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Snake Charmer in Training

Momoshiro/Kaidoh
von

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Es war ein ruckartiges Erwachen, das Momoshiro wieder zu sich holte und ihn angestrengt nach Luft ringen ließ, war es ihm, als würde etwas seinen Hals zuschnürten wollen.

Das zweite, das ihm bewusst wurde war der heftige Schmerz, der seinen kompletten Körper in Beschlag genommen zu haben schien und es ihm ersichtlich erschwerte sich bewegen zu können.

Momoshiros Aufmerksamkeit wurde schließlich auf den leicht flackernden Lichtschein gezogen, dessen Quelle ein kleines Feuer, nicht unweit vom ihn, darstellte.

Auf der anderen Seite saß eine Person die leicht in Schatten gehüllt war und gedankenverloren in die Flammen schaute.

Ein gequältes Stöhnen rutschte Momoshiro über die Lippen, als er sich erneut versuchte zu bewegen, was die Person ihm gegenüber aus ihrer augenscheinlichen Starre zu holen wusste.

„Oi übertreib es nicht gleich.“ Momoshiro war sich nicht sicher, aber er glaubte Kaidohs Stimme vernommen zu haben, welcher nun auch auf ihn zukam und sich mit wachsamen Augen vor ihn hockte.

Etwas verwirrt über dessen Erscheinen und die ganze Situation in der er sich gerade befand, schloss Momoshiro seinen Augen einen Moment.

Träumte er etwa wieder einen dieser seltsamen Träume, in welchen er stets mit Kaidoh allein war und die ihm nach dem Erwachen immer reichlich peinlich erschienen?

„Wie fühlst du dich?“ Es war noch immer Kaidohs Stimme die er vernahm, was ihn seine Augen auch wieder öffnen ließ, nur um einen ungewohnt besorgten Ausdruck auf dessen Gesichtszügen einfangen zu können.

Er träumte ganz bestimmt.

„Fühl mich wie von einem Bus angefahren.“, antwortete er mit der Ehrlichkeit die ihm sein Befinden vermittelte, was das Kratzen in seinem Hals nur intensivierte.

Kaidoh nickte verstehend.

„Wo sind wir hier eigentlich?“ Momoshiro wusste das er keine wirklich hinweisende Erklärung zu erwarten hatte, war in Träumen doch oft alles etwas wage was Ereignisse anbelangte.

Aber einen Versuch war es wert.

„Wir sind noch immer dort, wo wir nach unserem Absturz gelandet sind. Es hatte gut vier Stunden gedauert, bis du wieder zu dir gekommen bist.“

Absturz?

Es war gleich einem elektrischen Schlag, der Momoshiros Kopf mit einem penetranten Pulsieren zurückließ, als Stücke der Erkenntnis zu ihm zurückfanden, und die erklärten, wie sie hier her gekommen waren.

Das Gefühl von Panik machte sich nun wieder in Momoshiro breit, als er sich ihrer Lage vollkommen bewusst wurde.

Aber kaum das er ansetzen konnte loszupoltern, was nun mit ihnen wäre, erhob sich Kaidoh wieder und holte etwas, dass in der Nähe des Feuers stand.

„Du solltest etwas trinken.“ Damit begab er sich wieder vor Momoshiro und führte das zylinderförmige Gefäß an dessen Lippen und kippte es soweit an, dass die klare Flüssigkeit diese leicht benetzte.

Das aufkommenden Verlangen etwas trinken zu wollen wurde Momoshiro dadurch erst richtig bewusst. Rasch öffnete er seinen Mund und schluckte etwas zu hektisch, was ihn angestrengt Husten ließ. Er wusste daraufhin nicht auf welchem Impuls er eher reagieren sollte, zeigte sich neben dem Hustenreiz erneut starke Schmerzen.

„Immer mit der Ruhe, ich habe genug präpariert.“

Röchelnd kam Momoshiro wieder zur Ruhe und leerte den Rest Wasser in gemäßigtem Tempo.

„Brauchst du mehr?“, erkundigte sich Kaidoh, was Momoshiro aber nur leicht mit dem Köpf schütteln ließ.

„In Ordnung, aber sag mir Bescheid, wenn du dich wieder unwohl zu fühlen beginnst, verstanden?“

Momoshiro lächelte etwas über diesen Befehlston.

Das war der Kaidoh den er kannte.

Dieser richtete sich erneut auf, um daraufhin etwas das Feuer zu schüren und neues Holz hineinzulegen.

Ein heftiges Stechen in Momoshiros linken Arm ließ diesen ungewollt zucken, was den Schmerz nur noch verstärkte und er seinen Blick auf die lädiert Schulter richtete nur um festzustellen, dass er mit etwas zugedeckt worden war.

Kaidohs Jacke.

Etwas unbeholfen schob er diese etwas nach unten, wo ihn die nächste Überraschung empfing, als er sah, dass sein Arm durch eine Art provisorische Schlaufe fixiert worden war, damit er seine Schulter nicht zu sehr belasten würde.

Das Einstürzten von Schuld, das er bis jetzt irgendwie hatte ausblenden können, brach mit ziemlicher Wucht über ihn herein, als er erkennen konnte aus was Kaidoh diese Schlaufe gefertigt hatte. Er hatte sein grünes Bandana in diverse Streifen reißen müssen, um ausreichend Material verfügbar zu haben, damit es auch seinen Zweck erfüllen konnte.

Außerdem fiel Momoshiro noch auf, dass Kaidohs Hose nun nicht mehr bis zu dessen Knöchel reichten, sondern nun einer Short glichen. Er konnte den Verband an Kaidohs Oberarm ausmachen und bei sich selbst noch einen am Knie, war er heute Morgen schon in kurzen Hosen losgezogen.

Er hatte sie beide in eine reichlich unangenehme Lage gebracht. Und zu allem Überfluss musste sich Kaidoh nun auch noch um ihn kümmern.

Momoshiro glaubte nicht, dass er das je wieder gut machen würde können.

Diesmal hatte er es wirklich geschafft.

„Hier.“, hörte er Kaidoh sagen, der ihm nun einen Stock entgegenhielt, an dessen einem Ende etwas aufgespießt war.

„Was ist das?“, rutschte es Momoshiro konfus heraus, nahm den Stock aber dennoch entgegen.

„Nagaimo. Es war Glück hier eine wild wachsende Variante zu finden. Auch wenn es nicht mit deinem üblichen Junkfood mithalten kann, ist es besser als nichts.“

Momoshiro nickte verstehend, bevor er kurz daran schnupperte, um dann einen Bissen von dem, durch das Garen am Feuer, leicht bräunlichen Wurzelwerk zu versuchen. Und Kaidoh hatte durchaus recht, es war nicht mit einem Burger oder Hot Dog zu vergleichen. Aber es war dennoch genießbar, dass er auch denn Rest davon verspeiste.

Wieder driftete sein Blick zu Kaidoh der gerade noch ein paar Äste vom Boden aufnehmen wollte, dabei aber für einem Augenblick innehielt und sein Gesicht scheinbar unter Schmerzen leicht zu verziehen schien. Mit einen üblichen Zischen verwischte er diesen kurzen Reflex und widmete sich weiter seinem Vorhaben.

Es sollte nicht auszuschließen sein, dass Kaidoh etwas mehr bei ihrem Sturz abbekommen hätte, als er bereit war durchblicken zu lassen. Und dies bestätigte sich auch, als er Momoshiros Frage nach seinem Befinden mit einem, „ich werd es schon überleben,“ beantwortete.

Momoshiro wusste, dass es keinen Sinn machte weiter auf Kaidoh einzureden, da dieser schon aus Starrsinn allein nichts weiter dazu sagen würde.

Das beständige Knistern des Feuers, verbunden mit dessen unruhigen Flammen auf die Momoshiro sich konzentrierte, machten ihm die Lider schwer und er spürte, dass ihn die Müdigkeit bald vollends übermannt haben würde. Trotzdem wollte er sich dem Schlaf nicht ergeben, da er Kaidoh nicht allein die Aufgabe des Wachehaltens auferlegen wollte. Dieser hatte schon mehr geleistet, als er ihm zugetraut hätte, was in ihm eine Frage aufkommen ließ.

„Wie hast du das Feuer gemacht?“ Vielleicht hatte Kaidoh ja ein Feuerzeug bei sich, aus welchem Grund auch immer. Es konnte außerdem nicht schaden etwas Konversation zu betreiben, um sich abzulenken.

„Mit meinem Hitzeblick.“, bekam er die etwas zynische Antwort.

„Sehr witzig Mamushi.“ Damit schien für Kaidoh das Gespräch auch schon wieder beendet, was Momoshiro leicht frustriert seufzen ließ.

Egal in welcher Lage, er kam an Kaidoh einfach nicht heran. Eine normale Unterhaltung war anscheinend etwas, dass einfach nicht zwischen ihnen funktionieren wollte.

„Du solltest versuchen zu schlafen. Sobald es wieder hell genug ist werden wir sehen, dass wir einen Weg zurück finden.“

Zuerst sagte Momoshiro nichts zu diesem Hinweis, auch wenn er das Gefühl nicht los wurde, dass ihn Kaidoh wie ein kleines Kind behandelte.

„Was ist mit dir? Willst du die ganze Nacht munter bleiben?“

„Jemand muss auf das Feuer achten.“ Kaidoh hatte also nicht vor sich etwas Ruhe zu gönnen.

Genau wie er es sich gedacht hatte.

Und auch wenn er sich momentan nicht in der Position befand einen genau so taffen Typen darstellen zu können, passte es ihm nicht, dass er so nutzlos erschien und Kaidoh somit alle Verantwortung auf sich zu laden gedachte.

„Wie wäre es, wenn wir uns abwechseln? Auf ein Feuer aufpassen bekomm selbst ich noch hin.“

Kaidohs skeptischer Blick der daraufhin auf Momoshiro ruhte, sagte diesem auch ohne Worte, das Kaidoh ihm nicht wirklich zutraute, dass er diese simple Aufgabe bewältigen könnte.

Dennoch gab er ein Brummen von sich von dem Momoshiro wusste, dass es eine Art von Zustimmung war und es ihn ein kurzes Grinsen aufsetzen ließ.

Damit lehnte sich Kaidoh nun ebenso an einen der umherstehenden Bäume, welcher noch im Radius der Feuerwärme stand und schloss seine Augen. Jedoch wies er Momoshiro dennoch darauf hin, was er zu tun hatte damit das Feuer nicht erlöschen würde.

Mit einem genervten Raunen und Augenrollen, rutsche Momoshiro nun soweit an ihre Lichtquelle heran, damit er auch in Reichweite war um nachlegen zu können.

Mit sich allein ließ Momoshiro den vergangen Tag noch einmal Revue passieren, was ihn erneut ein unangenehmes Gefühl verschaffte, wenn er an seinen wortwörtlichen Fehltritt dachte.

„Und wenn etwas ist, dann weck mich gefälligst.“, schreckte ihn Kaidohs grummelige Stimme plötzlich aus seinen Gedanken, war es diesem wohl doch nicht so einfach möglich gerade Momoshiro das Vertrauen entgegen bringen zu können, dass auch nichts weiter vorfallen würde unter dessen Aufsicht.

„Schlaf endlich nervige Viper!“ Ein Zischen war vorerst das Letzte was er von Kaidoh zu hören bekam.
 

Ein leichtes Frösteln durchlief Kaidoh, welches seinen Schlaf beendete und ihn seine Augen aufschlagen ließ.

Um ihn herum war es Dunkel.

Nur ein Fleck roter Glut unterbrach das nächtliche Gewand.

Er hatte es doch gewusst!

Rasch erhob er sich, nur um sich durch den plötzlichen, heftigen Schmerz auf seinen Knien wiederzufinden, wo er sich unter einem gequälten Laut einen Arm um seine Brust schlang.

Aber er durfte jetzt keine Schwäche zulassen!

Nicht solange sie noch in diesem Wald verloren waren.

Mit einen gedämpften Stöhnen richtete sich Kaidoh wieder soweit auf, dass er den Abstand zum Rest des Feuers auf seinen Knien überbrücken konnte. Tastend suchte er nach einem Ast den er an der Glut hoffentlich noch würde entzünden können.

Erleichtert atmete er durch, als es ihm gelang.

Es dauerte nicht lange und er hatte wieder ein halbwegs ordentliches Feuer entfacht, das ihm auch die Sicht auf Momoshiro wiedergab, der zur Seite gesunken vor ihm lag und geräuschvoll vor sich hin atmete.

„Idiot.“, murmelte Kaidoh verdrossen, hatte ihm sein Instinkt doch gewarnt, dass er nicht auf Momoshiros Vorschlag hätte eingehen sollen.

Damit packte er diesem an seinem Shirt, um ihn in eine sitzende Position zu befördern, war es weniger ratsam auf dem blanken Waldboden zu liegen, wollte man nicht das irgendwelche Insekten einem in Ohren, Mund und Nase krabbelten.

Und kaum das Momoshiros Gesicht seinem Gegenüber war, bemerkte Kaidoh das etwas nicht stimmte.

Momoshiros Atmung war unregelmäßig und sein Gesicht von einem deutlichen Schweißfilm bedeckt.

Das Auflegen einer Hand auf dessen Stirn ließ die Hitze die davon ausging sofort in Kaidohs Finger ziehen.

Momoshiro hatte Fieber.

Dessen Körper schien vom Stress, den ihr ungewolltes Abenteuer verursacht hatte, wohl genug geschwächt, um ihn nun in diesen Zustand versetzt zu haben.

Vorsichtig legte er Momoshiro wieder auf den Boden, doch nicht bevor er seine Jacke zu einer Art Kopfkissen zusammengerollt hatte, wo er dessen Kopf drauf ruhen lassen konnte. Das Beste war er jetzt tun konnte war zu versuchen, dass Fieber etwas herunter zu kühlen, was mit dem vorhandenen Wasser vielleicht auch gelang.

Fest stand jedoch, dass Momoshiro nicht in der Lage sein würde auf eigenen Beinen einen Weg zurück in die Zivilisation zu finden und er, trotz ihrer Differenzen, nicht bereit war ihn einfach hier zu lassen.

Es würde ein reichlich beschwerlicher Weg werden, dem war sich Kaidoh durchaus bewusst, aber er musste es wenigstens versuchen.

Aufgeben stand nicht zur Debatte.

Ein unruhiges Stöhnen drang von Momoshiro an seine Ohren, worauf Kaidoh den provisorischen Umschlag den er aus einem Stoffresten gemacht hatte erneut mit Wasser befeuchtete und zurück auf dessen Stirn legte.

Etwas erschrocken zuckte seine Hand zurück, als diese plötzlich ergriffen wurde und Momoshiro ihn mit glasigem Blick anschaute.

„…es tut mir…leid…“, brachte dieser seine Worte im kratzigem Flüsterton hervor, worauf Kaidoh einen Moment schwieg dann aber mit dem Kopf schüttelte.

„Das kann warten, bis wir zurück sind.“, ließ er diesen wissen, worauf sich der Griff um seine Hand leicht verstärkte, bevor Momoshiro seine Augen wieder schloss und abermals abdriftete.

Für eine Weile beließ Kaidoh dessen Hand um die seine. Einfach weil er meinte, dass Momoshiro vielleicht etwas brauchte das ihm vermittelte, dass er nicht allein hier war. Der Blick in den nun schon blau-grauen Himmel zeigte, dass es nicht mehr all zu lange dauern würde, bis das Tageslicht ausreichte damit sie aufbrechen konnten.

Kaidoh nutze die Zeit, um mit der vorhandenen Holzkohle noch etwas von dem Flusswasser zu filtern, damit er dies in einem der Bambussekmente mitnehmen konnte, das er mit einer leeren Tüte verstopfte, die er in Momoshiros Hosentasche gefunden hatte auf der Suche nach dessen Handy.

Nun musste er sich nur noch überlegen, wie er Momoshiro transportieren sollte.

Ihn per Huckepack auf dem Rücken tragen würde nicht funktionieren, da dessen linker Arm verletzt und er auch nicht wirklich bei Bewusstsein war, um sich selbst an ihm festhalten zu können.

Um etwas wie eine Trage zu bauen, die er hätte hinter sich her ziehen können, fehlte ihm ausreichend Material, und außerdem war nicht abzusehen, wie unwegsam das Gelände werden würde.

Er musste sich also etwas anderes einfallen lassen.

Nach ein paar weiteren Szenarien die er in seinem Kopf durchging, empfand er es als das Beste Momoshiro über die Schulter zu transportieren, auch wenn dies nicht unbedingt die bequemste Lösung war, so konnte er immer noch eine Hand freihalten, sollte es eine Situation erfordern.

Erneut prüfte Kaidoh Momoshiros Temperatur. Doch leider konnte er keine wirkliche Verbesserung verzeichnen.

Trotzdem wäre es wohl angebracht ihn noch zu informieren, was er vor habe.

„Oi Momoshiro.“ Sachte stippte er mit seinen Fingern gegen dessen Oberschenkel, um dessen Aufmerksamkeit zu erregen, welche sich jedoch nur in Form eines gequälten Raunens zeigte.

„Wir machen uns jetzt auf den Weg, also halt noch etwas aus, ok?“ Kaidoh wartete nicht auf eine Antwort, sondern ging gleich dazu über Momoshiro so zu positionieren das er ihn, zwar etwas umständlich, über seine Schultern legen konnte, wo dessen gesunder Arm auf dessen Oberkörper zum Liegen kam und er seinen rechten Arm dazu nutzen konnte dessen Beine zu fixieren, damit er ihm nicht runterfallen würde.

Unter einem angestrengten Schnaufen seinerseits und einen weiteren matten Stöhnen von Momoshiros Seite, richtete sich Kaidoh auf.

Auch wenn es unangebracht schien ging ihm durch den Sinn, dass Momoshiro ruhig etwas weniger wiegen könnte.

Mit einem letzten Blick, ob er auch alles bei sich hatte was er brauchen konnte und auch das Feuer richtig gelöscht war, machte sich Kaidoh auf in Richtung Fluss. Er hatte einmal gelesen, das ein Fluss meist auch zu einem bewohnten Gebiet führen würde. Und diesem Hinweis würde er nun einfach folgen. Er wüsste eh nicht recht wo er hätte ansetzen sollen. Und soweit er sich erinnerte, war auf seiner Karte auch ein Fluss eingezeichnet gewesen, der sich durch eine Ortschaft zog.

Wenn er Glück hatte, war es genau dieser Fluss.

Eine Weile konnte er direkt dem Wasser folgen, ohne das es zu uneben wurde oder ihm etwas den Weg versperrte. Doch ab einem gewissen Abschnitt wurde er immer beschwerlicher sich direkt am Ufer weiter zu bewegen. Auch weil er stets darum bemüht sein musste seine Balance zu halten, um sich und Momoshiro nicht noch in größere Schwierigkeiten zu bringen.

Ein Sturz in den Fluss musste nicht auch noch riskiert werden.

Deshalb entschloss sich Kaidoh etwas weiter in den Wald zurückzukehren, so dass er trotzdem noch den Lauf des Wasser erkennen und sich danach richten konnte.

Er wusste nicht wie lange er schon unterwegs war, als er sich zugestehen musste, dass er eine Pause nötig hatte und sich einen Platz zum Ausruhen suchte.

Er hoffte, dass es ihm möglich sein würde noch vor dem Einbruch der Dunkelheit den Wald verlassen zu haben, da er auch nicht abschätzen konnte, wie Momoshiro eine weitere Nacht ohne richtige Versorgung verkraften würde.

Dieser war noch immer nicht weiter bei Bewusstsein, weshalb Kaidoh auch nicht sagen konnte, wie es nun generell um ihn stand. Alles was er wusste war, dass er so schnell wie möglich einen Auswegs finden musste. Selbst wenn er sich ebenso fern von wohl fühlte, machte ihn der anhaltend, starke Schmerz im Brustbereich doch ziemlich zu schaffen.

Ein leises Rumoren von Momoshiro neben ihm ließ Kaidoh schon automatisch seine Hand ausstrecken und dessen Temperatur fühlen.

Keine zu bemerkende Veränderung.

Ein weiterer Griff zu dem mitgenommenen Trinkwasser und er positionierte sich so, dass sich Momoshiro an ihn gelehnt befand und er versuchte ihn durch das Wiedergeben seines Namens etwas wach zu bekommen.

Träge öffnete Momohiro seine Augen ein Stück und rutschte noch etwas mehr gegen Kaidoh, der einen Arm um dessen Schulter gelegt hatte, um ihn in seiner sitzenden Haltung zu stabilisieren.

„…Mamushi…“, war auch das Erste was Momoshiro von sich gab, was Kaidoh leicht mit den Augen rollen ließ, als er diesen unliebsamen Spitznamen hörte.

„Trink etwas.“, gab er diesem zu verstehen und hielt ihm das Gefäß auch direkt an seine Mund. Diesmal aber darauf bedacht, dass es Momoshiro nicht gleich wieder übertreiben würde und sich verschluckte als sich seine Lippen ein Stück teilten und er die Flüssigkeit zu sich nahm.

Das Wasser tat seinem trockenen Hals unglaublich gut und er war dankbar für diese Linderung. Momoshiro ließ seinen Blick etwas schweifen. Es hatte sich nicht viel geändert, sie waren noch immer im Wald. Vom Stand der Sonne her waren sie aber anscheinend schon eine Weile unterwegs. Nur wie weit Kaidoh es schon geschafft hatte, war ihm unbekannt.

Erneut ergriff Momoshiro dieses beißende Gefühl von Schuld, als er sich abermals bewusst wurde, dass diese ganze Sache ihm zuzuschreiben war. Und als wäre dem nicht genug, musste Kaidoh ihn nun auch noch mit sich schleppen.

Mit einem Mal fühlte sich Momoshiro wie ein kleines Kind, das über seine Missetat nicht anders konnte, als loszuheulen, woran sein Zustand seinen Teil beitrug.

Er hasste es schwach zu sein.

Und er hasste es genau deswegen, anderen zur Last zu werden.

Dies alles wäre auch nie passiert, hätte er sich nicht so selbstverständlich in Kaidohs Urlaubspläne eingeklinkt. Zwar basierten seine Gründe auf dem Wunsch sich besser mit ihm verstehen zu wollen, aber am Ende hatte er wirklich alles derart ins Chaos gestürzt, dass er nicht mehr anders konnte, als schuldbewusst seinen Tränen freien lauf zu lassen.

Das plötzliche Schniefen und Zittern, das von Momoshiro ausging und der feste Griff von dessen rechter Hand die sich in seinem Shirt verkrallte überraschte Kaidoh gekonnt, ging er sofort davon aus, dass sich dessen Befinden erneut verschlechtert hatte, um dieses Reaktionen hervorzurufen.

„Oi Momoshiro, was ist los?!“ Kaidohs Frage lag deutlich Unruhe inne und als er keine Antwort von Momoshiro erhielt, steigerte sich diese um so mehr. Mit fahrigen Fingern strich er diesem über eine Wange, wo er deutlich die feuchten Spüren wahrnehmen konnte, worauf er seine Hand nun unter dessen Kinn schob, um dessen Kopf soweit anzuheben, dass er ihm ins Gesicht hätte schauen können.

Doch Momoshiro ließ es nicht zu.

Zu sehr schämte er sich für seine Dummheit, dass er am liebsten über den Frust darüber hätte schreien wollen.

„Lass mich hier.“, kamen mit einem Mal die recht gefasst klingenden Worte von Momoshiro, die Kaidoh irritiert seine Augenbrauen anheben ließ.

„Was…?“

„Du sollst mich einfach hier lassen! Ich bin eh nur eine Last und hab es gar nicht anders verdient als zurückgelassen zu werden. Es ist eh alles meine Schuld. Ich bin…“

Mit einer Hand die er auf Momoshiros Mund presste, stoppte Kaidoh dessen Redefluss, der deutlich aus Ärger und Verzweiflung resultierte. Und das war etwas, dass sie beide nun einfach nicht gebrauchen konnten.

„Du warst schon immer gut, wenn es darum ging Schwachsinn zu reden. Aber lass dir eines gesagt sein, ich werde nichts an meinem Vorsatz ändern, dein Gerede als genau das auch abzutun.“ Ein gedämpftes Schniefen drang hinter Kaidohs auferlegter Hand hervor. „Ich entscheide selbst, was mir ein Opfer wert ist, verstanden?! Also heb dir dein Selbstmitleid für später auf.“ Damit löste er seine Hand von Momoshiros Mund der nun leicht seine Zähne zusammenbiss, aber auch nichts weiter dazu sagte.

Trotzdem zerrte das Gefühl von Hilflosigkeit zu penetrant an ihm, dass er betreten seinen Kopf senkte und sich am liebsten irgendwo in einem Erdloch verkrochen hätte, war ihm doch gerade wirklich nach Hysterie zumute, über sein grenzenloses Potenzial alles falsch machen zu können.

Und Kaidoh entging die Anspannung die weiter um Momoshiro rotierte auch nicht, was eindeutig nicht gut für dessen Befinden war.

Er war noch nie gut darin gewesen jemandem Sicherheit vermitteln zu können. Selbst bei seinem kleinen Bruder hatte er, als dieser noch klein war, stets darin versagt und diesen nur noch mehr zum weinen gebracht, ging es ihm wegen irgendetwas nicht gut.

Momoshiro hatte sich leicht von ihm weggedreht, den Blick stur auf den braunen Waldboden gerichtet und gab noch immer diese aufgebrachte Aura wieder. Kurz atmete Kaidoh durch, als er dazu überging wieder an diesen heranzurücken und seinen Arm erneut um dessen Schulter zu legen, worunter sich Momoshiro noch etwas mehr verspannte. Mit leichtem Druck zwang er Momoshiro Oberkörper sich gegen ihn zu lehnen und nach ein paar Sekunden des spürbaren Widerstandes ließ es Momoshiro auch zu.

„Ich werde deinen faulen Hintern schon hier raus bringen. Schließlich erwartet uns eine Aufgabe.“

Es war seltsam Kaidohs Stimme ohne diesen gereizten und dafür mit einem schon beinahe fürsorglichen Unterton zu hören. Und noch seltsamer war es, dass dieser wohl versuchte ihn damit beruhigen zu wollen und sogar physischen Kontakt als Hilfsmittel benutzte. Und genau diese etwas unbeholfenen Gesten vermochten es Momoshiro von seiner Frustration abzulenken, war das Gefühl das er durch Kaidohs Nähe spürte einfach zu ungewohnt und doch so willkommen.

Und als Kaidoh dann noch dazu überging ihm sanft durch seine Haare zu streichen, konnte sich Momoshiro ein Lächeln nicht verkneifen. Somit ließ er sich schließlich vollends gegen diesen sinken und schloss seine Augen.

Das Gefühl, das ihn daraufhin umspannte war ihm vertraut und er spürte sofort, dass es ihm gut tat. Das es etwas war, dass er nicht mehr würde loslassen wollen, hätte er die Möglichkeit dazu.
 

Das nächste was Momoshiro mitbekam war ein unsanftes Rucken, das ihn zum Aufwachen zwang und ihn mit einer grauen Naturkulisse konfrontierte. Es regnete und er fühlte sich noch immer matt und elend. Und bei genauerer Betrachtung fiel ihm auf, dass seine Sicht auf die Dinge etwas schief war. Ein leises Keuchen ließ Momoshiro nun vollends registrieren, dass er sich über Kaidohs Schultern platziert befand, welcher aber gerade keinen Schritt mehr tat.

Kaidoh befand sich auf seinen Knien und seine Atmung ging angestrengt, unterlegt von einem frustrierten Zischen, auf das er sich versuchte wieder aufzurappeln.

Der schmale Pfad auf dem sich sich befanden war vom Regen aufgeweicht und machte es einem schwer ordentlich voran zu kommen. Aber Kaidoh gab sich nicht geschlagen. Etwas unstet auf seinen Beinen legte er ihren Weg weiter fort. Immer darauf bedacht, dass Momoshiro nicht aus seinem Halt rutschen konnte. Schritt für Schritt folgte er dem Weg denn er ausfindig gemacht hatte und von dem er hoffte, dass er sie hier herausführen würde. Oder wenigstens an einen zentralen Punkt brachte, an dem man sich orientieren konnte.

Langsam bildete sich leichter Nebel der vom feuchten Boden her aufstieg und die Sicht etwas wage werden ließ. Aber noch reichte das Tageslicht aus, um weiter zu laufen. Kaidoh wollte sich nicht ausmalen, was passieren könnte würde der Regen anhalten und sie erneut eine Nacht hier draußen verbringen müssen. Momoshiro würde in seinem Zustand nur noch anfälliger sein und sich womöglich noch eine Lungenentzündung zuziehen.

Ein kurzer Moment der Unachtsamkeit und Kaidoh merkte, wie er den Halt auf dem matschigen Untergrund zu verlieren drohte, was ihn automatisch seinen Griff um Momoshiro festigen ließ und er sich noch rechtzeitig mit seiner freien Hand an einem tiefhängenden Ast festhalten konnte.

Er spürte wie ihm die raue Rinde durch die Zugkraft seine Handinnenseite aufscheuerte, was ihn angestrengt grollen ließ.

Es war in diesem Moment, dass Momoshiro das leichte Zittern wahrnahm, das durch Kaidohs Körper zog und er sich bemerkbar machte.

„Kaidoh lass mich runter. Ich werde selbst laufen.“ Jedoch gab dieser keinen Ton von sich, noch kam er Momoshiros Bitte nach, worauf sich Momoshiro etwas zu bewegen begann, um seine Aufforderung zu unterstreichen.

„Hey Mamushi!“, protestierte er nun etwas inniger, was ihn schließlich ein Zischen einbrachte und sie sich langsam absenkten, dass Momoshiro von ihm runterrutschen konnte. Etwas taumelig auf seinen Füßen richtete er sich auf und merkte, wie sein Kopf unangenehm pulsierte und seinen Magen sich verkrampft anfühlte. Er spürte das Fieber, das seinen ganzen Körper schwächte. Doch vergaß er sein Befinden kurzerhand, als sein Blick auf Kaidoh fiel, den er noch nie so abgekämpft gesehen hatte. Dessen Haut wirkte fahl und war mit Schrammen und blauen Flecken versehen. Seine Haare waren nass vom Regen, genau wie seine Kleidung, was Momoshiro bemerken ließ, dass er sich halbwegs trocken fühlte. Und als er an sich herab sah erkannte er, dass er Kaidohs Jacke trug die den Regen von ihm ferngehalten hatte, inklusive seinem Kopf der unter der Kapuze steckte.

Momoshiro wusste nicht was er sagen sollte. Was angebracht erschien in diesem Moment.

„Wir müssen weiter.“, drang es dann auch schon von Kaidoh zu ihm durch, der sich kurz seine aufgekratzte Handfläche anschaute, es dann aber als nichts weiter abtat und sich Momoshiro zuwendete.

„Wenn es nicht mehr geht, dann sag es mir.“ Kaidoh widerstrebte es zugeben zu müssen, dass ihn seine Kräfte doch fast verlassen hatten und er Momoshiro nun doch selbst weiterlaufen lassen musste.

Zumindest für ein Stück.

„Es wird schon gehen.“ Obwohl sich Momoshiro nicht wirklich gut fühlte, wollte er Kaidoh nicht noch weiter zu Last fallen und ging voran. Erneut erfasste ihn ein Schwindelgefühl, das er verfluchte doch konnte er da schon Kaidohs Arm wahrnehmen, der sich um seine Hüfte legte und der andere der sich über seine Schulter legte und man ihn somit aufrecht hielt.

„Nur ein Stück, dann übernehme ich das Laufen für uns beide wieder.“, hörte er diesen versprechen. Und auch wenn Momoshiro erneut nach Protest zumute war, dass er sich nicht so schinden müsse, nickte er nur leicht um seine Kräfte so gut es ging zu sparen.

Sie mochten schon Stunden gelaufen sein, zumindest kam es Momoshiro so vor, zog sich der Pfad doch ins unendliche ohne das sich wirklich etwas an ihrer Umgebung zu verändern schien.

Genau wie am beständigen herabregnen.

Doch er wollte durchhalten, auch wenn seine Beine träge wurden, sein Körper sich immer schwerer anfühlte und es nicht zu leugnen war, dass Kaidoh ihn größtenteils zu stützen hatte.

Ein unerwartetes Aufblitzen streifte Kaidohs Sehsinn und kurz hielt er in seinem Gang inne, was Momoshiro fragend zu ihm blicken ließ. Etwas überrumpelt sah sich Momoshiro mit einem Mal mitgezogen, hatte sich Kaidohs Schritttempo erhöht, dass seine Beine kaum mithalten konnten.

Ziemlich außer Puste fanden sie sich plötzlich am Rande einer Straße wieder, welche sich durch den Wald schlängelte und ein unsagbares Gefühl der Erleichterung in Kaidoh loslöste. Das einzige was nun noch fehlte, war ein Auto, das hier vorbei kam. Anscheinend hatte er vorhin das Licht von Scheinwerfern gesehen.

Ein Blick auf Momoshiro zeigte, dass dieser ihn leicht angrinste und er es einfach erwiderte, bevor er sich mit ihm weiter am Straßenrand entlang bewegte. Es dauerte auch nicht lange, bis Kaidoh in der Ferne das erneute Aufleuchten von Scheinwerfern sah und stehen blieb, um auf sie aufmerksam zu machen.

„Sie scheinen uns gesehen zu haben.“, gab Momoshiro hoffnungsvoll von sich, als der Wagen langsamer wurde, während er auf sie zu kam.

„Glück gehabt…“, vernahm Momoshiro Kaidohs etwas leise Stimme, dessen Arme sich nun kraftlos von Momoshiro lösten und dieser nur im letzten Moment verhindern konnte, das dessen Körper unsanft zu Boden ging.

Mit Schreck geweiteten Augen schaute Momoshiro auf die reglose Person, dessen Gewicht sie beide in die Knie gezwungen hatte.

„OI KAIDOH!“



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