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Holprige Weihnachten

von

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Unruhig sah Kou schon wieder auf die Uhr hinter sich. Es war bereits elf Minuten nach sieben und noch immer keine Spur von Futaba. Auch ein Blick auf sein Handy brachte ihm keine neue Erkenntnis. Ein Seufzer kam aus seinem Mund und schwebte als kleine Wolke in der kalten Luft davon. Er hatte es wohl nicht besser verdient. Es war ihm immer noch unangenehm wenn er daran dachte wie oft er Futaba hier hatte warten lassen. Verlegen kratzte er sich am Hinterkopf. Da hörte er plötzlich schnelle Schritte durch den Schnee knirschen. Er sah auf. Und tatsächlich war es Futaba die so schnell es der rutschige Weg erlaubte auf ihn zu rannte.

„Es... tut... mir... leid!“, keuchte sie schon von ferne. Nach vorn gebeugt und schwer atmend blieb sie ein paar Schritte vor Kou stehen und stemmte ihre Hände in die Hüfte. Ihr Freund schaute liebevoll lächelnd auf sie herab. Endlich beruhigte sich Futabas Atem wieder und sie schaffte es sich aufzurichten. Sie schlug ihre behandschuhten Hände aneinander und verbeugte sich entschuldigend.

„Wah! Es tut mir so leid! Ich bin viel zu spät losgelaufen. Hast du lange warten müssen?“ Kou schaffte es nicht mehr sich zurück zu halten und lachte lauthals los.

„Hö?“ Futaba sah ihn verwirrt an und ließ langsam die Hände sinken. Dann begann sie leise mitzulachen. Kou streckte eine Hand nach ihr aus und Futaba ergriff sie immer noch lachend.

„Du hättest das Recht mich hier ewig warten zu lassen.“ Und er zog sie näher. Futaba stolperte in seine Arme und sah schief grinsend zu ihm auf.

„Hast du ein Glück, dass ich nicht so fies bin wie du.“ Kou kicherte leise.

„Autsch, der tat weh.“ Er beugte sich etwas herunter und küsste sie sanft auf die Stirn. Ihre Wangen hatten sich zart rosa verfärbt. Ob es an der Kälte lag oder dem Kuss konnte Kou nicht sagen, aber sie sah einfach unglaublich süß aus. Er legte seine Stirn an ihre und blickte in Futabas Augen.

„Wollen wir gehen?“

„Ja“, hauchte sie leise und er ergriff ihre Hand fester. Langsam liefen sie durch den knirschenden Schnee und unterhielten sich halblaut. Schon bald wurde die unheimliche Stille, die nur frisch gefallener Schnee erschaffen konnte von lauter werdender Musik und dem Gebrumm vieler Menschen unterbrochen. Zwischen den weiß gepuderten Bäumen tauchten nun bunte Zelte auf und überall blinkende Lichter. Futaba sah strahlend zu Kou auf und beschleunigte ihre Schritte. Verzückt lachend blieb sie am Eingang der Zeltreihen stehen und hüpfte auf und ab.

„Uh schau nur, schau nur! Es gibt sogar Punsch!“ Ungeduldig winkte sie Kou herbei, der gemächlich näher kam. „Und Weihnachtstorte!“ Kou schaute sich neugierig um. Der kleine Markt war voller Paare die händchenhaltend oder verlegen kichernd herum gingen. Fast jeder Stand verkaufte weihnachtlich angehauchtes Essen, vor allem Hühnchen in allen Varianten. Futaba wurde nicht müde jedes Detail was sie bemerkte aufzuzählen.

„Es gibt sogar Chicken Nanban! Das magst du doch.“ Halb fragend schaute sie zu Kou auf.

„Ja, aber lass uns doch erst mal alles ansehen.“ Futaba lächelte verlegen.

„Tut mir leid. Ich freu mich einfach so mit dir hier zu sein.“ Kou´s Wangen verfärbten sich leicht rot und er ergriff wieder Futabas Hand.

„Ich bin auch sehr froh.“

Umgeben von leckeren Gerüchen und Weihnachtsliedern schlenderten sie über den Platz. Futabas Augen leuchteten mit den vielen Lichtern um die Wette und Kou beobachtete sie zufrieden lächelnd. Am anderen Ende der Zeltreihe war ein großer Weihnachtsbaum aufgebaut und mehr als üppig geschmückt worden.

„Oh guck, da kann man einen Wunsch aufschreiben und an den Baum hängen.“ Kou schaute skeptisch zu dem kleinen Pult um das sich bereits eine laut kichernde Menge Mädchen versammelt hatte.

„Und wer soll den Wunsch erfüllen?“, fragte er die Luft, denn auch Futaba hatte sich zu der Gruppe gesellt und bereits einen Stift in der Hand. Kou sah wie sie kurz angestrengt überlegte und dann etwas auf den roten Zettel kritzelte. Eilig rollte sie ihn zusammen und hängte ihn an einen der schon stark beanspruchten Äste. Dann eilte sie wieder an Kou´s Seite.

„Und? Was hast du dir von der Weihnachtsfee gewünscht?“, lachte er. Futaba legte einen Finger vor ihren Mund.

„Das ist ein Geheimnis.“ Dann grinste sie breit. Kou streckte ihr leicht die Zunge raus.

„Dann halt nicht. Komm, ich hab langsam echt Hunger.“ An fast allen Fressständen hatten sich lange Schlangen gebildet. Kou seufzte tonlos.

„Das scheint wohl länger zu dauern.“ Futaba rieb unauffällig ihre Hände aneinander, doch Kou bemerkte es sofort.

„Stell dich ruhig drüben ans Feuer. Ich warte hier schon.“

„Sicher?“ Futaba sah unschlüssig abwechselnd zwischen ihm und der lodernden Feuerschale hin und her.

„Klar, bevor du noch erfrierst.“ Er beugte sich etwas näher zu ihr und ergänzte fast flüsternd: „Ich würde dich ja gerne wärmen, aber...“ Und er zuckte mit der Schulter zu den Umstehenden. Futaba lächelte verlegen und drückte seine Hand kurz. Dann lief sie zum angenehm wärmenden Feuer. Kou sah ihr hinterher, bis sie in der Menge verschwunden war. Dann wanderte sein Blick weiter und plötzlich riss er überrascht die Augen auf.
 

Futaba hielt erleichtert ihre schon leicht tauben Hände über die Flammen und spürte, wie sie langsam auftaute. Vielleicht hätte sie doch noch einen dritten Pullover anziehen sollen. Aber Hauptsache sie war endlich hier gemeinsam mit Kou. Seit einem Jahr waren sie nun schon ein Paar und der letzte Versuch eines Weihnachts-Dates war reichlich schief gegangen. Sie legte sich die angewärmten Innenflächen ihrer Hände an die Wangen und schmunzelte in sich hinein. Nun ja, nicht komplett schief gegangen. Als sie an den Kuss am Krankenbett dachte hatte die aufflammende Wärme in ihr nichts mit dem Feuer zu tun. Wie viel und doch eigentlich nichts hatte sich seit diesem Abend verändert. Verträumt schaute sie zu den tausenden Lichtern. Es war genau so romantisch wie sie es sich erhofft hatte. Nur etwas zu kalt. Sie wandte dem Feuer den Rücken zu und hielt nach Kou Ausschau. Vielleicht sollte sie sich lieber wieder zu ihm stellen. Ihn so ganz allein in der Schlange warten zu lassen war nicht unbedingt die feine Art. Auf Zehenspitzen stehend versuchte sie ihn über die Köpfe der vielen Menschen zu entdecken und erstarrte plötzlich. Da stand Kou und umarmte ein Mädchen. Futabas Augen wurden immer größer. Das war nicht irgendein Mädchen. Jetzt lösten sie sich voneinander und sie erkannte, dass es Yui war. Sie lachte glücklich zu Kou hoch und sagte irgendwas. In dem Moment schoben sich wieder ein paar Leute in ihr Blickfeld. Futaba schaute geschockt zu Boden. Weder die Kälte noch die Wärme in ihrem Rücken nahm sie nun noch wahr. Was sollte sie jetzt tun? Oder auch nur denken? Hatte Kou gewusst, dass Yui hier sein würde? Hatte er sie vielleicht absichtlich weg geschickt, damit er sich heimlich mit ihr treffen konnte? Futaba schüttelte wild den Kopf. Nein! Das würde er ihr niemals antun! Oder? Sie dachte zwar, dass sie ihn inzwischen komplett kannte, aber, dass hatte sie doch auch schon früher angenommen. Kou war selbst in dem Jahr seit sie endlich zusammen gekommen waren immer ein wenig undurchschaubar geblieben. Aber, dass er sie mit Yui betrog? Da spürte Futaba wie eine heiße Träne ihre Wange hinunter lief und erwachte aus ihrer Starre. Schnell wischte sie die Träne weg und schaute auf. Von Kou oder Yui war nichts zu sehen. Sie drehte sich um und bahnte sich einen Weg durch die vielen Paare hindurch zum Ausgang. Endlich erreichte sie ihn und lief ohne sich noch einmal umzusehen durch den knirschenden Schnee fort und nach Hause.
 

Völlig außer Atem blieb sie vor ihrem Haus stehen. Tränen flossen nun schon seit einer Weile und sie konnte nichts dagegen tun. Sie schluchzte laut auf. Dieser Idiot! Was dachte er sich eigentlich? Ausgerechnet zu ihrem Einjährigen! Aber, es wäre egal an welchem Tag furchtbar gewesen. Futaba schaute zu ihrem Haus hoch und versuchte wieder normal zu atmen, um sich zu beruhigen. So konnte sie unmöglich hinein gehen.

„Futaba!“, rief plötzlich jemand hinter ihr. Erschrocken wirbelte sie herum. Es war Kou. Er war genauso außer Atem wie sie und humpelte leicht, während er näher kam. „Was ist denn los? Du warst einfach weg. Ich hab mir total Sorgen gemacht.“ Futaba biss sich auf die Unterlippe und als sie spürte, dass sich ihre Augen wieder mit Tränen füllten sah sie schnell zu Boden. Kou sah es natürlich sofort und kam schnell näher.

„Hey, was ist?“ Er berührte sanft ihre Schulter, Futaba drehte sich weg. Betroffen stand Kou da und starrte ratlos auf seine weinende Freundin herab. Schließlich hockte er sich vor ihr hin und ergriff ihre Hand so fest, dass sie sie nicht weg ziehen konnte.

„Bitte, sag mir warum du weinst. Ich kann es nicht gut ertragen dich so zu sehen.“ Futaba schluchzte erneut und wischte sich dann mit der freien Hand ein paar Tränen fort, bevor sie es schaffte Kou anzusehen.

„Ich... hab dich gesehen... vorhin...“ Kou hob fragend die Augenbrauen. „Mit Yui...“, fügte Futaba flüsternd hinzu.

„Ach verdammt!“ Kou stand schnell wieder auf und zog Futaba in eine feste Umarmung. „Es tut mir so leid. Es ist nicht was du denkst! Ich-“ Er unterbrach sich selbst und strich ihr beruhigend über die Haare. Dann lockerte er die Umarmung leicht und legte seine Stirn auf ihre.

„Du hast gesehen, wie sie mich umarmt hat, oder?“ Er spürte wie sie leicht nickte. „Nach dem du weg warst hab ich sie plötzlich in der Menge gesehen und sie mich. Sie war mit ihrem Freund da.“ Futaba blickte plötzlich zu ihm auf. „Sie kam zu mir, um mir zu danken, dass ich für sie da war. Ihr geht es jetzt viel besser. Und dann hat sie mich kurz umarmt und ist mit ihrem Freund weiter gegangen.“ Es herrschte Schweigen. Beide sahen sich in die Augen, ihre Gesichter nur wenige Zentimeter voneinander entfernt.

„Glaubst du mir?“ Ohne zu zögern nickte Futaba erneut. Dann schloss sie die Augen und vergrub ihr Gesicht in den Händen.

„Es tut mir so leid. Ich bin so doof.“ Kou schmunzelte und zog sie wieder näher an sich.

„Mir tut es leid. Ich habe nicht dran gedacht wie es für dich wirken muss.“ Er zog sanft ihre Hände vom Gesicht und küsste sie zärtlich. „Ich liebe dich, Futaba. Nur dich.“ Sie schlang ihre Arme um seinen Hals und zog ihn zu einem weiteren Kuss näher.

„Und ich liebe dich, Kou.“ Sie standen noch eine Weile einträchtig beieinander, bis Kou auffiel, dass Futaba leicht anfing zu zittern.

„Ist dir kalt? Du solltest vielleicht lieber rein gehen.“ Er trat einen Schritt zurück.

„Oh! Hast du dich verletzt?“ Kou winkte ab.

„Ach es ist nichts weiter. Ich bin vorhin etwas ausgerutscht, als ich versucht habe dich zu finden.“ Er hatte noch kaum ausgesprochen, da hakte sich Futaba schon bei ihm unter und zog ihn ohne einen Widerstand zuzulassen in ihr Haus. „Es ist wirklich nicht so wild.“

„Jetzt spiel nicht den starken Mann!“ Kou ließ sich konstant die Augen verdrehend ins Haus bugsieren. Vorsichtig half ihm Futaba beim Eingang die Schuhe auszuziehen.

„Ich bin kein rohes Ei.“

„Jetzt hör auf dich zu beschweren.“ Futaba musterte aufmerksam Kou´s Knöchel. „Er ist etwas geschwollen glaub ich. Komm, wir gehen in mein Zimmer, dann verbind ich ihn dir.“
 

„Hast du noch mehr Stofftiere seit dem letzten mal angeschafft?“ Kou sah sich interessiert um und ließ sich dann auf das federnde Bett fallen.

„Nur die, die du mir geschenkt hast“, lächelte Futaba und öffnete den kleinen erste Hilfe Kasten, welchen sie mitgenommen hatte. „Kannst du dein Hosenbein etwas hoch krempeln?“ Kou gehorchte brav und Futaba zog seine Socke halb über den Fuss nach unten. Dann fing sie an eine Kühlsalbe aufzustreichen. Kou biss die Zähne zusammen und versuchte keinen Laut von sich zu geben.

„Es tut mir leid“, flüsterte sie leise ohne aufzublicken.

„Oh so weh tut es gar nicht.“

„Das mein ich nicht.“ Sie begann den Verband um den Knöchel zu wickeln. „Ich habe nicht nachgedacht und deshalb bist du verletzt. Verzeih mir bitte.“ Vorsichtig befestigte sie die Binde mit 2 Pflastern. Sie zuckte leicht zusammen, als eine warme, vertraute Hand ihre Wange streichelte.

„Mach dir keine Sorgen. Bitte.“ Und Kou zog sie neben sich aufs Bett. „Ich mag es nicht, wenn du traurig bist.“ Er vergrub seinen Kopf an ihrer Halsbeuge und atmete tief ihren Geruch ein. „Ich habe gesehen wie du fort gerannt bist, gerade als ich bestellen wollte und bin dir sofort gefolgt. Ich hatte solche Angst davor, dass ich dich verliere, dass ich nicht auf den Weg geachtet habe und auf eine vereiste Pfütze getreten bin.“ Er legte seine Hand auf ihre. „Aber, ich habe es kaum gemerkt. Ich wollte dich mit aller Macht einholen.“ Er bewegte leicht seinen Kopf und hauchte einen Kuss auf ihre Haut. „Und zum Glück bist du endlich stehen geblieben.“ Da hob er den Kopf wieder und sah ihr in die Augen. „Ich liebe dich.“ Futaba fiel ihm glücklich um den Hals.

„Ich liebe dich auch!“ Sie küssten sich lange.

„Fröhliche Weihnachten.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Lost_Time
2018-11-23T21:53:35+00:00 23.11.2018 22:53
Hallo.

Vorab ich kenne den Manga/Anime nicht, aber schön war die FF dennoch. Auch wenn man die Charaktere nicht kennt, bekommt man ein genaues Bild von ihnen. Du stellst sie auf eine nicht aufdringliche oder gar steife Art vor. Viele Charaktereigenschaften erfährt man durch einfache Beschreibungen, wie sich die Person verhält oder eben an Dingen erfreut. Dies ist eine wirklich angenehme Vorstellung in meinen Augen. Außerdem mag ich, dass du die zurückhaltende Art der Japaner mit berücksichtigt hast, also das übertrieben viele Liebesbekundungen in der Öffentlichkeit nicht unbedingt gern gesehen und durchgeführt werden.
Die FF las sich im Großen und Ganzen schön flüssig und auch wenn ich bei dem klassischen Missverständnis-Drama leicht schmunzelnd die Augen rollen musste, wie Kou beim Reinziehen in der Wohnung, war es dennoch sehr niedlich.
Eine wirklich süße Weihnachtsff. ^^

Viele Grüße
Lost_Time
Antwort von:  Pureya
23.11.2018 23:30
Hy!
Ich danke dir ganz sehr für den lieben und langen Kommentar! Vor allem aber fürs lesen. ^^ Vor allem da du den Manga nicht kennst. Vielen Dank für das Lob, es freut mich besonders wenn jemandem meine Art zu schreiben gefällt.
Und ja, ich stimme dir komplett zu, dass war etwas viel Klischee. :D Aber so ist das in der Romantik ^^
Dann wünsch ich dir in dem Sinne eine baldige schöne Weihnachtszeit! :)


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