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Underworld III

In Teufelsküche
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Omg!! Ihr seid wieder da!! Willkommen!! <3 Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Ich bin so dankbar und erfüllt von Glück zu sehen, dass es doch noch Leser gibt, die nach all den Jahren immer noch von Underworld mitbekommen!!
Ihr seid die besten!

Längere Kapitel werden kommen, allerdings brauche ich dafür dann auch länger. Fast 4000 Wörter sind schon ne Menge Arbeit. :)

Eure Tomanto Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Happy Spooktober everyone! <3 Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hier noch ein Kurzkapitel, aber dann kommt ein richtig langes, versprochen!

Eure Tomanto Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Achtung! In diesem Kapitel geht es ein bisschen heiß her!
Nichts für Kinder! ;)
Und viel Action!! :D Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Luzifer hat viel von Helenas Volk gelernt, genauso auch das, wofür die Spartiaten bekannt waren: Ihre Unbezwingbarkeit im Kampf.
Der Grund dafür?
Die Spartanische Armee hat dafür gesorgt, dass sie voll war mit romantischen Partnern. Auf diese Weise würde sich jeder vor seinem Schatz auf dem Schlachtfeld besonders viel Mühe geben, teilweise um anzugeben, aber auch um den anderen zu beschützen und eine gute Ausgangsdynamik sicherzustellen. Zusammenhalt und eine gute Strategie sind im Gefecht das Wichtigste. Und gemeinsame Schlachten schweißen zusammen.

Tja, und was tun verknallte Spartiaten (die sich freuen noch am Leben zu sein) um den Sieg zu feiern? Genau. (Ihr wisst worauf ich hinaus will).

Mit diesem Wissen im Hinterkopf hatte Luzifer beschlossen, bei der Auftragsmission dabei zu sein. Der Drachenangriff war NICHT mit eingeplant, kam aber sehr gelegen, wenn es darum geht, dass er Hans rumkriegen soll. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Ist Mary moralisch grau so wie alle anderen Charaktere? Absolut. Hab ich sie trotzdem gern? Ja, sehr. What about it? Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Manchmal lese ich gerne im ersten Teil (Underworld I) herum, und mir fällt erneut auf, dass ich früher dynamischer geschrieben habe. Viel lockerer und witziger. Diesen Stil würde ich gerne wieder mit aufnehmen.
Manchmal gibt man sich so sehr Mühe perfekt zu sein, dass man es nur leblos macht. Komplett anzeigen

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Lied der Liebe

~ Ninas Sicht ~
 

Ich übe draußen auf der Harfe, da stört mich niemand. Das Wolkenmeer ist schön ruhig heute und die Luft ist frisch, rein und kühl. Man möge meinen, im Himmel ist alles wunderbar, aber ich sage, dass es das nicht ist.

Wenn alles perfekt wäre, dann wäre Izaya nicht so verschlossen, seit dem Tag, an dem er seine Schwester verlor. Er hat sie sehr geliebt. Ich kannte sie. Wir waren Freunde.

Einst sagte ich ihr, dass Hoffnung uns stark macht. Deshalb sind wir hier. Damit kämpfen wir, wenn alles andere verloren ist. Weise Worte, die Pandora mir überlieferte als es mir einmal schlecht ging. Ich hoffe, sie hat sie ebenfalls so zu Herzen genommen wie ich.

Eine Saite ist verstimmt. Aber der Ton, den sie von sich gibt, klingt gar nicht mal so schlecht.

Das erinnert mich an ein Lied... Wie ging es noch gleich?

Ah, genau.

»Liebe ist etwas, das sich jeder von Herzen wünscht«, singe ich zur Hymne der Göttin, »Doch verliert dieses Wort langsam an Bedeutung«.

Die Saiten der Harfe erzittern bei jeder Berührung und lassen die himmlischsten Töne erklingen, die es weit und breit gibt.

»Jedoch gibt es Menschen, die es noch verstehen. Die verstehen, was es heißt jemanden zu lieben. In unserer Welt ist es hoch angesehen, wenn jemand fähig ist zu lieben«.

Diesen Vers verstehe ich bis heute nicht. Alle empfinden doch Liebe, oder?

»Jeder geht anders mit der Liebe um. Manche treten sie mit Füßen, andere hüten sie wie ihr eigenes- oder eines anderen Leben«.

Die Melodie erschallt über dem einsamen Wolkenmeer und verliert sich ganz weit in der Ferne. Wie weit sie wohl getragen wird?

»Die Liebe.. rettete schon Leben. Doch schaffte sie auch viele Tode. Man muss nur wissen, wie man mit der Liebe umgeht«.

Die Töne verblassen, das Lied ist zu Ende. Keine Seele ist in Sicht.
 

Ob Izaya heute noch heimkehrt?

Alte Freunde

~ Luzifers Sicht ~
 

Ich muss mich verhört haben. Das muss ich einfach!

Schnell rappele ich mich auf und setze mich gut einen Meter von Hans weg. Das kann er doch nicht ernst meinen!

»Was ist?«, fragt er und setzt sich ebenfalls auf.

»H-Heißt das du willst Sex?«, frage ich nervös und bete zu mir, dass er das meint und gerade einfach nur dummes Zeug geredet hat.

»Nein, Luzifer. Es heißt, dass ich dich liebe«.

Er.. Er muss da etwas falsch verstehen. Er begehrt mich, das tun die meisten. Er verehrt mich, das sollte er auch. Aber.. fürchtet er mich nicht auch? Das tun alle.

»Mein Liebster?«.

Ich bin nicht lieb. Und schon gar nicht seiner. Er ist mein, er gehört mir, nicht andersherum, was.. Was versteht er daran nicht?

»Liebst du mich denn auch?«, fragt er hoffnungsvoll und will meine Hand nehmen.

Ich habe einen Fehler begangen. Ich war zu nachgiebig mit ihm. Und jetzt hat er.. ernsthafte Gefühle für mich entwickelt?? Oh Mann, diese Verantwortung ist mir zu hoch.

»Ich- Ich muss weg!«, sage ich und teleportiere mich fort. Irgendwo hin, wo ich schreien kann.

Und genau das tue ich auch, als ich in einer beliebigen Welt auftauche und auf einem grünen Hügel über einem weiten Abgrund zusammenbreche.

»Mein Wirtskörper.. «, wimmere ich mit zittriger Stimme, »Hans er.. Er hat sich.. i-in mich...?«.

Mir wird schwindlig.
 


 


 

»Oh Mann... «, stöhne ich, als ich zu mir komme. Der Untergrund, auf dem ich liege, fühlt sich seltsam an. Und die Luft hier ist so frisch und rein. Wo bin ich hier eigentlich?

Als ich mich aufrichte und mich umsehe fällt es mir wieder ein. Ich bin auf einem großen Hügel. Und nicht nur irgendeiner. Da hinten erkenne ich die Tore des...

»Olymp?«.

Wieso ausgerechnet hier? Und das auch noch außerhalb der Mauern. Etwas ist anders an dieser Stelle. Etwas, das mich mit diesem Ort verbindet.

»Stimmt«, murmele ich, »Hier habe ich Hans das erste Mal geküsst«.

Heh, wenn ich so daran zurückdenke, kommt es mir vor, als wäre es erst gestern gewesen. Er hätte sein Gesicht sehen sollen! So verdutzt und verschämt, es war schon witzig.

Kann es sein, dass ich mich deswegen hier hin teleportiert habe?

»Kann es sein... dass ich seit diesem Moment... etwas für Hans empfinde? Vielleicht... geht er mir deswegen nicht mehr aus dem Kopf und ich kann es nicht ertragen, wenn er nicht da ist... ist das "Liebe"?«.

Über diesen Gedanken muss ich laut losprusten.

»Pffft! Jetzt bilde ich mir schon Sachen ein!«.

Aber dieser Gedanke allein macht mich misstrauisch. Vielleicht sollte ich lieber auf Nummer sicher gehen.
 

Unauffällig teleportiere ich mich an den Toren des Olymps vorbei, um mich nicht anmelden zu müssen. Es muss ja nicht gleich jeder erfahren, dass ich hier bin. Oder wofür.

Ich tauche vor dem Eingang eines prunkvollen aber gemütlichen Saals wieder auf, der mit einladenden Sitz- und Liegeflächen übersät und mit abgerundeten Marmortischen und Büsten auf hohen Sockeln dekoriert ist. Schlingpflanzen in Hängetöpfen zieren die oberen Ebenen des Raumes und überall duftet es nach Trauben und Wein.

Ich ziehe die Vorhänge bestehend aus Perlenfäden beiseite, die als Tür-Ersatz fungieren sollen, und trete ein.

Da sehe ich auch schon meinen alten Freund. Die Blätterkrone in seinem dunkelbraunen Haar sieht kein bisschen verwelkt aus, allerdings könnte sein Bart mal wieder gestutzt werden; sein dicklicher Körper ist in eine lilane Toga gehüllt und lungert auf einer dieser edlen, roten, samtigen Liegen herum. Unter seiner Toga trägt er diesmal ein dunkles Bandshirt, in dem er immer wie der identische Zwilling von Jack Black aussieht (Hans hat mir gezeigt, wer das ist).

Er stellt gerade seinen goldenen Kelch ab, aus dem er zuvor getrunken hatte, und entdeckt mich.

»Das gibt's ja nicht! Welch eine Überraschung!«, ruft er und öffnet seine stemmigen Arme für eine große Bärenumarmung, noch bevor er aufsteht und mir entgegen kommt.

»Hey Big D, lange nicht mehr geseH-«.

Er drückt mich ganz fest, wie er es gerne tut. Normalerweise mag ich es mit ihm zu kuscheln, aber auch nur wenn er mir die Chance gibt Luft zu holen.

Ich klopfe ihm kräftig auf den Rücken, um zu signalisieren, dass er mich loslassen soll.

Das tut er glücklicherweise auch, zeigt aber keinen Anschwung von Reue als ich wieder zu mir komme.

»Na, du siehst heute aber grummlig aus, Lucy!«.

»Nenn mich nicht so«, erinnere ich ihn.

»Wie denn? Lucy?«, wiederholt er und lacht. Er hat ein ansteckendes Lachen, und es fällt mir schwer ernst zu bleiben. Ach, wenn ich es mir recht überlege, wozu ernst sein? Ich konnte mir lange keine Späße mehr erlauben, ohne dass alles schief ging. Diese Gelegenheit sollte ich mir nicht entgehen lassen.

»Wenn du darauf bestehst, kann ich dich wohl wieder "Double D" nennen«, sage ich und weise mit seinem verhassten Spitznamen auf die Größe seiner Brust hin, die durch sein Übergewicht nicht so stramm ist, wie die der meisten anderen Götter.

Aber das ist nicht schlimm, nein, es ist perfekt sogar. Wer Dionysos nicht so mag wie er ist, der hat keine Vorstellung davon wie es ist, ihn wirklich gern zu haben.

Er räuspert sich.

»Hast deinen Humor wohl doch nicht verloren, Luzifer«, ändert er schnell seine Meinung, »Tritt ein, mach es dir gemütlich! Welchen Wein möchtest du kosten? Ich habe gerade einen neuen reinbekommen«.

»Du willst mich doch nur abfüllen, D«, winke ich ab und setze mich auf die Liege gegenüber, »Auch wenn ich einen Drink gebrauchen könnte«.

Mir schwirren so viele Gedanken durch den Kopf, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll.

»Komm schon, nur ein paar Schlückchen! Wir haben lange nicht mehr zusammen getrunken, mein Freund!«, ruft er und drückt mir einen Kelch in die Hand, den er aus dem Nichts erschaffen zu haben scheint.

»Jetzt übertreibst du aber. Das letzte mal als wir gefeiert haben, war doch vor.. ähm.. «.

»An deinem Junggesellenabschied!«.

»Stimmt! Ja, genau.. Oh Mann, ich habe keine Erinnerung an diesen Abend«.

»Wie schade«, seufzt Dionysos und schenkt mir einen Schluck süßen Rotwein ein, »Dabei haben wir uns doch so köstlich amüsiert. Wir haben sogar rumgemacht, der alten Zeiten willen, weißt du noch?«.

»Richtig... «, murmele ich und versuche mich daran zu erinnern, was geschah, nachdem er meine Hörner als Lenker benutzt hatte. War Hans auch dabei? Ich bezweile es. Größter Filmriss aller Zeiten.

Nachdenklich schwenke ich die Flüssigkeit in meinem Kelch.

»Das mit uns ist lange her. Manchmal vermisse ich es«.

»Wow, wirklich?«.

»Ja, doch, ich gebe es zu«, murmele ich und nippe an dem Wein, der zwar nicht so stark wirkt wie das Zeug, das ich lagere, aber trotzdem einzigartig und aufmunternd schmeckt.

»Du siehst nicht so aus, als wärst du hergekommen, weil du mich vermisst«, sagt er und stellt seinen Kelch auf dem Marmortisch ab, »Diesen Blick kenne ich. Was liegt dir auf der Seele?«.

Ich unterdrücke ein amüsiertes Schnauben. Dionysos kann man wirklich nichts vormachen.

»Jemand... empfindet etwas für mich, was ich nicht erwidere«.

»Typisch«, lacht er. »Das war doch noch nie ein Problem für dich«.

»Ich weiß, und das ist noch immer so«, sage ich und schaue in das tiefe Rot des Weins, »Und doch... geht mir diese Person nicht mehr aus dem Kopf«.

»Geht es um Helena? Mein Freund, bei Eheproblemen solltest du dich an Hera wenden«.

»Mit Helena läuft es blendend. Es ist nur... Mir liegt eine Menge an diesem Jemand und wenn er nicht da ist, dann fühle ich mich so... unausgeglichen. Als ob irgend etwas fehlt. Aber nicht auf "diese" Weise, sondern eher...«. Ich überlege einige Sekunden und erschlaffe dann auf der Liege. »Ach, ich weiß auch nicht. Ich bin so durcheinander«.

Ich nehme einen großzügigen Schluck, um meine Verbitterung hinunterzuspülen.

Mein alter Freund macht ein nachdenkliches Geräusch und kratzt sich am weichen Vollbart.

»Versuchen wir das anders«, beschließt er und nimmt mir den Kelch aus der Hand, »Schließ die Augen«.

»Was wird das, D?«.

»Ein bisschen therapeutisches Fachwissen — mein Spezialgebiet«, meint er und schiebt die imaginären Ärmel hoch.

»Ich habe eine Therapeutin, ein Phönix namens Sandra. Aber sie ist gerade ausgebucht«.

»Wie gut, dass du mich hast«, meint er, schlägt die Hände zusammen und reibt sie aneinander, »Ok, dann fangen wir mal an«.

Mit einem Hauch seiner Götterkraft lässt er den Wein in mir wirken und verzerrt den Raum in eine trance-ähnliche Traumvorstellung. Alles sieht aus wie durch eine rosarote Brille, blühende Gärten, Springbrunnen plätschern sanft und entferntes Vogelzwitschern ist zu hören. Es duftet nach reifen Trauben, Pfirsichen und frischer Luft.

»Lass mich nur nicht zu lange halluzinieren, ich habe Termine«, mahne ich ihn. Dionysos neigt nämlich zu Übertreibungen chaotischem Ausmaßes, und ich habe keine Lust die nächsten 100 Jahre herumzutaumeln, Beatles Lieder zu trällern und in Löwenblut zu baden.

Er lacht gerissen und bringt mich wieder zum schmunzeln.

»Dabei bist du doch so lustig, wenn du betrunken bist!«.

»Hans ist lustiger«.

»Was?«.

»Was?«, sage ich schnell und hätte mir gern den Mund zugenäht. Es ist nicht so, dass niemand von ihm wissen darf (Aphrodite kennt ihn ja bereits), nur möchte ich nicht, dass D hinter mein Pronomen-Spiel kommt und mich wegen dieses Schlamassels aufzieht. »Zurück zum Protokoll, D«.

»Richtig, richtig«, meint er und räuspert sich, »Wohlan! Entspann dich einfach, lausche der Natur und schließ die Augen. Lass all deine Sorgen vom Wind weggetragen werden«.

Ein Luftzug strömt an meinem Gesicht vorbei und streicht mir übers Haar.

»Den Wind, den es gar nicht gibt?«.

»Hier und jetzt gibt es ihn, Luzifer. Aber wenn du es unbedingt so haben willst.. Konzentrieren wir uns auf das, was echt ist«.

»Mhm«.

»Wenn du an "diese Person" denkst, die dir nicht mehr aus dem Kopf geht, was kommt dir in den Sinn?«.

Es gibt so einiges, das mir spontan einfallen würde. Seine Zurückhaltung, die Scham, die er spürt, wenn ich mit ihm spiele. Das Siegel, meine Weltherrschaftspläne. Sein langer Aufenthalt im Krankenhaus. Seine Verbundenheit mit Mary, die ihn für mich beschäftigt aber mir auch Konkurrenz zu machen versucht, was ich durchaus interessant finde. Es weckt meinen Kampfgeist, meinen Durst nach mehr.

Apropos mehr. Wie könnte ich, wenn ich an Hans denken muss, dabei auslassen wie gern ich ihn sehe? Und höre. Und schmecke ~ <3 Mmmh, ich sollte mich vor D nicht so weit hineinsteigern. Nur gut, dass er mir nicht in den Verstand sehen kann.

»Also? Woran denkst du?«.

»Hehehe.. Es, ähm, ist schwer zu erklären«, murmele ich und merke wie der Raum anfängt sich zu drehen, wenn ich versuche einen klaren Gedanken zu fassen, oder eher, meine Gedanken zu zügeln.

Dionysos gestikuliert mit einer Hand, als ob er meine Worte aus der Luft schnappen will. »Versuche es mit einem Wort zu beschreiben«.

Ich drehe mich auf der Liege zu ihm und schaue ihn mit glasigen Augen und einem breiten Grinsen an.

»Doktorspiele ~ <3 «.

Wieso mir gerade dieses Wort in den Sinn kam, weiß ich nicht. Obwohl.. Ja, ich erinnere mich. Damit habe ich Hans aufgezogen, als ich ihn im Krankenhaus besuchte.

Dionysos grinst peinlich berührt. »Ist das dein Ernst?«.

»Du bist sexy~«, plappere ich und mustere D's volle, starke Oberschenkel, die zwischen den Falten seiner Toga herausstechen. »Bist du öfter hier, mein Adonis?«.

»Der Wein zwingt dich, kein Blatt vor den Mund zu nehmen, Luzifer«, erzählt er mir freundlicherweise und lacht. Ich lache mit. Oh Mann, ich fühle mich mit jeder vergehenden Minute betrunkener.

»Was ähhh... Was sagte ich nochmal zum Thema "abfüllen"?«, erinnere ich ihn an meine Bedingungen. »Du Schlingel hast es wieder getan. Mach das weg, bevor ich zu lallen anfange«.

»Spielverderber«, sagt er und schnippt einmal mit den Fingern. Der Raum dreht sich nicht mehr und meine Klarheit kommt zurück. Aber auch meine Sorgen. Vielleicht ist an D's Herangehensweise doch etwas dran. Ich sollte Dinge positiver sehen.

Ich atme einmal tief durch.

»Danke, dass du dich diesmal hast aufhalten lassen«.

»Keine Ursache«, sagt er schlicht und schweigt. Dann schmunzelt er mich an. »Findest du mich wirklich sexy?«.

Ich verschlucke mich fast an der Luft. »Das war der Wein, er-«.

»Mmmmhmmmm«, macht er in einem sarkastischen Tonfall. Verdammt! Dionysos kann man wirklich absolut nichts vormachen!

»Ja, ja. Ich gebe es ja zu!«, grummele ich und hebe verteidigend die Hände, »Aber tu nicht so, als wäre das etwas Neues«.

»Nö, aber es ist schön es auch gesagt zu bekommen. Könntest du öfter tun!«.

»Typisch«, sage ich augenrollend.

»Betrunkene sagen meist die Wahrheit. Aber dass du mich so angräbst.. Das kenne ich: Du bist sexuell frustriert«.

»Pffft, was??«, frage ich empört und lache, »Wie kommst du denn darauf? Ich kann jeden haben, den ich will, wann ich will!«.

»Kannst du das wirklich?«, hakt er nach und nippt vorwurfsvoll an seinem Drink.

Oh, er ist gut..

Ich seufze. »Na schön. Ganz ehrlich, D. Es gibt da jemanden, auf den ich schon eine ganze Weile gewartet habe. Ich habe mich sozusagen für ihn aufgespart, ein Jahr lang«.

Dionysos formt ein tonloses "Wow", als könnte er nicht glauben, was ich da von mir gebe. Natürlich habe ich nicht ganz darauf verzichtet, schließlich hätten Helena und ich jetzt keinen Nachkommen, aber es war mehr so wie Snacks zwischendrin, bis man endlich zum langersehnten Hauptgang kommt.

»Als er dann endlich wieder da war«, fahre ich fort, »Habe ich mich natürlich überstürzt auf ihn gefreut. Das war taktlos, also bin ich es lieber langsam angegangen. Habe seinen Komfort priorisiert, ihn wieder ans Schloss gewöhnt. Tja, und heute Abend, da... hatte ich eine Art romantischen Abend geplant«.

»Mhmm?«, macht Dionysos interessiert und streicht sich über den Bart.

»So romantisch nun auch nicht, es.. Es war ein Plan ihn zu umgarnen. Ich habe ihn nach Strich und Faden verführt, du hättest ihn sehen sollen. Er war praktisch am sabbern«, erzähle ich und lache tief in mich hinein.

»Was ist dann passiert?«.

»Als ich ihn dann endlich in meinem Bett hatte und wir rummachen wollten, da sagte er auf einmal —... «.

Ich zögere.

Dionysos horcht auf. »Ja?«.

Er will, dass ich es ausspreche.

»... Er hat gesagt, dass er mich... liebt. So richtig, also... Auf eine allumfassende Art!«.

Ein bedrückendes Schweigen zieht sich in die Länge.

»Und ist das... schlimm?«.

»Unter Umständen schon!«, keife ich und verschränke die Arme darüber, dass er meine Situation nicht ernst genug nimmt. »Ich bin ein Teufel, ich habe mit Liebe nichts am Hut!«.

»Aber, wenn ich das mal so sagen darf, dieser "Jemand" hat dir seine Liebe bereits gestanden. Das lässt sich nicht mehr zurücknehmen«.

»Ja, ich weiß«, murmele ich und meide seinen Blick, »Und... Es ist unfair ihn im Unklaren darüber zu lassen, dass ich keine Gefühle für ihn habe«.

»Und doch bist du hier«, sagt Dionysos und lehnt sich zurück.

Ich schaue ihn verdutzt an. Er sieht selbstsicher aus und hält Augenkontakt, während er einen weiteren Schluck nimmt.

»Erwägst du etwa anzudeuten, ich hegte Gefühle für einen- «.

»Menschen«, ergänzt er.

Mir schnürt sich die Kehle zu. Diese Schmach wollte ich umgehen.

»Wie hast du-?«.

»Keine Sorge, ich verurteile dich nicht«, versichert er mir und breitet die Arme aus, »Wie könnte ich? Mindestens drei der großen Zwölf hatten menschliche Mütter, mich eingeschlossen! Und eine Menge weiterer haben Halbgötter hervorgebracht. Glaub mir, Gefallen an einem Menschen zu haben macht dich nicht schwächlich«.

»Du klingst wie Leute, die sich ihre Fehler schönreden, D«, sage ich und überlege, wie zu meiner Hölle er herausgefunden hat, über wen ich spreche.

»Verstehe«, sagt er und stellt seinen Kelch ab, als würde er einen Schlussstrich ziehen, »Jetzt reden wir mal Klartext. Du musst dich näher mit deinen Gefühlen auseinandersetzen. Das kannst nur du allein, und dafür brauchst du mehr Zeit. Sortiere sie aus und lerne daraus. Steh dir nicht selber im Weg, Mann«.

Ich schlucke den bitteren Geschmack dieser direkten Ansage herunter und schaue Dionysos nur an. Bei dem, was er da sagt, hat er nicht ganz Unrecht. Und so wie es aussieht, gibt es für mich noch eine Menge zu lernen.

Ich lächele in mich hinein.

»Das sollte ich ihm dann wohl sagen, was?«.

»Eine Erklärung würde ihm jedenfalls mehr gefallen als peinliches Schweigen«.

»Hm. Stimmt wohl«, sage ich und erhebe mich langsam von der roten Liege, die mir heute als Therapiesessel gedient hat. »Hey, ähm.. Das mit uns-«.

Er hebt stoppend die Hand.

»Du musst nichts sagen. Ich weiß, dass du mir jeden Tag hinterher trauerst«.

Ich rolle grinsend mit den Augen. Was würde ich nur ohne diesen Witzbold tun?

»Danke«.

»Kein Ding«, sagt er, »Und jetzt verschwinde hier bevor ich dich unter den Tisch trinke und dir auf dein hübsches Gesicht male«.

»Ok, ich bin weg!«, rufe ich und mache mich schnell aus dem Staub, bevor er sich es noch anders überlegt und den Wein in mir wieder magisch aufleben lässt.
 


 

Ich tauche per Teleportfeuer in meinem Schlafgemach wieder auf. Ich will gerade zur Erklärung ansetzen, da bemerke ich, dass Hans bereits schläft. Ich muss wohl ziemlich lange weg gewesen sein. Irgendwie bin ich froh, dass er noch hier ist und nicht wieder auf der Erde.

Wehmütig schaue ich auf ihn herab. Er sieht so weich und süß aus, wie seelenruhig er in meinem Bett schläft.

»Ach Hans«, flüstere ich und streiche ihm behutsam über die Haarlinie, »Du weißt ja gar nicht, wie gefährlich es ist einen Teufel zu lieben. Und du wüsstest auch nicht, worauf du dich einlässt, wenn du in Erwägung ziehst zu wünschen von einem geliebt zu werden«.

Wenn ich ihn so ansehe, denke ich an Dionysos' Worte zurück und an eine mögliche Erklärung meines Verhaltens. War ich einfach nur überfordert, oder ist an der Sache etwas Wahres dran? Ist Hans mir vielleicht doch wichtiger als ich zugeben will?

Langsam beuge ich mich zu ihm hinab und schenke Hans einen unschuldigen, kleinen Kuss auf die Wange.

Er lächelt im Schlaf. Das ist so niedlich. Mein süßer, zerbrechlicher, kleiner Hans...

»Ich werde es nicht riskieren«, verspreche ich und setze mich auf.Auf einmal beschleicht mich das mulmige Gefühl, etwas Wichtiges vergessen zu haben. Die Luft um mich herum wirkt elektrisierend und knistert verheißungsvoll.

»Luuuzifeeeeer«, dröhnt die wütende Stimme der Tochter des Zeus aus dem Türrahmen. Uh-Oh, nicht gut.

»Shhh, Helena. Hans schläft«, flüstere ich und appelliere an ihre Gutmütigkeit gegenüber unseren menschlichen Freunden, zu denen sie bisher immer außerordentlich freundlich war.

Sie hört auf zu levitieren. »Wie ich sehe weißt du nun endlich auch, was in unseren eigenen vier Wänden geschieht«. Sie klingt zwar immer noch angespannt, aber gewillt mich zu verschonen. Mürrisch senkt sie die Augenbrauen. »Kannst du mir noch etwas verraten?«.

»PAPA«, ruft Dev aus und fliegt zum ersten Mal mit seinen kleinen Flügelchen. Geduldig halte ich meine Hände bereit meinen kleinen Sohn zu empfangen, als er langsam und mit viel Mühe auf mich zu flattert. Und wie ein Wunder hat er es beim ersten Versuch geschafft, und das ganz ohne Abstürze.

»Du kannst ja schon richtig fliegen, Dev!«. Er schmiegt sich an mich und gräbt seine kleinen Fingerchen wie Krallen in mein Hemd.

Helena fährt fort. »Ist dir eine klitzekleine Kleinigkeit aufgefallen?«.

»Ähmmm...?«.

»Warum ist Dev noch nicht im Bett?«, zischt sie und ihr Haar hebt sich wie bei einem eingehenden Blitzeinschlag.

»Ist heute...?«.

»Oh ja«.

»Und es liegt an mir, ihn—?«.

»Gewiss, Luzifer«, sagt Helena mit einer so kalten passiven Aggressivität, dass man meinen könnte, sie sei in ihre Position als Königin der Hölle hineingeboren worden.

»Oh«, mache ich und schaue meinem Sohn in die goldenen Teufelsäuglein, »... Aber er beißt immer so grässlich«.

»Würde er nicht, wenn du ihn besser erzogen hättest«, sagt sie und wendet sich ab. Dev grinst mich heimtückisch an. Oh je, das wird eine lange Nacht.

Das Auge des Himmels

~ Ninas Sicht ~
 

Die physische Form eines Engels ist komplex. Die der Menschen dagegen einfach.

Was viele von ihnen nicht wissen, ist, dass Engel unter ihnen wandeln können, und mehr oder weniger frei entscheiden können, wo wir uns aufhalten mögen.

Innenstädte auf der Erde können so voll sein mit Leuten, Sünden und Tugenden, alles auf einem Haufen. Manchmal brauchen sie Führung, himmlische Beobachter um nach dem Rechten zu sehen.

Mein menschliches Camouflage ist ausreichend. Eines meiner Augen — mein Geisterauge — ist noch immer weiß und glasig, aber das scheint auch auf der Erde ein weit bekanntes Konzept zu sein, weswegen ich nicht stark auffalle. Hier nennen sie es "Blindheit", woran viele Menschen leiden. Aber mein Geisterauge kann sehen, nur anders. Es sieht Verstorbene.

Hier in dieser Welt sollte es blind sein, aber heute sollte ich mich in dieser Hinsicht täuschen. Denn genau hier, an diesem beschäftigten irdischen Ort, läuft eine junge Familie vorbei, und ich kann nicht glauben, was ich sehe.

»Er überlegt es sich noch, braucht aber Zeit zum Nachdenken hat er gesagt«, erzählt der Mann, den ich sehe. Mit beiden Augen. »Mal sehen, vielleicht erwidert er meine Liebe eines Tages«.

»Du klingst jedenfalls ziemlich optimistisch«, antwortet die rothaarige Frau neben ihm.

Dieser Mann da... Er sollte eigentlich tot sein. Ich sehe doch, dass er tot ist! Doch wieso wandelt er dann so unverfroren auf der Erde? Wieso... lebt er?

»Hans, läufst du wieder so komisch?«, droht die rothaarige Frau, woraufhin sich beim Mann alle Anzeichen peinlicher Überraschung zeigen.

»Überhaupt nicht! Ich bin doch seit gestern die ganze Zeit bei dir gewesen, Mary!«.

»Hm, stimmt. Ich habe es mir nur eingebildet«, lacht sie.

»Also wirklich, manchmal machst du dir zu viele Sorgen«.

»Irgendwer muss doch auf dich aufpassen«.

»Mama, kann ich Eis haben?«, fragt das zutiefst seltsam wirkende Kind.

»Wir haben zu Hause doch noch genug Eis, Schlumpf«. Der Mann richtet einen ebenso rothaarigen Zopf des kleinen Mädchens.

»Mama?«, fragt sie mit großen Augen.

»Nichts da, du hast Papa gehört«.

»Menno. Und wann kann ich ein Eis haben?«.

»Bald, mein Schatz«.

»Kann mir das Feuer Eis bringen?«.

»Das, ähh... Das kann ich dir nicht sagen, Karen. Aber Feuer lässt Eis doch schmelzen«.

»Echt?«, fragt sie und schaut nach unten, als sei soeben ihr Weltbild geplatzt.

Die Familie geht an mir vorbei. Sie merken nicht, was ich bin. Aber ich weiß diese Familie ist alles andere als gewöhnlich.

Ob mich Elohim deshalb hergeschickt hat?

»Ich muss diesen Menschen unbedingt weiter beobachten«, protokolliere ich still und wende mich von der Erde ab.

Ein Job ist ein Job

~ Hans' Sicht ~
 

»Zehn!!«, ruft Klein Karen aus und hält meinen kleinen Finger fest. Es ist früh am Morgen und mein kleines Töchterchen sitzt auf meinem Schoß und übt das Zählen an meinen Händen. Derweil kämmt Mary ihr das kurze, feuerrote Haar und arbeitet Zöpfe hinein.

»Und kannst du das auch rückwärts?«, fragt Mary sie und ich halte nochmal alle Finger hoch.

»Ähm...«, sagt Karen und überlegt, wo sie anfangen soll. »Was ist "rückwärts"?«.

»Das heißt du zählst von 10 runter. Von hinten nach vorne«.

»Das ist schwer!«, beschwert sie sich und patscht gegen meine Hände.

»Na, Karen, nicht gemein sein. Papa braucht die gleich noch zum arbeiten«.

Sie schaut erst mich an, dann meine Hände, und haut noch einmal kräftig zu.

»Hey..! :( «.

»Papa soll nicht arbeiten! Papa soll hier bleiben«, sagt sie und hält meinen Zeigefinger fest.

»Doch, Schätzchen, Papa muss sehr wohl arbeiten«, sagt Mary und richtet die Zöpfe zur Perfektion. »Ich allein verdiene nicht genug Geld, und ohne Geld kriegen wir nichts zu Essen«.

Ich bin mir nicht sicher, ob Klein Karen schon groß genug für solche Erklärungen ist, aber solange sie mich gehen lässt habe ich nichts zu meckern.

»So. Und jetzt husch husch in dein Zimmer und hol deine Sachen, ich fahre dich zum Kindergarten«, sagt Mary und nimmt ihre Autoschlüssel vom Brett.

»Menno...«, beklagt sich Karen und steigt von mir runter. »Papa? Komm bitte wieder«.

»Aber sicher, mein Liebling«, verspreche ich und gebe ihr ein Küsschen auf den Scheitel.

Sie schaut erst Mary an, die ihr einen erwartungsvollen Blick zuwirft, und dann schlurft sie davon, um ihre Sachen zu holen.

»Und?«, fragt Mary nach einem stillen Moment des Schweigens.

»Hm?«.

»Hast du nicht irgendwas vergessen?«, fragt sie und schaut unauffällig woanders hin.

»Durchaus nicht«, antworte ich und stehe auf.

Sie verkneift sich ein Lächeln als sie mich ansieht.

»Ach wirklich?«.

»Wirklich«, meine ich und ruhe meine Hände auf ihren Hüften aus, während ich ihr ganz nah komme, »Wie könnte ich unseren Jahrestag vergessen?«.

»Awww, du hast dran gedacht!«, sagt sie und wippt langsam mit mir hin und her. »Oder hast du nur geraten?«.

»Mh-mh, hab ich nicht«. Ich küsse sie. Meine Frau, mein Liebling.

»Du bist mein Zuhause«, erinnere ich sie leise. Ich weiß, dass sie manchmal unsicher ist bezüglich meiner Lebensentscheidungen. Deswegen tue ich, was ich kann, um ihr so gut wie möglich zu verdeutlichen wie sehr ich sie liebe.

Mary schließt die Augen und legt ihre Stirn auf meiner ab, und gemeinsam schunkeln wir zu nicht existenter Musik.

»Heute Abend werde ich mit dir ausgehen. Nur wir beide«.

»Mmmh«, schnurrt sie verträumt, bleibt dann aber abrupt stehen. »Und was ist mit Karen?«.

»Hat deine Schwester Zeit?«.

»Sowas klärst du nicht vorher ab?«, fragt sie stirnrunzelnd.

Ich lächele peinlich berührt. »Es war mehr so ein spontaner Einfall«.

»Da fällt mir ein- «, beginnt sie und geht in Richtung Kinderzimmer, »Karen, was dauert denn so lange?«.

Apropos lange brauchen, ich komme zu spät zur Arbeit!
 


 


 


 

»Sie sind zu spät«, entgegnet die graue Sekretärin an der Rezeption mit dem strengen Dutt, ohne von der farblosen Zeitung aufzuschauen. »Mal wieder«.

»Ich weiß, Angela«, keuche ich als ich zum Aufzug hechte. Meine Güte ist das kühl hier drinnen.

Ich drücke schnell den Knopf zur fünften Etage. Die Aufzugtüren schließen sich und ich fahre nach oben.

Das Firmengebäude, in dem ich arbeite, ist groß. Aber Luzifers Schloss ist größer. Und schöner.

Mein Zuhause dagegen ist klein, aber dafür gemütlich und voller Leben. Und es gibt keinen besseren Ort, an den ich nach einem stressigen Arbeitsgang zurückkehren will.

Oh Mann, diese Gedanken schon wieder, und das gleich zu Anfang meiner Schicht. Das wird ein langer Tag werden...

Der Aufzug kommt zum Stehen und die automatischen Türen fahren mit einem "Ding!" auseinander. Ich betrete das große Gemeinschafts-Büro und lege meine Tasche an meinem gewohnten Schreibtisch ab.

»Sie sind zu spät, Hubert«, brummt die Stimme meines Chefs, der heute wohl besonders schlechte Laune hat.

»Mein Name ist Hans. Und ich weiß, dass ich spät dran bin, aber—«.

»Wie auch immer, Heinz. Achten Sie das nächste Mal auf die Uhrzeit und erscheinen gefälligst pünktlich«.

»Verstanden«, sage ich tonlos und setze mich, bevor er noch weitere Dinge an mir findet, die er kritisieren möchte. Er hört mir ja doch nicht zu. Und kann sich meinen Namen immer noch nicht merken.

Ich fahre den alten Computer hoch, wie ihn alle Tische hier haben, und packe mein Zeug aus. Wie es aussieht, muss ich mich heute mit den Zahlen beschäftigen, die die monatlichen Einnahmen der Firma darstellen sollen.

Bla bla bla. Wie ätzend.

Ich rufe die gewünschten Protokolle auf und finde mindestens 20 Seiten an Informationen. Na großartig.

»Morgen, Hans«, begrüßt mich Pamela, die nette ältere Dame vom Schreibtisch am Fenster. Sie trägt ihre Lesebrille mit Halbmondgläsern und den verzierten Kettchen an den Seiten, damit sie nicht runterfällt. Dazu trägt sie einen Rollkragen Pulli und ihren karierten Bürorock.

»Äh, ja, guten Morgen«, antworte ich verwirrt, weil ich gar nicht gemerkt habe, dass sie zu mir gekommen ist.

»Oh je, stressiger Tag heute?«.

»Kann man so sagen«.

»Wie wäre es...«, fragt sie und senkt ihre Stimme, als teilten wir ein Geheimnis, »... wenn ich dir einen Kaffee hole, ja?«.

»Gerne, danke«, sage ich und lächele.

»Alles klaro«, meint sie und zwinkert mir zu bevor sie geht. Ihre hellgrauen Schuhe machen dumpfe Geräusche auf dem dunkelgrauen Teppichboden.

Ein wenig skeptisch bin ich schon. Das letzte Mal, als ich mir von einer netten älteren Dame einen Kaffee habe bringen lassen, wurde ich vergiftet und bin in den Himmel gekommen. Ich denke nicht, dass Luzifer Lust hat mich dort ein zweites Mal herauszuboxen.
 

Ich starre geistesabwesend auf die vielen Seiten von Daten auf dem Bildschirm, die ich alle lesen soll. Aber ständig lese ich denselben Satz nochmal. Aber ständig lese ich denselben Satz nochmal. Aber ständig lese ich denselben Satz nochmal. Aber ständig lese ich denselben Satz nochmal.

Mist! Ob mit Gift oder ohne, ich brauche diesen Kaffee wohl doch dringender als mir lieb ist.

Wie gerufen kommt Pamela mit ein paar Heftern und einem Pappbecher vorbei.

»Bittesehr, Herzchen«, sagt sie und stellt den Becher auf die freie Stelle neben meiner Tastatur ab, »Aufpassen, er ist noch heiß«.

»Danke, Pamela«, sage ich und schaue ihr dabei aus Höflichkeit ins Gesicht. Sie lächelt und geht ihrer Wege.

Vorsichtig nehme ich den Kaffee entgegen und nippe daran. Er ist wirklich noch sehr heiß, am besten lasse ich ihn noch ein paar Minuten stehen.

Mit abnehmender Motivation überfliege ich die Seiten, die ich bearbeiten soll. Es sieht aus, als sei es unmöglich all das an einem Tag zu schaffen.

Meine Augen wandern von allein vom Bildschirm weg und bleiben am Bild meiner Familie hängen, welches ich eingerahmt auf meinem Schreibtisch stehen habe. Das einzige Tüpfelchen Farbe hier, so scheint es. Auf dem Bild steckt meine Tochter ein Blümchen ins Haar meiner wunderbaren Mary..

Ich seufze. Komm schon, Hans, du kannst das!
 


 

Nach mindestens 10 Minuten habe ich es geschafft drei Wörter zu schreiben. Es ist nicht viel, aber es fühlte sich an als würde ich einen Felsen bewegen.

Jedenfalls bin ich bereits so fix und fertig, dass ich den Bildschirm von meinem kläglichen Aufsatz stattdessen auf ein produktiveres Fenster umschalte, mich zurücklehne und mir ein Päuschen genehmige.

Der Kaffee sollte jetzt trinkbar sein.

Ich nehme den Becher und probiere das starke Gebräu, das Pamela mir mitgebracht hat. Schlecht schmecken tut es jedenfalls nicht.

Ich starre geistesabwesend in die schwarze Flüssigkeit und beobachte die braunen Bläschen, die sich an der Oberfläche aneinanderreihen. Sie bewegen sie sich. Moment, sie bewegen sich seltsam..

Gebannt umfasse ich den Becher mit beiden Händen und schaue dabei zu, wie die Blasen ein Wort bilden.

"Hans"

Da steht mein Name! Ganz bestimmt ist das kein Zufall!

Könnte es sein...?

»Luzifer, bist du das?«, flüstere ich in den Becher und warte ab. Keine Veränderung.

»Sprich mit mir«, versuche ich erneut. Die Blasen lösen sich auf und ich spüre, wie sich etwas verändert.

"Hans, kannst du mich hören?", meldet sich die Stimme meiner Mentorin Caren in meinem Kopf. Wie gerufen.

»Ja, ich höre dich«, antworte ich.

"Oh, gut! Also die Sache ist die: Der Master ist sehr beschäftigt, deswegen hat er mir aufgetragen dir zu sagen, dass eine bestimmte Angelegenheit auf der Erde erledigt werden soll. Es ist von weltenübergreifender Wichtigkeit".

»Und Luzifer hat mich auserwählt seinen Auftrag auszuführen?«, frage ich deutlich nach, da Caren gerade um den heißen Brei herumzureden scheint.

"Äh, genau. Nun, die Sache ist ein bisschen kompliziert. Es gibt ein Artefakt; es sieht aus wie eine verzierte Kugel, aber in Wirklichkeit ist es eine Karte, gefertigt aus dem schwarzen Holz der Bäume an den Lavaströmen der Hölle. Sie hat auf der Erde nichts verloren, deswegen ist sie verflucht". Eine Karte also. Interessant.

»Und ich soll sie in die Hölle schicken?«, frage ich und schaue verstohlen um mich, weil ich nicht allein im Raum bin. Dabei stelle ich aus Versehen Augenkontakt her mit Sveta, der polnischen Mutter, die neu hier angefangen hat. Ich lächele kurz, wie man es bei Leuten macht, die auf der Straße an einem vorbeigehen, und widme mich wieder meinem Kaffeegespräch.

"Nein, du sollst sie zerstören", sagt Caren.

»Zerstören?«.

"Genau. Aber ein Artefakt wie dieses kann man nicht so leicht zerbrechen. Es kann nur mit Höllenfeuer zu Asche verbrannt werden".

»Wie soll ich das machen?«, frage ich und schaue wieder zur Polin Sveta hinüber. Diese wirft mir besorgte Blicke zu. Sie wirkt angespannt.

"Der Master gibt dir eine seiner Fähigkeiten mit, wenn du den Auftrag annimmst. Damit wirst du sie verbrennen können. Und keine Sorge, dir wird es nicht schaden".

Besorgt schaue ich auf den Bildschirm des Bürocomputers und auf die Uhr. So schnell komme ich hier nicht weg, wer weiß schon, wo sich dieses Dingenskirchen befindet?

»Wie viel Zeit habe ich, um den Auftrag zu erledigen?«, frage ich Caren.

"Nicht sehr viel. Das Artefakt bringt in den falschen Händen Pech mit sich, deswegen wurde es oft verkauft und von Eigentümer zu Eigentümer weitergereicht. Es konnte diesmal nur aufgespürt werden, weil es sich in deiner Nähe befindet. Etwas aus der Hölle reagiert mit der infernalen Kraft des Siegels. Wenn du es nicht so schnell wie möglich erledigst, finden wir es nicht mehr so schnell wieder".

»Verstehe«, murmele ich, »Also heute«.

"Du darfst nicht zu lange zögern. So will es der Gebieter".

»Na schön, wenn "der Gebieter" es will«, seufze ich und mache ihre Ausdrucksweise nach. Dann halte ich nach dem Ding Ausschau. Und was ich sehe ist Sveta, die mich anschaut, als hätte sie einen Geist gesehen. Hastig bekreuzigt sie sich.

Ups, da hat mich wohl jemand gehört.

"Gut", beschließt Caren während ich noch einen Schluck Kaffee zu mir nehme, "Deine Auftragskarte wird gleich bei dir ankommen. Berühre sie und deine Aufgabe beginnt".

Mit diesen Worten verschwindet ihre telepathische Übertragung und somit auch ihre Präsenz. Mein Verstand fühlt sich so still an.

Es dauert auch nicht lange, da kokelt sich ein Muster in die Oberfläche meines Schreibtisches.

»Shit!«, fluche ich leise und puste die dünne Rauchsäule weg. Diskreter ging es wohl nicht?!

Der Rand der Karte zieht sich wie ein feiner Streifen Lava durch die Arbeitsfläche des Tisches. Eine Schrift erscheint. Die Buchstaben erscheinen vereinzelt, aber nach und nach bilden sich Sätze. Na gut, dann lese ich mal besser, wo sich das Artefakt befinden soll. So weiß ich wenigstens schon einmal wo es ist, wenn ich mich nach meiner Schicht auf die Suche begebe-

»Morgen, Hans!«.

Ich schrecke hoch und schlage meine rechte Hand auf das Brandzeichen, damit es niemand sieht.

»Heeeey, wie geht's denn so, Luke?«, begrüße ich meinen Kollegen und Trinkpartner aus alten Zeiten, der sich zu meinem Tisch gesellt hat.

»Die Jungs und ich wollten heute nach der Arbeit noch einen drauf machen, Greg hat eine Gehaltserhöhung bekommen und gibt einen aus. Willste mit?«.

»Ah«, sage ich, erleichtert darüber, dass er mich nicht auf meine brutzelnde Arbeitsfläche ansprechen wollte, »Sorry, aber ich habe hiernach noch etwas vor«.

»Das ist aber schade. Naja, dann ein andermal«, sagt er und geht.

Ich warte bis er weg ist und atme dann erleichtet auf. Das war knapp.

Als ich meine Hand von der Auftragskarte nehme, ist meine Handfläche gerötet. Aber nicht auf natürliche Weise. Sie sieht aus wie eine heiße Herdplatte. Und mit einem Mal wird mir klar: Ich habe die Karte angefasst. Ich habe den Auftrag angenommen. Genau jetzt.

Shit.

Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Ich sehe mir an, was die Karte zu sagen hat, und hoffe, dass das Teil nicht allzu weit weg ist. Wo soll ich denn diesmal hin? Zum Amazonas? In den Himalaya?

»Hier?«, staune ich und lese die Adresse zur Sicherheit noch einmal. Ich habe mich nicht getäuscht, da steht mein derzeitiger Aufenthaltsort! Es stimmt alles, vom Gebäude bis zur Etage. Irgendwo hier muss es sein!

Hm, ich sehe aber nichts ungewöhnliches auf den anderen Schreibtischen.

Sveta hingegen sammelt unter ungebrochenem Augenkontakt ihre Sachen zusammen, schnappt sich ihre Handtasche und macht sich aus dem Staub.

Ich beobachte sie den ganzen Weg bis in den Aufzug. Sie drückt auf einen Knopf und die automatischen Türen schließen sich. Der Aufzug fährt nach unten.

Ich schaue auf das Brandzeichen in meinem Schreibtisch und warte darauf, dass sich die Etage in der Beschreibung des Auftrags ändert.

Alles bleibt gleich. Also kann Sveta das Artefakt nicht dabei haben.

»Verschieben Sie meinen Termin auf morgen«, sagt mein Chef, der gerade mit dem Handy zwischen Schulter und Ohr geklemmt in Richtung Toilette geht. »Nein, Sie hören mir nicht zu! Dieses Ding bringt nur Ärger, ich werde es persönlich verschicken!«.

Meine Augenbrauen heben sich und ein selbstsicheres Lächeln breitet sich auf meinem Gesicht aus. Natürlich.. Wer sonst könnte das Firmengeld für soetwas Extravagantes wie eine verzierte Kugel ausgeben?

Und da dieser grimmige Troll von einem Chef gerade seine Auszeit nimmt, steht sein Büro gerade leer!

Mit der linken Hand schiebe ich einen Locher über das Brandzeichen, damit es niemand sieht, und stehe auf.

Unauffällig gehe ich den Gang entlang an den anderen Schreibtischen vorbei und schleiche in das Büro des Chefs.
 

Huh, ich bin noch nie hier drinnen gewesen.

Die Decke ist niedrig, eine Wand besteht nur aus Fenstern, in den Ecken stehen tropische Pflanzen und auf dem Mahagoni Schreibtisch vor mir steht ein moderner Computer, sowie Papierstapel, Unterlagen und ein handgroßer Globus aus kohlschwarzem Holz. Nur ist auf diesem "Globus" nicht die Erde eingezeichnet. Ich glaub's nicht, ich habe das Artefakt gefunden!

Das ging einfacher als erwartet.

Schauen wir uns das Ding mal näher an.

Darauf sind Linien sorgfältig eingearbeitet, die Grenzen und Flüsse darstellen. Kleine Symbole sind darauf zu sehen, die wohl aus einer anderen Sprache stammen und Ortsnamen darstellen sollen. Sie sieht fast schon edel aus.

Hm, eigentlich zu schade das Teil zu verbrennen, es ist wirklich schick. Aber ich bin sicher Luzifer kennt genug Navigationsmöglichkeiten durch sein eigenes Königreich, da braucht er das hier nicht.

»Und wie mache ich das jetzt?«, murmele ich und nehme das Artefakt aus seiner Halterung und balanciere es in meiner rechten Hand, die bis vorhin noch so magisch geglüht hat.

Und schon beginnt die Kugel dort anzuschmoren, wo sie meine Haut berührt. Rauch steigt nach oben. Das schwarze Holz heizt sich auf wie Kohle in einem Grill und schmilzt langsam in meiner Handfläche zusammen.

»Abgefahren!«, hauche ich und sehe den Flammen dabei zu, wie sie die eingezeichneten Grenzen der Hölle auf der Kartierung erhellen und schließlich versenken.

Plötzlich erschallt ein schrilles Piepen direkt über mir. Scheiße, der Rauchmelder! Den hab ich total vergessen! Den muss ich loswerden!

Hastig unterbreche ich die Kugelschmelze und lege den brennenden Klumpen in die eiserne Halterung zurück und klettere auf den Schreibtisch. Ich wedele den Rauch aus dem Gesicht und ziehe mit der nicht-magischen Hand den plärrenden Rauchmelder von der Decke ab.

Mist, wohin jetzt damit??

Das Ding piepst auf einmal noch lauter!

Uwaah! Ich muss mir schnell etwas einfallen lassen!! °0~0

Ohne viel nachzudenken hechte ich zu den Fenstern, öffne blitzschnell das nächstbeste und höre sofort ein dumpfes Geräusch. Die Fensterscheibe öffnet nach außen, und genau diese habe ich soeben einem Fensterputzer ins Gesicht geschlagen.

Die Augen des Fensterputzers rollen nach hinten und er kippt stöhnend von seiner hängenden Plattform. Der lärmende Rauchmelder fällt mir aus der Hand und stürzt, genauso wie der spärlich gesicherte Typ, in den Abgrund.

»Tut mir leeeid!«, rufe ich dem Kerl hinterher, der nicht mehr zu retten ist und schließe schnell das Fenster, um nicht mit anzusehen, wie sein unerwarteter Flug aus der fünften Etage des Firmengebäudes endet. Ich höre nurnoch ein entferntes Krachen und das Plärren einer Auto-Alarmanlage.

... O~O°

Dem geht's guuuut!.. (°._.)

Ich drehe mich gerade um, da steht eine große vermummte Gestalt vor mir. In der Knochenhand hält sie eine riesige Sense. Ich muss nicht eine Sekunde überlegen, wer das ist.

Sofort rutscht mir das Herz in die Hose.

»Oh fuck«. Das gibt Mecker.

»Ich kenne dich«, sagt der Sensenmann und zeigt mit einem knochigen Finger auf mich, »Du warst die Expresslieferung an meinen Bruder. Ich vergesse nie ein Gesicht«.

»Äh, ja, der bin ich«, antworte ich ehrfürchtig.

Der Tod tritt neben mich und schaut aus dem Fenster in die Tiefe. Genau dahin, wo der arme Kerl wohl aufgekommen ist. Der Sensenmann schweigt für einen Moment und dreht sich dann zu mir.

»Warst du das?«.

Ich schlucke. »Es war ein Unfall!! ( ;~;)«.

»... Verstehe«, sagt er und wendet seinen Blick wieder in die Tiefe, »Sei unbesorgt. Dieser Mensch hätte schon gestern tot sein sollen. Du hast mir eine Menge Arbeit erspart«.

»Oh, na dann«, seufze ich und entspanne meine Schultern. »Also.. Sollte genau das passieren?«.

»Das Schicksal hat es so vorgesehen«.

»Puh, da bin ich aber beruhigt!«, lache ich, »Zumindest kann ich hiernach besser schlafen als nach Atlantis, haha«.

»Was?«.

»Was?«, sage ich schnell und hätte mir gewünscht, ich hätte auch einen Reißverschluss-Mund wie Chi-Chi. »Ich hab.. nichts gesagt«.

»WAS ZUM GEIER IST HIER LOS?!«, brüllt die Stimme meines Chefs, der jetzt in der Tür steht.

Uh-oh, ich hab vergessen zu verduften!

Die Holzkugel aus der Hölle ist zu einem kleinen Brikett zusammengeschrumpft und durch die Halterung geflutscht, die für größere Sphären gebaut wurde als für Kohleklumpen. Und nun brennt nicht nur das Artefakt, sondern auch die Papiere auf dem Schreibtisch vom Chef!

»Ups«.

»SIND SIE JETZT VÖLLIG ÜBERGESCHNAPPT, HARALD?!«.

»Hans-«.

»VERDAMMT!«, flucht er und räumt andere Gegenstände aus dem Weg des Feuers, das nun den gesamten Stapel von Unterlagen lichterloh brennen lässt.

»Das wird lustig«, kichert der Sensenmann.

»NUN STEHEN SIE NICHT SO ALLEIN DA HERUM, HELFEN SIE MIR!«.

»Allein? Sie können ihn nicht sehen?«, frage ich und zeige auf den Kerl mit der Kutte und dem überdimensionalen Gartenwerkzeug neben mir.

»WIRD'S BALD?!!«, schreit der Chef und versucht den wütenden Bürobrand in den Griff zu kriegen.

»Oh! Äh, natürlich!«, rufe ich und nehme eins der Jacketts vom Kleiderhaken, um damit das Feuer auszuschlagen.

»DOCH NICHT DAMIT, DAS WAR TEUER!«.

»Was soll ich denn sonst nehmen?!«, frage ich, doch da entzündet sich das Jackett in meiner Hand bereits selbst. Oh Mist, ich bin ja Rechtshänder.

»AAAAAAA«, schreit der Chef.

»WAAAH«, schreie ich panisch zurück und lasse das brennende Kleidungsstück auf den Teppich fallen. Fassungslos starrt er darauf, wirbelt hustend herum und wird dann wütend. Er stampft auf mich zu und packt mich wild am Kragen.

»SIE!«, schreit er außer sich.

Reflexartig greife ich seine Arme, um den Griff zu lockern.

»ICH WERDE SIE-«.

Er bricht ab, denn schon beginnt sein eigenes Sakko aus Versehen unter meiner Hand zu rösten.

»Ups!«, sage ich zu meiner Verteidigung und lasse los. Das Feuer breitet sich aus.

»HILFE! MACHEN SIE DAS AUS!«, brüllt er und wedelt unkontrolliert mit dem Arm. »TUN SIE DOCH ETWAS!!«.

»Oh je, oh je!!«.

Plötzlich springt die Sprinkleranlage an und durchnässt das ganze Büro in Sekundenschnelle. Der Computer zischt mit einem Blitzchen auf und bekommt einen Kurzschluss. Die restlichen Sachen, die der Chef aus dem Weg geräumt hatte, bekommen einen Wasserschaden, während das Höllenfeuer lichterloh weiterbrennt. Das Wasser taugt nichts. Im Gegenteil, es macht alles nur noch schlimmer.

Der Sensenmann lacht.

Der Chef zwängt sich aus dem Sakko und hüpft dabei umher wie ein Frosch, der einen Regentanz aufführt, und wirft das Teil zum anderen Kleidungsstück auf den Boden. Auch der Teppich ist nicht feuerfest und brutzelt vor sich hin.

»Das sollte genügen«, erklärt der Sensenmann.

Er hebt eine Skeletthand und senkt sie gleichmäßig. Alle Flammen gehorchen ihm, werden kleiner, und gehen schließlich ganz aus.

Der Chef wirbelt umher und ist sich noch nicht sicher, ob er sich langsam beruhigen oder sich über den Schaden aufregen soll.

Der Tod wendet sich an mich.

»Jetzt sind wir quitt«.

Mit diesen Worten verschwindet er genauso schnell, wie er gekommen war.

Die Tür zum Büro des Chefs schwingt auf und vor uns steht Mary mit einem Strauß Blumen im Arm. Schockiert sieht sie sich das Fiasko an, in dem wir stehen. Die Sprinkleranlage regnet noch immer fröhlich Löschwasser auf uns herab.

Ich winke ihr peinlich lächelnd zu und sie lässt enttäuscht die Schultern hängen.

»Oh Hans, was hast du jetzt wieder angestellt?«.

Der Chef stapft mit nassen, quietschenden Lederschuhen neben mich und richtet seine ruinierte Krawatte.

»Sie sind gefeuert!«.
 


 


 


 

Die Autofahrt nach Hause ist gefüllt mit einer drückenden Atmosphäre. Mary schaut stur voraus und schweigt mich an. Ich sitze triefend nass auf dem Beifahrersitz und denke über mein Verhalten nach.

Wie soll ich es erklären? Ich meine, es hätte alles einwandfrei funktioniert, wenn der Rauchmelder nicht angesprungen wäre. Ich hätte ein Auge auf das Artefakt gehabt und alles wäre unter Kontrolle geblieben. Außerdem war das Teil verflucht und hat für eine Menge Pech gesorgt. Wenn ich dem kein Ende bereitet hätte, wäre es vielleicht noch schlimmer gekommen!

Wie dem auch sei, die Mission ist erfüllt, die Auftragskarte hat sich bestimmt wie immer selbst zerstört und die Fähigkeit, Dinge mit einer Berührung in Asche zu verwandeln, ist auch verflogen. Auch wenn die ziemlich cool war, ich hab mich gefühlt wie einer der X-Men!

Mary sagt noch immer nichts.

Ich seufze.

»Also ich-«.

»SAG- jetzt. nichts. Ok??«.

»..Ok«, murmele ich und schaue stattdessen den Leuten zu, an denen wir mit dem Auto vorbeiziehen.
 


 

Wir sind gerade zur Tür herein, da pfeffert Mary ihre Schlüssel auf den Tisch und stellt mich zur Rede.

»Was zur Hölle sollte das?!«.

»Gutes Stichwort«.

»Spar dir die flachen Witze. Wieso finde ich dich im verrauchten und durchnässten Büro deines Chefs?!«.

»Es war ein Unfall ok, ich wollte nicht, dass alles abfackelt«.

»Ach nein? Und warum tat es das?«.

»Weil.. Naja, weil ich das Feuer nicht unter Kontrolle hatte. Ich glaub ich hab einen Fensterputzer umgebracht..«.

»Du weichst mir aus, Hans«.

Sie verschränkt die Arme vor der Brust und sieht mich streng an. Ich sinke in den Kragen meines Hemdes zusammen. Es ist ja nicht so, dass ich es hätte aufhalten können, wenn schon Wasser keine Auswirkungen auf Höllenfeuer hat. Ich bin froh, dass der Tod da war, um mir entgegen zu kommen.

... Oh Mann, das glaubt mir niemand.

Mary atmet einmal durch und zeigt sich von ihrer verständnisvollen Seite, die ich an ihr liebe.

»Hans, was ist los?«.

»Na schön«, fange ich an und setze mich auf einen der Küchenhocker, damit ich die Couch nicht nass mache. Mary setzt sich zu mir und hört zu.

»Ich war gerade dabei meine Arbeit zu erledigen, da hat mich meine Mentorin angerufen und mir einen neuen Auftrag zugeschickt«.

»Einen Auftrag?«.

»Ja, so wie damals als Klein Karen verschwunden ist. Und naja, eigentlich wollte ich den Auftrag erst dann annehmen, wenn meine Schicht zuende ist, aber dann hat Luke mich angesprochen und dann hab ich die Karte angefasst und meine Hand hatte Lavakräfte und-«.

»Langsam«, stoppt sie mich und massiert sich die Schläfen, »Was war das für ein Auftrag?«.

»Ich sollte ein verfluchtes Artefakt verbrennen, das im Büro meines Chefs versteckt war. An sich keine schwere Aufgabe. Ich sollte schonmal eine Seele in Nevada befreien und den Körper begraben, das war anstrengend-«.

»Du solltest was?«.

Ich beiße mir schuldbewusst auf die Unterlippe.

»... Das hätte ich jetzt nicht erwähnen sollen, oder?«.

Mary sinkt auf dem Küchentisch in sich zusammen.

»Und jetzt bist du auch noch deinen Job los«, sagt sie verzweifelt, »Na großartig!«.

»Hey, Kopf hoch. Ich finde schon was, das mit der Hölle kompatibel ist«.

»Nein, Hans«, sagt sie und schaut mich an, »Ich denke nicht, dass es irgendetwas gibt, dass damit vereinbar ist«.

Wortlos steht sie auf und schlurft ins Schlafzimmer.

»Wo gehst du hin?«.

»Ins Traumland, wo unsere Welt noch in Ordnung ist«, stöhnt sie mit den Nerven am Ende, »Vielleicht wache ich einfach nie wieder auf, das wäre auch mal etwas«.

»Ruh dich aus, Schatz, ich ziehe mich um und hole dann Karen ab«, rufe ich und versuche ihr damit ein wenig Stress abzunehmen. Sie schließt einfach die Tür.

Oh je, dieser Jahrestag ist wohl im Eimer.

Die Wette

~ Marys Sicht ~
 

Nach dem Desaster mit der Firma, die sich weigert Hans wieder aufzunehmen, habe ich alle Hände voll zu tun. Ich bin nun die einzige, die in der Lage ist meine Familie zu versorgen.

Hans hat seinen Job verloren, und das nur wegen dieses blöden Auftrags von Luzifer!

Klein Karen und Simon hingegen freuen sich sehr, dass sie endlich wieder mehr Zeit mit ihrem Papa verbringen können. So wie damals, als er sich von seinen Verletzungen auskurieren sollte. Diese Wunden..

Selbst wenn Hans gesagt hat, dass er nie wieder darüber reden will und seitdem so tut, als sei nie etwas geschehen... Ich habe es nicht vergessen: Auch daran ist Luzifer schuld..

Seit er wieder da ist haben unsere Probleme angefangen. Und dieses Siegel.. Manchmal sehe ich es, wenn Hans schläft. Es zeigt sich nicht immer, aber wenn es da ist, lauert es auf seiner Haut wie der Schatten einer Klaue an der Wand.

Dieses Symbol bindet ihn, hält ihn gefangen in der Gewalt des Teufels. Und es ist eine ständige Erinnerung an mich, dass er machtlos dagegen ist. Machtlos gegen Luzifers Einfluss.

Ich hasse ihn! Ich hasse ihn unendlich! Solange dieses Siegel da ist, gehört Hans nicht sich selbst und ist gezwungen Dinge zu tun, die an Wahnsinn grenzen.

Irgendwie muss ich ihn doch davon befreien können.. Nur wie?
 


 

An diesem Wochenende habe ich mich überreden lassen, mit Hans und Klein Karen zur Hölle zu fahren.

Eigentlich wollte ich meine Tochter nie wieder auch nur in die Nähe dieses gefährlichen Orts lassen, aber wir werden uns einige Kosten nicht mehr leisten können, darunter auch der Kindergarten. Wenn Hans in der Hölle ist und ich auf der Arbeit, wäre sie hier mit unserer Albino-Fledermaus allein.

Die Einzelheiten, wie wir mit den Umständen umgehen, werden später geklärt. Heute ist Karen mit Dev zum Spielen verabredet, mit dem Sohn des Teufels. Hans hat noch Angelegenheiten in der Unterwelt nachzugehen, da kann ich auch gleich mitkommen und meine beste Freundin Helena wiedersehen. Und vielleicht kann ich bei der Gelegenheit gleich mal ein ernstes Wörtchen mit Luzifer reden.

Mit Teleportfeuer kommen wir in einem Salon an, in dem ich noch nie gewesen bin. Um ehrlich zu sein, habe ich bis auf die Eingangshalle kaum irgendetwas vom Schloss gesehen.

Das Mobiliar ist schön und edel, der Teppich auf dem polierten Marmorboden ist dick, weich und sieht teuer aus. Ölgemälde an den Wänden und ein großes Klavier unter einem glitzernden Kronleuchter runden das Bild ab, in dem ich stehe. Hätte ich gewusst, dass es hier wirklich so erstklassig aussieht, hätte ich mir etwas angezogen, das präsentabler ist.

Allerdings muss ich mir darum wohl keine Sorgen machen, denn Luzifer trägt sogar noch weniger angemessene Kleidung für den Empfang von Gästen. Also ehrlich, und der schimpft sich ein König..

Helena dagegen sieht mal wieder bezaubernd aus. Ob sie mir mal eins ihrer Kleider leiht?

Der kleine Dev hat seine blutroten Haare in einer Sturmfrisur abstehend und trägt sportliche Kleidung. Er sieht schon viel.. größer aus. Sehr viel größer! o_O

Er macht den Eindruck, als sei er genauso alt wie meine 5 jährige Karen. Aber sollte er nicht noch ein Baby sein?

»Also dann, kleiner Mann«, reimt Luzifer und beugt sich zu seinem Sohn runter, »Du weißt, was wir besprochen haben. Sei vorsichtig mit deinen Kräften, du könntest Karen verletzen. Menschen sind sehr empfindlich, das weiß ich aus eigener Erfahrung«.

»Ich werde sie schon beschützen, Vater!«, sagt der kleine Dämon mit einem fangzahnigen Lächeln. Also doch, es ist tatsächlich Dev.

»Das ist mein Großer!«, gratuliert Luzifer und wuschelt ihm durchs Haar. Das ist ja fast schon löblich.

Karen löst sich von meinem Bein und tippelt auf Dev zu, der ihr entgegen kommt.

Die beiden Kinder starren sich in die Augen.

»Bist du Dev's Onii-chan?«, fragt Karen.

Der Dämon senkt die schwarzen Flügelchen und sieht ein bisschen beleidigt aus.

»Nein, ich bin Dev!«.

Sie schaut noch einmal genauer hin und erkennt seine Gesichtszüge und das Geburtsmal auf der Wange.

»Ja! Du bist es!«.

Dev's Gesicht hellt sich auf.

»Cool! Wollen wir verstecken spielen?!«.

»JAAA!«, ruft sie aus und gemeinsam stürmen sie davon.

»Lauf aber nicht zu weit weg, ja?«, ruft Hans hinterher und Karen antwortet mit einem genervten "Jaa".

»Willkommen«, begrüßt uns nun Helena und schreitet - graziös wie immer - auf uns zu. »Wir haben uns lange nicht mehr gesehen«.

»Hallo, Helena«, sagt Hans und verbeugt sich, wie es sich für einen Bewohner ihres Reiches gehört.

Sie lächelt und nickt. Hans nickt dankbar zurück, drückt mir die Hand und geht hinüber zu Luzifer und seinen draufgängerischen Machenschaften.

»Mary«, sagt Helena glücklich und strahlt mich an.

»Ich freue mich auch«, antworte ich und nehme ihre Hände in meine, da ich weiß, dass sie umschwängliche Umarmungen nicht mag. Sie trägt ellenbogenlange, weiße Samthandschuhe, wie eine echte Adlige.

»Sei ehrlich«, frage ich, »Wie geht es dir?«.

»Oh Mary, es ist traumhaft schön!«, schwärmt sie und schaut sich um, »Das hier ist alles, was sich meine Familie für mich erträumt hat«.

Ich schaue mich nach Dev um. Der Kleine flattert aufgeregt mit den Flügeln. Karen tut es ihm mit den Händen nach.

»Und euer Kind!«, wende ich mich wieder an Helena, »Es entwickelt sich prächtig«.

»Das ist dir aufgefallen?«, fragt sie ironisch, »Dämonenkinder wachsen rasch. Das müssen sie auch in dieser Welt«.

Ich schmunzele.

»Und ist das zweite schon in Planung?«.

»Oh nein! Dev reicht mir völlig«, lacht sie.

Ich kichere mit. Ich kann gut verstehen, warum. Kinder großzuziehen ist anstrengend, da will ich gar nicht wissen, wie es ist, einen frechen kleinen Dämonenjungen an der Backe zu haben!

»Und bist du glücklich hier? Mit.. ihm?«.

»Du meinst Luzifer?«, fragt sie und schaut ihrem Mann nach, der langsam und zärtlich mit meinem Mann rumknutscht. Und Hans.. Ihm gefällt es.

Meine Schultern sinken und ich seufze leise.

»Sieh sie dir an..«.

»Mary..«, tröstet mich Helena.

»Wie sie sich anschmachten.. Wann hat Hans mich das letzte Mal so geküsst?«.

»Oh, gütige Götter.. Du hast es nicht leicht«, sagt sie und umarmt mich kurz, dann hält sie mir mütterlich die Schultern und schaut mich mit ihren goldenen Augen eindringlich an.

»Hans liebt dich sehr«, versichert sie mir, »Die Verbindung zwischen ihm und seinem Gebieter ist tief und persönlich. Das ist nunmal so bei Nekromantie. Aber die Tatsache, dass er trotz allem immer noch bei dir ist und nicht den Anschein erweckt dies zu ändern, das ist ein Zeichen wahrer Hingabe«.

Ich habe ihr halbwegs nicht mehr zuhören können, weil Luzifer soeben seinen Schweif in Hans' Hose schlängelt und ihn verlegen macht.

Ehe ich mich versehe stehe ich schon bei dem Grabscher, ziehe ihm den Schweif lang wie einem Kind das Ohr und drücke mit der anderen Hand sein Gesicht von dem meines Mannes weg, der überrascht ist und versucht mich zu besänftigen.

»HÖR AUF MEINEN MANN ZU BEGRABSCHEN!«, keife ich.

»A-Aber Mary, das war doch wirklich nichts! Beruhige dich doch«.

Hans zu Liebe tue ich das auch und lasse den Teufel noch einmal davonkommen. Vorerst!

»So garstig heute.. «, beklagt sich Luzifer und nimmt seinen Teufelsschweif in Schutz.

Klein Karen lacht und nach einem kurzen Blick weiß ich auch warum. Sie hat mein verärgertes Gesicht mit Stiften an die Wand gemalt. Und zwar in Form des Kopfes der Medusa.

»Oh«, sagt Helena leise und hält sich die behandschuhte Hand vor den Mund. Dann wischt sie einmal mit zwei Fingern in der Luft herum und schon verschwindet die Kritzelei an der Wand.

Karen ist kurz enttäuscht, gesellt sich dann aber wieder ihrem Spielkameraden zu.

Luzifer schaut einmal prüfend an mir herunter und wieder hoch. Dann schnaubt er abfällig und schaut woanders hin.

»Willst du mir etwas sagen??«, drohe ich. Er grinst nur.

Oh, dieser-!

»Okaaay«, sagt Hans und schaut unsicher zwischen uns hin und her, »Ich denke wir atmen alle ganz tief durch und ich mache uns einen Beruhigungstee. Wie wäre das?«.

»Tu das«, sagt Luzifer.

Hans gibt mir, direkt vor seinem Gottkönig, ein Küsschen seitlich auf die Stirn bevor er geht. Da vergeht ihm sein Grinsen!

»Streitet euch nicht, solange ich weg bin«, ruft Hans abschließend und schließt die Tür hinter sich.

Luzifer lässt seinen Schweif wieder runter und schon beginnt Dev, der auf das Kanapee geklettert ist, ihn wie eine Katze zu jagen. Luzifer scheint daran gewöhnt zu sein und zieht ihn gekonnt weg, wann immer sein kleiner Satansbraten versucht ihn zu schnappen. Das ist schon irgendwie süß.

Ich lächele friedenschließend.

»Lass uns nicht mehr streiten«, schlage ich vor. »Es hat ja doch keinen Sinn«.

»Du hast recht«, gibt er zu.

Ich hätte nie gedacht, dass er das mal sagen würde. Wo ist meine Kamera?

Er wendet sich mir nun gänzlich zu.

»Schließlich wissen wir beide, wen von uns er lieber hat«.

Ich nicke bestimmt und schaue der spielenden Karen nach.

»Wie schön, dass das geklärt ist«.

»Oh ja«, lacht er. »Das ist doch offensichtlich«.

»Eben«, antworte ich grinsend.

»Mich«, sagen wir gleichzeitig.

Ruckartig fahre ich herum und schaue ihm in sein verdutztes Gesicht. Er weiß gar nicht ob er lachen soll oder nicht, deswegen blinzelt er nur zweimal mit den roten Teufelsaugen.

»Ähm, wie meinen?«, fragt er und schwenkt seinen Schweif außer Reichweite von Dev. Dieser spürt die Anspannung in Luzifers Aura und verkrümelt sich.

»Natürlich«, meine ich und richte mich gerade auf. »Du denkst doch wohl nicht im Ernst, dass-«.

»Sowas, so spät schon!«, unterbricht Helena mich, als wolle sie nicht ins Kreuzfeuer gelangen, und geht im Schnellgang zu den Türen. »Ich schaue mal nach, was Hans so treibt«.

Mit diesen Worten verschwindet auch sie.
 

Luzifer rümpft die Nase.

»Wieso überlässt du ihn mir nicht einfach?«, fragt er, als würde er hinzufügen "Das erspart uns unnötige Zeitverschwendung".

»Er ist mein Ehemann!«.

»Na und?«, antwortet er, »Hans ist auch mein Wirtskörper. Seine Seele gehört mir, rechtens«.

Luzifer wirkt höchst unbeeindruckt von meinen Worten.

Stimmt ja, er hatte diesen Extraring im Siegel gefertigt, damit meine Heirat als Argument entkräftet ist; das hatte seine Schwester Lena uns preisgegeben. Und als Hans' Gott kann er das einfach so tun. Unglaublich, dass er Hans überhaupt seinen Segen gegeben hat, dass er mich heiraten durfte. Wenn überhaupt habe ich es ihm zu verdanken, dass wir heiraten konnten.

»Außerdem... «, fügt er hinzu und streckt sich, »... findet er dich ganz bestimmt nicht mehr so interessant wie früher«.

»WAS?!«. Oh, dem könnte ich-!

»Denk doch mal nach, Schätzchen. Er kommt regelmäßig zu mir, du weißt wofür. Sieh es ein«.

»Oh, bitte!«, ächze ich, »Er hat sich damals für mich entschieden, obwohl er dich schon kannte! Wenn er hier jemanden schon längst satt hat, dann dich. Er weigert sich in letzter Zeit sehr oft, wie ich höre?«.

Er hätte mich wohl angefaucht, wenn er seinen Frust nicht zu verbergen versuchen würde. Es ist schön einmal die Oberhand zu haben!

»Hans geht es bei mir besser«, provoziere ich und sehe ein Fünkchen Wut in ihm aufsteigen.

»Ach ja? Ich bin mir ziemlich sicher mein Bett gefällt ihm mehr«.

»Pah! Eh nicht!«.

Zornig schaut er mich an. Ich stelle mich ihm entgegen.

»Wollen wir wetten?«, sprechen wir beide gleichzeitig, »Schön!«.

»Wer von uns Hans zuerst rumkriegt!«, schlägt Luzifer in einem gehässigen Ton vor. »Und! Er muss kommen! Aber sicher wird einer Spaßbremse wie dir das nicht gelingen«.

Ha! Das wird einfach! Luzifer sieht gut aus, das stimmt, aber ich lasse mich nicht davon einschüchtern. Immerhin habe ich Dinge, die er nicht hat.

»Pff, nichts leichter als das! Aber Hans muss sich freiwillig entscheiden, wovon du wohl keine Ahnung zu haben scheinst«, spotte ich zurück, »Deswegen erkläre ich es gern für dich, du Riesenbaby: Es bedeutet Hans wird weder gezwungen, noch angeordnet oder unter Druck gesetzt! Und!! Hans muss es einleiten!«.

»Oho, Bedingungen! Wie originell.. Schön, wie wär's damit: Wer verliert, hat weniger Anspruch auf Hans, und der Gewinner darf ihn bei sich haben, wann immer er will. Und das ganz ohne Kritik oder Einwände des Verlierers!«.

Das heißt, er muss die Klappe halten? Keine doofen Sprüche mehr?? Das will ich sehen!

»Einverstanden!«, rufe ich.

»Einverstanden«, sagt Luzifer und ändert seinen Ausdruck komplett. Er wirkt auf einmal überhaupt nicht mehr wütend, nein, sogar vergnügt. Und ja, jetzt kichert er sogar.

»Ähh, geht's dir gut?«.

»Oh Mary..«, sagt er ganz gelassen und zufrieden, »Du kleines naives Ding. Ob es wohl genauso leicht ist deine Unschuld zu rauben? Dich zu verderben?«.

Ich balle die Hände zu Fäusten.

»Wovon redest du überhaupt?!«, fahre ich ihn an, da mir sein Schmierentheater auf die Nerven geht.

»Hast du es nicht bemerkt?«, grinst er und lässt seinen Schweif geschmeidig durch die Luft gleiten, dabei schaut er von oben auf mich herab, »Du hast soeben einen Pakt mit dem Teufel geschlossen«.

Bei diesen Worten sakt mein Magen ab und meine Glieder fühlen sich tonnenschwer an.

Der macht doch Witze. Oder??

»Ich muss zugeben: DAS ist nun wirklich interessant«, raunt er und kreist mich langsam ein wie eine Schlange ihre Beute.

Das kann nicht sein. Das kann einfach nicht wahr sein!

»Mit einem simplen Pakt fängt es an«.

Er mustert mich von allen Seiten.

Ich schaue mir auf die Hände, als seien sie mit dem Blut Unschuldiger beschmiert. Was habe ich nur angerichtet?

»Wer weiß, vielleicht wirst auch du..«, flüstert Luzifer in mein Ohr, ».. eines Tages..«, seine Finger umschließen von hinten meine Schultern, »Mir gehören!«.

Eine Gänsehaut fährt über meinen gesamten Leib, der alle Gefahrensignale auf einmal aussendet. Es fühlt sich an als würde ich im Netz einer gewaltigen Spinne festhängen. Ohne Ausweg.

Luzifer schiebt sein Gesicht dicht an meines, was mich zusammenzucken lässt.

»Wir hätten dann sehr viel Zeit uns zu amüsieren... Mary«.

»D-Dev?«, höre ich Klein Karen wimmern, was meine Aufmerksamkeit zu den Kindern zieht.

Karen liegt am anderen Ende des Saals auf dem Teppich und wird von Dev unten gehalten. Dieser schaut sie mit großen Dämonenaugen an und nimmt ihr Gesicht in seine Hände.

»Uh-Oh, scheint so, als hätte Dev erkannt, was deine Tochter für ein süßes kleines Menschlein ist«.

»Er wird doch nicht-?«.

Karen dreht ihren Kopf zur Seite, als Dev ihr über die Wange leckt wie an einem Salzstein.

»M-Mama!«, ruft sie.

Das reicht.

Ich laufe zu ihnen und knie mich zu den Kindern hin.

»Lass sie sofort los, Dev! Karen hat Angst-«.

»FASS IHN NICHT AN«, donnert Luzifers Stimme durch den Saal als ich ihn gerade von ihr runter heben wollte. Der Kleine knurrt, je näher ich ihm komme, und stoppt als ich die Hände runter nehme. Karen weint.

Fassunglos drehe ich meinen Oberkörper zu Luzifer.

»Was soll das, Luzifer?!«.

»Dev ist ein Teufel und mein Sohn! Somit ist er ebenso ein Prinz und muss es sich nicht gefallen lassen, von einer niederen Lebensform herumkommandiert zu werden! Schon gar nicht von einer menschlichen Frau, die ihren Platz nicht kennt!«.

Ich bin zu schockiert um zu antworten. Aber was sollte ich auch anderes erwarten von so einem arroganten Großkotz!

Karen krabbelt von der Umklammerung hervor und drückt ihr verheultes Gesicht in mein Oberteil.

»Mama, ich will nach Hause..!«, schnieft sie.

»Ist gut, Schatz«, sage ich sanft, schließe sie in die Arme und bündele meine ganze angestaute Wut in den Blick, den ich Luzifer zuwerfe.

Der kleine Satansbraten hat sich zu seinesgleichen gesellt und hält sich grinsend am Bein seines Vaters fest. Was für ein giftiges Duo..

In diesem Moment kommt Hans mit einem Tablett durch die Tür und fröhlich auf uns zu geschlendert. Helena daneben.

»Ich habe Tee mitgebracht! Huch!«, er schaut zwischen uns hin und her und seine Miene füllt sich mit Mitleid. »Karen weint! Was ist passiert?«.

Ich werfe Luzifer einen vorwurfsvollen Blick zu. Dieser sieht wie immer unbeeindruckt aus, scheint aber um des Friedens Willen auf keinen weiteren Streit eingehen zu wollen. Er lässt die Schultern sinken.

»Es ist schon spät«, sagt er und hebt das Kinn seines Kindes anerkennend an, »Dev ist hungrig. Stimmt's?«.

Der Kleine nickt und nimmt Helenas Hand, die sich zu uns gesellt.

»Die Kinder müssen ins Bett«, sage ich kühl und stehe mit Karen im Arm auf. »Wir gehen heim. Kommst du mit?«.

»Ähm.. «, murmelt Hans und schaut zwischen Luzifer und mir hin und her.

Da fällt mir die Wette wieder ein. Wenn er hier bleibt, könnte es sein, dass ich noch heute Nacht verliere! Ich würde Hans verlieren, meine Familie. Mein Ein-und-Alles.

»Ich würde sehr gern länger hierbleiben, aber meine Familie geht vor. Meine Aufgaben hier kann ich später noch erledigen«, sagt Hans und stellt das Tablett auf dem Tisch ab.

Diese Antwort überrascht selbst mich. Heute konnte er so gut wie keine Zeit mit Luzifer verbringen, und doch kommt er mit mir!

»Komm her, mein Liebling«, nuschelt Hans und nimmt unsere traurige Tochter in den Arm, die sich sofort an ihn schmiegt. »Ist ja gut«.

Süß. Manchmal will ich es nicht zugeben, aber Klein Karen hat ihren Papa lieber als mich. Die beiden verstehen sich einfach untereinander, auf eine andere Weise.

Verstohlen blicke ich an Hans vorbei zu Luzifer, der mich breit anlächelt, so, als hätte Hans soeben das Gegenteil gesagt.

Ich glaube er ist fest davon überzeugt, dass er heute nicht verlieren wird. So schnell wird er mich nicht siegen lassen. Oder vielleicht testet er mein Selbstvertrauen, die Wirksamkeit meiner Fähigkeiten. Und wie sehr ich wirklich daran glaube, ich hätte eine Chance.

Ich wende mich an Helena.

»Kann ich dich kurz sprechen?«.

Sie blinzelt verdutzt, nickt dann aber. Sie entschuldigt sich höflich mit einem Lächeln bei den anderen Anwesenden und lässt Dev in der Obhut seines Vaters. Noch während ich mit ihr ein paar Schritte weggehe, spüre ich die spöttischen Blicke von Luzifer im Nacken.

»Ich hab was Dummes gemacht«, flüstere ich als wir zum Stehen kommen. »Ich hab mich mit Luzifer angelegt«.

»Du meine Güte, geht es dir gut?«.

»Schon, nur ich brauche deine Hilfe in dieser Angelegenheit«.

»Wie kann ich behilflich sein?«, fragt sie mit großen Goldaugen.

»Lass nicht zu, dass Luzifer und Hans es sich "zu gemütlich" machen, wenn ich nicht da bin! Die Folgen wären fatal. Kann ich auf dich zählen?«.

Helena salutiert mit einer weiß behandschuhten Hand.

»Du kannst sogar auf mich buchstabieren!«.

Ich atme erleichtert auf.

»Danke«.

Mit einem Räuspern drehe ich mich um.

»Nun denn! Seid ihr soweit?«.

Hans lehnt sich gerade nach vorn, um noch den letzten Rest seines Abschiedskusses auszukosten, und lässt dann verträumt ab.

»Träum von mir, ja?«, raunt Luzifer.

»Immer~ <3«, säuselt Hans wie verzaubert. Moment mal..

Zauber!

Du meine Güte! Ich habe völlig außer Acht gelassen, dass Luzifer Magie anwenden kann, um Hans gefügig zu machen! Ob meine Bedingung, dass er zu nichts gezwungen werden darf, diese Möglichkeit ausschließt?

Ich hoffe auf das beste.

Hans kommt mit Klein Karen auf dem Arm zu mir, dreht sich nocheinmal um und winkt zum Abschied.

Teleportfeuer umgibt mich und meine Familie.

Luzifer winkt uns zu.

»Wir sehen uns... Mary«, ist das letzte, was ich höre.

Schicksalsfäden

~ Ninas Sicht ~
 

Ich schwebe an Izayas Fenster und klopfe an. Er muss mein breites Grinsen bemerkt haben, denn er öffnet mir voller Vorfreude.

»Was machst du denn hier?«, flüstert er mit großen Augen.

»Ich hole dich ab. Zenit Verabredung, weißt du noch? Es muntert dich vielleicht auf«.

»Ich brauche nicht die hellste Zeit des Tages abzuwarten, wenn ich dich habe, um alle Schatten verschwinden zu lassen, Nina«.

Er steigt zu mir heraus, schlägt leise mit den Flügeln, und nimmt meine Hand.

»Schnell, schnell! Bevor sie uns sehen!«.

Gemeinsam machen wir uns aus dem Staub.
 

Es fühlt sich so an, als sei es Jahrhunderte her, seit wir hier gewesen waren. Der alte Eichenbaum steht noch genau da, in voller Blüte, wo wir uns schon als Kinder versteckt haben.

Wir landen davor.

»Meinst du, jemand ist uns gefolgt?«.

»Schwer zu sagen«, merke ich an und sehe mich um.

»Izayaaa?!«, höre ich die strenge Stimme seines Vaters rufen.

»Schnell, hier lang!«, flüstere ich und ziehe ihn hinter den Baum, wo die Wurzeln teilweise aus dem Boden ragen und eine versteckte Kuhle unter dem Stamm freilegen.

Wir kichern als wir darunter kriechen.

»Shh!«, macht Izaya, kann sich aber auch nicht so recht zusammenreißen.

Gemeinsam beobachten wir das Geschehen. Izayas Vater dreht ein paar Runden und schaut sich um. Bei jedem Rufen müssen wir uns ein erneutes Kichern unterdrücken.

Es dauert auch nicht lange, da zischt der alte Griesgram ab.

»Es ist sicher«, flüstere ich und krabbele hinaus. Ich reiche Izaya die Hand und helfe ihm ebenfalls aus dem Versteck.

»Das wird ihm nicht gefallen«.

»Das ist egal. Ihn kann überhaupt nichts jemals zufrieden stellen«, sage ich und lasse mich mit ihm zusammen am Stamm der Eiche nieder. Das Gras ist weich und Gänseblümchen häufen sich in der Nähe.

»Könnte es doch bloß immer so sein«, flüstert Izaya und lehnt sich an mir an.

»Fühlt sich an wie gestern, als wir noch Kinder waren. Da sind wir immer zum Spielen hergekommen«.

»Mhm«.

»Du hast dich so blöd angestellt, als ich das erste Mal in einem weißen Kleid aufgetaucht bin. Du hast gesagt, ich sehe wie eine Braut aus. Du hast mir noch am selben Tag einen Antrag gemacht. Wir waren acht Jahre alt!«.

Er lacht. Dann legt er einen Arm um mich und küsst mir den erleuchteten Scheitel.

»Seitdem trägst du ständig weiße Kleider«.

»Mhm«, mache ich und halte seine Hand. »Ich denke, ich wollte einfach, dass du es nochmal sagst«.

»Willst du mich heiraten?«.

»Genau das«.

»Das meinte ich nicht«, sagt er und schaut mir in die Augen, »Ich frage dich hier und jetzt noch einmal«.

Ich halte den Atem an.

»Willst du mich heiraten?«.

Ich lächele und streiche ihm über die Wange.

»Meine Antwort ist dieselbe wie damals«, flüstere ich und küsse ihn, meinen Izaya, »Das will ich«.

Sein Heiligenschein leuchtet heller.

»Sind wir jetzt verlobt?«.

»Ich glaube, das waren wir schon immer«.

»Dann wird's ja langsam Zeit«, lacht er. Dann hält er inne und sein Heiligenschein leuchtet nicht mehr so stark.

»Was ist?«.

»Unsere Eltern werden es nicht erlauben«.

Wir verstummen. Darüber habe ich gar nicht nachgedacht. Es ist mir schon so zur Gewohnheit geworden gegen meine Eltern zu rebellieren, dass ich sie gar nicht in Betracht gezogen habe.

»Dann laden wir nur die engsten Freunde und Verwandten ein«, schlage ich vor, »Sie können uns nicht ewig einsperren«.

Ein Eichenblatt fällt sachte vor uns zu Boden, Izaya hebt es auf.

»Das wird schon. Nur du, ich und-«.

».. Meine Schwester«, murmelt er und fixiert das Eichenblatt.

Ich betrachte es ebenfalls. Eichenblätter haben eine ganz besondere Form. Laut einer Geschichte sind sie so, weil sie gerissen wurden, und zwar vom... Teufel.

Izayas Schwester ist vor einiger Zeit gefallen, aber lange her ist es wirklich nicht. Sie ist in so gut wie allen gemeinsamen Erinnerungen aus Kindertagen dabei. Ich habe Izaya nur durch sie kennengelernt. Es ist hart in Nostalgie zu schwelgen, wissend, dass.. sie für immer fort ist.

»Sie können uns nicht ewig einsperren..«, wiederholt er meine Worte.

Er ballt die Hand zur Faust und zerquetscht das Blatt.

»Wir laden sie auch ein«, sagt er.

»Aber Izaya, sie ist-«.

»Wir laden sie ein«.
 

Danach habe ich ihn nicht mehr gesehen.

Die Verführung des Wirtskörpers Teil 1

~ Hans' Sicht ~
 

An diesem Sonntagmorgen ist Mary ganz von allein aufgestanden, und das auch noch vor mir. Mit müden Augen schlurfe ich aus dem Schlafzimmer und vernehme einen wunderbaren Geruch. Pfannkuchen.. <3

Da steht auch schon Mary mit zwei vollen Tellern voll Pancakes und frischen Früchten. Das frühe Morgenlicht scheint durch die Fenster und rahmt sie ein wie bei einer Heiligen. Mary trägt ihr bestes Kleid und ihren roten Lippenstift, welcher ihr charmantes Lächeln zum Glänzen bringt. Und dieses Lächeln schenkt sie nur mir allein.

»Guten Morgen, Schatz«, grüßt sie mich und ich könnte schwören mein Herz hätte ausgesetzt.

»Ooooh Maaaryyyy!«, quieke ich und wünschte ich hätte mich auch besser angezogen. »Ist das für mich?«.

»Gefällt es dir?«.

»Es ist perfekt«, lobe ich sie und setze mich sofort zu ihr an den Tisch. Das Frühstück riecht köstlich!

Ich schaue sie ungeduldig an.

Sie lächelt verständnisvoll.

»Nur zu. Hau ordentlich rein«.

Ich tue wie geheißen und schon schmilzt mein Herz dahin wie Butter in der Sonne. Oder wie Höllenartefakte in der Lavahand.

Es schmeckt himmlisch!

Ich kann es gar nicht fassen. Da habe ich ihr in den letzten Tagen solche Schwierigkeiten bereitet und trotzdem ist sie nett zu mir? Womit habe ich Mary nur verdient??

»Und? Ist es gut so?«.

»Du bist die Frau meiner Träumeee ༼ಢᴥಢ༽«, schluchze ich mit vollem Mund.

Sie sieht zufrieden aus. Und atemberaubend hübsch. Sogar ihre Gabel hält sie ganz graziös mit ihren feinen Fingern. Ich hätte auch gern von diesem Moment ein Foto, damit ich mich immer daran erinnern kann.

»Du siehst genauso bezaubernd aus wie auf unserer Hochzeit..«, hauche ich.

Sie wird ein bisschen rot und posiert.

»Findest du?«, fragt sie und klimpert mit den Wimpern.

»Und ob! Du.. verschlägst mir die Sprache, Liebling«.

Au weier, sie macht mich ganz nervös. Ich fühle mich wie bei unserem ersten Date.

»Das ist aber lieb von dir, Hans«, raunt sie und streicht sich eine Strähne hinters Ohr, bevor sie weiterisst.

Mit Mühe schlucke ich den nächsten Bissen hinunter. Ich kann gar nicht mehr wegsehen. Meine Frau. Sie ist wunderschön. Wie ihr offenes rotes Haar auf ihre Schultern fällt und sich an den Enden kräuselt. Wie sich ihr Oberkörper hebt und senkt, wenn sie atmet. Und dieser Ausschnitt erst..

Da fällt mir wieder ein, dass ich doch noch mit ihr hatte ausgehen wollen. Du meine Güte, soll dieses Frühstück mit mir etwa ein Ersatz dafür sein?

Wehmütig lasse ich die Gabel sinken.

»Tut mir leid, wegen unseres Jahrestags.. «, gestehe ich und sehe ihr aufgesetztes Lächeln ein wenig schwinden und Ehrlichkeit in ihr Gesicht zurückkehren. »Ich wollte nicht, dass das alles passiert. Und schon gar nicht wollte ich dich enttäuschen. Das hätte ein toller Abend werden sollen und ich hab's vermasselt-«.

»Ach, ist schon gut«, beruhigt sie mich, »Das Abendessen war mir nicht wichtig. Hauptsache ich konnte mehr Zeit mit dir verbringen. Und, naja.. Du sahst sowieso immer so traurig aus, wenn du in diese doofe Firma musstest, und das hat auch mich traurig gemacht. Die Arbeit war zwar wichtig, aber das bedeutet nicht, dass deine geistige Gesundheit darunter leiden muss«.

»Also.. bist du nicht sauer?«.

Sie schüttelt den Kopf.

»Wann war ich das letzte Mal wirklich sauer auf dich?«.

»Also, damals als wir im Zoo waren-«.

»Ich hab dich nur für eine Minute allein gelassen. Eine!«.

Wenn ich so daran zurückdenke muss ich lachen. Es war wirklich schwer Klein Karen aus dem Gehege zu bekommen. Trotzdem, sie hatte den Spaß ihres Lebens!

Jetzt lacht auch Mary herzlich darüber.

»Mal ehrlich, wie kam sie da rein?«.

»Ich habe keine Ahnung!«, lache ich.

Mary lächelt, steht auf und stellt ihren Teller weg. Ich tue dasselbe.

»Das war schön, das sollten wir öfter tun«, sagt sie und stupst mich an. Ich kichere und dann mustere ich sie. Jetzt, wo ich ihr so nah bin, bekomme ich Herzklopfen. Sie duftet nach Rosen!

»Mary?«.

»Ja?«, fragt sie und schaut mich an. Mein Magen zieht sich zusammen und ich bekomme ganz weiche Knie. Ich hätte wohl kein Wort mehr rausgekriegt, wäre da nicht eine Sache an ihr, die nicht ganz richtig ist.

»Hast du deine Sommersprossen überschminkt?«.

Sie fasst sich zur Vergewissheit kurz an die Wange und nimmt dann die Hand wieder runter.

»Oh! Naja, ich dachte.. «.

»Ich hab sie sehr gern an dir. Ich vermisse sie«, gebe ich leise zu.

Ihre grünen Augen funkeln, als ich das sage, was mir die Sprache verschlägt. Mary sieht bezaubernd aus.. Mannomann, jetzt sag doch was!

»Ich will nicht, dass deine Mühe umsonst ist«, flüstere ich und gebe ihr einen kleinen Handkuss, »Ich gehe mich auch umziehen, bin gleich wieder da«.
 

Ich eile zum Schlafzimmerschrank und wühle durch meine Klamotten. Wo ist denn mein alter Anzug hin? Ich finde das Sakko nicht. Vielleicht ist es noch in der Reinigung, weil letztens Sauce draufgekleckert war.

Gut, dann bleibe ich eben bei einer gemütlichen Stoffhose, einem weißen Hemd mit Fliege und schwarzer Veste. Das sieht auch so schick genug aus.

Ich setze mir gerade abschließend meine weiße Mütze auf, da höre ich die Zimmertür mit einem Klick zufallen. Mary ist hereingekommen.

»Mary! Ich wollte gerade rauskommen, du musstest nicht nach mir sehen«.

»Oh, ich weiß«, sagt sie und schließt mit einer Hand hinter sich die Tür ab.

»Äh.. D-du hast abgeschlossen«.

Sie lässt etwas fallen, das sie gerade noch in der anderen Hand hatte. Es ist mir nur aufgefallen, weil es ein kleines Geräusch gemacht hat, als es auf dem Parkettboden aufkam.

»Ist das da dein.. BH?«, frage ich zögerlich.

»Möglich..«, antwortet sie und behält Blickkontakt, als sie den kleinen Reißverschluss am Rücken ganz runterzieht.

Sie wandert mit ihren Händen von der schlanken Taille ihren Körper hinauf und greift nach den Trägern ihres Kleides. Dabei wirft sie mir einen flirtenden Blick zu.

Ist es auf einmal 10 Grad heißer geworden, oder geht es nur mir so?

Ohne Mühe fällt auch das Kleid komplett zu Boden. Übrig bleibt Mary, einzig und allein wie Elohim sie schuf.

Ich halte die Luft an.

Vorsichtig steigt sie aus ihrem Stoffhügel und ruft mir durch ihre Bewegungen wieder ins Gewissen, dass das hier echt ist und nicht nur meine kreative Vorstellung.

Jetzt kriege ich wirklich kein Wort mehr raus!

»Hans«, raunt sie und kommt zu mir rübergetapst. »Was denkst du?«.

Denken? Wie geht das? Noch nie davon gehört!

Ich wage es sie anzufassen. Fahre ihr mit der Hand durchs Haar bis in die Spitzen. Mit hauchfeiner Berührung male ich über ihr Schlüsselbein, dann mittig hinunter bis zum Bauchnabel. Ich mustere das vernarbte Gewebe um den Nabel herum. Nach unserem Baby hat ihre Haut dort nie wieder ganz so ausgesehen wie davor, und doch ist Mary nach wie vor das schönste Geschöpf auf Erden für mich. Vielleicht genau deswegen. Es ist ein Zeichen unserer Verbindung. Und es könnte gar nicht besser sein.

»Ich liebe dich«, flüstere ich völlig von der Rolle, weil es das einzige ist, was ich weiß.

»Ich könnte dir sagen, wie sehr ich dich liebe«, meint sie und zieht mich am Gürtel zu sich, was mein Herz sofort höher schlagen lässt vor Euphorie, »Aber viel lieber würde ich es dir zeigen«.

Oh Mama!

Da sage ich nicht nein~<3.

Eifrig ziehe ich sie an der breiten Hüfte an mich und bringe sie mit meinem überbreiten Grinsen zum kichern. Dann zwinge ich mich dazu, meine Gesichtsmuskeln so gut es geht wieder zu entspannen, damit Mary mich küssen kann. Und wie sie mich küsst! <3

Der Lippenstift macht mir gar nichts, im Gegenteil, ich würde die Abdrücke mit Stolz tragen nach dem, was mich erwartet!

Meine Hand wandert vom ehemaligen Babybauch langsam nach oben. Apropos "Baby", wir sollten wohl nicht so schnell ein weiteres kriegen.

»Warte«, flüstere ich atemlos und muss leider kurz von ihr ablassen, »Für alle Fälle«.

Mehr brauche ich nicht zu sagen, sie hat verstanden.

Ich eile zu meinem Nachttisch und wühle in den Schubladen herum, bis ich finde was ich suche.

»Gefunden!«, sage ich und halte demonstrierend das noch eingepackte Verhütungsmittel hoch, nur um festzustellen, dass ich eine blaue Feuerwand anschaue.
 

Ich bin in der Eingangshalle des Schlosses und stehe damit auch Luzifer gegenüber. Als ich ihn sehe erstarrt mein Körper zu Eis.

Er macht ein amüsiertes Gesicht und tritt direkt vor mich. Mit einer kleinen Handbewegung nimmt er mir das Päckchen aus der erhobenen Hand, mustert es kurz und blickt mir dann in die Augen.

»Deine, nehme ich an?«.

.. Kann man vor Scham sterben?

»Ich ähm.. H-hallo, Luzifer«, stottere ich. Wenn er nur irgendein Freund wäre, der mir soeben die Nummer versaut hat, wäre ich einfach sauer geworden. Aber von Luzifer in dieser Lage erwischt zu werden? Das ist was ganz anderes.

»Schön, dass du Zeit hast«, sagt er, wirft das Teil hinter sich weg, legt einen Arm um mich und geht ein paar Schritte, »Du, mein Hübscher, wirst etwas für mich erledigen«.

»Eigentlich war ich gerade dabei-«.

»Ganz recht, du warst«, sagt er mit unterdrückter Stimme, »Dieser Tag hat nicht gut für mich angefangen, ich erwarte, dass du ihn nicht noch schlimmer machst, klar soweit?«.

Ich schlucke.

»Natürlich nicht!«, lache ich nervös.

»Gu~t«, singt er mit hoher Stimme und klopft mir vorm Gehen einmal kräftig auf den Rücken.

Menno.. ich kam nicht einmal dazu diese prächtigen Möpse anzufassen..

»Ok«, seufze ich, »Worum geht's?«.

»Schön, dass du fragst«, sagt er und lässt sich auf seinem vergoldeten Thron nieder, »Es handelt sich um etwas, das du mir schon letztes Mal hättest besorgen sollen, du erinnerst dich? Es kann nicht länger warten«.

Das kommt zwar echt ungelegen, aber Luzifer scheint angespannt zu sein. Naja, je schneller das erledigt ist, desto besser.

»Was muss ich tun?«.

Eine Auftragskarte materialisiert sich in der Luft und segelt auf mich hinab. Ich fange sie auf und betrachte die rote Inschrift auf schwarzem Grund.

»Fünf Blumen der Ewigkeit?«, lese ich vor.

»Exakt«.

»Das ist alles?!«.

Luzifer sieht mich nachsichtig an. Er stützt die Ellenbogen auf den Knien ab und seufzt.

»Diese Blume ist eine mächtige Alchemie-Zutat, die mir unter keinen Umständen ausgehen darf. Sie blüht nur für drei Tage, und zwar auf den Feldern des Elends«.

Diesen Namen habe ich schon einmal gehört..

»Aber.. Das ist doch hier in der Hölle, oder nicht?«.

»Gewiss. Nicht alle deine Aufgaben führen zur Erde. Zu dumm, dass du die Karte vom letzten Mal zerstören musstest, die hätte dir den Weg dorthin zeigen können«.

»Ach die«, winke ich ab, stolz darauf, dass er sich meinen Erfolg gemerkt hat, »Die hätte ich sowieso nicht lesen können«.

»Wohl wahr«, sagt er und steht auf. »Dann bleibt mir wohl nichts anderes übrig als dich zu begleiten«.

»Was?«.

»Ich komme mit«, sagt er und tänzelt die von Höllenfeuer eingerahmten Stufen hinunter.

Ich hoffe doch wohl, dass er das nicht vorhat, weil er mich für unfähig hält und denkt, er müsse mir die Hand halten.

»Ich kann das auch alleine, du musst mir nicht helfen«.

»Natürlich kannst du das«, antwortet er und richtet mir die Veste, »Du hast mir bisher gute Dienste geleistet, ich habe keine Zweifel an deinen Fähigkeiten«.

»Dann.. willst du dich einfach nur verdrücken, was?«, kichere ich fies.

Luzifer kneift kurz die Augen zusammen und schmunzelt dann.

»Was hat mich verraten?«.

»Das letzte Mal, als du auf meinem Auftrag dabei warst.. «, erinnere ich und gehe mit ihm die Umhänge holen, ».. Mussten wir dich regelrecht dazu zwingen mitzukommen. Und jetzt kannst du es kaum abwarten zu gehen?«.

Ich reiche Luzifer seinen Umhang.

»Bitte. Da sind meine Ausreden sogar besser«.

»Touché«, meint er, zieht den dunklen Stoff über und setzt die Kapuze auf. Nur gut, dass er heute nichts auffällig Luxuriöses angezogen hat, was man unter dem Mantel erhaschen könnte.

Allerdings werden wir den Schwarzmarkt wohl umgehen, was mir persönlich recht wäre.

»Ist es wieder ein Familientreffen?«.

»Nein.. Helena wollte, dass-«.

»Luzifer!«, höre ich Helena von weitem rufen. »Wo bist du?!«.

»Schnell weg!«, flüstert er, zieht das große, schwere Tor ein Stückchen auf und schiebt mich durch. Er huscht hinterher und das Eingangstor schließt sich. Wir sind draußen, und die Hitze der Hölle fegt über unsere Glieder.

Eine Skelettwache dreht sich überrascht zu uns um und mustert unsere vermummte Gestalt.

»Kein Wort zur Königin!«, ordnet Luzifer an.

»Zu Befehl!«.

Ich nicke dem Skelett zu und setze mich in Bewegung.

»Ähm, Herr?«, meldet sich die einsame Wache.

»Was ist?«.

»Ihr habt noch immer keinen Ersatz für Peet ausgewählt, und naja, da wollte ich fragen-«.

Luzifer schlägt sich gestresst die Hand vors Gesicht.

»Darum kümmere ich mich später«.

»Ich meine ja nur, es ist jetzt sechs Jahre her, also.. «.

»Ich arbeite daran«, sagt er schlicht und fordert mich zum Gehen auf.
 


 

Der Weg ist lang und beschwerlich. Luzifer hat diesmal mehr Energie in sich als damals, als wir Klein Karen durch die ganze Hölle gesucht haben. Wie hätten wir ahnen können, dass sie - nachdem sie dem Fährmann den letzten Nerv geraubt und im Styx gebadet hat - auf der Suche nach schöneren Gewässern in der sagenumwobenen Stadt Atlantis gelandet ist?

Es fühlt sich wie eine Ewigkeit an, seit mich Luzifer auf eine Mission begleitete. Das weckt Erinnerungen an meinen ersten Auftrag. Und an meinen ersten.. Kuss.. mit ihm.

»Es hat sich vieles geändert«, murmele ich.

»Hm?«, fragt Luzifer und hilft mir über steiniges Geröll.

»Seit du mich zum ersten Mal losgeschickt hast«.

»Oh ja, stimmt«, fällt es ihm wieder ein. Er kichert. »Noch bevor du am Zielort ankamst bist du mir nocheinmal weggestorben«.

»Ja, sehr witzig.. «.

»Aber es war eine nette Abwechslung Elohim eins auszuwischen. Nur gut, dass "Fräulein Rechtschaffen" mich nicht verpfiffen hat, wegen der ganzen Wirtskörper-Sache«.

»Du kannst sie wohl echt nicht ausstehen, was?«.

Luzifer stoppt und schaut prüfend über das verkohlte Brachland, das vor uns liegt. Der Wind trägt das Geräusch weit entfernter Wehklagen unruhiger Seelen an uns vorbei.

»Nein«, murmelt er in Gedanken, »Eher nicht«.

Als wir weitergehen ist es still. Ich hatte total vergessen, dass Elohim es war, die ihn hier unten eingesperrt hat. Hier, wo es nichts gibt, das es zu schützen lohnt. Oder, fast nichts.

Ich schaue ihn an. Er wirkt so ernst und auch irgendwie.. traurig.

Ich nehme seine Hand.

»Hey, ähm.. Tut mir leid, wegen dem, was ich gesagt hab. Ich wollte keine alten Wunden aufreißen«.

»Hast du nicht«, meint er und streicht mit dem Daumen über meinen, »Es fühlt sich nur seltsam an wieder draußen zu sein. Seit ich mein Schloss habe, gehe ich selten raus. Die meisten Erinnerungen von meiner Hölle habe ich gesammelt, als ich noch einsam durch die Täler wanderte«.

»Oh«.

Er lässt ab und biegt an einem Baum links ab, wo sich eine abgenutzte, steinernde Treppe ein Gebirge hochschlängelt.

»Hier lang«.

Die Stufen sind großflächig, alt und bröckelig. Das hier sieht kaum noch aus wie eine Treppe, aber solange ich vorsichtig bin ist sie sicher stabil genug.

»Warst du etwa ganz allein?«.

»Nein, zum Glück nicht«, erzählt er weiter, »Ich hatte meine Anhänger, die mit mir hier gelandet sind und zerstreut und führungslos waren. Ich wusste, früher oder später musste ich ihnen den Weg weisen. Also habe ich mein Schicksal selbst in die Hand genommen und alles über diesen Ort gelernt, was es zu erfahren gibt«.

»Und deine Anhänger? Wo sind sie jetzt?«.

»Nicht alle haben es geschafft, weißt du?«.

»Oh«, murmele ich und sehe den steilen Berghang hinab, »Das ist schade«.

»Viele haben sich in dieser Welt behaupten können, sich einen Namen gemacht. Andere haben mir bis zu ihrem Ende im Schloss und Kampf gedient. Und der Rest? Tja, wer weiß das schon..«.

»Das klingt alles sehr aufregend«.

»Findest du?«, fragt er und lächelt mir zu.

Ich will gerade antworten, da rutsche ich auf etwas aus und schlittere mit dem Fuß den Abhang hinab.

Luzifers Hand schnellt hervor und hält mich am Mantel fest, damit ich nicht in den sicheren Tod stürze.

»Vorsicht, Süßer. Wir wollen doch nicht, dass dir etwas geschieht, hm?«.

Ich schlucke nervös und ziehe mich mit seiner Hilfe wieder hoch.

»N-Nichts passiert«, lache ich und klopfe mir den Staub von der Hose.

»Na dann, komm. Es ist nicht mehr weit«.

Du meine Güte. Er hat mich gerettet! <3

Dabei sagen alle ständig, dass er seine Servants für entbehrlich hält. Aber vielleicht sieht er mich ja gar nicht wie die anderen. Heh, warum sollte er? Schließlich meinte Caren einst, dass mir durch das Siegel eine große Ehre zuteil würde. So langsam glaube ich das auch.

Wir erreichen den Bergkamm. Dahinter, auf der anderen Seite des Gebirges, erstreckt sich ein weites Tal, welches ganz in weiß glänzt.

»Woooow...«, hauche ich und blinzele zweimal, um sicher zu gehen, dass dieser Anblick kein Trick ist.

»Von hier oben sehen die Felder des Elends gar nicht mal schlecht aus..«, gibt Luzifer zu.

»Sind wir hier nicht schonmal gewesen?«.

»Gut beobachtet, Hans. Hier haben wir Rast gemacht, als wir deine Tochter suchen mussten«.

»Stimmt, ja.. Aber wie kommt es, dass wir letztes Mal nicht über die Berge gelaufen sind?«.

»Letztes Mal kamen wir von Osten«, erklärt er und deutet auf den Rand der Felder, wo sich der Weißanteil am Boden ausdünnt, »Da ist Flachland, siehst du?«.

»Verstehe. Um denselben Weg zu nehmen, hätten wir um das Gebirge herumlaufen müssen«.

»Richtig. Und das hätte zu viel Zeit gekostet«, meint er und beginnt mit dem Abstieg ins Tal. Ich folge.
 


 

Das glänzende Zeug, das sich über das gesamte Tal erstreckt, ist wie sich herausstellt eine riesige Wiese voller durchsichtiger Blumen.

»Ha, so gut wie erledigt!«, rufe ich aus und möchte schon eine pflücken, da hält mich Luzifer auf.

»Das, mein Lieber, sind Feuerlilien«.

Bei dem Namen halte ich sofort inne.

»Lass lieber die Finger von ihnen. Wegen denen sind wir nicht hier«.

»Verstehe«, sage ich und halte Schritt. Ich hätte mir denken können, dass ein hübsches Blumenfeld in der Hölle nichts Gutes bedeutet. »Und ähm.. Wo finden wir diese "Blumen der Ewigkeit"?«.

»Sie wachsen ebenfalls hier, aber es wird schwieriger sein sie unter all den Feuerlilien zu finden«.

»Na super. Wie sehen sie denn aus?«.

»Das ist der Haken. Man sieht sie nicht«.

»Wie bitte?!«.

»Man kann sie einzig und allein am Geruch erkennen. Sie duften nach Salzwasser und Nadelbäumen«.

»Und wie sammelt man sie dann?«.

»Man gräbt sie aus«.

»Ausgraben..?«, murmele ich und ziehe meinen Umhang nach, der sich bei einer Feuerlilie verfangen hat. »Lass mich raten, sie wachsen nach unten? So wie Knollen?«.

»Genau«, sagt Luzifer und sieht sich um, »Wir nähern uns der Stelle, wo sie sich normalerweise ausbreiten«.

Wow, in diesen magischen Welten ist wirklich nichts so wie es scheint.

»Also dann!«, sage ich und strecke meine Finger durch, »Zeit meine Fähigkeiten als Amateurgärtner spielen zu lassen«.

Luzifer schaut mich amüsiert an.

»Dein Einsatz, Hans. Zeig mir, was du drauf hast«.

»Du wirst stolz sein, wirst schon sehen!«.

Ich atme einmal tief durch und konzentriere mich auf Gerüche. Salzwasser und Nadelbäume also..

Und ich rieche.. nichts.

Nichteinmal der Wind kann mir helfen.

»Ähm...«.

»Ich denke«, meldet sich Luzifer und tritt leise an meine Seite, »Dir fehlt noch etwas, um deinen Auftrag effizient ausführen zu können. Meine Erfahrungen in deinem Körper haben mir gezeigt, dass deine menschlichen Sinne wohl nicht stark genug wären, um etwas aus der Entfernung gut zu erfassen«.

Ich seufze.

»Und was schlägst du vor?«.

»Ich gebe dir eine meiner Fähigkeiten mit. Es ist nicht viel, aber vielleicht können dir meine Teufelssinne weiterhelfen. Zumindest einer davon«.

»Dein Geruchssinn ist mehr als genug«, beschließe ich, »Ist vielleicht auch besser so, sonst setzt du mich noch einer Reizüberflutung aus«.

»Alles klar«, sagt er und schaut mich geduldig an, »Bereit?«.

»Bereit«, sage ich und schließe die Augen.

Sanft nimmt er mein Gesicht in seine Hände und legt seine Stirn auf meiner ab. Er ist mir wieder so nah.. Ich spüre seinen Atem auf meiner Haut und eine Gänsehaut rauscht über meinen Körper. Er duftet nach Kirschblüten.. Und nach etwas anderem. Einem Gefühl. So einladend.. und unwiderstehlich.

Oh, wie ich mir wünschte er würde mich jetzt küssen..

Stattdessen lässt er von mir ab und tritt ein paar Schritte zurück.

»Versuchs mal«, ermutigt er mich.

Tatsache. Ich rieche alles. Ihn, die Feuerlilien, den Rauch im Wind, der über das Brachland fegt.. Und einen leichten Hauch von Salzwasser!

»Da drüben!«, rufe ich aus, erstaunt über meine neue Fähigkeit, auch wenn sie noch so simpel ist, und laufe los in die richtige Richtung.

»Das ging ja schnell«, staunt auch er.

»Vermutlich weil du schon daran gewöhnt bist!«, rufe ich, als ich mich zwischen durchsichtigen Feuerlilien niederlasse, »Für mich ist das neu und überwältigend!«.

Ich fange an zu graben und schon schießt mir ein Schwall des Geruchs frischer Erde entgegen, der mir so penetrant in die Nase haut, dass ich husten muss.

Und siehe da, auf meine neue Kraft ist Verlass!

Vorsichtig ziehe ich die Blume hervor, die sich in kräftigen Lilatönen in meiner Hand entfaltet wie die Zweige einer Trauerweide. Sie ist groß, klobig und duftet wie Fichtenholz.

»Wow«, staune ich und passe auf, dass die Blüten nicht abbrechen. »Sieh mal, Luzifer! Ich hab eine!«.

»Nicht schlecht«, meint dieser und nimmt sie vorsichtig entgegen. Dann lässt er sie in Flammen aufgehen.

»Was ma-?!«.

»Wir wollen doch nicht, dass sie unterwegs gestohlen werden, nicht wahr?«.

Die Blume verschwindet und erst jetzt fällt mir zu meiner Erleichterung wieder ein, dass Teleportfeuer existiert.

»Puh! Gut mitgedacht«, sage ich und vernehme wieder diesen Duft aus einer ähnlichen Richtung. »Bleiben nurnoch vier«.

Auch diesmal grabe ich an einer bestimmten Stelle um die Wurzeln der anderen Blumen herum.

»Meinst du, ich sollte Mary ein paar mitbringen?«.

»Die würden auf der Erde nicht lange halten«.

»Hm, zu schade. Sie liebt Blumen :3«.

»Sicher doch«, kommentiert Luzifer und beginnt bereits sich ein bisschen zu langweilen.

Als ich die zweite Blume rausgezogen habe, halte ich inne.

»Luzifer?«.

»Hm?«.

»Sagtest du nicht, sie riechen nach Salzwasser und Nadelbäumen?«.

»Tun sie auch«, antwortet er.

»Und was riecht hier dann so stark nach Schwefel?«.

»Schwefel?«, ruft er und sieht sich um, »Oh nein, nicht das noch!«.

»Was bedeutet das?«, frage ich und werde ebenfalls unruhig.

»Wir kriegen Gesellschaft«.

Ich schaue auf und sehe auch schon, was Luzifer so beunruhigt. Über den westlichen Teil desselben Bergkammes, über den auch wir hergekommen sind, kriecht eine gigantische, schuppige Echse ins Tal hinunter. Es vergeht keine Minute, da hat sie uns auch schon im Blick.

»Ist das da ähm.. gefährlich?«.

»Ein Kinderspiel wird es jedenfalls nicht«.

Luzifer behält Blickkontakt mit der Bestie und löst die Schlaufe seines dunklen Umhangs, der mühelos zu Boden fällt. Dann faltet er die Ärmel seines Hemds nach oben. Die Sehnen in seinem Unterarm kommen vor Anspannung zur Geltung. Wow.. Das ist irgendwie heiß.. >///>

Die Riesenechse breitet streitlustig die Flügel aus, von denen ich nicht wusste, dass sie welche hat.

»Shit«, flucht Luzifer und materialisiert mit dunkler Magie einen großen, rot-goldenen Speer, den er mir zuwirft.

Ich fange ihn mühselig auf. Das Teil ist schwer.

»Hast du schonmal gegen einen Drachen gekämpft?«, fragt er.

»Einen Drachen?! Natürlich nicht!!«.

»Na gut, dann denk einfach an deine Kampfausbildung im Schloss«.

»Oh, äh.. Tja, hehe, was soll ich sagen.. Die hatte ich nie«.

Luzifer zieht gestresst an den Enden seiner Hörner.

»Na klasse!!«.

Der Drache schlängelt auf uns zu und öffnet zischend seinen gewaltigen Schlund.

Luzifer nimmt den Speer an sich.

»Dann besorge die restlichen Blumen und dann nichts wie weg hier«, ordnet er an und breitet seine eigenen Flügel aus, »Ich lenke ihn ab. Versuch nicht zu sterben«.

»Aye aye, Käpt'n.. «, murmele ich und halte mich unten.

Luzifer pfeift laut und schwingt sich in die Lüfte.

»HIER BIN ICH, DU ÜBERDIMENSIONALES KRIECHTIER!«.

Der Drache fokussiert Luzifer und dreht ab, sodass ich zum Glück nicht plattgewalzt werde. Ich will gerade den Duft der Blumen der Ewigkeit erhaschen, da wird der neu aufkommende Schwefelgeruch auf einmal ganz intensiv.

»AUFPASSEN!!«, rufe ich instinktiv und Luzifer fliegt ein kurzes Manöver, gerade rechtzeitig als die Bestie einen Feuerstrahl über die Felder des Elends speit. Die Feuerlilien und der Grund dort sind bereits Asche, ohne vorher richtig gebrannt zu haben. Drachenfeuer muss verdammt heiß sein.

»Leg einen Zahn zu, Hans!«, ruft Luzifer und schleudert Feuerbälle auf das Ungeheuer. Sie scheinen seinen Schuppen nichts auszumachen, aber es reicht um es zu nerven. »Sonst brennt uns dieses Trampeltier noch alles nieder!«.

Ich antworte nicht, sonst könnte ich gehört werden. Stattdessen nehme ich Luzifers Umhang und verstaue die bereits ausgegrabene zweite Blume der Ewigkeit darin wie in einem Beutel.

Die Klauen des Drachen zerstampfen die Feuerlilien und graben die Erde um, und sein flammender Atem verbrennt noch eine Stelle in Windeseile. Wenn das so weitergeht, wird bald nicht mehr viel von den Feldern des Elends übrig sein.

Starke Nadelbaumdünste steigen aus dem umgegrabenen Haufen, wo der Drache herumwandert. Das ist meine Chance!

Ich laufe so schnell ich kann auf die Stelle zu, auch wenn die Gefahr droht bei einem Ausrutscher voreilig das Zeitliche zu segnen.

Beim Erdhaufen angekommen wühle ich was das Zeug hält, auch wenn meine Ärmel schmutzig werden.

In dem Dreck liegt so einiges: Feuerlilien, Wurzeln, Holzspäne, Knochen... Und zwei Blumen der Ewigkeit, wovon eine leider völlig hinüber ist.

Ich sacke die unberührte ein und muss sofort aus dem Weg rollen, um nicht zerquetscht zu werden. Das war knapp!

Der Drache taumelt zur Seite und verfehlt mich gerade so.

»Auf diese Weise kommst du mir noch um!«, ruft mir Luzifer zu als er mit dem Speer ein Zuschnappen des Untiers verhindert, »Ich locke das Vieh nach oben, das verschafft dir Suchzeit! Halt dich bereit!«.

Wie aufs Stichwort schlägt der Drache mit den Flügeln. Luzifer gewinnt an Höhe und macht auf sich aufmerksam.

Der Wind peitscht umher als das Riesenvieh abhebt und hungrig faucht. Ich hoffe, es klappt.

Der Boden ist jedenfalls kurzzeitig sicher geworden, und das nutze ich ohne Umschweife aus. Nur ist das Erspüren des Blumenaromas jetzt viel schwerer geworden. Die Gerüche von Asche, Erde, Schwefel und Rauch schwirren mir um den Kopf wie Fruchtfliegen um Fallobst! Der Nadelbaumduft ist den anderen zu ähnlich, deswegen konzentriere ich meinen geliehenen Dämonensinn auf das Merkmal, das sich am meisten von den anderen abhebt: Salzwasser.

In den Spuren des Drachen scheinen jedenfalls keine mehr zu sein. Das ist schlecht. Also müssen die nächsten an einer anderen Stelle wachsen.

Ich entferne mich vom Schlachtfeld und begebe mich näher an den Rand des Feldes. Hier drüben ist frischer Wind und es stinkt auch nicht mehr so stark nach verkokelten Feuerlilien.

Spuren von Salzwasser machen sich in der Luft erkennbar. Ich folge ihnen zu ihrer Quelle wie ein Bluthund und fange an zu graben. Das ist das einzige was ich tun kann, wenn ich schon nicht im Kampf zu gebrauchen bin. Ich hoffe Luzifer geht es gut, ich würde es mir nie verzeihen, wenn ihm etwas zustöße. Und das ausgerechnet auf meiner eigenen Auftragsmission.

Die nächste Blume der Ewigkeit ist im Umhang-Beutel. Zusammen mit den beiden anderen, die da drinnen sind, und der ersten, die Luzifer weggebracht hat, habe ich jetzt insgesamt vier. Fehlt nur noch eine. Hoffentlich ist es das auch wert.

Luzifer segelt von oben herab und fliegt dann dicht über dem Boden in Richtung der Berge - betont weit weg von mir.

Der Drache dagegen scheint ihn aus den Augen verloren zu haben, denn er folgt ihm nicht mehr und schlägt stattdessen mit den Flügeln auf der Stelle.

Ich traue mich nicht mich zu rühren, solange diese Riesenechse auf der Lauer ist. Allerdings schwebt sie nicht lange da oben, nein, denn auch die Flügel eines Drachen werden langsam müde.

Das Untier landet und lässt dabei den Boden erzittern.

Und obwohl ich mich hingehockt und einen auf unauffällig gemacht habe, scheint das Vieh meine Witterung aufgenommen zu haben. Es krabbelt in meine Richtung und bäumt sich auf. Schwefelgeruch erfüllt erneut die Luft und ich weiß sofort, es bedeutet: WEG HIER.

Ich stecke meine gesamte Kraft in meine Beine und sprinte was das Zeug hält aus der Schusslinie. Ein Schwall lodernden Feuers schießt in die Richtung, in der ich zuvor noch hockte, und verwandelt die ohnehin schon heiße Luft der Hölle in ein tödliches Inferno.

Und obwohl ich es gerade noch aus der Todeszone herausgeschafft habe, brutzelt meine Kleidung unter der Resthitze am Feuerrand an, dort, wo mein Umhang in der Bewegung nicht alles verdecken konnte. Flammen züngeln sich durch den Stoff meines Hemdes und meiner Hosenbeine.

»Au, Mist, heiß!!«, flüstere ich, als ich die glühenden Löcher ausklopfe. Na super, das schicke Outfit ist jetzt nicht nur verdreckt sondern auch noch angeschmort. Sei's drum. Wenigstens ist mir nichts passiert. Und meiner Lieblingsmütze auch nicht. :)

Uh oh.

Der Drache prescht auf mich zu und öffnet sein gewaltiges Maul. Das war's dann wohl, ich werde verschlungen.

Wäre da nicht Luzifer, der vor mir auftaucht, die ausgestreckten Hände zusammenschlägt und einen eigenen roten Feuerschwall direkt auf das Ungeheuer feuert. Es weicht zurück.

Die glühheißen Funken stieben um uns herum und erhellen Luzifers Silhouette. Er sieht mächtig aus..

»Geht es dir gut?«, fragt er außer Atem und lächelt mich über seine Schulter an.

»ₙᵢₘₘ ₘᵢ𝒸ₕ.. «.

»Was?«.

»Gar nichts!!«, rufe ich und schlage mir innerlich die Vernunft in den Kopf. Das hier ist eine Notsituation, konzentrier dich!

Ich öffne den Umhang-Beutel und zähle die bereits gesammelten Pflanzen.

»Es fehlt nur noch eine!«, antworte ich.

»Wo?!«, fragt er und konzentriert sich darauf uns den Drachen vom Leib zu halten.

Ich suche den Geruch der Blumen der Ewigkeit und finde eine Spur davon genau..

».. Unter uns!«, rufe ich und zucke zusammen, als der Drache ebenfalls Feuer speit und seinen Flammenstrahl gegen Luzifers dagegenhält.

Luzifer schlittert bei der Wucht glatt einen halben Meter nach hinten, hält aber dagegen an. Er nimmt es tatsächlich mit einem echten Drachen auf!

»Beeilung«, murmelt er und lässt vor Erschöpfung ein wenig nach.

Sofort fange ich an zu graben, um auch die letzte Blume der Ewigkeit zu finden. Aber alles, was ich sehe, ist Erde! Die muss hier irgendwo sein.. Komm schon, komm schon...!

Da! Zwischen all den Wurzeln der durchsichtigen Pflanzen sehe ich einen Schimmer lilaner Farbe aufblitzen und ziehe vorsichtig daran. Sie rührt sich nicht.

»Sie steckt fest!!«.

Luzifer stellt zeitgleich wie der Drache das Feuer ein und klappt beinahe zusammen. Der gesamte äußere Bezirk der Felder des Elends brennt lichterloh. Eine einzige Linie aus zu Asche verbranntem Land zieht sich geradewegs zwischen uns und der Bestie entlang.

Der Drache schüttelt sich und behält Augenkontakt zu Luzifer, der ebenfalls nicht locker lässt.

»Jetzt oder nie, Hans«, keucht er.

»Bin dabei!«, antworte ich und schaufele die Erde um den unförmigen Hals der Pflanze herum fort.

Die Bestie stößt ein ohrenbetäubendes, reptilisches Fauchen aus und schlägt wütend mit den Flügeln.

Asche wirbelt um uns herum und staubt uns ein. Der Gestank benebelt meinen Geruchssinn und lässt mich husten, als hätte das Vieh genau das geplant. Nur gut, dass ich die letzte Blume bereits gefunden habe.

Mit zusammengekniffenen Augen ziehe ich erneut an der Pflanze, die sich mit einem erdigen Knacken aus dem Wurzelnetz der Feuerlilien freikämpft. Komm schon..!!

Der Drache bäumt sich kurz auf, dann senkt er seinen Oberkörper und kommt mit geöffnetem Maul und aufgerissenen Schlangenaugen auf uns zu.

»Nein!«, keuche ich und lege mein ganzes Körpergewicht in das Herausziehen der Blume der Ewigkeit hinein, »Ich- werde.. meinen Auftrag.. erfüllen!!«.

Die letzte Wurzel zerreißt, das Erdloch gibt nach und ich falle nach hinten auf meinen Rücken. Die letzte Blume der Ewigkeit ist endlich draußen!

Luzifer schnappt sich den Umhangbeutel, zerrt mich auf die Beine und ruft:

»LAUF!«.

Gemeinsam rennen wir vor dem heranstürmenden Drachen davon. Wir können ihm nicht entkommen - dazu ist er viel zu schnell - aber es erkauft uns ein paar Sekunden, die das Teleportfeuer braucht, um vollständig auf uns beide überzugreifen.

Ich spüre bereits den Atem des Drachen im Nacken, als uns das blaue Feuer vollständig umhüllt, und mit dem Zuschnappen seines Kiefers sind wir auch schon verschwunden.
 


 

Wir tauchen in der Eingangshalle des Palastes auf und werden von der Wucht unseres Anlaufs zu Boden geschleudert und purzeln auf dem letzten Meter übereinander. Die Blumen der Ewigkeit rollen aus dem Umhangbündel und verteilen sich auf den schwarz-weißen Fliesen wie verschüttete Murmeln.

Ich liege mit hämmerndem Herzen auf dem Rücken und starre schwer atmend an die bemalte Decke.

Luzifer lacht erleichtert auf. Ihm geht es gut, ein Glück.

Ich ziehe die Auftragskarte hervor und schaue ihr dabei zu, wie sie sich kokelnd auflöst. Ich lächele.

».. Mission erfüllt«.

Die Verführung des Wirtskörpers Teil 2

~ Luzifers Sicht ~
 

All diese Hürden, nur für fünf Blumen der Ewigkeit. Obwohl dieser Ausflug einen tödlichen Beigeschmack mitbrachte, so hatte es dennoch Spaß gemacht. Verdammt, ich hatte mehr Spaß heute als im gesamten letzten Jahr!

Mein erleichtertes Lachen klingt so langsam ab. Hans liegt genauso erschöpft auf den Fliesen wie ich und betrachtet die Auftragskarte, die sich wie gewohnt selbst zerstört. Gut, dass wir beide in Sicherheit sind.

»Das war der Wahnsinn!!«, staunt er und gestikuliert in der Luft herum, »Du warst so wooaaaah und ich war so "Platz da jetzt komme ich!"«.

Ich kichere in mich hinein.

»Du hast dich so mutig in die Gefahr gestürzt, dass ich schon dachte du wärst ein Heros!«.

»Und dein Feuerschwall erst! Boaaah wo hast du das denn her?! Unglaublich!«.

»Du kannst froh sein, dass du mich hast«.

Er setzt sich auf und legt seinen feuerfesten Umhang ab.

»Alles noch dran?«, frage ich.

»Mir fehlt nichts. Nur meine Klamotten sind vorne angeschmort«.

Er zupft an den Brandlöchern in seiner Veste.

»Zu schade, du hast gut darin ausgesehen«.

Er lächelt.

»Findest du?«.

»Mhm«, sage ich und bekomme mit der Erfüllung des Auftrags endlich auch meinen Geruchssinn wieder. Erst jetzt sticht der Gestank von Schwefel und Asche in meiner Nase und lässt mich husten.

»Boah, wir sind völlig eingestaubt!«.

»Und wie!«, lacht Hans und kommt zu mir. Er stupst meine Nasenspitze an und zeigt den grauen Aschefilm darauf.

»Du hast mehr abgekriegt«.

Ich nehme seine Hand und zeige ihm seine Schmutzfinger.

»Und du bist voller Erde«, kichere ich. Dann schiebe ich seine Mütze aus dem Weg und fahre ihm durchs blonde Haar, welches an den Spitzen unnatürlich kraus ist.

»Dein Haar wurde zu großer Hitze ausgesetzt, es ist beschädigt«.

»Oh«, sagt er leise, schaut mich aber gebannt an. »Wir äh.. Wir sollten uns wohl sauber machen?«.

»Mhm..«. Ich streiche ihm ein bisschen Asche von der Wange, die langsam rosa wird. »Wir kriegen dein Haar wieder hin. Komm nach dem Bad zu mir, ja?«.

»Liebend gern.. <3«, säuselt er, blinzelt sich dann aber wieder wach, »Moment, du.. du badest ohne mich?«.

»Ich muss mich um die Blumen kümmern. Aber keine Sorge, mein Süßer«, raune ich und streiche ihm sachte mit dem Daumen über die Unterlippe, »Alles zu seiner Zeit«.

Dann lasse ich von ihm ab, um mich den verstreuten Blumen zu widmen.

Ganz recht, ich lehne ihn ab. Vorerst. Teilweise als Strafe dafür, dass er mich so lange hat warten lassen. Aber der eigentliche Grund ist folgender:

Wir haben gerade einen anstrengenden Kampf hinter uns. Hans ist voll geladen mit Adrenalin und Testosteron (weiß ich aus einem Buch über menschliche Biologie), er ist für den Rest des Abends komplett triebgesteuert. Wenn ich ihn noch ein bisschen zappeln lasse, wird er mich anflehen es ihm zu besorgen! Und wäre das nicht eine wunderbare Art die Wette gegen Mary zu gewinnen? Sie derart haushoch verlieren zu sehen? Oh ja, das wird ein Spaß!
 

Zugegeben, ich bin auch ein bisschen aufgeregt. Drachen sind in der Hölle so etwas wie heilig - ein bisschen - deswegen habe ich aufgepasst ihn nicht zu verletzen. Der Drache allerdings hat nicht zurückgehalten, dem war unser Wohlergehen egal. Wir schwebten in Gefahr und ich habe für unsere Sicherheit gekämpft, ich konnte mal so richtig alles rauslassen! Und so knapp davonzukommen hat mir schon einen Kick gegeben..

Wahnsinn! Sollte ich öfter machen.
 


 


 

In meinem Alchemiezimmer ist das Licht schwach, das muss so sein für mein Schattenkraut und für sonstige Gegenstände, die lichtempfindlich sind.

Vier der fünf gesammelten Blumen der Ewigkeit lagere ich in großen Einmachgläsern mit konservierender Flüssigkeit darin. Vorsichtig stelle ich sie in das Regal über die Werkbank.

Die Fünfte und größte verwerte ich sogleich. Alle Achtung, Hans hat wirklich ganze Arbeit geleistet.

Fein zerstäube ich die Pflanze und mische sie mit einigen anderen Zutaten, deren Namen unausgesprochen bleiben sollten. Wachsame Augen und Ohren sind überall, und nicht jedem ist es vergönnt diese rohen Mächte kontrollieren zu können, die diese Mixtur verleiht. Aber so viele wollen sie dennoch besitzen.

Ich hatte mal eine Laborpartnerin. Sie war klug und experimentierfreudig, aber alles Gute hat mal ein Ende. Besonders dann, wenn man versehentlich Gifte verwechselt. Lange Zeit kam niemand neues daher, der sich mit der Kunst der Alchemie auskannte und mir behilflich sein könnte. Ich dachte schon, das würde so bleiben, bis.. naja, bis Helena einzog. Sie versteht die Magie besser als so manche Priesterinnen der Hekate. Nachdem wir uns näher kennengelernt und viele Gemeinsamkeiten zwischen uns gefunden haben, konnte ich es kaum erwarten ihr mein Magierzimmer zu zeigen. Und sie war begeistert! Ihre goldenen Augen haben gefunkelt wie die Sterne, die für mich doch immer so unerreichbar waren. Ich erinnere mich gern daran.

Leise spreche ich die Beschwörung in die Mixtur und trinke sie. Schmeckt bitter, aber so ist das nunmal. Das Zeug wirkt sofort. Mein Magen fühlt sich an, als wolle er sich durch mein Fleisch nach draußen kämpfen. Meine Muskeln verkrampfen sich. Ich stütze mich an der Werkbank ab und halte es aus.

Die Wirkung schlägt um. Neue Kraft erfüllt jede Zelle meines Körpers, sämtlicher Schmerz lässt nach und ich kann wieder aufatmen. Ich spüre, wie sich meine Arme und Beine leichter bewegen lassen. Meine Finger kribbeln vor Energie. Kein Anzeichen von Trägheit mehr. Ich fühle mich wie neu geboren!

Das habe ich wirklich gebraucht. Dieses Elixier füllt all meine Energiereserven wieder auf und gibt mir neue magische Kraft!

Um es auszutesten lasse ich eine Flamme in meiner Handfläche auflodern. Sie ist stark, warm und gesund.

Ich könnte es glatt erneut mit dem Drachen aufnehmen und diesmal würde ich gewinnen!

Nun denn, ich sollte endlich diesen Schmutz loswerden. Der Schwefelgeruch ist auf Dauer unerträglich.
 

Nach dem Bad teleportiere ich mich zu Hans, einerseits weil es jetzt leichter denn je ist, andererseits um Helena aus dem Weg zu gehen. Ich möchte ihr jetzt lieber nicht begegnen.

Ich erscheine im Badezimmer der Servants und Hans schreckt auf. Und was ich sehe raubt mir den Atem.

»Ich ähm.. Ich hatte keine Wechselklamotten da, also.. «.

Er.. Er trägt die männliche Servantbekleidung. Nervös zupft er am Saum des kurzärmeligen, mittelalterlichen weißen Baumwollhemds und richtet die hellgrauen Stoffshorts, die seine Figur besser hervorhebt als gedacht.

Ich drehe mich weg, damit er mein Gesicht nicht sieht.

Verdammt sieht er darin appetitlich aus!! Wie kann er mir das antun, und das jetzt wo ich mich rar mache?! Ok, ich muss Ruhe bewahren. Na warte, Hans, du wirst mir noch erliegen!

Ich räuspere mich und nehme Haltung an.

»Na dann, beginnen wir mit dem Eingriff«, scherze ich und erschaffe mühelos eine Haareschneide-Schere aus der Luft.

Hans schaut sich um und zieht den bereitgestellten, hohen Stuhl heran, auf den er sich setzen muss.

Ich stehe vor ihm und sehe mir die blonden Haarspitzen an, die überstrapaziert und leblos herunterhängen. Es muss nicht viel abgeschnitten werden, sollte also nicht allzu lange dauern.

»Bist du nervös?«.

»Vielleicht ein bisschen. Ich meine, wie oft hast du das schon gemacht?«.

»Ein paar Male tatsächlich«, antworte ich und nehme eine Stähne zwischen die Finger, »Bei meinem Bruder. Er mochte es nicht so, von anderen Leuten außerhalb seiner Familie angefasst zu werden«.

»Dein Bruder, der Tod?«, fragt er mit großen Augen.

»Genau der«, sage ich und schneide die ersten paar Schäden weg.

»Ich bin ihm letztens noch begegnet!«.

»Was?«, ich nehme sein Kinn und hebe es an, »Du bist doch nicht etwa wieder abgekratzt?«.

»Nein, nein«, kichert er.

Erleichtert lasse ich ihn los und widme mich wieder meiner Arbeit.

»Ich habe ihm geholfen, weißt du?«.

»Sowas! Hat er dich angeheuert? Das macht er normalerweise nicht«.

»Ich habe bei meinem letzten Auftrag auf der Erde versehentlich einen Typen umgebracht, der schon lange hätte tot sein sollen, und habe ihm somit viel Arbeit erspart. Tja, und daraufhin hat der Tod auch mir geholfen«.

»Du hattest doch eine Fähigkeit«, sage ich und schneide noch an den letzten vorderen Spitzen herum, danach kommen die unteren.

»Schon, und die war wirklich abgefahren! Aber.. Ich konnte das Artefakt zwar verbrennen, nur hat sich das Feuer dann unkontrolliert ausgebreitet. Ich kann von Glück reden, dass dein Bruder da war. Das hätte mega in die Hose gehen können«.

Ich halte inne und lächele ihn an.

»Dann hast du am selben Tag zwei Teufelsaufträge gleichzeitig erfolgreich ausgeführt?«.

Er nickt peinlich berührt.

Ich streiche ihm sachte über die Wange.

»Das hast du gut gemacht«.

Mein Lob löst in ihm einen Schwall von Gefühlen aus, denn er strahlt mich an als hätte er noch nie etwas schöneres gehört.

»Bei meinem alten Job wurde ich nie für etwas gelobt«, beichtet er und dreht vorsichtig den Kopf nach links, damit ich weitermachen kann, »Mein Chef war ein übler Kerl, nie konnte man ihn zufrieden stellen. Und dann noch das ewige Herumgerechne am Schreibtisch!«.

»Klingt ja schlimmer als die Hölle. Wenn du mich fragst, ich wär da auch abgehauen«.

»Mhm«, antwortet er und grinst, »Auch wenn es hier gar nicht so schlimm ist, wie alle sagen«.

»Hier drinnen ist es nicht so schlimm. Da draußen aber schon, vergiss das nicht«.

Ich neige seinen Kopf zur anderen Seite und lege die ansehnlich definierte Linie seines Kiefers frei.

»Deswegen bist du ins Schloss gekommen - zu mir«.

»Ich bin froh hier zu sein«, murmelt er und streicht sich nachdenklich über den Bauch, wo sich das Siegel versteckt. »Deswegen hatte ich gehofft, diese Anziehsachen wären angemessen«.

»Du klingst wie eine geopferte Jungfer auf dem Silbertablett«, scherze ich und lege nach vollendeter Arbeit die Schere weg.

»Naja, nicht ganz«, murmelt er und schaut an sich herunter, »Ich dachte nur, vielleicht ist es gemütlich und.. und..«.

Er fängt kurz meinen Blick auf und schaut dann schüchtern woanders hin. Ihm liegt etwas auf der Seele, aber er traut sich nicht so recht es auszusprechen.

»...und?«, hake ich nach und kann förmlich spüren, wie sein Puls höher schlägt.

»...Und.. ich dachte es würde symbolisieren, dass ich dein bin«.

Mein Herz setzt aus.

Ich blinzle.

»Sag das nochmal«.

»Ich gehöre doch dir, also dachte ich-«.

»Das genügt«, hauche ich, umfasse mit den Händen seinen Nacken und küsse ihn. Und er küsst mich zurück. Diese Worte aus seinem Mund zu hören.. Oh, mein süßer Hans! Ich will ihn! Aber halt.. Er muss es einleiten, das ist eine Bedingung, sonst gilt die Wette nicht als gewonnen. Ich muss ihn irgendwie dazu bringen, dass er den ersten Schritt macht.

Vorsichtig lasse ich ab. Seine Atmung ist beschleunigt und seine Pupillen sind geweitet. Er duftet so frisch und süß, so.. menschlich.

»Hans..«.

»Ja?«, flüstert er und wirft mir einen innigen Blick zu.

Du meine Güte, was mache ich hier? Was ist aus dem Plan geworden? Ich wirke wohl gerade wie der verzweifelste Incubus der Unterwelt. Dionysos hatte recht, ich bin notgeil! D:

»Du bist ein frecher kleiner Mensch«.

»Weiß ich«, sagt er grinsend.

»Freche kleine Menschen müssen bestraft werden.. «.

Bei diesen Worten schluckt er nervös. Sein Gesicht spiegelt Ehrfurcht wider. Ein bisschen Angst, Neugier und.. Verlangen.

Es klopft an der Tür.

»Dauert das noch lange? Ich will duschen«, höre ich Caren dahinter fragen.

Hans meldet sich zu Wort:

»Äh, nein nein! Bin gleich fertig!«.

»Dann mach mal hinne, ich hab einen strengen Zeitplan!«.

Ich schmunzle. Ja, das ist Caren. Aber so aufmüpfig erlebe ich sie selten. Aus irgendeinem Grund traut sie sich in meiner Nähe nicht zu sagen, was sie denkt.

»Verlagern wir das hier doch woanders hin, hm?«.

»Okay«, sagt er aufgeregt.

Mit einem Fingerschnippen lasse ich alle abgeschnittenen Reste von Hans' Haarspitzen und die Schere verschwinden.

Hans steht vom hohen Stuhl auf und ich öffne die Tür.

»Na end-!«, sagt Caren und bricht ab, als sie erkennt, dass sie mir persönlich gegenüber steht. Ihre Hände klammern sich an ihre zugelassenen Wechselklamotten, ihr Gesicht läuft vor Scham rot an und schon explodiert sie in Federn, die wie Konfetti zu Boden rieseln.

»Wir wollten sowieso gerade gehen«, entschuldige ich mich und gehe mit Hans im Schlepptau an ihr vorbei.

»D-Da fällt mir ein!«, quiekt Caren und ich bleibe stehen, »Ich muss Euch etwas mitteilen, Herr«.

Hans sieht mich fragend an.

»Geh schonmal vor«, flüstere ich ihm zu. Er nickt und geht allein weiter.

»Was gibt es denn?«.

»Die Königin verlangt Euch zu sprechen«.

»Ach ja, das«, sage ich und geselle mich zu ihr, was sie nervös macht, »Lass uns einfach so tun, als hättest du mich heute nicht gesehen, ok?«.

»Sehr wohl«.

Ich schaue an ihr herunter und sehe auch noch die letzte Daune auf dem Boden aufkommen.

»Ach Caren. Schon wieder?«.

»Ich bitte um Vergebung. Eure Majestät hat mich erschreckt«.

»So so«, murmele ich, »Das wollte ich nicht, verzeih«.

Sie hält den Atem an.

»Ihr seid zu gütig, Herr«.

»Ich bin immer gütig«, winke ich ab, »Aber verrate Helena bloß nicht wo ich bin, sonst reiße ich dir die Zunge raus :) «.

»Gewiss nicht«, antwortet sie und verbeugt sich. »Vielen Dank«.

»Ja ja. Schon gut. Räum das weg«, sage ich und gehe meiner Wege. So. Kehren wir zum ursprünglichen Plan zurück. Den Pakt habe ich so gut wie in der Tasche!
 


 

Die Aussicht aus dem Fenster meines Schlafgemachs ist wunderschön. Ich kann bis zu den Bergen und Lavaströmen der Vulkane sehen. Die Feuer der Hölle flackern dimm in der Ferne, und die Flammenschlucht im Westen ist zu heißen Kohlen hinuntergebrannt. Am Morgen werden sie wieder entfachen. Manchmal frage ich mich, zu welcher Tageszeit es am gefährlichsten ist sie zu überqueren.

»Luzifer, mir ist kalt«, betont Hans.

Er liegt allein auf meinem Bett, nur in Servanthemd und Unterwäsche gekleidet. Als er mich eben beim Umziehen beobachtete, hat er sich kurzerhand entschieden die Shorts für heute Nacht doch wegzulassen.

Ich dagegen habe ihm den Rücken zugekehrt und knöpfe seelenruhig mein Schlafhemd zu. Ich hatte so getan, als würde ich nicht begreifen, was er mir dadurch mitteilen will. Tja, so leicht gebe ich meinem frechen Hänschenklein nicht die Genugtuung.

»Wäre da nur etwas - in diesem Raum - das mich wärmen könnte..«, sagt er theatralisch.

»Dann deck dich zu«, antworte ich schlicht und beobachte ihn durch die Spiegelung im Fensterglas. Na los, Hans, sei ein bisschen deutlicher, du weißt ich will es hören ~.

»Hmpf.. «, grummelt er und schlüpft mühselig unter die Decke. Er kuschelt sich ein und schüttelt sich. Dann startet er noch einen Versuch, weniger dramatisch:

»So ist es nicht besser. Mir ist immer noch kalt..«.

»Faszinierend, nicht wahr?«, antworte ich und muss mir ein Grinsen verkneifen, »Tagsüber ist es in der Hölle unerträglich heiß und nachts friert man nur«.

Ich drehe mich zu ihm um und lehne mich an.

»Bisher habe ich dich ja abgehalten die Kälte zu spüren, aber wie mir das heute nur gelingen soll? Tja, ich weiß nicht~...«.

Hans schaut mich ungeduldig an und streckt die Arme nach mir aus.

»Luzifer, komm her! >:c «.

Belustigt schlendere ich auf ihn zu und nehme eine Ecke der Bettdecke zwischen die Finger. Hans schaut mir gebannt zu und legt die Arme über sich auf dem Kopfkissen ab.

»Normalerweise lasse ich mir von niemandem sagen was ich tun soll...«. Langsam ziehe ich die Decke beiseite. »Aber.. Bei deinen "besonderen Wünschen" könnte ich eine Ausnahme machen«.

Jetzt lächelt er wissend.

»Du kannst manchmal so verspielt sein«, kichert er.

»Mhm«.

Ich lege ihn frei und steige zu ihm aufs Bett. Mit hungrigem Blick schaue ich auf ihn herab. Ich kann erkennen, dass sich eine Gänsehaut auf seinen auseinanderliegenden Oberschenkeln breit macht.

»Sieh an~.. Wie fügsam du dich mir öffnest«, raune ich und schlängele mich zwischen ihnen, »Willst du wissen, wie ich solch eine Hingabe belohne?«.

»Bitte, zeig es mir«. Er schmunzelt und hebt das Kinn. »Mach mit mir was immer dein Herz begehrt, Meister <3«.

Jetzt ist er mein.

Hans fährt mit den Händen über meinen Rücken während ich seinen Hals küsse. Er schmilzt in das Gefühl hinein und seine Haut wird wärmer.

»Mmmh du verwöhnst mich so..«, säuselt er unter meiner Berührung.

»Alles für mein liebstes Boytoy <3«.

Sein Körper bebt beim leisen Lachen, das er von sich gibt. Dann rutscht er mit dem Unterkörper in eine gemütlichere Lage.

»So ist es brav~ «, stöhne ich bei der Bewegung.

Nach meinen Worten stockt ihm kurz der Atem. Wie es scheint gefällt es ihm, wenn ich das sage. Und wie ich spüre, gefällt es ihm sogar sehr..

»Luzifer~..«, flüstert Hans und krallt seine Finger in mein Haar. Mary, mach dich bereit zu verlieren!

»LUZIFER!«, höre ich Helenas Stimme rufen.

Ich zucke zusammen.

»Oh Mann.. «.

»Was ist denn?«, fragt Hans fast wie aus einer Trance erwachend.

»Ach, es ist bestimmt nicht wichtig-«.

»Luzifer, es ist wichtig!«.

Ich kneife die Augen genervt zusammen. Nur die Ruhe, Caren verstößt nie gegen direkte Anordnungen, Helena wird also nicht wissen wo ich bin.

»Lass uns einfach weitermachen, ja?«, flüstere ich Hans zu. Er nickt und küsst mich.

Jetzt klopft es an der Schlafzimmertür.

»Ich weiß, dass du da drin bist! Komm raus! Du hast es beim Styx geschworen!«.

»Ist ja gut, ich bin ja gleich da!!«.

Verdammt!! Ich wusste, ich hätte das nicht tun sollen! Wenn man einen Schwur auf den Styx bricht, stehen einem Jahre des Unglücks und Versagens bevor.

Na toll, und die Stimmung ist jetzt auch hin!

Ich seufze und schaue Hans an.

»Wie es aussieht, müssen wir das wohl verschieben, Süßer«.

»Och nööö...«, meckert er. Ich bin froh, dass er das auch so sieht.

Ich rutsche langsam an ihm herunter, koste jeden letzten Zentimeter aus.

»Mach dir keine Sorgen. Das holen wir nach«, sage ich und drücke ihm zum Abschied Küsse auf seine Schwachstelle.

Hans gibt ein überraschtes Geräusch von sich und sein Knie zuckt nach oben. Am liebsten hätte ich genau hier weitergemacht. Vielleicht kann ich doch noch zwei-drei Minuten hinauszögern, ich brauche nicht lange, ich muss nur den Bund etwas hinunterziehen und-

»LUZIFER, SOFORT!«.

Mit einem Ächzen verlasse ich das Bett und stampfe zur Tür.

»Kann ein Mann nicht einmal in Ruhe einen Schwanz lutschen?!«.

Ich öffne die Tür und vor mir steht Helena, zusammen mit... meinem Vater.

Mir rutscht das Herz in den Keller und da bleibt es auch. Das hat er tausendprozentig gehört.

Schnell trete ich hinaus und schließe die Tür hinter mir. Ich kann es mir NICHT leisten, dass mein Vater das Siegel entdeckt. Er nimmt seinen Job zu ernst und würde alles eiskalt vernichten, woran ich gearbeitet habe.

»Vater! Heeeyyy..«, begrüße ich ihn und wünschte ich hätte Helena zugehört. Ich bin froh, dass sie mich nicht zu einem späteren Zeitpunkt gerufen hat, sonst wäre mein Vater einfach mittendrin reingekommen als wäre nichts, und diese abgrundtiefe Peinlichkeit will ich mir unbedingt sparen.

»Eosfóros, hast du unsere Verabredung etwa vergessen?«, fragt er und mustert meine Abendgarderobe.

»Ich wollte nur, ähm..«, fange ich an, aber meinem überrumpelten Hirn fällt auf die Schnelle nichts ein. Ich lasse seufzend die Schultern hängen, »Ja, habe ich«.

»Dachte ich mir schon«, sagt er schlicht und drückt mir ein festes Seil in die Hand. »Komm. Kerberos wartet schon«.

»Du.. Du hast Pünktchen mitgenommen??«.

»Natürlich«, sagt er und lächelt Helena zu, »Ich kann doch nicht ohne mein Hündchen spazieren gehen«.

Sie lächelt zurück.

So wie es aussieht, hat sich die Welt gegen mich verschworen. In dieser Nacht hatte Mary Glück, aber bald nicht mehr. Dafür sorge ich!

Blätter im Wind

~ Ninas Sicht ~
 

»Izaya!!«, rufe ich und sprinte den Hügel hinauf. Die knorrige alte Eiche steht schützend über ihm und lässt alte Blätter auf ihn hinabsegeln. Dieses Land, das uns einst ein Rückzugsort war, ist nun angefüllt von einer Aura des Zorns. Izaya versteckt etwas in den Taschen seiner Jacke. Ich will es gar nicht wissen.

Seit Tagen schon brodelt er bei kleinen Reizen über, macht seiner Familie Vorwürfe und schmiedet Pläne. Erst war ich sicher, dass er es nicht ernst meint. Dass ihn nur die Trauer mitnimmt und er irgendwie versucht damit klarzukommen. Aber dann sprach er immer konkreter, lagerte Proviant, testete Dinge aus, wurde paranoid und stahl für sein Ziel.

Ich habe ihn immer unterstützt, habe ihm Deckung gegeben und zu ihm gehalten. Zu meinem Verlobten. Er ist einfach nur missverstanden. Aber so sehr ich auch an ihn glaube, ich will ihn nicht auch noch verlieren.

Beim Baum angekommen falle ich ihm um den Hals und halte ihn so fest wie ich kann.

»Izaya du darfst nicht gehen«, schluchze ich in den Stoff seiner Jacke, »Das ist wahnsinnig«.

»Ich muss, Nina«, sagt er und erwidert meine Geste nicht. »Du weißt doch... Er hat meine Schwester. Ich weiß, dass sie noch lebt. Ich kann sie retten«.

»Dann warte ich eben. Egal was geschieht, komm heil wieder«.

Ich sage das obwohl ich weiß, dass es aussichtslos ist. Aber vielleicht kommt er auf halbem Wege zu sich und kehrt um.

Er küsst mich.

»Das werde ich«.
 


 


 

»Wo bist du gewesen?!«.

Mutter hat ihre Federn aufgestellt und schaut wutentbrannt auf mich herab.

»Nirgendwo«.

»Du warst wieder bei diesem Landstreicher, oder?!«.

»Er IST kein Landstreicher! Ihr versteht ihn nicht, er ist besser als die meisten Engel in unserem Bezirk!«.

»Wie kannst du es wagen? Aus seinen Kreisen entspringt nichts Gutes, sieh doch was für einen schlechten Einfluss er auf dich hat! Früher warst du nicht so frech«.

»Früher hatte ich auch nichts, das mir so sehr bedeutete. Ich liebe ihn! Und wir werden-!«.

»Schweig still! Ich lasse nicht zu, dass du unser Erbe beschmutzt! Ich verbiete dir ihn jemals wiederzusehen!«.

Bei diesen Worten reißt etwas in mir. Meine Hände ballen sich unweigerlich zu Fäusten und zittern.

»Dann will ich kein Teil dieser Familie mehr sein! Ich ziehe zu Izaya!«.

Ohne dass sie die Chance hat zu antworten mache ich mich aus dem Staub.

»Nina!! Komm sofort wieder her! NINA!«.

Ich höre nicht hin, fliege einfach davon.

Wie gern wünschte ich Izaya wäre noch nicht aufgebrochen. Ich brauche seine Hilfe mehr denn je.

Der Gast ist König

~ Marys Sicht ~
 

Ich habe letzte Nacht kein Auge zugemacht. Dieser Mistkerl hatte mir meinen Hans mit Teleportfeuer weggenommen und mich somit entblößt und allein in unserem Schlafzimmer stehen lassen. Und das schlimmste daran ist, dass ich nicht einmal etwas dagegen tun konnte. Ich kann keine Magie einsetzen um ihn wieder zurückzuholen. Und freiwillig würde er ihn auch nicht rausrücken.

Deswegen habe ich das einzig vernünftige getan, was mir blieb. Ich habe zu Helena gebetet, so lange bis sie mir antwortete. Sie versicherte mir, dass die Gefahr fürs erste neutralisiert ist. Und obwohl es keinen Grund zur Gefahr mehr gab, gingen meine Sorgen nicht weg.

Ich habe beschlossen die Sache nicht dem Zufall zu überlassen. Noch im selben Moment habe ich meiner Arbeit zukommen lassen, dass ich mich für die nächsten Tage krank melde.
 

Heute früh habe ich meine, Klein Karens und ein paar von Hans' Sachen eingepackt. Klein Karen hatte sich geweigert bei anderen Verwandten zu bleiben, dagegen konnte ich nichts machen. Sie hat nämlich die Angewohnheit immer wieder aufzutauchen, egal wo man sie hinschickt. Also muss ich mich wohl oder übel darauf einlassen.

Ich wollte unbedingt, dass sie noch etwas isst bevor wir aufbrechen, aber ich selbst habe keinen Bissen hinuntergekriegt. Allein die Vorstellung daran zu spät zu kommen und alles zu verlieren nagt genug an meinem Gewissen.

Nachdem mein kleines Töchterchen ihr Frühstück aufgegessen hat, spüle ich sofort den Teller ab, damit während unserer Abwesenheit hier kein schmutziges Geschirr vor sich hin vegetiert.

»Mama, wohin gehen wir nochmal?«.

»Wir gehen zu Papa«.

»Oh! Und wo ist Papa?«, fragt sie und guckt sich um.

»Er ist bei... «, ich beiße die Zähne zusammen, ».. bei Onkel Luzifer..«.

So nennt sie ihn immer. Sie hat ja keine Ahnung was hier vor sich geht und warum ich es vermeide ihn zu erwähnen.

»Kann ich dann mit Dev spielen?«.

»Du hattest doch letztes Mal Angst vor Dev«.

»Jaaa, aber das war letztes Mal!«, erklärt sie.

Unfassbar, wie schnell sie vergibt und vergisst, dass ein Teufelsjunge sie auffressen wollte..

»Geh nochmal schnell auf die Toilette und dann brechen wir auf«.

»Oki«, trällert sie und hüpft davon.

Ich stelle den sauberen Teller weg und setze mich aufs Sofa. Direkt vor mir auf dem Wohnzimmertisch liegt mein Koffer bereit. Ungeduldig tippe ich mit dem Fuß auf und starre das Ding an.

Wir werden nur so lange bleiben wie nötig. Es ist vielleicht keine gute Idee dauerhaft in der Hölle zu bleiben. Andererseits werde ich Luzifer nicht durch einen unfairen Vorteil gewinnen lassen. Die ganze Wette ist zu riskant. Und beweist am Ende doch gar nichts. Ich muss mit Luzifer reden, den.. "Pakt".. irgendwie rückgängig machen!

Helena weiß doch bestimmt etwas, sie kann mir helfen. Nur durch ihre Hilfe konnte ich meine geistige Gesundheit letzte Nacht über Wasser halten. Aber ob sie mir mehr Treue entgegen bringt als ihrem eigenen Ehemann? Ich kann nicht sicher sein.

Karen kommt mit erhobenen Händchen zu mir, um zu zeigen, dass sie gewaschen sind.

»Fertig!«.

»Gut gemacht, mein Spätzchen«.

Sie kichert und ich nehme sie an der Hand.

»So«, sage ich und stehe auf, »Schließ die Augen«.

Sie gehorcht und ich konzentriere mich.

»Gut. Sprich mir nach, ok?«.

»Ok«.

»Oh große Helena von Troja, erhöre uns«, sprechen wir fast gleichzeitig, »Hole uns zu dir. Hole uns zu dir. Hole uns zu dir«.

Mit jedem mal werden unsere Stimmen deutlicher.

Es gibt wohl nicht viele, die heutzutage zu ihr beten, deswegen stehen wir wohl an erster Stelle in der Warteschleife.

Und siehe da, Teleportfeuer tut sich im Raum auf. Ich nehme mit der freien Hand den Koffer mit unseren Sachen an mich.

»Komm mit«, sage ich und trete mit Karen in die mannshohen blauen Flammen. Binnen Sekunden stehen wir auch schon vor ihr.
 

Wir tauchen in Helenas Schlafgemach auf. Sie sitzt aufrecht im Bett, ihr Rücken und Nacken wird von großen, kuscheligen Kissen gestützt. Sie trägt ein edel aussehendes, weißes Nachtgewand und an ihrer rechten Schulter schläft Luzifer.

Ich halte den Atem an, als wenn ich einem Tiger gegenüber stünde. Ich erinnere mich noch gut an letztes Mal, als ich ihn aufwecken wollte.

Helena fixiert uns mit ihrem sanften Blick und streichelt behutsam mit einer Hand Luzifers Haupt.

»Willkommen«, sagt sie leise.

»Hallo«, antwortet Klein Karen höflich aber kleinlaut. Wie es aussieht spürt auch sie Unbehagen bei dem Anblick eines schlafenden Dämons seiner Größenordnung.

»Es ist alles eingerichtet. Seid unbesorgt, ich werde für eure Sicherheit im Palast garantieren. Vor der Tür dieses Raums steht jemand, die euch in die Gästekammern begleiten wird«.

»Ich wollte nochmal danke sagen, für deine großzügige Hilfe«.

»Nicht der Rede wert«, sagt sie bescheiden, »Es wird dich gewiss glücklich stimmen zu erfahren, dass Hans heute Nacht allein schlief«.

»Wirklich?«.

»Oh ja«. Sie schaut lächelnd auf ihren Ehemann herab, »Luzifer hatte eine lange Nacht hinter sich. Er war nicht daheim und kam erst bei Tagesanbruch übermüdet zurück. Gönnen wir ihm die Auszeit, was meinst du?«.

Ich lächele dankbar.

»Du bist die beste, Helena!«.

Luzifer gibt ein Geräusch von sich und rückt unruhig in eine bessere Position. Karen schreckt kurz auf und versteckt sich hinter meinem Bein. Zu unserem Glück ist er immer noch im Tiefschlaf und entspannt sich nun mit dem Gesicht in Helenas perfektem Dekolleté.

Sie schmunzelt.

»Von dort wird er sich einige Zeit nicht mehr wegbewegen, darauf kannst du dich verlassen«.

»Gut«, beschließe ich leise und nehme meine Tochter wieder an die Hand, »Wünsch mir Glück«.

»Das brauchst du nicht«, sagt sie und zwinkert mir zu.

Sie hat recht. Ich brauche kein zusätzliches Glück. Ich habe mich, und ich habe meine Erfahrung. Was ich brauche, ist Selbstvertrauen. Denn es gibt nichts, was ich nicht schaffen kann, wenn ich es nur wirklich will!

Ich bin in der Hölle verdammt, wie viele Leute können das schon von sich behaupten? 'Ne Menge, wenn ich so darüber nachdenke.
 

Wir verlassen Helenas Zimmer und stehen im Flur einer Frau gegenüber, die bis eben noch durchs Türschloss gelugt hatte. Sie hat rückenlanges, glattes blondes Haar, trägt ein kurzes weißes Kleid und eine große, runde Brille. Sonst nichts, außer zwei stacheligen Lederarmbändern, die sich in ihr Fleisch bohren. Ich entscheide mich dafür ihre Privatsphäre zu respektieren und nicht danach zu fragen.

Sie räuspert sich.

»Ihr müsst dann wohl die Menschenfrau und ihre verschwundene Tochter sein«.

»Genau die. Aber zum Glück haben wir sie wieder. Sag hallo, Spätzchen«.

»Hallo! :3 «.

»Reizend«, sagt die Dämonin tonlos, »Folgt mir«.

In zügigem Tempo manövriert sie uns durch die dunklen Gänge. Wir können kaum mithalten.

So viele Räume und Gänge, nur hinter welcher dieser Türen versteckt sich Hans? Eine Suche durchs gesamte Gewölbe sieht zwecklos aus. Ich muss ihn finden.. Nur wie?

An einer großen, verzierten Doppeltür aus schokoladenbraunem Holz macht sie halt.

»Vielleicht werdet ihr die hier brauchen«, sagt sie und reicht uns Sonnenbrillen. Wir setzen sie auf.

»Wozu sind die?«.

»Ashira ist für dieses Zimmer eingeteilt«.

Das sagt mir zwar nichts, aber ich stelle mal lieber keine Fragen.

Sie öffnet die Tür und schon finden wir uns in einem gemütlichen Raum mit Himmelbett (wie ironisch) und hohen Schränken wieder.

Eine Schlangenfrau streicht nur noch eben ein Kissen zurecht und kriecht dann auf uns zu. Ihre Augen sehen furchterregend aus.

»Asssssrrah«.

»Ähm.. Hallo«, begrüße ich sie, obwohl ich keinen blassen Schimmer habe, was sie mir sagen will. »Das ist also unser Zimmer?«.

»Sssrrrt«.

»Sie sagt "Ja"«, übersetzt unsere Eskorte.

Ich lasse meinen Blick über das edle Zimmer gleiten.

»Cool«, sage ich gelassen und die Schlangenfrau zieht von dannen.

»Ihr könnt die Brillen abnehmen, Ashira ist weg«.

Ich tue wie geheißen. Verstehe. Sie ist wohl eine dieser Gorgonen mit dem versteinernden Blick.

Ich wende mich an meine Tochter, die sich im ungewohnten Umfeld umsieht.

»Es tut mir leid, Schätzchen, aber wir müssen nun mal für einige Zeit hier bleiben«.

»Ich find's toll hier! :D«, antwortet sie und turnt vergnügt im Zimmer herum. Na wenigstens hat eine von uns Spaß.

»Und ihr seid Freunde ihrer Majestät der Königin?«, fragt unsere Begleiterin.

»Genau«, sage ich und mustere ihre gelb grünen Dämonenaugen, »Sag mal, wenn das keine zu persönliche Frage ist.. Was bist du? Bist du etwa auch gefährlich?«.

»Na, wenn du eine Harpyie für gefährlich hältst.. «, überlegt sie und stellt sich passend hin. Mit einer leichten Bewegung wachsen ihr Federn und binnen kürzester Zeit hat sie weiß-goldene Flügel statt Armen.

»Na?«.

»WOOOOW! :0«, staunt Klein Karen und tätschelt ihre Federn, »Wie hüüübsch!!«.

»Ich bin also nicht gruselig? Na toll...«, sagt sie enttäuscht. Sie sieht aus, als hätte sie heute auch einen harten Tag. Da fällt mir ein, dass wir einander noch nicht vernünftig vorgestellt wurden.

Ich lächele sie freundlich an und strecke die Hand nach ihr aus.

»Hi, ich bin Mary«.

Sie schaut verwirrt auf meine Hand, ringt sich ebenfalls ein Lächeln ab und zieht ihre Federn wieder ein.

»Ich bin Caren. Nett dich kennenzulernen«.

Ich horche auf.

»Caren? Na sowas, so heißt auch meine Tochter!«.

Sie schaut verdutzt auf mein Kind und dann wieder zu mir. Das kann doch kein Zufall sein.

Mir geht ein Licht auf und meine Schultern sacken ab.

»Hattest du etwa auch etwas mit meinem Mann Hans?«.

»Hans?! Oh!«, sie hält ein Lachen zurück, »Oh nein, keinesfalls! Dieser grünschnäblige Trottel interessiert mich in keinster Weise!«.

Das heitert mich auf.

»Wie kommt es dann, dass er sie nach dir benannt hat?«.

Klein Karen wirft ihr ein zahnlückiges Grinsen zu. Die große Caren sieht nicht erfreut aus.

»Vielleicht wollte sich mein Schützling einen Spaß mit mir erlauben«.

»Schützling?«.

»Hans, mein Schützling«.

Ich blinzle zweimal. Sie fährt fort.

»Ich bin zu seiner Mentorin geworden, als er hier ankam. Ich habe deswegen eine telepathische Verbindung mit ihm und wir können uns gegenseitig heraufbeschwören. Aber ich glaube, das hat er bis heute nicht begriffen-«.

»Warte, warte! Du kannst ihn herholen?!«.

»Sicher«, sagt sie und beäugt den Ausgang, »Um ihn aus Gefahrensituationen herauszuholen zum Beispiel«.

»Könntest du ihn bitte hier herbringen? Ich mache mir Sorgen, dass Luzifer ihn-«.

Ihr Gesicht fällt aus allen Wolken.

»Schweig!«, ruft sie bestürzt, »Wie kannst du es wagen, den Namen seiner Majestät in den Mund zu nehmen?!«.

»Onkel Luzifer?«, ruft Klein Karen und sieht sich um, »Wo?«.

Carens Mund klappt empört auf und zu.

»Hat.. Hat er es euch beiden etwa erlaubt?«.

»Soweit ich weiß schon..?«.

Sie beißt sich auf die Lippe und nickt säuerlich.

»Verstehe«.

»Das tut mir leid«, sage ich langsam, da es sie sichtlich kränkt, dass sie ihn nicht persönlich ansprechen darf, »Ich bitte dich. Ich muss Hans erreichen, bevor er noch irgendetwas mit ihm anstellt«.

»Seine Majestät kann tun und lassen was er will. So weit ich weiß gehört Hans ihm, also verstehe ich nicht, warum du versuchst ihm sein Eigentum wegzunehmen«.

Diese Antwort macht mich stutzig. Sind Menschenrechte hier ein Fremdwort?

Wie es aussieht komme ich mit Sentimentalität bei der Dämonenzunft wirklich nicht weit. Es interessiert sie nicht, dass wir uns lieben und geheiratet haben, auch wenn es eine gültige Verbindung ist.

Dann muss ich wohl auf eine Art kommunizieren, die sie versteht.

Ich atme tief durch.

»Hör zu, ich habe mit Lu-... mit seiner Majestät einen Pakt geschlossen«.

Bei diesen Worten steht Caren die Erkenntnis ins Gesicht geschrieben.

»Oh«.

»Und ich verstehe, dass du auf seiner Seite bist und mir deshalb nicht helfen willst. Aber ich möchte so schnell nicht aufgeben. Ich muss Hans sehen, kannst du ihn hier herholen, bitte?«.

Sie überlegt kurz, richtet die runde Brille und sieht mich dann bestimmt an.

»Ich kenne die Bedingungen des Paktes nicht. Was auch geschieht, ich möchte nicht hingerichtet werden, wenn ich versehentlich etwas tue, das den Plänen seiner Majestät entgegen wirken könnte. Ich werde dir nicht helfen«.

Sie sieht besorgt aus. Das ist ein überraschend gutes Zeichen. Es ist nicht viel, aber mit ihrer Antwort hat sie mir bereits geholfen.

Ihre Besorgnis darüber, dass Luzifer sie bestrafen würde, wenn sie Schuld an seiner Niederlage trüge, bedeutet, dass er besiegbar ist. Das heißt, er kann die Wette verlieren!

So selbstsicher er auch immer tut, aber ein Pakt mit dem Teufel scheint wohl doch kein Einweg Freifahrtschein ins Verderben zu sein. Helena hatte recht, ich brauche kein Glück. Denn ich habe eine Chance!

»Danke, Caren«, sage ich und gehe von der verdutzten Harpyie hinüber zu meiner Tochter, die sich unter dem Bett versteckt hat. Ganz bestimmt wird die große Caren mir nicht einmal sagen, wo er ist, aber vielleicht kann die kleine Karen mir helfen. Sie hatte schon immer eine tiefere Bindung zu ihrem Vater und hat ihn beim Versteckspiel jedes einzelne Mal aufgespürt. Selbst an Orten, an denen sie vorher noch nie war.

»Schätzchen, kann ich mal mit dir sprechen?«.

»Ok Mama«, sagt sie und krabbelt unter dem Bett hervor. Sie hockt auf dem Teppich und schaut mich erwartungsvoll an.

»Ich möchte, dass du mir einen Gefallen tust«.

Sie nickt mit offenem Mund.

»Du musst mir helfen deinen Papa zu suchen, kannst du das machen?«.

Sie nickt stärker, rappelt sich auf und tapst aus dem Raum.

Ich hoffe nur, dass Helena wirklich für unsere Sicherheit garantieren kann und ihr nichts in diesem vor Dämonen wimmelnden Schloss widerfährt.

Kaum ist sie aufgebrochen, kommt sie auch schon wieder zurück. Sie geht gelassen zu mir und zieht an meinem T-Shirt Ärmel.

»Das ging ja schnell«.

»Papa schnarcht«, sagt sie und geht mit mir durch die Tür.

Ich lächele der Dämonin im Vorbeigehen zu und folge meiner Tochter. Gemütlich tippelt sie über den roten Teppich, der durch den Flur verläuft, und biegt ein paar Male ab.

Wir spazieren viel länger als meine kleine Spürnase brauchte um zu mir zurückzukommen. Hoffentlich weiß sie auch wirklich den Weg und rät nicht nur.

Wir begeben uns in einen anderen Flur, in dem wir bisher noch nicht gewesen sind. Klein Karen steuert auf eine große Doppeltür zu, die zwar schön aussieht, sich aber nicht so sehr von den anderen unterscheidet.

Sie bleibt stehen und zeigt darauf.

»Da«.

Verstohlen blicke ich mich um und betrachte dann die großen, ominösen Eichentüren.

»Bist du ganz sicher?«.

Sie nickt und wackelt mit der Nase. Den ausgeprägten Geruchssinn hat sie von mir geerbt.

»Riecht nach Onkel Luzifer«.

Mein Magen zieht sich zusammen. Das hier ist dann wohl sein Zimmer.. Kein Wunder, dass mir so unwohl zumute ist. Ich nehme diesen Geruch wohl eher unterschwellig wahr. Ich habe schon mindestens zweimal selbst erlebt, wie sich dämonische Pheromone auswirken. Es fühlt sich an wie eine lähmende Vorsicht. Als ob dein Instinkt dir sagt, du sollst aufpassen.

Ich atme tief ein, schiebe das Gefühl beiseite und öffne die Tür.
 

Luzifers Zimmer ist zwar groß, jedoch quadratisch und kleiner als die meisten anderen Räume hier. Es ist ordentlich, edel und alt. Mit riesigem Teppich, Eibenholz-Schränken und einem Fenster zur Südseite, aus dem Licht eindringt und das große Himmelbett an der Wandmitte gegenüber der Eingangstür erhellt.

Die dunklen Bettvorhänge sind mit goldenen Kordeln an die Eckpfeiler des Bettes gebunden und gewähren uns einen Blick darauf, was sich in den weinrot-weißen Bezügen eingekuschelt hat.

»Papa!«, ruft Klein Karen und springt auf das Bett, das so weich und groß ist, dass sie darüber krabbeln muss um zu Hans zu kommen.

Ich seufze erleichtert und gehe außen herum. Er liegt nah genug am Rand, sodass ich ihn berühren kann. Heh, es wäre schon witzig die Wette ausgerechnet in Luzifers eigenem Bett zu gewinnen. Das wäre mal eine Demütigung!

Allerdings habe ich Klein Karen dabei und bin sowasvon gar nicht in der Stimmung dazu.

Na, dann wecke ich ihn mal auf.

»Hans~«, singe ich leise und male mit einem Finger über sein Nasenbein bis zur Spitze und wieder von vorn.

Er grummelt und tritt im Schlaf einmal mit dem Fuß aus. Klein Karen legt sich von der anderen Seite halb auf ihn drauf und stupst ihn an.

».. Nur noch 5 Minuten.. «, murmelt er und dreht sich um. Er hat wohl schlecht geschlafen.

»Aufwachen, Schatz~«.

»Papa? Darf ich mit Dev spielen?«.

Er summt etwas zur Antwort und streckt einen Arm aus und patscht auf eine leere Stelle, wie er es normalerweise macht um den Wecker auf dem Nachttisch auszuschalten.

Als er bemerkt, dass dort nichts als weiche Kissen liegt, hebt er verwirrt den Kopf.

Der Raum wird ihm jetzt klar und er bemerkt seine Tochter.

»Was machst du denn hier, Schlumpf?«.

Sie grinst ihn an.

»Dasselbe wie ich«, antworte ich und er fährt herum.

»Mary!«, ruft er aus und setzt sich nervös auf, »Wie kommt ihr hierher?«.

»Helena hat mich eingeladen. Also sind wir für kurze Zeit ins Gästezimmer des Palastes gezogen«.

Er strahlt mich an.

»Das heißt, du bleibst hier?«.

»Ganz genau«.

»Oh Mary!«, quiekt er und schlingt die Arme um meine Taille. »Ich muss dir alles zeigen!«.

Ich lache.

»Das hat noch Zeit. Aber zuerst will ich aus diesem Zimmer raus. Hast du Hunger?«.

»Sag bloß du hast Essen dabei?«.

»Nein, aber ich erinnere mich, dass es hier eine Küche gibt. Steh auf, dann machen wir dir Frühstück«.

»Mamaaa...!«, meldet sich Klein Karen und steigt vom Bett.

»Ist ja gut, wir gucken gleich ob Dev schon wach ist. Aber ich will, dass ihr in Helenas Nähe bleibt, ja?«.

Sie tapst ungeduldig in die Mitte des Raums und setzt sich auf den Teppich.

Hans setzt sich derweil an den Bettrand und zieht eine mir unbekannte kurze Hose an. Auch sein kurzärmeliges Hemd sieht fremd und.. altertümlich aus.

»Sag mal, Hans, was hast du da überhaupt an?«.

»Oh, das?«, sagt er und schaut an sich herunter, »Lange Geschichte. Ist aber sehr gemütlich. Da fällt mir ein: Wo ist Luzifer?«.

»Mach dir um den keine Sorgen, der schläft bei Helena«.

»Hm, na gut«. Er steht auf. »Gehen wir«.
 


 


 

»Schon irgendwie aufregend hier so herumzuschleichen«, flüstere ich, während ich Hans durch die Gänge begleite.

»Und wie!«, stimmt er zu, »Normalerweise ist Luzifer vor mir wach, ich weiß gar nicht, ob wir einfach so ohne ihn in die Küche dürfen«.

»Helena hat gesagt, dass sie für unsere Sicherheit im Palast garantiert-«, fange ich an, aber dann fallen mir die Portraits ins Auge, an denen wir vorbeigehen, »Hey, warte mal«.

»Hm?«.

Eine Reihe von Gemälden hängt an der Wand. Das von Luzifer sieht so aus, als wäre es gemacht worden, als er noch nicht allzu lange regierte. Er sieht darauf nicht besonders jünger aus, nur unerfahren aber bemüht professionell zu wirken. Darum schert er sich heutzutage lange nicht mehr.

»Das daneben ist neu«, merkt Hans an und zeigt auf ein Portrait von Helena.

Darauf sieht sie wie eine geborene Königin aus. Selbstsicher, gütig und anmutig. So wie immer, eigentlich.

»Es fühlt sich fast schon an, als würden wir zusammen ins Museum gehen«.

Hans lächelt und nimmt meine Hand.

»Meinst du, wenn ich ganz oft "bitte" sage lässt Helena auch eins von dir anfertigen?«.

Ich pruste leise.

»Warum sollte sie das tun?«.

»Weil du ihre beste Freundin bist. Und.. weil sich die Gallerie ohne dich nicht vollständig anfühlt«.

»Meinst du das wirklich?«.

»Mhm. Hier sind Bilder von den Leuten, die ich am liebsten habe. Mit Ausnahme von dir und Klein Karen, das ist nicht richtig«.

»Awww, das ist wirklich süß von dir«, raune ich und schmiege meine Wange an seine Schulter, »Ich denke schon, dass wir sie überreden können eins zu machen, schließlich darf Helena in der Schlossgestaltung mitentscheiden«.

»Zwei«, sagt Hans.

»Hm?«.

»Zwei Portraits«, wiederholt er und sieht mich mit inspiriertem Blick an, »Ich will auch eins für unser Wohnzimmer!«.

»Ach Hans..«, kichere ich und streiche ihm mit der freien Hand über die Wange. Er meint es ernst, das sehe ich, und irgendwie ergreift mich das zutiefst. »Ich hab dich so lieb..«.

Er macht wieder so ein Gesicht, als würden die Schmetterlinge in seinem Bauch Zamba tanzen.

Das tun sie wohl, denn ich höre ein Magenknurren, welches mich daran erinnert, dass wir ja auf dem Weg in die Küche waren, bevor wir uns von römischen Statuen und schönen Ölgemälden haben ablenken lassen.

»Gehen wir weiter«, beschließe ich und drücke kurz seine Hand. Er nickt und führt mich durch die restlichen Gänge.
 


 


 

»Und hier ist der Speisesaal«, stellt Hans vor und öffnet die Tür.

Der Raum ist groß, gemütlich, und wie alles andere auch wunderschön. Ein langer und üppig gedeckter Tisch aus dunklem Mahagoni erstreckt sich vor uns, darüber hängt ein glänzender Kronleuchter. Wir sind allerdings nicht die einzigen, die sich in diesem Raum niederlassen wollten.

Am Tisch sitzen ungefähr 15 Dämoninnen unterschiedlichster Art, Größe und Farbe. Sie würdigen uns keines Blickes.

»Oh!«, sagt Hans überrascht, »Wir haben Glück, es muss wohl acht Uhr sein!«.

»Was bedeutet das?«.

»Frühstückszeit der Servants!«.

»Einmalige Einblicke, nehme ich an?«.

Er strahlt.

»Das erlebe ich zum ersten Mal!«.

Ich lasse meinen Blick über die Ansammlung reizender Damen schweifen, die sich alle untereinander unterhalten. Sie sehen gleichzeitig zusammengedrängt und verstreut aus. Aber kein Kerl weit und breit.

»Meinst du, wir dürfen uns einfach dazusetzen?«, frage ich vorsichtig, weil ich mir nicht vorstellen will, wie es wäre, wenn man versucht einen Dämon dazu zu bringen sein Essen zu teilen.

»Dürfen schon, ich jedenfalls«, sagt Hans mit einer Spur Unsicherheit in der Stimme, »Die Frage ist, ob sie mich teilhaben lassen werden«.

Verständlich, diese Haltung. Hans ist kein dauerhafter Bewohner des Schlosses und ist somit, selbst wenn er schon seit Jahren für Luzifer arbeitet, in vielen Dingen ein Außenseiter und Neuling.

Ich drücke ihm die Hand.

»Wir haben einander. Das wird schon«.

»Danke«, flüstert er und räuspert sich, »Also dann«.

Mutig bewegen wir uns auf das Gelage zu und versuchen freundlich zu wirken. Vielleicht ist das ein Fehler, weil es in der Hölle als "Schwäche zeigen" angesehen werden kann.

»'Morgen! :3 «, grüßt Hans die Meute.

Eine Frau mit langem schwarzen Haar, Hörnern und sehr leichter Bekleidung schaut auf.

»Na sieh mal einer an, wenn das nicht der Liebling ist!«.

Die anderen folgen ihrem Blick und sehen abwechselnd zwischen uns hin und her.

»Wer ist das?«, fragt sie und sieht verwirrt meine Kleidung an, »Du bist keine Neue«.

»Äh, nein«, antworte ich verlegen. »Ich bin zu Gast hier«.

»Merelyn, Leute, das hier ist meine Frau Mary«.

»Hallo! :3«, begrüßt mich ein Mädchen mit kurzem, rotbraunem Haar, Löwenohren, zusätzlichem Ziegenkopf, Schlangenschweif und einem Reißverschlussmund. »Ich bin Chi-Chi«.

»Ich sehe keinen Grund sich vorzustellen, Chi-Chi«, sagt eine andere mit einem Rubinauge, »Die da hält keinen Tag in der Hölle aus«.

»Sei doch nicht immer so gemein, Ruby«, sagt ein blondes Mädchen mit Halsring, die weiter weg von den anderen sitzt und niemanden ansieht.

»Ihr könnt euch zu Alice setzen, die mag auch niemand«, lacht eine weitere.

Das Mädchen mit dem Halsring zieht die Brauen zusammen und stochert mit einer Gabel in ihrem Salat herum.

Hans sieht Merelyn streng an.

»Hey, das war ich nicht! Ist nicht meine Schuld, wenn sie sich nicht wehrt«.

»Du als Mentorin solltest sie besser in Schutz nehmen«, sagt Hans und setzt sich zu Alice. »Alles in Ordnung?«.

»Bestens..«, knirscht sie und ersticht eine Tomate.

Ich setze mich dazu, auch wenn ich nicht vorhabe am Essen teilzunehmen.

»Hans?«, fragt eine aus der Menge, »Stimmt es, dass du gestern gegen einen Drachen gekämpft hast?«.

Ich starre ihn verblüfft an.

»Ach«, winkt er ab und lädt sich einen freien Teller mit Leckereien vom Buffet voll, »Eigentlich nicht. Ich habe nur versucht zu überleben«.

Die Frauen tuscheln. Mir läuft es eiskalt den Rücken hinunter.

Ich lehne mich ihm zu und flüstere.

»Du warst in Gefahr?«.

»Nein, nein!«, antwortet er mir und beginnt zu essen, »Also.. Naja, vielleicht war es ein bisschen gefährlich. Aber das ist ok, Luzifer war da«.

Die anderen schnappen nach Luft. Nur Hans' Kauen ist noch zu hören.

Nach einem verwirrten Moment der Stille erklärt er sich.

»Ich darf ihn so nennen, keine Sorge«.

»Welch Privileg!«, erschallt es über unseren Köpfen. Dort oben sitzt eine Frau an der Decke als säße sie am Boden, und knabbert an einem Brötchen. Niemand wundert sich darüber.

»Also, wenn ich ganz ehrlich bin..«, prahlt Hans und schließt schmunzelnd die Augen, ».. Hat seine Majestät mich sogar gerettet«.

Einige Dämoninnen sterben gerade vor Neid, was ich ehrlich gesagt ziemlich amüsant finde. Besonders jetzt, nachdem eine von ihnen so gemein zu dem Mädchen mit dem Halsring war.

»Bullshit!«.

»Es ist wahr!«, betont Hans und kippt seinen letzten Bissen mit einem Schluck Wasser aus einem Kelch hinunter, »Er hat mich vor dem Sturz von einem Berg bewahrt. Er allein hat sich mit einem waschechten Drachen angelegt, nur um mich in Sicherheit zu wiegen, damit ich meinen Auftrag zu Ende ausführen kann«.

»Wie romantisch.. «, sagt eine Dämonin verträumt.

»Das kann ich mir nicht vorstellen«, entgegnet Merelyn zurücklehnend, »Nummer eins hin oder her, seine Majestät hatte sicherlich andere Absichten im Sinn als nur deine Sicherheit«.

»Glaub was du willst«, sagt Hans schulternzuckend, »Ich jedenfalls hab meine Sache gut gemacht, und das hat er mir persönlich gesagt«.

»Deswegen seid ihr doch hier«, sage ich. Ich mische mich nicht gerne in fremder Leute Gespräche ein, aber da das hier ein wichtiger Teil unseres Lebens geworden ist, sollte ich die Hölle besser kennenlernen.

»Wie meinst du das?«, fragt Ruby interessiert.

»Lu- ich meine, seine Majestät«, fange ich unsicher an, »Er hat euch doch aufgenommen, weil ihr in Sicherheit sein wolltet. Sicher vor.. der Hölle«.

Das Mädchen mit dem Halsring stoppt in ihrer Bewegung und schaut still vor sich hin.

Merelyn seufzt.

»Das stimmt. Und das tut er auch. Er beschützt uns jeden Tag. Wir sind ihm wichtig«.

Sie nimmt einen Schluck aus ihrem Kelch.

»Mir geht nur diese Prahlerei von Kapitän Weichling hier auf die Nerven. Kleiner Tipp von einer mehrfachen Mentorin: Gib in der Hölle nie mit etwas an, sonst wird dich ein anderer lehren es zu bereuen«.

Hans errötet.

»Ok, schon verstanden... «.

Mein Magen knurrt leise, was mir nicht aufgefallen wäre, hätte Hans mich nicht darauf angesprochen.

»Hast du heute noch nichts gegessen?«.

Ich erinnere mich an meinen nervenzermürbenden Morgen, an dem zwar Klein Karen versorgt wurde, ich allerdings nicht.

»Mir geht es gut«.

»Nein, tut es nicht«, flüstert er ernst und stellt mir einen Frühstücksteller zusammen, »Wenn du ganz entschlossen arbeitest isst du nie. Bestimmt hast du dir keine Sekunde Ruhe gegeben, bis du mich gefunden hast, richtig?«.

»Naja.. Kann schon sein, aber-«.

Er stellt den Teller vorsichtig vor mich und lächelt. Ich lasse den Blick über die Dämonen und die Fülle an Essen schweifen.

»Hans, ich.. weiß nicht ob das so gut ist«.

»Als Kapitän Weichling erlaube ich es. Bitte, ich möchte mich um dich kümmern«.

Da kann man wohl nicht streiten.

»Hier«. Er stellt mir seinen Kelch Wasser hin.

»Danke«.

Für einen kurzen Moment schleicht sich mir die Frage in den Sinn, ob Menschen Essen aus der Hölle überhaupt verdauen können, wenn der Rest der Bediensteten rein dämonischer Natur ist.

Zaghaft probiere ich ein bisschen von der gebratenen Süßkartoffel und hätte in Tränen ausbrechen können so köstlich ist es.

Hans lächelt, belustigt darüber, wie ich nun das Essen hinunterschlinge, wo ich mich doch eben noch so dagegen gewehrt habe.

»Na, schmeckt's?«, fragt Merelyn und rupft einen Schaschlik-Spieß auseinander.

»Das ist fantastisch!«.

»Kann ich auch noch etwas haben?«, ertönt die Stimme der Frau an der Decke.

»Ey, ich glaub Sahira hat noch Hunger«, sagt Ruby und stupst Merelyn an. Diese steht widerwillig auf.

»Ugh, na schön. Bin gleich daaa!«.

Merelyn schnappt sich etwas Solides vom Buffet, das nicht leicht auseinanderbröseln kann, spannt ihre Fledermausflügel und fliegt dann geschwind in einer Aufwärtsspirale zu ihr hinauf.

Sie macht eine ganz schön elegante Figur in der Luft..

»Starr ihr nicht zu lange auf den Arsch, Mary«, entgegnet Ruby, »Sie ist eine Sukkubus und wird sich an dir volltanken«.

».. Hab ich doch gar nicht ¬////¬ «, murmele ich verlegen und widme mich wieder meinem Frühstück, als die Sukkubus den Rückflug antritt.

»Ja klar«, murmelt Ruby und kratzt sich am Rubinauge, das im Licht des Kronleuchters schimmert.

»Ähm«, fange ich an. Ich traue mich kaum zu fragen. »Dein Auge, ähm.. Wie kam es dazu?«.

Ruby schnaubt und rollt mit dem Auge, das sich noch rollen lässt.

»Das ist ihre Strafe«, erzählt Merelyn als sie sich wieder auf ihrem Stuhl niederlässt, »Als sie hier ankam und vor seiner Majestät beim Thron stand, beäugte sie gierig diesen großen, diamantförmigen Edelstein, der ganz oben auf dem Schatzhaufen neben den Treppenstufen lag. Tja, und seine Majestät dachte sich, wenn sie ihn so gern ansieht, dann soll sie ihn für immer ansehen. Und so bohrte er kurzerhand das spitze Ende des Edelsteins in ihren Schädel!«.

»Wie du immer übertreiben musst!«, schmollt Ruby.

»Ist das wahr?«, frage ich und esse weiter, auch wenn diese Geschichte mir ein bisschen den Appetit verdirbt.

»...Ja, ist es. Und?«.

»Das klingt... schmerzhaft«.

»Ach, es gibt schlimmeres. Ich hab's überstanden, lebe seitdem im schönsten Schloss der Unterwelt, esse die feinsten Speisen und sehe dabei auch noch eine Million Drachmen wert aus«.

»Mhm, seine Majestät ist sehr großzügig«, meldet sich Chi-Chi mit ein bisschen Höllenpropaganda, »Im Schloss wird gut für uns gesorgt! Es wird dir hier bestimmt gefallen, wenn.. naja«.

Ich schlucke den letzten Bissen hinunter.

»Wenn was?«.

»Na, wenn du stirbst«, sagt sie mit einem Lächeln.

Da ist es wieder. Die Sache mit dem Tod. Ich denke nicht gerne darüber nach. Aber die Frage schleicht sich doch einige Male in meinen Kopf: Wo komme ich nach meinem Tod hin? Und wird Hans bei mir sein?
 

»Er kommt«, flüstert eine kleinere Frau mit großen Augen.

Das haben die anderen gehört. Einige erheben sich und drängen sich um Hans und mich herum, als sie herumliegendes Geschirr stapeln. Andere schieben ihr Haar zurecht, klopfen sich Brötchenkrümel vom Kleid oder geben sich sonst Mühe präsentabel zu wirken.

Die Tür zum Speisesaal geht auf und keiner rührt sich. Wenn man vom Teufel spricht..

»Lasst euch von mir nicht stören«, sagt Luzifer und hebt besänftigend die Hand, als er an uns vorbeigeht. Er scheint meine Anwesenheit unter der Ansammlung schöner Frauen nicht bemerkt zu haben. »Genießt euer Frühstück. Ich bin sofort wieder weg«.

Ein enttäuschtes Raunen erklingt von einigen Dienerinnen.

Luzifer stoppt und hebt interessiert eine Augenbraue.

»So schade?«.

»Wir hatten gehofft, Ihr würdet noch mit uns plaudern«, erklärt ein mutiges Mädchen.

»Genau«, stimmt eine andere zu, »Nur für ein Weilchen?«.

Luzifer scheint zu überlegen und überfliegt die Reihen.

»Nun, bei einer so reizenden Gesellschaft«, beginnt er und scheint jede einzelne persönlich zu meinen, ».. würde ich doch niemals ablehnen~«.

Das zweite Mädchen kichert verlegen.

»Nundenn. Bis gleich, meine Täubchen«, sagt Luzifer und schlendert gut gelaunt durch die Küchentür. Ein gemeinsames, sehnsüchtiges Seufzen geht durch die Reihen, und als ich nun meinen Blick von ihm abwende, bemerke ich, dass Hans Teil davon ist. Er hat die Ellenbogen auf den Tisch aufgesetzt und hält mit beiden Händen seinen verträumten Kopf aufrecht.

Oh bitte! Er hat sich nicht einmal vernünftig angezogen! Die sind doch alle verblendet.

Ich mustere die nun leeren Teller vor uns.

»Hast du genug gegessen?«.

»Äh, was?«, fragt Hans und sieht mich an. »Oh! Ähm, ja, ich denke schon«.

Er stapelt das von uns benutzte Geschirr und steht auf.

»Ich bringe nur noch eben die Teller weg und dann-«.

»Du, mein Lieber«, sage ich und nehme ihm den Stapel ab, »bist mir ein bisschen zu eifrig das Geschirr in die Küche zu bringen. Ich erledige das«.

Er schmollt darüber, dass ich ihn beim Hinterherhecheln erwischt habe, und setzt sich.
 


 


 

Mit einem lauten Klappern stelle ich das Geschirr neben die Spüle und kündige meine Anwesenheit an.

Luzifer schließt eine Schranktür und schaut auf. Der Stiel eines Lutschers hüpft in seinem Mundwinkel als er mich angrinst.

»Mary! Welch eine Freude«.

Er scheint nicht im geringsten besorgt darüber zu sein, dass ich hier bin.

Ich erinnere mich gut daran, was Caren gesagt hat. Er mag es zwar nicht zeigen, aber er ist nicht so unbesiegbar wie er immer tut. Ich muss mich nur an das halten, was ich kann.

»Da sieht einer seelenruhig aus, dafür dass er meine Ankunft um Stunden verschlafen hat«.

»Wieso auch nicht, es ist nichts geschehen«.

Ich schnaube selbstsicher.

»Ich werde den Pakt sowasvon gewinnen«.

Sein Gesicht erhellt sich in interessierter Belustigung.

»Ach ja?«.

»Noch nie etwas von den "Mächten einer Frau" gehört?«, sage ich und deute an mir herunter.

»Ts«, er nimmt den Stiel des Lutschers aus dem Mund und deutet belustigt mit dem zerkauten Ende auf meine Figur. »Nicht einmal damit kannst du mich schlagen, Mary«.

»Warum nicht?«.

»Du vergisst, dass ich ein Dämon bin, meine Teuerste«, sagt er und schnippt den Stiel gekonnt in den nächsten Mülleimer, »Was kann ein menschliches Weib, dazu noch ein ziemlich flachbrüstiges, gegen mich ausrichten, wenn es heißt einen Menschen zu verführen? Ich bitte dich!«.

»Wer ist hier flachbrüstig?!«.

Er kichert und hebt die Hände vor sich.

»Hier, ich zeige es dir«.

Ein kleiner Schwall schwarzer Magie lodert auf und verwandelt Luzifer augenblicklich in eine weibliche Version von sich selbst. Ihre nachtschwarzen Locken sind jetzt so lang, dass sie ihr bis zur Hüfte reichen. Ihr perfektes Gesicht hat weichere Züge und sieht femininer aus, auch wenn Luzifer sonst auch nicht gerade das Musterbeispiel einer maskulinen Erscheinung ist. Diese weibliche Luzifer ist groß, sexy - und das schlimmste von allem: gegen ihre Melonen sind meine Brüste Äpfel! ಥ_ಥ

»Und~? Was sagst du dazu?«. Sogar ihre Stimme klingt bezaubernd!

»Ich... wusste nicht, dass du das kannst.. «.

»Wie gesagt, du hast keine Chance. Anders als du bin ich nicht nur an ein einziges Geschlecht gebunden; die Möglichkeiten sind grenzenlos. Süß, wie du versuchst mir zu trotzen«.

So, wie sie mich kleinredet mit dieser dominanten Ausstrahlung, glaube ich ihr fast aufs Wort. Ich kann nicht gegen soeinen Gegner ankommen. Die Wette war ein Fehler.

»Aber ich muss meine Kräfte nicht dafür verschwenden«, sagt Luzifer und verwandelt sich wieder in seine ursprüngliche Gestalt. Und jetzt wo ich ihn sehe, so wie er immer ist, kommt mir die Vernunft wieder in den Sinn. Nein, ich darf nicht aufgeben! Das käme ihm doch nur recht!

»Hey! Keine miesen Tricks bei der Wette! Lass es gefälligst fair!«.

»Nix da!! Dann hättest du die Bedingungen für den Pakt klüger stellen sollen. Änderungen der Regeln werden nicht geduldet!«.

Er lässt seine Dämonenflügel erscheinen und setzt sich in der Luft in den Schneidersitz, wahrscheinlich weil ihn das lange Herumstehen so langsam stört.

»Aber sind deine Regeln! Die musst du doch ändern können!«.

Er verschränkt die Arme.

»Nein, höchstens durch einen höheren Einsatz!«.

Ein höherer Einsatz..

»Wenn du gewinnst...«, fange ich an und gerate jetzt schon ins Stocken. Ich habe diese blöde Wette ja nur begonnen, um herauszufinden, wen Hans mehr liebt. Sollte es Luzifer sein dann.. will ich ihm nicht länger im Weg stehen. Schließlich will ich doch, dass Hans glücklich ist.

»... Dann bekommst du Hans.. für immer«.

»Ich denke, das reicht noch nicht«, sagt er erwartungsvoll.

Ach... Nachdem ich Hans verloren habe, kann es nicht noch schlimmer kommen...

»Ich biete mich dir als Opfer an, Satan«.

Er sieht zufrieden aber ernst aus.

»Gut. Stelle nun deine Bedingungen«.

Ok Mary, denk nach! Überleg dir gut, was du jetzt sagst und wie du es formulierst!

»Ich will ein neues Ziel!«.

Er horcht auf. Gut, dann mal los.

»Es geht nicht mehr darum, wer Hans zuerst dazu bekommt mit der- oder demjenigen zu schlafen. Ab jetzt geht es darum, wer zuerst Hans' wahre Liebe für sich gewinnt! Folgende zusätzliche Regeln treten nun in Kraft: Keine gefühlsverändernden Verzauberungen, Manipulation, Vergewaltigungen, Morde, Handgreiflichkeiten, Gewalt oder Erpressungen! Von nun an wird es fair verlaufen«.

»Ist das alles?«, fragt er geduldig.

»Wenn du gewinnst, bekommst du Hans und mich«.

Erst jetzt, da ich es direkt ausspreche, wird mir richtig klar, was das bedeutet. Es würde bedeuten ich müsste für immer zusehen, wie er sich an meinen Mann ranmacht, und kann nichts dagegen tun. Dieser Gedanke bringt mein Blut zum Kochen.

»Aber wenn ICH gewinne, lässt du Hans und mich und meine ganze Familie für immer in Frieden und Hans gehört dir nicht mehr!«.

Als er ihn verletzt hatte, war Hans so verängstigt gewesen, dass ich in seine Augen sehen und erkennen konnte, dass der Bann, in den Luzifer ihn gezogen hatte, für einen kurzen Moment gelichtet war. Ich sah die Furcht und Verwirrung eines Menschen, der jahrelang unter des Teufels Einfluss ertrank. Hans war in diesem kurzen Moment mehr er selbst als er es je gewesen ist, seit ich ihn kenne. Und er rief nach Hilfe. Ich wusste, ich muss versuchen ihn von seinen Fesseln zu befreien.

»Wenn ich gewinne«, fahre ich fort und wähle meine Worte so bedachtsam wie noch nie. Wenn ich schon alles einsetze, was ich habe, soll ich auch alles bekommen, was ich will. »... Dann sicherst du Hans, Klein Karen und mir eine gute Zukunft, ohne dass wir uns jemals Sorgen machen müssen gesellschaftlich und/oder existenziell abzusinken. Und du und dein Gefolge kommt uns nie wieder in die Quere, wenn ich mich nicht persönlich melde oder ich euch besuche oder um Hilfe bitte«.

Luzifer gönnt mir noch ein paar Sekunden Bedenkzeit, lächelt dann aber und legt sein Kinn auf seinem Handrücken ab.

»Hmmm.. Nicht schlecht. Aber wenn ich gewinne, gehören Hans, Klein Karen und du, Mary, komplett mir«.

»Nein! Meine Tochter hat damit nichts zu tun!«.

»Du darfst die Bedingung ändern, dann darf ich es auch«.

Meiner Tochter wollte ich all das hier ersparen. Ihr ein sorgenfreies Leben ermöglichen. Aber so wie die Dinge stehen, schaffe ich es nicht. Ich stecke schon zu tief drinnen. Allerdings habe ich keinen Zweifel an Hans' Gefühlen für mich, und das hier ist die einzige Chance, die mir bleibt, um ihn nicht zu verlieren. Wenn das hier klappen sollte, dann gehören all unsere Sorgen der Vergangenheit an.

Luzifer landet und zieht damit einen Schlusstrich.

»Und? Wie lautet deine Entscheidung?«.

»Na gut. Wenn wir somit an ein besseres Leben kommen...«.

»Gut. So sei es«.

Der Raum um mich herum verschwimmt und wird dunkel. Eine Feuerwand schneidet Luzifer und mich vom Rest der Welt ab. Eine Illusion, wie mir scheint. Oder vielleicht die Manifestation der Magie des Paktes, der durch die Neuerungen neu besiegelt wird.

Mein Gegenüber beschwört ein langes Pergament herauf, wo Wort für Wort alles geschrieben steht, was gesagt wurde. Ein Vertrag. Wenn mich all die Geschichten über den Teufel eines gelehrt haben, dann dass man Verträge bis ins kleinste Detail durchlesen sollte. Und das tue ich auch, was er mir nicht übel nimmt.

Es sind keine faulen Tricks zu erkennen; das hier ist lediglich das, worauf wir uns geeinigt haben. Unten am Ende des Papiers ist eine Lücke, wo eine Unterschrift Platz finden kann.

Statt einen Stift zu suchen nimmt Luzifer meine Hand an sich und beißt mir mit einem seiner Fangzähne in den Finger.

»Au...«, entfährt es mir, als ich über den kleinen Piekser zusammenzucke.

Er hält meine Hand über das Papier und drückt vorsichtig zu. Ein Tropfen meines Blutes fällt auf das Pergament hinab und landet genau auf der Unterschriftstelle. Der Pakt ist besiegelt. Es gibt kein Zurück mehr.

Er lässt von mir ab und rollt den Vertrag auf magische Weise schnell und effizient wieder ein.

»Drei Seelen zum Preis für ein perfektes Leben... Wie egoistisch, Mary«.

»Majestät!«, erschallt eine bekannte Stimme durch den Raum und durchbricht die Illusion. Wir sind wieder zurück in der Küche des Schlosses, und die große Caren läuft besorgt auf uns zu. Als sie vor uns zum Stehen kommt, verbeugt sie sich.

»Was ist los?«, fragt Luzifer ernst und lässt das Pergament verschwinden.

»E-Ein Eindringling wünscht Euch zu sehen, Eure Hoheit«.

»Wie konnte etwas dergleichen passieren, Caren?«.

»Ihr... habt eine Wache getötet und bisher nicht ersetzt, Majestät«.

»Ach ja, Peet... «, fällt es ihm wieder ein und kneift sich gestresst zwischen die Augen. »Ich kümmere mich darum«.

Ohne ein weiteres Wort geht er an Caren vorbei, die sich noch einmal verbeugt und zuschaut, wie er durch die Tür von dannen zieht.

Sie wendet sich an mich.

»Du und deine Familie solltet euch ins innere Gewölbe zurückziehen. Es ist nicht sicher in der Nähe des Eingangsbereichs«.

»Was geht hier vor?«, frage ich die Harpyie und hoffe auf beruhigendere Worte.

»Jedenfalls nichts Gutes«, flüstert sie und schleicht sich zu einem Regal, in dem ganz oben ein verstaubtes Glas mit eingelegtem Meerrettich steht. Dieses hebt sie kurz an und schon erscheint ein Geheimgang an der Wand.

»Hier entlang«.

»Aber was ist mit—?«.

»Keine Sorge, die anderen warten bereits. Ich habe Hans in Sicherheit teleportiert«.

Und mit einem Mal bin ich froh darüber, dass Caren seine Mentorin ist.

Auge um Auge

~ Luzifers Sicht ~
 

Erst musste ich Marys Tochter durch die Welten suchen, dann Mary davor bewahren durch meinen Sohn die Finger abgebissen zu bekommen — selbst wenn ihr meine Methode nicht gefallen hat — und jetzt muss ich sie und ihre Familie in Sicherheit bringen, bis dieser sogenannte Eindringling weg ist. Wann immer Mary hier ist, gibt es Ärger.

Wie dem auch sei. Das neue Ziel für die Wette macht mich stutzig. Und die Bedingungen dazu. "Keine Verzauberungen", huh? Man kann wahre Liebe nicht zaubern, das weiß doch jedes Kind. Wo kämen wir denn hin, wenn das wirklich möglich wäre?
 

In der Eingangshalle drängt sich der ganze Haufen der Servants aneinander, die bis vorhin noch gefrühstückt haben.

Es liegt ein seltsamer Geruch in der Luft, der durch den Zugwind aus der nur angelehnten Eingangstür durch den Raum getragen wird.

»Lasst mich durch«, sage ich, als ich mich durch den Tumult hindurchdränge, »Was ist das hier für ein Aufruhr?«.

Erst jetzt bemerke ich den sogenannten Eindringling. Ich betrachte die geflügelte Gestalt mit dem schwarzen Haar und der dunklen Stoffjacke und erkenne, dass es sich bei dem Fremden um einen Engel handelt. Natürlich! Hätte ich gleich drauf kommen sollen.

Als er mich sieht bäumt er sich auf und spricht laut und bestimmt, damit es alle hören können.

»Seid Ihr der Teufel?«.

»Jup«.

Er scheint überrumpelt zu sein von meinem schlichten Umgangston, denn sein vorher zurechtgelegter nächster Satz ist ihm wohl entfallen.

»Was willst du, ich habe nicht den ganzen Tag Zeit«.

Er räuspert sich und fängt von Neuem an.

»Ich verlange die Freilassung meiner Schwester!«.

»... Wer?«.

»Angel! Meine Schwester!«.

»Da klingelt bei mir nichts«.

Einige der Mädels hinter mir kichern, verstummen dann aber als sie sich den Ernst der Lage wieder ins Gewissen rufen.

»Und wer bist du?«.

»Ich bin Izaya Orihara II. Und ich bin hier, um meine Schwester Angel mit nach Hause zu nehmen!«.

Ich sehe diesen seltsamen Kerl heute zum ersten Mal, aber irgendwoher kenne ich den Namen seiner Schwester. Nur woher...?

»Izaya...«, meldet sich eine melancholische Stimme aus der Menge hinter mir. Zwischen den Servants tritt Alice hervor, der ein paar Tränen über die Wangen kullern, und geht langsam auf den Engel zu.

Natürlich, jetzt verstehe ich! Das war der Name, den sie trug, bevor sie ihr neues Leben in meiner Obhut begann.

Noch bevor sie an mir vorbeikommt, halte ich eine Hand schützend vor sie und hindere sie so am Weitergehen.

»Alice bleibt bei mir. Sie gehört in die Hölle und daran ändert sich nichts«.

»Ich möchte mit ihm reden...«, sagt Alice sanft aber deutlich.

Ich mustere sie. Sie schaut nach vorn aber auch zu Boden, so wie sie es normalerweise tut, wenn sie mir antwortet.

Aber jetzt gerade hat sie nicht nur geantwortet, nein, sie hat von sich aus einen klaren Wunsch geäußert. Das hat sie - seit sie im Dienst ist - noch nie getan. Alice hat sich nie beschwert, weder über die Arbeit, noch über die Strafen, noch über die Art, wie die anderen sie behandeln. Aber das hier ist ihr wichtig genug, um den Mund aufzumachen? Wie es aussieht steckt mehr in ihr, als sie preisgeben möchte.

»Schön«, sage ich und nehme die Hand runter, »Du darfst sprechen«.

Sofort läuft sie zu dem Engel, der daraufhin ihre Hände fest in seine schließt.

»Angel! Wie geht es dir? Ich hole dich hier raus«.

»Izaya..«.

»Es gibt tolle Neuigkeiten! Nina und ich werden heiraten! Und du wirst dabei sein. Von nun an brauchst du dir keine Sorgen mehr zu machen, ich rette dich!«.

»Du musst gehen!«, drängt sie.

»Was?!«, fragt er und lässt die Schultern sinken, »Wieso? Willst du denn nicht heimkehren?!«.

Alice lässt ihn los und faltet ihre Hände wie zu einem Gebet. Sie lächelt ihn an, aber die Tränen kommen wieder.

»Ich liebe dich sehr, Izaya, aber ich bin eine Verstoßene. Selbst wenn du mich zurückholen könntest, ich würde nicht akzeptiert. Ich habe mich dem Teufel bereits hingegeben und trage die Strafe für meine Sünden. Bitte Izaya, vergiss mich. Ich bin unrein und kann nie wieder zurückkehren. Ich.. darf kein Engel mehr sein«.

Es ist still, sogar die Servants hören ihr gebannt zu.

Die Miene ihres Bruders verhärtet sich und er versteckt seine Fäuste in den Jackentaschen.

»Du glaubst doch selbst nicht, dass ich dich jemals zurücklassen würde, Angel«.

»Versteh doch, so ist es das Beste..«.

»Nein, ich lasse das nicht zu!«.

»Bitte, Izaya!«, schluchzt sie nun und drückt ihn ganz fest, »Bitte. Flieg heim. So lange du das noch kannst..«.

Leise und heimlich zieht er die rechte Hand aus der Tasche und fixiert mich mit einem eisigen Blick.

»Nicht ohne dich«, flüstert er und wirft das Messer.
 

Rucinda kann nicht nur willkürlich ihre Größe ändern, sie ist auch die Geschickteste mit dem Schwert, weswegen sie das Projektil sofort mit ihrer treuen Klinge abfängt, bevor es mich trifft. Währenddessen zucke ich nicht einmal mit der Wimper, denn ich habe vollstes Vertrauen in meine Auserwählten. Nicht einmal mit einer Million dieser kleinen Giftmesserchen könnte dieser freche Engel mir etwas anhaben, erstrecht nicht wenn so viele Servants direkt hinter mir versammelt sind. Also wirklich, er sollte wissen, dass es sie nur verärgert.

Rucinda will sich gerade für diese Freveltat rächen, da schubst Alice ihren Bruder fort, was ich so interessant finde, dass ich meine wütende Schwertträgerin zurückhalte.

»Greife nicht ein«, flüstere ich. »Ich will sehen wie sich das entwickelt«.

»Izaya, warum hast du das getan?!«.

Ihr Bruder schaut sie entgeistert an.

»Wovon redest du?! Der Teufel ist unser Erzfeind!!«.

»Ihn zu töten ist nicht die gute Tat, für die du sie hältst!«.

»Verteidigst du ihn etwa?!«.

»Verdammt, Izaya!«, ruft Alice zutiefst verletzt, »Hast du die zehn Gebote vergessen? Du sollst nicht töten!!«.

Und erneut herrscht für einen kurzen Moment Stille.

Auch wenn es mir nicht passt, dass eine meiner Dienerinnen ausgerechnet Elohims Regelbuch zitiert, so muss ich sagen, dass mich ihr starker Wille schon beeindruckt.

Izaya wendet sein hasserfülltes Gesicht nun wieder mir zu.

»Ihr seid Schuld an all dem!«, knirscht er. »Ich komme wieder. Seid gewarnt, Satan! Von nun an herrscht Krieg!«.

Er schlägt mit den Flügeln und verschwindet so schnell zur Eingangstür hinaus, wie er gekommen war.
 

Alice sinkt kraftlos auf die Knie und weint leise. Es muss hart für sie sein ihren Bruder nach so langer Zeit wiederzusehen, nur damit die wahrscheinlich letzte Interaktion mit ihm in einem Streit endet.

»Toll gemacht, Alice! Wegen dir haben wir eine Kriegserklärung am Hals«, meldet sich eine sarkastische Stimme aus der Menge, woraufhin andere genervt aufstöhnen oder mit den Augen rollen.

Nach all dem stillen Beobachten, melde ich mich nun auch zu Wort.

»Immer mit der Ruhe, Kinder. Der kommt sicher nicht wieder«.

»Ihr irrt euch«, sagt Alice hart und bestimmt. »Er wird wiederkommen«.

»Bist du dir da ganz sicher?«.

Sie steht auf.

»Das bin ich. Wenn sich Izaya erst einmal etwas in den Kopf gesetzt hat, dann zieht er es auch durch. Nichts und niemand kann ihn dann aufhalten«.

Ich habe guten Grund ihr das zu glauben, schließlich hat dieser Typ vor weniger als 5 Minuten einen Anschlag auf mich gewagt.

»Dann müssen wir bereit sein«, erkläre ich den Servants und trete an die Seite meines gefallenen Engels.

Behutsam lege ich ihr eine Hand auf die Schulter.

»Und du, Alice«, sage ich und sie mustert mich ehrfürchtig, »Erzählst mir alles, was du über ihn weißt«.

Dies ist der Moment, in dem Alice ihre Loyalität mir gegenüber beweisen kann. Mutig ist sie. Sie könnte mir trotzen, wenn sie wollte. Sie würde nicht davor scheuen deswegen mehrere Stromschläge in Kauf zu nehmen. Alice ist zäh, und ich will sie auf meiner Seite wissen.

»Sehr wohl, Herr«, antwortet sie und sieht zu Boden.

Ich nehme die Hand runter.

»Das wollte ich hören«.

Mit einem Räuspern drehe ich mich zu den anderen um.

»Führt umgehend Wartungen an der Verteidigung und am Tunnelsystem durch. Selbst wenn dieser Izaya kein Seraph ist, so hat er bestimmt ein Gefolge. Sollte es groß sein, brauchen wir vielleicht Geschütze. Sollte es klein sein, müssen wir umso vorsichtiger vorgehen. Wir können kein Schlupfloch riskieren. Also. An die Arbeit«.

»Sehr wohl, Herr!«, sagen alle gleichzeitig, verbeugen sich und ziehen schnell von dannen.

Ich wende mich wieder an Alice.

»Triff mich in 30 Minuten in der Bibliothek«.

»Verstanden«, krächzt sie zur Antwort und geht gedankenverloren ihrer Wege.
 


 


 


 

In meiner umfangreichen Sammlung an Büchern sind auch einige über strategische Kriegsführung zu finden. Dies hier ist gewiss nicht die erste Auseinandersetzung, die ich mit dem Himmelsgefolge erlebt habe. Und bestimmt auch nicht die letzte.

Ein ganzer Haufen Lektüre liegt bereits unordentlich ausgebreitet auf dem kleinen Tisch neben mir. Ich blättere gerade in einem Buch über Luft-Abwehrgeschütze, welches ich mir einst von meiner Cousine Athene ausgeliehen habe, da öffnet sich die Tür zur Bibliothek und Alice lugt durch den Spalt.

»Ihr wolltet mich sprechen, Herr?«.

Von meinem Sessel aus winke ich sie heran.

Leise tippelt sie zu mir herüber und bleibt mit einem Meter Abstand stehen, wartend auf weitere Anweisungen.

»Setz dich«, sage ich und deute auf den gepolsterten Hocker direkt vor mir.

Sie gehorcht.

Angespannt sitzt sie da und gräbt ihre Finger in den Saum ihres Kleides. Ihre Miene ist gezeichnet von Schuldgefühlen.

»Was liegt dir auf der Seele, Alice?«.

»Nur das Übliche«.

Ich lächele sie geduldig an.

»Ich weiß, dass du dir Mühe gibst nicht aufzufallen. Doch ich sehe dich. Und jetzt siehst du so aus, als stünde dein frühes Ende bevor«.

Ihre Fingerknöchel werden vor Anspannung weiß.

»Es tut mir so leid, ich wollte das nicht«.

»Was tut dir leid?«.

»Die Kriegserklärung. Dieser Schlamassel, in den in Euch gebracht habe«.

»Sei unbesorgt. Diese gefiederten Wichtigtuer da oben finden ständig Gründe mir das Leben zu erschweren. Ich mache dir in dieser Sache keine Vorwürfe. Oder ist dein Halsring etwa von selbst losgegangen?«.

Sie schüttelt den Kopf.

»Mit Verlaub, Eure Majestät, aber ich verstehe es nicht. Ihr hättet mich ausliefern-, mich beim Versuch der Hölle zu entkommen scheitern lassen können, aber das tatet Ihr nicht. Wieso?«.

Sie sieht so verängstigt aus wie am ersten Tag. Damals ist sie eine lange Zeit vor den Grausamkeiten der Hölle geflüchtet, bis sie letzten Endes aus Verzweiflung hier anklopfte.

Vorsichtig lege ich das Buch beiseite und lehne mich vor.

»Als ich dieses Schloss erbauen ließ, legte ich einen Eid ab«, erkläre ich und schaue ihr in die Augen, auch wenn sie mich nicht anschaut, »Ich schwor, jedem Schutz vor der Außenwelt zu bieten, der hier welchen sucht. Und als du zu mir kamst, Alice, galt das auch für dich. Ich habe geschworen dich zu beschützen und genau das werde ich auch tun«.

Nach diesen Worten wagt sie es mich anzusehen. Und als ihre kristallblauen Augen das erste Mal seit fünf Jahren wieder auf meine treffen, entspannen sich alle Muskeln in ihrem sorgenvollen Gesicht und verwandeln sich in stilles Staunen.

»Und wenn es Euch nicht gelingt?«.

Ich schenke ihr ein Lächeln.

»Ich halte immer mein Wort«.

Und zum aller ersten Mal lächelt sie auch für mich.
 

Das Gespräch mit Alice ist äußerst lehrreich. Sie erzählt mir alles, was ich über ihren Bruder wissen muss. Dieser Izaya Typ hat ein großes Gefolge im Himmel, was bedeutet, er wird mit vielen Engeln aus den unteren Gesellschaftsschichten angreifen. Die Sorte Leute, die sich nicht davor scheut ab und zu mal die heiligen Händchen schmutzig zu machen.

All diese Engel zusammenzutrommeln und voll bewaffnet eine Kriegsstrategie auszuhecken dauert mindestens zwei Wochen. Sollten sie es im Verborgenen tun, ohne Elohims direkte Zustimmung, sogar 3 Wochen. Wir haben noch genug Zeit, bevor sich etwas zusammenbraut. Nichtsdestotrotz müssen wir bereit sein. Jede kleine Information hilft.

»Izaya neigte schon als Kind dazu nur seine eigene Realität zu glauben«, fährt Alice fort, »Mit dem Alter wurde es schlimmer. Man kann ihn nur sehr schwer von etwas überzeugen, das seiner Vorstellung widerspricht, selbst wenn es die Wahrheit ist«.

»Was bedeutet, er wird nicht ruhen bis sein Ziel erreicht ist«, schlussfolgere ich.

Sie nickt.

»Er weiß nicht, worauf er sich einlässt. Wenn ich ihn doch nur dazu bringen könnte die Waffen niederzulegen und einzusehen, dass es für mich kein Zurück mehr gibt.. «.

»Würdest du denn zurück wollen?«.

Diese Frage lässt sie verstummen. Wie es aussieht öffnet sie sich nicht so leicht gegenüber jemandem, der Macht über sie hat. Schon gar nicht, wenn sie fürchtet, ihre Antwort könnte mich erzürnen.

»Ich nehme es dir nicht übel«, sage ich und räume die benutzten Bücher wieder an ihren Platz, »Auch ich habe anfangs nach Wegen gesucht wieder zurück zu kommen. Es war mein Zuhause. Aber.. Irgendwann habe ich aufgehört. Nicht weil ich aufgegeben habe, sondern weil ich erkannte, dass Elohim mich niemals so akzeptieren wird wie ich bin. Genauso wenig wie der Rest da oben«.

Sie überlegt schweigend und schaut zu Boden.

»Natürlich vermisse ich es. Meine Familie, die ich nie wieder sehen werde. Und auch nicht, was aus ihnen wird«. Sie lächelt traurig in sich hinein. »Izaya wird unsere gemeinsame beste Freundin heiraten. Ich wäre wirklich gern da für ihn und ich freue mich, dass er glücklich ist, aber.. ich könnte es nicht ertragen«.

»Wegen ihr«, ergänze ich und stelle das letzte Buch ins Regal, »Ist es nicht so?«.

Alice beißt die Zähne zusammen.

»Das stimmt nicht..«.

Ein Stromschlag von ihrem Halsring bringt sie kurz zum aufschreien. Sie atmet tief durch, um den Schmerz zu vertreiben.

Ich wende mich ihr zu.

»Stell dich nicht dumm, das steht dir nicht«.

Sie meidet meinen Blick. Liebeskummer ist ihr ins Gesicht geschrieben. Diesen Ausdruck sehe ich oft, wenn ich mich zu lange mit Aphrodite unterhalte.

»Das spielt alles keine Rolle mehr. Ich diene nun Euch, Majestät«, erklärt sie und nimmt Haltung an, »Ich habe nur eine Bitte«.

»Und die wäre?«.

Alice faltet ihre Hände vor der Brust und schaut mich direkt an.

»Bitte tötet ihn nicht. Izaya ist immer noch mein Bruder, und er verdient eine Zukunft. Und Nina verdient es glücklich zu sein«.

»... Ist dir klar, worum du mich da bittest?«.

Ihr Blick bleibt gezielt und eisern.

»Du willst also, dass ich den Engel verschone, der mir den Krieg erklärte und versucht mich umzubringen?«.

»Ja«.

... Ihre Willenskraft ist beneidenswert.

»Na gut. Ich werde ihn nicht töten, versprochen«.

Sie atmet leise auf und nimmt die Hände runter.

»Vielen Dank, Eure Hoheit«.

»Jaja, schon gut«, winke ich ab. »So. Ich muss los. Und du, Alice, wirst Hermes eine Nachricht überbringen, dass er mir alle Engelssichtungen auf Höllenwegen umgehend mitteilen soll. Allerdings macht er nichts ohne entsprechende Bezahlung«.

Ich materialisiere einen gefüllten Münzbeutel aus Leder und lasse ihn in ihre zarten Hände fallen.

»Das sollte genügen, um ihn zufrieden zu stellen«.

»Verstanden«, sagt sie und verneigt sich.

Schnellen Schrittes verlässt sie den Raum und kümmert sich ohne Umschweife um ihre Aufgabe.

Heh, welch ein rätselhaftes Mädchen..

Ein Ort für uns

~ Hans' Sicht ~
 

Ich glaube, ich wurde etwas zu weit teleportiert. Das hier ist nicht das innere Gewölbe des Schlosses. Nur, wo bin ich dann?

Der Raum ist groß, rund und riecht nach Parfüm. Kerzenschein erhellt die Umgebung nur spärlich. Seidene violette Vorhänge erstrecken sich so ziemlich überall, der Boden ist aus Marmor und ein großes rundes Bett steht auch hier. Das ist alles, was ich erkennen kann. Etwa ein Schlafzimmer?

»Na hoppala«, erklingt eine Frauenstimme hinter mir.

Eine elegante junge Dame mit langem braunen Haar in einem antiken Gewand sitzt an einem Schminktisch und trägt roten Lippenstift auf. Sie hat mir den Rücken zugekehrt.

»Verzeih mir, dass ich dich abfangen musste, aber ich konnte es einfach nicht lassen!«, singt sie und klingt bei ihrer Wortwahl ein bisschen wie meine Mutter, die sich mal wieder nicht zurückhalten konnte und zu viele Klamotten gekauft hat.

»Ähm, entschuldige bitte die Frage, aber wie-, wer-?«.

»Ich sagte einst, dass ich mich über einen Besuch von dir freuen würde, Hans. Und siehe da, du bist gekommen. Ich mag zuverlässige Männer«.

Sie erhebt sich und dreht sich endlich zu mir um. Ihr Gesicht ist makellos schön, der Lippenstift steht ihr vorzüglich und ihre Toga betont durch eine Art Silbergürtel ihre Kurven.

»Na, erkennst du mich jetzt?«.

Also irgendwo in meinem Kopf klingelt etwas. Sie kommt mir bekannt vor, nur ich komme nicht darauf.. Sind wir zusammen zur Schule gegangen? Nein, das ist es nicht. Ok, das war miserabel geraten. Mein damaliger Schwarm Julia hat ja auch keine magischen Kräfte, mit denen sie Teleportfeuer umlenken kann. Oder etwa doch?? :0

Die Frau lacht.

»Du bist manchmal nicht sehr helle, was?«.

Ihr Lachen erinnert mich an Marys, so wie sie die Nase krauszieht auch. Und obwohl sie mich anscheinend auslacht, fühle ich mich kein bisschen beleidigt. Sie klingt auch nicht gehässig, nur verspielt.

Ich blinzle die Ähnlichkeit weg und konzentriere mich.

»Ich habe das Gefühl, ich bin schon einmal hier gewesen«, gebe ich zu.

Sie streicht sich eine Strähne hinters Ohr, die sich an den Enden zur Locke kräuselt. Die Frau kommt näher.

»Aha, und weiter?«.

Sie ist genauso groß wie Luzifer und bewegt ihr Handgelenk genauso elegant. Ihre Stimme ist tief und samtig, wie die einer Blues Sängerin.

»Ich gebe dir einen Tipp«, sagt sie und nimmt sich ein Kissen von ihrem Bett, »Das hier habe ich nach meinem Ex geworfen und du hast gelacht«.

Jetzt trifft mich die Erinnerung wie ein Schlag (lustige Sachen merke ich mir am besten).

»Du bist Aphrodite!! :0«.

»Mhm!«, gluckst sie knuffig.

»Du hast mir damals mit meinem Auftrag geholfen! Ich war mit Luzifer hier, kurz bevor er mich—«. Ich breche ab. Da war ja was.

»Interessant«, sagt sie und tänzelt um mich herum, »Du wirst ganz verlegen, wenn du an ihn denkst. Luzifer Devil~ Der Herzensbrecher. Und die Schönheit von Andros~ <3. Mein Charme hat euch beide benebelt«.

Sie mustert mich prüfend von allen Seiten.

»Oh weh, und Eros gibt euch den Rest«.

Sie lacht wieder.

»W-Was soll das bedeuten?«.

»Nein, wie tragisch!«, kichert sie.

»Was ist tragisch?«.

Die Göttin stellt sich direkt vor mich und schaut mir tief in die Augen. Dann wird ihr Ausdruck ganz melancholisch.

»Oh, du armes Ding! Du bist zwiegespalten. Zwei Lieben zerren an deinen Gefühlen, es zerreißt dich schon fast«.

Ich halte inne. Bestimmt weiß sie so etwas auf magische Weise. Als Göttin der Liebe und so. Ihr kann man wohl nichts vormachen.

Sie tätschelt meine Wange.

»Ach Mäuschen..«, sagt sie ganz mitleidig, »Eine schwere Bürde ist dir aufgebunden worden. Das Schicksal hängt von dir ab, kleiner Held«.

Das Schicksal.. Oh Mann, das macht mich nervös. Muss ich die Welt retten? Von welcher Bürde sprechen wir hier?

»Warum hast du mich hergeholt?«.

Sie nimmt die Hand runter und schmunzelt.

»Erst wollte ich sehen, was das für starke Energien sind, die von dir ausgehen. Und ich muss sagen, ich bin beeindruckt. Du wirst mir noch eine fesselnde Geschichte erschaffen, die ich auf keinen Fall verpassen will. Aber sei gewarnt. Die Liebe verlangt manchmal große Opfer«.

Die Worte kreisen durch meinen Schädel, als ob dieser versuche sie einzufangen und einen Sinn daraus zu finden.

»Du bist mir ein Rätsel, Lady«.

»Ich tue, was ich kann, aber nicht mehr als ich darf«, meint sie und wendet sich von mir ab und summt im Gehen einen Singsang vor sich her. »Der Herzensbrecher oder die Flammenrose. Wer wird gewinnen? Das ist ja so aufregend!«.

Ein Opfer also.. Noch dazu ein großes. Wie auch immer mein Schicksal aussieht, werde ich es damit erfüllen?

»Äh, hey, du kannst mich doch nicht einfach stehen lassen. Was für ein Opfer wird das sein? Und wozu? Sag mir, was ich tun soll!«.

Aphrodite schreitet elegant zur Tür und lächelt mich geheimnisvoll an.

»Bald wirst du es verstehen. Oh, und eins noch: Er mag es am Schweif ;)«.

Mit diesen Worten verlässt sie den Raum und zaubert mich fort.
 


 

Ich bin sicher, was auch immer da gerade los war, ich sollte es nicht vergessen. Götter haben meist nur kryptische Beschreibungen und vage Vorahnungen zu bieten, wenn es darum geht, Auskunft über die Zukunft zu bekommen.

Es macht mich stutzig, dass sie mich einfach so aus dem Nichts ge-teleportfeuer-nappt hat.

Aber vielleicht hat sie nicht mich heraufbeschworen, sondern ich sie.

Um ehrlich zu sein bin ich wirklich ziemlich verwirrt. Ich weiß nicht recht, wo ich hingehöre. In die Hölle, zu Luzifer und den anderen, wo ich nach meinem Tod aufgenommen wurde? Oder auf die Erde, zu meiner wunderbaren Familie, mit der ich von Anfang an glücklich hätte zusammenleben können, wäre ich nicht verfrüht dahingeschieden?

Das ist alles so schwer herauszufinden. Aber ich glaube, Aphrodite will mir bei der Suche helfen. :)
 


 

Die Lage im Schloss ist angespannt. Ich allerdings glaube, dass Luzifer bestimmt alles unter Kontrolle hat. Ich war dabei, als er es mit einem waschechten Drachen aufgenommen hat! Also wenn man mich fragt, gibt es keinen Ort an dem ich mich sicherer fühle als hier. Und dabei bin ich in der Hölle, schon ironisch.

Trotzdem müssen wir in Sicherheit bleiben, bis die vermeintliche Gefahr vorüber ist.

Nach meinem ungeplanten Besuch im Hause Aphrodite sitze ich nun bei Helena im Zimmer, zusammen mit Mary und den beiden Kindern. Mary kann ihren besorgten Blick nicht von unserer still vor sich hin spielenden Tochter abwenden.

»Ein Eindringling im Schloss..«, murmelt sie, »Ist das hier schon einmal vorgekommen?«.

»Nicht seit ich hier bin«, antwortet Helena, die den kleinen Dev fest in ihre Arme geschlossen hat, als seien unsichtbare Minen im Zimmer verteilt. »Aber es wird schon alles gut werden. Warten wir einfach so lange, ja?«.

Mary nickt.

Ich seufze.
 

Es vergeht eine Ewigkeit.

Doch dann, irgendwann, öffnet sich die Tür.

Caren kommt herein und alle schauen zu ihr auf.

»Die Späher haben das Gebiet rund ums Schloss gesichert«, sagt sie schließlich, »Es ist alles in Ordnung. Ihr könnt euch wieder frei bewegen«.

Mary atmet erleichtert auf. Helena gibt Dev ein Küsschen auf eins seiner winzigen Hörner und lässt ihn gehen, was ihm nur recht ist. Helena behandelt die Situation jetzt eher wie eine kurzweilige, mindere Unannehmlichkeit. Dabei war sie doch vorhin so ängstlich gewesen.

Ich stehe auf.

»Ich sehe nach Luzifer«.

Mary schaut mich an.

»Sei aber vorsichtig, ja?«.

»Sicher«.

Mit diesen Worten verlasse ich den Raum und begebe mich zur Eingangshalle. Wenn ich ihn da nicht finde, schaue ich in seinem Zimmer nach.

Dieser Aufruhr von vorhin kam so unerwartet, das macht mir schon ein bisschen Sorgen. Und genauso geht mir Aphrodites Prophezeiung nicht mehr aus dem Kopf: "Die Liebe verlangt manchmal große Opfer"..

Obwohl ich weiß, dass Luzifer es mit so ziemlich allem aufnehmen kann, habe ich Angst, dass ihm etwas zustoßen könnte. In diesem Fall will ich meine Zeit mit ihm mehr schätzen.
 

Wie ich vermutet habe sitzt Luzifer heil und geborgen auf seinem Thron und zerbricht sich den Kopf über etwas. Das macht er oft. Die Übersicht von da oben hilft ihm beim Denken, sagte er mal.

Leise schleiche ich mich zu den mit Reichtümern und roten Flammen eingerahmten Stufen, die zu seinem Thron hochführen. Er sieht besorgt aus, aber auch schön. Ich weiß, was Caren an ihm findet. Ich wäre auch froh ihn einfach nur zu bewundern. Aber.. insgeheim hoffe ich doch auf mehr.

Er zieht die Brauen hoch, als er mich bemerkt.

»Hans, du hast ja deine Servant-Bekleidung an«.

»Oh, das?«, sage ich und zupfe an meinem altertümlichen, beigen Baumwollhemd, »Tja, was soll ich sagen, ich mag es. Es ist gemütlich«.

Er lächelt.

»Es steht dir«.

So im Stress am frühen Morgen und trotzdem macht er mir immer noch Komplimente? Wie lieb von ihm, da wird man ja rot.

Ich strecke mich und gähne.

»Was war denn eben los?«, frage ich und tapse die Stufen zu ihm hoch.

»Irgendsoein Engel kam her und dachte er könne einfach so Forderungen stellen«.

»Ein Engel?«, staune ich und setze mich auf die oberste Stufe vor seinem Thron, »Etwa ein Gefallener?«.

»Eben nicht, das ist es ja«, murmelt er und schaut ernst in die Leere, »Er kam her um mich zu vernichten. Das ist ihm nicht gelungen, offensichtlich. Und trotzdem.. «.

Er vertieft sich so in seine Gedanken, dass er vergisst sie laut auszusprechen. Sein Teufelsschweif peitscht hin und her, wie bei einer Katze, die ihre Aufmerksamkeit auf ihr Ziel gerichtet hat und jeden Moment aufspringt.

Ich wünschte, ich könnte ihn irgendwie aufmuntern. Oder vielleicht will ich einfach nur mich selbst aufmuntern, nach dem Gespräch mit der Göttin der Liebe.

Mein Blick wandert an Luzifer entlang. Von seinen konzentrierten Augen, in deren tiefen Röte sich das flackernde Licht der Flammen spiegelt, über seine wohldefinierte Taille bis nach unten. Er trägt heute seine liebsten lockeren Boxershorts - die rosanen mit den Schweinchen drauf. So breitbeinig wie er sich hingefläzt hat, geben sie sich kaum Mühe zu verheimlichen, was sie bedecken sollen. Sieht aber gut aus, besonders von hier unten. Was hatte die Göttin nochmal gesagt? Irgendwas mit Eros—

»Gefällt dir was du siehst?«.

»Äh, was?«. Ich reiße mich aus meinen Gedanken und schaue vorsichtshalber wieder geradeaus. »Nein nein, also, doch joa, ganz nett ist es hier oben«.

Er kichert dunkel.

Oh Mann, er hat ja recht, ich habe ihn angeschmachtet. Gestern Abend wurden wir ja.. gestört. Und naja, wenn man(n) kein Ventil hat, dann staut sich das nur auf und.. Was soll ich sagen, ich vermisse ihn irgendwie.

»Duu, Luzifer.. «, fange ich an und grabe meine Finger in den Saum meines Shirts. Dabei schiebt es sich nach oben und ich kann ein bisschen vom Siegel sehen. Ich ziehe den Rest nach und betrachte die Linien des umgedrehten Pentagramms auf meiner Haut. Und den Extraring um das kopfstehende Kreuz in der Mitte, von dem seine Schwester Lena geredet hatte. Das Zeichen, das uns verbindet.

»... Wir sind doch.. auch verheiratet. Aber wir hatten noch keine Flitterwochen. Ich würde sie gern nachholen. Was meinst du?«.

Das ist gut, wenn er zustimmt kann ich mehr Zeit mit ihm verbringen, und wenn die Liebe wirklich der Schlüssel zur Erfüllung meines Schicksals ist, dann ist das eine gute Möglichkeit! Hans, manchmal bist du ein Genie! Aber nur manchmal. :|

Luzifer sieht mich skeptisch an.

»Flitterwochen?«.

»Es müssen ja nicht gleich "Wochen" sein, ich dachte nur es wäre mal nett wegzukommen. Ich hab auch keine besonders hohen Ansprüche oder so, ich meine, es war nur soein Einfall-«.

»Gerne«.

»Äh, wie bitte? Das ging ja schnell«.

»Mhm«, sagt er und streicht mir übers Haar, »Es würde mir helfen auf andere Gedanken zu kommen. Hier ist zu viel los. Allerdings auch aus gutem Grund«.

»Wie meinst du das?«.

»Du musst verstehen, schwere Zeiten stehen uns bevor, und sie kommen schneller näher als mir lieb ist. Maßnahmen müssen ergriffen und Vorbereitungen müssen getroffen werden. Und ich als König habe die Verantwortung.. und mache mir natürlich die meisten Gedanken«.

»Oh.. Also hast du keine Zeit?«.

»Ganz genau«, sagt er, und ich wünschte er hätte es nicht gesagt. Ich vermisse ihn jetzt schon so sehr.

»Deswegen«, fährt er fort, »Sollten wir an einen Ort jenseits der Zeit gehen«.

Ich blinzle.

»Gibt es soeinen Ort überhaupt?«.

»Natürlich, du bist doch schon einmal da gewesen«.

Ich überlege. Noch ein Ort, an dem ich schon einmal war. Hm, ich bin durch Luzifers Aufträge schon an vielen Orten gewesen. In der Hölle, am Eingang des Tartarus, auf dem Olymp, in Atlantis, und.. Moment! Auf dem Weg nach Atlantis mussten wir durchs..

»..Fegefeuer!«.

»Bingo«.

Klar, jetzt erinnere ich mich! Das Fegefeuer ist ein großes Nichts, in dem wir darauf warteten in die nächste Welt weiterzureisen. Es war dunkel, warm, still, und weit und breit war niemand sonst zu sehen.

»Was sagst du?«, fragt er und lächelt mich verführerisch an, »Nur du und ich. Ungestört, fern von allen Sorgen der Welten. Nur für eine Weile?«.

»Das klingt traumhaft«, seufze ich und lehne meine Wange an seinem Knie an, »Und die Zeit hier?«.

»Wenn wir wiederkommen ist es, als sei keine Zeit vergangen. Nicht einmal eine Sekunde, egal wie lange wir weg bleiben«.

»Mmh«, summe ich zur Antwort und schließe die Augen. Keine Auswirkungen, keine Konsequenzen. Einfach nur Luzifer und ich, so lange wir wollen. Das klingt verlockend.

Er hebt mein Kinn an.

»Sag einfach die Worte und ich bringe uns hin«.

Sanft küsse ich die warme Haut seines Oberschenkels.

»Ich will dich«, raune ich und küsse ihn weiter, inhaliere seinen lieblichen Duft, »Nimm mich fort mit dir«.

Er lächelt und Teleportfeuer umhüllt uns.

»Nichts lieber als das«.

Es gibt immer ein erstes Mal

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Fülle

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Mein bester Freund

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallihallo und schönen guten Tag, meine Freunde! Ich bin wieder da mit Underword 3 am Start! (eine Runde Applaus, wenn ich bitten darf ;D)

Ihr fragt euch sicher schon "Wat is denn hier los? Wer sind diese Leute?" und da kann ich euch sagen: Das!!.... ist eine Frage für später!

Neue Charaktere, spannende Zusammenläufe und viel mehr erwarten uns in dieser Geschichte! Ich bin froh, wenn irgendwer das hier noch liest, aber bis dahin setzte ich mich an die Schreibmaschine und tippe was das Zeug hält.
Also dann, willkommen zurück für ein neues Abenteuer! Herzlich willkommen zu Underworld 3! <3

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Und schon treten wir ein, mitten ins Geschehen! Dionysos ist hier ein alter Freund von Luzifer (und ja, sie hatten mal ein Verhältnis miteinander, und nein, sie waren nie offiziell zusammen).

Wundert euch nicht, wenn ich diese Kapitel alle ständig überarbeite. Ich versuche nämlich immer besser zu werden.

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Nachwort zu diesem Kapitel:
"Uh-oh, was ist denn da los?", fragt sich der aufmerksame Leser. Das kann ich euch noch nicht verraten, aber es wird groß werden. ;)

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Und das ist die Story, wie Hans seinen Job verlor!
Ich brauchte mal wieder ein nettes Auftragskapitel! Dieses hier gab es nicht in meiner fertigen Manga-Fassung, weil ich damals, als ich mit Underworld anfing, sehr auf die Wünsche meiner Schulfreunde eingegangen bin, die eigentlich nur Beziehungszeug sehen wollten. Ich aber hatte Underworld angefangen mit der Idee einer Geschichte, in der ein mehr-oder-weniger gewöhnlicher Mann mit zu viel Pech den Job als rechte Hand des Teufels bekommt und Abenteuer erlebt. Der ganze Love-Triangle Plot sollte eigentlich nicht so hart im Vordergrund stehen und 99% Screentime einnehmen, wie er es allerdings tut.

Im vorherigen Teil gab es ja leider nur einen riesigen Auftrag (Klein Karen zu finden) und keine kleinen, und auch sonst gab es da wenig Action. Wer weiß, vielleicht füge ich in Underworld 1 noch ein Auftragskapitel hinzu. Der erste Teil ist ohnehin ziemlich knapp. ;)

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Die Lage spitzt sich zu! Und nein, Luzifer hat diesmal nicht gelogen wie damals bei der Siegelveränderung. Die Wette ist ein bindender Pakt.
Tja, wie will sich Mary da nur rauswinden? :)

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Anschlusskapitel kommt sehr bald!

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Tja wozu haben sich Hades und Luzifer verabredet? Wir werden es nie erfahren. Streng geheime Göttersache. ;)

Und nein, Caren hat ihn NICHT verpfiffen, sie darf ihre Zunge behalten. :P
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Nachwort zu diesem Kapitel:
Hiernach wieder ein langes Kapitel besties~

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Sooouuu, das wird ja immer besser! Was würdet ihr tun, wenn euer gesamtes Schicksal von einer einzigen Wette abhängig wäre?

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Und wieder ein Kapitel fertig ~
Ich bin etwas überrascht darüber, dass es so kurz ausgefallen ist. Aber naja, die Lage spitzt sich so langsam zu!
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Nachwort zu diesem Kapitel:
Ihr könnt euch bestimmt denken, dass dieses Kurzkapitel hier der Vorläufer zum nächsten NSFW Kapitel wird (yaaay!). Dafür brauche ich aber viel Zeit, weil ich an solchen Szenen immer bis zur Perfektion arbeite. Ein so lala geschriebenes Actionkapitel ist verzeihlich, wenn der Inhalt stimmt. Aber ein so lala geschriebenes Smutkapitel kann man eigentlich direkt in die Tonne hauen, und das will ich nicht.

Für alle, die noch nicht alt genug sind Smut zu lesen, wird trotzdem gesorgt, denn storytechnisch werdet ihr nichts verpassen, denke ich.
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