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Konoha Side Stories

von

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Der ewige Chunin 6

5.

Wir hatten den ersten Einsatz in einer D-Mission binnen weniger Stunden erledigt. Meine Genin hatten sich, nachdem sie sich leidlich an mir orientiert hatten, mit detektivischem Spürsinn und Kombinationsgabe bewährt. Das ließ für die Zukunft hoffen. Oft genug, gerade bei den höherrangigen Missionen, war der Verstand die erste eingesetzte Waffe in unserem Gewerbe. Ich war sehr zufrieden, und meine Genin hatten eine Belohnung verdient. Und was war klassischerweise die Belohnung für eine bestandene Aufgabe? Eine noch schwerere Aufgabe natürlich.
 

Es wurde schon dunkel, viel Tageslicht würde uns nicht mehr bleiben, aber ich wollte ihnen doch einmal vorführen, was sie die Tage bis zu Kishio-kuns Heilung trainieren würden müssen. Also ging ich mit meinen Genin aus dem kleinen Dorf in den Wald hinaus, und suchte mir einen besonders großen Baum aus. "Ihr erinnert euch doch daran, das Lee-kun über Wasser laufen kann, oder?"

"Logisch, Sensei", murmelte Shinji. "Ich dachte, mir fallen die Augen aus."

"Den Anblick kann man ja kaum vergessen", fügte Kira an. Mit leuchtenden Augen ergänzte er: "Bringst du uns das bei, Sensei?"

Mai klopfte ihm mit der rechten Faust gegen den Oberarm. "Eins nach dem anderen, Kira! Heute ist erst mal klettern dran, so wie Sensei gesagt hat."

Ich schmunzelte. "Richtig. Heute klettern wir. Auf dem Wasser zu laufen erfordert eine feine Beherrschung des Chakra-Systems, die Ihr erlernt, nachdem Ihr euch als Genin bewährt und eure Jutsu hundertfach angewendet habt. Tatsächlich ist es ein inoffizielles Zeichen dafür, dass Ihr zur Chunin-Prüfung zugelassen werden könnt, wenn Ihr auf dem Wasser laufen könnt. Doch bis es soweit ist, müsst Ihr eure Jutsu üben, üben, üben. Erst dann könnt Ihr die feinen Nuancen nutzen, die man für das Wasserwandeln braucht. Auf Bäume klettern ist wesentlich leichter."

Ich deutete den Baumriesen empor. "Was denkt Ihr, wie hoch ist die Pappel?"

Shinji kniff die Augen zu Schlitzen zusammen. "Fünfzehn Meter?"

"Eher zwanzig", meinte Mai.

Kira brummte nur undeutlich.

"Es sind dreiundzwanzig Meter. Der Baum hier ist über einhundert Jahre alt, und er ist der Urtrieb für die anderen Pappeln, die ihn umgeben. Er ist sozusagen der Mutterbaum." Ich grinste frech. "Ich habe ihn vor allem deshalb ausgesucht, weil er hier schon hundert Jahre steht, und Stürme, Gewitter, Überschwemmungen und Wildfraß überlebt hat. Da wird er euch Genin auch noch verkraften, schätze ich."

"Sensei!", rief Shinji vorwurfsvoll.

"Jedenfalls", sagte ich, und klatschte dabei einmal in die Hände, "werdet Ihr den Baum hochlaufen. Oder spazieren. Wie, ist mir eigentlich egal, aber Ihr dürft eure Hände nicht benutzen."

"Wie, wir dürfen unsere Hände nicht benutzen?", staunte Mai. "Aber wie sollen wir dann...?"

"So", sagte ich, noch immer grinsend, und setzte einen Fuß auf den Stamm. Dann setzte ich den zweiten Fuß daneben, und ein kurzes Aufkeuchen ging durch meine Genin, als ich nicht wie sie erwartet hatten, stantepede auf der Erde landete. In gemütlichem Tempo spazierte ich nun den Baum bis in den Wipfel hinauf, und winkte den drei von dort freundlich zu. Für den Weg hinab benutzte ich Step. "Und?"

"Wow! Wie hast du das gemacht? Das habe ich ja noch gar nicht gesehen!", rief Kira aufgeregt.

"Es ist eine Fähigkeit, die für den Kampf bestimmt ist. Sie wird sie nicht an der Akademie gelehrt, weil es Sache des Jounin ist zu entscheiden, wann Ihr bereit seid. Meistens ist das nach den ersten Missionen der Fall, und es ist das Privileg des Gruppenanführers, euch diese Kunst beizubringen.

Deshalb werden dir, Shinji, dein Bruder und dein Vater nichts davon erzählt haben. Und dir, Kira, hat deine Mutter aus den gleichen Gründen nichts gesagt. Und Mai, ich wette, deine Eltern hätten ausweichend geantwortet, wenn du so ein Jutsu beobachtet, und sie mit Fragen bombardiert hättest."

Die drei sahen mich an und seufzten. "Typisch Erwachsene", sagte Mai. "Als wenn wir nicht selbst entscheiden könnten, ob..."

"Nun! Jetzt dürft Ihr es ja lernen. Wenn Ihr wollt!", unterbrach ich sie. "Ihr wollt doch, oder?"

"Jawohl, Sensei!", riefen sie aufgeregt.

"Nun gut. Dann will ich euch zuerst den Trick verraten, mit dem es funktioniert. Ihr dürftet heute noch, hm, dem Sonnenstand nach zu urteilen, eine halbe Stunde Sonnenschein haben. Bis zur Dämmerung lasse ich euch üben. Das ist noch mal eine halbe Stunde. Ansonsten trainieren wir die nächsten drei Tage, in denen Kishio das Bett hüten muss."

Ich ging in die Hocke, und mit einem inneren Schmunzeln beobachtete ich, dass die drei es mir nachmachten. "Das Geheimnis ist natürlich Chakra. Chakra, und die Kontrolle darüber. Je besser Ihr euer Chakra beherrscht, desto einfacher ist es. Und je besser Ihr beim Klettern seid, desto einfacher wird euch später das Wasserwandeln fallen."

Wasserwandeln. Alleine das Wort ließ die Augen der drei aufleuchten.

"Der Trick ist, dass Ihr Chakra in euren Füßen sammelt. Ihr wisst ja alle, wie man Chakra für ein Jutsu schmiedet, aber nicht, wie man es sammelt. Das werdet Ihr auf die harte Tour lernen müssen. Und dieses gesammelte fokussierte Chakra wird die einfachste Aufgabe erfüllen, die es ungelenkt vollbringen kann. Es wird sich festsaugen. Und damit könnt Ihr dann die Bäume hoch laufen."

Ihren Blicken nach zu urteilen konnte ich mir die "Habt Ihr das verstanden?"-Frage wohl sparen.
 

"Es hat mit Vorstellungskraft zu tun. Ihr müsst Chakra schmieden, und dann entscheiden, es in eure Füße zu schicken, wo es euch dann am Boden oder am Baum festsaugen wird. Anfangs wird es wirklich nur eure Vorstellung sein, aber mit jedem Meter, den Ihr den Baum hochkommt, wird es besser, leichter, einfacher. Von der Vorstellung bis zum Erfolg sind es nur wenige Schritte. Aber jeder Schritt muss absolviert werden. Habt Ihr noch Fragen?"

"Wenn ich es nicht gesehen hätte", murmelte Kira, "und wenn ich Lee-sempai nicht auf dem See gesehen hätte, würde ich es nicht glauben."

"Und genau das ist der springende Punkt. Es hat nichts mit Glauben zu tun. Nur etwas damit, es zu tun oder zu lassen. Oder... Hm, vielleicht erklärt euch das einiges."

Ich streckte meinen rechten Arm aus. Mit der Linken fokussierte ich mich, und sandte mein Chakra in den Arm. "So, jetzt geht's. Kira, nimm dein Wakizashi, und schlag mir auf den Arm."

"Was? Sensei, die Klinge ist Rasiermesserscharf und..."

"Keine Sorge. Mir wird nichts passieren. Los, schlag zu."

"A-auf deine Verantwortung, und weil Perine-sensei in der Nähe ist." Er zog die scharfe Klinge, zögerte, holte ein wenig aus, nahm den Schwung wieder raus, und hieb dann halbherzig zu. Nichts passierte.

"Aber... Aber..." Aus großen Augen sah er mich an.

"Zeig das Ding mal her. Autsch, ist ja doch scharf", brummte Shinji, und hielt sich die aufgeschnittene Daumenkuppe.

Der ganze Daumen hätte ab sein können. Das würde ich Shinji später noch eindringlich klar machen.

Bedächtig hob ich meinen Ärmel, um den Genin den Schnitt darin und die unverletzte Haut darunter zu zeigen. "Ich benutze sogenanntes hartes Chakra. Es hat meinen Arm so sehr verfestigt, dass er härter als Stahl ist. Diese Kunst erfordert aber viel Konzentration, und noch mehr Chakra. Früher hat man Blut für diese Technik verwendet, also aufgestautes Blut. Heutzutage nimmt man Chakra.

Chakra ist besser. Härter. Kontrollierbarer. Es geht vor allem schneller, sodass wahre Meister diese Kunst sogar in einem hektischen Kampf anwenden können. Manche wenden sie auf den ganzen Körper an, während wir armen Shinobi mit einer geringeren Chakra-Kontrolle vielleicht eine Hand oder auch nur ein paar Finger verhärten können, wenn unser Gegner uns die Zeit lässt. Das alles hängt mit der Chakra-Kontrolle zusammen. Je besser Ihr euren Chakra-Fluss koordiniert, desto mehr Möglichkeiten stehen euch offen. Das wollte ich damit sagen. Auf Bäume klettern, auf Wasser wandeln, den Körper verhärten bis ein Schwert ihm nichts anhaben kann, all das könnt Ihr erreichen, wenn Ihr euer Chakra kontrollieren lernt."

Langsam zog ich den Arm zurück. Die Stelle im Ärmel würde ich später nähen müssen. "Und wie kontrolliert man Chakra, werdet Ihr euch jetzt fragen. Wie schickt man es in die Füße? Das ist einfach, und doch ganz schwer. Ihr müsst euch vorstellen, wie das Chakra, das Ihr schmiedet, in die Füße fließt. Anfangs ist es tatsächlich nur das, eine Vorstellung. Aber je öfter Ihr das macht, je mehr Ihr euch anstrengt, desto mehr wird das Chakra tun, was Ihr verlangt. Es ist harte Arbeit, aber am Ende steht nicht nur die Fähigkeit, auf Bäume zu klettern als Belohnung an, sondern eine Verbesserung aller eurer chakrabasierten Fähigkeiten."
 

Skeptisch sah Kira mich an. "Du meinst, wir müssen uns vorstellen, dass wir die Bäume hochklettern können, und dann klappt das irgendwann von ganz alleine?"

"Geht doch ganz leicht, die Scheiße!", klang Shinjis fröhliche Stimme über uns auf. Unbemerkt von den anderen beiden Genin hatte er sein Glück probiert, und war mittlerweile sechzehn Meter hoch geklettert. "Man muss es sich wirklich nur vorstellen, und dann geht es ganz einfach!"

Ich schmunzelte. Besser konnte es ja gar nicht laufen. Es gab immer jemanden in der Genin-Gruppe, der bereits genügend Kontrolle über sein Chakra hatte, um den anderen weit voraus zu sein. Bei meiner Gruppe damals war es Karin gewesen. Das hatte Hana-chan und mich ganz schön angespornt.

"D-das kann ich auch!", rief Kira, schnellte hoch und rannte auf den Baum zu. Auf dem Stamm gelangen ihm tatsächlich zwei Meter, dann stürzte er wieder ab.

Mit einem Salto landete er auf dem Boden. Er zerbiss einen Fluch zwischen den Lippen.

"Sensei", sagte Mai, "warum gelingt es Shinji so problemlos, und Kira hat solche Mühen?" Sie setzte versuchsweise einen Fuß an, aber der Haftungseffekt wollte sich nicht ergeben. "Oder ich?"

"Hm, wie erkläre ich es am Besten? Stellt euch mal vor, Shinji erschafft drei Schattenklone. Die Menge Chakra, die er dafür benötigt, ist fünfzehn."

"Fünfzehn was?", fragte Kira.

"Fünfzehn irgendwas. Es lässt sich nicht wirklich messen, deshalb müssen wir uns dem Thema abstrakt nähern", erklärte ich.

"Abstrakt? Ist nicht die ganze Geschichte abstrakt?"

"Ich glaube, du kapierst es langsam, Kira", sagte ich grinsend. "Es ist tatsächlich abstrakt. Also, Shinji verbraucht fünfzehn Einheiten für drei Schattenklone. Jetzt versuchst du, Kira, ebenfalls drei Schattenklone zu erzeugen. Du brauchst aber zwanzig Einheiten dafür. Und du, Mai, brauchst sogar einundzwanzig, nur um das gleiche Ergebnis zu erzielen. Warum ist das so?"

Nachdenklich kratzten sich die beiden an der Stirn.

"Ist das ein cooler Mist!", rief Shinji enthusiastisch. "Schaut mal, ich hänge kopfüber!"

In ungefähr acht Meter Höhe wandelte der junge Genin auf der Unterseite eines besonders starken Astes.

Kira und Mai betrachteten das mit äußerstem Missfallen. "Warum brauche ich also fünf Einheiten Chakra mehr als Shinji, Sensei?", fragte Kira ärgerlich.

"Weil du zu wenig Kontrolle über dein Chakra hast", erklärte ich. "Und du noch weniger, Mai."

Das ließ sie verlegen beiseite sehen.

"Um mal einen Vergleich heran zu ziehen: Ich als trainierter Shinobi kann mit fünfzehn Einheiten Chakra, also mit der Menge Chakra, die Shinji für drei Schattenklone verbraucht, dreißig Schattenklone erschaffen."

Ich ließ die Zahl auf meine Genin wirken. Verblüfft sahen sie mich an.

"Dreißig? Ist das cool! WHOA!" Vor Überraschung hatte Shinji aufgehört, Chakra zu schmieden, und den Halt verloren. Er fiel in die Tiefe, drehte sich dabei und landete, mit den Beinen nachfedernd, in der Hocke.

"Wirklich dreißig?", staunte Mai.

"Das ist noch gar nichts. Kakashi kann mit dieser Menge Chakra vierzig Schattenklone erzeugen", erklärte ich. "Vielleicht sogar fünfundvierzig. Versteht Ihr, was einen guten Shinobi ausmacht? Natürlich ist die Menge an Chakra, die er erzeugen kann, wichtig für ihn, aber je besser er sein Chakra kontrolliert, desto mehr und desto stärkere Jutsus kann er ausführen. Und ein guter Shinobi versucht stets so wenig Chakra wie möglich zu verbrauchen. Denn wenn er kein Chakra mehr hat, dann ist er im ungünstigsten Fall bald tot. Auf einen Baum zu kletttern ist eure erste echte Herausforderung, seit man euch Kage Bunshin und Verwandlung beigebracht hat. Ihr müsst sie überwinden, um vollwertige Shinobi zu werden. Denn hier beginnt euer Jutsu überhaupt erst."

Ich musterte meine drei Genin, einen nach dem anderen. "Ich sag euch was. Wenn Ihr es zusammen in den drei Tagen schafft, alle bis auf die Spitze dieser Pappel zu klettern, bringe ich dir, Mai, und dir, Shinji, ein Fuuton bei, das mir Asuma neulich erst gezeigt hat. Kein Anfänger-Jutsu, sondern etwas für Fortgeschrittene. Und dir, Kira, zeige ich eine schwierige Schwertparade. Na?"

Shinji war aufgesprungen. "Das wird dann mein erstes ernsthaftes Fuuton!" Sein Blick ging blitzend zu den anderen. "Wir alle müssen es schaffen, in nur drei Tagen. Bereitet euch darauf vor, dass ich euch erbarmungslos antreibe."

"Du hast leicht reden", murrte Kira. "Du kannst es doch schon."

"Und auf dich warten neue Schwerttechniken. Davon redest du doch immer die ganze Zeit. Dass unser Sensei ein anerkannter Schwertmeister ist, und so. Jetzt hast du die Gelegenheit, von ihm einen besonderen Kniff zu lernen. Ich an deiner Stelle würde jetzt schon wieder am Baum stehen."

"Ist ja gut, ist ja gut." Kira erhob sich. "Du denkst doch nicht, dass ich dir diesen Vorsprung lange belassen werde."

Ich musterte Mai, die noch immer in der Hocke vor mir saß. Ihr Blick ging ein wenig ängstlich und skeptisch den Baum hoch.

Ich musste lächeln. "Eine gute Chakra-Kontrolle hilft einem guten Shinobi übrigens dabei, Krankheiten zu bekämpfen", sagte ich wie nebensächlich. "Tatsächlich habe ich Asuma oder Kakashi noch nie mit einem Schnupfen gesehen, geschweige denn etwas Schlimmeren."

"Mutter ist auch nie krank", murmelte Mai vor sich hin. "Das fällt mir jetzt erst auf."

Ihre Mutter hatte bis zu ihrer Hochzeit als Medi-Nin gedient, nicht gerade in der Gruppe von Nanahara-sama, aber sie war eine Heilerin. Daher war es kein Wunder, dass sie ihren eigenen Körper im Griff hatte. Und für die Tochter war es der Ausweg. Zumindest aus ihrer Angst vor einem Rückfall in jene Tage der Zusammenbrüche und der entwürdigenden Krankheit.

Entschlossen erhob sie sich und ging auf den Baum zu. "Ich schaffe das!"

"Wartet. Nehmt eure Kunais, und markiert die aktuelle Höhe, die Ihr erreicht. Das wird euch anspornen, um die Marke wieder und wieder nach oben zu verschieben. Ihr habt eine Stunde ab jetzt", sagte ich, zu Recht stolz auf meine Genin. "Ich kümmere mich bis dahin um Kishio. Und ich schaue mal nach, was Frau Kamura uns zum Abendessen bereitet. Shinji, sobald du es bis zur Spitze geschafft hast, übernimmst du hier das Training."

Der etwas dicke Genin salutierte vor mir. "Jawohl, Sensei."

"Dann legt los."

Und sie legten los.

***

Als ich ins Haus Kamura zurückkam, empfing mich Perine mit einem Gesichtsausdruck, den man nur mit genervt umschreiben konnte.

"Frustriert?", fragte ich.

Die blonde Schönheit seufzte tief vom Abgrund ihres Herzens, mit einer Wehmut, die schwächere Männer als mich dazu gebracht hätte, eine Armee aufzustellen, um den Verursacher ihres Leids in Grund und Boden zu stampfen.

"Kishio?", hakte ich nach.

"Du glaubst es nicht. Du glaubst es einfach nicht", begann sie, sich mehr und mehr in Fahrt redend, "nach der letzten Behandlung war er wach, und das Fieber war zurückgegangen. Ich habe angemerkt, dass er sich dann ja mal waschen könnte, weil er riecht wie ein Iltis in der Brunft. Und weil er das mit einem Arm kaum hinkriegen wird, weil der linke Arm mindestens noch einen Tag aktionsunfähig bleiben wird, habe ich gesagt, das ich ihn waschen werde. Du glaubst nicht, was der Junge für einen Aufstand veranstaltet hat. Um ein Haar hätte ich ihn wie ein verschrecktes Eichkätzchen von der Decke holen müssen. Ich verstehe das nicht. Absolut nicht. Ich meine, es gibt Männer, die würden töten, um sich von mir im Bad helfen zu lassen, oder?"

"Ich würde mich dafür duellieren", versicherte ich ihr.

"Und dann reagiert der Junge so? Ich wollte ihm doch nicht mal etwas Böses. Ich wollte doch nur..."

"Er ist einfach keine Nettigkeit gewöhnt, verstehst du das? Erst recht nicht ohne jeden Hintergedanken. Ich weiß nicht, wie lange es her ist, seit sein Clan ausgelöscht wurde, aber seither ist er nicht gerade auf Freundlichkeit gestoßen. Wenn ihn niemand in all dieser Zeit adoptiert hat, dann... Dann ist mit der Auslöschung seines Clans irgendetwas verbunden, was... Hm, die Leute hier hoffen lässt, das es sie verschont, solange sie Kishio fortschicken. Ich werde ihn deshalb befragen. Wenn er uns begleiten will, wenn er mich begleiten will, fangen wir am Besten mit etwas Ehrlichkeit an."

"Das hast du gut gesagt, Mamo-chan", erwiderte Perine. "Aber wir werden sehen, was letztendlich dabei herauskommt. Übrigens, das Bad ist heiß."
 

Ich nickte ihr für den Hinweis zu, und betrat das Haus. Frau Kamura winkte mir von der offenstehenden Küche zu, wo sie mit zwei Nachbarsfrauen werkelte. Es schien, als würde unser Essen reichlich ausfallen. "Schatz, er ist jetzt da!", rief sie durchs Haus.

"Sehr schön. Danke." Herr Kamura kam aus dem Wohnraum. "Morikubo-sama, auf ein Wort."

"Ja, Herr Dorfvorsteher? Was kann ich für Sie tun?"

"Es geht um Moeru-kun."

Ich runzelte die Stirn. "Ist es wegen der Aufregung, die er mit Perine verursacht hat? Ich versichere Ihnen, ich habe den Jungen im Griff."

Heftig schüttelte der Dorfvorsteher den Kopf. "Das ist es nicht. Es geht mehr um... Basisfragen. Bei der ganzen Aufregung des Tages ist es mir nicht in den Sinn gekommen, aber es fiel mir gerade wieder ein. Als der Junge in den Ort kam, um nach Arbeit zu fragen, da sah er aus wie Mitte zwanzig. Da bin ich mir sicher. Ebenso sicher wie ich mir jetzt bin, dass Sie mit Kishio-kun den Richtigen gefunden haben, Morikubo-sama. Das irritiert mich doch erheblich."

Ich erinnerte mich, dass die Dorfbewohner, und speziell Herr Kamura von einem vierschrötigen Kerl gesprochen hatten. Das brachte mich zum Schmunzeln. "Verwandlungsjutsu", sagte ich erklärend. "Sicher dachte er, er kriegt eher Arbeit im Ort, wenn er wie ein Erwachsener aussieht. Es ist ein einfaches Jutsu, aber es will auch erst einmal erlernt sein."

"Verwandlungsjutsu?", argwöhnte Herr Kamura.

"Henge!" Vor seinen Augen verschwand ich in einer Rauchwolke. Als sich die Schwaden verzogen hatten, stand er seinem Ebenbild gegenüber.

"Das ist eine der Möglichkeiten, die die Verwandlung bietet. Wir Shinobi wenden übrigens einen großen Teil unserer Aufmerksamkeit auf, um zu erkennen, ob unser Gegenüber ist, was er ist, oder ob uns ein anderer Shinobi mit diesem Jutsu täuschen will", erklärte ich ihm mit seiner eigenen Stimme. "Kai!"

Nun stand ich wieder in meiner normalen Form vor ihm. Ich lächelte ihn schief an. "So einfach ist das." Oder auch nicht. Die Nachwuchs-Shinobi verbrachten fast ihre ganze Zeit in der Akademie, damit sie dieses Jutsu beherrschen lernten.

"Und das hat... Kishio-kun damals auch getan? Hätte er die Kunai nicht bei sich gehabt, wir hätten so einen großen starken Kerl gerne genommen. Aber er hätte nicht die Arbeit leisten können, die wir erwartet hätten."

"Oh, er hätte sich bis zur Erschöpfung verausgabt, um die Erwartungen zu erfüllen. Was nicht viel gewesen wäre, weil er verletzt ist. Andererseits hätte sich die Wunde vielleicht nicht entzündet, wenn er im Dorf hätte bleiben können. Aber das sind alles Ereignisse aus der Vergangenheit. Kümmern wir uns jetzt um Gegenwart und Zukunft."

"Es gibt da noch etwas, Kishio-kun und die Vergangenheit betreffend", sagte der Dorfvorsteher. "Seine dunkelroten Haare, und seine blauen Augen sind eine seltene Kombination im Reich des Feuers. Tatsächlich gibt es einen Clan, der für seine dunkelroten Haare bekannt ist. Oder vielmehr war." Herr Kamura zögerte. "Er wurde von Unbekannten bis auf das letzte lebende Mitglied ausgelöscht. Seither fürchten sich die Menschen vor Rothaarigen, weil sie eventuell diese Gefahr mit sich bringen könnten. Natürlich nicht in Murata No-Son, was aber auch nur daran liegt, dass sich diese Tragödie nicht im Reich des Feuers abgespielt hat, sondern drüben im Reich der Reisfelder."

Ich hielt inne. Orochimaru? Wahrscheinlich war das so. Dann konnte ich den Konflikt, der Kishios Clan ausradiert hatte, auf fünf bis sechs Jahre in die Vergangenheit datieren, jenem Zeitpunkt, an dem der Abtrünnige Otogakure gegründet hatte. Dafür hatte er das Land der Reisfelder ins Chaos gestürzt. Eventuell war Kishios Clan ihm im Weg gewesen. Eventuell waren sie eine Bedrohung gewesen. Ich nahm mir vor, Kishio deshalb zu befragen. Kein Wunder, dass er seither elternlos umher streifte. Viele Menschen mussten Angst davor haben, dass sie sich mit dem Rothaarigen auch die Gefahr ins Haus holten, die seinen Clan ausgelöscht hatte. Die Vernichtung Otogakures hätte das eigentlich obsolet machen sollen, aber ich war mir sicher, dass sich die Warnung vor Rothaarigen verselbstständigt hatte. Viele Menschen machten es sich einfach, anstatt zu differenzieren. Diesmal hatten sie es auf Kosten eines Jungen getan. Und wer konnte es ihnen verdenken? Orochimaru trieb immer noch sein Unwesen.

"Ich denke, ich kann mir meinen Teil dabei denken. Den Rest wird sicherlich er mir erzählen können. Wenn er es überhaupt will." Ich nickte dem Dorfvorsteher dankbar zu. "Darf ich Sie um einen Gefallen bitten?"

"Natürlich, Morikubo-sama. Es gibt wohl kaum etwas, worum der legendäre ewige Chunin nicht bitten dürfte. Und noch weniger, was ihm nicht gegeben wird."

"Ewiger Chunin?", fragte ich amüsiert. War der Spitzname sogar bis hierhin vorgedrungen?

"Nun, es ist allgemein bekannt, dass der Mann, der Otogakure zerstört hat, für fünfzehn Jahre davon ausgeschlossen ist, ein Jounin zu werden", erklärte Herr Kamura. "Was ich übrigens für eine viel zu harte Strafe halte."

Ich musste lachen, als ich sah, was für ein wütender Blick diese Worte begleitete. "Machen Sie sich keine Sorgen um mich, Herr Kamura. Für mich ist das keine Strafe, sondern ein Segen. Ich bin noch nicht bereit für noch mehr Verantwortung."

"Wenn man es so sieht...", sagte er gedehnt. "Was also kann ich für Sie tun?"

"Ich möchte um saubere Sachen für Kishio-kun bitten. Außerdem würde ich gerne mit ihm das Bad benutzen, wenn ich darf."

"Morikubo-sama", sagte der Dorfvorsteher in tadelndem Ton, "offenbar verstehen Sie nicht, wer Sie wirklich sind, und welchen Respekt Sie genießen, gerade nachdem Sie die Diebstahlreihe so problemlos aufgelöst haben. Die Dinge, um die Sie gebeten haben, sind so selbstverständlich, dass es mir peinlich ist, dass Sie meinen, darum bitten zu müssen."

Ich fühlte, wie ich peinlich berührt errötete. "Entschuldigen Sie, Kamura-sama, ich hatte nicht vor, Sie in Verlegenheit zu stürzen."

"Die Verlegenheit hält sich in Maßen", versicherte mir der Ältere freundlich. "Das Bad ist heiß, und frische Wäsche liegt für Kishio-kun bereit, seit Perine-sama angedeutet hat, dass sie ihn waschen will."

"Danke sehr. Das Waschen übernehme ich dann wohl."
 

Ich öffnete die Tür zum Raum, in dem Kishio lag. "Kannst du aufstehen?"

"Ja, Herr", antwortete er.

"Gut. Denn wir wollen gehen."

"Wohin?"

Ich grinste. "Ins Bad des Hauses, dich waschen."

Erschrocken verhielt er so, wie er gerade war, halb aufgestanden, halb liegend. "Was?"

"Das war keine Bitte, Kishio", sagte ich streng.

"Aber. Aberaberaberaber..."

"Und ein Befehl wird auch nicht diskutiert", fügte ich an. Ich maß ihn mit meinem strengsten "So, so, du hast also eine eigene Meinung?"-Blick, und nach stattlichen zehn Sekunden sah er fort. Respekt. Ich hatte schon doppelt so alte Genin als ihn mit diesem Blick traktiert, und sie waren weit schneller eingeknickt als er.

"Also hoch mit dir", sagte ich, trat an ihn heran, und half ihm beim Aufstehen.

"Ja, Herr."

"Und lass den Herr-Scheiß. Sag Mamoru-sensei zu mir."

"Ja, Mamoru-sensei."

Gemeinsam traten wir auf den Flur. Dabei hielt ich den jungen Mann am Arm und stützte ihn.

"Perine. Du hilfst uns."

Das Grinsen der blonden Schönheit mit frech zu umschreiben wäre eine Untertreibung gewesen. "Ja, Herr."

***

Hatte es sich doch gelohnt, noch ein wenig in der Nähe des Dorfes zu bleiben. Akemi Kuroko beobachtete die drei Genin von seinem Versteck aus, während sie versuchten, eine Pappel hinauf zu laufen. Erstaunlicherweise gelang es dem Dicken recht gut. Er war bis zur Spitze gekommen, und feuerte seine Kameraden, den dürren Blonden und das magere Mädchen, von da aus an. Genau das kam Kuroko entgegen. Sobald sie erschöpft genug waren, würde er sie angreifen, die beiden Jungen töten, und sich mit dem dürren Mädchen vergnügen, bevor er auch sie tötete. Das würde diesem verfluchten Shinobi eine Lehre sein. Das würde seine Rache dafür sein, dass dieser miese kleine Ninja all seine Pläne, Murata No-Son betreffend, zunichte gemacht hatte. Als Dorfvorsteher hätte er die Verkäufe verwaltet, und sich dumm und dusselig verdient, und nach drei, vier Saisons hätte er sich steinreich absetzen können, um im Wohlstand in einer Stadt zu leben, umgeben von schönen Frauen, die ihm zu Willen waren. Das dünne Mädchen war zwar nicht ansatzweise das, was er normalerweise bevorzugte, aber diese spezielle Form der Rache würde es dennoch zu einem Vergnügen machen. Er musste nur darauf warten, dass sich die drei genügend verausgabt hatten, dann konnte er zuschlagen. Es waren schließlich nur Kinder.

***

Es gab eine ganz einfache Methode, um mit Kishio umzugehen. Ich musste ihm nur unmissverständlich befehlen, was er tun sollte. Das machte er dann auch. So dauerte es nicht sehr lange, bis er nur mit einem Handtuch um die Hüfte im Bad saß, und sich in sein Schicksal ergeben hatte. Vielleicht half es ihm ein wenig, das ich nicht mehr trug als er. Als ich seinen Dreckverkrusteten Körper betrachtete, fragte ich mich unwillkürlich, wann er das letzte Mal gebadet hatte. Und ob ich nicht besser einen Haarschirm verwenden sollte, der bei Kindern verhinderte, dass das Shampoo in die Augen lief.

"Ich komme dann mal rein", klang Perines fröhliche Stimme auf. Die Tür wurde aufgeschoben, und Kishio wollte hochfahren.

"Augen geradeaus und sitzen bleiben", kommandierte ich scharf. Der Junge gehorchte.

Ich sah zur Tür. Perine trat lächelnd ein und schloss hinter sich wieder. Sie hatte sich mit zwei Tüchern bewaffnet. Eines trug sie um die Hüfte geschlungen, eines um die Brust. Damit zeigte sie viel nackte Haut. Ansehnliche nackte Haut. "Na, was denkst du, Mamo-chan?"

"Ich denke gerade überhaupt nicht", erwiderte ich. Was für ein Anblick. Und all das konnte mir gehören, wenn ich... "Du versuchst doch gerade nicht, mich zu bestechen?", fragte ich argwöhnisch.

Mürrisch blies sie ihre Wangen auf. "Du hast auch schon mit Hana-chan und Karin-chan gebadet. Ich hole mir nur zurück, was sie an Vorsprung haben. Und wenn ich da an Maria denke, dann..." Immer noch mürrisch dreinblickend hockte sie sich neben mir nieder. "Es gefällt dir also?"

"Ich wünsche mir gerade, Konoha würde Polygamie erlauben. Himmel, ist es hier drin wirklich so heiß?"

"Danke, Mamo-chan", sagte sie lächelnd. "Soll ich dir jetzt den Rücken waschen, Herr?"

"Nein, hilf mir erstmal bei Kishio. So wie der Junge aussieht, hat er seit Jahren kein Bad von innen gesehen."

"Ich wasche mich regelmäßig", protestierte er. "Und immer wenn ich einen Bach oder einen Fluss finde, bade ich."

"Aber ich wette, ein heißes Bad ist eher selten zu finden, oder?", sagte ich amüsiert.

Für einen winzigen Augenblick fiel seine stoische Ratio, und sehnsüchtig sah er zum dampfenden Becken herüber.

"Lass mich doch gleich mal sehen", murmelte Perine, und ließ sich an Kishios verwundeter Körperseite nieder. Sie hob den halb tauben Arm an, und betastete die Entzündung, die sich langsam zurückbildete, gerade weil die Affenkriegerin eine so tolle Heilerin war. "Ja, das sieht doch alles gut aus. Wenn du heute zeitig schlafen gehst, erlaube ich dir morgen vielleicht schon aufzustehen."

"Danke, Perine-sama", sagte er zögerlich.

"Oh, er starrt mir in den Ausschnitt", sagte sie.

Ein Ruck ging durch den Jungen, und die Röte schoss ihm in die Wangen. "Tu-tut mir leid, Perine-sama!"

"Aber, aber. Gucken darfst du ruhig. Ich bin ja kein Unmensch." Sie ließ Kishio wieder los. "Was denkst du, brauchen wir eine Bürste?"

"Vor allem brauchen wir einen groben Kamm für die Haare. Kein Wunder, das er so ausschaut, wenn er eine Woche lang in Laubbetten campiert hat. Ich sag dir was. Du reinigst seine Haare, und ich kümmere mich um diese Dreckkruste auf seiner Haut."

"Einverstanden. Wo ist denn das Shampoo? Ah, hier. Mit Jasmin-Geruch."

"Perine, gibt es einen besonderen Grund dafür, dass du dich gebückt hast, um das Shampoo aufzuheben?", fragte ich amüsiert.

"Nur einen. Ich wollte dir einen schönen Anblick bieten, Mamoru-sama", shakerte sie.

"Das hast du", versicherte ich. Eines war klar: Ich durfte niemals mit ihr alleine baden, wenn sie ihre Menschenform angenommen hatte, oder ich würde an Blutverlust sterben. Es hätte mich zudem nicht gewundert, wenn meine Nase geblutet hätte.

Nun, meine Nase war in Ordnung, aber Kishio wischte sich verstohlen einen Tropfen Blut weg. Natürlich, dank des Spiegels, vor dem er saß, hatte er mindestens einen ebenso guten Blick wie ich auf Perines wunderschöne Kehrseite gehabt. Aber wie hatte sie so schön erklärt? Gucken durfte man ja.

Sie kam mit dem Shampoo und einem groben Holzkamm zurück. "Na, dann wollen wir doch mal."

Zuerst holte sie alles an Dreck und Staub aus den Haaren, was sich herauskämmen ließ. Zugleich rieb ich mit einem groben, nassen Tuch Kishios Körper ab.

Als Perine so weit war, ihn einzushampoonieren, war ich dazu übergegangen, den Jungen einzuseifen.

"Autsch, das ziept", entfuhr es ihm.

"Also doch den Duschring", sagte ich nach dem ersten Lacher. Auch P-chan konnte sich nicht zurückhalten, aber nur ein Mensch mit schlechten Absichten hätte bei diesem Lachen unterstellen können, sie lache den Jungen aus. Flink holte sie die Vorrichtung, und setzte sie Kishio auf den Kopf. "Besser?"

Statt einer Antwort senkte er beschämt den Kopf.

Ich lachte erneut. Dann nahm ich einen Kübel mit kaltem Wasser, und goss es ihm über den Rücken, um die Seife abzuspülen. Darunter kamen verschiedene blaue, rote und lila Flecken verschiedenen Alters hervor. "Junge, Junge. Du gehst Ärger nicht gerade aus dem Weg, was?", scherzte ich.

"Auch. Aber du hast ja keine Ahnung, wie schlecht es sich auf einem Laubbett schläft, Mamoru-sensei", seufzte er.

Nun war auch Perine so weit, um nachzuspülen. Mit ihrem Werk zufrieden nahm sie den Shampoo-Ring ab und fühlte die Strähnen seines Haars. "Jetzt, wo du sauber bist, sieht man erst, was du für schönes, seidenweiches Haar hast, Kishio-kun. Ich kann mir vorstellen, dass die Mädchen ganz schön hinter dir her sind."

"M-mit Mädchen habe ich nichts am Hut. Die sind doof und verstehen nichts vom Leben", erwiderte er, erneut errötend, und den Blick fest auf den Spiegel geheftet.

"So? Das erschien mir vorhin aber ganz anders, als du auf meinen Busen geschaut hast", neckte sie ihn. "Vielleicht hast du einfach noch kein Mädchen getroffen, das deine Erwartungen erfüllt. Wie immer die aussehen."

"Sie sollte... Nicht so leicht zu töten sein", erwiderte er.

Ich wechselte einen schnellen Blick mit Perine. Der Junge öffnete sich gerade ein wenig.

"Na, dann solltest du es mal mit einem Affenmädchen probieren. Die anderen sind zwar nicht so hübsch wie ich, aber sie sind verdammt schwer zu töten, glaub mir das."

Sie gab ihm einen Klaps auf den Hintern. "So, ab ins Bad mit dir. Ich seife derweil deinen Herrn und Meister ein."

"J-jawohl, Perine-sama." Er schrak hoch. Für die zwei Schritte zur Wanne brauchte er keine Hilfe, und auch in das warme Wasser ließ er sich alleine gleiten. "Heiß!"

"Danke. Das hört ein Mädchen doch immer wieder gerne", scherzte Perine.

"N-nicht du, Perine-sama! O-obwohl das ja eigentlich auch so stimmt, und... Nein, so habe ich das auch nicht gemeint! O-obwohl du wirklich..."

"P-chan, necke den Jungen nicht so sehr", tadelte ich.

"Aber wenn es doch so einen Spaß macht. Und es ist so einfach." Sie umarmte mich von hinten. Ich spürte dabei ihre Oberweite deutlich an meinem Rücken. "Dich kann ich ja nicht necken. Du hast leider zu früh herausgefunden, was Frauen sind, bevor ich erwachsen genug war. Aber ich wette, Ranko-sensei hat dich oft geneckt."

Ich runzelte die Stirn. "Oh, sie hat oft mit mir gebadet. Eigentlich fast immer, wenn wir uns getroffen haben. Damals habe ich mir nie was dabei gedacht. Aber sie ließ sich mindestens ebenso gerne Komplimente machen wie du, mein goldenes Wunderäffchen."

"Das hast du schön gesagt. Dafür kriegst du ein Küsschen", sagte sie strahlend, und drückte mir einen Kuss auf die Wange. Dann begann sie meinen Körper einzuseifen. "Himmel, ich dachte gerade daran, wie du vor vier Jahren ausgesehen hast, als du zur Chunin-Prüfung unterwegs warst. Seitdem bist du gewachsen. Und hast mehr Masse zugelegt. Wer hätte das gedacht, dass du mit siebzehn schon den Körper eines Veteranen haben würdest. Und wer hätte gedacht, dass ich dir den Rücken würde schrubben können?"

Verblüfft sah ich in den Spiegel. Der Mamoru, der mir da entgegen sah, hatte schon viel gesehen und viel erlebt. Vielleicht sogar ein wenig zu viel. Aber er hatte auch viel dafür zurück bekommen, wenn ich an meine drei Mädchen dachte. Sie waren nicht nur schön, sondern auch liebe, warmherzige Menschen - solange man an der richtigen Seite ihrer Kunais stand. Und wieder fragte ich mich, wer die letzten beiden Mädchen sein konnten, die es mit Perine, Hanako und Karin aufnehmen können sollten.

"Ich schätze, das bin ich jetzt. Ein Veteran, eh? Vater hat gesagt, ich werde wohl noch drei Zentimeter wachsen. Dann bin ich so groß und stabil wie Großvater in seiner besten Zeit. Aber immer noch schmaler gebaut als Asuma."

"Und du bist eindeutig hübscher, mein Schatz." Diesmal gab sie mir einen richtigen Kuss, und das war ja auch nach den Regeln der drei erlaubt.
 

Neben uns rauschte das Wasser, und ich erschrak. War Kishio das heiße Wasser nicht bekommen? Oder entrüstete er sich, weil wir beiden so unverhohlen miteinander shakerten? Wir sahen herüber, wo Kishio zitternd in der Wanne stand. Er hatte sein Handtuch verloren, aber das störte ihn nicht. Oder er hatte es nicht bemerkt. Mit zitternden Fingern deutete er in den Wald. "Die Kinder sind in Gefahr! Ich spüre jemanden mit Mordlust in ihrer Nähe!"

Erstaunt sah ich ihn an. "Du bist sensorisch begabt? Und das auf eine Entfernung von dreihundert Meter? Ich kann sie gerade mal so erkennen, weil ich mich ausschließlich auf sie fokussiere. Das ist erstaunlich. Deckst du permanent dreihundert Meter Umfeld ab, oder fokussierst du dich auch?"

"Aber, aber, aber, aber, Mamoru-sensei! Sie sind in Lebensgefahr!"

Ich tauschte ein Grinsen mit Perine aus. "Sie sind stolze Ninjas aus Konoha. Sie können ihre Leben verteidigen, sonst hätte ich sie weder mitgenommen, noch alleingelassen. Gegen einen Feigling wie Kuroko werden sie schon ankommen."

"Aber... Sie sind doch noch KINDER!", rief er entsetzt.

"Sie sind Shinobi. Selbst der schwächste und dümmste Shinobi ist stärker als ein untrainierter Mensch. Das ist eine Lektion, die du noch lernen musst: Vertrauen zu vergeben und es zu verdienen."

"Aber... Aber... Aber...", stammelte er.

Perine lachte leise. Sie beschloss offensichtlich, dass sie die Debatte beenden musste. "Nun, Kishio-kun, für deine fünfzehn Jahre bist du ja schon gut entwickelt."

Der Junge sah an sich herab, errötete bis zu den Haarspitzen, und bedeckte seine Blöße mit beiden Händen, bevor er mit einem spitzen Mädchenschrei wieder in der Wanne versank.

Perine kicherte. Dabei wisperte sie mir beinahe lautlos ins Ohr: "Ist es wirklich in Ordnung?"

"Ich habe Vertrauen in meine Genin", erwiderte ich. "Aber sieh es dir an, bitte. Und beurteile später ihre Handlungen."

"In Ordnung", hauchte sie mir zu.

Langsam erhob ich mich. "Mach mal Platz. Jetzt kommt der dienstälteste Shinobi in die Wanne, Kishio-kun."

"J-jawohl, Mamoru-sensei." Er rückte so weit zur Seite, wie es die Wände der Wanne zuließen. Mehr als genügend Platz für mich.

Mit einem Laut des Wohlbehagens ließ ich mich ins heiße Wasser gleiten. Wer immer die ganze Badekultur unserer Nation erfunden hatte, ich hoffte, jemand hatte ihm noch zu Lebzeiten ein Denkmal gesetzt.

Perine stand nun auch auf. "Warum ist nur für mich kein Platz mehr in der Wanne?", neckte sie. Die Frage alleine genügte, um Kishio erneut zusammenzucken zu lassen.

"Es ist wahrscheinlich besser so. Kishio-kun würde sonst vielleicht einen Herzinfarkt bekommen", erwiderte ich.

Perine kicherte amüsiert. "Ich gehe dann mal wieder. Ruft mich, wenn es ans Abtrocknen geht. Dann komme ich wieder rein." Sie winkte uns zu, und verließ das Bad.

Als die Affenkriegerin gegangen war, streckte ich mich aus, so weit ich konnte. Bei der geradezu luxuriösen Wanne bedeutete das, dass ich beinahe komplett in ihr liegen konnte. "Aaaaaaa, das ist Leben", seufzte ich. Fehlte nur noch ein kaltes Getränk.

"Und du meinst wirklich, dass...", begann Kishio erneut.

"In die Wanne legen. Entspannen. Und die Umgebung meiner Genin überwachen. Nur für den Fall, dass da draußen mehr als ein Gegner ist."

"J-jawohl, Mamoru-sensei."

Okay, was entspannen bedeutete, würde ich ihm noch beibringen müssen.

***

Schwer atmend, aber mit sich und der Welt zufrieden lag Kira auf dem Gras unter der Pappel. "Wie hoch bin ich gekommen?", fragte er zwischen zwei Japsern.

"Zehn Meter. Aber ich habe schon zwölf geschafft", erwiderte Mai. "Sieh mal, ich kann auch schon am Baum haften. Aber nicht sehr lange."

Kira knurrte wütend und wollte wieder aufspringen, aber für einen Sekundenbruchteil versagte sein Körper ihm den gewohnten Dienst. "Uff, bin ich fertig."

"Das wird gleich kein Problem mehr sein", klang eine Männerstimme auf, kurz bevor über ihm der Mann erschien, dessen Verbannung aus Murata No-Son sie gerade erst bewirkt hatten. Hasserfüllt starrte er auf Kira herab. Er hielt mit beiden Händen einen Dolch, den er auf den Shinobi niederfahren ließ. Unglücklicherweise betrog sein Körper Kira erneut.
 

"Kira!", schrie Mai auf. Aus purem Reflex heraus hatte sie ein Kunai aus ihrer Shurikentasche gezogen, und bevor sie es sich selbst bewusst gemacht hatte, hatte sie die Waffe auch schon geworfen. Die Waffe drang dem Mann in die Brust ein, und er verharrte bei seinem tödlichen Angriff auf Kira. Verdutzt betrachtete er das Messer in seiner Brust, dann ging sein Blick höher, zu Mai. "D-du kleine Schlampe!" Mit wutverzerrter Miene trat er auf sie zu.

Shinji erschien zwischen den beiden, und trieb ein weiteres Kunai in seine Brust. "Hände weg von Mai-chan!", zischte er. Der große Kerl starrte ungläubig auf das zweite Kunai. Er versuchte, Shinji festzuhalten, aber der Junge wischte den zupackenden Arm fort. Dann war da dieses Geräusch, das klang, als würde Stoff reißen, und der Mann verdrehte die Augen, bevor er zuerst in die Knie, und dann zu Boden ging. Hinter ihm kam Kira zum Vorschein, noch immer seine Waffe so haltend, wie sie nach dem tödlichen Streich gegen Kuroko gewesen war. Blut aus der klaffenden Rückenwunde, die er Kuroko angetan hatte, bedeckte sein Gesicht und seine Kleidung. "Tut mir leid, das ich nicht reagieren konnte, aber mein Körper hat mich in Stich gelassen." Seine Miene war hart, als er den Toten betrachtete. "Danke, das du mich gerettet hast, Mai-chan. Mit dem Kunai hast du sein Herz getroffen. Aber er hat sich beim Sterben Zeit gelassen."

"I-ich habe nicht konsequent genug reagiert", erwiderte sie. "Ich hätte einen ganzen Fächer Shuriken werfen müssen. Das hätte ihn sofort gestoppt. Shinji, wenn du nicht gewesen wärst, dann hätte er mich attackieren können. I-ich wollte gerade noch ein Kunai ziehen, statt der Shuriken, und ich weiß nicht mal, warum."

"Keine Ursache", erwiderte Shinji, und versuchte sich an einem Grinsen, obwohl er noch reichlich blass um die Nase war. "Aber mein Angriff hat ihn auch nicht gerade rechtzeitig gestoppt. Das hat erst dein Schwertstreich, Kira. Ein sauberer Treffer."

"Wir haben ihn alle drei tödlich getroffen", erwiderte Kira, und reinigte die Klinge seines Wakizashis mit Reispapier. "Merken wir uns für die Zukunft, dass tödlich treffen und aufhalten manchmal nicht das gleiche ist." Er fixierte Mai. "Alles klar bei dir? Oder machst du dir Vorwürfe? Musst du nicht. Er hatte es augenscheinlich auf uns abgesehen, um Mamo-chan eins auszuwischen. Er hätte uns alle drei getötet, wenn er gekonnt hätte. Du brauchst kein schlechtes Gewissen zu haben. Und immerhin hast du mir das Leben gerettet."

"Nein." Sie schüttelte energisch den Kopf. " Das ist es nicht, Kira. Ich habe mich nur die ganze Zeit gefragt, ob ich... Nun, wenn es soweit ist, ob ich..." Während sie gesprochen hatte, war sie immer blasser um die Nase geworden. Schließlich sank sie zu Boden, die Beine abgewinkelt auf dem Gras gespreizt, und landete mit ihrem Allerwertesten. "Uff. Klar hatte er es verdient, aber..." Sie hob ihre Hände vor die Augen. "Vorhin war es ganz leicht, aber jetzt zittere ich vor Angst."

"Uff", machte Kira, als er sich neben ihr zu Boden fallen ließ. "Mir geht auch ganz schön die Muffe. Ich glaube, ich stehe unter Starkstrom."

Shinji lachte, während er sich mit zitternden Händen den beiden gegenüber niederließ. "Du stehst doch immer unter Starkstrom, Funkenjunge."

Kira lachte wie über einen guten Witz. "Ihr hattet auch Angst?"

"Wahnsinnige Angst", gestand Shinji. "Aber vor allem um euch, nicht um mich. Ich weiß nicht, was ich getan hätte, wenn er dich oder Mai verletzt hätte." Er ballte die Hände zu Fäusten. "Ich würde für euch jederzeit wieder töten. Ihr seid meine Freunde."

Ohne jeden Übergang legte Mai je einen Arm um die Jungs, und drückte sie an sich. "Ich hatte auch Angst, furchtbare Angst. Aber ich bin doch die Älteste, und ich muss auf euch aufpassen. Und ich wollte nicht, dass er dir was tut, Kira. Es war doch richtig so, oder?"

"Natürlich war es richtig so, Mai-chan. Und die Sau hatte es verdient." Er schnüffelte an ihr. "Hey, hast du ein neues Shampoo?"

"Na hör mal. Ich sitze hier und zittere, weil ich einen Menschen getötet habe, und du fragst nach meinem Shampoo. Du hast keinen Sinn für den Ernst einer Situation, Kira", tadelte sie. "Es ist mit Tannennadelduft. Gut, nicht?"

Die drei lachten. "Ihr dürft übrigens jederzeit sagen, wenn ich damit aufhören soll, euch zu umarmen", sagte sie leise.

"Noch nicht", sagte Kira. Übergangslos steckte ihm ein Kloß im Hals, und er klammerte sich seinerseits an Shinji und das Mädchen. "Bleiben wir noch etwas so."

"Ja, bleiben wir noch so", sagte Shinji mit plötzlich stockender Stimme. "Aber erzählt Mamo-chan nachher nichts davon."

Das brachte die drei zum kichern.
 

Perine beobachtete die Genin von einem nahen Baum aus. Kurz hatte sie erwägt, einzugreifen, aber sie hatten souverän gesiegt. Sie beschloss, ihre Anwesenheit nicht zu verraten. Die meisten üblichen Gefahren würden die drei ohnehin mit ihrer Teamarbeit bewältigen können. Aber dass sie sich so aneinanderdrängten wie Hundewelpen, das würde sie Mamo-chan brühwarm erzählen, war es doch das beste Zeichen dafür, dass die drei ihren ersten Ernstfall gut verdauen würden. Und es war ein unverbrüchliches Zeichen dafür, dass sie zueinander standen. In solchen Momenten entstanden Freundschaften, die ein Leben lang hielten. Auch das würde sie Mamo-chan berichten.

***

Es hatte einiges an Aufregung gegeben, als die Genin zurück ins Dorf gekommen waren und vom Angriff auf sie berichtet hatten. Nach ein paar Erklärungen, die die Entrüstung der Dorfbewohner hochgepeitscht hatte, waren auch schon ein paar Männer unterwegs, die den Leichnam holen, und die nach seinen Habseligkeiten suchen sollten, die er zweifellos irgendwo in der Nähe versteckt hatte. Diese Artikel würden verkauft, und zusammen mit dem Geld, das er bei sich gehabt hatte, in das Vermögen der Gemeinde übergehen. Im Gegenzug würde ihm die Gemeinde ein ehrenvolles Begräbnis bereiten. Letzteres durch meinen energischen Zuspruch, bei dem es keine Widerrede gab.

Noch bevor ich meine noch immer nervösen Genin ins Bad gescheucht hatte, um sich zu reinigen vom Erlebten, hatte ich jeden einzelnen kräftig umarmt. Ihr Sträuben hatte ich mit dem Hinweis, selbst doch erst siebzehn zu sein, zerstreut. Und schließlich hatte ich noch Perine umarmen müssen, die sehnsüchtig und mit bettelndem Blick die Szene verfolgt hatte. Zum Glück hatte Kishio nichts davon gesehen, sonst hätte es wohl tatsächlich eine Umarmungswelle in Murata No-Son gegeben.

Ich schickte P-chan zu Mai ins Bad, und nutzte die Gelegenheit, die beiden Jungs beiseite zu nehmen, und mit ihnen das Geschehen zu besprechen.
 

Kira schimmerten die Augen feucht, als er jene Stelle erzählte, in der Kuroko angegriffen hatte. "Plötzlich hatte ich keine Kraft mehr. Es ging gar nichts. Weder vor, noch zurück. Ich hatte keine Angst, die kam erst hinterher. Aber ich war so erschöpft. Ich hatte das Gefühl, mein Körper würde keinen Finger mehr rühren können. Erst als Kuroko Mai und Shinji attackiert hat, bin ich aufgesprungen, habe mein Schwert gezogen, und..." Er schluckte heftig. "Ich war nicht feige", sagte er betont.

"Nein, das warst du tatsächlich nicht. Und du hast schon die Antwort darauf, wie du solche Momente überwinden kannst, gefunden." Listig lächelte ich ihn an, und in seinen Augen glomm Verstehen.

"Tatsächlich, das habe ich." Kurz flackerte ein triumphierendes Lächeln über sein Gesicht.

Ich klopfte ihm anerkennend auf die Schulter. Wie oft hatte Sensei das bei mir gemacht? Ich wusste es nicht mehr, aber ich war jedesmal sehr stolz auf mich gewesen. Wie sehr hatte ich Hayate-sensei geliebt. Für diese Liebe war ich bereit gewesen, einen Krieg mit Suna zu riskieren. Ob ich für diese Kinder eines Tages ebenso wertvoll sein würde?

"Waa! Du hast ja doch ganz schön was obenrum! Wie machst du das, Perine-sama? Und wie hast du überhaupt so viel gekriegt?", klang Mais Stimme aus dem Bad auf.

Ich räusperte mich verlegen. "Setzen wir uns doch besser woanders hin, wo wir die beiden nicht hören können."

"Ja, gehen wir, bevor das Geflenne losgeht", sagte Kira. "Wenn sie Perine-sama mit sich selbst vergleicht, wird sie in Tränen ausbrechen."

"Das habe ich gehört, Kira!", rief Mai zornig durch die Tür hindurch. "Und ich breche nicht in Tränen aus!"

"Gehen wir besser ganz weit weg", sagte ich schmunzelnd.
 

"Sensei, bleibt es immer so leicht?", fragte mich Shinji, kaum das wir am anderen Ende der das Haus umlaufenden Veranda wieder Platz genommen hatten.

"Bleibt was so leicht?"

"Das Töten", sagte er schlicht.

"Nein, das tut es nicht. Und ich wette, heute ist es dir auch nicht leicht gefallen.

"Oho, das ist doch ein viel versprechender Ansatz, Mai-chan", hörte ich Perines Stimme leise zu uns herüber wehen.

"W-was für ein Ansatz? Meinst du, ich kriege mal so viel wie Karin-chan? Sie hat gesagt, sie trinkt täglich einen Liter Milch, und ich trinke sogar zwei."

"Können wir nicht ganz woanders hingehen?", fragte Shinji mit gerötetem Gesicht. "Ich bin zwar auch erst zwölf, aber ich weiß schon ziemlich gut, um was es geht."

"Das weiß ich auch, aber es interessiert mich einfach nicht", sagte Kira ärgerlich.

Shinji griente ihn an. "Siehst du, das ist der Unterschied. Mich interessiert es."

"Jungs, Jungs", sagte ich und klatschte in die Hände. "Darüber könnt Ihr später reden. Jetzt geht es um den Kampf."

Die beiden sahen wieder zu mir. "Sensei, war es richtig, dass ich... Ich meine, ich habe ihn erstochen, und er hatte es verdient. Aber hätte ich ihn nicht besser nur abwehren sollen? Seinen Dolch, meine ich."

"Das ist eine gute Frage", murmelte ich. "Hast du denn das Gefühl, dass du ihn besser nur hättest abwehren sollen?"

"Nein, eigentlich nicht", erwiderte er.

"Das Ergebnis ist ausreichend, also hast du das Richtige getan. Es ist wichtig für einen Shinobi, Vertrauen in die eigene Urteilsfähigkeit zu haben." Ich klopfte beiden auf den Rücken. "Und natürlich Vertrauen in seine Teamkollegen zu haben. Wenn Ihr das verinnerlicht habt, seid Ihr einen Riesenschritt in Richtung Chunin unterwegs."

"Chunin?" Kira hob eine Augenbraue. "Ist es nicht noch viel zu früh, davon zu reden?"

"Es sollte das Ziel jedes normalen Shinobis sein, so hoch wie möglich zu streben", sagte ich dozierend.

Als ich ihr Kichern bemerkte, spielte ich den Beleidigten. "Was lacht Ihr so? Habt Ihr vergessen, dass ich vom Rat und von Tsunade-sama mit einem Verbot belegt wurde, zum Jounin aufzusteigen?"

"Also willst du doch Jounin werden?", fragte Shinji. "Ich habe gehört, das jemand gesagt hast, du wärst froh, wenn du nur Chunin bleiben kannst."

"Das ist so nicht richtig, aber auch nicht falsch", sagte ich mit einem Lächeln. "Tatsächlich bin ich mir sicher, dass ich eines Tages ein Jounin Konohas sein kann. Aber bitte erst zu einem Zeitpunkt, an dem ich es mir zutraue, und keinen Tag früher. Ein Jounin zu sein ist eine weit größere Verantwortung, als Ihr zwei ahnen könnt. Ruckzuck bin ich dann im schlimmsten Fall für hunderte Shinobi verantwortlich."

"Aber das warst du doch schon mal", sagte Shinji eifrig. "Damals, als du Otogakure vernichtet hast, hattest du das Oberkommando über zweihundert Shinobi! Zweihundert!"

"Und es war eine Riesenverantwortung, der ich leider nicht die volle Zeit gerecht geworden bin. Deshalb bin ich ja mit dem Bann belegt worden. Aber eines Tages, da werde ich genug Selbstvertrauen haben. Und wenn Konoha dann denkt, dass ich das Zeug dazu habe, wird mich der Rat zum spezialisierten Jounin ernennen, und später zum Voll-Jounin. Aber das liegt alles weit in der Zukunft. Weeeiiiiit in der Zukunft. Ihr drei und Kishio-kun seid aber direkt vor mir."

"Kishio-kun", sagte Kira mit Ärger in der Stimme. "Ist er den ganzen Aufwand überhaupt wert? Ich meine, warum musst du ihn mitschleppen, und unsere Ausbildung behindern? Lass ihn doch hier im Dorf. Ich bin sicher, er findet hier was zu tun, sobald er wieder gesund ist."

"Ja, ich weiß. Und das wäre auch das Beste für ihn. Aber genauso wie ich nicht bereit bin, Jounin zu werden, so ist Kishio-kun nicht bereit, sich auf ein normales Leben einzulassen. Eines Tages aber wird er das sein, und das wird er mir dann auch sagen. Bis dahin aber müsst Ihr euch dran gewöhnen, dass Ihr euren Sensei ein wenig teilen müsst."
 

Für einen Moment befürchtete ich, Kira würde aufbrausen und erklären, nicht teilen zu wollen, und schon gar nicht mich. Aber er beherrschte sich. "Nun, wenn es nur ein bisschen ist, und solange er auf seine Sempais hört, ist ja alles in Ordnung."

"Du siehst dich als seinen Sempai?", fragte Shinji erstaunt. "Hey, alles in Ordnung da oben?"

"Wir waren ja wohl vor ihm da", sagte Kira knurrig. "Außerdem verstehen wir sicher mehr vom Shinobi-Handwerk als er. Also sind wir seine Sempais, und er ist unser Kohai."

"N-nicht da, Mai-chan. Da bin ich doch kitzli-hihihihihi. Das gibt Rache!"

"Ah! Sensei, nicht! Ieks!"

Ich verdrehte die Augen. "Lasst uns einen Spaziergang machen, bis die beiden fertig sind, okay?"

Wir erhoben uns.

"Sensei, machen die das jetzt etwa jeden Tag, wenn wir ein Bad haben?", fragte Shinji. "Das ist doch Folter."

"Was meinst du, wird passieren, wenn wir ein schönes Onsen für uns entdecken?", erwiderte ich trocken.

"Oh. Man könnte fast meinen, die machen es absichtlich", murmelte Kira.

Shinji und ich bedachten ihn mit einem wissenden Blick.

"Echt jetzt?", fragte er verblüfft. "Und wieso?"

Die beiden Jungs folgten mir zwischen die Häuser. "Um das zu erklären, braucht es aber einen sehr langen Spaziergang..."



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