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Scars from Past

von

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Chapter 12 - Wieder raus in die Hölle

Die Vorbereitungen für die nächste Expedition sind im vollen Gange. Sogar Levi kommt kaum zur Ruhe. Proviant und Medizin müssen besorgt werden, die Ausrüstung gecheckt, die Pferde versorgt und danach alles doppelt- und drei-fach gecheckt werden. Viel Zeit für Zweisamkeit bleibt da nicht.

 

Aus diesem Grund verbringt Levi all seine Freizeit in Erwins Büro. Da zu dieser Zeit viele Soldaten und Boten hereinstürmen, könnte es fragwürdig rüberkommen, Levi jedes Mal dort auf seinem Stammplatz - dem roten Sessel - sitzen zu sehen, aber es ist ihm im Grunde relativ. Er muss selber viel herumrennen und Erwins Team auf die Beine stellen, wenn der Teamleiter selbst mal nicht vertreten ist. Obwohl er selber noch ein Neuling ist, greift er Mike unter die Arme, sodass sie das Team aufteilen und individueller trainieren können.

 

In Levis Team sind die Neueren, die er so an die Umstände heranführt, wie es bei ihm selbst gemacht wurde. Mike kümmert sich dafür um sein eingespieltes Team, welches er hart rannimmt. Es ist nicht so, als ob Mike die Neuen egal sind - ihm ist nämlich jeder seiner Kameraden sehr wichtig - aber Levi hat einfach ein zu großes Herz, um keine Rücksicht auf sie zu nehmen. Doch unter seiner Leitung sollen sie die Anderen schnellstmöglich einholen, nimmt er sich fest.

 

Er genießt das Training mit dem Team, weil es ihn an die Zeiten im Untergrund erinnert, als er seinen Freunden das Kämpfen und den Umgang mit dem Maneuver-Gear beigebracht hat. Natürlich muss er diesmal nicht bei Null anfangen. Alle Soldaten sind sehr fähige und ehrgeizige Kämpfer, also konzentrieren sie sich eher darauf ihre Stärken zu stärken und ihre Schwächen zu schwächen, Kleinigkeiten, die außerhalb über Leben und Tod von einem Selbst oder eines Kameraden entscheiden können.

 

Der gesamte Trainingsplan besteht nun nur aus Krafttraining und dem Töten von Titanen-Attrappen, um sich für die Expedition fit zu halten. Dabei passen die Leiter besonders darauf auf, dass das Team kommuniziert und sich niemand im Weg steht. Formationen werden für alle möglichen Situationen einstudiert und Alleingänger werden von Levi sofort in die Schranken gewiesen. Ironisch, wenn man bedenkt, dass er schon bei beiden seiner ersten Expeditionen auf Befehle geschissen hat. Bei dem Gedanken kommt ihm ein Schmunzeln hoch, aber irgendwie weiß er auch immer, was wann zu tun ist.

 

Später kommt Erwin immer dazu, sobald die Treffen mit den Sponsoren oder auch mit Shadis alleine vorbei sind, und das Training wird wie üblich weitergeführt. Zwar ist das jedes Mal eine Umstellung, doch durch die militärische Disziplin geht das immer sehr schnell, sodass das Training weiter geht.

 

Levi fällt auf, dass je nach Trainer sich auch die Soldaten anders verhalten. Bei Erwin sind alle ruhig, ernst und gehorsam, niemand wagt sich ihm zu widersprechen, aber bei Levi werden manche frecher, mutiger, stolzer und stechen eher heraus, was ihn immer an sich selbst erinnert. Doch Levi macht schnell klar, dass man bei ihm nicht aus der Reihe tanzen darf, nur weil er anders ist oder einen niedrigeren Rang hat. Mike hingegen sehen sie als ebenbürtig, wenn nicht sogar als vertrauten Freund an, was wahrscheinlich daher kommt, dass er schon so lange dabei ist und sich keine Feind macht.

 

Die Beziehung zwischen Levi und Mike ist anfangs eher angespannt gewesen - Levi kann ihr Kennenlernen einfach nicht vergessen - aber Mike vertraut Erwin. Selbst wenn er selbst Levi nicht über den Weg traute, solange Erwin in ihm etwas sieht, wird er geduldig bleiben, bis Levi es zeigt.

 

Aber mit der Zeit verstehen sie sich immer besser und beide sehen ein, dass der erste Eindruck nichts aussagt. Vor allem zeigt es ihnen, dass Erwin sich seinen Freundeskreis bedacht aussucht - nicht, dass sie es je bezweifelt hätten.

 

Nur weiß der Kleinere nun nicht, wie er mit der Information umgehen soll, dass die beiden Blonden zumindest mal in einer physischen Beziehung waren. Anhand Erwins Worten ist offenkundig, dass dies nun der Vergangenheit angehört, aber wie lange ist es her? Wie weit gingen ihre Gefühle füreinander? Würde Mike jetzt eifersüchtig werden? Dessen ist Levi sich sehr unsicher, doch will Erwin auch nicht weiter ausfragen. Bloß kommen ihm jetzt immer diese Fragen in den Sinn, wenn seine und Mikes Blicke sich treffen. Jener zeigt währenddessen keinerlei Anzeichen, dass er eifersüchtig wäre, geschweige denn überhaupt etwas weiß.

 

Levi blickt nicht durch Mikes Fassade, die gar nicht mal so offensichtlich ist. Auf die meisten wirkt er sehr durchschaubar, bloß sehr ruhig, aber Levi merkt schnell, dass der Riese sich genauso eine Maske antrainiert hat wie sein bester Freund, auch wenn er nicht diese Kälte ausstrahlt. Keiner von beiden ist kalt, dessen ist sich jeder sicher, der sie etwas näher kennenlernt, nur hat Mike keinen wirklichen Sinn es so zu tun wie sein Vorgesetzter.

 

Levi versteht beide gut und beschwert sich nicht, insbesondere weil er einer der Wenigen ist, der Erwin Smith unverstellt erleben darf.

 

Jedenfalls sollten alle Teams zu dem Zeitpunkt bereit sein auf die Expedition zu gehen, als sie letztendlich vor den Toren warten. Das ohrenbetäubende Läuten der Glocke kündigt ihre Abreise schon lange an. Doch erst wenn die Garnison alles im Umkreis gesäubert hat, die Tore weit offen stehen und Keiths Stimme sich erhebt, spornen sie ihre Pferde an aus der Sicherheit zu galoppieren. Schnell wird die Formation eingenommen und Levi ist einfach froh, dass er dieses Mal in Erwins Team ist.

 

Der Schwarzhaarige nutzt die Möglichkeit, dass er in der Mitte ihrer kleinen Formation direkt hinter Erwin, der natürlich an der Spitze reitet, sein darf. So hat er ihn die ganze Zeit im Blick und muss seiner Umgebung nicht die aller größte Beachtung schenken, dafür sind die Soldaten zu seinen sechs Seiten da - Erwin eingeschlossen.

 

Wie schon beim letzten Mal wehen die Flügel der Freiheit vor im auf einer dunkelgrünen Wiese. Der Wind ist stark, sodass sie wie wild flattern und die Grashalme schaukeln mit. Doch diesmal ist es anders; sie fliegen nicht vor ihm weg, sondern leiten ihn, zeigen ihm den Weg, den Weg in die Freiheit. So viel versteht Levi, wenn er Erwin so nachschaut.

 

Der Blonde hat ihm wahrlich eine andere Welt gezeigt;  genauso grausam, genauso brutal, aber auch mit Licht, Hoffnung und Wärme. Er hat nun einen Platz, den er wirklich sein Zuhause nennen kann, ohne sich die ganze Zeit darum zu sorgen, mit einer Klinge am Hals aufzuwachen.

 

Levi weiß nicht, ob er je in Worte fassen könnte, was dieser Mann für ihn bedeutet. Und desto mehr er ihm Neues zeigt, desto mehr hängt er auch an ihm. Er braucht ihn einfach, realisiert Levi. Er braucht ihn, weil er sich nicht selbst die Augen öffnen kann.

 

Sein fokussierter Blick auf Erwins im Wind wehenden Umhang und Haare wird von einer roten Rauchwolke zu seiner linken angezogen. Wenn er die Aufstellung richtig im Kopf hat, dann müsste das Mikes Team sein. Der Hüne ist früher immer in Erwins Team gewesen, aber jetzt muss er sich an die Selbstständigkeit gewöhnen. Also hat er noch Nanaba aus dem Team mitgenommen und ein eigenes aufgestellt. Dafür sind jetzt Levi und Eld Jinn, welcher etwas länger dabei ist als Levi, Erwin beigetreten. Alles hat seine Ordnung und seinen Ausgleich.

 

Mit zusammengekniffenen Augen sucht er nun ebenfalls nach einer roten Patrone in einer der Taschen, die am Sattel befestigt sind, denn er ist für die Kommunikation zuständig. Mit geschickten Fingern, als hätte er nie etwas anderes gemacht, lädt er die Pistole und schießt geradewegs in den Himmel. Niemand aus der Gruppe hat auch nur mit der Wimper gezuckt, als einer der beiden Schüsse losging. Alle bleiben ernst, konzentriert und warten darauf, dass das Signal den Kommandanten erreicht.

 

Keine Minute später breiten sich die grünen Wolken aus und lenken die Formation aufgrund der Titanen mit einem kleinen Umweg zu einem Stützpunkt des Aufklärungstrupp. Dort würden sie erstmal rasten, bis sie am nächsten Morgen noch im Dunkeln zum nächsten Ort weiterreiten.

 

Tatsächlich schaffen sie es ohne irgendwelche Zwischenfälle zur alten Ruine um die hundertfünfzig Kilometer von Mauer Maria entfernt. Es handelt sich um eine alte Kirche, die offensichtlich seit hundert Jahren verlassen ist. Sie hat etliche Löcher und Risse im Gemäuer und der Kirchturm liegt ein Stück weiter am Boden, was auf einen Titanenangriff deutet. Mittlerweile sind die Steine größtenteils mit Moos und Efeu überwachsen. Doch sie bietet nachts genug Schutz vor den trägen Titanen.

 

Tagsüber müssen sie quasi nur die Stellung halten und vor der Nachtruhe sind drei Teams dafür zuständig die Umgebung zu säubern. Das reicht meist schon aus, um die ganze Nacht keinen einen einzigen Titanen zu sehen. Und falls sich doch einer rantraut, wird er von den Wachen sofort ausgelöscht, die in Schichten schlafen müssen.

 

Levi hat sich sofort freiwillig für zwei Schichten gemeldet - die erste und letzte - da er genau weiß, dass er sowieso keinen Schlaf finden würde. Erwin konnte vor den Anderen keine große Diskussion starten und musste es deshalb mit einem simplen Nicken akzeptieren, aber sobald sie unter vier Augen waren, stellte er ihn so gut er konnte zur Rede. Immerhin muss Levi ja fit und ausgeschlafen sein, deshalb wären zwei Schichten zu viel, hat er gesagt, doch Levi erklärte einfach, dass er nicht viel braucht und ließ keinen Platz vor Diskussion übrig.

 

Jetzt sitzt er vor dem warmen Feuer in der pechschwarzen Nacht, nachdem das Lager aufgestellt ist und alle schlafen gegangen sind, schaut den Funken beim Tanzen zu. Er hat die Beine an die Brust gezogen und einen kräftigen Arm um sie geschlungen, die Lider eher eng zusammen. Wenn es nach ihm ginge, soll Erwin lieber nie etwas von seiner Schlafstörung erfahren, aber er ist nicht dumm und bei so viel Zeit wie sie miteinander verbringen wird er es sowieso bald herausfinden. Vielleicht wäre es doch einfacher gewesen, es ihm direkt zu Beginn zu erklären.

 

Seine Hand greift von alleine nach einem Ast neben sich im Gras und stochert damit im Feuer herum. Die Funken sprühen wunderschön, bringen seine Augen zum glänzen, aber er vergräbt bloß sein halbes Gesicht in seinen Knien. Auch wenn er das Feuer schätzt und respektiert, für die Gefahr aber auch den Nutzen, den es mit sich bringt, und für seine natürliche Anmut, kann es ihn einfach nicht mehr beeindrucken. Dafür beruhigt es ihn zutiefst es ewig lange anzustarren.

 

Jetzt hört er schwere Schritte hinter sich, die geradewegs in seine Richtung gehen. Er weiß sofort, welcher Person er sie zuzuordnen hat. Sekunden später setzt sich der Koloss neben ihn in den Schneidersitz und betrachtet das Feuer. ,,Bist du müde?", fragt der Blonde mit gedämpfter Stimme. ,,Kein Bisschen", antwortet Levi. Seine Worte sind kaum zu verstehen, da er sie nur in seine Kleidung murmelt. Doch Erwin versteht ihn.

 

,,Ich dachte, du könntest vielleicht etwas Gesellschaft brauchen. So eine Nacht kann sich echt ziehen, wenn man alleine und gelangweilt ist", meint dieser. Aber Levi gibt nur ein gleichgültiges Schnauben ab, was Erwin jedoch sanft lächeln lässt. Ihre Blicke sind immer noch auf das Feuer gebannt, Stille kehrt ein, nur das Knistern des Feuers bleibt.

 

,,Levi", bricht Erwin das Schweigen nach einer Weile wieder, ,,du sollst wissen, dass du wie auch jeder Andere eine Wahl hast. Wenn wir wieder zurück sind, könntest du einfach jederzeit verschwinden und keiner würde dich jemals wiederfinden" ,,Woher nimmst du diesen Unsinn jetzt auf einmal?", entgegnet der Schwarzhaarige und zieht eine schmale Augenbraue hoch. ,,Ich weiß nicht. Ich werde in Situation wie diesen wohl sentimentaler und unsicher... Vergiss es einfach", daraufhin dreht Erwin ruckartig sein Gesicht von Levi weg. Dieser jedoch fragt nur: ,,Erwin Smith und unsicher?" Stille.

 

,,Du weißt, wo ich schlafe, falls irgendwas ist?" ,,Im Chorjoch mit Shadis und Vierauge", antwortet Levi ohne ihn anzusehen, obgleich er Erwins warmen Blick klar und deutlich auf sich spürt, als jener sich erhebt. ,,Ich wünsche dir noch eine angenehme Nacht... Levi" Da weiten sich Levis Augen, als er hört, wie viel Gefühl, Liebe und Inhalt der Blonde in die Aussprache seines Namens legt. Doch Erwin ist schon auf dem Weg und sieht nicht, dass Levi sich ruckartig nach ihm umdreht und ihm nachsieht. Ihm wird auf einmal so warm ums Herz und sein Herz schlägt schneller, sodass er sich mit einem guten Gefühl wieder dem Feuer zuwenden kann.

 

Doch nach einer kurzen Zeit fällt ihm auf, dass es schon deutlich schwächer leuchtet. Er seufzt und greift nach einem kleinen Stein, kaum größer als eine Eichel, den er auf einen im Schatten liegenden Haufen wirft. Als keine Reaktion kommt, wirft er einen zweiten und der Haufen zuckt leicht zusammen, ehe er sich nach einer kurzen Verzögerung aufsetzt und sich nach einer noch längeren Pause endlich umdreht.

 

,,Du bist dran, Frischling", erklärt Levi Olou, der noch nicht einmal den Weg ins Traumland gefunden hat. Der Junge schaut etwas unzufrieden zu Boden - verständlich. Nichtsdestotrotz steht er auf und schlendert schlaftrunken zu Levi rüber, wo er sich schlaff in eine sitzende Position fallen lässt. Seine Lider sind noch schwer vom Schlaf, aber das helle Licht des Feuers würde ihn bald etwas wecken.

 

Levi dagegen legt sich gleich neben der Feuerstelle schlafen, um sich durch die Wärme im Rücken das Einschlafen zu erleichtern. Der nadelgrüne Umhang als Decke ist nur ein Bonus. Sein Blick ist auf die Kirchenruine gerichtet, in der Erwin sich in diesem Moment befindet, und schon bald fallen ihm auch die Augen zu...


Nachwort zu diesem Kapitel:
Good night<3 Komplett anzeigen

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