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Die Leiden des jungen Pizzaboten

Manchmal hat man Pech und manchmal einfach kein Glück
von

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Ein Brite und sein ganz persönliches Italien

„Ah Harry, ich bin so froh, das'se du heute kommst arbeiten, mio amico! Sie werden uns einreißen die Hutte, du glaubst'e nicht,wie viele am Weihnachtsabend noch unsere Hilfe benötigen. 'S gibt’se in Amerika doch viele Menschen, die gute cucina italiano zu schätzen wissen. Oder erbärmliche falliti am Ofen sind!“

Wild gestikulierend lachte Luigi – mein Chef, seines Zeichens Amerikaner im Kopf, doch für immer Italiener im Herzen und bester Pizzabäcker in Portland – nein, den gesamten USA... Ach was, der ganzen Welt! - gehässig und wirkte voller Tatendrang. Ich bin zwar eher der Meinung, dass er ein Kleinganove mit viel zu großem Ego ist, der um keine Ausrede verlegen ist, meine Gehaltserhöhung Woche für Woche hinauszuzögern. Aber irgendwie mag ich den Kerl. Vielleicht, weil er mir zwar seit eineinhalb Jahren in regelmäßigen Abständen eine Kündigung androht, aber noch nie durchgezogen hat.

Mit einer lockeren Handbewegung winkte ich ab. Es war für mich in Ordnung, am Weihnachtsabend Pizzen auszuliefern. Ich hatte ohnehin nichts Anderes zu tun. Meine Familie lebt auf der anderen Seite des Atlantiks in Portsmouth, Großbritannien. Vor zwölf Jahren bin ich auf eigene Faust in die USA ausgewandert, wollte den amerikanischen Traum in Form einer erfolgreichen Rockband leben, was sich bisher darin zeigte, dass diese Band – Trigger Button – zwar schon knappe sechs Jahre existierte und wir im Jahr 2083 mit unserem Song Rewind es auf Platz 98 der Billboard-Charts schafften und das…

Das war's.

Das Geld haben wir für einen vollausgestatteten Proberaum und eine Menge Bier auf den Kopf gehauen, weshalb ich mich seit meiner Ankunft in den Staaten immer wieder mit kleineren Jobs über Wasser halte – ohne eine Ausbildung ist die Auswahl nicht all zu groß. Aber hey, dafür bin ich mittlerweile ein echter Allrounder. Nur wenige können von sich behaupten, als Maskottchen in einem Vergnügungspark, in einer Kondomfabrik, als Proband in der Pharmazie – das war im Übrigen nicht so cool, ich hatte drei Wochen höllisch juckenden Ausschlag an meinen Hoden, den ich nicht mal Brady wünsche – und als Gehilfe auf einer Farm gearbeitet zu haben, um nur einige Jobs zu nennen. Das ich nun etwa neunzehn Monate schon für Luigi arbeitete, war daher schon eine Besonderheit. Und trotz der miesen Bezahlung und die Beleidigungen, die Luigi mir in einem Anflug italienischen Temperaments an den Kopf warf, wenn ich mal wieder zu spät zeitlich flexibel war, was meinen Arbeitsbeginn betraf, fühlte ich mich ganz wohl. Jeden Tag Pizza zu essen hatte schließlich auch was. Ob ich langsam die Nase voll habe? Vom täglichen Pizzakonsum? Ist die Frage ernst gemeint?

Aber ich schweife ab.

Da sich meine Familie also mehrere tausende von Kilometern entfernt befand und auch meine Freunde anderweitig verplant waren, kam mir die Arbeit ganz gelegen. Quentin – mein bester Freund – bot zwar an, dass ich mit ihm und seiner Verlobten zu seiner Familie nach Miami fliegen könnte, aber das lehnte ich direkt ab. Mit ziemlicher Sicherheit hätte ich mich da fehl am Platz gefühlt.

Ich konnte mir nichts Schrecklicheres vorstellen, als Weihnachten alleine in meinem winzigen Appartement zu hocken.

„Und Gracie?“, magst du dich jetzt vielleicht, lieber Leser, fragen, wohlbekannt, dass sie meine beste Freundin ist. Nun, das war so eine Sache…

Einen Maulkorb zum Mitnehmen, bitte!

„Übermorgen ist schon der 24. Dezember… Wie immer bei deinem Bruder und dir mit viel Punsch und die Muppets-Weihnachtsgeschichte?“ Meine vorherigen Worte kamen mit einer völligen Selbstverständlichkeit aus meinem mit Keksen vollgestopften Mund heraus, sodass Gracies Antwort mich mit voller Wucht traf:

„Kann dieses Jahr leider nicht, ich muss arbeiten. Machst du mir mal den BH zu?“ Statt ihrer Bitte Folge zu leisten, blieb ich wie angewurzelt auf dem bordeauxroten Samtsessel in der Garderobe des Chicks on Dicks sitzen. Ich muss nicht erwähnen, um was für ein Etablissement es sich bei dem Schuppen handelt.

„Echt jetzt?“

„Der Kerl lässt ordentlich was springen und ich kann das Geld gut gebrauchen. Würdest du dann bitte?“ Noch immer rührte ich mich nicht. Es war eine Sache, dass sie hier in diesem Stripclub an der Stange tanzte. Aber das sie sich für Sex bezahlen ließ, war etwas, das mir nach wie vor unangenehm aufstieß. Ich konnte das zwar akzeptieren – aber in jenem Moment wurde mir bewusst, dass ich Weihnachten in diesem Jahr alleine verbrachte. Und das wollte ich nicht akzeptieren.

So presste ich die Lippen aufeinander, schwieg eisern, um nichts zu sagen, das ich im Nachhinein bereuen würde, doch wenn mich jemand wie ein offenes Buch lesen konnte, dann war es Gracie.

„Hey, es tut mir leid. Aber da gibt es diese Louis Vuitton-Tasche und…“ Sie setzte sich zu mir auf die Lehne, blickte mich aus ihren großen Augen an und bat lächelnd um Absolution. Ich wusste, dass sie das nicht so meinte. Ich wusste, dass es ihr viel bedeutete, sich schöne Dinge zu leisten und sie dafür hart arbeitete. Ich wusste, dass es für sie das Größte war, sich mit schönen Kleidern und Accessoires zu schmücken.

Trotzdem ranzte ich sie an. Und wie ich das tat.

„Versteh‘ schon... Wenn dir das wichtiger ist, dann bitte!“

Ruckartig war ich aufgestanden, wobei der Sessel aufgrund der Gewichtsverlagerung fast umkippte, woraufhin sie fast das Gleichgewicht verlor, sich jedoch noch rechtzeitig abfangen konnte. Für eine beschissene Tasche hatte ich in diesem Moment alles, aber garantiert kein Verständnis.

„Harry, das ist mein Job!“

„Verdammt, das weiß ich!“ Meine Stimme wurde lauter, ich hatte mich nicht mehr im Griff. Ich war verletzt. „Aber musst du gerade an Weihnachten irgendwelche fiesen Kerle befriedigen? Gibt dir das was?“

Nun war es Gracie, der alles aus dem Gesicht fiel, ehe sich auch der Ärger in ihrer Miene manifestierte. Im Gegensatz zu mir blieb sie jedoch ruhig. Aber die Kälte, die in ihren Worten mitschwang, ließ mich regelrecht darum flehen, dass sie mich anschrie: „Das ist jetzt richtig unfair Harry. Und falls du es vergessen hast, gehörst du ab und zu diesen Kerlen, die sich von mir befriedigen lassen. Aber für ‘ne Beziehung ist’s dann doch nicht gut genug, huh?“

Das hatte gesessen. Einen Augenblick lang starrte ich sie an, unzählige Entgegnungen fielen mir in diesem Moment ein, die wahrscheinlich die ganze Situation zum Eskalieren gebracht hätten. Wenn das nicht schon längst passiert war. Ich schluckte schwer, schüttelte schließlich nur den Kopf. „Scheiße, mach‘ doch, was du willst!“, zischte ich. Und es traf mich noch mehr, weil sie Recht hatte. Genau ins Schwarze getroffen.

Dann verließ ich die Garderobe. Als ich an der Bar vorbeirauschte, rief mir Piper, die Bedienung, noch etwas hinterher, doch ich hörte ihr schon nicht mehr zu, stieß besessen von meinem Wulst aus Gefühlen mit einem Mann zusammen, der unsanft gegen die Wand stieß. „Pass doch auf, du Idiot!“, kackte ich auch ihn an, ohne aufzublicken, bevor ich diesen Laden, der mich augenblicklich nur noch anekelte, verließ.

Liebe? Davon stand nichts im Rezept!

Es gab tatsächlich eine Zeit, da hatte ich mir mehr mit Gracie vorstellen können. Sie ist ein wunderbarer Mensch, herzensgut, witzig und in diesen großen, dunklen Augen konnte man sich regelrecht verlieren. Manchmal ein wenig naiv und schwer von Begriff, aber das machte sie nur noch liebenswerter.

Ihr Beruf machte dem ganzen dann doch einen Strich durch die Rechnung. Nächtelang zerbrach ich mir den Kopf darüber – und ich bin eigentlich eher nicht so der Denker – ob ich uns nicht doch eine Chance geben wollte. Irgendwie sollte das doch funktionieren...

Vorausgesetzt, sie besaß auch nur ein Fünkchen Interesse an mir. Wie dem ein oder anderen durch kuriose Geschichten, die von mir irgendwie ins WorldWideWeb gelangt sind, bekannt sein dürfte, tue ich mich manchmal schwer mit derlei Angelegenheiten, sobald Gefühle ins Spiel kommen. Bisher ging es grundsätzlich schief. Und es lag immer - wirklich immer! - daran, dass die Lady of Interest und ich andere Pläne für die Zukunft besaßen, die nicht miteinander kompatibel waren.

Wenn ich da an meine erste Freundin Penny denke, die sich nicht vorstellen konnte, jemals einen Fuß aus Großbritannien zu setzen, sodass wir uns einvernehmlich - und für süße neunzehn Jahre unglaublich reif – trennten. Denn ich wollte unbedingt in den Flieger steigen, um hier die unbegrenzten Möglichkeiten auszutesten. Auch wenn ich ganz schnell an meine Grenzen kam, doch das ist Stoff für eine andere Geschichte.

Und dann die Sache mit Jillian vor drei Jahren, die so vielversprechend aussah. Wo ich wirklich dachte, dass das mit uns was hätte werden können. Ihr Kommentar über unser Konzert hat die Jungs und mich zum Ausrasten gebracht und wir bedankten uns ganz gentlemenlike mit einem Strauß Blumen. Sie besuchte fortan regelmäßig unsere Proben und wurde eine Freundin. Und dann wurden wir von den anderen versetzt. Das erste Mal konnte man es noch als Versehen bezeichnen, dass uns in der Bar Quentin, Samuel und Yuki hängen ließen. Mit viel Naivität und dem guten Glauben an die Menschheit war es möglich, diesen Akt als Zufall zu bezeichnen. Als sie dann aber auch noch das Treffen auf dem Weihnachtsmarkt absagten, war Jill uns sofort klar, was die drei Herren im Schilde führten.

Erfolgreich, wie ich dachte. Zumindest schien die Frau mit den roten Locken nicht abgeneigt zu sein. Die Journalistin, für die das Wort Schlagfertigkeit erfunden wurde, hatte es mir angetan. Und andere bemerkten diesen Umstand mal wieder eher als ich selbst. Schon ab diesem Tag hätte ich spüren müssen, dass sie nicht ganz bei der Sache war, dass etwas in ihr brodelte.

Und hätte ich es eher gemerkt, hätte ich nur die verdammten Eier in der Hose gehabt, dann hätte ich sie an dem Abend, an dem sie es mir mitteilte, aufgehalten. Ihr ausgeredet, als Auslandskorrespondentin nach Afghanistan zu gehen. Es zumindest versucht! Stattdessen habe ich diese Schnapsidee hingenommen, mal wieder akzeptiert, dass das Universum andere Pläne für uns hatte. Und sie nach dieser einen, gemeinsamen Nacht gehen lassen.

„So ein Vollidiot.“ Ich kann dein genervtes Stöhnen regelrecht hören, lieber Leser. Ich weiß, ich weiß es doch. Noch heute denke ich oft an sie.

Gleiches galt für Gracie und mich. Mir wurde bewusst, dass sie niemals ihren Job aufgab. Vielleicht den lukrativen Nebenjob, mit dem sie sich ihr Gehalt aufbesserte, aber niemals das Strippen. Zu sehr liebte sie einfach das Tanzen. Und auch wenn ich es niemals ausgesprochen habe, hätte ich das als ihr Partner nicht aushalten können. Jedes Mal zu ertragen, wie andere Menschen sie wie ein Stück rohes Fleisch anstarrten, ihr mit ihren Wichsgriffeln die Dollarscheinchen zusteckten und sie sich dann mit einem Kussmund, noch mehr Körperkontakt und lasziven Blicken bedankte – das konnte ich einfach nicht.

Mir ist bewusst, dass ich mir diesbezüglich keine Vorwürfe machen musste. Wohl aber deswegen, dass ich mit ihr schlief, obwohl ich mich dafür entschieden hatte, es bei unserer Freundschaft zu belassen. Manch einer mag nun mit den Schultern zucken und meinen, dass sie selbst schuld sei, immerhin scheint sie sich bereitwillig darauf einzulassen. Aber Gracie sehnte sich nach nichts mehr, als jemanden, der sie mit all dem liebte, was zu ihr gehörte.

Ich tat das auf gewisse Weise. Nicht so, wie sie es verdient hatte, jedoch als Freund. Denn sobald es an eine Beziehung ging, würden wir eine andere Ebene erreichen. Da vermischten sich Vorstellungen, Wünsche und Träume miteinander. Und dann gab es diese Toleranz nicht mehr. Aus „Ich finde das nicht gut, was du machst, aber liebe und unterstütze dich trotzdem“ wurde ganz schnell „Wenn du mich liebst, lässt du das sein!“. Emotionale Erpressung war an der Tagesordnung, schnell nahm man sich das Recht heraus, für den anderen mitzubestimmen. Schließlich wusste man selbst, was für die Beziehung am besten ist. Und das endet, wenn die Wünsche nicht nur unterschiedlich, sondern gegensätzlich waren, mit Frust und Tränen und unweigerlich irgendwann mit dem Ende.

Deshalb ist der Wert einer Freundschaft so viel höher. Wie Waldmeisterwackelpudding und Vanillesoße funktionierte man wunderbar, tauchte hin und wieder in die Welt des anderen ein, doch jeder blieb am Ende ganz er selbst. Und ich glaube, eigentlich sind wir in dieser Kombination auch am glücklichsten.

Wenn ich mich nicht gerade wie ein Esel benahm.

It's-a me, Luigi!

Von daher kam es mir ganz gelegen, dass Luigi mich her zitiert hatte. Ohne Familie, Partner, Kinder und an diesem Abend auch ohne Freunde war ich ein bereitwilliges Opfer. Auch wenn Thanksgiving hier traurigerweise doch eine größere Rolle einnahm, ließen es sich doch die wenigsten nehmen, den freien Weihnachtsabend zu genießen.

Das Luigi's ist eine Pizzeria, die klischeehafter nicht sein könnte: rotweiß karierte Tischdecken, Kerzenleuchter in der Mitte, runde, riesige, bemalte Teller aus Ton. Und alles war ganz liebevoll mit ganz viel amore und passion dekoriert. Und natürlich wies man bei jeder Gelegenheit darauf hin, dass die Pizza noch im Steinofen gebacken wurde und das bei echter, italienischer Pizza, der Belag über den und nicht unter den Käse kam. Und wehe, jemand verwendete einen anderen Käse anstatt Mozarella! Luigis – welcher übrigens eigentlich Giovanni Lombardi hieß – Zorn war ihm sicher.

Wenig traditionell war hingegen das Bestellsystem, das ganz modern über ein kleines Tablet funktionierte. Laut Arbeitsvertrag sollte ich mit den eingehenden Bestellungen eigentlich nichts zu tun haben, aber hier war es Luigi, der ganz flexibel sein konnte. Wenn der Krankenstand besonders hoch war oder Luigi den Wohltäter heraushängen ließ und Angestellte nach Hause schickte – ein Schelm, wer hier an Personalsparmaßnahmen denkt! - dann war ich IT-Mitarbeiter, Pizzabäcker und Lieferant in einem. Am Anfang ging das natürlich mehrmals schief. Ich bin nicht auf Multitasking ausgelegt und von der Küche sollte man mich auch besser fernhalten, aber Luigi sah augenscheinlich das große Potential in mir. Vielleicht war er aber auch schlichtweg verzweifelt.

Ich klopfte mir also die mehlbeschmutzten Hände an der Schürze mit dem Aufdruck I want ABS, but I want Pizza more - selten konnte ich mich mit einem Satz mehr identifizieren - ab, nahm das Tablet, das im gleichbleibenden Rhythmus einen Piepton von sich gab und checkte die eingehende Bestellung. „Luigi? Kannst du eine Flasche Feudo Arancio Nero D'avola packen? Bestellnummer 271300.“

„Ah Harry, ich habe Wichtigeres su tun!“, entgegnete er, woraufhin ich um die Ecke spähte.

Mi amore, bitte weine nicht! Tua madre wird wieder gesund, ich glaube ganz fest daran!“ Das Gesicht der Brünetten auf dem Monitor – die ich übrigens noch nicht kannte – war tränenüberströmt und völlig aufgelöst fächerte sie sich mit der Hand Luft zu. „Ich weiß nicht, was ich machen soll! Sie wird sterben! Dann bin ich schuld an ihrem Tod!“ Luigi redete weiterhin beruhigend auf die Dame ein, die nun herzzerreißend schluchzte. Ich seufzte nur schwer, stapfte daraufhin in den Keller, um den bestellten Rotwein zu holen.

Kaum war ich unten angekommen, ertönte auch das Signal des Ofens, dass die Pizzen rausgeholt werden konnten und kurzzeitig hoffte ich, dass Luigi sich darum kümmerte, ehe ich jedoch selbst wieder immer zwei Treppen auf einmal nehmend hinaufsprintete, die Pizzen rettete, sie in die Kartons packte, nummerierte und in die Warmhaltebox legte, nur um wieder in den Keller zu hetzen. Wenn Kunden etwas hassten, dann war es, wenn man die nach der Bestellung angegebene Lieferzeit überschritt. Das diese Angabe automatisch von uns gesendet wurde und die Lieferzeit grundsätzlich 45 bis 60 Minuten betrug, war den wenigsten bewusst. Ich weiß, normalerweise waren es 30 bis 45 Minuten, aber den kleinen Puffer mussten wir einbauen, damit waren wir auf der sicheren Seite.

Der Wein und zwei Flaschen Pepsi – ja, ekelhaft, aber nur so ließen sich Amerikaner besänftigen, falls ich doch zu spät sein sollte – wurden in eine weitere Kiste verstaut, noch einmal checkte ich alle eingegangenen Bestellungen. Wenn nicht noch ein Notfall reinkam, dann sollte das meine letzte Tour für den Abend sein. Ich schlüpfte in meinen Parka, wickelte mir den Schal um und setzte locker den Helm auf meinen Kopf, um die Hände für die Kisten frei zu haben.

„Ich bin dann weg!“ Voll bepackt stellte ich mich hinter meinen Boss, doch der hatte nur Augen für die schwarzhaarige Schönheit auf dem Bildschirm vor sich. „Ist die nicht viel zu jung für dich?“ Hatte er mir zuvor wenigstens ein Schielen zugeworfen, fühlte ich mich gerade wie das Java-Update, dessen Symbol auf deinem Notebook unten rechts aufploppt und auf deine Erlaubnis zur Durchführung wartet. Genau genommen also fühlte ich mich nicht existent.

„Bitte hör'e auf su weinen, Sophie! Wie viel sagtest du, kostet die Behandlung deiner Mutter?“ Die scheinbar neue Flamme meines Chefs, tupfte sich mit einem Taschentuch behutsam über die verheulten Augen, noch immer war ihre Stimme brüchig, als sie sprach: „Ich... ich habe schon fast 40.000 Dollar zusammen... Fehlen noch ungefähr 60.000 Dollar... Ich weiß nicht mehr weiter, ich spare jeden Cent und habe noch einen Putzjob angenommen, aber... aber…“ Wieder brach sie in Tränen aus und Luigi hob beschwichtigend die Hände. „Sophie, mi amore... Hör mir su! Ich gehe nach den Feiertagen sur Bank und dann sehe ich, wie ich dir helfen kann...“

„Luigi, ich glaube, das ist keine...“ Bildete ich mir das ein oder blitzten ihre Augen in meine Richtung gerade gefährlich warnend auf? Irgendetwas gefiel mir an der ganzen Geschichte nicht.

„Musst du nicht arbeiten?“ Ich fühlte mich zwar immer noch wie das Java-Update, aber eher wie das Pop-Up-Fenster, bei dem Luigi deutlich ausgewählt hat, ich solle ihn in vier Stunden noch einmal daran erinnern. Oder anders ausgedrückt: „Geh mir nicht auf den Sack, Bambino.“

Resigniert – und auch in der Furcht vor wütenden Kunden – verließ ich dann das Bistro, fixierte mit zwei Spanngurten die Kisten auf den hinteren Teil meiner Vespa 150 GL, ein altes Schätzchen, das ich nun auch beruflich nutze, seitdem der Roller des Luigi's in einem Schneechaos verreckt ist und Cheffe es bisher als für nicht nötig hielt, das Fahrzeug reparieren oder austauschen zu lassen. Warum denn auch – Ersatz war ja da. Störte mich eigentlich auch nicht weiter, weil ich mit dem Teil ganz gerne durch Portland gurkte. Und wenigstens den Sprit bekam ich bezahlt.

Die Empfehlung des Hauses?

Die Straßen wirkten leergefegt, nur vereinzelt begegneten mir in der Dunkelheit die Scheinwerfer anderer Fahrzeuge. Ekelhafter Schneeregen sorgte dafür, dass ich meine Geschwindigkeit den Wetterverhältnissen anpassen musste, aber aufgrund des kaum vorhandenen Verkehrs kam ich ganz gut voran.

Die erste Adresse war ein Wohnhaus ein wenig außerhalb Portlands. Kurz checkte ich das Tablet, um auch bloß das richtige Klingelschild zu erwischen, als ich meinen Finger auch schon auf Hale drückte.

„Ja?“

„Hallo, Luigi's hier. Ihre Pizza ist da!“, spulte ich meinen Standardtext ab.

„Ich habe aber Wein bestellt?“ Der Typ an der Sprechanlage klang nicht mal verärgert, sondern eher verwirrt.

„Äh... Ich meinte auch den Wein“, korrigierte ich, während ich auf die Flasche in meiner Hand starrte, schüttelte über meine eigene Dummheit den Kopf und begleitet von einem Summen öffnete sich die Tür, sodass ich direkt die Treppen hinaufeilen konnte.

Der Kerl schien in meinem Alter zu sein, frisch rasiert und gekleidet in einem sauberen Hemd nahm er die Flasche entgegen. „Sie haben schon online bezahlt, sehe ich. Wünsche Ihnen einen schönen Weihnachtsabend.“ Ich wollte mich schon abwenden, als er mich an meiner Jacke – auf deren Rücken selbstverständlich das Logo meines Arbeitgebers prangte – festhielt. Schon vorher war mir seine Nervosität aufgefallen, aber als ich ihm nun direkt ins Gesicht blickte, schien er ein nervliches Wrack zu sein. „Ich möchte sie heute fragen.“

„Was?“ Was wollte er mich fragen? Irritiert starrte ich den Mann an, linste dann nochmal auf das Schild neben der Wohnungstür. „Mister Hale, ich glaube, hier liegt ein Missverständnis vor.“ Sicherheitshalber machte ich einen Schritt zurück und mein Kunde stellte die Flasche auf dem Boden ab, um beschwichtigend die Hände zu heben. „Sorry, ist mit mir durchgegangen. Normalerweise bin ich nicht so ein Nervenbündel. Und eigentlich erzähle ich auch nicht dem Pizzaboten, dass ich mich verloben möchte.“ Etwas beschämt lachend kratzte er sich am Hinterkopf, was mir durchaus bekannt vorkam aus einem unerklärlichen Grund sympathisch war. Die Zeit im Nacken wollte ich meinem ersten Impuls folgen und mich direkt verziehen, doch tat er mir irgendwie leid.

„Was ist denn das Problem? Sie sehen nicht wie ein Penner aus, haben Wein und... einen Ring hoffentlich auch? Das sollte doch klappen. Also, wahrscheinlich... Glaube ich.“ Hilfreiche Ratschläge geben – konnte ich.

„Ja, aber irgendwie... Ich weiß nicht. Ist heute der richtige Tag dafür? Monica und ich sind seit zweieinhalb Jahren zusammen und...“

„Ich bin ja eher jemand, der auf sein Bauchgefühl hört. Bin mir sicher, Sie merken, wenn der richtige Tag gekommen ist. Ich habe aber gehört, dass die Mädels es schätzen, wenn man die Verlobung auf einen besonderen Tag legt. Jahrestag oder so.“ Nicht, dass ich es jemals in einer Beziehung bis zu einem Jahrestag geschafft hätte. Oder besser gesagt: die Mädels hatten es nicht mit mir geschafft.

„Echt? Das wäre erst im Sommer, aber... Hmmm...“ Nachdenklich rieb er sich das Kinn und ich lachte auf. „Sie machen schon das Richtige. Falls Sie das aber verschieben, würde ich nächstes Mal etwas weniger Aftershave auftragen. Und einen anderen Wein nehmen, das Zeug ist Mist.“ Ich nickte in Richtung der auf dem Boden stehenden Flasche, salutierte dem armen Tropf dann einmal zu. „Und äh... Viel Erfolg!“ Dann machte ich mich schleunigst daran, das Wohnhaus zu verlassen. Ich hatte sicherlich vier wertvolle Minuten verloren.

Zauselkopf? Kann man das essen?

Zugegeben, es beruhigte mich zu wissen, dass die nächste Lieferung an jemanden ging, der mir nicht unbekannt war. Dementsprechend fiel die Begrüßung herzlich aus, als ich vor der Tür des IT-Systemelektronikers stand:

„Tony! Heeey!“

„Zauselkopf!“ Wie gewöhnlich, wenn wir uns sahen, wuschelte mir Anthony Bennett einmal durch das wirre Haar und ich klopfte ihm auf die Schulter. Wir kannten uns noch nicht lange, aber kamen unheimlich gut miteinander aus. Vermutlich wären wir sogar längst befreundet, wenn wir beide nicht immer mit den eigenen Angelegenheiten voll beschäftigt wären.

„Sorry, bin etwas spät dran. Mission Love hat mich aufgehalten.“

„Will ich wissen, worum es ging? Das klingt unanständig.“ Wir brachen in Gelächter aus, doch mit einem Mal wurde Tonys Miene ungewohnt ernst: „Sag mal, was war das vor ein paar Tagen? Im Club? Man hätte meinen können, du bist 'ne fuchsteufelswilde Ehefrau, die ihren Mann in flagranti erwischt hat. So kenne ich dich gar nicht.“

Ich muss wohl genauso grenzdebil dreingeschaut haben, wie eine Kuh beim Scheißen, was Tony nicht entging, sodass er mir mit seinen nachfolgenden Worten auf die Sprünge half: „Vor zwei Tagen. Dein Tackle war nicht von schlechten Eltern!“ Noch immer stand ich auf dem Schlauch, was Anthony ein fast schon genervtes Seufzen entlockte: „Im Chicks on Dicks. Du hast mich ziemlich umgerannt!“

Erst da dämmerte es mir und ich klatschte meine flache Hand gegen die Stirn. „Das warst du?“

„So wie du drauf warst, wundert es mich nicht, dass du dich nicht erinnerst. Dabei dachte ich, das wäre was Besonderes zwischen uns!“ Das Bennett schon wieder zu Scherzen aufgelegt war, obwohl er mir gerade reingedrückt hatte, dass ich ihn ziemlich unsanft aus dem Weg gestoßen hatte, sprach nur für den ziemlich korrekten Kerl.

„Oh scheiße... Sorry, Kumpel. Auch für die Betitelung als Idiot.“ Verlegen kratzte ich mir den Hinterkopf, das war mir sichtlich unangenehm. Doch natürlich winkte der Jüngere ab:

„Schon vergessen. Aber was war denn los?“

Wohl oder übel war ich ihm wohl eine Erklärung zu schuldig, druckste trotzdem ein wenig herum, ehe es dann regelrecht aus mir herausbrach: „Ich habe mich mit Gracie gestritten.“

Nun war es Tony, der mich ungläubig anblickte. Ich holte schließlich weiter aus, erzählte ihm, dass ich mich vor den Kopf gestoßen gefühlt hatte, aber ließ auch nicht aus, dass mir ziemlich gemeine Sachen rausgerutscht sind. Mein Gegenüber schien eine Weile nachzudenken, dann hob er belehrend den Finger.

„Du hättest ihr sagen sollen, wie es dir geht. Wenn du deutlich gemacht hättest, dass du nicht alleine sein möchtest, hätte sie bestimmt Verständnis gehabt.“

„Ich weiß... Ich weiß doch! Ich kann jetzt auch nichts mehr dran ändern.“

„Du kannst dich aber entschuldigen.“

„Mhm...“ Gedankenverloren nickte ich. Wahrscheinlich lag sie gerade mit irgendeinem Typen im Bett. Oder auf dem Küchentisch. Oder vor dem Kamin. „Ich versuch's morgen mal.“

„Das ist die richtige Einstellung! Hör mal, wenn du nicht alleine sein willst... Ich hatte vor, auf eine dieser Weihnachtsparties zu gehen. Meine Eltern sind dieses Jahr vor Weihnachten in die Karibik geflüchtet und bei meiner Schwester war ich schon am frühen Abend... Mir ist nicht so nach Stille Nacht.“

Mist. Lust hatte ich schon, aber ein Blick auf mein Tablet verriet mir, dass ich mindestens noch eineinhalb Stunden unterwegs war. Dann musste ich noch aus den stinkenden Klamotten raus, Duschen und... Genau genommen, hatte ich dafür auch keine Kohle. „Coole Idee, aber leider hab' ich noch zu tun.“ Mit diesen Worten holte ich auch seine Pizza heraus und obwohl er so ein Computerfritze war, bezahlte er bar. „Schade. Sag Bescheid, wenn ihr mal wieder irgendwo 'nen Auftritt habt.“

„Mach' ich!“ Ich wollte gerade das Wechselgeld rausklauben. „Lass stecken. Frohe Weihnachten, Zauselkopf.“

„Danke. Dir auch, Tony. Man sieht sich.“

Mit echtem Guanciale und ohne Zwiebeln

Nachdem ich drei weiteren weiteren, einsamen Seelen den Weihnachtsabend mit Pizza versüßt hatte – denn Pizza macht bekanntlich alles besser – führte mich meine letzte Bestellung an diesem Abend in ein eher abgefucktes sozialschwaches Viertel. Die Wohnungen an dem Haus besaßen keine Sprechanlage und mehrmals drückte ich auf den Namen Lenghton, wollte schon die Nummer anrufen, die mir bei der Bestellung hinterlassen wurde, als man mich dann noch in das Haus ließ.

Gewöhnt daran, dass die Leute mir die Wohnungstür dann auch direkt öffneten, lief ich einmal durch das gesamte Treppenhaus, nur um dann wieder ins Erdgeschoss mit Blick auf die Klingelschilder zu hechten. Dort fand ich dann den gesuchten Namen, auch wenn ich mich etwas unwohl fühlte, als ich das Gebrüll hinter der verschlossenen Tür vernahm.

„Mum, ich mach' die Tür auf! Nein! Scheiße, du bist betrunken wie sonst was! ARGH! Ich wusste, ich hätte zuhause bleiben sollen!“ Irgendwas fiel um und zerbrach auf dem Boden, dann ein Knall. Ich schluckte. Für einen Sekundenbruchteil kam mir der Gedanke, die Bestellung einfach vor die Tür zu stellen und dann das Weite zu suchen. Doch kaum geschehen, wurde die Tür schwungvoll aufgerissen und die junge Frau blies sich genervt eine verirrte, pinke Strähne aus der Stirn.

„Hallo, Ihre Bestellung... Äh, dich kenne ich doch. Theresa?“

„Tarisa.“ Skeptisch zog sie eine geschwungene Augenbraue in die Höhe, während ich schon mit dem Finger vor ihrem Gesicht schnippte. „Du bist doch die Freundin von... Ehm... Hier! Na... Wie hieß sie doch gleich?! Jenny?!“ Mit einer lockeren Bewegung schob sie meine zuckende Hand weg. „Jenna“, kam es knapp von ihr, während ihr Blick auf der Thermobox haften blieb. Wie ihr seht, ist das merken von Namen eine meiner Spezialitäten. „Genau! Die Iri... Schottin.“

Tatsächlich wanderten nun die Mundwinkel meiner Kundin nach oben, verzogen sich zu einem amüsierten Grinsen. „Für den Versprecher hätte sie dich erschossen.“

Nun grinste ich auch. „Da habe ich ja Glück, dass sie gerade nicht hier ist.“ Kurz trafen sich unsere Blicke, noch immer belustigt, ehe ich den Kopf schüttelte und den Deckel der Box öffnete, zwei Pastagerichte und eine Pizza herausholte. „Deine Bestellung.“ Sie nahm die Schachteln entgegen, stellte zwei auf der Kommode neben sich ab. „Die 42 ist auch ohne Zwiebeln?“ Sie hob vorsichtig den Aluminiumdeckel an, verzog dann das Gesicht. „Ich hab‘ doch extra geschrieben, dass ich keine will!“ Ich checkte diese unerhörliche Behauptung über das Tablet – und sie hatte Recht. Ich wollte ihr schon entgegnen, dass sie das Gericht nicht zahlen muss, da fiel mir aber etwas ein: „Die 42? Das sind doch Spaghetti Carbonara. Nach dem Originalrezept.“ Ich hatte Luigis Stimme sofort im Ohr. „Mit echtem Guanciale. Da kommen keine Zwiebeln rein.“

Scharf sog Tarisa die Luft zwischen ihren Zähnen ein. „Und was ist das da? Komm' mal gucken.“ Irritiert – denn so ein Fehler würde Luigi niemals passieren! - schritt ich an sie heran, roch ihr teures Parfüm. „Hier.“ Sie rückte noch etwas näher, deutete mit ihrem Finger auf eine Stelle in ihrem Gericht und ich nahm die Schachtel selbst in die Hände und so dicht, wie sie mir auf die Pelle gerückt war, konnte ich froh sein, aus der Pubertät heraus zu sein – auch wenn manch einer etwas Anderes behaupten mochte - denn ihr Ausschnitt war ziemlich einladend. Und gut sah sie auch noch aus. Wobei ich mir eher Sorgen um ihre Gesundheit machte: es war Winter und kalt. Hoffentlich erkältete sie sich nicht.

Konzentriert starrte ich auf die Pasta, versuchte da irgendwo eine Zwiebel zu erkennen, während Tarisa noch etwas näher kam, augenscheinlich meinen Blick verfolgte. Eine ganze Weile ging das so, ehe ich mich räusperte. „Das ist Parmesan.“

Peinlich berührt hielt sie die Hand vor den Mund. „Oh.“

Ich reichte ihr die Spaghetti Carbonara zurück, fuhr mir dann durchs Haar. „Also dann... Frohe Weihnachten. Und grüß mir die Schottin.“

Ich wollte mich schon abwenden, da hörte sie noch einmal „Hey“ rufen und kaum hatte ich mich umgedreht, hielt ich zwei Dollar Trinkgeld in der Hand. „Wegen Weihnachten und so.“

„Cool, danke.“
 

Ich war gerade auf dem Rückweg zum Luigi's, da ereilte mich ein Anruf – dreimal dürft ihr raten, wer der Anrufer war. Ich hielt an, um das Telefonat entgegen zu nehmen.

„Cheffe?“ Überraschung!

„Harry! Ich mus'se den Laden schließen. Ich fahre su Sophie! Ihr geht es gar nicht gut. Du kannst morgen zum Abrechnen...“

„Morgen? Ich dachte, ich hab' Morgen fr... Scheiße!“ Fluchend tanzte ich auf einem Bein herum, denn abgelenkt vom Gespräch war ich in eine Tiefe Pfütze gelatscht. Und ich trug nur Chucks. „Mann!" Ich hatte mal gehört, dass Brady Brody immer ein Paar Ersatzsocken mit sich herumtrug und mich selbstverständlich, wie sich das für unsere Fehde gehört, darüber lustig gemacht.

In diesem Moment beneidete ich ihn.

„Du bringst Morgen das Portemonnaie rein, ja? Danke! Ciao, mio amico!“ Tut-tut-tut.

Gut, das wir das auch geklärt hatten.

Gericht 69 kann man am Besten zu zweit genießen

So tuckerte ich erst einmal etwas gedankenverloren durch Portland. Etwas hinderte mich daran, den Weg in mein Appartement in der 117th Ave anzutreten. Und wenn ich genau in mich hineinhörte, wusste ich genau, was der Grund dafür war: ich hatte Angst, alleine in meiner Wohnung rumzugammeln, die übrigen Mac'n'Cheese von gestern zu essen und die achtmillionste Wiederholung von Home Alone zu schauen. Nichts gegen Home Alone – ich liebe diesen Film. Und vielleicht hätte ich unter Kevins Umständen Weihnachten alleine ertragen. Aber nicht auf meinen unaufgeräumten, spärlichen zweiundvierzig Quadratmetern. Und ich hatte nur noch ein Bier im Kühlschrank. Mist.

Und doch war da plötzlich dieser Gedankenblitz, der mich Hoffnung schüren ließ. Ich kannte keinen größeren Grinch als diese Frau. Sie hatte sich mit Sicherheit zuhause verkrochen und wartete, bis das ganze Spektakel vorbei war. Ich mochte Weihnachten zwar, eigentlich sogar sehr gerne, aber die Gesellschaft des weiblichen Grinchs war mir dann doch lieber, als einsam vor mich hin zu vegetieren.

Vor allem konnte sie mich nicht so leicht abwimmeln, seitdem sie mir mal betrunken einen Haustürschlüssel gegeben hatte. „Niiiemals.... Niemals, Harry! Niemaaals... Darf eine Pizza vor... Vor verschlossener Tür stehen gelassen werden! Sie fühlt sich dann ganz einsam... Das ist super traurig! Hassst... Hasssu mich verstanden?“ Hatte ich nicht. Nein, ich hatte sie wirklich nicht in diesem Moment verstanden, war aber an dem Abend zugegeben ebenfalls ziemlich dicht und im Normalzustand hätte ich diesen Schlüssel nicht angenommen.
 

… Was mich jedoch nicht daran hinderte, ihn zu benutzen.

War das eigentlich Hausfriedensbruch? Nein, oder? Immerhin gab sie mir den Schlüssel freiwillig. Wobei sie nicht ganz zurechnungsfähig war. Was gab es da wohl für Strafen drauf? Der kurze Moment, der den moralischen Aspekt meiner Aktion beleuchtete, wurde schnell beiseite gefegt – es gab Angsteinflößenderes als eine Anzeige, was Lynn Dearing mir antun konnte.

Vorsichtig betrat ich also die Wohnung der Freundin, mit der mich nicht nur die Liebe zur Pizza, sondern auch zur Musik verband. Ich hatte an der Tanke zum Glück noch ein Sixpack aufgetrieben. Vielleicht stimmte sie das in Bezug auf meinen spontanen Besuch etwas gnädiger.

Es war jedoch fremdartig still in den vier Wänden der jungen Frau, meistens lief zumindest der Fernseher oder Alexa gab ganz passable Rocksongs zum Besten. Nein, dabei handelte es sich nicht um eine besonders talentierte Katze, sondern um diesen vielbeworbenen Lautsprecher eines diskussionswürdigen Megakonzerns.

Doch es blieb ruhig. Vielleicht musste Lynn heute auch arbeiten? Als Krankenschwester war das sogar ziemlich wahrscheinlich. Aber die Schuhe, die unordentlich im Flur herumlagen, sorgten dafür, dass ich den Gedanken verwarf. „Lynn?“ Ich spähte ins Wohnzimmer, doch auch hier trieb sich die junge Frau nicht herum, stattdessen erblickte ich nur eine Weinflasche und Gläser auf dem Couchtisch. „Da kommst du wohl zu spät, Graham“, dachte ich enttäuscht und vermutete, dass sie längst auch schon zu einer dieser Parties aufgebrochen war. Und Highheels trug, weshalb die anderen Schuhe noch an Ort und Stelle verweilten.

Ich wollte mich gerade verziehen, erst da fielen mir die zahlreichen verstreuten Klamotten im Flur auf, die fast schon eine Spur zum Schlafzimmer bildeten, dessen Tür nicht ganz verschlossen war. Irgendwas störte mich an der Szenerie, ich konnte nur absolut noch nicht sagen, was es war. Zwangsläufig folgten meiner Augen jener Fährte und was ich sah, brannte sich unweigerlich in meine Netzhaut ein. Ich presste meine Hand auf den Mund, um keinen erschrockenen Laut von mir zu geben und versuchte mit dem gedanklichen Mantra „KleinesüßeHundewelpenkleinesüßeHundewelpenkleinesüßeHundewelpen“ Coulsons bestes Stück und Lynns wohlgeformten Hintern aus meinem Kopf zu bekommen. Wobei, eigentlich nur Liams Teil. Kein Wunder dass mir das Hilfiger-Hemd bekannt vorkam!

Wow, damit hatte ich nicht gerechnet – wusste ich doch, dass Liam Coulson keine Gelegenheit ausließ, um sich an Lynn ranzumachen. Und diese ihm genauso regelmäßig einen Korb verpasste. Gut, in manchen Situationen griff man zu verzweifelten Maßnahmen.

Ein Grinsen konnte ich mir nach dem ersten Schock jedoch nicht verkneifen, wünschte beiden noch in Gedanken viel Spaß. Lynns Gesicht hatte ich nicht erkennen können, doch ihren Lauten nach schien sie bester Laune. Tatsächlich waren sie zu sehr miteinander beschäftigt, um zu bemerken, wie ich nochmal in Lynns Wohnzimmer huschte, das Sixpack auf dem Tisch abstellte. Glücklicherweise trug ich auch als moderner Lieferant dennoch Zettel und Kugelschreiber bei mir, falls die Technik versagte und hinterließ den beiden Triebtätern einen kleinen Gruß:
 

Frohe Weihnachten, ihr beiden!

Das Bier habt ihr euch nach der Anstrengung verdient ;-)

Harry
 

P.S.: Bringe die Gitarre spätestens in zwei Tagen vorbei – bis dahin hast du auf jeden Fall wieder bei uns bestellt.
 

Manch einer mochte nun entsetzt aufschreien, aber um Missverständnisse direkt aus dem Weg zu räumen: ich lieh mir nur die Fender PM-3 Triple-0 aus, eine Akustikgitarre. Nicht die Gibson SG. Bin doch nicht lebensmüde. Okay, vielleicht war ich es an dem Abend ein kleines Bisschen. Denn bevor ich die Wohnungstür leise hinter mir zuzog, steckte ich noch einmal den Kopf hindurch: „Alexa, spiel‘ ‚Last Christmas‘ von Wham!“ Dann rannte ich so schnell ich konnte.

Warum Pizza besser als Pasta ist

Mir blieb also anschließend nichts Anderes übrig, als nun den Heimweg anzutreten.

Kaum hatte ich mein kleines Appartement betreten, atmete ich tief ein – und stellte fest, dass ich mal wieder lüften sollte. Was ich dann auch tat. „Und jetzt?“, war mein einziger Gedanke, während ich meinen Blick schweifen ließ, um irgendetwas zu finden, mit dem ich mir die Zeit vertreiben konnte. Ich starrte auf mein Handy, in der Hoffnung, jemand hatte mir geschrieben, doch sie alle saßen nun mit ihren Liebsten zusammen. Vermutete ich. Ob ich doch nochmal Tony anrufen sollte, um zu fragen, wo diese Party genau abging? Stattdessen schaltete ich meinen winzigen Fernseher an, ließ den Bildschirm dann nur wieder schwarz werden, als ich sah, dass Office Christmas Party lief – Jennifer Aniston sorgte bei mir immer für Brechreiz Unwohlsein.

Ich fuhr meinen steinalten Laptop - manch einer nannte ihn ein Relikt aus einer längst vergangenen Zeit - hoch, was bei dem Teil einige Minuten in Anspruch nehmen konnte. Während dessen ließ ich mich frustriert auf mein Schlafsofa fallen, alle Viere von mir gestreckt. Nicht einmal die müffelnden Arbeitsklamotten hatte ich ausgezogen. So ließ es sich doch viel besser in Selbstmitleid suhlen. Das war erbärmlich.

Ich richtete mich auf, streckte mich, um die Arbeitsgeldbörse zu erreichen, die ich achtlos auf den Boden fallen lassen hatte. Ich konnte ja wenigstens schon einmal das Geld zählen, nichtsahnend, dass mir das noch den Rest für den Abend geben sollte.

Immer wieder zählte ich Kleingeld und Scheine nach und auch, wenn ich die Schule nur mit Ach und Krach bestanden hatte, beherrschte ich doch die Grundrechenarten. Doch es fehlten bei jedem Zählen ganz genau 100 Dollar. Fiebernd überlegte ich, wo ich das Geld verloren hätte haben können. Nur Tony hatte mit Bargeld bezahlt, aber da musste ich nicht ans Wechselgeld. Und seine Bestellung hatte gerade einmal knapp 12 Dollar gekostet, selbst wenn ich mich da verzählt hatte, dürfte ich da nicht ganz genau hundert Dollar im Minus liegen. Nervös werdend erhob ich mich, lief aufgescheucht in meinem Wohn-Schlafzimmer hin und her. Hundert Dollar waren ein Arsch voll Kohle, ich konnte mir nicht leisten, dass Luigi die Differenz von meinem Gehalt abzog! Außerdem musste ich noch das Weihnachtsgeschenk für Gracie abbezahlen – guck nicht so, natürlich habe ich ihr was gekauft.

Panik keimte in mir auf, ich warf sogar einen hoffnungslosen Blick in meine Spardose. Mit 13,77 Dollar konnte ich da nicht viel reißen. Ratlos fuhr ich mir durch das wirre Haar, versuchte irgendwie, herauszufinden, wo das Geld abgeblieben sein konnte, als mein Magen mich lautstark daran erinnerte, dass ich zuletzt gegen Mittag gegessen hatte. Appetit hatte ich zwar nicht, aber ich hoffte, dass ich gesättigt wieder klarer denken konnte. In meinem Kühlschrank herrschte meistens eher gähnende Leere, deshalb fand ich schnell die Makkaroni-Käse-Pampe.

… Und hielt inne. Moment. Makkaroni. Nudeln. Ich hatte heute nur an eine Person Pasta geliefert und mir wurde schlagartig bewusst, wer der Übeltäter war. Ihre Suche nach Nähe hätte mir von Anfang an suspekt sein sollen. Doch war ich wohl zu sehr mit der ominösen Zwiebel beschäftigt gewesen...

„Dieses Miststück!“, stieß ich wütend aus, ließ mich dann an der Küchenzeile hinabsinken, nachdem mein erster Impuls, direkt zu der Diebin zu fahren, verpuffte. Es gab keine Beweise dafür, dass sie es war. Am Ende hieß es Aussage gegen Aussage – falls sich die Polizei überhaupt so unwichtigen Fällen annahm. Für einen Moment schlug ich die Hände vors Gesicht, atmete tief durch. Ich hatte mich schon auf einen miesen Abend eingestellt, aber das er so katastrophal endete, übertraf meine Erwartungen.

Wenn die Portion Glück nicht reicht...

Es war dieser nervige Klingelton, der mich aus meiner Starre riss. Ich rieb mit mit den Handballen kurz über die Augen, versuchte das Gedudel zu lokalisieren, als ich checkte, dass ich gerade einen Anruf über Skype erhielt. Ich brachte mich auf die Beine, stolperte zum Wohnzimmertisch vor meiner Schlafcouch, auf dem das Notebook stand.

Elliot.

Abermals unternahm ich einen kräftigen Atemzug, sammelte mich, um meinem zwei Jahre älteren Bruder keine Sorgen zu bereiten. Zum Glück war er hartnäckig und versuchte mich zu erreichen, bis ich soweit war, das Gespräch anzunehmen.

„Fröhliche Weihnachten, Harry! Fröhliche Weihnachten von uns!“, blubberte Elliot in seiner gewohnt verwaschenen und nicht ganz grammatikalisch korrekten Sprache los und ließ mich gar nicht zu Wort kommen. Sein pausbäckiges Gesicht zu sehen, brachte mich zum Lächeln. „Was du heute gemacht? Wir sind...“

„... Bei Tante Lory! Also, auf dem Weg nach Hause. Ach Henry! Auch nach einunddreißig Jahren hatte ich mich nicht an diesen Vornamen gewöhnt. Junge, hast du wieder abgenommen? Wie kann man nur zur Weihnachtszeit an Gewicht verlieren? Was ist mit dem Paket, das wir dir geschickt haben? Ist es noch nicht da?“ Meine Mutter hatte Elliots Smartphone an sich gerissen und war nun grinsend auf dem Bildschirm zu erkennen. Das Video wackelte ein wenig, was deutlich machte, dass sie im Auto unterwegs waren.

„Ihr habt euch das echt angetan? Also, Tante Lory? Mit Kirche, Gedichten und der Engelsammlung, die sie jedes Jahr rausholt?“ Bewusst ging ich nicht auf die Themen ein, die meine gluckenhafte Mutter sonst noch ansprach, erfreulicherweise schien das Thema dann für sie gegessen.

„Gedichte?“, hörte ich Elliot im Hintergrund, doch meine Mum ließ sich nicht beirren. „Es war halb so schlimm, wir sollen dir schöne Grüße ausrichten und sie hofft, dich im nächsten Jahr mal wieder in der Heimat zu sehen.“ Die Worte entlockten mir ein Schmunzeln, weil ich ganz genau wusste, dass das nicht nur der Wunsch meiner Tante war, sondern vor allem der meiner Mutter. Und tatsächlich sehnte ich mich gerade mehr denn je nach Hause. Der Drang, einfach online Tickets zu buchen und mich in den nächstbesten Flieger zu setzen, wurde nur von meinem chronischen Pleitesein verhindert.

„Was das?“ Elliot war nun wieder der Herr seines Telefons und sein Finger verdeckte das halbe Bild, sodass ich nicht um ein Lachen umhinkam, jedoch trotzdem nicht wusste, was er meinte. „Huh?“

„Hinter dir, Harry." Ich wandte mich um, nahm Lynns Gitarre, hielt sie vor das Notebook und kaum sah ich Elliots Gesicht, wusste ich, was sogleich folgen sollte.

„Spiel' ein Lied. Bitte.

Unsicher kratzte ich an meiner Wange. Ich konnte zwar etwas spielen, aber das war eher auf Amateuerniveau. Hatte schon seinen Grund, warum ich der Drummer der Band war. Elliot spürte natürlich mein Zögern, war jedoch erbarmungslos. Trotz seiner Behinderung wusste er genau, welche Knöpfe er bei mir drücken musste. Oder gerade deswegen. „Ich wünsche das mir! Heute ist Weihnachten!“

„Aber es gibt doch auch in England erst morgen früh Geschenke“, versuchte ich mich herauszureden, doch Elliots, für das Down-Syndrom typischen, schräg gestellten Augen hatten mich eindringlich fixiert. „Harry. Bitte.“

„Das ist Erpressung, du Sack, das weißt du?“, unternahm ich noch einen halbherzigen Versuch, hatte die Gitarre dann aber längst schon angesetzt. Einen Augenblick überlegte ich, welches Lied ich zum Besten geben sollte, entschied mich dann aber für einen Klassiker.

„... See the blazing Yule before us. Fa-la-la-la-la, la-la-la-la. Strike the harp and join the chorus. Fa-la-la-la-la, la-la-la-la. Follow me in merry measure. Fa-la-la-la-la, la-la-la-la. While I tell of Yule-tide treasure. Fa-la-la-la-la, la-la-la-la...“ Natürlich verspielte ich mich zwischendurch, natürlich traf ich nicht immer hundertprozentig den richtigen Ton, doch das tat der Stimmung keinen Abbruch, Elliot stimmte natürlich sofort mit seiner eigenen Interpretation des Textes ein und ich konnte sogar das tiefe Lachen meines Vaters vernehmen. Für den Moment waren all die Trübseligkeit und selbst der blöde Diebstahl vergessen.

„… Santa had a chance of heart… A change of heart… An we know it wasn’t easy!“, begann ich dann, nun richtig in Fahrt, einen eher neumodischen Weihnachtssong. Wohlwissend, dass es eines von Elliots Lieblingsliedern war –was er trotz seiner Behinderung mit ziemlicher Textsicherheit bewies, sodass ich, je weiter der Song fortschritt, nur noch ein paar Akkorde zupfte, während Elliot aus vollstem Herzen in das Mikrofon seines Smartphones gröhlte: „All I really wanted was: pretty girls, christmas light, mistletoe, holy nights – don’t it sound like heaven on a cloud?“ Don’t it sound like heav-“

Die Verbindung des Anrufes wurde abrupt unterbrochen, ebenso plötzlich, wie ich mein Gitarrenspiel beendete. Sofort versuchte ich Elliot wieder anzurufen, mehrfach. Auch meine Mutter, nur um die unerträgliche Stille zu durchbrechen, die wie ein Hurricane über mich hereinstürzte. Doch keine Chance. Achtsam legte ich die Gitarre an den Rand meiner Schlafcouch, nur um dann selbst darauf zu fallen, ein Kissen auf mein Gesicht zu drücken, das meinen anschließenden Schrei zum Glück deutlich dämpfte.

... Gibt es immer noch Nachschlag

Fassen wir einmal zusammen: ich hatte die Frau, die ich liebte, nach Afghanistan vertrieben, meine beste Freundin vergrault. Ich hatte einem Mann Beziehungstipps gegeben, obwohl ich selbst der größte Depp auf diesem Themengebiet war. Das Angebot eines guten Bekannten ausgeschlagen, den Abend feiernd mit ihm zu verbringen, eine weitere Freundin beim Sex mit einem Freund erwischt – nachdem ich mir ungefragt Zutritt zu ihrer Wohnung verschafft hatte - von dem ich glaubte, dass er sich in New York befand. Ich hatte mich beklauen lassen auf ziemlich plumpe Art und Weise und ich schaffte es nicht einmal Weihnachten, richtig Kontakt zu meiner Familie zu halten, weil Elektrogeräte sich gegen mich verschworen. Ich glaube, in all den zwölf Jahren, in denen ich in den USA lebte, habe ich mich nicht einmal so einsam gefühlt.

Mittlerweile das Kissen umklammert, blieb ich einfach eine gefühlte Ewigkeit auf dem Bett liegen und wäre vermutlich irgendwann einfach so eingeschlafen, wenn meine Blase mitgespielt hätte. So quälte ich mich unter der Decke hervor, schlurfte zum Badezimmer und erleichterte mich. Während ich meine Hände wusch, zeigte mir die Uhr an dem Radio in Nemo-Form – jetzt tut nicht so, als würdet ihr den kleinen, orangenen Fisch nicht kennen – an, dass dieser verfluchte Tag nur noch etwa eineinhalb Stunden andauern sollte. Dann hatte ich es geschafft. Es konnte nur besser werden.
 

Als ich schließlich das Bad verließ, beherrschten vorrangig zwei Gedanken mein Gehirn:

"Zum Glück hast du deine Hose hochgezogen" und "´Scheiße, hast du doch was geraucht und es nur vergessen?"

Drei Personen hatten die Hände zum Gruß erhoben und grinsten mich verschwörerisch an. Die Frau mittleren Alters wollte schon auf mich zustürmen, doch ich streckte meine Arme weit von mich, musste diesen Moment erst einmal verarbeiten. „Halt! Stopp!“ Abwechselnd blickte ich zu den Menschen, die urplötzlich in meiner Wohnung standen. „Was wird hier gespielt? Ihr wart doch eben noch da...“ Ein Arm wanderte deutend auf meinen Computer, während der andere meine Familie noch auf Abstand hielt. „Einer von euch sagt mir jetzt, wie ihr das gemacht habt und dann entscheide ich, ob mich dieses pinkhaarige Biest nicht auch noch vergiftet hat oder ob das rea...“

Der fast einen Kopf kleinere Mann ignorierte geflissentlich meine Ansage, schloss nur die Arme um meine Taille, während er seinen Kopf an meine Brust legte. Das war definitiv echt. Noch während ich versuchte, den Kloß in meinem Hals, der mit jeder Sekunde anwuchs, in der ich realisierte, was hier gerade geschah, legte ich ebenfalls die Arme um meinen großen-kleinen Bruder, drückte ihn etwas mehr an mich, vergrub mein Gesicht in seinem Haar, mit dem mir Zauselkopf, der Zweite – oder musste ich nicht der Zweite sein? - ordentlich Konkurrenz machte. Unwissend, wie sehr er mir gefehlt hatte.

Ich atmete tief durch, um die Fassung zu waren, blickte dann auf. „Wie...?“, fragte ich in Richtung meiner Eltern, die zwar schon lange geschieden waren, es aber weiterhin vorbildlich schafften, wie erwachsene Menschen miteinander umzugehen. Mein Vater machte sich grinsend daran, zwei riesige Taschen hereinzuschleppen, zwischen den ganzen Geschenken meinte ich auch, einen winzigen, künstlichen Tannenbaum zu erkennen. Ihm folgte schließlich eine Person, mit der ich nun wirklich nicht gerechnet hatte. Meine Mutter schenkte ihr ein warmes Lächeln. „Das hast du ihr zu verdanken.“

Fast schon schüchtern sah Grace mich an, die Hände vor sich ineinander verknotet. „Frohe Weihnachten, Harry.“

„Fuck.“ Ich konnte nicht verhindern, dass meine verdammten Augen feucht wurden, wandte mich ab, um mir mit dem Handrücken über die Lider zu wischen, was Gelächter der anderen zur Folge hatte, in das sogar noch halb schluchzend einstimmte. Ich brauchte einen Moment, um mich zu fangen, bevor ich mich kopfschüttelnd den anderen wieder zuwandte, dann Gracie betrachtete. Unsere Blicke trafen sich, einen Augenblick herrschte Schweigen im Raum, bevor es aus ihr heraussprudelte: „Da war dieses Last Minute-Angebot und ich wollte das du dich freust und es musste alles ganz schnell gehen und es sollte eine Überraschung sein und... und... Mir ist keine bessere Ausrede eingefallen! Es tut mir leid, Harry!“

„Nein, mir tut es leid. Was ich gesagt habe und so...“, murmelte ich und wir gaben uns stumm mit den Augen zu verstehen, dass wir das Gespräch auf später verlegen wollten. Gerade wollte ich meine beste Freundin in die Arme schließen, als meine Mum sich dazwischen drängte. „Henry George Louis Graham! Was hast du wieder angestellt? Oh Gott, du hast wirklich abgenommen... Gracie, bekommt er nicht genug zu essen? Du musst auf ihn aufpassen, er ist dazu nicht selbst in der Lage!“ Sorgenvoll betatschte Mum mein Gesicht und ich ließ das Prozedere über mich ergehen. Eine andere Wahl besaß ich ohnehin nicht.
 

„Hey Junge“, begrüßte mich mein Vater mit einer gewohnt lockeren Umarmung und reichte mir ein Bier, nachdem er allerlei Getränke und Snacks noch in die Wohnung geschleppt hatte. „Ihr habt wirklich an alles gedacht“, merkte ich an und er nickte. „Bedank' dich bei deiner Mutter und Grace... Eigentlich hatten wir geplant, schon heute Nachmittag einzutreffen, aber unser Flug hatte natürlich Verspätung. Dann gab es noch Probleme mit dem Mietwagen und wir hatten auch etwas Ärger, weil Check-In eigentlich nur bis 18 Uhr in unserem Hotel ist. Aber es hat ja noch einmal alles geklappt.“ Ich runzelte die Stirn. „Dann war das in dem Auto nur Show? Und wie seid ihr hier eigentlich reingekommen?“ Ich nippte an meinem Bier, während mein Vater ein breites Grinsen zeigte, dann nur eine alte, abgelaufene Kreditkarte hin die Höhe hielt. „Du solltest dir angewöhnen, die Tür abzuschließen, Junge.“

„... und für Morgen hat Grace Elizabeth...“ - „Du hast ihr meinen Zweitnamen gesagt?“ - „...Ja den Truthahn besorgt und um 15 Uhr schauen wir ja die Weihnachtsansprache der Queen... Die Kekse. Wo sind die Kekse? Harry, iss' doch ein paar Kekse.“ Meine Mutter drängte sich zwischen uns Männer und aus den Augenwinkeln konnte ich sehen, wie Gracie sich das Kichern verkneifen musste, als sie mir den Teller mit den britischen Biscuits vor der Nase hielt. „Wir fliegen erst zurück, wenn du mindestens zwei Kilo zugenommen hast!“

„Bitte nicht...“

„Oh mann... Manchmal glaube ich, für Mum ist Harry das behinderte Kind“, mischte sich nun auch Elliot wieder ein, ein freches Grinsen auf den schmalen Lippen. „Elliot!“, wurde er direkt vom weiblichen Familienoberhaupt zurechtgewiesen, doch die Stimme meiner Mutter ging in unserem lauten Lachen komplett unter.
 

Jetzt sitze ich hier, beobachte diesen verrückten Haufen und könnte glücklicher nicht sein.

Wünsche? Ob ich Wünsche habe? Das Sonor SQ2 wäre ganz nett, aber dieses Schlagzeug kostet ein kleines Vermögen.

Ansonsten wünsche ich mir, dass Luigis Bank ihm keinen Kredit gewährt – bei dieser Frau habe ich kein gutes Gefühl. Ich wünsche mir, dass Mister Hale für sich die richtige Entscheidung getroffen hat. Ich wünsche mir, dass Tony eine fette Party feierte. Ich wünsche dieser Diebin die Pest an den Hals viel Spaß mit dem Geld. Ich wünsche mir, dass Liam und Lynn viel Spaß hatten und es nicht bereuen. Und das Lynn mich nicht tötet. Der Schlüssel, die Gitarre und 'Last Christmas' könnten mögliche Gründe sein.

Vor allem aber wünsche ich mir, mich immer wieder daran zu erinnern, wie wichtig die Zeit mit seinen Liebsten ist. Und diese auch zu nutzen.

Kitschig? Ein bisschen. Aber deswegen nicht weniger wahr. Ich für meinen Teil stopfe mir gleich noch ein paar Plätzchen in den Mund, damit meine Mutter Ruhe gibt. Gleichzeitig achte ich darauf, dass Elliot sich nicht zu sehr mit dem Glühwein abschießt.

Und dann habe ich Gracie noch versprochen, All I want For Christmas zu spielen – heute werde ich ihr garantiert keinen Wunsch mehr abschlagen.

Epilog

Der letzte Rest Glühwein wurde in unsere Tassen ausgeschenkt, mit denen wir unsere Hände wärmten, während wir uns am offenen Fenster noch eine Kippe teilten. Okay, streng genommen bedeutete das, Gracie zog einmal und hustete etwas, sodass der Rest an mir hängen blieb.

Meine Familie hatte sich irgendwann weit nach Mitternacht in das Hotel aufgemacht – natürlich war Elliot blau wie sonst was gewesen und Dad und ich hatten ihn zu zweit durch das Treppenhaus schleppen müssen. Was nichts daran änderte, dass seine Tanzskills betrunken noch viel besser waren und er das Dancebattle gegen mich haushoch gewann – und das hatte nichts mit einem Behindertenbonus zu tun.

Einen Augenblick lang genossen wir die kalte Nachtluft, nachdem unsere Köpfe durch den Alkohol, aber vor allem durch das viele Lachen und die gute Stimmung, ordentlich aufgeheizt waren.

Ich löschte die Zigarette in meiner leeren Tasse, ehe ich Gracie sanft am Handgelenk fasste und damit ihre Aufmerksamkeit einholte. „Danke. Du weißt gar nicht, wie viel mir das bedeutet.“ Daraufhin lächelte sie wissend, nickte. „Doch. Sonst hätte ich es nicht gemacht.“

„Was ich gesagt habe... Das war nicht korrekt. Ich dachte in dem Moment aber wirklich, du ziehst das eiskalt durch...“

„Du solltest mich doch besser kennen.“

Ertappt kratzte ich mich am Hinterkopf. „Ja, sollte ich. Aber deine Schauspielkünste waren einfach ziemlich überzeugend.“ Endlich lachte sie. „Ich nehme das als Kompliment.“

In dem Moment vibrierte mein Smartphone und ich riskierte einen Blick:
 

„Du bist sowas von tot, Graham. Ich hätte dir alles verziehen, aber 'Last Christmas'? Dein scheiß Ernst? Meine nächste Bestellung wird dich in den Wahnsinn treiben!“
 

Ich schüttelte lachend den Kopf, legte das Handy beiseite und Gracie blickte mich fragend an.

„Lange Geschichte, erzähle ich dir gleich. Vorher...“ Ich nahm nun ihre beiden Hände in meine. „... Wollte ich dir noch sagen, dass du die liebste, wundervollste, witzigste, dämlichste beste Freundin bist, die man sich vorstellen kann...“ Ich machte eine kurze Pause, in welcher die Dreiundzwanzigjährige sich das Schmunzeln nicht verkneifen konnte, bei einem Attribut fing ich mir jedoch einen Boxer gegen die Schulter ein. Ratet mal, bei welchem. „... Und die Hübscheste ebenfalls“, fuhr ich fort, stolz auf meine elegante Überleitung, gekonnt ignorierend, dass ich nur eine beste Freundin hatte. Aber ich wusste, dass sie das gerne hörte. Ganz abgesehen davon, dass sie in dem Kleid wirklich süß aussah.

„Passend dazu habe ich noch eine Kleinigkeit für dich. Vier Uhr in der Früh, ich denke, dass kann man als Weihnachtsmorgen durchgehen lassen.“ Ich löste mich von der Fensterbank, kroch auf dem Boden herum, um unter der Couch eine weihnachtliche Geschenktasche unter Stöhnen und Ächzen hervorzuziehen, damit ich sie Gracie überreichen konnte, nachdem ich sie rasch von den Spinnenweben befreit hatte. Ich sollte mal wieder Staub da unten putzen.

„Ich weiß, sie ist von Burberry und nicht von Vuitton, sie ist gebraucht und die eine Stelle an dem Innenfutter musste ich noch nähen, aber...“ Da presste Gracie schon die Handtasche an sich, bevor sie sich mir überschwänglich in die Arme warf. „Oh Gott Harry, die gib es schon jahrelang nicht mehr zu kaufen! Oh Gott, danke!“

Ich fing die Jüngere auf, drückte sie an mich und seufzte zufrieden.



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Kommentare zu dieser Fanfic (6)

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Von:  Keinseier
2019-10-10T16:36:36+00:00 10.10.2019 18:36
Jetzt hab ich es auch endlich eeeeendlich mal geschafft die 8888 Worte lange Geschichte zu lesen xD
Nachdem mir Maren damit jedes mal wenn wir uns gesehen haben, in den Ohren hing... und irgendwie bin ich auch ein ganz klein bisschen in Weihnachtsstimmung.

Harrys Weihnachtsabend hat die auf jedenfall noch weiter eingeheizt. Toll, wie du die vielen Charaktere nicht nur untergebracht hast, sondern auch noch perfekt getroffen hast :D und auch Luigi ist irgendwie genau so, wie ich ihn mir vorgestellt hab.
Das er sich von Sophie ausnehmen lässt, ist einach so gut xDD
Aber nun... Harry lässt sich von Tara beklauen, auch nicht viel besser, wenn auch deutlich weniger Geld :D Und wie du ihre Mutter indirekt mit eingebracht hast, war auch sehr schön :)

Ob Noah Monica wirklich noch an dem Abend gefragt hat? Das weiß dann wohl nur Lisa... und Noah...
Mit der Szene zwischen Liam und Lynn hab ich so gar nicht gerechnet, aber dann wissen wir jetzt, wann das eine berüchtigte Mal passiert ist xD Irgendwie passend an Weihnachten.. die beiden Grinche.

Aber am süßesten war ja wohl Harrys Bruder <3 Damit das die Familie vor der Tür steht, hab ich tatsächlich nicht gerechnet. An Grace mit ner Flasche Punsch hätte ich eher gedacht, aber nicht die Familie. Sehr sehr süß - auch wie er vorher für seinen Bruder singt. Ich mag Harry auch einfach total. Er ist so herrlich unperfekt und menschlich, aber mit dem Herz am richtigen Fleck, wie man so schön sagt. Freue mich auch sehr jetzt die nächste Runde mit ihm zu schreiben <3

Die Ich-Perspektive war mal was anderes und ich finde da tatsächlich langsam Gefallen dran. Man ist halt noch mal anders an den Charakteren dran. Vielleicht schreibst du ja dieses Weihnachten doch noch was - ich würde mich freuen <3

Von:  Mireen
2019-02-01T13:33:53+00:00 01.02.2019 14:33
Heyhey :)

Ich schaffe es nun auch, hier noch einen "offiziellen" Kommentar zu hinterlassen ^^° Wir hatten alle im Chat schon so geschrämt - ich hätte schwören können, dass ich auch hier schon etwas hinterlassen hatte. Schande über mein Haupt!
Also... ich kann mich den wundervollen Kommentaren der anderen direkt anschließen und dir zu allererst sagen, wie wahnsinnig gut mit deine Geschichte gefallen hat! Ich weiß noch, dass ich eigentlich keine Zeit hatte, sie direkt zu lesen, aber einfach nicht aufhören konnte.... xD Sie las sich so flüssig, verständlich und mitreißend, was glaube ich auch an der Ich-Perspektive lag, die super gut in das Setting, zu Harry und auch zu dir passt. Sich in Harry einzufühlen war dadurch echt leicht und auch unausweichlich :) Ich liebe ihn wirklich sehr und finde dass die Geschichte ihn noch sympatischer, realistischer und liebenswürdiger gemacht hat.

Dass Grace und er sich wieder vertragen war zu vermuten. die beiden sind ja einfach ein Herz und eine Seele <3. Aber alles andere kam wirklich überraschend und mich alle paar Zeilen zum Lachen gebracht! Eine Lieblingsszene kann ich so gar nicht bestimmen.... das mit der Verlobung war schon sehr genial xD Und Lynn und Liam... da muss ich wohl nicht viel zu sagen xDDD Ich hab mich weggeschmissen. Dass Tara ihm was stibitzt und auch so passend und Sophie... Sophie! xD Oh Gott. Das ist SO gut! Genau so könnte es abgelaufen sein - denn man muss ja nicht immer die ganz großen Fische ausnehmen, manchmal reicht auch die Pizzeria von nebenan.... Herrlich :')

Das Ende war dann sowas von rührend. Ich saß mit einem seeligen Grinsen am Handy, das weiß ich noch ganz genau... und habe seine Famiie einfach nur gefeiert :)

Absolut gelungen und ein mehr als würdiger Abschluss für unsere Türchen. Ich freue mich, mehr solche Geschichten von dir zu lesen - irgendwann ;) Dass du so viele Charaktere eingebaut hast ist wirklich eine Kunst <3
Von:  Nyrmiel
2019-01-30T16:38:21+00:00 30.01.2019 17:38
So!
Wenn auch viel zu spät, habe ich es nun endlich mal durchgezogen das Lesen zu vollenden!
Obwohl ich ehrlich gesagt ja schon erleichtert bin, das Weihnachten vorbei ist, kam ich beim Lesen doch wieder ein wenig in Stimmung- Das ich mir da zu schnell einen heißen Kakao gemacht habe.
Mit jedem Kapitel verliebe ich mich immer mehr in Harry. Die Erzählungen sind großartig und erinnern mich an eine sentimentale Folge einer Lieblingsserie. Im Hintergrund ein Soundtrack zum Nachdenken. So wie du schreibst, könnte Harry genau so gut Kolumnen schreiben. ♡♡ Genau so hast du dir anderen Charaktere, so finde ich, sehr gut getroffen und ich habe herzlich gelacht. Du schaffst es die Figuren so viel Leben einzuhauchen.

Auf diesem Wege also ein Dankeschön für das großartige Türchen, was zwar nicht Heiligabend, aber einen kalten Tag im Januar versüßt hat.
Von:  Sha-of-Pride
2018-12-27T22:23:44+00:00 27.12.2018 23:23
Was für eine süße FF! <3
Harry wird mir immer sympathischer und ja, ein toller Abschluss für den diesjährigen Adventskalender :D
Von:  XxChrissixX
2018-12-24T11:01:19+00:00 24.12.2018 12:01
Ich habe jedes einzelne Türchen geliebt und verschlungen. Jedes war etwas ganz besonderes und hat mich auf eine bestimmte Art und Weise amüsiert. Aber jetzt müssen bitte alle außer Sarah einmal weghören....:
Das ist mein Favorit.
Ich will gar nicht werten- und die Dinge sind auch nicht miteinander vergleichbar und wie gesagt ich liebe alles - aber wie herrlich habe ich eben gelacht? Die Ich-Perspektive steht dir wirklich wahnsinnig und es ließt sich wirklich, wirklich so verständlich und gut in einem Flow durch, dass ich mir Sorgen mache, dass du bald die nächste bist die uns den Rücken zukehrt um ihr eigenes Buch zu schreiben....So viel zur KONSTRUKTIVEN Kritik !
Aber können wir bitte über Luigi a ka Giovanni Lombardi sprechen :') Wenn Sophie in ausgenommen hätte und der gute Pleite gemacht hätte, wisst ihr eigentlich was denn in Portland los gewesen wäre?!
Und über Noah und den Heiratsantrag, den er wohl trotz ernst gemeinter Ratschläge auf ein anderes Mal verschoben hat. Tara...oh Gott Tara ! - Ich hatte dich nie lieber als in diesem Moment. Diese List. Sie ist perfekt! Und ich hatte sie selbst nicht einmal in Verdacht! Natürlich feiert Tony eine Party und natürlich läd er auch jeden ein. Ich wette da wäre die Post auch abgegangen! Und ganz im ernst - Alexa und Last Christmas war natürlich ein großer Lacher wert aber was mich wirklich gekillt hat war der "Drunken' Talk about Pizza"

„Niiiemals.... Niemals, Harry! Niemaaals... Darf eine Pizza vor... Vor verschlossener Tür stehen gelassen werden! Sie fühlt sich dann ganz einsam... Das ist super traurig! Hassst... Hasssu mich verstanden?“ Hatte ich nicht. <- Wer hat das schon?! Aber es killt mich. Es killt mich wirklich :')

Dann gegen Ende wieder der eher berührende Moment. Elliot hab ich nun auch fest in mein Herz geschlossen und kommt wahnsinnig gut in der Geschichte rüber. Ich war glaube ich genauso schockiert und verletzt als die Verbindung auf einmal abbrach wie Harry es war. Es war so wahnsinnig gut geschrieben, dass ich mich echt kurz wirklich wirklich in seine Lage und Gedankenwelt eingesunken gefühlt habe. Aber natürlich das Happy End. Den Streit mit Gracie hätte man auch so nicht stehen lassen können. Das war mir am Anfang fast schon klar :') Diese Überraschung hat mich trotzdem sehr gerührt und es schließt alles vorher erlebte so wahnsinnig schön ab. Ich könnte noch so viel darüber Schreiben und mir sind sicher noch viel mehr Dinge aufgefallen und ich habe bei noch hundert mehr Dingen gelacht - aber was ich sagen will ist: Das ist wirklich ein sehr sehr gelungenes Ende.
Und die Kapitelnamen!!! So herrlich - ...okay ich hör jetzt auf!

Von:  Chucks
2018-12-24T07:33:25+00:00 24.12.2018 08:33
So. ich hab eventuell die FF schon heimlich nachts gelesen und mich ja auch schon ausführlich darüber eskalierend ausgelassen, aber ich finde dann kann ich das genau so noch einmal hier machen :')

Ich find die Idee so unglaublich gut und ich mag es wie Harry in den einzelnen Kapiteln die verschiedenen Charakter besucht. Das Konzept ist wirklich unterhaltsam. Eigentlich steh ich nicht auf Geschichten in der Ich-Perspektive, aber die las sich wirklich sehr gut. Vielleicht auch weils mein Lieblingsharry ist <3
Ich überlege noch immer welcher Besuch von Harry mein liebster ist und ich schwanke so sehr... ich glaube der bei Noah ist mit mein liebster. Einfach weil es sich so... wundervoll "aus dem Leben gerissen" anfühlt. Und eventuell auch, weil die Gracie in mir auf solchen Verlobungs-ich frage den Pizzaboten (ausgerechnet Harry... viel Glück Noah.... wenigstens sind wir da schon gespoilert)-Kram. Das fand ich sehr süß. (mein liebster Nebenhint ist definitiv der Fakt, dass er Brady um seine Ersatzsocken beneidet. Ich will schreien und es Brady verpetzen. Aber das kann ich Harry nicht antun.)
Der Streit mit Gracie... der Streit.... ich weiß nicht ob mich der Streit oder die Tatsache, dass sie Harry zum Weinen gebracht hat, mehr killt. Ich mag die Verbindung der Beiden einfach so unheimlich und du hast sie wirklich schön getroffen - wäre es anders, hätten die beiden aus dem Off auch definitiv zugeschlagen.
Das mit Alexa in Lynns Wohnung hat mich auch ziemlich amüsiert :') ich reicht Harry mental die Faust hin zum einschlagen. Oder Tony... süßer Tony. Natürlich läd er Harry nicht alleine zu sein. Er ist ein guter Junge. ich fand ziemlich interessant, dass du Tara (und ja auch irgendwie Jenna) eingebaut hast.
Und können wir über Harrys Familie sprechen.... ich stelle sie mir so gut vor. Auch mit dem Akzent. Und ich liebe die Elliot-Harry-Verbindung. Allgemein liebe ich Elliot. Harry könnte keinen besseren Bruder haben. Gracie hat sie alle lieb. Und Harry ganz besonders. (und vielleicht noch auch ein bisschen mehr als bis in alle Ewigkeit, weil sie weiß dass er so viel Geld für "eine blöde Tasche" ausgegeben hat.)

Ich danke dir für dieses schöne Türchen, dass mein kleines Herz erfreute <3 <3 <3 (sogar 3 Herzen. Vong Love her lol)


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