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Tiefe Wasser sind nicht still

von

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Prolog

Kim arbeitet seit gut einer Woche in einer Art Eventhalle wo regelmäßig Auftritte stattfinden, die aber auch eine gemütliche Bar und Theke aufweist. Das Licht ist nicht grell, eher dämmerig gehalten.

Sie arbeitet hinter der Bar und macht die Arbeit die Neulinge halt so tun. Abwaschen, Müll rausbringen, für Nachschub sorgen. All solche Sachen halt.

Ihr Kollegen sind alle weiblich, außer ihr Chef, der auch jeden Tag mit hinter der Theke steht, sobald er die Büroarbeit erledigt hat. Er ist ein sehr guter Chef, der auf seine Frauen hinterm Ausschank aufpasst, denn nicht jeder Gast zeigt Anstand und so kann es durchaus auch mal vorkommen, dass man begrabscht wird, denn hässlich waren alle nicht.

Es gab Franziska, die alle aber immer Fancy nennen. Sie ist schlank gebaut und hat eine füllige Oberweite, welche sie auch gern mit einem tiefen Ausschnitt preisgibt. Doch wirkt sie nie nuttig dabei. Ihre Haare sind dunkelbraun und meist leicht gewellt. Was sie so besonders macht, sind ihre grünen, schon fast leuchtenden, Augen. Sie ist taff und sehr schlagfertig, so wie man das in dieser Bar auch an einigen Abenden braucht.

Dann ist da noch Sally, die Blondine unter den dunklen Köpfen. Auch sie ist schlank, meist sexy gekleidet und ihre Haare trug sie immer zu einem hohen Zopf und einige Strähnen hängen im Gesicht. Manchmal ist sie etwas naiv, doch wirkt sie niedlich dabei. Auch lachen und lächeln tut sie viel.

Ja und dann ist da noch Martha, die Mutti unter den Angestellten. Sie ist mit ihren 50 Jahren die älteste und die erste Angestellte des Schuppens. Trotz des Alters achtet sie sehr auf Ihre Figur und Aussehen. Regelmäßig macht sie Sport, was man auch an ihren Oberarmen gut erkennen kann. Auch sie hat leicht gelocktes Haar, welches schwarz ist. Man könnte meinen, sie wäre die Mutter von Fancy, so ähnlich sehen sie sich.

Der Chef, Rick, sieht eher unscheinbar aus. Er hat kurze, braune Haare, die er nur zu oft nach hinten gelt. Sein Markenzeichen ist eindeutig sein weißes Männer Unterhemd. Selten sieht man ihn mit was anderem. Er muss wohl tausende davon zu Hause im Schrank hängen haben.

Und zu guter letzt, die neue, Kim, aber alle nennen sie Kimmy. Eine junge, unscheinbare Frau. Das sie auf Rockmusik steht und auch das sie in dem Laden gut aufgehoben ist sieht man ihr an. Gerade was ihr Kleidungsstil angeht. Doch ist sie eher vorsichtig und schüchtern. Ihre langen schwarzen Haare hat sie immer offen und es macht immer den Anschein, dass sie das macht, um sich dahinter verstecken zu können. Anfangs war sie noch recht ruhig, doch von Tag zu Tag wird sicherer im Umgang mit den Gästen und es macht ihr immer mehr Spaß. Arbeit die Spaß macht, besser kann man es nicht haben. Naja, wenn es ihr Privatleben nicht geben würde, in dem ihr Freund eine große Rolle spielt und was in letzter Zeit mehr als kritisch ist. Doch möchte sie darüber gerade nicht nachdenken, sondern ihren Job machen und wieder einen der Schollen Themen zuhören. Nie hat sie nachgefragt, was so toll an diesen Scholle sein soll. Und jetzt mal im Ernst, was ist das bitte für ein Spitzname?!
 

„Mädels, heute ist Dienstag. Wisst ihr was das heißt? Scholle kommt heut wieder.“, grinst Fancy breit über ihr ganzes Gesicht.

„Oh man, hast du dir das rot im Kalender angekreuzt?“, seufzte Martha während sie cool an der Theke gelehnt steht und auf ihr Handy schaut.

„So was merke ich mir halt. Ich meine wir reden hier von...“, „... von Scholle.“, beendete Sally ihren Satz und verdreht leicht lachend die Augen dabei.

Kim steht zu der Zeit an der Spüle und trocknet einige Gläser ab. Es ist noch früh am Tag und somit noch nicht viel los.

„Darf ich mal fragen was genau so toll an diesen Scholle ist? Ich meine ihr habt schon viel erzählt, aber so ganz bin ich da noch nicht hinter gestiegen.“, gibt leicht lachend zu. Wird hier regelmäßig über ihn geredet und ist er verreist gewesen, bis heute.

Sally kicherte als sie ihr Antwort gibt.

„Fancy steht halt voll auf den Typen und viele andere auch.“.

„Is‘ halt Scholle. Bekannter Typ hier. Geht seit Jahren ein und aus. So‘n Womanizer halt. Dennoch sehr sympathisch. Man kann sich gut mit ihm unterhalten. Toller Zeitgenosse.“, erklärte Martha ihr kurz und knapp und schüttet sich dabei selbst ein Jack Daniels ein.

„Na, du wirst ihn ja heute erleben, denk ich.“, sagt Sally während sie die getrockneten Gläser im Regal verstaut.
 

Die Zeit vergeht wie im Flug und die kleine Halle füllt sich immer mehr mit Leuten. Jung und alt, alles ist vertreten und das wirklich jeden Abend.

Während Martha hinter der Theke steht und den Ausschank übernimmt, bedient Sally die Gäste an ihren Plätzen und Kim kümmert sie um die Sauberkeit der Gläser, Tassen und alles andere. Was man als neue halt so machen muss.

Es ist kurz nach 20 Uhr, als ein Mann in einem schwarzen Anzug sich an die Theke setzt und Martha diesen Gast freudig empfängt.

„Hey, sie einer an. Wenn das nicht Scholle ist?!“.

Kim, die gerade einige Gläser in den Schrank räumt, dreht sich abrupt um, da sie schon die ganze Zeit neugierig auf ihn ist. Dann sieht sie den Mann und fragt sich sofort was ihre Arbeitskollegin denn an ihm findet. Er sieht nicht schlecht aus, nein, doch der Stil verstört sie etwas. Ist es irgendwie das komplette Gegenteil von ihr. Er hat einen schwarzen Anzug an, weißes Hemd und eine schwarze Krawatte. Seine Haare sind glatt zur Seite gekämmt. Dennoch hat er ein sympathisches Gesicht und ist nun wirklich nicht hässlich, doch wirkt er auf die schwarzhaarige wie so ein typischer Banker von der Wall Street.

„Hi Martha. Alles gut bei euch?“, will er wissen.

„Alles Super.“, „Fancy heut nicht da?“, fragt er und hat die neue Mitarbeiterin noch gar nicht wahrgenommen.

„Glaubst du wohl selber nicht. Die hat die Tage runter gezählt, als du in Amerika warst.“, verrät sie ihm und er muss lachen.

„Verrücktes Weib.“

Dann kommt die einzige Blonde Mitarbeiterin von einem Tisch wieder und geht an den Barhockern vorbei und erspäht ihn dann. Sofort lächelt sie und geht schnurstracks auf ihm zu.

„Hey Scholle, schön dich wieder zusehen. Wie geht es dir?“, begrüßt sie ihn herzlich mit einer warmen Umarmung. Dennoch ist diese auf platonischer Ebene, da sie seit kurzem glücklich verlobt ist, was ihm auch sofort auffällt.

„Sally. Freu' mich auch dich zu sehen. Mir geht’s wunderbar.“, gibt er ihr als Antwort und als sie die Umarmung lösen, hält er ihre linke Hand fest und begutachtet den Ring.

„Oh, meine Liebe, hat Alex sich endlich getraut?“, erkundigt er sich und hat dabei immer noch ein Lächeln auf den Lippen.

„Letztes Wochenende. Hier, nach dem Auftritt seiner Band.“, erzählt sie glücklich.

„Na dann, herzlichen Glückwunsch.“, „Danke.“, lächelt sie und geht dann, mit dem Tablett leerer Gläser, hinter die Theke.

Plötzlich kommt auch Fancy aus der Küche und als sie den Mann sieht, strahlt sie bis über beide Ohren, versucht dennoch es etwas zu verbergen. Sie geht auf den Tresen zu und beugt sich so zu ihm rüber, dass man einen wirklich guten Einblick in ihr Dekolletté hat. Die Aussicht lässt er sich nicht nehmen und das sieht man auch.

„Hi Süßer, schon was bestellt?“, möchte sie wissen.

„Ich hab extra auf dich gewartet.“, grinst er und bestellt sich dann ein Bier. Sie dreht sich um und holt aus dem Kühlschrank ein Flaschenbier. Weiß sie genau, dass er nicht so auf gezapftes steht. Gekonnt wirft sie ein Bierdeckel vor ihn hin und stellt anschließend die Flasche darauf. Dankend nimmt er diese in die Hand und trinkt ein Schluck und plötzlich fällt ihm auf, das ein neues Gesicht hier arbeitet. Er stellt das Bier wieder ab und Kim bemerkt sofort sein Blick, sodass sie auch zu ihm schaut.

„Oh ein neues Gesicht. So lange war ich doch gar nicht weg. Die eine ist verlobt, dann eine neue hinter'n Tresen. Hi, ich bin Scholle.“, stellt er sich vor und reicht seine Hand über die Theke. Freundlich streckt sie auch ihre entgegen und stellt sich ebenfalls vor.

„Kimmy. Ich hab schon viel von dir gehört.“, stellt auch sie sich vor.

„Oh, ich hoffe nur Gutes.“, lacht er und Kim symbolisiert mit ihrer rechten Hand ein 'naja'. Sie wirkt gerade sehr selbstbewusst, doch ist sie etwas nervös. Weiß sie selber nicht mal warum, doch verbergen kann sie es gerade ganz gut. Mehr Konversation gibt es vorerst zwischen den beiden nicht, da Fancy sich wieder um ihn kümmert. Sie fragt ihn nach seinen Urlaub, Flug und alles drum und dran. Sie führen, so wie immer, ein Gespräch und eine Zigarette nach der anderen geht dabei drauf. Ihre Arbeit erledigt sie dabei mit Bravur.

Und so geht ein arbeitsreicher Tag, mit einer weiteren neuen Bekanntschaft zu Ende.

Like Jekyll and Hyde

Die Tage streichen ins Land und der Samstag Abend ist angebrochen. In den paar Tagen haben sich auch Scholle und Kim des Öfteren unterhalten und viel gelacht zusammen. Dennoch versteht sie Fancy immer noch nicht, denn wie ein Banker schaut er immer noch aus. Doch ist er sehr wirklich sehr sympathisch. Abgeschleppt hat er auch noch keine. Bei dem Thema ist er offen und meint zu Kimmy das er da in der Woche keine Lust drauf hat. Viel zu stressig, da er immer recht lange arbeitet.

Auch wenn es schon etwas später ist, ist von Scholle noch nichts zu sehen. Jedenfalls hat ihn die schwarzhaarige noch nicht erspäht und am Tresen sitzt er auch nicht. Lange kann sie darüber auch nicht nachdenken, wo er denn wohl sein mag, denn der Laden ist echt voll, da heute ein Gig einer Rockband ansteht. Der Stil ist etwas härter, nicht so ein Kuschelrock.

Alle laufen gestresst hin und her und versuchen den Andrang zu meistern. Gläser spülen wie am Fließband für die neue, bis Fancy zu ihr kommt und ihr eine andere Aufgabe erteilt.

„Hey Kimmy, kannst du bitte Klopapier auf dem Männerklo auffüllen? Rick ist gerade im Backstagebereich beschäftigt.“, erklärt sie ihr.

Sie nickt es ab, ist aber nicht begeistert davon. Doch sie ist die Neue und muss halt auch die unangenehme Arbeit erledigen.

Sie geht in die kleine Abstellkammer und nimmt reichlich mit. Da sie nicht zweimal gehen möchte, baut sie sich ein Turm auf und balanciert ihn erfolgreich bis zum Männerklo. Innerlich hofft sie gerade, dass keiner drin ist. Nicht das sie prüde ist, nein. Sie ist schon öfters mal auf den Männerklo gewesen, aber meist ist sie da betrunken gewesen. In dem Zustand interessiert sie es nicht wirklich ob da noch jemand anderes ist. Nur jetzt ist sie jetzt nüchtern und auf Arbeit. Was soll’s, die Aufgabe muss erledigt werden und nach einen tiefen Ein- und Ausatmer betritt sie den Raum. Sie geht ein paar Schritte den engen Gang entlang, bis sie in einem größeren Raum kommt, in dem die Waschbecken sich befinden. Sie hält plötzlich inne, als sie jemanden dort stehen sieht. So gerade kann sie an den Klopapierrollen vorbeischauen und es sieht so aus, als würde er sich gerade einen Lidstrich ziehen, was jetzt nicht so unüblich hier ist. Auch nicht bei den Männern.

Der Mann hat eine schwarze Hose an, die einen leichten Schlag hat. Diese hat auf der Höhe der Taille mehrere schmale, schwarz und rote Nietengürtel, die auf verschiedenen Höhen von der Hüfte hängen. An den Füßen trägt er schwarze Boots und oben herum hat er nichts an. Die schwarzen Haare sind zu einer stacheligen Frisur nach oben gestylt und an den Seiten aber nach unten. Um den Hals trägt er ein schwarzes Band.

„Oh, sorry, ich wusste nicht...“, fängt sie den Satz an und kommt ins stocken, als sich der gut gebaute Mann umdreht. Sein Oberkörper ist durchtrainiert, seine Arme sind auch sehr muskulös und seine Fingernägel sind schwarz lackiert.

„Scholle?!“, spricht sie leise mit einem verwundertem Ausdruck in ihrem Gesicht. Schlagartig wird sie so nervös, dass ihr die ganzen Klorollen herunterfallen und durch den sanitären Raum rollen.

„Oh scheiße!“, flucht sie und macht sich sofort daran die Teile einzufangen.

„Es... es tut mir echt leid... ich...“, stammelt sie dabei vor sich ihn, was ihr ja schon wieder peinlich ist. Scholle lacht und hilft ihr beim einsammeln.

„Ist schon gut. Ich hab nichts gesehen.“, beruhigt er sie und als er die letzte Rolle aufgehoben hat, hält er sie ihr entgegen. Sie stehen wortlos voreinander und man kann Kim nur zu gut ansehen, wie sie ihn erneut mustert. Vor ihr steht ein komplett anderer Mann. Als hätte er zwei Gesichter oder ein Doppelleben. Zum ersten Mal fallen ihr seine blauen Augen auf, die wegen des Lidstriches herausstechen. Jetzt kann sie Fancy nun doch verstehen, warum sie so auf ihn abfährt. Er sieht einfach nur verdammt geil aus. Das muss sich Kimmy gerade eingestehen. Auch er hält inne und sein Puls schlägt etwas schneller, was nicht so üblich ist bei ihm. Er kennt viele Frauen und gegen One Night Stands hat er auch nichts einzuwenden, doch das Gefühl was er gerade ihr gegenüber empfindet, hat er bei seinen Liebschaften nicht mal annähernd. Doch er lässt sich nichts anmerken und fängt das Grinsen an, was es für die junge Frau gerade nicht besser macht.

„Nervös?“, fragt er sie und spielt dabei etwas mit seinem Charme.

„Ich? Nein! Ich meine... ich...“, stottert sie wieder vor sich hin und der Mann vor ihr fängt an zu lachen. Nicht um sie auszulachen, sondern weil er ihre Verlegenheit gerade echt süß findet.

„Schon gut, das war nur ein Witz.“, klärt er sie auf.

Sie reagiert mit einem verschmitzten lachen darauf.

„Sorry, es ist nur, ich hab dich so vorher noch nicht erleben dürfen.“, gibt sie ihm gegenüber zu.

„Überrascht, wa?!“, „Ja mehr als das.“, lacht sie und geht dann zu den Toiletten.

„Was machst du hier eigentlich?“, fragt sie ihm während sie alles verteilen geht.

„Der Gitarrist der Band hat sich vorhin den Arm gebrochen und ist nun im Krankenhaus. Sie fragten mich, ob ich einspringen kann.“, antwortet er in den Raum hinein währenddessen er sich weiter anzieht. Gitarrist ist er also auch noch. Eigentlich ein Traummann für Kim, doch ist sie ja fest vergeben. Als sie fertig ist, geht sie wieder zu ihm. Oben herum trägt er ein schwarzes, ärmelloses Shirt in Lederoptik. Teilweise ist der Stoff eingerissen und rotes Material blitzt hervor. Mit einer Zigarette im Mund, zieht er sich gerade eine der zwei Armstulpen hoch, die bis zur Mitte seiner Oberarme gehen. Der rechte ist schwarz und endet oben mit roten Stoff und der andere rot und endet mit schwarzen Stoff. Wieder steht sie vor ihm und er zieht an seiner Kippe.

„Und? Geht das so?“, will er von ihr wissen. Kim versucht weiter cool zu bleiben, doch merkt sie die ansteigende Hitze, die sich in ihrem Gesicht breit macht. Ist sie Scholle nun auch verfallen, wie Fancy es ist? Was hat sie gerade nur für Gedanken, während ihr Freund zu Hause sitzt? Gut es läuft momentan mehr schlecht als recht zwischen den beiden, doch ist es für sie kein Grund so zu denken. Wenn sie etwas ist, dann treu und ein schlechtes Gewissen macht sich gerade breit. Eine Antwort muss sie ihm aber schon geben, sonst wird die Situation komisch.

„Unwiderstehlich.“, witzelt sie, gibt ihm einen kleinen Klaps auf seine Brust und geht dann an ihm vorbei. Was zur Hölle hat sie da gerade getan? Sie kennt ihn doch kaum, nur gibt er ihr dieses gewisse Vertrauen um solche Aktionen zu fahren.

„Dann hab ich ja alles richtig gemacht.“, grinst er und folgt ihr. „Kannst du mir ein Bier an meinen Platz stellen? Ich komme gleich dahin.“, bittet er sie und will vorher nochmal kurz zu Rick in den Backstagebereich.

Kimmy lacht und winkt ab. „Oh nein, bestell das mal brav bei Fancy. Nicht das sie noch eifersüchtig wird. Will mich hier nicht schon unbeliebt machen.“.

Scholle‘s Mundwinkel sind immer noch zu einem Grinsen gehoben, kann er sich vorstellen, dass ihre Kollegin kratzbürstig sein kann.
 

Eine weitere Stunde vergeht, als langsam der geplante Gig zum Auftritt bereit ist. Scholle, der immer noch an der Bar sitzt, wird höflich von der Technik zur Bühne gebeten. Er nimmt daraufhin seine Bierflasche in die rechte Hand, spreizt davon seinen Zeigefinger ab in Richtung Kim und zwinkert ihr zu, bevor er geht. Fancy bekommt das natürlich mit und faucht sie sofort an.

„Was sollte das denn?!“.

Die neue, die wieder an ihrem Spülbecken steht, guckt sie fragend an.

„Was fragst du mich?“.

Fassungslos guckte sie zur Tresenmutti Martha, die daraufhin nur mit den Schultern zuckt.
 

So oft Kim kann, schaut sie dem Auftritt zu und ist mehr als begeistert. Begeistert von Scholle. Wie er auf der Bühne steht und ein Lied nach dem anderen spielt und dabei abgeht. Nach fünf Liedern kommt Sally auf sie zu und redet ihr ins Ohr. Bei der Lautstärke geht es auch nicht anders. Als die Blondine fertig ist, zeigt die neue mit ihren eigenen Finger auf sich und Sally nickt nur. Mit fragenden Blick geht sie zu dem Kühlschrank welcher sich hinter der Bar befindet, nimmt eine Flasche raus und öffnet diese. Dann verlässt sie damit die Bar. Sofort wird Sally von Fancy abgefangen.

„Was macht sie da?“, will sie wissen und bekommt prompt eine Antwort.

„Scholle bat mich darum, das sie ihm was bringt.“, „Aber Anweisung von Rick ist doch, dass sie hinter‘m Tresen bleibt.“, erinnert sie daran.

„Ich weiß, aber er sprach mit ihm und Rick meinte das es ok sei und das es auch langsam Zeit wäre, das sie hier mal wegkommt und zu den Gästen geht.“, erklärt die Blondine. Fancy ist sichtlich sauer und verliert die neue aber nicht aus den Augen.

Kim drängelt sich derweil mit dem einem Getränk durch die Menge und wird von der Security zum Bühnenbereich gelassen. Sie geht die drei Treppen hoch und wartet darauf, dass das Lied vorbei ist. Wieder beobachtet sie ihn und ihr Puls steigt plötzlich wieder. Die hintere Ansicht ist mindestens genau so ansehnlich, wie auch die vordere. Auch singt er im Background mit und sie findet es wirklich gut. Gerade zu genießt sie ihren Standpunkt. Gefangen in seiner Aura die er ungewollt ausströmt. Gefangen in seiner Stimme und dem ganzen Auftritt von ihm.

Als das Lied zu Ende ist, geht er zu ihr hin und nimmt das Getränk entgegen, was sie ihm bereits reicht.

„Du solltest Fancy das nächste mal schicken lassen. Die ist schon sehr kratzbürstig!“, sagt sie ihm laut ins Ohr und bekommt dafür ein nicken und ein Daumen hoch. Er versteht sofort und nimmt es sich zu Herzen. Den restlichen Gig darf ihn weiterhin Fancy bedienen, was Kimmy sehr recht ist. Sie hat schon genug private Probleme und will auf Arbeit keine haben.
 

1 1/2 Stunden später ist alles gelaufen und die kleine Halle leert sich langsam. Die Band hat sich bereits wieder in den Backstagebereich versammelt und Rick’s Mitarbeiter und auch die Techniker machen sauber und räumen auf bzw. ab.

Kurze Zeit später kommt der Chef zu den Mädels und verkündet eine kleine After Show Party, wo auch sie mittrinken können, allerdings sich weiterhin um die Band kümmern sollen. Alle sind hellauf begeistert, außer Kim. Sie ahnt jetzt schon eine endlose Diskussion mit ihrem Freund, der jeden Abend auf sie wartet und jetzt würde sie auch noch später kommen. Eine Sache die bei ihm gar nicht geht. Hier in der Bar ist sowas wohl so üblich, doch hat ihr das bis jetzt noch keiner gesagt. Naja, was soll sie machen außer mitziehen und es dauert auch nicht lange und die Stimmung steigt wieder bei ihr. Die Band ist super drauf und es gibt viel zu lachen. Scholle ist natürlich auch mittendrin und Kimmy kann auch nicht anders, als öfters zu ihm zu gucken. Wie nicht anders zu erwarten sitzt Fancy neben ihm am Tresen und die Neue steht etwas weiter weg, bei Sally.

„Sag mal, läuft eigentlich was zwischen Scholle und Fancy?“, möchte sie wissen und nimmt dabei ein Schluck Bier.

„Nein. Sie würde es sehr gerne, dass weiß jeder, auch Scholle.“, verrät die Blondine ihr, während sie sich ein Wodka Energy mischt.

„Aber?“, hakt Kim nach.

„Er sagte mal, dass er nichts mit dem Personal seiner Lieblingskneipe anfängt und das zieht er wirklich durch.“, erklärt sie ihr weiter, blickt dann zu ihr und nimmt ein Schluck aus ihrem Glas. Sie nimmt die Mimik von der schwarzhaarigen wahr und weitet ihre Augen.

„Oh mein Gott, du bist Scholle auch verfallen?“, „Was?! Nein! Ich meine Psst! Er sieht schon gut aus, ja, aber ich hab einen Freund zu Hause sitzen.“, klärt sie Sally auf und diese grinst nur.

„Seit wann?“, will sie wissen, aber Kim versteht nicht ganz und guckt fragend. „Seit wann was?“, „Seit wann stehst du auf ihn? Ich meine so wie oft du da rüber schaust, ist das schon auffällig.“.

Sally hat recht damit, beobachtet die schwarzhaarige Scholle heute öfters als die ganze restliche Woche.

„Sally, ich hab ein Freund zu Hause...“, fängt sie ihre Erklärung an, merkt dabei doch wie unnötig das doch gerade ist. Sie wird eh nicht locker lassen und der Alkohol lockert ihre Zunge noch zusätzlich. Sie seufzt. „Seit ich das Klopapier ins Männerklo bringen sollte. Er stand dort nur mit seiner Hose bekleidet. Und dann drehte er sich auch noch um und... hach ey, der ganze Stil von ihm hat mich einfach nur so umgehauen. Ich meine die ganze Woche sitzt der hier im Anzug rum und dann steht da so ne Rocksau vor mir. Sorry, aber er hat mich wirklich beeindruckt.“.

Die Blondine grinst immer mehr. „Oh ja, Scholle ist verdammt gut durchtrainiert und ne geile Sau, wenn er in seinem Element ist.“, stimmt sie zu.

„Also ist das keine Ausnahme, dass er hier Gitarre spielt?“, wird sie neugierig, denn muss er wohl öfters hier mal in seinem Element sein.

„Absolut nicht. Scholle hat ne eigene Band. Momentan basteln sie wohl an neuen Songs. Allerdings muss er erstmal auf seinen Kumpel warten, der die Drums einspielen soll. Er wohnt in den USA und kommt bald hier hin.“, verrät die Blondine ihr und die Begeisterung zu diesem Mann will einfach nicht mehr abflachen, so sehr sie sich auch bemüht.

„Wow, was ein interessanter Mann.“, sagt Kim ruhig und leise.

„Ja, er ist schon faszinierend.“, kichert Sally und trinkt weiter.
 

Einige Bier und Drinks später, klingelt Kim‘s Handy und als sie sieht wer es ist, verlässt sie die kleine Halle und geht in den Hinterhof. Am Telefon bricht ein Riesen Streit aus zwischen ihr und ihrem Freund. In der Zwischenzeit betritt auch Scholle den Hinterhof um zwei leere Kisten wegzubringen. Das ist bei ihm so üblich das er auch ab und an mal mithilft. Dabei bekommt er den letzten Rest des Streits mit und wie Kim aufgelöst und wütend auflegt. Sie sitzt gerade auf einem Stapel Paletten, als er auf sie zu kommt. Sie schluchzt etwas und versucht sich die Tränen aus dem Gesicht zu wischen als sie ihn bemerkt.

„Stress?“, fragt er vorsichtig. Sie nickt nur als Antwort. Sein Gesichtsausdruck ist nicht gerade erfreut, als er sie so aufgelöst sieht. Aus seiner rechten Gesäßtasche holt er seine Zigarettenschachtel, öffnet sie und hält sie hier entgegen.

„Hier. Komm erstmal runter.“ bietet er ihr eine an, welche sie auch dankend annimmt. Auch ein Feuerzeug, was er bereits anmacht, hält er zu ihr. Als der Glühstängel an ist, packt er beides wieder weg. Auch er steckt sich noch eine an und beschließt sie nicht alleine zu lassen. Während sie ihre Tränen trocknet, setzt er sich rechts von ihr, auf die Paletten.

„So schlimm gewesen?“, fragt er vorsichtig und aus Kimmy bricht es irgendwie einfach nur so raus.

„Ach, das war mein Freund, der rumstresste. Er meinte ich sollte bereits zu Hause sein und wo ich denn sein würde. Ich erklärte ihm alles, aber er glaubt mir nicht. Dann ist Fancy auch noch so kacke drauf. Das fucked mich gerade echt ab!“. Scholle guckt zu ihr und ihm beschleicht ein schlechtes Gewissen.

„Das mit der Party war meine Idee und das mit Fancy... ja, da bin ich ja auch irgendwie dran schuld. Sorry, ich wollte dir den Abend nicht vermiesen.“, entschuldigt er sich bei ihr, während sie wieder ihre Tränen wegwischt.

„Der stellt sich einfach nur an. Ich finds echt lustig mit euch. Alles gut, Scholle.“, guckt sie ihn dabei an und lächelt leicht.

Ohne weitere Worte legt er seinen linken Arm um sie und rückt sie an sich.

„Das wird schon wieder. Wenn was ist, weißt du wo du mich findest.“, bietet er ihr ein offenes Ohr an. Ihr Kopf liegt leicht auf seiner Brust und hört sein Herz schlagen. Sein Puls ist erhöht, was sie irgendwie zum grinsen bringt.

„Danke Scholle.“.

Sie verharrten so noch eine kurze Weile und gehen dann wieder zu den anderen.

Her world of decay

‚Das wird schon wieder.‘

Das sind die Worte die Scholle ihr vor einer Woche gesagt hat. Doch die Geschichte von der jungen Frau schreibt ihr eigenes Kapitel in ihrem Leben. So kommt die große Kehrtwende.
 

Es ist Samstag und sie hat frei. Ihr Freund hat Geburtstag und dementsprechend gibts auch eine Party bei ihnen zu Hause. Doch es wird ein Abend der schlimm für das Paar enden wird. An sich ist die Fete ein voller Erfolg. So langsam geht sie auch dem Ende zu und die zwei verabschieden einen Gast nach den anderen, bis nur noch die zwei in der Wohnung sind. Mit einem letzten Bier sitzt Kim in der kleinen Küche. Dann kommt auch ihr Freund, Kai, und setzt sich zu ihr. Man muss sagen das beide ordentlich was getrunken haben und so kommt es das ein Streit zwischen den beiden ausbricht. Alle möglichen Sachen werden ihr vorgeworfen. Das sie kaum Zeit für ihn hat, dass sie lieber auf Arbeit sei, als bei ihm und und und. Alles bricht aus ihm heraus. Dadurch das das nicht das erste mal ist, dass er sie so anschreit, reicht es der jungen Frau. Sie steht auf und geht ins gemeinsame Schlafzimmer. Er fragt wo sie hin will, doch bekommt er keine Antwort. Folglich steht er auf und geht ihr hinter her. Er sieht wie sie hektisch ihre Tasche und ihren Rucksack packt.

„Was zur Hölle tust du da?“, fragt er leicht lallig.

Sie dreht sich abrupt zu ihm um und schaut dabei wütend drein.

„Weißt du, mir reicht‘s! Ich hab keine Lust mehr mit nieder machen zu lassen von dir! Ich hab alles in den USA für dich aufgegeben und für was?! Dafür das ich mir andauernd anhören darf das mein Job scheiße ist, ich mich nicht um dich kümmere und so‘n scheiß! Ich bin nicht deine verdammte Putzfrau! Mach dein scheiß alleine! Schluss, aus! Ich gehe!“, brüllt sie ihn vor Wut an und macht sich dann weiter ans packen. Nach ihren Vorwurf sieht man wie in ihm die Wut aufsteigt. Sie packt stoppt sie bei ihrem tun, in dem er ihr Handgelenk grob packt. Sie reißt sich von ihm los, mit voller Kraft.

„Was soll der Mist?! Lass mich!“, „Du wirst nirgendwo hingehen! Du bleibst hier bei mir!“, droht er ihr schon fast und hält sie immer wieder vom packen ab. Sie kann sich immer wieder befreien, doch so kommt es, wie es kommt muss und der Mann wird handgreiflich ihr gegenüber. Der Streit eskaliert und ehe sie sich versieht, fühlt sie seine Faust im Gesicht. Durch die Wucht fällt sie auf das Bett. Vor Schmerz hält sie sich ihre rechte Gesichtshälfte und guckt dann geschockt zu ihm. Wie auf Knopfdruck laufen ihr die Tränen die Wangen herunter. Sie ist so geschockt darüber, dass der Mann den sie liebt, ihr sowas nur antun kann. Schnaufend steht er vor ihr. In seinem Blick kann sie gerade keine Reue erkennen, dennoch steht er wie gelähmt vor ihr.

„Du bist so krank, du verdammtes Arschloch!“, traut sie sich noch zu sagen, erhebt sich dann vom Bett, nimmt ihre Taschen und verlässt dann schnell die Wohnung.

Sie läuft einfach los, ohne ein wirkliches Ziel zu haben. Ihr ist es erst einmal egal, sie will nur weg von hier und die Angst das er sie verfolgt, lässt sie immer schneller laufen. Sie läuft zur nächsten U-Bahnstation und nimmt die Bahn Richtung Arbeit. Ist es gerade ihre einzige Idee und inständig hofft sie, dass noch jemand vor Ort ist.

Dort angekommen geht sie zum Vordereingang und versucht die Tür zu öffnen. Ohne Erfolg, sie ist bereits geschlossen. Dennoch weiß sie das jemand drin sein muss, denn sie sieht einen Lichtschein. Sie klopft und das mehrmals. Auch das bleibt ohne Erfolg. Zu allem Überfluss fängt es auch noch wie aus Eimern zu schütten und hört so schnell auch nicht auf. Leicht zittrig nimmt sie ihr Handy und ruft mehrmals an, doch keine Reaktion am anderen Ende der Leitung. Sie schnaubt und entschließt sich anschließend zum Hintereingang zu gehen. Also sie den Wagen von ihren Chef stehen sieht, fühlt sie sich darin bestätigt, das hier noch wer sein muss. Überheblich wie sie durch den Alkoholeinfluss ist, macht sie sich daran über das nass, kalte Eisentor zu klettern.
 

In der Zwischenzeit in der Bar. Fancy, Sally, ihr Verlobter Alex, Martha, Rick, Paul, ein Kumpel von Scholle, und Scholle selber sitzen im Aufenthaltsraum um einen niedrigen Couchtisch herum und trinken noch eine Runde nach Schließung der Eventhalle für diesen Abend.

„Sag mal, geht der Zigarettenautomat eigentlich wieder?“, will der Gitarrist wissen, als er seine letzte Zigarette anmacht.

„Nee, war noch keiner hier von der Gurkentruppe.“, meckert Rick über diese unzuverlässige Firma die den Automaten seit zwei Wochen schon repariert haben wollte.

„Na toll, ich hab keine mehr. Feierabend, lass uns gehen.“, brummt er und sein Kumpel guckt ihn ganz verdattert an.

„Du globst doch wohl nich‘ das ick jetzt nach Hause loofe nur weil du keene Kippen mehr hast.“, beschwert der Berliner sich und zeigt seinem Kollegen dabei den Vogel.

„Maul‘ nicht rum. Hier im Auto hab ich noch ne Schachtel.“, verrät der Rick Scholle und schmeißt ihm den Schlüssel entgegen. Er fängt ihn mit der rechten Hand und steht auf.

„Geht doch.“, grinste er zufrieden und geht dann Richtung Hinterausgang. Als er diesen betritt, ist Kim gerade dabei, vollgepackt über den Zaun zu gelangen. Sie kommt auch erfolgreich rüber, doch dann rutscht sie an einen der nassen Stahlschaniere aus, in der das Tor eingehängt ist und fällt zu Boden. Sie fällt direkt auf ihr rechtes Knie und ihre Hose wird sofort durchtränkt, durch den Regen der seit kurzem vom Himmel fällt. Auch so ist sie mittlerweile komplett aufgeweicht.

„Fuck!“, schreit sie laut.

Der Mann hört den Krach und das Fluchen und läuft fraglich auf die junge Frau zu. Als er nah genug an ihr dran ist, erkennt er sie sofort.

„Kimmy?“, kommt von ihm leise aber überrascht. Was macht sie hier mit all den Sachen und wieso ist sie in den Hinterhof geklettert? Irgendetwas stimmt hier nicht und das merkt er, als er sich vor sie hockt und helfen will, ein paar Sachen aufzuheben, die ihr bei dem Sturz aus der Tasche gefallen sind. Panisch schnapp sie selber danach und blickt dann erschrocken zu dem Mann auf. Scholle sieht ihr Gesicht und ihm fällt als erstes auf, das ihre rechte Schläfe und ihr rechtes Auge von einem großen Bluterguss unterlaufen ist.

„Kim, was ist passiert?“, will er wissen und ist sehr ernst dabei. Selber hat er schon genug getrunken, dennoch wird er schlagartig stocknüchtern. Sie schweigt, doch ihr Gesicht verrät pure Verzweiflung, Traurigkeit und Angst. Er versucht es noch einmal.

„Kim sag mir, was ist passiert?“, „Ich... ich hab Schluss gemacht... ich...“, stammelt sie vor sich hin und kämpft mit den Tränen.

„Hat er dich geschlagen?“, äußert er seine Vermutung, sieht es nämlich nicht gut aus, was ihr Gesicht ziert. Während sie es nickend bejaht, fängt sie an zu weinen und fällt ihm in seine Arme.

„Ich habe Schluss gemacht... wir stritten uns... und... dann ging er auf mich los... ich weiß doch nicht wohin. Ich hab doch niemanden, Scholle.“, wimmert sie und hält ihn immer fester. Sie zittert stark. Sei es durch die nassen Sachen oder dem Schock.

„Du hast doch uns... komm, lass uns rein. Du bist klitschnass und frierst.“, sagt er, hebt als erstes ihre Tasche auf und hilft ihr dann aufzustehen. Hat er schließlich mitbekommen, dass sie ein Absturz gehabt hat und sich verletzt hat. Er stützt sie zusätzlich auf den Weg ins Gebäude. Ihr Gang ist auch an sich nicht sicher, hat sie sehr viel Alkohol getrunken auf dem Geburtstag.

Langsam laufen sie zu den anderen und als die zwei den Raum betreten, kehrt sofort stille ein.„Oh mein Gott, was ist passiert?“, fragt Sally geschockt und hält sich ihre linke Hand vor dem Mund.

„Ihr Freund ist ausgerastet. Hier ist ihre Tasche. Könnt ihr Sachen für sie raussuchen, damit sie sich umziehen kann?“, verrät Scholle gefasst, aber so spurlos geht ihre Situation gerade nicht an ihm vorbei. Sorge liegt in seiner Stimmlage.

„Ja aber natürlich!“, kommt sofort von den drei Frauen und stehen fix auf. Selbst Fancy, mit der sie immer aneckt in letzter Zeit, wegen dem attraktiven Mann, hilft sofort. Sie suchen ihr Sachen raus und gehen auf das Personalklo. Der schwarzhaarige selber besorgt solange Eis für ihr Gesicht und Knie.
 

Nach 20 Minuten sind sie alle wieder in dem Raum versammelt. Kim haben sie auf die Couch verfrachtet. Versorgt mit Kühlpads und einer dünnen Decke. Am Ende ihrer Beine sitzt Rick. Rechts von ihm, auf einem Stuhl, den Mann den sie nicht kennt, den sie aber alle Paul nennen. Dann kommt Scholle, Fancy, Sally, Alex und mit Martha schließt sich der Kreis.

Kim erzählt alles, auch das sie mehrmals versucht hat, in der Bar anzurufen, doch keiner dran gegangen ist. Dann nahm sie den Weg zum Hinterhof. In der Zeit in der sie erzählt, fließt ab und an mal ein Tequila für jemanden, auch für Kim selber. Außer Scholle verzichtet plötzlich auf das klare Getränk. Er hält sich gerade zurück und bleibt bei seinem Bier, welches die anderen noch zusätzlich trinken.

Nach einer aufbrausenden Erklärung und beantworten einiger Fragen der anderen, wurde es ziemlich still um sie, da sie einfach eingeschlafen ist. Sie ist ziemlich fertig und betrunken noch dazu. Sie hatte nicht viel Tequila getrunken, nur wie das bei diesem Getränk so ist, der letzte ist immer schlecht und haut einen aus den Socken.
 

Ahnungslos sitzen sie nun da und überlegen, was sie nun machen sollen.

„Was machen wir mit der kleinen nun?“, wirft Martha als erste die Frage in den Raum, die allen bereits im Kopf rum kreist. Stille. Alle überlegen, bis Scholle diese bricht.

„Ich nehme sie erstmal mit zu mir.“.

Fancy, die gerade in eine Zitronenscheibe beißt, verschluckt sich an den Saft dieser, als er das sagt und fängt laut an zu husten. Paul, der Scholle ja nun auch schon lange kennt, grinst schelmisch.

„Scholle, du kleener Schlingel.“. Der schwarzhaarige beugt sich zu seinem Kumpel rüber und zeigt auf die schlafende Frau.

„Ich glaube die ist zu nichts mehr im Stande.“. Paul schaut zu ihr rüber und nickt seine Aussage mit voller Überzeugung ab.

„Da haste wohl recht.“, dabei nimmt er sein Bier vom Tisch und trinkt einen großen Schluck.

„Und sind wir mal ehrlich, Martha und Rick haben kein Platz, da ihre Tochter wieder zu Hause wohnt. Sally und Alex haben nur eine Miniwohnung mit drei Katzen, Fancy hat nur ein WG-Zimmer und bei dir herrscht das große Chaos, nachdem Umzug heute.“, erläutert der Gitarrist die wohnliche Situation der einzelnen anwesenden.

„Aber ick hätt’ jenuch Platz für se.“, klärt der Berliner, mit erhobenen Finger, auf und hat auch nicht unrecht damit, dennoch kann Scholle sie nicht bei ihm lassen. Nicht weil er ihm nicht traut, sondern weil sie ihn so gut wie gar nicht kennt. Und nach so einem Abend bei einer fremden Person aufzuwachen, ist glaube nicht gerade gut für sie.

„Platz ja, aber sie kennt dich doch noch gar nicht. Ich glaube nachdem was ihr heute passiert ist, wäre das nicht zum Vorteil.“, lehnt er seinen Vorschlag ab.

„Scholle hat recht, sie braucht jetzt jemanden der für sie da ist. In deinen Händen ist sie gut aufgehoben. Ich hab oft genug mitbekommen das sie dir bereits viel über ihre private Situation erzählt hat, diese Woche.“, meldet sich Martha nun auch zu Wort, um seine Entscheidung zu unterstützen. Der Berliner resigniert und lehnt sich zurück.

„Ok, ok, ihr habt ja recht. Ick will die kleene ja och net verschrecken.“, sagt er und alle lachen etwas. Paul bringt mit seiner Berliner Schnauze etwas Lockerheit in die Runde. Dennoch müssen sie sich langsam überlegen, wie sie die zwei hier wegbekommen. Ist es bereits nach 4 Uhr morgens. Gut das sie Rick haben, der nie viel trinkt, damit er noch fahren kann.

„Rick, kannst du uns dann eben nach Hause fahren?“, möchte Scholle von ihm wissen.

„Klar. Wir legen se hinten ins Auto und dann bring ich euch eben.“, willigt er ein. Gerne hilft er seinen Freund und seiner Mitarbeiterin.

Gesagt getan. Scholle bindet sich sein schwarzes, langärmliges Hemd eben um seine Hüfte und geht dann zum Sofa und sie davon herunter zu bekommen. Langsam und vorsichtig hebt er Kim hoch und es überrascht ihn gar nicht, dass sie leicht ist wie eine Feder. Davon mal abgesehen ist er sehr gut durchtrainiert. Instinktiv legt sie ihre Arme um seinen Hals und brummt etwas dabei. Anstalten wach zu werden und selber zu laufen macht sie allerdings keine. Ihr Chef nimmt ihre Sachen und seinen Autoschlüssel.

„Kann ich dich hier alleine lassen?“, will der Mann noch von seinen Berliner Kumpel wissen und der grinst nur.

„Klar, ick bin hier ja unter Frauen. Ok und einem Mann. Allet super, Scholle. Ick ruf mir nachher eene Taxe und jut. Meld‘ dich morgen ma‘, ja?“, beruhigt er ihn, damit er sorgenfrei fahren kann.

„Klar mach ich! Macht’s gut, Leute.“, verabschiedet er sich bei allen und macht sich dann auf den Weg zum Auto. Dort angekommen versucht er sie so gut wie möglich ins Auto zu legen. In der Zwischenzeit stellt der Fahrer die Sachen in den Kofferraum. Alles ist verstaut und sie setzen sich in den Wagen, um losfahren zu können.

Bei ihm zu Hause angekommen verteilen sich die Rollen wieder sofort. Rick ist für das Gepäck verantwortlich und Scholle für Kim. Wieder hält sie sich bei ihm unbewusst fest und gräbt ihr Gesicht in sein Hals. Warmer, regelmäßiger Atem kitzelt ihn schon fast und er muss sich selber eingestehen, dass ihm die Situation gerade etwas gefällt. Nicht weil er gerade den starken Mann raushängen lassen kann, sondern weil sie ihm so nah ist. Nach gefühlten, etlichen Treppenstufen sind sie endlich in seiner Wohnung angekommen. Sie betreten diese und man steht schon förmlich im Wohnzimmer. Er geht an der Couch vorbei zu einer großen Türfront, die auch aktuell geöffnet ist. Auf den ersten Blick kann man das Bett sehen, da es direkt hinter der großen Front steht. Er legt sie hin und bevor er sie zudeckt, zieht er ihr noch ihre Boots aus, welche die Mädels ihr angezogen haben, da ihre Chucks komplett durchweicht sind. Ihre Taschen stellt ihr Chef neben das Bett und dann verlassen sie das Zimmer auch wieder. Der Gitarrist greift nach den Türflügeln, welche sich links und rechts befinden und schiebt diese zusammen, um den Raum zu schließen. Kurz hört man ihn aufatmen.

„Melde dich morgen auch mal bei mir, wie es ihr geht. Sie soll sich erstmal die Zeit nehmen, die sie braucht.“, bietet Rick ihr somit weiter Hilfe an.

„Mache ich und ich werde es ihr ausrichten. Danke nochmal.“, bedankt sich Scholle und verabschiedet ihn mit einer männerhaften Umarmung, bevor er fährt.

Etwas geschafft und voller Gedanken lässt er sich auf sein Sofa fallen und macht die Augen zu. Es dauert auch nicht lange, da ist er schon eingeschlafen.



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