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Götterdämmerung (Leseprobe)

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Wölfe im Schafspelz

3. Kapitel

Wölfe im Schafspelz

 

 

 

„Hey Aufstehen“ Faith kitzelten die ersten Strahlen der Morgensonne im Gesicht, doch da ihr federweiches Bett so schön warm war drehte sie sich nur herum und kuschelte sich noch tiefer in ihre Bettdecke. Es war das erste Mal nach gefühlten Jahrhunderten, dass sie in einem so weichen Bett gelegen hatte.

Umso schockierender war die Kälte ihr die Decke mit einem kräftigen Ruck entrissen wurde. Mürrisch über den Verlust ihrer Bettdecke richtete sie sich langsam auf und rieb sich müde ihre Augen.

„Mhhh… was ist denn los?“ ihre Frage kam noch im Halbschlaf über ihre Lippen und noch immer noch gähnte sie und dehnte ihre müden Muskeln.

„Ich soll dich wecken - Fircos will mit uns was unternehmen.“
 

Erst jetzt sah sie wer neben ihrem Bett stand – es war Shuyar der ihre Bettdecke in der Hand hielt. Er blickte selbst noch etwas verschlafen unter seinem wilden Pony hervor, es schien als wäre er erst vor kurzem selbst so liebevoll geweckt worden.

„Wenn du fertig bist, ich warte draußen. Ich habe dir frische Kleidung bringen lassen.“ Mit diesen Worten verließ Shuyar wieder das Zimmer. Faith Blick wanderte auf die kleine Holzkommode ihres Zimmers, auf der verschiedene Kleidungsstücke lagen. Sie schlüpfte aus dem Bett und begutachtete neugierig was man für sie ausgewählt hatte.

 

Shuyar stand an einem Fenster des Ganges der den Gästeflügel mit den anderen Teilen des Schlosses verband. In der Luft lag ein frischer morgendlicher Duft - es roch nach Gräsern und Pflanzen die im Schlosspark wuchsen.

Es dauerte nur kurze Zeit bis sich die Tür von Faith's Zimmer knärzend öffnete und sie etwas schüchtern heraus tapste. Ihr langes Haar hatte sie sich wieder zu einem dicken Zopf gefochten und sie trug ein helles, mittellanges Trägerkleid mit einem kurzen Bolero-Jäckchen da die Temperatur doch noch etwas frischer war. Etwas unsicher schaute sie in seine Richtung, doch dann huschte ein Lächeln auf ihre Lippen „Ich bin fertig. Wo wollen wir denn hin?“ kurz verschlug es ihm die Sprache, denn Faith sah wirklich liebreizend in ihrer Garderobe aus. Er verdrängte jedoch schnell diesen Gedanken und räusperte sich.

 

„Ich weis nicht genau aber ich glaube Sakura kommt heute. Zumindest redet er die ganze Zeit davon. Er will dich ihr sicher vorstellen.“

Da Faith diesen Namen das erste Mal hörte hakte sie neugirig nach „Sakura? Wer ist das denn?“ Der Grünhaarige grinste verschmitzt „Sakura? Das ist seine Verlobte.“

Faith hatte das Gefühl dass ihr in letzter Zeit so oft die Gesichtszüge entglitten waren, wie in ihrem bisherigen Leben noch nicht.

 

„Er ist schon verlobt? Das hätte ich jetzt wirklich nicht erwartet...“ Die Rothaarige schaute etwas betreten, doch Shuyar konnte ihr keine Vorwürfe machen – sein Bruder benahm sich auch nicht so, als wäre er schon in festen Händen. Plötzlich sah Faith ruckartig zu ihm herum „Hast du auch schon zufällig eine Verlobte oder Angebetete, ich möchte ja keine Missverständnisse bereiten!“

 

Sein Grinsen wandelte sich in eine ausdruckslose Miene, von der man nicht deuten konnte was in ihm vorging. Faith konnte sich innerlich für ihr loses Mundwerk eine reinhauen – sie wollte ihm mit ihrer unbedachten Frage doch nicht zu nahe treten wollen.

„Nein.“ Er blickte mit einem makaberen Grinsen aus dem Fenster.

„Wer will mich denn schon - einen zahmen Handtaschendämon der weder eindrucksvoll aussieht, noch irgendwelche besonderen Fähigkeiten hat. Ich bin eine Schande für Vater.“ Verbittert wanderte sein Blick zum Boden.

Faith wollte am liebsten dass der Boden sich unter ihr auftat und sie verschluckte. Es war eine wirklich unangenehme Situation, und alles nur weil sie so taktlos gefragt hatte.

Doch Shuyar schüttelte nur seine Kopf und versuchte Faith etwas anzugrinsen.

„Wie dem auch sei, wir sollten gehen. Die Beiden warten sicher schon.“

Ohne ein weiteres Wort machten sie sich in Richtung des Haupttores auf.

 

„Geht es ihm… gut?“ Shuyar schüttelte den Kopf über Faiths Frage „Ich denke schon... er dreht immer so ab wenn Sakura da ist...“ Shuyar schien sich für seinen Bruder zu schämen, der wie verrückt in der Gegend herumsprang und sich wie ein kleines Kind freute. Als sie ihn erreichten umarmte er Faith und wirbelte sie zu ihrem Erschrecken herum „Guten Morgen Faith! Ist heute nicht ein besonders schöner Tag? Ich könnte die ganze Welt umarmen!“

Als er sie wieder abgesetzt hatte und Faith nur erschrocken in Shuyars Richtung sah, deutete dieser nur mit einer Geste, dass sein Bruder vollkommen verrückt war.

Sie konnte Fircos nur irritiert zusehen, wie er wie ein junges Reh umhersprang und über alles mögliche philosophierte. Verrückt war nicht annähernd das passende Wort dafür.

 

„Äh…. Shuyar hat gesagt dass deine Verlobte heute kommt?“ fragte Faith mit Sicherheitsabstand, doch Fircos sprang ihr direkt vor die Füße und begann zu schwärmen

„Ja! Sie ist ein Phönix, voller Feuer und Anmut! Kein Mädchen könnte ich mehr lieben als sie!“ Faith war mehr als verstört, diese Seite von Fircos… irritierte sie.

„Sie ist wie ein Sturm der über mein Herz hereinbricht und mich- “

Den restlichen Gleichnissen konnte Faith nicht mehr folgen – es war nicht mehr ersichtlich ob Fircos über ein Mädchen, einen Gewittersturm, eine ansteckende Krankheit oder eine exotische Speise sprach.

Shuyar hielt nur beschämt seine Hand vor seinem Kopf und schien zu überlegen wie er Faith überzeugen konnte, dass sie vielleicht doch nicht Zwillinge waren.

 

Sie warteten am Eingangstor des Schlosses, als eine Gruppe Reiter eintraf.

Es waren ein älterer Mann, ein junges Mädchen und ein Dunkelelf, der Rest schien Geleitschutz zu sein.

Nachdem der Elf dem Mädchen von dem Tier geholfen hatte, verabschiedete sie sich und rannte in Richtung der Drei los.

„Sakura!“ Das Mädchen mit dem feuerroten Haar sprang Fircos in die Arme und er wirbelte sie herum, als wäre sie federleicht.

„Oh ich freue mich so euch wieder zu sehen! Wie geht es euch?“ wandte sich das Mädchen mit einem strahlenden Lächeln nun auch an Shuyar.

„Gut, ich hoffe bei dir ist auch alles in Ordnung?“ antwortete der Grünschopf lächelnd, als sein Bruder seine Verlobte endlich wieder absetzte. Ihr Blick traf Faith und neugierig sprach sie sie gleich an „Oh! Wer bist du denn? Ich bin Sakura – sehr erfreut dich kennen zu lernen!“ sie streckte ihr sogleich ihre Hand zur Begrüßung entgegen.

Faith war von ihrer offenherzigen und fröhlichen Art überrascht. Sakura trug ein eng geschnürtes blaues Kleid, dass ihre Reize nicht verbarg – es zeigte fast schon mehr als das es verdeckte – Faith war beeindruckt von dem Selbstbewusstsein des Mädchens mit den goldgelben Augen.

 

Faith nahm Sakuras Hand und schüttelte sie höflich „Gleichfalls – ich bin Faith. Ich… bin hier nur kurz auf Besuch… glaube ich...“

Fircos hakte sich in die Unterhaltung der Damen ein „Wir sind Faith zufällig begegnet, und sie wollte sich unsere Bibliothek anschauen, daher haben wir sie hierher eingeladen.“

Sakura lachte, denn an Shuyars Blick konnte sie dessen Gedanken klar ablesen:

'Es war seine Idee sie einzuladen, ich hab damit nichts zu tun.“

 

„Hmmm… und was machen wir jetzt? Mein Vater meinte dass er wohl bis heute Abend bleiben will…“ wand sich Sakura an ihren Freund.

„Ich dachte dass wir vielleicht zum See könnten – es scheint heute ja richtig heiß zu werden.“ Sakura klatschte begeistert in die Hände „Oh, das klingt toll! Los lasst uns gehen!“ Doch sie schnappte sich Faith's Arm und hakte sich ein „Dann können wir noch ein bisschen reden!“ Faith war etwas überrascht, doch Sakuras offene Art war einfach ansteckend.

 

„Wie war das mit ein bisschen reden?“ Shuyar dröhnte sein Kopf als sie den Waldweg zum See entlang schlenderten. „Die schnattern die ganze Zeit ohne Pause!“ „Ich freue mich dass sich die Beiden so gut verstehen~“ kommentierte Fircos nur während er die Mädchen beobachtete.

Faith schien erst überrascht dass Sakura ein Vampir war – es gab über diese Dämonenart ja genug Gerüchte und Schauergeschichten – umso erleichterter schien sie, dass kaum etwas davon wahr war.

Sakura vermied es nur lange in der Sonne zu sein, da sie leichter als andere einen Sonnenbrand bekam – und sie saugte auch nicht jedem das Blut aus dem Körper. Es war lediglich so, dass ihr Körper nicht genug eigenes Blut produzierte – und sie und ihre Rasse daher diese fehlende Menge direkt über fremdes Blut aufnehmen mussten – und es musste nicht von Jungfrauen sein – im Prinzip konnte ihr Körper jedes Blut verarbeiten, egal welchen Ursprungs.

Im Grunde war sie fast ein normales Mädchen wie Faith, nur dass sie ab und zu Blut trinken musste. Ein Umstand, mit dem Faith scheinbar gut leben konnte.

 

Die Vier hatten sich etwas aufgeteilt, die Mädchen schlenderten ein paar Meter voraus und redeten die ganze Zeit während die Jungs hinterher trotteten.

Shuyar stöhnte auf, da er diese Nacht wieder schlecht geschlafen hatte.

Er wurde von Alpträumen heimgesucht – ähnlich der Visionen die er in der Ruine hatte.

„Du…. Ich glaub ich hatte wieder so einen seltsamen Traum…“ Fircos horchte auf „…wie vor ein paar Tagen im Wald.“

Die beiden Brüder blieben stehen und keiner wusste so recht was er sagen sollte.

Shuyar fuhr schließlich fort „…und dann hab' ich immer diese mörderischen Kopfschmerzen und seltsamen Träume und Visionen – aber ich kann mich nie richtig erinnern sobald es vorbei ist...“

 

Fircos fehlten die Worte. Sonst konnte er seinen Bruder immer aufmuntern und auf andere Gedanken bringen aber jetzt machte machte er sich einfach nur Sorgen um seinen Zwilling. „Bruder? Ich hab Angst…“ Shuyars Stimme klang schwach und verletzlich.

Fircos sah ihn an und es tat ihm schrecklich weh seinen Zwilling so zu sehen.

 

Schreie zerrissen die Stille, gefolgt von einem tiefen Brüllen. „Oh mein Gott die Mädchen!“ entfuhr es Fircos und beide hasteten so schnell sie konnten den Weg entlang.

 

„Was zum-?! Ein Drache? Was sucht der hier?!“ Fircos Stimme war mehr als entsetzt.

Die beiden jungen Männer staunten nicht schlecht als ein riesiger Drache unmittelbar vor den beiden Mädchen stand und sie bedrohte.

Die beiden Rothaarigen schienen vor Schock wie versteinert, unfähig sich zu bewegen.

Das Untier hob auch schon seine mächtige Pranke um die beiden Mädchen zu zerschmettern. Shuyar und Fircos sprangen los und schafften es gerade noch die starren Mädchen aus der Bahn zu stoßen. Die Mädchen stöhnten schmerzhaft auf als sie von den Jungs zu Boden geschleudert wurden.

 

„SEID IHR WAHNSINNIG?!?! IHR KÖNNT DOCH NICHT EINFACH STEHENBLEIBEN!!!“ fuhr Shuyar sie scharf an. Doch es war weder die richtige Zeit noch der richtige Ort für Belehrungen. Fircos wollte gerade sein Schwert ziehen als Shuyar vor ihn trat „Lass mich das machen – ich muss eh mal ein bisschen Dampf ablassen!“ Der Drache brüllte aggressiv auf und wollte sich auf den Grünhaarigen stürzen, doch Shuyar wich dem Prankenhieb elegant wie eine Raubkatze aus. Er zog sein Schwert und ein unheimliches Grinsen zierte sein Gesicht.

 

Blut spritzte als sich Shuyar’s Schwert in den mächtigen Drachenlaib bohrte, welcher schmerzerfüllt aufbrüllte. Als der Drache nach ihm schlug wich der junge Kämpfer geschickt aus, nur um den Angriff zu kontern.

Alles lief wie ihn Zeitlupe an Faith vorbei. Sie konnte es gar nicht fassen wie Shuyar, der auch so lieb sein konnte, diesen Drachen regelrecht im Blutrausch abschlachtete.

Jetzt erinnerte Shuyar viel mehr an seinen Vater - auch durch das bösartige Lächeln welches sich über sein Gesicht zog.

Ihre Erkenntnis traf sie wie ein harter Schlag ins Gesicht – trotz allem war Shuyar ein Dämon, den man nicht unterschätzen durfte..

 

Sakura riss sie aus den Gedanken, als sie Faith auf die Beine zog und ihr irgendetwas zuschrie – doch sie hörte gar nicht zu. Zu sehr war ihre Aufmerksamkeit dem Kampf einige Meter vor ihr gewidmet, der nun sein Ende fand.

Der Drache fiel leblos zu Boden, in einem See seinen eigenen Blutes. Shuyar stand mit dem Rücken zu dem toten Drachen und blickte ins Nichts.

Shuyar wirkte vielmehr wie ein Geist - blutverschmiert und einem apathischen Blick.

Er wirkte einfach so unwirklich. Faith konnte nicht verstehen dass er so unglaublich grausam, aber auch so freundlich sein konnte.

 

Ein kalter Schauer durchzog jagte ihr Gänsehaut über den ganzen Körper als sie merkte das Shuyars rote Augen sie plötzlich anstarrten. Panik stieg in ihr hoch als er schließlich vor ihr stand.

„Hey... geht es dir gut?“ Shuyar streckte seine Hand nach ihr aus, wollte Faith beruhigen, die anscheinend immer noch unter Schock stand. Doch als er fast ihre Wange berührte, zuckte sie zurück und Shuyar lies von ihr ab.

'Sie hat Angst – vor mir…'

Geplagt von Schuldgefühlen wand er sich von dem zitternden Mädchen ab und überlies es lieber Fircos und Sakura sich um das Häufchen Elend zu kümmern, welches er verursacht hatte. Von seinen eigenen Gefühlen verwirrt lief er wie in Trance weiter in den Wald hinein.

 

Faith schien sich auch wieder beruhigt zu haben, nachdem Sakura und Fircos auf sie eingeredet hatten. Sie war so dumm – Shuyar hatte ihr das Leben gerettet. Und was hatte sie getan? Sie hatte Angst vor ihm und ihn zurückgewiesen. Sie hätte sich am liebsten selbst geohrfeigt.

„Bitte nimm es ihm nicht übel. Manchmal… geht es einfach mit ihm durch wenn er kämpft. Er wollte dir keine Angst machen.“ sprach Fircos ruhig zu ihr.

„Ich weis… ich… bin so dumm...“

Mit einem Mal sprang Faith auf und rannte in die Richtung, in der Shuyar verschwunden war. Sakura wollte hinterher, doch Fircos hielt sie an ihrem Arm fest und schüttelte den Kopf. „Lass den Beiden einen Moment. Das wird schon wieder...“

Sakura seufzte, doch sie wusste dass ihr Verlobter wohl Recht hatte.

 

Als Faith den See erreichte, saß Shuyar an dessen Ufer und starrte aufs Wasser.

Er umklammerte seine Beine und schien tief in Gedanken.

„Darf ich mich zu dir setzen?“ er schrak hoch, als er Faiths Stimme hörte – erst starrte er sie verwirrt an, doch dann blickte er wieder auf das Wasser und nickte wortlos.

Faith setzte sich neben ihm in das hohe Gras und zupfte nervös an ihrem Kleid herum.

 

„Danke. Danke dass du mich gerettet hast.“

Shuyar blickte auf und sah vorsichtig in die Richtung des Mädchens, dass neben ihm saß.

„Ich… wollte nicht, dass du dich vor mir fürchtest. Manchmal wenn ich kämpfe… passiert es einfach...“ er glaubte das Faith ihn ablehnen würde, doch das Mädchen lächelte ihn sanft an.

„Das weis ich. Du bist sehr nett und sensibel nicht wahr? Es tut mir leid wenn mein dummes Verhalten dich verletzt hat. Ich hoffe wir können trotzdem noch Freunde sein?“

Shuyar sah das rothaarige Mädchen mit großen Augen an – er fühlte sich, als könnte sie direkt in sein Herz sehen.

 

„Ich fürchte ich bin nicht gut in Freundschaften. Oder allgemein mit Anderen. Irgendwann mache ich immer alles kaputt.“ er blickte deprimiert auf die Wellen die sanft auf der Wasseroberfläche tanzten.

Doch Faith begann ihm zu widersprechen „Ich finde dich ganz wunderbar...das… das wollte ich dir nur sagen.“

Faiths Wangen wurden knallrot und sie sprang regelrecht auf und rannte zu Fircos und Sakura, welche auch den See erreicht hatten.

Shuyar blickte ihr nach und ein verschmitztes Lächeln schlich sich in sein Gesicht.

„Wie schnell sich die Dinge ändern können… ich danke dir Faith… du… du bist wirklich ein Geschenk des Himmels...“ es war kaum mehr als ein Flüstern, welches vom Wind fortgetragen wurde.

Der grünhaarige Dämon stand auf und klopfte sich den Staub von der Kleidung bevor er zu den Anderen ging.

 

Es war schon spät als die Vier zurück zum Schloss gingen. Sakuras Vater würde bald zurückkehren wollen, da sie zu Pferde auch noch einige Stunden bis nach Cathral ritten. Daher wollte Sie gern noch einige Zeit allein mit Fircos verbringen. So standen Shuyar und Faith dann alleine auf den Wehrgängen und blickten auf den endlos scheinenden Ozean.

Shuyar war in Moment jedoch vollkommen ratlos, mit was er mit dem schönen Mädchen neben sich reden sollte.

 

Sie blickte nach unten und erschauderte kurz vor der Höhe – das Wasser war weit entfernt und der kleine Sandstrand wirkte aus dieser Perspektive winzig. Doch sie liebte es den Wellen zuzusehen und ihrem Rauschen zu lauschen.

Der Wind wehte durch ihr weinfarbenes Haar und ihr langer Zopf flog im Wind.

„Willst du ans Wasser oder... hast du heute genug davon?“

Shuyars Frage überraschte sie doch sie lächelte vor Freude „Ja, liebend gern! Aber… kommt man denn hier runter?“

Shuyar zuckte mit den Schultern „Wir können natürlich einfach hinunter springen, aber das ist nicht zu empfehlen sofern man nicht fliegen kann - aber ich kenne auch ein paar Stufen die uns an den Strand bringen.“

Faith lugte erneut in die Tiefe vor ihr und schüttelte wild den Kopf „Nein, du solltest doch am Besten wissen, das ich keine besonders guten Flugeigenschaften habe – nehmen wir lieber die Treppen!“

 

Shuyar schmunzelte als er an ihre erste Begegnung dachte – Faith hatte sicher genug davon, aus solchen Höhen in die Tiefe zu stürzen. Er deutete ihr an ihm zu folgen und führte sie durch verwinkelte Seitengänge zu den steilen Stufen, die zu dem kleinen verborgenen Strandabschnitt führten.

Faith zog ihre Schuhe aus und schien den Sand unter ihren Füßen zu genießen. Sie wirbelte herum und wirkte als könnte ihr nun nichts mehr die Stimmung verderben.

Shuyars Herz machte einen Satz als sie sich zu ihm herumdrehte und strahlend anlachte.

„Nun komm doch! Es ist hier atemberaubend schön! Das Wasser ist sogar warm!“ sie tänzelte vorsichtig durch die einlaufenden Wellen und genoss die letzten Sonnenstrahlen.

 

Verlegen stellte Shuyar fest, dass er die ganze Zeit wie angewachsen da stand und Faith beobachtete. Nur ein einziger Gedanke ging ihm durch den Kopf.

'Nein Faith… du bist atemberaubend schön...“

Trotz der einen oder anderen Narbe war sie für ihn das schönste Wesen auf dieser Welt. Er konnte sich nicht sattsehen an der puren Lebensfreude und der Liebe die sie ausstrahlte – wenn es noch Engel gäbe, müssten sie wohl so sein wie sie.

Sie kam auf ihn zu und packte seine Hand und riss ihn einfach aus seinen Gedanken mit sich „Komm! Steh doch nicht nur da!“

 

Doch schon verfing sich Shuyars Stiefel in einem Stück angeschwemmten Treibguts, und er fiel schreiend nach vorne. Da lag er nun in der Brandung die Hände in den nassen Sand gestemmt und Faith lag unter ihm und sah ihn mit ihren großen, fliederfarbenen Augen an.

Obwohl das Meerwasser die Beiden immer wieder umspülte, versuchte keiner der Beiden aufzustehen. Sie sahen sich nur tief in die Augen, bis Faith mit ihrer Hand über Shuyars Wange strich. Er beugte sich hinunter zu ihr und sie schlossen ihre Augen. Er konnte ihren heißen Atem spüren als er seine Lippen so nah an ihren bewegte. Er wünschte dass dieser Moment nie enden würde.

 

„Ahhhhja… und warum nochmal seid ihr völlig durchnässt?“

Fircos konnte sein Lachen nicht verbergen und gluckste in sich hinein. Sein Bruder und Faith standen völlig durchnässt wie begossene Pudel vor ihm, das eine oder andere Stück Seetang hing in ihren völlig verstrubbelten Haaren.

„Wie oft soll ich es noch sagen du Spatzenhirn! Da war dieses verdammte Seemonster was uns angriff und fressen wollte!“

„Ja genau, weil du so gut schmeckst Brüderchen~ ein richtiger kleiner Leckerbissen~~“ Fircos quietschte auf als sein kleinerer Bruder auf ihn losging und sie nun wie kleine Kinder miteinander rangelten.

 

Faith beobachtete seufzend das Treiben der Beiden und versuchte dabei sich das Salzwasser aus den Haaren und Kleidung zu wringen. Auch wenn Fircos es nicht glauben wollte – das war es, was tatsächlich passiert war.

Gerade in dem Moment, als Shuyar sie fast geküsst hätte stand dieses große Monster vor ihnen. Shuyar versuchte völlig überrumpelt es zu vertreiben und Faith bewaffnete sich notgedrungen mit einem Stück Treibholz - es hätte sie nicht überrascht, wenn bei dem Anblick den sie geboten hatten ihr Angreifer vor Lachen gestorben wäre.

 

Nach einigen Hieben flüchtete sich das Tier jedoch wieder ohne Beute in die Fluten und die Beiden konnten durchatmen. Doch Shuyar blickte verlegen zur Seite – dieser romantische Moment war zerstört worden und Faith hoffte das es einen Zweiten geben würde.

 

„Ähem...“ Die Jungs beruhigten sich endlich, nachdem Faith räuspernd um Aufmerksamkeit bat.

„Waaff--?“ Fircos tat sich nicht leicht mit dem Reden, denn sein Bruder hielt noch immer seine Backe nach oben gezogen und machte keine Anstalten ihn los zu lassen.

„Ich würde gerne… baden… oder so etwas in der Art. Könnt ihr mir zeigen wo ich hin muss?“

Shuyar löste sich endlich von seinem Bruder und lies ihn einfach am Boden liegen „Ich zeige dir ein Bad und lasse dir trockene Kleidung bringen.“ Schmunzelnd fügte er nur hinzu „Aber Baden klingt nach einer verdammt guten Idee.“

 

Fircos blickte den Beiden noch immer am Boden liegend hinterher und trotz seines schmerzenden Rückens lächelte er. „Siehst du Brüderchen? Ist doch gar nicht so schwer~“

Er quälte sich auf die Beine und streckte seine Muskeln, seine Schritte führten ihn jedoch pfeifend in Richtung der Schlossküche – schließlich musste er ja wissen, was die Köche heute auftischen würden. Er freute sich schon auf das gemeinsame Abendessen, auch wenn er traurig war, dass Sakura schon wieder abgereist war. Sein Vater aß nur selten mit ihnen, daher genoss er die gemeinsamen Mahlzeiten mit Shuyar und Faith.

Immer gab es etwas zu lachen und es freute ihn zu sehen, wie sein Bruder immer mehr auftaute und sein wahres Ich zum Vorschein kam. Faith schien ihm so unglaublich gut zu tun, dass Fircos darauf hoffe dass sie noch etwas länger hierbleiben würde.

Er freute sich jedoch auch genauso auf sein weiches Bett – heute war ein anstrengender Tag gewesen.

 

Doch auch diese Nacht wurde Shuyar von Alpträumen der Vergangenheit gequält. Stimmen, die in seinem Kopf nach ihm zerrten. Verstörende Bilder voller Angst und Tod.

Doch dann fühlte er eine beruhigende Hand, die über seinen Kopf strich. Die bösen Träume verschwanden und endlich ging sein Körper in einen ruhigen Schlaf über, denn er war erschöpfter als vorher.

Die zarten Hände strichen über seine Stirn, als er träumte auf einer weitläufigen Wiese zu liegen. Die Krone eines einsamen, alten Baumes spendete Schatten – und in der sanften Berührung der anderen Person fühlte er sich sicher.

Eine Stimme, die er nicht kannte sprach leise zu ihm „Schlaf mein lieber Shuyar. Du wirst deine Kraft brauchen, mein lieber Sohn.“

Shuyar riss seine Augen auf, doch als er sich umblickte sah er nur die Dunkelheit die in seinem Gemach herrschte.

Er vergrub sein Gesicht in seiner Bettdecke und seine Finger krallten verkrampft in den Stoff. „… Mama...“ es war kaum mehr als ein ersticktes Flüstern, welches über seine Lippen hauchte.

Es dauerte lange bis er wieder einschlief – denn er fürchtete sich vor seinen Träumen inzwischen noch mehr, als vor seinem Vater. Erschöpft fiel der dieses Mal jedoch glücklicherweise in einen tiefen, traumlosen Schlaf.

 



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