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Law x Rinwell
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Teil 1/2

Rinwell lag bäuchlings auf ihrem Bett, die Knie angewinkelt, und kaute gedankenverloren auf dem Ende ihres Stiftes herum. Dann zwirbelte sie ihn kurz zwischen den Fingern und plötzlich hob sie beiden Augenbrauen und schrieb dann geschwind etwas nieder. Mit enthusiastischen Schwüngen füllte sie nun auch diese Buchseite mit Worten, die sie während des Niederschreibens auch stimmlos mitlas. Anschließend betrachtete sie ihr Schriftwerk in stolzem Abstand und beäugte auch das danebengezeichnete Porträt eines Wolfs-Zeugels. Sie liebte es einfach, diese Wesen mit all ihren Eigenheiten zu erfassen und zu dokumentieren - was sich während der vergangenen Reise mit Alphen und den anderen nur allzu oft als überaus nützlich erwiesen hatte. Unzählige Möglichkeiten waren ihr geboten worden, die verschiedensten Zeugel in ihren jeweiligen Lebensräumen zu erleben. Wenn auch vorwiegend im Kampfgeschehen.

Waren Zeugel in Rinwells Augen zwar nach wie vor schreckenerregende Kreaturen, so begann sie, je mehr sie sich mit ihnen beschäftigte, ein gewisses Mitgefühl für sie zu entwickeln. Letztendlich waren sie auch nur von den Renäern - oder besser gesagt den Helganquil - erschaffen worden. Sie hatten sich ihr Dasein nicht ausgesucht. Dieser Gedanke stimmte Rinwell irgendwie traurig.
 

Plötzlich klopfte es an der Tür und Rinwells Kopf schnellte erschrocken in die Höhe. Sie reagierte zunächst nicht, denn sie fragte sich ernsthaft, wer sie zu dieser späten Stunde denn wohl noch sprechen wollte…

Oh, vielleicht war es Shionne? Vielleicht brauchte sie noch Hilfe bei irgendetwas? Oder vielleicht konnte sie vor Aufregung nicht schlafen und suchte Gesellschaft?
 

Ehe Rinwell nun antworten konnte, vernahm sie aber schon die dumpfe Stimme hinter der Tür - die eindeutig NICHT Shionne gehörte.

„Rinwell? Ich bin‘s, Law“, wisperte es durch das Holz. „Bist du noch wach?“

„Nein“, gab sie spöttisch zurück.

Und tatsächlich schien Law kurz darüber zu stutzen. „Äh…“

„Jetzt komm schon rein, bevor du noch die anderen weckst!“
 

Da öffnete sich die Zimmertür und der Junge trat herein. Genau wie Rinwell trug er seine gewohnte Alltagskluft, was in seinem Fall das ärmellose violette Hemd, die weite schwarze Hose sowie die metallverstärkten Lederschuhe und -Handschuhe waren. In seiner Kampfkleidung fühlte sich Law einfach am wohlsten.

Doch anders als im Kampf machte er nun eine weitaus weniger souveräne Figur. Nachdem er die Tür bedächtig hinter sich geschlossen hatte, drehte er sich zögerlich um, kratzte sich den Hinterkopf und nachdem er flüchtig in Rinwells Richtung gesehen hatte, sah er auch ebenso schnell wieder weg. Seine ganze Haltung verriet seine Unsicherheit.

Rinwell hingegen lag ungerührt auf ihrem Bett, das offene Buch vor ihren verschränkten Armen ausgebreitet, und beäugte Law mit erhobener Augenbraue.

Der war sich offenbar noch immer nicht sicher, ob er sie nun direkt ansehen wollte oder lieber nicht. So wanderte sein Blick rastlos umher. Allein in ihrem Zimmer zu sein, während sie auf ihrem Bett lag - auf ihrem Bett! - das machte ihn nur umso nervöser.
 

Schließlich räusperte er sich und rang sich zu weiteren Worten durch, wobei er den Blickkontakt zu ihr entschieden mied. „Ich… Ich wollte dir nur, ähm also… wegen vorhin…“

„Ist schon gut“, unterbrach sie sein Gestammel und sah dann wieder auf ihr Buch herab. „Du bist eben ein Dummkopf.“

Law blickte bedrückt drein. „Ja“, sagte er dann sehr leise. „Ja, das bin ich wohl…“

Rinwell sah wieder in seine Richtung, ohne aber den Kopf zu heben. „Das hat dich wachgehalten?“

Er zuckte zusammen. „Ja, ich… ich meine, nein! A-Also nicht nur das!“

Er ballte die gesenkten Fäuste und lockerte sie dann wieder. Er musste versuchen, sich zu entspannen. Das war noch nur Rinwell. Nur Rinwell! So nahm er einen tiefen, kurzen Atemzug und sah sie schließlich an.

„Bist du nicht auch aufgeregt… wegen morgen?“

„Na klar!“ Rinwell hob den Kopf wieder und grinste ihn fröhlich an, was Law kurz überraschte. Wie es schien, nahm sie ihm sein Fettnäpfchen wirklich nicht mehr übel. Vermutlich war er aber einfach auch schon in viel zu viele getreten. Da fiel das eine mehr oder weniger wohl gar nicht mehr auf.

„Immerhin ist das die erste Hochzeit, auf die ich eingeladen bin! Und weil ich nicht schlafen konnte, habe ich an meinem Zeugel-Lexikon weitergearbeitet.“

Law sah einen Moment lang aus der Ferne auf das Buch, das da offen vor ihr lag.

„Du und deine Bücher“, murmelte er dann, was vermutlich gar nicht negativ zu werten war, Rinwells Lächeln aber trotzdem versiegen ließ.

„Du verstehst das nicht. Du liest eben nicht.“ Mit eingeschnapptem Ausdruck widmete sie sich nun wieder ihrem Buch.

Da ließ Law einen resignierenden Seufzer verlauten. //Ich bin echt ein Dummkopf…//
 

Einen kurzen Moment verharrten seine Augen noch auf Rinwell, ehe er sich wieder verunsichert im Zimmer umsah. Seiner Mimik nach war er gerade ziemlich unzufrieden mit sich selbst, denn er kniff die Lippen zusammen und sein zunehmend gefrusteter Blick wanderte ziellos durch den Raum. Zwar hingen seine Arme locker herab, jedoch trommelte er mit den Fingern nervös seine Oberschenkel ab. Dann setzte er einen Fuß vor den anderen und wieder zurück und als er zu Boden sah, kickte er eine Staubfluse vor sich her. Was für ein unsäglicher Zappelphilipp dieser Junge doch manchmal war! Ganz besonders dann, wenn ihm etwas Schwieriges bevorstand. Etwas, von dem er wusste, dass es ihm alles abverlangen würde. Etwas, auf das er sich mental vorbereiten musste.

Law sah so nachdenklich aus wie noch nie. Ein überaus seltener Anblick, sollte man meinen. Tatsächlich schwirrte ihm schon seit geraumer Zeit etwas im Kopf umher, das er sich aber auszusprechen bisher noch nicht getraut hatte. Und dabei hatte es schon so viele Gelegenheiten dazu gegeben… Doch nicht eine hatte er bisher ergriffen. Es hatte ihm einfach an Mut gefehlt. Und an Wortgewandtheit.

Bei Dohalim hatte das so einfach ausgesehen! Aber das war ja auch kein Wunder bei der hochtrabenden Art und Weise, wie der sich ausdrücken konnte. Dass er oftmals sprach, ohne nachzudenken, brachte ihn zwar auch schon in die eine oder andere missliche Lage, gereichte ihm in SOLCHEN Belangen jedoch eindeutig zum Vorteil. Denn egal, was er sagte, es klang einfach immer… gut. Die richtigen Worte sprudelten einfach so aus diesem Kerl heraus. Und so hatte er Kisara einfach gefragt. Und sie hatte einfach ja gesagt. Und nun würden die beiden zusammen auf Alphens und Shionnes Hochzeit gehen.

Natürlich würden sie ALLE dort anwesend sein, aber… Law wollte gern zusammen mit Rinwell hingehen. An ihrer Seite. Als ihr besonderer Begleiter. So wie Dohalim und Kisara. Sozusagen als… Paar.

//Hngh!//

Schon beim bloßen Gedanken an dieses Wort schoss ihm die Schamesröte ins Gesicht und seine Handflächen wurden schwitzig! Nun hatte er es bis zum letzten Abend vor der Hochzeit vor sich hergeschoben, sie zu fragen. Aber wie fragte man so etwas denn? Fragte man so etwas überhaupt? Wenn sie doch nur Freunde waren? War so ein Affentheater dann überhaupt nötig? Bloß weil Dohalim Kisara gefragt hatte?

Nein. Nein, ganz bestimmt nicht!

Aber warum fühlte er sich dann so furchtbar?

//Dieser blöde Dohalim…!!//

Wieder wurde Law zappelig, trat von einem Fuß auf den anderen und streckte seine Arme. Als er diese dann anwinkelte und sein Kreuz durchdrückte, schoss plötzlich ein stechender Schmerz von seiner linken Schulter quer durch sein Brustbein. Er zog scharf die Luft durch die Zähne ein und griff sich an die Schulter. Dieser verdammte Zeugel hatte ihn wirklich ziemlich übel erwischt. Da hatte er einmal nicht aufgepasst! Aber das tat eigentlich auch nichts mehr zur Sache, denn am Ende hatte er ihn trotzdem auf die Matte befördert. Er hatte ihn besiegt.

Doch was er nun nicht zu besiegen imstande war, war diese verdammte Angst, Rinwell verdammt nochmal zu fragen, ob sie seine verdammte Begleitung für die verdammte Hochzeit sein wollte! Nur eine ganz einfache Frage! ‚Willst du meine Begleitung für morgen sein?‘ Ganz einfach! E-I-N-F-A-C-H!

Und los geht‘s.

Los.

Los doch, du Esel!

Law presste die Zähne aufeinander und gab sich einen innerlichen Ruck nach dem anderen.

Doch schließlich löste er seinen verbissenen Gesichtsausdruck wieder und stieß einen resignierenden Seufzer aus. Was tat er hier eigentlich? Sie würde ihn doch gewiss bloß auslachen. Und bei diesem Gedanken war auch das letzte Fünkchen Mut verflogen, das er möglicherweise hätte aufbringen können.
 

„Also ähm…“

Rinwell hatte sein nervöses Gezappel tatsächlich erfolgreich ignorieren können, da sie schon wieder zu vertieft in ihre Aufzeichnungen gewesen war. Doch als sie seine Stimme vernahm, schenkte sie ihm nun wieder ihre Aufmerksamkeit.

Law hingegen sah sie nicht an. „E-Entschuldige die Störung, Rinwell“, sagte er, wobei er ein paar sportlich-lässige Schritte rückwärts trat und sich dann zur Tür umdrehte. Eine Hand ruhte dabei noch immer auf seiner Schulter. „Dann ähm… schätze ich mal, wir sehen uns morgen!“

Und gerade als er nach der Türklinke griff, ertönte Rinwells Stimme hinter ihm.

„Tut deine Schulter immer noch weh?“

Er hielt in seiner Bewegung inne. „Hm?“ Dann drehte er sich in ihre Richtung.

„Äh, ja. Shionne hat zwar schon ihre Heil-Artes drauf gewirkt, aber trotzdem… Muss mir wohl irgendwas gezerrt haben.“

Er streckte sich demonstrativ, kam aber nur unzureichend an sein Schulterblatt heran.

„Ich will sie jetzt aber nicht weiter damit nerven. Sie hat sicher ganz andere Dinge im Kopf.“

„Mh-mh,“ stimmte Rinwell ihm zu.

Und dann veränderte sich ihr Blick plötzlich. Nun wirkte SIE nachdenklich.

„Also…“ Sie richtete sich aus ihrer Liegeposition auf und schob die Kappe auf den Stift, den sie danach zwischen den Fingern hin und her drehte. „Ich habe zwar keine Heil-Artes, aber als mein Vater sich mal das Kreuz verrenkte, da hat meine Mutter ihn… nun…“ Sie zog die Augenbrauen zusammen, den Blick noch immer auf ihren Stift gerichtet.
 

„…Ich kann vielleicht versuchen, dich zu massieren.“
 

„WAS?!“ Über Laws Gesicht jagte ein verblüffter Ausdruck, zu dem sich unweigerlich eine erhebliche Schamesröte dazugesellte. Er hatte so heftig gezuckt, dass er sich kerzengerade aufrichtete und nun glotzte er Rinwell derart schockiert aus geweiteten Augen und mit offenem Mund an, als wäre sie verrückt geworden.

„Nur wenn du willst!“ Sie knautschte die Hände auf ihre Knie und sah zum Fenster hinüber. Eine leichte Schamesröte war ebenfalls auf ihren Wangen zu sehen, doch war sie um einen ernsten Ausdruck bemüht - der aber eher sehr grimmig wirkte.

„I-Im Ernst jetzt?!“

Rinwell riss den Kopf zu ihm herum. „Ja, du Blödmann! Jetzt setz dich schon auf deine vier Buchstaben, ehe ich es mir anders überlege!“

Nun zuckte Law zum zweiten Mal erschrocken zusammen und hob abwehrend beide Hände vors Gesicht. Seine Augen waren noch immer stark geweitet und er musste sich richtig zwingen, Rinwell nicht so ungehalten anzustarren.

Schließlich blinzelte er und räusperte sich.

„O-Okay…“

Teil 2/2

Law kratzte sich den Hinterkopf und setzte sich dann sehr zögerlich in Bewegung. Auf dem Weg zu Rinwells Bett drehte er sich allerdings noch ein paar Mal unbeholfen nach links und rechts um. Doch als sie ihm dann mit einem entschlossenen Fingerzeig bedeutete, endlich am Fußende Platz zu nehmen, blinzelte er und setzte sich schließlich hektisch hin. Er war nun zweifellos noch aufgeregter als zuvor, als er sich lediglich vorgenommen hatte, sie etwas zu fragen. Und jetzt sowas! Im Leben hätte er nicht mit einem solchen… Angebot gerechnet!

In einer unnatürlich steifen Haltung saß er da, den starren Blick geradeausgerichtet, und wusste zunächst gar nicht, wohin mit seinen Händen. Also ballte er einfach die Fäuste in seinem Schoß. Rinwell hatte indes ihr Buch zur Seite gelegt und robbte nun auf den Knien von hinten an ihn heran. Hootle schlummerte selig in ihrer Kapuze. Zu Laws Glück, konnte man wohl sagen.
 

„Nimm den dämlichen Wolfskopf ab“, verlangte sie harsch. „Ist ja kein Wunder, dass du Verspannungen hast bei dieser ständigen einseitigen Belastung.“

„He, wie oft denn noch?“, protestierte Law mit seitlichem Schulterblick. „Das Ding ist viel leichter als es aussieht!“

„Und hat außerdem nur zehn Gald gekostet, jaa jaa…“ Rinwell rollte mit den Augen, während sie aufrecht hinter ihm kniete und die Arme vor der Brust verschränkt hielt.

Law löste schließlich seufzend die Schnallen und nahm den metallischen Wolfskopf dann von seiner rechten Schulter ab. Bedächtig legte er ihn sich in den Schoß.

„Ich weiß gar nicht, was ihr alle immer an dem auszusetzen habt… Ich find den cool“, murmelte er beinahe etwas eingeschnappt, während er das Wolfsgesicht musterte.

Rinwell beachtete sein Gemurmel gar nicht weiter, da sie sich nun seelisch und moralisch darauf vorbereitete, seine Schulter zu massieren. Mit hochkonzentriertem Blick hatte sie beide Hände schon darauf zubewegt. Doch obwohl sie zunächst so große Töne gespuckt hatte, wurde ihr nun doch etwas mulmig bei der Vorstellung, Law anzufassen. Sie zog die gestreckten Finger wieder ein und musste kurz innehalten. Ihre Miene spiegelte die verworrenen Gedanken wider, die sich in ihrem Kopf aufzutun drohten, doch rasch festigte sie ihren Blick und legte dann einfach beide Hände auf Laws nackte Schulter.

„Yaiks!“, kreischte der erschrocken. „Wie kalt sind die denn bitte!?“

Was Rinwell aber dazu veranlasste, nur noch ernster dreinzublicken.

„Jetzt hab dich nicht so!“, maulte sie, wobei sie ihre Finger auf seinen Schultern beließ.

Sie hatte Law schon des Öfteren berührt. Wenn sie dicht beieinandergestanden hatten, er ihr etwas hinübergereicht oder sie ihm mahnend mit dem Zeigefinger auf die Brust gepiekt hatte. Und jedes Mal war sie aufs Neue von seiner festen Haptik überrascht. Für sein Alter war er einfach unglaublich muskulös. Sie fragte sich manchmal, wie er wohl in zehn oder zwanzig Jahren aussehen würde… Oder wie er wohl als kleiner Junge ausgesehen hatte. Ob er da womöglich auch schon derart viel trainiert hatte?

Während sie so darüber nachdachte, griff sie unbewusst ein wenig fester zu, als sie es beabsichtigt hatte.

Law zog die Schulter ein und kniff ein Auge zu. „Autsch, Rinwell, das tut weh!“

„Das MUSS wehtun, du Dummkopf“, gab sie sofort besserwisserisch zurück, hatte aber, wenn sie ehrlich war, keine Ahnung, ob das wirklich stimmte. „Du bist nämlich echt verspannt. Dein Nacken ist total hart!“

„Das ist der Trapezmuskel, Mann. Der MUSS hart sein.“

„Na dann hör auf zu jammern!“

„Ja ja…“
 

Rinwell fuhr damit fort, seine Schultern und seinen Nacken zu massieren, wobei sich ihr Blick in seinem kurzen, braunen Haar verlor. Sachte wippte Law in ihren Handgriffen mit und er kam nicht umhin, Gefallen an ihren Berührungen zu finden. Doch auch Rinwell konnte nicht gerade von sich behaupten, diese Gefälligkeit als lästig zu empfinden. Im Gegenteil. Aus nächster Nähe stellte sie fest, dass Law ziemlich gut roch. Irgendwie wild, irgendwie nach Leben und nach Freiheit… und überdies mittlerweile sehr vertraut.

Es herrschte eine geradezu betretene Stille zwischen den beiden, die reichlich Raum für Gedanken schaffte. Normalerweise redeten, stritten oder lachten sie miteinander, aber einen Moment der stillen Zweisamkeit hatten sie bisher noch nie geteilt.
 

„Ich finde es toll, dass wir nach all dem immer noch zusammen sind“, durchbrach Rinwell plötzlich diese Stille.

Law, dem es beinahe gelungen war, in den Entspannungsmodus zu schalten, war augenblicklich wieder hellwach! Seine Lider weiteten sich und seine Wangen begannen sich zu färben, als er über Rinwells Worte nachdachte. Doch ehe er zu einer verdutzten Antwort ansetzen konnte, fügte sie rasch hinzu:

„Also wir… wir alle meine ich!!“

Dabei hatte sie eine Hand von seiner Schulter genommen und die Faust geballt.

Law hielt kurz inne. Dann entspannte er sich wieder und begann, ein wenig vor sich hin zu grinsen.

„Ja“, stimmte er ihr schließlich mit einem Nicken zu. „Ich auch! Auch wenn wir es geschafft haben, Dahna, Rena und auch Shionne zu retten, gibt es immer noch so viel zu tun. Die ganzen Zeugel-Aufträge, die wir in letzter Zeit gemeinsam erledigt haben… Fühlt sich fast so an, als hätte sich nichts geändert. Als wäre alles wie früher.“

„Früher“ wiederholte Rinwell leise, wobei sich ihr Blick wieder in Laws Haar verlor. „Auch wenn unsere Reise schön und aufregend war, bin ich froh, dass sie vorbei ist. Und dass Shionne endlich ein normales Leben führen kann.“ Und nach einer kurzen Pause fügte sie noch hinzu: „Ich kann mir einfach immer noch nicht vorstellen, wie es für sie gewesen sein musste… niemanden berühren zu können.“
 

Dabei starrte sie auf ihre eigenen Hände. Sie fühlte ganz deutlich Laws weiche, warme Haut unter ihren Handflächen. Sie fühlte, wie sich seine Schultern sachte hoben, während er atmete. Sie fühlte sich gänzlich in diese Berührung hinein und wurde dabei von einem Gefühl erfasst, das so freudvoll, so wunderschön war, dass sie es kaum in Worte fassen konnte. So sie das denn gewollt hätte. Aber diesen Gedanken hätte sie niemals mit Law geteilt. Dass ihr eine so simple Berührung beinahe Tränen der Rührung in die Augen trieb… Das wäre ja oberpeinlich gewesen! Gewiss würde er sie dafür bloß auslachen.
 

Doch was sie nicht wusste, war, dass auch Law sich in jenem Moment ganz bewusst in diese Berührung hineinfühlte. Dass auch er es als unglaublich angenehm empfand, wie nahe sie einander waren, wie sich ihre Hände auf seiner Haut anfühlten.
 

Und die Vorstellung, dass Shionne das so lange nicht erleben durfte, war einfach nur traurig. Und unfair.
 

Ohne Vorwarnung packte Law plötzlich Rinwells Hand, die auf seiner Schulter auflag!

„AH--!" Zutiefst davon erschrocken zuckte sie zurück und schlug sich die freie Hand reflexartig vor den Mund, um den erstickten Laut, der aus ihrer Kehle drang, zu dämpfen. Aufsteigende Schamesröte zierte ihre Wangen und sie wusste diese Aktion im ersten Moment überhaupt nicht einzuordnen.

Doch als Law dann sprach, entspannte sich ihre Mimik wieder ein wenig.

„Das ist doch Schnee von gestern“, sagte er und drehte den Kopf zur Seite, sodass sie einen Blick auf das freche Grinsen erhaschen konnte, das er so oft an den Tag legte. „Shionne ist jetzt genau wie wir! Und sie kann dich anfassen, genauso wie ich dich jetzt anfasse!“

Rinwells Blick wanderte wieder zu ihrer Hand, auf der Laws obenauf lag. Sie spürte das feste Leder seines Handschuhs, aber auch die Wärme seiner Fingerspitzen. Und wie sein Daumen sich an die Innenseite ihrer Finger schmiegte.

Law war in jenem Moment gar nicht bewusst, wie sehr er Rinwell mit dieser Berührung durcheinanderbrachte. Von einer wachsenden, inneren Unruhe begleitet, starrte sie abwechselnd von seiner Hand zu seinem Gesicht. Sie war mit einem Mal schrecklich aufgeregt, ihre Wangen brannten vor Schamesröte und das Herz schlug ihr bis zum Hals.

Bu-Bumm. Bu-Bumm.
 

Stille Sekunden vergingen und als Law sich allmählich über die fehlende Reaktion zu wundern begann, da linste er aus dem Augenwinkel über seine Schulter und drehte gleichzeitig den Oberkörper mit - nur so weit, bis er Rinwells Gesicht sehen konnte. Und als er erkannte, wie stark ihre Wangen gerötet waren und mit welch eigenartigem Ausdruck sie seinem Blick auswich, da bläute ihm, dass er sie mit seinem unaufgeforderten Handgriff wohl in Verlegenheit gebracht hatte. Dass ihr das wohl schrecklich unangenehm war.

„Ups, sorry! Ich, ich hab nicht nachgedacht…!“, entschuldigte er sich fiebrig und zog seine Hand dann augenblicklich wieder zurück.

Oder zumindest hatte er dies vorgehabt.

Doch wurde seine Hand plötzlich von Rinwells anderer Hand festgehalten!

Sie übte sogar leichten Druck darauf aus, um Law zu bedeuten, ja keinen weiteren Rückzugsversuch zu unternehmen. Um ihm zu bedeuten, dass es okay war.

Mit geweiteten Augen starrte nun Law abwechselnd von ihrer Hand zu ihrem Gesicht - welches, nebenbei bemerkt, inzwischen die Farbe einer überreifen Tomate angenommen hatte. Doch auch auf Laws Wangen zeichnete sich erneut ein rosa Schimmer ab.
 

Wagte Rinwell zunächst zwar kaum, ihn anzusehen, so richtete sie ihren scheuen Blick nach einem betont langsamen Augenaufschlag dann doch auf sein Gesicht. Oder kam das Law nur so langsam vor? Alles, was von jetzt an geschah? Wie gebannt starrte er in Rinwells Augen. In ihre wunderschönen, braunen Augen. Und Rinwell selbst hätte glatt in Laws Augen versinken können, die so hellblau waren wie der Ozean. Nicht eine Person hatte sie in ihrem bisherigen Leben getroffen, die derart strahlend blaue Augen hatte wie er.

Noch nie hatten die beiden einander so tief in die Augen gesehen. Nie waren sie einander so nahe gewesen wie in diesem Moment.

Und mehr als alles andere wollte Law diesem Mädchen noch näherkommen. Seine Finger begannen sich zu krümmen, begannen ihre untere Hand auf seiner Schulter fester zu umgreifen.

Und dann zog er. Ohne groß darüber nachzudenken, zog Law Rinwell bei der Hand zu sich heran.

Und Rinwell ließ es anstandslos zu, beugte sich in einer langsamen Bewegung seitlich zu ihm herunter. Das braune Haar wankte in ihrer Kopfbewegung mit. Es kam ihr beinahe vor wie ein Traum, in dem sie nicht infrage stellte, ob das hier gerade wirklich passierte. Ihr Atem beschleunigte sich. Ihr Herz begann zu rasen.

Bu-Bumm! Bu-Bumm! Bu-Bumm!
 

Die Gesichter beider wurden röter, die Augen glasiger und die Lider schwerer, während sich ihre Köpfe langsam aber sicher näherten, sich neigend aufeinander zubewegten. Einen unfassbar aufregenden Moment lang tauschten Law und Rinwell so intensive Blicke aus wie noch niemals zuvor. Und beide konnten sie es kaum noch abwarten, was als Nächstes passieren würde. Wie in Trance sah Law ihr süßes, hübsches Gesicht auf sich zukommen. Und Rinwell glaubte, seinen heißen Atem bereits auf ihren Lippen spüren zu können. Und dann--
 

„SCHU-HUUU!“
 

Hootle schoss aus Rinwells Kapuze empor und stürzte sich geradewegs mit ausgestreckten Krallen auf Laws Kopf! Die beiden waren davon so erschrocken, dass sie ruckartig voneinander abließen. Law sprangt vom Bett auf und hob schützend beide Arme vor sein Gesicht.

„WA--Hootle, was soll denn das?! Ich hab doch nichts getan…!!“

„SCHUUUH!!“

Rinwell war in ihrer knieenden Position verharrt und sah nun vollkommen perplex dabei zu, wie Law sich mit hysterischem Herumgefuchtel vor dem Eulenbaby in Sicherheit zu bringen versuchte. Er rannte nach links, rannte nach rechts, doch war ihm das hartnäckige Federvieh dicht auf den Fersen. Seiner Schulter schien es auf jeden Fall wieder besser zu gehen. Na immerhin… Rinwell musste zunächst noch ein paar Mal vor sich hin blinzeln, ehe sie die Situation vollständig erfassen konnte. Und endlich stand sie dann vom Bett auf und streckte beide Hände in die Luft, um Hootle einzufangen. Sie bekam ihn schließlich in die Finger und drückte seinen kleinen, flauschigen Körper dann an ihre Brust. Hootle flatterte noch ein paar Mal empört mit den Flügeln, doch ließ er sich rasch von Rinwell besänftigen.
 

Die stand nun in großzügigem Abstand vor Law. Den Blick gesenkt, die Wangen gerötet, starrte sie verlegen zu Boden.

„Es… es tut mir leid, Law“, murmelte sie leise.

Der kratzte sich verlegen die Brust und richtete den Blick ebenfalls zu Boden. Ein paar weiße Flaumfedern hingen in seinem zerzausten Haar.

„Ähm, nein äh… Mir tut es leid. I-Ich hätte nicht einfach…“

Offensichtlich waren sich beide nicht so ganz im Klaren darüber, wer mit dieser Annäherung eigentlich angefangen hatte. Und ob sie denn überhaupt in Ordnung gewesen war.

„Ich also… ich sollte jetzt wohl besser gehen“, sagte Law, wobei er es nicht mehr wagte, ihr ins Gesicht zu sehen.

Als er sich umdrehte, hob Rinwell ihren Kopf und blickte ihm nach. Sie kam sich blöd vor und hatte irgendwie das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben. Aber Law erging es da nicht anders. Er fühlte sich schuldig, weil er ihr so gern näherkommen wollte. Näher als irgendjemandem sonst. Aber ob das in Ordnung war… das wusste er einfach nicht.

„Gute Nacht,“ sagte er und öffnete ihre Zimmertür.

Und als er dann drauf und dran war, hinauszugehen, trat Rinwell einen beherzten Schritt auf ihn zu, den kleinen Hootle noch immer an ihre Brust geknautscht.

„Law!“

Er hielt inne.

„Willst du… willst du meine Begleitung für morgen sein?“

Und augenblicklich hellte Laws Gesicht auf. Er war in der Türzarge stehengeblieben und drehte nun den Kopf, um über seine Schulter hinweg zu ihr zurückzublicken. Sein breites Lächeln verriet, wie unglaublich erleichtert und glücklich er über ihre Frage war.

„Nichts würde ich lieber tun!“, lautete seine Antwort.

Und dann lächelte auch Rinwell.



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