Abschied
„Vergiss mich nicht“, eindringlich sah Mimi in die Augen ihres besten Freundes. „Werde ich nicht“, lächelte er und legte seine Hände auf ihre Schultern. „Nein“, sie schüttelte den Kopf und schlang ihre Arme um seinen Hals, „du darfst mich auf keinen Fall vergessen.“ Sie versteckte ihr Gesicht an seinem Hals, doch er spürte, wie ihre Stimme zitterte. Leicht verwirrt legte er einfach nur seine Arme um ihren Körper. Er verstand nicht, was sie damit meinte, so wie fast immer. „Natürlich, ich werde dich nicht vergessen“, sein Griff festigte sich und ein letztes Mal zog er diesen vertrauten, blumigen Duft ein.
Außenseiter
Mit gesenktem Kopf saß Koushiro unter dem Baum. Nachdenklich starrte er sein Bento an. Seit Mimi weg war hatte er keine Freunde gefunden. Sie war sein Tor zur Außenwelt gewesen. Auch wenn er sich nur noch verschwommen an das Brünette Mädchen erinnerte. Immerhin war das nun fünf Jahre her. Bestimmt hatte sie im Gegensatz zu ihm schon ganz viele Freunde gefunden. Aber er konnte einfach nicht mit anderen Kindern, daher saß er Tag für Tag hier. Immer allein. Dafür blieb ihm allerdings immer noch etwas Zeit zum lesen. Weshalb auch immer beschäftigte er sich neuerdings mit Computern und dem Programmieren.
Mittelpunkt
Lächelnd sah sich Mimi um, sie freute sich, so war doch heute ihr neunter Geburtstag. Gerade nahm sie ein Geschenk ihrer besten Freundin entgegen und packte es auch gleich aus. Zum Vorschein kam ein neuer Schal und unweigerlich stockte sie. Er gefiel ihr nicht, irgendwas stimmte mit diesem Stück Stoff nicht. Sie wusste nicht was es war, doch es war einfach so. Dabei kam ihr unweigerlich Koushiro in den Sinn. Er war jetzt sicher allein. Aber er hätte gewusst, was ihr gefiel und hätte er es falsch gemacht, dann hätte sie ihm aber was erzählt. Sie vermisste ihn so sehr.
Langeweile
Gelangweilt verfolgte Mimi die Gespräche ihrer Freundinnen. Wieder einmal ging es um die Jungen ihrer Klasse. Zum neuen Schuljahr waren einige gegangen und ein paar neue dazu gekommen. Aber sie übertrieben wieder einmal. Sie konnte die Jungen an einer Hand abzählen und die drei dehnten jeden auf eine Stunde aus. Alles wurde abgearbeitet. Aussehen. Hobbies. Charakter. Freundeskreis. Woher die das nach einem Tag alles wussten, verstand die Brünette nicht, sie interessierte sich nicht dafür. Hatte sie noch nie. Sie wollte nur einen wieder in ihrem Leben haben, doch er war fort. Erinnerte er sich nach neun Jahren noch an sie?
Arbeit
Nachdenklich stand Koushiro vor seinem Bücherregal und suchte verbissen nach seinem C++ Buch. Er brauchte es dringend und obwohl es so dick war, versteckte es sich in seinem Regal. Bis er es im untersten Fach fand. Er suchte sich die Stelle raus, überlegte, wie er es einbauen könnte und stellte es zurück. Zufrieden trat der Rothaarige an den Schreibtisch zurück und nahm wieder vor seinem Rechner Platz. Bevor er es vergaß, tippte er den Absatz ab, dann fiel sein Blick auf das Foto neben seinem Bildschirm. Es zeigte Mimi und ihn im Kimono vor neun Jahren auf dem Tanabata Fest.
Liebe
Verlegen sah Koushiro zur Seite. Natürlich freute er sich über die Worte des Mädchens, doch er kannte sie nicht. Sie war vielleicht ganz nett, doch er hatte bisher nie ein Wort mit ihr gewechselt. Wieso kam sie überhaupt gerade auf ihn? Er tat nichts Hervorragendes. Er war einfach nur ein Nerd und nichts weiter. Die Sportler an ihrer Schule waren viel attraktiver. Zudem war Koushiro selbst mit seinen 16 Jahren immer noch ein Außenseiter in seiner Klasse. Wenn er auch nicht mehr so ausgeschlossen wie zuvor war. Dass ihm allerdings ein Mädchen ihre Liebe gestand, konnte er einfach nicht glauben.
Sex
Stöhnend bäumte sich Mimi auf. Das fühlte sich so unbeschreiblich an, sie konnte das gar nicht erklären. Wieder stieß er in sie und erneut keuchte sie. Doch es fühlte sich trotzdem seltsam an. Als wäre das hier nicht das Richtige. Als wäre dieser Junge nicht der Richtige. Aber sie hatte sich hierzu hinreißen lassen. Der Junge wollte schon so lange etwas von ihr und ihre Freundinnen hatten sie dazu gebracht. Jetzt war sie hier mit ihm und bei ihm. Noch einmal stieß er kräftig in sie und sank auf ihr zusammen. Doch in ihr blieb das Gefühl der Leere bestehen.
Ende
Entgeistert starrte er die Brünette an. Diese erwiderte den Blick nachdenklich. Ihr war unwohl, doch sie musste es ertragen und stark bleiben. Sie hatte ihm gerade eröffnet, dass Schluss sei. Immerhin waren sie nun schon zwei Jahre zusammen. Auch wenn sie gehofft hatte, Gefühle für ihn zu entwickeln, so war das nie geschehen. Es wäre einfach nicht fair so mit ihm zusammen zu sein. Also wollte sie es beenden. Mit einem Kloß im Hals sah sie zu, wie er sich umdrehte und langsam ging. Dabei schlug er mit der Faust gegen die Wand, ehe er komplett aus ihrem Leben verschwand.
Anfang
Noch immer konnte es Koushiro nicht glauben. Nach nun endlich vierzehn Jahren hatte Koushiro seine ersten richtigen Freunde gefunden. Er war Teil einer Gruppe und gleichberechtigt unter ihnen. Er freute sich und hoffte auch, dass Mimi stolz auf ihn wäre. Ob sie sich überhaupt noch an ihn erinnerte? Wieder lächelte er, als er nach seiner Meinung gefragt wurde, dann nickte er. Und tatsächlich hörten sie auf ihn und wurde beachtet. Es war schön hier mit ihnen zu sein. Auch wenn die Schulzeit schon um war und er bald auf die Uni gehen würde. Doch sie würden sich auch weiterhin sehen.
Nerd
Suchend starrte Koushiro das Bücherregal an. Er fand das Buch einfach nicht. Was war das hier bitte für eine Bücherei, wenn sie ihre Bestände nicht richtig sortieren konnten. Er stand kurz davor alles umzusortieren, weil es ihn störte, aber er hatte wichtigeres zu tun. Ein Jahr studierte er nun und er war immer noch so engagiert wie zu Beginn. Manche bezeichneten ihn als Nerd, doch er wollte einfach nur fleißig sein, da er sich um seine Zukunft sorgte. Er wollte ein guter Mann werden, jemand auf den man stolz sein konnte. Also musste er sich nun durch die Bücher kämpfen.
Prinzessin
Sich über die Blicke bewusst, die die jungen Männer ihr zu warfen, schritt Mimi durch die Bücherei. Ihr Kleid umspielte ihren Körper und ihre Haare wippten bei jedem Schritt. Da entdeckte sie, was sie suchte. Oft Prinzessin von allen genannt, fühlte sie sich gerade auch wie eine. Aber sie wollte nur von einem angestarrt werden und der war gerade einigen Büchern zugewandt. Fünfzehn Jahre war es her und er war richtig erwachsen und groß geworden. Ob er sie noch kannte? Sanft legte sie eine Hand auf seine leicht muskulöse Schulter. Er zuckte zusammen und drehte sich gerade zu ihr um.
Wiedersehen
Überrascht weiteten sich Koushiros Augen, sie hat sich äußerlich nicht verändert. Sie war natürlich gewachsen und hatte ihre weiblichen Kurven bekommen, abgesehen davon würde er sie wohl immer erkennen. „Du bist groß geworden“, erfüllte ihre weiche Stimme den Raum. „Du auch.“ „Erinnerst du dich noch?“ „Natürlich erinner ich mich an dich.“ Lächelnd schüttelte sie den Kopf und schob ihre Hände um seine Mitte. Begierig sog er den blumigen Duft ein. „Nein … unser Versprechen …“, flüsterte sie. Er nickte. Dabei streifte er unbewusst mit seiner Nase ihren Hals. „Ich sollte dich nicht vergessen, egal was kommen würde.“ Das war richtig.
