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Wenn der Wind sich dreht

von

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Sakura wusste überhaupt nichts mehr. Weder, wie es dazu gekommen war, wie es nun eben war, noch warum sie diesem ganzen Theater überhaupt Stand hielt, anstatt einfach zu gehen und diese ganze Farce somit zu beenden. Fakt war, dass sie über diesen Punkt scheinbar längst hinaus war. Rückzug ausgeschlossen. 
 

Ihre Mundwinkel waren fest aufeinander gepresst und ihre Augenbraue zuckte im gleichen Rhythmus mit seinen Worten, die in ihren Ohren überhaupt keinen Sinn ergaben. Er sprach vollkommen wirr von Gefühlen und Versprechen, die einst vor langer Zeit bestanden und von denen mittlerweile nur noch entfernte Erinnerungen vorhanden waren, die, ebenso wie der Schnee, immer weiter wichen, bis nichts mehr übrig blieb, als eine weitere farblose Erinnerung. 
 

„Du kannst mir nichts vormachen, Sakura. Deine Blicke sind nicht so unauffällig, wie du glaubst. Das zwischen uns ist noch längst nicht vorbei.“
 

Er war verrückt und schien vollkommen durcheinander. Dabei war er doch sonst so beherrscht. Dieses Verhalten entsprach einfach nicht seiner Persönlichkeit. Was war nur in ihn gefahren und warum ausgerechnet jetzt, wo sie doch endgültig einen Schlussstrich gezogen hatte, sowohl für sich, als auch für ihre Freunde, welche die Zeiten der Seitensprünge und des Trauerns hautnah miterlebt hatten.
 

Natürlich existierte einst so etwas wie Liebe zwischen ihnen. Man könnte sogar behaupten, sie hätte ihn vergöttert. Er war immer ihr Traumprinz gewesen und fast jedes Mädchen hatte sie um seinetwillen beneidet. Damals kannte sie ihn nicht und war blind gewesen. Nun, jedoch, sah sie viel klarer. Er war kein Prinz und erst recht nicht perfekt. Stattdessen war er nur ein gewöhnlicher, zugegen äußerst ansehnlicher, Mann mit allerhand Fehlern und ungeöffneten Päckchen.
 

Sie lächelte milde und erkannte ein siegreiches Aufblitzen in seinem Blick. Er wähnte sich sicher. Seine Art zu denken war plötzlich so einfach. Er wollte sie, nur weil er sie nicht mehr haben konnte. Doch was würde wohl passieren, wenn sie sich erneut auf ihn einlassen würde? Sie konnte es sich bereits denken. Die Erinnerungen mochten zwar verblasst sein, aber sie waren noch immer vorhanden. 
 

„Was du glaubst zu sehen und was du dir erhoffst, kann ich dir nicht bestätigen, Sasuke. Es wäre besser, wenn du das endlich einsehen würdest.“
 

Monoton blickte er ihr entgegen, doch sein Blick schien sie förmlich zu durchbohren. Er brannte sich wie Säure tief unter ihre Haut.
 

„Gibt es einen Anderen?“
 

Ihr Nicken war eine Kurzschlussreaktion. Seine Schnaubend und die emporsteigende Augenbraue ein Zeichen des Unglaubens. Dennoch spielte er ihr Spiel mit. Es verwunderte sie nicht im geringsten. Sasuke hatte schon immer ein Faible für derlei Spiele gehabt.
 

„Er wartet bereits auf mich. Ich sollte also jetzt gehen.“
 

Sie wandte sich ab und tat den ersten Schritt, bis er ihr Handgelenk umschloss und sie somit aufhielt. Seine Haut war kalt und fühlte sich vollkommen fremd an. Dabei hatte sie seine Berührungen einst so sehr genossen. Wieder eine Erinnerung, die immer mehr verblasste. Es war bereits viel zu lange her, auch wenn ihre Beziehung erst kürzlich endgültig in die Brüche gegangen war.
 

„Gibt es hier irgendein Problem?“, ertönte plötzlich eine dunkle Stimme, deren gelangweilter Unterton sie kurzzeitig zum schmunzeln brachte.
 

Langsam blickte sie auf und begegnete dem Blick zweier ungewöhnlich grüner Augen, die beinahe schon türkis erschienen. Das war noch nicht einmal das ungewöhnlichste an der Erscheinung des eindeutig älteren Mannes. Er war groß, braungebrannt und muskulös. Seine unbedeckten Arme und einige Teile seines Gesichts waren mit verblichenen Narben verziert. Er hatte eine gefährliche Ausstrahlung und wirkte damit wie Jemand, den Sakura nicht im Dunklen begegnen wollte. Und trotzdem, oder gerade deswegen, kam er ihr gerade zur rechten Zeit. 
 

Ein leises Lächeln schlich sich auf ihre rot geschminkten Lippen.
 

„Alles in Ordnung, Schatz. Ich war gerade auf dem Weg zu dir.“
 

Sie spürte wie der Druck um ihr Handgelenk erst intensiver wurde und dann plötzlich komplett abbrach. Zwar stand sie noch immer mit dem Rücken zu Sasuke, aber sie konnte sich durchaus vorstellen, wie erschüttert sein Blick nun wohl sein mochte. Nur mit Mühe schaffte sie das aufsteigende Kichern zu unterdrücken. Stattdessen handelte sie wider des besseren Wissens und klaren Menschenverstandes und schnappte sich einfach die Hand des Fremden, um diesen hinter sich herzuziehen. Widerstandslos ließ dieser es sogar einfach geschehen.
 

Bis sie außer Sichtweite waren und er sich ihrem Griff sanft aber bestimmend entriss. Seufzend blieb sie stehen und strich sich mit einer verloren Geste einige störende Haarsträhnen aus dem Gesicht, bis sie entschuldigend zu ihm aufblickte. Er überragte sie in seiner Größe um etwas mehr als einen Kopf. Es war wirklich unheimlich, sowie die ganze Situation ziemlich suspekt war. Dennoch wagte sie sich an ein wackliges Lächeln. 
 

„Verzeihen Sie bitte, dass ich Sie da mit reingezogen habe. Darf ich Sie vielleicht als Entschuldigung auf einen Kaffee einladen?“
 

Er musterte sie kurz, bevor er lediglich knapp die Schultern zuckte. Doch das kurze Zucken seiner Mundwinkel, kaum wahrnehmbar aber dennoch vorhanden, verriet durchaus seine Belustigung.
 

„Kakuzu. Immerhin sind wir bereits miteinander liiert.“
 

Kakuzu also. Ein interessanter Name für eine interessante Persönlichkeit. Ihr Lächeln blieb weiterhin bestehen, wenn auch mittlerweile weniger verlegen.
 

„Sakura. Es freut mich Ihre...deine Bekanntschaft zu machen.“
 


 

Er war kein besonders gesprächiger Typ, wie Sakura feststellte, als sie sich wenig später in einem kaum besuchten Café am äußeren Rand der Stadt niederließen. Etwa eine halbe Stunde schwiegen sie sich nur an. Es war unangenehm und doch wusste sie nicht, was sie sagen, oder gar tun konnte, um dieser Anspannung, die zwischen ihnen zu herrschen schien, zu umgehen. Schließlich seufzte sie laut auf.
 

„Also, Kakuzu, was tust du so, wenn du nicht gerade irgendwelche Mädchen aus misslichen Lagen befreist?“
 

Vollkommen ruhig hob er seine Tasse und nahm einen Schluck des darin befindlichen schwarzen Kaffees zu sich, während er sie über den Rand der Tasse unentwegt ansah. Nervös begannen ihre Hände an einem losen Faden ihres roten Pullovers zu spielen, bis er endlich wieder das Getränk abstellte und sich etwas zurück lehnte.
 

„Was denkst du denn?“
 

Was sie dachte? Dieser Typ wollte also den Geheimnisvollen spielen. Konnte er haben, auch wenn sie sich diese Verabredung durchaus einfacher vorgestellt hatte. Dennoch… Sie wusste einfach nicht was sie von ihm halten sollte. Vielleicht war er, nun ja, ein Ex-Sträfling eventuell, oder gar Jemand, der noch immer oder schon wieder zwielichtigen Beschäftigungen nach ging. Er wirkte zumindest nicht wie ein Briefträger und erst recht nicht wie Jemand, der einem sozialen Berufszweig nachging. Kindergärtner vielleicht. Dieser Gedanke brachte sie zum glucksen.
 

„Verrat es mir.“
 

Seine Augen blickten ihr ernst entgegen, doch um seine Mundwinkel zuckte erneut kurz, für den Bruchteil einer Sekunde, ein kleines Grinsen.
 

„Ich raube Banken aus.“ 
 

Sie erstarrte, bevor sie einige Male blinzelte und versuchte hinter seine Fassade zu blicken. Meinte er das Ernst, oder erlaubte er sich gerade einen Scherz mit ihr? Sein Blick war nicht zu deuten. Nichts an seiner Mimik oder der ganzen Haltung, die er ihr gegenüber dar brachte, deutete auf irgendein Anzeichen, welches seine Worte glaubhaft machten, oder gar Lügen strafte. Seufzend lehnte sie sich mit verschränkten Armen nun ebenfalls zurück und schaute ihm neutral entgegen. 
 

„Trifft sich gut. Ich bin Ärztin. Also falls es mal zu einer Schießerei kommen sollte…“
 

Sie glaubte ihm nicht und er wusste, dass sie ihm nicht glaubte. Sie sah es in seinen Augen. Verständnis und auch ein Hauch Belustigung blitzte ihr aus diesen entgegen. 
 

„Ich werde darauf zurück kommen.“
 


 

Zwei Monate später hatte Sakura bereits wieder vergessen, was an diesem Tag geschehen war. Sie hatte auch kaum Zeit gefunden darüber nachzudenken. Ihr Job nahm sie ganz für sich ein. Eine Überstunde folgte der nächsten. Wenigstens hatte sie ab und an ihre beste Freundin Hinata um sich, die auf der gleichen Station als Pflegerin arbeitete und ihr zwischendurch mit einem heißen Kaffee Gesellschaft leistete.
 

Übermüdet ließ sich Sakura auf eine der Pritschen sinken und starrte an die sterile weiße Decke des Krankenzimmers. Mittagspause. Momentan ihre liebste Zeit des Tages, welcher meist von fünf Uhr morgens bis zehn Uhr abends reichte. Wann hatte sie sich eigentlich das letzte Mal so richtig ausgeschlafen?
 

„Du siehst erschöpft aus“, stellte Hinata mit einem kurzen besorgten Blick fest und stellte einen dampfenden Pappbecher auf eine Ablage neben der Liege. 
 

„Wenn ich nur halb so beschissen aussehe, wie ich mich fühle, dann darf ich mich heute nicht auf der Kinderstation blicken lassen.“
 

Ihre beste Freundin gab ein vergnügtes Kichern von sich, welches jedoch schnell wieder verebbte. Sie wirkte ernsthaft besorgt. 
 

„Ich habe gestern übrigens mit Naruto-kun telefoniert. Sasuke war bei ihm. Er war angetrunken und scheint nun wohl endgültig die Kontrolle über sein Leben verloren zu haben. Irgendwie tut er mir sogar leid. Erst hauen seine Eltern ins Ausland ab, dann verschwindet sein Bruder plötzlich und dann...“
 

„...serviere ich ihn ab. Schon klar, aber ich hatte wohl auch allen Grund dazu. Er hat mich benutzt, betrogen und belogen. Sag mir nicht, dass du dir das ewig von Naruto gefallen lassen würdest.“
 

Resigniert schüttelte sie den Kopf.
 

„Ich hätte ihn umgebracht, aber darum geht es gerade gar nicht. Ich-“
 

Hinata kam nicht dazu ihre Aussage fortzuführen, da plötzlich die Türe aufgerissen wurde und eine keuchende Krankenschwester eintrat. Sie schaute kurz in den Raum herein, ehe ihre Augen sie erblickten und fast schon flehend in ihre Richtung sahen.
 

„Haruno-san, wir haben einen Notfall. Der Patient und dessen Freund wollen nur von Ihnen behandelt werden.“
 

Skeptisch lüpfte Sakura eine Augenbraue, als sie sich von der Liege erhob und den verwirrten Blick ihrer Freundin erhaschte, auf welchen sie nur ahnungslos die Schultern zuckte. Seit wann durften sich die Patienten ihre Ärzte aussuchen?
 

„Raum? Akte?“
 

„Zimmer 368“ und die Patientenakte wurde ihr noch im gleichen Atemzug übergeben. „Allerdings sollte ich Sie wohl möglich vorwarnen. Der junge Mann, den Sie behandeln sollen, scheint sehr...unwillig.“
 

Na das würden sie ja noch sehen. Bisher hatte sie hier drinnen noch Jeden an die Liege gekettet bekommen, wenn es denn sein musste. Kurz warf sie Hinata noch einen entschuldigenden Blick zu, bevor sie aus dem Zimmer eilte und den vorgegebenen Behandlungsraum am anderen Ende des Flügels aufsuchte. Während des Laufens überflog sie bereits die angefertigte Akte. 
 

Hidan Satô, 27 Jahre alt. Blutgruppe B. 
 

Einlieferungsgrund: Messer im Rücken. Ursache unbekannt. Keine Stellungnahme seitens des Patienten.  
 

Na das klang ja spaßig. Eine Messerstecherei hatte sie auch lange nicht mehr, anders konnte sie sich die Stelle der Klinge einfach nicht erklären. Wobei sie in ihrem Beruf schon so einige kuriose Dinge erlebt hatte und man sie somit kaum noch überraschen konnte. Seufzend führte sie die Hand an die Klinke, als sie von drinnen plötzlich eine laute, sehr aufgebrachte, Stimme vernahm.
 

„Zieh mir das Teil einfach raus und lass uns hier abhauen. Ich werd schon nicht wegen diesem Kratzer verrecken.“
 

„Halt endlich die Klappe, Hidan.“
 

„Dann hol es endlich raus. Rein hast du es ja auch ganz gut bekommen und langsam fängt es an mich zu nerven.“
 

Erneut lüpfte Sakura eine Augenbraue, bevor sie beschloss einfach einzutreten und sich selber ein Bild über die Situation zu machen. Jedenfalls wusste sie nun, wie es dazu gekommen war. Dennoch behielt sie eine professionelle Mine bei, die jedoch schnell erlosch, als sie neben ihrem Patienten den anderen Mann erblickte, den sie obendrein auch noch kannte. Wobei kennen wohl zu viel gesagt war. 
 

Kakuzu 
 

„Guten Tag, die Herren.“
 

Geschäftig und ohne Kakuzu weiter zu beachten, legte sie die Akte irgendwo nieder und stellte sich hinter den Silberhaarigen, der auf einer Pritsche saß und plötzlich beharrlich schwieg. Das Messer steckte scheinbar nicht sehr tief und schien auch keine Organe verletzt zu haben, dafür war dennoch das komplette Shirt blutgetränkt. Sie seufzte. Erneut. Das tat sie oft in letzter Zeit, wie sie nebenbei bemerkte.
 

„Haben Sie sehr starke Schmerzen?“
 

„Es juckt wie beschissen.“
 

Sakura musste sich eingestehen, dass sie mit solch einer Aussage nicht unbedingt gerechnet hatte. Sowieso nahm dieser Tag einen merkwürdigen Lauf. 
 

„Okay. Legen Sie sich bitte auf den Bauch. Ich werde Ihnen gleich ein Betäubungsmittel spritzen und-“
 

„So ‘nen Scheiß brauch ich nicht. Zieh es einfach raus, dann bist du mich schnell wieder los.“
 

Gekonnt ignorierte sie die Unhöflichkeit, die er ihr entgegen brachte, als er sie einfach duzte und sandte nun doch einen fragenden Blick gen Kakuzu, der den Treiben teilnahmslos zuschaute. Als er ihren Blick bemerkte, nickte er ihr einfach nur knapp zu. Also ohne Betäubung, auch wenn sie das mit ihren Prinzipien nicht wirklich vereinbaren konnte. Die beiden Herren würden schon wissen, was sie wollten.
 

„Gut, wenn Sie sich trotzdem bitte auf den Bauch legen würden, soweit Ihnen das möglich ist.“
 

„Ich bleibe sitzen.“
 

Er war wirklich kontraproduktiv. Die Schwester hatte sie ja bereits vorgewarnt. Dennoch gab es da noch eine Sache, die sie brennend interessierte, auch wenn sie die halbe Geschichte dazu bereits schon kannte. 
 

„Dürfte ich fragen, wie es hierzu kam?“
 

„Frag Scarface. Der brauchte schließlich irgend ‘nen verdammten Grund hier her zu kommen. Nicht war, Narbensack.“
 

„Schnauze, Hidan.“
 

Er hatte seinen Kumpel abgestochen, um ins Krankenhaus gehen zu können? Warum? Doch nicht etwa um sie sehen zu können, oder? Sie war verwirrt. Ihr Blick glitt zwischen dem Messer und Kakuzu hin und her. Das konnte doch wohl nur ein verdammt dämlicher Scherz sein. 
 

Kopfschüttelnd vertrieb sie diesen abstrusen Gedanken vorerst wieder und wandte sich erneut gänzlich dem Problem ihres Patienten zu. Das Messer musste raus und die Wunde sowohl gereinigt, als auch genäht werden. Es war keine große Hürde, eher reine Routine, wenn man mal von der Schmerzresidenz ihres Patienten absah. 
 

Es juckte... 
 

Schnaubend packte sie das Messer und zog es in einem Ruck raus. Anstatt des erhofften Schmerzenslaut – und ja, manchmal konnte sie auch etwas sadistisch sein – zuckte Hidan lediglich nur einmal kurz zusammen und gab einen leisen, zischenden Laut von sich. Faszinierend. Er spielte also nicht nur den harten Mann, sondern schien tatsächlicher einer zu sein. 
 

Routiniert erledigte sie auch die folgenden Behandlungsabläufe, wie die Reinigung und Desinfektion, bis sie die Wunde schließlich sauber vernähte und alle benötigten Utensilien wieder beiseite legte. Eine halbe Stunde und sie fühlte sich, als wäre sie gerade zwei Stunden in einer Not-OP gewesen. 
 

„Mir war so, als hätten wir über Kugeln gesprochen. Von einem Messer war nie die Rede gewesen“, wandte sie sich wieder an Kakuzu, während sie sich die Einweghandschuhe abstreifte, die sie sich noch vor der Entfernung des Messers angezogen hatte, und diese in den nebenstehenden Mülleimer schmiss.
 

„Ich wollte dich nicht mit unnötiger Kleinarbeit aufhalten.“
 

Wie überaus freundlich er doch war. Schmunzelnd schüttelte sie den Kopf, auch wenn ihr eher danach war schreiend Reißaus zu nehmen. Dieser Typ war wahnsinnig und doch faszinierte er sie ebenso. Verrückt. Sie wurde eindeutig verrückt. 
 

„Wer oder was bist du wirklich?“
 

„Das sagte ich dir bereits.“
 

Sie schnaubte und blitzte ihn herausfordernd an.
 

„Und der Typ mit dem Messer im Rücken ist dann also dein Partner.“
 

Das synchrone Schweigen der beiden Männer, ließ sie in ihrem Tun, die Akte zu vervollständigen, inne halten. Zaghaft schaute sie wieder auf und begegnete sofort dem monotonen Gesichtsausdruck von Kakuzu. Hoffnungsvoll schaute sie in die Richtung des Silberhaarigen, der sie jedoch nur breit angrinste und ihr ein verheißungsvolles Zwinkern zukommen ließ. 
 

Oh Scheiße…

Sakura war nicht dumm. Sie war Ärztin, hatte ihr Studium mit einem Einser-Durchschnitt absolviert und besaß einen IQ von 162. Sie hatte es durch Fleiß und Einsatzbereitschaft bisher weit gebracht im Leben, auch wenn ihre Eltern einen anderen Weg von ihr verlangt hatten. Diese wollten sie in ein Jura-Studium drängen, um einst mal die Kanzlei ihres Vaters übernehmen zu können. Dies war jedoch momentan nicht von Belang. Viel wichtiger war, dass sie trotz ihrer vermeintlichen Intelligenz nun kaum mehr im Stande war sich ordentlich zu artikulieren, geschweige denn mit dieser Situation, in welcher sie sich derzeit befand, umzugehen.
 

Ruf die Polizei, schrie ihr Verstand ihr kreischend entgegen. Schlag sie k.o. und flüchte, hielt ihre innere Stimme dagegen, die ihr schön des Öfteren solch zweifelhafte Vorschläge unterbreitet hatte. Statt jedoch auf eine von den beiden Stimmen zu hören, blieb sie einfach stehen und betrieb Schnappatmung, während sie die beiden Männer vor sich keine Sekunde aus den Augen ließ.  Sie fühlte sich momentan nicht wie ein Mensch, sondern viel eher wie ein Fisch auf dem Trocknen.
 

„Ihr seid“, keuchte sie mehr, als sie sprach und wagte es dabei nicht das Wort, welches deren Berufszweig charakterisierte, in den Mund zu nehmen.
 

„Bankräuber“, half ihr Hidan gnädigerweise aus und grinste sie dabei noch immer überdimensional breit an. Kakuzu stieß nur ein halbwegs geräuschloses Schnauben aus, während er sie seinerseits mit seinen Blicken bannte. 
 

Tief atmete Sakura durch. Mehrmals, um auch wirklich langsam die Kontrolle über ihren Körper und Geist zurück zu erlangen. Okay. Sie stand nun also gerade zwei Bankräubern entgegen und hatte einen von ihnen sogar ein Messer aus dem Rücken gezogen, was der Andere dort präzise platziert zu haben schien. Kein Grund zur Sorge. Es gab weitaus Schlimmeres, auch wenn ihr gerade kein passender Vergleich einfallen wollte. Erneut atmete sie tief durch.
 

„Also schön, dann...nett euch kennen gelernt zu haben, aber...ich geh dann jetzt mal, Menschen operieren, und so.“ 
 

Sie wandte sich gerade ab und wollte den Raum schnellstmöglich verlassen, als sie plötzlich von hinten am Handgelenk gepackt wurde. Irgendwie kam ihr diese Szene bekannt vor. Erst Sasuke und nun Hidan. War das neuerdings irgend so ein komischer Trend, andere Leute von der Flucht abzuhalten? 
 

„Du gehst nirgendwohin, Schätzchen.“
 

Das betonte Kosewort trug keineswegs zur Beruhigung ihrer Nerven bei. Im Gegenteil, ihr Körper gefror und stellte somit jegliche Möglichkeit zur Bewegung ein. Sie getraute sich kaum mehr zu atmen, oder irgendein Geräusch von sich zu geben. Schockstarre. Vielleicht würden die Beiden sie in Ruhe lassen, wenn sie sich tot stellen würde. Bei Opossums schien das doch auch wunderbar zu funktionieren. Es sei denn sie trafen auf Aasfresser. Dann sah die Sachlage schon wieder gänzlich anders aus.
 

„Wir haben eigentlich nicht vor dir weh zu tun, allerdings setzt das voraus, dass du freiwillig mit uns kooperierst.“
 

Hidan konnte sich ja doch gewählt ausdrücken. Interessant. Fast hätte sie geschmunzelt, aber dafür war ihr Körper noch immer im Energiesparmodus gefangen. Momentan gab es für sie nur eine einzige Möglichkeit. Evolutionäre Anpassung. Und mit dieser fasste sie wieder neuen Mut. Äußerlich zumindest. Innerlich zitterte noch immer sie wie ein kleines Mädchen, das gerade von einer Lawine überrollt wurde. Oder so ähnlich.
 

„Was wollt ihr?“
 

„Ersteinmal wollen wir dich an deine Schweigepflicht erinnern.“
 

Sakura verbat sich den Einspruch, dass diese nur für den medizinischen Rahmen galt und nicht für das Decken verbrecherischer Aktivitäten. 
 

„Als nächstes hätten wir dir ein Angebot zu unterbreiten.“
 

„Was für ein Angebot?“
 

Und warum hatte sie bei dieser Frage nur das unbestimmte Gefühl, dass sie deren Antwort gar nicht hören wollte? Ach ja, weil sie gerade mit Verbrechern verhandelte… 
 

Bestimmt entriss sie sich dem mittlerweile etwas lockerer gewordenen Griff und drehte sich wieder um, um von Angesicht zu Angesicht mit Hidan sprechen zu können. So war es weitaus einfacher hinter seine wahren Absichten blicken zu können. Immerhin war er der Einzige, der zu ihr sprach, während Kakuzu nur weiterhin teilnahmslos daneben stand. Warum war er eigentlich hier und bedrohte nicht irgendwo irgendwelchen hilflosen Angestellten einer Bankfiliale?  
 

„Neben uns gibt es auch noch einige Andere im Team...“
 

Super, nun hatte sie es also auch noch mit einer ganzen Organisation zu tun. Ihr Tag konnte eindeutig nicht besser verlaufen.
 

„...und einen davon hat es bei unsrem letzten Coup ziemlich mitgenommen. Ein paar Knochenbrüche und ein paar Kugeln, also nichts Großartiges. Trotzdem wäre es wohl angebracht mal ein geschultes Auge drüber schauen zu lassen.“
 

Frakturen und Schussverletzungen? Nichts Großartiges? Schnaubend zog sie ihre Augenbrauen zusammen und ließ ihren Gegenüber damit einen finsteren Blick zu kommen. Allmählich bekam sie echt schlechte Laune. Ihre Angst und Scheu geriet immer mehr in den Hintergrund.
 

„Ihr wollt das ich für euch arbeite? ... Ist das euer verdammter Ernst!?“
 

Sie hatte mit einigen Reaktionen auf ihren kleinen Ausbruch gerechnet, aber nicht damit, dass Hidan plötzlich anfing aus voller Kehle zu lachen. Verwundert runzelte sie ihre Stirn. Hatte dieser Typ jetzt endgültig einen Schaden erlitten?
 

„Die Kleine ist echt Gold wert, Narbenfresse. Wo, sagtest du gleich noch, hast du sie aufgegabelt?“ 
 

Fasziniert beobachtet Sakura, wie es Kakuzu schaffte Hidan mit nur einem Blick wieder ruhig zu stellen. Dieser Blick, gestand sie sich ein, hätte jedoch auch eine Herde wild gewordener Büffel zur Flucht bewogen. Nachdem ihr ehemaliger Patient sich also wieder beruhigt hatte und Sakura sich fragte, ob Hinata noch immer auf sie wartet, wandte sich nun schließlich Kakuzu an sie und trat dabei einige Schritte näher.
 

„Heute Abend an der alten Lagerhalle im Grenzgebiet außerhalb der Stadt.“
 

Mehr sagt er nicht, dass musste er auch gar nicht. Die unausgesprochenen Worte und deren drohender Beiklang wogen schwer in der Luft. Keine Polizei. Kein Sterbenswörtchen zu Niemanden. Sie wollte sich gar nicht ausmalen, was geschehen würde, sollte sie gegen diese selbstverständlichen Regeln verstoßen. 
 

Mit einem zaghaften Nicken willigte sie schließlich ein. Blieb ihr denn eine andere Wahl? Seufzend schüttelte sie kaum merklich den Kopf und verließ ohne einen weiteren Blick oder letzte Worte das Krankenzimmer. Ihr Tag war eindeutig gelaufen. Schlimmer konnte es nun nicht mehr werden. 
 


 

Mit angeekelter Mine schluckte Sakura den kalten Kaffee herunter, der eindeutig mal heiß war, als Hinata ihn ihr gebracht hatte. Sie sollte dringend über die Anschaffung einer Thermoskanne nachdenken. Außerdem vermisste sie gerade sehnsüchtig die Gesellschaft ihrer besten Freundin, die es immer wieder schaffte sie aufzuheitern, wenn es ihr schlecht ging. 
 

Ungeduldig blickte sie auf die Uhr über der Zimmertür. Kurz vor um sieben. In etwa einer Stunde wäre ihre Schicht vorüber, hieß, wenn keine weiteren Notfälle dazwischen kamen. 
 

Anfang des Jahres waren die Leute immer besonders einfallsreich, was gewisse Verletzungen betraf. Schlimmer waren nur Männertag, Weihnachten, Silvester und ganz besonders Halloween. Dabei erinnerte sie sich an so manche kuriose Begebenheit, wie zum Beispiel an einen Pfeil in der Pobacke, eine Klobrille als extravagantes Collier, oder gar, und das war ihr persönlicher Favorit, eine halbvolle (zugeschraubte) Wodkaflasche im Anus eines jungen Mannes, der kaum die Volljährigkeit erreicht hatte.
 

Menschen konnten auf die absonderlichsten Ideen kommen und diese hatten meist etwas mit ganz viel Alkohol und oftmals daraus resultierender Selbstüberschätzung zu tun. Davon konnte sie bereits ein Lied singen, wenn Gesang ihr den liegen würde. Sasuke meinte einst, als er sie unter der Dusche trällern hören hatte, dass ihr Gejaule klang, wie eine Katze in ‘ner Kreissäge und das selbst diese noch ansprechendere Töne von sich geben würde.
 

War er nicht herzallerliebst? 
 

Seufzend vertrieb Sakura diese merkwürdigen Gedanken wieder und kippte den restlichen abgestandenen und vor allem kalten Kaffee in des Ausguss des Waschbeckens. Nicht dass dieses Gesöff ihr später noch auf den Magen schlagen würde. Das konnte sie heute ganz und gar nicht mehr gebrauchen. Wie so vieles eigentlich. 
 

Einen weiteren Seufzer ausstoßend verließ sie das Untersuchungszimmer, welches zugleich auch ihr 'Büro' darstellte und machte sich auf den Weg in die Kantine. Dank des Vorfalls mit ihren zwei neuen besten Freunden war sie heute nicht einmal zum Essen gekommen. Allmählich begann ihr Magen zu rebellieren und lautstark zu rumoren. Eigentlich wollte sie mit Hinata essen gehen. Asiatisch wäre ihr zumindest weitaus lieber gewesen, als den Fraß, denn man ihnen hier stets anbot. Undefinierbare Substanzen mit dem Geschmack nach altem Pappmaché. Sehr schmackhaft. Konnte sie jedem weiterempfehlen… 
 

„Sakura!“
 

Ruckartig blieb sie stehen und drehte sich um. Mit hängenden Schultern kam Hinata auf sie zu. Sie sah mindestens genau mitgenommen aus, wie sie sich fühlte. Scheinbar hatte sie einen ebenso anstrengenden Tag hinter sich, oder Tsunade, die Leiterin des Krankenhauses, hatte mal wieder schlechte Laune und Hinata war dieser zuerst vor die Linse gekommen. Der Erste war immer der Sündenbock. War heute etwa bereits Freitag? Nachdenklich kräuselte Sakura ihre Stirn, als ihre beste Freundin sie auch schon eingeholt hatte und vor ihr zum stehen kam.
 

„Und wie ist es bei dir heute gelaufen? Du warst die ganze Mittagspause weg. Etwas Schlimmes?“
 

Ohne mit der Wimper zu zucken schüttelte Sakura den Kopf.
 

„Messerstecherei. Mehr Blut als Schaden. Und bei dir?“
 

Schnaufend zog Hinata ihren Zopf, der sich etwas gelöst hatte, wieder straff und harkte sich anschließend bei ihr unter, um den Weg zur Kantine weiter zu beschreiten.
 

„Nakamura war wieder da und er wurde mir zugeteilt.“
 

Ein kleines Grinsen zuckte über Sakuras Mundwinkel. Nakamura war mittlerweile Stammgast bei ihnen. Er kam mindestens einmal in der Woche und verlangte stets einen Rundum-Check, weil er angeblich unter irgendwelchen ominösen Krankheiten litt. Mal bildete er sich Knochenschwund ein, ein anderes Mal war es ein Hirntumor und wieder ein anderes Mal glaubte er, dass er, während einer kleinen Erkältung, Drüsenfieber hatte. Dabei war er für seine knapp 70 Jahre noch überaus fit, sowohl körperlich, als auch geistig. Vielleicht war er auch einfach nur einsam und suchte Gesellschaft. So richtig schlau war Sakura bisher noch nicht aus ihm geworden. 
 

„Was war es diesmal?“
 

„Ein Alien.“
 

Skeptisch blickte sie zu Hinata, zwecks des ersten Tonfalls mit welchem sie diese Information preis gegeben hatte. 
 

„Bitte?“
 

„Er wollte mir und zwei weiteren Schwestern weiß machen, dass ein außerirdisches Wesen in ihm brütet.“
 

Glucksend schüttelte Sakura den Kopf. Eindeutig dieser Tag war an verrückten Geschehnissen kaum mehr zu überbieten.

Der Abend war grau und kalt, ein Blick in die Sterne unmöglich. Sakura konnte die Wolken zwar nicht sehen, aber dennoch war sie sich sicher, dass sie da waren. Irgendwo da oben. Und sie würden es spätestens am morgigen Tag schneien lassen. Viel zu spät, ihrer Meinung nach. Sie hatte von weißer Weihnacht geträumt, stattdessen hatte es geregnet. Nun, Mitte Februar, brauchte sie keinen Schnee mehr. 
 

Wobei…
 

Wenn ein Schneesturm wütete und ihr Auto, ein silberner Hyundai Tucson, vielleicht irgendwo stecken blieb oder gleich kältebedingt verreckte – manchmal hatte er solche Anwandlungen, um sie zu ärgern – dann hätte sie eigentlich eine ganz gute Ausrede, um ihrer Verabredung fernzubleiben. Vielleicht würden sie sogar Verständnis ihrer Situation gegenüber zeigen, oder sich, zwecks ihrer Unzuverlässigkeit, einen anderen Mediziner suchen. Am besten gleich in einer anderen Stadt auf einem anderen Kontinent. Hauptsache sie war aus dem Schneider.
 

Sakura schnaubte belustigt, auch wenn ihr gar nicht danach war. Ihr Amüsement war eher ironischer Natur. Als ob sie so einfach aus dieser Sache wieder raus kam. Mit ihr konnte man es ja schließlich machen. Sie war ja nur eine Frau und ein kleines Dummchen noch dazu. Sasuke hatte ihr diese Tatsache oft genug vorgehalten und schamlos ausgenutzt. 
 

Tja ja, sie hatte es aber auch wirklich nicht anders verdient, so dämlich wie sie damals war. Sie hatte sich Sasuke fast schon freiwillig unterworfen und ihm jeden Wunsch von den Augen abgelesen. Er war heiß, schlau, perfekt und supertoll. Von wegen… 
 

Seufzend warf Sakura einen Blick auf ihre Armbanduhr. 22:11 Uhr. Sie könnte jetzt in ihrem warmen, kuschligen Bett liegen, oder noch besser in einer heißen Wann voller Schaum und Duftöl, während ringsherum einige Kerzen brannten und sie genüsslich an einem halbvollen Glas Rotwein nippte. Eine schöne Verstellung, aber statt dieser nachzukommen stand sie nun hier draußen – mitten in der Walachei, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagten – und starrte auf einen hohen Drahtzaun, der von einem alten, rostigen Tor verschlossen gehalten wurde. 
 

Ihr war kalt, sie war müde und allmählich taten ihr die Füße weh. Wie lange stand sie eigentlich schon hier draußen? Vielleicht sollte sie mal ganz laut schreien, um wen-auch-immer wer da drin auf der Lauer lag auf sich aufmerksam zu machen. Kakuzu sagte doch, sie sollte gegen Abend hier auflaufen. Kein genauer Zeitpunkt. Keine näheren Informationen. Vielleicht hatte er sie aber auch nur verarscht.
 

Die ganze Sache war wirklich frustrierend.
 

„Sakura?“
 

Erschrocken zuckte sie zusammen und drehte sich sogleich hektisch um, wobei sie fast das Gleichgewicht verloren hätte. Sich heute noch auf die Fresse zu legen gehörte definitiv nicht zu ihrem nicht vorhandenen Plan. 
 

Ihr gegenüber, spärlich von einer flackernden Laterne beleuchtet, stand eine Person. Logischerweise. Fuchs und Hase konnten immerhin nicht wirklich auf der menschlichen Basis kommunizieren. Sie grinste kurz zwecks ihrer verrückten Gedanken und besah sich den jungen Mann genauer. Schwarze Haare, soweit erkenntlich, dunkle Augen und eine relativ schmale Figur. Sie stutzte. 
 

„Itachi?“
 

Was in Kamis Namen hatte der große, als verschollen geltende, Bruder ihres Ex-Freundes hier verloren? Vielleicht ging er einfach nur spazieren. Er gehörte gewiss nicht zu diesen Verbrechern. Vollkommen ausgeschlossen. Itachi war der Musterknabe eines Gut-Menschen, ein wahrer Sonnenschein. Gut, dass war eventuell etwas übertrieben, aber dennoch konnte sich Sakura nicht vorstellen, dass in dem ruhigen, besonnenen Itachi Uchiha ein Verbrecher-Genie lauerte. 
 

Wobei… 
 

Itachi war zwar schon immer ziemlich undurchschaubar, aber so sehr?
 

„Folge mir.“
 

Ohne ein weiteres Wort, nähere Instruktionen, oder wenigstens eine herzliche Umarmung zur Begrüßung, drehte er sich einfach um und schritt majestätisch von dannen. Seufzend holte sie zu ihm auf. Blieb ihr denn eine andere Wahl?
 


 

Die Innenausstattung der stillgelegten Lagerhalle war erstaunlich...wohnlich. Sakura wusste zwar nicht, was sie erwartet hatte, aber ganz bestimmt nicht das. Anstatt in einem alten, heruntergekommenen Fabrikgebäude zu landen, befand sie sich plötzlich in einem Loft in XXL-Format. Alles war vorhanden, was eben so zum Leben gehörte. Eine Einbauküche, Tische, Stühle, Sofas, Pflanzen, ja sogar ein riesiges Aquarium hatte seinen Platz gefunden und für Unterhaltung wurde dank eines LCD-Fernsehers, eines Mischpultes und einer Tischtennisplatte gesorgt. Und das war nur der kurze Überblick, den sie sich während des Rundgangs mit Itachi, verschaffte. 
 

Wo zum Teufel war sie her und wer waren diese Typen? Sie hatte so viele Fragen, aber eines wusste sie von Itachi, wenn es auch nicht viel war: Er war ein eher schweigsamer Typ. Aus diesem Grund hielt sie ebenso ihre Klappe und wartete darauf, dass sie irgendwann Jemanden begegnen würde, der redseliger schien und sie eventuell mal aufklären würde. Diese Ungewissheit, was sie wohl erwartete, war ja nicht zum aushalten. 
 

„Wir sind da“, sprach er und blieb vor einer schwarz lackierten Eisentür stehen. 
 

Wo waren sie und warum öffnete er nicht einfach diese verdammte Tür? Ja, sie war ungeduldig und ja, sein verzeihender Blick, den er ihr kurz über seine Schulter zukommen ließ, machte es auch nicht besser. Sie wollte endlich nach Hause und diesen Alptraum ganz schnell wieder vergessen. 
 

Kaum hatte sie diesen Gedanken gefasst, drückte er endlich die Klinke nach unten und trat ganz Gentleman-like einen Schritt beiseite um sie zuerst eintreten zu lassen. Wie überaus lobenswert. Tief durchatmend setzte sie einen Fuß vor den anderen und bildete sich ein, ihre Schritte gespenstig an den Wänden widerhallen zu hören. Die Stimmen, jedoch, die ihr entgegen schallten, waren keineswegs Einbildung, ebenso wie die Männer, die nun ihre komplette Aufmerksamkeit auf die richteten.
 

Hatte sie schon erwähnt, dass sie nach Hause wollte? 
 

„Hey Süße, lange nicht mehr gesehen.“
 

Hidan grinste ihr entgegen. Sakura verdrehte genervt die Augen. Idiot. Aus dem Augenwinkel sah sie Itachi an sich vorbeigehen und wie er sich gleich darauf zu einem Rotschopf gesellte, der ziemlich abwesend wirkte. Entweder ein Zeichen von Übermüdung, Desinteresse, oder er war einfach bekifft. So genau konnte sie das nicht deklarieren. Innerlich zuckte sie die Schultern und wandte sich lieber wichtigeren Themen zu. 
 

Sollte sie jetzt weiter wie angewurzelt hier stehen bleiben und sich begaffen lassen, oder durfte sie sich wenigstens irgendwo hinsetzen? Sie wagte es ja kaum zu atmen, geschweige denn zu sprechen, also fiel das mit dem ziellosen umher spazieren auf jeden Fall schon einmal flach. Sie seufzte. Wunderbar. Ihre Füße begannen langsam wirklich zu schmerzen. 
 

„Du kannst dich ruhig setzen, wir beißen nicht...“, machte nun auch Kakuzu mit monotoner Stimme auf sich aufmerksam und schaute kurz in Richtung Hidan, „zumindest nicht alle...“
 

Sakura nahm die letzte Bemerkung einfach so hin und erlaubte sich ein kurzes erleichtertes aufatmen. Sitzen klang schon mal gut, also steuerte sie ihre Beine in die Richtung des erstbesten Stuhls und ließ sich einfach darauf sinken, ohne die Blicke, die zum Teil noch immer auf ihr lasteten, weiter zu beachten. Sollten sie doch gucken, wenn sie sonst nichts Besseres zu tun hatten. 
 

„Schick habt ihr‘s übrigens hier. Richtig gemütlich“, versuchte sie sich nun doch an verzweifelter Konversation, auch wenn diese deutlich fehl schlug. Niemand ging auch nur ansatzweise darauf ein. Deprimierend. Ein tonloser Seufzer entrann ihrer Kehle. 
 

„Okay, Jungs, an wenn kann ich mich wenden, wenn ich vorhabe Beschwerde einzureichen?“, wagte sie einen erneuten Versuch, der diesmal wenigstens nicht unbeantwortet blieb.
 

„Das wäre dann wohl ich.“
 

Zum zweiten Mal an diesem Tage und innerhalb kürzester Zeit zuckte sie erschrocken zusammen und drehte sich auf ihrem Stuhl soweit, dass sie in Richtung des Eingangs blicken konnte, welchen sie selbst kürzlich betreten hatte. Ein junger Mann stand dort, dessen Erkennungszeichen eindeutig die dutzenden Piercings in seinem Gesicht waren, an der Seite einer attraktiven blauhaarigen Frau, die soeben diese Worte gesprochen hatte. Hieß das etwa, dass sie…? Verwundert kräuselte Sakura ihre Stirn. 
 

Diese Frau war tatsächlich hier der Master of Desaster?
 

„Blue, du lässt dich auch mal wieder blicken? Wie kommen wir zu der Ehre?“
 

„Schnauze, Hidan“, richtete sie eher gelangweilt das Wort an den Silberhaarigen, bevor sie sich wieder ihr zuwandte. 
 

„Sakura Haruno, Fachärztin für Chirurgie und Allgemeinmedizin im University Hospital von Chōfu, 28 Jahre alt, ledig, keine Geschwister und keine Kinder. Dein Vater ist Staatsanwalt mit einer eigenen Kanzlei und deine Mutter arbeitet als Verkäuferin in einem kleinen Supermarkt. Zu anderen Verwandten besteht keinerlei Kontakt. Richtig soweit?“ 
 

Vor Erstaunen war Sakura der Mund aufgeklappt und blieb selbst nach einer kurzen Denkpause offen stehen, sodass sie nur noch zu einem knappen Nicken fähig war. Woher wusste diese Frau das alles bloß?
 

„Gut. Du weißt, warum du hier bist?“
 

Wieder nur ein Nicken, während ihr Mund sich nun endlich wieder schloss. Wie könnte sie den Grund für diese Einladung je vergessen?
 

„Ihr habt einen Verletzten und ich soll erste Hilfe leisten.“
 

„Beinahe. Wir bieten dir einen festen Job an.“
 

Diesmal presste sie ihre Lippen fest aufeinander, um ihren Kiefer nicht wieder aushaken zu lassen, während die der Blauhaarigen dennoch schockiert entgegen sah und kaum glauben konnte, welchen Vorschlag diese ihr soeben unterbreitet hatte.
 

War das ihr verfluchter Ernst?

„Wir haben uns heute hier eingefunden, um diesen Mann und diese Frau in den heiligen Bund der Ehe einzuführen.“
 

Sakura schnaubte und wechselte den Sender. Statt einer kitschigen Hochzeitszeremonie in der Kirche samt einer heulenden Braut und einem schielenden Bräutigam – sie war sich echt nicht sicher wohin dieser Typ starrte – wehte nun ein Schneegestöber über die Mattscheibe. Snowmaggedon, erklärte ihr der Titel im Teletext. Wie überaus passend. 
 

Aus Langeweile und weil sie keine Lust hatte weiter zu zappen – immerhin kam überall nur Blödsinn, schließlich war es Samstag – ließ sie den Film einfach an, auch wenn es eigentlich gar nicht nötig war. Wenn sie eine Katastrophe gepaart mit Unmengen an Schnee sehen wollte, dann brauchte sie einfach nur aus dem Fenster zu sehen. Gleiches Prinzip. Da draußen ging auch gerade die Welt unter. 
 

„Sei vorsichtig mit deinen Wünschen“, murmelte sie und führte gleich darauf eine dampfende Tasse an ihre Lippen, aus welcher sie einige vorsichtige Schlücke trank. Der Tee war noch frisch und damit ziemlich heiß, so heiß, dass sie sich beim ersten Schluck, kaum das die Tasse gefüllt war, die Zunge daran verbrannt hatte. Sie fühlte sich noch immer merkwürdig taub an. 
 

Wann war ihr Leben eigentlich zu solch einer Aneinanderreihung von Katastrophen und Unfällen mutiert? 
 

Sie blickte zur Seite in das friedlich aussehende schlafende Gesicht ihrer besten Freundin. Wenigstens eine positive Konstante in ihrem Leben, auch wenn sie mit ihrem Besuch nicht wirklich gerechnet hatte. Vor allem nicht am frühen Morgen. Gegen fünf war sie von ihrem Bewerbungsgespräch nach Hause zurück gekehrt und etwa eine Stunde später stand plötzlich Hinata vor der Tür. Sie war schneebedeckt, durchgefroren und ziemlich angespisst. 
 

„Dieser Idiot hat tatsächlich unseren Jahrestag vergessen.“
 

Der Idiot war übrigens Naruto, der sich den ganzen Tag nicht Zuhause blicken lassen hatte und stattdessen über eine knappe SMS verlauten ließ, dass er mit Sasuke und ein paar anderen Kumpels unterwegs war. Sie sollte nicht auf ihn warten. Es würde später werden. Den Tisch im Restaurant, welchen Hinata für ein romantisches Essen gebucht hatte, musste sie natürlich absagen und ihr Kleid, welches sie erst kürzlich extra für den Anlass ihres dreijährigen Jubiläums gekauft hatte, hatte sie wieder vorsorglich in den Schrank gehangen mit dem Vorhaben, es demnächst zurück zu bringen. Irgendwas wegen schlechtem Karma, wenn Sakura sich recht entsann. 
 

Sie wandte ihren Blick wieder ab und griff stattdessen nach ihrem Handy. Ein entgangener Anruf von Unbekannt und eine ungelesene SMS. Beides erst kürzlich angekommen, aber unbemerkt geblieben. Ihr Handy war auf stumm geschaltet. Neugierig öffnete sie die Nachricht. 
 

»Blondi ist schon wieder viel zu fit. Wie hoch muss eine Dosis sein, um ihn ruhig zu stellen?«
 

Genervt verdrehte Sakura ihre Augen. Eindeutig Hidan. Er war der Einzige nach ihrer kurzen Einschätzung, dem sie zutrauen würde, dass er die Anderen wirklich experimentell solange mit irgendwelchen Substanzen – und seien es nur Schmerzmittel – zudröhnte, um zu sehen was geschah, oder sie gar wissentlich außer Gefecht zu setzen. 
 

Idiot. 
 

Sofort drückte sie auf das Eingabefeld und tippte nun ihrerseits einen Text ein, geflissentlich die Frage ignorierend, woher er überhaupt ihre Nummer hatte. Scheinbar wussten sie wirklich alles über sie, jedes auch so unbedeutende Detail. Es würde sie nicht einmal mehr verwundern, wenn sie sogar ihre Kontodaten kennen würden, oder mit wem sie ihren ersten Kuss erlebt hatte. Nebenbei bemerkt war das in der Grundschule mit einem Typen mit Topfhaarschnitt und einer Vorliebe für grüne Jumpsuits. Lee, so sein Name. Sie schämte sich jetzt noch dafür. 
 

»5ml. Zweimal täglich. Wenn er abkratzt geht das auf dein Konto.«
 

Sie legte das Handy wieder beiseite und hielt sich gähnend die Hand vor den Mund, ehe sie erneut einen kurzen Blick auf ihre Freundin warf. Vermutlich sollte sie auch schlafen gehen. Sie war nun schon länger als vierundzwanzig Stunden wach. Ziemlich ungesund, dass müsste sie als berufstätige Ärztin am besten wissen und doch konnte sie sich einfach nicht aufraffen Hinata zu wecken und mit ihr gemeinsam ins Bett zu gehen. Das Sofa wurde auf Dauer ziemlich unbequem und hatte schon des Öfteren für schmerzhafte Verrenkungen gesorgt.
 

Seufzend lehnte sie sich etwas zurück, legte den Kopf auf die Nackenlehne des Sofas und schloss die Augen. Wenigstens kurz etwas ruhen. Sich hinlegen konnte sie später auch noch und zur Not würde es eben eine volle Kanne mit schwarzem, starken Kaffee tun, um ihre Lebensgeister wieder zu entfachen. 
 


 

„Verdammt!“
 

Mitleidig blickte Hinata ihr entgegen. Ja, sie hätte wirklich ins Bett gehen sollen, als sie noch die Möglichkeit dazu hatte. Nun war es zu spät und ihr Nacken fühlte sich so an, als hätte man ihr operativ eine Steinplatte implantiert. Sie konnte ihn kaum mehr bewegen und wenn dann nur unter größter, mit Schmerzen verbundener, Anstrengung. Wenigstens hatte sie geschlafen und war nun dementsprechend wieder weitgehend fit. Man sollte eben auch die kleinen Dinge im Leben zu würdigen wissen… 
 

„Warum hast du mich denn nicht einfach geweckt?“ 
 

Weil sie selber zu faul zum aufstehen war. Weil Hinata lange genug gebraucht hat, um sich nach Narutos Aktion endlich wieder zu beruhigen. Weil sie sich selber gerne quälte. Es gab viele Gründe, aber keinen, der ihrer Freundin ihr Verhalten plausibel erklären würde. 
 

„Wo hattest du eigentlich den Tisch gebucht?“
 

„Im Ise Sueyoshi.“
 

Anerkennend stieß Sakura einen pfeifenden Ton aus. Abgesehen von den gigantischen Preisen, war es fast unmöglich dort einen Tisch zu bekommen, wenn man nicht schon Monate vorweg einen reservierte. Dafür war das Essen allerdings ein Gedicht der Sinne und die Zubereitung an den Tischen, die auf manche Gerichte folgte, ein spektakuläres Ereignis. Sakura war bisher drei Mal im Ise Sueyoshi gewesen. Zu ihrem achtzehnten Geburtstag, zur Absolvierung ihres Studiums und zum ersten Date mit Sasuke Uchiha. Das Letzte sogar relativ spontan. Eins musste sie ihrem Ex lassen. Er hatte Kontakte an den richtigen Stellen. 
 

„Du musst Naruto wirklich lieben.“
 

Hinata seufzte und blickte auf ihre Kaffeetasse, die sie mit beiden Händen umschlossen hielt.
 

„Manchmal bin ich mir da nicht mehr so sicher. Ich meine, natürlich habe ich noch Gefühle für ihn, sehr starke sogar, aber ich glaube manchmal, dass er unsere Beziehung nicht mehr sonderlich ernst nimmt. Wir haben uns vielleicht schon zu sehr aneinander gewöhnt. Es gibt kaum noch Spannung und im Schlafzimmer...“
 

Sie brach ab und blickte verlegen zur Seite. Sakura erkannte einen rötlichen Schimmer, der sich auf Hinatas Wangen gelegt hatte. Sie war schon immer sehr zimperlich mit solchen Themen umgegangen, obwohl solche Intimitäten doch eine vollkommen natürliche Sache war. 
 

„Hast du ihn mal darauf angesprochen?“
 

„Ich habe es versucht, aber er scheint diesem Gespräch geschickt aus dem Weg zu gehen. Vielleicht...“
 

Langsam blickte Hinata wieder auf und ihr verzweifelter Blick traf sie mit solch einer Intensität, dass es Sakura für kurze Zeit den Atem raubte.
 

„Glaubst du, er könnte eine Andere haben?“
 

Sakura schluckte, bevor ein gekünsteltes Lachen ihrer Kehle entrann.
 

„Wir sprechen hier über Naruto. Er mag zwar nicht so ein Gefühlskrüppel wie Sasuke sein, aber so wirklich Ahnung hat der auch nicht von Frauen. Mich hat es ja schon gewundert, dass er überhaupt aufgeklärt war, als ihr es endlich geschafft habt zusammen zu kommen.“
 

Ihre beste Freundin nickte, doch beruhigt schien sie keineswegs. Ihr nachdenklicher Blick haftete sich wieder auf die weiße Keramiktasse. 
 

„Wohl möglich hast du Recht...“
 

Sakura erwiderte nicht. Zum einen, weil sie nicht wusste, was sie darauf noch sagen sollte und zum anderen, da es in diesem Moment lautstark an ihrer Tür klopfte. Verwundert runzelte sie die Stirn und fing zur gleichen Zeit den fragenden Blick von Hinata ein. 
 

„Erwartest du noch Jemanden?“
 

Kopfschüttelnd standt Sakura auf und begab sich in Richtung der störenden Geräuschquelle. Hatte man denn nicht mal mehr am Samstag seine Ruhe? Seufzend öffnete sie die Tür und war kurz versucht, sie gleich wieder zu schließen. Na wunderbar. Damit ging nun also auch ihr freies Wochenende flöten.
 

„Kisame“, begrüßte ihn sie mehr als missgestimmt und hoffte, dass sie seinen Namen richtig in Erinnerung behalten hatte, „was kann ich für dich tun?“
 

Sie trat einen Schritt beiseite und ließ ihn eintreten. Als wenn er einfach wieder abhauen würde, wenn sie ihn draußen stehen ließ… 
 

Ohne große Worte trat er ein, streifte sich seine Schuhe ab – sie war wirklich begeistert von seinen Manieren – und spazierte einfach wie ein alter Freund, der scheinbar schön öfter bei ihr gewesen war, in ihr Wohnzimmer und pflanzte sich auf die Couch. Stirnrunzelnd war sie ihm gefolgt und sah nun mit an, wie er sich erst seiner schwarzen Lederjacke entledigte und bald darauf auch seines ebenfalls schwarzen Shirts. Hinata, die sich mittlerweile ebenso im Wohnzimmer eingefunden hatte, gab ein ersticktes Keuchen von sich. 
 

Sakura fragte sich ob das daran lag, dass sich ein fremder Mann vor ihr halb nackt machte, oder an der Fleischwunde, die seine rechte Seite unschön entstellte. 
 

„Was ist passiert“, fragte sie professionell und ohne ihre Mine zu verziehen, bevor sie ihre Freundin damit beauftragte ihren Notfallkoffer aus dem Schlafzimmer zu holen. „Übrigens gebietet es die Höflichkeit, Jemanden erst einmal zu begrüßen, bevor man einfach in eine fremde Wohnung eintritt.“ 
 

Vergnügt blitzte er ihr entgegen. Große Schmerzen schien er also schon einmal nicht zu haben. Hätte sie aber auch gewundert. Diese Kerle schienen in diesem Zusammenhang wohl alle ziemlich hart im Nehmen zu sein. Den Beiklang ihrer Gedanken ignorierte sie ebenso gekonnt, wie das Grinsen, welches nun über seine Mundwinkel zuckte.
 

„Pain hatte wohl schlechte Laune. Mehr brauchst du nicht zu wissen. Wer ist eigentlich die Kleine bei dir?“
 

Verärgert kniff sie ihre Augenbrauen zusammen, sodass eine tiefe Furche in ihrer Stirn entstand. Bedrohlich ging sie einen Schritt näher an ihn heran.
 

„Hinata wird aus dieser Angelegenheit herausgehalten. Verstanden?“
 

Noch immer grinsend nickte er ihr zu. Sie glaubte ihm kein Wort, aber sie würde schon dafür Sorge tragen, dass er nicht auf dumme Ideen kam. Kaum hatte sie diesen Gedanken gefasst, kam Hinata auch schon mit dem gewünschten Objekt zu ihnen zurück und bot sich an, neuen Kaffee für den Gast aufzusetzen. Sie war viel zu schnell in der Küche, als das Sakura es schaffte Widerworte von sich zu geben. Seufzend blickte sie ihr hinterher, ehe sie sich an die Arbeit machte. 
 


 

„Letztes Jahr war ich auf den Kokosinseln tauchen. Kann ich nur weiter empfehlen. Feiner Sandstrand, klares Wasser und eine Vielzahl an Meereslebewesen, die man einfach selber mal mit eigenen Augen gesehen haben muss.“
 

„Wirklich? Das klingt toll. Ich wollte ja schon immer mal ans Great Barrier Reef nach Australien, aber leider lässt sich das nicht mit meinen Eltern oder meinen alltäglichen Pflichten vereinbaren.“
 

„Ach Quatsch. Nichts und Niemand kann dich davon abhalten deine Träume zu verwirklichen. Man lebt schließlich nur einmal.“
 

Skeptisch blickte Sakura zwischen ihren Besuchern hin und her. War ja wirklich super, wie gut sich Hinata und Kisame verstanden. Am Ende wurden sie vielleicht noch die besten Freunde, oder sogar noch mehr… Schnell schüttelte sie den Kopf. Kami, alles bloß das nicht. Nicht das Kisame nicht auf seine Art und sein eher extravagantes Aussehen – blaue Haare, relativ spitze Zähne und ein Körper eines Bodybuilders würdig – attraktiv war, aber er wähnte sich immer noch in den falschen Kreisen.
 

Bankräuber… 
 

Sakura schnaubte. Mittlerweile glaubte sie, dass sie Organisation die sich im Untergrund auch Akatsuki nannte, weitaus mehr war, als sie ihr gegenüber vorgaben zu sein.

Unfassbar.
 

Da zitierte man sie ins Büro des Leaders – oder sollte sie eher der Leaderinsagen? - nur um dann erneut dazustehen und blöd aus der Wäsche zu schauen, während the Master auf sich warten ließ. 
 

Seufzend starrte sie auf den vor ihr befindlichen Schreibtisch, auf dem sich neben einem silbernen Laptop, einer schwarzen Mappe und einer gefalteten Origami-Blüte nichts weiter befand. Nicht einmal Staub, geschweige denn irgendwelcher Unrat. Sowieso herrscht in dem relativ geräumigen Büro einen penible Ordnung. Entweder litt da jemand unter einem zwanghaften Putzwahn, oder sie hatten eine gute Haushälterin. 
 

Bei dem Gedanken stieß Sakura ein leises Glucksen aus. Besser war nur die Vorstellung der jungen Männer in Kitteln und Schürzen, bewaffnet mit Staubwedeln und Putzlappen. Kopfschütteln vertrieb sie diesen unsinnigen Gedanken schnell wieder. So amüsant die Vorstellung auch war, so war sie auch ebenso gruslig. 
 

„Du hättest dich ruhig setzen können.“
 

Erschrocken zuckte sie zusammen und wandte sich um. Die junge Frau – Blue, wie Hidan sie einst genannt hatte – trat soeben auf sie zu, ehe sie einfach an ihr vorbei ging und sich hinter dem Schreibtisch auf den ledernen Bürostuhl setzte. Wo war sie her gekommen und warum hatte sie deren Eintreten nicht gehört? War sie etwa ein verfluchter Ninja, oder was?
 

Erneut schüttelte Sakura den Kopf und ließ sich ihr gegenüber auf einen eher ungemütlichen Holzstuhl sinken. 
 

„Warum ausgerechnet ich?“, stellte sie auch sogleich die Frage, die ihr schon seit geraumer Weile auf der Seele brannte. 
 

„Du bist klug, ehrlich und hast medizinische Kenntnisse. Außerdem hält Kakuzu scheinbar große Stücke auf dich.“ 
 

Super. Also hatte sie diesen ganzen Irrsinn Kakuzu zu verdanken. Den würde sie sich bei nächster Gelegenheit noch vernehmen und wenn es durch eine aus Versehen falsch gegebene Injektion geschah.
 

„Mir ist durchaus bewusst, dass wir nicht unbedingt deinem bevorzugten Klientel entsprechen“ – Das war noch milde ausgedrückt – „allerdings weiß ich deine bisherige Diskretion und Einsatzbereitschaft sehr zu schätzen. Das du nun meiner Einladung gefolgt bist, darf ich als ein positives Zeichen sehen?“
 

Die gesamte Rede war vollkommen neutral heruntergeleiert, wie als hätte sie diese vorher auswendig gelernt und sich dabei ein Vorbild am hiesigen Erzähler des Wetterberichtes genommen. Sakura seufzte. Sie hatte nun ganze andere Sorgen, als die Sprachmethoden ihres Gegenüber. 
 

„Ich habe drei Bedingungen, außerdem würde ich gerne wissen, wie ich Sie zukünftig ansprechen soll, sollten wir uns denn einig werden.“
 

„Konan.“
 

Der bedeutungsvolle Blick nach Verkündung ihres Namens, deutete Sakura an, dass sie ihr Bedingungen stellen sollte. Danach würde sich entscheiden, wie es weiter ginge. Sie konnte nur hoffen, dass es nicht zu schmerzhaft werden würde…
 

„Sowohl meine Freunde, als auch sämtliche Familienmitglieder, Bekannte und Kollegen werden komplett heraus gehalten.“
 

Konan nickte. Nummer eins war damit abgesegnet. 
 

„Ich dulde keine Waffen in meinem näheren Umfeld, es sei denn sie stecken in irgendeinem Körperteil, vorzugsweise nicht in einem von mir.“
 

Die kleine Anmerkung konnte sie sich einfach nicht verkneifen. Wieder reagierte Konan mit einem knappen nicken.
 

„Drittens – und die wichtigste Bedingung: Keine Details. Ich möchte nicht mehr Informationen, als ich für die Ausübung meiner Tätigkeiten benötige.“
 

Zum dritten Mal nickte die Blauhaarige, bevor sie sich etwas in ihrem Stuhl zurücklehnte und sie intensiv ansah. 
 

„In Ordnung. Allerdings habe ich ebenso eine Bedingung.“
 

Sie machte eine kurze Pause, in der Sakura unruhig den Blick erwiderte, der auf ihr lastete. Es würde nichts sein, was sie sehr erfreuen dürfte, dessen war sie sich absolut sicher und doch nahm sie sich vor, egal was es auch sein würde, ihre Einwilligung auszusprechen. Für ein Zurück war es mittlerweile eh schon zu spät, dafür steckte sie bereits viel zu tief drin. 
 

„Du wirst deinen Job im Krankenhaus aufgeben. Diese Idioten ziehen Verletzungen magisch an, aus diesem Grund brauchen wir hier deine volle Fachkenntnis und medizinische Unterstützung und ich kann nur hoffen, dass du in diesem Punkt zuverlässiger bist als dein Vorgänger...“
 

Vorgänger? 
 

Es war bereits ein Arzt vor ihr in dieser Organisation tätig? 
 

Was wohl aus ihm geworden war? Eigentlich wollte es Sakura gar nicht wissen. Keine Informationen. Keine Details. Das waren schließlich ihre eigenen Worte gewesen. Außerdem würde dieses Wissen den Kloß, der sich in ihrem Hals gebildet hatte, sicherlich nur vergrößern. 
 

Sie sollte ihren Job aufgeben… 
 

Betroffen wandte sie den Blick ab und richtete ihn stattdessen aus dem Fenster, welches hinter Konan einen Ausblick über einen Teil des Fabrikgeländes bot. Sie sah das rostige Tor und die flackernde Straßenlaterne und sie erblickte den rothaarigen jungen Mann zu dem sich Itachi bei ihrem ersten Aufeinandertreffen gesellt hatte. Sasori glaubte sie sich zu erinnern. Er stand draußen vor dem Zaun und schien auf Etwas oder Jemanden zu warten.
 

Sakura seufzte und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf Konan. 
 

„Einverstanden.“
 

Zukünftig würde sie also mit Blutgeld bezahlt werden… 
 


 

Das war er also. 
 

Ihr erster offizieller Arbeitstag. Drei Monate später. Immerhin galt es eine Kündigungsfrist einzuhalten.
 

Sakura seufzte, während sie sich in ihrem neuen Behandlungszimmer einrichtete.
 

Tsunade war nicht erfreut über ihre Kündigung und zeigte offen ihr Unverständnis. Sie hatte oft nachgefragt. Sehr oft. Jedes Mal musste Sakura sie mit einer Halbwahrheit vertrösten. 
 

Ein besseres Angebot. 
 

Das war die gängigste Ausrede gewesen, die ihr auf der Schnelle eingefallen war. Nun, besser war das Angebot nicht wirklich und ihr neuer Arbeitgeber – "eine private, stationäre Einrichtung in der Nachbarstadt" – würde auch nicht für ihre Fortbildung sorgen. Aber wie hätte sie ihrer Chefin – und über die Jahre gewonnene Freundin – denn sonst ihren plötzlichen Wandel erklären sollen? 
 

Es war kompliziert. 
 

Sie vermisste Hinata, ihre Kollegen und Stamm-Patienten jetzt schon, ebenso wie ganze Atmosphäre, die auf den Stationen stets herrschte – egal ob diese oftmals eher hektischer Natur war – und ja, sogar dem unappetitlichen Fraß in der Cafeteria trauerte sie nach. Was würde sie jetzt nicht alles für einen Matsch-Burger oder für ein halb rohes Schnitzel mit Kartoffelschleim geben? 
 

Gekonnt verkniff sie sich einen weiteren Klagelaut und ließ sich erschöpft auf ihren persönlichen Chefsessel fallen. Eins musste sie zugeben, die Ausstattung, die man ihr hier zukommen gelassen hatte, war wirklich phänomenal. Selbst der lederne Drehstuhl, in dem sie Platz genommen hatte, war oberste Klasse. Viel besser und weitaus gemütlicher als das knarrende Teil, welches sie im Krankenhaus ihr Eigen nennen durfte.   
 

Der plötzlich einsetzende Theme-Sound von Halloween riss sie aus ihren Gedanken. Schmunzelnd nahm sie das vor sich liegende Mobiltelefon in die Hand und warf einen Blick auf die Anrufer-Anzeige auf dem Display.  
 

Temari. 
 

Ehemalige Nachbarin, gute Freundin und Rache-Engel. Letzteres meist im Bezug auf Männer. Ihre Verflossenen hatten es wahrlich nicht leicht gehabt.
 

Tief durchatmend hob sie ab und vernahm sogleich die beunruhigend neutrale Stimme der blonden Fitness-Trainerin. 
 

„Du hast gekündigt?“
 

„Ich habe gekündigt.“
 

Sakura fragte gar nicht erst, wie die Information an sie gedrungen war. Hinata. Es war nur offensichtlich. Immerhin standen auch sie in engerem Kontakt miteinander.
 

„Du bist kein sonderlich spontaner Mensch, Cherí. Also was steckt dahinter?“
 

„Ich habe eben ein besseres Angebot erhalten, samt eines hören Gehalt und einer größeren beruflichen Perspektive.“
 

Am anderen Ende der Leitung hörte sie Temari schnauben.
 

„Den Teil mit der Perspektive würde ich dir sogar abkaufen, aber dieser Materialismus passt einfach nicht zu dir.“
 

Sie kannte Temari erst seit etwa acht Jahren, kaum das sie das elterlich Haus verlassen und ihre erste eigene Wohnung bezogen hatte. Wie kam es also, dass die Blondine sie im Gegensatz zu Hinata, die sie seit ihrer Kindheit kannte, so schnell und leicht durchschaute? Seufzend fuhr sie sich mit der Hand durch die schulterlangen Haare.
 

„Ich habe Jemanden kennen gelernt und-“
 

Sie kam nicht dazu, ihre Notlüge weiterzuführen, da in diesem Moment die Tür ihres Arbeitszimmers lautstark aufgerissen wurde. 
 

„Ich brauch dich, Süße.“
 

Dieser zweideutige Klang ließ sie inne halten und verwundert in Richtung Hidan blicken. Unbewusst hatte er ihr gerade die Bestätigung ihrer Worte gegeben und somit ein perfektes Alibi geboten. Temari war plötzlich ganz still geworden.
 

„Ich ruf dich später zurück, Pompon.“
 

Sie legte auf und besah sich ihren Gegenüber, der nun direkt auf sie zu kam und ihr seinen linken Zeigefinger direkt vor die Nase hielt. Mit gerunzelter Stirn betrachtete sie sich diesen genauer. Sollte sie irgendetwas sehen, oder wollte er ihr nur zeigen, dass er sich nicht die Hände gewaschen hatte? Seine Fingernägel müssten bei nächster Gelegenheit übrigens auch mal wieder geschnitten werden.
 

„Splitter“, half er ihr auf die Sprünge und Sakura beugte sich noch etwas näher an den vorgehaltenen Finger. 
 

Tatsächlich. Ein kleiner Schiefer war fast gänzlich unter die Haut an der Beuge eingedrungen. Und deswegen machte er so einen Aufstand? Die Augen verdrehend schnappte sie sich eine Pinzette auf dem linken Fach des Schreibtisches, bevor sie diese ansetzte und das kleine Fragment ohne große Umstände entfernte. 
 

Manchmal konnten Männer solche Babys sein.

Sakura wusste überhaupt nichts mehr. Weder, wie es dazu gekommen war, wie es nun eben war, noch warum sie diesem ganzen Theater überhaupt Stand hielt, anstatt einfach zu gehen und diese ganze Farce somit zu beenden. Fakt war, dass sie über diesen Punkt scheinbar längst hinaus war. Rückzug ausgeschlossen.
 

Ihre Mundwinkel waren fest aufeinander gepresst und ihre Augenbraue zuckte im gleichen Rhythmus mit seinen Worten, die in ihren Ohren überhaupt keinen Sinn ergaben. Er war verrückt. Vollkommen durchgeknallt. Außerdem kam ihr die Szene merkwürdig bekannt vor, bis auf...
 

„Sag mir, dass du mich liebst. Sei mein und ich werde dein sein.“
 

...dass sie keine Ahnung, wer dieser Typ war. 
 

Wenn sie sich zurück erinnerte hatte der Abend eigentlich vollkommen normal begonnen und war ebenso gewöhnlich – wenn auch ziemlich feuchtfröhlich – fortgeschritten. Es war Wochenende und sie war nach langer Zeit mal wieder mit ein paar Freunden in irgendeine neue Disco feiern gegangen. Mittlerweile bereute sie ihre Entscheidung. Wobei sie wohl doch eher bereute, dass sie alleine nach draußen gegangen war, um frische Luft zu schnappen und eine zu rauchen.
 

Ja, sie war Ärztin und ja, sie wusste durchaus wie schädlich rauchen war, aber sie tat es ja nicht ständig. Selten, wenn sie sich mal komplett gehen ließ, wie Beispiels auf einer Party. Doch auch das bereute sie mittlerweile.
 

Ernsthaft. Wer war dieser Typ, der sie vorhin einfach angesprochen hatte und der nun scheinbar nicht mehr von ihrer Seite weichen wollte? Allmählich begann sie sich wirklich Sorgen um dessen Geisteszustand zu machen.
 

„Ich habe schon ewig auf dich gewartet.“
 

Sakura trat langsam einen Schritt zurück, während er einen auf sie zu kam. Bei diesem Spinner waren doch nicht mehr alle Synapsen richtig miteinander verbunden. Er kannte sie doch nicht einmal, geschweige denn wusste er ihren Namen. Hoffte sie zumindest. 
 

„Es tut mir leid Sie enttäuschen zu müssen, aber ich habe bereits einen Freund.“
 

Hatte sie nicht, wollte sie auch nicht und das konnte er auch nicht wissen. Erneut etwas, das ihre Hoffnung ankurbelte. 
 

Warum geriet sie nur immer in solche beschissenen Situationen?
 

„Er liebt dich nicht so, wie ich es tue. Sag mir, dass du mich auch liebst.“
 

Er war krank. Fehl-Diagnose aufgeschlossen. Ihr Blick glitt von links nach rechts, doch bis auf sie Beide befand sich keine weitere Person in unmittelbarer Nähe. Super. Damit konnte sie auch nicht auf Hilfe vertrauen. Ob es wohl half, wenn sie anfangen würde laut zu schreien? Blöd, dass sie nicht auf Hinata gehört hatte, die ihr schon oft empfohlen hatte Pfeffer-Spray mit sich zu führen. Sie hörte noch genau ihre Worte durch ihr Gedächtnis hallen. 
 

//Pfeffer-Spray ist zwar für einen gemütlichen Grillabend ungeeignet, da es scheinbar nicht besonders schmackhaft ist, wie ich kürzlich in einer Amazon-Rezession lesen durfte, aber es hilft ungemein sich irgendwelche Psychopathen vom Leib zu halten.//
 

Psychopathen…  
 

Gutes Stichwort, um sich wieder in der Realität einzufinden. Was in Kamis Namen noch mal hatte dieser Typ geraucht, um ihr so dermaßen auf die Pelle zu rücken. Langsam hatte sie wirklich die Schnauze voll und habe war sie sonst eine relativ geduldige und beherrschte Persönlichkeit. Nun, Ausnahmen gab es immer wieder.
 

„Hören Sie mal, ich weiß weder wer Sie sind, noch wissen Sie, wer ich bin. Wie können Sie unter diesen Umständen von Liebe sprechen? Außerdem sagte ich bereits, dass ich in festen Händen bin. Wir haben sogar vor zu heiraten.“
 

Sie log nicht gerne – sie war auch nicht besonders geübt darin, wie ihr Temari oftmals vorgehalten hatte – aber besondere Anlässe erforderten eben besondere Maßnahmen. Und dies war definitiv ein solcher Anlass. 
 

„Ich würde dir ein Schloss errichten und dir die Sterne vom Himmel holen. Ein Wort aus deinem lieblichen Mund genügt. Ich liebe dich so sehr.“
 

Okay… Hörte er ihr eigentlich zu, wenn sie etwas sagte, oder war er vielleicht wirklich auf Droge? 
 

„Ich liebe Sie nicht und ich werde Sie auch nie lieben. Verstanden, oder muss ich deutlicher werden?“
 

„Ich-“
 

„Du hast sie gehört, Itō.“ 
 

Erschrocken zuckte Sakura zusammen und wandte ihren Kopf augenblicklich zur Seite. Sasuke hatte sich neben ihr eingefunden. Seine ganze Haltung, sowie sein Gesichtsausdruck wirkten vollkommen angespannt. Was tat er hier und warum half er ihr? Sein Handlung ergab für sie schon länger keinen Sinn mehr, fast noch weniger, als das Geschwätz dieses Typen, der nun scheinbar aufgegeben hatte. Sie sah nur aus dem Augenwinkel, wie er den Rückzug antrat. 
 

„Sasuke…“
 

„Er hat sich unter Alkoholeinfluss nicht mehr im Griff.“
 

Sakura schüttelte den Kopf, bevor sie verstehend nickte. Sie war verwirrt. Seine Anwesenheit machte es nicht besser und seine darauffolgenden Worte trugen auch nicht gerade zur Linderung bei.
 

„Wir müssen reden.“
 

„Was gibt‘s?“, frage sie wie nebensächlich, während sie in ihrer Jackentasche eine weitere Zigarette heraus kramte und sich diese ansteckte. 
 

Sasuke hasste rauchen. Er mochte weder den Geruch, noch den Geschmack, wenn sie danach einen Kuss geteilt hatten. Sie hatten sich damals oft deswegen gestritten, egal wie selten es vorkam, das sie ihrem Verlangen nachgekommen war. Sie brauchte es jetzt einfach – zur Beruhigung und vielleicht auch ein klein wenig, um ihn etwas zu provozieren. Er konnte ihr nicht länger Vorhaltungen machen. Schmunzelnd inhalierte sie den ersten Zug, was er nur mit einem kurzen, aber vielsagenden, Blick quittierte. 
 

„Ich habe mich daneben benommen.“
 

„Das hast du“, bestätigte sie seine Worte, ohne darauf einzigehen, dass er einen Schritt beiseite trat, um wenigstens etwas außer Reichweite des ziehenden Qualms zu gelangen. 
 

„Hast du dir deswegen diesen prolligen Typen geangelt. Um mir eins auszuwischen?“
 

„Meine Welt dreht sich nicht immer nur um dich, Sasuke. Außerdem kennst du ihn überhaupt nicht, also kannst du dir gar kein Urteil erlauben.“ 
 

„Wir haben beide Fehler begangen, Sakura. Du ebenso wie ich.“
 

Sie seufzte. Wie oft hatten sie dieses leidige Thema bereits schon innerhalb der letzten zwei Jahre durchgekaut. Mindestens nach jedem Streit während ihrer Beziehung und noch öfter nach ihrer Trennung. Langsam konnte sie es nicht mehr hören und sie hatte auch keinen Nerv mehr, ständig kalte Suppe aufzuwärmen und ewig in der Vergangenheit herum zu stochern. Es führte doch ohnehin zu nichts.
 

„Ja, ich habe Fehler gemacht. Und willst du wissen, was der größte davon war? – Das ich mich so lange von dir blenden lassen habe. Beantworte mir nur eine Frage: Hast du mich je ernsthaft geliebt, wenn auch nur für kurze Zeit?“
 

Abwarten sah sie ihn an, vielleicht auch ein wenig hoffnungsvoll, während sie die fast gänzlich ungerauchte Zigarette einfach auf den Boden warf und mit der Spitze ihres Schuhs ausdrückte.
 

„Nein.“
 

Es tat nicht weh und sie war auch nicht wütend. Eigentlich hatte sie mit dieser Antwort sogar bereits gerechnet. Erneut seufzte sie, während sie seinen intensiven Blick ebenso eindringlich erwiderte. 
 

„Warum lässt du dann nicht endlich los?“
 

Er presste die Lippen fest aufeinander, aber wandte den Blick nicht ab, obwohl sie ihm ansah, wie schwer es ihm wohl fallen musste es nicht zu tun. Schließlich war es nun an ihm einmal tief durchzuatmen. Ein verzweifelter Ausdruck trat in seine Augen. Sie erkannte ihn kaum wieder.
 

„Du hast mich nie aufgegeben…“
 

Nur geflüstert drangen diese Worte über seine Lippen, dennoch hatte Sakura keinerlei Probleme damit sie zu verstehen. Er tat ihr leid, aber es war einfach viel zu viel vorgefallen, als das sie darüber einfach hinweg sehen konnte. Sie war vollkommen durcheinander und gab auf. Es war ihr einfach nicht mehr möglich seinem Blick stand zu halten.
 

„Ich habe keine Kraft mehr dich zu lieben, Sasuke. Außerdem weiß ich nicht, ob ich das überhaupt noch kann.“
 

Sie seufzte. Erneut. Wie so oft in letzter Zeit.
 

„Ich kann mir vorstellen, wie einsam du dich fühlst, aber du bist nicht alleine und das ist auch nicht der richtige Weg. Vielleicht solltest du dir erst mal selber im Klaren darüber werden, was du eigentlich willst, bevor du...“
 

Sein Schnauben ließ sie inne halten und wieder aufblicken. Er trug wieder diese unnahbare Maske, zumindest teil weiße, denn seine Augen waren leicht verengt. Sie folgte der Richtung seines Blickes und schüttelte genervt ihren Kopf. 
 

Fantastisch. Da führte sie einmal im Leben ein halbwegs vernünftiges Gespräch mit Sasuke und was geschah? – Kakuzu! Lauerten diese Typen ihr denn jetzt überall auf und womit zum Teufel hatte sie das nur verdient? Gemächlich kam der Hühne neben ihr zum stehen, die Hände locker in den Hosentaschen vergraben. Er schenkte ihr keinen Blick, stattdessen fokussierte er Sasuke mit ebenso finsterer Mine, wie dieser ebenso eine aufgesetzt hatte.
 

„Konan schickt mich.“
 

Super. Was für eine nette Begrüßung. Von Höflichkeit schienen die wirklich noch nie viel gehört zu haben. Idioten. Allesamt. 
 

„Wir führen unsere Unterhaltung ein andermal fort, Sasuke. Die Pflicht ruft...“
 

...und das ausgerechnet in der Nacht zu Sonntag, in der sie einfach nur mal ausgelassen etwas mit Freunden unternehmen wollte. 
 

Eindeutig. Ihr Leben hasste sie.

Sakura blinzelte. Einmal. Zweimal. Dreimal. Die Verwirrung stand ihr deutlich ins Gesicht geschrieben, während die zweite Person diesem Raum sie ziemlich finster anstarrte. Sie hatte ja schon viele Dinge in ihrem jungen Leben erlebt, aber das war selbst für sie eine vollkommen neue Erfahrung, zumal sie mit solch einem Notfall, der ihr ganzes Können erforderte – so Konans Erklärung – nun wirklich nicht gerechnet hatte. Nicht im Entferntesten.
 

Sie würde nicht nachfragen. Sie wollte es auch eigentlich gar nicht wissen, auch wenn sie sich durchaus bewusst war, dass sie sich gerade selber belog. Natürlich wollte sie es wissen. So etwas erlebt man ja auch nicht jeden Tag. Außerdem fiel es ihr immer schwerer, das hysterische Kichern, welches stetig aufstieg, zu unterdrücken. Immer schön professionell bleiben. Bloß nichts anmerken lassen.
 

Zur Beruhigung atmete sie einmal ganz tief durch und ließ ihren Blick schließlich noch einmal über ihren Patienten gleiten, der sich alles andere als wohl zu fühlen schien in seiner Haut. Allerdings musste sie eins zweifelsfrei zugeben: Das Kleid stand ihm vorzüglich und die hohen High-Heels waren ebenso ein Blickfang, auch wenn sie sich fragte, wie er es mit diesen Mörderteilen überhaupt zu ihr geschafft hatte. 
 

„Okay, Deidara“ – Ob sie ihn jemals an einem anderen Ort als ihrem Behandlungszimmer treffen würde? – „darf ich nachfragen, oder wollen wir uns gleich deinem Problem zuwenden?“
 

Sein Blick wurde, wenn möglich, noch finsterer, die Hände in seinem Schoß spannten sich noch mehr, genauso wie seine komplette Haltung. Hatte er denn gar keine Schmerzen. Innerlich schüttelte sie den Kopf. Sie vergaß. Diese Typen litten ja alle unter Analgesie, wobei leiden sicherlich der falsche Begriff dafür war. Seufzend streifte sie sich ein Paar Einweghandschuhe über und trat etwas näher an die Untersuchungsliege heran.
 

„Kannst du deine Hände bitte da weg nehmen und denn Rock etwas anheben?“
 

Sie musste sich echt bemühen nicht zu lachen. Er mochte zwar wirklich gut aussehen in diesem Fummel, aber er schien nicht so, als würde ihn dieses Wissen besonders glücklich machen, geschweige denn dass er es freiwillig trug. Nur die Jeans – die Wurzel allen Übels – die er darunter trug, störte ein wenig das Gesamtbild. Eine verlorene Wette vielleicht? 
 

Mit einem kurzen, prüfenden Blick in ihr Gesicht kam er ihrer Aufforderung schließlich nach, sodass sie sich das ganze Ausmaß der Katastrophe besehen konnte. Autsch. Das war der erste Gedanke, der ihr in den Sinn kam, bevor sie ihre Hand langsam an den Reißverschluss führte. Langsam hielt sie es echt nicht nicht mehr aus. Sie wollte es unbedingt wissen. Nicht nur, warum er Frauenklamotten trug, sondern auch wie er es geschafft hatte, sein bestes Stück so ungeschickt einzuklemmen. 
 

„Ich muss wohl amputieren.“
 

Ein kleiner Chirurgen-Witz. Schien er wohl nicht besonders lustig zu finden. Auch wenn sie seinen Blick nicht sah, lag ihre ganze Konzentration doch in intimeren Gefilden, so könnte sich dennoch spüren, wie er sich in seine Kopfhaut brannte. Eindeutig humorresistent.  
 

„Ich werde die Zähne aufbrechen müssen, es könnte etwas drücken und ziehen. Schaffst du es so, oder soll ich dir etwas zur Beruhigung geben?“
 

Sie ging wieder etwas auf Abstand und wandte ihm den Rücken zu, um nach dem passenden Werkzeug für dieses Unterfangen zu suchen. Schere und Pinzette waren schnell gefunden, fehlte nur noch eine Zange. Die kleine, dünne Schere war allerdings nur eine Vorsichtsmaßnahme. Wer wusste schon, ob sie eventuell doch irgendwo schneiden musste. Einige Männer hielten nun mal nicht unbedingt viel von Rasuren und verklemmte Haare konnten wirklich unangenehm werden.
 

Als sie sich wieder zu ihm umdrehte, nahm sie seinen skeptischen Blick, den er auf die medizinischen Instrumente gelegt hatte, durchaus mit Belustigung zu Kenntnis. In Momenten wusste sie wieder, warum sie ihren Job so liebte. Und da er noch immer nicht auf ihre Frage zwecks des Beruhigungsmittels reagiert hatte, musste er nun eben ohne welches auskommen. 
 

Schmunzelnd ging sie vor ihm in die Hocke, in eine Position, die aus einem anderen Blickwinkel sicherlich falsch verstanden werden konnte. Glücklicherweise waren sie allerdings alleine in diesem Raum und bis auf Konan und Kakuzu schien auch Niemand etwas hiervon zu wissen. Hoffte sie zumindest. Wer wusste schon auf welche Ideen Hidan kommen würde, sollte er in Erfahrung bringen, wie schnell sie vor einem relativ unbekannten Mann in die Knie ging. 
 

Kopfschütteln vertrieb sie diesen Gedanken wieder und setzte die Pinzette an, um die Zähne des Reißverschlusses versuchsweise etwas von dem empfindlichen Stück Fleisch etwas anzuheben und somit einen besseren Zugang für die Zange zu gewähren.
 

„Dann mal los...“ 
 


 

Eine Stunde später – sie war aber auch wirklich behutsam vorgegangen – hatte sie es endlich geschafft, wenngleich das befreite Glied auch leicht angeschwollen und gerötet war. In den nächsten Tagen sollte er es wohl etwas schonen, allerdings hatte er sonst keinerlei Schäden davon getragen. 
 

Erledigt erhob sie sich wieder und legte die Werkzeuge beiseite, ehe sie sich ebenso ihre Handschuhe abstreifte und diese in den nahestehenden Mülleimer schmiss. Den genuschelten Dank nahm sie nur am Rande wahr. Von dieser Geschichte würde sie definitiv noch ihren Ur-Enkeln erzählen.
 

Grinsend drehte sie sich wieder zu ihm um. Der Hose hatte er sich entledigt und stand nun nur noch in einem knielangen schwarzen Kleid und roten Schuhen vor ihr, die fast dieselbe Farbe wie seine Wangen hatten. Ihm war die ganze Sache wohl wirklich unangenehm. Wer konnte es ihm denn auch verdenken?
 

„Jetzt, da ich schon zwischen deinen Beinen herum spielen durfte, kannst du mich ja auch mal zum Essen einladen.“
 

Er schwieg, schaute sie durchdringend an und ging schließlich relativ langsam in Richtung der Tür. Kurz bevor er daraus verschwand, drehte er sich allerdings noch einmal kurz ihr um. 
 

„Freitag, 16 Uhr vor dem großen Brunnen in der Altstadt.“
 

Damit war er auch schon aus dem Zimmer und ihren Blickwinkel verschwunden.
 

Sakura blinzelte – einmal, zweimal, dreimal – während sie ihm verdutzt hinterher sah. Hatte sie sich soeben ein Date  klar gemacht? Eigentlich wollte sie sich nur einen Scherz erlauben. 
 

Schulterzuckend machte sie sich daran wieder etwas Ordnung in das herrschende Chaos zu bringen. Außerdem mussten die Instrumente wieder sterilisiert werden und die Hose… Was zum Teufel sollte sie mit der Hose machen? Reparieren? Wegwerfen? Spenden? Seufzend hob sie diese erst mal auf und legte sich vorerst notdürftig in den Schrank. Vielleicht wollte sie Deidara ja irgendwann wieder haben, als Erinnerungsstück, oder so. 
 


 

Ich hätte da mal eine Frage.
 

Schieß los.
 

Werden wir verfolgt?
 

Nein.
 

Rennen wir vor irgendwas weg?
 

Nein.
 

Was zum Teufel machen wir dann hier? 
 

So, oder so ähnlich, spielte sich die Konversation zwischen ihrem Hirn und ihr ab, während sie sich nach langer Zeit mal wieder dazu aufraffen konnte etwas für ihre Gesundheit zu tun. Was bot sich dabei besser an als eine Strecke durch den Park zu joggen. Allmählich befand sie diese Vorhaben jedoch für eine schlechte Idee. Ihre Lunge brannte, ihre Seiten stachen und ihre Beine fühlten sich immer mehr wie Wackelpudding. 
 

Keuchend blieb Sakura schließlich stehen und warf einen kurzen Blick auf ihre Armbanduhr. Immerhin eine viertel Stunde durchgehalten. Sie war stolz auf ihre Leistung,...nicht. Ihre Kondition war wirklich miserabel. Zukünftig beschloss sie die Regelmäßigkeit dieser Unternehmung und den Verzicht auf Fastfood. 
 

Als wenn sie das lange schaffen würde…
 

Seufzend ließ sie sich auf eine alte Holzbank fallen und legte hektisch atmend den Kopf in den Nacken. Wie war sie gleich noch auf diese schwachsinnige Idee gekommen? Ach ja, Temari meinte, dass etwas Fitness ihr nicht schaden könnte und das sie in den letzten Monaten wohl ziemlich zugenommen hatte. Auch faselte sie irgendwas davon, dass Männer im Bezug auf Frauen nicht auf schwabbelnde Fettmasse standen. 
 

Nett, wirklich nett. 
 

Warum machte sie sich überhaupt Gedanken darüber, wie sie auf das männliche Geschlecht wirkte. Es war ihr egal. Sie brauchte keinen Kerl, sie wollte keinen Kerl und sie musste auch keinem Kerl gefallen. Hauptsache sie passte noch durch den Türrahmen. Und mal ehrlich, so viel konnte sie gar nicht zugenommen haben, immerhin passt sie noch immer problemlos in ihre alten Kleidungsstücke der Größe 36. Nur ihr roter Lieblingsrock machte ihr etwas zu schaffen und die weiße Bluse, die sie sich erst kürzlich gekauft hatte und...
 

Verdammt! Temari hatte Recht. Sie hatte wirklich Speck angesetzt.
 

„Sakura?“
 

Überrascht blickte sie auf in die strahlenden Augen ihrer besten Freundin. Mit ihr hatte sie gerade überhaupt nicht gerechnet. Nicht, dass sie sich nicht über deren Anwesenheit freuen würde. Sie bekamen sich in letzter Zeit nur noch selten zu Gesicht.
 

„Hinata, hey. Was verschlägt dich denn hier her?“
 

Lächelnd ließ sie sich von der Schwarzhaarigen umarmen, bevor sie sich direkt neben ihr niederließ. 
 

„Ich war mir Neji shoppen.“
 

„Shoppen? Mit deinem Cousin Neji?“
 

Verstört blickte Sakura ihre beste Freundin an. Die Beiden waren zwar ein Herz und eine Seele, obgleich es auch des öfteren einige Differenzen zwischen ihnen gab und sie öffentlich eher den Anschein erweckten, als ob sie sich bald gegenseitig an die Gurgel gehen würden, aber eins konnte Sakura mit Gewissheit über Neji sagen – wenn sie auch so nicht sonderlich viel mit ihm zu tun hatte – er hasste diesen ganzen Weiberkram abgrundtief. Fand er zu anstrengend. Damit konnte er sich im übrigen mit Sasuke die Hand reichen, obwohl die Beiden sich ebenso wenig mochten. In dieser Beziehung waren sie wie Hund und Katze. – Und Neji hatte eindeutig die schärferen Krallen, vor allem wenn es um Hinata ging… 
 

„Er will TenTen – seine langjährige Freundin, falls du dich erinnerst – zu ihrem baldigen Geburtstag in ein schickes Restaurant ausführen und ihr dort einen Antrag machen. Den Ring hatte er bereits und der Smoking ist ihm nun auch sicher. Und was machst du hier?“
 

„Ich suche Ablenkung.“
 

„Wovon? Ist der neue Job so anstrengend? Du hast mir bisher noch gar nichts darüber erzählt. Temari weiß auch nichts Genaueres.“ 
 

Sakura seufzte. Sie würde ihrer Freundin gerne alles berichten, schon alleine weil sie diese ungern anlog, aber was sollte sie sonst tun? Außerdem war es nicht ihre neue Arbeitsstelle, die sie momentan so fertig zu machen schien, sondern auch noch andere Dinge. Zum Teil Dinge, die sie selber nicht verstand. So etwas wie Gefühle. Mitleid. Sehnsucht. Einsamkeit. Nur ein paar Beispiele der Plagen, die sie in letzter Zeit vermehrt quälten. 
 

„Es gibt eigentlich nicht viel zu erzählen. Ich arbeite in einer privaten Einrichtung als Chefärztin“ – Streng genommen war sie ja auch die einzige Ärztin dort. – „und sorge eben dafür, dass dort keiner stirbt. Alles so wie immer...“ – ...nur viel schlimmer.
 

„Oh. Und wie heißt die Einrichtung?“
 

Wie sie hieß? Gute Frage. Sehr gute Frage. 
 

Warum stellte ihr Hinata, in Kamis Namen, nur solch eine schwere Frage? 
 

Nachdenklich kräuselte sie ihre Stirn und richtete ihren Blick geradeaus. Jetzt musste ihr ganz schnell etwas einfallen. Hinata hatte Internet, also würde sie zu Hause sicherlich googlen, sobald sie ihr einen Namen nennen würde. Ablenkung. Sie brauchte ganz dringend eine verdammt gute Ausrede, oder wenigstens einen gelungenen Themawechsel. 
 

„Die Klinik … sie heißt … als ihr Name ist … –  Hey! Ist das da hinten nicht Naruto?“
 

Erleichtert atmete Sakura aus. Katastrophe geschickt abgewandt. Sie war noch nie so froh gewesen diesen blonden Chaoten zu sehen, wie in diesem Augenblick. Auch Hinatas Augenmerk legte sich nun gänzlich auf ihren Freund, der ein paar Meter weiter telefonierend vor einem großen Ahornbaum stehen geblieben war. 
 

„Er hat eine Affäre.“
 

Überrascht blinzelte Sakura ihre beste Freundin an.
 

Und die nächste Katastrophe folgte sofort...

Es gab Tage, da sollte man das Haus nicht verlassen und es gab Tage, da sollte man das Haus wirklich nicht verlassen. Heute war ein solcher Tag. Mal stürmte es, mal regnete es und sowieso war es draußen nur dunkel, kalt und eklig nass. Sakura wollte nicht vor die Tür, dass wollte sie wirklich nicht. Der Gedanke daran bereitete ihr fast noch mehr Magenschmerzen als eine anstehende Weisheitszahn-OP, von welcher sie bisher glücklicherweise verschont geblieben war. Hinata jedoch nicht. Diese war fast vier Wochen mit Schmerzen und geschwollenen Wangen herum gelaufen. Das Abszess, was sich zudem noch in einer der offenen Wunden gebildet hatte, war scheinbar auch nicht besonders lustig gewesen.
 

Jedenfalls war Sakura froh, dass bei ihr bisher keine Weisheitszähne gezogen werden mussten und sie wollte wirklich ganz und gar nicht – unter keinen Umständen – raus vor die Tür in dieses nasskaltdunkle Schmuddelwetter. Und trotzdem stand sie nun schon fast eine viertel Stunde in voller Montur vor der Haustür und verfluchte sich in Gedanken selber. Sie hätte ganz einfach wieder umkehren und sich zurück in ihrer Wohnung verziehen können. Tür zu. Handy aus. Buch zur Hand. Leben auf Standby stellen. Ja, sie hätte...doch sie konnte nicht. Warum? Weil sie – die Idtiotin vom Dienst – ihren Wohnungsschlüssel vergessen hatte. In der Wohnung!
 

Es gab Tage, da hasste sie ihr Leben und es gab Tage, da hasste das Leben sie. 
 

Schnaubend öffnete Sakura die Haustür und Spalt breit und sofort kam ihr ein eisiger Windstrom entgegen geweht. Nur gut, dass sie sich vorher keine Stunden vor den Spiegel gestellt hatte, um sich eine aufwändige Frisur zu stylen. Stattdessen waren ihre Haare einfach schnell zu einem hohen Zopf gebunden wurden. Zusammengehalten mit einem Gummi und ein paar Spangen. Dafür lagen ihrer Ohren vollkommen frei und ungeschützt. Sakura glaubte sogar, dass der eisige Wind einmal komplett durch ihr Gehirn durch gepfiffen war. 
 

Kopfschüttelnd trat sie hinaus ins Freie, bevor sie einen Blick auf ihre Armbanduhr warf. Es war Freitag, der 24 Mai, 15:30 Uhr. Mai! Frühling! Warum zum Teufel herrschte dann so ein beschissenes Wetter? Mal ganz davon abgesehen, dass ihr nur noch knapp eine halbe Stunde blieb um pünktlich zu ihrem geplanten Treffen zu erscheinen. Schließlich hatte sie ein Date. Sakura wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Sie entschloss sich nach einer kurzen Denkpause für eine Alternative und eilte fluchend zu ihrem Auto, dass eine Querstraße entfernt parkte. Parkplätze vor der Haustür zu finden war schier unmöglich. Mindestens genau unmöglich wie noch pünktlich zu sein. Sie musste einmal komplett durch die Stadt, um zu dem vereinbarten Treffpunkt zu kommen.
 

Rote Ampeln. Menschen, die meinten noch schnell zwischen den anrollenden Autos über die Straße auf die andere Seite rennen zu müssen. Stau. 
 

Mittlerweile war es amtlich. Das war eindeutig nicht ihr Tag. Es war sicherlich verflucht und konnte somit nur noch schlimmer werden. Wenn sie wenigstens Deidaras Telefonnummer hatten, um ihn anrufen zu können und ihm ihr ganzes Leid zu klagen...oder wenigstens um so zu tun, als wäre sie schwer erkrankt – eventuell sogar tödlich – und könnte dieses Rendezvous leider nicht wahr nehmen. So schwer es ihr auch fallen würde. 
 

Wie hätte sie damals denn ahnen können, dass er tatsächlich auf diesen Zug aufsprang und sie zum Essen einladen würde? Es war doch nur ein verfluchter Scherz gewesen. Aber die Aussicht auf ein Gratis-Essen war eben schon immer ein kleiner Lockruf gewesen. 
 

Sie beschleunigte auf den letzten Metern und glaubte sogar ihre Reifen quietschen zu hören, als sie endlich in einer freien Lücke einparkte und einen Blick auf die digitale Zeitanzeige der Armatur warf. 16:07 Uhr. Fast pünktlich. Ein zufriedenes Lächeln zuckte über ihre Mundwinkel, bevor sie aus dem Auto einstieg und den Schlüssel – den sie aus welchen Gründen auch immer stets separat mit sich führte – in ihrer kleinen, grauen Handtasche verstaute. Kunstleder. Eine Valentino-Fälschung aus China. Billig in einem Secondhandshop erworben.  
 

„Du bist spät“, begrüßte sie sein breites Grinsen, als sie es endlich nach weiteren Minuten, die sie fast gerannt war, zum Brunnen in der Altstadt geschafft hatte. Schnaubend blickte sie ihm finster entgegen.
 

„Du warst einfach viel zu früh.“
 

Ja, sie war schon immer begabt darin Tatsachen umzudrehen. Immerhin konnte sie doch nichts für diesen Scheißtag, der sie am pünktlich sein gehindert hatte.
 

„Also, wohin geht‘s?“
 


 

Sakura war nicht milde überrascht. Sie hatte sich für einen Aufenthalt bei McDonalds gewappnet. Es hätte sie auch nicht verwundert, wenn er sie zu einem Bratwurststand geführt hätte. Stattdessen saßen sie nun in einem kleinen netten Italiener, den sie bisher noch gar nicht kannte. Er lag ziemlich versteckt gelegen zwischen Wohnhäusern und diversen Einkaufsmöglichkeiten. Ein wahrer Geheimtipp. 
 

„Ich hoffe, italienisch ist okay.“
 

Er zuckte knapp die Schultern und lächelte leicht verlegen. Es verwirrte Sakura. Deidaras Auftreten passte so gar nicht zu dem Charakter, welchen sie sich bisher von ihm gemacht hatte. Außerdem war er einer von den Bösen. Er sollte nicht lächeln und verlegen sein, sondern eher selbstbewusst auftreten und ihr ein spöttisches Grinsen zuwerfen. Wusste er denn nicht, wie sich Badboys in der Regel zu verhalten hatte? Gab es bei denen in der Organisation etwa keine Crash-Kurse?
 

„Italienisch ist super.“
 

„Gut. Sasori-Danna meinte nämlich, ich soll mit dir zu MC‘ess gehen.“
 

Wer auch immer Meister Sasori war...glücklicherweise hatte Deidara nicht auf ihn gehört. Guter Junge. 
 

„Damit wäre ich auch zufrieden gewesen. Ich bin nicht sonderlich anspruchsvoll.“
 

War sie wirklich nicht. Erstrecht nicht im Bezug auf Männer. Man sah ja, wohin das bei ihr bisher geführt hatte. Ein verrückter Ex-Freund mit Persönlichkeitsstörung war in diesem Gebiet das kleinste Problem, welches ihr bisher widerfahren war. Ja, Sasuke war wirklich noch das geringste Übel. Sie hatte einfach kein geschicktes Händchen. Außerdem hatte ihr dieses noch Kakuzu und diesen neuen Job eingebracht. Seufzend schüttelte sie den Kopf. 
 

„Und wie geht es eigentlich deinen...Membrun virile?“
 

„Meinem was?“
 

„Na deinem Phallus?“
 

Noch immer blickte er sie unverständlich an. Sie seufzte. Erneut.
 

„Wie es deinem Schwanz geht?“
 

„Oh, uhm, soweit ganz gut. Danke noch mal, und so.“
 

Nickend lehnte Sakura sich etwas in das weiche, rote Polster der gemütlichen Sitzgarnitur zurück. Der Laden war echt schick und die Gesellschaft nicht halb so schlimm, wie sie befürchtet hatte. 
 

„Schön. Magst du mir nun verraten, wie es zu diesem Zwischenfall gekommen ist, oder soll ich es einfach vergessen, was mir nebenbei gesagt echt schwer fallen würde. Ich bin ernsthaft neugierig.“
 

„Auftrag. Wette. Uchiha.“
 

Drei zusammenhangslose Worte. Irritiert runzelte sie die Stirn. Also sollte sie sich die Geschichte dahinter selbst zusammen reimen? Okay. Kein Problem. Vermutlich – und das war nur ihre Interpretation – gab es einen Auftrag – logischerweise – in dem die weibliche Hauptrolle fehlte, die scheinbar durch eine Wette ausgelost wurde – nebenbei bemerkt schien das ein komischer Auftrag gewesen zu sein – jedenfalls hatte wohl Deidara die Arschkarte gezogen und… Nachdenklich zog Sakura ihre Augenbrauen etwas zusammen. Wie passte Uchiha in dieses Bild? 
 

Ob Itachi wohl etwas manipuliert hatte, um nicht selber im Kleid zu enden?
 

Sofort manifestierte sich diese Vorstellung in ihrem Hirn und brachte sie zum glucksen. Sie würde ein Vermögen dafür zahlen den stolzen, unnahbaren Itachi einmal im Frauenfummel begegnen zu dürfen. Wobei sie glaubte, dass es Deidara weitaus besser stand. Er hatte echt tolle Beine, die sich in hohen Schuhen durchaus sehen lassen konnten. Etwas, dass sie natürlich nie laut zugeben würde. Sie wollte sein Selbstwertgefühl ja nicht noch mehr zerstören. 
 

„Na dann… Und was machst du sonst so, wenn du nicht gerade irgendwelche Verbrechen begehst und Kleider trägst?“
 

Die letzten Worte brachten ihr einen finsteren Blick ein, der jedoch nicht halb so bedrohlich wirkte, wie er es wohl beabsichtigt hatte. 
 

„Ich baue Bomben.“
 

Okay. Gut. Schön, dass sie das also auch geklärt hatte. Seufzend führte sie ihre Cola an den Mund und begann an dieser zu nippen, hauptsächlich um sich etwas zu beschäftigen. Er baute Bomben... Super. Noch ein Psychopath mehr, mit dem sie sich zukünftig herum schlagen durfte. Hätte er nicht wenigstens den Anstand haben können sie anzulügen? Kopfschüttelnd stellte sie das zur Hälfte geleerte Glas wieder vor sich auf den Tisch. Wo blieb eigentlich das Essen?
 

„Ich bin übrigens froh, dass du nun für unsere ärztliche Versorgen verantwortlich bist. Der letzte Doc – den Madara irgendwo aufgegabelt hat – war ziemlich...suspekt.“
 

Suspekt? Er gehörte einer Verbrecherorganisation an und nahm im Bezug auf einen Arzt das Wort suspekt in den Mund? Verrückt. Mehr hatte sie dazu nicht zu sagen. Außerdem: Wer zum Henker war nun schon wieder Madara? Dennoch war sie neugierig. Wenn Deidara diesen Typen so komisch fand, dann musste es ja eigentlich eine tiefgehende Bedeutung haben.
 

„Erzähl mir mehr.“
 

„Er hieß Kabuto. Kabuto Yakushi. Ziemlich ungemütlicher Geselle, der fast noch besessener von Giften war, als Sasori-Danna. Er war nicht lange bei uns tätig, ein Jahr vielleicht. Pain hatte wohl herausgefunden, dass er noch für eine andere Person tätig war. Jedenfalls sollte er diesem Typen Itachi ausliefern und uns aus dem Weg räumen. Ich meine, nicht das ich mich großartig über Uchihas Wohlbefinden sorgen würde, aber Kabuto war echt creepy. So lüstern wie der einige von uns schon begafft hat, will ich echt nicht wissen, wie sein eigentlicher Boss so ist.“
 

„Und was ist aus Kabuto geworden?“
 

Der Name kam Sakura übrigens verdammt bekannt vor, sie konnte ihn gerade nur nicht wirklich einordnen. Vielleicht würde es ihr ja später wieder einfallen. 
 

„Keine Ahnung. Konan scheint sich ihm wohl persönlich angenommen zu haben. Sie kann ziemlich...furchteinflößend und sadistisch sein, wenn sie einen schlechten Tag hat.“ 
 

Verstehend nickte Sakura ihm zu. Die Blauhaarige mochte zwar auf den ersten Blick relativ unschuldig und zierlich wirken, aber der Ausdruck in ihren Augen verriet bei genauerem hinsehen das Gegenteil. Seufzend blickte sie in die Richtung aus der soeben ein Kellner mit ihrem Essen kam. 
 

Wann würde dieser Alptraum je enden?

Widder: 

Liebe & Partnerschaft

Wenn Ihre Liebe erkaltet ist, sollten Sie ein offenes Wort mit Ihrem Partner reden und nicht schweigend darauf warten, dass sich eine Lösung ergibt. Eine schnelle Trennung ist allemal besser als ständiges Unbehagen. Sie sind ein großartiger Mensch und werden nicht lange allein bleiben.


 


 

Sakura hoffte, auch wenn sie nicht an solchen Blödsinn glaubte, dass ihr Horoskop sich irrte. Sie wollte für längere Zeit alleine bleiben. Ein Partner brachte nur Stress mit sich und den hatte sie momentan genug. Also nein danke. Wer auch immer diesen Schund verfasst hatte – sie war offiziell raus. 
 

 

Karriere & Beruf

Sie sollten ein Resümee aus den letzten Monaten ziehen und sich langsam überlegen, ob es sich für Sie weiterhin auszahlt, dass Sie diese enorme Arbeitsbelastung auf sich nehmen. Ihre Gesundheit sollte Ihnen wichtiger sein.


 


 

Das, hingegen, war ein interessanter Gedankengang. Ob es ihr Konan wohl übel nehmen würde, wenn sie ihre Kündigung einreichen und mit diesem Anhang versehen würde? Immerhin litt ihre Gesundheit wirklich unter "enormer Arbeitsbelastung". In ihrem nicht vorhandenen Vertrag stand jedenfalls nichts von unmenschlicher Schichtarbeit. Das war ja fast noch schlimmer als im Krankenhaus. 
 

Letztens zum Beispiel klingelte sie Hidan doch tatsächlich drei Uhr morgens aus dem Bett. An einem Sonntag! Und warum? Weil dieser Idiot Kopfschmerzen hatte. Der Dank galt übrigens Kakuzu, der ihn – aus welchem Grund auch immer – mit dem Kopf voran gegen eine Backsteinmauer geflatscht hatte. Das nächste Mal doch bitte etwas fester, damit er hoffentlich ein paar Stunden Ruhe geben würde. Tagen wäre sie natürlich auch nicht abgeneigt...
 

 

Gesundheit & Wohlbefinden

Gönnen Sie sich einmal eine Atempause und beginnen Sie den heutigen Tag ruhig und entspannt. Unternehmen Sie nur Dinge, die Ihnen gut tun. Gehen Sie einfach spazieren und lassen Sie den Stress links liegen.


 


 

Ein verträumter Seufzer drang über ihre Lippen. Das klang sehr gut. Atempause. Kein Stress. Einfach nur Ruhe und Entspannung. 
 

Von wegen.
 

Für heute hatte sie einen vollen Terminkalender. Einkaufen. Wohnung sauber machen. Wäsche waschen. Und das war nur ihr Vormittag. Später stand dann noch ein Besuch im Fitnessstudio auf dem Plan – übrigens wusste sie immer noch nicht, wie Temari es geschafft hatte sie dazu zu überreden – und am Abend war sie bei ihren Eltern zum Essen eingeladen. Wer wusste schon, welche unvorhergesehenen Termine noch dazwischen kamen.
 

Lebe wohl freier Tag.
 

 

Ihre heutigen Glückszahlen: 3 - 13 - 14 - 37 - 43 – 45


 


 

Vielleicht, um wenigstens einen positiven Aspekt aus diesem Blödsinn zu ziehen, sollte sie heute Lotto spielen. Nachdenklich runzelte Sakura ihre Stirn, bevor sie entschieden den Kopf schüttelte. Sie hatte einfach kein Glück in solchen Dingen. Manchmal glaubte sie sogar vom Pech verfolgt zu sein. Entweder das, oder es gab wirklich einen Gott, der ihr allerdings nicht wohlgesinnt war. Sie hätte damals auf ihre Mutter hören und regelmäßig in die Kirche gehen sollen.
 


 

Seufzend legte Sakura die Zeitung beiseite und widmete sich stattdessen ihrem Strawberry-Minz-Frappuccino, der noch immer unangetastet vor ihr stand. Genüsslich schloss sie ihre Augen und gönnte sich somit wenigstens eine kurze Auszeit des Alltags, bevor ihre Gedanken sich selbstständig machten und zu dem gestrigen Date mit Deidara switschten. 
 

Es war größtenteils echt nett gewesen. Er war humorvoll, redegewandt und sehr ehrlich. Charaktereigenschaften die sie sehr zu schätzen wusste, obwohl er ihr doch manchmal etwas zu ehrlich gewesen war. Sie hatte innerhalb weniger Stunden so viel von ihm erfahren, dass sie es kaum einzuordnen vermochte, geschweige denn, dass sie es schaffte sich all das zu merken. 
 

Er baut leidenschaftlich gerne Bomben und kann stundenlang über diverse Pyrotechnik philosophieren, ist in der eigenen sexuellen Ausrichtung sehr offen, weswegen er sich selbst als pansexuell bezeichnet, hasst Krabbelviecher mit Ausnahmen von Spinnen, die findet er sehr faszinierend und er liefert sich einen ewigen Wettstreit mit Itachi, weil er diesen über einen überheblichen Angeber hält, der mal eine ordentliche Retourkutsche verdient hat. 
 

Der letzte Fakt war eher milde ausgedrückt. Sie wusste den genauen Wortlaut zwar nicht mehr, aber das er ein paar saftige Beleidigungen enthielt, dass hatte sie garantiert nicht vergessen. 
 

So viel also zu dem Thema. Doch trotz dieses langen Gesprächs, welches sie miteinander geführt hatten, war sie nun nicht unbedingt schlauer. Sie konnte Deidara einfach nicht einschätzen. Er wirkte nett, keine Frage, aber er schien auch ebenso eine dunkle Seite zu besitzen. Ein glucksender Laut entrann ihrer Kehle. Natürlich hatte er eine dunkle Seite. Kurz hatte sie sogar vergessen, wer er war und woher sie ihn kannte. Es würde wohl doch länger dauern sich an die berufliche Neuorientierung zu gewöhnen.
 

„Kann ich dir noch was bringen?“
 

Sie blickte auf, direkt in das lächelnde Gesicht des Barista, der für sie mittlerweile ebenso ein guter Freund geworden war. Immerhin war sie in diesem Café schon seit geraumer Zeit Stammkunde. Chōji machte aber auch die besten Getränke und die kleinen Kuchen und Muffins, die er ab und an selber herstellte und nebenbei verkaufte, waren ein kleines Stückchen Himmel auf dieser trostlosen Erde. 
 

„Danke, aber ich bin gut versorgt. Seit wann erkundigst du dich selber nach deinen Gästen, anstatt Ino oder Karin zu schicken?“
 

„Ino ist krank, hat sich wohl gestern beim Sport den Knöchel verstaucht und den Rücken verrenkt.“
 

Mitleidsvoll verzog sie das Gesicht. Und genau das war der Grund, weswegen sie stets versuchte sich vor Temaris Kursen zu drücken. Vielleicht sollte sie für heute doch absagen. 
 

„Und Karin hat Urlaub. Du ahnst nicht wie schwer es ist kurzfristig einen fähigen Ersatz aufzutreiben, der auch nur halbwegs geübt im kellnern ist, ohne ständig Geschirr fallen zu lassen, falsch abzukassieren, oder die Gäste zu beleidigen. Alles schon vorgekommen. Und bei dir? Ich habe gehört, du hast einen neuen Job?“
 

Wie schnell sie so etwas doch herumsprach. Dabei wohnten sie nicht einmal in einem Dorf, sondern in einer relativ großen belebten Stadt. Tja, scheinbar machte das keinen Unterschied. Der Buschfunk funktionierte wohl überall. Seufzend nahm sie zur Kenntnis, wie Chōji sich ihr gegenüber setzte und sie erwartungsvoll ansah.
 

„Es gibt eigentlich nichts großartig zu berichten. Du hast sicherlich das Wichtigste bereits vernommen. Solltest du nicht lieber die Aushilfe im Auge behalten?“
 

Grinsend winkte er ab.
 

„Shikamaru macht seine Sache schon ganz gut. - Viel habe ich eigentlich nicht gehört. Tsunade war nur kurz hier gewesen, da blieb keine Zeit für einen langen Plausch. Sie schien allerdings wenig begeistert gewesen zu sein dich verloren zu haben. Macht die neue Arbeit wenigstens Spaß?“
 

Spaß? Sie schnaubte. Unter Spaß verstand sie jedenfalls etwas anderes, als das, was ihr dort zum Teil geboten wurde. Wobei es manchmal doch ganz amüsant war. 
 

„Es ist erträglich, allerdings...“
 

„Warte, Schätzchen, ich bin gleich wieder für dich da.“
 

Sofort sprang ihr Gesprächspartner auf und joggte fast schon in Richtung des Eingangs, durch welchen soeben eine großer, dunkelhaariger Mann in maßgeschneidertem Anzug trat. Sein Blick glitt abschätzend durch den Laden, streifte sie und schien sie kurz zu mustern, ehe er seine Aufmerksamkeit wieder auf Chōji lenkte, der gerade vor ihm zum stehen gekommen war.
 

„Mister Uchiha, ich habe ihre Bestellung bereits fertig. Wenn Sie sich noch einen Moment gedulden können, dann würde ich sie schnell aus dem Lager holen.“
 

Ein knappes Nicken und Chōji eilte sofort von dannen, während Sakura zischend Luft holte. Uchiha. Madara Uchiha. Natürlich. Warum war sie da nicht vorher drauf gekommen, als Deidara diesen Namen erwähnt hatte? Dabei war er doch weit bekannt und nicht gerade sehr geläufig. 
 

Madara war Jemand, denn man umgangssprachlich auch als das schwarze Schaf der Familie bezeichnen konnte, obwohl er es mit seinen relativ jungen Jahren weit gebracht hatte. Tadelloser Jura-Abschluss in Cambrige, den er jedoch nie genutzt und sich stattdessen der Politik zugewandt hat. Laut diversen Klatschmagazinen schien ihm das allerdings schon nach einem halben Jahr zu langweilig geworden zu sein, weswegen er auch diese Berufung abgebrochen hatte. Mittlerweile führte er ein eigenes Unternehmen, welches Waffen und Überwachungstechnik für die Staatsmacht herstellte und vertrieb. 
 

Und...
 

...Madara Uchiha gehörte zu Akatsuki. 
 

Sakura hatte ja schon viel Scheiße in ihrem Leben gesehen, gehört und selber erlebt, aber diese Art von Scheiße war eine gänzlich andere Dimension. Was auch immer in dieser Organisation ablief, jetzt konnte Sakura nicht mehr länger die Augen verschließen und sich einreden, dass sie nur Pyjama-Partys veranstalteten und ab und an mal ein paar Lutscher aus Supermärkten klauten. 
 

Ohne den Rest ihres Getränks weiter zu beachten oder auf Chōjis Rückkehr zu warten, schnappte sie sich schnell ihre braune Umhängetasche und verließ auf direktem Weg, so schnell wie möglich, das kleine Café. Während sie an Madara vorbeilief senkte sie den Blick, war sich seinem durchdringend jedoch allzu bewusst. Er wusste genau wer sie war und sie spürte, wie ihr Gefühl Alarm schlug. 
 

Die Zeit der Schonfrist war vorbei, ab jetzt musste sie den Tatsachen ins Auge blicken:
 

Sie steckte ganz tief im Schlamassel.
 


 

»Wie, du bist krank? Du hörst dich gar nicht krank an.«
 

»Ich habe Magen-Darm. Ist wohl besser wenn ich Zuhause bleibe.«
 

»Wäre deine Großmutter – Gott hab sie selig – nicht schon lange unter der Erde, hätte ich dir vorgeschlagen, ihr diese Geschichte zu verkaufen. Ich bin leider nicht so senil und gutgläubig. Also, was ist los?«
 

Verzweifelt blickte Sakura auf die schwarze Mattscheibe ihres Fernsehers. Was los war? Sie hatte scheinbar wirklich Magen-Darm. Ihre Hose war nämlich gestrichen voll und ihr Magen war auch merkwürdig verkrampft, wie als hätten sich plötzlich dutzende Knoten gebildet. Die Begegnung mit Madara hatte deutliche Spuren hinterlassen und ihr wohl mehr zugesetzt, als bisher angenommen.
 

»Es tut mir leid...«
 

Damit legte sie einfach auf und schaltete ihr Handy komplett aus, ehe sie es achtlos zur Seite legte und sich auf ihrem Sofa in die waagerechte begab. Müde schloss sie die Augen. Sie erinnerte sich noch sehr gut an ihren allerersten Kontakt zu Madara Uchiha. 
 

Es war schon lange her, so lange, dass die Erinnerungen daran nur noch verschwommen vorhanden waren. Damals war sie gerade erst in die High School gekommen, wo sie Sasuke kennen gelernt hatte. Eine längst vergangene Zeit. Vieles war damals noch um so vieles einfacher. Zumindest bis Sasuke sie zum ersten Mal zu sich nach Hause eingeladen hatte. Familienessen. Wirklich Jeder war anwesend und mit Jeder meinte sie, dass das Haus voller ihr unbekannter Menschen war. Allesamt Uchihas. Alle schwarzhaarige und gutaussehend.
 

Zu dieser Zeit war sie noch ein ziemliches Mauerblümchen gewesen. Blond, klein und äußerst schüchtern. Was Sasuke in ihr gesehen hatte, war ihr bis heute schleierhaft. Allerdings hatten sie sich gut ergänzt. Er war damals noch um einiges umgänglicher gewesen. Sein ganzes Verhalten hatte sich schließlich erst mit dem Verschwinden seiner Eltern und seines Bruders geändert. 
 

Jedenfalls war sie also geladener Gast im Hause Uchiha und hatte sich in ihrem Leben noch nie so unwohl gefühlt. Bis auf Sasuke kannte sie doch Niemanden und es schien sich auch bis auf Sasuke und seine Mutter keiner sonderlich an ihr zu interessieren. Selbst Itachi, den sie noch halbwegs vom sehen her kannte, hatte sich nach kurzer Zeit abgeseilt. Wahrscheinlich war selbst ihm der Trubel irgendwann zu viel geworden. 
 

Sakura konnte es irgendwann auch nicht länger ertragen und war hinaus in den Garten gegangen, um wenigstens kurz zur Ruhe kommen zu können. Ein Fehler, wie sich im Endeffekt heraus stellte. Sie war nicht alleine. 
 

Dort begegnete sie Madara zum ersten Mal und führte sogar eine relativ lange, anregende Unterhaltung mit ihm. Sie sprachen über alles möglich und doch über nichts. Seine Gesellschaft war angenehm und das Beisammensein ziemlich einfach. Und dann… 
 

...dann verlor sie sich für einen kurzen Moment in seinen Augen. 
 

Sakura seufzte und richtete sich wieder auf, bevor sie sich die Hände auf Gesicht legte und zaghaft den Kopf schüttelte, um die Erinnerung wieder zu vertreiben. 
 

Sie wollte nicht behaupten, dass sie sich damals in Madara verknallt hatte, aber eine Schwärmerei war es gewiss gewesen. Er war so reif und charmant, obwohl er sicherlich auch nicht älter als 20 gewesen sein konnte, während sie mit ihren 14 Jahren noch nicht einmal annähernd verstand, was in der Welt vor sich ging. Trotzdem, oder gerade deswegen, hatte sie immer das Gute im Menschen gesehen.
 

Und nun sah sie Madara nach all dieser langen Zeit wieder und musste sich eingestehen, dass Gut und Böse scheinbar zweifelsfrei zusammen gehörten. 
 

Dieser Gedanke sollte sie eigentlich erschrecken, doch das tat er nicht und das wiederum erschrak sie dann doch. 
 

Gut und Böse… 
 

Ein kleines Schmunzeln zuckte über ihre Mundwinkel. 
 

Der Kontrast war irgendwie ziemlich...faszinierend.



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Kommentare zu dieser Fanfic (3)

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Von:  IKuraiko
2019-01-11T17:38:03+00:00 11.01.2019 18:38
Ich kann den anderen nur zustimmen, wirklich gute Story bis jetzt.

Am Anfang war ich etwas verwirrend wenn ein neues Kapitel angefangen hat, wenn man die ganze Fanfic liest, aber im Nachhinein versteht man es schon.
Von:  million
2019-01-07T08:31:28+00:00 07.01.2019 09:31
Tolle Story:)
Ich bin gespannt wie das Essen ausgehen wird :D

Lg. million
Von:  ella_chan
2019-01-06T09:21:29+00:00 06.01.2019 10:21
Super Fanfic. Sehr guter Schreibstil.Freue mich auf weitere Kapitel!!!
Antwort von:  Tsuki_no_Hime
06.01.2019 11:11
Hallo. Vielen Dank für deinen Review. Freut mich, dass die Geschichte dir gefällt und werde mich natürlich mit dem weiterschreiben ran halten. :)


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