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Light and Darkness

"On that land shall Darkness prevail and Light expire."
von

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Chapter 27: See You Again

Chapter 27: See You Again

 

Es waren nun einige Stunden vergangen, seit dem Kampf gegen die Dämonen. Im Gottes Reich war die Nacht angetroffen.

Maron wurde ein Zimmer und neue, weiße Klamotten angeboten, welches sie dankend annahm. Auf dem großen Bett lag Chiaki reglos vor ihr. Seine Brust hob sich schwach rauf und runter. Sie selbst saß wie gefesselt auf einem Stuhl am Bettrand, darauf wartend, dass er aufwachte. Seine rechte Hand war von ihren beiden sanft umschlossen. Liebevoll strich sie ihm immer wieder über den Handrücken.

„Wie geht es ihm?“, hörte Maron neben sich sagen. Es war Access Stimme.

Er und Fin kamen auf sie zugeschwebt und stellten sich neben sie hin. Noyn und Silk wurde ebenfalls ein Zimmer angeboten, in welches sie sich ausruhten und womöglich schon schliefen.

„Nichts Neues.“, antwortete sie ohne ihren Blick von ihrem Freund abzuwenden. „Er sieht so friedlich aus.“, sagte sie mit einem sanften Lächeln und strich ihm liebevoll ein paar Strähnen von der Stirn. Auch er trug neue, weiße Sachen. Die dunklen Schatten unter seinen Augen waren komplett verschwunden und sein blasses Gesicht gewann wieder an Farbe. „Wie lange ist es her, seitdem er einen ruhigen Schlaf hatte?“ Die beiden Himmelsengel nickten nur und schauten zwischen dem Diebespaar hin und her.

„Du solltest auch schlafen.“, kam es von Fin. „Es war ein anstrengender Tag.“ Maron schaute zu ihrem Engel auf und schüttelte bestimmt den Kopf.

„Ich bin nicht müde.“

„Maron…“

„Ich will bei ihm sein, sobald er aufwacht.“ Die Engel konnten sich darauf ein Lächeln schwer verkneifen.

„Du und Chiaki, ihr seid so füreinander abgestimmt.“, sagte Fin, worauf Access zustimmend nickte.

„Als du im Krankenhaus warst, hatte Sindbad sich genau so verhalten.“, sagte er. Maron schmunzelte.

„Scheint so, als hätten sich einige Ticks von ihm auf mich abgefärbt.“, kicherte sie schwach.

Fin beugte sich zu ihr herunter und umarmte sie. Auch Access legte ihr ermutigend eine Hand auf ihre Schulter. Anschließend verschwanden die Engel aus dem Zimmer. Maron winkte ihnen kurz zum Abschied zu und wandte sich wieder Chiaki zu.

Eigentlich war sie zu erschöpft über etwas nachzudenken, doch nach einer gewissen Zeit wanderten ihre Gedanken an ihr Gespräch mit Gott vor wenigen Stunden zurück.

„Wir mögen für heute zwar gewonnen haben, aber auf Erden herrscht nach wie vor Chaos und Unheil. Es kann erst wieder richtiger Frieden eintreffen, wenn das Böse besiegt ist.“, hatte er gesagt.

„Ist ein Leben ohne Böses überhaupt möglich, Herr? Wo auch Licht ist, da gibt es auch Schatten…dementsprechend auch Dunkelheit.“, sagte Maron, den Blick nachdenklich zu Boden gesenkt, ihre Hand um ihr Kreuz umschlossen.

„Da hast du nicht Unrecht, Maron…“, sagte Gott, „Es wird keine reine perfekte Welt geben, das gebe ich zu. Es werden immer Menschen geben, die Sünde begehen, in jeglicher Form von Gewalt, Verbrechen und Terror… Jedoch wünsche ich mir eine Welt für alle von uns, ohne die Existenz der Dämonen... Die alles Licht in ihrer Dunkelheit verschlingen wollen.“ Er hielt kurz inne. „Alles was ich mir wünsche, ist das dieser endlose Krieg ein Ende hat.“

Hätte Gott einen Körper, so würde er erschöpft aufseufzen und sein Gegenüber mit einem müden Blick anschauen. Müde vom jahrtausendalten Kampf gegen das Böse.

Maron nickte langsam und lächelte anschließend zu Gott auf.

„Ich möchte dasselbe. Ich möchte die Welt und die Menschheit ihren Frieden zurückbringen und retten. Ich möchte für diejenigen, die ich liebe weiterkämpfen und beschützen.“, sagte sie.

Hätte Gott einen Körper, würde er mit väterlichem Stolz auf sie herablächeln.

 

Der nächste Morgen brach langsam an. Maron blinzelte müde gegen das ansteigende Sonnenlicht. Kurz kniff sie die Augen zu, um ihre geblendeten Augen zu beruhigen.

Als sie ihre Augen wieder öffnete, sah sie zu ihrer Überraschung Chiaki aufrecht auf dem Bett sitzen. Benommen blinzelte er mehrmals, schaute sich in seiner fremden Umgebung um, bis seine haselnussbraunen Augen bei ihr haften blieben.

Maron blickte ihn wie erstarrt an.

„Maron…“, sagte er leise. Allein wie er ihr Name sagte, war seine Stimme mit Wärme und Liebe gezeichnet.

„Du bist es…!“, wisperte sie kaum hörbar. „Du bist es wirklich…!“

Überglücklich löst die Kamikaze-Diebin sich von ihrer Starre, sprang vom Stuhl auf und umarmte Chiaki innig. Freudentränen liefen ihr das Gesicht herunter. Ihr Freund nahm schlang seine Arme um sie, drückte sie eng an sich und vergrub sein Gesicht in ihre Haare. Auch ihm liefen stumm die Tränen.

Für eine gefühlte Ewigkeit verharrten sie in der Position. Langsam löste Maron sich einige Zentimeter von Chiaki, sodass sie sich ansehen konnten.

„Ich habe dich vermisst.“, schluchzte sie, weinte unkontrolliert. „Ich habe dich so sehr vermisst…“

„Ich bin zurück.“, sagte er und strich ihr zärtlich eine Strähne aus dem Gesicht. Maron umfasste liebevoll -mit zitternder Hand- seine Wange. Er nahm ihr Gesicht in beiden Händen, wischte ihr die Tränen mit seinem Daumen weg und legte sanft seine Lippen auf ihre.

Zaghaft war der Kuss, bis er gefühlvoller wurde. Geprägt von Sehnsucht und Liebe. Als wollten beide die verlorene Zeit einholen.

Stirn an Stirn gelehnt, saßen sie sich schließlich gegenüber. Die Hände ineinander verflochten. Die Augen geschlossen.

Genossen die Präsenz des Anderen. Sowie die Ruhe.

„Es tut mir leid.“, sagten Beide plötzlich wie aus einem Mund. Überrascht blickten sie sich an. Maron richtete sich etwas aufrecht und schaute schuldig weg.

„Wofür entschuldigst du dich?“, fragte Chiaki verwirrt.

„I-Ich hätte dich töten können. Ich hätte dein Leben mit meinen eigenen Händen beendet...“

„Ich wäre glücklich gestorben. Unter Umständen.“

„Das ist nicht witzig.“, sagte Maron ernst und blickte Chiaki an.

„War auch kein Witz.“, antwortete er ebenso ernst.

Seine Augen ruhten sanft auf sie. Ein warmes, dankbares Lächeln zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. Mit dem Daumen fuhr er über ihren Handrücken.

„Maron…”, setzte er sachte an, „Du hast mir das Leben gerettet.“

„Ich habe dich niedergestochen. Mit einem riesigen Schwert. Und du hattest Feuer gefangen.“, entgegnete sie tonlos.

Seine Mundwinkel zogen sich leicht nach oben. Mühsam verkniff Chiaki sich ein Grinsen.

„Okay, unsere Probleme sind nicht wie andere Paare. Haben wir das auch geklärt.“, sagte er.

Er hob seine freie Hand und legte sie auf ihre Wange. Maron schmiegte ihr Gesicht in seine Handfläche rein.

„Ich habe deine Stimme gehört, weißt du...“, sagte Chiaki noch sanfter als vorher. „Wie du sagtest, dass ich nicht tot sei. Wie du mich darum batst die Augen zu öffnen.“ Er zog ihr Kopf an sich und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn. „Ohne dich hätte ich es nicht zurück geschafft.“

Sie schauten sich schweigend an. Momente, die sich für Maron wie Stunden anfühlten.

„Ich bin so froh, Chiaki…“, wisperte sie, drückte seine Hand. Sie war mehr als glücklich ihn so zu sehen, komplett er selbst. Als den Mann, in den sie sich verliebt hatte.

 

„Bei Access, Fin und den anderen müsste ich mich auch bedanken.“, sagte Chiaki und lachte leise auf. „Wo sind sie?“

Kaum hatte er die Frage ausgesprochen, öffnete sich die Tür und das Engelspaar sowie Noyn und Silk kamen rein.

„Maron. Wir wollen nur guten Morgen sagen und schauen ob-…“

Fin blieben die Worte im Hals stecken, als sie Chiaki sah. Auch den Anderen stockte für eine Sekunde der Atem.

Chiaki nickte ihnen mit einem dankenden Lächeln zu.

Ehe er sich versah, wurde er von beiden Engeln stürmisch umarmt.

„Sindbad!! Alter! Du bist es wirklich!!“, schrie Access, dem schon einige männliche Tränen das Gesicht herunterrollten.

„Schön dich wiederzusehen.“, sagte Noyn mit einer nickenden Kopfbewegung, hielt sich etwas in den Hintergrund.

„Ohne euch, wäre ich wahrscheinlich nicht hier.“, sagte Chiaki an die Runde gerichtet.

„Übrigens…“, setzte Maron nach einigen Momenten an, während ihr Freund aus dem Bett stieg, „Da gibt es jemand, den du treffen sollst.“

Access und Fin warfen ihr einen unauffälligen, mahnenden Blick zu.

„Du weißt, das geht nicht, Maron.“, flüsterte die Grünhaarige ihr zu. „Das ist gegen die Regel.“

Maron schaute sie mit einem unzufriedenen Gesichtsausdruck an.

Chiaki verstand kein Wort, von dem was sie von sich gaben.

„Von wem oder was redet ihr?“, fragte er.

Plötzlich klopfte es an der offenen Tür und ein weiterer Engel kam langsam rein. Chiaki erkannte sie sofort wieder. Seine Augen weiteten sich überrascht. Besonders bei der Tatsache, dass die Frau vom Friedhof sich als Engel herausstellte.

„Oh…Hope-sama.“, sagte Access respektvoll und schaute verunsichert zwischen ihr und Chiaki hin und her.

„Ehm… seid Ihr Euch sicher…hier zu sein? Weil die Regel-…“, stammelte Fin leise in ihre Richtung. Hope winkte ihnen unbekümmert ab, womit die Beiden sich zu Noyn und Silk in den Hintergrund verzogen. Chiaki merkte an Access und Fin’s Verhalten, dass der Engel vor ihm vom höheren Rang war.

Maron nahm grinsend seine Hand und ging mit ihn einen Schritt auf sie zu.

„Hi.“, sagte Hope und lächelte ihn wie damals warm an.

„Eh… Hi.“, brachte er perplex hervor und fragte direkt: „…W-Wer seid Ihr?“

Maron biss sich auf die Lippe, musste sich verkneifen nicht für Hope zu antworten.

Diese lächelte ihn weiterhin an und sagte: „Ich bin deine Mutter!“

Die Himmelsengel blickten Hope entgeistert an, erstaunt und schockiert darüber dass sie einfach eine Regel Gottes missachtet.

Maron’s Grinsen wurde noch breiter.

Chiaki hingegen stand wie vom Blitz erschlagen da, wusste nicht wie er reagieren sollte. Der Schock stand ihm förmlich ins Gesicht geschrieben.

„M-Mutter?“, fragte er nach, total überwältigt. „Midori… Nagoya?“

Hope nickte.

Ungläubig schaute er auf Maron herab, die ebenfalls nickte.

„Du brauchst vielleicht einen Moment, um das sacken zu lassen.“, sagte der Erzengel ruhig. „Also-…“ Ehe sie weitersprechen konnte, umarmte Chiaki sie, hielt sie ganz fest in seinen Armen, fragte immer wieder, ob es kein Scherz sei. Mütterlich strich sie ihm über den Rücken.
 

***

„Konntest du dich sofort an alles erinnern?“, fragte Chiaki.

Er und Hope saßen alleine im Zimmer an einem Tisch. Nachdem er und Maron was gegessen hatten, ging seine Freundin mit Fin und den anderen raus für einen Spaziergang.

Noch immer konnte Chiaki nicht fassen, dass seine Mutter als Engel vor ihm saß. Er musterte sie von oben bis unten. Natürlich sah sie als Engel komplett anders aus als er seine Mutter in Erinnerungen hatte. Weiß-blaue Haare statt braune, die typischen elfengleichen, spitzen Ohren und schöne, weiße Schwingen am Rücken.

Doch in manchen Zügen erkannte er sie wieder, insbesondere wenn sie lächelte. Es war dasselbe Lächeln, was er von seiner Mutter kannte. Ebenso waren da ihre haselnussbraunen Augen - dieselben braunen Augen, die er auch hatte.

Perplex über die Frage schaute der weibliche Erzengel ihn an.

„Nein, natürlich nicht.“ Hope lachte und begann zu erzählen:

„Ich hatte meine Erinnerungen erst vor ungefähr zehn Jahren zurückbekommen. Ich war ein frisch aufgestiegener Grundengel und durfte für drei Tage auf die Erde. Aus irgendeinem Grund war ich in Momokuri und ich hörte ein Kind weinen.“ Sie warf Chiaki einen liebevollen Blick zu. „Das warst du. Du warst sieben und saßest im Regen vor der Tür, hattest dich vorher mit deinem Vater gestritten, weil er wieder neu geheiratet hatte, so wie ich es damals mitbekam. Und du hattest dich geweigert wieder reinzukommen, wenn sie nicht verschwindet. Kagura saß mit dir draußen, damit du nicht alleine warst… er hatte anscheinend frisch seinen Abschluss gemacht und anschließend als Sekretär im Krankenhaus angefangen.“

Chiaki’s Gesicht verhärtete sich, bei der Erinnerung. Ihm gefiel es nicht, dass seine Mutter aktiv mitbekommen musste, dass sein Vater neu geheiratet hatte. Hope schenkte ihm ein verständnisvolles Lächeln.

„Ich war neugierig und hatte euch alle beobachtet. Mein Herz klopfte und ein trauriges, deprimierendes Gefühl breitete sich in meiner Brust aus. Immer wieder hatte ich den Drang verspürt dich umarmen zu wollen. Als ich schließlich durch die Villa flog und mich umschaute, sah ich ein Foto.“

„Was für ein Foto?“

„Von uns. Von dir, mir und deinem Vater. Es war direkt nach deiner Geburt. Einer der glücklichsten Tage meines vorherigen Lebens.“ Hope blinzelte sich ein paar kleine Tränen weg und fuhr sich durch die Haare. „Als ich es sah, kam plötzlich alles wieder. Ich beschloss dann die restlichen zwei Tage in eurer Nähe zu bleiben.“

Der Engel fing an herzlichst zu lachen. „Einmal hattest du mich den größten Schreck meines Engelsdaseins gegeben.“

„W-Wieso?“, fragte Chiaki verdutzt.

„Erinnerst du dich nicht? Du hattest im Garten mit Yashiro gespielt und ich hatte mich in einem Busch versteckt. Plötzlich standst du vor mir, hattest durch die Blätter gespäht und mir direkt in die Augen geguckt. Ich war vor Schreck wie gelähmt, denn ich wusste nicht, ob du mich wirklich sehen konntest, oder nicht. Jetzt wissen wir es natürlich besser.“, kicherte sie. „Danach hattest du Kagura und Yashiro geholt und ihnen gesagt, dass du eine Fee gesehen hättest. Ich hatte mich vorsichtshalber in der nächststehenden Baumkrone versteckt.“

Sie stoppte sich einen Moment und strich ihm kurz über die Haare. „Ab den Tag ahnte ich, dass du was ganz Besonderes warst.“, sagte Hope. Chiaki lief verlegen rot an.

Also hatte ich es damals mir wirklich nicht eingebildet! Die anderen hatten es als wilde Fantasie abgestempelt…, dachte er sich.  

„Wenn du dann die ganze Zeit bei uns warst…“, er schaute sie ernst an, als sie ihre Hand von seinem Kopf entfernte. „Wie konntest du mit ansehen, dass Vater immer wieder eine Neue holte? Ich meine…ich weiß jetzt wieso, aber wie hattest du dich gefühlt? Hattest du dich nicht verraten gefühlt, oder so?“

Hope schmunzelte und zuckte mit den Schultern.

„Ganz ehrlich… Ich war anfangs wütend. Stinkwütend und eifersüchtig. Doch am letzten Tag hatte ich deinen Vater mit Kagura reden hören. Kagura hatte ihn gefragt, wieso er immer und immer wieder sich in neue Beziehungen zwänge mit der zusätzlichen Bemerkung, dass jeder Blinder merken würde, dass er keiner der Frauen liebte. Daraufhin hatte dein Vater geantwortet: ‚Weil Chiaki eine Mutter braucht…‘.“ Wieder standen ihr Tränen in den Augen, die sie sich schnell wegblinzelte. Unbemerkt rollte ihr dennoch eine Träne die Wange herunter. „‚Ich kann ihn nicht ohne Mutter aufwachsen lassen‘, hatte er gesagt.“

Hope lachte kurz auf. „Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr mich das zum Heulen gebracht hat. Ich verstand schließlich, wie seine wahren Gefühle waren. Natürlich hatte es mir nicht gefallen, dass er sich und seinen Gefühlen selbst was vor machte, aber was konnte ich schon machen? Mir waren die Hände gebunden. Selbst hier oben im Himmel konnte ich nichts machen. Wenn ein Engel sich an seine Vergangenheit erinnert, so war es uns untersagt, sich mit den Menschen aus unserem alten Leben zu interagieren. Ich durfte euch noch nicht mal über den magischen Spiegel beobachten. Auch als du und Maron damals beim Herrn wart, habe ich es erst im Nachhinein davon mitbekommen.“

„Du hast aber mit mir damals geredet.“, entgegnete Chiaki mit hochgezogener Augenbraue. Hope nickte.

„Ich war auch im Krankenhaus und habe mit deinem Vater kurz geredet.“, gestand sie. „Ich habe dem Herrn darum gebeten mir wenige Minuten zu schenken, um euch ein letztes Mal zu sehen. Selbst wenn es nur für einen winzigen Augenblick war.“ Sie seufzte kurz auf. „Als ich jeden von euch sah, überkamen mich die Gefühle, aber ich musste mich zusammenreißen. Ich hätte dir damals schon so gerne gesagt, dass ich deine Mutter war. Und jetzt…da sind mir die Regeln egal. Ich wollte meinen Jungen wieder in die Arme nehmen.“ Mit einem verschmitzten Grinsen zuckte Hope sorglos mit den Schultern.

Chiaki konnte sich ein Schmunzeln schwer verkneifen.

„Wird dich Gott bestrafen?“, fragte er. Hope lachte bei der Frage amüsiert auf.

„Vielleicht drückt er mir ein Auge zu. Schließlich handelt es sich nicht nur um meinen Sohn, sondern auch um Gottes Kind.“, sagte sie augenzwinkernd, was Chiaki ebenfalls zum Lachen brachte.

„Unglaublich… Kagura hat Recht. Du hast es sowas von faustdick hinter den Ohren. Du lässt dir selbst von Gott nichts sagen.“, merkte er amüsiert an.

Wieder zuckte Hope unbekümmert mit den Schultern.

„Wie konntest du überhaupt deine Flügel verschwinden und dich für Menschen sichtbar machen lassen?“, erkundigte er sich schließlich interessiert.

„Das gehört zu den Fähigkeiten als Erzengel. Wir können uns für wenige Minuten als Menschen ausgeben.“, erklärte sie knapp.

„Verstehe.“

Für einen Moment herrschte unbeholfenes Schweigen.
 

„Bist du eigentlich Jungfrau?“, fragte Hope wie aus dem Nichts mit einem frechen Lächeln. Chiaki starrte sie mit knallrotem Kopf mehr als entgeistert an.

„Was? Darf eine Mutter sowas nicht fragen?“

„Kein Mensch fragt sowas einfach so!!“

„Du weißt, dass ich kein Mensch mehr bin.“

„Du weißt genau, was ich meine!!“

„Deiner Reaktion zufolge kenne ich meine Antwort. Hihi.“

„…Müsstest du nicht wissen, dass Maron und ich warten müssten?“ Chiaki fuhr sich verlegen durch die Haare.

„Doch, doch.“, kicherte Hope amüsiert. „Obwohl, für alles gibt es ein Schlupfloch.“, murmelte sie leise.

„Was?“ Er blickte sie verwirrt an.

„Nichts.“ Hope machte kurz ein unschuldiges Gesicht, ehe sie wieder frech grinste. „Wenn es so weit ist… hat dein Vater mit dir schon das aufklärende Gespräch geführt?? Ansonsten übernehme ich das gerne!!“

„ERSPAR MIR DAS!!“

Der Engel lachte herzlich auf. „Hey, sei nicht so! Ich will die Mutter-Sohn-Zeit, die wir haben schließlich voll ausnutzen und alles über dich wissen! Wie sieht es mit Mädels vor Maron aus?? Ich wette, so ein hübscher Mann wie du geworden bist… Da hast du garantiert an jeder Ecke Verehrerinnen!! Du wärst schließlich nicht umsonst Kaiki Nagoya’s Sohn aka ein Frauenheld!“ Hope zwinkerte Chiaki mit einem breiten Grinsen schelmisch zu. Mit ihrem leicht exzentrischen Charakter musste der Blauhaarige erstmal klarkommen.

„Hab ein wenig Taktgefühl!!“, sagte er, das Gesicht immer noch rot angelaufen. „Und andere Frauen interessieren mich nicht. Für mich wird es nie jemand anderen als Maron geben.“

Wieder musste seiner Mutter kichern. Wie der Vater, so der Sohn..., dachte sie sich. „Ihr passt perfekt zueinander! Und nicht nur weil ihre Adam und Eva seid. Sondern weil ihre euch perfekt ergänzt.“

Chiaki hatte ein peinlich berührtes Lächeln aufgesetzt. Er blickte zum Fenster raus, allmählich wurde es dunkel draußen.

„Maron ist mehr als nur perfekt. Sie ist einzigartig und wundervoll.“, sagte er verträumt. „All die Jahre dachte ich, dass es sowas wie Liebe und wahre Gefühle nicht gibt… Das habe ich übrigens Vater zu verdanken.“ Er warf einen kurzen Blick zu Hope, die einfach nur verständnisvoll nickte. Dann schaute er wieder aus dem Fenster und setzte fort:

„Aber…dank Maron habe ich gelernt, dass die wahre Liebe wirklich existiert. Ehe ich mich versah, reichte ihre Anwesenheit allein aus, um mir dieses ehrliche Gefühl, von Glück, Geborgenheit, Zufriedenheit und Freude zu geben. Zum ersten Mal seit langem fühlte ich mich lebendig.“ Wieder hielt er kurz inne. „Eins hatte ich gelernt, als ich…in dieser Traumwelt war.“ Hope blickte ihn interessiert an. „Dass es weitaus schlimmere Dinge gibt als den Tod. Nicht geliebt zu werden oder lieben zu können: das ist schlimmer.“

„Die Liebe ist ein wundervolles Gefühl.“, stimmte Hope lächelnd zu. „Du bedeutest ihr viel. Wie sie dich anguckt…In dem Moment als ich sie sah, wusste ich, wie sehr sie dich glücklich macht und du sie. Schon allein, wie sie nicht von deiner Seite wich, ohne eine Sekunde Schlaf.“

„Das muss sie sich wohl von mir abgeguckt haben.“, sagte Chiaki und rieb sich verlegen den Nacken. Dann lachte er kurz auf. „Aber nicht nur Maron, auch Access und die anderen trugen ihren Anteil bei.“ Wieder nickte der weibliche Engel mit einem zufriedenen Lächeln.

„Ich bin froh, dass du so wunderbare Freunde um dich rum hast. Welche Mutter wünscht sich sowas nicht für ihr Kind.“, sagte sie.

Für einen Moment war es wieder Still zwischen den Beiden.

„Chiaki, wenn das alles vorbei ist möchte ich nochmal runter auf die Erde. Und dann werde ich euch beide, dich und deinen Vater, zusammen in die Arme nehmen!“, sagte Hope und blickte nach draußen in die Ferne.

„Das heißt ja auch, du willst ihm die Wahrheit sagen…“, stellte der Angesprochene fest.

„Ist doch fair oder nicht? Er verdient die Wahrheit.“, zuckte sie mit den Schultern.

„Ich weiß nicht…Ich bezweifle, dass er uns Glauben schenken wird.“

„Wieso sollte er uns keinen Glauben schenken. Würdest du es mir zu liebe machen?“

„Hm…Mal schauen. Vater die Wahrheit zu sagen ist mein geringstes Problem zurzeit.“, zuckte Chiaki mit den Schultern.

Für einige Minuten redeten Beide noch miteinander, bis es für Hope Zeit war zu gehen.

„Es wird spät…ich gehe jetzt am besten. Du und Maron solltet euch ausruhen.“, sagte sie und stand von ihrem Platz auf. Chiaki stand ebenfalls auf und folgte ihr zur Tür.

Wie eine stolze Mutter schaute Hope zu ihm auf und strich ihm wieder über die Haare. Er war mehr als einen Kopf größer als sie, weshalb sie ihren Arm noch leicht hochstrecken musste.

„Ich erinnere mich oft daran wie ich dir über den Kopf strich, als du noch ein kleiner Junge warst. Ich könnte das stundenlang machen!“

„Ja, das merke ich.“ In den fünf Jahren und paar Stunden in der Chiaki seine Mutter kannte, hatte er für sich entschieden, dass sie zwar zur coolen, aber auch zur peinlichen Sorte Mutter gehörte.

„Und jetzt bist du so erwachsen! Aber für mich bist und bleibst du mein kleiner Junge!“, rief sie verzückt.

„Bin ich nicht!“, sagte er, die Wangen wieder rosa anlaufend.
 

***

„Du meine Güte… Hier ist es einfach traumhaft, Fin!“, rief Maron begeistert aus.

Sie und die Himmelsengel spazierten in der Stadt der Engel umher, welches aus weißen Gebäudeblocken bestand und mit einer großen Wasserfontäne bestückt war. Alles schien wie aus edlen Marmor gebaut zu sein.

„Und hier habt ihr gewohnt?“

Fin und Access nickten gleichzeitig. Nachdem sie Chiaki und Hope alleine ließen, zogen sich Noyn und Silk in ihr Zimmer zurück. Auch wenn sie keine Dämonen mehr waren, so fühlten sie sich dennoch unwohl im Himmel.

„In der Regel wohnen alle Engel hier, die nicht für einen Auftrag auf die Erde müssen. Offensichtlich.“, erklärte Access und fügte hinzu, „Erzengel dürfen in Gottes Palast leben.“

„Wow. Hier würde ich auch leben wollen…“

Anschließend führte das Engelspaar Maron zu Gottes Garten.

Die Dämmerung breitete sich langsam aus und kleine helle Staubpartikel leuchteten über die Wiesen und Bäumen umher.

Maron fühlte sich wie in einer Märchenwelt hineinversetzt.

Plötzlich kamen ihr eine Gruppe Schwarzengel entgegengeflogen. Darunter sah sie ein bekanntes, lächelndes Gesicht. Ein junger Engel mit hellbraunem Haar und hellbraunen Augen.

Die Kamikaze-Diebin blieb für einen Moment das Herz stehen.

„Zen…!“, brachte sie fassungslos hervor. Verwundert drehte der junge Engel sich um.

Mit großen Augen starrte er Maron an.

„Wer bist du? Und woher kanntest du meinen Namen?“, fragte er.

Ihre Augen weiteten sich.

Das ist wirklich Zen!, ging es ihr fassungslos durch den Kopf. Er sah so aus, wie Maron ihn in Erinnerungen hatte. Sie dachte an das erste Treffen mit ihm, an die Tage, die sie mit ihm verbracht hatte und wie er schließlich in den Armen seiner Eltern starb. Tränen kamen ihr hoch, doch sie blinzelte sie sich schnell weg und setzte ein warmes Lächeln auf.

„D-du siehst aus wie jemand der ‚Zen‘ heißt. Es ist ein schöner Name.“, antwortete Maron ihm.

„Danke!“ Zen grinste erfreut. „Rill-sama sagte, dass ich auch in meinem irdischen Leben so hieß.“ Maron nickte und fragte sanft:

„Macht dir das Fliegen Spaß, Zen?“

„Ich bin ein Engel! Natürlich macht mir Fliegen Spaß!“ Sein Grinsen wurde breiter und er lachte glücklich auf.

„Zen! Kommst du?“, rief einer seiner Schwarzengelfreunde und winkte ihm ungeduldig zu.

„Komme! Ich muss los, also ehm...bis bald.“ Mit einem Winken verabschiedete der Junge sich von Maron und flog davon. Diese winkte mit einem Lächeln zurück.

Zen… sein Wunsch zum Fliegen hat sich nun wahrhaftig erfüllt!, dachte sie sich, als sie ihm für eine Weile nachblickte.

Seufzend ließ sie sich auf das weiche Gras nieder und blickte zum anbrechenden Sternenhimmel auf.

Fin und Access, die das Wiedersehen stumm beobachtet hatten, setzten sich wortlos zu ihr dazu. Dabei legte der Dunkelhaarige seiner Freundin einen Arm um die Taille und rückte sie näher an sich ran.

Für eine unbestimmte Zeit saßen sie einfach schweigend nebeneinander und genossen die friedliche Atmosphäre. 

„Zen’s Traum zum Fliegen hat sich wahrhaft erfüllt…“, setzte Maron auf einmal an. „Was sind eure Träume und Wünsche?“

Den beiden Engeln überraschte die Frage.

„Träume? Wünsche?“, fragten sie abwechselnd.

„Ja!“ Erwartungsvoll blickte Maron sie an.

Nach einer kurzen Denkpause antwortete ihr Fin als Erste:

„Hm…. mein Traum ist es ein Erzengel eines Tages zu werden und an Gottes Seite zu dienen! So wie Rill-sama oder die anderen großen Erzengel!“

„Ich bin mir sicher du wirst das eines Tages schaffen, Fin!“, sagte Maron mit einem ermutigenden Lächeln.

„Mein Traum ist es für immer an Fin’s Seite zu sein!!“, warf Access ein und umarmte seine Freundin stürmisch sowie liebevoll. Er drückte ihr einen Kuss auf die Wange.

„Haha. Keine Sorge, du Knallkopf, ich gehe nirgendswohin ohne dich.“, versprach diese mit einem verliebten Lächeln und gab ihm einen zärtlichen Kuss.

„Und wie sieht es mit dir aus, Maron?“, erkundigte Fin sich bei ihrer Partnerin.

Kurz herrschte wieder Stille. Maron blickte nachdenklich auf. Eine Sternschnuppe flog über den Horizont vorbei.

„Glücklich sein. Einfach glückliches Leben führen mit denen, die ich liebe!“, sagte sie schließlich. Wieder kurze Stille.

„Wenn das alles vorbei ist… Werden wir nicht mehr bei euch bleiben können.“, durchbrach Access sie, die Stimme leicht bedrückt. „Da werden wir hierher zurückkehren.“

Maron machte große Augen.

„Echt?“

Die Engel nickten.

„Oh…“ Die Diebin wusste nicht, was sie davon halten sollte. Sie ahnte, dass die Engel eventuell nicht für immer bei ihnen bleiben konnten, dennoch konnte sie es sich nicht vorstellen für immer Abschied von ihnen zu nehmen. „Ich hoffe…dass wir uns dennoch Wiedersehen können…?“

„Wir können euch jederzeit zu Besuch kommen.“, versicherte ihr Fin augenzwinkernd. Mit einem aufrichtigen, ehrlichen Lächeln setzte die Grünhaarige fort:

„Und selbst wenn wir nicht bei euch sind… Selbst wenn wir uns in komplett verschiedenen Welten befinden… Selbst wenn du mich eines Tages vergessen solltest….Ich werde immer über dich wachen und dich beschützen, Maron!“

Peinlich berührt musste Maron auflachen.

„Versprochen?“, fragte sie.

„Versprochen.“, sagte Fin.

Die beiden Frauen gaben sich den kleinen Fingerschwur und lachten.

„Ich werde dich auf keinen Fall vergessen, Fin!“

„Ich hab dich lieb, Maron.“

„Ich dich auch.“

„Ich hab euch auch alle lieb.“, grinste Access.

„Access, du bist so ein Idiot.“, rollte Fin lachend mit den Augen.

Nach einigen Minuten kehrten die Freunde wieder in Gottes Palast zurück.

 



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