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My New Life

von

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Erstes Treffen

Als ich allmählich wieder zu mir kam, hatte ich immer noch Schmerzen. Doch sie waren nicht mehr ganz so unerträglich. Stattdessen spürte ich jetzt einen seltsamen Druck auf dem Rücken und auf den Rippen, der vorher nicht da gewesen war. Ich bewegte vorsichtig meine Hände, die auf beiden Seiten neben mir lagen und ertastete einen weichen Untergrund. Meine Sinne schärften sich langsam wieder und allmählich konnte ich eine geflüsterte Unterhaltung irgendwo links von mir hören. „Ich halte es trotzdem für keine gute Idee, sie einfach hier zu behalten. Immerhin weißt du doch absolut nichts über sie." Ich kannte diese Stimme nicht. Jedenfalls konnte ich mich nicht daran erinnern. Es lag so viel Bitterkeit in ihr... Doch die Stimme von der Person, die jetzt antwortete, kam mir irgendwie bekannt vor. „Sie bleibt hier! Das ist mein letztes Wort. Entweder du akzeptierst es oder du lässt es bleiben. Aber ich will nichts mehr darüber hören jetzt!" 

Ich drehte meinen Kopf nach links, in die Richtung der Stimmen und sah gerade noch, wie jemand den Raum, in dem ich mich befand, verließ. Ich konnte nur einen kurzen Blick auf silberweiße Haare erhaschen. 

Da schob sich ein Gesicht in mein Sichtfeld und schaute mich mit freundlichen warmen Augen an. Sie waren von einem ganz dunklen Braun, fast schon schwarz. „Endlich bist du wach." Dieses Gesicht, die langen schwarzen Haare, die es umrahmten und vor allem diese dunkle, warme Stimme, in der ein tiefes Brummen lag, welches an das Schnurren einer Katze erinnerte... All das ließ Erinnerungen hochkommen. „Du bist der, der mich gefunden hat, oder?" Meine Stimme klang immer noch sehr schwach. Der Mann begann zu lächeln. „Ach, du kannst dich doch daran erinnern. Ich war mir nicht sicher, weil du kaum ansprechbar warst. Ja, ich habe dich gefunden. Mein Name ist Karim." An irgendetwas erinnerte mich der Name Karim, doch ich bekam einfach nicht zu fassen, an was. Doch warum hatte er mir geholfen? Kannte er mich? Wusste er, wer ich war? 

Ich richtete mich ein wenig auf. Nun sah ich, dass der Untergrund, auf dem ich lag, ein großes Sofa war. „Kannst du mir sagen, wer ich bin? Kennen wir uns? Oder warum hast du mir geholfen? Ich... Ich kann mich an nichts erinnern. Ich bin mir nicht mal sicher, ob Jamila wirklich mein Name ist. Ich weiß nicht, woher ich komme. Auch an meine Familie kann ich mich nicht erinnern. Oder an Freunde. Einfach an gar nichts..." Es war ein schreckliches Gefühl, wenn man jegliche Erinnerungen verloren hatte. Ich merkte, wie mir Tränen in die Augen stiegen, ohne etwas dagegen tun zu können. Ich wollte nicht weinen. Nicht hier. Nicht vor Karim. Doch ich schaffte es einfach nicht, die Tränen zu unterdrücken. Ich drehte meinen Kopf zur Seite, damit er meine Tränen nicht sah, doch da setzte er sich schon zu mir und nahm mich einfach in den Arm. Das war einfach zuviel für mich und nun liefen die Tränen ungehindert über mein Gesicht und ich weinte mich an seiner Schulter aus. Und er hielt mich einfach fest und spendete mir mit seiner Anwesenheit und Wärme Trost. 

Langsam beruhigte ich mich wieder und zog mich aus seiner Umarmung zurück. Er ließ mich sofort los. Jetzt war mir das Ganze irgendwie peinlich. „Ich.. Es tut mir leid. Ich wollte nicht..." Doch er unterbrach mich. „Du musst dich nicht entschuldigen. Jeder muss sich mal ausweinen. Besonders in solch einer Situation wie deiner. Leider kann ich dir nicht sagen, wer du bist. Ich habe dich lediglich schwer verletzt im Wald gefunden. Vorher habe ich dich noch nie gesehen. Aber ich konnte dich ja nicht dort liegen lassen. Also habe ich dich mit hierher genommen und deine Wunden versorgt und verbunden." Meine Wunden verbunden? Das war bestimmt der Druck den ich spürte. „Ich hatte gehofft, dass du mir erzählen kannst, wie du zu deinen Verletzungen gekommen bist, wenn du wieder zu dir kommst. Da es aber leider nicht so ist, möchte ich dir jetzt gerne anbieten hier bei uns zu bleiben. Wenigstens so lange, bis deine Wunden verheilt sind und deine Erinnerungen zurückkehren. Wir haben genug Platz. Und dann weiß ich wenigstens, dass du in Sicherheit bist und ein Dach über dem Kopf hast." Karim hob seine Hand an mein Kinn und drehte mein Gesicht etwas herum, damit ich ihn ansah. „Was sagst du dazu? Möchtest du erst mal hier bleiben?" 

In mir herrschten widersprüchliche Gefühle. Einerseits kannte ich Karim ja gar nicht. Führte er irgendetwas im Schilde? Doch andererseits schien er sehr nett und fürsorglich zu sein. Außerdem machte er sich anscheinend wirklich Sorgen um mich. Dazu kam, dass ich auch gar nicht wusste, wo ich sonst hin sollte. Ich zögerte, bevor ich antwortete: „Es ist nett von dir, dass du mir anbietest hier zu bleiben. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wohin ich sonst gehen sollte. Aber ich möchte dir keine Umstände machen. Und wen meinst du überhaupt mit 'bei uns'?" Ohne mir zu antworten drehte Karim sich zur Tür und rief „Kyell! Komm bitte nochmal zurück!" Dann erklärte er mir: „Ich meinte damit bei mir und Kyell. Er ist so etwas wie mein Bruder und wir wohnen zusammen hier. Wir kennen uns seit wir Kinder waren und..." Bevor er seinen Satz beenden konnte, betrat ein zweiter Mann den Raum. 

Als ich ihn sah, stockte mir der Atem. Allein diese Haarfarbe. Als ich vorhin kurz einen Blick auf seine Haare hatte werfen können, hatte ich im ersten Moment gedacht, dass er schon älter war. Doch jetzt sah ich, dass man diese Farbe nicht mit der Haarfarbe eines alten Menschen vergleichen konnte. Es war ein leuchtendes Silberweiß, aber jetzt wo das Licht darauf fiel, sah man einen leichten Stich von Eisblau darin. Eine unbeschreibliche Haarfarbe. Seine Haare waren viel kürzer als die von Karim und standen überall wild vom Kopf ab. Auf der rechten Seite des Gesichtes hatte er den Pony länger als den Rest der Frisur, so dass er ihm leicht über das Auge ins Gesicht fiel. Seine Augen schienen von einem hellen Braun zu sein, doch so auf die Entfernung und wahrscheinlich auch durch den Lichteinfall wirkten sie eher wie orange. Das Zusammenspiel seiner Haar- und Augenfarbe war unvergleichlich. 

Was allerdings ganz und gar nicht zu diesem Bild passte, war der harte und abweisende Ausdruck in seinem Gesicht. Wenn ich jedoch an die Verbitterung und Ablehnung in seiner Stimme dachte, die ich vorhin gehört hatte, war dieser Blick nicht verwunderlich. Ob es wegen mir war? Aber ich hatte ihm doch gar nichts getan, oder? Karims Stimme riss mich aus meinen Gedanken: „Jamila, darf ich dir vorstellen? Das ist Kyell."

 

Karim ritt so vorsichtig wie möglich mit Jamila vor sich im Sattel nach Hause. Als er sein Pferd dort in den Stall lenkte, schaute ihm aus einer der dortigen Pferdeboxen sein bester Freund Kyell entgegen. „Das war heute aber ein ganz schön kurzer Ausritt. Wie kommt es,dass...", begann dieser, doch Karim unterbrach ihn. „Tust du mir bitte einen Gefallen und sattelst Tali ab und gibst ihr etwas zu fressen? Ich muss mich auf der Stelle um Jamilas Verletzungen kümmern, sonst verblutet sie." Kyell sah ihn irritiert an, bevor sein Blick auf Jamila fiel, die er bisher noch gar nicht bemerkt hatte. Karim hob die Frau behutsam von seiner Stute. Als er mit ihr auf dem Arm den Stall verließ, hörte er noch, wie Kyell ihm etwas hinterher rief, doch er ignorierte es und lief schnell zum Haus. Das Anwesen besaß zwar im Keller so etwas wie einen medizinischen Behandlungsraum, da Karim in seiner Jugend eine medizinische Ausbildung gemacht hatte und er des Öfteren mal jemanden zusammenflicken musste, doch der Weg dorthin war ihm in diesem Moment zu weit und so brachte er Jamila ins Wohnzimmer, wo er mit einer Hand eine Wolldecke auf dem großen Sofa ausbreitete und seine Patientin dann mit dem Bauch nach unten darauf ablegte. Dann holte er einen der Koffer mit seiner medizinischen Ausrüstung hervor, von denen er mehrere überall im Haus und auch in den Ställen verteilt hatte, sowie eine Schüssel mit lauwarmem Wasser und mehrere Tücher. So vorsichtig wie möglich schnitt er ihr Oberteil, welches stellenweise durch das Blut an ihrem Rücken klebte, kaputt und entfernte die Reste. Mit einem feuchten Tuch versuchte er, das Blut, das teilweise schon getrocknet war, wegzuwischen, um sich ein Bild von der Größe und Tiefe der Verletzungen zu machen. Doch je mehr er den Rücken berührte und die Haut damit bewegte, desto mehr frisches Blut trat aus den Wunden aus. In diesem Moment betrat Kyell das Wohnzimmer und fragte mit lauter Stimme und ziemlich gereizt: „Was soll das? Warum ist sie hier?" 

Bevor er sich weiter aufregen konnte, wurde er jedoch von Karim unterbrochen: „Wenn du sonst nichts zu tun hast, als hier herumzubrüllen, kannst du mir genauso gut helfen, bevor sie mir unter den Händen wegstirbt! Ich werde jetzt versuchen, die Blutung zu stillen. Währenddessen kannst du damit weitermachen, das trockene Blut wegzuwischen!" Karim drückte seinem Freund das feuchte Tuch in die Hand und machte sich daran, die Blutung zu stoppen.

Er war froh, dass er es wenigstens für den Moment geschafft hatte, dass Kyell ruhig war und sich auf seine Aufgabe konzentrierte. Die beiden Männer arbeiteten schweigend nebeneinander. Als das Blut entfernt war, konnten sie sehen, dass sich quer über Jamilas Rücken eine riesige Wunde zog. Die Beschaffenheit der Verletzung bereitete Karim Sorgen, denn obwohl sie auf den ersten Blick wie eine große Schnittwunde, verursacht durch ein Schwert oder ähnliches, aussah, so passten auf den zweiten Blick die Wundränder einfach nicht zu diesem Bild. Doch bevor er sich nicht wirklich sicher war, durch was die Wunde verursacht worden war, wollte er sich Kyell gegenüber nicht dazu äußern. Nach einiger Zeit bekam Karim die Blutung endlich gestillt. Er nähte die Wunde und legte dann einen Verband an, wobei ihm Kyell auch half. Dann drehten sie Jamila herum, damit sie auf dem Rücken lag.

Kaum waren sie damit fertig, fing Kyell wieder an, seinem Freund Vorwürfe zu machen, weil er einfach jemanden mit zum Anwesen gebracht hatte, den er überhaupt nicht kannte. „Was hätte ich denn deiner Meinung nach machen sollen?! Sie einfach dort verbluten und sterben lassen?!" So diskutierten sie eine gute Stunde lang. Einerseits konnte Karim sein Gegenüber verstehen. Einerseits war da seine Vergangenheit und zudem war es bei den momentanen Vorkommnissen wirklich ein Risiko, jemand Fremdes in die Zuflucht zu bringen, doch war er der Meinung, dass von Jamila keine Gefahr ausging. Doch Kyell wurde immer lauter und aggressiver und so machte Karim ihm schließlich mit aller Autorität, die er aufbringen konnte klar, dass die Diskussion nun für ihn beendet war und dass er keine Widerworte in dieser Sache mehr dulden würde. Anschließend verließ Kyell gereizt und ohne Worte das Zimmer.

Karim seufzte erschöpft, drehte sich zu seiner Patientin um und sah, dass sie wieder zu sich gekommen war. Sofort ging er zu ihr. 

Leider konnte Jamila sich an nichts erinnern. Weder an ihre Familie und Freunde, noch daran, wer oder was sie so zugerichtet hatte. Selbst bei ihrem Namen, war sie sich nicht sicher, ob es überhaupt der ihre war. Während des Gespräches kamen ihr die Tränen, weil sie das Ganze so mitzunehmen schien. Wortlos nahm Karim sie in den Arm, um ihr Trost zu spenden und damit sie sich bei ihm ausweinen konnte. 

Als Jamila sich wieder beruhigt hatte, bot Karim ihr an, dass sie erstmal bei ihm und Kyell bleiben konnte, wenigstens so lange, bis sie sich an irgendetwas erinnern konnte und ihre Wunden etwas verheilt waren. Sie nahm das Angebot zögernd an. Karim vermutete, dass es einzig und allein aus dem Grund war, dass sie nicht wusste, wohin sie sonst gehen sollte.

Und weil es nun mal notwendig war und Karim es lieber früher als später hinter sich bringen wollte, rief er Kyell nochmal zurück, um die beiden einander vorzustellen. Hoffentlich würde das Kennenlernen einigermaßen friedlich verlaufen. 



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