Zum Inhalt der Seite

Unverhoffte Verantwortung

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Erinnerungen

"Aber Yuu, erzähl mir doch mal was von deiner Welt. Was hast du die letzten Jahre erlebt?"

Drei Gestalten saßen versammelt an einem Lagerfeuer. Die provisorisch zusammengetragenen Holzscheite lagen einfach so auf dem Waldboden. Einige umliegende Steine wurden als Hocker benutzt. Sowohl eine weiße Katze als auch ein kleiner grüner Drache leisteten einer menschlichen Gestalt Gesellschaft.

"Eigentlich nicht viel. Irgendwie hatte ich die ganzen Jahre das Gefühl, dass mir etwas fehlt. So als würde ich etwas verpassen."

Der Drache rieb seine müden Augen. Nicht, weil er nicht an dem Gespräch interessiert war, es war einfach schon ziemlich spät und dunkel geworden.

"Bestimmt, weil dir dein Partner gefehlt hat", reimte sich die Katze nachdenklich zusammen.

"Aber jetzt sind die Erinnerungen wieder da. Zumindest teilweise. Der Kampf gegen dieses Monster. Und Ihr - Wie konnte ich euch nur vergessen?"

"Weil ihr Menschen damals noch zu jung wart, um bei uns zu bleiben.", steuerte der Drache bei und drängelte sich eifersüchtig an der Katze vorbei um auch ein paar Streicheleinheiten von Yuu zu bekommen.

"Außerdem ist es wohl besser, wenn du dich nicht mehr an die schrecklichen Dinge erinnern kannst."

"Wie zum Beispiel?", hakte Yuu weiter nach.

Der kleine Drache schien darauf antworten zu wollen, aber die Katze kam ihm zuvor:

"Viel wichtiger ist doch jetzt, dass wir herausfinden, wieso sich das Tor wieder geöffnet hat. Ist der Rest des Teams mit dir gekommen?"

"Ob ich sie gesehen habe? Ich weiß nicht." Yuu hielt kurz inne um nachzudenken, kam aber zu keinem positiven Ergebnis.

"Ich bin mir nicht mal sicher, ob ich sie nach all den Jahren noch erkennen würde."

"Da kann man wohl nichts machen.", seufzte die Katze. Sie war sichtlich erleichtert, verhindern zu können, dass die Erinnerung an dieses schreckliche Digimon ihr langersehntes Wiedersehen trübte.

Versöhnung

Gähnend blickte Yoichi von seinen Hausaufgaben auf. Er war wohl der einzige Schüler der Unterstufe, der die Ferienaufgaben noch vor Anfang der Ferien bearbeitete. Mit einem kurzen Blick durch sein Zimmer versuchte er sich wieder zu orientieren. Da stand sein Schreibtisch keinen Meter vor ihm, auf diesem ein älterer Laptop. Zwar gab es schon weitaus bessere Computer, doch hatten diese ihren Preis. Links von ihm stand sein hölzerner Kleiderschrank und rechts hinter ihm sein Bett mit buntem Bettzeug. Bis auf einige Lego-Bauten waren keine Spielsachen oder irgendwelche andere Unordnung zu finden. Er zog sich nur hierher zurück, um zu Schlafen oder zu lernen. Die restliche Zeit konnte er sich frei in dem großen Haus bewegen - war doch seine Mutter nie zu Hause.
 

Schulterzucken folgte auf Yoichis kurze Desorientierung, dann stand er auf und zog einen Rollkragenpullover über sein weißes T-Shirt. Nein, Yoichi war nicht komplett verrückt. Er fror nur ziemlich leicht, da er ziemlich zierlich gebaut war und überhaupt sollte er seine bereits durch einen dicken Sonnenbrand geschädigten Arme vor weiterer Sonne schützen.

Nachdem er sich eine Flasche Wasser und seine khakifarbene Umhängetasche geholt hatte, verließ er das Haus. Von außen sperrte er ab, kontrollierte ob die Tür auch wirklich zu war, zog dann den - an einer Kette befestigten Schlüssel - über und machte sich auf in Richtung Stadt. Was genau er da wollte, wusste er noch nicht, aber er brauchte frische Luft und in den Park traute er sich schon lange nicht mehr alleine. Zu oft hatte diese selbst ernannte Gang ihn belästigt. Genauso oft wie er dem Rektor Bescheid gegeben hatte. Jedes Mal folgte das Argument, dass er anfangen sollte, sich zu wehren. Nur wollte Yoichi das nicht - hätte es ihn doch zu dem gemacht, was er hasste: Einem Schläger.
 

Es vergingen einige Minuten, vielleicht sogar Stunden, die der kleine Junge durch die Stadt schlenderte. Mit seinen Gedanken war er noch immer bei der Hausarbeit. Er hatte sich selbst geschworen, die beste Note der Klasse zu bekommen, damit ihn endlich jemand abseits der Schläger beachten würde. Bevor er diesen Gedanke zu Ende führen konnte, riss ihn etwas zurück in die Wirklichkeit.
 

"Bitte! Ich brauche dieses Spiel! Ich habe vor meinen Freunden doch schon damit angegeben, dass ich es zu der Party mitbringe!"

Yoichi zuckte zusammen, als er die Stimme von Bado hörte. Hatte man ihm schon wieder aufgelauert und wollte ihm etwas antun? Ein hektischer Blick durch die Stadt, aber vom Rest der Gang war niemand zu sehen. Verwundert musste Yoichi feststellen, dass Bado gerade aus einem Elektronikladen geworfen wurde.

"Das hier ist ein Second Hand Laden, kein Spieleverleih!", erwiderte der gereizte Verkäufer. Yoichi zögerte kurz, beschloss dann aber, dass er der Diskussion ohne drohende Gefahr lauschen konnte. Noch aus sicherer Entfernung blickte er zwischen den Beteiligten umher. Bado schien wirklich verzweifelt an dieses Spiel kommen zu wollen. Zwar war er ein Rüpel, doch hatte er noch nie gestohlen oder es versucht. Überhaupt schien sein ganzes Auftreten das Gegenteil seines üblichen Verhaltens zu sein. Als wäre er ohne diese Gang eine andere Person.
 

"Du willst vor der Gang nicht schlecht dastehen? Urteilen sie über dich wirklich nach deinem Besitz?", stieß der bisher stille Junge plötzlich hervor. Jetzt war es an Bado, sich zu erschrecken, als Yoichi sich plötzlich einmischte.

Perplex beobachtete Bado, wie sich der braunhaarige Junge in Bewegung setzte.
 

"Ich bezahle für ihn." Yoichi hatte bereits seinen Geldbeutel gezückt und fragte den verwunderten Verkäufer nach dem Preis. Anschließend wandte sich wieder Bado zu – ohne sich ihm zu nähern.

Dieser beobachtete Yoichi ungläubig.
 

"Nimm es. Es gehört dir.", fügte der zierliche Junge deswegen hinzu und wartete darauf, dass der Verkäufer Bado das gebrauchte Spiel überreichte, ehe er wieder im Geschäft verschwand. Es war ein seltsamer Anblick. Yoichi schien Angst davor zu haben, dem fast doppelt so großen Jungen zu nahe zu kommen, hatte aber dennoch genug Mitleid diesem helfen zu wollen.
 

"Was willst du dafür?", fragte Bado schließlich stotternd.

Schulterzuckend steckte Yoichi seinen Geldbeutel wieder weg.

"Ich wollte dir helfen, nicht dich erpressen."

Doch Bados Ungläubigkeit legte sich dadurch erst recht nicht.

"Wenn... wenn du irgendwann mal möchtest... können wir das Spiel ja zusammen spielen...", stotterte er schließlich erst zurückhaltend und später begeistert. "Smash Brawl soll das beste Wii Spiel überhaupt sein. Ich wollte es sowieso schon testen seit es vor vier Jahren rausgekommen ist.", verlegen grinsend kratzte sich der große Schüler am Hinterkopf. Jetzt musste auch Yoichi lächeln. Wenn Bado glücklich war und ihn jetzt nicht mehr ausgrenzte, würde er sich vielleicht sogar dafür einsetzen, dass dessen Freunde Yoichi in Ruhe lassen würden?
 

Über beide Ohren strahlend lief der kleine Junge also durch die Stadt in Richtung vertrautes Heim, machte aber an für ihn ungewöhnlich vielen Ständen eine Pause. Er hatte vorhin schon etwas von seinem ersparten Taschengeld ausgegeben, also konnte er sich jetzt auch noch ein Eis, einen Anhänger für sein Handy und einen neuen Notizblock kaufen, der passend zum Anhänger einen Hasen auf den Umschlag gedruckt hatte.

Aber wie das Schicksal so wollte, sollte Yoichi ein fünftes Mal davon abgehalten werden, zurück nach Hause zu gehen. Dieses Mal von einem ungewöhnlichen Piepsen seines Handys.

"Das ist nicht mein Klingelton... ", murmelte Yoichi vor sich hin während er sich davon überzeugte, dass es auch wirklich sein Gerät war. Als schließlich der Boden unter seinen Füßen verschwand wusste er gar nichts mehr. Er schrie nur noch fassungslos los und das, obwohl er während dem freien Fall keine Luft bekam.
 

Nach einer gefühlten Ewigkeit – Der Braunhaarige Junge hatte sich längst beruhigt und aufgehört zu schreien - kam Boden unter ihm in Sicht. Aus der momentan vorherrschenden Verwunderung wurde nun Panik. Einen solchen Fall würde er doch niemals überleben. Womit hatte er das nun wieder verdient? War das die Strafe dafür, diesen Monat nichts von seinem Taschengeld zu sparen? Aber vielleicht träumte er auch nur und war zusammengeklappt, nachdem er einen Hitzeschlag erlitten hatte.

Was auch immer der Grund dafür war, es gab jetzt Wichtigeres zu tun. Hektisch versuchte der kleine Junge den Kloß in seinem Hals herunterzuschlucken - ohne Erfolg. Auch seine vogelähnlichen Armbewegungen trugen keine Früchte. So blieb ihm nichts weiter als ängstlich die Augen zu schließen und auf ein Wunder zu hoffen.
 

Als der Boden unter ihm wie ein Trampolin nachgab und ihn sanft ein gutes Stück zurück in die Luft schickte, staunte Yoichi nicht schlecht. Unschlüssig öffnete er seine Augen und versuchte die nächsten paar Sprünge auf seinen Beinen zu landen. Als er endlich aufhörte zu Federn, blickte er sich vorsichtig um. Nicht weit von diesem Trampolin standen überdimensionale Spielzeugwürfel, der Boden war mit Teppich bedeckt und wenige Meter weiter lagen Gleise, die eine Lok zum fahren nutzte.
 

"Soll das mein Gewissen sein, welches mir sagt, ich solle meine Kindheit genießen?"
 

Yoichi hatte einen langen Fußmarsch hinter sich. Das Areal aus Spielzeugen schien kein Ende zu nehmen und so fragte er sich, ob er vielleicht nicht doch träumte.

Ein Seufzen folgte, dann blickte er sich erneut um. War nicht doch irgendwo ein Ende in Sicht? Ein Hinweis, wo er war, oder jemanden, den er fragen konnte?
 

Dann wurde seine Aufmerksamkeit von einem entfernter gelegenen Bereich gestohlen.

Waren das etwa Babywiegen? Neugierig schritt der immer noch verwirrte Junge auf den umzäunten Bereich zu. Je näher er ihm kam, desto klarer wurde seine Vermutung untermauert. In einigen Wiegen lagen bunte Eier, die ihn sehr an Ostern erinnerten. In anderen Wiegen lagen seltsame Wesen, fast wie Plüschtiere und wieder andere Wiegen waren leer.
 

"Endlich bist du hier!" Yoichi zuckte zusammen, als eines der herumlaufenden 'Spielzeuge' anfing zu reden.

Das zweibeinige Wesen trug eine weite rote Hose und lief wie ein Mensch auf zwei Beinen. Sein kurzes, samtig weiches Fell hatte allerdings eine etwas dunklere Farbe als die von den Menschen und mit seinen großen hasenähnlichen Ohren sowie seinen verschlafenen Augen sah es wie ein schlechtgezeichnetes Spielzeug aus.
 

Zielstrebig lief dieses Wesen auf den doppelt so großen Jungen zu, der sich wissbegierig am Zaun abstützte, um das Gleichgewicht auf seinen Zehenspitzen zu halten und mehr zu sehen. Mit einem flinken Sprung katapultierte es sich hoch in die Luft und landete genau auf dem Zaun vor Yoichi. Dieser verlor vor Schreck sein Gleichgewicht und fiel nach hinten auf seinen Hosenboden, wobei ein seltsames, grünes Gerät aus der eben jener Hose fiel und nun neben ihm lag.
 

"Aber da war doch vorher mein Handy drin. Und was bist du? Wieso kannst du sprechen und wieso kennst du mich?", sprudelten die Fragen aus dem kleinen Jungen hervor.

Angesprochenes Wesen legte verwirrt seinen Kopf schief und steckte seinen Finger in die Nase:

„Eh... weiß ich nicht.“

„Du weißt nicht, wer du bist? Leidest du unter Amnesie?“, schlussfolgerte der noch immer sitzende Schüler sofort.

„Achso, wer ich bin, Neemon.“, wusste das planlose Wesen jetzt doch zu antworten.

„Und wieso sagst du dann, das würdest du nicht wissen?“

„Na, deine anderen Fragen. Weißt du denn wieso du sprechen kannst? Und woher sollte ich dich kennen, wir haben uns noch nie gesehen!“

Jetzt wusste Yoichi überhaupt nichts mehr.

„Aber du hast doch so aufgeregt gerufen, dass ich endlich hier sei.“, erläuterte er also.

„Weil du ein Mensch bist und ein Digivice bei dir trägst. Also musst du zu den legendären Digirittern gehören.“

Digivice? Legende? Unschlüssig blickte Yoichi zu dem Gerät neben sich. Damit war wohl das Digivice gemeint?

„Das musst du mir jetzt ganz genau erklären.“, forderte der Junge, während er sich aufrichtete und das Ding aufhob, um es genau zu betrachten.

„Wenn unsere Welt in Gefahr ist, tauchen Digiritter auf, die uns retten.“ Fast schon stolz grinste Neemon. Darüber bewusst, wie erstaunlich nutzlos diese Antwort für Yoichi war, war es sich wohl nicht.

„Eure Welt? Und wie und vor was sollen wir euch retten?“, hakte der verwirrte Junge weiter nach.

„Na die Digiwelt, die Welt, in der du gerade bist! Wo wir Digimon leben! Du weißt aber auch gar nichts. Warte hier, ich bin gleich wieder da.“, schon sauste das 'Digimon' los, ehe es hinter der nächsten Ecke verschwand und Yoichi verdutzt zurückblieb.

Vorahnung

Kopfschmerzen. Furchtbare Kopfschmerzen. Und ein grelles Leuchten, das Rai aus dem Schlaf riss. Hatte er wieder schlecht geträumt?

Für einen Moment - er saß noch immer vom Schock aufrecht im Bett - blieb er ganz still. Dann zog er seine Beine an und verschränkte seine Arme über diesen, um seinen Kopf abstützen zu können.

Seit fünf Tagen jetzt, hatte er jede Nacht von dieser anderen Welt geträumt. Doch meistens konnte er sich nur an eine einzelne Szene erinnern. Dieses Mal sah er sich selbst, wie er auf einem Felsvorsprung stand. Neben ihm vier weitere menschliche Silhouetten.

Zu seinen Füßen erstreckte sich eine große Ebene. Ein Schlachtfeld. Ein Team aus farbenfrohen Wesen, für welche er sich verantwortlich fühlte und deswegen um jeden Preis beschützen wollte, rangen um den Sieg gegen ein vampirisches Wesen.

»Ich kann nichts tun, nur zusehen. «

In seiner Hand hielt Rai ein ihm fremdes Gerät, welches er verbissen umklammerte. Auf den zweiten Blick sah es aus wie eine Mischung eines alten Gameboys und eines Handys.
 

"Was will mein Unterbewusstsein mir sagen?", seufzend blickte der schwarzhaarige Junge auf. Für ein belangloses Spiel fühlte sich die Szene viel zu ernst an. Als ginge es bei dem Krieg um Leben und Tod.

Widerwillig rutschte der Schüler zur Bettkante. Aufstehen musste er so oder so. Die Sonne drang gnadenlos durch die leichten Rollläden in sein kleines Zimmer ein. Dem Bett gegenüber fand sich ein relativ aufgeräumter Schreibtisch auf dem sein Blick nun ruhte.

"Ich sollte das Lexikon zurückbringen, bevor es zu heiß wird."

Besagtes Lexikon wurde schnell aus dem Regal gezogen. Die Klausuren waren geschrieben, die Mittelstufe – hoffentlich – für immer beendet und die Sommerferien konnten endlich beginnen.
 

Nach einer gefühlten Ewigkeit unter der heißen Sonne, hatte er die Bibliothek erreicht und konnte die selbst aufgetragene Mission abschließen, indem er das Lexikon zurück ins Regal schob.

So ganz realisieren konnte er es noch nicht. Er hatte jetzt wirklich Sommerferien. Der Klang davon war schön, doch so sehr er es auch herbei wünschte, es bedeutete auch, dass die nächsten Schuljahre seine Letzten werden würde. Danach müsste er eine Ausbildung finden, oder studieren um den Erwartungen seiner Mutter gerecht zu werden, aber bisher wusste er immer noch nicht, was er gerne tun würde.

Diese Ungewissheit und Sorge den Ansprüchen gerecht zu werden machte ihm noch mehr Angst und so realisierte er nicht, dass er währenddessen schon wieder fast bis zum Ausgang gelaufen war, wo sein Blick auf etwas seltsam Bekanntes fiel.
 

"Das Schlachtfeld...", murmelte er leise vor sich hin, während er das Cover der Werbebroschüre studierte.

"Ha, ich muss den wohl im Vorbeigehen schon mal gesehen haben und hab deswegen davon geträumt", dachte sich der schwarzhaarige Schüler schmunzelnd.
 

"Du interessierst dich für Videospiele?." Perplex drehte Rai sich um. Die Stimme gehörte zur Aushilfe der Bibliothek. Sie war schon eine grauhaarige, ältere Frau, doch gewöhnte er sich nie daran, wie sie sich mit fast unhörbaren Schritten durchs Gebäude bewegte.

"Eigentlich haben diese Videospiele ja nichts mit Büchern zu tun, aber sie erzählen ebenfalls Geschichten."

Nachdenklich lauschte der Junge den Worten der alten Dame und blickte nun auch auf die Rückseite der beschriebenen Ware. „Digimon Linkz“ stand darauf geschrieben.
 

"Die Lore selbst basiert auf einer alten Legende... einem Mythos. Artificial Intelligence oder irgendsoetwas. Jedenfalls befasst es sich mit der Idee, dass in unseren Computern eine eigene Welten gibt, die statt auf Atomen nur auf Binärcodes basiert."

Skeptisch wandte Rai seinen Blick ab und musterte nun die in ihre Gedanken vertiefte Dame. Ihre grauen Augen schienen in eine nicht zu deutende Ferne zu blicken.

"Nun, ich frage mich sowieso immer, wie diese Rechner alleine durch Zahlenabfolgen ihre Arbeit verrichten können. Jedenfalls sollte es heute veröffentlicht werden, wenn mich nicht alles täuscht. Nimm dir doch eine Broschüre mit." Etwas verwirrt über den abrupten Themenwechsel blieb Rai am Regal stehen, während die Aushilfe sich nun langsam wieder auf den Weg machte, ihrer Arbeit nachzugehen.
 

Endlich zurück im Erdgeschoss registrierte er die Abgabe des Lexikons auf seinem Bibliotheksausweis und verließ das stille, kühle Gebäude. Von der Hitze unangenehm wachgerüttelt, erinnerte er sich daran, dass er sich ja noch mit Ash – einem Klassenkameraden - treffen wollte. Seinen Blick jetzt gen Boden gerichtet um der Sonne auszuweichen, bemerkte er nur den gepflasterten Boden und die Straßenlaternen und Pfosten, die an den jeweiligen Abzweigungen stationiert waren. Wenige Straßen später stolperte er fast über das Werbeschild des Teeladens, war aber umso erleichterter, endlich in den Schatten zu kommen. Ash wartete bereits auf ihn.
 

„Ein Videospiel sagst du?“ Rai gegenüber saß ein weißhaariger Junge, welcher zwar ein wenig kleiner als dieser war, aber durch sein kariertes Hemd mit Kragen dennoch älter aussah.

„Ich hätte irgendwie damit gerechnet, dass du lachst.“, gab Rai knapp zurück.

Perplex schüttelte Ash den Kopf und musterte Angesprochenen, wie dieser etwas Milch in seinen schwarzen Tee kippte.

„Wieso sollte ich dich nicht ernst nehmen?“, fragte er mit starrem Blick auf die große Porzellantasse.

„Weil ich meinen Tee mit Milch trinke?“, spaßte Rai während er rührte.

Er war gerne in diesem Teeladen. Schon beim Eintreten wurde man mit den Gerüchen verschiedenster Sorten begrüßt. Überall standen verschiedene Tassen und Dekorationen, die man kaufen oder einfach nur bestaunen konnte.

„Ich denke, das hast du dir in deiner Kindheit angewöhnt. In London wird Schwarzer Tee mit Milch getrunken und sagtest doch, du hast dort gelebt, bevor du mit deiner Mutter nach Japan gezogen bist.“

Einerseits war Rai enttäuscht, dass Ash den Witz nicht als solchen auffasste, andererseits aber auch beeindruckt, dass Ash sich an etwas erinnerte, das er vor Jahren mal erzählt hatte.
 

„Aber um aufs eigentliche Thema zurückzukommen, ja, ein Videospiel.“, betonte Rai erneut.

Prompt wurde das Werbeprospekt herausgekramt und auf den kleinen, nussbraunen Tisch zwischen den Schülern gelegt. Ungläubige Blicke folgten, die zwischen Rai und dem Magazin umherwanderten.

„Die Email kam also von dir?“ , spekulierte Ash.

„Ich weiß nicht, was du meinst. Welche Email?“, verneinte der Schwarzhaarige indirekt die Frage.

„Sie zeigt genau dieses Game. Beziehungsweise ist es glaube ich nur eine App.“, erklärte der Kleinere weiter.

„Wenn es im Appstore ist, können wir es uns ja wenigstens mal ansehen, oder?“, schlug Rai jetzt vor.

Immerhin gab es im Laden kostenloses WLAN, was wiederum die Frage aufwarf, wieso nicht mehr Kunden herkamen, um eine Pause einzulegen.
 

„Es lässt sich nicht installieren, angeblich habe ich nicht genug freien Speicher.“ Gleichermaßen frustriert und skeptisch gab Rai sich wenig später geschlagen und legte sein Smartphone zur Seite.

"Speicher sollte ich genug haben.", Ash zog als Antwort darauf eine Laptoptasche unter dem Tisch hervor:

„Du hast deinen Laptop dabei?“ Verwundert griff Rai nach den Tassen und räumte diese ab, um Platz zu schaffen.

„Ich treffe mich später noch mit der Computer AG.“
 

Wenig später hatte Ash die Installation abgeschlossen und schlug sich mit den ersten Leveln des Spiels herum: „Was ist dieses Ding?“

„Das wurde dir doch gerade erklärt.“, antwortete Rai aufmerksam zusehend. Er hatte sich neben seinen Freund gesetzt und blickte ihm über die Schulter.

„Meinst du, ich lese dieses Tutorial? Diese Anime Waifu ist doch viel zu überzogen dargestellt.“, verteidigte sich Ash nun.

„Dann erkläre ich dir das eben. Also so wie ich das verstanden habe, sind diese kleinen Wesen Digimon, wie auch im Titel angemerkt und sie bestehen komplett aus Daten. Wie kleine, virtuelle Haustiere.“

„Haustiere, die kämpfen können... Also ist diese rosa Fellkugel mein erster Kämpfer?“, stellte Ash für sich selbst klar.

„Finden wir es heraus, los, mach schon weiter.“, drängelte der größere Schüler ungeduldig.
 

Allerdings verfärbte sich der Bildschirm ehe er weiterspielen konnte. Erst wurde er komplett weiß, danach zeigte er merkwürdige Zahlen vor einem schwarzen Hintergrund.

„Du hast mir einen Virus aufgedrängt.“, Ash durchlöcherte seinen Begleiter förmlich mit ernstem Blick.

Bevor dieser sich verteidigen konnte, begann der Laptop plötzlich zu strahlen und der Boden gab unter ihnen nach. Zumindest für eine Sekunde. Als würde man im Schlaf fallen und davon wach werden.

„Er funktioniert wieder, aber die Internetverbindung ist weg.“, stellte Ash schließlich trocken fest, fast so, als hätte er nichts von dem Fall mitbekommen.

„Ehm.. Also...“, stotterte Rai wiederum und deutete mit seinem Finger in irgendeine Richtung.

Erst jetzt blickte Ash vom Bildschirm hoch und nahm seine Umgebung wieder wahr.
 

Statt dem gemütlich eingerichteten Teeladen saß er jetzt in einer Art Lego Haus aus bunten Steinen und mit Stoffwürfeln als Hocker.

Damit war auch Ash sprachlos. Ungläubig sprang er auf und schritt zur Tür, drehte aber auf halbem Weg um und griff nach seinem Laptop und der dazugehörigen Tasche, um sie auf keinen Fall zu vergessen.

„Hey, warte auf mich!“
 

Die Aussicht außerhalb des Gebäudes sagte dem Zweiergespann nicht wirklich mehr zu. Der Boden unter ihnen setzte sich aus einem gekachelten, grünen Teppich zusammen.

„Wo sind wir hier? Das ist nicht … Wo sind wir hier?“, verzweifelt suchte Ash nach einem Anhaltspunkt oder irgendwelchen vertrauten Sehenswürdigkeiten. Rai schien genauso ratlos wie Ash.

„Sehen wir uns genauer um.“, Als wäre es eine Aufforderung und kein Vorschlag, setzte sich Rai in Bewegung. Ash wollte nicht alleine zurückbleiben und so hatte er keine andere Chance als seinem Begleiter zu folgen.
 

Hin und wieder kam die kleine Gruppe an offenen Gebäuden mit Zuckerwatte, Gummibärchen, Sauren Drops, farbigen Zuckerstangen oder Schokolade vorbei. Die Häuser schienen als kämen sie aus Kinderserien oder wie der Spielzeugwerkstadt von Santa in Weihnachtsfilmen und waren vollständig aus Bauklötzen oder überdimensionalen Legosteinen gebaut.

Auch konnten sie eine Armee von Spielzeug Robotern sehen, die gegen Actionfiguren kämpften. Selbst eine Spielzeugbahn war Teil des Dorfes, auf die sie hätten aufspringen können, wenn Ash nicht zu langsam gewesen wäre.

Ein kalter Wind machte den Jugendlichen bewusst, dass sie nicht mehr in der schwülen Stadt waren. Frisch und unberührt ruhte die Luft in diesem Dorf voller Spielzeuge. Rein und magisch mit einem Gefühl von Abenteuern.

Flatterndes Unheil

Yoichi, welcher noch immer auf Neemon wartete, hörte plötzlich fremde Stimmen.

„Du denkst also, wir wären in dieses Spiel geraten und sind jetzt in dieser virtuellen Welt?“
 

Am Rand des Parks waren jetzt zwei Menschen zu sehen. Voller Freude darüber, hier endlich jemand Normalen zu finden, schritt der zierliche Junge auf die diskutierenden Schüler zu. Der Kleinere von diesen, schien ein Problem mit der Theorie zu haben.
 

„Du versuchst das hier mit einem Anime zu vergleichen!", konfrontierte der Hemdträger die ungegründete Schlussfolgerung seines Gegenübers, "Überhaupt benimmst du dich den ganzen Tag schon so seltsam, versuchst du mich mit einer versteckten Kamera dran zu kriegen?"

Diese Unterstellung schien den Schwarzhaarigen zu verletzen, denn er wurde plötzlich zurückhaltender und antwortete fast unhörbar, dass er hier schon öfter im Traum war und das wohl eine Art Vorahnung gewesen sein könnte.
 

Unschlüssig beobachtete Yoichi die Diskussion weiter und wog innerlich ab, ob er wirklich träumen könnte.

„Das sprechende Spielzeug vorhin meinte, dass wir hier in der Digiwelt wären. Es stellte sich selbst als Neemon vor und erzählte von irgendeiner Legende, dass wir Digiritter wären und ihm helfen sollen.“, meldete er sich schließlich zu Wort.

Die anfängliche Verwunderung plötzlich einen anderen Menschen in dieser verlassenen Umgebung zu sehen, wurde am Ende nur größer, als der viel jüngere Mensch von einem sprechenden Spielzeug berichtete.
 

„Ein imaginärer Freund?“

Nachdenklich legte Yoichi seinen Zeigefinger ans Kinn. Wie konnte er diese älteren Schüler davon überzeugen, dass er sich das nicht eingebildet hatte? Normalerweise wurde er doch immer als viel zu erwachsen beschrieben, kam er jetzt plötzlich als kindisch rüber?

„Unsinn, denk nach was uns im Tutorial erklärt wurde, bestimmt hat er ein Digimon gesehen.“, verteidigte ihn plötzlich der Größere.

„Ich bin übrigens Yoichi“, fing der Kleinste plötzlich an und verbeugte sich einmal förmlich, wie er es gegenüber älteren Schülern gewohnt war.

„Uh...“, etwas verunsichert vom plötzlichen Themenwechsel brauchte Rai einen Moment, eher er sich selbst und anschließend auch Ash vorstellte.

„Freut mich“, fügte letzterer noch so trocken hinzu, dass Yoichi nicht genau wusste, ob dieser es ehrlich meinte, oder ihn nur ärgern wollte.
 

„Schnell weg hier!“

Eine panische Stimme durchdrang die Stille und hinter der selben Ecke, hinter der Neemon verschwunden war, kam dieses nun – schneller rennend als zuvor - wieder hervor.

In seinem rechten, kurzen Arm hielt es etwas, das aussah wie ein grünes Buch und mit der anderen freien Hand hielt es seine Hose fest, damit diese nicht zu Boden rutschte.

Vor der Menschengruppe machte es schließlich Halt und blickte plötzlich überhaupt nicht mehr panisch drein.

„Und wer seid ihr?“ Mit der wieder freien Hand deutete es jetzt auf Ash und Rai, erntete aber wie üblich nur ratlose Blicke.
 

„Wieso bist du eben weggerannt?“, sprach Yoichi schließlich für alle aus.

„Wegen Demidevimon“, kam wie selbstverständlich die Antwort. Sofort realisierte das kleine Wesen was es eben sagte und sprang panisch hinter Rai und Ash, um sich zu verstecken.

„Ihr seid Digiritter, tut etwas!“, gab es dabei zitternd von sich.

„Digi-was?“, Rai verstand ebenso wenig wie Yoichi zuvor, was von ihm erwartet wurde.

„Nutzt euer Digivice!“, verlangte Neemon nun noch panischer.

Fragend tauschten Ash und Rai Blicke aus.

„Neemon meint dieses Ding.“ Stolz zeigte der kleinste der Gruppe sein verändertes Handy.

„So was hab ich nicht.“, verneinten Rai und Ash gleichzeitig.
 

Genervt kletterte Neemon also auf den Rücken des weißhaarigen Skeptikers und kramte ungefragt in dessen Hosentasche.

„Was machst du denn da?“, protestierte dieser und versuchte sich des Angreifers zu entledigen. Als Neemon etwas aus dessen Hosentasche zog, schrie es triumphierend auf:

„Das Digivice!“

„Mein Smartphone?“ Fix entriss Ash dem Digimon das Digivice, begutachtete es verdutzt und suchte gleichzeitig nach seinem verschwundenen Smartphone.

„Das ist doch...“, stellte Rai sprachlos fest als er in seiner Hosentasche ein ähnliches Gerät fand. Dieses ähnelte dem Ding, das er in seinen Träumen immer bei sich hatte.

„Fledermaus.“, unterbrach Yoichi das Geschehen plötzlich und zeigte auf die Ecke, hinter der Neemon hervorgekommen war.
 

„Demidevimon!“, wimmerte dieses wieder los und rannte ziellos im Kreis herum.

Das sogenannte Demidevimon glich einer Fledermaus wie Yoichi sie in Büchern gesehen hatte, allerdings waren die Flügel dunkelblau und es hatte eine Art Maske über der oberen Hälfte seines runden, hellblauen Körpers. Die wiederum blauen Füße waren fast so groß, wie sein kugeliger Körper und besaßen je drei riesige, rote Krallen. Es hatte auch keine richtigen Ohren, sondern eher langgezogene Fühler.
 

Als es die Gruppe von Menschen erspähte, zuckte es erschrocken zusammen.

„Menschen!", zischte es fing sich aber kurz darauf wieder. „Aber sie sind ja noch Kinder und völlig schutzlos!“
 

Wie aus dem Nichts ließ Demidevimon deswegen eine große Spritze in seinem rechten Flügel entstehen und warf diesen, mit einem Smiley versehenen, Behälter dann auf Yoichi und Neemon, welches sich sofort hinter Ash in Sicherheit brachte.

In letzter Sekunde schaffte es Rai, den zierlichen Jungen aus der Schusslinie zu zerren.

Enttäuscht verzog das feindliche Digimon sein Gesicht.

„Nächstes Mal werdet ihr meinem Giftpfeil nicht ausweichen."
 

„Was soll das denn werden?“, ergriff Ash nun das Wort – seine Augen auf der Fledermaus ruhend.

„Wonach sieht es denn aus?“

Eine weitere Spritze entstand und wurde von den Krallenartigen Füßen des Digimons ergriffen, dafür bereit geworfen zu werden.
 

„Hör zu Demidevimon, wir müssen nicht kämpfen.“, sprach Yoichi plötzlich, „Wir wollen niemandem etwas Böses und am aller wenigsten dir. Du hast also nichts zu befürchten. Wenn du willst, können wir alles friedlich klären. Vielleicht sogar Freunde werden."

Der zierliche Junge war nicht so naiv, dass er sich etwas daraus erhoffte. Aber genauso wenig konnte er seinen Gegner als böse ansehen, ohne dessen Beweggründe zu erfahren oder ihm eine Chance gegeben zu haben. Es gab immer einen Grund für ein aggressives Verhalten. Das hatte sich doch vorhin noch bei Bado bestätigt.
 

„Deine Freundschaft oder dein Charakter interessieren mich nicht. Ihr seid eine Gefahr für den Meister und deswegen werdet ihr vernichtet werden!"

Es gab also keine Möglichkeit einen Kampf zu umgehen. Schnell hob Rai ein herumliegendes Spielzeugschwert auf und positionierte sich vor Ash und Yoichi. Er war nicht dazu bereit, zurückzuweichen oder einfach die Flucht zu ergreifen.

„Was machst du denn da? Wir müssen hier weg!“, rief Ash laut. War sein Freund wirklich so dumm, sich für irgendein dahergelaufenes 'Neemon' in Gefahr zu bringen?

"Ich kann doch nicht einfach jemanden ignorieren, der unsere Hilfe braucht.", gab Rai zurück ohne seinen Blick vom Gegner abzuwenden.

„Neemon, du bist doch auch ein Digimon, tu etwas!“, verlangte Ash deswegen frustriert von dem hilfebedrüftigen Wesen. Dieses legte nur planlos seinen Kopf schief. Genervt schlug Ash seine Hand vors Gesicht:

„Lass mich raten, du kennst deine eigenen Attacken nicht?“

Ash blieb wohl nichts anderes übrig, als seinen Freund von hier aus anzufeuern.
 

„Giftpfeil!"
 

Wieder wurde eine Spritze - mit irgendeinem Gift gefüllt - geschossen. Rai konnte dieser Blitzattacke nur um Haaresbreite ausweichen, indem er sich zu Boden warf. Als die Nadel der Spritze neben ihm im Boden steckte, verließ ihn der eben gefasste Mut. Worauf hatte er sich da nur eingelassen?
 

„Ihr sollt diese Welt retten? Erbärmlich!“, kicherte die grinsende Fledermaus und flatterte weiter um Rai herum, welcher sich die größte Mühe gab, den fliegenden Gegner irgendwie zu treffen.

Von seinem eigenen Ausweichmanöver erschöpft, flog die Fledermaus weiter nach oben, wo es für einen Moment inne hielt. Mit seinen gelben Augen erzeugte es violette Ringe und sendete diese Ultraschallwellen - die dazu gedacht waren, die Opfer einzuschläfern - auf Rai.

Desorientiert versuchte dieser auf den Beinen zu bleiben, reagierte aber nicht schnell genug, um dem nächsten Angriff zu entgehen.

Mit voller Geschwindigkeit stürzte sich Demidevimon auf den Menschen und warf diesen zu Boden.

„Jetzt habe ich dich!“, verkündete es voller Vorfreude und griff nach einem weiteren Giftpfeil.
 

Doch plötzlich wurde es von irgendetwas getroffen und verlor sein Gleichgewicht, weswegen es neben Rai im Gras landete. Ein zweiter Schuss folgte. Daraufhin ein dritter, dieses mal genau in dessen Auge, bis Demidevimon schließlich die Flucht nach oben ergriff. Von dort warf es dem Digiritter einen hasserfüllten Blick zu.

„Hast du genug? Ich kann dir auch noch ein paar Steine entgegen schleudern!", drohte Ash mit einer gespannten Plastikschleuder in der Hand.

„Das wirst du bereuen!“, drohte es, flatterte dann aber widerwillig davon.

Aus Yoichis Richtung kam ein erleichtertes Seufzen.

„Geht es dir gut?“ Neemon hatte sich neben Rai gesetzt und musterte diesen besorgt.

„Nichts passiert. Nur eine kleine Schramme als es mich zu Boden geworfen hat.“
 

„Ich verstehe das nicht. Wieso ist nichts passiert?“, fragte es anschließend mit schief gelegtem Kopf.

„Was sollte denn passieren?“, erkundigte sich Yoichi daraufhin und setzte sich ebenfalls zu Neemon und Rai.

„In meinem Buch steht, dass ihr Menschen mit Hilfe von Spirits zu legendären Kriegern werdet!“

Prompt wurde das Buch aufgeschlagen, das es noch immer unter dem Arm geklemmt hatte. Die Hälfte der Seiten waren in einer merkwürdigen Schrift beschrieben, die zweite Hälfte bestand aus selbstgezeichneten Bildern.
 

„Steht in dem Buch vielleicht auch, wie wir hier hergekommen sind, oder wie wir in unsere Welt zurück können?“ Auch Ash hatte sich zur Gruppe gesetzt und blickte dem Digimon über die Schultern.

„Weiß ich nicht.“

„Wie das weißt du nicht, aber es ist doch dein Buch, oder?“, fragte sich Yoichi jetzt. Langsam verwunderte es ihn, dass dieses Digimon überhaupt etwas wusste.

„Das Buch gehört meinem Freund. Er hat gesagt, dass ich darauf aufpassen soll, bevor er verschwunden ist.“

„Also ist das hier überhaupt nicht dein Buch. Aber wo ist dein Freund denn jetzt?“, hakte Yoichi vorsichtig nach.

„Ihm muss etwas passiert sein, deswegen wollte ich euch Menschen ja finden!“

Ratlos blickten sich die Schüler an.

„Das hast du vorhin schon gesagt. Dass wir die Digiwelt retten sollen, aber vor was?“

„Bokomon sagte, dass sich die Gebiete in Luft auflösen.“

„Bokomon ist also dein Freund, wie? Hm, Schwierig...“, grübelte Yoichi noch immer ins Gespräch vertieft.
 

„Also ich weiß ja nicht so recht, das klingt alles merkwürdig.“, seufzte Ash.

„Ich weiß, was du sagen willst. Es ginge uns nichts an. Aber ich ...“, fing Rai an zu argumentieren.

„Schon gut. Es spricht nichts dagegen, wenn Neemon mit uns kommt. Wir müssen uns sowieso umsehen, wenn wir einen Weg nach Hause finden wollen.“, gab sich Ash geschlagen und erntete davon unerwartete Umarmung von Neemon.

Angespannt stand Yoichi auf und holte sein Digivice hervor:

„Ob dieses Ding uns wirklich stark genug machen kann, damit wir vor Digimon wie Demidevimon sicher sind?“

Ein letztes Mal ließ er die Umgebung auf sich wirken. Irgendwie schien nach diesem Kampf alles anders. Viel realer und gefährlicher. War das der Grund dafür, wieso es hier keine Digimonkinder gab, die mit dem Spielzeug spielten?

Antike Artefakte

„Ich weiß ja nicht.“

Etwas abseits der Gruppe stand Rai – damit beschäftigt, sein sogenanntes Digivice zu begutachten.

„Ein Ausflug zum Strand ist so ziemlich das Letzte was uns dabei hilft Informationen zu sammeln.“, murmelte er.

„Gibt es ein Problem?“ Yoichi näherte sich neugierig und blickte an dem viel größeren Schüler hoch.

„Mein Digivice ist blau. Bei Ash ist es schwarz und bei dir grün. Haben die Farben irgendetwas zu bedeuten?“

„Vielleicht damit man sie leichter unterscheiden kann?“, mischte Ash sich jetzt ein, „Aber fragen wir uns doch lieber, wieso Demidevimon sich einfach so vertreiben lässt. Sicher haben meine Schüsse nicht allzu viel Schaden angerichtet.“

Dazu wusste Neemon immerhin eine nützliche Antwort:

„Jedes Digimon ist unterschiedlich stark. Zwar ist Demidevimon kein Baby mehr, doch ist es immer noch ein Kind. Es muss erst digitieren.“

„Das heißt, es gibt noch viel stärkere Digimon da draußen?“, alleine bei dem Gedanken hatte Yoichi das Verlangen, sich hinter Rai zu verstecken.

„Es gibt noch Champion und Ultra und Mega und Super-Mega und...“, begann Neemon aufzuzählen.
 

„Genug“, wurde es von Ash gestoppt. Dieser konnte nicht genau deuten, ob Neemon die Wahrheit sagte oder nur sinnlose Wörter aneinander reihte. „Wie sollen wir vorgehen, wenn wir auf stärkere Gegner treffen?“

„Deswegen wollte ich ja zum Sandpalast! Er ist direkt hier am künstlich angelegten See. In ihm soll sich eine antike Waffe der legendären Krieger befinden.“

Jetzt wurde die Gruppe hellhörig.

„Wie kommen wir dahin?“ Rai blickte erwartungsvoll zu Neemon.

„Glaubst du ihm das etwa? Außerdem lag die Betonung auf Legende. Vielleicht ist das die reinste Zeitverschwendung.“, Ash hingegen blieb skeptisch.

„Aber was bringt es uns, wenn wir hier sitzen und darauf warten, dass Demidevimon mit Verstärkung zurück kommt?“, fügte der kleinste der Gruppe hinzu und überstimmte somit Ash, welcher schließlich leise grummelnd zustimmte.
 

Einen langen Fußmarsch später, kam endlich der See in Sicht. Das Ufer war komplett von Sand bedeckt und auf einem kleinen Hügel - der wie eine Klippe steil in Richtung Wasser abfiel - stand eine riesige Sandburg.

„Wie groß ist diese Spielzeugwelt eigentlich?“, brabbelte Yoichi plötzlich los.

„Die Stadt des ewigen Anfangs? Oh, das ist nur ein kleiner Teil des Kontinents.“ In der Nase popelnd schlug das Digimon eine Doppelseite in seinem Buch auf, in der eine gekritzelt Karte zu finden war. Dort zeigte es auf einen klitzekleinen, roten Punkt, der wohl diese Stadt darstellen sollte.

„Du hast jedenfalls nicht übertrieben, als du von einem Palast gesprochen hast. Ist das Sandstein?“, gab Ash staunend zu und holte sofort seinen Laptop hervor um mit der Webcam ein Foto der Sandburg zu machen.

„Ich muss doch sicher gehen, dass uns das später jemand glaubt“, fügte er rechtfertigend hinzu, als er sich der verdutzten Blicke von Rai und Yoichi bewusst wurde.

„Wir sollten uns aufteilen um das Gebiet schneller absuchen zu können.“, schlug das Digimon in roter Hose vor.

„Den Babysitter werde ich für dich nicht spielen.“, unterbrach Ash das kleine Wesen sofort.

„Dann gehe ich mit Neemon und du passt auf Yoichi auf.“, schlug der Schwarzhaarige sofort schlichtend vor.

„Ich sagte doch, ich werde nicht -“ begann Ash zu sagen, verstummte aber nach wenigen Wörtern.

„In Ordnung“, sagte er schließlich kleinlaut und wandte sich dann seinem Begleiter zu. „Also, wo sollen wir anfangen? Nehmen wir uns das andere Ufer vor?“

Motiviert nickte Yoichi. So musste er immerhin nicht aufpassen, die Sandburg versehentlich zum Einsturz zu bringen.
 

Auch Neemon und Rai machten sich auf die Suche nach der genannten Waffe. Steil war der Hügel an sich nicht, doch gab es einige Stellen, an denen Neemon nach oben gezogen werden musste, da es zu klein war.

„Wie sieht die Waffe eigentlich aus?“, fragte der Schüler schließlich.

„Weiß ich nicht.“, kam die Standardantwort von Neemon. Seufzend lief Rai weiter. Was hatte er sich bloß erhofft?

„Eigentlich ist es keine Waffe.“, rückte Neemon etwas später mit der Sprache heraus. „Aber du wirst es schon erkennen“, fügte es noch an.

„Na hoffentlich verschwenden wir hier nicht unsere Zeit.“
 

"Vernichten!"
 

Plötzlich verwandelte sich die Urlaubskulisse in ein Schlachtfeld. Ein roter Laserstrahl schlug nur wenige Meter neben Rai und Neemon ein und hinterließ ein tiefes Loch im Hügel. Alarmiert hob Rai das kleine Wesen hoch und zerrte es hinter sich her. Mit schnellen Schritten steuerte er den Palast an, um in dessen Hallen Schutz zu suchen. Er hoffte, dort würden sie sicher sein, doch gerade als sie da waren, brachte der Laserstrahl mehrere Wände zum einstürzen. Rai signalisierte seinem Begleiter, still zu sein, indem er seinen Zeigefinger auf seine Lippen legte und kletterte dann über die Trümmer der Wände ein Stockwerk nach oben. Aus den Fenstern konnte er jetzt Ash und Yoichi sehen, die sich hinter einem großen Felsen in Deckung gebracht hatten. Danach kletterte der Junge eine weitere Treppe nach oben, bis er schließlich auf dem Dach des Gebäudes war.
 

Ein metallischer Roboter kam zum Vorschein und als würde das Digivice sehen, was Rai sah, erstrahlte es und zeigte plötzlich ein 3D-Modell des Digimons an. 'Mekanorimon. Level: Champion. Typus: Virus. Attacke: Fernlichter' War darunter zu lesen.

"Schätze das ist unser Begrüßungskomitee..."

Wieder feuerte der Roboter mit seinem ungewöhnlich langen Armen einen Laser aus dem roten Kristall-ähnlichen Ding an seinem Rumpf ab.

Fast schon panisch duckte sich Rai unter dem Angriff hinweg, verlor sein Gleichgewicht und stolperte mit etwas Glück an dem zweiten Laser vorbei.

Jetzt begann das ganze Dach des Palastes einzustürzen.
 

Am Boden liegend hielt er seine Arme schützend über den Kopf.

Die Trümmer schlugen wenige Zentimeter neben ihm ein und rissen den ganzen Boden mit sich.

"Den Keller wollte ich eigentlich nicht finden!"

Mit viel Glück konnte sich Rai an einer Kante festhalten. Er schluckte bei dem Anblick des tiefschwarzen Lochs unter sich.

"Raus hier!", rief er in der Hoffnung, dass Neemon noch nichts passiert war.

Dann brach der Rest des Daches ein und schlug den Vorsprung weg, an dem Rai sich festgehalten hatte.
 

Er fiel immer tiefer. Immer schneller. Es schien kein Ende zu nehmen und für einen Moment dachte er schon, er sei tot. Dann erstrahlte plötzlich ein Licht aus dem Loch und ein Artefakt oder eher eine Statue flog genau auf ihn zu.
 

"Ist das die Waffe, von der Neemon gesprochen hat?"

Als wolle das Digivice seine Aussage bestätigen, begann es ein weiteres Mal zu leuchten. Schlagartig wurde die ganze Umgebung klarer. Zudem war er nicht mehr am fallen, sondern schien auf dem Licht des Digivices laufen zu können. Vor ihm schwebte die Statue.

„Dieses Licht hätte mir schon viel früher geholfen.“, kommentierte Rai frustriert und beobachtete wie das Leuchten seines Digivices immer intensiver wurde, fast als wolle es den Kopf verschlucken. Dann ging alles ganz schnell. Das Artefakt flog auf das blaue Gerät zu, verschwand in diesem und wurde umgewandelt in eine Datenreihe. Diese schwebte nun über dem Display des Geräts, so als würde sie auf etwas warten.

Rai wusste nicht genau, was überhaupt passierte und wie in aller Welt so etwas möglich war.

Neugierig versuchte er sie zu berühren, um sicher zu gehen, dass es nicht nur ein 3D Effekt war. Eine seltsame Kraft durchströmte ihn und für einen Moment dachte er, er hätte sich seine Finger verbrannt.
 

Die Daten lösten sich von der Umlaufbahn des Digivices und umhüllten den Schwarzhaarigen, wo sie sich in eine weiße Rüstung verwandelten und festigten. Rais Haare verblassten zeitgleich zu einem Blond und wurden kurz darauf bereits von einem wolfsähnlichen Helm verdeckt.

Seine Schultern, Unterarme und Knie wurden zusätzlich von lilafarbenen Schützern verstärkt. Die Hände wurden von schwarzen Lederhandschuhen bedeckt und seine Schuhe gegen wolfsähnliche Eisenstiefel mit drei Krallen ausgetauscht. Jedoch fühlte sich diese Rüstung nicht schwer an. Als hätte er sogar Schnelligkeit hinzugewonnen.
 

»Lobomon - Das Licht.«
 

Auf einmal schien das Loch gar nicht mehr so tief. Ein kräftiger Sprung reichte aus, um nach oben zu kommen. Mit diesem Momentum wandte er sich nach rechts und sprang über die Trümmer hinweg.

»Die beiden Geräte an deinem Gürtel. Nutze sie.«

Im Sprung zückte Rai zwei Lichtschwerter, die er während der Verwandlung hinzu gewann und zog sie instinktiv so schnell übereinander, dass ein Geschoss aus purem Licht entstand.

Mekanorimon, welches gerade dazu aus holte Neemon mit einem Laser zu durchlöchern, wurde von dem Geschoss direkt in den Rücken getroffen. Anscheinend erkannte es den Neuankömmling als Gefahr an, denn es ließ von dem kleineren Digimon ab und versuchte den Digiritter mit seinen langen Armen zu greifen.
 

Die ersten Male konnte Lobomon spielend ausweichen und dem Roboter mit seinen Lichtschwertern im Nahkampf zusetzen, doch irgendwann wurde Lobomon doch gepackt, hoch in die Luft geworfen und wie eine Zielscheibe mit dem Laserstrahl getroffen. Wackelig kam der Digiritter auf einem noch stehenden Teil der Mauern auf.

»Mit der Kanone an deinem rechten Handgelenk kannst du eine Lichtkugel abfeuern.«

Da war diese Stimme schon wieder. Wie zuvor konnte er sie keiner genauen Richtung einordnen, aber wie Neemon klang sie sowieso nicht. Dennoch beschloss er den Anweisungen zu folgen und so zielte er mit der Handkanone auf den massiven Roboter.
 

Der Schuss ging genau durch das rote Etwas hindurch, aus welchem Mekanorimon seine Laserstrahlen abschoss. Aufgebracht schlug dieses um sich und versuchte Lobomon von der Mauer zu stürzen. Mit einem geschickten Schwerthieb konnte der Krieger des Lichts letztendlich den roten Kristall komplett zerstören. Keuchend kam er zwischen dem Roboter und dem kleinen Digimon auf.
 

»Meine heilige Macht kann die Seele des Digimon retten, wenn du das Digivice benutzt.«

Ohne Fragen zu stellen zückte der Digiritter dieses und richtete es auf die Datenreihe, die den besiegten Gegner umkreiste.

»Seele, die du der Dunkelheit dienst, du sollst durch das Licht des Digivices gereinigt werden!«

Der Roboter wurde komplett schwarz und löste sich in einzelne Datenstränge auf, die wie das Artefakt zuvor in Rais Gerät gespeichert wurden. Schließlich stieg ein graues Digiei zum Himmel auf.

Digimon bestanden also aus Daten. Aber sie wurden nach dem Tod zu Eiern und schlüpften auch aus diesen? Zum Nachdenken blieb wenig Zeit. Der Trümmerhaufen unter Lobomon gab nach und als Rai die Wucht des Aufpralls spürte, wurde ihm klar, dass seine Rüstung verschwunden war.

Angestrengt versuchte er das kleine Wesen zu erblicken und als er es unverletzt nicht weit von ihm stehen sah, lächelte er und kratzte sich verlegen am Hinterkopf:

"Ich habe absolut keine Ahnung was da gerade passiert ist... Da war irgend so ein Ding... und dann... war da diese Stimme."
 

Das kleinere Digimon legte seinen Kopf schief - scheinbar überlegte es, ob es sich den ganzen Kampf nur eingebildet hatte.

„Ich wusste nicht, dass ihr mit den Waffen der legendären Digikriegern selbst zu Digimon werdet.“, plapperte es nach kurzer Zeit und schlug das „schlaue“ - zumindest nannte es Neemon so - Buch auf.

Mit offenem Mund staunend rannte Yoichi mit Ash im Schlepptau auf Rai zu:

„Das war ja wie ... Das war unglaublich!“, rief er dabei, fand aber keinen Vergleich, um sich besser auszudrücken.

„Du musst mir alles genau erklären“, verlangte jetzt Ash und setzte sich mit aufgeklapptem Laptop neben Rai.

Dieser überreichte nur schulterzuckend sein Digivice, dessen Display noch immer den Wolfskopf anzeigte.

„Das muss ein Spirit gewesen sein!, rief Neemon plötzlich laut und zitierte etwas aus der Beschreibung unterhalb der Abbildung: „Hier steht, dass sie die Seelen und die Daten der legendären Digikrieger enthalten.“

„Interessant.“ Nachdenklich öffnete Ash irgendein Programm auf seinem Laptop und griff nach Rais Digivice, um es mit diesem zu verbinden.

„Was genau machst du da?“, erkundigte sich der Besitzer des Geräts.

„Ich versuche die Frequenz der Daten zu finden. Vielleicht finden wir so noch mehr Spirits.“

Noch immer fragend starrte Rai auf den Bildschirm des Laptops.

„Gibt es denn noch mehr davon?“, richtete er schließlich seine Frage an Neemon.

„Damals gab es zehn legendäre Krieger.“ Noch immer blätterte das Digimon in dem merkwürdigen Buch herum.

„Dann gibt es hier vielleicht auch noch weitere Menschen.“, spekulierte Yoichi leise.

„Jedenfalls werde ich dich nicht alleine kämpfen lassen.“, erklärte sich Ash und gab das Digivice zurück an Rai. „Wir haben eine Spur.“

Eigensinnig

Während sich Rai und Yoichi unterhielten, behielt Ash ihre Umgebung aufmerksam im Auge - Immerhin wussten sie fast nichts über ihre Umgebung und auf Neemon war nun wirklich kein Verlass. Wobei man der Fairness halber anmerken musste, dass es mit dem Spirit und dem Sandsteinpalast Recht hatte.

Die Drei liefen jetzt fast seit einem halben Tag durch eine scheinbar endlose Graslandschaft ohne Blumen oder Sehenswürdigkeiten, die durch die mittlerweile fehlenden Spielzeuge nur noch trostloser wirkte.

„Bist du sicher, dass wir auf dem richtigen Weg sind?“, versicherte sich Yoichi dabei immer wieder und versuchte einen Blick auf den Bildschirm von Ashs Laptop zu erhaschen.

„Hier sind jedenfalls noch Gleise, also müssen wir irgendwo ankommen.“, versuchte Rai ihn zu beruhigen.
 

Nur Minuten später, als sie die nächste hügelige Erhebung überwunden hatten, kam ein riesiges Gebäude in Sicht. Das monoton-graue Gebäude, in welchem man ein Flugzeug hätte verstecken können, bildete einen unerwarteten aber wilkommenen Kontrast zu dem sonst eintönig grünen Gebiet. Die abgedunkelten Fenster waren ohne Makel und die Tür, die mehr einem großen Tor glich, stand einen Spalt weit offen.

„Sehen wir uns das mal genauer an. Vielleicht finden wir etwas.“, schlug Rai vor, konnte aber bereits die ermahnenden Worte von Ash erahnen:

„Sei vorsichtig. Wir wissen nicht, was uns darin erwartet.“

Dennoch schritt der Digiritter weiter. Sein Digivice hatte er griffbereit in der Hosentasche.
 

Die Gänge waren menschen- und digimonleer und wirkten hoch modern. Staub war trotz dem verlassenen Eindruck nicht aufzufinden – sofern es diesen in der Digiwelt überhaupt gab. Hier und dort waren Schalter an den Wänden, die wesentlich komplizierter anmuteten als Lichtschalter.

Sowohl Rai als auch Yoichi mussten sich zurückhalten, um diese nicht aus lauter Neugier zu drücken und den Zorn von Ash auf sich zu ziehen.

Nach mehreren Abbiegungen – Sie hatten sich dazu entschlossen immer links zu laufen um sich nicht zu verwirren - kamen sie erneut zu einer Art Tor. Dahinter erstreckte sich eine riesige Lagerhalle. Überall standen Kisten und Regale herum.

„Was wird hier aufbewahrt?“, fragte Yoichi neugierig und ging weiter hinein.

„Pass auf! Du weißt nicht, wer oder was hier drin sein könnte!“, ermahnte Ash wieder zur Vorsicht.
 

„Mekanorimon. Hier werden Roboter produziert.“, konnte man Rai hören, der trotz der Warnung weiter ins Lager gegangen war.

Er stand vor einer Wand von Helmen. Auf der gegenüberliegenden Seite waren die langen Roboterarme der Mekanorimon zu finden. Auch Schwerter, Schilde und anderes Zubehör häufte sich in der vollgestopften Halle an.

„Die Fabrik produziert Digimon?“, vergewisserte sich Yoichi ungläubig.

„Scheint so.“, stimmte Ash deswegen seinem Freund zu.

Rai verließ währenddessen die Lagerhalle bereits wieder durch eine Tür auf der anderen Seite.

„Jetzt warte doch Mal!“, rief Yoichi deswegen eilig hinterher.

„Pssst! Sei leise.“, ermahnte ihn Ash, setzte sich aber gemeinsam mit Yoichi in Bewegung, um Rai einzuholen.
 

Nach einem kurzen Gang fanden sie sich in einem Raum mit einem Fließband wieder, wo Köpfe auf Oberkörper gesetzt wurden. Hier und dort erblickten sie Geräte, die scheinbar die Produktion leiteten. Während die Rüstungen mit Lasern bearbeitet wurden, kümmerten sich Roboterarme um die Positionierung der einzelnen Teile.
 

„Heißt, wenn wir die Fabrik stoppen können, werden keine neuen Mekanorimon produziert.“, rückte Rai plötzlich mit der Sprache heraus.

„Und wenn sie die Produktion überwachen?“, warf Ash skeptisch ein.

„Wir können doch aber auch nicht einfach dabei zusehen, wie diese zerstörerischen Maschinen Amok laufen.“, setzte Rai dazu an den Weißhaarigen zu überzeugen.

„Wir sind nicht hier, um uns mit irgendwelchen Digimon anzulegen. Wir wollten nach Spirits suchen damit wir möglichst lebend zu Hause ankommen!“, argumentierte Ash aufgebracht.
 

„Wo ist eigentlich Neemon?“, unterbrach Yoichi plötzlich den Streit, suchte zuerst hinter Ash und Rai und lief anschließend besorgt zurück zur Halle.

Die Sturköpfe musterten sich einander erst sprachlos, rannten aber beide hinter dem kleinsten der Gruppe hinterher.

„Wir sollten zusammen bleiben.“, protestierte Ash während er dabei zusah wie Rai den Jüngsten einholte und ihn davon überzeugte, stehen zu bleiben.

„Aber wir müssen Neemon finden!“, drängelte Yoichi besorgt.

Er wusste selbst, wie gefährlich es werden könnte, doch fühlte er sich für Neemon verantwortlich, seit er es in der Spielzeugstadt aufgegabelt hatte. So verpeilt es auch sein konnte, es war immer noch sein Freund.

Dennoch war er für Argumentationen und Vorschläge zu haben und so versuchten sie zu dritt herauszufinden, wo sie den Ausreißer verloren hatten.
 

Unterbrochen wurden sie dabei von dem Eingangstor, welches sich wie aus dem Nichts schloss. Auch die Lichter gingen plötzlich an. Dank diesen war nun auch eine Überwachungskamera in der oberen Ecke der Lagerhalle zu sehen.

„Das ist schlecht.“, stieß Ash alarmiert hervor.

Auch die zweite Tür begann jetzt, sich zu schließen und den Weg zum Ausgang abzuriegeln. Zur Verwunderung der Anderen setzte der Spiritträger dazu an, trotzdem auf die andere Seite zu kommen.

„Was hast du vor?“, rief ihm der unsportliche Skeptiker seinem Freund sauer hinterher.

Ein Hechtsprung genügte und schon war Rai hinter der jetzt verschlossenen Tür verschwunden.

„Ich werde diese dämliche Fabrik abschalten!“, antwortete er nun und hoffte, dass sie ihn überhaupt noch hören konnten.
 

Auf sich alleine gestellt setzte er sich wieder in Bewegung. Ash und Yoichi waren zwar in der Lagerhalle eingeschlossen, aber immerhin bedeutete das auch, dass niemand zu ihnen gelangen konnte. Sie waren sozusagen in Sicherheit, während er entkommen konnte und somit eine Gefahr darstellte.

Ohne dem Fließband, welches sie zuvor schon gesehen hatten, weitere Beachtung zu schenken griff der Junge nach seinem Digivice um im Falle eines Angriffs schneller reagieren zu können. Natürlich hätte er auch jetzt schon digitieren können, jedoch war er sich noch unsicher, wie lange diese Verwandlung anhielt und ob sie eine Art Abklingzeit hatte. Von Rai aus gesehen musste er an der kommenden Weggabelung nur rechts abbiegen um wieder ins Freie zu kommen. Allerdings wollte er ins Innere der Fabrik und so wurde der andere Weg gewählt.
 

"Als ob ich mich einfach raushalten würde, wenn ich schon die einmalige Chance habe etwas zu verändern.", rechtfetrigte er sich vor sich selbst, weil noch immer Ashs Worte in seinen Gedanken herumschwirrten.

Der nächste Raum schien eine Art Treppenhaus zu sein. Es hing sogar ein Plan an der sonst völlig weißen Wand. Scheinbar ein Fluchtplan, falls es zum Brand kommen würde.

Die Treppen, die sich ineinander verschlangen und sich an die viereckige Form des Raumes anpassten, sahen leicht anders aus, als normale von Menschen erbaute Treppen. Ihr Geländer war einen guten Meter höher. Die Stufen waren aber nicht viel höher als gewohnt, was ziemlich seltsam aussah. Unschlüssig begutachtete Rai das aus einem weißen Material gebaute Geländer.
 

„Ich wusste, dass ihr herkommen würdet, wenn ich euch mit Spirits ködere!“, ertönte von oben plötzlich eine vertraute Stimme, kurz darauf war auch ein Flattern zu hören. Rai war bereit, zu digitieren, doch der Bildschirm blieb schwarz.

„Wieso tut sich nichts?“

Angespannt zog sich der Schüler zurück und versuchte hinter einer großen Metallsäule Schutz zu suchen.

„Du wirst es bereuen, Demidevimon gedemütigt zu haben!“, drohte die Fledermaus auf dem Weg nach unten. Als sie unten angekommen war, erspähte sie den Menschen ohne große Probleme und feuerte einen Pfeil, dem Rai nur ganz knapp entkam.

Schreckhaft sprang dieser auf und sprintete in die ihm noch unbekannte Richtung des Ganges.
 

„Bleib gefälligst stehen!“, krächzte das gefiederte Digimon. Zwar hatte es Flügel, doch schien es nicht annähernd schnell damit fliegen zu können.

„Was ist denn los?“, machte sich eine weitere Stimme bemerkbar. Hinter Rai löste sich ein graues Zahnrad mit goldenem Rahmen von der Wand. An den Seiten hatte es zwei weitere, kleinere Zahnräder, die wie ein Ersatz für Arme aussahen.

„Den Jungen, halte ihn auf!“, befahl Demidevimon völlig außer Puste und sank auf den Boden um eine Pause einzulegen.
 

'Hagurumon', zeigte das Digivice von Rai an.

„Das ist schön und gut, aber hilf mir endlich dabei, zu digitieren!“, verlangte er.

Am Ende des langen Ganges erstreckte sich eine weitere Halle, gefüllt mit zahlreichen Maschinen. Jedoch musste der Digiritter geschockt feststellen, dass die Tore auf der anderen Seite geschlossen waren.

„Jetzt habe ich dich!“, kündigte die Stimme von Demidevimon aus einiger Entfernung an.

Angespannt drückte Rai jede nur auffindbare Taste seines Digivices. Das war nun wirklich nicht die beste Zeit für einen technischen Streik. Erst als die Fledermaus um die letzte Ecke bog, erschien der Spirit endlich auf dem Display und gab die Datenreihe preis, die auf eine Berührung von Rai wartete.

„Na also!“, jubelnd griff der Schwarzhaarige auf diese zu.
 

»Spiritevolution!«
 

An die Stelle des Menschen trat Lobomon und Demidevimon erlitt einen regelrechten Schock.

„Ihr Menschen könnt digitieren?“, stotterte es dabei. Als es seine Fassung wiederfand, schickte es hastig einige Schallwellen in die Richtung seines Gegners.

Lobomon wich zur Seite aus und konterte mit einer Lichtkugeln die es mit der kleinen Kanone an seinem Handgelenk schoss. Noch immer panisch wich die kleine Fledermaus nach oben aus und schleuderte einen weiteren Giftpfeil auf Lobomon.
 

„Stehenbleiben!“

Das sprechende Zahnrad hätte Rai fast vergessen, wenn es sich nicht jetzt wieder bemerkbar gemacht hätte. Dieses hatte sich mit einer großen Maschine vernetzt und schien diese zu kontrollieren. Aus einem der mechanischen Arme kam ein Stecker hervor, welcher voller Elektrizität knisterte. Blitzschnell schoss dieser auf den Digiritter zu und verpasste ihm einen elektrischen Schlag. Kurz darauf raste die Giftspritze der Fledermaus auf den betäubten Kämpfer zu.

„Stirb, Digiritter!“, krächzte die Fledermaus siegessicher.

Taktisches Feuer

>>Roll dich zur Seite!«

Von der Anweisung wachgerüttelt konnte Rai dem Geschoss gerade noch entgehen. Hatte er sich die Stimme im letzten Kampf also nicht nur eingebildet?

» Das Herz der Maschine ist der Schwachpunkt.«

Aus seiner noch geduckten Position schoss der Digiritter eine präzise gezielte Kugel auf das Zahnrad. Das schwache Digimon löste sich sogleich in Daten auf und die Maschine zerbrach in ihre Einzelteile.

„Das war dann wohl mit meinem kleinen Trick.“, stellte Demidevimon enttäuscht fest und ergriff die Flucht. Andernfalls lief es Gefahr ebenfalls als Zielscheibe zu enden.

» Wir müssen ihm folgen. «

"Das musst du mir nicht zweimal sagen."
 

***
 

"Kommen wir so hier raus?" Yoichi beobachtete jede Aktion von Ash ganz genau. Erst wie er seinen Laptop drahtlos mit dem Netzwerk der Fabrik verbindete und anschließend wie er irgendwelche Begriffe in eine Konsole eintippte. Alles nur um die Verriegelung aufzuheben, die sie in der Halle einsperrte.

"Fertig!", teilte Ash kurz darauf mit und wartete stolz darauf, dass die Metallplatten in der Decke verschwanden und die Tore freigaben. Freudig lief Yoichi voran. Dem linearen Weg folgend kamen die Beiden bald zu einem verlassenen Treppenhaus.

"Da auf dem Plan! Das Kontrollzentrum ist im zweiten Stock. Bestimmt ist Rai auch da lang.“, erklärte Ash seinem Begleiter.
 

Eine seltsame Maschine hatte sich währenddessen auf die Menschen fixiert und folgte ihnen einige Minuten, ehe diese ihren Verfolger endlich bemerkten.

„Was ist das?“, fragte der Jüngere verwundert und blickte mit großen Augen zu Ash.

„Kann mir keinen Reim drauf machen“, ratlos begutachtete dieser die Maschine. Trotz der lila Färbung erinnerte sie etwas an einen Satelliten, hatte das Wesen doch nur ein großes Auge und zwei Rotorblätter. Diese erinnerten an Arme, da sie reglos herunter baumelten und nicht zum Schweben benötigt wurden.

Im nächsten Augenblick hatte Ash eine Idee. Rai hatte ihm doch erzählt, dass sein Digivice im Kampf gegen den Roboter dessen Namen sowie weitere Informationen anzeigte. Allerdings war der Hoffnungsschimmer so schnell erloschen wie er aufkeimte:

'Keine Daten gefunden.'
 

„Alert! Alert!“, stieß die Maschine hervor als sie das Digivice bemerkte und ehe Yoichi oder Ash reagieren konnten,schlug ein orange-roter Laserstrahl neben ihnen ein. Durch die Explosion brach sogar einen Teil des Geländers weg.
 

„Weg hier!“, wies Ash seinen Begleiter an und zerrte diesen die Treppen hinauf. Kurz darauf hielt er selbst an um nach einem Teil des Geländers zu greifen und dieses als Schlagstock zu verwenden.

Ein Katz und Maus Spiel folgte, denn die merkwürdige Raumsonde wich jedem Hieb erfolgreich aus, nur um danach ebenfalls seinen Laser zu verfehlen.

Staunend verfolgte Yoichi den Schlagabtausch für den Ash einige Kendotechniken benutzte.

„Lauf weiter!“, rief der Ältere als er Yoichis Zögern bemerkte. Schreckhaft zuckte dieser zusammen und setzte sich wieder in Bewegung.

Ashs Gegner setzte währenddessen zu einem anderen Angriff an und drehte seine Rotorblätter um die eigene Achse, ehe es rasant auf den Weißhaarigen zusteuerte. Dieser blickte sich alarmiert um, konnte aber im engen Treppenhaus keine Möglichkeit finden, dem maschinellen Tornado auszuweichen.
 

„Lichtschwert!“

Eine flinke Gestalt huschte zwischen ihn und das Digimon, um die Rotation zu stoppen und somit abzuwehren. Ash kannte dieses Digimon und war sich deswegen schnell sicher, dass es Rai war.

„Nach oben.“, wies der Digiritter seinen menschlichen Freund an.

„Verstanden“, gab Ash folgsam zurück und folgte Yoichi, welcher bereits die Tür zum Kontrollraum geöffnet hatte und hinter dieser verschwunden war.
 

„Das Digimon ist ein Gizmon.“ An der Tür, vor der Ash nun stand, war ein Poster mit einem Diagramm angebracht. Dieses zeigte den Aufbau der Maschine.

„Das Auge ist sein Datenspeicher. Versuch es zu zerstören!“, rief er nun etwas lauter herunter.
 

Obwohl Rai mit einem Ohr zuhörte und verstand was Ash meinte, ging der Schlagabtausch zwischen den Digimon unbeirrt weiter. Kurz darauf war Lobomon schon am Fallen. Ein Laser hatte dieses erwischt und es stürzte von den Geländer-losen Treppen nach unten.
 

» Wir dürfen nicht aufgeben. Wolltest du nicht deine Freunde beschützen?«

Sich über die teilweise doch sehr vorlaute Stimme ärgernd setzte sich der noch immer von Lobomons Rüstung geschützte Digiritter auf. Er musste sich eingestehen, dass sie doch irgendwie Recht hatte. Also setzte er dazu an seinem Gegner mit einer Folge aus Schwerthieben zuzusetzen.
 

Das viel zu schnelle Gizmon spielte zuerst auf Abstand, bereute diese Entscheidung jedoch, als eine Lichtkugel aus der Handkanone des Digiritters sein linkes Rotorblatt durchlöcherte.

» Das ist unsere Chance! «

Beide Lichtschwerter gezückt schnellte Lobomon los, bereit dazu seinen Feind zu durchbohren.

Ein weiterer Laser kam ihm auf halbem Wege entgegen, dem er ohne Probleme auswich, dann aber bemerkte er Gizmon direkt vor sich. Die herabhängenden Kabel schnellten umher und umwickelten den Krieger des Lichts, um ihn mit einer elektrischen Ladung zu schocken.
 

„Rai!“, panisch versuchte Ash die auseinanderbrechenden Treppen nach unten zu klettern. Erst auf halbem Weg bemerkte er, dass Rai zurückdigitiert war.

„Gefahr eliminiert. Gefahr eliminiert. Gefangener wird weggebracht.“, mit diesen Worten begann Gizmon höher und höher in die Luft zu steigen. Wollte es etwa zum Dach der Fabrik? Oder wollte es Yoichi und Ash ebenfalls mitnehmen?

Verzweifelt blickte Letzterer dem Gizmon hinterher. Er musste etwas unternehmen. Also umschloss er die zuvor gegriffene Stange fester und warf sie mit aller Kraft auf den fliegenden Satelliten. Überrascht gab dieses ein „Error“ von sich und wandte sich dann zu dem neuen Feind um. Dieser hatte den Moment dazu genutzt von der Treppe abzuspringen und genau auf der Maschine zu landen.

Von dem zusätzlichen Gewicht aus dem Konzept gebracht und genauso überrascht wie Ash selbst über dessen leichtsinnigen Angriff sank Gizmon zurück zum Boden. Dort löste es den Griff um Rai und nahm den anderen Mensch ins Visier.
 

„Die Spirits gehören dem Meister!“, krächzte jemand plötzlich von oben herab.

„Vorsicht!“, unterbrach auch Yoichis Stimme die Prügelei.

Aus dem Kontrollraum war eine ohrenbetäubende Explosion zu hören.

Ängstlich stürmte der braunhaarige Junge aus dem Zimmer.
 

"Dieses Mal lasse ich es nicht entkommen!", wandte sich Rai dem Demidevimon zu, von welchem die Stimme ausging. Gizmon gefiel das überhaupt nicht und versuchte seinen Gegner wieder einzufangen.

„Nicht so voreilig!“, kommentierte Ash und verpasste der Maschine einen gewaltigen Schlag auf die Rübe, der sie dazu veranlasste Funken von sich zu geben. Unkontrolliert schwebte sie auf eine Wand zu und zerstörte sich selbst.
 

Triumphierend zeigte Rai einen Daumen nach oben, was wohl soviel wie „Good Job“ heißen sollte. Dann blickte er nach oben, sein Digivice bereits gezückt.

„Willst du wirklich weiterkämpfen?“, hielt Ash ihn auf und legte seine Hand auf dessen Schulter.

„Ich komme schon klar.“, murrte Angesprochener stur.

Als Demidevimon mit zwei Spirits in den Händen – oder in diesem Falle eher Krallen – aus der Türe kam und fast mit seinen menschlichen Widersachern kollidierte, zuckte es wie so oft panisch zusammen.

„Du schon wieder“, schrie es auf, erkannte aber auch, dass es eine Chance hatte solange seine Gegner nicht digitiert waren. So nutzte die Fledermaus die Gunst des Augenblicks für einen Überraschungsangriff. Mit roher Kraft rammte es seinen Flügel gegen die Schulter seines Gegners und stieß ihn die Treppe hinab.

Yoichi konnte Rai gerade noch auffangen, bevor er als Mensch weitere Stufen hinab gerollt wäre.

Sein Digivice stürzte jedoch den ganzen Weg nach unten.

„Ohne dieses Ding bist du wohl doch nicht mehr so mutig, was?“, ärgerte Demidevimon seinen Gegner und steuerte auf ein von Gizmon verursachtes Loch in der Decke zu.
 

„Hiergeblieben!“ In der Hand hielt Ash ein Stück Schrott. Zumindest sah es erst so aus.

„Willst du mich etwa wieder abschießen?“, kicherte Demidevimon, musste aber zu seinem Übel feststellen, dass es damit sogar Recht hatte.

Mit dem Gerät, das er dem zerstörten Gizmon abgenommen hatte, schoss der Weißhaarige einige Projektile in die Richtung des fliegenden Ziels.

Zwar verfehlten alle miteinander, doch rissen sie ein weiteres Loch in die Decke. Die herabfallenden Trümmer streiften Demidevimon und entrissen der Fledermaus einen der Gegenstände.

Ash, die Pistole fallen lassend, war sofort zur Stelle und fing den Drachenkopf auf. Keine Sekunde später erstrahlte dieser und tauchte das Trümmerfeld in ein blendendes rotes Licht.
 

Die Haare des Jugendlichen färbten sich feuerrot. Ein stählerner Helm mit einem Haiflossen-ähnlichen Horn schützte nun die Augen des Digiritters. Als das Licht verblasste und die Verwandlung abgeschlossen war, schritt ein zweibeiniges Reptil auf Demidevimon zu.

Das krasse Gegenteil zu dessen lila Haut bildete die dunkelgrüne Hose, die mit einigen Ledergürteln und Stahlplatten verstärkt war. Das gleiche Metall schützte auch Schultern des drachenähnlichen Kriegers. Armen sowie Beinen wurden von einer Art fingerloser Handschuhe geschützt, aus denen messerscharfe Krallen ragten.
 

„S- Strikedramon, der Krieger des Feuers.“, stotterte Demidevimon und schüttelte sich einmal, um die zahlreichen Steinchen und Staubpartikel loszuwerden, die an ihm hefteten.

» Konzentriere dich auf das Feuer, das in dir brennt und bring es mit einem Fausthieb zum Ausdruck. «

Das Reptil nutzte seine hinzugewonnene Beweglichkeit, um über die Trümmer der Treppe nach oben zu springen. Seine rechte Kralle umhüllt von einer Flamme, stürzte es sich auf Demidevimon. Bevor es getroffen wurde gelang es dem Flegel jedoch noch den zweiten Gegenstand nach oben zu werfen.

Eine pechschwarze, größere Fledermaus mit zerfetzten Flügeln, blutroten Krallen und einem Drachenschwanz drehte seine Runden über dem Fluchtweg.

„Verschwinde von hier!“, wies das kleinere Digimon den Neuankömmling zurecht, dem es soeben seinen Schatz zugepasst hatte. Dann schien Demidevimon's Kraft zu verlassen, denn es stürzte angeschlagen zu Boden und löste sich in einzelne Datenstränge auf.

Ash setzte dazu an die Flucht zu verhindern, wurde jedoch von einer weiteren Explosion unterbrochen. Diese war so stark, dass sie die Tür zum Kontrollraum in ein Geschoss verwandelte.

»Wir müssen weg hier, sonst fliegt euch die Fabrik um die Ohren.<<

Flucht

Wo einst die makellose Fabrik thronte, stand seit der Explosion nur noch eine Ruine. Zwar hatte die Gruppe es durch Strikedramons Warnung noch rechtzeitig nach draußen geschafft, doch war die Moral spürbar niedrig. Das unbekannte Digimon hatte sich mit dem anderen Spirit aus dem Staub gemacht und eine Verfolgung war wegen der allgemein vorherrschenden Erschöpfung kaum in Erwägung zu ziehen.

"Wir können entweder zurück zur Spielzeugstadt um Neemon zu suchen, oder wir folgen dem Spirit.", sprach Rai das Dilemma an als sie endlich einen Platz zum Ausruhen gefunden hatten. Vor Komfort strotzte dieser zwar nicht, doch waren sie in der Höhle wenigstens vor Wind und Wetter geschützt.

"Falls Neemon überhaupt dort ist. Was, wenn es noch in der Fabrik war?", äußerte sich der Jüngste der Gruppe zögerlich.

"Das war es nicht, sonst hätte es sicher im ersten Raum schon für Ärger gesorgt.", versuchte Rai Yoichi's Sorgen zu beschwichtigen.

"Andererseits wissen wir jetzt, dass der Spirit in den Händen unserer Feinde ist. Wenn wir sie überhaupt als solche bezeichnen können, immerhin wissen wir fast nichts über sie.", steuerte Ash nach langer Bedenkzeit endlich bei.

"Sie haben versucht uns umzubringen.", erinnerte Yoichi an die bisherigen Kämpfe.

"Vielleicht gehen sie davon aus, dass wir ihnen etwas wegnehmen wollen, was ihnen gehört.", begründete Ash deswegen trocken, "Versteh mich nicht falsch, ich will sie nicht verteidigen. Aber ich möchte auch nicht, dass wir dem Spirit blind folgen und genau in ihr Hauptquartier hereinspazieren."

"Ihr seid also Beide der Meinung, dass wir zuerst nach Neemon suchen sollten.", fasste Rai zusammen um die aufkommende Spannung zu unterbinden. Ash konnte diesem nur widerwillig zustimmen:

"Ich halte zwar nicht viel von dieser verpeilten Schnarchnase, aber es ist immer noch der einzige Guide den wir haben."
 

Mehr Zeit für Entscheidungen war ihnen nicht vergönnt. Außerhalb der Höhle waren schwere Schritte zu hören. Vorsichtig lugte Yoichi um die Ecke und verzog skeptisch sein Gesicht. Einen Ritter hätte er nie erwartet. Als das Digimon - vollkommen in eine silberfarbene Rüstung gehüllt - die Menschen erblickte und sich wieder in Bewegung setzte schwand Yoichis Optimismus, dass es gutmütig sein könnte.

'Knightmon, Level Champion', zeigte jedes Digivice zeitgleich an.
 

Während ihr Gegner ein überdimensionales Schwert zückte, welches so groß war wie Yoichi und mindestens das Zehnfache wog, griff Rai nach der Hand des starren Jungen und zerrte ihn tiefer in die Höhle hinein.

Auf Knightmons großem Schild, welches es in seinen von Panzerhandschuhen geschützten Händen hielt, glühte ein orangefarbenes Kolibrizeichen. Dieses orangene Licht erhellte die Höhle hinter der Gruppe und nahm ihnen den Vorteil, ungesehen zu sein. Ohne sich absprechen zu müssen, setzten die drei Menschen sich in Bewegung um sich ins Innere der Höhle zurück zu ziehen.

"Hat dieses Grab überhaupt einen zweiten Ausgang? Vielleicht sollten wir lieber kämpfen.", keuchte Rai angespannt.

"Bei unserem letzten Kampf ist eine ganze Fabrik drauf gegangen. Wenn wir hier die Decke zum Einsturz bringen ist es aus mit uns.", folgte sogleich die Antwort von Ash, welche Rai natürlich gar nicht passte:

"Wenn wir immer nur weglaufen, brauchen wir die restlichen Spirits auch nicht zu suchen."

"Hier teilt sich der Gang.", unterbrach Yoichi den Streit.

Spontan schlug Rai das vor, was ihm als erstes in den Sinn kam:

"Dann teilen wir uns auf um Knightmon zu verwirren."

Ash war wie immer sofort dagegen: "Wenn wir kämpfen, dann zusammen."

"Langsam glaube ich, du willst überhaupt nicht kämpfen.", warf ihm der Größere jetzt an den Kopf.

"Was ich will ist lebend zu Hause ankommen.", verteidigte Ash seinen Standpunkt ohne sich auf die Provokation einzulassen.

"Dann lass mich wenigstens Knightmon ablenken, damit du und Yoichi etwas Vorsprung bekommt. Ich war immer der Sportlichere von uns Beiden, ich hole euch also locker ein."

Unsicher ob Yoichi sich auch einmischen sollte blickte er an Ash nach oben. Nach wenigen Sekunden Gedenkpause stimmte dieser dem Vorschlag von Rai zu.
 

Als Yoichi und Ash endlich in der Dunkelheit verschwunden waren und auch ihre Schritte nicht mehr zu hören waren, zeigte Rai sich dem Knightmon, lockte es in den anderen Gang.

Als die Decke nach einigen Minuten höher und höher wurde und er einige Stalaktiten von der Decke hängen sah, stoppte er kurz. Die Höhle war um einiges größer, als zuerst angenommen. Ein ganzes Labyrinth schien in ihr verborgen zu sein.
 

"Wenn wir hier nicht kämpfen, finden wir vielleicht keinen besseren Ort."

Fest dazu entschlossen seinen Verfolger zu konfrontieren holte der Schwarzhaarige sein Digivice hervor. Statt auf die Daten zugreifen zu dürfen, zeigte dieses jedoch nur eine Karte mit einem Pfeil.

"Du willst mich auch nicht kämpfen lassen? Ein toller Verbündeter bist du. Na gut, wir spielen nach deinen Regeln."

Dem Pfeil folgend schlängelte der Digiritter sich durch das Labyrinth. Abzweigung auf Abzweigung folgte.

"Ich verstehe, du willst das Knightmon also verwirren."
 

Wie sich später herausstellte, war zwar das Ablenkungsmanöver erfolgreich, doch kein wirklicher Weg zurück ins Freie. Zu Rais Freude konnte er immerhin wieder etwas sehen. Vor ihm erstreckte sich ein riesiger, kreisförmiger Raum, fast wie eine Lichtung im Wald - nur eben für eine Höhle. Er war so hoch, dass er die Decke nicht sehen konnte und mindestens genauso tief. Überall waren Eingänge zu Tunneln verstreut, die scheinbar sinnlos über den zylinderförmigen Raum verteilt waren.

"Dann ist das hier der Mittelpunkt des Labyrinths?" Die Augen des Jungen wanderten zwischen den Eingängen umher. Wo kam überhaupt das Licht her? Wie sollte irgendwer diesen Raum durchqueren? Er konnte schlecht von Säule zu Säule zu springen, um auf gut Glück irgendeinen anderen Tunnel zu betreten und auf einen Ausgang zu hoffen.
 

Noch immer streiften Rais Augen umher, in der Hoffnung eine Lösung zu erspähen. Belohnt wurde er für seine Wachsamkeit aber mit einem weiteren Problem. Zeitgleich mit ihm war ein weiteres Digimon in dunkler Rüstung angekommen. Dieses hatte bis auf die menschliche Statur keine wirkliche Ähnlichkeit mit dem Knightmon, schien Rai aber trotzdem zu kennen:

"Endlich habe ich dich gefunden!"

Schultern und Knie des Digimon waren von Augen geziert und auch am Oberkörper des Fremden war ein Auge zu sehen. Die Hände bestanden aus dämonischen Köpfen, aus welchen wiederum rote Schwerter ragten. Die Schuhe ähnelten knochigen Überresten. Der Helm rundete das abscheuliche Aussehen ab, denn er war im Großen und Ganzen ein Schädel ohne Unterkiefer und mit drei Hörnern. Das einzig nicht Bedrohliche an diesem Digimon waren die langen, gelben Haare, die unter der Rüstung hervor schauten.
 

Rai hatte bereits sein Digivice in der Hand und inspizierte die Daten des Gegners. Duskmon, so hieß es, befand sich auf einem variablen Level. Was auch immer das zu bedeuten hatte. Entschlossen aktivierte Rai die Daten des Spirits um sich mit ihnen zu verbünden.

"Spiritevolution! Lobomon!"
 

Die altbekannte Rüstung des Kriegers umhüllte Rais Körper. Es war noch immer ein seltsames Gefühl, plötzlich den Instinkt und die Erfahrung eines Digimon zu besitzen. Als die Digitation abgeschlossen war, ruhten Lobomons Augen ruhig auf seinem Gegner. Es war bereit zu kämpfen, doch irgendetwas an Duskmon störte ihn enorm.

"Es ist fast so als könnte ich die Gefahr spüren, die von ihm ausgeht."
 

Duskmon schien von der passiven Haltung seines Gegenübers weniger begeistert.

"Was murmelst du da vor dich hin? Bist du zu einem Feigling geworden, Lobomon?"
 

Diese Provokation ließ der Krieger des Lichts sich nicht gefallen. Sein Lichtschwert in der Hand, überquerte Lobomon den Abgrund und sprang vom Tunnel auf die erste Säule. Jetzt erklärte sich auch, wieso der Raum hell erleuchtet war. Das Gestein der Säulen schien aus irgendeinem Grund Licht abzugeben.

Zeitgleich sprangen die beiden Krieger auf die größte Säule, die in der Mitte des Raumes ein perfektes Kampffeld bot. Die ganze Höhle bebte, als die Schwerter aufeinander trafen. Lobomon konnte keinen einzigen Treffer landen, so sehr es sich auch anstrengte. Mit Leichtigkeit wehrte Duskmon die Schläge ab und verzog dabei keine Miene.

Je mehr Rai realisierte, dass seine Angriffe keine Wirkung zeigten, desto verkrampfter schien er.

»Dann eben mit dem Zwillingslaser!«

Durch die Energie der beiden Schwerter entstand eine Sichel aus Licht, die auf Duskmon zuflog.

Gespannt beobachtete Lobomon, wie sich nach dem Treffer die kleine Wolke aus Lichtpartikeln verzog, die sich beim Aufprall auf die Rüstung gebildet hatte.
 

"Das kann doch nicht möglich sein!"

Obwohl Duskmon keinen Muskel gerührt hatte, bekam es keinen Kratzer ab. Kopfschüttelnd umklammerte Lobomon den Griff seiner Lichtschwerter fester und wich einige Schritte zurück.

Energie sammelte sich währenddessen in den Augen der Rüstung. Sie waren nicht wie angenommen nur Dekoration, sondern Waffen. Jedes einzelne Auge. Rote Strahlen schossen auf Lobomon zu. Letzteres konnte nur knapp mit seinem Sprung entkommen. Die feuerrote Energie traf auf eine der leuchtenden Säulen und pulverisierte die getroffene Stelle förmlich, woraufhin der Rest des Gebildes in sich zusammen fiel. Einzelne Trümmer fielen ins Wasserbecken am Boden, das wahrscheinlich aus gesammeltem Regenwasser entstanden war.
 

Da Lobomon noch starr vor Anspannung war, setzte Duskmon mit einem zweiten Angriff nach. Die Schwerter von Duskmon begannen in einem unheimlichen Rot zu strahlen. Das Leuchten breitete sich aus und bildete einen leuchtenden Kreis, den Duskmon wie ein Wurfgeschoss in die Richtung seines Gegners warf.

"Strudel der Finsternis!"

Lobomon wollte wie zuvor ausweichen - immerhin war Duskmon nicht so schnell wie der Digiritter selbst - doch entfaltete sich die gesammelte Energie der Kugel bereits im Flug. Wie eine Explosion breitete sich die glühend rote Macht aus und traf sowohl Lobomon als auch die Säule in der Mitte des Raumes.

Der Krieger des Lichts wurde mit einer fast schon unvorstellbaren Wucht gegen die letzte noch stehende Säule im Raum geschleudert und riss diese allein durch den Rückstoß ein. Als Mensch stürzte er ins Kniehohe Wasser.

Der ganze Raum war nun mit Dunkelheit erfüllt. Keine Säule war mehr da, die hätte Licht spenden können. Unter Schmerzen setzte sich der Digikrieger auf.
 

"Sitz hier nicht so bedröppelt rum, komm schon!"
 

Der Schwarzhaarige zuckte zusammen, als er plötzlich vom Kampffeld gezerrt wurde. Offenbar wusste diese Person oder dieses Digimon wo der Ausgang war, denn Rai wurde in Richtung eines Tunnelausgangs geschleift. Wegen dem fehlenden Licht, stolperte er fast die jetzt erscheinende Treppe nach oben. Wer hätte auch schon in einem Tunnel Stufen erwartet?

Höher und immer höher hinaus rannten sie. Rai hatte keine Zeit nach Duskmon zu sehen da das Wesen noch immer sein Handgelenk fest umgriffen hatte und keine Anzeichen machte, stehen zu bleiben.
 

"Das war knapp..." Wenige Minuten später kam endlich Licht in Sicht.

Frische Luft, Sonne, Rettung.

Völlig außer Puste blickte Rai zu seinem Retter und erkannte dabei, dass es sich um ein Digimon handelte. Es glich verdächtig einer weißen Katze, lief aber auf zwei Beinen. Seine Vorderpfoten wurden durch gelbe Handschuhe mit orangenen Tiger-streifen geschützt. Der Schwanz wiederum war mit lila Streifen verziert und endete in einem lila Pinsel-ähnlichen Fellstück. Dieses war auch an den Katzenohren zu finden.
 

Das Katzendigimon legte seinen Kopf schief und musterte den Jungen sehr, fast schon zu genau.

"Ich bin übrigens Gatomon."

Verwirrt stellte sich Rai ebenfalls vor. Dann blickte er sich neugierig um. Er war umgeben von einem dichten Wald.

Gatomons Gesicht war ernst, teilweise sogar besorgt. Nach einer viel zu kurzen Pause griff es erneut nach Rais Hand und zerrte den viel größeren Menschen hinter sich her.

„Dein Freund ist in Gefahr.“, merkte es dabei beiläufig an.

Digieier in Gefahr

Ein Mensch, etwas jünger als Rai, lag auf dem roten Dach eines kleinen Spielzeughauses. Seine Arme hatte er hinter seinem Kopf verschränkt. Eine rote Weste benutzte er dabei als Kopfkissen. Mit seinen schwarzen Turnschuhen stützte er sich von einer Art Regenrinne ab, damit er nicht die Steigung herunter rutschte.

Als hätte er einen Geistesblitz setzte sich der Junge plötzlich auf, zog die Weste an und hüpfte dann vom niedrigen Dach. In der Ferne hatte er etwas gesehen.

"Könnte das wirklich ein Mensch sein?"
 

"Rai! Ash!"

Nicht weit außerhalb der Stadt lief ein ziemlich aufgewühlter, zierlicher Junge vorbei. Zwar suchte er aktiv nach seinen Freunden, doch war seine Körperhaltung ziemlich passiv und zurückgezogen. Fast schon schutzlos. Entweder er hatte kein Selbstbewusstsein, oder er fühlte sich alleine und verloren.

"So ängstlich wie er scheint ist er bestimmt neu hier.", spekulierte der Blondschopf gedanklich.
 

Neugierig lief dieser nun über den grünen Spielzeugteppich, welcher eher wie ein Rasen aussah, in die Richtung des Suchenden. Die offene Fläche außerhalb der Stadt schien endlos und ein angenehmer Wind strich an dem Digiritter vorbei. Dieser grinste über beide Ohren. Zu groß war die Vorfreude, eine neue Person in dieser Welt kennen zu lernen.
 

"Kann ich dir irgendwie helfen?"

Als der fremde Junge sich erschreckte und sich panisch umdrehte, fühlte der Blondschopf sich schuldig. Verlegen kratzte er sich am Hinterkopf:

"Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken. Ich bin Airyn, aber nenn mich Airi. Und wie heißt du? Kann ich dir irgendwie helfen?"

Der Junge fürchtete zu direkt zu sein, erhielt zu seiner Freude aber doch eine Antwort.

"Ich bin Yoichi.“, dann stockte er kurz, unsicher, ob er weiter reden sollte, „Du könntest wirklich helfen. Hast du hier vielleicht irgendwo weitere Menschen gesehen?"

Yoichi überlegte erst ob er auf eine Antwort warten sollte, durchlöcherte Airi aber weiter:

"Was machst du hier eigentlich alleine? Und bist du auch ein Digikrieger? Hast du schon einen Spirit gefunden?"

Bevor sich Airi der ganzen Fragen annehmen konnte, wurde er von Yoichis Magenknurren unterbrochen. Der Blondschopf konnte sich gerade noch ein Lachen verkneifen als dieser als Reaktion auf das Knurren rot wurde.
 

"Wenn du möchtest lade ich dich auf einen Snack ein und wir klären alles weitere später."

Dabei wedelte der Blondschopf mit einem schwarzen Geldbeutel. Yoichi beobachtete diese Geste nur verwirrt, folgte aber dem ihm fremden Jungen in Richtung Spielzeugstadt.
 

"Du bist also schon länger hier in der Digiwelt?"

Worauf Yoichi diese Aussage stützte? Nun, Airi kannte sich scheinbar schon aus. Er hatte sogar Geld, welches in der Digiwelt zählte und schien in keinster Weise aufgeregt oder verloren.

"Eine Weile.", erklärte der Blondschopf nach kurzem Zögern.

Yoichi hatte sich mehr erhofft und blickte enttäuscht auf sein Digivice. Eine Geste, die er sich durch sein Handy angewöhnt hatte um Blickkontakt zu vermeiden.

"Dein D-Tector sieht ja ganz anders aus.", bemerkte sein Gegenüber währenddessen.

Schulterzuckend verglich Yoichi beide Geräte.

„Die von Ash und Rai sehen aus wie meins. Aber wir nennen sie Digivice.“

Diese Aussage stimmte Airi nachdenklich. So nachdenklich sogar, dass er nicht einmal bemerkte, wie Yoichi das Restaurant bereits entdeckt hatte und auf dieses zusteuerte.
 

"Du musst schnell kommen!", Yoichis Stimme riss ihn schließlich wieder aus seinen Gedanken. Fast schon panisch sprintete dieser zurück in Airis Richtung.

"Irgendein böses Digimon greift die Stadt an! Es hat etwas von Daten geredet und dass es jeden auslöscht, der nicht kooperiert."

"Die Stadt des ewigen Anfangs?", viel wusste der Blondschopf ja nicht, aber dass dies ein heiliger Ort war - der einzige Ort in der Digiwelt, an dem neue Digieier entstanden - wusste er, "Dieses Gebiet ist tabu!"
 

Yoichi konnte nur noch zusehen, wie Airi zum Kampf entschlossen los stürmte.

"Zuerst sieht er so aus, als hätte er einen Geist gesehen und dann lässt er mich hier zurück. Also ich weiß ja nicht so recht, was ich davon halten soll."
 

Als Yoichi endlich wieder bei Atem war, folgte er dem suspekten Jungen, ließ es sich aber nicht nehmen nebenbei die Bäume zu begutachten. Zuvor schon war ihm aufgefallen, dass Spielzeug an diesen hing. Jetzt aber hoffte er auf eine Art Waffe. Ein Zauberstab oder eine Wasserpistole. Irgendetwas, was ihn auch ohne Spirit nützlich erscheinen ließ.
 

"Endlich gefunden", erleichtert seufzte Yoichi. Er dachte schon, er würde Airi überhaupt nicht mehr einholen. Letzterer schien unentschlossen darüber, was er tun sollte und lehnte deswegen für die Gegner nicht sichtbar gegen eine Hauswand
 

"Wenn ihr kleinen Hosenscheißer nicht sofort wieder zu Digieiern werden wollt, dann sagt ihr mir, wo die Daten versteckt sind!"
 

Die Stimme gehörte zu einem Scorpiomon, das wie der Name schon vermuten ließ einen Skorpion darstellte. Mit dem Unterschied, dass er zur besseren Tarnung sandfarben war und an der Unterseite des Körpers Klingen trug. Auch sein Stachel und seine vorderen Scheren waren messerscharf.

"Was ist los?" Besorgt blickte Yoichi zwischen Airi und den bedrohten Digimon umher. Wieso griff er nicht ein? Das große Meeresdigimon schritt immer näher an die kleinen kugeligen Digimon heran. Einige von diesen hatten sogar noch einen Schnuller im Mund und versuchten sich irgendwo in ihrer Babywiege zu verstecken.
 

"Scorpiomon ist auf dem Ultra-Level. Es ist ein viel zu mächtiger Gegner."

Verbissen umklammerte Airi seinen D-Tector.

"Aber du wirst doch nicht schwächer sein, als Rai oder Ash, oder? Du musst ihnen helfen!", kam jetzt wieder von Yoichi, der vergaß dass Airi seine Freunde noch nicht kennenlernte.
 

"Ich weiß. Vielleicht wäre es mit der wahren Macht des Spirits schaffbar. Aber ich kann sie kaum kontrollieren."

Noch immer mit sich selbst ringend, atmete Airi einmal tief durch bevor er sich aufrichtete und auf die in seinem "D-Tector" gespeicherten Daten zugriff. Der Blondschopf schien - trotz der zuvor geäußerten Stärke von Scorpiomon - fest entschlossen.
 

"Spiritevolution! Raidramon!"
 

Angespannt beobachtete der zierliche Junge die Digitation.

Was meinte der Blondschopf nur mit der 'wahren Macht der Spirits'? War es etwas, das man sich erarbeiten musste?

Airis Körper veränderte sich komplett. Er wurde nicht wie bei Lobomon oder Strikedramon von einer Rüstung umschlossen, sondern wurde in eine vierbeinige, tierische Gestalt gezwungen.

Der blaue Körper des Digimon, welches jetzt vor Yoichi stand, war umgeben von einer schwarzen Rüstung. Die obere Hälfte der Beine war jeweils mit einer doppelten Rüstung verstärkt. Vorne wurde dieser Schutz von einer roten Scheibe verziert, unter der eine Steckdose - zumindest wusste Yoichi nicht, was es sonst sein sollte - lag. Seitlich des Rumpfes waren gelbe Streifen zu sehen, die fast wie Zähne wirkten. Das selbe Gelb zierte auch - in Form von zwei senkrechten Streifen 'durch' die roten Augen des Digimon - den schwarzen Helm. Zwischen den Augen ragte ein gelbes Horn nach oben, welches fast so aussah wie ein Blitz. Unterkiefer und Hals des Digimon waren ungeschützt. Ebenso der blaue Schwanz, der dem ganzen Digimon ein aerodynamisches Aussehen verlieh.
 

In dieser Form war es dem Digikrieger ein Leichtes, die Distanz zu Scorpiomon in wenigen Sekunden zurück zu legen. Mit voller Geschwindigkeit und vollem Körpereinsatz rammte er den Feind regelrecht. Scorpiomon wusste nicht, was vor sich ging, als es hoch in die Luft katapultiert wurde und knapp außerhalb des Spielzeugparks auf einem großen Plüschwürfel landete.

Mit einem geschickten Sprung überquerte Yoichi den Holzzaun um die Ablenkung auszunutzen und zu den jungen Digimon im eingezäunten Bereich zu kommen.

"Geht es euch allen gut?"

Jubel ertönte aus den Wiegen. Teils aus Erleichterung und teils, um Airi aus der Entfernung anzufeuern.
 

"Na warte, du kleine Plage!"
 

Sauer krabbelte der Skorpion von dem überdimensionierten Würfel. Es brauchte ein paar Sekunden bis es sich wieder orientieren konnte. Rechts von ihm war die farbenfrohe Straße, direkt auf der anderen Seite mehrere Geschäfte, die Teigwaren, Getränke, Süßigkeiten und Spielzeug verkauften. Hinter ihm die Stadtmitte mit einer riesigen Tanne in der Mitte und links ein ziemlich schmaler, aber tiefer Fluss. Geradeaus waren die Babydigimon, doch Raidramon versperrte diesen Weg. Skeptisch beäugte Scorpiomon seinen Gegner.
 

"Du wagst es, dich mir in den Weg zu stellen? Ausgerechnet du?"
 

Als Antwort auf diese Frage nahm Raidramon Kampfhaltung ein. Es winkelte Vorder- und Hinterbeine an - jeder Zeit dazu bereit, los zu sprinten.

Auf eine Antwort zu warten schien Scorpiomon sowieso nicht. Auf Raidramon fokussiert stellte sich der Skorpion auf die hinteren Klauen und zog seine Vorderen Waffen übereinander, um ein blaues Kreuz aus Energie auf seinen Gegner zu schleudern.
 

"Schwanzmesser!"
 

Für Raidramons Geschwindigkeit war es kein Problem, dem Projektil auszuweichen. Es machte einen kurzen Satz nach vorne, ließ das Kreuz hinter sich einschlagen und sammelte Elektrizität für seinen eigenen Angriff.
 

"Gewitter Klinge!"
 

Eine große Menge an Energie sammelte sich im Horn des Digikriegers und schoss dann in Form eines elektrischen Strahls auf Scorpiomon zu. Letzteres war nicht mobil genug, rechtzeitig auszuweichen und bekam die komplette Attacke zu spüren. Es war sichtlich angeschlagen, machte aber keine Anzeichen, den Kampf aufzugeben. Stattdessen schüttelte es die Elektrizität einfach ab und ignorierte den Schmerz.

"Ich wäre kein Ultradigimon, wenn ich mich so leicht besiegen ließe!"

Überraschend schnell setzte es sich jetzt wieder auf die hinteren Klingen und brachte mehrere Kanonen an seiner Unterseite zum Vorschein.

"Was zur Hölle?"

Hämisch grinsend über den Erfolg der gemeinen Attacke fing es an unzählbar viele kleine Stacheln aus diesen versteckten Kanonen zu feuern:

"Stachelüberraschung!"

Raidramon gelang es zwar, den meisten Stacheln auszuweichen, weil es sich mit vielen Sprüngen immer weiter in Scorpiomons Richtung zubewegte, musste aber trotzdem einige harte Treffer einstecken.

Als der Krieger des Donners endlich die Distanz verringert hatte und direkt vor Scorpiomon stand, schleuderte Raidramon einen gewaltigen Strahl elektrischer Energie aus seinem Maul:
 

"Blitzstrahl!"
 

Dieser Konter brachte den gewünschten Erfolg. Scorpiomon wurde wieder in hohem Bogen durch die Lüfte katapultiert und kam als schwarzer Schatten neben dem Fluss auf. Airi wäre am liebsten zurück digitiert. Sein ganzer Körper schmerzte. Zwar konnte er sich dem Drang, seinen animalischen Instinkten nachzugeben ganz gut widersetzen, doch konnte er bei weitem nicht die volle Kraft der Digitation nutzen. Trotzdem zwang er sich, die Verbindung mit den Daten aufrecht zu erhalten und bewegte sich auf den besiegten Feind zu.

"Scorpiomon! Wieso brauchst du denn so lange?"

Gerade überlegte Airi, wie er in seiner animalischen Form hätte die Daten scannen können, da wurde er von einer aufbrausenden, weiblichen Stimme unterbrochen. Sein Atem stockte. Er kannte diese Stimme.

Wasser und Eis

Aus dem Wasser des Flusses tauchte ein menschliches Digimon auf. Mehr oder weniger desinteressiert blickte es zu Scorpiomon, blinzelte einmal nachdenklich und entschied sich dann scheinbar dafür, seinem Verbündeten zu helfen.

"Lanamon.", Instinktiv wich Raidramon mehrere Meter zurück.

Das humanoide Wesen, welches die Statur eines kleinen Mädchens hatte, trug eine hellblaue, Badeanzug-ähnliche Rüstung. Diese reichte bis zu dessen türkisfarbenen Händen und Fußgelenken. Der blaue Kopfschutz, der ebenso gut eine Krone darstellen könnte, war wiederum in der Farbe der Rüstung gehalten und war wie diese mit runden Rubinen verziert.
 

Scorpiomons Betäubung ließ währenddessen nach und sein schwarzer Körper wandelte sich zu seinem üblichen sandigen Farbton zurück. Das Digimon erschrak als es seinen Boss neben sich bemerkte und verbeugte sich höflich vor diesem. Anschließend wurde es dazu abkommandiert, sich zurück zu ziehen. Stattdessen befahl Lanamon einer schwarzen drachenähnlichen Fledermaus, die Daten zu besorgen. Dieses Ungetüm nannte sie Devidramon.

„Das ist das Digimon aus der Fabrik, das den Spirit entführt hat!“, rief Yoichi aufgeregt.

Raidramon versuchte mit einem weiten Sprung zu Devidramon aufzuschließen und dieses von Yoichi und den neugeborenen Digimon fern zu halten.
 

"Du bleibst schön hier. Du hast mir einiges zu erklären!"

Mitten in der Luft wurde Raidramon von einer riesigen Welle erfasst. Wo genau diese herkam, wusste es nicht so genau. Die Wassermassen drückten Raidramon in die entgegengesetzte Richtung des Flusses, sodass der Park jetzt rechts von ihm und der Fluss vor ihm war.

Am liebsten wäre Airi - noch immer im Körper von Raidramon - sofort wieder in Devidramons Richtung gesprintet. Lanamon konnte er aber nicht einfach ignorieren. Sie in die Richtung der Babys zu lassen, wäre deren Untergang gewesen.
 

Angespannt wechselte Raidramon in Kampfhaltung. Seine Augen waren nur noch kleine Schlitze, die auf Lanamon fixiert waren. Die Beine waren derart angewinkelt, dass die Elle fast das nasse Gras berührte. Er musste jetzt darauf vertrauen, dass Yoichi die Babys in Sicherheit bringen konnte.

Dann machte der Krieger des Donners sich dazu bereit, seinen wohl mächtigsten Angriff zu entfesseln. Bisher hatte er es vermieden, doch jetzt musste er seine Kraft vertrauen. In seinem Körper sammelte er wie bei den anderen Angriffen auch eine große Menge an Elektrizität an. Dieses Mal konnte er diese allerdings nicht in seinem Horn oder Maul kanalisieren. Stattdessen schoss er den Strom aus jeder Pore in Lanamons Richtung:
 

"Blauer Donnerschlag!"
 

Mit einem Knistern traf der Strahl auf Lanamon, die seit ihrem provokativen Kommentar - ihren Diener beobachtete.

Ziemlich genervt fiel sie durch den Rückstoß in den Fluss, wo sie sich erst neu orientierte und dann mit einem simplen Fingerschnippen eine Wassersäule entstehen ließ. Dieser Strahl aus fast schon massivem Wasser, schoss senkrecht in die Luft und bildete eine Plattform, auf der Lanamon stehen konnte. Vor Wut kochend, stemmte sie ihre Hände in die Hüften und brüllte förmlich in Raidramons Richtung:

"Spinnst du?! Wie kannst du es wagen, mich einfach hinterrücks anzugreifen!"
 

Ihr klar zu machen, dass es weder hinterrücks noch verboten war, wäre verschwendete Zeit gewesen. Raidramon schabte nur ungeduldig mit der rechten Pfote über den matschigen Boden. Dieses Verhalten passte Lanamon gar nicht. Aufgebracht ließ sie weitere Säulen entstehen und bewegte diese in Raidramons Richtung. Noch war die Distanz groß genug, um den Säulen leicht zu entkommen. Mit Sprüngen manövrierte sich Raidramon geschickt um das Wasser herum. Trotzdem musste es den Abstand zu Lanamon verringern, wenn es einen weiteren Gegenangriff starten wollte.

Je näher Raidramon dem Fluss kam, desto schneller wurden auch die Wassersäulen.
 

"Gewitterklinge!"

Die Säulen, denen nicht auszuweichen war, zerstörte der Digiritter mit Energieprojektilen aus seinem Horn. Zwar konnte Lanamon ihm so nichts anhaben, doch spielte er mit dem Feuer, je näher er ihrem bevorzugten Lebensraum kam. Im Fluss war der Digikrieger des Wassers klar im Vorteil.
 

Devidramon hatte in der Zwischenzeit Yoichi und die Babydigimon wieder erreicht und zeigte mit seinen Krallen in Yoichis Richtung: "Die D-Codes. Gib sie mir!"

Yoichi - noch immer auf den Kampf zwischen Lanamon und Raidramon konzentriert - schüttelte widerwillig seinen Kopf.

"Ihr weigert euch"

Erst jetzt blickte der braunhaarige Junge zu seinem Gegenüber:

"Ich werde nicht zulassen, dass du diese Neugeborenen verletzt! Airi gibt sein Bestes, sie zu beschützen. Er hat sich sogar gegen Scorpiomon gestellt obwohl er Angst vor ihm hatte. Es wird jetzt nicht daran scheitern, dass ich dich vorbei lasse!"

So viel Eifer hätte man dem zierlichen Jungen gar nicht zugetraut. Lautstark stimmten die kleinen Digimon zu und begannen zahllose Seifenblasen auf die schwarze Drachenfledermaus zu schleudern.
 

Verwirrt blickte Yoichi sich um. Er war beeindruckt vom Mut der kleinen Digimon und auch etwas enttäuscht von sich selbst. Wie schafften es, diese jungen Wesen weniger ängstlich zu sein, als er selbst?

Leider war der Regen aus Seifenblasen nicht annähernd stark genug, um Devidramon etwas an zu haben. Ungeduldig schüttelte das Digimon sich und stapfte auf eine der Kinderwiegen zu nachdem die letzten Seifenblasen zerplatzten.
 

"Ich werde nicht zulassen, dass du dieses Digiei zerstörst!"

Unter Protest stellte sich der Digiritter vor genau die Wiege, auf die Devidramon zuschritt.

"Was willst du schon ausrichten?"

Mit einer Art Schockwelle begann Devidramon seinen Angriff. Yoichi beugte sich tapfer über die Wiege und schirmte das zerbrechliche Ei vor dem Sturm ab. Wie lange der Beschuss anhielt? Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor. Eine Ewigkeit, in der er weder sehen noch atmen konnte. Erst als der Schmerz der Schockwelle abnahm, knickte Yoichi ein. Erschöpft kniete er jetzt vor der Wiege und versicherte sich davon, dass dem Ei nichts passiert war.

"Du stehst noch?"

Nicht nur Yoichi war von sich selbst überrascht, auch Devidramon war beeindruckt von der Sturheit des Digiritters.
 

Als Airi den Lärm aus dem Park hörte, wandte er seine Aufmerksamkeit für den Bruchteil einer Sekunde vom Kampffeld ab und überlegte, ob er nicht doch helfen sollte. Dieser Moment des Zögerns war genug für Lanamon, die Leichtigkeit in Raidramons Ausweichmanöver zu unterbrechen. Bisher hatte Airi sich keinen Kopf über die zerstörten Säulen gemacht, doch zu ignorieren, dass die ganze Wiese schon mehrere Zentimeter unter Wasser stand war ein Fehler.

Mit einer Handbewegung, die verdächtig nach Voodoo aussah, übernahm die zierliche Kriegerin die Kontrolle über eben dieses Wasser hinter Raidramon und brachte es in die Form einer Welle.
 

"Du hättest dich nicht mit mir anlegen sollen!"

Die gewaltigen Wassermassen trafen das unachtsame Raidramon von hinten und schwemmten es geradewegs in den Fluss hinein. Kaltes Wasser umschloss den Körper des Digiritters und fast schon panisch versuchte er, wieder ans Ufer zu kommen.
 

"Schön hier geblieben!"
 

Jetzt, da Raidramon endlich im Fluss war, konnte Lanamon die Macht über ihr Element komplett ausnutzen. Beide Hände übereinander reibend kreierte sie einen Strudel, der ihren Gegner weiter und weiter in die Tiefe des Flusses zog. Endlich war ihr Feind da, wo sie ihn haben wollte. Nun hieß es nur noch, sich zurück zu lehnen und abzuwarten. Schadenfroh setzte sie sich auf den Turm aus Wasser, der sie noch immer über dem Fluss schweben ließ und konzentrierte sich auf den Strudel.
 


 

"Dann werde ich dich eben mit meinen Krallen erledigen!"

Devidramon holte zum finalen Schlag aus. Seine messerscharfe Klaue war hoch erhoben. Langsam stand Yoichi auf und drehte sich zu seinem Gegner um. Er war so oft weggerannt wenn es brenzlig wurde, doch hätte er es sich nicht verzeihen können es dieses Mal zu wiederholen. Die Vorstellung davon das Ei hinter ihm zermatscht zu sehen löste Übelkeit in ihm aus.

"Ich respektiere deinen Mut, aber jetzt wirst du sterben!"

Zitternd schloss Yoichi seine Augen. Der Junge war zu sehr damit beschäftigt, den Schmerz zu erwarten und bemerkte daher nicht, was sich vor ihm abspielte. Erst als Devidramon lautstark zurück wich, öffnete Yoichi seine Augen und realisierte das grelle Leuchten. Verwirrt drehte er sich um. Wurde Devidramon etwa von diesem Leuchten verletzt? Wieso schmerzte es für Yoichi nicht?
 

"Das kann doch nicht sein! Der Spirit reagiert auf deine Dummheit?"

Devidramon erklärte zwar soeben was passierte, verstehen konnte Yoichi aber trotzdem noch nicht. Das weiße Artefakt vor ihm leuchtete mit jeder Sekunde stärker, bis es sich plötzlich in viele Datenstränge verwandelte, die einen Gegenstand umschlossen hielten. Dieser Gegenstand war der Oberkörper eines Magiers, gehüllt in ein weißes Gewand.

»Ich danke dir für deinen Einsatz. Wenn du es mir erlaubst, werde ich dir dabei helfen die Digiwelt zu beschützen.«

Das schützende Netz aus Daten entknotete sich und löste sich nach und nach auf. Als Yoichi nickte flog der zurück gebliebene Spirit genau auf ihn zu. Ein gleißendes Licht legte sich um den Digiritter, und er vollzog die Transformation zum Digimon.
 

Aus dem Licht, welches eben noch Yoichi umhüllte, trat nun der zuvor gesehene Magier. Seine gelben Haare waren unter einem weißen Zaubererhut mit einem großem schwarzen Band versteckt. Mund und Nase wurden von einem ebenfalls weißen Umhang verdeckt, welcher auf der Innenseite wiederum lila war. Einige Reißverschlüsse und grüne Stofffetzen verzierten den weißen Anzug. Abgerundet wurde dieses Outfit mit Lederstiefeln, Handschuhen und einem Stab, der so groß war wie Sorcerymon selbst und aussah, als wäre eine große Schneeflocke ans Ende gesteckt.
 

"Du hast mich gefragt, was ich denn schon groß ausrichten könnte. Dank Sorcerymon habe ich endlich meine Antwort. Willst du es immer noch wissen? Dann stell dich uns im Kampf!"
 

Unbeeindruckt lockerte Devidramon seine Muskeln - sofern es denn welche hatte - und stellte sich dann wieder auf die hinteren Beine, um mit seinen Klauen eine Schallwelle zu erzeugen. Yoichi wusste nicht, wie so etwas überhaupt möglich war, doch jetzt hatte er Sorcerymon an seiner Seite und konnte sich verteidigen.

Präventiv faltete er seine Hände und murmelte was ihm gesagt wurde. Kurz darauf entstand ein eisiger Kristall vor ihm. Ohne einen Kratzer zu hinterlassen, prallten die Schockwellen an dem Eiskristall ab und fielen zu Boden.

Das schien dem Devidramon gar nicht zu schmecken, denn es ging jetzt in den Nahkampf über und versuchte, mit seinen messerscharfen Krallen verletzliche Stellen zu treffen. Sorcerymons Antwort darauf war seine 'Crystalcloud', welche eine fast undurchdringbare Abfolge von Eisklumpen war. Devidramon gab sich die größte Mühe, konnte aber nicht an den fliegenden Schneebällen vorbeikommen. Stattdessen steckte es selbst zahlreiche Treffer ein.
 

Airi versuchte währenddessen krampfhaft den Reflex, Luft zu holen, zu unterdrücken. Der Strudel drehte sich so schnell, dass er absolut keine Orientierung mehr hatte. Alles in ihm schrie auf, dass er eine Lösung finden musste.
 

"War das schon alles? Ich hatte mich doch so auf einen Kampf gefreut."

Lanamon schien sich nach nicht mal einer Minute zu langweilen und so ließ sie sich zurück in den Fluss fallen, um nach ihrem Opfer zu suchen.

Dabei machte sie jedoch den Fehler ihren Gegner zu unterschätzen. Gerade wollte sie zum vernichtenden Schlag unter Wasser ausholen, da öffnete Raidramon seine Augen. Furchterregende Augen, die Lanamon nun förmlich durchbohrten. War das Airi oder war das Raidramon?

Der Krieger des Donners entfesselte eine starke Ladung Elektrizität, die sich im ganzen Wasser ausbreitete. Lanamon suchte panisch das Weite und floh aus dem Fluss um dem wild gewordenen Tier zu entgehen. Mit einigen Brandwunden gelangte sie schließlich ans rettende Land und starrte geschockt auf den Fluss. Die Elektrizität knisterte noch immer in ihrem Körper.
 

"Devidramon, ich ziehe mich zurück! Kümmere du dich um die Daten."

Die Drachenfledermaus hatte jedoch auch Probleme. Probleme, die ein weißes Cape trugen.

"Jetzt mach schon! Ich habe diesen Wicht nicht besiegt, damit du an einem Laien scheiterst!"
 

»Besiegt?«

Ein Hektischer Blick von Sorcerymon zum Fluss.

Raidramon oder Airi waren nirgends zu sehen.

"Platz da!"
 

Er musste sofort zu Airi. Immerhin hatte er diesen doch erst zum Kämpfen überredet! Als wäre es eine Nebensächlichkeit hob Sorcerymon seinen Stab in die Luft. Die Schneeflocke erzeugte ein eisblaues Licht, welches Sorcerymon anschließend wie ein Projektil auf Devidramon schleuderte. Das Geschoss verwandelte sich in einen Eiszapfen und durchbohrte den Feind regelrecht.

Von dem vernichtenden Treffer besiegt und von Sorcerymon ignoriert löste sich der Gegner in Daten auf und verwandelte sich zurück in ein Digiei.
 

Lanamon erschrak, als plötzlich ein weiteres Digimon auf sie zustürmte. Einen weiteren Kampf würde sie mit diesen Verletzungen nicht überstehen. Ihr blieb nur die Flucht zu ergreifen.

Sorcerymon kümmerte das wenig, viel wichtiger war ihm ein schneller Sprung ins Wasser. Die Kälte ignorierend, tauchte Yoichi tiefer hinab. Dabei löste er sogar die Digitation auf, um nicht von den langen Gewändern behindert zu werden. Trotzdem schien die Zeit endlos. Das Wasser war trüb und mit aufgewirbeltem Sand versetzt. Die meisten Sonnenstrahlen wurden davon abgeblockt und auch Fische waren keine mehr vorhanden, die den Fluss hätten irgendwie lebhafter erscheinen lassen. Yoichi betete, dass diese Szene sich nicht in einen Horrorfilm verwandeln würde. Tapfer biss er die Zähne zusammen.

Als Yoichi endlich am Grund des Flusses angekommen war, griff er den bewusstlosen Airi, klemmte ihn sich unter den Arm und zerrte ihn danach so schnell er konnte an die Wasseroberfläche. Nach Luft ringend, schleifte der zierliche Junge den Blondschopf ans Ufer und überprüfte ohne sich selbst eine Pause zu gönnen sofort den Atem seines Freundes.
 

"Er atmet nicht. Was soll ich tun?", Yoichi hatte bereits durch diverse Bücher viel über Erste-Hilfe gelernt und so setzte er dazu an, Airi wieder zu beleben. Er war sich zwar nicht sicher, ob er dies richtig tun würde, aber Zeit für Zweifel blieb nun keine.
 

"Wieso klappt das nicht? Jetzt komm endlich zu dir!", vor lauter Verzweiflung, dass er es nicht schaffte, ballte er seine rechte Hand zur Faust und schlug wütend auf Airis Brust, sodass dieser kurzerhand vor Schreck das geschluckte Wasser ausspuckte und zu sich kam.

Erleichtert - fast schon lachend - lehnte sich Yoichi zurück und saß nun auf seinem Hosenboden. Die zuvor unterdrückten Tränen liefen nun seine Wangen hinunter. Er wollte so viel sagen, doch brachte kein Wort heraus.

Airi hingegen schien ziemlich gefasst, oder eher teilnahmslos. Entkräftet und nach Luft schnappend blickte er sich um. Der Schock saß ihm tief in den Knochen und er versuchte, die letzten Minuten in sein Gedächtnis zu rufen.
 

Als er wieder einigermaßen gut Atmen konnte, setzte der Blondschopf sich vorsichtig auf. Jetzt blickte er Yoichi genau an, sagte aber noch immer nichts. Wie gerne hätte der zierliche Junge gewusst, was gerade im Kopf seines Freundes vor sich ging. Ging es ihm gut? War er verletzt? Wieso redete er nicht?

Vor lauter Neugier über seinen Gegenüber stoppten auch endlich die Tränen, die zuvor endlos schienen. Noch immer besorgt, rieb er die Letzten aus seinen Augen und schluckte den Kloß unter, der ihn bisher vom Reden abgehalten hatte:

"Es tut mir so Leid! Ich hätte dich nicht zum Kampf überreden sollen!!"

Endlich zeigte Airi eine Reaktion.

"Ich habe die Digimon beschützt, weil ich mich dazu entschieden habe. Nicht, weil du mich dazu überzeugt hast.", seine Stimme war ungewohnt ernst. Nicht halb so energiegeladen oder fröhlich, wie er klang, als er sich zuvor vorgestellt hatte.

"Weißt du, eigentlich sollte ich mich bei dir für die Rettung bedanken und dir nicht irgendwelche Entschuldigungen ausreden. Also Danke. Wollen wir jetzt nach deinen Freunden suchen?"

Um seine Aussage zu untermalen, rang sich der Blondschopf ein Lächeln ab.

Neue Freunde

In einem gut versteckten Schuppen am Rand des Waldes fand Rai endlich den 'Freund', den Gatomon meinte. Letzteres hatte ihn angewiesen, sich durch den Hintereingang hinein und wieder raus zu schleichen, während es die Wachen – bestehend aus zwei Knightmon - ablenkte.

„Rai!“, rief Ash freudig als er den größeren Jungen erblickte, verstummte aber als er den Zeigefinger an Rais Lippen sah. Vorsichtig schlich Rai zu einem kleinen hölzernen Tisch und griff nach den Schlüsseln für die Zellen sowie dem Digivice des Gefangenen. Nach einigen Versuchen hatte Rai schließlich den richtigen Schlüssel gefunden und verhalf dem Weißhaarigen 'Freund' somit zur Flucht.

Dann deutete er auf den Hinterausgang und verließ gemeinsam mit Ash den Schuppen.

Zurück im Wald warteten sie auf Gatomon.
 

„Du hast was?“, schlug sich Ash genervt die Hand vors Gesicht.

„Ich konnte doch nicht einfach weglaufen!“

„Aber es ist doch kein Wunder, dass du deinen Gegner nicht verletzt wenn du völlig ausgepowert bist.“, ermahnend musterte Ash seinen Gegenüber.

„Ich hätte auch mit ganzer Kraft Nichts gegen ihn ausrichten können.“

„Jedenfalls solltet ihr zurück zur Spielzeugstadt.“, warf Gatomon ein und unterbrach die beiden Digiritter.

„Was wirst du tun?“, erkundigte sich Ash nachdenklich. Gatomon machte keine Anstalten mitzukommen.

„Ich werde weiter nach Neemon suchen.“, erwiderte die Katze ernst. Scheinbar kannte sie das vermisste Wesen. „Bokomon hat mich damals gebeten auf es aufzupassen. Ich muss mein Versprechen einhalten.“, fügte es anschließend hinzu.
 

„Dann sollten wir dir helfen! Immerhin ist es nur wegen uns aus der Stadt weg.“, warf Rai ein.

„Nein, ihr ruht euch jetzt Beide aus! Ich bin eine kleine Katze, ihr seid Menschen. Ihr erregt zu viel Aufmerksamkeit. Alleine bin ich viel schneller. “

Ohne auf eine Antwort zu warten sprintete es – Bäume und Äste nutzend - davon.

Die am Waldrand zurückgebliebenen Digiritter blickten der Katze verdutzt hinterher.

„Und wir gönnen uns in der Stadt eine Pause.“

Regelrecht zerrend sorgte Ash dafür, dass sein Begleiter sich in Bewegung setzt und ihm zur Spielzeugstadt folgte, die am Horizont zu sehen war.
 

„Da hinten sind Rai und Ash!“, rief Yoichi freudig. Er hatte sich mit Airi auf einen kleinen Holzzaun gesetzt. Ein seltener Anblick, wenn man bedachte, dass sonst alles in dieser Stadt aus Plastik war.

Da keine Reaktion von dem in Gedanken verlorenen Blondschopf kam, stand Yoichi kurzer Hand auf und rüttelte an dessen Arm.

„Meine Freunde haben uns gefunden!“, fix deutete Yoichi auf das große Stadttor. Dann lief er den Menschen entgegen, umarmte den Größeren einmal erleichtert und grinste dann den Kleineren an. Schließlich drehte er sich um und zeigte auf Airi, wahrscheinlich um diesen vorzustellen.

Gemeinsam setzte sich die Gruppe in Bewegung und schritt auf Airi und den Holzzaun zu, um sich dem neuen Digiritter vorzustellen. Wenig später saßen sie alle gemeinsam auf der stabilen, improvisierten Bank.
 

„Du bist also schon länger in der Digiwelt.“, fasste Ash zusammen, als Airi mit seiner Erzählung fertig war. Angesprochener nickte kurz.

„Sein Digivice sieht ganz anders aus.“, steuerte Yoichi aufgeregt hinzu und so musste der Blondschopf das angesprochene Gerät herausholen.

„Interessant.“, grübelte Ash, „Vielleicht ein älteres Modell?“

Schulterzuckend packte Airi den D-Tector wieder weg.
 

„Was sollen wir jetzt tun?“, schob Rai die Konversation voran. „Ich meine, wir haben die Spirits gefunden. Was ist der nächste Schritt? Wie sollen wir diese Welt retten und vor was?“

„Wollen wir das überhaupt? Weiterkämpfen, statt den Weg nach Hause zu finden?“, merkte Ash skeptisch an.

„Wir können Neemon nicht einfach im Stich lassen!“, mischte sich auch Yoichi ein.

„Die meisten Digimon, die wir bisher getroffen haben, wollten uns umbringen.“, argumentierte der Skeptiker weiter.

„Wie stehst du dazu?“, fragte Rai plötzlich und blickte zu Airi, welcher bisher schweigend zuhörte.

„Die Mehrheit der Digimon ist nicht bösartig.“, fing der Blondschopf zu Yoichis Freude zögerlich an zu sprechen.

„Und weiter?“, forderte Ash auf.

„Und Fakt ist auch, dass nur wir Menschen die Digiwelt retten können. Weil wir... also... ich weiß auch nicht.“, den letzten Teil nuschelte er regelrecht.

„Alles in Ordnung?“, versicherte sich Yoichi besorgt, als Airi kopfschüttelnd aufstand und sich von der Gruppe abwandte.

Unerwartet drehte der Blondschopf wieder um, grinste sogar dabei:

„Es gibt Legenden darüber, wie schon einmal Menschen hier waren. Vielleicht können die uns mehr erklären.“

„Dafür müssten wir Neemon finden. Oder das Bokomon, das es erwähnte“, widersprach Yoichi niedergeschlagen.
 

„Entschuldige, habt ihr eben Legende gesagt?“, nicht weit von der Gruppe meldete sich ein bisher unbemerktes Digimon zu Wort. Diese kleine Gestalt bestand vollständig aus Steinen beziehungsweise dunklen Erzen und stand aufrecht wie ein Mensch, war jedoch nur halb so groß wie Yoichi und hatte knallgelbe Augen.

„Zufällig studiere ich die alten Legenden.“, erklärte es weiter.

„Und du bist....?“, fragte Ash unschlüssig und mit dem selben strengen Blick, mit dem er zuvor Airi begutachtet hatte.

„Gotsumon. Freut mich.“, merkte es knapp an und verbeugte sich vor der Gruppe.

„Das wäre etwas zu zufällig, wieso sollten wir dir glauben?“, durchlöcherte Ash das fremde Digimon weiter. Airi schluckte bei dem Gedanken daran, dass sein Wissen genauso hinterfragt werden könnte.

„Weil ich die Spirits der legendären Digikrieger finden will, um die Welt zu retten!“, antwortete das sture Felsendigimon aufgebracht.

„Schon gut, wir glauben dir.“, kürzte Yoichi die Sache ab und blickte erwartungsvoll zu Ash – eine Entschuldigung erwartend. Dieser drehte sich jedoch weg und verschränkte genervt seine Arme.
 

Immerhin folgte Ash der Gruppe. Gotsumon geleitete diese zurück zu dem Teil des Gebietes, in dem sich zahlreiche Häuser anhäuften.

„Wieso ist hier eigentlich alles verlassen?“, kam es Yoichi auf einmal in den Sinn. „Und wieso kümmert sich niemand um die Babydigimon?“

Bedrückt verlangsamte sich Gotsumons Schritttempo. „Monzaemon sollte sich eigentlich um die Babys kümmern, aber es hat sich von einem Tag auf den anderen verändert und greift jetzt jeden an, der sich ihm nähert.“

„Monzaemon? Ich glaube nicht, dass wir ihm begegnet sind.“, grübelte Rai.

„Es hält sich unterhalb der schwebenden Insel auf. Dort hat es die Seilbahn abgeschaltet, die uns rauf oder runter bringt. Deswegen traut sich auch keiner mehr, diese verlassen zu wollen.“, fasste die laufende Steinstatue zusammen.
 

„Fliegende Insel?“, fragte die Gruppe in Einklang.

„Da oben! Dort finden wir auch die Inschriften, die uns an die Legende erinnern.“

Gotsumon deutete hoch in den Himmel und für einen Augenblick zweifelten die Digiritter daran, ob diese Insel wirklich existierte. Wieso ist sie ihnen zuvor noch nie aufgefallen?
 

„Wie groß ist diese Spielzeugstadt eigentlich?“, sprach Yoichi schließlich für alle aus.

„Gar nicht so groß sobald man sich hier auskennt.“, sprach das kleine Digimon und signalisierte der Gruppe stehen zu bleiben. „Wir müssen uns irgendwie an Monzaemon vorbei schleichen.“
 

„Wenn wir Monzaemon besiegen, kommt wieder Leben zurück in die Stadt.“, warf Airi schlussfolgernd ein. Sprachlos begutachtete Yoichi den Blondschopf. Woher nahm er nur den Mut, sich kopfüber in Kämpfe zu stürzen?

„Wir sollten unnötige Kämpfe vermeiden.“, betonte Ash seufzend.

„Wir sind vielleicht die Einzigen, die dieser Stadt helfen können.“, widersprach Rai ernst. Airi ergänzte die Aussage:

„Außerdem sind wir dank den Spirits auch Digimon. Es ist also auch unsere Heimat.“

„Vielleicht.“, murrte Ash. „Aber einer muss ja auf euch aufpassen, oder?“
 

„Da hinten ist Monzaemon!“, warnte Gotsumon wenig später. Im Schatten der Insel stand ein riesiger, gelber Plüschbär. Die Schnauze und der Bauch des überdimensionalen Kuscheltiers waren weiß. Die schlitzförmigen Augen leuchteten in einem feurigen Rot und der Rücken des Digimon wurde von einem Reißverschluss geziert.

„Eindringlinge!“, antwortete der Teddy auf die Stimme von Gotsumon und setzte sich in Bewegung.

„Bereit!“, riefen Airi und Rai zur selben Zeit. Da sie die selbe Kampfbereite Haltung annahmen mussten sie im Ernst der Lage ein Lachen unterdrücken.
 

Monzaemon wartete nicht auf seine Gegner und so hatte es bereits eine Attacke, bestehend aus blauen fliegenden Herzen, auf die abgelenkten Jugendlichen losgelassen. Diese Seifenblasen, umschlossen die beiden Digiritter noch bevor sie digitieren konnten.

Yoichis und Ashs Freunde schwebten nun einige Meter über dem Plüschbären und machten keine Anstalten mehr sich irgendwie zu befreien. Stattdessen starrten sie teilnahmslos und orientierungslos in die Luft als wären sie in einer Art Trance.
 

„Was ist das für eine fiese Attacke?“, fragte Yoichi ängstlich und blickte zu Gotsumon. „Monzaemons Herzen rauben jedem den Kampfgeist.“, erklärte das Erzdigimon angespannt. „Das ist alles meine Schuld, lasst mich kämpfen.“

Mit erhobener Faust lief es auf Monzaemon zu und schleuderte einige Felsen aus seiner Hand: „Angry Rock!“

Der Teddy schien kaum beeindruckt als die Steine von seinem weichen Körper abprallten.

„Wir helfen dir.“, verkündete Yoichi. "Bitte hilf mir Sorcerymon.", merkte er anschließend leise an als er auf die gespeicherten Daten zugriff. Zu seiner Freude bemerkte Yoichi, dass auch Ash sein Digivice in Händen hielt. Im kommenden Kampf hätte er also immerhin Strikedramons Unterstützung und musste nicht wie gegen Devidramon alleine antreten.
 

„Spiritevolution!"
 

Kurz darauf standen sowohl der Krieger des Eises als auch des Feuers hinter Gotsumon. Überrascht drehte dieses sich um. Menschen, die zu Digimon wurden? Davon hatte es bereits gelesen, aber es zu mitzuerleben war dennoch unerwartet.

„Wir übernehmen ab hier.“, Strikedramon deutete an, dass Gotsumon lieber bei Seite gehen sollte.

„Sein Körper ist viel zu widerstandsfähig. Ihr könnt ihm nichts anhaben.“, beklagte sich das Felsendigimon.

„Uns fällt schon was ein.“, versicherte ihm Sorcerymon – den Zauberstab gezückt.
 

Ein zweites Mal entsandte Monzaemon tiefblaue Herzen, denen die Digiritter auswichen. Dabei gaben sie sich gegenseitig Rückendeckung und kam eine Blase zu nahe, wurde sie mit einem Feuer- oder Eisgeschoss zum Platzen gebracht.

Als der Teddy keine Möglichkeit sah noch mit dieser Attacke zu treffen, stürmte es auf Strikedramon zu und versuchte dieses zu rammen.

Sorcerymon hatte nicht vor den Bären tun zu lassen, was er wollte und schob sich vor seinen Verbündeten um eine mächtige Wolke aus pulverisiertem Schnee entstehen zu lassen. Diese umhüllte das gelbe Digimon und fror dessen Stofffüllung ein, wodurch es bewegungsunfähig wurde.
 

Das war für Strikedramon die Chance, den Kampf zu beenden. Es ließ die Metallplatten an seinem Körper glühen und umhüllte sich selbst mit Feuer. Als flammendes Geschoss rammte es seinen Gegner, welcher jedoch statt zu verbrennen sofort schwarz wurde und seine Daten enthüllte.

»Seele, die du umhüllt von Dunkelheit warst, du sollst durch meine Flamme gereinigt werden.«

Die von einem Virus befallenen Datenstränge verschwanden im Digivice von Ash. Zurück blieb ein sitzender Teddybär, welcher langsam wieder auftaute und statt roten Schlitzen nun blaue freundliche Augen hatte.

Die Seifenblasen, in denen Rai und Airi weggesperrt waren, zerplatzten und die Jugendlichen wurden von dem Sturz wach gerüttelte.

Verwirrt saßen sie auf dem schattigen Rasen und blickten zu den zwei Menschen sowie Gotsumon.

„Was ist passiert?“, wunderte sich Airi, erntete aber nur ein Grinsen von Yoichi, welcher ihm versicherte, dass nun alles mit Monzaemon in Ordnung wäre.

„Ich danke euch, dass ihr mich vor diesem Virus gerettet habt. Ich werde mich endlich wieder um die Babys kümmern können.“, dann stapfte das überdimensionale Plüschtier davon, hielt aber kurz darauf noch einmal Inne um der Gruppe zuzuwinken.

„Dann können wir jetzt zur schwebenden Insel?“, versicherte sich der Kleinste der Gruppe.

Vergangenheit

„Auf auf, kein Trödeln!“, wies Gotsumon motiviert die Gruppe an und rannte auf die Seilbahn zu.

„Warte auf uns!“, rief Yoichi verdutzt hinterher. Auch Rai und Airi rappelten sich auf um gemeinsam mit Ash dem Erzdigimon zu folgen.
 

„Wow, sieh dir diese Aussicht an!“, staunend lehnte sich Yoichi aus dem Fenster der Seilbahn und begutachtete die Spielzeugstadt von oben.

„Scheint als hätten wir jetzt jede Ecke abgeklappert.“, fügte Rai hinzu. Da war einerseits der zerstörte Sandsteinpalast in der Nähe des südlichen Tores und dann die abgelegene Fabrik im Norden. Schließlich der Park mit den Babydigimon im Westen und die schwebende Insel im Osten auf die sie gerade zusteuerten.

„Wir müssen genau in der Mitte der Stadt angekommen sein.“, schlussfolgerte Ash und deutete auf den Stadtkern mit den vielen Häusern. „Vielleicht etwas wie ein Spawnpunkt.“, fügte er hinzu.

„Wie bist du eigentlich in die Digiwelt gekommen?“, fragte Yoichi neugierig und blickte zu dem Blondschopf, der neben ihm saß.

„Also...“, begann dieser zögerlich und erntete dafür sofort misstrauische Blicke von Ash.

„Du musst nicht darüber reden, wenn du nicht möchtest.“, rechtfertigte sich der Jüngste der Gruppe direkt und verblüffte damit sowohl Airi als auch Ash.

„Macht euch bereit zum Abspringen, wir sind gleich da.“, hörten sie in dem Moment Gotsumon von vorne.
 

Die Insel selbst sah aus wie ein Geschäftsviertel. Es gab Shops, Restaurants und alles, was man unten in der Stadt nicht fand. Trotzdem bestand die Mehrheit der Gebäude ebenfalls aus bunten Bauklötzen.

Die Gruppe war sich einig, dass sie bisher nie so viele Digimon gesehen hatte. Die fremden Wesen kamen in allen Größen, Formen und Farben, die man sich nur vorstellen konnte.

„Wie viele Digimon gibt es denn hier?“, erkundigte sich Yoichi neugierig, doch ihr 'Reiseführer' schien darauf keine genaue Antwort zu haben.

„Hier müssten alle gutartigen Digimon vertreten sein, die sich auf dem Ausbildungslevel oder Rookielevel befinden. Für die Babys ist es noch zu gefährlich, mit der Seilbahn zu fahren.“, spekulierte es dennoch.
 

Im Zentrum des regen Treibens fand sich eine alte Turmruine und so gerne die Digiritter sie erkundet hätten, die Treppe zu den oberen Stockwerken war lange eingestürzt.

Vor einer Wandmalerei stoppten sie schließlich und warteten darauf, dass Gotsumon bereit war. Angespannt räusperte sich das Erzdigimon, als würde es wie ein Mensch einen Vortrag in der realen Welt halten.

„Einst herrschte ein Krieg zwischen den Digimon. Lange und gnadenlos wütete diese Zerstörung, bis sich die drei Seraphim aus der Menge erhoben und zwischen den drei Typen vermittelten.“

Dargestellt wurde dieser Krieg durch drei Armeen, die sich gegenüber standen.
 

„Bald aber wurde dieser Frieden von einer neuen Bedrohung zu Nichte gemacht. All das Leid des Krieges stärkte und brachte ein ekelhaftes Ungetüm zum Vorschein.“

Gotsumon deutete nun auf ein zweites Bild, indem sowohl die drei engelartigen Digimon als auch ein merkwürdiger Schatten zu sehen war.

„Um die Digiwelt zu retten riefen die Seraphim schließlich nach Hilfe in anderen Welten. In der Welt der Menschen wurden sie fündig. Eine Hand voll Kinder hörten den Ruf.“

Gotsumon holte einmal tief Luft und versicherte sich davon, dass seine 'Schüler' noch folgen konnten.
 

"Die Menschen wurde also von Engeln geleitet...“, fasste Ash währenddessen das Letzte Wandbild zusammen in welchem fünf zierliche Menschen sowie fünf kleine Digimon zu sehen waren, die gegen den Schatten kämpften.

„Wieso ausgerechnet Kinder? Wieso keine Erwachsenen?“, leitete Yoichi währenddessen aus der Erzählung ab.

„Man sagt ja manchmal, dass Kinder Tonfrequenzen hören können, die für Erwachsene zu hoch sind. Oder war es niedrig?“, spekulierte Rai sich an seinen Physikunterricht zurück erinnernd.

„Aber ich habe nichts gehört als ich hierher gekommen bin.“, überlegte der kleine Junge mit einem Finger am Kinn.

„Wer auch immer uns dieses Mal gerufen hat, hat vielleicht versucht die bestmögliche Übereinstimmung mit den bereits vorhandenen Daten zu erzielen.“, spekulierte nun auch Airi wild.
 

„Wo sind diese Digiengel jetzt? Können sie uns vielleicht auch weiterhelfen?“, unterbrach Ash die für ihn unwichtigere Frage.

Grübelnd studierte Gotsumon die Bilder der drei Engel.

„Sie haben die Beschützerrolle an andere, stärkere Digimon abgegeben.“

„Und wo finden wir diese?“, meldete sich auch Airi zu Wort.

„Sie müssten sich in der Zone des Lichts aufhalten.“
 

„Was genau bedroht denn jetzt die Digiwelt?“, stellte Yoichi eine weitere Frage.
 

“Ihr habt doch Monzaemon gesehen. Digimon werden ohne Grund aggressiv und greifen Alles und Jeden an, der nicht dem Typus Virus zugehörig ist.”

“Virus?”, griff Ash nachdenklich auf. “Etwa so etwas wie ein Computer Virus?”

“Die in dieser Welt lebenden Wesen werden in drei Typen unterteilt. Darum auch die drei Armeen damals. Die so genannten Serum Digimon sind eher friedlich und haben nicht selten heilige Kräfte. Dann gibt es noch die neutralen Digimon vom Typus Datei – meist mechanisch aussehende Wesen, die eher durch logisches Denken an Sachen herangehen und mit wenig Gefühl zu leben scheinen. Die letzte Gruppe der Typen wäre hierbei die Unheimlichste, Dunkelste. Die so genannten Viren-Digimon sind meist Anhänger der dunklen Kräfte und verfügen oftmals über enorme Macht.“

Aufmerksam folgten die Menschen der Erklärung des Digimon.

„Also könnte sich dieser Krieg wiederholen.“, stellte Ash die indirekte Frage an Gotsumon.
 

“Hunger.”, stieß Yoichi plötzlich neutral hervor. Seine Begleiter schauten ihn erst perplex an, wurden aber kurz darauf von ihrem eigenen Magenknurren daran erinnert, dass sie seit dem Picknick, welches Neemon für den Weg zur Fabrik vorbereitet hatte nichts mehr gegessen hatten.

“Die Sonne geht bereits unter…”, stellte Yoichi enttäuscht fest als sie gemeinsam mit Gotsumon die zerfallene Ruine wieder verließen. Würde um diese Uhrzeit in der Digiwelt noch irgendein Restaurant offen haben?
 

„Also, da brat mir einer ´nen Storch, das gibt’s ja überhaupt nicht.“ Die zuvor mit Trubel gefüllte Stadt schien langsam aber sicher wieder etwas stiller zu werden. Zuerst verschwanden die jungen Digimon und zurück blieben nur – so dachte sich Rai – die bereits älteren Wesen. Eine leicht verschrammte Eierschale watschelte auf die Gruppe zu. In der Mitte des seltsamen Anblicks war ein großes, tiefschwarzes Loch, durch das kleine orangene Augen hindurch schienen. An der Unterseite der Eierschale waren zwei Löcher, aus denen grüne Dinosaurierbeine hinaus ragten. Arme hatte das merkwürdige Wesen keine.

„Na doch, anscheinend schon!“, noch immer mit sich selbst im Gespräch, begutachtete der Neuankömmling zuerst die vier Nicht-Digimon und lief dann um Gotsumon herum.

„Du hast also tatsächlich diese Menschen gefunden von denen du immer zu gesprochen hast.“

Noch immer ungläubig, schüttelte das Ei seinen Kopf und beobachtete Gotsumon dabei wie es sich verlegen am Kopf kratzte.

„Und du bist?“ Rai wusste nicht so recht, was er von dieser Gestalt halten sollte und so stellte er sich sicherheitshalber neben das kleine Erzdigimon.
 

„Ah, natürlich, verzeiht mir meine Unhöflichkeit.“ Das Ei positionierte sich jetzt zentral vor der Gruppe und verbeugte sich flüchtig, ehe es weitersprach:

„Ich bin Digitamamon und ich leite ein Restaurant hier auf der schwebenden Insel.“

Gotsumon bestätigte diese Aussage und merkte noch kurz an, dass sie alte Bekannte wären.
 

„Jedenfalls habt ihr euch diesem Ungeheuer Monzaemon widersetzt und unsere schöne Stadt gerettet. Zugegeben - es könnte etwas dauern bis sich wieder Gäste hier einfinden, aber ohne euch wäre mein Restaurant wohl dem Untergang geweiht. Darf ich euch vielleicht als Dank zum Essen einladen?“
 

Jetzt, da erneut das Wort Restaurant fiel und die Rede von Essen war, fing der Bauch von Gotsumon zu knurren an.

„Der Kampf hat mich ziemlich hungrig gemacht.“ Erwartungsvoll blickte Yoichi durch die Runde..

„Wenn sonst niemand etwas einzuwenden hätte…“, schloss sich Rai an.

„Naja, ich glaube, wir sind uns alle einig.“, fasste Airi grinsend zusammen und wartete auf das Einverständnis von Ash.
 

Wenig später saßen Airi, Yoichi, Rai, Ash und Gotsumon gemeinsam im Restaurant. Die Decke war ziemlich hoch, weswegen sich Yoichi sogleich fragte, wie groß Digimon überhaupt werden könnten. Das Gebäude an sich war rustikal gehalten und bestand – anders als der Rest der Stadt – aus dunklem Holz. Unter dem von Stützbalken gehaltenen Dach, waren riesige Glasscheiben angebracht, die das Restaurant sehr hell und offen wirken ließen.
 

"Oh, du hast also Monzaemon aufgehalten?!", stieß einer der Gäste laut auf, als er Gotsumon das Gebäude betreten sah. „Naja, nicht direkt… ich habe nur mitgeholfen.“, kam die verlegene Antwort. Die Digimon konnten sich wohl nicht erklären, wie einige Menschen einen Bären besiegen würden. Dann stellte Gotsumon seinen Freund der Gruppe vor:

„Das hier ist Agumon.“

„Freut mich.“, der kleine, orangene Dinosaurier auf zwei Beinen verbeugte sich kurz und streckte der Gruppe zur Begrüßung seine Hand – mitsamt den drei großen weißen Krallen – entgegen.

„Agumon, du bist der Beste!“, rief Yoichi freudig, als er mitbekam, wie dieser einen großen Nachtisch zusätzlich zum - von Digitamamon versprochenen, kostenlosen Essen - bestellte und alles Notwendige zum Tisch trug. Gotsumon half ein wenig mit dem Besteck und so setzten sich alle hin und warteten, bis Digitamamon aus der Küche zurückkam, um ihnen das Essen zu bringen.
 

"Hm... wie wird das Digimon uns eigentlich das Essen servieren? Ich meine, so ganz ohne Arme?"

Yoichis Frage wurde recht schnell beantwortet, als das Digimon in Form eines Eis plötzlich um die Ecke gebogen kam und ein großes Tablett um seinen Körper geschnürt hatte. Auf der Spitze der Eierschale wiederum saß eine kleine violette Maus - oder war es eine Ratte? -, die frech grinste und daraufhin das ganze Essen vom Tablett nahm und auf dem Tisch an die jeweiligen Menschen und Digimon verteilte. Alle schienen neugierig darüber, wieso jemand wie Lanamon die Spielzeugstadt angreifen würde, um diese zu scannen. Selbst Rookiedigimon, die Gotsumon zuvor nie gesehen hatte, gesellten sich zu ihnen. Eines von ihnen schien ein kleiner schlappohriger Hund mit beigem Fell und einem heiligen Ring um den Hals zu sein, ein Anderes sah so aus wie eine Pflanze mit einer Blume auf dem Kopf und ein wieder anderes Digimon sah aus wie ein pinker Vogel.
 

„Wenn sie die Daten dieser Gebiete sammeln, vielleicht wollen sie den Einfluss der Souveränen schwächen?“ Fast schon nebensächlich gab der Blondschopf seinen Senf dazu und stocherte weiter nachdenklich in seiner Nudelsuppe umher.

„Aber wenn sie alle Gebiete löschen, dann sterben doch alle Digimon, die nicht rechtzeitig evakuiert werden?", warf das pflanzliche Digimon mit kratziger Stimme besorgt ein.

„Die Souveränen wurden von mächtigen Digimon angegriffen, während die Engel versuchten den Aufstand nieder zu schlagen. Das könnte gut miteinander zu tun haben.“, merkte der Vogel währenddessen erklärend an.
 

„Was meinst du mit den Souveränen? Oder mit den Daten dieser Welt? Was verschweigst du uns?“

Skeptisch blickte Ash in die Richtung des Blondschopfes. Er hatte dem Gespräch lange genug zugehört. Niemand schien ihm etwas erklären zu können, doch alle spekulierten sie und warfen mit seltsamen Worten und Bezeichnungen um sich.

"Nichts Persönliches. Ich versuche nur, herauszufinden, wieso du so viel weißt. Vorhin schon und jetzt wieder mit den Souveränen. Woher kannst du so etwas wissen. Hast du etwa schon diese ganze Welt bereist, oder hat dir jemand diese Information gegeben?"

Ein belangloses Schulterzucken von Airi folgte, doch schien er sich nicht erklären zu wollen.
 

Yoichi versuchte die Anschuldigungen aus dem Weg zu räumen, doch hörte Ash nicht auf, Airi förmlich zu verhören. Dadurch, dass dieser nichts darauf antworten wollte, wurde die Situation auch nicht besser.

Kurzerhand stand Yoichi also auf und legte beide Hände auf den Tisch, während er den skeptischen Schüler genau musterte.

"Airi gehört nicht zu diesen bösen Wesen! Definitiv nicht! Im Gegensatz zu denen hat er keine Lust daran, den Digimon wehzutun! Er hat sein Leben riskiert, um gegen dieses Lanamon zu kämpfen!"
 

Dann wandte der zierliche Junge sich von der Gruppe ab und verließ den stillen, über seine Aktion schockierten, Raum. Ob er Airi so einfach zurücklassen konnte? Er vertraute seinem neuen Freund, doch konnte er sich nicht vorstellen, wieso er ihnen nicht einfach erklärte, woher er die Digiwelt kannte.
 

Nachdem Airi sich ebenfalls vom Tisch entfernt hatte, kam er kurzerhand später in einem anderen Bereich des Restaurants an, wo er einmal kurz innehielt und die kleinen Räume auf sich wirken ließ.

"Kann man hier etwa schlafen?", neugierig schaute sich Airi etwas genauer um und entdeckte mehrere Betten, aber auch ein paar einfache Matratzen auf dem Boden liegen.

"Ganz genau.", sprach nun hinter dem Jugendlichen Digitamamon, welches mit einem für ihn freundlichen Ausdruck in Richtung des Menschen sah.

"Wenn ihr mögt, könnt ihr heute Nacht hier übernachten. Ihr habt wie dein kleiner Freund schon anmerkte, euer Leben für uns Digimon riskiert, ohne jemals eine Gegenleistung zu verlangen. Die heutige Nacht würde also aufs Haus gehen. Seid lieber froh darüber, gerade nachts laufen hier in letzter Zeit komische Digimon herum."

Nachdem das Eidigimon seinen letzten Satz ausgesprochen hatte, verschwand es kurzerhand wieder in Richtung der restlichen Gruppe, um denen noch etwas Trinken einzuschenken.
 

Yoichi war genervt. An einem einzigen Tag waren so viele Dinge passiert, dass er dies alles gar nicht richtig fassen konnte. Und zum krönenden Abschluss musste auch noch dieses dämliche Gezeter am Essenstisch stattfinden und Misstrauen in der Gruppe schüren. Er verstand nicht, warum Ash so auf eine Antwort behaarte. Warum hätte Airi schließlich einem ihm wildfremden irgendetwas über sich erzählen sollen? Andererseits fragte sich Yoichi auch, warum Airi so schweigsam war und nichts erzählte. Würde es den Digirittern in Zukunft von Hilfe sein, wäre es doch besser, es der Gruppe anzuvertrauen? Yoichi verstand niemanden in der Gruppe – vielleicht auch, weil er nur selten mit anderen Leuten zu tun hatte.
 

„Ich brauch einfach nur Schlaf... das habe ich nach heute extrem nötig...“, redete der Weißhaarige mit sich selbst, während er durch die Räume des Gasthauses wanderte.

„Nanu?“ , etwas Auffallendes bemerkend blieb er schnurstracks im hölzernen Flur stehen und blickte zu seiner Rechten. Neugierig öffnete der Jugendliche eine Tür mit blauem Aufdruck und trat hinein, wohl wissend, dass dies Digitamamon vielleicht nicht gefallen könnte. Als er wiederum im Raum angekommen war bemerkte er, dass es sich hierbei um einen Umkleideraum handelte, in welchem bereits Handtücher für die nahe gelegene heiße Quelle bereitlagen. Sogleich schnappte er sich ein Handtuch, ließ seine Klamotten am Boden liegen und ging Richtung des Beckens.
 

„Ob die anderen schon zu Bett gegangen sind...?“, Yoichi wusste nicht mehr, wie lange er bereits in der heißen Quelle badete, doch gefiel ihm dies so sehr, dass ihm die Zeit total egal schien, sich sein Gesicht aber allmählich rot zu färben begann vor lauter Hitze.

Es dauerte abermals mehrere Minuten, bis Yoichi plötzlich Schritte hinter der schützenden Wand der Quelle hörte. Den Geräuschen nach zu urteilen war dort draußen etwas auf zwei Beinen entlang gelaufen, in eiliger Hast und dennoch leise genug, um im Gebäude nicht bemerkt zu werden. Ahnend, was gerade passiert, schrak der Jugendliche auf, ging auf die Wand der heißen Quelle zu und lugte durch eine Rille in den Brettern.

„Ist das Airi...?“

In geringer Entfernung konnte er einen Blondschopf mit zerzaustem Haar ausfindig machen.

„Das muss Airi sein!“, stellte Yoichi nun erschrocken fest, fasste jedoch schnell einen Entschluss und rannte Richtung Umkleide, wo er seine Klamotten griff, sich notdürftig überwarf und weiter Richtung Ausgang des Gasthauses lief. Hierbei rannte er fast Rai um, welcher sich gerade im Flur zu befinden schien, wohl überlegend, ob er auch ein Bad nehmen sollte. Doch der war dem kleinen Mann gerade scheißegal.
 

„Airi!“, schrie Yoichi nun lauthals auf, als er aus der Herberge herausgestürmt und ein paar Meter Richtung des nahen Waldes gelaufen war. Er hatte es scheinbar geschafft, den Blondschopf einzuholen. Dieser wiederum drehte sich erst erschrocken um, schaute dann jedoch Yoichi verwundert von oben bis unten an. Dies war auch der Zeitpunkt, in welchem Yoichi bemerkte, dass er zwar seine Klamotten gegriffen hatte, jedoch zu wenig Zeit hatte, diese auch richtig anzuziehen, sodass er immer noch nur im Handtuch und mit einem nicht zugeknöpften weißen Hemd, welches in der Umkleide bereit lag, vor seinem Gegenüber stand.

„Ich... äh... also...“, Yoichi errötete, als ihm dies bewusst wurde, rannte schnell hinter einen der naheliegenden Bäume und warf das Handtuch in eines der Büsche, während er sich nun seine Hose und Schuhe überzog.

„Nicht spicken!“, rief er dabei mehrmals seinem blonden Freund zu.
 

„Warum bist du mir gefolgt?“, fragte Airi verwundert als Yoichi fertig war..

„Als ob du das nicht wüsstest, du Dummkopf!“, mit einem ernsten Gesicht richtete der Braunhaarige seinen rechten Zeigefinger auf Airi.

„Du willst dich einfach davon machen, oder?“, Yoichi ging einen Schritt auf Airi zu, dann einen zweiten und schlussendlich stand er direkt vor dem Blondschopf.

„Wir sind doch Freunde... oder habe ich mich da etwa geirrt?“

Wieder blickte der Jugendliche mit einem ernsten Gesicht in das seines Gegenübers, genau in dessen grüne Augen schauend.

„Du kannst dir Zeit lassen, wenn du nicht bereit bist, mit mir oder den anderen über das alles hier zu sprechen. Oder über das, was du weißt. Mein Gott, du brauchst es auch gar nicht zu sagen, wenn du der Meinung bist, es nicht sagen zu können. Ich traue dir... ich vertraue dir. Du hast mich und die Babys vor Scorpiomon und Lanamon geschützt Wenn du meinst, dich von der Gruppe entfernen zu müssen, dann kannst du das gerne tun. Aber mich wirst du nicht los! Ich werde dann an dir hängen wie eine Klette, ob du es willst oder nicht!“

Nun veränderte sich der ernste Gesichtsausdruck des kleinen Digiritters in einen lachenden, fast schon frech grinsenden Ausdruck.

Trümmer

„Sagt mal, Gotsumon, was hältst du von der ganzen Sache? Dieser Streit am Ende. Hätte ich einfach ignorieren sollen, dass er so viel weiß?“, müde und auch ein wenig eingeschnappt über die Geschehnisse blickte Ash zu dem Erzdigimon, das mit ihm noch immer am Tisch saß um irgendeinen alten Text zu studieren.

„Nun, wenn du mich fragst, ist eure Gruppe einfach viel zu unerfahren... Euer Zusammenhalt bildet sich aus einem wackeligen Turm, zusammengewürfelt aus den unterschiedlichsten Persönlichkeiten, die ein Leben so hervorzubringen vermag“, grübelnd legte der lebende Felsen das Pergament auf den Tisch um Ash ansehen zu können.
 

„Nanu? Rai?“, gerade als Ash aus dem Essbereich herauskam erspähte er Rai, welcher verwirrt vor einer Umkleide zu stehen schien.

"Yoichi ist vor wenigen Minuten nur mit Handtuch bekleidet aus der Umkleide gelaufen und an mir vorbei raus aus der Herberge...“, immer noch verwundert blickte der Schwarzhaarige sein Gegenüber an. Dieser legte nachdenklich seinen Zeigefinger ans Kinn, schaute dann Richtung Ausgang und dann wiederum Richtung Gotsumon, welches auch gerade aus dem Restaurant zu kommen schien.

„Die beiden brauchen ihre Zeit, lasst sie einfach in Frieden und kümmert euch um eure Angelegenheiten“, genervt und Augen rollend blickte das sture Digimon auf die beiden Jugendlichen, welche sich so eben dazu bereitmachen wollten, ihren Freunden zu folgen.
 

Digitamamon, welches soeben ebenfalls aufgetaucht war, schien komplett in seiner Fantasie verschwunden zu sein und redete teilweise merkwürdiges Zeug, teilweise gab er aber auch gute Ideen von sich:

„Auch wenn ich die Wortwahl und die Tonlage eures Freundes ein wenig bedenklich finde, bin auch ich der Meinung, dass ihr die beiden erst einmal alleine lassen solltet. Ich habe mit ein paar Freunden die Netzwerke der naheliegenden Gebiete restauriert. Ihr solltet also in der Lage sein, über eure Digivices miteinander zu kommunizieren, solltet ihr euch aus den Augen verlieren. Jetzt aber sollten wir erst einmal weiter darüber reden, was als Nächstes zu tun ist. Wir könnten meine Gaststätte sogar zu unserem Hauptquartier erklären und nach Bestehen von Missionen wieder hierher zurückkommen, um Bericht zu erstatten!“
 

Rai blickte in Richtung des anderen Digiritters.

„Vielleicht hat es Recht. Airi scheint doch ohnehin etwas mehr zu wissen. Und auf Yoichi kann er sicherlich auch aufpassen.“

Rai blickte freundlich zu Ash, dann zu Gotsumon und letztendlich zum Ei. Sowohl Ash als auch das Ei schienen einverstanden zu sein; Gotsumon hingegen gähnte gelangweilt und wandte sich wieder seinem Pergament zu.
 

“Wir sind verloren!”, kreischte eine Schar von Biyomon stürmisch, als sie zuerst an Rai, Ash, Gotsumon und Digitamamon und danach an Airi und Yoichi vorbei flatterten. Gerade begannen beide Gruppen sich zu wundern, was sie so spät noch aufregte - Da zerfiel ein angrenzendes Gebäude in Einzelteile, nur um sich danach in Daten aufzulösen und komplett zu verschwinden.

Alarmiert zückte Airi seinen D-Tector und setzte sich in Bewegung, an der anderen Gruppe vorbei und in Richtung zu dem leeren Grundstück. Kurz darauf realisierte auch Yoichi, dass es ein Angriff auf die Stadt war und folgte dem Blondschopf.

“Aber Monzaemon wurde doch besiegt.” Gotsumon suchte verzweifelt nach einem Grund für den Angriff. Digitamamon schien schon eher die Ruhe zu behalten und so rannte es los, um die anderen 'erwachsenen' Digimon der Insel aufzuwecken und zusammen zu trommeln.

“Wir haben keine Zeit auf Digitamamon zu warten.”, blickte Rai fordernd zu seinem Begleiter.

“Ausnahmsweise stimme ich dir da mal zu.”, erwiderte Ash nach seinem Digivice greifend.
 

“Du kannst unmöglich wieder zu Raidramon digitieren, lass mich kämpfen.”, rief Yoichi dem Blondschopf hinterher und nutzte die gespeicherten Daten des Spirits um zum Magier zu werden.

“Für eine normale Digitation reicht es.”, widersprach der Blondschopf.

Dieses Mal digitierte er aber sich nicht in ein vierbeiniges Ungetüm, sondern behielt seine menschliche Gestalt. Ähnlich wie Sorcerymon trug er einen weißen Anzug, dieser war jedoch enger geschnitten und hatte blaue Streifen an der Seite. Außerdem trug er blaue Schuhe, die jeweils eine große Klinge an der Unterseite hatten - Fast wie Schlittschuhe. Auch die blauen Handschuhe hatten Klingen an der Unterseite des Arms, die an Blitze erinnerten. Zudem trug der Digiritter einen blauen Helm und ein weißes Cape.
 

“Meintest du das mit wahrer Macht des Spirits? Dann war Raidramon auf einem höheren Level?”, schlussfolgerte Sorcerymon und begutachtete sein Digivice. Airis neue Form wurde als Rinkmon bezeichnet, doch er verdrängte weitere Fragen für den Moment. Nach dem Kampf würde genug Zeit für Erklärungen sein.
 

“Die Daten gehören mir und sollte euch euer Leben lieb sein, dann akzeptiert ihr das und verschwindet von hier.”, verkündete eine freche Stimme aus einem angrenzenden Gebäude, ehe auch dieses auf Nimmerwiedersehen verschwand.

“Die Stimme gehört zu Grumblemon!”, stellte Gotsumon geschockt fest. Dieses hatte gemeinsam mit Rai und Ash zum Blondschopf aufgeschlossen.

Erstmals kam die ganze Gestalt des Feindes zum Vorschein. Seine Mimik sowie sein Auftreten erinnerten an einen Kobold. Sein Körper steckte bis auf die zu groß gewordene Nase und Arme in einer blauen Rüstung, die sowohl Beine, Brust, Schultern als auch Füße mit Stacheln ausstattete. Ansonsten fiel sie sehr gering aus. Grumblemons restlicher Körper wurde durch eine rote Hose, ein blasses Oberteil, Schuhe und eine karmesinrote Mütze bedeckt, an welcher ein kleiner Morgenstern hing. Auf Brust, Knollnase und seinen Armen fand sich das japanische Schriftzeichen für Erde. In seiner Hand hielt Grumblemon einen braunen Stab, an dem ein massiver Hammerkopf mit hervorragenden Stacheln angebracht war.
 

Angespannt versuchte Ash nach seiner Digitation zu Strikedramon einen Überblick über die Kampflage zu gewinnen. Würde er ohne eine Waffe an der Verteidigung von Grumblemon vorbeikommen?
 

Der Krieger des Lichts zögerte keinen Moment, den Kampf zu beginnen und so stürmte der Digiritter mit einem Lichtschwert in der Hand auf den Kobold zu.

“Aufhören!”, verlangte er. Interessiert wandte sich das Digimon vom dritten Gebäude ab und musterte Lobomon:

“Ihr habt also Spirits gefunden und haltet euch jetzt für Helden, wie?.” Mit seinem Hammer in der Hand sprang es genau auf Lobomon zu: “Schlangenaugenkracher!”
 

Der Krieger des Lichts wich aus und nutzte Grumblemons Momentum um es gegen die Wand des zweiten zerstören Gebäudes zu katapultieren. Unbeeindruckt holte Grumblemon zu einem weiteren Schlag aus, verfehlte aber und riss ein großes Loch in den Boden. Ein Abgrund klaffte nun zwischen den beiden Kämpfern.

»Es will noch immer die Daten.«

“Lichtkugel!”, mit einem Geschoss aus Licht hoffte der Digiritter seinen Feind aufzuhalten.
 

Die anderen Digiritter hatten die Zeit genutzt, die Bewohner aus den umliegenden Gebäuden zu evakuieren. Als die Gruppe bei der Ruine ankamen, sahen sie wie ihr Verbündeter über einem Abgrund hing. Zufrieden grinsend stampfte Grumblemon mit seinem Fuß auf die Hände des Digiritters.

“Spinning Cutter!”, Rinkmon beziehungsweise Airi bewegte sich dank der Schuhen mit einer rasanten Geschwindigkeit auf den Kobold zu um Lobomon zur Hilfe zu kommen.

“Ich bin dein Gegner!”, merkte es dabei an und verpasste seinem Gegner einen starken Tritt mit den Klingen an der Unterseite der Stiefel.

“Interessant.”, gab der getroffene Feind trocken von sich, fing aber alsbald wieder an zu grinsen.

Kurz darauf verschwand es im Untergrund und ließ eine überraschte Gruppe zurück.

“Es kann sich unter der Erde bewegen?”, stellte die Gruppe geschockt fest.

“Wo ist es hin?”, fragte Ash mehr für sich selbst und blickte sich angespannt um.

»Direkt hinter dir!«

Mit einem gewaltigen Hammerschlag tauchte es hinter seinem Gegner auf und verfrachtete diesen gegen eine Hauswand.

Unter Schmerzen digitierte der Jugendliche zurück und musste feststellen, dass Grumblemon nun direkt vor ihm stand und sich der Daten Strikedramons bemächtigte.

“Wie ist das möglich?”, niedergeschlagen sah der Weißhaarige dabei zu wie der Geist seines Partners vom flimmernden Display seines Digivices verschwand.
 

Auch Sorcerymon wurde Ziel eines Angriffs, während Rinkmon das noch herabhängende Lobomon nach oben zog.

Mit einer Wolke aus Pulverschnee blendete der Magier den Kobold gerade genug damit es ausweichen konnte. Darauf folgend beschwor Sorcerymon einige Eiszapfen, die dafür gedacht waren Grumblemon zu durchlöchern.

Sichtlich wütend zog der Kobold nun einen kleinen braunen Beutel hervor, aus dem er irgendein merkwürdiges Puder hervorholte, um es vor sich zu streuen.

“Will es böse Geister vertreiben?”, wunderte sich Yoichi noch immer umhüllt von seiner Magieüstung.
 

Aus dem Erdboden formte sich nun eine große Säule, die zersprang und ein Digimon freigab.

Vor Grumblemon stand eine massive Gestalt. Bei näherer Betrachtung stellte sie sich als steinerner Golem heraus, bei dem die einzelnen Körperteile mit Drahtseilen zusammen gehalten wurden. Die Hände des Ungetüm waren gut und gerne dreimal so groß, wie der kleine - durch einen schwarzen Helm geschützten - Kopf.

“Rockmon sind Felsendigimon, deren Körper aus sehr hartem Gestein besteht. Sie leben sehr primitiv, da sie nicht wirklich mit viel Hirn ausgestattet sind.”, erklärte Gotsumon, ehe es von der kleinen Maus, die Digitamamon begleitete, angestupst wurde.

“Wir haben die Digimon mit Hilfe der Seilbahn evakuiert, du solltest auch verschwinden.”

Ein letztes Mal blickte das Erzdigimon zu den Digirittern. Dann entschied es, dass es nicht helfen konnte und besser nicht im Weg stehen sollte und folgte der Maus.
 

Mit gezückten Zauberstab schritt Sorcerymon auf das Rockmon zu.

Der Golem schien nur wenig beeindruckt und nutzte seine massiven Fäuste, um sich aufrecht und gerade hinzustellen. Wohl, um den Eindringling in die Flucht zu schlagen.

Grumblemon beobachtete seinen Diener interessiert.
 

Dann veränderte sich die Geschwindigkeit des Kampfes mit einem Wimpernschlag.

Ausgelöst wurde dies von dem felsigen Wesen. Das Abschrecken seiner Gegner war fehlgeschlagen, also verteidigte es jetzt seinen Meister mit einer enormen Kraft. Die Fäuste, die zugleich Waffen waren, schlugen wenige Zentimeter von Sorcerymon entfernt auf den Boden ein und hinterließen ein Fußball großes Loch in der Erde.

Zur Vorsicht alarmiert, bewegte sich der Magier von dem angeschlagenen Ash weg, drehte Rockmon förmlich um und lockte es in die Richtung der Hausruine. Dort angekommen hob es seinen Stab zum Himmel und wartete auf einen Energieschub.

Als der Stab leuchtete, schwang Sorcerymon ihn in Rockmons Richtung, um eine mächtige Welle aus Pulverschnee zu beschwören.
 

Der Golem hatte dem jedoch nicht tatenlos zugesehen und so warf es einen riesigen Felsen aus seinem Mund. Erst prallte das steinige Geschoss gegen die Welle und ließ diese in der Luft zerschellen und anschließend gegen Sorcerymon, welches überrascht einen harten Treffer einstecken musste.

Fernkampf war folglich keine Option, weswegen der Krieger des Eises die Distanz verkürzte und versuchte, den massiven Koloss in einen Nahkampf zu verwickeln. Doch auch das schien eine Verschwendung von Kraft zu sein. Unbeeindruckt sah Rockmon dabei zu, wie sein Gegner mit Zahnstochern durch den Stein brechen wollte.

Mit einem mächtigen Faustschlag unterbrach der Felsgolem die verzweifelten Angriffe seines Gegners. Sorcerymon wurde durch die Luft katapultiert und blieb wenige Meter vor der Schlucht angeschlagen auf dem Boden liegen.
 

Statt es zu erledigen, ließ das schweigsame Digimon jedoch von Sorcerymon ab, überließ es Grumblemon den Spirit einzusammeln und marschierte auf Lobomon und Rinkmon zu. Letzteres war von den Ereignissen sichtlich überfordert, denn es stand nur wie angewurzelt da und starrte unentschlossen auf seinen D-Tector, sich fragend, ob er eine Digitation zu Raidramon riskieren sollte. Irgendwie musste er den Felsgolem von Lobomon fernhalten, welches bereits mit Grumblemon genug zu tun hatte.

Auch Sorcerymon wollte noch nicht aufgeben, und so richtete es sich auf, um Rinkmon zu helfen.
 

"Keine Unterbrechung!"
 

Diese tiefe, einschüchternde Stimme stammte offenbar von dem Rockmon, denn es hielt kurz inne, um auf den Feind hinter sich zu zielen. Aus seinem Rücken strömte jetzt ein violettes Gas. Erst verstand Sorcerymon nicht ganz was passierte, doch als es das Gas es berührte, sank es betäubt zusammen.

Gerade setzte Rockmon dazu an Sorcerymon mit einem vernichtenden Schlag zu töten, da wurde es von Projektilen aus Elektrizität getroffen.

“Quadruple Storm!”, Rinkmon vereinte sich die elektrischen Projektile mit den Klingen an seinen Schuhen und schnitt den felsigen Körper des Digimon sauber entzwei.

Als die zurückgebliebenen Daten als Digiei zum Himmel aufstiegen und in Richtung Spielzeugstadt flog, löste sich der Nebel um Sorcerymon auf. Dieses musste sogleich feststellen, dass der Blondschopf auf Grund der Anstrengungen bereits zurück digitiert war und ausgelaugt auf dem Boden saß.
 


 

“Stopp!”, wiederholte Lobomon als Grumblemon nach der Beschwörung von Rockmon wieder die Daten der Insel scannen wollte.

“Du schon wieder….”, murmelte es. “Gut, dich wollte ich mir eh zuerst vorknöpfen.”

“Was?”, wich Lobomon angespannt zurück.

“Du bist vorhin davongekommen, aber dieses mal hole ich mir deinen Spirit.“

Siegessicher zückte Grumblemon etwas, das aussah wie sein eigener Spirit und hielt ihn provokativ nach vorne. Anschließend wurde es von Datensträngen umhüllt und wechselte seine Form.

“Grumblemon digitiert zu Gigasmon!”, verkündete es siegessicher.

Im Gegensatz zu vorher besaß das Digimon nun keine Rüstung mehr, die seinen massiven Körper schützte - es war auch nicht länger nötig. Seine Unterarme sowie Fäuste waren so groß wie Gigasmons eigener Kopf und genauso muskulös war auch der Rest des riesigen braunen Körpers, welcher scheinbar aus Gestein bestand.

„Digimon können also auch digitieren.“, stellte Ash fest, welcher angespannt den Kampf aus einer jetzt sicheren Entfernung beobachtete.
 

Mit einer enormen Kraft sprang das Digimon hoch in die Luft, nur um sich wie eine Bombe - Die beiden Felsenarme voran - zurück auf den Boden fallen zu lassen. “Erdbeben!”

In einem verzweifelten Versuch, sich zu verteidigen zückte Lobomon beide Lichtschwerter und rotierte diese wie ein Sägeblatt.

Dennoch war der Aufprall so enorm, dass die ganze Insel in sich zusammenbrach und gen Erdboden stürzte. Sorcerymon konnte gerade noch reagieren und so ließ es zwei Plattformen aus Eis entstehen, eine unter Ash und die andere unter sich und einem entkräfteten Airi, um damit langsam zum Boden zu schweben.

Gigasmon schien mit der Flucht seiner Gegner nicht einverstanden zu sein und so schnellte es - sich um die eigene Achse drehend - auf Sorcerymons Skateboard zu.

“Wirbelwindbombe!”

Dieses wurde ohne Widerstand in Einzelteile zersplittert und auch der Digiritter hatte dem Angriff nichts entgegen zu setzen.
 

Mit dem nächsten Spirit - Sorcerymon - in den Händen und Yoichi am Boden, setzte das Ungetüm dazu an, auch Airi auszuschalten. Ein hastiger Blick des Blondschopfes zur Seite folgte. Wo zuvor Lobomon war, lag nun der Schwarzhaarige Junge am Boden. Anscheinend hatte Gigasmon auch Lobomon besiegt, bevor es auf Sorcerymon zu gestürmt war.

“Willst du dich denn gar nicht verteidigen?”, forderte Gigasmon den letzten stehenden Digiritter auf und amüsierte sich über dessen erschöpften Zustand.

“Und wie ich mich verteidigen werde.”
 

»Spiritevolution: Raidramon!«

Wie zuvor im Kampf gegen Scorpiomon trat ein animalisches Digimon aus dem Licht der Digitation.

Blitzschnell sprang das wolfsähnliche Wesen auf seinen Feind zu und verpasste ihm einen elektrischen Schlag, indem es einen Strahl aus seinem Horn auf Gigasmon schoss.

Ein Schlagabtausch folgte, dem Raidramon jedoch unterlag.

“Glaubst du wirklich, dass mir - dem Krieger der Erde - Strom etwas ausmachen würde?”, kommentierte Gigasmon die Bemühungen seines Gegners, als dieser mit einem mächtigen Hieb davon geschleudert wurde.
 

“Schluss damit!”, rief plötzlich eine neue Gestalt. In der Dunkelheit der Nacht rauschte ein kleines Wesen an Raidramon vorbei.

“Blitzpfote!”
 

Mit einem blitzschnellen Schlag traf die weiße Katze auf Gigasmon.

"Gatomon?"

Angespannt richtete sich der Digiritter auf und beobachtete die beiden Kämpfer. War das etwa Gatomon? Wie lange hatte er dieses Digimon nicht mehr gesehen?

“Was tust du da?”, fragte er die Katze als sie neben ihm aufkam..

“Dasselbe könnte ich dich fragen.”, antwortete sie schnippisch.

“Ihr werdet so oder so beide hier sterben!”, wieder erhob sich Gigasmon hoch in die Luft und machte sich dafür bereit, ein weiteres Erdbeben auszulösen.

“Wir müssen Gigasmon aufhalten!”, knurrte Raidramon. Doch diese Aussage kam zu spät. Gatomon ergriff bereits die Initiative und sprang angriffslustig auf Gigasmon zu.

“An dir bin ich nicht interessiert.”, Letzteres kickte die Katze einfach aus dem Weg indem es noch im Sprung zu einer Wirbelwindbombe wechselte. Anschließend nutzte es seine Geschwindigkeit um Raidramon den Gnadenstoß zu verpassen.
 

Die gesamte Erde um die Kämpfer riss auf und wurde von Abgründen zerfressen. In der Mitte dieser Abgründe auf einer kleinen übrig gebliebenen Erdsäule, thronte Gigasmon. Neben ihm der bewusstlose Digiritter in menschlicher Gestalt.

"Gigasmon!", rief Gatomon ihm von der anderen Seite des Kraters zu. Es hatte wohl nicht vor den Feind mit den Spirits ziehen zu lassen.

Partner fürs Leben

“Sind wir tot?”, zögerlich blickte sich Yoichi um. Er konnte nichts sehen - außer einem weißen Licht. Keine Wände, kein Boden, keine Decke, kein Luftzug, keine Temperatur, nicht mal den Schmerz des vorherigen Kampfes.

Einzig und allein Rai, Ash und Airi waren bei ihm.

“Ich weiß nicht.”, gab Letzterer niedergeschlagen zurück.

“Was sollen wir jetzt tun? Selbst, wenn wir noch leben, Grumblemon hat unsere Spirits.”, analysierte Ash die Situation.

“Sind wir wirklich machtlos?” Wütend blickte Rai auf sein Digivice und wollte es ins Nichts werfen, doch noch während er ausholte, wurde er von dessen Leuchten abgelenkt.
 

“Digiritter, könnt ihr mich hören?”, sprach eine Stimme. Auch der Rest der Gruppe holte die Digivices hervor.

“Können wir, wer spricht da?”, erkundigte sich Ash wurde aber völlig ignoriert. Anscheinend war es kein wirklicher Anruf sondern nur eine Sprachnachricht.

“Der Kontakt zwischen den Kontinenten und der Zone des Lichts wurde durch einen Störer unterbrochen, den jemand auf der schwebenden Insel angebracht hatte.”

“Er muss zerstört worden sein, als Grumblemon die Erde aufgerissen hat.”, begriff Airi sofort. Yoichi war mit seinen eigenen Schlussfolgerungen beschäftigt: “Sind wir hier etwa in der Zone des Lichts?”
 

“Es tut mir Leid, dass ich euch nicht früher kontaktieren konnte. Solltet ihr hier bleiben wollen, müsst ihr euch die Spirits zurück holen.”

“Wie sollen wir Grumblemon besiegen?”, verlangte Ash zu wissen. Doch wieder keine Reaktion.

“Solltet ihr in eure Welt zurück wollen, sprecht mit einem Trailmon am Bahnhof der Flammen.”

Fragend blickte Rai durch die Runde und verharrte bei Ash. Würde er auf dieses Angebot zurückgreifen? Dieser schüttelte jedoch seinen Kopf:

“So leicht wirst du mich nicht los, Rai. Auch wenn ich mir keine falschen Hoffnungen mache, Grumblemon irgendwie als Mensch besiegen zu können.”

“Gebt nicht auf, Digiritter. Ihr seid nicht länger alleine.” Damit beendete die Stimme die Nachricht und das weiße Licht der Umgebung begann zu verblassen.
 

Bevor Rai fragen konnte, was die Stimme meinte, zuckte er zusammen.

Er lag noch immer im Gras neben den übriggebliebenen Trümmern der herabgestürzten und gescannten Insel.

“Rai, Rai! Hörst du mich?”, rief eine besorgte Stimme neben ihm.

“Was ist denn los?”, fragte er verschlafen. Wenig später realisierte er, dass kein Mensch neben ihm stand.

Das Digimon sah aus wie ein gelbes Reptil auf zwei Beinen. Es trug einen hellblauen Pelz - so hell, dass er fast weiß erschien - mit Königsblauen Tigerstreifen. Die Vorderbeine des Pelzes nutzte es als Handschuhe. Die Hinterbeine hingen frei in der Luft. Der Bauch des Digimon war blau und wurde von einem seltsamen roten Zeichen geziert. Seine ebenfalls roten Augen waren die Augen eines aufmerksamen Wolfes. Diese Entschlossenheit wurde zudem durch das gelbe Horn auf seinem Kopf untermauert.

“Mit dir ist alles in Ordnung wie schön!”, antwortete es freudig und reichte dem Jugendlichen seine Pfote, damit dieser sich aufsetzen konnte. “Ich freu' mich, oh Rai, ich bin so froh.”, wiederholte es ein weiteres Mal und beobachtete aufgeregt das Digivice. Dieses reagierte mit einem warmen Licht auf das Händeschütteln.

“Wer bist du überhaupt?”, fragte der Schwarzhaarige verwundert.

“Ich bin Gabumon. Habe ich mich so sehr verändert? Ich hab' auf dich gewartet.”

“Auf mich gewartet…”, wiederholte er unschlüssig. “Sag mal, woher weißt du eigentlich, wie ich heiße?” Hätte es ein Freund von Gotsumon oder Digitamamon sein können?

Nachdenklich legte das Digimon seine Tatze an den Mund:

“Wir sind doch Partner.”
 

Auch Ash war wieder bei Bewusstsein - und lehnte in Bedrängnis gegen einen Felsen. Vor ihm stand ein aufgebracht dreinblickendes Wesen:

“Du sollst also mein Partner sein?”

Eine kleine, weiße Seerobbe um genauer zu sein. Auf dem Kopf sowie den Flossen hatte es lila Markierungen und den Kopf zierte ein rotes Fell.

Angespannt blickte Ash auf sein Digivice, doch statt das Level oder Attacken zu erfahren, zeigte es nur nutzlose Fakten über das Digimon an:

»Gomamon sind im Meer lebende Digimon, können sich aber auch, wenn auch nur behäbig, an Land fortbewegen. Dafür besitzen sie ein wasserabweisendes Fell, welches sie auch bei niedrigen Temperaturen warm hält und zudem scharfe Klauen, die sogar Eis zerbrechen können. Das rote Haar auf den Köpfen der Gomamon drückt ihre Stimmung aus, wenn es aufgestellt ist, sind sie wütend.«
 

“Wie immer unfähig zu handeln, solange du keinen Plan oder genaue Informationen hast, wie?”, gab es schnippisch zurück und drehte sich von dem Schwarzhaarigen weg. “Du hättest mich ja auch einfach fragen können, wenn du etwas wissen willst.”

“Also…”, stotterte Ash unschlüssig.

“Viel zu verklemmt. Man könnte es fast schon unhöflich nennen.”, fiel es ihm ins Wort.

“Jetzt halt doch mal kurz die Luft an.”, brachte der Junge schließlich aufgebracht hervor. “Also, wer oder was bist du? Ich meine, woher kennst du mich und wieso bist du hier?”

“Das habe ich dir doch vorhin schon gesagt. Ich bin dein Partner. Aber du hast das nur für einen Trick gehalten und dachtest, ich würde dich angreifen.”

“Ah, richtig…”, murmelte Ash jetzt.

“Das wäre eigentlich der Moment, wo du dich entschuldigst, du gefühlskalter Idiot.”, grummelte Gomamon.

“Tut mir Leid…”, gab sich Ash geschlagen und streckte zur Versöhnung seine Hand aus.
 

“In Ordnung, ich verzeihe dir Partner.”, lächelte das merkwürdige Wesen jetzt unerwartet und schüttelte die Hand seines Gegenüber. Zu seiner Verwunderung musste Ash feststellen, dass diese Robbe wirklich etwas hatte, das sich wie eine Hand anfühlte. So beschäftigt bemerkte er auch nicht, wie das Digivice in seiner Hosentasche die neue Partnerschaft mit einem Leuchten bestätigte.
 

Airi erwachte ganz in der Nähe des eingezäunten Bereichs, den er am Tag zuvor mit Yoichi beschützt hatte. Neben ihm lag sein D-Tector… nun sofern es noch ein D-Tector war. Verwundert hob der Blondschopf das Gerät auf. Es hatte sich verändert und glich nun dem Gerät, welches Yoichi ihm gezeigt hatte.

“Soll das heißen…”, murmelte er und richtete sich auf. Auf dem orangenen Display des roten Digivices zeigte ein Pfeil auf die hölzernen Babywiegen zu.

Als wäre es ein heiliger Ort schritt er bedacht und vorsichtig über den kurzen Rasen. Fast schon nervös blickte er immer und immer wieder auf das Display seines Digivices.

Airi wusste selbst nicht wonach er suchte bis er es schließlich sah. Ein Digiei, einsam und verlassen in einer eher abgelegenen Wiege. Die Schale an sich war ein unauffälliges beige, doch die dunkelgrünen gezackten Linien verliehen dem Ei Charakter.

"Könnte es wirklich sein... Dass du nach all den Jahren wiedergeboren wurdest?"

Zögernd kniete sich der junge Digiritter neben die Wiege. Sein Digivice bestätigte schließlich die Verbindung, die er spürte. Prompt wurde dieses Gerät auf dem Gras abgelegt, damit beide Hände frei waren. Mit diesen hob er das Digiei behutsam aus seinem Bettchen.
 

Gerade als er es schützend umarmen wollte begann es in einem gleißenden Licht zu leuchten. Schreckhaft schloss der Junge seine Augen, spürte jedoch wie das Ei plötzlich verschwand.

"Bitte nicht jetzt!", rief er, realisierte aber dass er plötzlich etwas Anderes... - etwas Warmes, Weiches - etwas Lebendiges in seinen Armen hielt. Dieses Wesen sah von Oben aus wie eine kleine, grüne Handpuppe mit einem Horn auf dem Kopf.

"Ich habe auf dich gewartet, Airi."

"Gummymon?"

Ein helles Licht umgab das Digimon – als würde es einen Kraftschub von Airi erhalten und so wurde aus dem schwachen Babydigimon ein etwas größeres Wesen. Genauer gesagt ein Terriermon.

Seine weißen Ohren hingen weit herunter. Sofern man es Ohren nennen konnte. Sie erinnerten eher an Fächer. Das weiße Fell endete grün an den Fächerenden und auch die klitzekleinen Pfoten, die schon fast aussahen wie Finger - lief es doch auch auf zwei Beinen - waren grün. Das grüne Fell an Terriermons Hals lies es fast so aussehen, als hätte es ein Halstuch an und aus seinem Kopf ragte ein kleines Horn.
 

Yoichi wusste nicht was er denken sollte als ihn der Klang von schwermütigem Weinen weckte. Den Braunhaarigen umgaben einige Büsche, welche auf den zweiten Blick von dem Erdbeben entwurzelte Bäume waren.

Neugierig richtete er sich auf und schritt durchs Unterholz. Er war noch immer in der Spielzeugstadt denn nahe der grünen Fläche waren einige kleine Häuser aufgereiht - knapp die Hälfte davon aus Bauklötzen und wieder andere aus Lego.

Auf einem von ihnen konnte der Junge die Quelle des Lärms ausmachen. Ein Digimon stand mit seinem Rücken zu Yoichi. Tränen kullerten nur so hinab. Was war bloß die Ursache für so ein herzzerreißendes Weinen?

Und für Yoichi viel wichtiger, wie könnte er das Digimon bloß beruhigen? Daran einfach weiter zu gehen um seine Freunde zu suchen, dachte er keine Sekunde.
 

“Ist Alles in Ordnung?”, fragte er zögerlich - bereute es aber kurz darauf. Natürlich war es nicht in Ordnung, das war schwer zu übersehen. Aber wie hätte er sich sonst ausdrücken können?

“Nein, ist es nicht.”, antwortete das Digimon ohne sich umzudrehen. Yoichi schritt ein wenig näher auf das kleine Häuschen zu:

“Magst du mir sagen, was los ist?”

“Ich kann meinen Freund nirgends finden.”

“Was ist, wenn ich dir dabei helfe ihn zu finden?”, bot Yoichi an.

“Das habe ich doch schon versucht.”

Verwundert blickte sich Yoichi um. Außer ihm und dem Digimon war hier tatsächlich niemand in Sicht. Was sollte er also antworten?

“Was ist, wenn ihm etwas passiert ist? Ich soll ihn doch beschützen!”, beklagte sich das orangene Digimon weiter. Die kleinen Flügel, die wohl auch die Ohren des Digimon waren, zuckten gestresst.

“Weißt du denn wie er aussieht? Wir können nicht einfach aufgeben, nur weil du ihn beim ersten Mal nicht gefunden hast.”

Sich jetzt etwas beruhigend, nahm das Digimon tief Luft und seufzte traurig.

“Nein, das ist ja das Problem.”
 

Komplett überfragt und ratlos darüber was er noch tun könnte um dem Wesen zu helfen, kletterte er auf das Dach der kleinen Hütte und umarmte das weinende Digimon. Als es sich endlich umdrehte erkannte er erstmals dessen schwarze Pfötchen, tiefblaue Augen und den in Beige getauchten Bauch des vierbeinigen Digimon.

Noch immer mit Tränen in den Augen schmiegte es sich an Yoichi, klammerte sich dabei sogar regelrecht an das weiße Hemd, welches er noch immer von der heißen Quelle an hatte.

“Yoichi, das bist ja du.”, stellte es dabei überrascht vor.

“Kann es sein… dass du mich gesucht hast?”, schlussfolgerte Yoichi als ihm das leuchtende Digivice in seiner Tasche auffiel.

“Genau, wir sind nämlich Partner. Gemeinsam können wir diese Welt retten.”, erklärte es stolz und nicht mehr schluchzend.

“Und wie heißt du?”

“Ich bin Patamon.”

Lächelnd begutachtete der Junge das Wesen in seinem Arm. Irgendwie wusste er, dass es die Wahrheit sagte. Als wäre da kein Spielraum für irgendwelche Zweifel oder Spekulationen.

“Patamon, hast du vielleicht meine Freunde gesehen?”

Enttäuscht schüttelte das Digimon seinen Kopf, ehe ihm eine Idee in den Sinn kam:

“Warum benutzen wir nicht das Digivice?”

Fragend zeigte Yoichi seinem Partner das Gerät und ließ sich von ihm erklären, wie er eine Kartenfunktion öffnete auf der mehrere Pfeile zu sehen waren.

“Der Schwarze muss Ash sein, weil sein Digivice schwarz ist. Und blau ist Rai. Dann muss Airi folglich rot sein.”, reimte er sich alles recht schnell zusammen.

“Sie alle bewegen sich auf das Zentrum der Stadt zu, komm, wir treffen sie dort!”, schlug Patamon vor und flatterte aufgeregt los.

Aufbruch

Als Yoichi im Zentrum angekommen war und seine Freunde in Sicht waren fiel ihm sofort auf, dass auch diese Digimon im Schlepptau hatten.

“Da seid ihr ja!”, stellte Gotsumon erleichtert fest. Anscheinend hatte es gemeinsam mit Digitamamon und Monzaemon einen Suchtrupp zusammen getrommelt. Wortlos gesellte sich Yoichi zu der Gruppe von Menschen, denen gerade heiße Suppe und Getränke zur Stärkung gereicht wurden.

“Wir konnten Grumblemon nicht aufhalten…”, gestand Ash den Bewohnern der zerstörten Insel. “Es tut uns Leid.”, übersetzte Yoichi diese Anmerkung im Namen der Anderen.

“Wir hatten schon Sorge, dass Grumblemon euch getötet hat. Wir sind so froh, dass es euch gut geht.”, erwiderte der große Teddybär kopfschüttelnd. “Dank euch konnten alle Digimon rechtzeitig evakuiert werden. Wir verdanken euch unser Leben.”, erklärte es dann und beugte sich etwas herunter, um Yoichi ermutigend auf die Schulter zu klopfen.

“Wir haben zwar unser Zuhause verloren, aber das lässt sich wieder aufbauen! Dieses Mal wird es bestimmt sogar noch viel schöner als zuvor! Wir könnten statt einem Restaurant gleich ein Hauptquartier bauen, mit Mensa und Quartieren und ganz viel Schnickschnack!”, spekulierte Digitamamon motiviert und wandte sich von der Gruppe ab um seine Gedanken weiterzuspinnen. “Wir könnten Digimon zusammentrommeln, die uns helfen die Stadt zu verteidigen und…”
 

“Aber sag mal, was seid ihr denn für Digimon? Ich habe euch hier noch nie gesehen.”, stellte Gotsumon währenddessen verwundert fest und lief um die Gruppe herum. Dabei musterte es die vier Neuankömmlinge.

Während Gabumon sich hinter Rai versteckte, saß Patamon auf Yoichis Kopf. Terriermon wiederum hatte es sich auf Airis Schulter gemütlich gemacht und Gomamon stand recht unbeteiligt neben Ash und legte seinen Kopf schief als Gotsumon es anstarrte. “Hab ich was im Gesicht?”, fragte es dabei.

“Angeblich… sind das hier unsere Digimonpartner.”, erklärte Ash und warf Gomamon einen ermahnenden Blick zu, damit dieses nicht wieder anfangen würde ihn zu ärgern.

“Digimon...Partner”, wiederholte Gotsumon nachdenklich, “Die ersten Menschen hatten Digimon an ihrer Seite.“

„Wenn Menschen und Digimon sich zusammentun erhalten wir neue Kräfte!“, steuerte Terriermon hingegen selbstbewusst bei.

“Dann könnten wir also… rein theoretisch gesprochen, Grumblemon oder Gigasmon oder wie auch immer aufhalten und uns die Spirits zurückholen?”, spekulierte Ash.

“Gut möglich.”, kommentierte Airi während er dabei zusah wie Terriermon auf ihm herum kletterte und irgendwelche Faxen machte.
 

“Wo ist eigentlich Gatomon?”, unterbrach Rai das bisherige Gespräch.

“Es ist hinter Grumblemon her gerannt.”, wusste Monzaemon und deutete in Richtung Wald.

“Also ist das unser erster Anhaltspunkt.”, grinste Yoichi und hob Patamon von seinem Kopf herunter um es direkt anzusehen, “Wirst du mir dabei helfen Gatomon zu finden?”

“Ich werde überall hingehen, wo du auch bist!”, verkündete es strahlend.

“Du willst wirklich weitermachen?”, fragte Ash verwundert. Für den Kleinsten der Gruppe schien Yoichi keine Angst zu zeigen.

“Du etwa nicht? Lass mich raten, du versteckst dich lieber hinter deinem Laptop.”, kommentierte Gomamon.

“Apropos Laptop, kannst du die Spirits orten?”, fiel Rai dabei ein.

“Wenn wir irgendwo Strom finden, klar. Der Akku ist zumindest erst mal leer.”

“Dann müssen wir uns eben so ins Abenteuer stürzen.”, bot Airi grinsend an und verschränkte seine Arme hinterm Kopf um sich in Richtung Wald in Bewegung zu setzen.

“Moumantai!”, salutierte Terriermon auf dem Kopf des Blondschopf. “Das heißt: Alles wird gut. Wir kommen schon irgendwie klar!”

Perplex blickten Rai und Ash dem Digiritter hinterher, ehe sie ihm schulterzuckend folgten. Auch Yoichi setzte dazu an zur Gruppe aufzuschließen, drehte sich aber noch einmal um und winkte den Bewohnern der Stadt zu:

“Macht euch um uns keine Sorgen, wir werden schon einen Weg finden!”

Erst verwundert, dann besorgt blickte Gotsumon zu dem kleinen Jungen und seinen Freunden:

“Passt auf euch auf!”, rief es dabei, “Und danke für alles!”
 

***
 

“Der Wald ist ziemlich dicht geworden.”, besorgt blickte sich Gabumon um. Es waren mehrere Stunden vergangen seit sie die Stadt hinter sich gelassen hatten. Seine menschlichen Begleiter schienen den Wald alle unterschiedlich wahrzunehmen. Rai schien motiviert und nicht mehr ganz so angespannt, der Blondschopf grinste - schien es aber bereits gewohnt zu sein von so viel Natur umgeben zu sein. Ash blickte weniger ernst als zuvor, behielt aber dennoch die Umgebung skeptisch im Blick und Yoichi strahlte einfach nur über beide Ohren und wusste nicht, wo er seinen staunenden Blick zuerst hinwenden sollte. Die Digiwelt hatte so viel mehr zu bieten als Spielzeuge und merkwürdige Wesen.
 

“Gibt es in der Menschenwelt nicht so viele Wälder?”, schlussfolgerte das neugierige Digimon. Während Ash es dabei beließ zu sagen, dass sie in einer Großstadt lebten - weit ab von Natur - brachte es Yoichi zum Grübeln. Bisher hatte er nie das Bedürfnis gehabt, sich abseits von Schularbeiten oder dem kleinen Park mal in einen Wald zu begeben. Nur warum eigentlich nicht?

Das Rascheln der Baumkronen im Wind, der Ruf kleiner Vogeldigimon, das Stimmen-Gemurmel der Pflanzendigimon. Der harzige Geruch von Bäumen mischte sich mit dem von feuchter Erde. Das prachtvolle grün von den Blättern der Bäume. Nicht nur das, auch der Boden des Waldes war wunderschön. Fröhlich kniete sich Yoichi um das weiche Moos zu berühren, das den kleinen Stein vor ihm überzogen hatte. Auch eine Vielfalt an Blumen war abseits des kleinen Trampelwegs zu finden. Kletterpflanzen schlängelten sich um umgefallene Baumstämme und Pilze häuften sich vor morschen Stümpfen.

“Gibt es hier auch Eichhörnchen oder Mäuse?”, erkundigte sich Yoichi neugierig bei Patamon ehe er bemerkte, dass die Gruppe bereits ein gutes Stück vor ihm war. Noch immer gut gelaunt schloss er gemeinsam mit seinem Partner zurück zur Gruppe auf.
 

“Nanu?” Verwundert musste der weißhaarige Schüler jetzt feststellen, dass der ganze Wald sich ungewöhnlich schnell in Nebel hüllte. Mitten am Tag - ohne Regen. Etwas ängstlich verkürzte er deswegen seine Distanz zu Airi bei welchem er sich am sichersten fühlte. Dann bemerkte er plötzlich wie Patamon von seinem Kopf hinab stürzte und schlafend am Boden des Waldes liegen blieb. Auch Gomamon schien gegen eine merkwürdige Müdigkeit anzukämpfen. Alarmiert zählte der Blondschopf eins und eins zusammen und wies Terriermon an, wegzulaufen. Genauer gesagt raus aus dem kleinen Gebiet, welches in Nebel gehüllt war. Gabumon tat es diesem gleich, während Yoichi und Ash damit beschäftigt waren ihre schlafenden Digimon selbst aus dem Nebel zu tragen.

“Alles in Ordnung?”, erkundigte sich Rai bei seinem Partner als sie wieder mehr sehen konnten.

“Was ist das für ein Nebel?”, verlangte Ash sofort zu wissen und rüttelte an der kleinen Seerobbe.

Als Antwort auf diese Frage erhob sich eine Gestalt aus dem Nebel. Genauer gesagt eine weiße Schlange mit roten Streifen, grüner Mähne, Flügeln und einem Sonnensymbol als Schwanz.

“Quetzalmon, Level: Armor, Typus: Virus”, wusste das Digivice beizusteuern welches Yoichi hervor holte.

“Vielleicht wurde es infiziert. Eigentlich ist es ein gutartiges Digimon.”, spekulierte Gabumon. Dass die Gruppe bereits seit dem Kampf mit Monzaemon von dem Virus wusste konnte es nicht wissen.
 

“Dann müssen wir es aufhalten.”, fügte Airi hinzu und holte seinen D-Tector hervor - Nur um zu realisieren, dass er jetzt ja ein Digivice hatte und seinen Spirit verloren hatte.

“Das übernehme ich!”, beschwichtigte Terriermon den enttäuschten Blick des Blondschopfes und stellte sich der Schlange in den Weg. “Gluthagel!”, mit dieser Ankündigung spuckte das kleine Digimon explosive, grüne Kugeln auf seinen Gegner, die jedoch einfach abprallten.

Angespannt beobachtete der Blondschopf wie sein Partner dem schnellen Rammangriff des Gegners auswich.

“Airi, ich brauche dich!”, riss es den Jungen aus seinen Gedanken. Geschwind holte er sein Digivice hervor um es nach vorne auszurichten. Ein Lichtstrahl schoss von diesem nun auf das kleine Digimon zu und es begann seine Form zu ändern.
 

“Terriermon digitiert zu Gargomon!”
 

Aus dem zierlichen Wesen wurde ein größerer, stabil gebauter Hase. Die Hände mitsamt der kleinen Finger wurden zu hammerförmigen Maschinengewehren, mit welchen es die angreifende Schlange abwehrte und ihr einen gewaltigen Hieb versetzte. Um seinen Körper sowie seine linke Schulter war ein Gürtel mit Munition gespannt. Zudem schien es jetzt eine blaue Hose zu tragen.
 

“Funktioniert das bei uns auch?”, fragte Rai zu Gabumon blickend welches unsicher seinen Kopf schüttelte. Dann zuckte es zusammen und als Rai dem Blick seines Partners folgte, bemerkte er wie Gargomon von der Schlange umwickelt und mit Elektrizität angegriffen wurde.

Nun zum Kampf entschlossen schritt Gabumon nach vorne und schleuderte einen dünnen Strahl blauen Feuers auf seinen Gegner.

Eher unbeeindruckt ließ die Schlange von seiner Beute ab und schleuderte einige spiralförmige Ringe aus blauer Energie auf Gabumon. Das in Pelz gehüllte Reptil konnte zwar ausweichen, doch wurde dessen Partner am Fuß erwischt. Durch den eiskalten Angriff am Boden festgefroren, gab es für ihn kein Ausweichen mehr.
 

“Rai!”, rief Gabumon besorgt und auch Ash wollte dem Schwarzhaarigen helfen als die fliegende Schlange auf ihn zu schnellte. Als Mensch und ohne Spirit war er in dem Moment machtlos - aber nicht weniger entschlossen seinem Freund zu helfen.

„Ich werde Rai beschützen!“, stieß Gabumon nun hervor und rannte an Ash vorbei um sich statt diesem vor Rai zu stellen. Den Worten von Gabumon folgend, erstrahlte das Digivice und umhüllte sowohl den Menschen als auch das Digimon in einem gleißenden, eisschmelzenden Licht.
 

„Gabumon digitiert zu Garurumon!“

An der Stelle des kleinen zweibeinigen Wolfes, stand jetzt ein vierbeiniges Ungetüm in weißen Pelz und mit Streifen, die farblich perfekt zu Lobomon passten. Sofort winkelte es seine Beine an und sprang dann auf die Schlange zu.

„Gewaltiges Feuer!“, Hellblaues Feuer umhüllte das gegnerische Digimon und es stürzte den ganzen Weg hinab zurück zum Erdboden. Unten aufgekommen wurde es bereits von Gargomon erwartet:

„Gargo-Schrot!“

Gespannt verfolgte Rai mit wie das Serumdigimon aus den Kanonen an seinen Händen eine nicht enden wollende Menge an Kugeln auf den schlangenartigen Feind feuerte, dieser sich schwarz färbte und von einem bereitstehenden Airi auch sofort gereinigt wurde.

Als das Digimon wieder zu Sinnen kam schreckte es panisch auf und verschwand dann ins Unterholz des Waldes.
 

“Ihr habt das schon etwas häufiger gemacht, wie?”, fragte Rai schließlich den Blondschopf welcher dem zurückdigitierten Terriermon ein High-Five gab, sich dann aber verlegen am Kopf kratzte und die Aussage verneinte. Auch Gabumon war wieder auf dem Rookielevel, was wohl irgendwie Sinn ergab - immerhin behielten die Jugendlich auch nicht ewig ihre Spiritform bei.

“Danke für die Rettung, Gabumon.”, wandte sich der Schwarzhaarige anschließend seinem schüchternen Partner zu. “Ach war doch nicht der Rede wert.”
 

“Wir sollten den Wald verlassen sobald Gomamon und Patamon wieder zu sich kommen.”, drängelte Ash. Er hatte scheinbar kein gutes Gefühl bei der Sache. Vor Allem nicht bei diesem merkwürdigen Blondschopf, der ihm so viel verheimlichte, obwohl er so schlecht im Lügen war.

Bahnhof der Flammen

“Wir sind endlich da!”, jubelte Patamon und hüpfte vom Kopf seines Partners um zum eben in Sicht gekommenen Waldrand zu flattern. Auch die anderen Digimon und Menschen schienen jetzt erleichtert und folgten freudig dem orangenen Wesen.

“Dann können wir endlich eine Pause machen!”, jubelte Airi. Generell war die gesamte Gruppe ausgelaugt von dem langen Fußmarsch, den sie hinter sich hatten.

Staunend begutachtete Yoichi den Anblick, der sich ihm bot. Etwas unterhalb von ihnen - in einer Art Tal - war eine komplette Stadt gebaut. Diese war jedoch anders als die Stadt des ewigen Anfangs nicht aus Plastik oder Klötzen gebaut, sondern aus massivem Eisen oder einem vergleichbaren Metall. Stahl eventuell; beschloss der zierliche Digiritter in Gedanken als ihm die vielen Kamine ins Auge fielen, aus denen massives Feuer hinausschoss.
 

“Das muss das Fire Terminal sein.”, erklärte Gabumon stolz.

“Wart ihr Digimon schon mal hier? Ich dachte, ihr wärt erst geschlüpft.”, grübelnd legte Ash seinen Zeigefinger an seine Unterlippe.

“Sind wir auch.”, mischte sich Patamon ein. “Es ist schwer zu erklären.”

“Lass mich mal versuchen.”, bot sich Terriermon an und stapfte mit seinen kleinen Beinen ein paar Schritte nach vorne. “Es ist so etwas wie Allgemeinwissen. Digimon wissen von Geburt an wie sich diese Digiwelt zusammensetzt. Was D-Codes sind und so weiter. Instinktiv sozusagen. Und manchmal wenn wir schlüpfen, da können wir uns auch an ein vorheriges Leben erinnern.” Mit dieser Aussage kletterte es wieder am T-Shirt des Blondschopfes entlang auf dessen Schulter.

“Ich hab dir doch gesagt, dass du immer unbegründet misstrauisch bist. Es gibt für alles eine gute Erklärung.”, spaßte Gomamon und blickte an seinem Partner hoch.

“Dann erklär du mir doch mal wieso wir nicht mehr in unserer eigenen Welt sind.

“Das, äh… weiß ich nicht.”, gab die kleine Robbe sich geschlagen.

“Wollen wir die Stadt gemeinsam erkunden?”, schlug Yoichi schließlich vor - richtete sich mit der Frage aber eher an Patamon, welches überglücklich zustimmte.

“Na immerhin die Beiden verstehen sich.”, seufzte Rai und folgte dem kleinsten Mitglied der Gruppe.
 

“Die Gleise müssen auch mit der alten Fabrik verbunden gewesen sein.”, merkte Rai an.

Das größte Gebäude der Stadt setzte sich aus mehreren überdachten Gleisen zusammen. Der Bahnhof der Flammen, wie Gabumon wusste.

“Ach ja, meinte diese Stimme nicht auch, dass wir von hier zurück in unsere Welt kommen?”, fügte Yoichi hinzu.

“Ihr wollt uns verlassen?”, hakte Patamon sofort ängstlich nach. Zu seiner Erleichterung schüttelte Yoichi lächelnd seinen Kopf.

Rai hingegen blickte noch immer fragend zu Ash.

“Was?”, fragte dieser schließlich, “Ich habe dir schon mal gesagt, du wirst mich nicht los. Ich bleibe hier bis du damit fertig bist, dich als Held aufzuspielen.”

Ertappt räusperte sich der Schwarzhaarige.

“Fragen wir doch in der Stadt nach ob jemand Grumblemon gesehen hat.”, schlug Gabumon schließlich vor um von seinem verlegenen Partner abzulenken.
 

Die äußeren Stadtbezirke hatten keine Kamine als Dächer, sondern sahen aus als hätten sie Baumkronen oder massive Blätterhaufen als Abdeckung. Zu ihrer Verwunderung war die Stadt Menschen- oder eher Digimonleer.

“War Grumblemon etwa schon hier?”, spekulierte Rai angespannt.

“Die Stadt steht jedenfalls noch, also kann es keine Daten gefunden haben.”, warf Ash ein.

“Hoffentlich geht es den Candlemon gut”, rief Airi plötzlich und stürmte wegen einem plötzlichen Geistesblitzes davon. Ash, Rai und Yoichi blieben irritiert zurück, ehe Letzterer dazu an setzte seinen Freund einzuholen und die beiden Älteren verdutzt zurückließ.
 

“Und was jetzt?”, fragte Ash und blickte genervt zu Rai, welcher nur mit den Schultern zuckte. “Wenn wir uns in zwei Gruppen aufteilen haben wie so oder so bessere Chancen etwas zu finden.”

Gabumon blickte besorgt zwischen den davon rennenden Jugendlichen und Rai umher. Es musste bei seinem Partner bleiben, aber würde es den Anderen gutgehen?

“Du bist viel zu soft. Dieser Typ verheimlicht uns etwas und dir ist es völlig egal.”, fuhr Ash fort.

“Nur weil er nicht darüber reden will heißt das noch lange nicht, dass er irgendein Spion ist”, warf Gomamon unaufgefordert ein und blickte eingeschnappt zu seinem Partner. Er hatte dieses Misstrauen allmählich satt. “Er wurde von Grumblemon nicht anders behandelt als wir - oder ist dir nicht aufgefallen, dass sein Spirit auch weg ist?”
 


 

“Airi, warte doch!”, völlig außer Puste hatte es Yoichi geschafft den Blondschopf einzuholen. Außerhalb der stählernen Stadt fanden sich kleinere Hütten aus Holz, die so aussahen als wären sie direkt in die Baumstämme gebaut. Aber auch hier war kein Digimon zu finden.

“Verdammt”, hörte er den Blondschopf aus einer der Hütten fluchen.

“Was ist denn überhaupt los?”, wollte Patamon wissen während es erschöpft auf einen der kleinen Stühle sank, die im Inneren der kleinen Häuser standen.

“Die Candlemon hatten mir dabei geholfen meinen Spirit zu finden.”, erklärte Airi schließlich als er aus dem Nebenraum wieder zurückkam.”Ich will wissen wieso sie alle weg sind.”

“Moumantai! Ich wette, es geht ihnen gut.”, versuchte Terriermon seine Begleiter aufzuheitern.

Yoichi begab sich währenddessen zu Airi um diesem zu helfen.
 

“Waaaah!”, ertönte es wenige Sekunden später und Patamon schreckte alarmiert auf um den braunhaarigen Jungen zu suchen, von dem der Schrei ausging. Als es den Nebenraum betrat, musste es schockiert feststellen, dass der Boden eingebrochen war und sowohl Yoichi als auch Airi und Terriermon verschwunden waren.

Sofort flatterte es das steile Loch hinab. Licht war Mangelware und drang kaum weit genug hinab um den Boden zu sehen. Als es wenig später eine kleine Höhle vorfand, die in weiße Spinnweben und Kokons gehüllt war, fand es auch die vermissten Candlemon. Diese hatten eine erstaunliche Ähnlichkeit mit weißen Kerzen. Wobei sie eher einer weißen Kerze mit zwei Armen und einem Gesicht ähnelten - umgeben von einem großen Ball aus Fäden, welcher mit einem dicken Faden von der Decke hinunter hing und als Gefängnis diente. Auch die Flamme auf ihren Köpfen hatten ein Gesicht, doch waren die Augen blau und nicht rot, wie bei den Kerzen selbst. Das geschmolzene Wachs auf diesen sollte wohl ein Ersatz für Haare sein. Von der Taille abwärts steckten sie in einem goldenen, polierten Kerzenständer. Flehend blickten sie zu Patamon, schienen aber zu schwach zu sein um ein Wort hervor zu bringen.
 

Auch Airi, Terriermon und Yoichi waren in der Höhle zu finden. Allerdings saßen sie nicht in einem Ball fest, sondern klebten mit Rücken, Armen und Beinen an einem horizontal gespannten Netz.

“Patamon!”, rief Yoichi erleichtert. Das flatternde Digimon konnte sich hier frei bewegen und wurde nicht durch den Sturz ausgeschaltet.

“Du musst uns hier raus holen.”, forderte Airi sichtlich frustriert darüber selbst nichts tun zu können.

“Aber berühre die Klebefäden nicht!”, warnte das kleine Terriermon wiederum, welches verzweifelt versuchte seine langen Ohren irgendwie aus der Falle zu befreien.

Ehe sich Yoichi fragen konnte, was denn überhaupt solche großen Spinnenfäden produzierte, tauchte aus einem verwinkelten Gang ein großes Insekt auf. Genauer gesagt eine schwarze Vogelspinne mit einem gelben Wikingerhelm, neun Augen, roten Haaren, sechs Beinen und zwei Armen. Auf dem Rücken des gut zwei Meter großen Ungetüms war ein Totenkopf zu sehen. Krallen und Stacheln waren rot gefärbt.

“Dokugumon sind Championdigimon, bring dich lieber in Sicherheit.”, rief Terriermon dem fliegenden Digimon zu.

Doch Patamon weigerte sich davon zu laufen. Es musste doch wenigstens Terriermon befreien können, damit dieses zu Gargomon digitieren könnte.
 

“Patamon, bitte pass auf dich auf.”, merkte Yoichi leise an. Er hatte nicht vor, seinem Partner das Kämpfen auszureden. Stattdessen musste er jetzt dabei zusehen, wie sein zierliches Digimon den Kampf gegen eine überdimensionale Vogelspinne antrat. Alles nur um ihn zu beschützen, während er nicht einmal zu Sorcerymon digitieren konnte.

Es dauerte einige Minuten bis dem kleinen Jungen bewusst wurde, dass Patamon mit seinen Luftschüssen - bei denen es sich auf pustete wie ein Luftballon um eine Luftkugel als Geschoss zu feuern - nicht auf das große Insekt, sondern das Netz zielte.

Hin und wieder mischte sich auch Terriermon ein, wenn die Spinne nahe genug bei ihm war und schoss aus seiner hängenden Position einen Gluthagel in dessen Richtung.

Dennoch prallten alle Versuche am Wikingerhelm oder den elastischen Fäden ab und Patamon konnte nicht ewig ausweichen. Dokugumon schwebte regelrecht über sein Spinnennetz und war somit sowohl schnell als auch stark.
 

Als es der Spinne zu langweilig wurde, die kleine lästige “Fliege” zu jagen, wandte es sich seiner Beute zu.

“Oh nein, das wirst du nicht tun!”, verkündete Patamon und zielte mit seinem Luftschuss nun auf die Spinne statt das Netz. Ohne Erfolg. Ungestört setzte die Spinne wieder zum Angriff an und so spuckte es giftige, lila Fäden in die Richtung von Yoichi. Als hätte er dabei eine Idee, hielt Airi Terriermon davon ab weiter mit Gluthagel anzugreifen. Stattdessen flatterte Patamon gerade noch rechtzeitig vor seinen menschlichen Partner und blockte als lebendes Schild den Schaden ab.

“Patamon!”, rief Yoichi fast schon panisch und hielt einige Tränen zurück. Wie konnte sein Freund nur so dumm sein, sich für ihn zu opfern? Geschwächt landete Patamon neben ihm im Netz.

“Du Dummkopf, so was darfst du doch nicht machen!”, wies Yoichi es zurecht. Nur um ein “Aber ich muss dich doch beschützen” als Antwort zu erhalten. Und genau in dem Moment geschah es, dass Yoichis Digivice hell erstrahlte und mit dem warmen Licht sowohl das Netz um ihn herum zerstörte, als auch das kleine Digimon umhüllte.

“Patamon… “, murmelte Yoichi sprachlos als er die Verwandlung von seinem Partner verfolgte.
 

“Patamon digitiert zu Angemon!”

Kurz darauf schwebte ein beeindruckender Engel zwischen der nun befreiten Gruppe und der Vogelspinne. Zusätzlich zu den sechs weißen Flügeln besaß Angemon einen goldenen Stab und goldene lange Haare. Sein Kopf wurde durch einen Helm geschützt, welcher ein Kreuz als Zeichen trug. Angemons Kleidung belief sich auf einen weißen Anzug, der bis auf sein Gesicht sowohl Hals als auch Oberkörper schützte, eine weiße Hose sowie weiße Stiefel mit gelben Verzierungen und Knieschützern. Außerdem trug es ein blaues Band, welches um sein rechtes Bein und seinen linken Arm gewickelt war. Das Band bedeckte ebenfalls Angemons Hüfte und erstreckte sich von dort aus fast bis zu seinen Füßen.
 

Mit seinem heiligen Stab begann es den Kampf und unterbrach die kurze Pause. Dokugumon schien nicht mehr ganz so gelangweilt, denn es musterte den Engel fast schon panisch. Den Stab in seinen Händen rotierend stieß Angemon seinen Gegner mehrere Meter zurück, dann griff es um und warf ihn wie einen Speer auf den Faden, welcher das Gefängnis von Candlemon in der Luft hielt. Sauber durchtrennte sich die Linie und der Ball aus gehärteter Spinnenseide zerschellte, als er auf dem Boden der Höhle aufkam.
 

Widerwillig setzte die Vogelspinne nun alles daran, ihre Beute zurück zu bekommen und warf wild mit giftigen Fäden um sich. Den Großteil wehrte Angemon mit kleinen präzisen Pfeilen aus Licht ab, die es erschaffen und werfen konnte. Einige wenige musste es selbst abblocken, in dem es sich vor die Ziele Dokugumons stellte und sich mit Hilfe seiner Flügel mit einem Schild aus Licht umgab.

Nach einer Weile konnte Dokugumon nur noch hoffen seinen Gegner zu Tode zu starren, denn es hatte seine komplette Energie für Angriffe verschwendet.

“Kraft des Lichts!”, mit einem Strahl göttlicher Energie aus der Faust des Engels wurde die Vogelspinne schließlich besiegt, gereinigt und stieg als Digiei gen Himmel.
 

“Das war großartig.”, brabbelte Yoichi noch immer völlig fasziniert vor sich her als sein Partner zurück digitierte und freudig in seine Arme sprang.
 


 

“Ich wette jetzt hättest du nichts mehr dagegen, wenn Airi und Gargomon hier wären!”, grummelte Gomamon mit starrem Blick auf eine gigantische Wespe. Auch Ash und Rai hatten einen Grund für die ausgestorbene Stadt gefunden. Oder eher hatte dieser sie gefunden und schwirrte nun bedrohlich über ihren Köpfen.

Die Wespe sah aus als hätte sie lange mutierte Hinterbeine und Klauen an ihren kürzeren Vorderbeinen. Der Mund war durch harte Kiefer geschützt und die pinken Flügel hatten Muster, die an zusätzliche Augen erinnerten. Die tödlichste Waffe jedoch schien der riesige Stachel zu sein, welcher Gabumon so eben getroffen hatte noch bevor dieses digitieren konnte.
 

“Gabumon, du musst durchhalten!”, verlange Rai verbissen und zog das bewegungsunfähige Digimon zu sich.

“Wenn wir Flymon besiegen, müsste sich auch sein Gift auflösen.”, spekulierte Gomamon wohl wissend, dass mit 'wir' es ganz alleine gemeint war.
 

“Wir finden einen Weg.”, ermutigte Ash seinen Partner und holte sein Digivice hervor.

“Ist dir bewusst, dass ich nur im Wasser kämpfen kann?”, fragte Gomamon ungläubig nach während es dem Sturzflug von Flymon auswich. Doch Ash war bereits in seiner eigenen Gedankenwelt versunken und verlangte das Digivice von Rai sehen zu können um diese zu vergleichen.

Seufzend wich die Robbe einem weiteren Giftstachel von Flymon aus indem es sich zur Seite rollte. Dann sprang es auf den großen Gegner und attackierte ihn mit seinen Krallen. Ein Loch im Flügel einsteckend musste die Wespe niedriger fliegen während sie sich bemühte Gomamon von sich zu werfen.

Als sie dabei endlich Erfolg hatte, landete das kleine Digimon verletzt neben Ash. Schreckhaft ließ dieser sein Digivice fallen. Er hätte den Kampf mitverfolgen sollen statt eine Digitation erzwingen zu wollen.
 

Seinen Fehler sofort realisierend, richtete er sich auf und stellte sich schützend vor seinen Partner:

“Es tut mir Leid. Ich dachte, wenn ich nur genauso entschlossen handle wie Rai und Airi wird das vielleicht etwas. Aber wir sind nun mal nicht die Beiden. Ohne eine gute Strategie bin ich aufgeschmissen.”

“Was tust du da?”, angespannt blickte Gomamon zu dem Weißhaarigen. “Du kannst schlecht selbst digitieren.”

“Aber ich kann meinen Fehler wieder gut machen. Ich lasse nicht zu, dass du wegen mir verletzt wirst.”, tadelte sich der ernste Digiritter selbst und beobachtete die näher kommende Wespe.

“Du Vollidiot! Ich sollte dich beschützen, nicht umgekehrt!”

Sichtlich aufgebracht schritt auch Gomamon nach vorne. Es konnte nicht zulassen, dass Ash sich dem Feind alleine stellte.
 

Mit “Howling Noise” ließ Flymon nun eine laute Schallwelle ertönen, die so ohrenbetäubend war, dass Ash die Orientierung verlor. So bemerkte er nicht mal, wie das Digivice hinter ihm plötzlich erstrahlte und Gomamon zur Digitation verhalf, wie er es zuvor eigentlich auch gehofft hatte.
 

“Gomamon digitiert zu Ikkakumon!”
 

Aus der kleinen Robbe wurde eine nun viel Größere - mit einheitlich weißem Fell, einem großen Horn auf dem Kopf wo zuvor Gomamons rote Mähne war und zwei mächtigen Säbelzähnen.

Durch die Digitation des Gegners überrascht setzte Flymon zu einem stärkeren Angriff an und ließ ein feines, giftiges Puder aus seinen Flügeln auf die Gruppe herabregnen.

Unbeeindruckt schubste die Robbe den orientierungslosen Ash aus der Schusslinie. Ikkakumons Pelz war sehr dicht. Somit blieb das feine Puder einfach auf ihm liegen statt zu seiner Haut durch zu dringen. Als der giftige Regen nachließ schüttelte es sich einmal um das Puder loszuwerden und nahm dann sie Wespe ins Visier.

“Harpune!”, mit einem mächtigen Geschoss, welches aus dem Horn des Digimon geschickt wurde, wurde das fliegende Ziel mit einem einzigen Treffer abgeschossen und sank als lebloser Schatten zu Boden.
 

“Hab ich’s nicht gesagt? Das war doch spielend leicht!”, jubelte das zurückdigitierte Gomamon wenig später als es seinen verdutzten Partner musterte.

“Wie war das noch gleich? Du kannst nur im Wasser kämpfen? Ohne mich wärst du doch aufgeschmissen gewesen.”, widersprach dieser neckisch.

“Immerhin wird es Gabumon jetzt besser gehen.”, bot Gomamon verlegen grinsend an.

Rematch

“Danke vielmals für die Rettung.”

Die Candlemon befreit und Dokugumon tot, fanden die Kerzen nun endlich den Mut zu sprechen. Das älteste Digimon - Zumindest hatte es einen Schnurrbart aus Wachs - hüpfte zu Airi und Terriermon herüber:

“Du hast deinen Partner also endlich wiedergefunden, das freut mich.”

„Airi wusste schon vorher, dass er einen Digimonpartner hatte?”, fragte sich Yoichi sogleich in Gedanken und langsam verstand er, wieso Ash dem Blondschopf nicht vertraute. Was nicht heißen sollte, dass sein Vertrauen in irgendeiner Art und Weise erschüttert wurde. Er war lediglich fasziniert von dessen Wissen.

“Wie sollen wir hier eigentlich wieder …”, fing ein anderes Candlemon nun an zu sprechen und zeigte verunsichert auf das Loch in der Decke der Höhle.

Grübelnd legte der Braunhaarige seinen Zeigefinger ans Kinn.

“Ich hab's!”, rief er kurz darauf freudig und flüsterte seinem Digimonpartner etwas ins Ohr. Kurz darauf flatterte Patamon los um sich einen der Spinnfäden zu greifen und setzte danach seinen Weg nach oben fort. Wieder im Haus der Digimon befestigte es das elastische Seil erst an einem Tischbein, dann an dem kleinen Stein auf dem es zuvor gesessen hatte und schließlich noch an einer Türklinke.
 

Wenige Minuten später standen Digimon sowie Menschen außerhalb der kleinen Hütte und freuten sich über die Befreiung der Kerzen.

“Dürfen wir euch vielleicht zum Essen einladen?”, schlug eines der Candlemon vor.

“Wir würden wirklich gerne bleiben, aber wir müssen unsere Freunde finden.”, erklärte Airi schwermütig.

“Aber habt ihr vielleicht irgendwo ein Grumblemon gesehen?”, fügte Yoichi hinzu.

“Wenn ihr diesen Rüpel meint, der uns Dokugumon und Flymon überhaupt erst auf den Hals gehetzt hat, der ist weiter nach Norden. Das Versteck der Daten wollten sie von uns erpressen.”

Wissend blickten sich die beiden Menschen an. Dann bedanken sie sich für die Hinweise und liefen zurück zu dem Ort, an dem sie Rai und Ash zurückgelassen hatten.

“Sie sind nicht hier.”, stellte Yoichi atemlos fest. Er war so viel Sport einfach nicht gewohnt. Airi hingegen schien das Rennen überhaupt nichts auszumachen. Ob er wohl in irgendeinem Sportverein war? “Vielleicht wurden sie von diesem Flymon angegriffen.”, spekulierte der Blondschopf.

“Die Karte.”, erinnerte er sich dann und öffnete sein Digivice um die anderen Pfeile ausfindig zu machen.
 


 

“Ihr seid mir also den ganzen Weg hierher gefolgt.”

Vor Ash, Rai und ihren Digimon stand Grumblemon. Auch sie hatten die Idee mit der Karte, doch stellte sich heraus, dass sie nicht das Digivice von Airi anzeigte sondern den Spirit von diesem und so folgten sie fälschlicherweise dem Kobold. Einen kurzen Fußmarsch in Richtung des Gebirges nördlich der Stadt später hatten sie diesen eingeholt.

“Also eigentlich suchen wir nur unsere Freunde.”, gab Gabumon räuspernd von sich.

“Das kann ich nur bestätigen”, stimmte Gomamon zögerlich zu.

“Ich lasse mich von euch doch nicht veräppeln.”, antwortete Grumblemon ungläubig. “Aber gut, wenn ihr unbedingt auf einen Rückkampf aus seid.” Als es fertig mit seiner Provokation war, griff es nach seinem stacheligen Hammer und zeigte auf die schutzlosen Menschen.

“Du hältst dich wohl für ganz toll, was? Du wirst dich noch wundern!”, schnauzte es plötzlich Gomamon von der Seite an. Auch Gabumon war zum Kampf entschlossen:

“Dieses Mal sind sie nicht alleine!”

Und so digitierten die beiden Digimon zu Ikkakumon und Garurumon um sich dem Feind zu stellen.
 

“Ihr habt also Digimon gefunden, die euch verteidigen. Wie niedlich.”, stellte der Kobold fest und beäugte seine neuen Gegner aufmerksam.

Der große Wolf eröffnete den Kampf mit einem gewaltigen Feuer, welches es wie einen Flammenatem spie. Auch die Robbe begann mit einem Fernangriff und schoss eine Harpune aus ihrem Horn.

“Amateure.”, dachte sich Grumblemon nur und verschwand unter der Erde um dem Beschuss zu entkommen.
 

“Können wir denn gar nicht helfen?”, ärgerte sich Rai zu Garurumon blickend.

“Dahinten!”, rief Ash plötzlich als Grumblemon wieder aufgetaucht war. Immerhin konnten sie für ihre Partner die Umgebung im Blick behalten und somit auch den Überblick über den Kampf. Trotzdem schien der Kampf ziemlich unfair. Grumblemon wich den meisten Attacken einfach aus und die beiden anderen Digimon hatten keine Waffen um Grumblemon im Nahkampf entgegen zu treten. Wobei Garurumon immerhin mit seinem 'Freeze Fang' zubeißen konnte.
 

“Sind wir zu spät?”, als Airis Stimme endlich durch die angespannte Gebirgsluft hallte, waren Menschen wie Digimon gleichermaßen erleichtert. Für Garurumon und Ikkakumon bedeutete das, dass sie endlich eine Entlastung hatten.

“Gomamon ist digitiert?”, stellte der Blondschopf grinsend fest als er zum Team aufgeschlossen hatte.

“Zeigen wir ihnen, dass auch wir etwas dazu gelernt haben.”, fügte Patamon hinzu und begab sich mit Terriermon an die Front.
 

“Terriermon digitiert zu Gargomon!”

“Patamon digitiert zu Angemon!”
 

Mit den in Eisen gepackten Händen war es Gargomon ein Leichtes den Hammer von Grumblemon abzuwehren. Auch Angemon war mit seinem heiligen Stab deutlich besser gewappnet als die tierischen Digimon und so stand es nun vier gegen eins. Angemon und Gargomon wechselten sich im Nahkampf ab, während die anderen Digimon den Kobold umzingelten. Als es Letzterem zu bunt wurde, verschwand es wieder unter der Erde.
 

“Grumblemon Slidedigitation!”
 

In der stärkeren Gestalt von Gigasmon stürzte sich der Krieger der Erde schließlich zurück in den Kampf. Mit einer Wirbelwind-Bombe fokussierte es den Engel, der sich gerade noch mit seinem Stab verteidigen konnte. Der Tornado, zu welchem Gigasmon wurde, kickte jedoch kurz darauf den Stab aus dessen Hand.

Weswegen Gargomon nun den Wirbelwind aufzuhalten versuchte. Dabei wurde jede Kugel die es mit seinem Gargo-Schrot abfeuerte durch die schnellen Drehungen abgeblockt. Ikkakumons Harpune erging es nicht anders.
 

“Gewaltiges Feuer!”

“Kraft des Lichtes!”
 

Erst eine Kombination aus Garurumons und Angemons Angriffen führte zum ersehnten Ergebnis. Die heilige Energie des Engels vermischte sich mit dem Feuer des Wolfes und umhüllte den Tornado, in welchem Gigasmon nun gefangen schien.

Mit sichtbaren Brandwunden beendete es seinen Angriff und setzte dazu an, sich wieder unter der Erde zu verkriechen.

Ikkakumon hatte dem sich bietenden Schauspiel nicht nur zugesehen und vereiste mit seinem 'Icicle' Atem den Boden des improvisierten Kampffeldes. “Jetzt kannst du dich nicht mehr verstecken.”, forderte es seinen Gegner heraus.
 

“Ich werde das Eis mitsamt euch zerbröseln.”, drohte es noch immer selbstbewusst.

“Es wird wieder mit seinem Erdbeben die Erde aufreißen!”, warnte der Blondschopf. Was zur Folge hatte, dass die Robbe sowie der Engel und der Wolf den Gegner versuchten aus der Luft zu schießen. Gargomon hingegen katapultierte sich mit einem mächtigen Sprung ebenfalls in den Himmel.

“Hieb-”, rief es dabei und war bereit dazu mit seinem Gegner zu kollidieren. “Hammer!” Gigasmons Arme prallten auf die metallenen Hände des großen Hasen und für einen Moment war nicht klar, ob Fels oder Stahl gewinnen würden.

Als Gargomon schließlich unterlag und gen Boden gestoßen wurde rechnete Gigasmon bereits mit dem Sieg. Allerdings hatte es so fokussiert auf den Schlagabtausch nicht bemerkt, dass eine in Feuer und Licht gehüllte Harpune auf es zuschoss.
 

“Haben wir es besiegt?”, fragte Ikkakumon angespannt. Ein schwarzer Schatten schwebte zurück zur Erde. Vor diesem erschienen nun drei Spirits.

“Gigasmon, Raidramon und Lobomon!”, stellte Garurumon knurrend fest. Während Letztere sofort den Weg zurück zu Airis und Rais Digivice antraten, ließ sich Angemon die Chance nicht entgehen mit der ihm innewohnenden Kraft des Lichtes seinen Gegner zu reinigen und Grumblemons beziehungsweise Gigasmon Spirit an sich zu nehmen.

Als das hellbraune Ei zum dämmernden Himmel aufstieg, schien die Gefahr endlich gebannt.
 

“Das war großartig!”, lobte Rai die Digimon euphorisch.

"Aber was ist mit Sorcerymon? Strikedramon fehlt auch.", bemerkte Yoichi enttäuscht.

"Vielleicht hat es sie irgendwo versteckt.", spekulierte Ash sofort. "Oder an Digimon wie Demidevimon abgetreten."

"Werden sie nicht auf der Karte angezeigt?", erkundigte sich Airi verwirrt.

Das Gespräch blieb nicht lange ungestört. Eine finstere Gestalt sprang von der nahen Klippe und landete genau vor der Gruppe.

“Grumblemon hätte euch in der Spielzeugstadt auslöschen sollen als es die Gelegenheit dazu hatte.”, sprach sie mit einer eiskalten Stimme ehe sie sich zu Rai wandte.

“Duskmon.”, brachte dieser nur hervor, erklärte aber so immerhin der Gruppe, wen sie vor sich hatten. Ashs Blick verengte sich schlagartig - immerhin hatte sein Freund ihm von diesem furchterregenden Gegner erzählt.

Auch die Digimon fühlten sich bedroht und wechselten zurück in eine kampfbereite Haltung. Garurumon mit angewinkelten Beinen, Ikkakumon dazu bereit seine Harpune abzuschießen, Gargomon das Maschinengewehr auf den Schwertkämpfer gerichtet und Angemon mit seinem Stab in der Hand.

“Wir können nicht gegen Duskmon kämpfen.”, behauptete der Schwarzhaarige verkrampft.

“Wir übernehmen das schon.”, versuchte Garurumon seinen Partner zu beruhigen.
 

Duskmon hatte nicht vor, sinnlos Zeit mit leeren Drohungen zu verschwenden oder mit seiner Kampfkraft anzugeben, wie Grumblemon es zuvor so gerne getan hatte. Stattdessen wartete es stillschweigend ab bis seine Gegner die Initiative ergriffen.

Gargomon schien dementsprechend am wenigsten Geduld aufzuweisen und griff als erstes mit seinem Gargo-Schrot an. Kurz darauf folgten eine Harpune und ein hell brennendes Feuer. Allesamt prallten an der schwarzen Rüstung ab.

“Und was ist mit dir?”, fragte es schließlich und deutete mit seinem blutroten Schwert auf Angemon. Verbissen erwiderte der Engel die Aufforderung und suchte mit seinem goldenen Stab die Konfrontation.

“Ist das Alles?”, fragte Duskmon erneut nachdem es den Schlag einhändig abgeblockt hatte.
 

"Sengende Augäpfel!"
 

Energie sammelte sich in den Augen der Rüstung. Gelangweilt setzte der Krieger der Finsternis nun selbst dazu an, einen Angriff zu entfesseln. Jedes einzelne Auge leuchtete auf und schoss rote Strahlen schossen auf Angemon. Letzteres konnte trotz seiner schnellen Reaktionen nicht entkommen. Zu Patamon zurück digitiert wurde es von einem mehr als besorgten Yoichi aufgehoben und vom Kampffeld getragen.

Einzelne Felsen stürzten währenddessen vom Gebirge hinab da Gargomon mit seinen Hämmern einige Strahlen reflektierte und so Yoichi deckte.

“Wir müssen von hier verschwinden!”, verlangte Ash als auch Ikkakumon einen vernichtenden Schlag abbekam und zurückdigitierte.

Garurumon und Gargomon kombinierten wie zuvor ihre Attacken in der Hoffnung etwas auszurichten.
 

Ein mit Patronen gefüllter Feuersturm umhüllte den mächtigen Krieger. Erst interessiert über die Attackenkombination seiner Gegner begutachtete Duskmon das flammende Inferno. Dann nutzte es sein Schwert um ihn aufzuhalten und ein leeres Kampffeld vorzufinden. Seine Gegner hatten doch tatsächlich das Weite gesucht.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück