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Die Liebe in Zeiten des Anpan

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Die Inspiration hierfür kam von etwas, das Yamazaki in Kapitel 325, Band 37 äußert. Manchmal kommen mir eben … kuriose Ideen. Ich lasse Kagura übrigens grammatikalisch korrekte Sätze sprechen, weil es mir so besser gefällt. Und nur falls das anders rüberkommt: Ich mag Yamazaki sehr gerne. Wirklich.
Ich bin mir nicht sicher, ob ich das hier "Boys Love" zuordnen soll. Einerseits ja, andererseits nein. Es ist eine Parodie. Es ist Gintama. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Anpanman ist eine in Japan äußerst erfolgreiche Kinderserie, in welcher der Held, dessen Kopf ein Anpan-Brötchen ist, ständig die Missetaten seines etwas dümmlichen Widersachers Baikinman verhindert. Baikinmans Erkennungssatz ist die japanische Ha-Silbenreihe (Ha Hi Fu He Ho). Befragt ruhig mal die Bildersuche eures Vertrauens nach Bildern zu dieser Serie. Sie wird jetzt nämlich eine kleine, aber feine Rolle spielen. Yamazaki ohne Anpan geht eben nicht. Komplett anzeigen

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Die Liebe eines Otakus richtet sich nicht nach Verkaufszahlen

„Yamazaki“, rief einer der anderen Shinsengumi-Mitglieder dem dunkelhaarigen Fußabtreter in Menschengestalt zu, „kommst du mit ins Kino? Wir wollen den neuen Kuroko no Baske-Film gucken.“

Der Angesprochene drehte sich zu seinen beiden Kameraden, die dort auf der Veranda des Hauptquartiers standen um und winkte freundlich lächelnd ab. „Nein, danke. Geht ruhig ohne mich.“

Erstaunt blinzelten sie ihn an. „Aber du sagtest doch, du könntest dich doch so gut mit Kuroko identifizieren“, äußerte einer von ihnen.

„Danke für die Einladung, aber ich kann nicht.“

„Sag nicht, du musst an deinem freien Tag irgendwas für den Vizechef erledigen?“

„Nein, nein. Ich habe schon etwas anderes vor.“ Mit diesen Worten und einem breiten Lächeln im Gesicht wandte sich Yamazaki ab und ließ seine Kollegen irritiert zurück.

„Hast du das Lächeln in seinem Gesicht gesehen?“, fragte einer von ihnen verblüfft. „Ich habe Yamazaki noch nie so zufrieden lächeln sehen.“

„Er hat sich die letzte Zeit schon so seltsam verhalten“, bemerkte der andere der Polizisten. „Er lächelt ständig und letztens habe ich ihn sogar den 'Pina Colada Song' singen gehört.“

„Den 'Pina Colada Song'??'“ Sein Kollege zog scharf die Luft ein. „Du weißt, was das heißt, oder?“

Der Gefragte schüttelte seinen Kopf.

„Dieses Lied singt man nur, wenn man verliebt ist! Ist wissenschaftlich erwiesen!“

„Das heißt Yamazaki trifft sich mit jemandem? Ausgerechnet Yamazaki? Wie konnte das denn passieren? Dafür hätte ihn doch erst einmal jemand bemerken müssen!“

„Was schreit ihr hier so herum?“ Der Vizekommandant höchstpersönlich gesellte sich zu ihnen und blies ihnen eine Ladung Zigarettenqualm ins Gesicht.

„Entschuldigung“, sagte einer der Untergebenen hustend. „Wir sind nur so verwundert, weil Yamazaki in einer Beziehung ist.“

Hijikata fiel vor Verblüffung beinahe die Zigarette aus dem Mundwinkel. „Yamazaki? Habt ihr getrunken?“

„Nein, nein“, entgegneten die zwei. „Es stimmt! Er hat den 'Pina Colada Song' gesungen!“

„Der 'Pina Colada Song'?“ Okita kam aus dem Nichts hinzu. „Dann muss es etwas Ernstes sein.“

„Wieso denn das? Was soll dieses Lied mit irgendwas zu tun haben?“, erwiderte Hijikata unbeeindruckt.

„Sie wissen auch gar nichts, Hijikata-san.“ Der hellhaarige Offizier schüttelte selbstgerecht den Kopf. „Wenn man den 'Pina Colada Song' singt, ist man schwer verliebt. Ist wissenschaftlich erwiesen.“

Weiterhin ungerührt, nahm der Vizekommandant daraufhin einen weiteren Zug von seinem Glimmstängel. „Das soll wissenschaftlich erwiesen sein? Wer würde so einen Unsinn behaupten?“

„Das habe ich in einer Wissenschaftssendung im Radio gehört“, erklärte Okita standhaft.

„So?“ Hijikata hob – stark an Sogos Informationsquelle zweifelnd - kritisch eine Augenbraue. „Davon abgesehen … es soll wirklich Yamazaki erwischt haben?“ Er zuckte mit den Schultern. „ Na ja, wo die Liebe hinfällt. Kann uns auch egal sein. Wobei ich mich schon frage, wer in aller Welt sich ausgerechnet Yamazaki aussuchen würde ….“
 

Am anderen Ende Edos drückte sich ein auf seinem Sofa liegender, verkaterter Silberlockenkopf beide Hände entnervt auf die Ohren. „Kagura! Mach das Gedudel aus! Mein Schädel zerplatzt und ich will mir jetzt kein Lied darüber anhören, in dem irgendein Kerl fragt, ob man Pina Coladas mag!“

„Ist kein Gedudel“, widersprach das Mädchen stur, „das ist eine Wissenschaftssendung im Radio. Du solltest auch mal etwas für deine Bildung tun, Gin-chan. Du siehst von Tag zu Tag dümmer aus. Nicht, dass dein Hirn irgendwann so klein wird, dass es aus deinen Ohren herausfällt.“

„Das ist unwahrscheinlich, dass das passieren wird“, warf Shinpachi ein, der gerade hineinkam.

„Doch, doch. Das ist möglich. Hab ich in dieser Radiosendung gehört“, entgegnete Kagura energisch und ließ Shinpachi mit dem Kopf schütteln.

„Auch wenn Kagura-chan fragwürdige Quellen anführt, solltest du vielleicht wirklich mal etwas für deinen Denkapparat tun, Gin-san.“

„Tu ich doch! Gerade gestern hab ich zehn Bücher gelesen.“

„Zehn Bücher?“ Der bebrillte junge Mann blickte skeptisch zu seinem Arbeitgeber. „Du hast 'ne Folge Bungo Stray Dogs geguckt.“

„Ja, und das zählt wie zehn Bücher.“

„Ist wissenschaftlich erwiesen“, bestätigte Kagura Gintokis Aussage.

Shinpachi seufzte tief. „Ihr erzählt kompletten Unsinn. Nachher glauben das noch einige von den Lesern.“

„Was denn, was denn, sind wir schon wieder in einer Fanfiction?“ Gintoki setzte sich auf und gähnte ausgiebig, während er sich streckte.

„Das merkst du erst jetzt?!“ Der Brillenträger schüttelte entrüstet den Kopf und schaute plötzlich so drein, als würde er der Sache nicht über den Weg trauen. „Ich bin noch nicht über die letzte Fanfiction hinweg“, berichtete er voller Skepsis. „Ich glaube nämlich, dass die Autorin das letzte Mal Yamazaki und mich dafür benutzt hat, ihren Unmut über die Einstellung des Gintama-Animes in ihrem Land zu äußern.“

„Das bildest du dir bestimmt nur ein“, winkte Kagura ab.

„Na, ich weiß nicht.“ Shinpachi war nicht überzeugt. „Wer weiß, was die Autorin dieses Mal vorhat.“

„Na, na“, beschwichtigte Gintoki ihn. „Wird schon nix Schlimmes passieren.“

„Dabei“, fuhr der jüngere der beiden Männer fort, „sollten wir doch mal festhalten, was für eine großartige Besetzung die deutsche Synchronfassung des Gintama-Animes hat. Man könnte glatt eine Sekte für deren Verehrung gründen, wenn es nicht so schräg wäre, dafür eine Sekte zu gründen … AAAAHHH! Gin-san, sie tut es schon wieder! Die Autorin benutzt mich schon wieder für ihre Botschaften!!“

„Beruhig dich“, wandte der Held der Serie gleichmütig ein, „die Alte ist doch eh nicht ganz zurechnungsfähig. Die guckt sich doch auch ununterbrochen diese Home-24-Werbung mit der Katze an.“

Da wurde Gintoki plötzlich in seiner Wohnung von einem Blitz getroffen.

„Ich mag die Werbung mit der Katze“, bemerkte Kagura unbeeindruckt von dem gerade Geschehenen. „Der Sadist von der Shinsengumi mag sie auch.“

„J-ja, natürlich mögt ihr sie.“ Immer noch qualmend und zuckend lachte der silberne Lockenkopf nervös. „Wie könnte man diese Werbung auch nicht mögen? Das spricht für den überaus guten Geschmack, den Autorin-sama hat. Außerdem ist unsere Autorin ausgesprochen gütig und überhaupt nicht nachtragend, stimmt's? Stimmt's??“ Ängstlich wartete er ab, ob noch etwas passieren würde und atmete erst aus, als alles ruhig blieb.

„Das ganze Gerede über Katzen hat mich hungrig gemacht. Gehen wir was essen!“, rief Kagura aus und lief zur Haustüre.

„Wieso machen Katzen dich hungrig?!“, erwiderte Shinpachi entsetzt, ehe er ihr folgte. „Du bist doch nicht Alf!!“

„W-was für eine geniale Überleitung, Autorin-sama.“ Gintoki lachte noch einmal nervös, bevor er den beiden anderen sicherheitshalber hinterher lief.
 

„Nanu?“ Shinpachi hielt an, als sie draußen auf der Straße unterwegs waren. Ihr gesamtes Geld hatte für einen Crêpe gereicht, den Kagura im Handumdrehen verputzt hatte, sodass sie sich nun bereits wieder auf dem Heimweg befanden. „Ist das da drüben nicht Yamazaki?“ Er zeigte auf ein Café auf der anderen Straßenseite, in dessen Außenbereich tatsächlich der Erwähnte an einem Tisch saß – zusammen mit einer hübschen Frau, die nur wenig älter als er zu sein schien. Yamazaki und die schöne Unbekannte unterhielten sich angeregt und lächelten dabei immerzu. „Hat Yamazaki etwa ein Date?“ Shinpachi war auf der Stelle nach weinen zumute. Natürlich freute er sich für den armen Tropf aus der Shinsengumi, aber … wenn sogar Yamazaki eine Frau abbekam, wieso dann er nicht??

„Eindeutig ein Date. Das sieht nach großer Liebe aus.“ Kagura nickte zustimmend. „Nur du wirst einsam sterben, Shinpachi.“

„Hey! Was soll denn das heißen??!! Heitert man so etwa jemanden auf??!!“

„Du musst akzeptieren, dass du dazu bestimmt bist, eine verrückte Katzenlady zu werden“, erwiderte das Mädchen voller Überzeugung.

„Ich kann überhaupt keine Lady werden! Weder mit Katzen, noch mit Hunden oder sonstigem Getier!“

Während die beiden Jüngeren dies ausdiskutierten, überkam Gintoki ein ungutes Gefühl, als er Yamazaki und die hübsche Frau betrachtete. Irgendetwas war doch da, was ihn an dieser Situation störte. Er brach in Schweiß aus, als es ihm plötzlich einfiel.

Als die Warzen-Aliens mit dem Namen „Ausspannpause“ damals die Körper der anderen übernommen hatten, hatte die Yamazaki-Warze erklärt, dass der Verlust seiner Jungfräulichkeit zu seiner Transformation von dem netten, zurückhaltenden Kerl hin zu dem rüpelhaften, Okita-ähnlichen Rowdy geführt hatte. Was, wenn – ganz unabhängig von dieser Warzen-Geschichte – dies nun auch der Fall sein würde? Was, wenn aus dem lieben, leicht herumzuschubsendem Yamazaki ein zweiter Okita würde, sobald er Sex haben würde? Und dann aus Okita ein größenwahnsinniger Alleinherrscher, der sich selbst Gottkaiser nannte? Der Jüngste der Shinsengumi würde ja schließlich weiterhin ein Alleinstellungsmerkmal haben wollen und damit über sämtliche Ziele, die man sich nur vorstellen konnte, hinausschießen - und was würde dann passieren?

Ein Schweißtropfen rannte Gintokis Gesicht herab.

Der Weltuntergang.

Das würde passieren.

Es gab nur eine logische Schlussfolgerung, die er aus diesen Überlegungen ziehen konnte:

Zum Wohle der Menschheit musste er verhindern, dass Yamazaki flachgelegt würde.

Noch sah der Badminton-Fanatiker vergleichsweise normal aus. Von hier aus konnte Gintoki keinerlei Veränderungen an ihm feststellen. Vielleicht war die Liebelei mit der hübschen Unbekannten noch relativ frisch und es war noch nichts zwischen den beiden geschehen, was zum Ende der Menschheit führen würde. Wenn er doch nur wüsste, wie ernst es zwischen ihnen war … doch von so weit weg konnte er nicht verstehen, über was sie sich unterhielten.

Gintoki schlich von Shinpachi und Kagura weg, die gerade intensiv darüber diskutierten, was eigentlich die männliche Form der „verrückten Katzenlady“ war und wie viele Katzen man für diesen Titel haben musste. Er überquerte die Straße, um sich geschwind hinter ein paar Büschen, die das Café vom Nachbarladen abgrenzten, zu verstecken. Sorgsam versuchte er, der Konversation zu folgen.

„Und dieser Manga, den du so magst, wird immer noch nicht fortgesetzt?“, hörte er die Frau fragen.

„Oh, doch“, antwortete Yamazaki erfreut. „Neulich ist nach langer Wartezeit endlich der 41. Band erschienen. Hoffentlich wird sie weiter fortgesetzt, denn die Serie ist eine der besten, die je gemacht wurden. Nur schade, dass der Anime eingestellt wurde.“

Krise!, dachte Gintoki derweil panisch. Wenn die beiden über so etwas Wichtiges wie Manga und Anime sprachen, dann … musste es sehr ernst zwischen ihnen sein. Es gab nur noch eins, das er tun konnte, um die Welt zu retten.

Es tut mir wirklich leid für dich, Typ von der Shinsengumi, dessen Name ich vergessen habe, aber ich muss euch leider auseinanderbringen.

In der Zwischenzeit waren Yamazaki und seine Begleiterin aufgestanden und dabei, das Café zu verlassen. Der Silberschopf hörte, wie die beiden sich verabschiedeten.

Das hieß, er musste nun eine Gelegenheit finden, um Yamazaki davon zu überzeugen, sich am besten niemals mit irgendwem einzulassen. Wie schwer konnte das schon sein?
 

„... sag doch auch mal was, Gin-san!“, empörte sich Shinpachi, der zusammen mit Kagura so in ihre Diskussion vertieft gewesen war, dass keiner von ihnen gemerkt hatte, dass der Lockenkopf sich davon geschlichen hatte. „Nanu? Wo ist Gin-san?“

„Da drüben.“ Kagura zeigte auf die andere Straßenseite, wo der Gesuchte hinter den Hecken hockte und Yamazaki und die Unbekannte belauschte.

„Was in aller Welt macht der da?“

„Hmm …“ Das Mädchen legte nachdenklich den Kopf schief. „Hast du eben auch gemerkt, wie erschrocken Gin-chan ausgesehen hat, als er den Batminton-Freak und die Frau gesehen hat?“

„Es heißt 'Badminton', Kagura-chan. Das hat nichts mit Fledermäusen zu tun. Aber ansonsten hast du Recht. Gin-san hat wirklich total entgeistert dreingeblickt. Seltsam. Was könnte ihn denn so erschreckt haben?“

„Oh! Ich weiß!“ Kagura machte große Augen, als ihr eine Erkenntnis kam. „Er muss eifersüchtig sein!“

Shinpachi stutzte. „Eifersüchtig? Weil Yamazaki jemanden abkriegt und er nicht? Gin-san ist doch gerne Single.“

„Nein, nein!“ Energisch schüttelte das Mädchen ihren Kopf. „Wenn es so wäre, würde er doch jetzt nicht da im Gebüsch hocken und sie belauschen. Gin-chan ist eifersüchtig auf die Frau! Er muss heimlich in Yamazaki verliebt sein!“

„Hääh??“ Shinpachi fiel vor Schreck fast die Brille von der Nase. „Wie kommst du auf so etwas? Das ist kompletter Humbug, Kagura-chan.“

„Vertrau mir! So sehen unglücklich Verliebte aus! Das habe ich in der Wissenschaftssendung gehört!“

„Es sollte wirklich mal jemand überprüfen, was die da für einen Quatsch erzählen. Das klingt alles nicht sehr wissenschaftlich ….“

„Ja, ja, später. Erst einmal müssen wir uns um Gin-chan kümmern. Sieh doch nur, wie elend er aussieht.“

„Sieht er nicht immer so aus?“

„Er sieht noch viel schlimmer aus als sonst!“

Nun legte auch Shinpachi nachdenklich den Kopf schief. „Hmm, er sieht wirklich mitgenommen aus.“ Aber das konnte doch nicht … konnte das … sollte es wirklich … ausgerechnet in Yamazaki? Hatte jemals irgendjemand im Fandom das geshippt? Würden sich Dojinshis mit diesem Pairing überhaupt verkaufen?

„Wir werden Gin-chan helfen!“, sagte Kagura, ehe Shinpachi seine Gedanken auch nur zu Ende denken konnte, und lächelte dabei über das ganze Gesicht. „Ich weiß auch schon wie!“

Wenn die Liebe irgendwo hinfällt, muss sie auch jemand aufheben

„Worauf warten wir denn noch? Gehen wir rein.“ Gintoki wunderte sich, warum sie vor den Toren des Anpanman-Land-Vergnügungsparks warteten, ohne hineinzugehen. Kagura und Shinpachi beharrten darauf, noch nicht den Park zu betreten, dabei waren sie es doch gewesen, die unbedingt hierher gewollt hatten. Sowieso verhielten die beiden sich seit gestern verdächtig. Jetzt tuschelten sie schon wieder miteinander.

„Kagura-chan“, raunte Shinpachi ihr zu, „bist du dir wirklich sicher, dass Anpanman-Land eine gute Idee ist?“

„Aber ja! Anpanman-Land ist der romantischste Ort Japans, das weiß doch jeder“, flüsterte sie zurück.

„Hey, was soll denn das Geflüstere?“ So langsam riss Gintoki der Geduldsfaden. Erst schleppten sie ihn hierhin und nun standen sie hier dumm rum. Was führten die beiden im Schilde?

„Äh, wir … wir warten noch auf jemanden“, antwortete Shinpachi nervös. „Kagura-chan hat ja schließlich vier Eintrittskarten gewonnen und weil meine Schwester heute leider nicht kann, haben wir jemand anderen eingeladen.“

„Erklär mir das noch mal“, forderte Gintoki das Mädchen auf, „du hast die Karten bei diesem dubiosen Radiosender gewonnen?“

„Ja“, erläuterte sie stolz, „es gab einen Wettbewerb, wer die berührendste Geschichte aus seinem Leben erzählen kann. Ich und ein weiteres Kind haben gemeinsam den ersten Platz belegt und so je vier Eintrittskarten für Anpanman-Land gewonnen.“

„Du hast mir nie gesagt, was du denen eigentlich für eine Geschichte eingereicht hast.“ Shinpachi überkam ein ungutes Gefühl bei seiner Frage.

„Ich habe geschrieben, dass ich bei einem promiskuitiven Taugenichts und einer Brille, die meine Mutter gefressen hat, aufwachse.“

„Was ist denn das für eine schwachsinnige Geschichte??“ Der junge Mann war außer sich. „Und wieso werde ich schon wieder auf meine Brille reduziert??“

„Ich finde es eher interessant, warum Kagura ein Wort wie 'promiskuitiv' kennt“, bemerkte Gintoki skeptisch und störte sich dabei null an der Beschreibung seiner Person.

„Schwesterchen Otae hat mir bei der Formulierung geholfen“, ergänzte das Mädchen arglos.

„Meine eigene Schwester reduziert mich auch auf meine Sehhilfe??“ Der bebrillte Junge schnappte nach Luft. „Nicht zu fassen, dass dieser Sender dir diesen Quatsch geglaubt hat. Was in aller Welt hat denn das andere Kind geschrieben?“

„Seine Geschichte haben sie auch vorgelesen. Er schrieb, dass er von seinem äußerst hässlichen Vater bei einem Gorilla abgegeben wurde, weil der Vater sein Geld lieber für Zigaretten als für seinen Sohn ausgeben wollte.“

„Und da schickt dieser Sender ihm Eintrittskarten und nicht das Jugendamt??“

„Sakata-san?“ Shinpachis fassungsloser Wutausbruch wurde unaufdringlich unterbrochen. Yamazaki stand plötzlich bei ihnen. „Haben Sie mir etwa diesen Brief geschickt?“

„Brief? Welcher Brief?“ Gintoki blinzelte ihn fragend an.

„Der, welcher der Eintrittskarte beilag und in dem stand, jemand müsse mich heute hier unbedingt treffen, um mir etwas Wichtiges zu sagen ….“

„Ich habe keinen Bri-“ Der Lockenkopf hielt abrupt inne. War doch eigentlich egal, warum Yamazaki hier war. Das war doch die Gelegenheit, um auf ihn einzureden und ihm mögliche Liebschaften auszureden.

„Dann sind wir ja jetzt vollzählig!“, rief Shinpachi überschwänglich aus und schon im nächsten Augenblick schoben er und Kagura Gintoki und Yamazaki in den Vergnügungspark.

 

„Also … äh ...“, Verdammt, wie ist denn noch mal sein Name?, überlegte Gintoki fieberhaft, während er neben Yamazaki durch den Park schlenderte und Kagura und Shinpachi mit auffälligem Abstand hinter ihnen liefen, „... ähm, Du-kun, wie läuft es so bei dir? Gibt es irgendwas Neues?“

„Haben Sie schon wieder meinen Namen vergessen?“

„Wie kannst du so was sagen, Du-kun? Ich habe nächtelang wach gelegen, um mir einen schönen Spitznamen für dich auszudenken und dann weißt du das nicht zu würdigen?“

„Oh.“ Yamazaki zuckte verdattert zusammen. „Entschuldigung, das war mir nicht klar. 'Du-kun' klingt nur etwas … seltsam. Aber immer noch besser als 'Jimmy' … denke ich.“

„Schon gut, Du-kun. Du weißt doch, ich bin nicht nachtragend.“

„Ah, haben Sie mich heute hierher eingeladen, um sich dafür zu entschuldigen, dass Sie mir über den Fuß gefahren sind?“

„Das warst du- ich meine, ja! Ja, natürlich. Genau deswegen habe ich dich heute eingeladen.“

„Das ist ausgesprochen aufmerksam von Ihnen, Sakata-san.“

Kann man dem wirklich alles weismachen? Das wird ja ein Kinderspiel.

„Also, Du-kun, wie läuft es so bei dir? Wir haben schon lange nicht mehr ausgiebig miteinander geredet.“

Yamazaki stutzte. „Wir haben noch nie richtig miteinander geredet und meistens vergessen Sie, dass wir uns überhaupt schon mal begegnet sind.“

Argh, machte er es ihm jetzt doch schwerer als erwartet? Man konnte ja fast meinen, Yamazaki wäre in der Tat nachtragend. „Sollte ein Nebencharakter wie du, der in der allerersten Folge des Animes als einziger Charakter überhaupt nicht namentlich vorgestellt wurde, sich nicht freuen, wenn der Held der Serie sich für ihn interessiert?“

„Na ja, schon, aber warum müssen Sie es so formulieren?? So komme ich mir ja wie ein Ausgestoßener vor!!“ Der arme Polizist war auf einen Schlag den Tränen nahe.

„Hey, hey.“ Gintoki klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. „Ich hatte ja keine Ahnung, wie hart das Los als Nebencharakter ist. Shinpachi hat sich von Anfang an mit seiner Unwichtigkeit abgefunden.“

Wenige Schritte hinter ihnen musste der Erwähnte plötzlich niesen.

„Worüber die wohl reden?“, sagte er und rieb sich die Nase. „Hoffentlich lässt Gin-san nicht wieder den überheblichen Hauptcharakter heraushängen.“

„Nein, nein“, beruhigte Kagura ihn vergnügt. „Es läuft gut zwischen ihnen. Siehst du, sie berühren sich schon.“

„Na, ich weiß nicht. Für ein mageres Schulterklopfen stehen die meisten Boys-Love-Fans noch nicht einmal auf.“

„Doch, die ganz Verzweifelten.“ Kagura war von ihrer Überzeugung nicht abzubringen. „Jetzt kann gar nichts mehr schief gehen!“

 

„Wenn ich es doch sage! Die Karten waren einfach so in der Post gewesen!“

Zur gleichen Zeit im gleichen Vergnügungspark empörte sich Okita über den Vorwurf, er hätte bei einem Schreibwettbewerb für Kinder mitgemacht.

„Lass es, Sogo.“ Hijikata zog an seiner Zigarette. „Die Fakten sprechen gegen dich.“

„Tun sie nicht!“, schmollte der Jüngere.

„Ist doch okay, wenn du in diesen Freizeitpark wolltest, ich verstehe nur nicht, warum Kondo und ich hier sind.“ Der Vizekommandant warf dem Dritten im Bunde einen fragenden Blick zu.

„Das ist doch klar, Toshi!“, antworte Kondo sehr viel energischer als es nötig war. „Wir drei haben schon lange nichts mehr gemeinsam unternommen und da war es doch ein Glücksfall, dass ich den Brief von diesem Radiosender zufällig in die Hände gekriegt habe.“

„Du wolltest unbedingt in diesen Park für Kinder, ja?“ Beim Seufzen fiel dem Schwarzhaarigen fast die Zigarette aus dem Mund.

„Was anderes, Sogo“, antwortete Kondo und ignorierte so den Kommentar des Kameraden. „Der Sender schrieb, sie hätten vier Tickets geschickt. Wo ist das Vierte?“

„Das hab ich auf dem Schwarzmarkt verhökert. Mir war niemand Weiteres eingefallen, den wir hätten mitnehmen können.“

„Wir hätten Otae-san mitnehm-“

„Häh?“, unterbrach Hijikata plötzlich den Vorgesetzten. „Ist das da hinten etwa … Yamazaki? Zusammen mit dem Kerl von der Alles-Agentur?“

Die drei Shinsengumi-Mitglieder blickten in die Richtung, die der Raucher anzeigte. Und tatsächlich! Da schlenderte ihr Yamazaki neben diesem silberhaarigen Nichtsnutz her und unterhielt sich angeregt mit diesem.

„Ahh~“, machte Okita da, als wäre ihm eine Idee gekommen.

„Was?“, hakte Hijikata nach.

„Wir hatten doch letztens gerätselt, wer Yamazakis mysteriöse Affäre sein könnte ...“

„SPINNST DU ETWA??“ Die Zigarette fiel endgültig heraus. „Yamazaki trifft sich doch nicht mit diesem … diesem Kerl da!!“

„Die Fakten sprechen dafür“, entgegnete Okita abgeklärt. „Nach allem, was ich aus dem Radio über die Liebe gelernt habe, sehen die zwei verliebt aus.“

„WAS IST DAS ÜBERHAUPT FÜR EIN SENDER??!!“

„Toshi, Sogo hat vielleicht wirklich Recht“, wandte Kondo ein. „Yamazaki kennt schließlich nicht so viele Leute und die Autorin wollte sich wohl mal an Boys Love probieren.“

„Außerdem treffen sie sich im Anpanman-Land. Das ist der romantischste Ort Japans“, ergänzte der Jüngste der drei. „Oje armer Yamazaki. Der von der Alles-Agentur wird ihm mit Sicherheit das Herz brechen. Schade um ihn.“ Er zuckte mit den Schultern.

„Moment mal.“ Der Kommandant klang entrüstet. „Ich werde nicht zulassen, dass irgendwem meiner Leute das Herz gebrochen wird. Und dreimal nicht von diesem Tunichtgut.“

„WIESO TUN WIR JETZT SO, ALS WÄREN DIE ZWEI TATSÄCHLICH EIN PAAR??!! UND WIESO SOLL DAS HIER DER ROMANTISCHSTE ORT JAPANS SEIN??!!“

„Wir sollten uns das näher ansehen“, ignorierte Kondo Hijikatas lautstarken Einwand. „Toshi, Sogo, wir schleichen uns in ihre Nähe und finden heraus, was dieser Wuschelkopf von unserem Yamazaki will.“

 

„Weißt du, was ich wirklich an dir mag, Du-kun?“ Gintoki und Yamazaki hatten sich vor einem Fahrgeschäft in die Warteschlange eingereiht. Angesichts dieser geradezu nett formulierten Frage blinzelte Yamazaki erstaunt … und ein wenig ängstlich.

„Sie mögen etwas an mir?“

„Aber ja!“, antwortete Gintoki inbrünstig. „Du bist zwar ein Nebencharakter, aber du gehst in dieser Rolle des Unscheinbaren vollkommen auf. Deine beiden Fans lieben dich dafür! Und sie wären am Boden zerstört, wenn du irgendwas an dir ändern würdest.“

„Ich habe das Gefühl, Sie beleidigen mich nur in einem Stück.“

„Wenn du etwas an deiner Rolle ändern würdest, sagen wir zum Beispiel, du würdest dir eine Freundin oder so anlachen wollen“, Gintoki ignorierte seinen Kommentar mal wieder, „dann würde dir das so viel Aufmerksamkeit bescheren, dass du deine Unauffälligkeit verlieren und somit für die Serie überflüssig würdest. Das würdest du doch nicht wollen, oder? Denk mal an deine armen Fans. Die zwei wüssten doch gar nicht, wen sie sonst anhimmeln sollten. Shinpachi etwa? Das kannst du nicht wollen.“

„Äääh ...“, machte Yamazaki, sichtlich überfordert von diesem Redeschwall. „Ich bin mir nicht sicher, ob ich Ihnen folgen kann …“

„Ich habe schon viele Charaktere kommen und gehen sehen, die etwas an ihrer Rolle verändern wollten, weil es sie nach mehr Aufmerksamkeit gelüstet hat“, fuhr Gintoki standhaft fort. „Und es ist noch nie gut gegangen. Du willst doch kein tragischer Charakter werden, der sich seiner Lächerlichkeit gar nicht bewusst ist.“

„Ka Ki Ku Ke Ko!“, ertönte es auf einmal aus Leibeskräften und den silberhaarigen Helden überkam ein ungutes Gefühl. Da war doch etwas falsch an dieser Silbenreihe. Sie sollte doch „Ha Hi Fu He Ho“ heißen ….

„Habt ihr auch plötzlich so ein komisches, unheilvolles Gefühl?“ Shinpachi, der sich mit Kagura hinter die beiden anderen eingereiht hatte, sah sich verunsichert um.

„Als würde etwas Schlimmes auf uns zukommen, oder?“, bestätigte das Mädchen ihm.

„Ja, wie eine aus dem Nichts einsetzende Migräne“, antwortete Gintoki. „Viel schlimmer als Kater-Kopfschmerzen. Und viel lästiger.“

„Ta Chi Tsu Te To!“

„Viel, viel lästiger.“

„Ma Mi Mu Me Mo!“

„Sakata-san, Ihre Augen zucken so stark. Geht es Ihnen nicht gut?“

„Gintoki!“ Ein Baikinman-Maskottchen, dem unter seinem Kostümkopf lange, schwarze Haare hervorlugten, war neben dem Lockenkopf stehen geblieben. Dass Baikinmans Begleiterin Dokin-chan aussah wie eine übergroße Ente und ein Schild hochhielt, auf dem „Lange nicht gesehen!“ geschrieben stand, ließ keinen Zweifel darüber zu, wer unter diesem Kostüm steckte.

„Gintoki, ich bin enttäuscht von dir!“, schimpfte der kostümierte Mann. „Nicht nur, dass du uns nicht hilfst, du lässt dich auch noch mit dem Feind ein!“

Dieser Idiot!!! Wenn Katsura schon bemerkt hatte, dass er mit jemandem von der Shinsengumi hier war, wieso in aller Welt sprach er ihn dann trotzdem so auffällig an??

„Sakata-san, haben Sie Streit mit Baikinman?“, fragte Yamazaki verwundert.

„Nein, nicht Baikinman, sondern Katsu-aua!“

Geistesgegenwärtig warfen Kagura und Shinpachi Anpan-Brötchen, die sie am benachbarten Stand gekauft hatten, auf Katsura.

„Schnell, Gin-san!“, rief Shinpachi ihm zu, „Geh mit Yamazaki rein!!“

Bevor der Polizist näher darüber nachdenken konnte, was hier los war, griff sich Gintoki sein Handgelenk, zerrte ihn auf den nächstbesten Sitz des gerade eingetroffenen Fahrgeschäfts und quetschte sich neben ihn, ehe die kleine, für Kinder gedachte Bahn, losfuhr.

Im Schneckentempo schlich die Bahn durch die riesigen, quietschbunten Kulissen, in denen übergroße Figuren aus der Welt von Anpanman aufgestellt waren. Den Kindern, die hinter ihnen saßen, schien dies zu gefallen, wenn man nach ihrem vergnügten und freudigem Glucksen ging, doch für Erwachsene, dachte Gintoki, war das hier nicht wirklich eine Attrak-

„Ooooh“, machte Yamazaki erfreut an dieser Stelle. „Sehen Sie sich nur die ganzen Details an! Als wäre man wirklich in der Welt von Anpanman!“

Arbeitete bei der Shinsengumi denn tatsächlich niemand, der sie alle beisammen hatte??

Immerhin waren sie Katsura losgeworden. Der hatte ihm schließlich gerade noch gefehl-

„Ya Yu Yo!“

Warum denke ich hier überhaupt noch was, wenn all meine Gedanken gegen mich verwendet werden?? Und überhaupt, das ist nicht einmal eine vollständige Silbenreihe!!

Katsura lief in dem kugeligen Baikinman-Kostüm schwerfällig neben der Bahn her.

„Gintoki!“, keuchte er, als er zu ihm aufgeschlossen hatte. „Kagura und Shinpachi haben mir alles erklärt. Ich kann zwar immer noch nicht gutheißen, dass du dich mit dem Feind einlässt, aber ich bin auch niemand, der der Liebe im Weg steht. Dir muss es sehr ernst mit ihm sein, sonst wärt ihr ja nicht hier.“

„Was?“ Gintoki blickte ihn verwirrt an.

„Schließlich ist Anpanman-Land der romantischste Ort Japans.“

„Was?“

„Viele Paare gründen direkt nach ihrem Besuch hier eine Familie.“

„Was?“

„Ihr seid zwar zwei Männer, aber vielleicht ist das hier eine mpreg-Fanfiction.“

„Was?“

„Ich glaube, ich habe im Notizbuch der Autorin etwas in der Richtung gelesen …“

„WAS?!“ Von nackter Panik ergriffen, brach Gintoki in Schweiß aus. Au-autorin-sama, flehte er innerlich, du bist doch nicht nachtragend, stimmt's? D-du würdest doch nicht … nein, ganz sicher nicht … stimmt's?? D-denk doch mal darüber nach … nicht meinetwegen natürlich, denk an das arme Kind, das auffällige Locken hätte und ansonsten eine völlig unscheinbare Erscheinung. Mit so einer angeborenen Identitätskrise käme doch keiner klar! Das würdest du doch niemandem antun wollen … stimmt's?! Meinetwegen jubel den Kerlen von Naruto ein Kind unter, aber bitte verschone miiiiich!

„Vorsicht!“, rief Yamazaki plötzlich aus, als ein riesiger Kopf einer Anpanman-Figur sich löste, auf sie zuraste und Katsura volle Kanne traf und ausknockte.

„Was ist denn jetzt-“ Gintoki blieb gar keine Zeit, sich zu wundern, denn da kam schon der nächste Kopf geflogen. Er und Yamazaki duckten sich rechtzeitig und die Kinder waren alle zu klein, um von dem Kopf erwischt zu werden, doch einen Moment später erklang der laute Schmerzensschrei eines erwachsenen Mannes.

Außer ihnen waren wirklich noch andere Erwachsene hier? Gintoki drehte sich nicht einmal um, um nachzusehen, wen der herumfliegende Körperteil getroffen hatte. Das konnte ja nur irgendein Loser sein, wenn er auf dieser Kinderbahn mitfuhr.

Endlich am Ausgang angekommen, verließen Yamazaki und Gintoki das Fahrgeschäft. Katsura lag zum Glück ohnmächtig irgendwo in den Kulissen und Shinpachi und Kagura waren auch nirgends zu sehen. Was Gintoki an etwas erinnerte: Die ganze Sache war ihm doch von Anfang an komisch vorgekommen. Kagura hatte darauf bestanden, dass sie herkommen sollten, an den romantischsten Ort Japans, und dann lud sie Yamazaki dazu ein? Sowieso hatten sie und Shinpachi die ganze letzte Zeit miteinander verschwörerisch getuschelt und heute hielten sie diesen auffälligen Abstand zu ihm und Yamazaki und was Katsura da eben geredet hatte … oh nein. Gintoki fasste sich mit einer Hand an die Stirn. Irgendwo hatte es hier ein mächtiges Missverständnis gegeben.

„Sakata-san“, begann Yamazaki und sah dabei merkwürdig verlegen aus, „nachdem Baikinman dies alles gesagt hat … verstehe ich jetzt, warum Sie mich heute hierher eingeladen haben.“

Oh nein.

Der dunkelhaarige Polizist räusperte sich. „Und ich will Ihnen sagen, dass ich mich sehr geehrt fühle von … von Ihrer Zuneigung-“

Oh nein.

„...für mich, doch leider bin ich momentan nicht auf der Suche nach einer Beziehung. Verzeihen Sie bitte.“

Oh nei- … Moment. Gintoki schreckte aus seiner Schockstarre, als ihm etwas auffiel.

„Du bist nicht auf der Suche nach einer Beziehung?“

Yamazaki nickte ernst. „Ich möchte mich momentan voll und ganz auf mein Badminton-Spiel konzentrieren.“

„Und die hübsche Frau, mit der du dich letztens getroffen hast?“, platzte Gintoki mit der Tür ins Haus und ließ den Anderen damit stutzen.

„Hübsche Frau …? Ah, meinen Sie meine frühere Badminton-Partnerin? Sie war für ein paar Tage in der Stadt, weil sie an einem Turnier teilgenommen hat. Ich hatte echt Glück, dass sie Zeit für mich hatte, weil sie ist in der Badminton-Szene ein richtiger Star und ich wollte unser Treffen nicht an die große Glocke- … Moment. Woher wissen Sie davon?“

Anstatt zu antworten packte Gintoki den überrumpelten Yamazaki an den Schultern und grinste dabei über das ganze Gesicht.

„Du-kun, jetzt ist mir wirklich danach, dich zu küssen! Bleib dir ja immer treu, dann wird die Welt auch nicht untergehen!“

Yamazaki war endgültig der festen Überzeugung, dass niemand von der Alles-Agentur sie alle beisammen hatte.

 

„Ich blute!“ Hijikata drückte sich ein Taschentuch auf die Platzwunde an seiner Stirn, als er und Kondo aus dem Anpanman-Fahrgeschäft kamen. „Dafür dass da Köpfe fliegen, werden hier gleich Köpfe rollen!!“

„Beruhige dich, Toshi. Wir haben Yamazaki und seinen Liebhaber aus den Augen verloren.“

„MUSST DU IHN SO NENNEN??“

„Aber er heißt doch Yamazaki.“

„DAS MEINTE ICH OFFENSICHTLICH NICHT!“

„Oh, Hijikata-san, Sie bluten ja.“ Okita kam seelenruhig auf sie zu geschlendert. Der Angesprochene bildete sich ein, ein hinterher geflüstertes „Viel zu wenig“ gehört zu haben.

„Sogo, wo hast du gesteckt?“, fragte Kondo.

„Ich musste aufs Klo.“

Der Argwohn des Vizekommandanten war sofort geweckt. „Ist ja ein seltsamer Zufall, dass ich währenddessen plötzlich mit kiloschweren Köpfen bombardiert werde.“

„Ja, was für ein seltsamer Zufall“, wiederholte Okita unschuldig. „Viel wichtiger ist, dass wir kurz davor stehen, Yamazaki an die Alles-Agentur zu verlieren.“

„Wieso das?“ Kondo gefiel diese Aussage ganz und gar nicht.

„Ich hab sie eben aus der Ferne beobachtet. Der Herr von der Alles-Agentur sprach davon, Yamazaki zu küssen. Und wenn die beiden heiraten, wird Yamazaki sicher bei ihm einziehen und wir sehen ihn nie wieder.“

„Warum sollte Yamazaki gleich den Erstbesten heiraten, der ihn küsst?“ Hijikata winkte unbeeindruckt ab.

„Weil es Yamazaki ist“, entgegnete Okita ebenso unbeeindruckt und Kondo erschrak.

„Das ist ein Totschlagargument. Wir werden Yamazaki an diesen Kerl verlieren.“

„Außer natürlich ...“, der Jüngste der Runde gab sich mit einem Mal sehr nachdenklich und besorgt. „Außer natürlich, wir würden jemand anderen für Yamazaki finden. Jemand, der sicherstellen könnte, dass er in der Shinsengumi bleibt. Jemand, den er sowieso anhimmelt.“

„Sogo“, warf Kondo bitterernst ein, „hast du eine Idee, wer das sein könnte?“

Hijikata bildete sich ein, ein flüchtiges, diabolisches Grinsen über Okitas Gesicht huschen gesehen zu haben.

„Oh ja.“

Wenn dich jemand liebt, musst du dich nicht fragen, ob er dich liebt. Er wird es dir von sich aus zeigen.

„DAS WERDE ICH GANZ SICHER NICHT!!“ Hijikatas erzürnter Ausruf ließ ganz Edo zusammenschrecken.

Er, Kondo und Okita waren wieder im Hauptquartier der Shinsengumi und saßen im Zimmer des Kommandanten, um das weitere Vorgehen hinsichtlich des Projektes ihren Fußabtre- äh, wertvollen Kameraden nicht an die Alles-Agentur zu verlieren, zu besprechen. Sie waren sich einig, dass selbst Yamazaki etwas Besseres verdient hatte und es für sie eine Schmach wäre, ihn ausgerechnet an Gintoki Sakata zu verlieren. Ausgerechnet an Gintoki Sakata.

„Es muss sein, Hijikata-san“, wandte Okita ein. „Versuchen Sie mal 'Sagaru Sakata' dreimal hintereinander zu sagen. Das klingt furchtbar. Das können wir nicht zulassen.“

„WAS SOLL DAS FÜR EIN ARGUMENT SEIN??“

„Sagaru Sakata Sagarutataka Sagutakakadu.“ Kondo scheiterte mit Bravour. „Sogo hat Recht. Das dürfen wir nicht zulassen.“

„Die einzigen, die hier einen Vogel habt, seid ihr!“ Der Vizekommandant war drauf und dran, aus dem Raum zu stürmen und die beiden Idioten mit ihrem unsinnigen Problem allein zu lassen. Wenn Yamazaki sich in diesen silberhaarigen Schwachkopf verliebt hatte und sich einbildete, mit diesem glücklich werden zu können, dann war das nicht sein Problem. Sicher, es würde äußerst umständlich werden, einen Ersatz für ihn zu finden. Vielleicht war das sogar unmöglich, denn wie viele andere in der Shinsengumi gab es wohl, die so bereitwillig alles machten, was er von ihnen verlangte? Und dabei immer diesen getreuen Hundeblick aufhatten? Und ihn ganz offenkundig anhimmelten?

Mit einem Mal geriet Hijikata ins Grübeln. Vielleicht wäre es ihm doch nicht so gänzlich egal, in Zukunft auf Yamazaki verzichten zu müssen.

„Da ich hier der einzige bin, der wirklich etwas von Liebe versteht“, meldete sich Okita wieder zu Wort, „habe ich eine Theorie, wie diese schmutzige Affäre zwischen den beiden überhaupt zustande kommen konnte.“

„Musst du es 'schmutzige Affäre' nennen?“ Hijikata stöhnte entnervt.

„Na gut, dann … versaute Bettgeschichte.“

„Welche Altersfreigabe hat diese Geschichte eigentlich?“ Der Dunkelhaarige seufzte erneut.

„Jedenfalls“, fuhr Okita fort und sah Hijikata dabei ernst an, „ist eine Sache total klar: Der Kerl kann unmöglich Yamazakis erste Wahl gewesen sein. Yamazaki hat sich in diese Affäre gestürzt, weil sein eigentliches Objekt der Begierde ihn nicht genug beachtet hat und er seine Hoffnungen auf Zweisamkeit mit dieser Person immer mehr begraben musste. Wenn allerdings seine Gefühle für seinen Angebeteten endlich von diesem erwidert werden, wird er Gin-san ganz schnell vergessen.“

„Warte mal ...“ Hijikata stutzte. „Willst du damit etwa sagen …?“

„Damit will ich sagen ...“

„Wie kommst du auf …?“

„Vielleicht hat mir das jemand im Vertrauen …?“

„Äääh ...“ Kondo blickte fragend zwischen den beiden hin und her. „Bei den ganzen Halbsätzen versteh ich nicht einmal mehr die Hälfte von dem, was ihr sagt.“

Der Vizekommandant nahm tief Luft. „Du willst mir weismachen, Yamazaki hätte dir anvertraut, dass er in mich … in mich … ich kann es nicht aussprechen.“

Mit ungewohnt bitterernster Miene schaute Okita ihn an. „Es wäre wirklich ein Vertrauensbruch gegenüber Yamazaki, wenn ich noch mehr dazu sage.“

Von der Ernsthaftigkeit des Jüngeren zutiefst geschockt, blinzelte Hijikata ihn perplex an. Er hatte ihn noch nie so ernst gesehen. Erzählte Sogo also die Wahrheit? War Yamazaki in Wirklichkeit tatsächlich in ihn verliebt? Das würde schließlich so einiges erklären ….

„Toshi“, warf Kondo streng ein, „wenn das stimmt, dann bist du der einzige, der Sagaru Sakata verhindern kann. Du musst also tun, um was wir dich gebeten haben. Du musst Yamazaki küssen.“

Der Angesprochene schluckte. „Mo-moment. Vielleicht rede ich einfach mal mit ihm.“

„Zum Reden ist es zu spät“, entgegnete Okita noch eine Stufe ernster. „Ich fürchte, auch ein einfacher Kuss löst das Problem nicht mehr. Sie müssen jetzt aufs Ganze gehen, Hijikata-san.“

„Au-aufs Ganze?? Was soll das denn heißen??“

„Es wird Zeit, von Boys Love zu Yaoi überzugehen.“

„HÄÄÄÄH??!!“

„Ist das nicht etwas zu hart, Sogo?“, gab Kondo zu bedenken.

„Das muss so sein“, erwiderte der Jüngere voller Überzeugung. „Ohne die nötige Härte gibt es kein Yaoi.“

Von Okitas Überzeugungskraft mitgerissen, nickte Kondo. „Dann musst du mit voller Härte vorgehen, Toshi.“

„HÖRT IHR EIGENTLICH, WAS IHR DA SAGT??“

„Wollen Sie Yamazaki nicht helfen? Der Arme leidet ganz offensichtlich“, äußerte der Jüngste der drei so voller Mitgefühl, dass er wie ausgewechselt wirkte. „Und stellen Sie sich nur vor, wie Gin-san es uns unter die Nase reiben wird, wenn er Yamazaki endgültig um den Finger gewickelt haben wird. Wir werden unser Gesicht verlieren. Wir werden alles verlieren, wenn wir Yamazaki verlieren.“

„Denk einfach daran, dass du dies nicht für dich tust, sondern für Yamazaki und die Ehre der Shinsengumi“, fügte Kondo hinzu, der ganz offensichtlich nicht bemerkte, dass er von jemandem um den Finger gewickelt worden war.

Fassungslos starrte Hijikata seinen Vorgesetzten mit offenem Mund an. Das konnte doch nicht sein Ernst sein! Hatten er und Sogo nun vollständig den Verstand verloren, dass sie das von ihm verlangten??

„Keine Angst“, beschwichtigte Okita ihn, „wenn Sie kein Gleitgel nehmen, tut es gar nicht so weh.“

„AN DIESER AUSSAGE IST SO VIEL FALSCH!!“

„Mach dir keine Sorgen, Toshi.“ Kondo wühlte in seinen Sachen und zog ein paar Hefte aus einem Stapel hervor. „Lies dir einfach vorher diese Handbücher durch, dann wird schon alles gut gehen.“ Er drückte dem überrumpelten Mann die Hefte in die Arme und klopfte ihm ermutigend auf die Schulter, ehe er und Okita ihn mit seiner Lektüre allein ließen.

Hijikata warf einen ungläubigen Blick auf die schmalen Bücher in seinen Händen, bevor seine Augen anfingen zu zucken.

„DAS SIND KEINE HANDBÜCHER, SONDERN DOJINISHI!! UND SANJI WÜRDE SO ETWAS NIE MIT ZORRO MACHEN!!“

 

„Sie wollten mich sprechen, Vizekommandant?“ Yamazaki schob die Tür zu Hijikatas Zimmer ein Stück weit auf und schaute fragend zu dem Mann, der in seinem Zimmer auf dem Boden saß und sich merkwürdig räusperte, als er Yamazaki erblickte.

„J-ja, komm rein. Setz dich.“

Verwundert über die auffällige Anspannung des Vizekommandanten schloss Yamazaki die Tür wieder und ließ sich wie ihm gesagt worden war auf dem Boden nieder.

„Geht es Ihnen nicht gut? Sie schwitzen so stark …?“

„I-ist nur so heiß heute, nicht wahr?“, antwortete Hijikata und rüttelte an seinem schwarzen Yukata, um sich ein wenig abzukühlen. „Ist doch wahnsinnig heiß hier drin, oder?“

Ahh, das klingt wie aus einem der Dojinshi!!, stellte er von seiner eigenen Aussage erschrocken fest.

„Finden Sie?“ Yamazaki blinzelte ihn an. „Wollen Sie Ihren Yukata vielleicht ausziehen?“

„DAS HÄTTEST DU WOHL GERNE!!“

Bei diesem lauten und entgeisterten Ausruf zuckte der arme Yamazaki zusammen. „Weswegen wollten Sie mich denn sprechen?“, fragte er kleinlaut nach.

Hijikata atmete tief durch, um seine Contenance wiederzufinden. Er durfte sich nicht von dem, was Kondo und Sogo von sich gegeben hatten, verrückt machen lassen. Nein, er war der coole, gelassene und beherrschte Charakter in dieser Serie und er würde diese ganze Angelegenheit auch genau so regeln. Cool, gelassen und beherrscht.

„Du hast dir in letzter Zeit ziemlich oft frei genommen“, bemerkte der Vizechef.

„Ziemlich oft? Eigentlich waren es jetzt nur zweimal und ich hatte zuvor jahrelang keinen einzigen freien Ta-“

„Ganz ruhig, Yamazaki, ganz ruhig. Ich will ja nur wissen, ob es irgendeinen besonderen Grund dafür gibt.“

„Höh? Einen besonderen Grund?“

„Na, zum Beispiel, dass du dich vielleicht mit jemand Besonderem verabredet hast?“

Yamazakis Augen leuchteten freudestrahlend auf. „Das habe ich tatsächlich. Aber woher wissen Sie denn davon?“

Hijikata seufzte innerlich. Armer Tropf. So glücklich hatte er ihn ja noch nie gesehen. Yamazaki machte sich bestimmt wirkliche Hoffnungen, dass dieser Wuschelkopf es ernst mit ihm meinte. Doch wenn Toshiro Hijikata sich einer Sache zweifelsfrei sicher war, dann dass diesem silberhaarigen Tunichtgut nicht zu trauen war. Nie im Leben meinte der es ernst mit Yamazaki. Wahrscheinlich folgte dieser Nichtsnutz gerade nur irgendeiner Laune und wenn er den armen Yamazaki überhatte, würde er ihn herzlos gegen jemand anderen austauschen und ihn wieder auf die Straße setzen. Jemand Argloses und leicht Manipulierbares wie Yamazaki durfte nicht an so einen üblen Typen geraten.

„Hör mal, Yamazaki“, entgegnete Hijikata ernst, „man sollte sich nie mit dem Erstbesten zufrieden geben. Ich erwarte von meinen Männern, dass sie alle nach Höherem streben. Du würdest dich doch nicht mit einem Kompromiss zu deinen Ungunsten zufrieden geben, oder?“

Zögerlich stimmte Yamazaki ihm mit einem Kopfnicken zu, denn er verstand nicht wirklich, von was sein Vorgesetzter da eigentlich sprach, aber gleichzeitig fühlte er sich auch geehrt, weil der Vizekommandant ihm so viel Aufmerksamkeit zukommen ließ. Warum auch immer.

„Selbst wenn das Ziel, dass wir so gerne erreichen wollen“, fuhr Hijikata fort, „für immer unerreichbar bleiben wird, dürfen wir nie unseren Traum gegen etwas eintauschen, dass uns ganz sicher nicht glücklich machen wird. Manche Träume bleiben eben Träume und damit müssen wir uns abfinden, ohne den Lebensmut zu verlieren. Verstehst du, was ich damit sagen will?“

Seine kurze Ansprache ließ Yamazakis Miene ganz enttäuscht werden. Die Schultern des Polizisten sanken resigniert ein gutes Stück in sich zusammen und er ließ seinen Kopf niedergeschlagen hängen.

„Ja“, antwortete er so betrübt, dass alles in Hijikata sich vor Betroffenheit zusammenzog. „Ich denke, ich verstehe, was Sie damit sagen wollen.“

Hijikata schluckte schwer. Was für ein klägliches Bild der arme Kerl nun abgab. Dann hatte Sogo tatsächlich die Wahrheit gesagt und Yamazaki war wirklich und wahrhaftig in ihn verliebt. Und jetzt hatte er ihm das Herz gebrochen. Auch wenn Hijikata recht häufig gnadenlos und unbarmherzig rüberkam, er war ja kein Unmensch. Er wusste, wie schmerzlich es war, einen Korb zu bekommen und von der Liebe mit Füßen getreten zu werden.

„E-es“, fuhr Yamazaki fort und klang dabei entsetzlich elend, als wäre er den Tränen nah, „es war albern von mir, auch nur zu denken, ich könnte … ich könnte jemals …“ Er schaffte es nicht, den Rest des Satzes herauszubringen.

Irgendwie tat er Hijikata leid. Anscheinend war der junge Mann noch viel schlimmer in ihn verschossen als er es angenommen hatte. Wer wusste schon, wie lange Yamazaki bereits heimlich Gefühle für ihn hegte? Und was hatte der arme Tropf sonst schon in seinem Leben? Selbst die Autorin dieser Geschichte hatte ihn zu Beginn des ersten Kapitels als „Fußabtreter in Menschengestalt“ bezeichnet. Seine Unauffälligkeit half ihm nur in seinem Job und meistens verpasste ihm das Schicksal irgendwelche schrecklich auffälligen Frisuren, die ihm die verdeckten Ermittlungen dann auch noch erschwerten. Dieser Federball-Krempel wirkte auch nur wie ein verzweifelter Schrei nach mehr Aufmerksamkeit. Nicht zu vergessen, dass der arme Mann mal einen Nervenzusammenbruch wegen Backwaren mit süßer Füllung gehabt hatte. Wegen Backwaren!

Manchmal tauchte immer noch in Berichten, die Yamazaki ausgefüllt hatte, mitten im Satz einfach das Wort „Anpan“ auf und andere Kameraden hatten berichtet, dass er ab und an mitten im Schlaf panisch „Anpan!“ ausrief. Selbst Hollywood würde keinen Film über eine solch tragische Figur machen wollen. Einen Hauptcharakter, den man kaum bemerken konnte und der dazu noch so gebeutelt war, würde doch niemand sehen wollen! Und nun hatte er einer solch bemitleidenswerten Gestalt das Herz gebrochen! Er hatte vermutlich den gesamten Mann gebrochen! Das hier sollte doch nicht dem Genre „Drama“ zugeordnet werden, aber was konnte er noch tun, um das zu verhindern?

In seinem emotionalen Hineinsteigern hatte Hijikata nicht einmal bemerkt, dass er seine Coolness, Gelassenheit und Beherrschtheit verloren hatte.

Sogo hatte Recht gehabt. Er war der einzige, der noch zwischen Yamazaki und dem Abgrund stand. Es gab nur eine Sache, die er noch tun konnte, um das Ruder für ihn herumzureißen, um einem solch tragischen Charakter noch ein wenig Lebensfreude zu schenken. Er musste ihm ein wenig Hoffnung bereiten, er musste sich selbst überwinden, um Yamazaki den Glauben an die Liebe zurückzugeben. Denn wenn irgendjemand auf dieser Welt etwas Zuneigung verdient hatte, dann war es Sagaru Yamazaki!

Hijikata preschte nach vorn und drückte dem überraschten Yamazaki stürmisch seine Lippen auf den Mund. Der überrumpelte Jüngere fiel vor Schreck auf den Rücken und starrte entsetzt zu seinem nun auf ihm liegenden Vorgesetzten.

„Vzekommndt??“, presste er hilflos aus seinem immer noch von dem unbeholfenen Kuss eingenommenen Mund hervor.

Der Angesprochene ließ abrupt von ihm ab, als er sich einbildete, ein „Klick“ gehört zu haben. Ein Geräusch wie von einem Fotoapparat.

Hijikata schreckte hoch und bekam geradeso noch mit, wie ein kameralinsen-großes Loch in seiner Wand wieder verdeckt wurde.

„K-können Sie bitte wieder von mir heruntersteigen?“, fragte Yamazaki zaghaft.

„Yamazaki?“ Hijikata rührte sich nicht von der Stelle und starrte weiterhin zu dem wieder verdeckten Loch in der Wand, allerdings hatte seine Stimme eine eigenartig kühle Färbung angenommen.

„J-ja?“

„Hast du je mit Okita über deine Gefühle für irgendjemanden gesprochen?“

„Huh? Mit Offizier Okita? Nein, nie.“

„Hegst du irgendwelche Gefühle für den Taugenichts von der Alles-Agentur?“

„Für Sakata-san?“ Yamazaki blinzelte ihn heftig an. „Nein, sicher nicht.“

„Aus welchem Grund hast du in letzter Zeit den 'Pina Colada Song' gesungen?“

„Weil Offizier Okita ihn mir in einem Stück vorgespielt hat und ich daher einen Ohrwurm davon hatte.“ Yamazaki wurde dieses Frage-und-Antwort-Spiel von Sekunde zu Sekunde unheimlicher, besonders weil bei jeder seiner Antworten eine neue Vene auf der Stirn des Vorgesetzten hervortrat.

„Über was haben wir eben gesprochen?“

„Dass ich wahrscheinlich nie mein Ziel erreichen werde, ein so erfolgreicher Badminton-Spieler zu werden wie meine alte Match-Partnerin, mit der ich mich letztens getroffen habe.“

Eine unheimliche Stille trat ein, ehe Hijikata nur eine einzige kurze Äußerung von sich gab:

„Verstehe.“

Yamazaki traute sich nicht, nachzufragen, was hier los war, denn den Vizekommandanten umgab mit einem Mal eine enorme, mit den Händen greifbare Mordlust. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, stand Hijikata auf, griff sich sein Schwert und ging zur Tür.

„I-ist alles in Ordnung?“, brachte der jüngere Polizist ängstlich hervor.

„Yamazaki.“

„J-ja?“

„Hier ist eben nichts geschehen.“

„N-nein. Nichts.“

„Gut.“ Hijikata trat seine eigene Tür ein. „SOGO!! WO VERSTECKST DU DICH?! MACH DICH BEREIT ZU STERBEN!!“ Er stürmte mit gezogenem Schwert davon, während Yamazaki ihm verwundert hinterherblickte und dabei gedankenverloren mit seinen Fingern seine Lippen berührte.

„Hier ist eben nichts geschehen ...“, wiederholte er entrückt und … errötete.

 

„Oh, Entschuldigung … ah, Sakata-san! Wir haben uns ja eine ganze Weile nicht gesehen.“ Yamazaki blickte zu dem silberhaarigen Mann, mit dem er im Gang der Drogerie zusammengestoßen war.

„Huh?“, reagierte der Angesprochene verdutzt. „Ah, … du bist es.“

„Haben Sie etwa schon wieder meinen Namen vergessen?“ Yamazaki sank seufzend ein Stück in sich zusammen.

„Was? Nein, natürlich nicht“, entgegnete Gintoki eilig.

„Wie lautet mein Name?“

„Das solltest du doch am besten wissen … oder leidest du etwa an Gedächtnisverlust? So eine Storyline hatten wir doch schon mal.“

„Sagen Sie meinen Namen“, forderte Yamazaki ihn beharrlich auf.

Nachdenklich legte der Andere eine Hand an sein Kinn. „Wenn du so darauf bestehst ...“

„Ja?“

„...“

„Was sollen die '…'? Geben Sie nun zu, dass Sie mich ständig vergessen?“

„Hey, hey, was für schamlose Unterstellungen sind denn das? Du heißt ...“

„Ja?“

„...“

„Jetzt sagen Sie was oder ich vergesse mich!!“

„Schon gut, schon gut. Dein Name ist eindeutig … Shinpachi ohne Brille.“

„...“

„Wenn wir mit den '…' so weiter machen, wird es immer schwieriger, diese Fanfiction zu lesen.“

Yamazaki seufzte erneut, entschied sich aber, dieses Thema auf sich beruhen zu lassen. „Wie ist es Ihnen ergangen?“, fragte er den Anderen stattdessen, während sie gemeinsam durch den Gang schlenderten.

„Kann mich nicht beschweren. Zum Glück konnte ich ein massives Missverständnis aufklären, bevor irgendetwas echt Peinliches passieren konnte. Ansonsten jammert Kagura nun ständig, weil dieser bescheuerte Radiosender abgeschaltet wurde. Es hatte wohl zu viele Beschwerden wegen 'mangelhafter Recherche' gegeben. Und ich hab'nen üblen Kater, weil der Sender anscheinend auch damit falsch gelegen hat, dass das Trinken an ungeraden Tagen mit Vollmond keinen Kater machen würde.“

Bei dieser Erzählung zuckte Yamazakis rechtes Auge vor Ungläubigkeit. „Das haben Sie denen geglaubt?“

Gintoki schüttelte den Kopf. „Nein. Natürlich nicht. Ich hatte nur all meine Hoffnungen darauf gesetzt.“

„Verstehe ...“ Am Gesicht des Polizisten konnte man ablesen, dass dies definitiv nicht der Fall war.

„Und bei dir? Irgendetwas Neues?“

Yamazaki dachte einen kurzen Augenblick lang nach, ehe er verneinend den Kopf schüttelte. „Im Großen und Ganzen läuft alles in seinen gewohnten Bahnen. Vizekommandant Hijikata musste Offizier Okita vor einer Weile eine neue Kamera kaufen, weil er dessen Alte zerstört hatte und Offizier Okita musste Kommandant Kondo schwören, nie wieder kompromittierende Fotos von Kameraden zu machen.“

„Ihr seid ein seltsamer Verein.“ Gintoki hob kritisch eine Augenbraue. „Und wieso wirst du rot, wenn du euren Räuchermännchen-Vize erwähnst?“

„W-werd ich nicht!“, erwiderte Yamazaki auffallend hastig.

„Ich glaube, ich will's auch gar nicht wissen.“ Der Lockenkopf griff nach einem Medikament gegen Übelkeit und registrierte sogleich erstaunt, dass der Polizist es ihm gleich tat. „Auch verkatert?“

„Nein“, antwortete Yamazaki, „Kommandant Kondo leidet seit einiger Zeit an Morgenübelkeit. Ich soll ihm etwas dagegen besorgen.“

„Morgenübelkeit?“ Gintoki stutzte.

Yamazaki nickte und wunderte sich umgehend, warum sein Gesprächspartner mit einem Mal so triumphierend über das ganze Gesicht grinste. Dann griff Gintoki in ein anderes Regel und drückte den dort hinaus genommenen Artikel Yamazaki in die Hand.

Dieser blinzelte verwirrt auf das Produkt, das er nun in Händen hielt. „Ein Schwangerschaftstest? Was soll ich denn damit?“

Gintoki klopfte ihm mit einer geradezu unheimlich guten Laune auf die Schulter, bevor er sich abwandte. „Für euren Boss-Gorilla“, rief er dem verdutzten Yamazaki im Weggehen zu. „Wie es scheint, ist die Autorin tatsächlich nicht nachtragend. Aber sie scheint etwas für Gorillababys übrig zu haben.“

Yamazaki blinzelte noch einmal erstaunt auf den Schwangerschaftstest in seiner Hand und machte sich auf zur Kasse, während er leise den Pina Colada Song zu summen begann.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich möchte zuallererst festhalten, dass ich sehr wohl zurechnungsfähig bin und auch nicht ununterbrochen die Home-24-Werbung mit der Katze gucke. Wer sie nicht kennt: Besagte Katze in besagtem Spot wird von dem gleichen Sprecher gesprochen, den Okita im Deutschen hat; kein Wunder also, dass Sogo die Werbung gefällt. Wer Rupert Holmes' Gute-Laune-Lied „Escape (The Pina Colada Song)“ nicht kennt und die Möglichkeit hat, sollte das unbedingt mal nachholen.
Ich musste die Erstfassung des Kapitels übrigens abändern. In der Ursprungsversion jammerte Yamazaki noch darüber, dass von seinem Lieblingsmanga nicht mehr als 40 Bände erschienen seien. Als hätte Tokyopop das gerochen, erschien plötzlich der 41. Band von Gintama! Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich habe erstaunlich lange gebraucht, bis mir aufgefallen ist, dass das einzige Anpan, das ich bisher gegessen habe, aus einer Bäckerei mit dem Namen „Yamazaki“ stammte. Wahre Geschichte. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Und das passiert, wenn ich meinen Gedanken freien Lauf lasse. Ich hoffe, ihr hattet Spaß an meiner kleinen Gintama-Geschichte. Vielen Dank fürs Lesen! Den Pina Colada Ohrwurm werd ich nicht mehr los. XD Komplett anzeigen

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