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Vier und vierundzwanzig kleine Überraschungen

Der Kleine Adventskalender
von

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20. Dezember - Berserk

Es war eine stürmische Winternacht. Schnee ging in Massen auf die Ländereien des Königreichs von Midland hinab. Überall in den kleinen Dörfern und Städten, egal ob besiedelt von Bauern oder Kaufleute, waren die Straßen und Wege leer. Das selbe Bild über Land. Nur die armen Thore, denen es nicht vergönnt war, ein kleines Haus oder materielle Dinge ihr Eigen zu nennen, befanden sich in der Kälte. Viele von ihnen waren bereits erfroren, hatten bettelnd in den Städten und Dörfern an Häuserecken gesessen und waren hier ihrem Schöpfer gegenüber getreten.
 

Kjaskar ließ den Blick durch das verschlafene Nest gleiten, welches die Falken im Auftrag des Königs durchstreiften. Er hatte ihnen den Auftrag gegeben, das Königreich zu sichern und das taten sie nun auch, obwohl Griffith dadurch seine neue Machtposition in Gefahr sah.
 

Guts ritt an ihrer Seite, stillschweigend, den Blick gesenkt und völlig in die gekehrt. Der muskulöse Hüne wirkte einmal mehr beinah friedlich auf die junge Frau, die schon in frühen Jahren wie ein Mann zu kämpfen gelernt hatte.
 

Da sie ihn beobachtete, öffnete sich eins von Guts braunen Augen. Suchend linste er in ihr Gesicht. "Was denn? Habe ich schon wieder etwas Verachtungswürdiges getan? Geatmet zum Beispiel."
 

Sofort verfinsterte sich Kjaskars Gesicht. Sie gab ihrem Pferd die Sporen und schloss zu Griffith auf, der die Reihen der auserwählten Falken anführte - recht freud- und motivationslos. "Griffith, wir sollten uns für heute einen Unterschlupf suchen. Es wird zu kalt, und die Pferde brauchen auch eine Pause. Sie brechen uns sonst zusammen. Und der Schneesturm wird auch immer schlimmer."
 

Der kühle Anführer der Falken regte sich nicht auf seinem Pferd. Er blickte nur aus eiskalten, emotionslosen Augen in das starke Schneegestöber voraus und schien seinen Gedanken nachzuhängen. Gedanken von dem Tag, an welchem er sich zum König über Midland aufschwang. Midland, oder ein anderes Land. Vielleicht auch über jedes ihm bekannte oder auch unbekannte Land.
 

In seinem Kopf fuhren Triumphzüge ab. Einer nach dem anderen. Triumphzüge, welche auf Eroberungszüge folgten, die ihm den Ruhm eingebracht hatten, den er verdiente. Und er verdiente eine Menge Ruhm.
 

Kjaskar blickte ihn aus dem Augenwinkel interessiert an. Es war selten, dass Griffith so weggetreten war und selbst seinen Soldaten kein offenes Ohr schenkte. Eigentlich tat er das immer, auch wenn sie nicht oft glaubte, dass er sich die Anliegen wirklich zu Herzen nahm. Viel eher glaubte sie, dass er sich sie nur anhörte, dann und wann nickte und somit Interesse heuchelte. Was ja auch nicht ganz so falsch war, zumindest nicht, wenn man andere und wichtigere Dinge zu tun hatte. "Griffith..." Sie streckte ihre Hand zu ihm hinüber und legte diese auf seine. Da er seine Rüstung nicht trug, waren seine Hände unter den ihren ob des fehlenden Schutzes steif und kalt.
 

Erst, als er ihre Berührung spürte, riss sich der Anführer der Falken aus seinen Gedanken los. Seine blauen Augen hefteten sich auf ihr Gesicht und kurz wirkte er verwirrt, weil er sich in seiner Realität einfach nicht zu Recht finden wollte. Seine Traumwelt, die eines Tages Realität werden sollte, war ihm um einiges lieber.
 

"Hast du etwas, Griffith?" Kjaskars große dunkle Augen waren immer noch auf sein Gesicht gerichtet, dass plötzlich all zu nachdenklich wirkte.
 

Nur ganz langsam begann er den Kopf zu schütteln. Ein leises Räuspern lockerte seine kalte Kehle und gestattete es ihm, das Wort zu erheben. "Ich war nur in Gedanken versunken." Den Blick, den er Kjaskar zuwarf, setzte er über seine Schulter zu seinen Männern fort, die sich unermüdlich mit ihren Pferden durch das starke Schneegestöber quälten. "Wir sollten einen Unterschlupf finden. Wir brauchen alle eine Pause."
 

Kjaskars Herz schlug sofort wahre Purzelbäume. Griffith war einfach der geborene Anführer. Und dafür betete sie ihn beinah mit all ihrer Hingabe an.
 

Ganz zum Leidwesen von Guts, dem dieses Angebiedere schon seit geraumer Zeit immer wieder die Galle in den Rachen emporjagte. Immerhin bewies Kjaskar mit ihrem Verhalten nur wieder, wie unvorteilhaft Frauen in einer Armee doch waren. Und noch viel mehr bewies sie, das jedes Klischee auf Frauen zutraf, welche bis über beide Ohren verliebt schienen. Zwar war die Frau auf dem Pferd neben Griffith eine geborene und hervorragende Kämpferin, aber das änderte nichts an der Tatsache, dass ihre Unpässlichkeiten und auch die Phasen der absoluten Zickigkeit sie zu einem Laster für die Falken machten.
 

Zähneknirschend und kopfschüttelnd beobachtete der große Mann die beiden. Das größte Trauerspiel war eigentlich, dass Kjaskar nicht merken zu wollen schien, dass Griffith immer nur dann Interesse an ihr heuchelte, wenn er sie für irgendetwas brauchte.
 

In Guts stieg die Frage empor, ob er sie auch zum Verkehr in langen Winternächten zu Rande zog, allerdings gefiel ihm seltsamerweise die Aussicht darauf recht wenig, so dass er die Gedanken sofort beiseite schob und sie ignorierte. Immerhin waren die beiden alt genug und wenn Kjaskar so dumm war, sich ausnutzen zu lassen, dann bitte. Dann war sie es, und es war nicht seine Schuld.
 

Aber eigentlich... Würde sie sich nach so etwas mit Griffith zerstreiten - dafür konnte es ja genug Gründe geben - wären es die restlichen Falken, die darunter zu leiden hätten. Und dann aber vor allen Dingen er, weil Kjaskar sich beinah dazu berufen sehen würde, ihm ihr Leid zu klagen. Immerhin war sie nur eine Frau und damit eine alte Tratschtante.
 

Bei der Aussicht darauf trieb Guts sein Pferd an und passte dessen Geschwindigkeit in Kjaskars und Griffith' Höhe den Pferden der beiden an. "Ich habe etwa eine halbe Meile hinter uns eine Hölle entdeckt. Wenn wir zurück reiten, können wir Unterschlupf finden und endlich aus der Kälte raus."
 

Aus flammenden Augen blickte Kjaskar ihn an, fühlte sie sich doch unendlich von seiner Person gestört.
 

Doch Griffith tat nicht das, was sie sich wünschte. Er schickte Guts nicht zurück. Er brachte sein Pferd zum Stehen und nickte langsam. "Benachrichtige die Männer und dann reite vor. Wir folgen dir."
 

Guts konnte sich einen leicht überheblich anmutenden Blick in Kjaskars Richtung nicht verkneifen und tat, wie ihm von Griffith geheißen. Kjaskar knirschte unterdes unwillig mit den Zähnen und wünschte ihn einmal mehr zum Teufel, ritt dann aber wieder neben Griffith der nach Wärme heischenden Meute hinterher.
 

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© by Sandra Wronna/Merenwen



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2007-09-10T10:27:59+00:00 10.09.2007 12:27
Bunny-nii muss hier ein großes Lob aussprechen..jaha.. so ist das. Die Geschichte zeigt sehr schön das sehr verquere Beziehungsgeflecht am Ende des goldenen Zeitalter Kapitels...ich mag es und kann mir sehr gut vorstellen wie es kurz vor der Abspaltung Guts von den Falken stattfindet..

in diesem Sinne

Bunny your life an smile my friend your

Bunny-nii


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