Dein Versprechen
Vorsichtig suchte deine kleine Hand nach meiner und drückte sie sanft, während ein liebevolles
Lächeln über deine sanften Lippen huschte. Ich lag auf dem Rücken, den apathischen Blick an die
Decke des kleinen Raumes, in dem wir lagen, gerichtet. "Du bist wieder traurig, oder?" fragtest du
leise und deine Stimme verriet mir, dass du meine Gefühle lesen konntest, wie in einem offenen
Buch. "Ja, Tito" Mein Arm legte sich um dich und zog deinen dünnen Körper an den meinen heran.
"Aber solange du bei mir bist, ist es nicht so schlimm." - "Das ist gut" War deine Antwort und ein
leises Lachen folgte. "Dann bleibe ich einfach immer bei dir, Stork, damit du nie mehr traurig sein
musst!"
Mein Abschied
Vogelgezwitscher und grellen Sonnenstrahlen, die durch das kleine Fenster fielen, weckten mich.
Ich hatte schlecht geträumt und wälzte mich zu dir herum. Doch statt deines engelsgleichen
Gesichtes, das im Schlaf lächelte, sah ich Blut. Das Laken unter mir war getränkt davon und färbte
alles in ein dunkles Rot. Meine Pupillen wurden kleine Punkte, als ich deinen Kopf zu mir
umwandte, in der Hoffnung, doch noch ein friedliches Lächeln auf deinen Lippen finden zu können,
in der Hoffnung, dass die Angst, die drohend in mir aufstieg, nicht begründet war. "Tito!" Ich schrie
deinen Namen, doch deine grauen, leeren Augen sahen wie durch mich hindurch und der dünne
Faden Blut an deiner Unterlippe war schon lange getrocknet. Mein kleiner Vogel... Du hattest mich
verlassen! Neben dir lag ein Stück tückisch glänzendes Stück Glas, befleckt mit deinem reinen Blut.
"Tito!" Obwohl ich wusste, dass deine Ohren meine Stimme nicht hören konnten, schrie ihn ich
wieder, deinen Namen, so oft bis Tränen aus mir heraus brachen. Wieso hattest du mich freiwillig
verlassen? Hatte das Leben ohne Augenlicht dich so zerbrochen, dass du fliehen musstest? Der
graue Himmel, den du immer gehasst hattest, war in dein Inneres geschlichen und hatte dir die
Hoffnung auf den blauen Himmel und die Vögeln genommen, die du hattest finden wollen. Meine
Hände umfassten deinen leblosen Körper, drückten ihn an sich und wollten nicht verstehen, dass
du die Umarmung nicht erwidertest. Mit dir im Arm sank ich zurück aufs Bett und weinte, bis meine
brennenden Augen die Fähigkeit dazu verloren hatten. Noch immer fiel das Sonnenlicht in diesen
Traum, ließen ihn trotz allem dunkel und leer wirken. So wie mein Leben ohne dich nun war. Ein
Leben, das keinen Sinn ergab. Meine freie Hand umschloss die Glasscherbe neben dir und ein
Lächeln zeichnete sich auf meinem Gesicht ab, während ich meinen Namen in meinen von Narben
übersäten Unterarm schnitt. Stork. Der Name, den du mir gegeben hattest, und den jeder kenne
sollte, auch wenn ich irgendwann nicht mehr war.
Tränen rannen übermein Gesicht und ich begann zu zittern. Ich würde mein Versprechen halten
und dir den blauen Himmel zeigen. An einem besseren Ort als diesem...
Unser Wiedersehen
Kraftlos lag mein Körper neben deinem, deine Hand in meiner und irgendwann öffneten sich meine
Augen einen Spalt, als ich meinte zu hören, dass mich jemand rief. ,Steh auf.' Lustlos fielen meine
Augenlider zu, während warmes Blut über meine Arme strömte, zu dem deinen auf das Laken
tropfte und dort haften blieb. Heller als das deine "Nein" dachte ich, während die letzten Kräfte in
mir versiegten und ich nur noch den pochenden Schmerz des Schnittes unter dem blutigen
Schriftzug meines eigenen Namens auf meinem linken Unterarm spürte und langsam das
Bewusstsein verlor. "Lass mich liegen und sterben. Eine Welt ohne ihn ist eine Welt, die ich nicht
brauche! Bald werden wir uns wiedersehen unter einem endlos blauen Himmel..."