Zum Inhalt der Seite

The Value of Something we lost.

... and maybe find again.
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Prolog

Dass man Dinge erst dann zu schätzen weiß, wenn man sie nicht mehr besitzt, ist leider die Wahrheit und nicht nur ein daher gesagter blöder Spruch...

 

 

Man spürt mit einem Mal, wie sehr man den Umstand, ein Gefühl oder eine Person vermisst.

Man spürt, wie sehr es an einem zehrt, dass man nicht mehr die alten Gewohnheiten aufrecht erhalten kann wie damals.
 

Es tut weh, es schmerzt und es scheint nie zu verebben.

 

Immer und immer wieder dreht man sich im Kreis, weil man einfach nicht von dem wegkommt, was einen so gefangen hält.

Was oder zumeist wer einen einfach in seinen Bann zog und nun nicht mehr loslässt - ohne sich dessen wirklich bewusst zu sein.

Und wenn man dann an dem Punkt gelangt, dass man es bemerkt, wie wichtig dieser Jemand für einen war oder dass man ihm nie ausreichend sagen und zeigen konnte, wie wichtig er einem immer noch ist... ist es meist zu spät.
 

Es ist keine Erfahrung, die ich anderen zukommen lassen möchte und trotzdem wird sie ein jeder in seinem Leben wenigstens einmal machen müssen.

 

Weil wir es zu dem gegebenen Zeitpunkt einfach nicht besser wussten.

In meinem Fall war es nur noch abstruser... denn wer kann schon von sich behaupten, dass er durch Zeit und Weltall gereist ist? Dass er die Vergangenheit, die Gegenwart und die ferne Zukunft kennt? Dass er am Ende des Universums war?

Nichts von all dem wird den allermeisten Menschen zuteil geworden sein.

Ich hatte selbst nie daran geglaubt, dass so etwas überhaupt möglich ist.

Mit meinen neunzehn Jahren, meinem nicht gerade grandiosen mittleren Schulabschluss und meinem bisherigen Job in einem Kaufhaus malte ich mir allgemein nicht sehr viele Chancen im Leben aus. Das, was andere machten – Reisen, Studieren, sich so auf die Abenteuer des Lebens einlassen – blieb mir verwehrt. Der einzige damalige Lichtblick war mein Freund Mickey.

Wir ähnelten uns, waren beide nicht die Überflieger und lebten in halbwegs gleichen Verhältnissen. Er konnte mich zum Lachen bringen, schaffte es, dass meine Mittagspausen bei der Arbeit weniger einsam und trist verliefen und konnte mich aus diesen grauen Alltag abholen, der mich eingehüllt hatte. Unsere Beziehung reichte, um mich selbst davon zu überzeugen, dass das Leben so sein musste:

Jeder hatte einen Job, den er mehr oder weniger gern erledigte. Jeder musste arbeiten, um leben zu können und jeder fand irgendwann einen Menschen, mit dem sich all diese Brühe aushalten ließ.

 

Und dann... traf ich ihn. Den Doktor.
 

Nein, falsch. Eigentlich traf ich erst auf Schaufensterpuppen, die ein Eigenleben entwickelt hatten und mich erwürgen wollten, dann traf ich den Doktor.

Noch nie war mir so ein seltsamer Mensch begegnet.

Zu diesem Zeitpunkt war ich mir zumindest sicher, dass er ein Mensch wäre.

Alsbald stellte ich allerdings auch das in Frage - wie so vieles.

Je mehr ich allerdings in Frage stellte, desto ungewollter waren meinem Umfeld meine Fragen. Weder meine Mum noch Mickey wollten sich diese auf Dauer anhören.

Aber für mich hatte sich eine Tür geöffnet, deren Existenz ich mir zuvor nicht einmal hatte vorstellen können.

 

Der Doktor nahm mich mit, führte mich in fremde Welten und Zeiten und ich lernte so viel mehr als ich durch die Schule oder die Arbeit hatte lernen können.

Jeder Tag war ein Abenteuer und obgleich auch gefährlich und wir nicht selten beinahe dem Tod geweiht waren, war es doch genau das, was ich wollte.

Bis ich merkte, dass es nicht nur diese Art von Lebensinhalt war, welche ich ersehnte, sondern auch das Zusammensein mit dem Doktor.

Er machte einen anderen Menschen aus mir. Einen besseren Menschen.

Einen Menschen, der über den Tellerrand hinaussehen konnte und weniger in Schwarz und Weiß dachte.

Er veränderte mich und auch das war etwas, was meinem Umfeld nicht gefiel.
 

Die Beziehung zu Mickey konnte dem nicht standhalten.

Sie hätte es auf Dauer nie, fand so aber ein jähes Ende. Er kam nicht gegen den Doktor an. Auch wenn Mickey glaubte, dass dies an dessen Fähigkeiten lag und an dem gefährlich Unbekannten, was mir so imponierte...

Dabei war es doch nur der Doktor selbst, der mich mit jeden Tag mehr zu der Entscheidung brachte, bei ihm bleiben zu wollen.

Bei ihm und für immer.

Der Schock, dass er regenerierte, anstatt einfach zu sterben, traf mich das erste Mal heftig und unerwartet.

Der Schock, den ich dann bei der zweiten Regeneration erlitt, welche nur knapp durch ihn selbst verhindert wurde, hatte mir die Angst bis in die Knochen kriechen lassen.

Angst, ihn zu verlieren.

All das zu verlieren, was mir so wichtig war.

Dass mit einem erneuten Wandel auch sein ganzes Selbst verschwinden würde.

Denn obwohl er von sich sagte, dass er immer noch derselbe war, so merkte ich bereits beim ersten Mal, dass sein Wesen veränderte Züge angenommen hatte.

Auf der einen Seite erschütterte es mich, auf der anderen Seite ließ es mich ihn nur noch mehr lieben.

Ich verlor Schritt für Schritt die Kontrolle über meine Gefühlswelt.

 

Als ich Sarah Jane Smith begegnete, spürte ich zum ersten Mal seit der Schulzeit Eifersucht. Und Besorgnis.

Ich kannte mich so gar nicht mehr: zickig, sarkastisch, einvernehmend. Kämpfend.

Dass ich ihr den Doktor, meinen Doktor, nicht überlassen würde.

Ihre Wege hatten sich getrennt und das war endgültig gewesen. Jetzt einfach wieder in sein Leben zu treten, einfach wieder aufzutauchen – das ging nicht.

Letzten Endes wollte sie dies aber auch gar nicht. Und vor allem war es nur Zufall gewesen, dass sie sich wieder begegnet sind.

Ihr Leben war ohne ihn weitergegangen... Etwas, woran ich für mich selbst nie denken wollte und konnte. Genauso wie ich nicht daran glaubte, dass ich sie tatsächlich einmal an meiner Seite bräuchte – wenn der Doktor mich verließe.

Ich sah mich fest an seiner Seite.

So sehr liebte ich diesen Mann.

 

Selbst als er mich für meine eigene Sicherheit fortschickte, kam ich zurück.

Er wollte mich nur retten, beschützen, sicher irgendwo auf der Welt – und sei es in einem Paralleluniversum – wissen, aber ich wollte das nicht.

Ich wollte nicht beschützt werden, denn schon immer war ich ein Mädchen gewesen, das sich selbst zu beschützen wusste.

Ich wollte ihm zeigen, dass es niemand anderen gab, der mit ihm durch die Welten und Zeiten reisen konnte.

Dass ich es wert war.

Und vor allem wollte ich ihn nicht alleine lassen.

Denn wer außer mir stand zu ihm?

Wir arbeiteten zusammen. Wir brachen den Fluch. – All das, was ich in der Zeit mit ihm gelernt hatte, fand Anwendung. Einfach so. Wir waren brillant.

Und trotzdem... meinte es das Schicksal nicht gut mit uns:
 

Die Welt zu retten, hätte mich das Leben gekostet. Ich verdanke es meinem Vater, dass ich dieses überhaupt noch besitze und nicht wie all die Daleks hinausgesogen wurde und dabei zerbarst. In letzter Sekunde hatte Peter mich mittels einer der Dimension Canons in die Parallelwelt bringen können.

Ich hätte damals dankbar sein müssen, doch stattdessen war ich wütend, verzweifelt: Zurück. Bringt mich zurück. Zurück zu ihm.

 

Unmöglich.

 

So schien es.

Die kahle, weiße Wand, hinter der ich spürte, dass sich der Doktor in der anderen Dimension befand, war so undurchdringlich... Doch gerade weil ich fühlte, dass es nicht das Ende war – dass wir immer noch irgendwo miteinander verbunden waren, wenn auch nicht sichtbar – ließ mich den Mut finden weiterzumachen und nicht aufzugeben. Mich nicht niederzusetzen und zu akzeptieren, dass wir so auseinander gerissen wurden.

In den ersten Nächten meiner neuen Heimat hatte ich eine Menge Träume zu durchleben. Immer und immer wieder hörte ich seine Stimme. Sah, wie wir Abenteuer bestritten und dann durch einen feindseligen Angriff oder schlichtweg durch die Zeit voneinander getrennt wurden. Neben diesen Bildern war da noch etwas anderes, was mich rief... Ich konnte es nicht erklären, so sehr ich auch darüber nachdachte oder mit meinen Eltern und Mickey redete.

Wir fuhren sogar nach Norwegen, zum Bad Wolf Bay, wohin mich meine Träume zum Schluss immer wieder führten.

Dort sollte ich ihn ein letztes Mal für lange Zeit sehen.

Es war mehr, als ich hätte verkraften können und das bestätigte mir mein Herz, in dem es mich die Worte aussprechen ließ, die ich schon so lange fühlte: Ich liebe dich. Allerdings sollte ich keine Antwort erhalten, denn dafür war die kurzzeitige Verbindung nicht stark genug.

Wollte ich wissen, wie er diesen Satz beenden hatte wollen, müsste ich mich auf den Weg machen, danach suchen und Schritt für Schritt nach vorne gehen ohne mich umzusehen.

Wenn ich meinen eigenen Weg ging und diesen trotz aller Irrungen und Wirrungen anzunehmen wusste, dann würde ich es vielleicht herausfinden...

Und ich wollte die Antwort wissen.

Ich wollte nicht, dass es vorbei war.

Ich konnte nicht aufgeben. Ein Funken Hoffnung war immer noch nicht erloschen und ich legte schützend meine Hände darum.

 

Während ich darüber grübelte, versuchte ich für meine Familie und für Mickey ein normales Welt in dem Paralleluniversum zu führen.

Es war anders als das bisherige – mein Vater war ein reicher und erfolgreicher Mann. Unser Lebensstandard hatte sich so komplett gedreht und wir besaßen nun mehr nicht nur eine Putzfrau, die sich um den Haushalt kümmerte, sondern auch viel zu viel Platz und Raum, wo ich mich einfach nicht wohlfühlen konnte.

Das Bett war mir zu groß, die Matratze zu hart, nachts kam mir zu viel Licht durchs Zimmer und tagsüber hörte ich dank unserer Abgeschiedenheit keinen Ton der Stadt. Es machte mich verrückt.

Mum meinte, ich sollte mir doch wieder Arbeit suchen oder studieren gehen. Jetzt, wo wir das Geld hatten, wo ich die Möglichkeit hatte, mein Leben zu planen.

 

Eines Mittags saß ich mit Mickey an unserem gewohnten Platz am Trafalgar Square, doch statt zu lachen und unser Fast Food zu essen, saßen wir einfach nur stumm nebeneinander und starrten die Leute an. Sie schienen alle so normal, so... unverändert. Nur wir waren diejenigen, die nicht hierher passten. Ich hatte geglaubt, dass Mickey sich weitaus besser mit der Situation arrangieren konnte, aber jetzt merkte ich, dass dem gar nicht so war. Auch er fühlte sich als Außenseiter in dieser Welt, dieser Stadt London, welcher unserer so glich und es dennoch nicht war.

„Wie... läuft der neue Job?“, fragte ich ihn schließlich, als wir uns immer noch anschwiegen, um die Stille zu durchbrechen.

„Ganz okay“, gab er zur Antwort und ließ einen dennoch unzufriedenen Seufzer von sich klingen, „Die Kollegen sind nett, die Arbeit ist in Ordnung, die Bezahlung stimmt. Ich denke, da kann ich 'ne Menge lernen.“ Er hatte sich wieder in Werkstätten umgesehen, da er dort auch bisher schon gejobbt hatte. Ihm war aufgrund seiner bisherigen Arbeitserfahrung sogleich eine Stelle angeboten worden. Sofern alles gut liefe, könnte er sogar eine Ausbildung abschließen. Eine gute Perspektive. Glücklich... klang er jedoch nicht.

„Und du? Bereits überlegt, ob du deine A level nachmachst?“

Ich schüttelte den Kopf, zuckte dann mit den Achseln.

„Ja und nein“, gab ich von mir und stieß ebenso einen Seufzer aus, nur tonlos. Ich steckte die Hände in die Hosentaschen und lehnte mich ein bisschen mehr zurück, blickte in den Himmel, „Ich könnte nächste Woche anfangen. Da findet ein neuer Kurs statt.“

„Wie lange brauchst du da?“

„Zwei Jahre. Genauso lang wie an einer normalen Schule.“

Zwei Jahre... zwei ganze Jahre sollte ich also so verbringen? Die Schulbank drücken und einen Abschluss machen und... nichts anderes?

Alte Gedanken von früher kamen wieder auf – Soll das alles sein?

„Ich kann mich nicht dran gewöhnen“, kam es dann mit einem Mal von Mickey und er sah mich nun direkt an, „Ich kann mich nicht dran gewöhnen, dass hier alles anders ist. Aber... ich will das nutzen.“ Mein Gesicht musste mit Fragezeichen gezeichnet sein, da er sogleich weiter redete, „Hier lebt noch meine Großmutter. Ich... kann Dinge richten, die ich damals nicht konnte. Ich kann Zeit mit ihr verbringen und... ich kann Rickeys Platz einnehmen. Ich kann hier nützlich sein.“ Eine ungewöhnliche Ernsthaftigkeit lag in seinem Blick als er mit mir sprach und ebenso undurchdringliche Entschlossenheit, die nichts anderes zulassen würde, als dass er seinen Weg ging. So, wie ich meinen, sobald ich den ersten Pflasterstein dessen fand.

Er hielt inne, blickte mich weiterhin an, erwartungsvoll. Ich musste antworten. Etwas erwidern. Er wollte eine ehrliche Antwort, doch wäre diese keine, die ihm sonderlich gefiele... Ich konnte nur das sagen, was ich in diesem Moment fühlte. Was ich wirklich fühlte.

„Das... ist eine hervorragende Idee“, gab ich mit einem Lächeln nach kurzer Pause schließlich von mir und meinte es auch so, „Das ist wirklich... ein guter Plan, Mickey. Zieh' es durch!“

Ich konnte anhand seines Gesichtsausdruckes ablesen, dass er nichts anderes von mir erwartet hatte. Er hatte gewusst, dass ich ihn ohne weiteres ziehen lassen würde. Nicht mehr, nicht weniger. Sein eigener kleiner Funken Hoffnung, dass ich ihm ein Geh nicht entgegenbrächte, war von mir erstickt worden und damit auch die Frage, ob wir noch einmal so zueinander fänden wie damals.

„Das werde ich“, versicherte er und schaffte es nun sogar ebenfalls zu lächeln, „Das werde ich ganz sicher.“

Wir schwiegen erneut, sahen wieder vor uns in die Menge und hingen jeder seine Gedanken nach. „Tu das ebenso“, meinte Mickey dann, „Ich weiß, dass du nicht hierbleiben kannst. Du willst zurück. Zurück zu ihm oder nicht? Ich hab den Kerl verflucht!“ Wir mussten beide leise auflachen. So ehrlich miteinander reden zu können war etwas, was schon immer für uns sprach und das uns auch schwierige Zeiten wie diese jetzt etwas einfacher machten. „So sehr liebst du ihn, dass du ihm einfach folgst... beneidenswerter Typ!“

„Vielleicht“, entgegnete ich schlichtweg, aber mein Lächeln sprach in diesem Moment wohl für sich. Mehr, als es Worte hätten ausdrücken können.

Ja, ich liebte ihn.

Ich liebte ihn und ich kam nicht von ihm los.

Nicht gestern, nicht heute und wohl auch nicht in einhundert Jahren.

Es waren nicht nur die Albträume, die mir den Schlaf raubten, sondern auch die Gewissheit, jedes Mal aufzuwachen und feststellen zu müssen, dass sich nichts an der Situation geändert hatte und ich immer noch allein war.

Dass der Doktor irgendwo war, aber nicht hier. Dass wir nicht zusammen waren.

 

Und das sollte auch weiterhin so bleiben. Ich hatte keine Ahnung, wie ich mich alleine durch die Dimensionen bewegen oder wie ich es alleine schaffen sollte ihn zu finden. Ich besaß keine TARDIS. , ich besaß keine Teleporter und doch lag genau jene Antwort des Wies so klar vor mir, dass ich es regelrecht übersah.

Die Dimension Cannons.

Es verging Zeit. In meinen Augen zu viel Zeit, weil ich ungeduldig war und sofort lospreschen wollte. Unter Torchwood war es möglich jene zu bauen, die es mir erlauben sollten, zwischen den Dimensionen und Zeiten zu springen.

Genau jene Methode, die mich überhaupt erst vom Doktor getrennt und mir das Leben gerettet hatte.

Wenn mich diese von Einsamkeit und Ungeduld geprägte Periode etwas lehrte, dann nicht nur ein besseres Verständnis für das Universum und die Zeitlinie zu erlangen, sondern auch, dass man für beides Besonnenheit brauchte. Ruhe.

Etwas, was auch der Doktor, trotz seiner aufgeweckten Art, immer beibehalten hatte.

 

Inzwischen war ich keine 19 Jahre mehr.

Und auch wenn ich keine 50 war, so fühlte es sich danach an – Der Verlust dieser einen Person hatte mich mit einem Schlag älter werden lassen. Viel, viel älter als es sonst vermutlich der Fall gewesen wäre.

Mit einem Mal hatte ich gelernt, was es hieß, Reue zu empfinden.

Was es bedeutete zu leiden und nichts dagegen tun zu können.

Wie es sich anfühlte, wahren Herzschmerz zu empfinden.

Und was es heißt, dennoch weitergehen zu müssen.

Es war ungelogen die schwierigste Zeit in meinem bisherigen Leben.

 

Es gab Tage, Stunden, in denen ich am liebsten alles hinter mich gelassen hätte. In denen ich wirklich gerne das Leben geführt hätte, welches für mich hier vorgesehen war. Tage, an denen ich keine Kraft mehr hatte und endlose Verzweiflung empfand, weil es mir nicht schnell genug ging, was die Arbeiten an der Dimension Cannon betraf. An denen ich ungerecht und gemein gegenüber meiner Familie und Mickey wurde und mir oft genug hinterher für mein Verhalten auf die Zunge biss.

Ich hatte bereits so lange gewartet und musste es immer noch...

So sehr ich auch an den Doktor glaubte und ihm vertraute, hatte es immer wieder Situationen gegeben, denen er machtlos gegenüberstand.

Ich konnte mir nie sicher sein, dass es ihm jetzt gut ging. Dieser Gedanke allein genügte bereits, dass ich an einigen Abenden in meinem Zimmer bittere Tränen vergoss

Ich schämte mich für das, was geschehen war, gab mir die Schuld, dass ich nicht besser aufgepasst hatte und unvorsichtig gewesen bin. Ich war wütend darüber, dass dieses Ende für uns vorgesehen war. Wütend auf mich, dass ich mich überschätzt hatte. Ich machte mich für unsere Trennung verantwortlich. Und dann... war da wieder die leise Stimme der Hoffnung, dass sich alles in die richtige Bahn fügen würde. Irgendwie. Ich sollte nicht das finale Ende betrachten, sondern zwischen dem sich schließenden Vorhang linsen. Die Lücke finden.

Dieser kleine Spalt, der immer noch Luft für Optimismus ließ. Trotz des Gedanken- und Gefühlskarussells in mir, konnte ich doch einer Tatsache immer noch sicher sein: meine Liebe zu ihm und die Sehnsucht nach ihm wurden nicht weniger. Beides ließ mich an meinem Entschluss festhalten, dass ich stark genug werden wollte, um ihn finden zu können. Um bei ihm sein zu können. Dieses Mal wirklich für immer.

So, wie mich der Doktor in unserer gemeinsamen Zeit ein besserer Mensch hatte werden lassen, würde mich diese schwere Zeit der Einsamkeit ebenso wachsen lassen.

 

Alle Bemühungen gaben mir die Chance, ihm näher zu kommen. Schritt für Schritt konnte ich die Distanz zwischen uns weichen sehen.

Dass es aber schließlich nur den Glauben brauchte, um den Doktor zu erreichen... der richtige Moment, in dem es eine Instabilität zwischen den Universen gab, der Glauben und den Ruf nach dem Doktor...

Wir waren wieder in einer Welt. Eine Welt, eine Dimension, eine Zeit.

Ich konnte es nicht fassen, als ich ihn neben Donna und der TARDIS stehen sah.

Ich konnte es nicht glauben, dass dem wirklich so war.

Mein Herz setzte aus, nur um im nächsten Moment umso schneller zu schlagen.

Wie von selbst hoben sich meine Mundwinkel und ich konnte endlich wieder das Lächeln tragen, welches nur der Doktor bei mir hervorzuzaubern wusste.

Einhundert Meter.

Fünfzig Meter für jeden.

Ich rannte los, eilte so schnell mich meine Beine tragen konnten, immer geradeaus. Kurz darauf hatte auch er den ersten Schock der Überraschung überwunden, tat es mir gleich, rannte los.

Nicht mal mehr vierzig Meter... Endlich... endlich... Ich spürte, wie mir die Tränen hochsteigen wollten, blinzelte sie weg, ich wollte ihn nicht mehr aus den Augen lassen.

Und genau diese Unvorsichtigkeit ließ uns taumeln – Weder er noch ich hatten es kommen sehen, diesen eine Dalek, welcher um die Ecke hervorkam und in seiner mechanischen Stimme Exterminieren rief, während sein tödlicher Strahl auch schon auf den Doktor schoss.

Weil wir nicht länger hatten warten können... Denn hätten wir dies getan, hätten wir nur eine halbe Minute länger ausgehalten, wäre Jack genau zur rechten Zeit erschienen, hätte den Dalek erwischt und wir hätten nicht riskiert, dass der Doktor regenerieren müsste.

Ich erreichte ihn als er bereits zu Boden fiel, warf meine Waffe ab und kniete mich zu ihm, hielt ihn in den Armen.

„Ich hab dich. Gott... ich... hab dich vermisst. Ich bin's,“

Der Doktor schien getroffen von Schmerz, seine Lippen verzogen sich zwar zu einem Lächeln, aber es war mit Pein durchzogen. Trotzdem sprachen seine Augen jene Begeisterung, die ich immer von ihm erfahren habe, wenn er mich anguckte:

„Rose...“

„Hey...“

„Lange nicht gesehen.“

„Ja, ich... war ziemlich beschäftigt.“

Er schrie mit einem Mal auf, dass mir das Blut in den Adern gefror und ich Angst hatte, dass der Schuss des Daleks ihn doch noch umbrachte.

„Nicht sterben, hörst du? Nicht sterben! Oh mein Gott...“

„Wir bringen ihn in die TARDIS, schnell!“ Jacks Stimme klang an mein Ohr und bevor wir uns versahen, half er den Doktor hochzuhiefen und ihn in die blaue Polizeibox zu bringen.

Alles geschah so schnell und trotzdem bekam ich es nicht in gleicher Schnelligkeit mit. Ich verstand es nicht. Wie konnte das passieren?

Wie konnte es sein, dass wir uns gerade erst wiedergefunden hatten und uns jetzt schon wieder trennen sollten?

Es war zu viel zu begreifen, zu viel zu verstehen. Obwohl ich mehr als die meisten anderen Menschen über das Weltall, über die Welten und verschiedenen Lebensformen gelernt habe, kam ich mir in diesem Augenblick so unsagbar dumm vor.

Ich konnte immer noch genauso wenig für ihn tun.

Selbst, wenn ich die Erde beschützen konnte, so konnte ich nichts tun, um ihn zu beschützen – meinen Doktor.

„Was... was sollen wir tun? Es muss doch irgendein Medikament oder so was geben!“, fuhr Donna hoch, als wir bereits in der TARDIS waren und ihn vorsichtig zu Boden gleiten ließen.

Ich antwortete nicht, blieb in seiner Nähe, als könnte dies helfen und wurde erst von Jack wieder in die Wirklichkeit zurückgeholt.

„Tritt zurück, Rose“ Mein Körper gehorchte mir nicht und wehrte sich vehement dagegen, weil es bedeutete, dass ich akzeptieren musste, „Tu, was ich sage und tritt zurück!“, ließ er mich ein weiteres Mal wissen, dieses Mal forscher und ohne Freundlichkeit in seiner Stimme, „Er stirbt und du weißt, was als nächstes kommt.“

Ich schüttelte meinen Kopf, immer wieder, während Donna kein Wort verstand und sich an uns wandte, um zu erfahren, was Jack meinte. Regenerieren... das würde passieren... Mein Sichtfeld verschwamm und meine Augenwinkel wurden in heißer Flüssigkeit getränkt.

„Nein... ich... kam den ganzen Weg...“ Jack zog mich mit sanfter Gewalt von dem Doktor weg, denn er hatte recht – es fing an. Die rechte Hand des Doktors begann zu glühen, jenes orangene Glühen, dass ich schon einmal hatte sehen müssen. Licht strömte aus seiner Hand, zeichnete kleine Nanopartikel ab, die sich um diese wanden.

„Viel Glück, Doktor“, waren Jacks Worte, während ich nun mehr jene fand, um Donna eine Erklärung zu geben. Nicht eine Sekunde lang den Blick von dem Doktor lassend, bewegten sich meine Lippen wie automatisch: „Wenn er... stirbt... S-sein Körper... e-er repariert sich selbst. Verändert sich... Aber das geht nicht!!“, rief ich in meiner vollkommen Verzweiflung, „Das kannst du nicht machen!!“

„Es tut mir leid... aber...“ Er hatte sich inzwischen aufgerichtet, stand wieder auf beiden Beinen, wenn auch gleich schwer atmend und erschöpft. Angestrengt von den Mühen, von den Schmerzen, die er durchleben musste, „Es fängt schon an...“

 

Ich sagte bereits, dass uns erst dann bewusst wird, wie wichtig uns eine Sache war, wenn sie uns aus den Händen gleitet. Wenn wir keine Macht mehr darüber haben, ob wir uns ihr stellen wollen oder nicht.

Das wieder zu beschaffen, was wir verloren haben, kann uns eine Menge Kraft geben. So viel, wie wir nie geglaubt hätten zu besitzen. Es verleiht uns Mut, Energie, Motivation und vor allem Hoffnung.

Manchmal ist diese Hoffnung aber auch viel zu groß – denn gleichzeitig steigen unsere Erwartungen, dass wir unser Ziel erreichen können und werden.

Ich hatte damals mein Ziel erreicht. Ich hatte es erreicht und geglaubt wieder festhalten zu können und dann... das. Mit einem Schlag kann einem bewusst gemacht werden, dass es nie in unseren Händen lag. Dass nie wir die Entscheidung darüber treffen konnten, was geschehen würde und was nicht. Wir konnten es nur beeinflussen. Und der kleine Teil von uns, der dazu in der Lage war, durch die Zeit zu reisen und durch die Dimensionen, hatte eine größere Chance Dinge zu bewirken, die anderen verwehrt blieb. Das ließ uns mächtig fühlen.

In Wahrheit aber... waren wir nicht kleiner als alle anderen auch.

Denn auch wir hatten uns an Regeln zu halten: Keine Paradoxen entstehen zu lassen. Was das bedeutete, hatte ich bereits sehr früh lernen müssen.

Und auch der Doktor hatte anderen immer wieder erklären müssen, dass er nur zu einem kleinen Teil Dinge beeinflussen konnte. Manche Ereignisse durften nicht verändert werden. Manche gutgemeinte Tat wäre fatal für das ganze Universum gewesen.

In dem Moment, in dem ich ihn ein weiteres Mal verlieren sollte und dieses Mal für immer, wurde es mich schmerzhaft bewusst, dass wir nie vollkommen frei handeln konnten. Wir waren immer beeinflusst von anderen – oder von etwas anderem. Trotzdem fühlten wir uns frei, solange wir nur unser Leben bestimmen konnten.

Und das konnte ich nicht.

Ich wollte meines mit dem Doktor verbringen. Ich wollte mit ihm leben, reisen, … und alles, was mir nun blieb war zuzusehen, wie er wieder zu einem anderen wurde. Vermutlich einem vollkommen anderen.

 

Mit einem Schlag glühte nicht nur mehr seine rechte Hand, sondern auch seine linke und die Energie, die nun mehr auch durch die Kragenweite seines Anzugs schoss, ließ wissen, dass es soweit war.

Wir konnten zu dritt nur in Ungläubigkeit zu ihm starren und abwarten, bis es vorbei wäre. Ein Akt von wenigen Sekunden, die mir wie die halbe Ewigkeit meines Lebens vorkamen. Aber... was als nächstes geschah...

„Also... wo waren wir?“ Seine Hände glimmten immer noch, wenn auch weitaus weniger als zuvor. Er begutachtete sie, schien kurzzeitig nicht weniger verwirrt als wir. Zumindest für ein paar Sekunden.

Der Doktor hockte sich zu dem Glas an der Zentralsteuerung der TARDIS, blickte in dieses, welches die berühmte Hand beherbergte. Der Aufleuchten verschwand, als sein Atem gegen das Glas traf.

„Seht ihr? Habe die Regenerationsenergie genutzt um mich zu heilen, aber sobald das geschehen war, musste ich mich nicht verändern! Ich wollte es nicht, warum auch?“

Er richtete seine schief sitzende Krawatte mit seinem typisch überlegenen Gesichtsausdruck, den er immer trug, sobald er über ein Problem triumphierte, „Seht mich an! Damit die Energie mich nicht vollständig erfasst, habe ich den Rest in dieses biologisch passende Gefäß umgeleitet, sprich, meine Hand – meine Hand dort. Meine handliche überschüssige Hand!“

Er stand auf und blickte zu mir. „Erinnerst du dich? Weihnachten? Sycorax? Habe meine Hand in dem Schwertkampf verloren? Das ist meine Hand. Was denkst du?“

Ich konnte es immer noch nicht fassen. Er konnte reden, so viel er wollte, aber es ging einfach nicht in meinem Kopf, welch unsagbares Glück wir hatten...

„Du... bist immer noch du?“

„Ich bin immer noch ich.“

Mehr wollte ich in diesem Moment nicht hören.

Und jetzt, wo wir die zweite Chance hatten, wo es endlich für ein paar Sekunden in diesem Chaos aus Zeit und Raum und Daleks ruhiger wurde, fanden sich unsere Arme um den jeweils anderen, hielten einander fest und sicher und wollten nicht mehr loslassen. Ich vergrub meine Nase in dem Stoff seines Jacketts, konnte den herben Geruch wahrnehmen, den ich so mochte und den ich viel zu lange nicht mehr bei mir getragen hatte.

Jeder gemeinsam verbrachte Tag, jeder nicht gemeinsame verbrachte Tag –

„Ich... liebe dich...“ Damals sind mir die Tränen über die Wangen gerannt, als ich jene Worte ausgesprochen hatte, die ich schon viel, viel länger hätte sagen sollen. Am liebsten hätte ich diese Worte auch jetzt immer und immer wieder gesagt – vor allem aber auch, weil ich wusste, dass es jetzt ein wirklich endgültiger Abschied war.

Und das, obwohl er auf der anderen Seite direkt... neben mir stand. Das Ergebnis der Metakrise. Aber noch konnte ich nicht begreifen, dass dies eine Chance für mich bedeutete. Für uns. Es waren dieselben Erinnerungen, dieselben Charakterzüge, … vielleicht war ein bisschen etwas von Donna durchgekommen, aber er war immer noch der Doktor. Mit einem signifikanten Unterschied: Einer von beiden besaß nur noch ein Herz.

Er konnte altern.

So wie ich.

Wir waren gleich.

Doch... ging der andere Teil seinerseits davon. Würde in die TARDIS steigen und mich hier zurücklassen.

Wie sollte man das begreifen und gleichzeitig hinnehmen können?

Ich war verwirrt... und war es doch nicht, als ich von ihm einforderte, dass er den Satz aussprach, welcher damals nicht mehr über seine Lippen hatte kommen können.

Der Doktor vor mir in seinem Nadelstreifenanzug lächelte jedoch nur sanftmütig und gleichzeitig unendlich traurig, während sich sein zweites Ich, das mit dem einen Herzen, zu mir beugte und mir die fehlenden Worte ins Ohr flüsterte: Ich liebe dich.

Mein Herz reagierte von alleine, ließ meinen Körper agieren, ohne dass ich Gewalt darüber hatte, ließ mich meine Arme um seinen Nacken legen und meine Lippen zu seinen finden.

Es war der Moment, auf den er gewartet hatte – der Moment, in dem er sich erleichtert abwenden und gehen konnte. Mich verließ. Noch ehe ich die Chance dazu hatte, meine Hand nach ihm auszustrecken.

Obgleich er nun neben mir stand, waren die Tage der Abenteuer mit der TARDIS, die entfernten Welten und all das, was ich erlebt hatte, irgendwo Vergangenheit und Geschichte. Wir guckten uns ans, tauschten einen längeren Blick aus, ließen aber einander unsere Hände nicht los.

Es war die Möglichkeit des Neuanfangs... wenn wir ihn nutzen würden.

 

So lange wie ich mit ihm gerannt bin - so sehr ich ihn immer und immer wieder gefolgt wäre... ich verstand, dass es nicht darum ging.

Dass dies jetzt die einzige Option war, mein Happy End zu finden.

Der Doktor hatte das getan, was das Richtige für mich sein würde.

Jetzt hatte ich die Gelegenheit ihm zu zeigen, wie wichtig er mir war.

Wie aufrichtig meine Gefühle waren.

Wie sehr ich wirklich das wollte, was ich fühlte – an was ich glaubte.

Fehler, die wir begangen hatten, hatten wir versucht zu korrigieren und wären dabei fast gescheitert.

Jene Fehler waren uns verziehen worden.

Wenn wir nun der Meinung waren, dies achtlos zur Seite zu schieben und nicht anzunehmen... was würde uns dann erwarten?

Epilog

Die Reisen mit dem Doktor hatten mich verändert.

Er hatte mich verändert.

 

Ich bin zu einem Menschen geworden, der das Wesentliche sehen kann.

Der die Nichtigkeiten, die einem so das Leben zu erschweren scheinen, zur Seite legt und sich auf das Wichtige konzentriert.

Ich hatte durch ihn jemanden gefunden, den ich neben meiner Familie liebte, wirklich liebte.

Ich hatte dadurch gelernt, was es bedeutete vor Glück fliegen zu können, aber auch des Schmerzes wegen bittere Tränen zu vergießen.

 

So vieles, was mir allein durch seine Anwesenheit, durch unser Beisammensein klargeworden war...

 

Und all dies wollte ich ihm zurückgeben.

Ihm Tag für Tag zeigen wie dankbar ich war.

Dankbar für all diese Momente, die Erinnerungen.

Aber vor allem auch dankbar für das, was uns verband.

 

Dankbar für unsere Gefühle.


Nachwort zu diesem Kapitel:
For my beloved Doctor - we found again.
From now on together or not at all. Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück