Zum Inhalt der Seite

Magister Magicae

Magister Magicae 7
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

„Was ist los mit dir?“

„Okay, hier ist der Plan“, hob Danny an. „Josh, du gehst mit deinem Genius erstmal außen um die Lagerhalle herum, und vergewisserst dich, daß wir hier nicht in eine Falle laufen. Mit seinen Röntgenaugen sollte dein Genius versteckte Bannmarken, Angreifer und so ein Zeug leichter finden als wir. Er hält dann hier draußen Wache. Du kommst mit Nyu und mir rein, wir gehen in die Halle und nehmen den Bannkreis da drin unter die Lupe, in dem Urnue liegt.“

„Ich soll mich von meinem Schutzgeist trennen? In so einer Situation? Spinnst du?“, empörte sich Josh.

„Nyu ist doch bei uns.“

„Die kann doch gar nichts!“, ereiferte sich sein älterer Bruder, ohne noch Rücksicht auf irgendwelches Taktgefühl zu nehmen. Er wollte nicht auf eine 17-jährige Genia vertrauen, die erst seit 2 Tagen da war und die er überhaupt nicht kannte.

„Irgendjemand MUSS aber Wache halten. Und ich brauch dich da drin. Du hast wenigstens ein bisschen Ahnung von Bannkreisen“, gab Danny flehend zurück.

„Und du glaubst, wogegen selbst Urnue machtlos war, dagegen kann ich was ausrichten, ja? Der hat wesentlich mehr auf dem Kasten als ich!“

„Wir wissen ja gar nicht, wie Urnue da reingekommen ist. Vielleicht hatte er einfach keine Zeit, noch irgendwas dagegen zu tun.“

„Und ich bin kein Bann-Magier!“, diskutierte Josh aufgekratzt weiter.

„Nyu, vielleicht kannst du Urnue da rausholen, ohne selbst in den Bannkreis rein zu müssen. Deine Distanzüberbrückung könnte uns da eine gewaltige Hilfe sein. Das ist Windmagie, die kommt meistens ganz gut durch Bannkreise durch.“

Nyu nickte nur und sah unbehaglich auf das Eingangstor der Lagerhalle. Es war gruselig, daß hier alles so still war. Aus der Halle drang kein Laut und auch das Grundstück war totenstill. Nein, nicht tot, korrigiere Nyu in Gedanken. Eher lauernd. Das seit Jahren wildwuchernde Gras um sie herum war hoch genug, daß ein Schäferhund problemlos darin verschwunden wäre, ohne noch gesehen zu werden. Da konnte sich alles mögliche drin verstecken, von Fallen bis hin zu lebenden Angreifern. Nur ein Streifen plattgetretene Wiese vom Grundstückszaun zum Eingangstor der Halle zeugten wie eine Drohung davon, daß sie hier bestimmt nicht allein waren.

„Das ist ein uralter Bau. In den Wänden ist Asbest und Blei verarbeitet. Da helfen meine Röntgenaugen auch nicht weiter“, warf der Steinbeißer ein und entrang Danny damit einen frustrierten Fluch. „Soll ich trotzdem hier draußen Wache schieben?“

„Ach was, als ob du ordentlich Wache schieben würdest! Du wirst doch eh nur auf dein Handy glotzen. Komm mit rein“, meinte Josh harsch, um zu überspielen, wie froh er war, sich doch nicht von seinem Genius trennen zu müssen.

Danny seufzte. „Na schön, lasst uns reingehen“, murrte er resignierend.
 

„Geh nach den Kisten da hinten sehen!“, trug Josh seinem Genius leise auf, als sie die weitläufige Halle auf Zehenspitzen betraten und zu Urnue hinüberschlichen. Das riesige Gebäude wirkte von innen so groß wie ein Flugzeug-Hangar und ließ freie Schussbahn von allen Seiten. Danny kam sich vor, als würde er aus jeder Richtung genauestens beobachtet werden. Urnue lag immer noch unverändert und ohnmächtig auf dem Boden. Der Bannkreis um ihn herum war mit Wachskreide gezeichnet und so groß, daß man Urnue von keiner Stelle aus erreichen konnte, ohne selbst mindestens einen Schritt weit hineinzutreten.

Josh und Danny knieten sich neben den auffallend verschnörkelten Kreidekreis und musterten die darin verarbeiteten Zeichen. Josh stöhnte.

„Was sagt dir deine hochgepriesene Intuition über das Ding?“, wollte Danny wissen.

„Das kann ich gar nicht in Worte fassen, Mann“, gab sein Bruder zurück und ließ seinen Blick weiter über die Windungen und Verzierungen gleiten. „Ich kann dir gar nicht sagen, wie viele Faktoren dieser Kreis beinhaltet. Das hier sieht mir nach einem Fallen-Element aus.“ Er deutete auf ein Symbol. Er kannte es nur im Zusammenhang mit Bannkreisen, die ihre Opfer hinein, aber nicht wieder hinaus ließen. Ob aber genau dieses konkrete Zeichen den Fallen-Effekt bescherte, oder ob es nur ein begleitendes Hilfszeichen war, wusste er nicht. „Das dort könnte vielleicht ein Illusions-Element sein. Möglicherweise gaukelt uns das Ding nur vor, daß Urnue da drin liegt. Um ehrlich zu sein, bin ich mir nichtmal sicher, in welcher Sprache dieser Bannkreis aufgezeichnet wurde. Und ich verstehe nicht, warum das gesamte blöde Teil dermaßen verziert und verschnörkelt ist. Das hat sicher auch eine Bedeutung.“

„Ich dachte, mit deiner Intuition kannst du immer sofort sagen, was es mit einer Sache auf sich hat.“

„Moment mal, ich bin noch in der Ausbildung!“ Natürlich hatte er ein wenig Ahnung von Bannkreisen. Theoretische Kenntnisse in Form von Allgemeinwissen. Aber dieses Werk hier war astronomisch. Das war, als würde man einen Grundschüler mit Integral-Rechnung bombardieren.

„Entschuldige ...“

„Also rein kann man. Der Bannkreis ist nicht dazu gedacht, uns auszusperren“, warf Nyu von der Seite ein und hielt demonstrativ ihre Hand über die geschlängelten und symboldurchwobenen Linien.

„Mein Gott, sei vorsichtig!“, krächzte Danny. „Wenn das Ding wirklich eine Fallenfunktion hat, wird es dich reinziehen, sobald du mehr als die Hälfte ...“ Er quietschte panisch auf und schlug sich beide Hände vor den Mund, als Nyu ohne zu zögern ihren gesamten Arm hineinsteckte. Und ihn einen Moment später wieder herauszog. Sie wurde nicht hinein gezogen. Danny wollte gerade erleichtert aufatmen.

„Nö, keine Falle. Also wenn der Bannkreis mich nicht einsperrt, werde ich Urnue da jetzt rausholen!“, beschloss sie.

„Nyu!“

Aber da war sie bereits komplett eingetreten.

Danny griff stöhnend nach den Risswunden auf seiner Brust. Sie taten so verdammt weh. Er sackte vor Schmerzen haltlos zur Seite und rollte sich nach Luft schnappend am Boden zusammen.

Nyu fühlte sich schlagartig seltsam, als sie den Kreis betrat, irgendwie müde und desorientiert. Sie bemerkte noch Dannys missliche Lage und wollte wieder aus dem Bannkreis herauskommen, um ihm zu helfen. Aber sie schaffte es nicht mehr. Ihr fielen die Augen zu, ohne daß sie noch dagegen ankämpfen konnte. Sie kippte ohnmächtig um und schlug der Länge nach neben Urnue hin, kaum zwei Sekunden nachdem sie zu ihm eingetreten war.

Josh sah fragend von den Symbolen hoch, die er konzentriert studiert hatte. „Verdammt, Danny, was ist los mit dir?“, wollte er wissen.

Sein jüngerer Bruder brachte vor Schmerzen nur keuchende Laute hervor und krümmte sich zu einem Ball zusammen. Ihm traten unverkennbare Schweißtropfen auf die Stirn und er sah plötzlich ungesund grün aus.

„Nyu!“, rief Josh, aber die fand er bewusstlos im Inneren des Bannkreises. Die konnte ihm auch nicht mehr helfen. Verzweifelt sah er sich um. Wo war eigentlich sein Genius Intimus geblieben? Wie lange konnte der Dicke denn brauchen, um nachzusehen, ob hinter den paar aufgestapelten Kisten irgendwelche Entführer oder andere bewaffnete Gentlemen saßen? Aber der Steinbeißer war spurlos verschwunden. Josh fragte sich, was zur Hölle denn hier los war. Wie konnte er innerhalb von Sekunden alleine dastehen? Seine magisch bedingte Intuition flutete ihn mit einer ganzen Bandbreite an Informationen. Etwa, daß Danny jetzt Kälte brauchen konnte. Oder, daß Urnue und Nyu im Bannkreis von ihnen allen am wenigsten in Gefahr waren. Oder, daß sie besser sehen sollten, daß sie schnell hier weg kamen. Oder, nein, eigentlich, daß es sowieso längst zu spät war. Aber nichts davon brachte Josh gerade weiter. Hilflos fuhr er sich mit einer Hand durch die rehbraunen Haare und suchte mit seinem Blick die Umgebung ab, ob hier nicht irgendwas rumlag, was ihm hätte helfen können. Mit der anderen Hand klopfte er gleichzeitig seine Jackentaschen ab. Er ärgerte sich, daß er nichts mitgenommen hatte, was irgendwie an eine Waffe grenzte. Ein Küchenmesser, oder sowas. Es wäre so einfach gewesen. Sie waren immerhin mit dem Anliegen losgezogen, Urnue aus einer mutmaßlichen Geiselhaft zu befreien, zur Not mit Gewalt. Er wusste, warum er keine entsprechenden Vorbereitungen getroffen hatte: weil er nicht damit gerechnet hatte, Urnue tatsächlich irgendwo zu finden. Dabei hätte er so viel klüger sein müssen. Seine Intuition hatte ihn in der Vergangenheit schon in die unmöglichsten Situationen gebracht, die er sich vorher im Traum nicht ausgemalt hätte.

Josh versuchte, über das silberne Band seinen Schutzgeist zu finden. Auf diese mentale Verbindung tief in seinem Inneren hatte er schon seit Ewigkeiten nicht mehr gehört, weil er darüber sowieso nichts anderes mitbekam als die aktuellen Erfolgsquoten des Dicken beim Zocken seiner Computerspiele. Für etwas anderes schlug sein Herz nicht. Der Genius war mit seiner Aufmerksamkeit komplett in dieser virtuellen Onlinewelt gefangen. Jede freie Minute, Tag und Nacht. Er schien nichtmal wirklich zu schlafen. Er saß am Computer, wenn Josh früh aufstand, und er saß am Computer, wenn Josh abends wieder ins Bett ging. Mahlzeiten nahm er in seinem Zimmer ein, mit einer Hand am Controler. Tja, und so sah er rein optisch auch aus. Jetzt allerdings spürte Josh über die mentale Verbindung zu seinem Schutzgeist eine gänzlich ungewohnte Stimmung. Hilflosigkeit und Frust.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück