen aufsteigen spürte. Doch Weinen konnte sie offenbar in ihrer aktuellen Form nicht. Der Geist des Rings schüttelte langsam und bedächtig den Kopf.

 

„Nein. Ich lasse dich nicht sterben. Ich bleibe so lange in deinem Körper, bis ich ihn dir unbedenklich zurückgeben kann. Und dann ist Schluss mit dieser ewigen „Ich will Sterben“-Geschichte.“

 

„Willst du mich etwa erpressen?!“

 

Wenn Amane gekonnt hätte, hätte sie jetzt mit den Fäusten auf ihn eingeprügelt. Alle Emotionen, die sie versucht hatte, mit Hilfe der Tabletten herunterzuschlucken, kochten plötzlich in ihr hoch wie Teewasser, das man zu lange auf dem Herd stehen ließ.

Schon wieder ein gescheiterter Selbstmordversuch. Der Diebstahl ihres Körpers. Die Tatsache, dass sie sich jetzt erst recht wie eine Versagerin fühlte.

 

„Nein. Nur helfen.“

 

Doch bevor Amane ihn irgendwie weiterhin beschimpfen und anschreien konnte, vernahm sie plötzlich das Geräusch eines Schlüssels in der Tür. Leise und sanft, als trüge sie ein paar Kopfhörer, denn ihre Sinneswahrnehmung war in ihrer Geisterform immer noch gedämpft.

Noch mehr Panik breitete sich in ihr aus.

 

„Scheiße man, das ist mein Dad! Räum sofort den Sake weg und...gib mir gefälligst jetzt meinen Körper zurück!“

 

Erstaunlicher Weise fügte der Ringgeist sich – wenn auch zumindest in einem Punkt – und ließ die Flasche Sake schnell wieder im Kühlschrank verschwinden, bevor er die leere Packung Paracetamol einfach hinter die Mikrowelle stopfte. Mit wild klopfendem Herzen hörte Amane leise, wie ihr Vater im Flur seinen Mantel ablegte und seine Schuhe auszog.

 

„Bitte! Er kann dich doch nicht so sehen!“

„Mach dir keine Sorgen, ich kläre das schon.“

 

Amane wünschte sich auf der Stelle noch töter als tot zu sein, als ihr Vater die Küche betrat – und der Ringgeist noch immer in ihrem Körper steckte! Kurz jagte ihr auch der Gedanke durch den Kopf, ob ihr Vater sie gerade sehen konnte, doch da außer ihr auch niemand den Geist des Rings sah, schien dies nicht der Fall zu sein.

 

„Amane.“, sagte er sanft und überrascht, die optischen Veränderungen schienen ihm gar nicht aufzufallen, „Geht es dir etwas besser?“

 

„Ja. Natürlich.“

 

Der Geist des Rings bekam ihre Art mit ihrem Vater zu sprechen sogar ganz gut hin. Doch am liebsten hätte Amane sich mit den Händen die Augen zugehalten, um dieses Alptraumszenario nicht mehr weiter mitansehen zu müssen.

 

„Das freut mich. Hör mir zu. Ich habe heute ein wenig früher Feierabend gemacht, weil ich etwas mit dir besprechen wollte.“

 

Amane wagte es kaum zu atmen. Das konnte doch nicht wahr sein. Sie musste ganz schnell irgendetwas tun, doch kam sich so hilflos und in ihrer aktuellen Form auch ziemlich nutzlos vor.

 

„Um was geht es denn, Dad?“

 

Es klang nicht ansatzweise so wie sie, doch der Geist des Ringes warf ihrem Vater einen unschuldigen Blick zu und legte den Kopf schief. Zum ersten Mal fiel Amane auf, dass ihr Vater irgendwie...nervös wirkte. Vielleicht viel es ihm deshalb nicht auf, dass seine Tochter sich nicht wie sie selbst verhielt.

„Hör zu, mein Kind. Ich habe in letzter Zeit sehr viel nachgedacht. Das ist schließlich mein Job, weißt du? Das Nachdenken. Und Philosophieren.“

Es sollte wohl eine Art Witz sein, doch mehr als ein kurzes Hochziehen seines linken Mundwinkels brachte er nicht zu Stande. Weshalb er schnell weitersprach.

 

„Und deshalb habe ich einen Entschluss gefasst. Amane, auch ich werde mich in Zukunft in Therapie begeben.“

 

Es herrschte augenblicklich Stille in der kleinen Küche.

Amane fühlte, dass ihr Mund plötzlich trocken wurde und ihre Unterlippe bebte. Das, was ihr Vater ihr gerade anvertraut hatte, war für seine Verhältnisse unglaublich emotional – und der Geist des Rings schien mit einem Mal nicht mehr so großmäulig zu sein, wie er sonst immer auftrat.

 

Seine – beziehungsweise Amanes – Augen hatten sich schlagartig geweitete und das Grinsen war ihm auch aus dem Gesicht gewichen. Offenbar hatte er mit einer solchen Konversation, in dem ihm Mr Bakura sein Herz ausschüttete auch nicht gerechnet.

Irgendwo geschah es ihm recht. Dieser Meinung war zumindest Amane. Jetzt hatte er sich die Suppe eingebrockt, also durfte er sie auch auslöffeln!

Still und abwartend hörte sie also auf, darum zu betteln, ihren Körper zurückzuhaben.

 

„Vielleicht glaubst du es mir nicht, Amane. Doch ich habe deine Mutter und deinen Bruder so sehr geliebt. Mit ihrem Tod ist auch ein Teil von mir gestorben. Doch ich habe es mir nicht eingestehen können.“

 

Diese ehrlichen Worte versetzten Amane einen solchen Stich ins Herz, dass sie sich wünschte, sie könnte weinen.

 

„Du bist das einzige, was mir noch geblieben ist, mein Kind. Amane. Und ich möchte dir ein guter Vater sein. Ich werde mich daher bei Mrs Watanabe nach einer Familientherapie erkundigen.“

 

Amane sah, wie eine einzelne Träne über die Wange ihres Körpers lief und konnte nicht sagen, ob sie selbst doch irgendwie daran schuld war, oder ob der Geist des Rings sich nun absichtlich eine Träne abrang, um seine Tarnung nicht auffliegen zu lassen.

Es war ihr in diesem Moment mehr als herzlich egal.

 

„Darf ich dich umarmen, mein Kind?“

 

Fast schon unsicher warf der Geist des Rings ihr einen Seitenblick zu, doch sie nickte nur heftig.

„Lass mich das tun! Er soll nicht dich umarmen!“

Das ist nicht möglich. Wenn du jetzt deinen Körper übernehmen solltest, stirbst du sofort und auf der Stelle.“

Er sprach es nicht laut aus, doch offenbar konnten sie nach wie vor durch Gedanken kommunizieren.

 

Amane sah dabei zu, wie ihr Vater ihren Körper in die Arme schloss. Und wie der Geist des Rings schlaff in seinen Armen hing.

 

 

 

Ein paar Augenblicke später befand sie sich wieder mit ihm in ihrem Zimmer. Ihren Körper konnte er ihr laut eigener Aussage immer noch nicht zurückgeben – das würde frühstens in ein paar Stunden gehen. Amane war über diese Aussage zwar überhaupt nicht erfreut, konnte aber toben und wütend sein, wie sie wollte. Der Geist ließ sich nicht erweichen.

 

„Bitte! Lass mich wenigstens mit meinem Vater zu Abend essen!“

„Nur, wenn du mir etwas versprichst.“

„Was zum Teufel soll ich dir denn versprechen?“

 

Der Geist des Rings, der sich inzwischen ungeniert auf ihrem Bett räkelte, warf ihr ein süffisantes Grinsen zu. Oh nein, das konnte wahrlich nichts Gutes bedeuten...Amane machte sich innerlich schon dafür bereit, dass er gleich irgendetwas versautes von ihr verlangen würde. Vielleicht, dass er mit ihrem Körper ein paar...Dinge tun dürfte. Sie man sonst eher alleine und ungestört mit sich selbst tat. Wenn es nur das war, konnte sie damit leben. Aber natürlich kam es anders, als sie sich erhofft hatte.

 

„2 Dinge. Erstens: keine Versuche mehr, dir das Licht auszupusten. Zweitens: wir arbeiten ab jetzt zusammen. Als Partner, wenn du so willst. Glaub mir, mit mir zu arbeiten hat sehr viele Vorteile und ich kann es dir sehr, sehr gut wieder zurückzahlen.“

 

Amane, die in ihrer transparenten Form auf ihrem Schreibtisch saß, ließ ihre Beine baumeln und starrte auf den Fußboden. Suizidale Gedanken konnte man doch nicht einfach abstellen! War ihm das nicht bewusst? Andererseits...er konnte theoretisch jedes Mal eingreifen, wann immer er es für nötig hielt. War es ihm also wichtig, es aus ihrem eigenen Mund zu hören?

 

„Ich denk darüber nach...“

„Das habe ich mir schon denken können, dass ich von dir kein eindeutiges Ja bekomme.“

 

Der Geist des Rings hatte sich vom Bett erhoben und stand ihr nun direkt gegenüber, so dass sie in seine braunen Augen blicken konnte. Oder waren es nicht eigentlich ihre eigenen Augen? Trotzdem wirkte ihr komplettes Gesicht mehr wie das von ihm. Das kecke Grinsen, das unverhohlene Blitzen in seinem Blick...

 

„Ich meine es ernst. Ich mag dich, Engelchen. Wir beide könnten ein tolles Paar abgeben. Wenn da nicht dein dämlicher Wunsch zu Sterben wäre.“

 

Das Mädchen schwieg und sah ihn nicht an. Womöglich hatte er Recht. In Amanes Kopf begannen sich langsam sehr merkwürdige Gedanken zu formen.

Was wäre, wenn dieser Geist wirklich aus einem bestimmten Grund ausgerechnet in ihrem Leben gelandet war? War er vielleicht einfach der Grund, weshalb sie sich nicht umbringen sollte? War er vielleicht am Ende die einzige Person in dieser, wie auch in jeder anderen Welt...die sie verstand?!

 

„Wie gesagt. Ich denke drüber nach!“

 

Und schon wurde das Gesicht des Geistes wieder etwas zahmer. Wobei es ja eigentlich ihr eigenes Gesicht war. Wie auch immer.

„Ach Engelchen...am liebsten würde ich dich jetzt küssen.“

„Igitt! Du besitzt im Moment meinen Körper, das wäre mehr als krank!“

„Möglich. Aber lass dir gesagt sein, ich bin gut darin. Ein Kuss von mir und du wärst mir sofort verfallen gewesen.“

 

Mit skeptischem Gesichtsausdruck sprang Amane von ihrer Schreibtischplatte herunter.

„Wer weiß, vielleicht erlebe ich es ja irgendwann einmal. Wenn wir solange durchhalten, dass du einen eigenen Körper bekommst.“

 

Doch etwas ernster und lächelnder fügte sie hinzu:

„Das Sterben kann wohl noch ein bisschen warten.“

 

Venus as A Boy - Euroshipping

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Jenga - Azureshipping

Der Wein schmeckte süß.

 

Süß und wunderbar, wie jener Wein, den wir in unserem letzten gemeinsamen Urlaub getrunken hatten, nachdem die Sonne hinter unserer Terrasse untergegangen war.

Ich war kein besonders großer Trinker, doch ich genoss den Geschmack und das Gefühl des Rotweins, während er sich langsam auf meiner Zunge verteilte und dann ein Gefühl der inneren Wärme hinterließ. Es war schön. Es erinnerte mich an nicht allzu lang vergangene Zeiten.

 

Die Stimme unseres Hauscomputers drang in mein Bewusstsein und ich drehte meinen Kopf in Richtung der offenen Küchentür.

 

Willkommen zurück, Master Kaiba. Es ist genau 20:00 Uhr. Bis zum Gala Dinner mit Ihrem Geschäftspartner Maximilian Pegasus bleiben Ihnen und Miss Gardner noch genau 1 Stunde, 30 Minuten und...“

 

Ich hörte leises Rumoren im Flur des Penthouses, das Abstreifen von Schuhen und Mantel. Ein weiterer Schluck Rotwein fand seinen Weg in meine Kehle, während ich darüber nachdachte, zu meinem Verlobten zu gehen und ihm einen Begrüßungskuss zu schenken.

Doch stattdessen spürte ich, wie meine Fingernägel unruhig auf dem gläsernen Esstisch trommelten.

 

„Guten Abend, Schatz.“

Kurz, knapp, auf das Wesentliche reduziert. Ganz so, wie die Öffentlichkeit einen Seto Kaiba kannte. Ganz so, wie ich ihn als junge Schülerin der Domino High School kennengelernt hatte. Bis zu jenem Tag, als wir uns durch einen unverhofften Zufall wiedertrafen...

 

„Guten Abend.“

In der gleichen Manier antwortete ich ihm, während er in die Küche stolperte und zum Kühlschrank schritt, um sich eine gläserne Flasche Wasser herauszunehmen. Schien wohl ein wirklich stressiger Tag in der Firma gewesen zu sein, denn ich tippte darauf, dass er mal wieder Tasse um Tasse schwarzen Kaffee in sich hineingeschüttet hatte und sich diese Tatsache nun rächte. Ich kannte ihn lange und gut genug.

Doch irgendwie hatte ich das Gefühl, womöglich in ein Minenfeld zu treten, wenn ich ihn gleich darauf ansprechen würde, ob es in der Firma gerade Stress gab. Also versuchte ich eine etwas weniger risikoreiche Frage.

 

„Wie war dein Tag?“

 

„Er war produktiv. Nichts außergewöhnliches.“

Mein Verlobter stellte die Flasche auf den Tresen, wo unsere Hausangestellten sie irgendwann aufräumen würden.

„In ungefähr einer Stunden müssen wir unten im Wagen sein, also wenn du das Badezimmer noch benutzen oder dich umziehen musst...“

 

Während er sprach drehte er sich zu mir um – und verstummte. Und mir wurde klar, dass er mich seitdem er einen Fuß in unser gemeinsames Apartment gesetzt hatte, nicht einmal richtig angesehen hatte.

Ich saß ihm auf einem der Barhocker gegenüber. Fertig geschminkt, formell und zeitlos elegant gekleidet, die Haare zu einer aufwendigen Hochsteckfrisur frisiert und mit einem roten Ton auf den Lippen, der sehr wahrscheinlich mehr gekostet hatte, als der Barhocker auf dem ich saß.

Ich hasse Geschäftsessen und öffentliche Auftritte. Doch ich hatte es stets aus Liebe zu ihm getan.

 

„Oh...“

War alles, was über seine Lippen kam. Seine blauen Augen nahmen mein Gesamtbild für den Bruchteil einer Sekunde in Augenschein, bevor er kurz sein kastanienbraunes Haar schüttelte.

 

„Du denkst wirklich immer voraus. Dann werde ich nun eine kurze Dusche nehmen und wir werden pünktlich bei Roland im Wagen sitzen.“

Während er sprach war er ohne einen weiteren Blick zu verschwenden an mir vorbeigeschritten und hatte die Küche verlassen. Ich senkte meine schweren Augenlider, die sich von Make Up und den falschen Wimpern gerade zu überladen fühlten, zurück auf den Glastisch und schob das Weinglas von mir, um stattdessen nach meinem Mobiltelefon zu greifen.

 

„Ist schon in Ordnung. Du hast das ganze Bad und das ganze Ankleidezimmer für dich allein.“

 

Ich war mir nicht sicher, ob er es hörte, doch ich war auch nicht in der Stimmung dafür, auf eine Bestätigung von ihm zu bestehen. Während ich kurz ein paar Zeilen auf meinem Handy tippte, starrte ich auf den Ring, den ich am rechten Ringfinger trug. Klein und silbern mit einem azurblauen Stein in der Mitte.

Unser Verlobungsring. Du hast mir die entscheidende Frage in unserem letzten Ägypten-Urlaub gestellt, vor dem wunderbaren Sonnenuntergang.

 

 

Irgendwann saßen wir in der Limousine, irgendwann lieferte Roland uns sicher in besagtem Hotel, welches ein nobles Restaurant beinhaltete ab und irgendwann war auch der formelle Teil vorbei, bei dem nur über das Geschäftliche gesprochen wurde.

Maximilian Pegasus, der seitdem ich mich erinnern konnte, niemals etwas von seiner extravaganten, skurrilen Art eingebüßt hatte, hatte mich ganz klassisch mit einem Handkuss begrüßt und großspurig gelobt, was für einen exquisiten Geschmack doch unsere persönliche Stylistin hinsichtlich meines Abendkleids hatte – das ich mich niemals von Setos Stylistin ausstatten ließ, sondern meine Garderobe und Make Up stets selbst auswählte, erwähnte ich dabei nicht. Bis heute war mir dieser Kerl nicht geheuer, doch ich spielte sein Spiel mit und tat so, als wäre ich völlig gerührt und überrascht hinsichtlich seines Lobs. Tatsächlich rang ich mir sogar ein verlegenes Kichern ab, während sein Blick heimlich auf den Verlobungsring an meiner Hand wanderte, die ich andächtig auf meinen Ausschnitt gelegt hatte.

 

Meine eigene Familie war zwar weder besonders arm, noch besonders reich gewesen, doch in solchen Kreisen hatte sie nie verkehrt. Auch Seto war nicht in eine solche Gesellschaft geboren worden – doch er war sie wesentlich länger gewohnt als ich es war. Trotzdem hatte ich mich angepasst. Weil ich mich in ihn verliebt hatte. Weil wir zusammenbleiben wollten.

 

„Mister Kaiba und Miss Gardner, ein Photo bitte für den Domino Daily.“

Irgendein Journalist, der unauffällig irgendwo gewartet haben musste, sprach uns von der Seite an und wir fügten uns seiner Bitte. Wie ein gespieltes Team. Wir hatten dieses Spiel in den letzten Jahren so oft mitgespielt, das wir mittlerweile richtig gut darin waren.

 

Ich schlang einen meiner Arme um Seto und hielt in der anderen Hand meine Handtasche fest, so dass er seinen Arm um meine Taille schlingen und seine freie Hand in die Tasche seiner Anzughose stecken konnte. Eine vertraute, nicht zu übertriebene Pose, die deutlich machte, dass wir zusammengehörten. Würden wir uns zu steif oder gar zu distanziert in der Öffentlichkeit zeigen – das Ausmaß wäre katastrophal.

Die Klatschpresse hätte uns schneller aufgefressen, als wir Duel Monsters sagen könnten.

 

Und wir hielten diese Balance auch weiterhin für den Rest des Abends. Als wären wir routinierte Schauspieler, die ihre Rolle immer und immer wieder dem zahlenden Publikum präsentierten.

 

 

Das Geschäftsessen mit den Leuten von Maximilian Pegasus war weit nach Mitternacht beendet. Wir fuhren schweigend zurück zu unserem Apartment. Erst, als wir uns dort nacheinander bettfertig machen, schien ein gewisser Teil der Anspannung langsam abzufallen.

 

Im Nachthemd saß ich, wartend auf meinen Verlobten, auf der Kante unseres gemeinsamen Bettes und als er aus dem Badezimmer trat, ahnte ich bereits, worauf er hinauswollte.

Er trug eine frische Pyjamahose – doch sein Oberkörper war frei. Mein Herz klopfte schneller in meiner Brust, denn es war bereits ein paar Wochen her, seitdem wir das letzte Mal überhaupt ein wenig Zeit für uns hatten und es kam mir wie eine gefühlte Ewigkeit vor, das wir miteinander Sex gehabt hatten.

Es war also ein fantastischer Schachzug von ihm. Eine großartige Idee, diesen Abend abzuschließen. Und vielleicht sogar zu retten.

 

Ich streckte meine Hand aus und ergriff die seine, bevor ich ihn auf das Bett zog und ihm einen Kuss schenkte, die Finger in seinen Haaren vergraben, Nach all den Jahren kannten wir den jeweils anderen natürlich auswendig, weshalb wir keine Zeit mehr mit überflüssigen Streicheleinheiten verschwendeten, so wie Teenager.

Seine schönen Hände zogen mir das Nachthemd über den Kopf, meine Schlafshorts folgten genauso rasch, so dass ich schnell nackt unter ihm lag. Und plötzlich am liebsten die Bettdecke genommen hätte und mich vor seinen Blicken versteckt hätte.

 

Der anfängliche Funke von Lust und Euphorie war erloschen und genauso schnell wie ich meinen Verlobten am liebsten zum aufhören bewegen wollte, wollte ich mir selbst für diesen Gedanken die Hand vor den Mund schlagen.

Dieser Moment war doch ein Zeichen seiner Liebe und seiner Hingabe. Sonst würde er doch nicht mit mir schlafen wollen.

Warum wollte ich es plötzlich nicht mehr?

Wir lebten seit einem ganzen Jahr schon zusammen und planten eine Hochzeit im nächsten Jahr. Es gab also keinen Grund, den Sex nicht zu genießen. Wir hatten sonst immer phantastischen Sex, erfüllend, befriedigend, abwechslungsreich in jeder Hinsicht.

 

Gehabt.

Wir hatten phantastischen Sex gehabt.

 

 

„Tea? Liebling?“, seine Stimme ging mir plötzlich so sehr durch Mark und Bein, als hätte man mich bei irgendetwas erwischt, das ich besser nicht tun sollte. Ich konnte meinen Gesichtsausdruck nicht kontrollieren und musste ihn in diesem Moment anstarren wie ein kleines Kind, das man gerade beim Stehlen von Bonbons erwischt hatte.

 

„Nein...bitte mach weiter...es ist angenehm so...“

 

Es gab keinen Grund. Es gab keinen Grund.

Ich wiederholte es immer und immer wieder wie ein Mantra, während ich seine Hand ergriff und zurück zwischen meine Oberschenkel führte.

 

 

 

Es war wie immer eine kurze Nacht. Wir waren beide keine Langschläfer, Seto sogar noch weniger als ich. Das einzige Mal, das ich ihn bis weit nach Mittag schlafen erlebt habe, war der Morgen in einem unserer Urlaube gewesen. Bis spät in die Nacht hatten wir einfach nur Sex gehabt und waren dann nackt und ausgelaugt eingeschlafen...bis mich die Hitze der Morgensonne auf Bali als Erste geweckt hatte.

Lange hatte ich meinen geliebten Seto einfach nur betrachtet und in den Erinnerungen an unsere wundervolle Nacht geschwelgt.

 

Doch am heutigen Morgen fühlte ich mich niedergeschlagen und wie eine Fremde im eigenen Haus.

 

Seto war bereits aufgestanden, doch ich hörte ihn nicht in der Wohnung. Vielleicht war er im Arbeitszimmer und saß vor dem Computer, obwohl heute Sonntag war und er nicht in die Firma musste. Vielleicht war er auch überhaupt nicht zuhause. Irgendwie hatte dieser Gedanke etwas...befreiendes. Es bedeutete, dass ich nicht auf Zehenspitzen um ihn herumlaufen musste. Oder das wir miteinander sprechen mussten. Ich könnte den Tag über einfach mit mir und meinen Gedanken alleine sein.

 

Doch um ganz sicher zu gehen rollte ich mich auf den Rücken, streckte mich kurz und fragte dann den Hauscomputer.

 

„Wo befindet sich Master Kaiba?“

Miss Gardner, Master Kaiba befindet sich in der Küche. Die Kaffeemaschine ist angeschaltet.“

 

Mit einem Mal erstarb in mir auch der Gedanke an Frühstück oder die Lust mich in die Küche zu meinem Verlobten zu setzen. Vielleicht irgendetwas zusammen mit ihm an unserem freien Tag zu unternehmen. Ich wollte hier bleiben. Doch gleichzeitig war dies genauso mein Apartment und wir waren zwei achtundzwanzig Jahre alte, erwachsene Menschen.

Wieso spielte ich ein merkwürdiges Versteckspiel mit meinem Verloben?

Und wieso spielte er es auch noch mit?

 

Mit plötzlicher Selbstsicherheit stand ich im Nachthemd aus dem Bett auf und betrat die Küche, wo tatsächlich Seto am gläsernen Küchentisch saß und etwas auf einem hauchdünnen Bildschirm in seinen Händen las. Die Kaffeetasse stand dampfend vor ihm.

„Guten Morgen“, begrüßte ich ihn und zu meiner Überraschung hob er den Kopf, um mich anzublicken.

„Guten Morgen“, antwortete er wie immer kurz angebunden. Ich beließ es dabei und begann, mir ebenfalls einen Kaffee zu machen.

 

Die Stille, die neben dem surrenden Geräusch der Maschine im Raum herrschte, war unerträglich und bereitete mir einen solchen Kloß im Hals, dass ich kaum wusste, wie ich meinen Kaffee trinken sollte.

 

„Ich möchte Blau für die Hochzeit.“

Es war das denkbar schlechteste und unzusammenhängendste Thema, das ich hätte ansprechen können und ich fühlte auf der Stelle eine Welle von Reue, die mich durchfloss. Doch ich wusste nicht, was ich sonst hätte sagen sollen.

Seto hob erneut den Kopf und seine Stimme war dieses Mal ruhiger als sonst.

 

„Wie meinst du das?“

„Ich spreche von den Hauptakzenten. Überall könnte die Farbe Blau eingestreut sein. In den Blumen des Brautstraußes. Und der Dekoration im Saal. Überall könnte ein Hauch Blau sein, so Blau wie das Meer.“

 

Ich erwartete alles. Angefangen von der Möglichkeit, das er mich auslachen würde und sagen würde, das er noch nie so etwas kindisches gehört hätte und ich mit dieser Idee gleich die Schüler seiner Duell Akademie nach Inspirationen fragen könnte, bis hin zu der Möglichkeit, das er sofort aufspringen und Himmel und Hölle in Bewegung setzen würde. Ganz der Workaholic der er war.

Nichts von Beidem geschah.

 

„Das klingt gut.“

 

Sein Blick wurde wieder auf das Display in seinen Händen gesenkt. Und ich fühlte Tränen hinter meinen Augen aufsteigen, die ich zusammen mit einem großen Schluck Cappuccino herunterschluckte.

 

 

Ungefähr eine Stunde später stand ich ein paar Straßen weiter vor dem Tanzstudio. Normalerweise war ich sonntags selten – wenn nicht sogar nur in absoluten Notfällen – vor Ort, denn ich wusste, dass meine angestellten Mädels auch ohne mich zurechtkamen und den Laden führen konnten.

Umso überraschter hob Mai ihren Kopf, als ich plötzlich durch die Tür trat und sie schob ein paar Dokumente beiseite, die sie gerade hinter dem Empfang bearbeitete.

 

„Tea, Herzchen! Was treibt dich denn heute hier her?“

„Ach, nichts besonders.“, sofort setzte ich ein Lächeln auf und stütze mich kurz auf dem Tresen ab.

„Ich hab nur heute nichts vor und habe gedacht, ich könnte die Zeit einmal nutzen, um Dinge zu erledigen, zu denen ich nie komme, wenn ich Kurse gebe. So etwas zum Beispiel.“

Ich zupfte spielerisch an dem Dokument unter Mais Fingern – wahrscheinlich eine Anmeldung oder irgendeine Abrechnung – und bemühte mich um einen freundlichen Gesichtsausdruck.

Doch die Augenbrauen der hübschen Blonden wanderten nur skeptisch zu ihrem Haaransatz.

 

„Du willst wirklich deinen einzigen freien Tag in der Woche für Papierkram verschwenden? Herzchen, lass das doch eins der Mädchen aus der Buchhaltung machen, für so etwas hast du sie doch schließlich eingestellt.“

 

Ich schüttelte den Kopf und lächelte noch einmal so breit und überzeugend wie möglich.

„Nein, ist schon in Ordnung. Ich bin dann mal im Büro.

 

 

 

Es hatte gut getan. Sehr gut getan.

Umso schwerer war das Gefühl, das mich umgab, als ich wieder im Aufzug in die Penthousewohnung fuhr. Als würde oben angekommen, sich irgendetwas in mir dagegen wehren, den Zahlencode in die Tür einzugeben .

 

Warum spielten wir beide noch dieses Spiel?

War es womöglich einfach unsere Art? Spiele zu spielen? Wir hatten uns durch ein Spiel kennengelernt. Waren das hier unsere letzten Züge? So wie in einem Spiel?

 

Wer von uns würde den letzten Zug also tun müssen, um das Spiel zu beenden?

 

 

Willkommen zurück Miss Gardner. Es ist genau 18 Uhr, 17 Minuten, 30 Sekunden und...“

Ich hörte dem Hauscomputer nicht wirklich zu, während ich mich meiner Schuhe und Jacke entledigte und die Küche betrat. Das Licht war ausgeschaltet, doch ich sah Kaffeetassen und halbvolle Wassergläser auf dem Tisch und der Arbeitsfläche verteilt. Ein klares Zeichen dafür, dass Seto den ganzen Tag am Computer gearbeitet hatte.

Als ich auch kein eingeschaltetes Licht aus dem Wohnzimmer erkennen konnte, sah ich davon ab, den Hauscomputer zu fragen, wo mein Verlobter steckte. Er war mit Sicherheit in seinem Arbeitszimmer.

 

Ohne nach ihm zu sehen oder ihn zu begrüßen ging ich hinüber ins Ankleidezimmer, um mir etwas anderes anzuziehen und mich dann im Wohnzimmer auf das große Sofa zu setzen.

 

 

Ich hatte mir eine dünne Decke über meine Beine gelegt und ließ den Fernseher laufen, während ich ein paar Textnachrichten an meinem Handy beantwortete. Auf dem gigantischen Display, der das Wohnzimmer wie eine gläserne Wand teilte, sah ich aus den Augenwinkeln heraus die Slideshow, die stets vorbeilief, wenn er ausgeschaltet war.

Es waren verschiedene Photos. Von uns. Aufgenommen von den verschiedensten Personen. Photographen, Journalisten. Manchmal auch einfach nur wir.

Photos von uns, auf irgendwelchen Galas und Eröffnungszeremonien. Selfies aus unserer gemeinsamen Freizeit. Photos, auf denen Mokuba ebenfalls zu sehen war und manchmal sogar wir mit meinen Freunde Yugi, Joey und Tristan.

 

Ich hob den Kopf, als sich etwas hinter der gläsernen Wand bewegte und erkannte Seto, der langsam zu mir an die Couch herantrat und sich stumm zu mir setzte, während er den Duel Monsters-Livestream verfolgte, der gerade übertragen wurde.

 

Ich war am Zug. Ich musste ihn spielen. Sonst konnte niemand von uns beiden hier gewinnen.

 

 

„Liebst du mich?“

 

Es war noch nie meine Art gewesen, um Dinge herumzureden. Und ich hatte hiermit meinen Zug beendet. Und nun war er an der Reihe, wie bei einem Duel Monsters-Spiel. Oder einem Jenga-Turm, denn hier war eindeutig etwas dabei, gerade in sich zusammenzufallen, ohne das es irgendjemand noch aufhalten konnte.

Doch wir mussten es tun. Noch hatten wir nicht verloren.

 

Seto Kaiba, der Erbe eines gigantischen Konzerns und mein Verlobter, an dessen Seite ich mich alt werden gesehen habe, senkte den Blick und schien ins Leere zu starren.

Seine Pupillen zitterten. Und ich verspürte die gewaltsame Mischung, ihn gerne in die Arme schließen zu wollen, als auch ihn bloß von mir weg zu stoßen.

Es herrschte ein absolutes Chaos in meinem Kopf. Nichts in diesem Raum schien mehr zusammen zu passen, wirklich gar nichts.

 

Und noch immer kam keine Antwort auf meine Frage.

 

 

„Wir haben heute morgen noch übers Heiraten gesprochen.“

 

 

Ich hatte verzweifelt auf der Suche nach irgendeinem Haltepunkt meinen Blick auf meine von der Decke verdeckten Knie gerichtet und hob sofort ruckartig den Kopf, als ich seine sachliche Aussage hörte. Er schaute mich an. Mit einem Gesichtsausdruck den ich nicht oft von ihm kannte.

Es war der Gesichtsausdruck der Ratlosigkeit. Nicht weil er nicht wusste, was da zwischen uns war – sondern weil er nicht wusste, wie es weitergehen sollte.

Ich fühlte, wie der Jenga-Turm in meinem Herz einfach in sich zusammenfiel.

 

Es war vorbei. Und wir wussten es beide. Wir hatten beide hiermit das Spiel verloren.

 

„Habe ich etwas falsch gemacht?“

Die erste Träne rollte nun über meine Wange und eine innere Stimme sagte mir, dass eine solche Frage viel zu emotional war, um sie in dieser gefühlsbetonten Situation zu stellen.

Doch ich musste es wissen.

 

„Nein, Tea. Es ist einfach passiert. Es ist einfach so gekommen.“

 

Seine Augen glänzten. Ich wollte nach seiner Hand greifen und sie in meiner halten, doch ich fühlte mich so, als würde ich jeden Moment in einen einzigen Weinkrampf ausbrechen, sollte ich mich zu viel bewegen.

 

„Ist das also das Ende vom Lied?“

 

Meine Stimme musste furchtbar hoch und gebrochen klingen und als ich sah, wie nun Seto stumm und ohne das sein hübsches Gesicht auch nur irgendetwas von seiner Schönheit verlor, anfing zu weinen, konnte ich es nicht mehr zurückhalten.

 

Wir beide saßen nebeneinander und beweinten den Trümmerhaufen, der einst unsere Beziehung gewesen war. Und plötzlich spürte ich, wie er mein Handgelenk ergriff und mich sanft an sich heranzog, so dass er mich in die Arme schließen konnte.

 

Stark und schön.

 

So hatten sie immer über uns geschrieben, die sensationsgierigen Journalisten von Domino City. Die Blogger mit ihren Duel Monsters-Blogs. Die ganze Öffentlichkeit, die unsere Beziehung von Anfang an mitverfolgt und analysiert hatte.

 

Und Seto hatte einmal gesagt, dass er sich manchmal nicht sicher war, wer von uns beiden eigentlich was war.

Vielleicht waren wir beide irgendwo beides.

 

„Wie soll es denn nun weitergehen? Kündigen wir live auf der Facebook-Seite der Kaiba Corporation an, dass es keine Hochzeit geben wird? Sich das Traumpaar der Domino High Society auseinander gelebt hat?“

Zwischen Tränen und krampfartigem, unkontrolliertem Zittern versuchte ich es noch irgendwie ironisch klingen zu lassen. Dem Ganzen den Hauch einer gewissen Leichtigkeit zu geben. Rang mir sogar ein kurzes Lächeln ab.

Doch kaum hatte es meine Lippen verlassen, brachen die Tränen wieder aus mir hervor und Seto schlang die Arme noch enger um mich.

 

„Ich weiß es nicht, Tea...wir werden sehen, was der Morgen bringt.“

 

 

 

Es mussten mehrere Stunden vergangen sein, in denen wir noch immer auf der Couch saßen. Uns in den Armen hielten. Tränen vergossen. Hier und da ein paar Überlegungen ansprachen, die mit einer Trennung einhergingen.

Seto ließ irgendwann den Hauscomputer eine Nachricht an die Mitarbeiter der Kaiba Corporation herausgeben, dass er morgen nicht zur Arbeit erscheinen würde.

Wir würden morgen beide zuhause bleiben und einen Plan entwickeln.

 

In dieser Nacht schliefen wir sogar noch ein letztes Mal im gleichen Bett, doch es fühlte sich nicht mehr befremdlich an.

 

Das Spiel war beendet. Die Lebenspunkte auf Null gesunken.

 

Unser Jenga-Turm stand nicht mehr. Und wir beide würden nun die jeweiligen Steine aufsammeln, so dass jeder seinen Anteil tragen konnte.

 

Und irgendwann vielleicht einmal etwas neues daraus bauen. Irgendwann.

Mit einem anderen Mitspieler.

Young Blood - Scandalshipping

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

OMG I ship them so hard!

„Hier...ich hab das Popcorn und den Sekt...“

Serenity blickte auf und schenkte ihrer besten Freundin Tea ein vorfreudiges Lächeln, als sie zur Seite rückte und mehr Platz auf der Couch schaffte. Danach ließ sie sich von ihr ein Sektglas in die Hand drücken und wandte schließlich den Blick in Richtung des Fernsehers.

„Es geht los...“

Die beiden Freundinnen, die in ihrem bequemsten Pyjamas auf Teas Couch saßen, verfolgten gebannt das Geschehen auf dem Bildschirm.

 

Seto Kaiba duellierte sich mit Yami. Und es wurde live im Fernsehen übertragen. Duel Monsters hatte auf der gesamten Welt begeisterte Duellanten hervorgebracht, so wie Fans, die es zwar nicht aktiv spielten, die Duelle jedoch regelmäßig im Fernsehen verfolgten.

 

Doch die Mädchen waren weder aktive Duellanten, noch Fans des Kartenspiels...

 

„Schaut dir nur an, was er trägt...es steht ihm so ausgezeichnet.“

„Und seine Augen! Die haben doch irgendeinen Filter darüber gelegt, damit sie noch glänzender aussehen!

„Und wie sie sich anschauen...da läuft doch irgendetwas!“

 

Während die beiden abwechselnd in die Popcornschüssel griffen, von ihrem Sekt nippten und parallel ihre Meinungen auf diversen Social Media-Plattformen kundtaten, analysierten sie laut schwatzend jede Kleinigkeit, die ihnen auffiel. Nur eben nicht wie gut sich die beiden duellierten.

Schließlich waren die Outfits, die Gemeinheiten die sie sich während des Kampfes gegenseitig an den Kopf warfen und jeder noch so giftige Blick den sie austauschten genug, um ihre Interesse zu wecken. Und ihre Fantasie anzuspornen.

 

„Oh mein Gott, Serenity!“

Tea hatte plötzlich ihre Hand auf die Schulter ihrer besten Freundin gelegt und bedeutete ihr hektisch, von ihrem Mobiltelefon aufzuschauen. Das jüngere Mädchen blickte sofort zurück auf den Fernseher – und fühlte, wie ihr Mund aufklappte und sich ihre Augen weiteten.

Seto und Yami zogen zeitgleich ihre Jacken aus und duellierten sich nun beide in einem jeweils schwarzen Tanktop. Ihre Gesichter waren beide gerötet – und sie blickten sich mit hasserfüllten Blicken an, die eine unglaublich erotische Spannung zwischen den beiden suggerierte. Zumindest für die beiden Fangirls.

 

Ich frage mich, was #SetoKaiba und #Yami wohl nach dem Duell machen... :D #hotshower #sofuckinghot #boyslove #duellivestream“

 

Tea twitterte von ihrem Account aus das, was wohl gerade unzähligen Mädchen durch den Kopf ging und erhielt dafür prompte Zustimmung und unzählige Re-Tweets.

 

I ship them so hard! #duellivestream“

So much feelings! #duellivestream #boyslove“

Oh wie sie sich anschmachten! <3 #theshipisstronginthisone“

 

So und so ähnlich lauteten unzählige weitere Tweets, die sich dieser Meinung anschlossen. Sie kamen von Fangirls. Yaoi-Fangirls, wenn man es genau nehmen wollte.

 

„Oh man, ich kann nicht mehr! Das sind sooooo viele Emotionen für mich!“

Serenity, offensichtlich vom Sekt und der guten Stimmung völlig aus dem Häuschen hatte beide Handflächen an ihre geröteten Wangen gelegt und biss auf ihrer Unterlippe herum.

 

„Wir müssen dringend vor dem Schlafengehen ein wenig schreiben.“, pflichtete Tea ihr bei und machte sich bereits mentale Notizen, wie ihre gemeinschaftliche Fanfiction aussehen könnte.

 

„Ich werde dich besiegen Yami und dann wirst du endlich vor dem rechtmäßigen König aller Spiele knien!“

„Vergiss es, Kaiba. Du wirst mir für immer unterlegen sein!“

 

Für die beiden Fangirls waren diese Äußerungen Musik in ihren Ohren und sofort wurde ihre Timeline mit unzähligen Diskussionen geflutet, ob wohl Seto oder Yami der Passive in einer möglichen Beziehung war.

„Definitiv Yami! Ich meine, diese großen Augen und der Größenunterschied...Yami ist der geborene Uke!“, stellte Tea trocken klar und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Ja, aber schau dir doch mal Kaiba an! Er hat so viel Macht und so viele Menschen unter sich, bestimmt genießt er es heimlich, einmal nicht die Kontrolle über sich zu haben. Bestimmt tauschen sie ab und zu!“

Serenity versuchte ihren Standpunkt zu verdeutlichen, doch Tea hatte bereits breit grinsend nach ihrem Handy gegriffen.

 

„Lassen wir doch einfach abstimmen! Mal sehen, was die Community dazu sagt!“

 

Seid ihr Team #Seto/Yami oder doch Team #Yami/Seto? <3 #duellivestream #shipping #boyslove“

 

 

 

Das gesamte Duell dauerte insgesamt eineinhalb Stunden und völlig aufgeregt und vor Ideen quasi übersprudelnd stürzten die beiden Mädchen nach seinem Ende in Teas Schlafzimmer, um sich dort mit ihren Laptops auf das Bett zu setzen.

 

„Es muss in den Duschräumen der Duellarena geschehen!“

„Das ist doch fast in jeder zweiten Fanfiction so! Wie wäre es, wenn es im Aufzug passiert? Nachdem sie das Duell beendet haben?“

„Nein, ich habs! Sie texten sich nach dem Duell und es verwandelt sich langsam aber sicher in Sexting! Und irgendwann ist Kaiba so notgeil, dass er in die Limousine steigt und in den Game Shop fährt!“

„Denkst du, Seto würde jemals ein Dickpic von sich versenden?“

 

Es dauerte nicht lange, da hatten sie die Eckpfeiler ihrer Fanfiction festgelegt und beide Mädchen tippten wie verrückt auf den Tastaturen ihrer Laptops herum.

 

„Schreib du die Einleitung, das kann ich nicht so gut.“

„Dann fang du schon mal mit dem Kuss an, aber ohne den Vergleich mit den Edelsteinen in den Augen.“

„So was kitschiges würde ich doch nicht schreiben, das kann ich selbst nicht leiden!“

 

Die Produktivität der Mädchen war praktisch nicht aufzuhalten. Der Shippingzug rollte wie ein entgleister Wagon über sie hinweg. Zusammen zu fangirlen war einfach das Größte!

 

„Okay, nun lies mir die ganze Fanfiction nochmal vor, bevor wir das Baby online stellen!“

Mittlerweile war es bereits 3:00 Uhr am Morgen und ihre Augenlider waren schwer, doch die Euphorie hielt sie immer noch im Wachzustand. Tea trank einen Schluck aus einer Wasserflasche, die neben ihrem Bett stand und Serenity vergrub das Gesicht in den Händen.

 

„Aber ich kann so was nicht laut vorlesen! Das ist mir peinlich!“

Die Brünette musterte ihre beste Freundin, als hätte diese gerade verkündet, dass sie Seto und Yami nicht mehr shippte.

„Deine Fanfictions sind viel expliziter als das hier!“

„Schreiben ist ja auch etwas ganz anderes!“

 

Tea betrachtete ihre Freundin kopfschüttelnd, stieß dann jedoch ein amüsiertes Lachen aus und entnahm Serenity den Laptop.

„Dann lese ich es eben vor und du sagst mir, wenn irgendetwas unstimmig klingt. Also:

Seto Kaiba betrat den Aufzug und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Sein Herz raste bei dem Gedanken, dass er sich gerade mit seinem ewigen Erzrivalen Yami duelliert hatte...“

 

 

 

 

Zur gleichen Zeit scrollte ein junger Mann mit braunem Haar und stechend blauen Augen durch seinen Twitterfeed und lass sich verschiedene Kommentare unter Hashtags bezüglich seines heutigen Duells durch.

 

Seid ihr Team #Seto/Yami oder doch Team #Yami/Seto? <3 #duellivestream #shipping #boyslove“

 

Seine Augenbrauen zogen sich fragend zusammen und sein Blick blieb länger als notwendig an diesem Tweet hängen. Es war nichts neues für ihn, dass man ihm merkwürdige Dinge andichtete oder das ihn Leute im Internet angriffen, die im realen Leben sehr wahrscheinlich nicht einmal ein Wort herausbringen würden...aber das hier?

 

„Komm...leg das dämliche Ding weg und leg dich endlich hin...“

Eine verschlafene, murmelnde Stimme begann damit, sich neben ihm zu beschweren, doch Seto ging nicht sofort darauf ein.

 

Das was er dort las, war...interessant. Äußerst interessant. Wie kamen diese Leute denn darauf?

 

Ein Gähnen erinnerte ihn daran, dass sein Körper doch noch andere Bedürfnisse hatte, als sich zu duellieren und er tippte noch schnell den entsprechenden Icon an, um einen eigenen Tweet zu verfassen.

 

Vielen Dank an alle Zuschauer und Fans, die das Liveduell mitverfolgt hatten. Der Stream kann ab sofort auf der Homepage der Kaiba Corporation heruntergeladen werden. #liveduell“

 

Anschließend stellte er seinen Wecker für den morgigen Tag und legte das Telefon zur Seite, um sich umzudrehen und an den zweiten Körper in seinem Bett zu schmiegen...als ihn ein grelles Licht blendete.

 

„Du bist ja genauso am Handy.“, kommentierte er ein wenig genervt und rieb sich die schmerzenden Augen.

„Nur ein einziger Tweet. Es dauert nur eine Sekunde.“

 

 

 

Das grelle Licht der Mittagssonne war es, welches Serenity und Tea schließlich wieder aufweckte und sie standen noch immer in ihren Pyjamas auf, um sich in der Küche ein spätes Frühstück zuzubereiten. Pfannkuchen mit Sirup.

 

Begeistert verfolgten sie auf Teas Laptop auf der Küchenzeile, dass ihre Fanfiction über Nacht bereits an die 100 Mal angeklickt wurde und das sie sogar einige Kommentare erhalten hatten.

Serenity zog ihr Mobiltelefon hervor, um kurz ihren Twitterfeed zu überprüfen und unterhielt sich dabei mit Tea, wie sie eine mögliche Fortsetzung ihrer Geschichte schreiben könnten...ehe sie plötzlich innehielt.

 

„Was denkst du?“, wollte ihre beste Freundin wissen, doch Serenity schüttelte lediglich ihren Kopf.

„Ach...ich habe mich nur gewundert, ob Yami bei seinem letzten Tweet einen falschen Standort angegeben hat? Mal abgesehen davon, dass sein Tweet beinahe eins zu eins wie der von Kaiba klingt.“

„Einen...falschen Standort?“

Tea nahm ihr das Telefon aus der Hand und ihre Augenbrauen wanderten in Richtung ihres Haaransatzes.

„Kaibas letzter Tweet wurde aus der Kaiba Mansion gesendet, was nichts ungewöhnliches ist, immerhin lebt er dort. Und Yamis letzter Tweet...“

„...ebenso!“

 

Beide Mädchen hatten die plötzliche Erkenntnis im unisono gesprochen. Es herrschte für einen Moment Stille zwischen ihnen, bevor sie sich mit offenen Mündern anblickten.

 

„Oh mein Gott! Was hatte Yami in der Kaiba Mansion zu suchen?!“

„Mach einen Screenshot davon! Es ist der endgültige Beweis!“

 

Aufgeregt und mit zittrigen Händen saßen die Mädchen nun vor dem Laptop und schrieben sofort nieder, was ihnen als Inspiration diente.

 

„Teil Zwei spielt in den Räumlichkeiten von Kaibas Villa und sie tun es einfach in jedem Zimmer!“

„Oh und lass Roland sie wenigstens einmal erwischen! Der arme Kerl wird nie wieder vergessen zu klopfen!“

 

Mit geröteten Wangen und erhöhten Puls blickten sich die beiden Fangirls an.

 

„Ich shippe sie wirklich richtig hart...“

„Ich auch! Sie sind einfach das ultimative OTP!“

Tattoos & Flowers - Chaseshipping

Ein letztes Mal wischte er mit einem sterilen Tuch über das Kunstwerk, welches er in einer mühevollen Sitzung von 4 Stunden geschaffen hatte.

„So, jetzt packen wir das ganze in Folie und Joey soll dir am Tresen noch eine Salbe mit nachhause geben.“

Ganz in seinem Element umwickelte er den Oberarm seines Freundes, auf dem nun das wunderschöne Motiv einer gruseligen Voodoopuppe prangte und sah dabei zu, wie sich ein Strahlen im Gesicht des kleineren Weißhaarigen ausbreitete.

 

„Danke Tristan! Nur du hast es genau so hinbekommen, wie es mir vorgestellt habe!“, Ryou stand noch ein wenig wackelig auf den Beinen – immerhin hatte er mehrere Stunden still sitzen müssen – und Tristan konnte den Stolz, der in seiner Brust schwoll, nicht wirklich verbergen.

„Kein Ding Alter. Lass dir von Joey einen Kontrolltermin in einer Woche geben.“

 

Er verabschiedete Ryou mit einem Handschlag, bevor er einen Schluck aus seiner Wasserflasche trank und noch mit halbem Ohr zuhörte, wie sein Arbeitskollege und bester Freund Joey mit Ryou am Tresen schwatzte, während sein Blick durch die große Fensterfront ihres Tattoostudios wanderte – und auf der anderen Straßenseite hängen blieb.

Da war sie wieder.

Vor dem gegenüberliegenden Haus, welches in einem zarten Rosaton gestrichen war, grasgrüne Markisen vor den Fenstern hatte und unzählige Blumentöpfe vor der Tür versammelte, stand sie wieder.

Die schwarzhaarige Schönheit, die seit dem Tag, an dem das Blumengeschäft gegenüber eingezogen war, eine Faszination auf ihn ausübte, dass Tristan sich beinahe zurück in seine Schulzeit versetzt fühlte, als er noch heimlich in Mädchen verliebt war ohne den Mut aufzubringen, sie anzusprechen.

 

Es war eigentlich überhaupt nicht mehr seine Art, einfach nur zu starren und nicht den ersten Schritt zu machen, doch die schwarzhaarige Dame strahlte eine solche Ruhe und Eleganz aus, dass Tristan es beinahe als plump erachtete, einfach hinüberzugehen.

Also beobachtete er sie bereits seit mehreren Monaten einfach nur – so wie in diesem Moment, in dem sie den Blumen vor ihrem Geschäft frisches Wasser aus einer Gießkanne schenkte.

Am heutigen Tag trug sie ihre Haare in einem leicht unordentlichen Dutt, ein weißes Shirt mit einem leichten Ausschnitt und enge schwarze Jeans. Ihre Beine waren so unendlich lang und ihr Po klein und wohlgeformt. Tristan hatte sie noch nie in einem Kleid oder einem Rock zu Gesicht bekommen, doch er war sich mehr als nur sicher, dass es ihr ausgezeichnet stehen würde. Besonders ein Minirock! Ihre schlanken Beine sähen bestimmt anbetungswürdig aus!

 

„Bist du schon wieder am spannen?“

Eine neckende Stimme und ein Stoß mit dem Ellenbogen in seine Rippen holten ihn aus seinen Tagträumen zurück. Angenervt verdrehte er die Augen und gab Joey einen nicht ernst gemeinten Schubs gegen die Schulter zurück.

„Hast du keine Kunden, die du bedienen musst?“, fragte er mit einer hochgezogenen Augenbraue und der Blondschopf strich sich nur theatralisch eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Er trug heute ein weißes Tanktop, welches seine tätowierten Arme zeigte, obwohl es gerade mal Frühling und noch lange nicht warm genug war.

„Yugi hat seinen Termin um eine Stunde verschoben, er sagt, er hätte noch ein Date. Und du solltest das Blumenmädchen auch endlich mal um eines bitten, sonst hat sogar unser schüchterner kleiner Yugi bald eine Freundin und du bist nach wie vor single.“

„Ach halt doch deine Klappe...“

 

Tristan stellte die Wasserflasche zurück an seine Tattooliege und ließ Joey einfach auf der Fläche stehen, ehe er zu ihrer Kasse ging und demonstrativ begann, ein paar Abrechnungen einzusortieren. Doch der Blonde war ihm sofort wieder auf den Fersen.

„Im Ernst! Was hast du schon zu verlieren? Geh doch einfach mal rüber und frag sie, ob sie ihre Mittagspause mit dir zusammen verbringen will, sie wird schon nicht Nein sagen.“

 

War Tristan bis vor einer Minute noch nicht wirklich von Joeys Flirttipps angetan, begann sein Gehirn nun zu arbeiten. Vielleicht konnte er wirklich unter einem Vorwand zu ihr gehen...? Vielleicht konnte er so tun, als ginge es um etwas rein geschäftliches?

„Sag mal Joey...dieser Tresen hier könnte doch ein paar Blumen vertragen. Immerhin ist es schon Frühling.“

Sein bester Freund musterte ihn, als ob Tristian ihm gerade eröffnet hätte, dass er alle seine Tattoos bereuen würde.

„Ich hab kein gutes Händchen für Pflanzen, aber wenn du meinst...du bist der Boss.“

„Sehr gut. Dann werde ich mal ein paar Blumen besorgen gehen.“

Mit ein paar geschickten Handgriffen hatte er ein paar Geldscheine aus der Kasse gezogen und ignorierte dabei Joeys wiederholtes „Du bist der Boss!“, da dieser wohl nicht gerade davon angetan war, dass Tristan das Geld von ihren Tageseinnahmen dafür benutzte...doch er hatte einen Entschluss gefasst.

 

Zielstrebig überquerte er die Straße, die ihre beiden Geschäfte voneinander trennte. Er hätte es niemals zugegeben, doch er verspürte einen leichten Anflug von Nervosität. Aber er wäre nicht Tristan Taylor, wenn er jetzt einfach wieder umkehren würde! Immerhin hatte er einen Vorwand. Wenn die Situation zu peinlich werden würde, konnte er immer noch die Blumen nehmen und den Laden keines Blickes mehr würdigen!

 

Schon hatte er die Tür des Blumenladens geöffnet, eine hellklingende Glocke kündigte seinen Besuch an. Das Innere des Geschäftes war geschmackvoll eingerichtet und dekoriert, der süße Duft nach frischen Blumen lag in der Luft wie ein frisch aufgetragenes Parfüm.

Doch seine Angebetete, die Blumenlady war nirgendwo zu sehen. Oh nein, hoffentlich hatte sie nicht ausgerechnet jetzt ihre Mittagspause!

 

„Herzlich willkommen, was kann ich für Sie tun?“

Ein Mädchen war hinter den Verkaufstresen getreten und neigte ihren Kopf in einer angedeuteten Verbeugung. Sie hatte braunes Haar und große blaue Augen – doch sie war nicht der Grund, weshalb Tristan hier her gekommen war. Etwas peinlich berührt biss er sich auf die Unterlippe und ließ seinen Blick noch einmal hektisch durch den Laden wandern, doch nach wie vor war von seiner schwarzhaarigen Angebeteten keine Spur zu sehen.

„Ich...“, für einen Moment überlegte Tristan sogar zu fragen, ob er mit ihrer Kollegin sprechen konnte, doch dann wurde ihm klar, dass er ja nicht einmal ihren Namen kannte. Er musste sich wohl oder übel wohl seinem Schicksal ergeben!

„Ich möchte einen kleinen Strauß Blumen kaufen.“

„Sehr gerne! Bevorzugen Sie einen bestimmten Farbton, oder haben Sie bereits eine ausgewählte Sorte...“

 

Das Mädchen hinter der Ladentheke begann durch unzählige Fragen herauszufinden, welche Art von Strauß Tristan kaufen wollte und innerlich die Augen verrollend gab er ihr die erstbesten Antworten, die ihm in den Sinn kamen.

Angenervt und auch irgendwie enttäuscht machte er sich schließlich mit einem Strauß englischer Rosen auf den Weg zurück in das Tattoostudio, obwohl er die Farbe Rosa nicht wirklich mochte. Beim besten Willen, ihm fiel nichts mehr ein, wie er es noch einmal schaffen konnte, die hübsche Frau von gegenüber anzusprechen...als ihm beim Überqueren des Zebrastreifens etwas aus den Augenwinkeln heraus auffiel.

 

„Pass doch auf!“, blaffte ein Radfahrer, in den er beinahe hineingelaufen wäre, doch er musste sich einfach umdrehen, um zu beobachten, wie sie plötzlich um die nächste Straßenecke bog. In der linken Hand einen Coffee-to-Go-Becher, in der rechten Hand ihr Mobiltelefon, auf dem sie nebenbei tippte. Doch sich jetzt umzudrehen und zurückzugehen wäre viel zu auffällig und merkwürdig gewesen!

 

„Da warst du wohl ein klein wenig zu schnell für die Blumenlady.“, kam der schnippische Kommentar von Joey, als Tristan aus den Tiefen ihres Lagerraumes eine Vase hervorkramte, die wohl der Vorbesitzer der Räumlichkeiten hier gelassen haben musste und Tristan überging ihn einfach, während er das gelbe Papier, in das die Rosen zusätzlich eingewickelt war entfernte...und schon wieder etwas bemerkte, das seine Aufmerksamkeit erregte.

Eine Visitenkarte! Die Floristin, die ihm die Blumen verkauft hatte, musste sie hineingesteckt haben!

 

Mit gerunzelter Stirn und spitzen Fingern zog er sie heraus und nahm die schöne Schnörkelschrift darauf in Augenschein, die so kunstvoll aussah, dass sie beinahe auch als Tattoo hätte dienen können.

 

DICE FLOWERSHOP – Main Street 16b – DOMINO CITY

INH. : D. DEVLIN

 

 

D.

Tristan spürte, wie rote Farbe in seine Wangen schießen musste.

Endlich! Endlich kannte er ihren Vornamen!

Zumindest...teilweise. Doch es reichte ihm völlig aus. Er würde sie Dee nennen, sobald er ihr das nächste Mal begegnen würde. Ein süßer, kurzer Spitzname und absolut passend für so eine kecke, natürliche Schönheit.

Mit fahrigen Fingern wollte Tristan die Visitenkarte bereits in seiner Hosentasche verschwinden lassen, denn der nächste Tattootermin stand bereits an, doch sein Kopf arbeitete trotz höchster Endorphineflüge noch gut genug, um zu bemerken, dass in der rechten Ecke der Visitenkarte ja noch eine Handynummer abgedruckt war.

 

Wenn es ihre Handynummer sein sollte, war seine zweite Chance gekommen! Noch heute Abend würde er sie anschreiben. Erstmal ein wenig zu chatten war schließlich nie verkehrt und so konnte er sie vielleicht doch noch überreden, morgen ihre Mittagspause mit ihm zu verbringen.

 

Tristan Taylor klopfte sich innerlich selbst auf die Schulter, was in einem riesig-breiten Grinsen in seinem Gesicht resultierte und von Joey nur mit einem ungläubigen Kopfschütteln beantwortet wurde.

 

 

Nach einem produktiven, anstrengenden Tag im Tattoostudio raste Tristan regelrecht auf seinem Fahrrad zu seinem kleinen Apartment, gönnte sich eine schnelle Dusche und bestellte sich eine Pizza – bevor er jene Nummer auf der Visitenkarte in sein Handy eintippte und sich darüber Gedanken machte, wie er sie wohl anschreiben könnte.

Doch wenn er so darüber nachdachte, schlich sich in ihm irgendwie die Angst ein, doch noch einen Rückzieher zu machen und...nein. Ein Rückzieher kam jetzt nicht mehr in Frage, er würde es nun einfach durchziehen!

 

Rasch öffnete er das Chatfenster und schrieb das, was schon seit Wochen in seinem Kopf herumgeisterte, einfach nieder.

 

Hey, hier ist Tristan von LIFE POINT INK. Ich wollte dich fragen, ob du irgendwann einmal Lust hättest, mit mir in der Mittagspause einen Kaffee trinken zu gehen?“

 

Als er seine Nachricht abgesendet hatte, spürte er nun plötzlich doch, wie sein Puls in die Höhe schoss. Vielleicht hätte er nicht ganz so direkt sein sollen...?

Doch kaum als sich seine Gedanken begannen im Kreise zu drehen, sah er bereits ihre geschriebene Antwort, die augenblicklich unter seiner Nachricht auftauchte.

 

Hallo Tristan von LIFE POINT INK. :) Das können wir gerne machen, wie wäre es mit morgen? Ich würde mich freuen. ;)“

 

Träumte er gerade oder war diese Nachricht nicht nur positiv, sondern hatte auch irgendwie etwas – flirtendes? Er musste einfach darauf eingehen, wenn er es jetzt in den Sand setzte, würde sie ihn womöglich am Ende noch für langweilig halten!

 

Perfekt! Um 12:30? Was bevorzugt denn die schöne Frau, einen klassischen Kaffee oder doch eher Lunch in einem Restaurant?“

 

Tristan war kein Typ dafür, seine Absichten zu verschleiern oder sich unter einem Vorwand an eine Frau ranzumachen. Besser er machte es gleich klar, dass er mehr Absichten hatte, als sich einfach nur nett zu unterhalten....auch wenn es riskant war.

Doch seine Taktik schien aufzugehen.

 

Kaffee. ;) <3 Holst du mich im Laden ab? Ich freue mich auf dich, mein Süßer. <3“

 

Der Besitzer des beliebtesten Tattoostudios von Domino City spürte seinen Puls rapide ansteigen. Oh ja. Besser konnte es ja gar nicht laufen! Obwohl er schon eine längere Zeit single war, gingen seine Taktiken beim Flirten noch auf. Er musste diese Gelegenheit nutzen und der Lady aus dem Blumengeschäft weitere Aufmerksamkeit schenken, jetzt da er wusste, dass sie ihn ebenfalls interessant fand.

 

Natürlich! Ich wünsche Dir noch einen schönen Abend...was machst Du schönes? :)“

 

Mit klopfendem Herzen ließ er sich auf die Couch fallen und sah den drei springenden Punkten dabei zu, die ihm signalisierten, dass sie ihre Antwort verfasste.

Ich lasse mir gerade ein Bad ein. :) Und Du?“

 

Tristan konnte es nicht verhindern, dass seine Gedanken begannen, abzudriften. Wow. Sofort begann in seinem Kopf ein Bild zum Leben zu erwachen: eine dampfende Badewanne, umgeben von hübschen Pflanzen, Rosenblätter die auf der glasklaren Wasseroberfläche schwammen. Und darin die schwarzhaarige Schönheit, ihr langes Haar, dass an ihren nackten Schultern klebte...

 

Relaxen :)“

 

Um seine Aussage zu unterstreichen, machte er schnell ein Bild von seinen überschlagenen Beinen auf der Couch und sendete es an sie.

 

Wie süß. <3 Schickst Du mir auch ein Bild von deinem Gesicht? :)“

 

Die schöne Frau war definitiv in Flirtlaune und Tristan zögerte nicht lange, bevor er mit klopfendem Herzen ein Selfie schoss, in dem er versuchte, möglichst selbstbewusst in die Kamera zu grinsen. Konnte er...sie womöglich dazu verleiten, ihm auch ein Bild zurückzusenden? Nur ein Selfie wäre doch unverfänglich. Vielleicht sogar etwas mehr als nur das, wenn sie in der richtigen Stimmung wäre...?

 

Eine Reihe von Kuss-Emojis folgte auf sein Photo und Tristan fasste sich ein Herz.

 

Bekomme ich auch eins von dir? :)“

 

Gespannt hielt er den Atem an. Und spürte seinen Puls rasen und ein wohliges Kribbeln in seinem Körper, als ein Photo auf seinem Handydisplay erschien.

 

Schwarze lange Haare, die ihr blasses Gesicht so wunderschön umrahmten. Große, grüne Augen, die ihm durch die Kamera einen verspielten Blick schenkten. Sein eigener Blick glitt an ihrem schlanken Hals hinunter...und erblickte nackte Schultern, so wie ihre Schlüsselbeine, an denen weder ein BH-Träger zu sehen war, noch irgendeine andere Form von Bekleidung.

Trug sie etwa gerade in diesem Moment nichts?

 

Wow, du bist so unglaublich sexy.“

 

Hastig tippte er noch ein paar Zeilen mehr, die er eilig hinter seiner Aussage sendete, um nicht wie ein völlig notgeiler Trottel zu wirken. Doch das war gar nicht so leicht, denn sein Gehirn schien gleichzeitig auszusetzen und auf Hochtouren zu arbeiten!

 

Ich kann es kaum abwarten, dich morgen zu treffen <3“

 

Ich freue mich ebenfalls, mein Hübscher! :-*“

 

Ein paar weitere Kusssmileys folgten und Tristan fühlte sich bereits jetzt schon wie im Himmel. Verstohlen schaute er an sich selbst herab und dann wieder auf das Selfie, welches sie ihm vor wenigen Augenblicken gesendet hatte. Zwar hatte er bereits geduscht, doch er war sich ziemlich sicher, dass er an diesem Abend noch eine zweite Dusche brauchen würde...

 

 

 

Am nächsten Morgen hatte Tristan bereits auf dem Weg zur Arbeit in einem kleinen Café vorbeigeschaut und nach irgendetwas gesucht, dass er Dee – wie er sie nach wie vor unter seinen Telefonkontakten eingespeichert hatte – als kleines Mitbringsel zu ihrem Date anbieten konnte. Blumen waren schließlich etwas plump, da sie selbst ein komplettes Blumengeschäft besaß. Also ließ der Inhaber von LIFE POINT INK sich zwei rosafarbene Cupcakes in eine Box einpacken und kam aufgrund dessen ganze 20 Minuten zu spät zur Arbeit.

 

„Dein Kunde wartet bereits !“, schimpfte ihn Joey, der Gott sei Dank einen eigenen Schlüssel besaß und somit schon einmal öffnen und alles vorbereiten konnte und beäugte interessiert die kitschig bedruckte Pappkartonbox, die Tristan unter der Ladentheke verstaute.

 

„Cupcakes? Seit wann magst du Cupcakes?“

„Die sind nicht für mich“, kam die etwas barsche Antwort von Tristan zurück, der sich die Hände an einem der Spender desinfizierte und die Unterlagen des wartenden Kunden hervorzog.

„Für wen dann?“

„Dee. Und wenn du mich jetzt endlich in Ruhe lassen würdest...“

„Dee?! Wer zur Hölle ist Dee?!“

 

Mit einem tiefen Seufzen blieb Tristan stehen und beschloss, Joey einfach kurz und knapp zu sagen, was er heute Mittag vorhatte – und was ihm bereits heute Nacht fast den Schlaf gekostet hatte.

„Die Inhaberin des Geschäfts gegenüber. Ich hole sie heute ab, um einen Kaffee trinken zu gehen.“

 

Tristan kannte seinen besten Freund lange genug um zu wissen, dass er nicht immer so reagierte, wie es in gewissen Situationen angebracht war. Darum wunderte es ihn auch nicht, dass Joey prompt ein unterdrücktes Lachen ausstieß und sich die Hand vor den Mund presste.

„Wenn du mich jetzt endlich in Ruhe lassen würdest...“, wiederholte Tristan daher nur angenervt seine Worte und ließ Joey hinter dem Tresen stehen, um sich nun endlich ein paar Handschuhe anzuziehen und sich seinem Kunden zuzuwenden.

 

„Viel Spaß bei deinem Date Alter!“, hörte er nur noch von seinem blonden Freund und Mitkollegen und erhob zur Antwort nur seinen rechten Mittelfinger.

 

 

Als Tätowierter bei der Arbeit unkonzentriert zu sein, konnte ziemlich mies enden. Darum war Tristan froh darüber, seine Gedanken ziemlich gut abschalten zu können und sich voll und ganz darauf zu konzentrieren, dem jungen Kerl mit dem merkwürdigen Akzent und dem merkwürdigen Namen – Valor? Valon? - das Bild irgendeines Mandalas zu stechen. Oder Siegel. Tristan glaubte sich zu erinnern, dass der Australier, Engländer, oder was auch immer er war erwähnt hatte, es sei ein Siegel.

 

Erst als er seinem Kunden zum Abschied die Hand schüttelte und sich die Einweghandschuhe abstreifte, fielen ihm seine mittäglichen Pläne wieder ein und er fühlte, wie sich Schweiß auf seiner Stirn bildete. Gleich würde es soweit sein und er würde die schöne Lady zu einem Kaffee abholen. Wie sie ihre Haare wohl tragen würde? In einem strengen Zopf oder offen und fließend? Und was sie wohl anhaben würde? Tristan malte sich ihr Bild in seinem Kopf aus, wie sie mit offenen Haaren und einem wallenden Sommerkleid mit ihm einen Kaffee trinken würde, während er sich kurz auf der Personaltoilette etwas Wasser ins Gesicht spritzte und überprüfte, ob seine Frisur richtig saß.

 

„Na dann...wünsch mir Glück, Alter!“, rief er Joey in Richtung der Teeküche entgegen, während er sich die Box mit den Cupcakes schnappte und nur noch ein unterdrücktes Kichern seines besten Freundes vernahm.

„Viel Glück Alter...viel Glück!“

Es klang ganz so, als würde Joey ihn nicht besonders ernst nehmen, was in ihrer Freundschaft nicht gerade selten war, weshalb Tristan ihn nicht weiter beachtete und stattdessen den Laden verließ.

 

Die Aufregung schien mit einem Mal, als er die Straße zum Blumengeschäft überquerte, von ihm abzufallen und mit einem lässigen, selbstbewussten Grinsen betrat er schließlich ihren Laden. Der süßliche Duft von frischen Blumen und das Radio, welches irgendeinen fröhlichen Popsong spielte, untermalten die Szenerie und mit einem Mal fühlte sich Tristan ganz in seinem Element. Das hier würde nicht nur ein Date werden, nein...er würde die Kleine schon ein wenig verrückt machen. Immerhin machte auch sie ihn schon seit Wochen verrückt und dann auch noch dieses verruchte Bild, das ihm gestern Abend geschickt hatte...

 

„Guten Tag“, er trat an den Tresen heran, an dem erneut das Mädchen mit den brauen Haaren und blauen Augen stand, welches desinteressiert in einem Magazin las.

„Dürfte ich bitte die Geschäftsführerin sprechen?“

Ihr Blick wandte sich ihm zu und Tristan sah, wie sich ihre Augenbrauen ein wenig irritiert zusammenzogen. Hatte seine Dee kein gutes Verhältnis zu ihren Angestellten? Erzählte sie ihnen nichts von ihren Plänen?

 

„Geschäftsführerin?“

„Ja, richtig. Ich bin hier, um sie abzuholen.“

 

War dieses Mädchen schwer von Begriff? Noch immer rührte sie sich nicht von der Stelle und beäugte den jungen Tätowierer einmal von Kopf bis Fuß. Langsam aber sicher ging ihre Stutzigkeit Tristan auf die Nerven, was war denn an seiner Bitte nicht zu verstehen?

 

„Ich kann Duke holen, wenn Sie darauf bestehen.“

 

Nun musste Tristan sie anstarren, als würde sie ihm gerade einen Zaubertrick vorführen. Duke? Was zum Teufel redete sie da? Sie sollte nur ihre Chefin herholen, wurde das heute noch etwas oder nicht?

 

„Ich möchte bitte die Besitzerin dieses Ladens sprechen!“

So langsam, aber sicher war Tristan überzeugt davon, dass sie schwer von Begriff sein musste. Darum betonte er auch jedes einzelne Wort – und fühlte sich ziemlich gekränkt, als sie ihm mit einem Mal einen Blick schenkte, als wäre er derjenige, der nicht mehr ganz richtig im Kopf war.

 

„Ich hole Duke...“, erwiderte sie nur knapp angebunden – und war auch schon verschwunden.

Wie auch immer!

Tristan hatte zwar keine Ahnung, was sie damit implizierte, aber die Hauptsache war, dass sich endlich etwas tat und sie ihren Boss holen würde.

Gleich würde es soweit sein. Ob er sie direkt mit einem Handkuss begrüßen sollte? Nein, das wäre etwas zu dick aufgetragen. Andererseits, er war schließlich ein gestandener, tätowierter Mann, es wäre also eine Möglichkeit ihr zu zeigen, dass er auch eine romantische Seite hatte...

 

In diesem Moment bewegte sich der Vorhang hinter dem Tresen. Und da stand sie. Tristans Herz überschlug sich mit Saltos, obwohl sie für ein Date nicht unbedingt sehr chic gekleidet war. Sie trug ihr Haar in einem Zopf und ein rotes, geknotetes Bandana um ihre Stirn, ein enganliegendes schwarzes Top, so wie eine enge schwarze Hose und schwarze Chucks. Ihre großen, grünen Augen stachen zwischen all dem Schwarz hervor, wie Katzenaugen in der Nacht...doch da war etwas, das Tristan plötzlich innehalten ließ.

Ihre Brust wurde durch das enganliegende Tanktop gut betont, doch anstelle einer kleinen, süßen Oberweite war sie...flach?!

 

„Hallo Tristan.“

 

Diese Stimme. Sie klang...nicht wirklich nach einem Mädchen.

 

Tristan spürte, wie sein Kopf völlig knallrot anlief und seine Augen sich auf ihre dreifache Größe weiten mussten, dass Joey sich mit Sicherheit ins Grab gelacht hätte, wenn er ihn so gesehen hätte. Was zur Hölle?! Dee war die Abkürzung für...für...

 

„D-du...bist...?!“

„Duke. Und ich freue mich darauf, mit dir einen Kaffee trinken zu gehen, Tristan von LIFE POINT INK.“

„Du bist ein Kerl?!“

 

Höflichkeit oder Bescheidenheit hatten sich bei Tristan gerade komplett verabschiedet und er starrte den jungen Mann vor sich an, als hätte dieser drei Köpfe und sechs Arme.

 

Ein Mann?! Dee war...ein Mann?! Er hatte sich gestern ernsthaft auf einen Kerl einen herunter...

 

„Also, was ist jetzt?“

 

Dee – nein, Duke Devlin – stützte sich mit beiden Ellenbogen auf dem Tresen ab und begann damit, eine schwarze Haarsträhne spielerisch um seinen langen, grazilen Zeigefinger zu wickeln.

„Gehen wir nun einen Kaffee trinken, oder nicht?“

Bei allen Duel Monsters-Strategien, wie konnte Tristan nur so blind gewesen sein?! Andererseits – irgendwie wirkte alles, was dieser Duke tat, so unglaublich feminin. Die Art, wie seine gepflegten Hände an seiner Wange herabfuhren. Seine großen Augen, die ihm einen schweren Augenaufschlag schenkten.

Tristan war zwar Manns genug dazu zu stehen, wenn ein anderer Mann attraktiv war, aber das er einen anderen Mann so attraktiv fand, war ihm ja noch nie passiert!

Sein Blick fiel auf die Cupcake-Box in seinen Händen.

 

„Ich...hab dir was mitgebracht...“

Ohne den Blick von Duke abzuwenden, reichte er ihr – nein, ihm – die Schachtel und mit einem Lächeln öffnete der Schwarzhaarige sie.

„Oh, Cupcakes! Ich habe eine Schwäche für alles, was süß ist.“

Dabei sah er Tristan genau in die Augen und der Tattooshopbesitzer fühlte seinen Puls rapide ansteigen. Und noch immer konnte er nichts sinnvolles herausbringen, er, der sonst so großmäulige Tristan Taylor!

 

„Ich bringe sie schnell in den Kühlschrank und hole meine Jacke.“

Ohne eine Antwort abzuwarten verschwand der Schwarzhaarige wieder hinter dem Vorhang – Tristan fühlte sich irgendwie ein wenig merkwürdig bei dem Gedanken, dass sogar sein kleiner Hintern weiblich wirkte – und kam auf der Stelle mit einer brauen Lederjacke zurück auf die Ladenfläche.

 

„Können wir?“

Tristan ließ seinen Blick für einen kurzen Moment in die grünen Augen seines Gegenübers eintauchen. Wenn er jetzt kneifen würde, würde Joey ihn wahrscheinlich ein Leben lang damit aufziehen. Und auch wenn Tristan es nicht laut aussprechen würde, irgendetwas machte ihn neugierig.

 

Da seine Kehle trocken war, räusperte er sich kurz.

 

„Ähm...ja klar...gehen wir...“

Mit ein paar großen Schritten war er an die Ladentür getreten und hielt sie auf.

„Nach dir.“

 

Mit einem zufriedenen Lächeln ging Duke an ihm vorbei und warf ihm einen spitzbübischen Blick zu, ehe er sich draußen auf der Straße doch tatsächlich bei Tristan unterhakte und ihm andeutete, er solle losgehen.

 

Es ist völlig normal, sagte der Dunkelhaarige sich in Gedanken. Das hier wird ein schönes Date. Mit einen anderen Mann, der doch irgendwie etwas hat. Er, Tristan Taylor hat schließlich noch nie Nein zu neuen Erfahrungen gesagt!

 

In diesem Moment fiel sein Blick hinüber zu LIFE POINT INK – und am liebsten wäre er vor Scham im Boden versunken, da ein gewisser Blondschopf vor der gigantischen Fensterfront stand und beide Daumen in die Luft reckte, so wie ein wissendes Grinsen im Gesicht trug. Dieser Mistkerl! Er hatte es von Anfang an gewusst!

 

Schnell ignorierte er ihn und wandte sich stattdessen seinem Date zu.

„Darf ich dich noch etwas fragen?“

„Natürlich, mein Süßer.“

„Wieso hast du mich eigentlich nicht korrigiert, als ich dich...nun ja...als ich dich eine...“

 

Tristan erwartete irgendwie eine ausschweifende Erklärung des jungen Mannes, der sich an seinem tätowierten Arm festhielt, doch dieser zuckte nur die Schultern und blickte Tristan durch seinen schwarzen Pony hindurch an.
 

„Ich finde dich süß. Und diese Chance wollte ich mir auf keinen Fall entgehen lassen.“

 

Erneut spürte der junge Tätowierer, wie das Kompliment ihm die Röte ins Gesicht schießen ließ. Da war wohl jemand sehr offensichtlich von ihm beeindruckt und ja, es schmeichelte ihm.

 

Sogar die Kirschblüten blühten heute auf der Main Street, in der sich ihre beiden Läden befanden. Völlig kitschig und klischeehaft - aber irgendwie passte es, wie Tristan zugeben musste. Er war sich sicher, dies würde ein Date werden, wie Tristan bisher noch keines gehabt hatte.

Hey Baby - Heartshipping (Genderbender!)

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]


Nachwort zu diesem Kapitel:
Habt ihr gute Ideen für Namen, die Mokuba und Rebecca ihren Kindern gegeben haben könnten? Ich hatte nämlich absolut gar keine Idee...:D Lasst mich doch mal eure Vorschläge hören! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
An dieser Stelle möchte ich mich übrigens herzlich für 18 Favoriteneinträge bedanken! <3 Ihr seid die Besten! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich musste für dieses Kapitel doch tatsächlich ein wenig recherchieren...und weiß jetzt tatsächlich mehr über Ertrinkungs- und Erfrierungstod, als ich jemals in meinem Leben gewusst habe. o_o
An die Mediziner unter euch: ich hoffe, es stimmt alles so und ich habe keine Fehler gemacht! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Na? Was denkt ihr? Ist Amanes Plan wirklich aufgegangen? Ist sie tot? :') Die Antwort gibts im Epilog! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Vielen Dank an alle Leser, die diese kleine, absurde Geschichte bis zum Ende verfolgt haben! :) Ich würde mich sehr freuen, wenn ihr mir ein kurzes Feedback dalassen würdet, wie ihr es fandet und ob die Mischung aus schwarzem Humor und Ernsthaftigkeit gestimmt hat. :)

Und ja – dies ist zwar das vorläufige Ende, doch vielleicht, ganz vielleicht wird es hiervon auch irgendwann einmal eine Fortsetzung geben. Immerhin ist Heilung ein Prozess...und unsere liebe Amane hat noch einen weiten Weg vor sich. :)

Eure Mökki! <3 Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich hatte übrigens zuerst darüber nachgedacht, ob die beiden vielleicht eher Puppy-, als Prideshipper sein sollten...aber ich hätte es ein bisschen merkwürdig gefunden, wenn Serenity ihren eigenen Bruder auf diese Art und Weise anhimmeln würde und sie in dieser Story nicht zu Joeys Schwester zu machen, wäre mir zu viel Backroundstory gewesen. :P

Darum denke ich, es passt so besser! Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (27)
[1] [2] [3]
/ 3

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  mor
2022-08-20T15:21:03+00:00 20.08.2022 17:21
na auf den Besuch freut sich Ryou ^^
Von:  Tiaiel
2022-05-17T21:17:20+00:00 17.05.2022 23:17
Immer wieder eine Sünde wert, einen weiteren Teil deiner OSs zu lesen. Auch wenn ich kein großer Fan dieses Pairings bin, finde ich es dennoch grandios umgesetzt und es hat mir den heutigen Tag durchaus versüßt ^^ Ein netter Exkurs in die Vergangenheit.
Von:  Tiaiel
2022-01-20T21:38:51+00:00 20.01.2022 22:38
„Der erste in der Dusche bekommt einen Blowjob!“ xD Die Vorstellung das der kleine süße unschuldige Yugi das sagt ist so dermaßen herrlich! Yami tut mir schon ein wenig leid, dass er in dieser Yogastunde so hart (ha, Wortspiel xD) gequält wird ^////^ Du solltest wahrlich mehr FFs schreiben, denn leider gehen mir hier im cookie jar die Pairings meines Interesses aus ^^; Vielleicht lese ich aus Neugier an der Story noch in ein paar rein *___* Also im besten Fall, liest man sich mal wieder!
Auf dann ^^/)
Von:  Tiaiel
2022-01-20T21:16:28+00:00 20.01.2022 22:16
Ach, ich bitte dich! Zum einen die Jeansjacke zum anderen passen die Reaktionen so wunderbar auf den blonden Chaoten und auch die Berufswahl ist mal mehr als interessant. Es ist definitiv Joey xD Mal davon abgesehen, dass die Story an sich hammergeil geschrieben ist, das sollte doch mal dringend von jemandem erwähnt werden *__* Das war sicher nicht die letzte Zusammenkunft dieser Art von den beiden, oder den dreien?
-^////^-
Von:  Tiaiel
2022-01-19T18:59:54+00:00 19.01.2022 19:59
Ohoho, jaaaa es ist äußerst.. flüssig geschrieben, das bestätige ich dir sehr gern ^////^ und auch wenn es eben mal PWP ist, war es definitiv lesenswert *___* Ich musste es in einem Stück durchlesen, so gebannt war ich! Und dad, obwohl ich eigentlich Puppyshipper bin xD Vielen Dank für das verruchte kleine Abenteuer ^^/)
Von:  Tiaiel
2022-01-19T18:25:10+00:00 19.01.2022 19:25
Wieder ein seeeeeehr schöner OS. Mit deinem lebhaften Schreibstil hast du mich definiert geködert und an Land gezogen xD ich konnte die Geschichte gar nicht aus der Hand legen x3 und der gut verpackte nicht genannte Wortwitz hat mich im Nachgang nochmal erheitert, da ich zwischendurch so angefixt war, dass ich das ganz vergessen hatte als Yugi seinen Namen genannt hatte xD einfach fantastisch ^^/)
Von:  Tiaiel
2022-01-19T17:35:02+00:00 19.01.2022 18:35
Ach, was hab ich schön und herzhaft gelacht und ich freue mich noch immer xD ich hätte auch gern ne Freundin zum Sekttrinken, die mit mir FFs schreibt bei mir daheim😭 finde ich auch interessant, dass du unter anderem auch an Joey gedacht hattest (der Gedanke kam mir auch), es aber aufgrund von Serenity verwerfen musstest. Schade, aber trotzdem extrem herrlich zu lesen, vor allem das bestätigende Ende xD
Von:  Tiaiel
2022-01-19T16:49:00+00:00 19.01.2022 17:49
Wow, dass die beiden nicht ohne sind, weiß ich nun schon seit langer laaaaaanger Zeit. Aber DAS? Ich war wahrlich gefesselt von den beiden und ihren Praktiken und es passt so gut! Das mein Liebling dabei drauf gehen musste, musste ich dabei wohl hinnehmen. Ich verstehe gar nicht, dass sich keiner um einen Kommi bemüht :/ Es ist auch so schön düster geschrieben, dass man es sich direkt vorstellen kann. Wahnsinnig gut geschrieben! Hut ab!
Von:  Tiaiel
2022-01-19T16:24:04+00:00 19.01.2022 17:24
Ich gebe zu, die Tatsache dass es um Zombies und Endzeitstimmung ging, schreckte mich erst ab. Nachdem ich der Sache eine Chance gab, musste ich feststellen, dass du die Sache sehr gut verpackt hast und ich hatte zwischendurch echt Bammel, dass du vielleicht einen von den beiden draufgehen lassen könntest o_o zum Glück blieben sie und auch ich davon verschont :3 sehr schöner und fesselnder OS mit meinem Lieblingspairing <3
Von:  Tiaiel
2022-01-19T16:01:07+00:00 19.01.2022 17:01
Auf der Suche nach einer interessanten und gute geschriebenen Geschichte zu diesen Pairing bin ich unverhofft hier gelandet und ich muss sagen: der Ausflug hat sich definitiv gelohnt - ^\\\\^- die Idee, Ryou so eine Show abzuziehen zu lassen passt irgendwie zu ihm. Mal ganz davon abgesehen, dass mir dein Stil äußerst zusagt, hast du generell auf dieses Stück mehr als einen Kommi verdient :3 Ich hab mir auch soooo sehr gewünscht, dass sie sich zum Schluss begegnen und siehe da: Wunsch erfüllt :D das offende Ende macht auf jeden Fall Lust auf mehr und hat mir das Pairing auch äußerst schmackhaft gemacht, wie ich es mal so kunstvoll ausdrücken möchte ^^


Zurück