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Chroniken der Ewigkeit - 零~月蝕 (Tsukihami)

von

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Juu yon

Endlich erreichten sie den Ort. Der Ort an dem sie sich oft nach der Schule getroffen hatten um alleine unter sich sein zu können, ohne andere Schüler, ohne Lehrer, ohne Familie... einfach nur zu zweit. Ein Ort an dem sie ungestört miteinander reden konnten. Ein kleiner Spielplatz der nahe an einem kleinen Waldstück lag und eher selten besucht wurde. Er war nicht gerade der modernste Spielplatz, er hatte nicht viel Auswahl, hatte lediglich einen Sandkasten und zwei Schaukeln die nebeneinander waren und außerdem war er schon recht alt, aber genau das hatte einen besonderen Charme, den die junge Chinesin mochte. Xiao und Jin waren früher oft hier gewesen bis die Sonne untergegangen war... viele Erinnerungen waren an diesen Ort gebunden.

 

~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*

 

Schniefend saß die junge Chinesin auf der Schaukel. Später Nachmittag, die Schule war bereits aus und die meisten Schüler befanden sich zu Hause und berichteten sicherlich ihren Eltern ihre guten Noten der letzten Prüfungen. Abgesehen von Xiao, die wohl mit Abstand einer der schlechtesten in Mathe war und ihre Prüfung ein absoluter Reinfall geworden war. Leise kullerten kleine Tränen über ihre vom weinen geröteten Wangen, als sich auf einmal jemand auf die Schaukel neben sie setzte. Es war ihr egal wer es war, sie wollte mit niemanden reden und schon gar nicht wollte sie, dass man sie weinen sah. Ihren Kopf immer noch nach unten gerichtet, hörte sie ein Rascheln einer Tüte und keine Sekunde später erblickte sie plötzlich einen Dumpling vor ihrer Nase. Blinzelnd hob sie langsam ihren Kopf an, sah immer noch ihr Lieblingsessen an, bis sie ihren Kopf zu der Person neben sich drehte und in das Gesicht des jungen Japaners blickte. Jin.

 

Mit einem sanften Lächeln hielt er ihr einen frischen Dumpling hin, während auf seinem Schoß eine Tüte mit einem verdächtigen chinesischen Schriftzug lag. Schniefend nahm sie den immer noch leicht warmen Dumpling an und ließ ihn mit einem Happs in ihrem Mund verschwinden. Sekunden vergingen, Sekunden in denen Jin förmlich sehen konnte, wie ihre Tränen verschwanden. Ein letztes Schniefen erklang, als sie ihren letzten bissen runter schluckte. Xiao drehte sich zu Jin, lächelte ihn fröhlich und dankbar zugleich an. All ihre Sorgen waren mit einem Mal vergessen.

 

~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*

 

Schmunzelnd setzte Xiao sich auf ihre Schaukel und beobachtete Jin, wie er sich ohne Worte, wie früher mit verschränkten Armen an das Gerüst der Schaukel stellte und ihr mit einem wissenden Blick entgegen sah. Ja, er erinnerte sich genau wie sie an die vielen schönen und auch traurigen Momente in denen sie hier zusammen gewesen waren. "Die Dumplings fehlen.", meinte sie auf einmal mit einem Grinsen, das Jin ansteckte. Ein leichtes Lächeln umspielte seine Mundwinkel. "Du weinst nicht.", kam von ihm trocken, aber immer noch mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. Xiao sah ihn schockiert an, hielt sogar in ihrer Bewegung inne, da sie gerade dabei war sich mit ihren Füßen hin und her zu Schaukeln. "Willst du damit sagen, ich bekomme nur Dumplings, wenn ich weine?", wollte sie wissen. "Ja.", kam es schnell und einsilbig von ihm. Unfassbar. Die junge Chinesin starrte ihn ungläubig an, blinzelte und fasste es immer noch nicht. "Was ist das denn für eine Logik?", fragte sie verwirrt und stand nun sogar von der Schaukel auf. Langsam ging sie auf ihn zu, erreichte ihn mit wenigen Schritten und blieb vor ihm stehen. "Jin...", sprach sie seinen Namen fast süß aus. Fast. Der Klang wie sie seinen Namen gerade ausgesprochen hatte, war definitiv süßer als sonst, aber keinesfalls übertrieben... machte sie das mit Absicht? Schmollend legte sie ihre Hände auf seine verschränkten Arme und blickte ihn aus flehenden Augen an.

 

Jin zog eine Augenbraue hin die Höhe und versuchte ernst zu bleiben, jedoch konnte er ein kleines Schmunzeln nicht verhindern. "Nein.", kam es trotzdem ernst von ihm. "Wieso nicht?", schmollte sie immer noch und kam das letzte Stück, was sie von ihm trennte, näher. Ihre Hände ruhten immer noch auf seinen Unterarmen, die er vor seiner Brust verschränkte hatte und trotzdem waren ihre Gesichter durch Xiao's letzten Schritt sich wesentlich näher als zuvor. Er würde lügen, wenn ihr Anblick ihn nicht nervös machte. Sie war so naiv, wunderschön und süß zugleich, dass ihn das gerade fertig machte... seufzend schloss er seine Augen. "Es würde an Bedeutung verlieren...", sprach er leise und öffnete wieder seine Augen. Ihm sah nun eine verwirrt drein blickende Xiao entgegen, die ernsthaft über seine Worte nachdenken musste. Sie war ein verdammt schlaues Mädchen, aber manchmal war sie wahrlich auf ihren hübschen Kopf gefallen. "Heißt das, wir können nie mehr Dumplings zusammen essen... außer ich weine?", kam es weiter verwirrt von ihr. Jin löste seine verschränkten Arme, wodurch sie ihre Hände zurück zog und er seine Hand auf ihren Kopf legte. "Nur an diesem Ort.", erklärte er ihr. Hier hatte er ihr zum ersten Mal Dumplings gebracht. Hier hatte er ihre Tränen gestoppt und hier hatte sie ihm dieses besondere Lächeln geschenkt, welches ihn verzaubert hatte. Es war der Moment in dem ihm seine Gefühle für sie bewusst geworden waren. Dieser Ort war etwas Besonderes und an ihm galten für ihn besondere Regeln. Langsam zog er seine Hand wieder zurück, wonach Xiao zu ihm hoch blickte und ihn mit einem undefinierbaren Blick ansah, den nicht mal er zu deuten vermag. Er fragte sich ernsthaft ob sie vielleicht wütend auf ihn war, hatte er sich so ungeschickt ausgedrückt? Eigentlich dachte er, würde sie seine Beweggründe verstehen, aber... wenn er so ihren intensiven Blick betrachtete, sah sie nicht so aus, als würde sie ihn verstehen. "Xiao-", fing er an, wollte ihr irgendwie klar machen, wie seine Worte gemeint waren, da spürte er auf einmal ihren Körper dicht an den seinen. Sie hatte ihre Arme um ihn gelegt, ihre Hände ruhten auf seinen muskulösen Rücken und ihr Kopf schmiegte sich an seine Schulter. Blinzelnd und etwas überrascht, betrachtete Jin die zierliche Chinesin. "Ich verstehe...", erklang ihre sanfte Stimme. Lächelnd schüttelte Jin leicht den Kopf, legte seine Arme um sie und drückte sie noch ein kleines Stück mehr an sich.

 

Xiao wusste nicht wie lange sie schon so da standen und sie in seinen Armen lag, mit dem Kopf an seiner Schulter und seinen unwiderstehlichen, männlichen Duft einatmete. Ihm so nah zu sein, tat so ungemein gut, sie hätte ewig mit ihm so da stehen können. So viel hatten sie nachzuholen... und so wenig Zeit blieb ihnen. Sie wusste, wenn sie morgen sich auf den Weg zur Insel machten, dass diese Momente, die sie jetzt mit Jin hatte, nicht so schnell wiederkommen würden. Egal, wie ihre Geschichte ausgehen würde, er müsste so oder so zurück. Zurück zur Mishima Zaibatsu. Sie wusste nicht wohin das führte, wie ihre Zukunft aussehen würde, aber wenn sie eines wusste, dann das der Weg schwer und holprig werden wird. Jin war so fest davon überzeugt Kazuya zu töten, dass sie nicht wusste, ob sie wirklich in der Lage sein würde, ihn aufzuhalten. Und dennoch musste sie es schaffen. Eine ungewisse Zukunft wartete auf sie und genau aus diesem Grund fühlte sie sich auf einmal als wäre dies ihr vorerst letzter Tag zusammen. "Jin?", erklang ihre Stimme ein wenig traurig. "Hm?", erwiderte er und sah sie fragend an, als sie sich aus der Umarmung ein Stück zurückzog um ihn direkt ansehen zu können. Xiao antwortete nicht, biss sich stattdessen nervös auf ihre Unterlippe und schien sich in einem inneren Konflikt mit sich selbst zu befinden. Jin sah ihren verzweifelten Blick, ihre Gefühle die eindeutig wollten und die kleinen Zweifel, die sie zögern ließen. Er sagte nichts weiter, er wusste, egal, was er sagen würde, er würde sie nur noch mehr verunsichern.

 

Xiao sah ihn direkt an und auch er blickte direkt in ihre Augen, unterbrach für keinen Moment den Kontakt. Zögernd, aber langsam näherte sich Xiao ihm wieder. Sie legte ihre Arme um seinen Nacken, zog sich dadurch ein Stück zu ihm hoch, so dass sie nur noch auf Zehnspitzen stand und schloss dabei ihre Augen. Hauchzart berührten ihre Lippen die seinen. Sie spürte seine Hände auf ihrer Taille und wie er sie noch näher an sich heran zog.  Vorsichtig und sanft erwiderte er ihren Kuss. Jin spürte regelrecht wie ihre Nervosität langsam immer weniger wurde. Seine eine Hand wanderte zu ihrem Rücken, strich sanft über diesen, während sich ihr Kuss von schüchtern und vorsichtig zu sanft und zärtlich wandelte. Seufzend lösten sich beide nach einer Weile. Xiao stand wieder auf ihren Füßen und ihre Hände ruhten auf seiner Brust während sie mit leicht erröteten Wangen ihn schüchtern und trotzdem mit einem glücklichen Lächeln ansah. Jin lächelte zwar nicht, aber sie konnte in seinen Augen ein Schimmern erkennen, der ihr mehr als alles andere bedeutete. Wenn er sie so ansah, wusste sie, wie tief seine Gefühle wirklich für sie waren. Worte konnten das nicht beschreiben. Niemals.

 

Schüchtern legte sie ihre Stirn gegen seine Brust, er machte sie mit diesem Blick zu nervös, sorgte dafür, dass sie keinen klaren Gedanken fassen konnte. "Du bist fies...", murmelte sie. Ein leises Lachen. Das sagt die richtige... "Das ist nicht witzig... es... war mein erster Kuss.", sprach sie leise weiter. Stille. Jin sah zu ihr irritiert runter und brauchte einen Moment, bis er ihr antwortete. "War es nicht.", hörte sie ihn sagen. Ihr Kopf schellte nach oben und mit einem verwirrten Blick sah sie ihn blinzelnd an, als würde sie seine Worte nicht glauben können. "Glaubst du immer noch, es sei ein Traum gewesen?", fragte er sie und wirkte eher ein wenig sauer, als belustigt. Wenn sie recht überlegte, hatten sich seine Lippen verdächtig vertraut angefühlt. "Oh...", war das einzige was sie heraus bekam. Die Bilder der letzten Nacht tauchten mit einem Mal so deutlich vor ihr auf. Jins Dämonische Augen. Vertrau mir... Das tue ich... Die süße Qual bis sich endlich ihre Lippen berührt hatten. Ihr erster Kuss. Das Gefühl nicht genug zu bekommen... viele weitere Küsse und wie sie zusammen auf ihrem Bett lagen... Moment! Auf ihrem Bett? Irritiert blickte sie endlich zu ihm auf. "Wir lagen heute früh im Futonbett und nicht in meinem Bett... wie?", fragte sie verwirrt. "Du bist irgendwann eingeschlafen... dein Kissen und die Decke lagen noch im Futonbett und ich wollte sie dir eigentlich geben, aber...", fing er an zu erklären, hielt jedoch bei dem Gedanken der ihm gerade kam inne und musste sogar leicht Schmunzeln. "Aber?", fragte Xiao neugierig und fragte sich wirklich was passiert sein musste, damit sie wieder zusammen im Futonbett gelandet waren. "Als ich aufstehen wollte, hast du dich mit einem Murren beschwert und dich sofort wieder an mich geklammert. Egal was ich versucht habe, du wolltest nicht los lassen..." Xiao spürte wie ihr die Hitze in ihre Wangen stieg. "W-was?", stotterte sie ungläubig und doch wusste sie, das Jin keinen Grund hatte so etwas zu erfinden, also musste es stimmen und wenn sie bedachte, wie sie manchmal in der Vergangenheit am nächsten Morgen mit Panda aufgewacht war, konnte sie sich das gut vorstellen. Jin zuckte leicht mit den Schultern. "Ich hatte keine Wahl als dich zu deiner Decke zu bringen.", meinte er. "Deswegen lagen wir also nicht mehr im Bett... und ich dachte, da wir im Futonbett lagen und mir am nächsten Morgen alles wie ein Traum vorgekommen war... ich dachte einfach es konnte nur einer gewesen sein.", versuchte sie ihm zu erklären und sah ihn mit einem entschuldigenden Blick direkt an.

 

Wie sollte er ihr böse sein? So oft hatte er sie alleine gelassen, sie mit Absicht auf Abstand gehalten und auf einmal war alles anders. Dass ihr das dann wie ein Traum vorgekommen war, konnte er verstehen. Auch er hatte zwischendurch Probleme damit es zu glauben. "Es war kein Traum.", versicherte er ihr noch einmal und sah ihr dabei tief in ihre Augen. Xiao nickte zaghaft, sie zweifelte nicht an der Wahrheit seiner Worte, sie glaubte ihm und wenn sie tief in sich blickte, wusste sie, dass es stimmte. Da gab es allerdings eine Sache, die sie sich fragte und die sie nicht in Ruhe ließ. "Wieso...", fing sie leise an, traute sich dann aber doch nicht die Frage zu stellen und schwieg wieder. Jin sah ihr mit einem fragenden Blick entgegen, aber Xiao schüttelte lediglich ihren Kopf. Es brannte ihr auf der Zunge und eigentlich war sie alles andere als schüchtern, aber bei Jin war das anders, bei ihm war sie manchmal nervös und sogar schüchtern, auch wenn sie sich schon so lange kannten, das spielte keine Rolle, wenn es um die Person ging, die ihr so viel bedeutete. Die junge Chinesin hatte ihren Blick nach unten auf den Boden gesenkt, als sie plötzlich seine große Hand auf ihrer Wange spürte. Überrascht blickte sie zu ihm auf, sah direkt in seine bernsteinfarbigen Augen, während er sanft mit seinen Fingern über ihre Haut strich und ihr fast ein wohliger Seufzer entwichen wäre. "Sag mir, was los ist.", verlangte er mit seiner dunklen aber ruhigen Stimme, strich noch einmal zärtlich mit seinem Daumen über ihre Wange, ehe er seine Hand langsam zurückzog. Jin wusste, dass sie etwas beschäftigte, dass sie ihn am liebsten etwas gefragt hätte, sich aber dennoch dagegen entschieden hatte, obwohl sie sonst nie ihre Fragen zurückhielt. Er konnte sich denken um welches Thema es ging und wenn er mit seiner Vermutung Recht hatte, konnte er ihr Verhalten nur zu gut verstehen. Wie oft hatte er ihr lediglich gesagt, 'Es ist zu gefährlich.' und sie mit ihren Fragen jedes Mal alleine gelassen. Sie hatte das nicht verdient. Immer hatte sie an ihn geglaubt und sie hatte niemals damit aufgehört, all die Jahre, egal was er getan hatte, sie glaubte an ihn, stand zu ihm. Nein, sie hatte es einfach nicht verdient.

 

"Sicher?", fragte sie unsicher. "Ich glaube nicht, das du-", wollte sie weiterführen, als er sie unterbrach. "Xiao.", sprach er ihren Namen seufzend aber dennoch bestimmend aus. "Ich bin mir sicher.", versicherte er ihr und blickte ihr dabei direkt in die Augen. Xiao war mehr als überrascht. Blinzelnd sah sie ihm entgegen. Er hatte definitiv verstanden worum es ihr ging, wieso wollte er dann, das sie ihre Frage ihm stellte? Normalerweise mieden sie dieses Thema. Es sei zu gefährlich und umso weniger sie wusste desto besser. Genauso hatte er sich immer ihr gegenüber verhalten, er wollte sie schließlich aus seinen Familien Angelegenheiten raus halten und sie schützen. Wieso also auf einmal? Xiao verstand seine Beweggründe zwar nicht, aber dass er es ernst meinte, konnte sie eindeutig in seinen Augen erkennen. Seufzend wandte sie ihren Blick kurz von ihm ab um sich für einen Moment zu sammeln, ehe sie ihn wieder ansah. "Letzte Nacht...", fing sie an. "Da hattest du...", sprach sie weiter, hielt aber wieder kurz inne. Wieso war das nur so schwer? In ihren Gedanken die Frage zu stellen, war so viel leichter gewesen. "Dämonische Augen... genauso, wie wenn du dich Verwandelt hast. Wieso? Ich meine... du hattest keine anderen Anzeichen des Teufels-Gen gehabt, also... wie?", fragte sie ihn endlich. "Es gibt verschiedene Gründe warum das Teufels-Gen ausbricht und ebenso gibt es auch verschiedene Stufen.", erklärte er ihr. "Verschiedene Gründe?", fragte sie unsicher nach. "Ich dachte wenn du wütend bist...", überlegte sie laut. "Das ist eine Möglichkeit. Ich kann es steuern, wenn ich will, aber es kann auch durch bestimmte Emotionen, wie Wut, unkontrolliert zum Vorschein kommen. Es ist nicht, dass ich es dann nicht kontrollieren könnte, es ist mehr ein Nebeneffekt.", versuchte er ihr zu erklären. "Durch was außer Wut wird es denn noch geweckt?", kam es neugierig von ihr. Er hatte ihre Neugier geweckt, jetzt, wo er endlich ihre Fragen beantworten zu schien. Jin war keinesfalls angespannt oder abweisend, wie es sonst der Fall war, wenn sie auch nur in die Richtung dieses Themas, des Teufels-Gens, ging. Ganz im Gegenteil. Er war ruhig und wirkte fast schon entspannt. Jin meinte es wirklich ernst. Mit allem...

 

"Nun...", fing er zögernd an. "Angst zum Beispiel.", sprach er weiter und erntete einen irritierten Blick von der jungen Chinesin. "Okay, aber du hattest letzte Nacht keine Angst.", meinte sie und sah wie seine Mundwinkel anfingen zu zucken. "Nein.", gab er zu. "Jin...", seufzte sie und fühlte sich von ihm ein wenig verarscht. Er wusste genau, dass es das war, was sie wissen wollte und er hielt sie mit Absicht hin. Fragend zog er stattdessen eine Augenbraue in die Höhe, als wüsste er nicht was los sei. Als Antwort schlug sie ihn neckend mit ihrer Faust auf seinen Oberarm. Natürlich nur mit halber Kraft, auch wenn sie bezweifelte, dass sie ihm sonderlich wehtun würde, selbst wenn sie mit voller Kraft schlagen würde. Jins Reaktion auf ihren Schlag war ein leichtes Lächeln. Ein Lächeln, das sie ansteckte. Obwohl er sie gerade ärgerte, war es ein schönes Gefühl. Sie musste wirklich verrückt sein, wenn sie es genoss von ihm geneckt zu werden. "Jetzt sei ehrlich, was für ein Gefühl hat das ausgelöst?", fragte sie ihn und sah ihn dabei direkt an. Jin sah sie für einen längeren Augenblick einfach nur an. Fixierte intensiv ihre Augen. "Begierde.", erklang seine dunkle und kühle Stimme. Jedoch klang das Wort, welches er aussprach aus seinem Mund gänzlich anders, keineswegs kühl. Wohlmöglich lag es auch an der Bedeutung des Wortes, das ihr auf einmal ganz warm wurde und ihr Herz aufgeregt schneller schlug als zuvor. "Oh...", entwich ihr als einziges. Xiao starrte Jin überfordert an, blinzelte ein paar Mal und spürte wie ihre Wangen von der plötzlich aufkommenden Hitze leicht errötet sein mussten. Wieso war sie nur so überrascht? Sie war eine wunderschöne junge Frau, welcher Mann würde nicht wahnsinnig werden, wenn er auf einmal neben ihr schlafen müsste? Hätte sie nur 'neben' ihm geschlafen, wäre es für ihn sicherlich nicht so schlimm gewesen, das war er schon gewohnt durch ihre Reise in China, aber so dicht wie sie bei ihm gelegen hatte... ihr Körper an seinem geschmiegt, das war auch sein erstes Mal gewesen, das er ihr so nah gewesen war. Eine Umarmung war da harmlos. Xiao hatte gar keine Vorstellung von dem, wie attraktiv sie eigentlich war und was sie bei ihm auslöste. Was das anging, war sie wahrlich noch naiv.

 

"Ich konnte nicht schlafen...", sprach er weiter um sie aus ihrer Starre endlich heraus zu holen. "Also hast du dir die Sterne angesehen um auf andere Gedanken zu kommen?", schlussfolgerte sie, hatte ihre Stimme wieder gefunden. "Ja... bis du wach wurdest." Jetzt verstand sie. Das erklärte auch, warum Jin sie zu Erst so abweisend behandelt hatte, er hatte mit sich zu kämpfen gehabt, wusste nicht was er tun sollte. Nun, sie wusste nur zu gut, wie die Geschichte aus ging und allein bei dem Gedanken wurde ihr ganz warm. "Tut mir Leid...", murmelte sie und blickte verlegen auf den Boden. Irritiert und verwundert über ihre Entschuldigung, sah der junge Japaner sie mit zusammengezogenen Augenbrauen an. "Was tut dir Leid?"

 

"Ich...", fing sie an, wusste aber nicht wie sie es in Worte fassen sollte. "Dass wegen mir dein Teufels-Gen zum Vorschein gekommen ist... ich wusste nicht das... ich wollte nur...", waren ihre verwirrten Sätze. Jin reichte dies völlig, sie musste nichts weiter sagen, er wusste bereits was in ihr vor sich ging. "Xiao.", sprach er ihren Namen ernst und sanft zugleich aus, worauf sie ihren Blick wieder hob und ihn direkt ansah. "Hör auf dich zu entschuldigen. Du hast nichts falsch gemacht.", versicherte er ihr. "Hab ich nicht?", fragte sie verwirrt. "Nein.", seufzte er. Nur weil er das Teufels-Gen hasste, hieß das nicht, dass sie sich schuldig fühlen musste... dann müsste er seine Gefühle für sie auch hassen... nur weil sie dies bei ihm auslöste. Wie könnte er? Niemals würde er sie oder seine Gefühle für sie, dafür verantwortlich machen, auch wenn sie der Auslöser dafür waren. "Das Problem ist mein verfluchtes Blut...", sprach er leise und legte seine Hand vorsichtig auf ihre Wange, als würde er Angst haben ihr weh zu tun. "Nichts anderes hat daran schuld... verstanden?", verlangte er zu wissen und sah ihr dabei ernst in ihre Augen. Xiao war gebannt von seinem intensiven Blick und doch war sie dazu in der Lage ein zaghaftes Nicken von sich zu geben, ehe sie seufzend ihre Augen schloss und ihre Wange in seine Hand schmiegte. Ein sanftes Lächeln umspielte ihre Lippen.

 

Sowohl Xiao als auch Jin genossen den Moment der Zweisamkeit, schwelgten in Erinnerungen und hofften das dieser Tag nie enden würde. Denn schon morgen erwartete sie eine Reise in ein unbekanntes und gefährliches Abenteuer und egal wie es ausgehen mag, die junge Chinesin hatte so ein Gefühl, sie würde nicht so schnell die Gelegenheit haben mit Jin solche Momente wie diesen zu erleben. Aus diesem Grund war sie auch mit ihm zu diesem Ort gegangen, sie wollte so viele schöne Momente mit ihm haben wie nur möglich und jede Sekunde in der sie bei ihm sein konnte mit jedem Atemzug genießen. Nachdem sie eine lange Zeit auf dem Spielplatz voller schöner Erinnerungen verbracht hatten, holten sich die beiden von einem in der Nähe liegenden kleinen Laden in der Nachbarschaft, eines ihrer japanischen Lieblingsgerichte, Takoyaki und verspeisten diese auf dem Weg zu dem Wald der direkt am Spielplatz lag. Sie redeten kaum mit einander als sie durch den Wald gingen, lauschten lediglich dem rascheln der Blätter im Wind und den Vögel die fröhlich den schönen Sonnen erfüllten Tag feierten. Es war ein schönes Gefühl mit Jin zusammen durch die Natur zu gehen und einfach alle Sorgen für einen Moment vergessen zu können. Xiao hakte sich bei ihm ein und schenkte ihm ein glückliches Lächeln. Es war schon merkwürdig. Früher hatte sie sich oft bei Jin eingehakt, ohne sich darüber weitere Gedanken zu machen und wenn sie dies jetzt tat, fühlte es sich gänzlich anders an. Bedeutsamer. Ihr Herz schlug schneller und sie hatte das Gefühl als würden sie als richtiges Paar durch diesen Wald gehen und nicht mehr länger nur als Freunde.

 

Die Sonne stand schon weiter unten am Horizont als sie es bemerkt hatte. Der Himmel war in einem wunderschönen Orange getaucht und die Vögel sangen dem Ende des Tages entgegen. Sie hatten den ganzen Tag im Wald verbracht. Als sie nicht mehr hatte laufen können, setzten sie sich unter einen der vielen Bäume, dösten vor sich hin und lauschten den Geräuschen des Waldes, bis sie gänzlich die Zeit vergaßen und erst als es anfing dunkler zu werden, sich auf den Weg zu ihr nach Hause machten. Zu Hause angekommen, gingen sie den normalsten menschlichsten Bedürfnissen nach: Duschen und Essen. Frisch geduscht und bereits für die Nacht umgezogen, saßen beide am Wohnzimmertisch und aßen zusammen Ramen. Einfach, aber manchmal waren Ramen einfach genau das richtige und sie schmeckten himmlisch, gerade nach so einem Tag, denn auch wenn sie nicht viel gemacht hatten, fühlte sie sich nach einem ganzen Tag durch den Wald marschieren, relativ erschöpft.

 

Xiao hatte wiedermal ihre sportlichen rosa farbigen Hot Pans zusammen mit einem weißen Tank Top an, während Jin eine schwarze lange Hose an hatte, die wie einer seiner Trainingshosen aussah und dazu ein passendes schwarzes T-Shirt. Sie war gerade dabei aus dem Badezimmer zurück in ihr Zimmer zu gehen, nachdem sie sich ihre Zähne geputzt hatte, als sie sah wie Jin sich zu seinem Futonbett begab. Ohne weiter darüber nachzudenken und sich ganz ihrem Gefühl hingebend, hielt sie ihn an seinem T-Shirt sachte fest, ehe er sich auf sein Bett legen konnte. Verwundert sah Jin die schüchtern drein blickende Xiao an. "Kannst du... heute Nacht bei mir schlafen?", fragte sie leise und sah zu ihrem Bett hinüber. "N-nur wenn du willst!", fügte sie noch schnell hinzu, denn sie erinnerte sich noch gut an letzte Nacht und sie wollte Jin wirklich nichts zumuten, was ihm wohlmöglich schwer fiel. Sie war sich nicht sicher ob er ihre Nähe genossen hatte trotz Teufels-Gen oder ob es für ihn mehr Qual gewesen war. Xiao wandte ihren Blick ihm wieder zu und erblickte Jins überraschenden Gesichtsausdruck. Hatte ihr Vorschlag ihn so sehr überrascht oder war es vielleicht mehr der Gedanke an die Konsequenz daraus? "Ah, vergiss was ich gesagt habe! Es war nur so eine Idee, ich kann auch gut alleine schlafen. Hauptsache du bist im gleichen Raum... man weiß ja nie, wann die nächsten Yokai oder Geister auftauchen.", versuchte sie schnell einen Rückzug zu machen und ging an ihm vorbei zu ihrem Bett. Jin betrachtete die junge Chinesin eingehend, als würde er über ihre Worte intensiv nachdenken und versuchen ihr Verhalten zu verstehen. Sie war wirklich leicht zu durchschauen, ihre Emotionen lagen ihm offen zu Füßen, ihn würde sie nie belügen können, dafür kannte er sie zu gut, wusste zu gut, was sie dachte und fühlte. Nicht immer, manchmal war es auch für ihn schwer, ihre Gefühle richtig zu deuten, aber sehr oft war es offensichtlich was sie dachte.

 

Während Xiao sich bereits in ihr Bett gelegt hatte, zog Jin in der Zeit sein T-Shirt aus, welches ihm viel zu warm beim schlafen war. Er legte es achtlos auf sein Futonbett und kam mit langsamen Schritten auf die junge Chinesin zu, die ihn mit großen Augen musterte. "W-was wird das?", fragte sie unsicher und rückte im Bett zurück. Weg von ihm. Sie war es gewohnt ihn mit nackten Oberkörper zu sehen, sie hatten früher sogar öfters zusammen trainiert, also wieso war sie auf einmal so nervös? Ohne darauf zu antworten, legte er sich mit verschränkten Armen hinter den Kopf, neben ihr in das Bett und schloss leise seufzend seine Augen. Ein weiches Bett unter sich zu fühlend, entspannte ihn sofort. "Wonach sieht es denn aus?", stellte er eine Gegenfrage, neckte sie dadurch und öffnete wieder seine Augen um sie direkt anzusehen. Xiao saß mit dem Rücken an der Wand und sah den jungen Japaner mit einem entgeisterten Blick an, als könnte sie nicht glauben, was sie sah. Ihr Bett hatte sie zum Glück vor einem halben Jahr in ein größeres getauscht. Obwohl sie alleine hier lebte, hatte sie das Bedürfnis gehabt so viel Platz wie nur möglich beim Schlafen zu haben. Es war schließlich keine Seltenheit, dass sie das eine oder andere Mal wild träumte und gar aus ihrem Bett fiel. Jetzt wo sie Jin in ihrem Bett liegen sah, war sie ganz froh darüber sich so entschieden zu haben.

 

Hatte sie Jins Reaktion auf ihre Bitte falsch eingeschätzt? Anscheinend, ansonsten würde sie ihn jetzt nicht neben sich in ihrem Bett liegend vor sich finden. Er schaffte es wirklich sie aufs Neue zu überraschen. Sie war immer noch sprachlos, sah ihn unentwegt an und auch Jin wandte seinen Blick nicht von ihr ab. Xiao brauchte einen Moment um wieder einen klaren Gedanken fassen zu können, wenn das überhaupt noch möglich war. Ihre Stimme hatte sie jedenfalls vor erst verlassen. Trotzdem war es das was sie sich gewünscht hatte und so ließ sie ihre Gefühle handeln. Wenn sie schon nicht dazu in der Lage war ihm zu antworten, musste sie ihm durch Taten zeigen, wie viel es ihr bedeutete, dass er bei ihr war. Langsam krabbelte sie auf ihn zu, legte sich an seine Seite wodurch sie sich berührten und bettete ihren Kopf auf seine Brust. Ohne weitere Worte, legte Jin seinen Arm um sie, wobei seine Hand auf ihrem Arm ruhte. Es war ein unbeschreibliches Gefühl so in seinen Armen zu liegen, es hatte eine beruhigende Art auf sie, ihn so nah bei sich zu spüren und doch war an schlafen nicht zu denken. Nicht weil sie durch seine Nähe nervös war, das war nur kurz der Fall gewesen und wurde schnell durch all ihre anderen Gefühle verdrängt. Nein, das was sie so sehr beschäftigte, waren die vielen kleinen Fragen, die ihr im Kopf umher geisterten. Sollte sie den Moment nicht einfach nur genießen? Wäre es nicht besser die Fragen beiseite zu schieben und sich darüber zu freuen, was sie in diesem Moment hatte? Sie wollte es wirklich, aber es gab so vieles das sie nicht ruhig werden ließ, dass sie es regelrecht frustrierte.

 

Mittlerweile war der Mond aufgegangen und erhellte ihr Zimmer in einem leichten Schimmer, der sie an die letzte Nacht erinnerte. Eigentlich wäre es stockdunkel im Raum gewesen, doch durch den Mondschein konnten sich die beiden ohne Probleme sehen. Jin spürte, dass sie noch immer wach war und strich sanft mit seinem Daumen über die zarte Haut ihres Arms. Durch seine sanfte Berührung, musste sie unwillkürlich Lächeln. "Was beschäftigt dich so sehr?", vernahm sie seine leise und dunkle Stimme nach einer weiteren Ewigkeit des Schweigens. Sie fühlte sich ertappt, wobei sie das eigentlich nicht überraschen sollte, so war es doch sehr offensichtlich und gerade für Jin, der sie nun besser als jeder andere kannte. "Ich habe so viele Fragen an dich...", sagte sie und spürte wie Jin mit dem Streicheln inne hielt. "Was hält dich davon ab, sie zu stellen?", kam es verwundert und mit ruhiger Stimme von ihm. "Ich schätze, ich habe Angst vor den Antworten...", gab sie ehrlich zu. "Es liegt bei dir... kannst du ohne die Antworten leben?" Er klang keineswegs angespannt, obwohl sie sich sicher war, das er wusste in welche Richtung ihre Fragen gehen würden... was hatte das zu bedeuten? Wenn sie ehrlich über seine Frage nachdachte, dann kannte sie die Antwort bereits. Seufzend schüttelte sie leicht den Kopf. "Dann musst du deine Angst überwinden, egal wie die Antworten auch aussehen mögen.", gab er ruhig aber mit einer Kühle von sich, die ihr Angst machte. Wieder schüttelte Xiao den Kopf, worauf Jin ein leises Lachen von sich gab. "Was gibt es denn da jetzt zu lachen?", grummelte sie und fragte sich wirklich ob er an Stimmungsschwankungen litt. "Es gibt keinen Weg dazwischen, Xiao.", meinte er immer noch mit leicht belustigter Stimme. "Sehr witzig...", murmelte sie. "Manchmal ist es die Angst vor dem Unbekannten, die es schlimmer macht als es ist.", gab er ihr den Rat.

 

"Woher weiß ich, dass du mir die Fragen beantworten wirst?", kam es nach einer Weile in der sie über seine Worte nachgedacht hatte. "Wieso denkst du, ich würde sie nicht beantworten?", stellte er die Gegenfrage. "Vielleicht, weil du mir gerade meiner Frage ausweichst?", kam es leicht sauer von ihr. "Xiao...", seufzte er. "Du machst dir zu viele Sorgen.", gab er ihr erneut einen Hinweis. Die junge Chinesin richtete sich vorsichtig auf, löste sich aus ihrer gemeinsamen Position, so dass Jin seinen Arm irritiert zurück zog und ihr fast schon besorgt entgegen blickte. "Ich mache mir zu viele Sorgen?", gab sie frustriert wieder. "So meinte ich das nicht.", versuchte er ihr zu erklären. Doch Xiao war bereits im Begriff etwas zu erwidern, sie war aufgebracht und frustriert über ihr eigenes Verhalten, nicht in der Lage zu sein, mit Jin eine normale Unterhaltung zu führen wobei es die Angst war, die sie blockierte und die dafür sorgte, dass sie sich nun anfing mit ihm zu streiten. Sie wollte das nicht und trotzdem konnte sie nicht anders als ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen, doch ehe sie dazu kam ihren Satz auch nur zu Ende zu bringen, wurde sie auf einmal von Jin am Arm gepackt und zu ihm runter gezogen. Xiao landete mit ihrem Oberkörper direkt auf seiner muskulösen Brust und ihr eines Bein lag über dem seinen, so dass sie fast vollkommen auf ihm lag. Er hatte sie damit so überrumpelt, dass sie keine Sekunde hatte um zu reagieren. Der Schwung war so groß gewesen, das sie seinem Gesicht so verdammt nah war, das sie seinen Atem auf ihrer Wange spüren konnte. Es fehlten nur wenige Millimeter und ihre Lippen würden sich berühren. Überrascht und mit großen Augen, blickte sie ihn direkt an. Sein Griff an ihrem Arm lockerte sich ein wenig, aber bereits im nächsten Moment spürte sie seine andere Hand in ihrem Nacken. Die letzte Distanz zwischen ihnen wurde mit einem sanften Ruck gebrochen. Jin zog sie bestimmend an sich, legte seine Lippen auf die ihren und küsste sie. Es war kein sanfter oder vorsichtiger Kuss. Er war fordernder, intensiver und besitzergreifender als vorhin.

 

Viel zu schnell lösten sich seine Lippen wieder von den ihren. Sie wollte ihn weiter spüren... blickte ihn sehnsüchtig an. "Besser?", kam es von Jin, worauf sich irritiert ihre Augenbrauen zusammen zogen. "Du warst zu angespannt...", erklärte er ihr. Blinzelnd betrachtete sie den jungen Japaner, wie er sie mit seinen kühlen bernsteinfarbigen Augen ansah. Mit einem Mal wurde ihr klar, wie Recht er hatte. Sie war wirklich sehr angespannt gewesen, äußerlich nicht, aber in ihrem inneren war sie aufgewühlt, geplagt von ihren vielen Fragen und frustriert über sich selbst, über ihre Angst mit ihm nicht darüber reden zu können. Sie wollte ihn nicht belasten oder gar mit ihren Fragen etwas auslösen, was sie wohlmöglich später bereuen würde. Aber wo hatte sie das hingeführt? Manchmal wünschte sie sich, so beherrscht wie Jin sein zu können. Durch seinen Kuss war sie mit einem Mal vollkommen entspannt gewesen, sie hatte all ihre Sorgen vergessen und sich ihm ganz hingegeben. Seufzend blickte sie nach unten. "Tut mir Leid...", murmelte sie. Jin betrachtete die junge Chinesin, die ihren Blick traurig nach unten gerichtet hatte. "Du kannst mich alles Fragen...", versicherte er ihr, worauf Xiao ihn wieder direkt ansah und bereits widersprechen wollte, doch war sie lediglich dazu in der Lage ein "Aber-" auszusprechen, ehe Jin sie unterbrach. "Wenn ich über etwas nicht reden will, sage ich es dir." Für einen kurzen Moment schloss er seine Augen, ehe er sie mit ernstem Blick ansah. "Wenn du alles in der lässt, wird sich immer mehr anstauen, bis du eines Tages es nicht mehr zurückhalten kannst.", versuchte er ihr zu helfen. Er sprach aus eigener Erfahrung, dessen war sie sich sicher. Xiao fragte sich wirklich, wie er es geschafft hatte damit umzugehen, gerade weil er so lange mit all seinem Kummer und Problemen alleine gewesen war. Woher nahm er nur diese Kraft?

 

Seufzend nickte sie zaghaft, sah ihm noch einmal direkt in seine Augen, die kein bisschen wütend wirkten sondern kühl wie immer und doch konnte sie etwas in ihnen erkennen, das sie zum Lächeln brachte. Nichts weiter dazu sagend, legte sie sich wieder neben ihn auf die Seite, jedoch nicht ganz so nah wie vorhin. Ihren Kopf bettete sie diesmal an seine Schulter, wobei sie leicht an seinem Arm lag und dessen Hand auf seinem Bauch ruhte. Xiao überlegte ernsthaft wie sie anfangen sollte, welche Frage sie zu Erst stellen sollte... nervös biss sie sich auf ihre Unterlippe. Reiß dich zusammen, Xiao! Wies sie sich selbst zurecht und gab sich somit einen Ruck. "Wenn du dich zurück verwandelst... verlierst du dann immer das Bewusstsein?", kam es schließlich von ihr. "Nicht immer... manchmal.", antwortete er ihr ehrlich. "Mhm... weißt du wieso das so ist?", überlegte sie. Jin schien einen Moment darüber nachdenken zu müssen, denn es dauerte eine Weile, bis sie seine ruhige, dunkle Stimme hörte. "Es kommt drauf an wie sehr ich mich in der Gestalt verausgabt habe... die Rückverwandlung kostet viel Kraft und ist sehr schmerzhaft.", erklärte er ihr. Xiao wusste, das seine Rückverwandlung mit vielen Schmerzen verbunden war, sie hatte es selbst miterlebt. Es war schrecklich. Sie hatte sich so hilflos gefühlt gehabt, wollte ihn irgendwie helfen, ihm diese schrecklichen Schmerzen ersparen und doch konnte sie nichts anderes tun, als ihm beim Leiden zu zusehen. Ihre Gefühle in diesem Moment waren sicherlich kein Vergleich zu seinen Schmerzen. Nachdenklich wanderte ihre Hand zu seiner, die noch immer auf seinem muskulösen Bauch ruhte. Zärtlich strich sie über seinen Handrücken, fuhr mit ihren Fingern zu seinen und verstrickte ihre mit den seinen. Jin beobachtete ihr tun mit einem leichten aber sanften Lächeln, welches sie durch ihre Position nicht sehen konnte.

 

"Keine Fragen mehr?", kam es nach ein paar Minuten des Schweigens von dem jungen Japaner. "Doch...", sprach sie leise, löste ihre Finger von seinen und spielte stattdessen zärtlich, neckend mit seinem Zeigefinger. "Aber?", fragte er und beobachtete sie weiterhin. "Ich überlege welche ich dir stellen soll...", murmelte sie, aber so, dass er sie noch verstehen konnte. "Wie wäre es, wenn ich dir stattdessen eine Frage stelle?", meinte er so gelassen, das sie fast nicht glaubte, was sie gerade gehört hatte. Ihre neckischen Streicheleinheiten hielten inne. Damit hatte sie nun wirklich nicht gerechnet. Sie war überrascht, aber dieses aufkommende kribbelnde Gefühl, sagte ihr, dass dies keineswegs etwas negatives war. "Sicher.", stimmte sie seinem Vorschlag zu und konnte nicht verhindern, dass ihre Aufregung in ihrer Stimme ein wenig mit schwang.

 

"Wieso hast du keine Angst vor mir?", wollte er wissen obwohl er ihr schon einmal diese Frage gestellt hatte. Doch diesmal würde er keine Gegenfrage als Antwort akzeptieren. Xiao war ganz froh, dass er ihr Gesicht in dieser Position nicht sehen konnte, so war es viel leichter auf solche Fragen zu antworten. Ihr war klar, dass er diesmal eine richtige Antwort von ihr hören wollte und es war nur fair, schließlich war er ihren Fragen auch nicht ausgewichen. "Weil ich dir vertraue. Ich weiß einfach, das du mir nichts tun würdest.", gab sie ehrlich von sich. "Und das Aussehen macht dir auch keine Angst?", fragte er weiter. "Nein... ich...", fing sie langsam an, brach jedoch ab. Wie sollte sie ihm das nur erklären? Auf der Suche nach den richtigen Worten, fing sie wieder an, seine Hand zu liebkosen. Strich über seinen Handrücken, über einzelne Finger und neckte diese. "Es klingt vielleicht merkwürdig... aber... irgendwie... gehört dieser Teil zu dir. Ich weiß, du willst das Teufels-Gen los werden, das verstehe ich und ich will dir dabei helfen aber... ich habe nicht das Gefühl wenn du mir in der anderen Form gegenüber stehst, das du dann wer anders bist. Ich sehe in deine Augen, sie sehen anders aus, aber ich sehe kein Monster. Ich sehe dich, Jin."

 

Stille. Xiao's Hand ruhte auf der seinen, sie wartete gespannt auf eine Reaktion von ihm. Hoffentlich hatte sie nicht etwas Falsches gesagt, aber so waren nun mal ihre Gefühle für ihn. Für sie war er kein Monster und er würde auch nie eines sein, egal wie er aussah oder was er tun würde. Jin hatte ein gutes Herz, er hatte nur das Pech mit diesem Teufels-Gen geboren worden zu sein, welches ihm das Leben wahrlich zur Hölle machte. Er hatte versucht alleine mit diesem Problem klar zu kommen, hat sich dabei von ihr und seinen einzigen Freunden abgewendet um sie zu schützen und trotzdem hatte er bis heute keinen Weg gefunden dieses Gen zu beseitigen, lediglich es in gewissen maßen zu Kontrollieren. Zwar befanden sie sich auf einer gänzlich anderen Mission, ihrer Vergangenheit, aber wenn sie es geschafft haben sollten das Medaillon an seinen ursprünglichen Ort zurück zu bringen... dann... ja, dann war es endlich an der Zeit in der sie ihm beistand. Ob er das zulassen würde, war noch eine andere Frage, auf die sie wohl nur mit der Zeit eine Antwort erhalten würde. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt um darüber zu diskutieren, auch wenn es durchaus wichtig war, so durfte sie ihr Ziel vor Augen nicht verlieren. Nach und nach würde sie alles zu einem glücklichen Ende bringen... nicht wahr?

 

Jin's leises Seufzen ließ die junge Chinesin aus ihren Gedanken holen. Sie spürte, dass er etwas sagen wollte, hörte wie er die Luft einsog und wie sie wieder entwich. Nichts. Kein einziges Wort. War er sprachlos? Sie hatte eigentlich mit Wiederworten wie 'Ich bin ein Monster!' oder 'Niemand kann mir dabei helfen...' gerechnet... stattdessen spürte sie auf einmal einen zarten Kuss auf ihrem Kopf. Irritiert blinzelte sie und wandte ihren Blick nach oben zu Jin. Er hatte seine Augen bereits geschlossen, sein Gesicht wirkte entspannter als sonst aber trotzdem konnte sie eine gewisse härte in seinen Zügen erkennen, die wohl nie ganz verschwinden würde. "Ist dir noch eine Frage eingefallen?", kam es mit leiser Stimme von ihm, immer noch mit geschlossenen Augen. Natürlich hatte sie noch Fragen an ihn und eigentlich musste sie auch gar nicht darüber nachdenken, das hatte sie nur als Vorwand genommen, weil sie nicht wusste wie sie ihm die Fragen stellen sollte oder ob es überhaupt eine so gute Idee gewesen war. Seine Fragen hatten sie auf andere Gedanken gebracht... hatte er das mit Absicht gemacht?

 

Xiao hatte sich mittlerweile so hingelegt, das ihr Kopf auf den Kissen lag und sie besser Jin betrachten konnte. Er lag immer noch auf dem Rücken und hatte seinen Arm locker über seinem Bauch liegen, während Xiao auf der Seite lag und lediglich ihre Beine die seinen berührten. All ihren Mut zusammen nehmend, versuchte sie ihm die nächste Frage zu stellen. "Hattest du... vor mir... ich meine in der Zeit, in der wir uns nicht gesehen haben.", fing sie an, fühlte sich jedoch ziemlich hilflos. Sie war doch sonst nicht so! Wieso musste das auf einmal so schwer sein?! Jin hingegen schwieg, nicht mal ein Zucken war von ihm zu erkennen, er lag immer noch ruhig neben ihr und gab ihr die Zeit die sie brauchte. "Gab es da jemanden?", entwich es ihr endlich. "Nein.", erklang seine ruhige Stimme. Er hatte ihr die Antwort mit solch einer Selbstverständlichkeit gegeben, das sie keinerlei Zweifel an der Wahrheit seiner Worte hatte, im Gegenteil, sie musste sogar leicht Lächeln und spürte wie sich ein angenehmes Gefühl in ihrer Brust breit machte. Eigentlich hatte sie nicht das Recht so zu fühlen, es müsste ihr egal sein, was oder mit wem er etwas gemacht hatte und trotzdem war da eine kleine Erleichterung zu spüren. Dieser Gedanke hatte sie mehr beschäftigt als sie es selbst geahnt hatte. Jedoch diese Last, die von ihr gefallen war, sei sie auch noch so wenig, sie machte Platz für ein viel schöneres Gefühl. "Eine letzte Frage habe ich noch...", teilte sie ihm mit und verfluchte sich selbst dafür. Doch es war wohl die wichtigste Frage, die ihr nicht mehr aus dem Kopf ging. "Was sind wir?".

 

Jins Augenbrauen zuckten und zogen sich nachdenklich zusammen, ehe er seine Augen öffnete und sie direkt ansah. Er schien über ihre Worte nachzudenken, aber als immer noch keine Antwort kam, versuchte sie ihm ihre Frage zu erklären. "Du weißt was ich für dich empfinde... ich weiß, was du fühlst... das reicht mir, mehr muss ich nicht wissen. Zumindest dachte ich das...", seufzte sie leise. "Trotzdem lässt mich die Frage nicht los... was sind wir? Was bin ich für dich? Bin ich so etwas wie deine Freundin?", sprach sie weiter. Xiao hatte sich ihm vollkommen geöffnet. All ihre Gedanken und Sorgen die sie sich die letzten Stunden gemacht hatte, hatte sie ihm offenbart. Egal was er nun antworten würde und sei es Schweigen, allein, das sie es ihm erzählt hatte, sorgte für eine gewaltige Erleichterung. "Freundin?", wiederholte er mit einem merkwürdigen Unterton in seiner Stimme, der sie nervös machte. Jin hatte den Blickkontakt keinen einzigen Moment unterbrochen, die ganze Zeit blickte sie ihm genau in seine kühlen Augen, konnte seine Gefühle nicht deuten, doch mit einem Mal, war da etwas... ein Schimmer. "Du bist viel mehr als das.", sagte er so ernst, dass sie eine Gänsehaut bekam. Es dauerte einen Moment, bis sie realisierte, was er eigentlich gesagt hatte. Oh, sie hatte seine Worte durchaus verstanden, ihr Unterbewusstsein war nur schneller gewesen als ihr Verstand. Immer noch starrte sie Jin an, während langsam die Bedeutung seiner Worte in ihr Bewusstsein drang. "Jin...", sprach sie seinen Namen leise aus, ehe sich ein zaghaftes Lächeln auf ihren Lippen bildete. Ohne jegliche Vorwarnung und schneller als er gucken konnte, warf sich die junge Chinesin um seinen Hals, so dass sie wieder einmal halb auf ihm lag. Überrascht blinzelte Jin, so hatte er mit so einer Reaktion von ihr nicht gerechnet. Zögernd legte er seinen linken Arm um sie und ließ seine Hand auf ihren Rücken ruhen. Xiao war in diesen Augenblick so glücklich, das sie nicht anders konnte, als ihm so nah zu sein. Es fühlte sich an, als würde ihre Zuneigung für den Japaner immer weiter wachsen. Könnte diese Nacht nicht für immer andauern?

 

Beide lagen eine ganze Weile so da, genossen ihre Zweisamkeit. Ihre Position hatte sich kaum verändert, Xiao hatte lediglich ihren Kopf nun auf seiner Schulter liegen, während sie dicht an ihn gekuschelt war und ihr Arm auf seinem muskulösen Oberkörper ruhte. Seinen einen Arm hatte er wieder so um sie gelegt, das seine Hand auf ihrem Oberarmarm lag und er ab und zu zärtlich über diesen strich wodurch die junge Chinesin so entspannt wurde, das sie bereits drohte einzuschlafen. "Hab ich dir nicht gesagt, du machst dir zu viele Sorgen?", kam es irgendwann leise von ihm. Ein "Mhmm...", war das einzige was ihr entwich. Jin wusste nicht ob es lediglich eine Reaktion war, weil er etwas gesagt hatte oder ob sie versuchte ihm wirklich zu antworten. Sanft strich er weiter mit seinem Daumen über ihren Arm, verteilte Kreise und erhielt ein leises zufriedenes Seufzen, worauf sie sich mit ihrem Kopf mehr an seine Brust schmiegte. Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen als er sie mit einem fast schon verträumten Blick betrachtete. Jedoch hielt dieser Blick nicht lange an, sein Lächeln verschwand und seine Züge wurden härter. Lediglich in seinen kühlen Augen, war etwas zu erkennen, das einem Funken ähnelte. "Ich werde nicht zulassen, dass dir etwas passiert."


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen ^^ Ich wollte den beiden noch etwas Zeit für sich geben *g* Nach so langer Zeit war das dringend notwendig xD Aber im nächsten Kapitel beginnt wieder der Ernst... so langsam kommen wir dem Finale entgegen. Langsam *betohnt* xD

Bis zum nächsten Kapitel *wink*

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Shenduan
2018-04-27T21:15:33+00:00 27.04.2018 23:15
HA doch kein Traum <3 Also von mir aus kann es ruihg noch weiter gehen mit diesem knuffig fluffigen herum gekuschel <3 Ne spaß das ernste gehört ja dazu =)
Antwort von:  Ran_Angel
28.04.2018 10:01
Ich glaube beide hätten nichts dagegen ;) Haben ja einiges nachzuholen...


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