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Bis(s) zum Ende der Ewigkeit

Meine Fortsetzung zur Bis(s)-Reihe
von

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Bis zum Morgengrauen

Autor: littleblaze

E-Mail: little_blaze_2000@yahoo.de
 

Disclaimer: Alle Rechte an den Bis(s)-Charakteren gehen auf das Konto von Stephenie Meyer und ich selber verdiene keinen einzigen Cent mit meiner Story.
 

Neue Charaktere, die Storyline, selbsterstellte sowie editierte Bilder und sämtliche, für die Story erstellten Extras gehören mir und dürfen nicht ohne meine vorherige Zusage auf anderen Seiten, Portalen oder Foren gepostet werden.
 

Kapitel 07 - Bis zum Morgengrauen
 

„Du darfst Jasper nicht gehen lassen, wenn mir etwas passiert.“

Immer wieder spukte mir der kleine Satz durch den Kopf. Mittlerweile hatte ich aufgegeben, auf Alice einzureden, da sie immer nur meinte, es mache nicht viel Sinn, sich über die Zukunft Gedanken zu machen, wir könnten nicht wissen, was geschehen würde, könnten uns nicht vorbereiten, auf eine eventuelle Gefahr, wenn es denn überhaupt eine gab… Bis jetzt hatten wir null Anhaltspunkte.

Sie war fest davon überzeugt, dass es etwas total Banales, Unwichtiges oder ziemlich Logisches sein musste, was dazu führte, dass sie nichts sehen konnte. Sie versuchte es runterzuspielen, dem ganzen wenig Bedeutung zuzuschreiben, doch mich machte diese plötzliche Ungewissheit verrückt, warum ich auch ziemlich ungehalten ihr Zimmer verlassen hatte.

Und was dachte sie sich eigentlich? Dass ich Jasper von irgendetwas abhalten könnte, gerade ich?

Ich griff nach der Hand meiner Tochter, streifte ihr Armband ein wenig zurück und legte die warmen Finger auf mein Gesicht. Ich hatte mich in ihr Bett verkrochen, um nicht noch mehr in die Luft zu gehen. Nach allem, was wir durchgemacht hatten, verstand ich nicht, wie Alice es so unbekümmert von sich schieben konnte. Ihre einzige Sorge schien zu sein, was mit Jasper passieren könnte, wenn ihr etwas zustoßen würde, und ich hatte ihr bestimmt ein dutzend Mal versprechen müssen, dass ich alles in meiner Macht stehende tun würde, um ihn vor Dummheiten zu schützen.

Genervt schüttelte ich den Kopf und versuchte mich in den feinen Zügen des Gesichts vor mir zu verlieren. Begierig horchte ich auf den regelmäßigen Herzschlag, setze ihren Finger ein wenig mehr Druck zu. Es kam nur selten vor, dass sie im Schlaf unbewusst ihre Gedanken teilte, doch manchmal konnte man einiges aufschnappen. Es fühlte sich an, als würde man in einem geheimen Tagebuch schnüffeln, doch ich brauchte so dringend ein wenig Ablenkung. Der Fernseher hätte es nur für Minuten geschafft, Alice würde ich nur weiterhin mit sorgenvollen Fragen bombardieren, wenn ich in ihrer Nähe sein würde, und die ungeöffneten Kartons überall im Haus sah ich gerade als eher lästige Tätigkeit an.

Und ja, ich hatte ihr tatsächlich meine Zusage gegeben, die ganze Sache vor den anderen erst einmal geheim zu halten. Was sollten wir ihnen auch erzählen: Das alles schwarz wurde? Es würde sie nur in Alarmbereitschaft versetzen und uns das Leben schwerer machen als es vielleicht notwenig war, hatte Alice lächelnd hinzugefügt. Bis jetzt gab es einfach nichts… nichts!

Wahrscheinlich gerade aus diesem Grunde schwirrten in meiner vernunftwidrigen Vorstellung drei Möglichkeiten herum:

1. Wir hatten wirklich das Ende der Welt zu erwarten.

2. Alice Zukunft würde so stark mit Jacob oder einen anderen Werwolf verbunden sein, dass sie einfach nichts mehr sehen konnte.

3. Ihre Gabe verflüchtigte sich.

Möglichkeit eins schloss ich, ohne groß darüber nachzudenken, aus; bei der zweiten konnte ich mir auch mit der gigantischsten Vorstellungskraft nicht ausmalen, dass sie eine so starke Bindung mit einem Werwolf eingehen könnte; und die dritte… ehrlich gesagt, keine Ahnung.

Vielleicht war es ja wirklich möglich, dass eine Gabe wieder nachließ, einfach verschwand? Vielleicht hemmten Jacobs und Renesmees Anwesenheit ja nicht nur ihre Fähigkeit, sondern ließ sie auch stetig abnehmen? Aber warum dann erst ab einem gewissen Zeitpunkt? Also auch eher unwahrscheinlich, womit ich wieder bei Punkt Nummer zwei angelangt war.

Ich zuckte erschrocken zusammen, als mich eine Erinnerung meiner Tochter erreichte:

Renesmee kauerte nervös am Boden, sie war im Wald.

„Jacob!“

Ihre kleine Hand zeigte in die Richtung eines Dornenbusches, Renesmee schien nicht älter als einige Monate zu sein. Ein feines Rascheln durchzog die Luft, ließ den kleinen Busch erzittern, mein Kind stolperte zurück und verkroch sich in Jacobs Arme. Ich konnte sein Gesicht nicht sehen, aber seine unverkennbaren Hände boten ihr Schutz. Im Gegensatz zu ihr, schien er keineswegs besorgt zu sein.

„Du brauchst keine Angst zu haben.“

Ich konnte eine ermutigende Berührung spüren, doch ein erneutes Rascheln ließ sie noch näher rücken und er lachte leicht auf, als eine kleine Maus zum Vorschein kam.

Schnell wand sie sich aus seinen Armen und verzog ärgerlich das Gesicht.

„Na, was habe ich gesagt, kleine Maus.“

Er stupste sie neckisch in die Seite.

„Wenn du es Daddy erzählst, rede ich kein Wort mehr mit dir.“

Die Erinnerung ließ nach und ich legte meine Hand nun sanft an ihre Wange. Ich liebte die Wärme an ihr, den unvergleichbaren Geruch, mein früherer war garantiert nichts im Vergleich dazu gewesen. Ihre Lippen verformten sich leicht, aber es kam kein Ton darüber.

Die neuen Bilder in meinem Kopf drängten mich wieder in eine andere Richtung: Jacob!

Die ganze Prägungsgeschichte wollte mich ebenfalls nicht mehr loslassen, war ich wirklich so naiv gewesen? Anscheinend, denn wenn man mal logisch über das Ausmaß dieses Phänomens nachdachte, musste es einem doch eigentlich klar sein, dass auch andere Verbindungen weiterhin bestehen konnten. Immerhin hörten die Werwölfe ja auch nicht, auf ihre Eltern oder Geschwister zu lieben, Freundschaft zu empfinden oder neue Freundschaften, auch außerhalb des Rudels, aufzubauen. Auch trotz Prägung konnten sie noch in vielerlei Form Liebe für andere empfinden; selbst Sam, hatte immer noch etwas für Leah empfunden. Wenn wirklich alle vorhandenen Verknüpfungen einfach aufgehoben worden wären, was wäre Jacob gewesen; ein irrationales, gefühlskaltes Monster, dessen einziger emotionaler Zwang nur noch in eine Richtung ging?

Das war nicht so, er war nicht so.

Schob die Prägung also nur bestimmte Dinge in den Hintergrund und eine Sache, nach ihrer Vorstellung gewählt, an die Spitze? Wurde sie zwar zum Wichtigsten von allem, aber nicht zum Einzigen? Und… hatte ich es mir nur einfach gemacht, indem ich gedacht hatte, dass Jacob keine Gefühle mehr für mich hegte, hätte ich das Gegenteil gesehen, wenn ich nur richtig hingeschaut hätte?

„Nicht, dass du dir jetzt Gedanken machst, es ist schon lange nicht mehr so wie damals. Du bist mir zwar immer noch sehr wichtig, aber meine… na ja, ziemlich intensiven Gefühle für dich, haben schon lange nachgelassen. Die letzten Jahre haben mir deutlich gezeigt, wo du hingehörst.“

Er hatte auf der anderen Seite des Wagens gestanden und mich breit angegrinst. Es war so beruhigend gewesen, dies zu hören, und ich glaubte, gerade deswegen hatte er es gesagt.

Ich glitt geschmeidig vom weichen Bett und drückte Renesmee das Stoffpony, welches ein Geschenk von Emmett zu ihrem ersten Geburtstag gewesen war, in die Arme. Sofort wurde sich daran gekuschelt. Damals hatte sich Renesmee wie verrückt ein eigenes Pony gewünscht, doch niemand von uns wollte der Versuchung erliegen, ein lebendes Tier in der Nähe zu haben, wenn der Hunger einmal überhand nahm.

Die kleine, verschnörkelte Nachttischlampe knipste ich aus und verließ mit einem befriedigten Blick auf mein Kind das Zimmer. Waren wir wirklich erst 24 Stunden in diesem Haus? Mir kam es so vor, als hätte ich sie schon immer genau so, in diesem Bett, schlafen sehen.
 

Ich hatte vor, nach unten zu gehen, zu hören, ob es von Edward und Jasper schon etwas Neues gab. Da sie nur zu einer Zweigstelle des Autoverleihers mussten, erwarteten wir ihre Rückkehr ziemlich bald. Doch ich stoppte an der leicht angelehnten Tür zu Jacobs Zimmer. Ich konnte nicht anders, als mich sacht dagegen zu lehnen und sie zu öffnen, ich trat hinein.

Auch hier lagen Kisten und Kartons auf dem Boden verstreut, zwar in geringerer Anzahl, aber er hatte sich wohl schließlich doch, trotz des scheußlichen Teppichs, überreden lassen, dieses Zimmer zu wählen. Jacobs Beine ragten an den Seiten des Bettes über die Kante, die Decke lag verwaist auf dem Boden, nur in Boxershorts lag er da.

Ich trat näher und hob die Decke vom Boden auf. Jacobs Schnarchen hielt sich in Grenzen, ein eindeutiges Zeichen dafür, dass es kein erholsamer Schlaf war. Leise trat ich noch einen weiteren Schritt vorwärts, die Decke hielt ich umklammert. Er würde es wahrscheinlich bemerken, wenn sich ihr Gewicht über ihn legen würde, und ich wusste nicht, ob ich es dazu kommen lassen wollte.

Ich faltete sie und legte sie ihm zwischen die Beine, daraufhin schweifte mein Blick umher. Bis jetzt hatte ich dieses Zimmer noch gar nicht zu Gesicht bekommen. Der Teppich war wirklich nicht der Renner, hier musste eindeutig was getan werden. Das Bett war eigentlich ziemlich schön, in einem rötlichen Braunton und ohne viel Schnick-Schnack, aber leider viel zu klein für seinen neuen Bewohner. Die Bilder an den Wänden erzählten kleine Geschichten vom amerikanischen Bürgerkrieg und die zweite Tür im Raum führte zu demselben Badezimmer, welches auch meine Tochter benutzte.

„Was schleichst du hier herum?“

Meine Neugier hatte ihn anscheinend geweckt.

„Ich wollte nur nachschauen, wie es dir geht.“

Hatte mich dies oder mein schlechtes Gewissen hinein gelockt?

„Mir geht es gut, hör endlich auf, dir Sorgen zu machen.“

Er wand sich in dem zu kleinen Bett und schlüpfte unter die Decke, vielleicht war es ihm inzwischen peinlich, so gut wie nackt vor mir zu liegen. Trotzdem machte er mir Platz und ich setzte mich auf die nun freie Bettkante.

Ich blickte anfangs an ihm vorbei, sein Augenmerk lag natürlich felsenfest auf mir, etwas, das ihm nie besonders schwer zu fallen schien. Erst nachdem ich die Wolfsstatur auf dem Nachttisch entdeckt hatte, schaffte ich es, ihn direkt anzuschauen.

„Vermisst du sie?“

„Was denkst du?“

„Du hast Recht, blöde Frage.“

„Ziemlich blöd.“

„Ich wünschte, ich könnte irgendetwas tun.“

„Das kannst du aber nicht.“

„Ich weiß, aber wünschen ist ja wohl noch erlaubt, oder?“

Er wollte wohl etwas Missmutiges von sich geben, aber er hielt sich zurück. Seine Augen hatten sich kurz verengt, seine Mundwinkel verzogen. Wollte er vielleicht nicht darüber sprechen, lieber für sich alleine leiden?

Die plötzliche Stille machte mich irre. Ich fühlte mich total fehl am Platz und versuchte, eine Ausrede zu finden, um das Zimmer verlassen zu können, obwohl ich dies gar nicht wollte.

„Ich habe mit meinem Vater telefoniert.“

„Und, wie geht es ihm?“ Am liebsten hätte ich nachgefragt, ob er wusste, wie es Charlie wirklich ging, nicht dass, was dieser mir nur bei unseren eigenen Gesprächen verkaufen hatte wollen. Aber ich ließ Jacob seinen Moment.

„Seth geht es nicht gut.“ Alles in mir verkrampfte sich. „Er isst nicht, seit wir gefahren sind.“

„Vielleicht solltest du mal mit ihm reden?“

Oder vielleicht sollte Edward es mal versuchen?

„Das ist nicht nötig, Sam wird es ihm irgendwann einfach befehlen.“

„Mmh.“

Ob Kummer sich so einfach mit einem Stückchen Fleisch wegwischen lassen würde?

Jacobs Stimme klang kalt, doch ich erkannte sofort, dass er seine Besorgnis vor mir nur in Grenzen halten wollte. Am liebsten hätte ich ihn nun umarmt und ihm gesagt, dass alles sich irgendwann schon geben würde, aber meine Glieder fühlten sich steinhart an und wollten sich nicht vorwärts bewegen. Außerdem wusste ich nicht, ob es wirklich der Wahrheit entsprechen würde. Ich hoffte es einfach nur.

Ich vernahm das Herankommen eines Fahrzeugs.

„Wie viel Uhr ist es?“, fragte Jacob, nachdem er ebenfalls sein Kommen bemerkt hatte.

„Kurz vor vier, denke ich.“

Der Wagen kam zum Halten und Edward und Jasper betraten das Haus.

„Ich werde dann mal sehen, ob es etwas zu berichten gibt.“

„Ja, tu das.“

Er drehte sich weg und ich stand auf.

„Jake?“ Er verblieb in seiner Position. „Ich hoffe du weißt, dass du immer zu mir kommen kannst?“

Ob es wirklich ein leichtes Nicken war, wusste ich nicht, ich wollte auch nicht nachfragen und verließ eilends das Zimmer. Jasper kam mir auf dem Korridor entgegen, sein unbesorgter Blick ließ mich wissen, dass alles in Ordnung war.

Ich horchte ins Untergeschoss und wartete das laufende Gespräch sitzend auf der obersten Treppenstufe ab. Ich hatte keine große Lust, Carlisle und Esme an meiner kommenden Konversation mit Edward teilhaben zu lassen, obwohl sie es bestimmt auch so mitbekommen würden. In diesem Haus gab es nicht viele Geheimnisse, selbst beim gerade stattfindenden Dialog zwischen Alice und Jasper musste ich mich zwingen, nicht hinzuhören.

Ich versuchte, mich in eine andere Richtung zu bringen, nicht daran zu denken, was gerade alles auf mich einprasselte. So vieles schwirrte mir seit dem Umzug im Kopf herum, und ich musste schleunigst einiges davon wieder loswerden, sonst würde ich innerlich platzen.

Nur für ein paar Minuten an etwas anderes denken, und ich ging in meiner Erinnerung so weit zurück, wie schon lange nicht mehr, verführte mich, an die Ferienbesuche bei Charlie zu denken, als man mich und Jacobs Schwestern dazu hatte bringen wollen, zusammen zu spielen. Noch ziemlich bildhaft konnte ich mich an die langweiligen Angelausflüge erinnern, bei denen ich schon damals ein Buch der Gesellschaft mit anderen Menschen vorgezogen hatte. Komisch… bei viel wichtigeren Erinnerungen kam ich meist nur über das Schemenhafte hinaus, hier waren die Bilder glasklar.

Mit großer Anstrengung konnte ich mich sogar an den kleinen Jungen erinnern, der um die Gunst seiner Geschwister gerungen und mir ab und an einen schüchternen Blick zugeworfen hatte. Dass mich mein Schicksal irgendwann einmal mit ihm so verbinden würde, wäre für mich ein Ding der Unmöglichkeit gewesen. Aber das Wort „Unmöglich“ hatte sowieso eine ziemlich weite Dehnung in meinem Leben erhalten.
 

Ich holte mich zurück, als es unten ruhiger wurde und Edward sich auf dem Weg nach oben machte. Ein honigsüßes Lächeln kam mir entgegen, als er um die Ecke bog und mich sitzend auf der Treppe entdeckte. Für den Moment wiegte ich ihn in Sicherheit und lächelte ebenfalls. Er stieg empor, hockte sich vor mich und legte mir die Hand aufs Knie.

„Hallo, Mrs. Cullen.“

Es war der betörende Ton in seiner melodischen Stimme, der mich kurz vergessen ließ. Ich wollte etwas erwidern, doch mich überkam ein ungewöhnliches Gefühl von Erschöpfung. Mein Kopf fiel nach vorn und gegen seine Brust, beschützend legten sich seine Arme um mich. Ich atmete tief ein, nicht weil ich Luft benötigte, sondern weil ich mir seiner Anwesenheit einfach noch tiefer bewusst werden wollte. Den Moment zu zerstören lag eigentlich nicht in meiner Willkür, aber ich wollte ihm auch nicht so sehr verfallen, dass ich alles um mich herum vergessen und meinen Instinkten Platz machen würde.

Mein Kopf hob sich einige Zentimeter und ich hauchte leise, aber bestimmt „Wir müssen reden“ gegen seinen Hals. Er versuchte, sich auf meine Ankündigung hin nichts anmerken zu lassen, küsste mich sanft, doch ich wusste, dass er rätselte, was mir jetzt schon wieder auf dem Herzen lag.

In einer fließenden Bewegung erhob er sich mit mir, ich hatte es kaum wahrgenommen, ehe ich stand. Er deutete mir galant den Weg, und ich hasste mich dafür, ihn jetzt schon wieder mit einem alten Thema zu nerven.

In unserem Zimmer angekommen, nickte er in Richtung Bett.

„Du hast eine gute Wahl getroffen“, lächelte er. „Hast du das Päckchen bekommen?“

„Ja… ähm, danke.“

Er spürte sofort, dass ich jetzt nicht näher darauf eingehen wollte.

„Also, was bedrückt dich?“

Edward blieb mitten im Zimmer stehen; wahrscheinlich eine viel vernünftigere Entscheidung, als sich auf das Bett zu setzen, und um alles ein wenig zu beschleunigen, ließ ich meinen Schild fallen und lud das Gespräch mit Jacob erneut hoch.

„Wusstest du es?“

Ich kannte die Antwort bereits, denn er hatte bis jetzt keine Miene verzogen.

„Was genau meinst du? Dass er nach der Prägung immer noch Gefühle für dich hatte?“

„Ja, natürlich, was denkst du, was ich meine?“

„Ja, ich wusste davon.“

Hatte er oder ich den kleinen Raum zwischen uns geschaffen? Plötzlich kam es mir so vor, als wäre der Raum 20 Meter lang und er stand am anderen Ende dessen, weit von mir entfernt.

„Warum hast du es mir nicht gesagt?“

„Was hätte das bringen sollen?“

„Ich hätte es ihm einfacher machen können.“

„Einfacher?“

In seinen Augen blitzte etwas auf, unwiderstehlich sah es mit der momentanen Augenfarbe aus. Welche Wirkung es mit pechschwarzer Farbe gehabt hätte, wollte ich mir gerade gar nicht erst vorstellen, diese Vorstellung machte mich immer ganz verrückt.

„Ja.“

„Sag mal, was dachtest du eigentlich, was es für uns war?“

„Was meinst du?“

Ich verstand seine Frage nicht, worauf wollte er hinaus?

„Du wurdest von meiner Familie akzeptiert, sie wollten dich liebend gerne zu einer von uns machen, hatten dich in ihr Herz geschlossen, und plötzlich hast du angefangen, einen Werwolf, unseren Todfeind, in unser Leben zu zwängen. Du hast ihn uns vor die Füße gesetzt und verlangt, dass wir miteinander klar kommen. Du hast dich von ihm küssen lassen, bist dir deiner Liebe zu ihm klar geworden und hast ihn in unser Haus gebracht… Wir mussten mit ihm leben. Ich habe meiner Familie ziemlich viel abverlangt in dieser Zeit, nur damit du glücklich bist, und du wolltest es für ihn einfacher machen?“

„Edward…“

Mehr als seinen Namen brachte ich nicht über die Lippen. Ich fühlte mich so, wie meine Haut auf andere wirken musste; kalt und versteinert!

Der Mann, den ich über alles liebte, ging einen weiteren Schritt zurück, fügte noch mehr Abstand zwischen uns hinzu. Ich wollte das nicht, nicht den Abstand, nicht mich schon wieder unwohl in meiner Haut fühlen. Hatte ich vielleicht mehr Personen verletzt als angenommen? Was war bloß los mit mir?

„Können wir vielleicht nicht gerade hier darüber reden?“

Erkannt, dass alle unser Gespräch, wenn sie nur wollten, mit anhören konnten, schämte ich mich zutiefst für meine früheren Fehler, was ich der Familie, welche mich immer beschützt hatte, angetan hatte. Ich verstand einfach nicht, wie mir dieser Punkt entgangen war. Wie konnte ich nur so selbstsüchtig gewesen sein?

„Wie du willst.“

Mit einer flinken Bewegung hatte er mich auf die Arme geladen, Sekunden später sprang er mit mir aus dem Fenster. Wir landeten sanft auf dem harten Boden, er rannte los und mein Kopf lag gegen seine Brust. Wir befanden uns in einer Situation, in der jedes menschliche Herz beschlossen hätte, schneller zu schlagen; Streit, Nervosität und das Rennen durch den Wald; und wie so viele Male davor versuchte ich mir vorzustellen, wie sich sein Herzschlag anhören könnte… oft hatte ich mir die Zeit mit dieser Vorstellung vertrieben. Ich stellte mir vor, wie es in seiner Brust gleichmäßig pochte oder wie sein Herz einen kleinen Wink schneller schlug, wenn ich ihm sagte, dass ich ihn liebte. Eigentlich eine komische Angelegenheit, wenn man bedachte, dass mein Herz schon lange Zeit nicht mehr schlug, aber meine Liebe für ihn, auch ohne sein Schlagen, immer größer geworden war. Schenkten wir dem Muskel in unserer Brust nicht viel zu viel Aufmerksamkeit?

„Ist dir das weit genug?“

Er blieb stehen und ich wand mich aus seinen Armen, ohne zu antworten. Die Bäume waren ohne meine Aufmerksamkeit an uns vorbeigezogen.

Meine Unmut war schon gar nicht mehr vorhanden, doch nun konnte ich das Thema nicht einfach so beiseite schieben, oder doch? Ich verspürte so viel Scham in mir, dass ich kaum aufrecht stehen konnte.

„Entschuldige Bella, ich weiß auch nicht, wie ich darauf kam, jetzt damit anzufangen.“

Er war mir immer noch nah und spielte mit meinen Finger, die Geschwindigkeit hatte auch sein Gemüt wieder abkühlen lassen.

„Jacob gehört jetzt zur Familie. Esme hat ihn ins Herz geschlossen wie jeden anderen von uns, Renesmee liebt ihn abgöttisch und sogar Rose hat die Zeit genossen, als sie zusammen an Autos herumgeschraubt haben… aber manchmal…“

Mit Mühe schaffte ich ihn anzusehen.

„Was?“

„Manchmal machst du mich einfach verrückt, Bella. Wenn es früher um Jacob ging, hatte ich immer das Gefühl, dass du annahmst, dass mein Herz genauso kalt und hart wäre, wie meine Haut, dass du meinen Schmerz nicht richtig sehen würdest…“

Am liebsten hätte ich ihn gefragt, was sein Herz damit zu tun haben sollte; blöde Metapher; doch ich verstand was er meinte und schämte mich noch mehr als zuvor. Er hatte das alles nie wirklich ausgesprochen, und was sollte ich jetzt verdammt noch mal tun, mich entschuldigen? Es war nicht das, was er wollte, er versuchte nur, mir etwas begreiflich zu machen, nie war es sein Ziel, mich zu verletzen.

Was hatte ich mir eigentlich gedacht?

Es gab doch im Wesentlichen nichts zu bereden. Ich hatte zwar erfahren, dass Jacobs Gefühle nicht von einer auf die andere Sekunde gegangen waren, aber trotzdem war das Endergebnis, also dass er nun nicht mehr so für mich empfand, doch immer noch dasselbe. Es hatte sich nichts verändert, es gab nichts zu diskutieren. Wahrscheinlich war ich einfach nur mal wieder sauer darüber gewesen, dass Edward etwas vor mir verheimlicht hatte, mir nicht geholfen hatte es zu verstehen? Natürlich war ich in erster Linie wütend auf mich selbst, aber hätte er mir nicht einen Wink mit dem Zaunpfahl geben können?

Mein Gesicht wand sich hinab zu unseren Händen, wo er nervös mit meinem Ehering spielte, und plötzlich umgab mich eine schlimme Befürchtung: Dachte er etwa, ich würde zweifeln, an uns zweifeln?

Ich befreite meine Hände und stürzte mich auf ihn. Mein Griff in seinen Nacken war hart und ich zog ihn zu mir hinab, verwundert war er, als sich unsere Lippen trafen. Eine berechenbare Art, ihn von meiner Liebe zu überzeugen, aber das war mir egal, ich wollte ihn jetzt einfach an mir spüren. Ich wollte nicht mehr über frühere Zeiten nachdenken, nicht verstehen, warum es Dinge gab, die man besser vor mit verheimlichte. Ich wollte nur ihn und das mit jeder Phase meines Körpers. Die Vernunft ließ ich fallen und überließ mich ganz meinen Instinkten. Ich spürte, roch und schmeckte ihn so unglaublich intensiv, jede Berührung von ihm fühlte sich an, als würden Millionen kleiner Spinnen meine Haut besiedeln… ein Gefühl, das mich nur noch stärker vibrieren ließ.

Nur mit Mühe schaffte ich es, mich noch einmal von ihm zu trennen, denn er hatte es mir derweil gleich getan und in seinem Kopf eine andere Priorität an erster Stelle rücken lassen. Ich hielt sein Gesicht fest mit meinen Händen umschlossen.

„Nichts hat meine Entscheidung je ins Wanken gebracht“, stieß mein Atem gegen seine Lippen und das darauf folgende zarte Lächeln spürte ich mehr, als dass ich es sah.

Wir trafen uns erneut, heftiger und intensiver. Nicht nur seiner Anwesenheit war ich mir auf einmal so durchdringend bewusst, auch die Umgebung nahm mich nun in Beschlag; Bäume, Erde, Schnee…

Unerwartet stieß ich ihn von mir. Er spürte sofort den Jagddrang in mir, doch nicht die Tiere des Waldes lösten diesen aus, sondern er, als er mich nun wild und begierig ansah. Ich streifte meine Schuhe von den Füßen und grinste ihn hochmütig an.

„Ich geb dir fünf“, hob er die Finger ausgestreckt empor.

„Ich will sieben.“

"Sechs!"

„Ok!“

Er beugte sich angriffslustig vor und fing an zu zählen, bei Zwei war ich schon hinter den Bäumen verschwunden. Ich wusste zuerst nicht, wohin ich laufen sollte, die Umgebung war mir schließlich fremd, als ich auf einen Wegweiser zum Gipfel des Berges stieß. Gerade meine Entscheidung getroffen, spürte ich die schnellen Schritte hinter mir. Mich wirklich wie eine Beute fühlend, setzte ich mich wieder in Bewegung.

Er war schnell, viel zu schnell für mich, es würde nicht lange dauern, bis er mich eingeholt haben würde. Ich sprang auf einen Baum, die Rinde blätterte unter meinen Fingern, ein Ast brach unter meinem Gewicht ab, und ich nahm dies als Anreiz dafür, zum nächsten Baum zu springen. Ich hatte viel zu viel Zeit mit diesem Baum verbracht.

Mitten im Sprung fühlte ich, wie sich der Widerstand der Luft verzog, Bewegungen neben mir. Durch eine schnelle Drehung änderte ich meine Flugbahn und wich ihm aus, streckte ihm neckisch die Zunge entgegen.

Wieder festen Boden unter den Füßen rannte ich, was meine Beine hergaben. Es dauerte nicht lange, bis sich Schnee auf meinen Weg setzte, die Luft ein wenig dünner wurde. Die Bewegungen hinter mir waren nah, ich schaute mich nicht einmal um, in der Angst, Millisekunden Zeit damit zu verschwenden. Ich brach durch schneebedeckte Büsche auf den Gipfel, gleichzeitig riss mich Edward aus der Bewegung hinaus. Er nahm meinen Körper in Besitz und wir glitten einige Meter über dichten Schnee.

Ich grinste ihn siegessicher an, als wir endlich in der Bewegung stoppten und ich seinen Körper unter mir begrub.

„Von dir lasse ich mich jeder Zeit gefangen nehmen.“

Er lächelte, doch mein Gesicht blieb ernst, als ich meine Hand auf seine Brust legte und vorsichtig anfing, die Knöpfe seines Hemdes zu öffnen. Ich mochte das Hemd, es sollte nicht kaputt gehen.

Ich setzte mich auf und zog ihn mit mir, damit ich ihm den blauen Stoff vom Körper streifen konnte, seine Lippen legten sich auf meinen Hals. Er beugte mich nach hinten und ließ meinem Kleidungsstück leider nicht so viel Vorsicht zukommen. Mit einem Ruck hatte es meinen Oberkörper verlassen, fordernd legte sich seine Hand auf die freigewordene Haut. Alle Luft, welche sich noch in mir befand, verließ in einem wohligen Knurren meinen Körper, meine Finger glitten gierig über seinen Rücken, und hinter uns wurde eine Spur vom Morgengrauen sichtbar.
 

Kapitel 07 - Bis zum Morgengrauen - Ende



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Kommentare zu diesem Kapitel (48)
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Von: abgemeldet
2009-03-31T16:58:46+00:00 31.03.2009 18:58
Das Kappi ist super geworden^^
Mach weiter so^^
lg


Von: abgemeldet
2009-03-31T11:44:06+00:00 31.03.2009 13:44
Bisschen kurz, aber sehr schön!
Seehr viel passiert nicht, aber das ist auch mal ok ;) Bin gespannt wies weiter geht und hoffentlich nicht zu schlimm für Alice!?
LG
Von:  C0ce
2009-03-31T11:21:59+00:00 31.03.2009 13:21
Wiedermal ein sehr gelungenes siebtes Kapitel.
Wofür ich dich aber wirklich mal loben muss, ist die Reaktion von Edward im ersten Abschnitt des Gesprächs..
ENDLICH wieder der Alte, etwas strengere Edward, der dieses gewisse Etwas an scih hat. Diese Reaktionen habe ich ab Band 3 schrecklich vermisst... Und ich finde, dass sie auf deine Art und Weise so wie du es darstellst, ebenfalls einen gewissen Reiz beinhalten.
Ich hoffe, dass ich mehr von diesem Edward zusehen kriege - Weg mit dem geschnulze
Von: abgemeldet
2009-03-31T08:46:38+00:00 31.03.2009 10:46
uhh sehr schön!!!!

meine lieblings szene war edward und Bella.

Von: abgemeldet
2009-03-31T08:09:24+00:00 31.03.2009 10:09
Wahnsinn, ich bin jedes mal aufs neue überrascht wie du es schaffst, die einzelnene Eindrücke jedes Familienmitgliedes so detailgetreu wieder zu geben... Ich meine wer schafft es schon Edwards GEdanken soooo wahnsinnig tiefgründig nieder zu schreiben =D

echt wahnsinn...

vG couchkartoffel
Von:  bella-swan1
2009-03-31T06:44:22+00:00 31.03.2009 08:44
Hi super Kapi. freu mich schon drauf wie es weiter geht.
lg.^^
Danke für die ENS^^
Von:  KarenChan
2009-03-30T19:26:17+00:00 30.03.2009 21:26
tolle FF <3 aber ich hasse es wenn se sich so halb streiten T_T
Von:  Des_Henkers_Fuchs
2009-03-30T14:22:29+00:00 30.03.2009 16:22
Geil, wie du schreibst!!!!!^^
Die Story ist oberhammer, dein Schreibstil ist perfekt und es wird immer spannender.
Ich freu mich schon aufs neue Kappi=)
Von:  Kayara
2009-03-30T13:48:07+00:00 30.03.2009 15:48
huiii :)... sehr spannend *~*... ich mag's! Mach weiter so... ^-^...
Von: abgemeldet
2009-03-30T12:45:00+00:00 30.03.2009 14:45
suuuuper kapi wieder mal.....
mir gefällt deine geschichte sehr und sie ist auch sehr spannend
ich hab mich auch sher über edwards benehmen gewundert..was mir aber gefiel....ich hasste es dass er bella immer zu gut behandelte und immer nur an sie dachte und seine gefühle in den hintergrund drängte....es war ungewohnt aber schön
aber die versöhnung war der hammer.....mach weiter ...wir wollen mehr zärtlichkeiten lesen >///<
ja ich will auch endlich wissen was inder schachtel war....XD
freu mich auf die fortsetzung
lg


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