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Paul MacLain der Privatschnüffler

Ein ehemaliger SAS-Offizier als Privatdetektiv
von

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2. Fall - Die gestohlene Steuerungssoftware

2. Fall – Die gestohlene Steuerungssoftware

Mein nächster Fall war ein ganz anderes Kaliber. Was auf mich zukam, konnte ich zu dem Zeitpunkt noch nicht ahnen. Mein Tag begann wie jeder andere auch. Frühstück mit meiner jüngeren Schwester Samantha. Danach ein kurzer Abstecher im Autohaus um die Ecke, um an meinem Auto zu arbeiten. Ich hatte mir einen Opel Diplomat Baujahr 1974 zugelegt.

Der alte Opel hatte sich als totale Baustelle entpuppt. Die Seitenbleche vorn und hinten waren auf beiden Seiten vom Rost nahezu zerfressen. Die Reifen waren platt, das Vinyldach war ebenfalls in einem desolaten Zustand. Der großvolumige V8-Motor hatte auch eine Überholung nötig, genau wie der Auspuff. Das Fahrwerk des Diplomat hatte auch schon bessere Zeiten gesehen. Doch Kopf in den Sand stecken gab es bei mir nicht. Mein Großvater väterlicherseits Brandon, hatte mich in meiner Kindheit oft an seinem alten Morris Minor schrauben lassen und mir so mein technisches Wissen vermittelt. Es gab keinen Motor, den ich nicht hätte reparieren können.

An diesem Tag hatten Giovanni, der Betreiber, und ich die alten Bleche abmontiert und den Rest mit einem Sandstrahler abgeschliffen. Danach hatten wir neue Bleche zugeschnitten und mit einer von Giovanni entwickelten Presse in Form gepresst. Danach war ich in mein Büro gegangen und hatte zuerst mein E-Mail-Postfach durchgesehen. Doch wie immer herrschte gähnende Leere. Also fuhr ich meinen Privat-Laptop hoch und rief mein Lieblingslesezeichen auf. Ein Erotikspiel mit dem Namen „Katarina – The Generals Daughter“. Ich hatte die schöne rothaarige Generalstochter anal durchgefickt und abgespritzt, als es an meiner Tür klingelte. Wer mochte das nun wieder sein? „Paul MacLain, mit wem habe ich die Ehre?“ „Susan Adkins. Ich würde gerne mit Ihnen sprechen.“ „Kommen Sie rauf.“

Die Frau, die mein Büro betrat war echt eine Augenweide. Lange rote Haare die bis zu ihrem Gesäß reichten, ein sexy Körper, üppige Brüste. Ihre sinnlichen Lippen waren auch nicht zu verachten. Dazu kam eine hübsche Nase und ein ovales Gesicht. Ihre grünen Augen schienen Verführung pur zu sein. Dann fiel mir das Tattoo auf, das Miss Adkins seitlich ihrer linken Brust besaß. Bekleidet war mein Gast mit einem roten Minikleid, roten halterlosen Nylonstrümpfen und Schuhen mit flachen Absätzen. „Bitte setzen Sie sich, Miss Adkins.“ „Danke. Ich bin die persönliche Assistentin von Miss Tamara Alistair. Der Gründerin und Inhaberin von Alistair Software Solutions.“ „Der Name sagt mir was. Die Firma bietet doch Computerprogramme für die Steuerung von Flugzeugen an. Nicht wahr?“ „Ja, das stimmt. Wir haben ein neues Steuerungsprogramm, für Großraumflugzeuge mit dem Namen Starflight One kurz vor der Serienreife.“ „Miss Alistair hat Sie ja nicht ohne Grund zu mir geschickt.“ „Sehr richtig. Vor rund einer Woche wurden aus unserem Hauptquartier in Chicago, Illinois, sämtliche Unterlagen und der Prototyp gestohlen.“ „Worin würde meine Aufgabe bestehen, sollte ich mich dazu entschließen, mich der Sache anzunehmen?“ „Sie haben lediglich die Aufzeichnungen und den Prototypen wieder zu beschaffen. Sollte es aber hart auf hart kommen, 22

so sind Sie ermächtigt, jedes Mittel einzusetzen, um den Auftrag zu Ende zu bringen.“

„Und wie sehen die preislichen Vorstellungen Ihrer Chefin aus?“, fragte ich. „Diesen Punkt klären Sie bitte mit Miss Alistair. Ich bin nur befugt, Ihnen mitzuteilen, was vorgefallen ist und Sie um Hilfe zu bitten. Sollten Sie annehmen, so soll ich Ihnen diesen Umschlag übergeben.“ Susan Adkins schob einen Umschlag über den Schreibtisch. „In diesem Umschlag befinden sich 15.000 €, um Ihre Reisekosten zu decken.“ „Ich bin einverstanden. Wann kann ich mit Miss Alistair hier in meinem Büro rechnen?“ „Machen Sie einen Vorschlag, Mr. MacLain. „Morgen früh um 10:00 Uhr.“ „Ist geritzt.“ „Kann ich sonst noch etwas für Sie tun, Miss Adkins?“ „Nun, wo das geschäftliche besprochen ist, würde mich gerne noch ein bisschen mit Ihnen amüsieren, wenn es Ihnen nichts ausmacht.“

Ich ahnte, was Susan Adkins wollte. Am nächsten Morgen klingelte es pünktlich um 10:00 Uhr an meiner Bürotür. In Begleitung ihrer persönlichen Assistentin Susan Adkins betrat Tamara Alistair mein Büro. „Miss Alistair, es freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen. Bitte setzen Sie sich doch.“ „Ich danke Ihnen, Mr. MacLain. Miss Adkins hat mir berichtet, dass Sie bereit sind, den Auftrag zu übernehmen.“ „Das bin ich in der Tat. Was wären Sie bereit zu zahlen?“ „Wenn Sie die Aufzeichnungen und den Prototypen unseres Steuerungsgerätes heil zurückbringen, 45.000 €. Wenn Sie unserem Konkurrenten noch Schaden zufügen können, kommen noch einmal 80.000 € dazu.“ „Wen haben Sie denn im Verdacht, Miss Alistair?“ „Der Mann, den wir im Verdacht haben, heißt Charles Kang. Ihm gehört die Kang Software Enterprises. Es wird gemunkelt, dass er nur deshalb so erfolgreich ist, weil er seinen 23

Mitbewerbern reihenweise die Ideen stiehlt.“ „Wo hat er seinen Firmensitz?“, fragte ich. Es war Susan, die antwortete. „In Tianjin.“ „Na schön. Können Sie mir irgendwelche Namen nennen, beispielsweise von Informanten, die kontaktieren kann?“ „Ich lasse Ihnen eine Liste aller uns wohlgesonnenen V-Leute zukommen, und wo Sie sie finden.“, sagte Tamara Alistair und stand auf.

Nun hatte ich die Möglichkeit, mir meine Klientin genauer anzusehen. Tamara Alistair hatte dunkelbraune Haare, die bis zu ihren prallen Brüsten reichten. Sie war 1,74 m groß und hatte einen Körper, der kein Gramm Fett zu viel hatte. Ihre braunen Augen blickten verführerisch drein und passten perfekt zu ihrem ovalen Gesicht. Ebenso die sinnlichen Lippen und die hübsche Nase. Ihre Haut war schön gebräunt. Bekleidet war Tamara Alistair mit einem fliederfarbenen Kleid und schwarzen Sandaletten. „Eine Frage noch, Miss Alistair.“ „Bitte, ich höre.“ „Wie sind sie eigentlich auf mich aufmerksam geworden?“ „Wir haben den Artikel über den Scharfschützen von Neu-Isenburg gelesen. Und deshalb dachten wir, dass Sie genau der richtige für diesen Job sind.“

Später am Tag kam Susan noch einmal vorbei und brachte die Liste mit. Ich wollte gerade reinschauen, als sie die Hand zurückzog. „Nicht so hastig. Glaubst du wirklich, dass ich dir die Liste gebe und gleich wieder verschwinde? Garantiert nicht. Ein bisschen Spaß muss schon sein. Findest du nicht?“ „Was genau schwebt dir vor?“ „Dasselbe wie gestern. Analsex.“ „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.“ Susan verdrehte entnervt die Augen. „Muss das sein?“ „Ja. Ich will nicht unvorbereitet in diesen Fall starten. Außerdem weißt du, wer von den Leuten wichtig ist, und wer nicht.“ „Okay, okay. Du hast gewonnen.

Es war 19:45 Uhr, als Susan Adkins mein Büro verließ. Ich ging in mein Apartment und ging mir noch einmal im Geist das Gespräch mit Susan durch. Ich würde zuerst mein Glück in Südkorea versuchen. Mein dortiger Kontaktmann war ein gewisser Philipp Zang. Ich sollte ihn in Seoul in einem Nachtclub namens Bonita treffen. Als Erkennungszeichen sollte ich einen weißen Anzug mit roter Krawatte tragen. Na toll! Ich und Anzüge. Schließlich klopfte es an der Verbindungstür. Es war Samantha, die mit mir zu Abend essen wollte. Heute sollte es mal ein deutsches Gericht geben. Rouladen mit Semmelknödeln. „Hast du einen neuen Fall?“, fragte Sam, als wir die Rouladen zubereiteten. „Ja.“ „Wer ist es?“ „Tamara Alistair.“ „Die Chefin von Alistair Software Solutions?“ „Genau. Jemand hat die Aufzeichnungen und den Prototyp eines neuen Steuerungsgerätes gestohlen. Sie vermutet einen Konkurrenten aus China hinter dem Diebstahl.“ „Wie sieht dein Plan aus aus?“ „Ich fliege nächste Woche nach Seoul und treffe dort einen Informanten. Einen Mann namens Philipp Zang.“ „Brauchst du etwas dafür?“ „Einen weißen Anzug und eine rote Krawatte.“ „Verstehe. Morgen hab ich frei, da können wir shoppen gehen.“ „Und was schwebt dir vor?“ „Lass dich überraschen, Bruderherz.“

Am nächsten Morgen fuhren Samantha und ich zunächst in die Innenstadt und kauften bei C&A einen weißen Anzug, ein schwarzes Seidenhemd und eine rote Krawatte. Bei Deichmann dann noch weiße Lackschuhe. 24

Die Woche darauf machte ich mich dann auf den Weg nach Seoul. Um 11:00 Uhr startete mein Flug und nach einer Flugzeit von 9 Stunden und 2 Minuten landete ich auf dem Incheon International Airport. Ein Shuttle Bus brachte mich zu meiner Unterkunft, dem Gangnam Family Hotel. Nach dem ich mein Zimmer bezogen hatte, machte ich mich erst mal frisch und ging dann ins Restaurant um etwas essen. Zugegeben, der Magen hing mir bis zu den Kniekehlen.

Am nächsten Morgen ging ich erst mal im Hotel frühstücken. Danach ging ich ins Bonita um mir für später den Weg merken zu können. Der Hotelmanager hatte mir ein Foto von Philipp Zang mitgegeben. Es zeigte einen Mann mit langen schwarzen Haaren, einem schwarzen Schnauzbart und einem schwarzen Kinnbart. Der Mann war ca. 1,80 m groß und war athletisch gebaut. Wie mir der Manager auch verriet, war Mr. Zang ein Kollege von mir.

Um 11:00 Uhr kam ich den Club. Ein Mann saß am Tresen und trank Kaffee. Ich setzte mich neben ihn. „Einen Tee bitte. Earl Grey mit Zitrone.“, sagte ich. Der Mann hatte mich wohl bemerkt, denn er zückte ein Stilett und ließ die Klinge herausspringen. Ich sah mir mein Gegenüber genau an. Kein Zweifel, der Mann, der mir das Stilett unter die Nase hielt, war kein geringerer als Philipp Zang. „Was wollen Sie?“, fragte er barsch. „Zuerst sollte ich mich wohl vorstellen, Mr. Zang. Mein Name ist MacLain. Paul MacLain. Ich bin Privatermittler von Beruf.“ „Für welche Detektei arbeiten Sie?“ „Ich arbeite für das Detektivbüro MacLain. Ich habe nämlich das Glück, mein eigener Chef zu sein.“ „Soso. Was tun Sie hier in Seoul?“ „Ich bin im Auftrag von Tamara Alistair unterwegs.“ „Sagten Sie Tamara Alistair?“, fragte Philipp Zang. „Ja. Wieso?“ „Ich bin einer ihrer Informanten. Normalerweise werde ich im Vorfeld von Miss Alistair oder ihrer persönlichen Assistentin Susan Adkins informiert, dass ich jemanden treffen soll.“ „Und das war dieses Mal nicht der Fall?“ „Nein. Wie lange arbeiten Sie schon für Miss Alistair?“ „Seit letzter Woche.“ „In Ordnung. Heute Abend 21:00 Uhr wieder hier.“

Am Abend ging ich wieder ins Bonita. Dieses Mal hatte ich meinen weißen Anzug, das Seidenhemd, sowie die rote Krawatte an. Dazu trug ich schwarze Socken und meine weißen Lackschuhe. Ich hatte gerade mein Hotel verlassen, als ich bemerkte, dass mir eine Frau folgte. Ich schätzte ihr Alter auf 20 bis 22 Jahre. Die Größe auf 1,56 m. Die unbekannte Schöne hatte dunkelbraune Haare, die über die Schultern bis zu ihren üppigen Brüsten reichten. Das ovale Gesicht mit den sinnlichen Lippen und der hübschen Nase war ein Hingucker, wie ich zugeben musste. Bekleidet war sie mit einem roten Paillettenkleid und roten Plateauschuhen. Ihre Augen hatte die Unbekannte hinter einer Sonnenbrille verborgen.

Als ich das Bonita betrat, hielt ich unauffällig nach Philipp Zang Ausschau. Ich fand ihn in einer Nische. Auf dem Weg dorthin sah ich mich unauffällig nach meiner Verfolgerin um. Auch sie hatte den Club betreten. Doch statt mir zu folgen, setzte sie sich an den Tresen. Wer war sie? „Ist Ihnen jemand gefolgt?“, fragte Mr. Zang. „Ja. Sehen Sie die Brünette mit dem roten Paillettenkleid und den Plateauschuhen da am Tresen?“ „Ist nicht zu übersehen, die Kleine.“ 25

„Seit ich das Hotel verlassen habe, hängt sie an mir, wie eine Klette. Kennen Sie die Lady?“ „Und ob. Seien Sie auf der Hut, Herr Kollege. Ihre Lady in Red ist keine geringere als Jelena Romanova. Sie hat mal zur Elitetruppe des russischen Geheimdienstes, den Speznas gehört. Wurde vor zwei Jahren entlassen, weil der Etat ihre Stelle nicht zugelassen hat. Seitdem hält sie sich mit Gelegenheitseinsätzen über Wasser. Mal ist sie hier, mal ist sie dort.“ „Soviel zur Lady in Red. Aber ihretwegen wollte ich Sie nicht sprechen. Miss Alistair hat den Verdacht, dass Charles Kang hinter dem Diebstahl der Unterlagen und des Prototypen für das neue Starflight-One-Steuerungsgerät steckt. Was wissen Sie über ihn?“

„Charles Kang. Geboren am 28.12.1955 in Tianjin. Sein Vater war Astrophysiker, seine Mutter Chemielaborantin. Hat in Oxford EDV studiert. Hat nach dem Studium bei einem Softwareunternehmen für PC-Spiele gearbeitet. Hat aber schon früh Ansätze von Skrupellosigkeit gezeigt.“ „Inwiefern?“ „Er hat die Ideen seiner Kollegen annektiert und als seine eigenen ausgegeben. Die Lorbeeren hat dann selbstverständlich Charles Kang kassiert und die anderen sind leer ausgegangen.“ „Ich schätze, diese Methode hat er bis heute beibehalten.“ „Das hat er in der Tat. In den 80er Jahren hat er entdeckt, dass sich mehr Geld mit der Programmierung von Steuerelementen für Flugzeuge verdienen lässt, als mit dem Programmieren von Spielen. Er steht in dem Ruf, nur die besten der Besten anzuheuern. Aber wehe, einer dieser hellen Köpfe zieht ein Angebot eines Konkurrenten vor, dann kennt Charles Kang keine Gnade.“

„Wie reagiert er dann?“, fragte ich. „Er hat meistens einen sogenannten Maulwurf in den jeweiligen Unternehmen platziert, die die Zielpersonen auf Schritt und Tritt überwachen und die ihm dann über deren Projekte Bericht erstatten. Wenn ein solches Projekt kurz vor der Serienreife steht, wie in unserem Fall das Starflight One-Projekt, dann wird es für Charles Kang interessant. Er hat noch ein Team für Außeneinsätze, dass dann in Aktion tritt. Meistens reicht ein Mann aus. Er hat mehrere Spezialisten für Diebstähle. Aber wenn es ein Unternehmen in den USA ist, schickt er meistens seinen besten Mann.“ „Und wer ist das?“ „Man nennt ihn „Den schwarzen Ninja“. Aber den richtigen Namen dieses Mannes kennt nur eine.“ „Wer ist die Dame?“ „Ihr Name ist Kelly Ling. Sie finden sie im Pattaya Beach. Ist einer der angesagtesten Nachtclubs in Pattaya. Sie arbeitet dort als Sängerin. Aber ich sage Ihnen gleich, Mr. MacLain, die Lady ist eine harte Nuss.“ „Inwiefern?“ „Bevor Kelly Ling redet, müssen Sie erst mal eine heiße Nacht mit ihr verbringen.“ „Das heißt im Klartext Informationen gegen Sex.“ „Genau das.“

Ich blieb noch drei Tage in Seoul, ehe ich mich nach Pattaya aufmachte. Um 10:35 Uhr Ortszeit startete mein Flug von Incheon nach Pattaya, wo ich um 21:10 Uhr auf dem U-Tapao Flughafen landete. Von dort aus ging es mit einem Shuttlebus zu meinem Hotel. Ich hatte mich für das Sunshine Vista Hotel entschieden. Nachdem ich mein Zimmer bezogen hatte, machte ich mich erst mal frisch und ging im Restaurant etwas essen. Danach ruhte ich mich erst mal aus, damit ich für den nächsten Tag fit war. Am nächsten Morgen frühstückte ich erst mal, bevor ich mich dann auf den Weg zum Pattaya Beach machte, in der Hoffnung, Kelly Ling bei 26

ihrer Probe für den Abend anzutreffen. Doch zu meiner Enttäuschung war sie nicht im Club. „Miss Ling übt nie hier. Ist zu gefährlich.“, sagte der Barkeeper. „Wieso gefährlich?“ „Böse Männer treiben sich hier herum. Suchen hübsche Thai-Frauen, um sie als Sex-Sklavinnen zu verkaufen.“ „Wir sind doch nicht im Orient, wo mit Mädchen gehandelt wird.“ „Sie irren sich, Mr. MacLain. Mädchenhandel gibt es auch hier in Thailand. Aber nicht jede Frau hat Glück und findet am Ende die Liebe ihres Lebens.“

Am Abend, es war 20:30 Uhr war ich im Pattaya Beach Club. Auf dem Weg dorthin war mir die Brünette aufgefallen. Also war sie mir von Südkorea nach Thailand gefolgt. Das bedeutete, dass Jelena Romanova entweder für die Gegenseite arbeitete oder von einem ehemaligen Weggefährten aus SAS-Zeiten angeheuert worden war, um mich zu töten. Doch dieses Rätsel musste erst mal warten. Jetzt galt es, mir Informationen über Charles Kangs obersten Handlanger zu besorgen. Den Mann, den man „Der schwarze Ninja“ nannte. Ich suchte mir einen Tisch, der so gelegen war, dass ich alles überblicken konnte, ohne dass man mich selbst entdeckte. Auf der Bühne stand eine sexy Thai-Frau. Sie hatte lange schwarze Haare, die bis zu ihren üppigen Brüsten reichten. Im Gegensatz zu den meisten Asiatinnen, die in diesem Club anwesend waren, hatte sie ein rundliches Gesicht. Die mandelförmigen braunen Augen verrieten jedoch eindeutig die asiatischen Wurzeln der Frau. Das Gesicht der Dame war durch eine hübsche Nase und sinnliche Lippen noch stärker ausgeprägt. Die Lippen waren durch einen dunkelroten Lippenstift noch etwas stärker hervorgehoben. Bekleidet war die Lady mit einem dunkelroten, eng anliegenden Kleid mit tiefem Ausschnitt, das im Bauchbereich von einer Diamantschnalle zusammengehalten wurde. Dazu kamen rote High Heels in derselben Farbe des Kleides. Das musste Kelly Ling sein.

Auch Jelena Romanova war wieder im Club. Und offenbar tat sie dasselbe wie ich. Sie beobachtete das Geschehen. Doch aus welchem Grund war sie hier? Mein Smartphone klingelte. Es war meine Schwester Samantha. „Na Bruderherz, alles in Ordnung?“, fragte sie. „Na sicher.“ „Bist du noch in Südkorea?“ „Nein. Ich bin nach Pattaya weitergereist. Es hat den Anschein, als ob die Vermutung meiner Klientin, dass ein chinesischer Softwaremogul in die Sache verwickelt sein könnte, zutrifft.“ „Wenn das der Fall ist, dann wirst du Hilfe brauchen.“ „Ich komm schon allein zurecht.“ „Abwarten und Tee trinken.“ „Mal was anderes. Ich werde seit meiner Ankunft in Seoul von einer ehemaligen Speznas-Mitarbeiterin beschattet. Jelena Romanova. Du hast sie mir nicht zufälligerweise als Babysitter zugeteilt?“ „Ganz bestimmt nicht. Du kennst mich gut genug, dass ich nicht dein Leben aufs Spiel setze, indem ich mich zu so einer Dummheit hinreißen lasse. Aber tu mir den Gefallen und arbeite mit ihr zusammen, sollte sie dir ihre Hilfe anbieten. Vielleicht wird dein Leben von ihr abhängen“ „Die Frau ist fast noch ein Kind, Sam.“ „Trotzdem. Manchmal ist es nie verkehrt eine Frau an seiner Seite zu haben. Weibliche Intuition.“ Ich musste mir eingestehen, dass Sam Recht hatte.

Um Mitternacht machte ich mich auf den Weg zurück ins Hotel. Ich hatte gerade den Club verlassen, als jemand meinen Namen rief. 27

„Mr. MacLain! Warten Sie einen Augenblick.“ Kelly Ling kam auf mich zu. „Ich habe vor kurzem einen Anruf von Philipp Zang aus Seoul erhalten. Er sagte mir, dass Sie Informationen über den schwarzen Ninja wünschen. Ich weiß viel über ihn. Aber das kostet was.“ „Ich weiß schon Bescheid. Eine heiße Nacht.“ „Ganz genau. Vielleicht kann ich Ihnen noch mehr verraten.“ „Was denn zum Beispiel?“ „Ich weiß, warum Jelena Romanova Ihnen folgt.“

Kelly war eine Granate im Bett, wie ich feststellen musste. Doch diese heiße Sex-Nacht war mir die Informationen wert, die ich von ihr bekam. „Was willst du als erstes wissen?“, fragte sie mich. „Vielleicht, warum Jelena Romanova an mir dranhängt wie eine Klette.“ „Sie arbeitet für ein anderes Software-Unternehmen, dem Charles Kang ebenfalls den Prototypen und sämtliche Aufzeichnungen gestohlen hat.“ „Aha. Und wie heißt diese Firma?“ „Akira Software Industries. Der Firmensitz ist in Kure. Sie sind wie Alistair Software Solutions auf Steuerungsgeräte für Flugzeuge spezialisiert. Allerdings liegt bei den Japanern der Schwerpunkt auf militärischen Fabrikaten.“ „Verstehe. Und was ist mit dem schwarzen Ninja?“ „Nimm dich in Acht vor ihm. Er ist sehr gefährlich. Sein wirklicher Name ist Chong Li. Er ist früher bei Vollkontakt-Turnieren angetreten. Hier in Asien nennen wir das Kumite. Davor war er bei den japanischen Marinetauchern. Wurde aber unehrenhaft entlassen. Ab da hat er sich dem Kumite verschrieben. Jetzt arbeitet er hauptsächlich für Charles Kang. Er übernimmt die Diebstähle, die schwierig sind.“ „Inwiefern schwierig?“ „Na ja. Wenn es darum geht, bei Unternehmen einzusteigen, die schwer bewacht sind, brauchst du jemanden, der keinerlei Skrupel kennt, und der auch nicht davor zurückschreckt einen Mord zu begehen. Der schwarze Ninja ist dafür der richtige Mann.“

Die Tage, die ich noch in Pattaya blieb, verbrachte ich mit Kelly. Sie wollte mir die schönsten Ecken Pattayas zeigen. Doch dann hieß es Abschied nehmen. Ich hatte Sam eine E-Mail geschickt und sie gebeten, Kelly bei sich unterzubringen. Denn nachdem Kelly geredet hatte, schwebte sie nun in Lebensgefahr. Und ich wusste, dass ich mir schwere Vorwürfe machen würde, wenn dieser hübschen Lady etwas passieren würde. Also hielt ich es für angebracht, Kelly Ling aus der Schusslinie zu nehmen. Um 9:45 Uhr startete Kellys Flieger Richtung Frankfurt am Main. Meine Maschine Richtung Tokyo startete um 9:50 Uhr. Um 16:42 Uhr landete ich auf dem Narita International Airport. Ich hatte mich bei der Buchung dieser Reise für ein Hotel der APA-Kette, nämlich das Asakusa Kuramae, entschieden. Nachdem ich mein Zimmer bezogen hatte, machte ich mich erst mal frisch und legte mich bis 18:30 Uhr Ortszeit schlafen.

Um 19:00 Uhr war ich dann im Restaurant zum Essen. Danach wollte ich ins Newlex, um eine Informantin zu treffen. Um 20:30 Uhr betrat ich den Club. Und wie schon in Seoul und Pattaya hatte sich Jelena Romanova an meine Fersen geheftet. Doch dieses Mal wollte ich der hübschen Russin auf den Zahn fühlen. Als sie an meinem Tisch vorbeiging packte ich sie am Handgelenk und hielt sie fest. „Au! Sie tun mir weh!“, rief sie. „Ich lasse Sie los. Aber erst will ich wissen, warum Sie mir seit Seoul auf Schritt und Tritt folgen.“ „Ich habe dieselben Informanten wie Sie. Reicht Ihnen das?“ „Nein. Da ist noch mehr. Ich merke, wenn jemand mir etwas 28

verschweigt.“ „Okay, okay. Ich sage Ihnen, was ich weiß. Aber erst lassen Sie mich los.“ „Von mir aus.“ Ich gab das Handgelenk der Speznas-Agentin frei. „Darf ich mich wenigstens setzen, oder muss ich mit Stehplatz vorlieb nehmen?“ „Es steht Ihnen frei, sich zu setzen.“, sagte ich. Jelena Romanova setzte sich mir gegenüber und nahm zum ersten Mal ihre Sonnenbrille ab. Nun konnte ich zum ersten Mal ihre Augen sehen. Jelena Romanova besaß wunderschöne braune Augen.

„Was haben Sie herausgefunden, Miss Romanova?“ „Der schwarze Ninja war nicht der erste, der versucht hat, bei meinem Brötchengeber einzusteigen. Charles Kang hat vorher einen anderen seiner Außendienstmitarbeiter geschickt. Einen Mann namens Kato. Den haben wir aber geschnappt. Und Kato hat gesungen. Charles Kang hat sich, wie unsere Brötchengeber auch, um zwei lukrative Aufträge beworben. Aber seine neuesten Entwicklungen taugen keinen Schuss Pulver. Also hat er erst Mal versucht, neue Fachkräfte anzuwerben. Aber im Moment sind so gut wie keine Software-Spezialisten auf dem freien Arbeitsmarkt zu bekommen. Also hat er bei meinem Brötchengeber zuerst wie gesagt Kato geschickt. Nachdem dieser aber versagt hatte, hat Mr. Kang den schwarzen Ninja geschickt.“ „Bei Miss Alistair hat er gleich Chong Li geschickt.“, sagte ich. „Chong Li?“ „So heißt der schwarze Ninja mit richtigem Namen.“ „Sie haben also schon die Identität des schwarzen Ninja aufgedeckt. Sehr schön. Jetzt gilt es, Charles Kangs Chef-Handlanger aus dem Verkehr zu ziehen.“ „Das dürfte nicht einfach werden, schätze ich.“ „Ich habe nicht gesagt, dass das ein Spaziergang wird.“ „Also, was schlagen Sie vor, Miss Romanova?“

„Arbeiten wir zusammen. So können wir uns zum einen gegenseitig den Rücken frei halten, und zum anderen steigen unsere Chancen unseren Brötchengebern das zurückzuholen, was rechtlich ihnen gehört.“ „Ich habe vor noch weiter zu gehen. Ich will Charles Kangs Computersysteme lahm legen und dafür sorgen, dass er nicht mehr auf seine Daten zurückgreifen kann.“ „Dann werden Sie meine Unterstützung brauchen. Ich bin in der Lage eine Schadsoftware einzuschleusen, ohne dass jemand etwas davon mitbekommt.“ „Irgendwer wird das Programm sicher entdecken.“, warf ich ein. „Aber erst, wenn es zu spät ist. Wenn einer der internen Abwehr-Spezialisten mein Programm entdeckt, hat er keine Chance mehr, Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Aber eines verstehe ich nicht, Mr. MacLain.“ „Und was wäre das?“ „Wie es Charles Kang gelingen konnte, das Starflight-One-System und das Shibuya-Gerät in seinen Besitz zu bringen.“ „Shibuya-Gerät?“, hakte ich nach. „Das Shibuya-System ist die neueste Entwicklung von Akira Software Industries für Kampfjets.“ „Dann ist Starflight One das zivile Pendant dazu.“ „Also eine Steuerungssoftware für Passagierflugzeuge.“ „Genau.“

Eine unbekannte Frau kam an unseren Tisch. Sie war 33 Jahre alt und 1,56 m groß. Sie hatte braune Haare, die über die Schultern bis zu ihren wohlgeformten Brüsten reichten. Ihr schlanker Körper zog jeden Mann in seinen Bann. Im Gegensatz zu den meisten Asiatinnen, denen ich auf meiner Reise begegnet war, war die Haut dieser Frau weiß. Das runde Gesicht mit den braunen Mandelaugen, den sinnlichen Lippen und der hübschen Nase war auch nicht zu verachten. 29

Bekleidet war die Unbekannte mit einem schwarzen eng anliegenden Kleid und schwarzen High Heels. „Sind Sie Paul MacLain und Jelena Romanova?“, fragte sie gerade heraus. „Paul MacLain. Zu ihren Diensten.“, sagte ich. „Jelena Romanova. Sehr erfreut.“ „Mein Name ist Wai Lin Luan. Ich bin Ihr Kontaktmann.“ „Setzen Sie sich doch.“ „Vielen Dank. Kommen wir gleich zur Sache. Ich weiß, wer bei Alistair Software Solutions und bei Akira Software Industries der jeweilige Maulwurf ist, der auf Charles Kangs Gehaltsliste steht.“

„Ich nehme an, diese Information hat ihren Preis.“, sagte ich. „Umsonst ist nichts, Mr. MacLain. Nicht einmal Gevatter Tod.“ „Wie viel?“, fragte Jelena. „Ein Drink. Egal, auf wessen Rechnung er geht.“ „Einverstanden. Was trinken Sie, Miss Luan?“ „Eine Bloody Mary.“ „Und für Sie, Miss Romanova?“ „Eine Ipanema.“ Ein Kellner kam an unseren Tisch. „Wünschen die Herrschaften etwas zu trinken?“ „Eine Bloody Mary für die Lady in Black und eine Ipanema für die Lady in Red.“ „Und für Sie, Sir?“ „Einen Singapore Sling.“ „Kommt sofort, Mister.“ „Ach übrigens...“ „Ja, Sir?“ „Die Drinks gehen auf meine Rechnung.“, sagte ich. „Sehr wohl.“

Als man uns unsere Getränke serviert hatte kam ich umgehend zur Sache. „Also, Miss Luan. Sie sagten, dass Sie die Namen der beiden Maulwürfe kennen.“ „So ist es.“ „Um wen handelt es sich?“ Es war Jelena Romanova, die diese Frage gestellt hatte. „In ihrem Fall, Mr. MacLain ist der Maulwurf eine Frau. Dr. Laura Lyons. Sie ist die Leiterin der Testabteilung.“ „Und als solche hat sie Zugang zu sämtlichen Software-Projekten.“ „So ist es. Und bei Ihrem Brötchengeber, Miss Romanova, ist der Maulwurf Dr. Cody Harris. Er ist der Leiter der Forschungsabteilung.“ „Weil er wie Dr. Lyons so Zugang zu sämtlichen Projekten hat.“ „Ganz genau. Ich verabschiede mich dann. Ihnen beiden noch einen schönen Abend und eine gute Nacht.“

Als Wai Lin gegangen war, meinte ich: „Das sind Informationen, die wir sofort unseren Klienten melden müssen, Miss Romanova.“ „Das werden wir auch tun. Stoßen wir an. Auf eine gute Zusammenarbeit.“ „Auf eine gute Zusammenarbeit, und vielleicht auch eine gute Freundschaft.“ „Auf eine Gute Freundschaft.“ „Cheers!“ „Nastrovje.“ „Übrigens, ich heiße Paul.“ „Ich bin Jelena.“ „Warst du schon mal auf dem Gelände von Kang Software Enterprises?“ „Nein. Du?“ „Nein. Wir brauchen jemanden, der schon dort war und den Komplex in- und auswendig kennt.“ „Aber wo nach ihm suchen?“ „Irgendwer hier in dem Laden muss es doch wissen.“ „Sehr zweifelhaft Paul.“ Ich sah mich unauffällig um, und entdeckte zwei Asiaten in Biker-Montur. „Achtung Jelena! Da sind zwei Biker, die auf Krawall gebürstet sind.“ „Die Brüder sind mir auch schon aufgefallen. Wollen wir denen ein bisschen auf den Zahn fühlen?“ „Du erweist mir eine... große Ehre.“

Die beiden Biker kamen zu uns an den Tisch. „Würden der Herr und die Dame, die Freundlichkeit haben, uns nach draußen zu folgen?“, fragte einer der beiden. „Was meinst du, Jelena?“ „Ich könnte ein bisschen frische Luft vertragen. Und du Paul?“ „Ja, du hast Recht. Die Luft hier drin, wird allmählich etwas stickig.“ Also folgten wir den Bikern nach draußen. Vor dem Eingang des Clubs zeigten die beiden, dann ihr wahres Gesicht. Einer schnappte sich eine Kette und schlug damit nach 30

Jelena. Diese duckte sich, und der Schlag ging ins Leere. „Na warte, du Miststück. Ich krieg dich. Und wenn ich dich habe, schlitz ich dir die Kehle auf.“ „Erst mal musst du mich kriegen, Schlitzauge.“ Der Biker griff Jelena erneut an, doch meine Kollegin von den Speznas zog ihrem Gegner mit einem Fußfeger das Bein weg. Dann packte sie den Biker am Kinn und sah ihm in die Augen. „Doswedanja Arschloch!“, zischte sie. Dann trieb sie ihrem Gegner das Nasenbein ins Gehirn.

Der zweite Biker griff nun mich an. Doch ich konnte seinen Schlag abwehren und ihm stattdessen einen Schlag in die Magengrube verpassen. „Na warte, du mieser Tommy-Schnüffler. Ich mach dich fertig.“ „Ich bin kein Schnüffler, ich bin Privatermittler. Und ich bin kein Tommy, ich bin Schotte.“ Der Biker raffte sich wieder auf um erneut anzugreifen. Doch meine SAS-Ausbildung bewährte sich erneut. Ich machte eine halbe Drehung und rammte dem verblüfften Killer meinen rechten Ellenbogen an den Solarplexus. Der Asiate sackte zusammen, wie ein nasser Sack. „Der hat gesessen.“, sagte Jelena. „Bis der wieder aufsteht, vergehen einige Stunden.“ „Kannst Du sprechen?“, fragte Jelena den Biker. „Ja.“ „Sehr gut. Wir haben nämlich einige Fragen, die wir beantwortet haben wollen.“ „Wer kennt den Gebäudekomplex von Kang Software Enterprises so gut, dass er sich dort mit verbundenen Augen zurecht finden würde?“ „Yamoto Tanaka. Er war einer der hellsten Köpfe und Leiter der Forschungsabteilung, bis sein Stellvertreter Mao Yeung ihn durch eine Intrige aus dem Unternehmen bugsiert hat.“

„Und dieser Mao Yeung ist nun der Chef der Forschungsabteilung.“, sagte ich. Der Biker nickte. „Wo finden wir Mr. Tanaka?“ „Er lebt in Singapur. Sie finden ihn jeden Abend in einem Club namens Blu Jaz Cafe´.“ „Danke schön. Und jetzt, ist es Zeit, der Welt auf Wiedersehen zu sagen.“, sagte Jelena und brach dem Killer das Genick. „Dann auf nach Singapur.“ „Jetzt schon? Paul, um diese Zeit kriegen wir keinen Flug mehr gebucht.“ „Der einzige Ort, wo ich jetzt sein will, ist in meinem Bett im Hotel.“ „In welchem Hotel bist du abgestiegen?“ „ Im Asakusa Kuramae.“ „Was für ein Zufall. In dem Hotel habe ich auch ein Zimmer gebucht.“ „Das ist mir schon in Seoul aufgefallen. Du brauchst nicht denken, dass ich dich nicht bemerkt hätte.“ „Akira sucht die Hotels aus. Ich muss nur buchen.“ „So großzügig ist Tamara Alistair nicht.“

Später im Hotel ließen Jelena und ich uns unsere Zimmerschlüssel geben. Und wie sich herausstellte, waren unsere Zimmer direkt nebeneinander. Ich lag schon im Bett, als sich die Verbindungstür zu meinem Zimmer öffnete und Jelena eintrat. Und bei ihrem Anblick stockte mir der Atem. Was ich vorher schon hatte erahnen können, wurde nun zur Gewissheit. Diese Frau war sogar nackt eine Granate. Ihr Schambereich war bis auf einen kleinen Strich komplett rasiert. An ihrem Bauchnabel trug sie ein Piercing. „Gefällt dir was du siehst, Paul?“, fragte Jelena und fuhr sich mit ihrer Zunge verführerisch über die Lippen. „Das musst du mich doch nicht fragen. Du bist eine Göttin, Jelena. Vielleicht noch eine ganz junge Göttin, aber eine Göttin.“ Jelena musste lachen. Und dieses Lachen verzauberte mich.

Jelena kam zu mir unter die Bettdecke und kuschelte sich an mich. Sie gab mir einen Kuss auf die Schulter. „Darf ich dich was fragen?“ „Was?“ 31

„Warum hast du Kelly Ling nach Frankfurt geschickt?“ „Weil Sie mir die Identität des schwarzen Ninjas verraten hat. Wollen wir hoffen, dass ihr nichts zugestoßen ist. Denn das würde ich mir nie verzeihen.“ „Wo wohnt sie?“ „Bei meiner Schwester Samantha.“ „Dann ist Kelly sicher in guten Händen. Aber jetzt lass uns schlafen. Wir müssen morgen völlig ausgeruht sein.“ „Wir haben unseren Job hier erledigt. Also können wir die restlichen Tage, die wir hier sind noch genießen.“ „Da hast Du recht.“

Vier Tage blieben Jelena und ich noch in Tokio. Und in diesen vier Tagen kamen wir uns näher. Nun konnte ich eine andere Seite von Jelena Romanova kennenlernen. Und im privaten war sie ein ganz anderer Mensch, als im Dienst. Sie war zärtlich, freundlich und verschmust. Denn nichts tat sie lieber, als mit mir zu schmusen und zu kuscheln. Doch dann rief wieder die Arbeit. Kelly Ling hatte mich angerufen und mir mitgeteilt, dass Chong Li sich zurzeit in Kuala Lumpur, der Hauptstadt Malaysias, aufhielt. Als ich ihr von unserer Begegnung mit den Bikern berichtet hatte, riet sie mir und Jelena, sofort nach Singapur aufzubrechen und Yamato Tanaka aufzusuchen, ehe Chong Li ihn finden würde.

Um 9:15 Uhr startete unser Flieger nach Singapur. Dort landeten wir um 15:15 Uhr auf dem Singapore Changi Airport. Wir hatten uns bei der Buchung der Reise für das Hotel Ibis Singapore Novena entschieden und ein gemeinsames Zimmer gebucht. Nachdem wir unser Zimmer bezogen hatten machten wir uns frisch und sahen uns über Jelenas Laptop einen Stadtplan von Singapur an. Wir wollten den kürzesten Weg zum Blu Jaz Cafe´ herausfinden. Um 18:30 Uhr gingen wir im Restaurant etwas essen, ehe wir uns auf den Weg machten. Jelena trug an diesem Abend wieder ihr rotes Paillettenkleid und die roten Plateauschuhe. Um keine Aufmerksamkeit zu erregen entschieden wir uns, so zu tun, als wären wir ein Liebespaar. Händchen haltend schlenderten wir durch die Straßen. An einem Juweliergeschäft blieb Jelena stehen. „Lass uns reingehen.“, schlug sie vor. „Warum denn dieses?“ „Wenn wir schon ein Liebespaar spielen, dann sollten wir uns auch dementsprechend verhalten. Ein Mann, der seiner Liebsten keinen Schmuck kauft, ist unglaubwürdig.“ Ich musste mir eingestehen, dass ich Jelenas Argumenten nichts entgegenzusetzen hatte.

Als wir das Geschäft betraten, fiel Jelena ein Paar Ringe auf, die aus 585er Gelbgold gefertigt waren. Auffällig waren jedoch die drei kleinen Tansanitsteine, die auf der Oberfläche eingearbeitet waren. Die Ringe sollten pro Stück 80 Singapore Dollar kosten. „Was meinst Du, Paul?“ „Einverstanden. Die gefallen sogar mir. Aber eine Kette sollte auch drin sein.“ „Kann ich Ihnen behilflich sein?“ „Das will ich doch hoffen. Meine Lebensgefährtin und ich hätten gerne dieses Paar Ringe für 80 Dollar. Und welche Kette würden zu diesen Ringen empfehlen?“ „Ah! Ich sehe, der Herr hat Geschmack. Nicht nur was Schmuck angeht.“ „Danke für das Kompliment.“, sagte Jelena. Der Verkäufer holte die Ringe aus dem Schaukasten und nahm dazu eine Goldkette mit einem Aquamarin, so groß wie eine Perle, von einem Kettenhalter. „Wäre die Dame so freundlich, die Kette mal anzuprobieren?“ „Aber gerne.“, sagte Jelena und legte sich die Kette um. Beim Verschluss brauchte sie aber dann doch meine Hilfe. „Und wie seh ich aus?“, fragte meine russische Kollegin. „Einfach umwerfend. Was kostet mich der Spaß?“ 32

„320 Singapore Dollar.“, sagte der Verkäufer. „Würden Sie die Ringe bitte noch gravieren?“ „Das kann ich machen. Die Gravur ist im Preis mit inbegriffen. Wie sollen die Ringe graviert werden?“ „In den Ring für die Dame bitte meinen Vornamen. Paul. Und in meinen bitte den Namen meiner Lebensgefährtin. Jelena.“ „Wird sofort erledigt.“ Ich gab dem Verkäufer das Geld und dieser verschwand im Hinterzimmer.

15 Minuten später kam er mit den gravierten Ringen zurück. Jelena und ich sahen uns unsere Ringe an. „Wundervoll.“, sagte Jelena. „Genauso wundervoll, wie seine Trägerin.“ „Alter Charmeur.“ Wir steckten uns die Ringe an, dann verließen wir das Geschäft. „So. Jetzt ist unsere Tarnung perfekt. So sehen wir wirklich wie ein verliebtes Pärchen aus.“ Um 20:45 Uhr kamen wir im Nachtclub an. Ein Gorilla von Türsteher beäugte uns kritisch. Er wollte uns schon abweisen, als der Besitzer des Clubs kam. „Ich nehme an, Sie beide sind Paul MacLain und Jelena Romanova.“ „Paul MacLain.“ „Jelena Romanova.“ „Dann folgen Sie mir bitte. Mr. Tanaka erwartet sie bereits.“ Ich wurde stutzig. „Woher weiß er, dass wir kommen?“ „Der Manager Ihres Hotels ist mein Cousin. Sie haben sich bei ihm nach Mr. Tanaka erkundigt. Also hat er mich angerufen, und mich wissen lassen, dass Sie Mr. Tanaka sprechen wollen.“ Wir folgten dem Besitzer des Clubs. Am Tresen sahen wir einen Mann sitzen. Ich erkannte ihn sofort. Es war die Dartlegende Paul Lim, der „Singapore Slinger“.

Der Clubbesitzer führte uns zu einem Tisch im rückwärtigen Bereich des Clubs. An diesem saß ein schlanker Mann, Mitte 30 mit einer Nickelbrille. Er hatte schwarze kurz geschnittene Haare. Bekleidet war er mit einem schwarzen Seidenhemd, einer weißen Leinenhose , schwarzen Socken und schwarzen Lackschuhen. „Ich habe gehört, dass Sie mit mir sprechen wollen.“, sagte Mr. Tanaka. „Wir brauchen jemanden, der den Gebäudekomplex von Kang Software Enterprises in und auswendig kennt.“ „Da sind Sie bei mir an der richtigen Adresse. Aber würden Sie mir vorher eine Frage gestatten?“ „Bitte.“ „Was wollen Sie dort?“ „Wir wurden beauftragt, den Prototypen und die Aufzeichnungen des Starflight-One-Projektes und des Shibuya-Projektes wieder beschaffen. Aber ich will noch viel weiter gehen. Ich will die Computersysteme von Charles Kang lahm legen.“ „Ich sage Ihnen was, Mr. MacLain. Ich helfe Ihnen beiden. Auf diesen Augenblick habe ich lange gewartet.“ „Was können Sie uns sagen?“ „Ich habe die Pläne des Komplexes mitgebracht. Prägen Sie sich die Einzelheiten gut ein.“

Yamato Tanaka zeigte uns den Haupteingang, sowie zwei Seiteneingänge. Doch diese wurden schwer bewacht. Doch wie uns Mr. Tanaka berichtete, gab es einen vierten Eingang, der unterirdisch verlief. „Sie haben höchstens 30 Minuten um da reinzukommen. Denn dann kommt der Wachposten um die Ecke und bleibt 15 Minuten um eine zu rauchen. Meistens ist noch ein zweiter Posten dabei.“ „Sie sollten mit uns in Funkkontakt stehen, und zwar auf einer Frequenz, die nicht abgehört werden kann.“ „Das ist absoluter Hybris, Mr. MacLain. Jeder, der annähernd etwas von Elektrotechnik versteht, wird einen Weg finden, sogar abhörsichere Frequenzen zu infiltrieren.“ „Ich war beim SAS. Ich finde Mittel und Wege, um sogar einen IT-Nerd zur Verzweiflung zu treiben.“ 33

„Dann machen Sie mal. Wann wollen Sie und Miss Romanova die Aktion starten?“ „Sagen wir in 14 Tagen?“ „Das ist zu wenig, Paul. Wir müssen einen Plan ausarbeiten. Außerdem brauchen wir entsprechende Ausrüstung. Heißt Nachtsichtgeräte, Präzisionswaffen, et cetera et cetera.“ „In Ordnung. Was meinst du, wie viel Zeit wir brauchen, um einen geeigneten Plan auszuarbeiten?“ „Einen Monat vielleicht auch zwei. Wir müssen viele Faktoren mit einbeziehen.“ „Den schwarzen Ninja zum Beispiel.“ „Zum Beispiel. Gehen wir besser ins Hotel zurück. Wie können wir Sie erreichen, Mr. Tanaka?“ „Ich melde mich bei Ihnen. In welchem Hotel wohnen Sie?“ „Im Hotel Ibis Singapore Novena.“ „Gut. Ich wünsche Ihnen beiden eine gute Nacht.“ „Ihnen auch eine gute Nacht.“

Als wir den Nachtclub verließen, erlebten wir eine böse Überraschung. Denn wir sahen uns gleich drei Gegnern gegenüber. Zwei von ihnen waren vermummt. Aber der Anführer fiel sofort auf. Er war 1,68 m groß und besaß einen kräftigen Körperbau. Er hatte lange schwarze Haare und trug ein weißes Stirnband, das auf der Vorderseite in der Mitte das Zeichen Südkoreas trug. Links und rechts davon waren zwei rote Streifen zu sehen. Der schwarze Ninja trug kein Hemd. Bekleidet war er mit einer schwarzen Trainingshose und schwarzen Kampfsportschuhen. Am Hosenbund trug er einen roten Gürtel. „Paul MacLain und Jelena Romanova. Na da hab ich aber doppeltes Glück.“, sagte Chong Li mit einer tiefen, etwas rauchigen Stimme. „Hüte deine vorlaute Zunge, Schlitzauge.“, zischte Jelena. „So jung, und schon so eine Kratzbürste.“

Dann gab er den beiden Vermummten ein Zeichen und wies auf Jelena. Doch meine russische Kollegin war auf Draht und tauchte weg. Sie tauchte hinter dem Ninja wieder auf packte ihn am Genick und drehte es mit einem Ruck nach links. Dem zweiten trat Jelena in den Unterleib und rammte ihm das Knie ins Gesicht. Ich selbst nahm mir Chong Li vor. Der schwarze Ninja umkreiste mich, wie ein Raubtier, dass auf seine Beute lauert. Er war vorsichtig, das war mir klar, denn er hatte gesehen, was Jelena mit seinen Begleitern angerichtet hatte. „Speznas, was?“, fragte er. „Vielleicht, vielleicht auch nicht.“ „Und was ist mit dir? In welcher Einheit hast du gedient? Navy Seals?“ „SAS.“ „Special Air Service. Nicht schlecht. Wollen doch mal sehen, ob deine Ausbildung was wert ist.“

Der schwarze Ninja griff an, doch ich packte ihn am Handgelenk und zog ihn zu mir und rammte ihm den Ellenbogen ins Gesicht. Charles Kangs Chefhandlanger taumelte, doch er ging nicht zu Boden. Er schüttelte kurz den Kopf und sein Gesicht verzog sich zu einer fanatischen Grimasse. „Jetzt bist du dran.“, sagte er. „Du stinkst ja geradezu vor Überheblichkeit, Du Pappnase!“ Der ehemalige Elitekämpfer stürmte auf mich zu. Doch ich nahm ihm den Angriffsschwung, indem ich ihm das eingesprungene doppelte Knie auf den Solarplexus verpasste. Wieder ging Chong Li nicht zu Boden. Doch er war jetzt angeschlagen. Rasch war ich bei ihm und bewegte seinen Kopf ruckartig nach hinten und brach ihm das Genick.

„Der muss einen Tipp gekriegt haben.“, sagte ich. „Entweder Dr. Lyons, oder Dr. Harris.“ „Vielleicht.“ „Wir sollten uns morgen mit unseren 34

Auftraggebern in Verbindung setzen.“ „Der Meinung bin ich auch.“ Als wir in unser Hotel zurückkamen, erwartete uns eine Überraschung. In der Lobby erwartete uns Tamara Alistair. „Sie sehen etwas ramponiert aus, wenn ich das mal so sagen darf, Mr. MacLain. „Halb so wild.“ „Ihre Nachricht, dass Dr. Lyons eine Verräterin ist, hat mich schockiert. Ich wollte es zuerst nicht glauben. Bis ich ein Gespräch von ihr mit einem gewissen Chong Li belauscht habe. War er es, der Ihnen über den Weg gelaufen ist?“ „So ist es. Aber meine Kollegin, Jelena Romanova und ich haben ihn und seine beiden Papiertiger unschädlich machen können.“ „Hut ab. Bis jetzt sind Sie jeden Cent wert, den ich Ihnen zahle. Mr. Akira sieht das ebenso.“ „Freut uns, das zu hören, Miss Alistair.“ „Ruhen Sie beide sich aus. Sie haben für heute genug gearbeitet. Und den Rest der Woche haben Sie beide zu Ihrer freien Verfügung.“ „Vielen Dank.“

Die restlichen Tage der Woche nutzten Jelena und ich, wie es uns gefiel. So sahen wir uns auf dem Marina Bay Street Circuit ein Rennen der internationalen Tourenwagenserie WTCC an. Eines abends, Jelena und ich saßen gerade in der Cocktailbar unseres Hotels, kam meine Kollegin aus Smolensk auf eine Idee. „Ich würde gerne bei dir in die Detektei mit einsteigen.“ „Hab ich da richtig gelauscht, Du willst meine Partnerin werden?“ „Warum denn nicht? Wir beide sind doch ein gutes Team. Ganz abgesehen davon, wird es Situationen geben, in denen Du meine weibliche Intuition gar nicht missen möchtest.“ Samanthas Worte fielen mir wieder ein. „Manchmal ist es gut, eine Frau an seiner Seite zu haben.“, hatte sie in Pattaya am Telefon zu mir gesagt.

Wir wollten gerade die Cocktailbar verlassen, als Mr. Tanaka zu uns an den Tisch kam. „Ich habe einen Freund wegen einer speziellen Lieferung angerufen. Sie kommt morgen aus Coronado Beach.“, sagte er. „Und woraus besteht diese spezielle Lieferung?“ Jelena hatte diese nicht ganz unerhebliche Frage gestellt. „Ich konnte von den Navy Seals ein paar Nachtsichtgeräte der neuesten Generation bekommen.“ „Normalerweise geben die SEALS nur ältere Geräte an Privatleute ab.“ „Diese Geräte mussten zwangsweise abgetreten werden, da sogar die Reservebestände keine Kapazitäten mehr frei haben.“ „Sehr gut. Kennen Sie einen guten Waffenschmied, der uns ordentliche Präzisionswaffen anfertigen kann?“ „Für die Wachposten?“ „Sehr richtig.“ „Mein Bruder ist Waffenschmied. Er kann Ihnen beiden zwei Signaturpräzionswaffen anfertigen, mit einer Präzision bis zu 130 mm.“ „Was bitte schön ist eine Signaturwaffe?“, wollte Jelena wissen. „Die Waffen besitzen im Griff einen Scanner der entweder deinen Fingerabdruck oder das Muster deiner Handinnenfläche abtastet. Stimmt es mit dem im Vorfeld einprogrammierten Abdruck überein, wird die Waffe entsperrt. Stimmt der Abdruck nicht überein, weil die Signatur nicht einprogrammiert ist, kann derjenige, der die Waffe benutzen will, nicht abdrücken, weil die Waffe gesperrt ist.“ „Clever. Ein überraschender Gimmick.“

„Haben Sie spezielle Wünsche?“ „Die Waffen sollten leicht zu montieren und wieder auseinanderzunehmen sein.“, sagte ich. Jelena ergänzte: „Außerdem hätten wir gerne Zielfernrohre, die auf Bewegungen der Zielperson reagieren und sich automatisch neu einstellen.“ „Schalldämpfer brauchen wir auch. 35

Muss ja nicht jeder Wachmann mitkriegen, wenn für seine Kollegen die Luft bleihaltig wird.“ „Ich werde Ihre Wünsche weitergeben. Aber es wird einige Zeit dauern, mein Bruder ist momentan ausgelastet.“ „Davon bricht uns jetzt kein Zacken aus der Krone. So können wir noch in Ruhe unseren Plan ausarbeiten.“ „Und wenn ich mich recht entsinne, haben Sie uns ja auch ihre Unterstützung angeboten.“, sagte Jelena. „Das ist richtig. Mein Bruder und ich werden am Tag X in einem Übertragungswagen sitzen und das Gelände ausspionieren.“

Die nächsten Tage trafen wir uns mit Yamato Tanaka und besprachen unsere Vorgehensweise. Unser Plan sah vor, dass Jelena und ich vor den Tanaka-Brüdern nach China fliegen und dort warten sollten. Ein Hubschrauber würde uns in der Nähe der Firmenzentrale von Kang Software Enterprises absetzen. Yamato Tanaka würde uns per Funk vor feindlichen Sicherheitskräften warnen. Die beiden Scharfschützengewehre würden uns die Tanaka-Brüder dann vor Ort übergeben. Jelena und ich sollten nach Hongkong fliegen und dort in einem Hotel unserer Wahl auf eine Nachricht der Brüder warten.

Wir entschieden uns für das Silka Seaview Hotel. Es war zwar wieder nur ein 3-Sterne-Hotel, aber Jelena und ich waren bescheiden, da wir noch nicht lange als Privatermittler tätig waren. Außerdem wollten wir unser Reisebudget nicht unnötig belasten. Am Mittwoch, den 11.04.2018 flogen Jelena und ich dann weiter nach Hongkong. Unsere Maschine startete um 8:30 Uhr und landete nach einer Flugzeit von 3 h und 35 Min auf dem Hong Kong International Airport. Ein Shuttlebus brachte uns in unser Hotel. Wir bezogen unser Zimmer und machten uns frisch. Da Tamara Alistair unser Reisebudget auf 45.000 € erhöht hatte, hatten Jelena und ich uns für sechs Wochen eingemietet, mit Option von 14 Tagen Verlängerung.

Zwei Wochen nach unserer Ankunft kamen Yamato Tanaka und sein Bruder Matsushiro. Der ältere der beiden Tanaka-Brüder hatte für uns einen Transporthubschrauber vom Typ EC145 organisiert. An diesem Exemplar mussten jedoch noch einige Modifikationen vorgenommen werden, um den EC145 leiser zu machen. Denn das letzte was wir brauchen konnten, war, dass man uns frühzeitig entdeckte. Der Hubschrauber sollte auf einem kleinen Sportflugplatz etwas außerhalb von Tianjin für uns bereitstehen. Tamara Alistair hatte uns für die Fahrt von Hongkong nach Tianjin eine amerikanische Limousine aus dem Hause Tesla Motors, einen Model S in Deep Blue Metallic gemietet.

Am Donnerstag, den 03.05.18, trafen Jelena und ich uns mit Yamato und Matsushiro Tanaka. Wir wollten die letzten Einzelheiten klären und den Plan noch einmal durchsprechen. „Also fangen wir an.“, sagte Matsushiro Tanaka, nachdem wir uns begrüßt hatten. „Sie, Mr. MacLain, erhalten als Codenamen „Taipan“. Sie, Miss Romanova, erhalten den Codenamen „Kobra“. Mein Bruder Matsushiro und ich sind Ark Angel. Haben Sie das verstanden?“ „Bis ins kleinste Detail.“ „Ich habe über einen ehemaligen Weggefährten aus SAS-Zeiten diese Headsets bekommen. Sie sind absolut abhörsicher. Es dürfte für Charles Kangs Sicherheitsdienst extrem schwierig werden, uns anzupeilen.“ „Wurden die Geräte auf 36

Herz und Nieren geprüft?“, fragte Matsushiro. „Wir haben die Geräte in Singapur erhalten und haben mit den dortigen Polizeikräften und der Armee eine umfangreiche Testreihe durchgeführt. Sowohl Polizei als auch Armee haben ihre besten Leute aufgeboten. Aber jeder hat nur ein statisches Rauschen gehört. Und das bei allen vier Geräten.“

Eine Woche später fuhren wir dann nach Tianjin. Wir mieteten uns dort im Ocean Hotel Tianjin ein. Unser Plan sah vor, dass wir noch eine Woche bis zum 17.05.2018 warten sollten, ehe wir zuschlugen. Diese Zeit nutzten wir, um den modifizierten EC145 zu testen, und sämtliche Funktionen auf Herz und Nieren zu prüfen. Wie sich herausstellte, hatte Matsushiro Tanaka ganze Arbeit geleistet. Denn der Hubschrauber war wirklich derart leise, dass man schon wirklich gute Ohren haben musste, um ihn akustisch wahrnehmen zu können.

Am 16.05.2018 waren Jelena und ich um 23:55 Uhr auf dem Sportflugplatz von Tianjin, wo unser Hubschrauber bereits mit laufenden Motoren wartete. Um Mitternacht startete der EC145 dann in Richtung Firmensitz von Kang Software Enterprises. Um 0:10 Uhr landeten wir auf einer Wiese 1,5 Km vom Grundstück entfernt. Wir nutzten den Schutz der Wolken und schlichen bis zum ersten Wegpunkt. „Taipan ruft Ark Angel. Könnt Ihr mich hören?“ „Hier Ark Angel. Wir hören Sie klar und deutlich. Wo seid Ihr zwei Hübschen?“ „Wir sind noch einen Kilometer von eurem Standpunkt entfernt, Ark Angel.“ „Verstanden.“ Wir setzten unseren Weg zum zweiten Wegpunkt fort. Ich hatte mit meiner russischen Kollegin vereinbart, dass sie die zweite Meldung absetzte. Als wir am Checkpoint eintrafen aktivierte sie ihr Headset. „Kobra ruft Ark Angel. Wir sind am zweiten Wegpunkt.“ „Hier ist Ark Angel. Gut gemacht. Ihr braucht vielleicht noch 15 Minuten, bis Ihr hier seid. Und dann geben wir euch eure Bleispritzen.“ „Besten Dank Ark Angel.“, sagte Jelena.

Schließlich hatten wir den Übertragungswagen erreicht. Matsushiro Tanaka stand draußen und hatte unsere Ausrüstung bereits parat. „Wie sieht’s aus?“, fragte ich. „Bis jetzt ist alles ruhig. Lehnt euch zurück, die Gemeinheiten kommen erst noch.“ Damit gab er uns die Nachtsichtgeräte und die Waffen. „Viel Glück.“ „Danke.“ Yamato Tanaka steckte seinen Kopf aus dem Truck. „Waidmanns Heil, Mr. MacLain.“ „Waidmanns Dank.“

Jelena und ich schlichen in die Richtung, die uns Matsushiro genannt hatte. Hinter einem Busch bezogen wir Deckung und setzten unsere Nachtsichtgeräte auf. Es war ruhig. Soweit man das von unserem Standpunkt aus erkennen konnte. „Ark Angel ruft Taipan. Hören Sie mich?“ „Hier Taipan. Sprechen Sie Ark Angel.“ „In 10 Minuten kommt der Wachposten. Beeilen Sie sich besser.“ „Wir sind schon unterwegs.“ Schließlich hatten wir den Begrenzungszaun erreicht. „Ark Angel ruft Taipan. Erbitte Lagebericht.“ „Hier Taipan. Wir gehen jetzt rein.“ „Negativ Taipan. Der Wachposten kommt um eine zu paffen.“

Und tatsächlich. Ein Wächter kam um die Ecke. Er stellte sich vor den Eingang zum Tunnel und kramte eine Schachtel Zigaretten und ein Feuerzeug hervor. Kurz 37

darauf erschien ein zweiter Wächter. Auch er holte Zigarette und Feuerzeug hervor. „Der Boss sollte Mao Yeung endlich feuern, dann bräuchte er nicht die Ideen der anderen zu klauen. Meiner Meinung nach war es ein Fehler, Yamato Tanaka zu feuern und diesen elenden Versager Mao Yeung zum Chef der Forschungsabteilung zu machen.“ „Die Yeungs sind seit Generationen eine angesehene Familie. Und da ist es natürlich verständlich, dass Maos Vater seinen Sohnemann in einer leitenden Position sehen will. Er war auch derjenige, der damals Druck auf Charles Kang ausgeübt hat. Doch Mr. Kang hat dem Junior Yamato Tanaka vor die Nase gesetzt.“ „Also ging die Intrige vom Senior aus.“ „Nein. Die Intrige hat der Sohn gesponnen. Der Vater hat nur die Idee dazu geliefert.“

„Wie dem auch sei. Um die Zukunft von Kang Software Enterprises ist es schlecht bestellt. Mr. Kang hat heute die neuesten Zahlen bekannt gegeben. Der Abwärtstrend geht weiter. Die Firma hat schon wieder einen Verlust in Höhe von 126.800 $ erzielt.“ „Heißt im Klartext?“ „Dass das Überleben von Kang Software Enterprises von der Vergabe der beiden Aufträge abhängt, um die sich unser Boss beworben hat. Er muss diese beiden Aufträge an Land ziehen, oder die Firma ist nicht mehr zu retten.“ „Das heißt, dass Mao Yeung das Unternehmen praktisch in den Ruin getrieben hat.“ „Sieht fast so aus. Aber die Gerüchteküche besagt, dass Tamara Alistair und Henry Akira zwei Privatschnüffler angeheuert haben, um die gestohlenen Unterlagen und auch die Prototypen zurückzuholen.“ „Wen?“ „Paul MacLain und Jelena Romanova.“ „Noch nie gehört.“

Mich traf der Schlag. Irgendjemand hatte unsere Auftraggeber an Charles Kang verraten. Ich sagte Jelena, was ich gerade gehört hatte. „Kobra ruft Ark Angel. Hören Sie mich?“ „Hier Ark Angel. Empfang klar und deutlich. Wo brennts?“ „Mr. MacLain hat gerade ein Gespräch zwischen den beiden Wachposten mitgehört. Miss Alistair und Mr. Akira wurden verraten. Mr. Kang weiß, dass wir engagiert wurden, und er weiß auch wozu.“ „Dr. Lyons und Dr. Harris.“ „Sieht fast so aus.“

Die beiden Wachposten entfernten sich wieder. „Die Luft ist rein. Ihr könnt reingehen.“, hörte ich die Stimme Matsushiro Tanakas. „Roger.“ Jelena und ich warfen zwei Haken und kletterten an den Seilen hoch, die daran befestigt waren. Auf der anderen Seite kletterten wir wieder herunter und machten uns auf den Weg zum Tunneleingang. „Taipan ruft Ark Angel. Hört Ihr mich?“ „Klar und deutlich. Soweit alles in Ordnung?“ „Soweit ja. Wie sieht es mit der Kommunikation aus, wenn wir drin sind? Nicht, dass Jelena und ich auf uns allein gestellt sind.“ „Keine Bange. Unsere Sender sind so stark, dass wir mit euch in Kontakt bleiben können. Meldet euch, wenn Ihr das Gebäude betreten habt.“ „Verstanden.“

Schließlich hatten wir den Tunnel betreten und sahen uns aufmerksam um. „Kobra ruft Ark Angel. Wir sind drin.“, sagte Jelena über das Headset. „Roger. Haltet euch links.“ „Verstanden.“ Wir gingen nach links bis wir zu einer Weggabelung kamen. „Wenn Ihr zum Tresorraum wollt, müsst Ihr nach rechts. Links geht es zu den Laboren. Ich verwette meinen Arsch, dass die Aufzeichnungen und die Prototypen im Tresor lagern. Jeder bekommt nur einen Bruchteil 38

des Gerätes zu Gesicht und das auch nur einmal.“ Jelena und ich gingen nach rechts. Unsere Waffen hatten wir im Anschlag. Plötzlich hörten wir Matsushiros Stimme. „ACHTUNG! Böse Buben im Anmarsch. Nähern sich aus drei Uhr.“ Jelena hatte die Soldaten als erste entdeckt und feuerte zwei Schüsse auf den ersten ab. Dieser brach zusammen. Ich feuerte nun ebenfalls und erwischte den zweiten. „Taipan ruft Ark Angel. Beide Bad Guys eliminiert. Ich wiederhole: Beide Bad Guys eliminiert.“ „Roger. Gehen Sie nun geradeaus bis zur nächsten Gabelung. Melden Sie sich dann wieder.“ „Verstanden, Ark Angel.“

Wir gingen weiter, wie Yamato Tanaka gesagt hatte. Als wir auf die nächste Gabelung trafen sagte Jelena: „Kobra ruft Ark Angel. Wir sind an der nächsten Gabelung. Wo lang jetzt?“ „Gehen Sie nach links. Und zwar solange, bis Sie an eine große Stahltür kommen.“ „Verstanden.“ Wir folgten den Anweisungen und gingen in den linken Gang. Wir folgten ihm bis wir am Ende vor einer großen Stahltür standen. „Wir sind da.“, sagte Jelena. „Taipan ruft Ark Angel. Wir haben unser Ziel erreicht.“ „Verstanden. Die Tür wird durch ein Kombinationsschloss gesichert, das sich auf der rechten Seite befindet. Sehen Sie es?“ Jelena hatte das Schloss entdeckt. „Ja, wir sehen es. Es ist ein elektronisches Zahlenschloss.“ „Geben Sie nun folgende Kombination ein: 15“ Ich gab die ersten beiden Zahlen an Jelena weiter. Sie gab sie in das System ein. „Haben wir.“ „Dann erhalten Sie nun die beiden nächsten Zahlen. Geben Sie 20 ein.“ Jelena gab auch diese Zahlen ein. „Erledigt.“ „In Ordnung. Ich gebe Ihnen die beiden letzten Zahlen durch. Sie lauten: 47.“ Jelena gab auch diese Zahlen ein.

Auf dem Display erschien eine Anzeige. „Access confirmed“ war zu lesen. Ganz langsam schwang die Tür nach innen auf. „Kobra ruft Ark Angel. Wie lange bleibt die Tür offen?“ „Solange, bis Charles Kang den Gegencode eingibt. Er ist aber zurzeit in Peking auf dem Parteikongress der nationalen Volkspartei. Sie haben zwar alle Zeit der Welt, aber dennoch sollten Sie beide nicht trödeln. Er kommt heute um 21:00 Uhr hierher.“ „Okay. Wir gehen jetzt in den Tresorraum.“ Als wir den Raum betraten sahen wir auf beiden Seiten riesige Tresore stehen. Aber welcher war der richtige? Ich wollte gerade Yamato Tanaka rufen, als ein Wachposten den Raum betrat. „Vielleicht nehmen Sie den mittleren Tresor auf der linken Seite. Dort befinden sich die Neuerwerbungen.“, sagte er. „Ach Sie meinen das Diebesgut.“ „Diebesgut. Wie sich das anhört. Mr. Kang hat e sich geborgt. Und jetzt die Hände hoch.“ Doch ich dachte nicht daran mich zu ergeben. Ich richtete meine Waffe auf den Wächter und drückte zweimal nacheinander ab.

Danach untersuchten wir den Tresor. „Taipan ruft Ark Angel. Wir mussten einen Wächter ausschalten, der uns überrascht hat. Er meinte, wir sollten den Tresor Mitte Links öffnen.“ „Tun Sie das nicht. Wenn Sie diesen Tresor öffnen, wird ein schnell wirkendes Nervengift freigesetzt. Es ist der Tresor auf der gegenüberliegenden Seite. Mitte Rechts.“ Wir gingen zu dem Tresor. Auch er besaß ein elektronisches Zahlenschloss. „Ark Angel ruft Taipan.“ „Wir hören Sie.“ „Ich gebe Ihnen nun die ersten Zahlen der Kombination. Sie lauten 86.“ Jelena gab die Zahlen ein. „Haben wir.“ „Dann erhalten Sie jetzt die nächsten beiden Zahlen. Sie lauten: 39

53.“ Jelena gab auch diese Zahlen ein. „Sind eingegeben.“ „Gut. Und jetzt die letzten beiden Zahlen. Sie lauten 90.“ Jelena gab auch die beiden letzten Zahlen ein. Wieder leuchtete die Anzeige „Access confirmed“ auf. Erneut öffnete sich die Tür. Jelena betrat den Raum und nahm die Aufzeichnungen und die beiden Prototypen an sich, die dort lagerten. „Okay. Nicht wie raus hier.“, sagte sie.

Wir rannten den Weg zurück, den wir gekommen waren, und waren schon bald aus dem Komplex wieder draußen. Wir kletterten über den Zaun und rannten zum Übertragungswagen zurück. „Gute Arbeit. Das wird Charles Kang ganz schön fuchsen.“ „Unser Job ist noch nicht erledigt. Meine Kollegin und ich werden das System vom Hubschrauber aus lahmlegen.“ „Wenn Ihnen das sicherer erscheint. Es ist letzten Endes Ihre Entscheidung.“ Wir kehrten zum Hubschrauber zurück und dieser startete. Auf meine Anweisung hin flog der Pilot abgedunkelt an die Firmenzentrale heran und ging in den Schwebeflug. Jelena begann sich über ihren Laptop in den Zentralrechner von Kang Software Enterprises einzuhacken. Als sie dies geschafft hatte, lud sie die Schadsoftware auf den Rechner und baute einen Countdown ein. Um 21:45 Uhr, sollte sich die Software aktivieren.

Nachdem der Trojaner installiert war flogen wir auf den Sportflugplatz zurück. Wir stiegen in den Tesla und fuhren zum Hotel zurück. Der Portier gab uns den Schlüssel und wir gingen auf unser Zimmer. Wir duschten noch schnell, dann legten wir uns in Bett. Um 10:00 Uhr waren wir wieder wach. Als wir beim Frühstück saßen, sagte ich: „Bin jetzt schon auf Charles Kangs blödes Gesicht gespannt.“ „Nicht nur du, Paul. Aber eins weiß ich. Mao Yeungs Tage als Leiter der Forschungsabteilung sind gezählt.“ „Was meinst du damit, Jelena?“ „Liegt das nicht auf der Hand, Paul? Mao Yeung wird wahrscheinlich als Sündenbock herhalten müssen. Wenn Charles Kang merkt, dass die Aufzeichnungen und die Prototypen nicht mehr im Tresor liegen, wird er deren Verschwinden, dem Leiter seiner Forschungsabteilung in die Schuhe schieben.“

Jelena sollte Recht behalten. Denn als man den Diebstahl der Aufzeichnungen und Prototypen bemerkte, wurde Mao Yeung sofort verhaftet. Er wurde ins Büro des Firmenchefs gebracht. Charles Kang, der Chef selbst, war zwar noch auf dem Parteikongress in Peking, doch der Vizepräsident, Takanobu Ishikura, saß auf dem Stuhl des Firmengründers. „Mr. Yeung. Die Aufzeichnungen und die Prototypen von Starflight One und Shibuya wurden gestohlen. Es war Ihre Aufgabe, dafür zu sorgen, dass niemand diese Daten an sich bringt. Jetzt musste ich Mr. Kang über den Verlust der beiden Projekte in Kenntnis setzen.“ „Mr. Ishikura, ich habe die beste Falle konstruiert, die mir eingefallen ist. Jeder Wachmann der einen Eindringling stellt, weiß, welche Information er dem feindlichen Spion zu übermitteln hat.“ „Offenbar waren diese beiden Schnüffler nicht so dumm und sind auf Ihre List reingefallen. Oder Sie hatten Hilfe von außen.“ „Ich würde auf Hilfe von außen tippen. Und es fällt mir nur einer ein, der es wagen würde, zwei feindlichen Agenten zu helfen.“ „Wen haben Sie im Verdacht?“ „Yamato Tanaka. Er war mein Vorgänger als Leiter der Forschungsabteilung.“ „Also hat er seinen unrühmlichen Abgang Ihnen zu verdanken. Ich hatte von Anfang an den Verdacht, dass dieses 40

Komplott auf Ihr Konto geht. Ich kann Sie nicht leiden, Mr. Yeung. Das konnte ich noch nie. Charles Kang ist in Peking, und kann Ihnen nicht helfen. Wir werden Ihre Falle auf volle Funktionsfähigkeit prüfen. Mit Ihnen als Versuchskaninchen.“ Takanobu Ishikura schnippte mit den Fingern und die beiden Wachposten, die Mao Yeung flankierten, packten ihn an den Armen. „Bringt ihn in den Tresorraum und sperrt ihn dort ein. Ich werde die Tür mit meinem Dienstausweis verriegeln.“

Später am Abend saßen wir in einer Bar und tranken eine Kleinigkeit. Jelena trug wieder ihr rotes Paillettenkleid und die roten Plateauschuhe. Ein Fernseher lief. Ohne Ton. Doch plötzlich wurde die Stereoanlage hinter dem Tresen gestoppt und der Ton am Fernseher angestellt. „Wir unterbrechen das laufende Programm für eine Sondermeldung. Heute Abend um 21:45 Uhr wurde das Firmennetzwerk von Kang Software Enterprises durch eine unbekannte Schadsoftware komplett verschlüsselt. Damit einher geht der Verlust der beiden Aufträge, um die sich das von Charles Kang gegründete Software-Unternehmen beworben hat. Es steht zu befürchten, dass die Firma nicht mehr in der Lage ist, die drohende Insolvenz abzuwenden.“ „Wir haben unseren Auftrag erfüllt. Mir zumindest wird er 125.000 € einbringen.“, sagte ich. „Für mich springen 85.000 € raus. Was wirst du mit deinem Geld machen?“ „Ich werde einen Teil auf mein Firmenkonto einzahlen. Den anderen Teil werde ich dazu verwenden, um an meinem Auto weiter zu arbeiten.“ „Was für ein Auto nennst du dein Eigen?“ „Einen Opel Diplomat B aus dem Jahr 1974. Den großen mit dem V8-Motor.“ „Hoffentlich komme ich in den Genuss, die erste zu sein, die auf der Motorhaube dieses Klassikers gebumst wird.“ „Denkst du nur an das eine?“ „Nein. Aber ich werde von meinem Geld, dass ich mit diesem Fall verdient habe, eine Reise machen. Ich will nach Italien. Genauer gesagt in die Toskana. Warst du schon mal dort?“ „Hatte noch nicht die Ehre.“

„Warum kommst du nicht mit? Wir beide haben uns jetzt einen ausgiebigen Urlaub verdient.“ „Keine schlechte Idee.“

Nach drei Wochen hatten unsere Auftraggeber uns unser Gehalt ausgezahlt und Jelena und ich waren in die Toskana gereist. Wir hatten uns für ein 4-Sterne-Hotel, das Idea Hotel Milano San Siro, entschieden. In den zwei Wochen, die wir in Italien Urlaub machten, kamen Jelena und ich uns noch einmal näher, als in Tokio. In diesen 14 Tagen erneuerte sie noch einmal ihren Vorschlag, bei mir in die Detektei als Partnerin einzusteigen. Ich wollte diese Entscheidung jedoch nicht sofort treffen und erbat mir ein wenig Bedenkzeit. Außerdem wollte ich in diesem Punkt noch ein Gespräch mit meiner kleinen Schwester Samantha führen.

Wieder zu Hause sah ich erst mal die Post durch. Samantha hatte sie in einem leeren Schuhkarton aufbewahrt und nach Rechnungen und Mahnungen und Werbung vorsortiert. Werbung hatte sie sofort in den Papierkorb geworfen. Mahnungen waren jedoch keine eingegangen. Nur ein Schreiben aus Schottland erregte meine Aufmerksamkeit. Auf meinem Esstisch lag die neueste Ausgabe der Frankfurter Rundschau. Doch ich wollte mir erst den Brief durchlesen. Danach die Zeitung. Als ich den Umschlag öffnete, fiel mir ein Foto des Loch Ness 41

auf. Dann entdeckte ich den Brief.

„Mr. MacLain,

in diesem See ist mein Vater, Kurt MacNamara, unter mysteriösen Umständen bei einem Tauchgang ums Leben gekommen. Ich möchte Sie bitten, zumindest den Versuch zu unternehmen die Todesursache herauszufinden. Erst dann werde ich endlich mit diesem dunklen Kapitel abschließen können.

Es grüßt Sie

Natalie MacNamara“

Danach nahm ich mir die Zeitung vor. Auf der Titelseite sah ich ein Foto von Charles Kang. Die Schlagzeile lautete jedoch: „Charles Kang begeht Selbstmord.“ Der Artikel dazu war dann etwas ausführlicher. „Tianjin. Am Morgen des 22.05.2018 wurde der chinesische Softwaremogul Charles Kang tot in seinem Büro aufgefunden. Wie der Betriebsarzt von Kang Software Enterprises gegenüber den Medien bestätigte, hat sich der Firmenchef durch einen Kopfschuss selbst das Leben genommen. Sein Selbstmord dürfte im Zusammenhang mit der Insolvenz von Kang Software Enterprises stehen. Wie später bekannt wurde, wurde in der Tresorkammer noch eine weitere Leiche entdeckt. Der Tote wurde als Dr. Mao Yeung identifiziert. Dr. Yeung war der Leiter der Forschungsabteilung bei Kang Software Enterprises. Eine Autopsie seines Leichnams ergab, dass Dr. Yeung durch ein extrem starkes Nervengift zu Tode gekommen war.“

Ich konnte mir ein schadenfrohes Grinsen nicht verkneifen und schickte Jelena über Facebook eine entsprechende Nachricht. Ihre Antwort ließ nicht lange auf sich warten. „Geschieht diesen beiden kriminellen Schmierlappen ganz recht.“, war ihr Kommentar dazu. Später am Abend kam dann meine Schwester Samantha zum Abendessen vorbei. „Gut, dass du Kelly Ling zu mir geschickt hast. Charles Kangs Handlanger haben ganz Pattaya auf den Kopf gestellt. Danach sind sie nach Malaysia weiter gereist und haben dort nach ihr gesucht.“ „Das erklärt auch, warum Jelena und ich den Schwarzen Ninja in Singapur getroffen haben.“ „Immerhin hast du den Fall gelöst.“ „Da wäre noch etwas, dass ich gerne mit dir besprochen hätte.“ „Bin ganz Ohr.“ „Jelena hat mir zweimal den Vorschlag unterbreitet, als Partnerin bei mir in die Detektei einzusteigen. Allerdings weiß ich nicht, wie ich mich verhalten soll. Was rätst du mir?“ „Wäre ich an deiner Stelle, würde ich ohne zu zögern „JA“ sagen. Du kannst Jelena ja schreiben, dass du noch keine Entscheidung getroffen hast und dass du dich nach deinem nächsten Fall meldest.“ „Einverstanden.“ 42



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