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Zwischen den Welten

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Einzeltraining

10. Einzeltraining
 

„Wer furchtlos ist, ergibt sich nie!“ So lautete die wichtigste Regel bei Ryura. Er stand vor mir gab mir das Anzeichen, dass ich ihn angreifen sollte. Ohne Umschweife und weiteren Tipps wollte er mit dem Training beginnen. Ich sammelte mich nochmal kurz, rief mir verschiedene Techniken ins Gedächtnis und hob meine Fäuste vors Gesicht. Bevor ich jedoch einen Angriffsversuch startete, stoppte ich abrupt und hielt inne. „Gelten hier zwischen uns eigentlich dieselben Regeln wie bei den anderen Trainingskämpfen?“, fragte ich ihn vorsichtig. Ich wollte auf alles vorbereitet sein. Ryura zog eine Augenbraue nach oben und schüttelte verständnislos den Kopf. „Glaubst du denn wirklich, dass man Schmerzen einstecken und ertragen erlernt, ohne welche zu spüren? Das einzige worauf ich achten werde ist, dass ich meine dämonischen Kräfte nicht einsetzten werde. Bedeutet, dass wir beide ausschließlich menschlich gegeneinander antreten werden“, erklärte er mir. Ich nickte ihm zu. Diese Information beruhigte mich etwas, meine Nervosität konnte ich dennoch nicht vollends ablegen.
 

Wieder einmal erhob ich meine Fäuste vors Gesicht, so wie Ryura es uns beigebracht hatte und machte mich zu allem bereit. Langsam umkreiste ich ihn, um meine nächsten Schritte zu planen. „Du denkst zu viel, greif mich an“; schrie er mich an und ich reagierte. Ich schnellte zu ihm vor und versuchte einen Schlag ins Gesicht, er wich aus, hatte diesen kommen sehen, also versuchte ich schnell einen Zweiten. Auch diesen konnte Ryura mit Leichtigkeit umgehen, dabei hatte er keinerlei Deckung. Zunächst einmal machte er keine Anstalten, dass er zurückschlagen würde, also versuchte ich es mit einem Tritt, der jedoch ebenfalls ins Leere ging. Es war zum Verzweifeln, ich hatte keine Chance irgendwie an ihn heran zu kommen und war jetzt bereits vor Anstrengung am schnaufen. Ich senkte genervt meine Hände um durchzuatmen, ließ meine Deckung fallen und bereute dies sofort. Augenblicklich traf mich ein harter Treffer am Kinn, so dass ich ins Wanken kam. „Regel Nummer eins, niemals die Deckung fallen lassen.“ Ich tastete nach meiner schmerzhaften Stelle am Kinn. Im Augenwinkel sah ich, dass sich Sesshomaru zu uns gesellte. Ein zweiter Treffer landete in meinem Gesicht, diesmal traf er meine Schläfe. Mir wurde kurz schwarz vor Augen und ich versuchte mich vehement auf den Beinen zu halten. „Regel Nummer zwei, lass dich niemals ablenken“, tadelte Ryura mich. Sesshomaru schien meine Fehler zu amüsieren, er grinste während er weiterhin unseren Kampf beobachtete.
 

Mir tat bereits jetzt schon alles weh, keuchte, versuchte aber weiter zu kämpfen. Ich wollte beiden signalisieren, dass ich Kampfgeist besaß. Ich schob meine Fäuste erneut vors Gesicht, um meine Deckung wieder zu halten. „Gut so“, motivierte Ryura mich, landete aber zeitgleich einen erneuten Treffer am Kopf. Ich taumelte und presste eine Hand gegen mein Gesicht. Mit der anderen schaffte ich es jedoch einen weiteren Schlag zu parieren. Dies schmerzte allerdings genauso, wie ihn einzustecken. Ryura hakte seinen Fuß um mein Bein, riss ihn um und brachte mich damit blitzschnell zu Fall. Ich rappelte mich aber sofort wieder auf und behielt meine Deckung. Mir setzte der Kampf schwer zu, versuchte gleichmäßig ein und aus zu atmen, was mir jedoch nicht gelang. Mir war sehr wohl bewusst, dass ich diesen Kampf nicht gewinnen konnte. Ein gut platzierter Treffer von Ryura und ich würde zu Boden gehen.
 

Ryura setzte zum Schlag an, aber ich wich ihm aus. Mein ganzer Körper ist bereits schweißüberströmt. Einem weiteren Schlag konnte ich ausweichen, tippelte um ihn herum und trat ihm mit aller Kraft in die Seite. Tatsächlich zuckte Ryura kurz bei meinem Angriff, was mich mit Stolz erfüllte. Ryuras Augen verengten sich. „Halt mehr die Spannung!“, korrigierte er mich. Ich versuchte einen weiteren Treffer zu landen, aber dieser wurde problemlos pariert. Ruckartig griff er nach meinem Hals und würgte mich.
 

Wie sollte ich mich aus diesem Griff bloß befreien?
 

Sämtliche Spannung entwich aus meinem Körper und ich verdrehte die Augen. Ryura ließ mich los, woraufhin ich wie ein nasser Sack zu Boden ging. Für einen kurzen Moment musste ich wohl in die Bewusstlosigkeit gefallen sein. Das nächste was ich spürte waren Hände, die auf meine Wange klopften. Ich blinzelte benommen und erkannte Ryura, der über mich gebeugt stand. Er hielt mir eine Hand hin und half mir wieder auf die Beine. Mein Gleichgewicht konnte ich jedoch nicht halten, ich schwankte und bevor ich erneut zu Boden fiel, half Ryura mir mich auf den Boden zu setzten. Hier atmete ich tief durch. Mein Kopf dröhnte und mein ganzes Gesicht schmerzte fürchterlich. Als Ryura mir eine Hand auf die Schulter legen wollte, wisch ich vor ihm zurück. Ich wusste, dass er mich nicht töten wollte, dass es lediglich ein Trainingskampf war. Aber ich spürte noch seine sämtlichen Schläge auf meinem Körper, daher konnte ich keine Berührungen von ihm ertragen. Auch wenn diese wieder sanft waren. Er schien dies zu akzeptieren, zog sich wieder zurück und kniete vor mir.
 

„Du bist recht fix beim Ausweichen, das solltest du weiter ausbauen. Gib deinem Gegner nicht die Möglichkeit dich mehrmals hintereinander zu treffen. An der Härte deiner Treffer musst du dringend arbeiten. Du braucht mehr Spannung, damit du die Kraft daraus in den Schlag setzten kannst. Und setze mehr deine Ellenbogen und Knie ein, so werden deine Schläge effektiver. Das habe ich dir übrigens bereits gestern geraten. Du musst lernen, dass du das, was man dir lehrt, sofort umsetzt. Du darfst dir nicht viele Fehler erlauben, die wirst du nicht kompensieren können“, reflektierte er unseren Kampf. Ich vernahm seine Worte nur gedämpft, nickte aber geistesabwesend. Mir kullerte eine Träne über die Wange, die ich sofort wegwischte.

Wie lautete die oberste Regel, zeige keine Schwäche!
 

Ich schaute mich nach Sesshomaru um, er war allerdings nirgends zu sehen. Er kam und ging wie es ihm gerade passte. Meine Kampffähigkeiten schienen ihn nicht sonderlich begeistern zu haben. Wie denn auch. Ich saß jämmerlich auf dem Boden, wie ein kleines Kind und versuchte krampfhaft nicht los zu flennen. „Geht’s wieder?“, erkundigte Ryura bei mir. Ich nickte und versuchte mich aufzurappeln, bekam dabei erneut Hilfe. Er griff vorsichtig nach meinem Kinn und begutachtete mein Gesicht. „Ich schicke dir Rin auf dein Zimmer, sie sollte sich deine Wunden anschauen.“ Trotzig befreite ich mich aus seinem Griff. In seinem Gesicht war zu erkennen, dass er von meiner Reaktion genervt war, aber das war mir egal. Am meisten hing mir sein Würgegriff nach. „Hast du noch Fragen?“, erkundigt sich Ryura. „Ja, wie kann ich mich aus einem Würgegriff befreien?“ „Du wahrscheinlich gar nicht. Du solltest am besten dich gar nicht erst in so eine Position manövrieren“, antwortete er mir ehrlich. Das hatte ich mir gedacht. Er sagte es als wäre es das einfachste auf der Welt.
 

Ryura ließ tatsächlich Rin für mich rufen. Sie betrat behutsam mit einer Schüssel Wasser und einem Beutel mein Zimmer. Ich saß bereits seit meiner Ankunft regungslos im Sessel, war nicht im Stande gewesen mich umzuziehen oder zu duschen. Die Schmerzen an meinem Körper verstärkten sich von Minute zu Minute. Rin kniete sich vor mich hin und begutachtete, ohne ein Wort zu sagen, erst meine Hände und dann mein Gesicht. Sie reinigte zunächst meine Wunden und schmierte mir dann eine Paste auf diese. „Das sind Heilkräuter, die sollen deine Schmerzen lindern, Entzündungen vermeiden und eine schnelle Genesung herbeiführen“, beantwortete sie mir meine unausgesprochenen Frage. Sie schaute mich besorgt an und wieder einmal fragte ich mich, ob sie Ryura wirklich kannte. „Wie gut kennst du Ryura, Rin?“ Sie war gerade dabei ihre Utensilien wieder in ihren Beutel zu verstauen. „Ich denke, dass ich ihn sehr gute kenne, warum?“ „Kennst du auch seine erbarmungslose dämonische Seite?“, erkundigte ich mich bei ihr. Rin verzog keine Miene, blieb ruhig, als würde sie wissen worauf ich hinaus wollte. Sie erhob sich und ich sah zu ihr auf, wartete auf eine Reaktion ihrerseits. „Auch die kenne ich sehr gut“, bestätigte sie meinen Verdacht. Ich schaute sie unglaubwürdig an. „Du findest es also nicht beängstigend, wenn man jemand anderen das Herz heraus reißt?“ Auch auf diese Information reagierte Rin kaum. „Amelia, es sind Dämonen, das ist ihre Art und weiße zu leben. Und jeder, der sich auf sie einlässt, weiß darüber Bescheid. Es sind ihre Traditionen. Wir Menschen haben das auch. Natürlich wirken solche Methoden brutal in unseren Augen, aber für sie ist es Normalität“, erklärte sie mir behutsam. Sie lebte bereits schon viel zu lange unter Dämonen.
 

„Ich danke dir, dass du meinen Verletzungen versorgt hast. Aber ich brauche jetzt erstmal Ruhe.“ Rin nickte auf meine Bitte hin verständnisvoll und verließ, ohne ein weiteres Wort, mein Zimmer und ließ mich allen. Ich verweilte noch eine ganze Weile in meinem Sessel.
 

Meine Gedanken schweiften ab, doch am meisten stellte ich mir immer wieder die Frage, wie ich besser werden konnte, so dass ich auch etwas gegen meine Angreifer bewirken konnte.



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