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Von der Kunst, falsch zu sein

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Contentwarnungen:





Homophobe und diskriminierende Sprache, leichte Andeutungen zu früherer Misshandlung. Komplett anzeigen

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Ankunft

Die ganze Fahrt über, hatte Kai kein Wort gesprochen. Er wollte nicht. Das war nicht die erste 'Familie', die ihn bei sich aufnehmen wollte. Er würde früh genug wieder im Heim landen.

    Und die beiden da vorne konnte er nicht einmal als Familie bezeichnen. Ein kleiner Asiate und ein eher bulliger Amerikaner. Wenn er es nicht besser gewusst hätte, er hätte vermutet, dass er in einer dieser Reality TV Sendung steckte, in der man versuchte, so viele Minderheiten wie möglich unterzubringen. Wobei der größere Kerl dann wohl schwarz gewesen wäre. Und er selbst wäre Mexikaner or so etwas gewesen und kein Amerikaner mit nord-europäischen Wurzeln. 

     

Das Auto hielt, sie befanden sich in einer etwas gehobeneren Wohngegend. Geld schienen die beiden zu haben und er fragte sich, wie viel davon sie dafür ausgegeben hatten, dass sie als schwules Paar adoptieren durften. Wahrscheinlich nicht genug, denn offensichtlich war Kai kein Chinesisches Baby, wie es bei schwulen in Amerika doch Trend war.

    Der Asiate sah sowieso nicht so aus, als wäre er sonderlich glücklich damit, jetzt ein neues Haushaltsmitglied zu haben. Damit konnte er arbeiten. Kai würde schon vor beginn des neuen Schuljahres das Zimmer im Heim wieder beziehen, dafür würde er schon sorgen. Der Große war schwerer zu knacken, der sah Kai ständig aus etwas nervösen und besorgten Augen an. Der war es auch, der immer mal wieder versucht hatte, ein Gespräch mit ihm anzufangen.

    Es lohnte sich nicht mal, sich ihre Namen zu merken. Das waren nur zwei naive Tucken, die der Welt vorspielen wollten, dass auch Schwule ein normales Familienleben haben konnten, obwohl keiner von ihnen gebärfähig war. Tz... die würden schon früh genug wieder zur Vernunft kommen.

 

Sie stiegen aus. Der Große nahm Kais Habseligkeiten aus dem Koffer - also eine Sporttasche mit ein paar Outfits - und bedeutete ihm mit zu kommen. Der kleine Asiate schwieg noch immer. Kai war schon aufgefallen, dass dessen Blick ständig zwischen distanzierter Kühle und hektischer Unsicherheit schwankte. Der Kerl hatte echt Probleme und Kai fragte sich, ob diese Unsicherheit irgendwann in Wut umschwenken würde. Asiaten waren doch so furchtbar streng...

    Wäre nicht der erste Ziehvater, der die Geduld mit ihm verlor, aber hoffentlich der letzte. Er war schon 16. Wenn das hier nicht klappte, konnte er hoffentlich die letzten zwei Jahre in Ruhe im Heim verbringen oder sich als Minderjähriger emanzipieren lassen. Die ständigen Schulwechsel gingen ihm gehörig auf den Sack.

    "Ich hoffe du fühlst dich hier wohl", kam es plötzlich von dem kleineren der beiden. Das war sicherlich die Frau in der Beziehung, auch wenn er eine viel härtere Mimik hatte, als der große. Die Vorstellung dass der Bodybilder sich von dem Winzling vögeln ließ, war einfach zu absurd. Selbst Kai war größer als er.

    "Hm", gab Kai nur als Antwort, folgte den beiden eine metallene Außentreppe hinauf zu einem separaten Eingang und stand dann bald darauf in seiner neuen Unterkunft. Er sah sich in der Wohnung um. Groß, hell, modern.... typische Schwulenbude. Man sah, dass die beiden keine richtigen Männer waren.

    "Dein Zimmer ist zwar schon mit dem Nötigsten ausgestattet, aber wenn du möchtest, können wir, wenn du dich etwas eingewöhnt hast, einkaufen gehen oder online schauen, was du noch so brauchst." Das klang so fern jeglicher Emotion, dass Kai ihm nicht abkaufte, dass er das ernst meinte. Er zuckte deshalb nur gleichgültig mit den Schultern und versuchte zu erraten, wo sein Zimmer sein würde. Vielleicht würde er einfach so viel teures Zeug verlangen, dass die beiden wegen seiner Ansprüche schon ausflippten. Aber eventuell hatten die zu viel Geld, dass er das so ausspielen konnte. Das würde sich noch zeigen.

 

Er glaubte nicht daran, dass er sich schon in sein Zimmer einbunkern durfte. Die meisten setzten sich erst einmal mit ihm hin und schwafelten über irgendwelche Regeln und Verbote mit ihm. Deshalb führte der Winzling ihn wahrscheinlich auch in die Küche, statt irgendwohin, wo es ansatzweise gemütlich war.

    Der Große kam wieder zurück zu ihnen, jetzt ohne seine Tasche. Kai spannte sich an und hoffte inständig, dass die beiden ihm die Klamotten nicht vorenthalten würden, bevor er bewies, dass er sich benehmen konnte, oder so etwas. Hoffentlich war das nicht so ein Haushalt. Hoffentlich war der ultra Kurzhaarschnitt des Riesen nicht ein Zeichen für irgendwelche militärischen Vorlieben. Wenn der so drauf war und trotzdem so treudoof schauen konnte, war Kai verloren. Niemand würde ihn hier wieder rausholen…

    Er schluckte und presste die Kiefer aufeinander, behielt nun doch eher den Großen im Blick, der sich gerade die Krawatte vom Hals zog und die Jacketjacke über einen der Stühle hängte.

    “Hast du Hunger? Oder Durst?”, fragte der ihn auch gleich mit einem so fürsorglichen Lächeln, dass es Kai den Magen umdrehte.

    “Ich bin müde”, versuchte er halbherzig doch noch in sein Zimmer zu kommen. Was die wohl mit ‘notwendigste’ gemeint hatten? Ob er überhaupt ein Bett hatte? Eine Matratze? Er war so darauf fokussiert gewesen, sich auszudenken, wie er schnellstmöglich wieder hier weg kam, dass er vergessen hatte, sich sorgen darum zu machen, dass die beiden Arschlöcher sein könnten. Kai hasste das. Diese Ungewissheit. Aber wenn er nur genug blaue Flecken von ihnen sammeln würde, am besten Handabdrücke von zu festem zupacken an seinen Armen oder vergleichbares, würde er bei dem ersten Kontrollbesuch wieder hier raus kommen. Aber erst einmal ankommen, bevor er zu provozieren begann. Erst einmal herausfinden, wie schlimm es war.

    “Wasser?”, mischte der Asiate sich wieder ein. “Oder lieber Cola? Tee?”

    “Ich habe gesagt-...”, doch ihm wurde nicht einmal die Zeit gegeben, auszureden.

    “Ja, das habe ich gehört. Also?”

    War ja klar gewesen. Natürlich zählte seine Meinung nicht. Er war ja nur ein dummes Kind, das nicht wusste, was gut für es war. Das pisste ihn echt an.

    “Cola”, zischte er, hauptsächlich, weil es die ungesündeste der Optionen gewesen war.

    Prompt hatte er eine gekühlte Literflasche des süßen Sprudels in der Hand.

    “Willst du es dir im Wohnzimmer gemütlich machen, oder soll ich dir dein Zimmer zeigen?”

    Kai blinzelte den Asiaten an, als hätte er tatsächlich Chinesisch gesprochen. Vielleicht hatte der das auch, denn wirklich begreifen tat Kai nicht, was er meinte.

    “Du wolltest dich ausruhen, hast du gesagt. Also lieber im Wohnzimmer vor dem Fernseher oder willst du ganz deine Ruhe?”

    Kai war nicht wohl dabei, dass er nicht erahnen konnte, was für ein Spiel die beiden spielten. Er fühlte sich hilfloser, als er zugeben wollte. Das hier war nicht, wie er erwartet hatte. Jeder neue Satz, jede neue Bewegung der beiden, schien in eine neue Richtung zu streben und er kam gedanklich nicht hinterher. Aber er würde die Gelegenheit nicht verstreichen lassen, in sein Zimmer zu kommen, weshalb er diese Wahl auch so einsilbig wie möglich kundtat.

    Wenige Sekunden später war er tatsächlich allein in einem kargen Zimmer. Er hatte ein Bett und eine Matratze, einen improvisiert wirkenden Nachttisch, einen Schreibtisch mit Stuhl und einen Kleiderschrank. Seine Tasche stand neben der Tür, die er jetzt eilig unters Bett schob. Auspacken brauchte er nicht. Er würde sowieso nicht lange bleiben.

 

 

Die erste Nacht

Shinji kam zurück in die Küche, nachdem er ihren Neuankömmling in sein Zimmer gebracht hatte. Er fühlte sich nicht besonders gut. Seine Haut juckte, als hätte er den ganzen Tag in der U-Bahn verbracht, eingepfercht zwischen Fremden Menschen. Sein Kopf versuchte ihm jede Sekunde deutlich zu signalisieren, dass da ein Eindringling in ihrer Wohnung war. Das war nicht gut. Und, dass er sich fast schon ekelhaft gegenüber Kai verhalten hatte, machte alles nur noch schlimmer. Das war ein verstörtes Kind, das konnte nichts für Shinjis Probleme und er durfte nicht anfangen, die an ihm auszulassen. Er wollte nicht wie alle Erwachsenen sein, die er als jugendlicher so kennengelernt hatte. Er hatte besser sein wollen und scheiterte daran kläglich.

    Er duckte sich etwas von Nate weg, Angst, enttäuschung in dessen Augen zu sehen und hantierte stattdessen mit einem Glas und dem Wasserhahn. Erst als er den ersten Schluck getrunken hatte, erinnerte er sich daran, dass er pures Wasser hasste, verzog das Gesicht und kippte das klare Nass wieder weg. Stattdessen holte er sich eine Colaflasche aus dem Kühlschrank.

    Als die Stille sich zu lange zog, knickte er aber doch ein: “Sorry.”

    Mehr als ein Murmeln brachte er nicht heraus und er konnte Nate noch immer nicht ins Gesicht sehen.

    “Wofür entschuldigst du dich?”, fragte Nate, als wäre alles normal. Doch ehe Shinji Einspruch erheben konnte, sprach der schon weiter: “Der Junge hat einen Liter Cola im Zimmer. Der kommt spätestens wieder raus, wenn er pinkeln muss.”

    Vorsichtig wagte Shinji einen Blick nach oben und entspannte sich wieder, als ihm nichts anderes als warme Zuneigung entgegnet wurde. Nate war so wundervoll. Noch immer verurteilte er ihn nicht für seine Macken und alleine dafür verliebte sich Shinji gerade wieder in ihn. Er hatte so einen großartigen Freund.

    “Geben wir ihm die Zeit, die er braucht, sich an uns zu gewöhnen. Er wird noch merken, dass das hier sein Zuhause ist.”

    Das war so überzeugt ausgesprochen, dass Shinji nicht anders konnte, als zu nicken. Es würde einfach etwas dauern, das war alles. Sie hatten das beide von Anfang an gewusst, aber es hautnah mitzuerleben war dadurch dennoch nicht einfacher. Zeit… hoffentlich würde das hier werden.

    Dennoch hievte sich Shinji noch immer etwas geknickt auf den Küchentresen und musterte Nate: “Wir wissen beide, dass ich nicht gut mit Menschen kann, aber ich hatte gehofft, dass es bei ihm anders wäre.” Ein dummer Gedanke, wie ihm jetzt kam. Kai war auch nur ein Mensch. Nur weil sie beide ihn adoptieren wollten, machte ihn das nicht plötzlich zu etwas anderem als einem weiteren Exemplar ihrer Spezies. “Ich kann mich einfach nicht entspannen. Dabei erinnert er mich so sehr an mich, dass es fast schon weh tut.”

    Das stimmte. Der Blick... dieser komplett verlorene, tote Blick… als hätte Kai schon jetzt alle Hoffnung auf etwas besseres verloren. Shinji konnte das nachvollziehen. Es hatte Nate und seinen Therapeuten gebraucht, bis Shinji gesehen hatte, dass das Leben wert war, es nach seinen Vorstellungen zu formen. Er war noch nicht am Ende seines Therapieweges angekommen, das wusste er. Die Therapie an sich war beendet, aber innere größe war ein stetiger Prozess, der das ganze Leben über anhielt.

    “Ich will gar nicht wissen, was er von mir denkt.”

    “Ich kann mir vorstellen, was er von dir denkt. Was er von uns denkt. Nämlich dasselbe, was du dachtest, als ich versucht habe, deine Schutzmauern einzureißen. Du hast mich wahnsinnig nervig gefunden.”

    Shinji musste leise lachen, konnte Nate aber definitiv nicht widersprechen. Wobei er ihn nicht nur nervig gefunden hatte. “Nervig war wirklich das harmloseste Adjektiv, das ich über dich gedacht habe.”

    Nate kam auf ihn zu, stellte sich zwischen seine Beine und strich ihm sanft durchs rabenschwarze Haar. Es war beeindruckend, dass Nate selbst jetzt noch größer war, als Shinji, obwohl er schon auf der Küchenzeile saß. Aber er mochte das. Nate war sein Fels in der Brandung, auch wenn Shinji genau wusste, dass auch dessen dicke Haut nicht unzerstörbar war. Die letzten Monate und Jahre, die sie um diese Adoptionsmöglichkeit gekämpft hatten, hatte in ihnen beiden einige unschöne Seiten hervorgebracht. Aber Verzweiflung und Frust tat das mit einem Menschen und sie hatten diesen Part ihres Lebens gemeistert, wie alle andere auch: gemeinsam.

    “Wir alle müssen uns erst an die neue Situation gewöhnen”, erinnerte ihn Nate sanft. “Ich bin sicher, dass Kai uns früher oder später an sich ran lässt. Er ist jetzt unser Junge.”

    Unser Junge, das löste ein warmes Kribbeln in Shinjis Brust aus. Es war erstaunlich, die menschliche Psyche. Er dachte jetzt schon so liebevoll über Kai, wie er über Nate dachte, obwohl er noch keinerlei gemeinsame Erinnerungen mit ihm geschaffen hatte. Aber er gehörte jetzt zu ihnen. Bedingungslos. Und selbst wenn Kai sich auf den Kopf stellte, sie würden bei ihm bleiben und zu ihm stehen. Das hatten sie ihm mit der Adoption versprochen und sie beide waren stur genug, um es zu halten. Kai mochte so stur sein wie er wollte, er konnte mit seinem Kopf nicht durch zwei Mauern rennen.

 

    Kai

 

    Kai war eine Weile in seinem Zimmer auf und ab getigert. Es hatte genug Raum dafür, das musste er den beiden lassen. Letztendlich hatte er sich aufs Bett geworfen, das ein wenig größer war, als die Stockbetten in dem Heim. Er stieß ungewollt ein leises, wohliges Seufzen aus, als er in der weichen Matratze versank. Das Bettzeug roch frisch gewaschen und nach einem angenehmen Waschmittel.

    Sofort stoppte er die Gedanken wieder, bevor sie sich in seinem Kopf festsetzen konnten. Nein, er würde sich nicht daran gewöhnen. Die Betten im Heim waren gut genug, er brauchte nicht mehr. Er brauchte gar nichts, außer seiner Ruhe und einen Job. Er grübelte schon länger darüber, wie er an einen kam, aber von hier aus würde das sowieso nicht funktionieren. Er war zu weit weg von seiner Heimatstadt.

    Er legte einen Arm über seine Augen und versuchte seine rasenden Gedanken zur Ruhe zu bringen. Eines nach dem anderen. Er brauchte einen Plan, aber sein Kopf war leer. Die Fahrt war zu lang gewesen, sein Körper zu nervös. Er hasste, dass er das nicht besser unter Kontrolle hatet. Er kannte das alles doch schon, er sollte nicht nervös sein. Stattdessen hatte er die letzten drei Tage kaum geschlafen.

    Adoption, hatte man ihm gesagt. Sie wollen dich adoptieren, Kai. Sie hatten ihn nicht als Pflegekind her geholt, sondern als ihren Sohn. Der Prozess war natürlich noch nicht ganz durch. Offiziell war er als Pflegekind hier, aber das war nur eine Formalie. Aber es war sein einziger Weg raus. Die mussten ihn innerhalb der nächsten Monate wieder abschieben oder er musste beweisen, dass sie nicht zum adoptieren geeignet waren, sonst kam er hier nicht mehr weg. Was aber war, wenn er sich wieder auf einer neuen Schule einfinden musste? Würde er dann weiterhin versuchen, von hier weg zu kommen, sollte er sich seinem Schicksal einfach stellen? Nun, theoretisch könnte er seine letzten Jahre als Teenager auch hier noch verbringen, solange die beiden erträglich waren. Und wenn sie ihn adoptiert hatten, war das Jugendamt nicht mehr für ihn zuständig, was Weglaufen wesentlich einfacher machte.

    Wenn er also bis Schulbeginn in ein paar Wochen nicht hier weg kam, und die beiden erträglich genug waren, konnte er auch hier bleiben, bis die Adoption durch war. Wahrscheinlich war das der einfachste Weg. Der Plan konnte jederzeit angepasst werden, aber es beruhigte ihn, überhaupt erst einmal einen Plan zu haben.

 

    Kai war sich nicht ganz sicher, wie viel Zeit vergangen war, als es plötzlich an seiner Tür klopfte.

    “Kai? Bist du wach?” Das war der Große.

    Er verspannte sich, als die Tür aufgeschoben wurde. Was kam denn jetzt?

    Sein Herz hämmerte gegen seine Brust und ihm kamen die Geschichten von einigen anderen Heimkindern in den Sinn:

    Er hat immer gewartet, bis es dunkel war oder sonst niemand zu Hause war.

    Es waren immer die Schritte, die ich zuerst gehört hab. Dann die Tür. Dann wieder Schritte. Und dann hab ich gespürt wie sich die Matratze langsam an einer Stelle gesenkt hat.

    Am Anfang war er wirklich noch nett, hat mir den Kopf getätschelt und mir Komplimente gemacht. Aber das hat ihm irgendwann nicht mehr gereicht.

    Kai schauerte und verfluchte sich, dass er nicht daran gedacht hatte, irgendeine Waffe mit in das Zimmer zu schmuggeln. Manchmal vergaß er tatsächlich, was für Monster in der Welt außerhalb des Heims lauerten. Er hatte selbst schon mehr als genug miterlebt, um es besser zu wissen. Das musste er ändern, wenn es jetzt nicht schon zu spät war.

    “Was willst du essen, Junge?”

    “Ich hab keinen Hunger!”, maulte er zurück, weil alles, an das er denken konnte, war, dass er den Kerl aus seinem Zimmer raus halten musste. Er drehte sich mit dem Gesicht zur Wand, was nicht hieß, dass er dem Riesen den Rücken zudrehte. Das Bett stand mit dem Fußende Richtung Tür. Aber so konnte er einen Blick auf die Gestalt erhaschen, ohne, dass es einladend aussah und den Rest der Zeit konnte er so tun, als ob er ihn ignorieren würde.

    “Okay”, sagte der Riese und Kai hoffte für einen Moment, dass es das wäre. Aber natürlich hatte er das Glück nicht.

    “Aber falls du Hunger hättest… was isst du so? Shinji kocht, ansonsten kann ich dir auch Nutella, Erdnussbutter oder Marmelade anbieten.”

    Kai atmete unauffällig durch. Gut… okay… der Kerl überschritt nicht die Türschwelle, das war schon einmal gut. Hoffentlich würde das so bleiben.

    “Ich kümmer mich schon darum, wenn ich Hunger habe”, fauchte er, aber der Kerl verschwand immer noch nicht.

    “Das musst du nicht mehr, Kai. Wir sind dafür da, uns um dich zu kümmern. Worauf hast du lust?”

    Er würde ihn wohl nicht loswerden, bevor er nicht irgendwas gesagt hatte. Also grummelte er was von Pizza und, dass ihm tiefkühl fraß reichte. Das schien den anderen endlich zufrieden zu stellen und die Tür fiel wieder ins Schloss.

    Kai atmete erst aus, als er sicher war, dass die Tür zu bliebe.

    Okay… erst einmal musste er sein Herz wieder beruhigen und dann seinen Magen dazu bringen, etwas anderes zu tun, als zu versuchen, sich umzudrehen. Er hasste das…

 

    Kurze Zeit später fiel die Haustür ins Schloss. Was war das denn jetzt? Hatten die ihn allein gelassen?

    Er wusste nicht so recht, ob ihn das erleichterte oder nicht. Nach ein paar Stunden schon allein gelassen zu werden, fühlte sich falsch an. Aber das gab ihm etwas Ruhe und nur Augenblicke später begann sein Magen zu knurren. Herrlich. Er würde sicher nicht mit den beiden an einem Tisch sitzen, aber dann war jetzt wohl der perfekte Zeitpunkt, um den Kühlschrank zu plündern.

    Er schwang sich also aus seinem Bett und öffnete die Tür so leise wie möglich. Sie knarzte nicht, was in diesem Fall gut war, aber ihn generell eher erschreckte. Er musste sich was einfallen lassen, damit er auch während er schlief mitbekam, wenn jemand sein Zimmer betrat.

    In der großen Wohnküche angekommen - irgendwie hatte er nicht bemerkt, dass da auf der anderen Seite ein Wohnzimmer war, blickte er sich um. Der große Stand auf dem Balkon und rauchte, er hatte den Rücken zu ihm gewandt und schien ihn nicht zu bemerken. Das Licht in der Küche war aber noch an, das war perfekt.

    Also schlich er zum Kühlschrank und kramte nach dem versprochenen Nutella, das er nicht fand. Er war kurz davor sich mit Erdnussbutter zufrieden zu geben, als ihn plötzlich jemand ansprach und er einen guten Meter zurück sprang vor Schreck: “Wenn du Nutella suchst, das ist in dem Hängeschrank, zwei Türen neben dem Kühlschrank.”

    Kai spannte sich an, beobachtete nur aus dem Augenwinkel heraus, wie die Kühlschranktür langsam zu schwang. Er schluckte. Wie sauer wäre der große wohl, ohne den Kleinen um ihn herum? Wie sauer wäre er, dass er das Abendessen hatte umgehen wollen? Worauf musste er sich gefasst machen?

    Im Kopf zählte er grob die Schritte, die er bis zur Haustür brauchte, aber der Mann vor ihm hatte so lange Beine und sah so durchtrainiert aus, der würde ihn eingeholt haben, noch ehe er auf halbem Weg in Freiheit war. 

    Kai schluckte.

    “Du musst hier nicht so herumschliechen. Das ist genauso gut auch dein Zuhause. Wenn du Hunger hast, dann nimm dir ruhig etwas.”

    Als der Mann auf ihn zukam, machte Kai die gleiche Anzahl an Schritten zurück. Immer genug Abstand zwischen ihnen haltend, dass der Große ihn nicht erwischen konnte, sollte er zuschlagen.

    Doch es passierte nicht, was er erwartet hatte. Stattdessen holte der Kerl das Nutella, einen Teller, zwei Scheiben Brot, Butter und ein Buttermesser aus den Küchenschränken und platzierte alles auf einer Kochinsel, in deren Mitte sich der Herd befand.

    Kurz erwartete Kai, dass der Mann sich selbst das Brot machen würde, aber der trat wieder zurück und gestikulierte zu den Zutaten, als wäre es ein Festmahl.

    Es dauerte etwas, bis Kais Kopf die Situation analysiert hatte. Ob er die beiden gegeneinander ausspielen konnte? Der ersten Konflikt streuen konnte? Wenn man ihn nachher zum Essen rufen würde, könnte er mit Fug und Recht behaupten, dass der andere ihm schon Brot gegeben hatte und er deshalb keinen Hunger hatte. Ob das einen Streit auslösen würde?

    Vielleicht…

    Es war letztendlich egal, denn er würde einen Teufel tun und mit den beiden Essen, also nahm er, was er kriegen konnte. Er behielt den Mann aber dennoch gut im Auge, während er sich das Brot machte.

    “Gibst du mir auch ne Kippe?” Es entfläuchte seinem Mund mehr, als das er die Worte absichtlich aussprach, aber offensichtlich war die Sucht schneller gewesen, als sein Kopf. Gut… wenn er nach Zigarettenqualm stank, war das nur noch mehr Grund für den Chinesen einen Aufstand zu proben.

    “Du rauchst?”

    Uh… wenn der große ihn nicht zuerst dafür schlug, dass er mit 16 schon rauchte.

    “Sorry, aber ich will nciht derjenige sein, der deinen Lungenkrebs fördert.”

    Das Brot war bestrichen und weil er keine Gelegenheit hatte, an etwas anderes zu kommen, beließ er das Buttermesser auf dem Teller, als hätte er vergessen, dass es noch dort lag. Keine gute Waffe, aber es war immerhin eine. Wahrscheinlich würde das ihm bei dem Riesen aber auch nicht helfen. Nun… er konnte es immer noch nach ihm werfen. Und den Teller gleich hinterher. Das würde ihm Zeit zum Flüchten geben.

    “Mach was du willst”, grummelte Kai und verschwand dann eiligst wieder in seinem Zimmer.

    Ohne eine Möglichkeit die Tür abzuschließen, fühlte er sich dort auch nicht wirklich sicherer, aber für den Moment war er den Großen zumindest schon einmal los.

 

    Shinji

 

    “Bin…”, ihm blieb die Standardbegrüßung im Hals stecken, als ihm wieder bewusst wurde, dass sie einen neuen Mitbewohner hatte. Stattdessen schloss er die Tür hinter sich und brachte die Einkäufe mit einem leisen “... wieder da” in die Küche.

    Er wusste nicht genau, was ihn aufhielt, seine gewöhnlich etwas überschwänglcihere Begrüung durch die Wohnung schallen zu lassen. Vielleicht war es einfach zu viel Selbstoffenbarung, vielleicht wollte er Kai aber auch nicht stören, der sich hoffentlich gerade etwas eingewöhnte.

    Nate gesellte sich natürlich sofort zu ihm und half ihm alles weg zu räumen, bis auf die Zutaten, die er für die Pizza gekauft hatte. Kai hatte zwar Tiefkühlzeug verlangt, aber nichts ging über selbstgemachte Pizza oder selbstgemachtes Essen im Allgemeinen. Es war eine der Freuden, die er ihm bieten konnte und das wollte er weder sich noch Kai verwehren. Schon gar nicht am ersten Tag.

    “War alles okay, während ich weg war?”

    “Die Wohnung steht zumindest noch”, antwortete Nate amüsiert und wuschelte Shinji durchs Haar. Nach so vielen Jahren, die er diesen Tick schon ertrug, hatte er sich abgewöhnt, seine Haare wieder zu richten, das hielt sowieso nicht lange. So lief er innerhalb der Wohnung meistens mit einer Sturmfrisure made by Nate herum. “Aber Kai war kurz draußen und hat den Kühlschrank geplündert. Ich hoffe es macht dir nichts, dass ich ihm Brot gegeben habe?”

    “Oh…” Shinjis Schultern fielen, etwas enttäuscht. Wenn er Pech hatte, wäre das das einzige, was Kai heute essen würde. Jetzt konnte er ihn nicht einmal mit seinen Kochkünsten beglücken. So käme er nie vorwärts… Er hatte das ganze letzte Jahr stetig geübt und war immer besser geworden. Lily, Nates Schwester, und Hana, Nates Nichte, sagten ihm oft, es würde bei ihm besser schmecken, als im Restaurant. Er nahm das nicht wirklich für bare Münze, das war immerhin Familie und sie wollten nett sein, aber zumindest hatten sie sichtlich Freude an seinem Essen.

    Was konnte er Kai denn noch bieten, wenn nicht einmal das?

    “Natürlich nicht”, beantwortete er dann aber erst einmal die Frage. “Der Kleine soll natürlich essen, wenn er Hunger hat.”

    Der Kleine war ein ziemlich ironischer Spitzname, wenn man bedachte, dass er größer war als Shinji und Nate für gewöhnlch ihn so nannte. Aber es war ihm einfach so herausgerutscht. Unser Junge… der war eben ‘der Kleine’.

    “Er kann sich sein Stück ja später aufwärmen, wenn er zum Abendessen keinen Hunger mehr hat.”

    Aber nachdem der Teig zum angesetzt und zum Ruhen zur Seite gestellt war und Shinji damit beginnen wollte, den Belag vorzubereiten, fiel ihnen beiden auf, dass sie keine Ahnung hatten, was Kai eigentlich mochte.

    Also ging Nate noch einmal los, um Kai auszufragen und kam mit einem geschlagenen ‘Ihm ist alles Recht’ zurück.

    Shinji seufzte leise, unterteilte das blech gedanklich in mehrere kleine Stücke, statt 3 große und setzte einen zweiten Teig an, um noch mehr Variation bieten zu können. Dann aßen sie eben morgen aufgewärmte Pizza zu mittag oder zum Frühstück, hauptsache Kai konnte sich etwas aussuchen, was er auch tatsächlich mochte.

    Dass die Mühe vollkommen unbemerkt bleiben würde, war Shinji klar, aber es ging ihm nicht darum, dass Kai ihn mochte. Es ging ihm darum, dass Kai sich wohlfühlte. Kai war ihnen nichts schuldig, aber die Welt war es Kai schuldig, jemanden an seiner Seite zu haben, der sich Mühe mit ihm gab. Und so lange Shinji das konnte, würde er das tun. Selbst wenn es ihn umbrachte. Selbst wenn das hieß, dass er all seine Gewohnheiten umstellen musste. Er würde alles tun, damit Kai nicht noch einmal von der Menschheit enttäuscht wurde.

    Shinji stoppte mitten in seinen Vorbereitungen: “Ist er laktoseintolerant?”

    Er ging gedanklich die Akte durch, die man ihnen zu Kai gegeben hatte, in der auch dessen medizinische Geschichte vermerkt war, aber er sah etwas ratlos zu Nate. Von Allergien oder ähnlichem war, soweit er sich erinnerte, nichts erwähnt gewesen.

    Nate bestätigte ihm das, aber Shinji nahm sich dennoch vor, ein Stück ohne Käse vorzubereiten, nur für den Fall der Fälle.

    Nate half ihm beim schneiden des Belags und so war nicht viel später die erste Pizza im Ofen.

    “Wir haben einen Sohn”, seufzte Shinji. “So richtig fassen kann ich das noch nicht.”

    Nun… so richtig richtig hatten sie noch keinen Sohn, aber im Prinzip. Sie mussten nur die nächsten sechs Monate überleben, dann würde der offizielle Adoptionsprozess beginnen, der nur noch pro forma war und weiterhin etwas zeit brauchen würde. Aber für Shinji gab es kein ‘wenn’. Er würde Kai nicht minder wie einen Sohn behandeln, nur, weil es noch nicht offiziell war, oder sich Dinge noch ändern könnten.

    Nate kam zu ihm, zog ihn sanft vom Küchentresen weg und umarmte ihn. “Ja, haben wir”, murmelte er in Shinjis Haar. “Die Zeitt zu zweit ist jetzt offiziell vorbei.”

    Doch auf die Aussage zuckte Shinji nur mit den Schultern: “So viel Zeit wie er im Zimmer verbringt, scheint sich nicht besonders viel zu ändern.”

    Shinji war bewusst, dass es sich hier um Galgenhumor handelte, aber das war immer noch besser, als in Trübsal zu versinken. Nate zumindest berachte es zum Grinsen, was definitiv ein Sieg war. Der war Shinjis Humor aber schon gewohnt.

    “Wir werden schon noch ein gutes Mittelmaß finden. Aber für heute reicht es, wenn er mal ankommt. Er ist sechzehn, das allein ist schon kein einfaches Alter. Du weißt, was wir alles angestellt haben, in dem Alter. Eigentlich kein Wunder, dass dein Vater dir monatelang Hausarrest gegeben hat, den du sowieso nie befolgt hast. Wegen mir.”

    Shinji verzog deutlich die Miene, als Nate seinen Vater erwähnte. Er hatte ein schwieriges Verhältnis zu den Erinnerungen von damals. Eigentlich war sein Vater nie wirklich ein guter Vater gewesen. Andererseits war sich Shinji sicher, dass er immer versucht hatte, sein bestes zu geben. Und wenn er ihn damals nicht rausgeworfen hätte, ganz ohne Vorwarnung oder Rücksicht auf Verluste, hätten sie beide heute wahrscheinlich ein einigermaßen normales, wenn auch etwas angestrengts Verhältnis. Aber da er ihn nun einmal rausgeworfen hatte, war jegliche Erinnerung sowieso schon davon überschattet und die Gedanken an die endlosen Strafpredigten und Erziehungsmaßen hätte er heute erst recht nicht mehr gebraucht. An manchen Tagen kam ihm sein Vater wie ein Monster vor, an anderen sah er den vollkommen überforderten, alleinerziehenden Vater, der so viel Angst davor hatte, die Erziehung zu ruinieren, dass er übermäßge Strenge zeigte, statt seinem Sohn die Geduld und Ruhe zu geben, die er gebraucht hätte. Heute tendierte er eher zu dem Monster, was seinen Magen in schwerer Wut verknotete.

    “Ich hatte nie die beste Erziehung… ich weiß nicht, wie man das richtig macht.” Und die drei millionen Erziehungsratgeber, die er gelesen hatte, hatten ihn so verunsichert, dass Nate sie ihm irgendwann verboten hatte. Dieses Gespräch jetzt hatten sie auch schon mehr als einmal gehabt, aber manche Dinge musste man einfach zehnmal hören, bevor man sie aufnehmen konnte.

    “Auch eine schlechte Erziehung, ist eine Erziehung. Du weißt zumindest, was du nicht machen solltest. Außerdem ist Kai in einem Alter, wo wir sowieso nicht mehr viel machen können, denke ich. Unsere Hauptaufgabe ist, dass er sich wohl fühlt und nichts zu dummes anstellt.”

    Sie hatten enorme Schwierigkeiten gehabt, überhaupt eine Agentur zu finden, die ihnen eine Adoption erlaubte. Sie waren immerhin nicht verheiratet und auch noch schwul. Manche Agenturen hatten angegeben, dass, wenn nur einer von ihnen adoptieren wolle, es einfacher würde. Manchmal waren sie kurz davor gewesen, das anzunehmen. Das nächste Problem war dann ihr wunsch gewesen, ein älteres Kind mit Problemen zu adoptieren. Kai war das einzige gewesen, das man ihnen hatte geben wollen. Hochproblematisch, ja, aber gut in der Schule, egal was passiert war. Niemand hatte es ihnen so gesagt, aber Shinji war sich sicher, dass man so sichergehen wollte, dass sie den Teenager nicht gänzlich ruinieren konnten oder sich komplett überforderten. Es gab sicher schlimmere Fälle als Kai, aber wenn Shinji ehrlich zu sich war, war ein Schüler der fleißig in der Schule war und nur privat Terror schob, wesentlich beruhigender als ein Teenager den sie regelmäßig mitten am Tag aus irgendwelchen Drogenlöchern ziehen mussten.

    “Alles, was ich ihm beibringen kann, ist, wie man eine Bierflasche an einer Tischkante öffnen kann”, scherzte Nate. Shinji hoffte zumindest, dass er scherzte.

    “Quatschkopf”, lachte Shinji. “Außerdem kann ich ihm DAS auch beibringen. Ich mag nicht mehr viel trinken, aber die 99 Arten, eine Flasche zu entkronen, kann ich immer noch auswendig!”

    Es war eine der schönsten Erinnerungen, die Shinji hatte. Wie die meisten anderen, die er mit Nate während ihrer gemeinsamen Schulzeit gesammelt hatte. Natürlich hatte Shinji gewonnen, als sie beide die 99 Methoden ausprobiert hatten. Er war einfach schon immer zu ehrgeizig gewesen. Wäre Therapie ein Wettkampf, hätte er den sicherlich auch gewonnen.

    “Sagt der Kerl, der sich dabei fast einen Eckzahn ausgebrochen hat.”

    Sie unterhielten sich noch eine Weile über die alten Zeiten, schwelgten in Erinnerungen die bei weitem nicht einfacher waren, als ihr Leben heute, aber die im Laufe der Zeit an schärfe verloren und Nostalgie gewonnen hatten.

    Schließlich war es aber Zeit für Shinji, sich einer Angst zu stellen. Er konnte Kai nicht ignorieren, also nahm er das Fertigwerden der Pizza zum Anlass, wenigstens kurzen Kontakt aufzunehmen und den Kleinen zu fragen, ob er mit ihnen essen wollte.

    So ging er zur Tür und klopfte daran. Im Gegensatz zu Nate machte er sie nicht auf, sondern sprach durch sie hindurch: “Kai?”

    Shinji presste die Lippen bitter aufeinander, als er bemerkte, dass seine Stimme abermals sämtliche Wärme verloren hatte. So eine scheiße aber auch. Er räusperte sich ungeschickt, als keine Antwort kam: “Das Abendessen ist fertig. Nate hat erzählt, du hättest schon gegessen, aber falls du trotzdem noch Hunger hast, kannst du dir gern was holen. Frisch schmeckt die Pizza am Besten….”

    Natürlich schlug ihm nur mehr Stille entgegen. Vielleicht schlief Kai ja auch.

    “Wir würden uns freuen, wenn du mit uns essen würdest, aber du musst nicht. Komm einfach kurz in die Küche, wenn du was willst…”

    So… besser ging es wirklich nicht. Er stand noch eine Minute dumm vor der Tür, ging dann aber zurück in die Küche. “Keine Antwort”, berichtete er nur und versuchte nicht so niedergeschlagen auszusehen, wie er sich fühlte.

    “Sturer Kerl, hm? Gut, dass wir genauso stur sind.”

    Wie Nate es schaffte, das so gelassen zu sehen, verstand Shinji nicht recht, aber er ließ sich gerne etwas davon anstecken und schnitt die Pizza, statt weiter Trübsal zu blasen.

    Als Nate einen dritten Teller holte, sah er verwundert zu ihm auf, doch der zwinkerte ihm nur verschwörerisch zu.

    Sie setzten sich an den Tisch, rührten ihre Stücke nicht an und verfielen wieder in ein oberflächliches Gespräch. Sie fanden immer irgendetwas zu reden aber heute wirkte es ungewöhnlich gezwungen. Sie warteten eben beide heimlich auf ein Wunder, das natürlich nciht kam.

    Stattdessen stand Nathan irgendwann auf, nahm ein Stück für Kai und ging in Richtung dessen Zimmer. Shinji war sich nicht sicher, ob das nicht zu übergriffig war, aber verließ sich auf die Menschenkenntnis seines Partners.

 

    Kai

 

    Das durfte doch wirklich nicht wahr sein! Was musste er eigentlich machen, damit er endlich seine Ruhe bekam? Der Riese stand schon wieder in seiner Tür - mit einem Teller in der Hand, mit einem Stück Pizza, das auch noch verdammt gut roch.

    “Pizza?”, fragte der Große. “Wenn du Nachschlag brauchst, hol dir einfach einen. Wir beißen auch nicht.”

    Dämliche Plattitüden immer.

    “Ich habe gesagt, ich habe keinen Hunger!”, zischte er, setzt sich aber von seinem Bett auf. Er wollte einfach nur, dass dieser Tag endlich rum war. Er wollte ignorieren, dass man seinen Essenswunsch berücksichtigt hatte. Das ging aber nicht, wenn die ihm die verdammte Pizza förmlich ins Gesicht drückten.

    Wenigstens konnte er sich stattdessen darauf konzentrieren, dass der Riese ständig seine Privatsphäre verletzte. Anders als der Chinese, aber der ertrug es wahrscheinlich einfach nicht, ihn zu sehen. Was auch immer.

    Kai stand vom Bett auf und ging zur Tür, blieb mit Abstand zu seinem ungebetenen Besucher stehen und sah den Teller so abschätzig an, wie es ihm möglich war.

    “Lasst ihr mich endlich zufrieden, wenn ich das da annehme?” Er spuckte die Worte aus, als würde er sich davor ekeln, wollte nicht zugeben, wie gut die verdammte Pizza roch.

    Wir geben dir zu Essen, kochen extra für dich, zeig gefälligst Dankbarkeit!

    Kai erschauerte, als er sich an die Worte seiner vorherigen Pflegeeltern erinnerte. Alles kam mit einem Preis, er würde niemandem mehr einen Grund geben, eine Gegenleistung von ihm zu verlangen. Er wollte nichts, er brauchte nichts, wenn die sich unbedingt auf den Kopf für ihn stellen wollten, war das ihr Problem. Er würde sich nicht mit simpler Pizza kaufen lassen.

    “Für heute wahrschein ja, aber morgen ist ja auch noch ein Tag”, sagte der große vollkommen unbeeindruckt und allmählich zehrte diese ewige Freundlichkeit wirklich an seinen Nerven.

    “Okay, ich weiß, dir geht das alles ziemlich am Arsch vorbei, aber wir haben uns für dich entschieden und wir werden alles dafür tun, dass du dich hier wohlfühlst. Das inkludiert auch, dir ab und an mal auf die Nerven zu gehen. Nur um das klar zu stellen: Du bist uns nicht egal.”

    Kai riss ihm den verdammten Teller aus der Hand und warf - ohne Rücksicht auf Verluste - die Tür krachend ins Schloss.

 

    Etwa eine Stunde später hörte er ein fröhliches “Gute Nacht, Kai” durch die Tür. Von dem Kleinen hörte er nicht einmal Schritte.

 

    Obwohl es dunkel in seinem Zimmer war und er gerädert von dem langen Tag und den Tagen davor war, kam er nicht zur Ruhe. Er fühlte sich beobachtete, unwohl, als würde er einen kratzigen Pulli tragen und ihn nicht ausziehen können. Er hatte nicht einmal in seine Schlafsachen gewechselt, weil ihm das zu anstrengend vorkam. Gleichzeitig war er so unruhig, dass er das Bedürfnis hatte, zu rennen. Und er hatte noch immer Hunger. Jetzt, wo die Nacht da und das Haus komplett still war, merkte sein Körper, dass er die letzten Tage zu wenig gegessen hatte.

    Er hätte lesen können, aber sein Kopf fühlte sich so matschig an, dass er bezweifelte, sich auch nur eine Sekunde konzentrieren zu können und sonst gab es gerade nichts zu tun. Ein Handy besaß er nicht, hatte er niemals besessen. Fernsehen in der Wohnküche war keine Option und er hatte keinen Fernseher hier im Zimmer.

    Licht, um vielleicht wach genug zu werden, um doch noch eines seiner Bücher aus der Tasche zu holen, wollte er nicht an machen. Das würde ihm nur noch mehr zeigen, dass er in einem vollkommen fremden Zimmer war und er wollte diesen Fakt einfach vergessen.

    Stattdessen versuchte er seine ersten Eindrücke revue passieren zu lassen. Er in der Dunkelheit der Nacht schaffte er es, die neue Situation einigermaßen rational zu erfassen:

    Die beiden schienen nett zu sein. Selbst der Chinese. Aber sie waren nicht die ersten, die Anfangs so wirkten. Ein kalter Schauer schüttelte seinen Körper, als er sich kurz an das letzte Haus erinnerte, in dem er dachte, bleiben zu können. Nein, alle Menschen hatten ihre Abgründe und er würde nicht noch einmal in einen davon stürzen.

    Er bevorzugte Menschen, die Jünger waren, als er. Er hatte im Heim nicht viele unter seine Fittiche genommen, aber die, die seinen Schutz genossen hatten, waren zumindest von den anderen unberührt geblieben. Wer das Glück nicht gehabt hatte, hatte von Kai auch keine Gnade erhalten. Niemand hatte behauptet, dass er selbst weniger scheiße war, als jeder andere auch. Wenn ihm keine Möglichkeit geblieben war, sich neutral zu verhalten, hatte er er auch schon mal gut nachgetreten, wenn jemand schon am Boden lag. Besonders an schlechten Tagen. Besonders in den Wochen, nachdem er mal wieder abgeschoben war. Er versuchte nicht daran zu denken, weil Reue keinen Sinn machte, aber ganz gelang es ihm nicht. Die Welt war unfair, aber das hieß nicht, dass er dazu beitragen musste.

    Aber manchmal… manchmal hatte es einfach gut getan einmal jemand anderen leiden zu sehen. Es hatte gut getan, seine eigene Verzweiflung in den Augen eines anderen widergespiegelt zu sehen und sich selbst dadurch über seine eigenen Gefühle erheben zu können. Kontrolle war ein Gefühl, das schnell süchtig machte und wie jede Droge, zeigte sie erst ihre ekelhafte Fratze, wenn es schon zu spät war.

    Nein… er war kein Stück besser als andere und das würden auch die beiden noch bemerken. Er war nicht liebenswert, er musste es ihnen nur zeigen, bevor es zu spät war.

 

    Kais Blick fiel auf den Teller, der neben seinem Bett auf dem improvisierten Nachttisch stand. Die Pizza war wirklich, wirklich gut gewesen. Die Cola Flasche die auf dem Boden stand, war auch so gut wie leer und die Abendroutine stand auch noch an.

    Er lauschte angestrengt, aber alles, was er hören konnte, war endlose Stille. Er hörte niemanden schnarchen, kein Bett quietschen, keine Dielen knarzen. Alles war ruhig und seine eigene Tür ließ sich lautlos öffnen. Das konnte er wagen.

    So schlich er aus dem Zimmer und wunderte sich nicht zum ersten Mal, wie es der Bodybuilder geschafft hatte, sich an ihn heran zu schleichen. Ob der mal ein Einbrecher gewesen war? Ein Taschendieb? Vielleicht ein Auftragskiller? Vielleicht waren die Tattoos die er trug, aus dem Knast oder es waren Trophäen, die die Geschichte seiner Opfer erzählte. Es wäre typisch für das System, ihn zu einem Mörder zu stecken. Hauptsache, sie wurden ihn endlich los. Wie, war denen vollkommen egal.

 

    Er fand die Pizza im Kühlschrank und war zufrieden, als er nicht nur ein Stück fand. Wer wusste schon, wann er das nächste Mal etwas zu beißen bekam, da konnte er sich auch jetzt vollstopfen. Er hatte früh gelernt, dass erwachsene Menschen schnell vergaßen, sich um schwächere zu kümmern, sobald sie wieder arbeiten gingen. Und er hatte auch gelernt, dass es Idioten gab, die direkt, nachdem sie sich ein neues Haushaltsmitglied angeschafft hatten, wieder arbeiten gingen, ohne sich erst einmal an die neue Situation anzupassen. Dass da dann plötzlich jemand war, der selbst kein Geld hatte, um sich Frühstück zu kaufen und mehr brauchte, als einen leeren Kühlschrank oder ein einzelnes Glas Erdnussbutter, war schnell ignoriert. Es waren zwar noch Bagels da und er wusste nicht, wann die beiden wieder arbeiteten, aber er würde nichts dem Zufall überlassen.

    Er lehnte sich gerade gegen die Kücheninsel und biss in die Pizza, als er einen Blick auf die Uhr über dem Backofen erhaschte. Verwirrt zog die Augenbrauen zusammen. Vielleicht war er doch zwischendurch weggedöst. Es war irgendwas um zwei Uhr morgens.

 

    Das öffnen einer Tür ließ ihn heftig zusammenzucken.

    “Vollidioten!”, hörte er den Chinesen leise zischen und die Tür fiel wieder zu. Wahrscheinlich war es kein lautes Geräusch, aber die Nacht verstärkte es und es klang wie ein Donnerschlag.

    Scheiße, das war das erste mal, dass er den Winzling so emotionsgeladen hörte und natürlich war es Wut. Weil Kai einfach kein Glück hatte.

    Die Wohnung war zu offen, als dass der Kleine ihn nicht sah, sobald er sich Richtung Küche wandte. Natürlich war Kai nicht so intelligent gewesen, die verdammte Kühlschranktür zu schließen und so fiel das fahle Licht in den sonst dunklen Raum.

 

    Verdutzt blieb der Winzling stehen und für einen Moment erhellte das Licht auch dessen Gesicht. Es wirkte offener als sonst, er wirkte allgemein angreifbarer. Als würde eine Rüstung fehlen, die er sonst trug.

    Dann aber verschloss sich der Ausdruck wieder und ein missmutiges Funkeln nahm den Platz ein, der vorher von Verwunderung gezeichnet gewesen war. Dann trat er deutlich absichtlich aus dem Licht und machte einen Bogen um die Kücheninsel um von der anderen Seite an den Kühlschrank zu treten.

    “Abend”, murmelte der und die erneute Kühle in dessen Stimme machte Kai diesmal Angst. Er wusste nicht, was er erwarten konnte, jetzt, wo der ruhigere der beiden nicht mehr in der Nähe war. 

    “Hervorragende Idee”, grummelte es erneut, diesmal wohl auf das Stück Pizza in Kais Hand bezogen, denn gleich darauf wurde der Kühlschrank durchwühlt, dann wurde auch diese Tür wieder geschlossen und für einen Moment waren sie beide in vollkommene Dunkelheit gehüllt.

    Kai hörte etwas rascheln und dann klang es, als wäre eine Hand gegen etwas kleines aus Plastik gestoßen. Im nächsten Moment erleuchtete die Küchenzeile in einem blassen orange. Trotz der geringen Helligkeit musste er kurz blinzeln, dann erkannte er, dass eine lange Reihe kleiner Lichter sich um die ganze Küche wand. Es sah kunstvoll aus, auf eine futuristische Weise. Eine zweite Kette zog sich um die Kücheninsel.

    Der Chinese hob kurz eine Fernbedienung hoch, als würde das alles erklären.

    “RGB LED Streifen. Die sind in der ganzen Wohnung verbaut. Wenn du so eine Fernbedienung findest, kannst du sie damit einschalten.”

    Er deutete kurz damit in Richtung Wohnzimmer und drücke eine Taste, die dieses in blauem Licht erstrahlen ließ. “Die Fernbedienung ist selbsterklärend. Probier einfach damit rum. Nachts ist es angenehmer, als die Deckenlichter einzuschalten, finde ich. Funktioniert über infrarot, also auch kein Datenschutzproblem, weil man eine Handyapp braucht oder sowas.”

    Kai nickte nur, als hätte er irgendwas verstanden und wandte sich dann einfach um, um wieder in seinem Zimmer zu verschwinden. Er fror vor Müdigkeit und wollte einfach nur unter seiner Decke verschwinden, statt von der eiskalten, zu rationalen Stimme des anderen noch mehr zu frösteln.

    “Kai!”, wurde er aber nach ein paar Schritten schon harsch aufgehalten und es kostete all seine Beherrschung, nicht zusammen zu zucken. Er verfluchte sich allerdings dafür, tatsächlich stehen geblieben zu sein. “Bleib…” Das kam zögerlicher als erwartet, klang aber immer noch desinteressiert. Er fragte sich, wie der andere das schaffte. Er wollte das auch können. Er war schon sehr gut darin, sich unberührt zu geben, aber diese Stufe hatte er bisher noch nicht erreicht. Dabei hatte er vorhin gesehen, dass der Winzling auch ganz anders konnte.

    “Ich geh schon. Die anderen warten sowieso auf mich. Du musst nicht gehen.”

    Kai wurde schlecht. Wenn er tatsächlich eingeschlafen war, hatte er vielleicht die Haustür überhört. Er wandte sich um: “Die anderen?”

    Eine Pokerrunde? Kais Magen verknotete sich so sehr, dass er angst hatte, seinen Mitternachtssnack nicht bei sich behalten zu können. Vielleicht war weglaufen und auf der Straße leben gar nicht so schlecht. Er könnte sich vielleicht einen kleinen Job suchen und dann in ein oder zwei Jahren seinen Highschool Abschluss nachholen.

    “Online Gaming. Wir haben die letzte Runde verloren und ich bestehe auf eine Revanche. Ich musste nur kurz weg, weil ich sie sonst angeschrien hätte vor Frust.”

    “Aha…”

    Kai entspannte sich wieder. Okay… okay gut. Shit, er wollte doch nur einmal in seinem Leben sicher sein können, dass nichts furchtbares passierte. Aber wenigstens war niemand anderes im Haus und das hörte sich auch nicht nach Glücksspiel an.

    Immer noch vor Schock erstarrt, sah er dabei zu, wie der Kleinere in sein Stück Pitta biss. Niemand von ihnen bewegte sich, obwohl das gerade eben noch anders geklungen hatte.

    “Ach ja”, ertönte erneut die kühle Stimme und Kais Schultern ächzten unter der erneuten Anspannung. Was denn jetzt noch? “Apropos Computer. Komm mal mit.”

    Kai war zu müde, um zu protestieren. Diese emotionale Achterbahn macht ihn fertig. Wenn der Chinese ihn jetzt in irgendeine Folterkammer führte, war es besser, es endlich hinter sich zu bringen. Je schneller er wusste, wie die beiden tickten und was ihn hier erwartete, desto besser konnte er planen. Und desto schneller kam er wieder ins Bett.

 

    Er wusste nicht recht, was er erwartet hatte, aber nicht wirklich das. Die Wohnung war absolut fein säuberlich aufgeräumt, aber der Raum, aus dem der andere vorhin noch gekommen war und in den er jetzt geführt wurde, versank in einem Chaos aus Elektronik, Energydrink Dosen, Pizzakartons, Papieren und Kabeln. An einer Wand erahnte Kai ein Sofa unter dem Wust, an einer anderen stand ein riesiges Regal das aussah wie ein Aktenschrank. Der Raum war stockfinster, bis auf das fahle Licht das von drei Bildschirmen ausging. Auf einem Screen lief wohl das Spiel, auf dem zweiten war ein Browserfenster geöffnet, das ähnlich aussah wie das Spiel und auf dem dritten schien ein Chat geöffnet zu sein.

    Kai besaß keine Geräte, aber er war glücklicherweise nicht ganz weltfremd. Er hatte in seinem Leben Freunde auch außerhalb des Heims gehabt und dadurch Zugang zu Technologie gehabt.

    Was mitunter auch der Grund war, dass er wusste, dass allein das Zeug, was hier unangeschlossen rumlag, ein halbes Vermögen wert war. So eine verdammte Verschwendung. Das Zeug könnten so viele Leute gebrauchen und dieses Arschloch bunkerte es hier vollkommen ungenutzt.

    Kai war so in seinem Kopf versunken, dass er den Kleinen erst dann wieder bemerkte, als der vor ihm stand. In seinen Händen ein merkwürdiger Kasten, Kabel, ein flacherer, kleinerer Kasten, noch mehr Kabel… Kai stutzte, als ihm klar wurde, dass das ein sauteurer Laptop und ein Handy war.

    “Der ist schon was älter. Sicher zwei oder drei Jahre, aber er ist noch gut genug für das Meiste und für Schulaufgaben reicht er dicke. Das Smartphone ist auch nicht das neueste Topmodell, aber noch vollkommen in Ordnung.”

    Kai biss die Kiefer aufeinander: “Glaubst du echt, ich lass mich mit so einem Schrott kaufen? Das kannst du dir sonst wohin stecken!”

    Ihm war klar, dass das alles andere als Schrott war. Das sah man auf einen Kilometer Entfernung, dass das absolut hochwertig war. Aber er würde nicht so tun, als bräuchte er irgendwas davon. Je mehr er annahm, desto mehr konnten sie darauf pochen, dass er ihnen etwas schuldig war. Die Genugtuung würde er ihnen nicht geben.

    Doch er erreichte nicht, was er erreichen wollte. Da war keine Wut, nur ein gleichgültiges Schulterzucken: “Wenn ich dich kaufen wollen würde, hätte ich dir den neuesten High-End Rechner von Lenovo besorgt, mit einem Ryzen 9 und einer RTX 3000 sonstwas. Ich sag nicht, dass das hier Schrott ist, aber ich kaufe regelmäßig neue Hardware und ob ich den hier jetzt weiter verkaufe, oder dir gebe, ist mir wirklich egal. Das Smartphone ist weder ein iPhone noch eins von Samsung, weil ich beide Marken nicht mag. Prestige ist also auch da was anderes. In einem Jahr müssen wir über ein neues Smartphone reden, weil das hier dann keine Sicherheitsupdates mehr bekommt und ich dich nicht mit einer Sicherheitslücke rumlaufen lasse. Außerdem ist nur eine Prepaid SIM-Karte drin, aber selbst die müssen wir noch auf dich ummelden, damit ich keinen Zugriff auf deinen Anrufsverlauf habe. Wenn du weißt wie das funktioniert, kannst du das auch alleine machen. Der Laptop ist mit Linux und Windows ausgestattet, beides ist auf dem aktuellen Stand. Wenn du eins von beidem nicht brauchst, kann ich dir die Festplatte freiräumen oder du machst es selbst. Sag nur, wenn du Hilfe brauchst.”

    Kai schwirrte der Kopf von zu vielen Fachbegriffen und Technikkram. Was war Linux? Windows hatte er schonmal gehört. Das war doch immer das, was man sah, wenn man einen PC an machte, oder?

    Der Chinese drückte ihm die Geräte so endgültig in die Hand, dass er nicht anders konnte, als sie anzunehmen, weil sie sonst auf den Boden gefallen wären (ein reizvoller Gedanke, aber er war zu müde, um jetzt noch einen Streit vom Zaun zu brechen). Danach wurde er förmlich aus dem Zimmer geschoben, aber ohne, dass der Kleine ihn überhaupt berührte. Als würde er sich vor ihm ekeln.

    “Gute Nacht”, hörte er noch, bevor die Tür sich geräuschvoll schloss und er wieder allein war.

 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Mein Hirn: Hey du! Lass uns das 2. Kapitel über den ersten Abend schreiben. Das ist ja nicht viel. Shinji kocht und gibt Kai Kram, das ist alles.



Siebentausend Wörter später ... Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (3)

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Von:  Tintenfass
2021-01-24T09:43:17+00:00 24.01.2021 10:43
Dein Hirn hatte eine gute Idee, von mir aus darf es immer so lang sein :D
Ich freue mich wirklich, dass es hier mit Shinji und Nate weiter geht! Und natürlich mit Kai.
Wie du schon sagtest, an sich passiert nicht viel und Kais Gedanken drehen sich hauptsächlich im Kreis. Trotzdem bekommst du es hin, dass das Kapitel von Anfang bis Ende interessant ist. Ich hätte auch nochmal 7000 Wörter gelesen :D
Vor allem mag ich wie du es schaffst Emotionen und Zwischenmenschliches mit kleinen Gesten perfekt zu beschreiben. Man bekommt nicht alles in einem langen (unnatürlichen) Monolog vorgekaut, sondern kann die Drei selber kennen lernen.
Und auch wie du bei Kai fast schon in Nebensätzen andeutest was ihm schon alles passiert ist. So kann man sein Verhalten nachvollziehen oder vermuten, dass es in seiner Situation zumindest Gründe hat, ohne von Flashbacks erschlagen zu werden.
Ich warte jetzt schon gespannt auf ein neues Kapitel :)
Antwort von:  Lyndis
24.01.2021 13:50
Es freut mich sehr zu hören, dass es dir so gut gefällt <3
Ich hatte ein bisschen sorgen, dass es zu viele Gedanken sind, aber es beruhigt mich, wenn es dennoch flüssig und abwechslungsreich genug ist
Kai könnte tatsächlich Shinjis Sohn sein, wenn man es nicht besser wüsste XDDD Der denkt genauso viel und düster.

Vielen lieben dank für den wundervollen kommentar <3
Von:  Onlyknow3
2020-12-26T07:56:31+00:00 26.12.2020 08:56
Der Asiate ist also Shinji, dann ist der andere Nate. Kai ist also follglich der Problemsohn den sie sich ausgesucht haben.
Bin gespannt, wie Kai sich bei ihnen einlebt, wie er sich gegen die Beiden zu erwehren sucht.
Danke für diese Überraschung, freue mich auf die Fortsetzung, weiter so.

LG
Onlyknow3
Antwort von:  Lyndis
24.01.2021 16:12
Schön, dass du auch hier wieder mit dabei bist <3

Danke für deine unermüdliche unterstützung, ich freue mich immer mega über deine Kommentare, auch wenn ich nicht immer drauf antworte.
Von:  Morphia
2020-12-25T22:14:34+00:00 25.12.2020 23:14
😍 cool. Es geht weiter. Schönes Weihnachtsgeschenk. :)
Antwort von:  Lyndis
24.01.2021 16:13
schön, dass du auch hier mit dabei bist^^


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