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Diamonds and Rust

Manche Dinge sind für die Ewigkeit und so dauerhaft wie Diamanten, während andere vom Rost der Zeit befallen werden und zerbröseln...
von

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Treffpunkt Zweifel

Titel: Diamonds and Rust
 

Kapitel: Begegnung 107: Treffpunkt Zweifel
 

Autoren: abranka und Shirokko
 

Pairing: Draco / Harry
 

Beschreibung: Die Fanfic spielt zeitlich nach dem 4. Buch, sprich hat Harry gerade die Begegnung bei der Auferstehung Voldemorts hinter sich. Die Ferien sind fast vorbei und er ist in der Winkelgasse, um auf seine Freunde zu warten, als er Draco sieht und sein Hass auf die Todesser ihn überwältigt. Es führt zu einer ganz neuen Erfahrung für den Blonden. In vielerlei Hinsicht…

Den Rest solltet ihr schon selbst lesen…
 

Warnung: Angst, Depri, Shonen-Ai, Kariesgefahr.

Leute, deckt euch ausreichend mit Zahnpasta und Klobürsten ein. Und mit Schokolade, sie soll angeblich gegen Schocks helfen… vielleicht hat auch noch einer die eine oder andere Flasche Rohrreiniger da.
 

Bemerkungen: Schuld an sämtlichen Logikfehlern sind die Protagonisten, die während des Schreibens allzu oft beschlossen haben, unsere Pläne zu durchkreuzen und getan haben, was sie wollten. Und nein, das ist keine Ausrede! *sich leicht wütend zu Harry und Draco umdreh und sie anfunkel* Nicht wahr? Hm, natürlich leugnen sie… Wie auch immer.

Für eventuell anfallende Zahnarztkosten übernehmen wir keine Verantwortung.

Edelkitsch garantiert.
 

Disclaimer: Äh… ja, die Leute aus Harry Potter gehören natürlich nicht uns. Sie gehören sich selbst oder vielleicht auch dieser Frau, die sich Joanne K. Rowling nennt.

Der Liedtextauszug ist in diesem Fall von Blackmore’s Night – Gone with the wind und Matchbox 20 – How far we’ve come.
 

Widmung: Unserer Freundschaft und dem einjährigen Jubiläum.
 


 

Begegnung 107:

Treffpunkt Zweifel
 

~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~

Snow was falling

I could hear the frightened calling

Fear taking over every man

Life meaning nothing more than sand

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Am nächsten Morgen war die Verwirrung bei den Freunden groß, als Hermione noch immer eine Katze war. Das war wirklich seltsam, denn jeder war spätestens über Nacht wieder zum Menschen geworden. Aber Hermione… Tja… Sie schien selbst im Schlaf noch zu wenig Katze zu sein, um zum Mensch werden zu können. Ron brachte sie zum Frühstück mit, wo sie deprimiert zwischen ihm und Harry auf der Bank hockte und Trübsal blies.

Harry war ebenfalls nicht so gut drauf, war nachdenklich. Nach dem letzten Abend hatte sich seine Meinung über Blaise ein wenig verschoben. Seine Sympathie ihm gegenüber war gestiegen, definitiv. Aber als er in sich hineingehorcht hatte, war die Eifersucht noch immer da. Dabei wollte er ihn wirklich nicht ausschließen, hatte ihn gern um sich. Er hatte es – das hatten er ihm erzählt – geschafft, Draco dazuzubewegen, sich zu entspannen, was doch bedeutete, dass der Blonde ihn ebenfalls gern in seiner Nähe hatte.

Gedankenverloren blickte er auf sein Müsli, das ihm Ron serviert hatte, als er mit Blaise und Draco von Mme Pomfrey gekommen war. Es schmeckte nicht. Zu viele Rosinen, viel zu wenig Nüsse, viel zu trocken. Außerdem hatte er keinen Appetit.
 

~*~*~*~
 

„Ich bitte um eure Aufmerksamkeit!“ Dumbledore tauchte mitten während des Frühstücks sichtlich abgekämpft auf und schritt durch die Große Halle. Vor dem Lehrertisch blieb er stehen und besaß sofort die Aufmerksamkeit aller Schüler. „Ehe ihr es gleich aus den Zeitungen erfahrt, lasst mich einige Worte sagen. Das Ministerium will nicht, dass zuviel bekannt wird. Jedoch halte ich es für eine äußerst schlechte Idee, die Bevölkerung dumm zu halten und in einer falschen Sicherheit zu wiegen. Wie Harry Potter bereits im letzten Schuljahr sagte, ist Ihr-wisst-schon-wer zurückgekehrt. Lord Voldemort weilt wieder unter uns.“

Ein Raunen ging durch die Schülerschaft. Damals hatte es niemand Harry geglaubt, doch diese Worte jetzt aus Dumbledores Mund zu hören, das sorgte dafür, dass alles eine ganz andere, neue Realität gewann.

„Letzte Nacht, während wir gefeiert haben und einem Streich erlegen sind…“ - seine blauen Augen huschten kurz zu den Weasley-Zwillingen hinüber, die breit grinsten - „…hat eine Abteilung Todesser Askaban angegriffen und sich mit den Dementoren verbündet. Askaban ist gefallen!“ Er machte eine Pause und man hätte eine Stecknadel fallen hören können, so totenstill war es. Entsetzte Mienen blickten zu dem Schulleiter empor. „Ein Krieg hat begonnen, der längst unaufhaltsam ist, und ich hoffe sehr, dass das Ministerium sich bald dazu bekennen wird, um in der Lage zu sein, Voldemort entgegenzutreten. Ich kann euch nur versprechen, dass Hogwarts für euch stets ein sicherer Ort sein wird. Vielleicht bald der einzig sichere Ort in Großbritannien.“

Wieder machte er eine Pause, um seine Worte wirken zu lassen. „Gerade in Zeiten wie diesen ist es notwendig, dass die Häuser zusammenstehen. Streitigkeiten sind in dieser Zeit fehl am Platz und Kraftverschwendung. Überdenkt es. Ihr haltet unsere Zukunft mit in euren Händen. Am heutigen Tag ist schulfrei, damit ihr die Möglichkeit habt, eure Familien zu kontaktieren und euch mit ihnen auszutauschen. Außerdem solltet ihr über diese Dinge nachdenken. Und nun wünsche ich einen guten Appetit.“ Er wandte sich um und steuerte auf seinen Platz am Lehrertisch zu, wo Professor McGonagall sofort heftig auf ihn einzureden begann.

Draco blickte zu Blaise, Pansy und Montague hinüber. Der Quidditchkapitän wich kaum noch von Pansys Seite und ihr schien es zu gefallen. Ein wenig erleichterte das Draco. Sie schien glücklich zu sein - und Montague wirklich zu mögen.

Dumbledores Rede war beunruhigend. Die Bedrohung war jetzt nicht mehr allein unterschwellig da, sondern sie war wirklich greifbar geworden. Langsam wurden erste Stimmen laut und nur wenige Sekunden später brummte die Große Halle wie ein Bienenstock.
 

~*~*~*~
 

Harry starrte in sein Müsli. Askaban gefallen? Die Dementoren mit den Todessern vereinigt… Das hatte er befürchtet. Es war… Er hatte es ja gewusst, aber dass es so schnell sein würde, dass es so schnell fallen würde… Seine Prophezeiung war doch…

Er wurde Leichenblass. Geister werden den Käfig sprengen und die Plage kehrt wieder. Er hatte es gesagt. Geister. Halloween war Geistertag! Warum hatten sie das nicht gesehen? Wie hatten sie so blind sein können?

Das Müsli war uninteressant geworden. Seine Finger unter dem Tisch zitterten. Die beruhigende Hand Rons auf seiner Schulter spürte er nicht wirklich, wusste nur, dass sie da war, weil Ron es ihm mitgeteilt hatte. Hermione war auf seinen Schoß geklettert und schnurrte beruhigend, wie es Katzenart war. Er fühlte sich, als würde er aus einem Traum aufwachen. Sie hatten die ganze Zeit gewusst, dass das passieren würde. Sie hatten es die ganze Zeit gewusst. Er sowieso, aber irgendwo hatte er gehofft, dass es nicht stimmte, dass sie es nicht schafften, dass es einfach etwas war, wie es ihm vorgekommen war, was sie ihm vorgespielt hatten: eine nichtige Kleinigkeit. Und jetzt waren sie da. Todesser, Dementoren… Voldemort war zurück.

„Harry?“ Ron schüttelte ihn sanft. „Hast du nicht gehört? Lass uns gehen.“ Er zog leicht an seinem Arm und wie mechanisch stand Harry auf. Seine Knie waren weich und er wusste, dass er Angst hatte. Dementoren. Voldemort. Es war das, wovor er sich am allermeisten fürchtete. Sie waren die einzigen, die sein Leben zerstören konnten, ihm seine Freunde oder sogar Draco nehmen konnten. Er hatte wirklich schreckliche Angst.
 

~*~*~*~
 

Montague hatte sich schließlich bedauernd von Pansy getrennt, als diese zusammen mit Blaise und Draco zu ihrem Trainingsklassenraum vorgegangen war. Dort hatten sie es sich auf den Tischen gemütlich gemacht und warteten nun auf die Gryffindors.

„Beunruhigend.“, murmelte Blaise leise. „Sehr beunruhigend. Wenn die Dementoren einen Pakt mit den Todessern eingehen...“

„Gefährlich.“, fügte Pansy hinzu. „Sehr gefährlich.“

Draco sagte nichts. Doch seine starre Miene verriet genug über sein Innenleben. Auch er fand diese Neuigkeiten reichlich beunruhigend.
 

~*~*~*~
 

Als Harry und Ron mit ihrer katzenhaften Begleitung den Raum betraten, hatte sich Harry soweit beruhigt, dass er wieder normal gehen konnte und nicht mehr zitterte. Er hatte seine gesamte Angst in die hinterste Ecke seiner Gedanken geschoben. Die Blässe war geblieben, aber auch nichts Ungewöhnliches. Kaum ein Gesicht auf den Gängen war nicht blass.

Er blickte vom einen zum anderen, dann seufzte er. „Jetzt beginnt es wohl, oder?“
 

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Blaise nickte ernst. „Ja. Es beginnt.“

Draco dagegen schüttelte den Kopf. „Begonnen hat es schon längst. Nur jetzt ist das, was geschieht, für alle sichtbar. Das ist der Unterschied. Sie haben es nicht mehr nötig, sich zu verstecken. Wie Dumbledore sagte - jetzt beginnt der Krieg.“

Er wollte noch etwas sagen, doch mit einem leisen Fingerschnippen erschien eine dürre Gestalt, die einen viel zu großen und viel zu bunten Pullover trug, der in quietschpink und grellgelb leuchtete, dazu noch eine lila-blau karierte Socke und eine schwarz-weiß gestreifte.

„Harry Potter, Sir!” Dobby strahlte den Gryffindor an, während Draco innerlich die Augen verdrehte. Der Kerl! Der konnte noch etwas erleben!
 

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Harry blickte Dobby an, seine Augen wurden dunkel. Dobby hatte Draco beleidigt und ihn diffamiert. Er hatte sich wochenlang nicht blicken lassen, hatte sich nicht entschuldigt und gar nichts. Und jetzt tauchte er hier auf.

„Hallo, Dobby.“, antwortete er leise. Wie konnte der Hauself nur so strahlen? Wie konnte er so fröhlich sein, angesichts dessen, was draußen passierte?
 

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„Harry Potter! Dobby hat Kuchen mitgebracht!“ Noch immer strahlend brachte Dobby einen großen Kuchen hinter seinem Rücken hervor. Dann wurde er kleinlaut und senkte sichtlich verlegen den Blick. Seine Füße wickelten sich regelrecht um seine Beine und er knete seine Hände.

„Dobby möchte sich bei Harry Potter entschuldigen.“, sagte er schließlich leise.
 

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Harry musste widerwillig lächeln. Er war schon lieb… liebenswürdig, auch wenn er so viele Fehler machte. „Bei mir solltest du dich nicht entschuldigen, Dobby.“, erklärte er dem Hauselfen. „Mir hast du nicht Unrecht getan.“ Hatte er doch, weil Dobby ihm nicht geglaubt hatte, aber es kam ihm so normal vor, wenn das passierte. Wie er mit Draco umgesprungen war, hatte ihm viel weniger gefallen.
 

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„Doch. Dobby hat Harry Potter nicht geglaubt und dafür entschuldigt sich Dobby.“ Der Hauself lächelte Harry mit großen Augen an. „Verzeiht Harry Potter Dobby?“

Draco verschränkte die Arme und lehnte sich mit starrer Miene gegen den Tisch. Er bedachte den Hauselfen mit einem derart unfreundlichen Blick, dass Blaise nichts Gutes schwante.
 

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Harry seufzte. „Entschuldige dich bei Draco. Er hat es nicht verdient, dass du ihn ignorierst.“, erklärte er, dann blickte er zu Draco. Uh, wenn Blicke töten könnten, dann wäre der Hauself jetzt tot.
 

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Dobby blickte verschüchtert von Harry zu Draco hinüber. Und er wurde noch etwas kleiner, als er den Blick aus den strahlgrauen Augen sah. Noch ein versichernder Blick zu Harry, dann schob er die Schultern zurück und mit stolz erhobenem Haupt trat er auf den Slytherin zu. Draco blickte ihn von oben herab an.

„Weil Harry Potter es wünscht, entschuldigt sich Dobby bei Draco Malfoy für die Dinge, die Dobby Draco Malfoy fälschlicherweise unterstellt hat. Aber Dobby wünscht auch eine Entschuldigung für die Dinge, die Draco Malfoy getan hat.“, sagte er mit fester Stimme.

Dracos Lippen waren nur noch ein schmaler Strich, als er sich schließlich dazu überwand, doch etwas zu sagen. „Deine Entschuldigung ist akzeptiert, weil es Harrys Wunsch ist. Ich dagegen habe mich für nichts zu entschuldigen.“
 

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Harry runzelte die Stirn. Das war so nicht richtig. „Draco, du hast ihm gedroht. Mit dem Zauberstab. Du hast ihm mit Zaubern deines Vaters gedroht. Ich denke, dafür sollte man sich schon entschuldigen.“
 

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„Harry Potter, Sir, darum geht es nicht. Es geht um andere Dinge.“ Dobbys Augen fixierten noch immer Draco, dessen Miene sich kein bisschen verändert hatte. Im Gegensatz zu Harry wusste er sehr genau, was Dobby meinte. Sehr genau. „Dobby verlangt eine Entschuldigung für die Dinge der Vergangenheit.“

„Du wirst sie nicht bekommen! Und jetzt schwirr ab.“ Draco blitzte den Hauselfen zornig an. Er sah gar nicht ein sich für Dinge zu entschuldigen, die er getan hatte, als dieser Wicht noch Eigentum der Malfoys war. Ganz sicher nicht.

Der Hauself wandte sich zu Harry um. „Dobby hat sich vielleicht geirrt, aber Malfoys haben dennoch kein gutes Herz. Das hatten die Malfoys nie!“
 

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Bekümmert blickte Harry den Hauselfen an, dann Draco. Er wollte hier weg. „Ist gut, Dobby.“, sagte er leise. „Du hast es versucht. Ich verzeihe dir. Und jetzt solltest du besser wieder gehen.“ Er hatte sich nun mal für Draco entschieden, auch wenn ihm dessen Worte wehtaten.

Hinter sich konnte er Hermione fauchen hören. Er war regelrecht glücklich, dass sie nicht leibhaftig neben ihm stand und Draco jetzt eine gehörige Standpauke hielt. Die mit Sicherheit noch kommen würde. Er hoffte nur, dass er dann nicht dabei war, denn das konnte eine endlose Diskussion werden.

Er warf einen kurzen Blick zu Blaise und Pansy, um zu sehen, wie sie auf diese Situation reagierten. Standen sie in diesem Punkt wirklich wieder alle gegeneinander?
 

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Blaises Blick wanderte zwischen den drei Protagonisten hin und her. Harry sah traurig aus. Jedes von Dracos Worte hatte ihn sichtlich tief getroffen. „Moment.“ Er ergriff Draco beim Arm und zog ihn zum Fenster. Missmutig sah der Blonde ihn an. Er wollte etwas sagen, doch Blaise hob den Finger und bremste ihn aus. „Hör zu. Sieh dir Harry an. Tu es für ihn. Schließ mit deiner Vergangenheit ab. Nimm das als die Gelegenheit dafür. Wenn du einräumst, Fehler gemacht zu haben und über deinen Schatten springst und dich bei Dobby entschuldigst, dann ist das ein weiterer Schritt, um das alles hinter dir zu lassen. Und das willst du doch, oder? Lass dir diese Chance nicht entgehen. Beweise, dass du auch dazu in der Lage bist, Größe zu zeigen!“ Der Schwarzhaarige wandte sich von ihm ab, ohne auf eine Erwiderung Dracos abzuwarten. Das hier musste dieser jetzt selbst entscheiden. Mehr als auf ihn einreden konnte er nicht.

Draco biss sich auf die Unterlippe und sah zu den anderen hinüber. Diese erwartungsvollen Blicke waren kaum auszuhalten. Er kam auf den Hauselfen zu, bis er dicht vor ihm stand. Dobby blickte unbeeindruckt und mit funkelnden Augen zu ihm empor. „Zeit, mit der Vergangenheit abzuschließen.“ Er streckte die Hand aus. „Ich entschuldige mich.“

Dobby fielen beinahe die Augen aus dem Kopf und sein Grinsen war beinahe in der Lage, sein Gesicht zu halbieren. Überglücklich ergriff er die dargebotene Hand mit beiden Händen und schüttelte sie glücklich. „Dobby ist glücklich, Draco Malfoy, Sir! Und Dobby wünscht Draco Malfoy und Harry Potter alles Gute!“
 

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Auf Harrys Gesicht legte sich ein überglückliches Lächeln. Blaise hatte es geschafft! Er hatte es wirklich geschafft, Dracos inneren Schweinehund zu besiegen! Und Draco hatte es wirklich geschafft, sich zu entschuldigen. Das, was er gehofft hatte! Es hätte wirklich nicht viel gefehlt und er hätte geweint. Es wäre vielleicht gut gewesen, die Spannung mal loszuwerden, aber er ließ es nicht zu.

Ron übernahm plötzlich das Heft. „Also dann… Kuchen essen!“, sagte er und hob die Platte vom Boden auf. Schokoladenkuchen mit Nüssen, wie er vermutete, denn Dobby wusste so gut wie alle anderen in diesem Raum, dass Harry das liebte. „Nachdem unser Dickschädel kein Frühstück hatte, wird ihm das gut tun. Dobby bleibst du auch?“
 

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Dobby schüttelte den Kopf. „Dobby muss wieder in die Küche.“ Er blickte Hermione an, die noch immer in ihrer Katzengestalt gefangen war. „Hermione Granger muss dringend wie eine Katze denken, um wieder ein Mensch zu werden.“, empfahl er. Dann war er mit einem Fingerschnippen verschwunden.

Blaise trat zu Draco hin und raunte ihm leise ins Ohr: „Ich bin stolz auf dich.“ Draco lächelte nur leicht. Sein Blick galt Harrys glücklichem Gesicht. Dafür übersprang er seinen Schatten gerne noch mehrfach.
 

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Harry hatte nur darauf gewartet, dass Dobby weg war. Ging zu Draco hin, umarmte ihn und küsste ihn stürmisch. Ihm waren die pikierten Blicke egal. Als er Luft holen musste, trennte er ihre Verbindung und strahlte ihn an. „Danke! Danke, danke, danke, danke! Ich bin so stolz auf dich.“ Dann küsste er ihn einfach noch einmal, weil ihm nichts mehr einfiel. Wenn er an den Blick davor gedacht hatte, hätte er so eine Wendung niemals erwartet.
 

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Draco musste lachen und drückte Harry an sich. „Bedank dich bei Blaise.“, sagte er schließlich. „Er hat mich auf die sprichwörtliche Brücke geschubst.“ Zärtlich wuschelte er dem Gryffindor durch die Haare.

Blaise war in der Zwischenzeit beiseite getreten, hatte sich auf einen Tisch gesetzt und Hermione auf seinen Schoß genommen, die er jetzt ausgiebig kraulte. Rons giftigen Blick ignorierte er.
 

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Harry lächelte, ging zu ihm, umarmte ihn ebenfalls, vorsichtiger, weil er Hermione nicht zerquetschen wollte und küsste ihn ebenfalls. Sachter, vorsichtiger. Fragend, ob es überhaupt in Ordnung war.

„Danke.“, flüsterte er ergriffen. „Was hast du dem Sturkopf nur gesagt, dass er das endlich eingesehen hat?“
 

~*~*~*~
 

Blaise lächelte und erwiderte Harrys Kuss zart. „Oh, ich habe ihn an die Dinge erinnert, die wichtig sind. An dich. Und daran, dass das eine gute Gelegenheit ist, mit der Vergangenheit abzuschließen. Genau das will er doch.“ Er warf einen Blick zu Draco hin, der mit Pansy über irgendetwas sprach und langsam ein Stück Schokoladenkuchen aß. Das war nicht mehr der Junge, den er damals kennen gelernt hatte. Das war eine andere Person geworden. Und diese hier liebte er umso mehr.

Liebevoll kraulte er die Siamkatze weiter, die nun mittlerweile so weit war, dass sie sich auf seinem Schoß ausgestreckt hatte und nicht mehr so steif saß, als wenn sie einen Stock verschluckt hatte.

Rons Gesicht wechselte beständig die Farbe zwischen Rot und Weiß. „Du... Du weißt, dass das Hermione ist, oder?“, presste er schließlich hervor.

„Ja.“ Blaise blickte auf. „Und?“

„Du... fasst... sie... an...“ Rons Kopf sah aus, als wenn er gleich explodieren würde.

„Ja. Eindeutig.“ Blaise grinste.

„Du...“

„Was?“

„Ich...“

„Ja?“

„Ach, vergiss es!“ Ron schnaubte und setzte sich ihm gegenüber hin, um weiterhin ein missmutiges Gesicht zu ziehen.

„Eifersüchtig?“ Blaise lachte leise, während die Katze in seinen Armen aufhorchte.

Ron schnaubte erneut.

„Idiot. Gib dir mal einen Tritt.“ Der Slytherin schüttelte den Kopf und kraulte die Katze unter dem Kinn, woraufhin sie das erste Mal leise zu schnurren begann. Sie entspannte sich langsam völlig und rollte sich schließlich sogar auf den Rücken, um Blaise den Zugang zu ihrem Bauch zu ermöglichen, den dieser auch sofort nutzte.

Plötzlich war der Zauber gebrochen und eine hochrote Hermione in ihrem Abendkleid saß auf Blaises Schoß. „Zauberhände!“, verkündete er stolz, während Ron kurz vor der Explosion stand.
 

~*~*~*~
 

Harry begann aus vollem Herzen zu lachen, während Hermione von Blaises Schoß rutschte und sich in Sicherheit brachte. Ihr Rock schwang ein wenig und ihre Frisur war tatsächlich noch erhalten. Genau wie ihre Schminke. Wow.

„Die Schönheit ist zurück.“, ertönte es von Pansy, die ebenfalls Kuchen aß. „Ron, jetzt kannst du ihr einen Antrag machen!“

Ron wurde augenblicklich rot und funkelte sie an, Hermione machte inzwischen einer Tomate aus Freilandhaltung Konkurrenz und Harrys Lachen wurde schmerzhaft, weil er versuchte, es sich zu verbeißen. Er lehnte neben Blaise am Tisch und biss sich auf die Hand, was nicht das Geringste brachte, als Ron erst Pansy böse ansah, dann Hermione, nicht halb so böse. Dann griff er sich die Kuchenplatte und verzog sich damit ans Fenster, ganz offensichtlich beleidigt. Hermione warf Pansy einen anklagenden Blick zu.
 

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Draco bediente sich noch an dem Kuchen, ehe Ron ihn in seinem Frust noch vollkommen vernichtete und ging dann zu Harry und Blaise hinüber. Beiden reichte er je ein Stück. „Zauberhände, hm?“ Er zog eine Augenbraue hoch.

„Oh, bei dir als Katze haben sie auch prima funktioniert, wobei seine Zunge…“ - Blaise deutete auf Harry - „…auch ihren Beitrag geleistet hat.“

„Vielleicht sollten wir das anderweitig noch mal ausprobieren.“

Blaise verschluckte sich und musste husten. Das war doch... War das etwa gerade eine Art Aufforderung? Oder nur ein Scherz? Oder doch ein Vorschlag? Verblüfft und mit aufgerissenen Augen starrte er den Blonden an. Dann blickte er zu Harry.
 

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Harry blickte Blaise an und begann dann zu lachen. Er war rot. Total. Ganz süß! Absolut! „Was bist du denn so verlegen?“, fragte er ihn amüsiert. Innerlich stellte er sich allerdings die gleiche Frage wie Blaise. War das eine Aufforderung gewesen? Nicht, dass der Gedanke ihn störte, Draco abzulecken, aber…
 

~*~*~*~
 

Blaise hustete noch einmal und grinste dann verlegen. „Das mag glatt an der Doppeldeutigkeit seiner Worte gelegen haben.“

Draco lächelte lasziv. „War das doppeldeutig?“
 

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Harrys Lachen legte sich wieder, aber das Grinsen blieb. „Ich… weiß nicht.“, meinte er. „Was denkst du, Blaise?“
 

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„Eindeutig doppeldeutig.“ Blaise funkelte Draco an. „Vor allem bei dem Grinsen. Und jetzt gerade hat er sehr viel Spaß daran, das nicht zu bestätigen und uns stattdessen rätseln zu lassen.“

Draco behielt sein Lächeln still bei.
 

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„Dann war es wohl doppeldeutig.“ Harry kicherte, dann biss er von seinem Kuchen ab. Er schmeckte hervorragend. Absolut. Wie ein Nusskuchen mit Schokolade schmecken sollte. Und er stellte sogar fest, dass er Hunger hatte. Und wie! Aber nachdem er beim Frühstück nichts gegessen hatte, war das doch auch kein Wunder.

Der Schwarzhaarige ließ den Kuchen sinken, starrte ganz plötzlich ins Leere und biss sich auf die Lippen. Das Lachen war ihm vergangen. Ihm war eingefallen, warum er nichts gegessen hatte. Und augenblicklich kam ihm all ihre Alberei falsch vor. Als würde er diejenigen verhöhnen, die nun in Gefahr waren. Als würde er sich darüber lustig machen.

„Wir sollten uns überlegen, was wir tun können.“, murmelte er.
 

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„Wegen Askaban?“, wandte Pansy ein. „Gar nichts. Wir sind Teenager. Da draußen will uns keiner sehen. Und im Moment sind wir hier sicher und diese Chance sollten wir dazu nutzen, um weiter zu trainieren.“ Sie stockte. „Wir müssen weiter den Patronuszauber trainieren. Noch mehr als vorher!“
 

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Harry seufzte, nickte, legte den Kuchen auf den Tisch und setzte sich dann daneben. Er holte den Zauberstab hervor, legte ihn auf die Oberschenkel. „Wer als erster?“ Eindeutig auffordernd blickte er Pansy an, von der der Vorschlag kam.
 

~*~*~*~
 

Pansy dagegen nickte jedoch zu Draco. „Er. Wir anderen haben den Zauber ja schon mal hinbekommen. Wird Zeit, dass er es lernt.“

Das Lächeln war schlagartig aus dem Gesicht des Blonden gewichen. Er schenkte Pansy einen regelrechten Todesblick und zog dann seinen Zauberstab. „Von mir aus...“ Er hatte nicht das Gefühl, als wenn der Zauber heute funktionieren würde. Als wenn er diesen Zauber überhaupt jemals wirken könnte. Aber er würde sich nicht nachsagen lassen, dass er es nicht wenigstens versucht hätte.
 

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Harry blickte ihn an. „Du weißt noch, wie der Zauber funktioniert?“
 

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Draco nickte. „Natürlich.“ Eine glückliche Erinnerung fand er auch in sich. Das war nicht das Problem. Genauso kannte er die Formel, die richtige Bewegung. Und doch funktionierte es nicht.
 

~*~*~*~
 

Wieder das Problem. Harry erinnerte sich daran, dass er das erzählt hatte. Draco konnte Weiße Magie nicht auf Anhieb wirken. Hermione sagte, das läge an dem Talent für Schwarze Magie in ihm, das für Weiße Magie einfach keinen Platz ließ. Er konnte sie nicht wirken, solange er den Schlüssel in sich für diesen einen Spruch nicht fand. Und dieser, so Hermione, lag häufig so tief versteckt, dass er ihn nicht finden konnte. Aber vielleicht…

Er stand auf. Bei kleinen Kindern machte man so etwas häufig, wenn sie einen Fehler immer wieder machten, wenn sie das Schreiben nicht lernten. Ob es bei Draco helfen konnte? „Soll… sollen wir es gemeinsam versuchen?“
 

~*~*~*~
 

Draco hatte mittlerweile den Zauberstab frustriert gesenkt. Er blickte auf, als Harry ihn fragte und nickte dann. „Okay. Gibt ja nur etwas zu gewinnen.“ Mit einem schiefen Lächeln hob er erneut den Zauberstab und kramte eine schöne Erinnerung hervor.
 

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Harry stellte sich hinter ihn und ergriff seine Zauberstab führende Hand. „Gemeinsam.“, erklärte er lächelnd, suchte sich einen schönen Gedanken. „Du führst.“
 

~*~*~*~
 

„Okay...“ Draco schenkte ihm ein weiches Lächeln. Er sammelte das Positive in sich zusammen, das er finden konnte und sprach dann die Formel. „Expecto Patronum!“

Wieder geschah nichts. Nicht einmal ein kleines Fitzelchen weißes Licht wollte sich aus seinem Zauberstab zeigen. Nichts. Draco ließ entnervt den Zauberstab sinken. „Bringt nichts. Der Zauber geht einfach nicht.“

„Denkst du auch an etwas, das schön genug ist?“, fragte Blaise nach.

„Ja!“ Der Blonde wirbelte herum und funkelte ihn an. „Was denkst du denn? Dass ich zu blöd bin, um so einen Fluch zu sprechen?“

„Nein. Draco, das hat er nicht gemeint.“, ging Pansy dazwischen und lächelte ihn beruhigend an.

„Ach, nein? Und du auch nicht, oder?“, spielte er darauf an, dass sie ihn doch zum Üben aufgefordert hatte.

„Draco. Du wirst ungerecht!“, protestierte Pansy schwach. Aber im Moment hatte es wohl keinen Sinn überhaupt mit ihm zu reden. Einsehen würde er sicherlich nichts. Dazu war er zu geladen.
 

~*~*~*~
 

Harrys Arme schlangen sich um Dracos Mitte und er drückte sich gegen ihn. „Willst du es alleine üben? Oder mit nur einem von uns zusammen?“ Er meinte damit sich selbst oder Blaise, der ihm so oft half, auch wenn ihm ersteres bei weitem lieber wäre. „Dann musst du nicht das Gefühl haben, dass du Erwartungen nicht erfüllst, dass wir… dich für unfähig halten.“

„Das tun wir ohnehin nicht!“, rief Hermione entrüstet.

Harry lächelte schwach. „Ich weiß das.“, sagte er noch leiser.
 

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Draco strich ihm über die Haare und schüttelte den Kopf. „Nein. Das wird nichts ändern. Dieser Zauber und ich... Wir passen nicht zusammen.“ Er zuckte mit den Schultern. „Ich denke, ich kann diesen Fluch tausendmal üben und er wird nicht funktionieren. Ich weiß nicht...“

„Er ist zu weiß.“, sagte Hermione plötzlich. „Das wird es sein! Dein Talent ist überfüllt mit Schwarzer Magie - und für eine solch starke Weiße Magie hast du einfach nicht die Fähigkeiten!“

„Wie war das mit dem unfähig?“ Draco zog eine Augenbraue hoch.

„Nein. So meine ich das nicht!“ Hermione schüttelte energisch den Kopf. Normalerweise wären ihre Locken jetzt hin- und hergeflogen, doch dank der Hochsteckfrisur verlor diese Bewegung etwas an Dynamik. „Wenn Harry einen starken schwarzmagischen Fluch versuchen würde, wäre er genauso zum Scheitern verurteilt wie du bei dem Patronuszauber. Dieser Zauber gehört einfach nicht zu deinem Magiespektrum.“
 

~*~*~*~
 

Harry starrte sie an. Wie war das? Wenn er… wenn er einen starken schwarzmagischen Fluch…

Seine Miene wurde dunkel. Das konnte sie nicht wissen. Das war nicht so. Er hatte lange genug dafür trainiert, diesen einen Zauber nutzen zu können, die ganzen Ferien hindurch. Natürlich konnte er ihn wirken!

„Ich kann nicht glauben, dass es das ist.“, erklärte er starrsinnig.
 

~*~*~*~
 

„Es ist aber so, Harry. Ihr seid von eurem magischen Spektrum her Yin und Yang! Du beinahe komplett weiß, bis auf einen winzigen schwarzen Klecks - und er komplett schwarz bis auf ein winziges bisschen Weiß! Du kannst es versuchen, Harry. Aber du wirst einsehen müssen, dass ich Recht habe! Starke schwarzmagische Sprüche kannst du nicht wirken. Allenfalls ein paar kleine. Und selbst die dürften dir schwer fallen - so wie Draco die Sprüche im Unterricht.“ Sie stockte und blickte zu dem Blonden. „Die meisten fallen dir aber gar nicht schwer. Wie...?“

Draco unterbrach sie. „Hauslehrer und ein sehr enges Lernprogramm in den Ferien.“

„Ah. Das erklärt alles. Du erarbeitest dir das Niveau der anderen vorher, damit du es danach dann halten und teilweise sogar überschreiten kannst.“, murmelte sie leise und empfand hohen Respekt für die Disziplin, die der Slytherin dafür an den Tag legen musste.
 

~*~*~*~
 

Harry starrte sie an. Ihre Worte zerstörten seinen Plan. Das konnte er nicht zulassen. Das war einfach nicht wahr. Natürlich würde er jenen Spruch wirken können, wenn er ihn brauchte. Wie sollte er sonst siegen? Wie sollte er ohne den Avada gegen Voldemort siegen können?

Er antwortete nicht. Er brachte es weder fertig, ihr zu widersprechen, noch ihr zuzustimmen und sie damit anzulügen. Er würde es wohl ausprobieren müssen, dass, falls sie doch Recht hatte, ihm eine andere Möglichkeit einfallen konnte, wie er Voldemort besiegen konnte, am besten so bald wie möglich.

Sein Griff um Dracos Taille wurde fester, ohne dass er es bemerkte, als seine Gedanken sich entfernten. Seine Narbe puckerte leicht vor sich hin, doch er nahm es kaum wahr. Sein Kopf kam auf der warmen Schulter zu ruhen, seine Wange schmiegte sich dagegen. Er musste es schaffen, wenn es so weit war. Komme was da wolle.
 

~*~*~*~
 

Hermione blickte Harry an, der jetzt schwieg und sich an Draco drückte. Irgendwie kam es ihr vor, als wenn ihre Worte ihn getroffen hätten? Aber warum? Er konnte doch nicht ernsthaft vorhaben, ebenfalls Schwarze Magie zu nutzen, oder? Andererseits hatte er ja mal gesagt, dass dieses Schema für ihn nicht gelten würde. Ob er nicht begriff, dass er gar keine Wahl hatte, als sich in das Schema zu fügen mit seinem Talent?

Draco strich sachte über Harrys Arme, die ihn von hinten umschlossen hielten.

„Blaise, machen wir weiter?“, wandte sich Pansy an den anderen Slytherin, der jetzt seine Augen von den beiden anderen Jungen nahm und nickte.

„Um die Wette?“ Er grinste sie an.

„Immer doch! Wer den hellsten und größten Patronus zaubert!“, schlug sie vor.

„Hey, ich mach mit!“ Ron sprang auf. So etwas konnte er sich doch nicht entgehen lassen.
 

~*~*~*~
 

Hermione stand ebenfalls auf. „Harry, was ist mit dir?“, fragte sie.

Der Junge schüttelte nur den Kopf. „Macht ihr mal.“, antwortete er abwesend, ließ Draco los. „Kommst du mal mit?“, fragte er ihn leise.
 

~*~*~*~
 

„Okay.“ Der Blonde nickte leicht, ergriff Harrys Hand und ließ sich dorthin führen, wo es den Gryffindor hinzog.

Blaise blickte ihnen einen Augenblick lang nach und widmete sich dann dem Zauberduell mit Pansy, Hermione und Ron. Die erste Runde war frustrierenderweise an Pansy gegangen.
 

~*~*~*~
 

Harry wusste selber nicht, wo er hinging. Er wusste noch nicht einmal, was er Draco sagen wollte. Er wusste im Grunde nur, dass er jetzt nicht dieses Gerede ertragen konnte, keine Fröhlichkeit wollte, aber auch nicht alleine sein wollte, weil er Angst davor hatte, was er dachte. Seine Gedanken drohten seinen Geist vollkommen zu überschwemmen.

Irgendwann blieb er stehen, weil er nicht wirklich wusste, was er jetzt tun sollte. Hilflos blickte er Draco an. Stellte ihm stumm die Frage, welche ihm im Kopf herumspukte: Was soll ich tun?
 

~*~*~*~
 

Es war irgendeiner dieser namenlosen Korridore, in dem sie stehen blieben. Draco fühlte sich so leer wie dieser Gang, als er über Harrys sichtbare Hilflosigkeit nachdachte. Sein Blick hatte so ausgesehen, als wenn er von ihm Antworten erwarten würde.

„Was ist los?“, fragte er schließlich leise und mit einem verlegenen Lächeln. Dann hatte er vielleicht doch eine Chance, ihm zu helfen. Wenigstens ein bisschen.
 

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Harry senkte den Kopf, blickte auf Dracos schwarze Schuhe. Seit sie zusammen waren, waren sie nicht mehr so sauber wie früher, nicht mehr ganz so sorgfältig geputzt. Menschlicher, mehr wie der Schüler, der er noch war.

„Ich weiß nicht.“, murmelte er leise. „Ich… habe keine Ahnung!“
 

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Draco lächelte den Gryffindor sachte an und schlang dann die Arme um ihn. „Es ist okay. Es ist in Ordnung, wenn du im Moment nicht weißt, was du tun sollst.“ Zärtlich strich er ihm durch die Haare und küsste ihn auf die Stirn.

Er hoffte, dass er Harry ein wenig beruhigen konnte. Dennoch konnte er ihn auch sehr gut verstehen. Es fühlte sich alles so aussichtslos an. Sie wollten gegen Voldemort kämpfen, doch der hatte gerade Askaban gestürmt und die Dementoren auf seine Seite gezogen. Was für eine Chance besaßen sie denn überhaupt?
 

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Harry kuschelte sich an ihn. Die Worte taten ihm gut, auch wenn sie die Hilflosigkeit in seinem Inneren nicht im Geringsten zu mindern wussten. Aber es tat trotzdem gut, auf Verständnis zu treffen.

„Es kommt mir so falsch vor.“, murmelte er. „Wir üben so viel. Und wenn etwas Schreckliches passiert, trainieren wir mehr, härter. Zumindest eine Zeitlang. Dann überwiegen Probleme und das Training gerät in den Hintergrund… als wäre nie etwas passiert. Als wäre es alles nur ein böser Traum, den man nach einigen Tagen aus den Gedanken verliert.“ Er seufzte leise. „Ich komme mir wie ein Verräter vor. Weil wir soviel Spaß haben, obwohl da draußen Menschen leiden und Angst haben, sogar sterben!“
 

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„Das musst du nicht, Harry.“, antwortete der Slytherin leise. „Das, was dort draußen geschieht... Es ist unendlich schrecklich, ja. Und auch wenn es so scheint, als wenn es in Vergessenheit gerät, ist dem nicht so. Aber wir können nicht aufhören zu leben. Im Gegenteil erinnert der Schrecken doch vielmehr daran, dass wir das Gefühl brauchen, lebendig zu sein. Unsere kleinen Dramen sind unwichtig gegenüber diesem Krieg. Das ist klar. Und doch dürfen die Kleinigkeiten auch mal wichtiger sein. Wir sind Teenager, keine Soldaten. Wir sind Menschen, keine Maschinen. Und zwischendurch einfach noch zu spüren, dass wir leben... Das ist absolut notwendig. Wie sonst sollen wir in der Lage sein, mit allem klarzukommen?“ Er seufzte leise und drückte seine Nase gegen den schwarzen Haarschopf. Ganz tief nahm er Harrys Geruch in sich auf. „Weißt du... Ohne Freundschaft und Liebe, ohne ein bisschen Sorglosigkeit würden wir im Moment durchdrehen. Nur in Angst und Sorge kann man doch nicht leben.“
 

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Harry lauschte den Worten, musste schwach lächeln. Vor nur zwei Monaten hätte Draco solche Worte noch nicht einmal sagen können, jetzt überzeugte er ihn damit. Fast. Das Gefühl einfach abzuschütteln, war unglaublich schwierig.

„Darf… darf ich dich noch ein bisschen einfach so umarmen? Nicht zu ihnen zurückgehen?“
 

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„Dafür musst du doch nicht fragen, Dummerchen.“ Draco gab ihm eine liebevolle, ganz leichte Kopfnuss. „Tu es einfach.“ Er drückte den Gryffindor etwas fester an sich und gab ihm einen Kuss. Es tat gut, ihn einfach festhalten zu können, ihn an sich zu drücken und zu wissen, dass er es war, der ihm etwas Halt geben konnte und ein bisschen Ruhe.

„Ich liebe dich.“, flüsterte er leise.
 

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Wortlos gab Harry die Worte zurück, kauerte sich an seiner Brust zusammen. Sein Herz war schwer und im Grunde wollte er nicht zulassen, dass dieses leichte, flatterige Gefühl darin Einzug hielt, welches von Draco direkt in ihn gepflanzt wurde, durch seine lieben Gesten, seine Worte. Noch immer kam es ihm falsch vor, aber gleichzeitig wusste er, dass Draco Recht hatte. Viel zu Recht. Wenn er damit aufhörte zu leben, dann tat er Voldemort damit einen Gefallen, weil er sich selbst schwach und krank machte. Weil er ihn dann niemals würde besiegen können. Seine Hände krallten sich in Dracos Umhang.

Ob er das überhaupt noch konnte? Ob Hermione Recht hatte und er den Avada nicht wirken konnte? Er konnte es doch… Nein, wenn er es ausprobieren würde, dann müsste jemand dafür sterben. Oder ein Tier. Er konnte doch nicht nur zu Versuchszwecken ein Tier töten. Das ging doch gar nicht klar.

Ehe er sich versah, rollten Tränen über seine Wangen. Tränen der Verzweiflung. Sie hatten es letztendlich doch geschafft, sein Herz zu überschwemmen.
 

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Draco spürte, dass Harry weinte, als seine Schultern langsam zu beben begannen und sein Hemd feucht wurde. Behutsam streichelte er ihm den Rücken und kraulte ihm den Nacken. Mehr konnte er gerade wohl nicht tun. Mehr nicht. Nur für ihn da sein und ihm etwas Trost schenken. Es zerriss ihn, dass er nicht mehr tun konnte. Aber es war so. Leider.
 

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Es dauerte, bis Harry sich wieder beruhigen konnte, aber selbst dann noch war er nicht gewillt, Draco loszulassen. Er wollte nicht. Dieser Junge war im Moment wirklich der einzige, der ihm Trost gab. Geben konnte. Von dem er ihn haben wollte.

„Können wir hochgehen?“, wollte er wissen. Seine Stimme zitterte, als er sich von Draco löste. Im Grunde wollte er gar nicht, aber gehen ließ es sich so schlecht, solange er so an ihm klebte.

Draco nickte leicht und sie gingen hinauf, Hand in Hand, begegneten zu Harrys Glück niemandem. Und als sie im Raum der Wünsche ankamen, zog Harry Draco zur Couch und kuschelte sich dann, sich wieder zusammenkauernd, an ihn. Nähe. Das war es, was er jetzt brauchte. Einfach nur Nähe von der Person, die ihm am meisten bedeutete und die ihn ein wenig wärmen, die Kälte in ihm vertreiben konnte. Seine Hände umklammerten Dracos rechte, während dessen linker Arm um seine Schultern lag. So konnte es bleiben. So war es gut.
 

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Sie blieben bis zum Abend so sitzen. Zum Mittagessen gab es Kekse, die Harry herbeizauberte, nur, um sich dann wieder aneinanderzuschmiegen.

Es war Abend, als Blaise schließlich hereinkam. Einen Augenblick lang sah er sie an, wie sie so eng umschlungen auf dem Sofa saßen und das Feuer neben ihnen hochschlug. „Hey. Ich habe etwas zu Essen mitgebracht. Weil ihr mittags nicht da wart. Aber...“ Er stockte. „Ich kann auch... wieder gehen...“ Seine Stimme wurde immer leiser.
 

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Harry schüttelte kaum merklich den Kopf. „Nein. Bleib.“, murmelte er, ohne sich zu rühren. Er wollte sich nicht rühren, aber genau deswegen war es besser, wenn Blaise blieb. Er würde es fertig bringen und die ganze Nacht hier sitzen, was er Draco nicht antun wollte. „Es… es ist jetzt wieder okay.“

Ganz langsam setzte er sich auf, zog sich ein wenig aus der innigen Umarmung zurück, rieb sich mit dem Handrücken über die Augen. „Ich werde duschen gehen. Ich hab Kopfweh.“, teilte er ihnen mit. Kein Wunder nach der Heulerei.
 

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Blaise kam zögerlich zu ihnen und blieb neben den beiden stehen. Die Ladung Lebensmittel platzierte er auf dem Sofatisch, ehe er sich neben Harry auf das Sitzmöbel fallen ließ.

Draco nickte Harry zu. „Okay. Und danach isst du was, ja? Mir zuliebe.“ Harry senkte ebenfalls kurz den Kopf, schnappte sich dann seinen Schlafanzug und verschwand im Bad. Der Blonde beugte sich vor, nahm eines der belegten Brötchen und biss hungrig davon ab. Kekse allein hatten ihn nicht satt gemacht.

„Ist alles okay?“, fragte Blaise leise.

Draco zuckte mit den Schultern. „Mittlerweile einigermaßen, denke ich. Soweit das bei dieser Situation überhaupt noch geht.“ Er seufzte leise.

„Draco, wenn ihr lieber allein sein wollt, dann...“

„Blaise, Harry hat es doch gerade gesagt: Bleib.“

Der Schwarzhaarige nickte und biss sich auf die Lippe. Es war verwirrend. Teilweise fühlte er sich in diese Beziehung unheimlich eingebunden und dann wiederum vollkommen ausgeschlossen. Er wusste nicht mehr, was er denken sollte.
 

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Harry blieb lange unter der Dusche. Er ließ das Wasser über seinen Körper rinnen, sank irgendwann zu Boden, seine Finger strichen über seinen rechten Arm, über die Stelle, wo vor einiger Zeit… vor kurzem noch eine Wunde stechenden Schmerz verbreitet hatte. Ein Messer, von einer Hand geführt, die ihm Blut gestohlen hatte, hatte sie verursacht. Jetzt war davon nicht einmal mehr eine Narbe übrig. Nur die Gewissheit, dass es passiert war. Irgendwann… Wie lange war es jetzt her? Zu lange. Viel zu lange Zeit, in der er nichts getan hatte. Viel zu lange Zeit, in der er ‚gelebt’ hatte.

Er strich den Arm wieder hinauf. „Gelebt…“ Das hatte Draco gesagt. Er hatte gelebt, um das alles ertragen zu können, nicht daran zu zerbrechen. Aber hatte er den Beinamen ‚der Junge-der-lebt’ nicht bekommen, weil er gelebt hatte, während der Böse verschwunden war? Damals waren sie alle glücklich gewesen. Und jetzt hatte er das Biest wiedererweckt.

Langsam stand er auf, schäumte sich ein, wusch sich mit einer tranceähnlichen Sorgfalt, die an Manie grenzte. Jede Stelle, die auch nur annähernd von Voldemort oder auch Wurmschwanz berührt worden war, bearbeitete er mit Duschgel und schließlich mit einer Bürste, die er im Waschschrank fand. Bis seine Haut gerötet war und unter dem heißen Wasser brannte. Erst dann trat er aus der Dusche, lehnte sich Sekunden gegen die Wand, bevor er sich abtrocknete und den Schlafanzug anzog. Er musste wieder hinaus, damit Draco sich keine Sorgen machte. Er musste etwas essen, um bei Kräften zu bleiben, und Blaise davon überzeugen, dass er nicht gehen durfte.

Seine Hände krallten sich in die Ärmel, zogen sie lang, dass sie über die Finger gespannt waren, dann trat er aus dem Bad heraus, warf seine Klamotten einfach auf den Sessel, der ihm am nächsten war, griff wieder nach dem Ärmel. Vor der Couch blieb er stehen. Er lächelte schief. „Hat geholfen.“, meinte er. Seine Kopfschmerzen waren weg.
 

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„Komm her.“ Draco zog den Gryffindor auf seinen Schoß und hielt ihm ein Brötchen unter die Nase. „Ich weiß, du hast keinen Appetit, aber bitte...“ Er legte den Kopf schräg und sah ihn bittend an.

Blaise streifte seine Schuhe ab und zog die Beine an. Er war müde. Mit einem leisen Seufzer ließ er sich gegen Dracos Schulter sinken.
 

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Harry griff nach dem Brötchen. Leberwurst… Ihm wurde fast schlecht, aber er nahm artig einen Bissen, kaute und schluckte ihn.

„Wie war das Training?“, wollte er nach dem zweiten mühevollen Bissen wissen, brauchte einfach eine Pause von dem Zeug. „Ich meine… was…?“ Wieder verstummte er. Er hatte an diesem Tag nicht trainiert. Obwohl es so schrecklich ernst geworden war. Aber irgendwie erschien es ihm alles so sinnlos. Die ganzen Mühen, die ganzen Plackereien…
 

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„Ganz gut. Pansy hat beim Patronuswettzaubern gewonnen. Knapp vor mir.“ Blaise lächelte leicht. Langsam streckte er die Hand aus und legte sie auf Harrys Knie. „Ron war danach so eifrig beim Üben... Mione war begeistert.“ Er starrte ins Feuer. „Wofür tun wir das überhaupt?“, fragte er schließlich. „Ist es nicht aussichtslos?“

Dracos Kopfnuss traf ihn unvorbereitet. „Denk so etwas gar nicht erst. Dann können wir auch gleich die Zauberstäbe weglegen und uns um Gnade winselnd in den Dreck vor Voldemort werfen.“ Seine grauen Augen waren hart. „Es gibt nichts anderes, als auf den Kampf vorbereitet zu sein. Und dafür trainieren wir. Dafür. Damit es wenigstens eine Chance für uns gibt.“
 

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Harry hatte bei Blaises Frage von seinem Brötchen aufgesehen und fast erschrocken dann zu Draco. Dessen Worte… Er begann zu lächeln. Grimmig.

„Vor dem auf den Knien?“, fragte er und Hass schwang in der Stimme mit. „Soweit kommt’s noch. Dann doch lieber Dracos Vorschlag. Trainieren, bis wir ihn auf die Knie zwingen können!“
 

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Dracos Augen waren ein wenig schmerzerfüllt, als er den Tonfall wahrnahm. Harry wollte er nicht so hasserfüllt sprechen hören. Und doch war er vermutlich der Mensch auf der Welt, der mit den größten Hass auf Voldemort hegte - und er hatte auch allen Grund dazu. Er seufzte leise und lehnte die Stirn gegen Harrys Schulter.

„Also kämpfen wir.“ Blaise lächelte leicht und versuchte, etwas mehr Zuversicht zu gewinnen. „Im Zweifelsfall gehen wir dann wenigstens mit einem fluchschleudernden Zauberstab unter.“
 

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Harry blickte ihn an. Dann Draco, dann wieder ihn. Sie waren beide ziemlich demotiviert, was das Thema anbelangte. Im Grunde so wie er, allerdings…

Er streckte die Hand aus, stupste Blaise gegen die Nase. „Wir gehen nicht unter.“, erklärte er. „Wir haben einen unschlagbaren Vorteil auf unserer Seite. Zwei. Wir sind Kinder. Welcher Todesser, der mit einem von uns schon einmal gekämpft hat, würde uns nicht unterschätzen? Voldemort selbst wird uns unterschätzen, weil er das, was ich – was wir drei, im Grunde wir alle – verkörpern, einfach nur abscheulich findet. Homosexualität, Halbblüter, Muggelgeborene, Überläufer… Er wird davon ausgehen, dass Draco ihm nichts anhaben kann. Malfoy wird ihm von seiner Schwäche mit der Weißen Magie erzählt haben. Ron nimmt er auch nicht ernst. Er ist ein Weasley und ein schlechter Schüler. Er kann nicht wissen, dass wir ihm Zauber beibringen, die ihm helfen können. Hermione ist ein Mädchen und muggelgeboren. Er wird nichts über ihr Talent gehört haben, weil es ihn nicht interessiert – er ist arrogant genug dazu. Pansys Eltern werden ihm wohl ebenfalls über die Schwächen ihrer Tochter erzählt haben, so denkt er, dass er weiß, wie er sie ausschalten kann, wenn er sie sieht – falls er überhaupt davon ausgeht, dass sie mitkämpft, aber das denke ich eigentlich schon. Sein Spion wird es ihm wohl längst erzählt haben.“

Er holte Luft und strich ihm über die Wange. „Und mich nimmt er nicht ernst, denn ich konnte das letzte Mal nicht einen Treffer landen und brauchte schon wieder Hilfe von meinen Eltern. Mich will er lediglich töten. Er wird sich voll und ganz auf mich konzentrieren, weil er mich vernichten will, weil er Angst vor mir hat, und übersieht dabei, dass Gemeinschaften stark sein können. Viel Stärker als einzelne Menschen ohne Zusammenhalt. Dass sie sich ergänzen und – wenn sie mit einem Kopf funktionieren und mit Vertrauen zusammenstehen – ein unglaublich mächtiger Gegner sind. Dass wir uns organisiert haben und nicht, wie Kinder sonst, blindlings drauflos stürmen, sondern vorher klären, wer welche Aufgaben hat, sie so verteilen, dass jeder sich auf seine Stärken konzentrieren kann, während er sich darauf verlassen kann, dass ihm der Rücken freigehalten wird.“ Er lächelte. „Nicht wahr?“
 

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Blaise lächelte Harry leicht an. „Optimist.“

„Nein. Er hat Recht.“ Draco schüttelte energisch den Kopf. „Aber was er vergessen hat, ist die Frage, ob wir überhaupt für Voldemort in irgendeiner Art und Weise interessant sind. Harry wird ihn interessieren, ja. Aber wir anderen? Seien wir doch ehrlich - wir sind Teenager und allenfalls betrachtete er uns wie eine Spinne, die er zerquetscht. Aber gerade das ist der Bonus. Und die Potenzialmagie. Denn damit wird er ganz sicher nicht rechnen.“

Blaise verdrehte den Kopf etwas und blickte Draco an. „Mir scheint, er hat dich angesteckt.“

Draco lachte leise. „Er hat Recht. Also warum nicht?“

Blaise blickte zu Harry. Wie machte er das nur, sie urplötzlich - nachdem er selbst doch kurz zuvor ein großes Tief gehabt hatte! - so zu motivieren und ihnen soviel Kraft und Hoffnung zu geben?
 

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„Voldemort ist...“ Harry schüttelte den Kopf. „Ich meine, schon allein der Name ist doch bescheuert! Verpasst sich selbst diesen Titel – Lord. Pff!“ Er zauberte das dämliche Buchstabenspiel in die Luft. „Ha, und warum ist er ein Lord? Weil sein doofes Buchstabenwürfeln sonst nicht aufgegangen wäre. Erbärmlich, oder?“

Der Schwarzhaarige neigte den Kopf zur Seite und sprach spöttisch weiter.

„Wenn Lord nicht gepasst hätte..., dann hätte er sich wahrscheinlich Gott oder King oder Kaiser oder wie auch immer genannt. Prince of Coolness... Was ein Vollidiot!”
 

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Blaise musste lachen und auch Draco kicherte.

„Sag ihm das mal ins Gesicht... Das zerstört wahrscheinlich sein ganzes Weltbild. Der Name, vor dem sich alle fürchten sollen, sorgt für Belustigung!“ Blaise quietschte bei seinen Worten vor lachen und drückte die Wange gegen Dracos Arm. Das war einfach herrlich!
 

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„Wenn wir ihn das nächste Mal sehen.“, versprach Harry, dann legte er endlich das angebissene Brötchen auf den Tisch zurück. Es war genug, was er gegessen hatte, ihm war schlecht davon. „Dray, lass mich aufstehen, ich muss Sirius noch schreiben. Ich muss wissen, ob es ihm gut geht!“ Und er machte Anstalten, von Dracos Schoß zu rutschen.
 

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Mit einem leisen Murren ließ Draco ihn los. „Wie du willst.“ murmelte er leise. Ihm war nicht entgangen, dass der Gryffindor nur sehr wenig gegessen hatte. Sobald Harry aufgestanden war, richtete er sich selbst auf. „Zeit für den Schlafanzug.“, befand er.

„Für Pogoschlangen!“ Blaise grinste breit und schwang die Beine von der Couch.

„Und für seltsame Cheerleaderschildkröten.“ Draco funkelte ihn amüsiert an.
 

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Harry lachte und suchte aus seinen Taschen sein Gedankenbuch und Dracos Feder zusammen. Von irgendwoher bekam er noch Tinte und begann die Nachricht an Sirius zu schreiben, stellte so viele Fragen wie möglich, damit er alles erfuhr. Wie es ihm ging, was er getan hatte, wie es den anderen Freunden ging – Remus Lupin, den Weasleys – was er die letzten Tage getan hatte, und, und, und. Was in Hogwarts gerade geschah, seine Gefühle, seine innere Zerrissenheit, Blaise, alles ließ er weg. Er wollte seinem Paten in so schweren Zeiten nicht noch mehr Sorgen bereiten. Draco kam aus der Dusche, als er das Buch endlich zuschlug.

Seufzend stand er auf, kam zu ihnen und krabbelte auf das Bett zu Blaise, der dort gelesen hatte. Ihm war etwas eingefallen.

„Wir gehen morgen zu Dumbledore.“, sagte er leise. „Er weiß eh, was Sache ist. Vielleicht kann er unser Training unterstützen. Immerhin unternimmt er nichts dagegen und mit seiner Hilfe wird es vielleicht zielgerichteter. Damit auch du, Blaise, und die anderen Okklumentik lernen und sowas.“ Und vielleicht konnte der Schulleiter ihm auch sagen, ob einer seiner Freunde gestorben war.
 

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„Eine gute Idee.“ Blaise nickte. Er hatte seinen Schlafanzug bereits an und verzichtete auf den abendlichen Duschgang. Am Morgen reichte das auch, fand er. Ohne weiter darüber nachzudenken, schlang er seine Arme um Harry und zog ihn an sich. Er schmiegte seine Wange an Harrys Halsbeuge und schloss die Augen. „Du bist stark, Harry.“, flüsterte er leise. „Sehr stark.“

Draco kam zu ihnen, hauchte Harry einen Kuss in den Nacken und setzte sich neben die beiden.
 

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Harry lachte nur leise darüber, beinahe traurig. Blaise hatte ein vollkommen falsches Bild von ihm. Wäre ich stark, würde Voldemort jetzt tot sein oder noch immer einen Körper suchen.

Er seufzte, dann lächelte er, erwiderte die Umarmung weich. „Wäre ich stark, bräuchte ich euch nicht in diesen Kampf hineinziehen.“, meinte er. „Und wir hätten unsere Ruhe und könnten für die UTZ-Prüfungen lernen. Wäre ich wirklich stark, wäre deine größte Sorge, wie du Angelina und Katie daran hindern könntest, Tore zu machen, damit Draco den Schnatz ohne Zeitdruck fangen kann.“ Er grinste ihn frech an.
 

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„Du siehst das falsch.“ Blaise drückte ihn etwas von sich weg. „Es sind vielleicht Dinge geschehen, von denen du glaubst, dass du sie hättest verhindern können. Doch Tatsache ist, dass wir heute hier stehen. Hier. Und an keinem anderen Ort. Und hier und jetzt bist du stark. Hast du nicht gemerkt, wie du uns gerade Zuversicht und Kraft gegeben hast? Merkst du nicht, wie du uns alle mitreißt und motivierst. Das ist Stärke. Rede dich nicht kleiner als du bist, Harry Potter.“ Er lächelte ihn an und gab ihm einen zarten Kuss auf den Mund.

„Blaise hat Recht.“, bekräftigte Draco. „Zweifele nicht an deiner Stärke, Harry. Du hast sehr viel mehr davon, als du glaubst.“
 

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Harry blickte von Blaise zu Draco, dann begann er zu lächeln. Er lächelte Blaise an und nickte. „Okay.“, sagte er. „Dann bin ich stark. Stärker geworden.“ Vielleicht stimmte das ja auch. Vielleicht war er seit dem Sommer nur unglaublich viel stärker geworden, als er es vorher gewesen war. „Aber wenn es so ist, dann liegt das an euch. An Draco.“ Er blickte ihn warm an. „Weil du mir ein neues Ziel gegeben hast. Und an dir.“ Seine Augen suchten Blaises. „Weil du nie aufgibst und mir ein Vorbild bist.“ Er seufzte und lehnte sich einfach wieder in die Umarmung. „Und an den anderen, weil sie helfen wollen, weil auch sie nicht aufgeben und mich fordern.“
 

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Draco lächelte weich und spürte, wie ihm warm ums Herz wurde. Er rutschte näher und schloss Harry von der anderen Seite in die Arme, schmiegte sich an seinen Rücken. „Es hat ja nie jemand gesagt, dass du allein bist. Die Menschen um uns machen uns stark. Das hast du mir in den letzten Monaten beigebracht. Ohne dich wäre ich nicht hier. Und nicht der Mensch, der ich jetzt bin.“, raunte der Blonde heiser.

Blaise streckte eine Hand aus und grub sie in Dracos Schlafanzugoberteil, um auch ihn festzuhalten. Ihm waren bei Dracos Worten die Tränen in die Augen getreten, die er nun krampfhaft herunterschlucken musste. Es war ja so. Harry war es gewesen, der ihn geändert hatte. Der den Eispanzer aufgebrochen hatte. Der es ihm überhaupt ermöglicht hatte, sich Draco so weit anzunähern. Harry würde immer ein besonderer Mensch für Draco bleiben. Wenn nicht sogar der eine besondere Mensch. Und das tat ein bisschen weh. Außerdem berührten ihn diese Worte irgendwo tief in ihm.
 

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Harrys Lächeln wurde breiter. Er fühlte sich geborgen, angenommen, schlichtweg wohl. Und er hatte das Gefühl, noch ein wenig mehr Zuversicht zu finden, weil sie ihm seine Fehler verziehen oder darüber hinwegsahen.

Eine Weile herrschte Schweigen und jeder hing seinen eigenen Gedanken nach, bis Harry sich plötzlich wieder bewegte. „Lasst uns schlafen. Wir müssen morgen trotzdem früh raus, auch wenn wir zu Dumbledore gehen wollen. Oh Mann… Snape wird mich umbringen, weil ich es wage, seinen Unterricht schon wieder zu schwänzen.“ Er rollte mit den Augen.
 

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„Wird er schon nicht.“ Draco lachte leise. „Und wenn, dann muss er erst an uns vorbei.“

Nebeneinander krochen sie unter die Bettdecke, Harry in ihrer Mitte. Von beiden Seiten schlangen sich Arme um ihn und kuschelten sich Körper an ihn. „Gute Nacht.“, murmelte Draco leise, gab Harry einen Kuss auf die Wange und Blaise auf die Hand, weil das alles war, was er von diesem erreichen konnte.
 

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Harry begann zu lächeln, verteilte ebenfalls Küsse, dann kuschelte er sich zwischen die beiden, ließ sich von dem Gefühl berauschen, wirklich geliebt zu werden. Selbst Blaise, der doch eigentlich Draco liebte, kuschelte sich bedingungslos an ihn, was das Gefühl noch ein klein wenig schöner machte, weil er das Gefühl hatte, dass er es tat, weil er davon ausging, dass er es brauchte. Er machte sich eben auch Sorgen.

Er schlief recht schnell ein, bekam nicht mehr mit, wie der Atem seiner beiden Freunde gleichmäßiger wurde.
 

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Mitten in der Nacht wachte Harry plötzlich auf. Er hatte Durst. Sein Mund war trocken. Und so wurschtelte er sich aus dem Haufen, den sie gebildet hatten, um ins Bad zu gehen.

Aber als er zurückkam, war er wach. Viel zu wach, um sich einfach wieder hinzulegen, um weiterzuschlafen. Seine zuvor benebelten Gedanken waren wieder klar. Seine Sorgen um Sirius und die anderen, die draußen waren und von denen er nicht wusste, wie es ihnen ging oder ob sie überhaupt noch lebten, waren wiedererwacht. Sie ließen ihn ans Fenster treten und in die Nacht hinausblicken. Solange es dunkel war, fiel ihm nicht einmal so sehr auf, dass er seine Brille nicht aufhatte. Man konnte keine Sterne sehen. Es schien also wieder einmal Regen ins Haus zu stehen.

Als die ersten Tropfen an der Scheibe zerplatzten, wandte er sich ab und ging zur Couch. Auf dem Sofatisch lag noch immer sein Zauberstab, mit dem er jetzt wieder das Feuer anmachte. Und weil er den Anblick von seinem Brötchen nicht ertrug und er sich einbildete, es zu riechen, warf er es ins Feuer und setzte sich dann ganz dicht davor auf den flauschigen Teppich, um die Wärme zurück in seinen Körper zu lassen.

Feuer… Blaise hatte er gesagt, dass er Feuer mochte, weil es warm war, und weil er es faszinierend fand, die Flammen zu beobachten. Zu gerne würde er es jetzt schweben lassen können, aber er hatte auch letztens in der Bibliothek keinen Zauber dafür gefunden.

Er dämmerte irgendwann wieder weg, rollte sich auf dem Teppich zusammen, als er ins Reich der Träume hinüber glitt. Und träumen tat er.

Es war dunkel, vor ihm einzelne Lichter, die sich bewegten. Wellenrauschen um ihn herum, der Geruch nach Salz hing in der Luft. Wo war er hier? In einem Boot, klar, aber wo fuhr es hin? Er spürte Vorfreude. Und gleichzeitig ein beklemmendes Gefühl in seiner Brust, das ihm riet, er solle umkehren, aber das konnte er nicht. Still saß er auf dieser Bank und beobachtete die Lichter, die immer näher kamen und größer wurden.

Es wurde angelegt. Das Boot schaukelte nun nicht mehr und er konnte aussteigen. Ohne dass er es wollte, kletterte er aus dem Boot. Er wollte nicht auf diese düstere Insel. Er wollte nicht zu diesem dunklen Schloss da oben. Es war so unheimlich!

Er ging los, entschlossen und mit festem Schritt. Er hatte keine andere Wahl. Hinter ihm, vor ihm, neben ihm Männer mit schwarzen Kutten und Kapuzen.

Und plötzlich begriff er. Voldemort. Es war Voldemort, durch dessen Augen er sah! Wieder war er es, in dem er war!

Es entlockte ihm das erste leise Wimmern.

Aber es ging weiter, er konnte nicht fort. Tore kamen näher, wurden mit wuchtigen Flüchen aufgestoßen. Schwarze Gestalten, die Schmerzen in seiner Stirn auslösten, wandten sich ab und gingen voran, mischten sich unter sie, ohne dass bis jetzt auch nur ein Wort gefallen wäre. Am liebsten hätte er geweint, aber selbst das konnte er nicht.

Gänge. Dunkel, düster, schmutzig. Bläuliche Lichter an den Wänden, die verlöschten, als die Dementoren an ihnen vorbei glitten. Noch mehr Gänge, ein leises Klappern, ein Klackern, dann ein gedämpftes Aufstöhnen. Ein heller, grüner Blitz. Wieder Stille.

Wenig später passierte er den reglosen Körper eines Zauberers. Er war tot.

Harry wimmerte erneut. Er wollte das nicht sehen. Er wollte von dort fort. Er wollte nicht, dass…

Er erstarrte, als er den schwarzen Hund in einem der Seitengänge aus den Augenwinkeln bemerkte, sein Atem stockte. Er stand da, vollkommen reglos, seine Augen dunkel. Als wäre er nur eine Statue. Niemand beachtete ihn. Kein Todesser, auch kein Dementor. Voldemort schon mal gar nicht.

„Sirius…“ Seine Lippen bewegten sich kaum.

Weiter ging es. Immer bergab. Durch Gänge ohne Treppen, die steil waren, die Schächte und Falltüren an den Seiten hatten, Ketten an den Wänden, unter denen uraltes getrocknetes Blut klebte. Er konnte es riechen. Und er verspürte vorfreudige Erregung dabei.

„Nein!“ ‚Nicht das! Pflanz mir deine Gefühle nicht ein, du Leiche!’

Die Erregung wuchs, zugleich seine Angst.

In einer großen Halle endete der Weg dann plötzlich. Ein hoher Tisch war dort aufgebaut, Stühle dahinter, eine Empore, viele Stühle in Reihen… ein Gericht. Und er stand mittendrin.

Und dann kamen Menschen zu ihm. Eine Frau. Sie kniete sich nieder, küsste den Saum seines Umhangs, murmelte Worte des Dankes, der Ehrerbietung. Ein Mann, der dasselbe tat. Wieder ein Mann… und nach ihm noch viele andere. Und Voldemort schien die ganze Zeit nicht ein Wort zu sagen. Machtgefühle wallten in ihm auf, das Gefühl, gesiegt zu haben, Überlegenheit.

Dann Crucio.

Harry schloss die Augen, ganz fest, doch er konnte alles sehen, die Schmerzen auf dem Gesicht des Opfers, die Angst, den Wunsch, sterben zu dürfen. Er konnte es hören. Das Schreien, das Wimmern, das Weinen. Das Gelächter der anderen Menschen.

Er drückte die Hände an die Stirn, als diese schmerzhaft zu protestieren begann.

Dann der Avada. Der Mann war sofort tot. So wie ihm viele andere nachfolgten.

Die Schmerzen drohten seinen Schädel zu zerreißen. Er kauerte sich zusammen und begann stockend zu weinen. Es sollte endlich aufhören. Er wollte aufwachen. Er wollte das nicht erleben müssen!

Doch er hatte nicht wirklich eine Chance, die Prozedur ging weiter. Dementoren machten es schlimmer, als sie begannen, zu tun, was sie wollten, die Opfer aussaugten, ihnen ihr Lebenslicht nahmen. Der Todeskuss… Harry erschauderte in namenlosem Grauen.

Und dann waren da plötzlich laute Stimmen, Flüche, die herumflogen, Geschrei, helles Licht, silbrige Gestalten, die zielstrebig durch die Halle schwebten, das Lied des Phönix über allem. Er wollte zu diesen Stimmen, doch er wurde mitgerissen, von ihnen fort. Er schrie. Zum ersten Mal brachte er ganze Worte zustande, rief nach den Menschen, die da kamen, die das beenden konnten.
 

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Draco setzte sich bei dem Aufschrei schlagartig in seinem Bett auf. Blaise folgte ihm nur einen Sekundenbruchteil später nach. „Was...?“, murmelte der Schwarzhaarige verschlafen und fuhr sich über die Augen. Draco dagegen war sofort hellwach.

„Harry.“, murmelte er. Im schwachen Feuerschein konnte er den Gryffindor vor dem Kamin liegen und um sich schlagen sehen. Mit einem Satz war er aus dem Bett und kniete sich neben seinem Freund nieder.„Harry! Wach auf! Du träumst!“ Wie war der Gryffindor überhaupt hierher gekommen? Warum hatte er nicht im Bett gelegen?

Blaise kauerte sich neben Draco und legte Harry ebenfalls die Hände auf die Schultern, schüttelte ihn sachte. „Harry! Das ist ein Albtraum! Aufwachen!“ Auch in seiner Stimme schwang ehrliche Sorge mit.
 

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Harry riss die Augen auf, sein Atem ging schnell, abgehackt, seine Sicht war verschwommen, halb blind und er begriff erst spät, dass er endlich wach war. Endlich raus aus dem Schrecken des Überfalls auf Askaban.

„Sirius war da unten!“, keuchte er, als ihm dieser Teil seines Traumes klar wurde. „Dray, Sirius…“ Er stockte, blickte ihn an, dann packte er ihn an den Schultern und schüttelte ihn leicht. „Sirius war in Askaban!“

Warum? Warum war er da gewesen? Warum hatte er sie nicht angegriffen, als er sie bemerkt hatte? „Warum war er da unten?“ Verzweiflung klang in seiner Stimme. „Wieso ist er da hingekommen?“ Er konnte es sich nicht erklären. Warum sollte Sirius freiwillig wieder nach Askaban gehen?
 

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Draco strich Harry beruhigend über den Rücken und spürte, wie sich Blaises Finger hinzumischten, um den Gryffindor ebenfalls zu liebkosen. „Ich weiß es nicht, Harry.“, antwortete er ruhig. „Vielleicht war er die Vorhut dieses... Ordens, um zu beobachten, was dort geschieht. Vielleicht hat Dumbledore nach deiner Prophezeiung längst alles in die Wege geleitet und Askaban überwachen lassen. Es wird seine Gründe gehabt haben. Außerdem... Bist du dir sicher, dass es nicht einfach nur ein Traum war?“
 

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Harry blickte ihn an. Sekundenlang. Nur ein Traum? Nur ein normaler Alptraum?

Langsam bewegte sich sein Kopf nach rechts und links. „Ich…“ Er keuchte erneut und schlug die Hand vor den Mund, als er verstand, was er da im Begriff war, zu sagen. Aber dennoch. Er musste das sagen, damit Draco verstand! „Ich konnte seine Erregung spüren.“ Ihm war schlecht. „Die Freude, die er empfand. Seine Gier. Wie sein Selbstwertgefühl gestiegen ist, als, die Todesser…“ Wieder keuchte er auf, hielt sich an Dracos Schulter fest, würgte die Worte ab. Das war genug. Viel zu viel.
 

~*~*~*~
 

Sowohl Dracos als auch Blaises Augen weiteten sich erschrocken. Das klang eindeutig nicht mehr nach einem normalen Albtraum. „Es waren seine Gefühle, Harry. Nicht deine. Er ist widerlich und es war seine Sicht.“ Der Blonde bemühte sich, seinen Freund irgendwie zu beruhigen. „Diese verdammte Narbe...“, murmelte er dann leise und drückte Harry an sich. Er hasste die Vorstellung, dass der Gryffindor dadurch einfach so die Verbindung mit seinem großen Feind aufnehmen konnte. Dass er in dessen Abgründe gerissen werden konnte.

„Was?“, fragte Blaise verwirrt.

„Sie haben so eine Art gedankliche Verbindung. Über die Narbe. Deswegen wohl auch teilweise das Okklumentiktraining.“, fasste Draco knapp zusammen und streichelte Harry weiter. „Und die Albträume...“ Zärtlich kraulte er dem Gryffindor den Nacken.
 

~*~*~*~
 

Harry schmiegte sich an ihn. Ihm war kalt.

„Askaban ist ein grausamer Ort.“, murmelte er schwach, als er an das Blut dachte, das er gerochen hatte. Metallisch, modrig…
 

~*~*~*~
 

„Es sollte nie ein schöner Ort sein.“, raunte Blaise leise und strich Harry durch die Haare. Er konnte den Gryffindor zittern sehen und Draco konnte es mit Sicherheit auch spüren. „Lasst uns wieder ins Bett gehen.“, schlug er leise vor.

Der Blonde nickte, stand auf und hob Harry einfach hoch. Noch immer fand er den schmalen Jungen viel zu leicht.
 

~*~*~*~
 

Harry klammerte sich an ihn, versteckte sein Gesicht noch immer an der warmen Brust. Als sie auf dem Bett waren, nahmen ihn die beiden Jungen in die Mitte und zogen die Decken um sich, sodass sie ein riesenhafter Plüschhaufen wurden. Harry hatte sich nicht wirklich bewegt. Er suchte in der Wärme Ablenkung, versuchte die Bilder zu vergessen. Und kam immer wieder zu Sirius zurück. Sirius war an der Front. Vorhut? Hatte Draco Recht? Hatte er sich trotz seiner schlechten Erfahrungen an diesem Ort dazu bereiterklärt, nach Askaban zu gehen, um darauf zu warten, dass die Todesser kamen? Hatte er Dumbledore gerufen, damit er den Fall des Gefängnisses verhindern konnte?

„Ich will endlich etwas tun.“, sagte er leise. „Ich kann es nicht ertragen, dass er da draußen tut und lässt, was er will, und mir zuschreit, dass er auf mich wartet! Dass er mich verhöhnt, weil ich ihm das Leben ermöglichte und zu schwach bin, ihm entgegenzutreten! Das macht mich verrückt! Weil ich genau weiß, dass er mich mit allen seinen Leuten auslacht, während er all das tut, was ich verabscheue. Während er vielleicht diejenigen umbringt, die ich liebe! Ich…“ Er musste Luft holen. „…ich habe Angst. Ich habe Angst, dass ich zu spät komme und bereits alles vorbei ist, wenn ich endlich soweit bin.“
 

~*~*~*~
 

Darauf wusste Draco nichts mehr zu sagen. Er verstand, wie sich Harry fühlte. Er verstand seine Angst. Genauso wusste er, wie es sich anfühlte, wenn man dauernd auf irgendeine Art und Weise gedemütigt und verhöhnt wurde. Er kannte das Gefühl. Und vielleicht schnürte gerade das ihm die Kehle zu.

Blaise dagegen fand zumindest Worte. „Wir tun etwas, Harry. Es bringt nichts, wenn du morgen losstürmst und von irgendeinem seiner Anhänger getötet wirst. Wir bereiten uns vor, sammeln unsere Kräfte, bilden unsere Truppe aus, um dann in den Krieg zu ziehen. Wir tun nicht nichts. Wir tun gerade das, was am klügsten und am logischsten ist. Aber... frag morgen Dumbledore. Frag ihn, was er denkt. Auf sein Wort vertraust du doch, oder?“, flüsterte Blaise heiser und lehnte seine Stirn gegen Harrys Schulter. Ein Arm diente gemeinsam mit Dracos als Kissen für Harrys Kopf. Seine andere Hand strich jetzt leicht über Harrys Brust und unter den Fingerspitzen konnte er deutlich den schnellen, beinahe zornigen, Herzschlag spüren.
 

~*~*~*~
 

„Ich weiß es auch so.“, flüsterte Harry erstickt. „Ich brauche Dumbledores Wort nicht, um euch zu verstehen.“ Er blickte Blaise an. „Ich weiß es.“ Ein Seufzen und er gab auf. „Ich tu schon nichts Blödes.“, erklärte er. „Versprochen.“
 

~*~*~*~
 

„Das hat auch keiner gedacht.“ Draco lächelte weich und strich Harry über die Wange. „Und jetzt schlaf, Kätzchen. Du kannst es gebrauchen. Morgen wird der Tag wieder anstrengend.“ Müde schloss er die Augen. Die Aufregung und das plötzliche Aufschrecken hatten jedoch das ihrige dazu beigetragen, dass er jetzt erst einmal eine Weile nicht würde schlafen können.

Blaise gab ein zustimmendes Brummen von sich, kuschelte sich noch etwas näher an den Gryffindor und machte ebenfalls die Augen zu.
 

~*~*~*~
 

Harry blickte in den schwarzen Baldachin hinauf, wo leicht Schatten von Rottönen im Feuerschein der Kessel verschwommen zu sehen waren.

„Danke, dass ihr da seid.“, sagte er leise und schloss die Augen. Solange Draco da war, würde er nicht mehr träumen, oder? Die Bilder kamen wieder, doch er konzentrierte sich auf die Wärme neben sich und um sich herum, ließ sie auf sich wirken, bis der Schlaf kam.
 

~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~

I think it’s turning to a crock but I don't really know

I can't remember caring for an hour or so

started crying and I couldn't stop myself

I started running but there was nowhere to run to

I sat down on the street and took a look at myself

said where you going you know the world is heading for hell

say your goodbyes if you've got someone you can say goodbye to

~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~
 

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abranka:

...ich kann Harry verstehen. Diese Untätigkeit muss einen wahnsinnig machen. Es ist einfach, wenn man etwas zu tun hat und das Ergebnis sehen kann. Im Moment ist ihnen das unmöglich...
 

Shirokko:

Darf ich ihn doch losstürzen lassen? So richtig? Einfach weg. Darf ich ihn sterben lassen?

*aufgeregtist*

Darf ich, darf ich?



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von: abgemeldet
2009-02-27T13:33:04+00:00 27.02.2009 14:33
nichts tun können und einfach hilflos zuschauen macht einen irre.
dann muss er auch noch sehen das sirius auch dort war und nicht weis ob im etwas passiert ist.
was er woll mit albus reden will.
freu mich wenns weiter geht.
Von:  Chiron
2009-02-22T11:37:28+00:00 22.02.2009 12:37
Hey..
Schönes Kapi..
Dass Hermine immer noch eine Katze war, war irgendwie lustig.. Sie ist so sehr Mensch.. Aber Blaise konnte ja helfen.. Und er hat auch versucht, Ron in die richtige Richtung zu schieben, aber der ist sowas von feig..
Wieso hat Harry erst nach dem Überfall von Askaban geträumt.. Und nochdazu davon, dass er Voldemort war.. Ich dachte, dass das nur zeitgleich geht.. Also wenn Voldemort was tut, dass Harry dann dabei ist.. Nicht erst im Nachhinein..
Hoffentlich ist mit Sirius alles okay..
Bin aber froh, dass Harry mit Dumebledore reden will.. Der kann ihnen sicher auch noch ein wenig unter die Arme greifen..
Vielleicht müssen Harry und Draco den Avada gemeinsam sprechen, um Voldemort zu töten..
Da Harry jetzt versprochen hat, nichts unüberlegtes zu tun, bin ich schon ein wenig beruhigt.. Er hätte wohl auch nicht den Hauch einer Chance..
Bin schon mal neugierig, wie es weitergeht..^^
Von:  Drachen-Fan
2009-02-22T08:33:41+00:00 22.02.2009 09:33
Hallo Shirokko, hallo abranka!

Hermine ist also am Morgen immer noch eine Katze *lach* Das kommt davon, wenn man auch als Katze menschlich bleibt – genau wie bei Draco. Sie gleichen sich doch in vielerlei Hinsicht. Aber zum Glück hat Blaise ja Zauberhände – haben ja schon bei Draco gewirkt. Und Ron ist eifersüchtig ... – klasse!

Die Aktion von Dobby fand ich toll. Endlich entschuldigt er sich bei Harry und nach dessen Drängen auch bei Draco. Zum Glück nimmt dieser die Entschuldigung an und er geht sogar noch weiter, nachdem Harry, sowohl auch Blaise ihn gedrängt haben und springt über seinen Schatten- schließt dadurch noch etwas mehr mit seiner Vergangenheit ab.

Harrys Gefühle kann ich sehr gut nachvollziehen. Er findet es einfach falsch zu feiern, wenn draußen schreckliche Dinge passieren, aber die anderen haben Recht – er kann nichts daran ändern und er muss weiterleben, damit er stark bleibt.
Draco ist ihm da die größte Hilfe. Danach folgt Blaise und die dann die anderen. Sie sind eine Gemeinschaft und dies ist die Stärke, die sie besitzen.
Es ist schön zu lesen, dass Blaise es mit seiner einfachen Aussage dazu gebracht hat, Harry wieder an das Wichtigste zu erinnern. Dass sie gemeinsam kämpfen müssen, um zu überleben und dass ihnen das auch gelingen kann, da niemand mit ihrer großen Macht rechnet.

Tja, jetzt natürlich die Frage nach Sirius? Geht es diesem gut? Der Überfall auf Askaban kann es ja eigentlich auch gar nicht gewesen sein, denn dieser fand ja in der Nacht zuvor statt – es war wohl eher das nachfolgende Treffen, bei dem die befreiten Todesser ihre Loyalität unter Beweis stellen mussten.

Harrys Idee, dass sie sich Hilfe von Dumbledore holen, finde ich sehr gut und ich frage mich, warum er nicht eher auf den Gedanken gekommen ist. Der Schulleiter könnte auch vielleicht bei der Frage, ob es Harry möglich ist, den Avada zu benutzen, hilfreich sein.

Freu mich nun schon sehr auf Freitag und hoffe einfach, dass es Sirius gut geht.

LG,
Drachen-Fan

Von:  Sneaky
2009-02-21T22:14:56+00:00 21.02.2009 23:14
Ich hoffe Sirius gehts gut oO
Von:  Siri
2009-02-21T21:14:21+00:00 21.02.2009 22:14
Ein echter Maraton-Lesung....da ich seit langen mal wieder dazu gekommen bin....^^'
Harry soll lieber nichts unüberlegte tun....Ich glaub da wäre Drago
nich so begeisetert davon...
ich Hoffe dem guten alten Siri ist auch nichts passiert Ô.o
Von: abgemeldet
2009-02-21T20:52:35+00:00 21.02.2009 21:52
ich hoffe harry tut nichts unüberlegtes...er tut mir richtig leid...ich hoffe das alle fit sind für den endkampf^^

freu mich schon^^

LG


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