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Nocturne

von

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Abenddämmerung

Nichts als Schwärze füllte die Welt hinter der eisig kalten Scheibe aus. Gelegentlich blitzten Lichter auf, doch waren so schnell vergangen, dass lediglich die Erinnerung an sie bestehen blieb. So, wie das Abbild der Sonne und das Gefühl der Wärme jener Strahlen letztlich nur noch Erinnerungen waren, die mit einer jeden vergangenen Nacht schwerer ins Gedächtnis zu rufen waren.
 

Noch mehr Dunkelheit, und Ivan begann automatisch seine eigene Reflexion im Spiegelbild der Fensterscheibe zu betrachten. Die Gerüchte, die Märchen und Sagen stimmten nicht. Untote besaßen ein Spiegelbild. Ein Antlitz, welches sie zu verhöhnen schien, ähnelten sie doch so sehr den Menschen, ohne ihnen jemals wieder nah sein zu können. Ivan konnte nichts gegen den Funken Neid tun, der ihn befiel, als er die anderen Passagiere des Zuges durch das Abbild der Scheibe betrachtete. Einige lasen Zeitung, andere taten es ihm gleich und betrachteten die Nacht die sich schon vor einigen Stunden nieder gesenkt hatten. Doch die meisten schliefen. Etwas, worum der Russe sie beneidete. Nicht etwa, weil er es ihnen nicht gleich tun könnte. Oh, nein. Er konnte im Gegensatz zu ihnen jedoch nie wieder von den ersten Sonnenstrahlen geweckt werden. Zumindest nicht, wenn er nicht Sekunden darauf einen qualvollen Verbrennungstod sterben wollte. So blieb ihm nichts übrig sich zur Ruhe zu begeben, wenn die Menschen erwachten. Sie wandelten auf der gleichen Erde und lebten doch in völlig anderen Welten.
 

Und war dies nicht der Auslöser? Der Grund für seine wahnwitzige Idee; seinen Plan? Reiste er nicht nur nach Wien, weil er so, so sehr das Leben spüren wollte? Weil die Sehnsucht nach Licht und Wärme und Menschlichkeit ihn wahnsinnig werden ließ? Vielleicht. Wenn ja, dann waren dies Wahrheiten, die er nicht bereit war sich einzugestehen. Stattdessen trieb ihn eine viel oberflächlichere Emotion an. Etwas, was vernichtender und unnachgiebiger und endgültiger war als bloße Sehnsucht: Hass. Und der Entschluss, nach all diesen Jahren die er nun schon in vollkommener Abstinenz gegenüber dessen lebte, was sein untotes Dasein auszeichnen sollte, letztlich doch einen Mord zu begehen. Sein erster – und womöglich auch letzter, war es doch ungewiss, ob er überhaupt in der Lage sein würde ihn zu töten. Denjenigen, der ihn zu diesem trostlosen Leben verdammt hatte.

Neumond

„Gefiel es dir nicht?“.

Kaum, dass die Worte gesprochen waren, riss der Wind sie schon mit sich hinfort, trug sie durch die Straßen der Hauptstadt und verlor sie auf halber Strecke. Sekunden verstrichen, ehe Gilbert eine Reaktion zu zeigen schien, und beinahe machte er den Eindruck, als habe er Roderich nicht zugehört Doch das hatte er; tat er immer.

Geduldig, wie Roderich es nun eben mit Gilbert war, wartete er auf eine Antwort, ganz gleich ob er eine erhalten sollte. So war es schon immer mit ihnen gewesen. Oder erst seit kurzem? Gilbert konnte sich an die Zeit davor kaum erinnern, hatte kein Bild im Kopf, wenn er an den gebürtigen Wiener dachte, als dieser noch ein Mensch gewesen war. Eben bevor Gilbert in sein Leben getreten war und es ihm anschließend genommen hatte.

„Ich weiss nicht. Vielleicht.“.

Gilbert wandte den Kopf um in die Augen zu blicken, die so unmenschlich wirkten wie die seinen; Augen, die ihn ansahen wie alle anderen. Doch diesmal schlich sich ein stummer Vorwurf in das tiefe Violett des Mannes neben ihn, und in einer entschuldigenden Manier zuckte Gilbert mit den Schultern.

„Es war nichts Neues. Nicht … überraschend. Einfach–“, er suchte nach einem Wort um zu beschreiben, wie sich die Flut der Bilder, Eindrücke und Geräusche innerhalb weniger Sekunden in eine graue Masse zu mischen begann, und nichts mehr blieb, trotz der lebhaften Erinnerung der letzten Stunden.

Aber er brauchte nichts erklären. Roderich verstand auch so, dass die Operette von Robert Stolz den Ansprüchen des Reinblüters nicht gerecht geworden war, und kommentierte dieser Erkenntnis lediglich mit seinem leisen Seufzen, das von seinen Lippen perlte, während er sich wortlos bei Gilbert einhakte, nachdem dieser ihm seinen Arm angeboten hatte.
 

Tief atmete Gilbert die Nachtluft ein. Kühl und unerbittlich füllte sie seine Lunge, erinnerte ihn mit süßen Schmerz daran, was es bedeutete, zu leben. Doch trotz dessen, dass sein Blut kalt und seine Adern aus Eis waren, schlug sein Herz allen Widerständen zum Trotz. Denn es kannte nichts anderes.

Im Gegensatz zu Roderich, dessen unmenschliches Dasein sich im Violett seiner Iriden äußerte, hatte Gilbert das Licht nie gekannt. Er wusste es nicht, was es bedeutete, die Wärme zu verlieren die die Sonne den Menschen versprach. Und vielleicht ging er auch aus diesem Grunde so sorglos mit seinem Geschenk um.

Die meisten Jungvampire, so wie Roderich einer war, konnten sich schnell mit ihrem untoten Leben arrangieren. Andere wiederum fielen nur all zu schnell dem Wahnsinn anheim. Ein erfahrener Reinblüter konnte innerhalb weniger Nächte entscheiden, zu welcher Kategorie sein Schützling fiel, und daraufhin bestimmten, wie er mit diesem verfahren sollte.

Dies konnte gelegentlich sehr unangenehm für alle Beteiligten werden, weshalb Gilbert es umso mehr begrüßte, wenn er an Jemanden wie Roderich geriet. Sie mochten sich nicht immer einig sein und manchmal streiten, doch Gilbert konnte sich der Treue des Jungvampires sicher sein. Und vielleicht war es nicht nur Treue die Roderich an Gilbert band.

Ein Gedanke, den dieser geflissentlich ignorierte. Denn letztlich lebte er schon so, so viele Jahrhunderte und Niemand hatte lange an seiner Seite überdauert. Am Ende gingen sie alle früher oder später … zu Bruch.
 

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Es war nahezu unmöglich Jemanden zu finden, wenn dieser nicht gefunden werden wollte. Und wenn derjenige es auch richtig anstellte, dann war es auch nicht zu schaffen. War es also Glück oder gar Fügung, dass Ivan nach nächtelanger Recherche und Suche endlich die Identität des Reinblüters hatte ausfindig machen können, der die Nacht zu seiner Ewigkeit gemacht hatte? Wollte Gilbert Beilschmidt nicht gefunden werden?

Oder tappte Ivan blind in eine Falle, die das jahrhundertealte Wesen schon lange vor seiner Ankunft ausgelegt hatte? War dies vielleicht nur Teil eines großen Plans?

All dies waren Fragen, die dem Russen durch den Kopf schossen und seine Bewegungen fahrig, seinen Blick gehetzt wirken ließen, während er sich in dem kleinen Kaffeehaus umsah, in welchem er saß. Gedanken, die ihm schon so viele Male zuvor gekommen waren, und ihn doch nicht hatten abhalten können die Reise von Moskau nach Wien anzutreten, um endlich, endlich ein Leben für all diejenigen zu nehmen, die für Gilbert schon ihr eigenes hatten lassen müssen. Für all die verlorenen Seelen, zu denen Ivan nicht nur sich selbst zählte.

Und so kam es auch nicht in Frage, dass er nun, wo er so kurz vor seinem Ziel stand, einen Rückzieher machte. Ganz gleich ob er meinte zu spüren wie sein Herz einen Augenblick stehen blieb, als er glaubte den Reinblüter auszumachen, wie dieser gerade das Lokal Westend betrat. Bei der Aufmerksamkeit die Gilbert mit seinem Auftreten auf sich zog, musste Ivan sich zumindest keine Gedanken machen, dass sein Starren auffiel. Denn er schien nicht der einzige zu sein, der neugierig in die Richtung der Gäste blickte, die gerade zur Tür des heimelig wirkenden Cafés blickten.

Beinahe hätte Ivan die Begleitung des Reinblüters übersehen, so sehr war er damit beschäftigt gewesen, seine Vermutung zu verifizieren. Doch wie sollte er sich irren? Die stechend roten Augen und das farblose Haar konnten nur zu einem Reinblüter gehören, und wie könnte er das selbstsichere Lächeln jemals vergessen, welches ahnungslose Opfer über die wahre, grausame Natur des Mannes hinwegtäuschen sollte, der dem brünetten Herrn an seiner Seite gerade aus dem Mantel half?

… Moment. Für einen Augenblick konnte Ivan nicht ganz erfassen, in welcher Beziehung der fremde Mann zu dem Reinblüter stand, bis er in dessen Gesicht sehen konnte. In zwei Augen, die den seinen doch seit jener verhängnisvollen Nacht so ähnlich waren. Wut und Übelkeit stieg in Ivan auf, als er verstand, dass dies ein weiteres von Gilberts Opfern war, und nun zu sehen, wie dieses nun zu Kreuze kriechen schien und sich freiwillig mit seinem Mörder abgab …!

Innerhalb weniger Sekunden verlor Ivan jeglichen Respekt vor dem fremden Mann, den er eventuell gehabt hätte. Da war lediglich nur noch Verachtung für das ungleiche Paar welches er von seinem Platz aus beobachtete, während er sich hinter einer obligatorischen Zeitung versteckte.
 

Wie oft hatte sich Ivan diesen Moment ausgemalt? Er war sicherlich in Gedanken hunderte Male eine ähnliche Gasse entlang gegangen, an deren Ende sein Ziel auf ihn wartete. Ahnungslos und schutzlos.

Und so fühlte es sich fast wie Routine an, als er Gilbert und dem Mann an seiner Seite mit ein wenig Abstand aus dem Café und anschließend durch die Straßen Wiens gefolgt war. Doch der Eindruck würde ihn nicht täuschen, wusste er es doch besser als einen gebürtigen Vampir zu unterschätzen.

Er wusste, dass sein Vorhaben waghalsig, wenn nicht sogar selbstmörderisch war. Aber hielt ihn das auf? Stimmte es ihn um? Nein, denn auch wenn er die theoretische Möglichkeit besaß, umzukehren und in den Zug zu steigen, zurück nach Russland zu fahren, gab es für ihn de facto keine Rückkehr mehr. Und so verschwendete er auch keinen Gedanken an sein einstiges Zuhause, als er auf die beiden Männer zutrat. Nur am Rande realisierte er, dass sie stehen geblieben waren … und warteten.
 

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Schon seitdem sie das Kaffeehaus verlassen hatten, wurde Gilbert das Gefühl nicht los, dass etwas Großes bevorstand. Es war nicht das erste Mal, dass er eine solche Vorahnung hatte. Die Luft um ihn herum fühlte sich anders an, als würde er durch ein Meer waten, und jeder Schritt forderte seine Konzentration. Sein Blut erhitzte sich und ein vertrautes Kribbeln ließ seine Fingerspitzen zucken. Auch Roderich bemerkte die Veränderung in der Haltung seines Gefährten und warf Gilbert einen fragenden, gleichwohl zweifelnden Blick zu, als dieser plötzlich stehen blieb. Es war nicht das abrupte Innehalten was ihn verwunderte, sondern das Lächeln auf den Lippen des Reinblüters, gepaart mit dem Blick, gerichtet in eine endlose Ferne. „Gilbert?“, wagte Roderich einen ersten Vorstoß in die Gefühlswelt des Deutschen. Und erneut wartete er geduldig, bis ihn die Stille des Augenblicks zu sehr aufrieb, er gar keine andere Wahl hatte als vorsichtig die Hand zu heben und sie dem Reinblüter behutsam auf die Schulter zu legen.

Nur, dass seine Hand niemals den Stoff des Mantels berühren sollte, den Gilbert trug. Es waren nicht seine Finger, die sich fest in die Wolle gruben und den Körper des Deutschen mit einer plötzlichen Wucht gegen das Mauerwerk in dessen Rücken stießen. Es war nicht seine Erscheinung, die sich vor Gilbert aufbaute, immer größer, immer bedrohlicher, und–
 

Da fiel er. Der Schuss. Ein Geräusch, nur den Bruchteil einer Sekunde andauernd, mit einem Echo das sich in die Ewigkeit zog. In eine Zeitlosigkeit, in welcher es schon beinahe lächerlich war, wie glasklar und lebhaft Roderich ein jedes Detail des Moments in sich aufnehmen konnte. Das blitzen der Pistole im fahlen Straßenlaternenlicht. Der Ausdruck in den Augen des Reinblüters, als desssen Schock und Schmerz geweiteten Augen zuerst an sich herunter blickten, bevor er aufsah, nicht zu Roderich, sondern zu seinem Angreifer. Seinem Mörder.

Es hatte nur einen Herzschlag gebraucht, bis Roderich wieder Herr über seine Sinne war. Nur einen Atemzug, bevor er den Fremden – zu diesem Zeitpunkt hielt er ihn für einen gewöhnlichen Dieb, die Situation für ein Verbrechen aus Gier – nun selbst an der Schulter packte und ihn mit einem kräftigen Ruck von Gilbert wegzog. Und diesem damit allen Halt raubte. Wie ein leidendes Tier sank dieser mit einem kaum hörbaren Keuchen an der Wand hinab, presste sich dabei geistesabwesend die Hand die Rippen, obwohl zwischen seinen Fingern bereits all das Blut hervorquoll. Binnen eines Wimpernschlages war Roderich an seiner Seite, kniete neben ihn und zog Gilberts Hand weg, um die Wunde in Augenschein zu nehmen. Nur, dass er unter all den Schichten Stoff, die sich mit jedem vergehenden Augenblick immer mehr mit Blut vollsogen, wenig erkennen konnte. Kurz presste Roderich die Lippen aufeinander, ein Ausdruck von Sorge und aufkommender Panik, bevor ihn das Lachen, welches die Nacht zerriss, erstarren ließ.
 

„Ist schon gut, Roderich.“. Dies war nicht die Stimme eines Sterbenden. Sondern die eines Mannes, dem man gerade einen guten Witz erzählt hatte, unbeschwingt und befreit, ja sogar hochgradig amüsiert. Und war Gilbert dies nicht auch? Sprach nicht Schalk und Belustigung aus seinem Blick, als er zu dem Fremden hoch blickte, der nicht minder verdattert dastand wie Roderich? Nur, dass der Angreifer seine Überraschung eilig hinter einer Maske aus Verachtung und Hass verbarg.

Oh, und wie sich Gilbert an den Früchten seines kurzen Schauspiels zu erfreuen schien, ganz gleich ob des Schreckens, den er Roderich damit eingejagt hatte. Alles was dieser als Entschuldigung erhielt war eine kurze Berührung an der Wange, ein sanfter Blick, bevor sich Gilbert ein wenig ungelenk, aber auch nicht wie ein halb Toter wieder aufzurichten begann. Kurz hielt er inne, während Schmerz in seinen Augen aufflammte, und noch immer grinsend schnalzte er mit der Zunge. „Eine Silberkugel. Verdammt lästig. Sogar schmerzhaft. Und bei Euresgleichen tödlich.“.

Erst jetzt schnellte Roderichs Blick zu dem dritten Mann herüber. Wie konnte ihm dies entgangen sein? Wie hatte ihm das unnatürliche Leuchten in den Augen des anderen nicht auffallen können? Das tiefe Violett, welches dem seinen zum verwechseln ähnlich sah?

„Ein... Vampir?“, stieß Roderich hervor, atemlos, verwirrt, erzürnt. Welcher Mann, ganz gleich ob lebendig oder untot, war wahnsinnig genug um sie anzugreifen und dann auch noch zu versagen? Offenbar schien dem Fremden, ein großgewachsenener Mann mit blondem, weder kurzem noch langem Haar der gleiche Gedanke gekommen zu sein, war er doch im Begriff die Waffe ein zweites Mal zu heben, ehe Gilbert die Hand auf den Lauf legte und sie mit sanfter Gewalt wieder gen Boden richtete. „Das hat beim ersten Mal nicht geklappt. Sei nicht so dumm und verschwende noch weitere Kugeln. Die sind teuer.“. Und mit diesen Worten, zusammen mit einem selbstsicheren Lächeln, trat er an den anderen heran.
 

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Oh, so hatte es nicht laufen sollen. Nein, Ivans ganzes Vorhaben war ja so, so schief gegangen. Hatte er tatsächlich gedacht, er könnte einen Reinblüter mit einer einfachen Silberkugel töten? Nun, offenbar schon. Schließlich hatte er doch in dessen Herz gezielt! Und doch stand besagter Reinblüter nun vor ihm, lächelte ihn siegesgewiss an, obgleich des Schwall an Blutes, welcher sich bereits über dessen Kleidung ergossen hatte. Ivan könnte erbrechen, direkt auf die polierten Schuhe Gilberts.

Doch stattdessen schluckte er seine Wut, bewahrte sich seine eiserne Maske und blickte seinen einstigen Mörder direkt in die blutroten Augen. „Weisst du, ich sollte dich dafür töten. Würde dich dafür töten.“, begann Gilbert zu sprechen, seine Stimme ein Flüstern, ein Säuseln. Und Ivan begriff, dass dies hier nicht vorbei war. Er wusste, dass er verloren hatte und doch …! Der Ausdruck seiner Augen musste ihn verraten haben. Der unbändige Hass, die abgrundtiefe Abscheu. Das Anspannen seiner Muskeln war nur ein weiteres Indiz gewesen. Das Letzte, das Gilbert gebraucht hatte, um zu reagieren, und bevor Ivan realisieren konnte, was genau in diesem Moment geschah, spürte er, wie ihm das Silbermesser entrissen wurde. Und mit ihm der letzte Funken Kontrolle, den er vielleicht noch über die Situation gehabt hätte. Doch so blieb nichts als gleißender Schmerz, brennendes Weiß, welches sich explosionsartig in seinem Kopf ausbreitete, als dieser hart mit der Steinmauer kollidierte. Ein Knacken, in seinen Ohren viel zu laut und viel zu nah verriet ihm, dass er schon wieder gestorben war. Gestorben wäre. Denn trotz des Wissens, dass er tot war, nahm er viel zu deutlich war, wie nun er derjenige war der langsam auf die Knie sank, nur gehalten von dem Arm des Mannes, den er doch hatte töten wollen. Desjenigen, der ihn mit einer Mischung aus Wut und Belustigung ansah, und dessen Worte so unendlich weit weg klangen. Durch einen dumpfen Schleier drang die Stimme des Reinblüters zu ihm durch und ließ ihn zweifeln, sich wundern, innehalten: … Zimmer 115?

Erstes Viertel

Das war doch lächerlich. Absolut absurd. Ja, sogar wahnwitzig! Aber war dieses ganze Unterfangen, Ivans Plan, das nicht schon von Beginn an gewesen? Es brauchte kein Genie um zu erahnen, dass der Pfad, welchen der Gewandelte beschritt, nur den Tod für ihn bereit hielt.

Und dennoch stand Ivan hier, vor dem mehrstöckigen Gebäude mit der weißen Fassade und den hohen Fenster, den geschmückten Balustraden und dem Schild, auf dem mit goldenen, großen Lettern Hotel Sacher geschrieben stand.

Mit einem Schnauben, abfällig und belustigt, versuchte er die Nervosität abzuschütteln – scheiterte aber kläglich. Und erst als seine Füße ihm wieder gehorchen wollten und ihn erst in das Foyer und nach einem kurzen Plausch mit dem Rezeptionisten zu den Treppen führten, klang die Anspannung langsam ab. Er hätte auch einen dieser sogenannten Aufzüge benutzen können, die sich seit Anfang des Jahrhunderts gehäuft in mehrstöckigen Gebäuden finden ließen, aber was die Fortbewegung betraf bevorzugte Ivan die altmodische Variante. Außerdem glaubte er so Zeit gewinnen zu können, stand er seines Erachtens nach viel zu früh vor der Tür, die mit der Zahl 115 gekennzeichnet war.

Für den Bruchteil einer Sekunde zog Ivan in Erwägung wieder umzukehren. Noch hatte er die Gelegenheit dazu. Doch während er diesen Gedanken zu Ende dachte, hatte er bereits die Hand erhoben und klopfte gegen das Holz. Einmal, Zweimal – dann Stille.
 

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„Ich heiße das nicht gut. Mehr noch. Mir erschließt sich nicht, weshalb du das getan hast. Oder besser gesagt – wieso du es nicht getan hast.“

Keine abfällige Geste dieser Welt, kein Augenrollen dem Gilbert mächtig gewesen wäre, hätte ausgereicht, um auszudrücken, wie sehr ihm die Worte des gebürtigen Wieners zum Halse raushingen.

Obwohl es nun schon einige Nächte her war, dass man versucht hatte ihn umzubringen, konnte Roderich das Thema nicht auf sich beruhen lassen. Immer wieder hielt er es für angemessen, anzumerken, wie leichtsinnig es doch von Gilbert gewesen sei, den anderen Vampir davonkommen zu lassen. Und ihn gleich darauf zu sich einzuladen! Denn nichts anderes war es doch gewesen, als Gilbert ihm ein paar Worte zugeflüstert und anschließend die Karte zu dem Hotel gegeben hatte, in welchem er nun schon seit einigen Monaten – oder waren es inzwischen Jahre? – nächtigte.

„Was hätte ich deiner Meinung nach denn tun sollen?“, fragte Gilbert, bevor er sich auf eines der Sofa fallen ließ, dessen Stil so bezeichnend für die Wiener Secession war. Nach all diesen Jahrhunderten begrüßte er regelrecht, wie die Polster der Möbel mit jedem Jahrzehnt weicher wurden, bedachte man, dass er schon einige Dekaden auf den Buckel hatte und auch seine Knochen sich hin und wieder darüber beschwerten, was er ihnen alles zumutete. Zugemutet hatte. Damals. Bevor...

Gedankenverloren führte er das Weinglas an seine Lippen, nahm jedoch keinen Schluck, während er sich von Roderichs Belehrung berieseln ließ. Wenn Gilbert es sich recht überlegte, hätte er jetzt lieber ein Glas Whiskey, anstelle des Spätburgunders. Und als hätte diese Erkenntnis ihn rechtzeitig wieder ins Hier und Jetzt berufen, gelang es ihm noch gerade so Roderichs Schlussplädoyer zu lauschen. „.. töten! Du hättest ihn töten sollen!“

Die Art und Weise wie Roderich diese Worte ausspuckte ließ Gilbert stutzen. Der sonst so reservierte, besserwisserische und dennoch schlagfertige Wiener war doch tatsächlich einmal nicht Herr über seiner Selbst. Dies erntete ihm lediglich ein irritiertes Lächeln seiten Gilberts, wusste dieser doch auch nach etlichen Begegnungen mit Menschen und Vampiren nicht, wie er reagieren sollte, wurde er unliebsam überrascht.

„Töten?“, wiederholte er deshalb belustigt wie fassungslos, bevor er sich vorbeugte und das Weinglas auf den kleinen Tisch stellte, der sich zwischen ihm und Roderich befand. „Seit wann pochst du bitte auf Gewalt als Lösung? Normalerweise hast du doch … konventionellere Methoden im Sinn, wenn ich mich recht erinnere. Dein ewiges Gerede. Dein endloses planen und planen und planen, bevor du einen Schachzug wagst.“ Gilbert machte eine wegwerfende Handbewegung, bevor er sich wieder seufzend in die Kissen sinken ließ, den Mann fixierte, der ihm gegenüber in einem der Sessel saß.

Für einen kurzen Herzschlag schien es fast so, als habe Gilbert einen wunden Punkt getroffen, so wie Roderich die Worte im Halse stecken blieben und er letztlich verstummte, sich seiner Haltung wieder bewusst wurde und seine Beherrschung zurückgewann.

Gerade als Gilbert verlauten lassen wollte, dass Roderichs es seinem kühlen Kopf zu verdanken hatte, dass der Reinblüter überhaupt auf ihn aufmerksam geworden war, unterbrach ein Klopfen an der Tür ihr Gespräch.
 

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Es war nur ein kurzer Blick dem Roderich Gilbert zuwarf, als dieser sich anschickte aufzustehen und die Tür zu öffnen. Sie beide wussten, mit wem sie zu rechnen hatten, zog man die späte Stunde in Betracht, zu welcher das Zimmer 115 aufgesucht wurde.

Trotz seiner Neugierde verbat der Wiener es sich regelrecht einen Blick über die Schulter zu werfen, und sich zu vergewissern, dass es wirklich der Vampir von vor einigen Nächten war, der nun Gilbert aufgesucht hatte. Um ihn zu töten.

Und doch schien es dem Reinblüter nicht in den Sinn zu kommen irgendwelche Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, als er schließlich die Klinke hinunter drückte und die Tür aufschwingen ließ, dabei einen Schritt zurücktrat und eine einladende Armbewegung machte, um seinen Gast in in seine Gemächer zu bitten.

Auch ihn hätte es doch sehr verwundert, wenn es nicht der Mann von neulich war, der vor seiner Tür stand, weshalb schon, seitdem er sich erhoben hatte, ein Lächeln seine Lippen zierte. Ein Lächeln, das an Sicherheit gewann und breiter wurde, als tatsächlich der fremde Vampir über die Schwelle trat. Wobei … war er denn wirklich so fremd?
 

Stille legte sich über den Raum, schluckte jegliche Atmosphäre und ließ nur noch eisiges Schweigen übrig. Was auch immer Ivan erwartet hatte: es schien nicht das gewesen zu sein, was letztlich eingetreten war. Obwohl er nicht behaupten konnte, überhaupt eine Vorstellung davon gehabt zu haben, wie sich die erneute Begegnung mit dem Reinblüter und dessen Mündel abspielen würde. In aller Ruhe in ein Zimmer in dem wohl teuersten Hotel in Wien gebeten zu werden hatte er sich zu Beginn seiner Reise jedenfalls nicht träumen lassen.

Nur oberflächlich glitt sein Blick über die Inneneinrichtung des Raumes. Auch wenn er die Epoche des Stils nicht recht zuordnen konnte, sah auch er, dass eine Menge Geld in die Innenausstattung dieses Raumes geflossen sein musste, und schlussfolgerte daraus, dass es wohl auch Gilbert nicht an finanziellen Mitteln mangeln konnte.

Eine Tatsache, die ausgezeichnet in das Bild passte, welches Ivan sich bisher von dem arroganten Deutschen gemacht hatte, der das ganze Leben wohl nur als ein Spiel betrachtete. Als ein Theaterstück, in welchem alle anderen nur Statisten waren.

„Ehrlich gesagt hätte ich nicht geglaubt, dass du dich wirklich hier her trauen würdest. Was sagt dir, dass ich dich für deinen dreisten Versuch, mich zu töten, nicht eigenhändig umbringen werde?“

Gilberts Worte läuteten ein unangenehmes Gespräch voller Wahrheiten und Drohungen ein, welchem Ivan im Nachhinein wohl lieber aus dem Weg gegangen wäre. Er kam sich hier doch ohnehin schon so verloren vor, mitten im Raume stehend, während er den stechenden Blick, den der andere Vampir ihn zuwarf, deutlich spüren konnte. Doch sein Augenmerk galt dem Reinblüter; dem Mann, den er tot sehen wollte.

„Hättest du mich töten wollen, hättest du es letztes Mal schon getan.“, sprach Ivan, bemüht seiner Stimme etwas möglichst Neutrales, wenngleich Kühles zu verleihen. Der Reinblüter sollte ja nicht auf die Idee kommen, dass Ivan hier wäre, um mit ihm bei einer Tasse Tee beisammen zu sitzen und gemütlich über ihr untotes Dasein zu philosophieren.

Auch, wenn Gilbert dies offenbar anders sah. Nachdem die Zimmertür wieder ins Schloss gefallen war, ging dieser nämlich zu einem kleinen Beistelltisch hinüber, der zwischen zwei großen Fenstern stand, deren Vorhänge aufgezogen waren. Jetzt, da die Dunkelheit draußen herrschte, konnten sie es sich ja erlauben. Sie würden das Sonnenlicht schon früh genug wieder aussperren.

„Kann ich dir etwas zu Trinken anbieten? Wein? Whiskey? Ich glaube, dass wir auch noch Sekt haben.“ Prüfend drehte Gilbert eine der Flaschen die auf dem kleinen Tisch standen, um sich das Etikett genauer anzusehen.

„Wein.“ Die Antwort schien alle Beteiligten zu überraschen, sahen doch sowohl Roderich als auch Gilbert ein wenig verwundert zu dem Neuankömmling, selbst wenn sich in den Augen des Wieners Missfallen regte, während der Reinblüter das Entgegenkommen Seiten Ivans zu begrüßen schien.

Ohne auf eine Bitte oder Erlaubnis zu warten, schritt auch Ivan zu einem der Sessel und ließ sich auf diesem nieder, warf nur einen kurzen Blick zu Roderich, der ihn wiederum keine Sekunde aus den Augen ließ.

Erneutes Schweigen breitete sich aus, während Gilbert mit einem leisen Summen die Weinflasche entkorkte und das Glas großzügig mit der tiefroten Flüssigkeit füllte, deren Geschmack niemals den von frischen Blut übertreffen konnte, trotz der so ähnlichen Farbe.

Gilbert reichte Ivan das Glas, bevor er sich wieder auf dem Sofa niederließ und sich räusperte, die Arme auf der Lehne ausbreitete und Ivan dabei zusah, wie dieser das Glas an die Lippen führte und einen Schluck nahm. „Ich nehme an, dass du dein sinnloses Unterfangen von letztlich aufgegeben hast. Weswegen bist du dann gekommen?“

Offenbar hatte Gilbert seine eigene Unterhaltungsfähigkeit maßlos unterschätzt, erntete er doch nicht die Reaktion, die er erwartet hatte. Ein belustigtes Schnauben kam Ivan über die Lippen, nachdem er das Glas wieder absetzte und den Kopf schüttelte, als könnte er nicht fassen, was Gilbert für Vermutungen anstellte: „Oh, nein. Nein, ich will dich immer noch töten. Aber nicht heute. Für heute bist du sicher, Beilschmidt.“

Die Erwähnung des Familiennamens des Reinblüters ließ Roderich in seinem aufhorchen: „Ihr kennt euch?“

Einen Herzschlag lang hielt Roderich den Blick des Reinblüters, nur um ihm zu verstehen zu geben, dass er sich der offenkundigen Geheimnisse des anderen bewusst war, und es ihm ankreidete, dass er bis zu diesem Zeitpunkt nicht von selbst von diesem, für Roderich durchaus ungebetenen, Gast erzählt hatte.

Dann jedoch sah er in ein Augenpaar, welches seinem so, so ähnlich schien, und doch gänzlich anders war. Nie hätte Roderich all die Emotionen aufbringen, die hinter der gläsernen Wand aus Violett lagen, und gleichzeitig eine solche Kühle an den Tag legen können. Nein, er selbst war sich seines Handelns immer bewusst. Nun, fast immer. Zumindest dieser Schachzug war berechnend gewesen.

Berechnend und offenbar überflüssig, ließen sich die beiden angesprochenen Männer doch durchaus Zeit überhaupt das Wort zu ergreifen. Und es schien nicht so, als wollte sich einer die Blöße geben, so wie sie erst zu Roderich sahen, und anschließend einen kurzen Blick austauschten, als wollten sie den jeweils anderen dazu auffordern, sich zu erklären.

Letztlich schien Gilbert sich zu erbarmen: „Ich kenne alle meine Schöpfungen.“.
 

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Mit einer Mischung aus Belustigung und Missgunst badete Ivan regelrecht in all dem Hass, der ihm entgegengebracht wurde. Nicht etwa von dem Mann, den er zu töten gedachte, sondern von dessen Anhängsel. Oh, Ivan wären noch viele weitere, weitaus weniger neutrale Bezeichnungen eingefallen, um Roderich zu beschreiben. Einen Mann, der offenbar keine Ehre besaß, oder weshalb sonst verkehrte er ganz offenkundig mit seinem Mörder? Denn teilten er und Ivan nicht das gleiche Schicksal? Hatte ihnen Gilbert nicht alles geraubt?

Und doch war es eine gänzlich andere Wut, mit welcher er den Reinblüter in diesem Augenblick bedachten. Während es bei Ivan purer Hass und blanke Abscheu waren, rührte Roderichs Zorn aus einer anderen Quelle her. Befeuert von einer unsichtbaren Flamme, die Ivan nicht auszumachen vermochte.

„Dachtest du allen Ernstes, du wärest der einzige Mensch, dem ich mein Geschenk gemacht habe?“.

Bei diesen Worten bekam Ivans ruhige Fassade einen kleinen, feinen, aber durchaus gewichtigen Riss, und ohne es kontrollieren zu können, lachte er einmal freudlos auf.

„Geschenk?“, wiederholte er, und blickte dabei zu Gilbert, als habe dieser ihm gerade die herrlichste Geschichte und das größte Ammenmärchen erzählt.

„So nennst du das also?“, fügte er hinzu, während er sich langsam vorbeugte, seine Stimme senkte und diesmal ganz offen zeigte, wie sehr der Reinblüter ihn doch anwiderte. „Verdammt dazu, menschliches Blut zu trinken, sich vor der Sonne zu verstecken und niemals vergehen zu dürfen, bezeichnest du also als Geschenkt?“.

Zeitgleich mit Ivan erhob sich auch Gilbert, wusste dieser es doch besser, als ruhig sitzen zu bleiben, wenn ein anderer Mann sich bedrohend vor ihm aufbaute. Gut, es stand zwar noch immer der Kaffeetisch zwischen ihnen, aber dieser stellt wahrlich kein Hindernis dar, wenn–

„Und meine Schwester war dir dann wohl nicht gut genug für dieses Geschenk?“.

Die Frage klang so vorwurfsvoll und einsam blieb sie im Raume hängen, während der Reinblüter Ivan einige Sekunden einfach nur anblickte, unfähig dessen Worte zu verarbeiten, beschworen sie doch unliebsame Erinnerungen. Eindrücke, die Gilbert möglichst eilig wieder abschütteln wollte. So versuchte er das Lächeln, welches eben von seinen Zügen gefallen war, mit aller Macht wieder auf seine Lippen zu zwingen, eine falsche und verzerrte Kopie von wahrer Freude.

„Vielleicht war sie auch zu gut dafür.“, entgegnete er deshalb mit ähnlich gepresster Stimme, wissend, dass er einen wunden Punkt treffen musste. „Möglicherweise wollte ich sie ja nur zu Meinem machen, ohne sie je wieder teilen zu müssen. Ist das nicht das, was ihr Sterblichen als … Liebe bezeichnet?“.

Damit hatte Gilbert eine unsichtbare Grenze überschritten. Und dennoch kommentierte Ivan diese Worte nur mit einem hämischen Lächeln, während er den Kopf schief legte und die Hände hinter dem Rücken verschränkte.

„Liebe?“. Es fühlte sich falsch an, wie dieses Wort mit einer solchen Abscheu über seine Lippen kam, dass es nur schwerlich mit seiner eigentlichen Bedeutung in Verbindung gebracht werden konnte.

Und auch Roderich war hellhörig geworden, blieb jedoch ruhig sitzen und beobachtete die Szenerie. Er würde sich lieber die Zunge abbeißen als nun ein unbedachtes Wort zu sagen, hatte er doch nicht vor, Gilbert zu verärgern, indem er ihm in dieser Situation in den Rücken fiel. Ganz gleich ob er es verdient hätte, nach all den Wahrheiten die in den letzten Minuten ans Licht gekommen waren. Und keiner Einzigen davon konnte der gebürtige Wiener etwas abgewinnen.

„Ausgerechnet du redest von Liebe!“. Trotz all der Fassungslosigkeit war die Wut, die Ivans Stimme zum Zittern brachte, deutlich herauszuhören. Und doch verzog Gilbert keine Miene, während er beobachtete, wie der andere Vampir sich anspannte, bereit–

Ja, bereit was zu tun? Gilbert erneut anzugreifen? Sie beide wussten, dass dies ein aussichtsloses Unterfangen war, und so schloss der gewandelte Russe für einige Herzschläge seine Augen, versuchte sich selbst zur Raison zu rufen.

Ein Gewandelter hatte nun einmal keine Chance, einen Reinblüter zu töten. Zumindest nicht, wenn dieser sein Schöpfer war.

„Liebe, Hass – wo ist der Unterschied? Ihr Menschen mit euren ach so kostbaren Emotionen. Glaubt, ihr wäret die einzigen Wesen auf der Welt mit Gefühlen und Gedanken und Wünschen.“, seufzte Gilbert, bevor er sich wieder setzte. Zwar ließ er Ivan noch immer keine Sekunde aus den Augen, jedoch wog er sich in Sicherheit. Sich, und seine Inneneinrichtung, die wohl den meisten Schaden bei einer Auseinandersetzung davontragen würde.

Nachdenklich fuhr der Reinblüter sich durch das farblose Haar, zog die Augenbrauen ein wenig zusammen und schien den fremden Mann noch einmal gründlicher unter die Lupe zu nehmen.

„Ivan war dein Name, oder? Ich erinnere mich an euch. Moskau, vor fünf Jahren. Du scheinst dich bisher offenbar noch nicht mit deinem Schicksal abgefunden zu haben.“.

Noch immer war der Hass deutlich in den violetten Augen des Gewandelten zu sehen, als dieser den Kopf wieder hob und den Reinblüter mit einem abschätzigen Blick, bevor er den Kopf schüttelte, diesmal derjenige war, der ein Lächeln aufsetzte, bevor er zu einer Antwort ansetzte: „Abgefunden? Soll ich etwa so werden wie du?“.

Kurz kreuzten sich die Blicke beider Gewandelten. „Oder wie er?“. Nie würde sich Ivan so tief sinken lassen, als dass er eine ähnliche Lebensweise annahm, wie zwei Wesen, die keinen Respekt vor dem Leben aufzuweisen schienen.

Kopfschüttelnd wandte sich Ivan um, warf dem Reinblüter einen letzten, vernichtenden Blick zu. „Es ist reine Zeitverschwendung herausfinden zu wollen, wieso du die Dinge tust, die du tust. Ihr Reinblüter seid doch einfach so, oder nicht? Ihr glaubt, die Welt würde sich nur für euch drehen, und jeder Mensch lediglich existieren, um euch die Ewigkeit angenehmer zu gestalten. Als wären wir nur Beiwerk. Unsere nächste Begegnung wird unsere letzte sein, Beilschmidt. Verlass dich drauf.“.

Mit diesen Worten wandte sich Ivan zu gehen, spürte die Blicke im Rücken und erahnte das Lächeln, welches auf Gilberts Lippen lag, als er den Raum verließ.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Obwohl ich die gesamte Fanfiction schon durchgeplant habe, hab ich trotzdem manchmal das Gefühl, als würde ich in den Gesprächen den Faden verlieren. Ich muss mich erst noch daran gewöhnen, wie es ist, aus der Sicht von mehreren Personen zu schreiben v.v
Im nächsten Kapitel sollte es dann auch etwas mehr Handlung geben :) Komplett anzeigen

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