Zum Inhalt der Seite

Die 12 Prüfungen der Shina Fay

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

03. Prüfung - Nekane die Blutelfe

03. Pruefung – Nekane die Blutelfe

Eteria im Jahr des Arapaimas

Der Wind pfiff um den Turm, der alten Festung auf dem Teufelsberg. Remigius, der alte Mönch, den Shina Fay bei ihrem ersten Besuch in der Festung Masca kennen gelernt hatte, stand dort und blickte in die Ferne. Die junge Elfe stand neben ihm. Der Wind wehte ihr eine Haarsträhne ins Gesicht, die sie sofort wegwischte. „Ich habe dir viel beibringen können, Shina Fay. Ich habe dir ein umfangreiches Wissen zur Verfügung gestellt. Du warst die beste Schülerin, die ich jemals in meinen ganzen Jahren, die ich nun hier oben auf dem Teufelsberg verbracht habe, unterrichten durfte.“ „Ich danke dir Remigius. Es war mir immer eine Freude hierher zu kommen.“ „Du hast erst zwei Prüfungen bestanden, doch zehn liegen noch vor dir. Ich habe die Sterne gedeutet Shina Fay. In dieser Prüfung wird dir viel abverlangt werden. Denn du wirst gegen einen Gegner antreten müssen, der dir im Schwertkampf ebenbürtig ist.“ „Vader?“ „Der aufgeplusterte Gockel? Nein. Dein Gegner stammt von den Blutbergen im Osten. „Blutberge? Noch nie gehört. Gehören die zu Eteria?“ „Nein, Shina Fay. Die Blutberge sind ein Gebirge weit im Osten von hier. Zwischen ihnen und Eteria liegen noch Königreiche wie Istria, Coluacan, Risia und Berkshire. Die Blutberge sind das Reich der Blutelfen. Einst waren sie angesehen. Doch nun hasst man sie.“

„Warum denn dieses?“, fragte Shina Fay. „Nekane.“ „Wer oder was ist denn Nekane?“ „Nekane ist eine der besten Kriegerinnen der Blutelfen. Aber für ihre Brutalität und Grausamkeit berüchtigt.“ „Lass mich raten Remigius. Ich muss sie töten.“ „Das haben mir die Sterne leider nicht verraten. Aber ganz ausschließen will ich es nicht.“ Shina Fay blickte in die Ferne, wo die Sonne anfing unterzugehen und den Himmel blutrot färbte. „Die Sonne geht unter.“, sagte sie. „Ja. Und jetzt dürfte Nekane irgendwo auf einem der Gipfel in den Blutbergen stehen und wie wir den Sonnenuntergang betrachten.“

Und genauso war es auch. Nekane, die Assassine der Blutelfen, stand auf dem höchsten Berg der Blutberge und sah wie Shina Fay und Bruder Remigius dem Sonnenuntergang zu. Wie in Trance breitete die Assassine ihre Arme aus und schloss die Augen. „So höre mich nun Nekane. Ich habe eine neue Aufgabe für dich. Sie führt dich nach Eteria.“ „Was muss ich tun, o allwissendes Orakel?“ „Du musst eine junge Elfe eliminieren. Sie heißt Shina Fay und ist die Stammesführerin des Clans des roten Habichts. Sie ist zwar erst 30 Jahre alt, doch sollte man sie nie unterschätzen. Gnorm und Tyrion haben diesen Fehler begangen und haben dafür mit ihrem Leben bezahlt.“ „Warum soll ich sie töten Orakel?“ „Weil Shina Fay eines 38

Tages eine Gefahr für uns werden könnte. Wir stehen seit jeher auf der Seite der Dunkelelfen. Shina Fay ist von den Göttern dazu auserkoren worden, die Elfenstämme Eterias zu einen und im Kampf gegen die Dunkelelfen zu führen. So wie es in der alten Prophezeiung steht. Wir Blutelfen dürfen niemals zulassen, dass sich diese Prophezeiung erfüllt.“ „Ich verstehe Orakel.“ „Shina Fay ist ein Feind der Dunkelelfen. Also ist sie auch unser Feind. Und deine Aufgabe ist es, unsere Feinde zu vernichten. So geh nun, Nekane. Geh nach Westen. Nach Eteria. Finde Shina Fay und töte sie.“ „Ich werde dich nicht enttäuschen, Orakel. Shina Fay wird sterben.“

In Eteria stand das alljährliche Frühlingsfest statt. Die Stammesführer aller Elfenstämme fanden sich mit ihren Untertanen auf dem großen Festplatz in Eterias Hauptstadt Endor zusammen. So auch Shina Fay mit ihrem Clan. Begleitet wurde sie wie immer von ihren Freundinnen Raya, der Waldelfe aus Erathia, Kaitlyn, der Dunkelelfe und Desdemona der Naga-Königin. Gleich nach der Ankunft Shina Fays wurde die junge Elfe in den Tempel des Hohepriesters gerufen. Raya, Kaitlyn und Desdemona begleiteten ihre Freundin. Netanya erwartete Shina Fay im großen Besprechungssaal.

„Du hast mich rufen lassen?“, fragte die junge Elfe gerade heraus. „Ja. Ich wollte dich sprechen, bevor das Fest beginnt. Die Blutelfen haben dir eine ihrer Assassinen auf den Hals gehetzt. Es ist Nekane, die beste von allen.“ „Bruder Remigius sprach von ihr. Ihretwegen sind die Blutelfen in Verruf geraten.“ „Das ist nur die halbe Wahrheit. Nekane hat den Gegnern, die sie getötet hat, den Kopf abgeschlagen und ihn auf einem Spieß an der Stadtmauer aufgestellt. Ihr Treiben war dem Regenten des Landes ein Dorn im Auge, weshalb er befohlen hat, die Blutelfen in die Blutberge zu verbannen.“ „Wenn Nekane eine Assassine ist, dann muss sie doch von jemandem ihre Aufträge erhalten.“, sagte Desdemona. „Das Orakel der Blutelfen teilt ihr die Aufträge zu.“ „Meinst du ich kann mir die königliche Bibliothek mal ansehen?“ „Warum willst du dorthin?“ „Ich hoffe, dass ich dort noch ein paar Informationen über Nekane finde. Ich muss mehr wissen, Netanya.“

Nach dem Gespräch mit der Hohepriesterin ging Shina Fay zum königlichen Palast. Der Wachposten am Haupteingang ließ die junge Elfe ohne Probleme passieren, doch der Posten am Eingang zum Thronsaal machte ihr Schwierigkeiten. „Das Fest beginnt bald und die Königin hat keine Zeit für Audienzen. Auch wenn ihr Bruder selbst vorsprechen würde.“ Diese Worte hatte der Gardist wohl etwas zu laut ausgesprochen, denn plötzlich öffneten sich die Türen zum Thronsaal und die Königin höchstpersönlich stand im Türrahmen. 39

Königin Ignissa sah genauso aus, wie Shina Fay sie sich immer vorgestellt hatte. Sie trug ein dreifarbiges Kleid, das in den Farben des Feuers, orange, rot und gelb gehalten war. Ihr feuerrotes Haar fiel offen bis zu den Hüften. Dazu kam ein hübsches ovales Gesicht, dessen braune Augen Güte ausstrahlten. An ihrem Hals trug die Königin eine Kette mit einem großen Rubin als Anhänger. „Lass die Stammesführerin vom Clan des roten Habichts ruhig eintreten Gordon. Netanya, unsere Hohepriesterin hat mir Shina Fays Kommen bereits angekündigt.“

Nur widerwillig ließ der Wächter des Thronsaals die junge Elfe eintreten. „Netanya hat mir berichtet, dass du gerne in die Bibliothek möchtest, in der Hoffnung mehr über Nekane zu erfahren.“ „Ja Hoheit. Die Blutelfen haben sie mir auf den Hals gehetzt.“ „Dann wird Nekane, wohl deine dritte Prüfung werden. Denn jetzt werden deine Fähigkeiten mit dem Schwert geprüft. Weißt Du, in einem Turnier gibt es Regeln, die klar und deutlich fest gelegt sind. Dort hast du Zeit deine Gegner zu beobachten und zu studieren. Aber in einem direkten Zweikampf musst du schnell handeln. Ich weiß viel über Nekane.“ „Netanya meinte, dass sie sehr gefährlich ist meine Königin.“ „Und das stimmt auch Shina Fay. Nekane ist gefährlicher, als du es im Moment glauben magst.“ „Warum werden die Blutelfen wegen ihr so gehasst? Das verstehe ich bis heute nicht.“ „Nekane verkörpert das Böse. Sie hat in ihrer Jugend sehr oft wahllos Menschen, Orks und andere Lebewesen ohne Grund im Namen der Blutelfen getötet. Ihr Eifer war durch nichts zu bremsen.“ „Und deswegen hat man die Blutelfen in die Blutberge verbannt?“ „Ja. Doch der Grund dafür, warum die Blutelfen dir ausgerechnet Nekane auf den Hals hetzen, ist der, dass sie Angst vor dir haben.“

„Angst? Vor mir? Warum?“ „Denkst du, dass nur wir in Eteria die alte Prophezeiung kennen? Nein Shina Fay. Auch die Dunkelelfen in Darkwood und die Blutelfen in den Blutbergen kennen sie. Und beide Elfenvölker stehen einander immer zur Seite. „Das heißt…“ „Dass Königin Azura und Königin Larissa befürchten, dass du die Elfenstämme Eterias einen und im Kampf gegen die Dunkelelfen führen wirst. Du bist Eterias Zukunft. Wenn die Schlacht geschlagen ist, werde ich meinen Platz auf Eterias Thron für dich freimachen. Du sollst dann Königin sein. Aber genug geredet. Lass uns die Bibliothek aufsuchen.“, sagte Ignissa.

Die Königin ging voraus und Shina Fay folgte ihr. Im Westflügel des Palastes lag die Bibliothek. „Sieh dich ruhig um. Vielleicht findest du noch andere interessante Bücher.“ Shina Fay sah sich die vielen Buchrücken an und entschied sich für zwei Bücher, die sich mit 40

Helden und deren Gegenspielern beschäftigten. So las sie zum Beispiel, dass Nekane unmittelbar vor der Verbannung von einer Magierin namens Luna besiegt worden war. Dies war auch bisher die einzige Niederlage gewesen. Luna war daraufhin aus Eteria verschwunden und hatte sich seitdem nie wieder blicken lassen. „Ob sie Angst vor Nekanes Rache gehabt hat?“, fragte sich Shina Fay. „Wenn du mit „Sie“ Luna meinst, dann glaube ich nicht, dass Luna nicht aus Angst vor Nekanes Rache Eteria verlassen hat, sondern weil sie woanders dringender gebraucht wurde. Luna ist eine Söldnerin, die ihre Dienste an den meistbietenden verkauft. Wir hatten damals ziemliche Probleme mit Nekane, deswegen hat der damalige König Luna angeheuert, damit sie die Assassine verjagt. Mit Erfolg.“

Shina Fay las weiter. Und so erfuhr sie, dass Nekane zwei Schwerter benutzte, die im Blut jungfräulicher Elfenfrauen gehärtet worden waren. „Dieses Miststück!“, dachte sie. Doch das war noch nicht alles. Shina Fay erfuhr auch sehr viel über die Angriffstaktik der Assassine. Nekane benutzte gerne den Wirbelangriff, bei dem sie sich um die eigene Achse drehte und mit ihren Schwertern auf beiden Seiten zuschlug. Ihre Schwerter konnte sie auch zur Verteidigung nutzen. Doch die Führerin vom Clan des roten Habichts fand heraus, dass Nekane ein Problem damit hatte, wenn der Gegner schnell und behände war, so wie sie selbst.

Schließlich klappte Shina Fay das letzte Buch zu. „Ich danke euch Hoheit, dass ihr mir erlaubt hat, eure Bücher einzusehen. Ich habe gefunden was ich wissen muss, um mit Nekane fertig zu werden.“ „Es war mir eine Freude dir zu helfen. Mögen die Götter dir in diesem Kampf gewogen sein Shina Fay.“, sagte die Königin.

Als die junge Elfe aus dem Palast trat war der Festplatz schon ordentlich gefüllt. Shina Fay konnte ihre beiden Großväter sehen. Und natürlich auch Taron, den Anführer vom Clan des silbernen Löwen. Auch Ariel, die Führerin vom Clan des schwarzen Pegasus war gekommen. Später am Abend war das Fest in vollem Gange. Einige hochrangige Clanmitglieder hatten sich auf diverse Wettbewerbe eingelassen. So hatte sich Isignus, der Anführer vom Clan des grauen Wolfes auf ein Wetttrinken mit Toran, dem Sohn von König Feodor vom Clan des Falken, eingelassen und diesen unter den Tisch getrunken. Nun war er auf der Suche nach einem neuen Gegner. „Shina Fay! Komm und trink mit mir. Wollen doch mal sehen, wie viel du verträgst!“, grölte er. „Damit ich dann morgen früh mit einem Kater aufwache? Danke, ich lehne ab.“ „Du hast doch nur Angst zu verlieren!“ Diese Worte kamen von Prinz Jabon, dem Sohn von Meteron, seines Zeichens Führer vom Clan der schwarzen Witwe. „Ich habe noch nie viel von Saufgelagen gehalten Jabon. Das war so, das ist so und das bleibt so.“ „Aber einer Runde Armdrücken bist du nicht abgeneigt.“ 41

„Gegen dich Jabon?“ „Na klar, gegen wen denn sonst.“ „Hätte ja sein, können, dass du jemand anderen meinst.“ „Also wie sieht’s aus Shina Fay? Nimmst Du meine Herausforderung an?“ „Ich bin dabei.“ „Dann setz dich mir gegenüber.“ Shina Fay nahm Platz. „Hey Leute, Shina Fay misst sich mit Jabon im Armdrücken.“, sagte ein Elf. Schnell waren Raya, Kaitlyn und Desdemona bei ihrer Freundin. Auch die anderen Teilnehmer des Festes hatten den Tisch umringt. „Bevor wir anfangen Jabon, sollten wir noch einen Wetteinsatz festlegen. Findest du nicht auch?“ „Okay. Der Sieger darf mit dem Verlierer die Nacht verbringen. Was hältst du davon?“ „Ein origineller Wetteinsatz. Aber danach ist mir nicht. Was ist mit dem Ring, den du um deinen Hals trägst?“ „Abgemacht. Er ist eine Hinterlassenschaft meiner Stiefmutter. Ich habe ihn nie gewollt.“

Jabon und Shina Fay machten sich bereit. Der Sohn von Meteron stützte den linken Arm auf. Seine Gegnerin, die Stammesführerin vom Clan des roten Habichts, den rechten. Mit einem lauten Klatschen wurden die Hände ineinander geschlagen. Kaitlyn fungierte als Schiedsrichter. „Jabon, bist du bereit?“, fragte sie. „Bereit.“ „Shina Fay, bist du bereit?“ „Ich bin bereit.“ „Okay. Ich zähle von drei runter. Wenn ich meine Hand wegnehme, dann dürft ihr loslegen.“ Jabon und Shina Fay sahen sich in die Augen. „Drei. Zwei. Eins. Und los.“, sagte Kaitlyn und nahm ihre Hand weg.

Meterons Sohn drückte mit aller Kraft, doch Etgos Enkelin hielt dagegen. Die ersten Minuten waren beide ebenbürtig. Doch dann, so hatte es den Anschein, gewann Jabon die Oberhand. Denn Shina Fays Arm neigte sich nach links in Richtung Tisch. „Komm schon! Los mach die Kleine fertig!“ „Ja! Zeig ihr, wer der Herr im Haus ist!“ „Komm schon Shina Fay! Mach bloß nicht schlapp! Diesen aufgeblasenen Großkotz steckst du doch locker in die Tasche!“ Shina Fay berappelte sich wieder und drückte nun ihrerseits Jabons Arm in Richtung Tisch. „Du bis am Ende, Scheißer!“, sagte Shina Fay. Im nächsten Moment hämmerte sie die Faust von Jabon mit einem lauten Krachen auf den Tisch.

Jabon nahm die Kette mit seinem Ring vom Hals und reichte sie Shina Fay. „Du hast dich wacker geschlagen. Gratuliere.“, sagte er und reichte seiner Gegnerin die Hand. Shina Fay schlug ein und drückte Jabon dann noch mal kurz. „Ich will nicht unhöflich sein, Jabon. Aber du musst mich entschuldigen. Ich will heute etwas früher ins Bett. Ich will morgen frisch und ausgeruht sein, wenn es wieder losgehen sollte.“ „Was heißt „Wieder“ Shina Fay?“ „Die Blutelfen haben mir Nekane auf den Hals gehetzt. Sie soll mich töten.“ „Warum denn das?“ „Die alte Prophezeiung ist der Grund.“ „Du meinst, die Blutelfen haben Angst, dass du die Elfenstämme Eterias unter deinem 42

Banner versammelst und sie in den Krieg gegen die Dunkelelfen führen wirst?“ „So hat es mir Königin Ignissa erklärt.“ „Du hast die Königin gesprochen?“ „Nicht nur das Jabon. Ich war sogar in der königlichen Bibliothek.“ „Du Glückliche. Aber was wolltest du in der Bibliothek?“ „Ich habe nach Informationen über Nekane gesucht. Und um deine Frage zu beantworten, ja ich bin fündig geworden. Ich weiß, was ich wissen muss, um sie zu besiegen.“ „Viel Glück. Und komm heil nach Hause. Mein Bruder wäre sehr traurig, wenn er erfahren müsste, dass die Elfe seiner Träume schon bei der dritten Prüfung den Tod gefunden hat.“ „Du hast mir nie erzählt, dass du einen Bruder hast, Jabon.“ „Wir sehen uns ja auch so gut wie nie. Du wohnst in den Wäldern, während ich in der Stadt lebe.“ „Und wie heißt mein heimlicher Verehrer?“ „Er heißt Galen.“

Am nächsten Morgen, die Sonne war gerade aufgegangen, erwachte Shina Fay. Sie weckte ihre Freundinnen und gemeinsam machte man sich auf den Weg. Am Westtor von Endor begegneten den vier Freundinnen Jabon und Galen. „Guten Morgen Shina Fay.“, grüßte Jabon. „Guten Morgen.“ „Darf ich dir meinen Bruder Galen vorstellen?“ „Ich freue mich dich kennenzulernen Galen.“ „Ich freue mich auch, dass ich dich noch kennenlernen darf. Wann wirst du dich Nekane stellen?“ „Das wissen nur die Götter Galen. Aber ich komme wieder. Das verspreche ich dir.“ „Bevor sich unsere Wege trennen, Shina Fay, möchte ich dir als Zeichen meiner Liebe diesen Umhang schenken. Er wird dir einen unsichtbaren Schutzschild bescheren, der für jeden Pfeil und jede Klinge undurchdringbar ist.“ „Danke Galen. Aber so ein kostbares Geschenk kann ich nicht annehmen.“ „Nimm es Shina Fay. Vielleicht brauchst du den Umhang, wenn du auf Nekane triffst.“, sagte Jabon. „Würdest du ihn mir umhängen, Galen?“ „Mit dem größten Vergnügen.“

Nekane hatte auf ihrer Suche nach Etgos Enkelin die Königreiche Risia und Istria durchquert. Nun kam sie nach Coluacan. Die Assassine der Blutelfen war seit ihrem Aufbruch von den Blutbergen Tag und Nacht gelaufen. Doch nun war sie müde und vor allem hungrig. In einem Gasthaus in Slashkalla, der Hauptstadt Coluacans, mietete sie sich ein Zimmer. Um nicht aufzufallen, verband Nekane ihre Ohren mit einem Tuch. Zurück im Schankraum setzte sie sich in eine Ecke und wartete ab. Ein Kellner kam zu Nekane an den Tisch. „Darf ich Ihnen was zu trinken bringen?“ „Ein Glas von ihrem Besten bitte.“ „Kommt sofort.“ Nach ein paar Minuten kam der Kellner mit einem Glas Portwein zurück. „Kann ich sonst noch was für Sie tun, Madame?“ „Mit einer Auskunft wäre mir schon geholfen.“ „Was wollen Sie denn wissen?“ „Ich bin auf der Suche nach einer Waldelfe namens Shina Fay. Sie wissen nicht zufälligerweise, wo sie sich derzeit aufhält?“

43

„Nein. Aber vielleicht fragen Sie den alten Gladius. Der weiß so ziemlich alles.“ Und wo finde ich ihn?“ „Er sitzt dort drüben. Der Mann mit der Augenklappe.“ Der Kellner nickte mit dem Kopf auf einen alten Mann am Tresen. „Danke. Hier habt Ihr 10 Goldstücke.“ Danach ging Nekane mit ihrem Wein an den Tresen. „Habt Ihr was dagegen, wenn ich euch Gesellschaft leiste Gladius?“ „Nicht im geringsten. Aber es muss schon einen guten Grund haben, dass Ihr mich ansprecht.“ „Mir wurde gesagt, dass Sie über vieles Bescheid wissen. Im Moment interessiert mich nur eins.“ „Und was wäre das?“ „Ich will den Aufenthaltsort von Shina Fay in Erfahrung bringen.“ „Das letzte, was ich weiß, ist das sie beim Frühlingsfest in Endor, Eterias Hauptstadt war. Kann sein, dass sie schon wieder abgereist ist.“

Am nächsten Morgen machte sich Nekane auf den Weg nach Endor. Doch auch die junge Waldelfe hatte sich auf den Weg nach Vortavor gemacht. Sie hatte beschlossen, Jabon und Galen zu begleiten. Drei Tage nach dem Frühlingsfest kam Shina Fay nach Vortavor, jener Stadt, in der Jabon und sein Bruder Galen lebten. Die beiden Brüder wollten es sich nicht nehmen lassen, die junge Elfe ihrem Vater, König Meteron vorzustellen. Der Regent war aufgrund einer fiebrigen Erkältung verhindert und hatte am Frühlingsfest in Endor nicht teilnehmen können. Meteron staunte nicht schlecht, als er Shina Fay und ihre Freundinnen sah. „Willkommen in meinem Haus Shina Fay und auch ein herzliches Willkommen deinen Freundinnen.“, sagte König Meteron. Shina Fay wollte gerade zu einer Erwiderung ansetzen, da fiel dem Regenten von Vortavor auf, dass sein ältester Sohn den Ring seiner Stiefmutter nicht um den Hals trug.

Die junge Waldelfe bemerkte den zornigen Blick des Königs von Vortavor. Sie trat vor und gab ihm die Kette mit dem Ring zurück. „Wie bist du in den Besitz von Jabons Ring gelangt, Shina Fay?“ „Ich habe ihn beim Armdrücken gewonnen.“ „Jetzt sag bloß, mein Sohn hat dich raus gefordert. „Das hat er in der Tat, mein König. Und ich habe angenommen.“ „Und du hast Jabon fair geschlagen. Der Ring gehört dir Shina Fay. Du hast ihn dir redlich verdient. Er wird dir noch große Dienste leisten. Denn durch ihn verbessert sich deine Wahrnehmung. Du hörst und siehst Dinge, die andere nicht sehen.“ „Dann hätte ich Nekane gegenüber einen weiteren Vorteil.“ „Du meinst die Assassine der Blutelfen?“ „Ja. Die Blutelfen haben sie mir auf den Hals gehetzt. Mit dem Auftrag, mich zu töten.“ „Dann ist es gut, dass du den Ring gewonnen hast.“

Nicht lange nach Shina Fays Ankunft in Vortavor kam auch die Assassine in die Stadt. Damit ihre Ankunft nicht sofort bemerkt wurde, zog Nekane es vor, in einer Herberge am östlichen Ortsrand abzusteigen. 44

Die Assassine war vorsichtig, denn Shina Fay durfte nicht merken, dass ihr Jäger schon in der Stadt weilte. Und deshalb wartete Nekane ein paar Tage, ehe sie sich entschloss, die Stadt zu erkunden, um einen geeigneten Platz für einen Hinterhalt zu finden. In der sogenannten Speicherstadt wurde sie dann fündig.

Tagelang wartete Nekane in ihrem Versteck, doch Shina Fay ließ sich einfach nicht blicken. Die Assassine hasste es, wenn ihr Opfer anfing, Psychospielchen mit ihr zu spielen. „Dann ist Shina Fay also gewarnt. Na schön, kleine Waldelfe. Spielen wir das Spiel eine Weile, wie du es willst. Aber im entscheidenden Moment spielen wir es nach meinen Regeln.“, dachte Nekane.

An einem schönen Frühlingstag erkundete Shina Fay zusammen mit Galen ein bisschen die Stadt. In einer Seitenstraße packte die Stammesführerin vom Clan des roten Habichts Jabons kleinen Bruder am Handgelenk und zog ihn in einen Hauseingang. Galen drückte die junge Elfe an die Hauswand und fing an sie zu küssen. Shina Fay erwiderte den Kuss mit aller Leidenschaft. Doch aus dem Augenwinkel sah sie Nekane die Straße betreten. „Also im Küssen scheinst du ja richtig gut zu sein, Shina Fay. Aber kannst du auch genauso gut mit dem Schwert umgehen?“ „Verschwinde im Haus Galen.“ „Aber…“ „Kein Aber. Mach, dass du rein kommst. Aber dalli!“

Als Galen im Haus verschwunden war zog Shina Fay ihre Schwerter. „Ich weiß, weshalb du hier bist, Nekane. Wollen doch mal sehen, ob du wirklich so gut bist, wie man behauptet.“ Nekane stieß einen lauten Schrei aus und stürmte auf Shina Fay los. Doch die junge Elfe duckte sich und setzte einen Hieb auf den Oberschenkel ihrer Gegnerin. Nekane sah, wie sich an ihrem linken Bein eine Wunde bildete. Ein brennender Schmerz durchzuckte ihr Bein. Damit konnte sie ihre Wirbelattacke nicht einsetzen, mit der sie Ators Tochter hätte überrumpeln können. Stattdessen musste es die Assassine auf die klassische Art versuchen. Wieder stürmte sie vorwärts. Doch es gelang ihr nicht, ihre Gegnerin erneut zu überraschen. Die Waldelfe und die Blutelfe teilten Hiebe aus, dass man das Klirren der Klingen in ganz Vortavor hören konnte. Nekane versuchte ihre Gegnerin in die Enge zu treiben, doch Shina Fay wehrte sich nach Leibeskräften und gab nicht eine Elle nach.

„Das Spiel ist noch nicht vorbei Shina Fay. Wir sehen uns wieder. Das schwöre ich.“ Shina Fay betrachtete Nekane sehr genau und prägte sich jede Einzelheit ein. Die Blutelfe hatte lange schwarze Haare, die ihr bis zu den Hüften reichten. Außerdem hatte sie die typischen Merkmale einer Elfe. Das ovale Gesicht, den grazilen Körperbau und die spitzen Ohren. Auf ihrem Kopf trug sie ein Diadem. Ihre Brüste waren mit einem schmalen Metallband bedeckt. 45

Auch im Schambereich hatte Nekane bekleidungstechnisch wenig vorzuweisen. Sie trug lediglich einen Lendenschurz aus Seide. Dazu trug sie braune langschäftige Lederstiefel. In ihren braunen Augen loderte Hass. „Du hast Recht Nekane. Das Spiel ist erst dann vorbei, wenn einer von uns beiden nicht mehr atmet.“ „Schön, dass du das einsiehst.“

Galen hatte den Zweikampf zwischen seiner großen Liebe und der Assassine aus einem Fenster beobachtet. Und er wusste nur zu gut, dass Shina Fay bei einem erneuten Aufeinandertreffen mit Nekane den kürzeren ziehen würde, wenn er ihr nicht half. Nun beobachtete er, wie sich die Blutelfe zurückzog. Erst als er sie in Richtung Osthafen verschwinden sah, verließ er sein Versteck. „Du hast Nekane erfolgreich die Stirn geboten. Aber das wird sie noch mehr anstacheln, dich zu töten. Wenn du willst, trainiere ich mit dir, und helfe dir, noch besser zu werden.“, sagte Galen. „Danke Galen. Ich werde mich irgendwann dafür erkenntlich zeigen.“

In ihrem Zimmer in der Herberge studierte Nekane eine Karte von Eteria, um einen Ort zu finden, an dem sie Shina Fay in einen Hinterhalt locken konnte. Der Lotosblütensee war bestens geeignet, um einen Hinterhalt zu legen. Shina Fay indessen verbrachte die meiste Zeit ihrer Tage in Vortavor mit Galen beim Training. Galens Vater Meteron und Jabon, Galens großer Bruder, sahen dies mit Wohlwollen. Und während Ators Tochter trainierte, behielten ihre Freundinnen Raya, Desdemona und Kaitlyn Nekane im Auge. Es war die Naga-Königin, die den Aufbruch der Assassine beobachtet hatte. Eines Abends, Shina Fay hielt sich gerade in der Speicherstadt auf, suchte Desdemona ihre Freundin auf. „Nekane ist fort. Sie hat Vortavor verlassen.“ „In welche Richtung Desdemona?“ „In Richtung des Lotosblütensees. Anscheinend will sie dich dort stellen.“ „Nekane hat aber eines nicht bedacht. Ich kenne die Gegend um den See wie meine Westentasche. Immerhin bin ich dort aufgewachsen.“ „Wann brechen wir auf?“ „In zwei Tagen.“ „Einverstanden Shina Fay.“

Als Galen von Shina Fays Abreiseplänen erfuhr, war er ganz traurig. Er hätte zu gerne noch mehr Zeit mit der Elfe, die er über alles liebte, verbracht. Doch er wusste genau, dass Shina Fay ihrem Schicksal, das in Gestalt von Nekane am Lotosblütensee auf sie wartete, nicht davonlaufen konnte. „Wenn alles vorbei ist, dann komm mich besuchen. Ich würde mich freuen.“ „Nur zu gern, Shina Fay. Ich wünsche dir viel Glück. Mögen dir die Götter gnädig sein.“

Nekane hatte unterdessen ihr Lager an den Ufern des Lotosblütensees aufgeschlagen. Tag und Nacht wartete die Assassine, dass Shina Fay endlich kam. Doch die Stammesführerin vom Clan des roten Habichts hatte vorerst 46

andere Dinge im Kopf. Dass es Shina Fay nicht eilig hatte, sich der Blutelfe zu stellen, trieb diese fast in den Wahnsinn. Kurz bevor Ators und White Angels Tochter endgültig die Heimreise antrat, machte sie noch einen Abstecher bei ihrer Cousine Aradil. Diese lebte auf Schloss Edendale, dem sich Edendale Forrest anschloss. Es war Abend geworden, als Shina Fay mit ihren Freundinnen auf Edendale Castle eintraf. Die Waldelfe aus den Wäldern von Aboleni klopfte, an das Tor des Schlosses. Auf dem Wachturm der Zugbrücke erschien ein Wächter. „Wer da?“, fragte er mit einer tiefen Bassstimme. „Ich bin Shina Fay. Stammesführerin vom Clan des roten Habichts und Cousine deiner Herrin.“ „Einen Moment. Ich komme runter.“ Es dauerte nicht lange, bis die Zugbrücke heruntergelassen wurde und ein Mann mit einem schwarzen Bart und einem markanten Elfengesicht erschien. Er war zwar nicht sehr groß, aber kräftig gebaut. Seine blauen Augen strahlten Güte aus.

Der Soldat sah Shina Fay prüfend an. Dann trat ein Lächeln in sein Gesicht als er sagte: „Shina Fay! Ich freue mich dich zu sehen. Lass dich ansehen.“ Nachdem er Aradils Cousine gemustert hatte meinte er: „Ich muss schon sagen, dass du zu einer richtigen Schönheit herangewachsen bist.“ „Ich danke dir Gurney. Wie geht es Aradil?“ „Sie wird sich freuen, dich zu sehen.“ Dann sah Gurney Shina Fays Freundinnen. „Und wen hast du noch mitgebracht?“ „Das sind meine Freundinnen Gurney. Raya aus Erathia. Desdemona, eine Naga-Königin aus Risia und Kaitlyn.“ „Ich kenne Kaitlyn. Sie ist Königin Azuras Tochter.“ „Ich fürchte, ich muss dich korrigieren Gurney. Sie WAR Königin Azuras Tochter. Azura hat ihr eigenes Kind verstoßen und das nur, weil Kaitlyn von Tyrion sexuell missbraucht worden ist.“ „Tyrion? Der Echsenkrieger?“ „Eben jener. Auf sein Konto geht auch der Überfall auf die Karawane aus Coluacan und der Überfall auf den Gutshof am Lotosblütensee.“ „Du hast ihn getötet?“ „Hab ich. Gegen meinen Dolch gab es kein Entrinnen.“ „Und mit wem hast du es jetzt zu tun Shina Fay?“ „Nekane.“

„Ach du dickes Ei. Nekane, die Assassine der Blutelfen.“ „Die Blutelfen haben sie mir auf den Hals gehetzt, mit dem Auftrag mich zu töten.“ Raya machte sich bemerkbar. „Entschuldigt bitte. Aber ich friere. Können wir reingehen?“ „An mir soll es nicht scheitern.“ Kurze Zeit später standen die Freundinnen zumindest im Innenhof. Shina Fay klopfte an die Tür des Haupthauses. Ein schlurfendes Geräusch wurde hörbar. Dann wurde die Tür einen Spalt breit geöffnet. Die Waldelfe sah ein runzliges Gesicht mit einer Hakennase. Sie identifizierte den alten Mann als den langjährigen Hausdiener Marsdoke. „Wer wagt es, zu so später Stunde die Nachtruhe zu stören?“, fragte der Diener. „Shina Fay.“

Marsdoke öffnete die Tür ganz, 47

um sicher zu gehen, dass auch wirklich die Cousine seiner Herrin vor ihm stand. „Du bist es. Wahrlich und wahrhaftig Shina Fay. Du bist hier.“ „Können meine Freundinnen und ich ein paar Tage hierbleiben? Ich würde gerne mit Aradil sprechen.“ „Das wird kein Problem darstellen. Kommt rein Ladies.“ Als Marsdoke die Tür wieder geschlossen hatte, fröstelte es Raya nicht mehr ganz so sehr. „Endlich im warmen.“, sagte sie. Auf der Balustrade über den Freundinnnen waren Schritte zu hören.

Shina Fay ließ ihren Blick durch den Raum schweifen. Es hatte sich nichts verändert, seit sie das letzte Mal hier gewesen war. Sie sah zur Balustrade hinauf, die um den ganzen Raum herum verlief. Aradil, ihre Cousine stand dort und sah sie an. „Du hättest deinen Besuch ankündigen sollen, Cousinchen.“, sagte sie. „Und ich dachte, du freust dich, mich zu sehen.“ „Ich freu mich ja auch, Shina Fay. Aber im Moment ist hier im wahrsten Sinne des Wortes die Hölle los.“ „Komm doch erst mal runter. Und dann erzähl mir, was passiert ist.“ Aradil kam von der Balustrade herab und umarmte ihre Cousine erst mal. „Also Aradil, was bedrückt dich?“ „Es begann vor wenigen Tagen. Ein Fremder ist in den Wäldern aufgetaucht. Er scheint so eine Art Jäger zu sein. Zumindest sieht er so aus.“ „Was macht er denn schlimmes?“ „Du kennst doch die Furbolgs oder?“ „Ja natürlich.“ „Seit er hier ist, werden es immer weniger.“ „Ich habe vor einige Tage zu bleiben. Ich werde mich der Sache annehmen.“ „Du würdest mir damit eine große Last von den Schultern nehmen, Shina Fay.“

Doch dann bemerkte Aradil Raya, Desdemona und Kaitlyn. „Wieso hast du nicht gesagt, dass du nicht alleine hier bist?“ „Du hast nicht gefragt, Aradil.“ „Würdest du mir deine Begleiterinnen vorstellen?“ „Begleiterinnen, ist doch sehr untertrieben Aradil. Freundinnen trifft es besser.“ „Haben deine Freundinnen auch Namen. „Ich bin Raya.“ „Ich Desdemona.“ „Und ich bin Kaitlyn.“ „Es freut mich, die Freundinnen meiner Cousine Shina Fay kennenzulernen. Seid willkommen in meinem Haus.“

Nach dem Abendessen, dass Marsdoke mit einigen Schwierigkeiten serviert hatte, saßen Shina Fay und Aradil mit Shina Fays Freundinnen am Kamin. „Darf ich eine Frage stellen?“, fragte Raya. „Was immer du willst.“ „Was sind Furbolgs?“ „Sie sehen aus wie Bären. Aber im Gegensatz zu ihren wilden Verwandten verstehen Furbolgs unsere Sprache. Sie denken wie wir.“ „Du hast ihre Schamanen vergessen Aradil. Die Furbolg-Schamanen sind mindestens genauso gefürchtet wie die Furbolgs. Der Einzige Unterschied zwischen Furbolgs und Furbolg-Schamanen liegt in den magischen Kräften. Bei den Schamanen sind sie stärker ausgeprägt. 48

Außerdem haben die Schamanen Stammesabzeichen.“, ergänzte Shina Fay die Erklärungen Aradils. „Kann man mit ihnen Geld verdienen?“ „Eigentlich nicht. Zumindest nicht als Attraktion auf dem Jahrmarkt. Höchstens das Fell bringt Geld, da behauptet wird, die magischen Kräfte eines Furbolgs gingen auf den Träger seines Fells über.“, sagte Aradil. „Ich denke, wir sollten uns schlafen legen. Denn morgen müssen wir früh raus, wenn wir mehr erfahren wollen. Furbolgs kann man nur im Morgengrauen beobachten.“

Noch bevor die Sonne am nächsten Tag aufging, waren Shina Fay und ihre Freundinnen zusammen mit Aradil in Edendale Forrest unterwegs. „Die Furbolgs sind seit dem Auftauchen des Jägers sehr misstrauisch. Gerade Fremden gegenüber.“, sagte Aradil. Sie hatte den Satz gerade zu Ende gesprochen, da wurden die Zweige eines Busches wild beiseitegeschoben, dass sie abbrachen. Raya blieb fast der Atem stehen, als sie das Ungeheuer sah, das aus den Büschen hervorbrach. Doch Shina Fay entging nicht der gehetzte Ausdruck in den Augen des Furbolgs. Der Bär wandte sich nach links und rannte davon. „War das ein…?“ „Furbolg? Nein. Das war ein Furbolg-Schamane. Hast du nicht die Stammesabzeichen gesehen, die auf seinem gesamten Kopf zu sehen waren?“ „Ich hab vor lauter Angst nicht so richtig drauf geachtet.“

Nur kurze Zeit später kam eine Meute Jagdhunde vorbei, wie die Menschen sie hielten. Kurz darauf erschien auch der fremde Jäger. „Keinen Schritt weiter Fremdling!“ Der Jäger drehte sich langsam um und sah Shina Fay vor sich stehen. Sie hatte den Bogen auf ihn gerichtet und die Spitze des Pfeiles zeigte direkt die Stirn des Fremden. Der Jäger drehte den Kopf leicht nach links und sah, dass auch Raya mit ihrem Bogen auf ihn zielte. Dem Fremden rutschte das Herz in die Hose, denn Shina Fays Gesichtsausdruck verriet ihm, dass die Waldelfe nicht lang fackeln und ihren Pfeil auf seine todbringende Reise schicken würde. „Wenn du auch nur einmal zuckst Fremder, dann schicke ich dich in die ewigen Jagdgründe.“, zischte Shina Fay.

Ganz in der Nähe hörten die Freundinnen, wie eine Falle zuschnappte. Auch die Gesichtszüge des Jägers veränderten sich schlagartig. Hatte er eben noch Angst, so war in seinem Gesicht nur noch blanker Hass zu erkennen. „Verflucht seist du, du dumme Elfe. Deinetwegen geht mir der dieser Furbolg-Schamane durch die Lappen. Ich könnte ihn schon längst häuten, wenn du mir nicht alles versaut hättest.“ „Du quatschst mir zu viel Fremder.“ Im nächsten Augenblick ließ Shina Fay den Pfeil los. Rayas Pfeil folgte den Bruchteil einer Sekunde später.

Als der Jäger tot am Boden lag, folgten Shina Fay und ihre Freundinnen den Spuren des Schamanen. Diese führten zu einem riesigen Käfig, 49

in dem der Furbolg-Schamane gefangen war. Die Jagdhunde waren nirgends zu sehen, doch Shina Fay ahnte, dass sie in der Nähe waren und nur darauf warteten, dass jemand so unvorsichtig sein würde, und den Versuch unternehmen würde, die Falltür in die Höhe zu stemmen. Deshalb entschied sich Shina Fay, das Gegenteil zu tun. Mit zwei Schwerthieben durchtrennte sie die Hanfseile, die die Tür an Ort und Stelle hielten.

Der Schamane warf sich mit seinem ganzen Gewicht gegen die Tür und diese fiel der Länge nach auf den Boden. Der Aufprall alarmierte die Hundemeute und diese kamen in Windeseile heran gestürmt. Doch der Furbolg-Schamane war schon aus seinem Gefängnis entflohen und stellte sich den Hunden in den Weg. Dabei flüsterte er eine Beschwörungsformel, die mit jeder Silbe immer lauter wurde. Mit den Worten „WURM, ERDE UND FEUER, HÖRT MEINEN RUF!!!“, versetzte sich der Schamane in einen wahren Blutrausch. Ehe die Hunde wussten, wie ihnen geschah, hatte der Schamane in seinem Rausch, alle mit einem Biss in die Kehle getötet. Als auch der letzte der Bluthunde tot am Boden lag, hörte auch der Rausch auf.

„Danke Shina Fay, dass du den Jäger aufgehalten hast.“ „Woher weißt du, wer ich bin?“ „Vergiss nicht, dass ich schon länger lebe, als Du. Ich habe dich heranwachsen sehen. Und ich weiß, was dich seit deinem 25. Geburtstag erwartet.“ „Dann weißt du sicher auch, mit wem ich es jetzt zu tun habe. Aber ich würde gerne noch deinen Namen wissen.“ „Ich bin Korax, der älteste aller Furbolg-Schamanen. Und deine Gegnerin ist Nekane, die Assassine der Blutelfen. Sie wartet schon auf dich. Am Lotosblütensee. Und sie ist schon ganz ungeduldig. Mit jedem Tag, den du vergehen lässt, richtet sie mehr und mehr Schaden an. Du solltest also bald aufbrechen, Shina Fay. „Also so eilig hab ich es nun auch wieder nicht Korax.“

„Ich dachte mir, dass du sowas sagen würdest. Du und Raya habt den Jäger getötet. Daher gebührt euch beiden mein Dank. Ich habe hier ein paar Edelsteine. Jeder Stein besitzt magische Kräfte. Wählt einen aus.“ Korax nahm einen Lederbeutel von seinem Lendenschurz und öffnete ihn. Dann ließ er zuerst Shina Fay hineingreifen. Ators Tochter zog einen Rubin von der Größe eines Taubeneis aus dem Beutel. Raya wählte einen Amethyst, der ebenso groß war. „Shina Fay, der Rubin, den du dir gewählt hast, hat die Fähigkeit, aus deinen Pfeilen Feuerpfeile zu machen, wenn du den entsprechenden Zauber dazu benutzt.“ „Raya, dein Amethyst ist in der Lage, sämtliche Wunden zu heilen, egal wie tief sie auch sein mögen. Außerdem macht er sämtliche Gifte sofort unschädlich.“ 50

Später am Abend saßen die Freundinnen mit Shina Fays Cousine Aradil wieder am Kamin. „Du hast mir heute eine große Last von der Seele genommen. Ich danke dir von ganzem Herzen Shina Fay.“, sagte Aradil. Zum ersten Mal hatte Kaitlyn die Möglichkeit Shina Fays Cousine genauer zu betrachten. Aradils Körper war genauso schlank wie der Shina Fays. Allerdings war ihr Gesicht nicht ganz so schmal geschnitten, sondern etwas runder. Auch Aradil hatte wie Shina Fay grüne Augen. Ihre braunen Haare allerdings waren etwas heller, als die ihrer Cousine. Bekleidet war Aradil mit einem roten Kleid aus Seide, das eng anlag und ihren schönen Körper betonte. Dazu trug sie weiße Sandaletten.

Shina Fay blieb noch drei weitere Tage bei ihrer Cousine. „Pass auf dich auf Shina Fay. Und ich hoffe, dass du und deine Freundinnen mich noch mal besuchen kommt.“ „Ganz bestimmt. Aber es gibt noch etwas, das ich dir schon die ganze Zeit sagen wollte, Aradil. Leider kam ich bisher nicht dazu.“ „Was?“ „Ich hab mich verliebt. Sein Name ist Galen. Er lebt in Vortavor und ist der jüngste Sohn von König Meteron.“ „Mein Glückwunsch Shina Fay. Aber jetzt konzentriere dich auf die Aufgabe, die vor dir liegt. Töte Nekane.“

Kurz bevor die Freundinnen Edendale Forrest verließen, trafen sie noch einmal auf Korax, der sie bis zum Rand des Waldes begleitete. Als Shina Fay, Raya, Desdemona und Kaitlyn den Wald verlassen hatten, drehte sich Shina Fay noch einmal um und winkte zum Abschied. Korax stand einfach nur da. Und so sah ihn die junge Elfe zum letzten Mal. Korax sah aus wie ein Bär, nur dass er auf zwei Beinen ging. In der linken Hand hielt er einen magischen Speer. Seine Genitalien wurden durch einen Lendenschurz aus Leder verdeckt.

Nekanes Ungeduld war fast grenzenlos geworden, als sie dann endlich den weißen Säbelzahntiger mit Shina Fay auf dem Rücken erkannte. „Du hast aber lange gebraucht, um dich zu stellen.“, sagte die Assassine, als Shina Fay abgestiegen war. „Ich hatte es nicht eilig. Außerdem hat meine Cousine meine Hilfe gebraucht. Du kannst das natürlich nicht verstehen. Denn du hast keine Familie.“ „Genug geredet Shina Fay. Lass uns zu Ende bringen, was wir in Vortavor begonnen haben.“ „Wie du meinst.“

Shina Fay zog ihre Schwerter. Nekane tat das gleiche. Die Blutelfe versuchte mit ihrem Angriffswirbel einen Treffer an Shina Fays Kehle zu setzen, doch die Waldelfe hatte dies vorausgesehen und sich im rechten Augenblick geduckt. Aus der Bewegung heraus setzte sie einen Schnitt auf Nekanes rechten Oberschenkel, der bis zum Ansatz des Beckens reichte. Die Assassine schrie auf. Sie drehte sich um und wollte zu einem erneuten Hieb ansetzen, doch Shina Fay machte einen Sprung über ihre Gegnerin hinweg. 51

Noch im Fall schaffte sie es, Nekane mit einem Hieb ihrer gekreuzten Klingen am Rücken zu verletzen. Dieser Hieb war es, der die Assassine zu Boden warf. Schnell wie der Blitz war Shina Fay über ihr, riss ihren Kopf an den Haaren zurück und schnitt Nekane die Kehle durch.

Es war Abend geworden, als Shina Fay in ihr Dorf zurückgekehrt war. Ihre Freundinnen und die Einwohner des Dorfes hatten gerade das große Feuer entzündet. Shina Fay sprach gerade mit Halgrim, als ein Fanfarensignal ertönte. Ein Herold kam angeritten. „Es ist eingetroffen: König Meteron, Herrscher von Vortavor.“ Die Freundinnen glaubten sich verhört zu haben, doch dann konnte Raya den König entdecken. Doch er war nicht allein, wie sie feststellen konnte. Seine beiden Söhne waren ebenfalls dabei. „Galen ist gekommen, Shina Fay.“ „Bist du dir sicher Raya?“ „So sicher, wie man sich nur sein kann.“ Doch die Ankunft von Galen sollte nicht die einzige Überraschung an diesem Abend sein. Auch Shina Fays Cousine Aradil kam zu der Feier.

Später am Abend, es war bereits dunkel geworden, kam dann auch Netanya mit ihrer Schülerin Ayla. Nach einer innigen Umarmung sagte die Hohepriesterin: „Ich wusste, dass du Nekane besiegen kannst.“ „Danke, dass du an mich geglaubt hast.“ „Ich glaube immer noch an dich. Du kannst die Prüfungen bestehen. Doch je näher du deinem Ziel kommst, umso schwieriger wird es werden.“ „Ich will den Bogen meines Vaters. Ich habe nicht vor zu versagen.“ Ayla meldete sich zu Wort. „Deine Einstellung gefällt mir. Aber hast du dich schon im Umgang mit deinen magischen Fähigkeiten versucht? Hast du gelernt sie zu kontrollieren?“ „Ja, ich habe den Umgang mit Magie erlernt. Ich werde es dir beweisen.“

Shina Fay holte einen Apfel aus ihrer Ledertasche und warf ihn die Luft. Für einen kurzen Augenblick wurde die Frucht von Licht eingehüllt, ehe sie sich in Luft auflöste und eine weiße Taube zum Vorschein kam. „Reicht dir das als Beweis Ayla?“ „Das war nicht schlecht. Aber ob das auch reicht, wenn du deinen nächste Prüfung antrittst, wage ich zu bezweifeln.“ „Wann soll es denn losgehen?“ „Das wissen nur die Götter, Shina Fay.“, sagte Netanya. 52



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  patchi
2017-06-26T19:40:09+00:00 26.06.2017 21:40
Guten Tag ! Es passiert selten, dass ich allein durch den ersten Satz aus dem Konzept komme. Shina Fay hat was wie von Tuatha de Danann und der alte Mönch klingt so bissel wie Remigio (Remigio de Varagine - Umberto Eco). Bin etwas verwirrt, daher frage ich garnicht erst nach Inspirationsquellen. thanks R.
Antwort von:  BlueGenie1974
01.07.2017 18:20
Hallo patchie. Ich hoffe, dass dir auch die anderen Kapitel gefallen haben. Was nun aber Bruder Remigius angeht, so habe ich keinerlei Ähnlichkeit mit der Figur aus "Der Name der Rose" im Sinn. Der Leser soll sich ruhig selber vorstellen, wie welche Figur aussehen könnte, die nicht von mir beschrieben wurde.


Zurück