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Das Mädchen von der Seitenlinie

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Die Umfrage spricht für sich, bis jetzt und der größte Teil wollte eine neue FF und hier ist sie!
Ich wollte sie ursprünglich erst veröffentlich bzw. starten, wenn P.S. Fuck You beendet ist, aber es hat mich derart in den Fingern gejuckt, dass ich nicht mehr länger warten konnte! Ja, der Prolog ist sehr kurz, aber ich wollte noch nicht zu viele Storyelemente vorweg nehmen :) Ich freu' mich mega auf dieses Projekt, denn an der Story arbeite ich jetzt schon einige Monate! Viel Spaß euch und bis bald <3

Eure Yuki <3 Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
sorry für die teils langen wartezeiten ._.
aber durch die anzahl an projekten passiert es einfach schnell mal, dass die Inspiration von einem auf das nächste überfällt :'D
+ etwaige neue Sachen, die man plant & privatleben hab ich ja auch noch eins, verflixt! :D Ich wünsch euch viel Spaß und bis hoffentlich bald :3

LG <3 Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Gomen >___<

Es hat so lange gedauert, aber irgendwie hatte ich wieder mal eine total Bremse im kreativen Teil meines Kopfes...
ABer scheint so, als wäre das jetzt wieder halbwegs vorbei.
Fünf Winter ist aber wohl leider erst einmal pausiert, da komme ich irgendwie überhaupt nicht voran :/

Naja, viel Spaß und bis bald <3
Yuki Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Es tut mir Leid, dass ich so lange gebraucht habe :(
Steinigt mich nicht, bitte! Ich bemüh mich ja schon, wieder fixer zu updaten >__<' Komplett anzeigen

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Prolog

Es gibt eine “höhere Macht”, davon war ich überzeugt.

Nicht in Form eines Gottes, nein, aber eine Art roter Faden, welcher sich durch unser Leben schlängelt, hauchfein und leicht zu übersehen, doch es gibt ihn.

An einem gewissen Punkt begriff ich, dass es so sein musste. Nein, viel mehr hoffte ich, dass es so war, denn sonst hätte ich gar nichts mehr gehabt, woran ich mich in aller Verzweiflung hätte klammern können, wie an einen rettenden Strohhalm, welcher mir jede Sekunde zu entgleiten drohte. Denn an diese – in Ermangelung eines besseren Wortes – Tatsache zu glauben, verband sich mit der Hoffnung, dass alles, was mir wiederfuhr, nur temporär war und mich irgendwann zu einem glücklicheren Leben führen würde.

Dass all die Male, welche ich brutal zu Boden geworfen wurde, ihren Zweck hatten und nur mein Durchhaltevermögen prüften.

Dass ich nur lange genug aushalten musste.

Es gab Zeiten, in denen dachte ich sogar – oder vielmehr, in denen war ich davon überzeugt – dass ich verdiente, was mir wiederfuhr.

Dass ich in einem früheren Leben kein guter Mensch war und nun dafür büßen müsste.

Ich wünschte mir nur jedes Mal, dass ich wenigstens wüsste, was ich getan habe, damit ich verstehen konnte, was mir wiederfuhr.

Damit es einen Sinn für mich ergab.

Damit es nicht so wehtat.
 

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Was nun folgt, ist eine Geschichte über ein Mädchen, welches schon als kleines Mädchen nicht mehr verstand, was das Ganze überhaupt sollte.

Ein Mädchen, dass in der Mittelstufe bereits die Nase voll hatte von alles und jedem.

Ein Mädchen, dass trotz allem immer wieder aufstand, nur um erneut über die Steine des Lebens zu stolpern und hinzufallen.
 

Das ist die Geschichte, vom Mädchen von der Seitenlinie.

Der erste Tag

Der erste Tag der Schule zog sich immer quälend lang. Wie Kaugummi am Schuh zog er Fäden, wollte sich einfach nicht lösen und verschwinden. Zum gefühlt hundertsten Male rollte ich mit den Augen, wippte ungeduldig auf meinen Füßen auf und ab. Die Zeremonie der Begrüßungsfeier wollte und wollte nicht vorbei gehen, was der Direktor am Rednerpult sprach bekam ich schon lange nicht mehr richtig mit. Viel eher richtete sich meine Aufmerksamkeit auf die Knöpfe meiner Schulunifor an denen ich gelangweilt herum fummelte.
 

Das Scharren von hunderten von Füßen riss mich ruckartig und ungnädig aus meiner Trance und es es dauerte einige flüchtige Sekunden, ehe ich realisierte, dass der Direktor seine Rede beendet und uns entlassen hatte. Die Schülerinnen und Schüler um mich herum gruppierten sich wie auf Kommando und eine Welle von Gesprächen brandte erst langsam los, nahm aber immer schneller immer mehr an Geschwindigkeit auf, bis mir die Ohren pochten und ich versucht war, sie mit meinen Händen zu bedecken. Zweifelsohne unterhielten sich alle über das jeweils erste spannende Thema des neuen Schuljahres: Mit wem war man in einer Klasse gelandet und wer war der Klassenlehrer? Kalt gelassen von solchen Banalitäten stampfte ich – wie jedes Jahr – alleine zum schwarzen Brett, um mein Klassenzimmer zu erfahren. Es war der erste Tag und meine Motivation für dieses Jahr lag einzig und alleine in meinen Noten begründet, denn diese waren schlussendlich das, was mir Zutritt zu renommierten Hochschulen lieferte und nicht oberflächliche, vergängliche Freundschaften - nicht, dass jemand an einer Freundschaft mit mir überhaupt interessiert wäre. Ich bin ein in fast allen Bereichen höchstens durschnittliches Mädchen. Meine ungewöhnlich große Stirn hat mir in meinem bisherigen Leben schon viele unangenehme Spöttelein eingebracht, doch zumindest schien die Annahme, dass eine große Stirn hohe Intelligenz bedeutet, ein bisschen auf mich zuzutreffen, denn an meinen Noten war nichts zu beanstanden, vor allem nicht in den naturwissenschaftlichen Fächern. Selbstredend, dass ich infolgedessen unter noch mehr Spötteleien zu leiden hatte und nach dem ersten Jahr an der Mittelschule bereits den Ruf als unverbesserliche Streberin weg hatte. Dazu kommen meine hellrosa Haare, welche eine schreckliche Laune der Natur gewesen sein mussten, denn in meiner gesamten Verwandtschaft, welche mich genetisch hätte beeinflussen können, gab es nicht eine einzige Person mit rosanem Haar. Meine stechend grünen Augen bissen sich herrlich mit meinem Kurzhaarbob und ich mochte das eigentlich gerne, denn es gab mir immer das Gefühl, einzigartig zu sein, doch Horden von pubertären, gemeinen Jugendlichen sahen das ganz anders und ließen mich das auch mehr als überdeutlich spüren.
 

Ich seufzte tief und klang dabei wie ein des Lebens müder Erwachsener. Mit meiner rechten Hand strich ich mir einige Haare aus dem Gesicht und versuchte meinen Namen auf all den Klassenlisten ausfindig zu machen, was sich äußerst schwer gestaltete in Anbetracht der riesigen Menschentraube hinter mir. Es wurde gedrängelt und geschubst und man konnte hie und da ein lautes, genervtes »Aua!« hören. Nach einigem Suchen fand ich meinen Namen schließlich auf einer Liste, zusammen mit ein paar weiteren Namen, die ich kannte, doch an welche ich nicht weiter meine Gedanken verschwenden wollte. So schnell ich konnte und ohne zu viel Aufmerksamkeit zu erregen – was ob meiner optischen Unverwechselbarkeit unmöglich war – schlängelte ich mich zwischen der Schülerschar hindurch und ignorierte die ersten Versuche, mich zu foppen, gekonnt.

»Schaut mal, Breitstirn ist auch wieder mit von der Partie!«

»Hey, Breitstirn, hier drüben!«

Ich hörte wildes Gegacker, offenkundig von drei oder vier Mädchen, welche sich für unfassbar klug und witzig hielten. Da es ohnehin nichts brachte, darauf zu reagieren – zumal es keine richtige Reaktion auf derlei Kommentare gab – lief ich einfach die Flure der Schule entlang, meine Tasche an meine Brust geklammert und suchte mein Klassenzimmer.
 

Die vielen langen Nachmittage, welche ich in der Schule mit Hausaufgaben, lernen und Clubaktivitäten verbrachte, ließen mich mit dem Gebäude so vertraut werden, dass ich nicht lange brauchte, bis ich mein Klassenzimmer fand. Da der Sitzplan wie immer erst mit dem Klassenlehrer erarbeitet wurde, suchte ich die Tische alphabetisch nach meinem Namen ab. Ein fast unsichtbares Lächeln stohl sich mir auf die Lippen, als ich feststellte, das Hinata wie auch das Jahr zuvor schon hinter mir saß. Hinata war ein Mädchen mit langem, schwarzblauem Haar, ausgestattet mit der zartesten Stimme der Welt, einer porzellanähnlichen Haut und lavelndelfarbigen Augen. Ihre schücherne Art machte sie in meinen Augen zuckersüß, doch der überwiegende Teil unserer damaligen Mitschüler zogen sie damit auf. So – und durch die Umstände unserer Sitzplätze – schweißten wir uns zusammen und wurden sehr gute Freundinnen. Zwei Außenseiterinnen, die zueinander fanden und sich gegenseitig unterstützte, wie melodramatisch!
 

Gedankenverloren strich ich mit den Fingerspitzen über ihre Tischplatte, ehe ich meine Tasche an der Seite meines Tisches aufhing und mich auf meinen Stuhl sinken ließ. Ich war die erste, welche ihren Weg hierher gefunden hatte, selbst unser Lehrer war noch nicht hier. Langeweile füllte mich aus und da die Zeit bis zum Ankunft des Restes vermutlich nur sehr knapp bemessen war, beschloss ich, dass es sich nicht lohnen würde, mein aktuellstes Buch überhaupt auszupacken. Deshalb stützte ich seufzend mein Kinn auf die Hand und blickte aus dem Fenster, an dem ich saß. Draußen blühten die Kirschbäume und die pastellrosa Blüten wogten sanft im Wind, welcher dank des herannahenden Frühling schon angenehm mild war. Ich liebte meine Eltern dafür, dass sie mir den Namen Sakura gegeben hatten. Ich verehrte die Schönheit dieser Bäume im Frühling und ich freute mich darüber, dass mein Name ihre Bedeutung trug.
 

Vor der Türe herrschte bereits reges Treiben und es dauerte nicht lang, bis nach und nach meine Mitschüler in den Raum strömten, darunter auch Hinata – ein Anblick, der mich glücklich stimmte.

»Guten Morgen, Hinata-chan!«, begrüßte ich sie freudenstrahlend.

»Guten Morgen, Sakura-san«, antwortete sie – wie immer – überaus förmlich, ihre Lippen zeigten ebenfalls die Andeutung eines Lächelns. Obwohl wir nun schon fast ein ganzes Jahr befreundet waren, konnte sie meinen Namen immer noch nicht ohne ein höfliches Suffix aussprechen.

»Wie waren deine Ferien?«, erkundigte ich mich neugierig. Kurz vor Ende des Jahres hatte sie mir eröffnet, dass sie die Ferien vor dem neuen Schuljahr in ihrer alten Heimat in Kyoto verbringen würde. Natürlich war ich traurig, weil ich meine zwei Wochen Erholung vor dem letzten Jahr an der Mittelschule nicht mit ihr genießen konnte, dennoch hatte ich mich sehr für sie gefreut. Das letzte Jahr hat sie oft von Kyoto geschwärmt und man konnte es ihr ansehen, dass es schwer für sie gewesen war, ihre Heimatstadt hinter sich zu lassen und hierher nach Osaka zu ziehen.

»Wundervoll, wir waren bei Verwandten und haben das Hanami gefeiert!«, schwärmte sie, die Wangen leicht rosig, »Ich wünschte wirklich, du hättest mit dabei sein können...«, fügte sie enttäuscht an und ihre Stirn zog sich in Falten.

»Ich bin mir sicher, wir können irgendwann einmal zusammen nach Kyoto fahren«, antwortete ich und zwinkerte ihr aufmunternd zu.

»Ja, das wäre schön«, seufzte sie und wandte ihren Blick auf die hereinströmenden Schüler, welche die leeren Stühle um uns herum füllten. Die meisten von ihnen erkannte ich sofort, andere wiederum waren mir völlig unbekannt. Es war üblich, dass sich die Klassen vom ersten bis zum letzten Jahr an der Mittelschule nur dann änderten, wenn viele Schüler sitzen blieben oder aber viele neue dazu kamen.

»Du könntest mir dann all die schönen Ort zeigen, von denen du mir erzählt hast«, schlug ich begeistert vor, was Hinata dazu veranlasste, breit lächelnd zu nicken. Aus den Augenwinkeln heraus beobachtete ich ein Mädchen mit wasserstoffblondem Haar dabei, wie es sich auf einem Platz ganz hinten im Zimmer sinken ließ und sich eine übergroße Strähne über die Schulter warf. Ihre Augen hatten ein stechendes Blau und irgendetwas in mir regte sich, fast so, als würde ich sie irgendwo her kennen, doch das Bild in meinem Kopf konnte nicht scharf gestellt werden.

»In welche Clubs schreibst du dich dieses Jahr ein?«, fragte Hinata kurz darauf und forcierte meine Aufmerksamkeit somit wieder komplett auf sich.

»Physikalische und Chemische Experiemente und eventuell Literatur und du?«

»Du weißt, ich gehe in jeden Club, den du auch besuchst«, antwortete Hinata prompt und spielte verlegen mit ihren Fingern. Grinsend reckte ich beide Daumen in die Höhe, doch zu einer Antwort blieb mir keine Zeit mehr, denn auf uns kam ein blonder Junge mit dem unverschämt breitesten Grinsen, das ich jemals gesehen hatte, zu.

»Sakura! Hinata!«, rief er viel zu laut und viel zu überdreht und seine rudernden Armbewegungen, welche wohl Winken symbolisieren sollten, brachte einige umstehende Mitschüler zum kichern.

»Morgen, Naruto«, grüßte ich den Chaoten, während Hinata auf ihrem Stuhl zu schrumpfen anfing. Zusammen mit der Hyuuga war er mein einziger Freund. Er war stets gut gelaunt und derart bodenlos schlecht in der Schule, dass ich mir fast sicher war, dass er das letzte Jahr nur dank Hinatas und meiner Hilfe geschafft hatte. »Wir waren gerade bei den Ferien, wie waren deine?«, fragte ich, während er sich seinen leeren Stuhl fischte und ihn mit der Lehne zu uns hinstellte, sodass er seine Arme locker darüber baumeln lassen konnte.

»Ganz entspannt, meine Eltern waren auf irgendeiner Art zweite Flitterwochen, deswegen hatte ich das Haus für mich alleine«, sprach er lässig und grinste sein typisches schiefes Grinsen. Hinata indess war nicht mehr länger geistig anwesend und auch körperlich nur schwer unter ihrem Tisch auszumachen. Ich musste über ihre übermäßige Vernarrtheit in den Blonden Chaoten schmunzeln. Nur Naruto selbst begriff nicht, dass die Hyuuga in heiß und innig liebte, alle anderen sahen es ihr auf den ersten Blick an. Aber wie gesagt – Naruto war nicht der Allerschnellste, schon gar nicht, wenn es um etwas wie Gefühle ging. »Und was hast du gemacht, Sakura-chan?« Gespielt nachdenklich tippte ich mir mit dem Finger gegen das Kinn und blickte zur Decke hoch, während weitere Schüler das Klassenzimmer betraten. Nicht mehr lange und auch unser Klassenlehrer würde seinen Weg hierher finden.

»Ich war eigentlich nur zu Hause und habe gelesen. Dazu werde ich dieses Jahr nämlich ziemlich wahrscheinlich kaum noch Zeit haben...«, antwortete ich schließlich seufzend und ließ den Kopf ein wenig hängen. Bücher waren schon immer wie gute Freunde für mich gewesen, sodass ich auch stets das Gefühl hatte, das Rascheln ihrer Seiten, wenn man sie umblätterte, wären geflüsterte Worte.

»Strebsam, wie immer«, feixte er, weswegen ich ihm kurzerhand die Zunge raus streckte. Schwärmerische Geräusche rissen uns aus unserer Unterhaltung und ließen uns zur Klassenzimmertür aufblicken. Ein Junge mit rabenschwarzen Haar stand dort und ließ seinen Blick über die Köpfe der bereits Anwesenden schweifen. Er wirkte reichlich desinteressiert, denn ohne auch nur einen von uns zu begrüßen wanderte er zu seinem Platz schräg hinter mir und ließ sich auf seinen angedachten Stuhl sinken. Mein Herz dagegen war hin und her gerissen zwischen totalem Stillstand und Überaktivität. Ich kannte diesen Jungen – wer auch nicht? - aber was tat er hier? Sasuke Uchiha, mittlerweile siebzehn Jahre alt, sollte nicht mehr an dieser Schule sein, seit letztem Jahr. Also was tat er plötzlich in unserem Klassenzimmer? Sitzengeblieben konnte er nicht sein, das schwarze Brett hatte seinen Namen nach den Prüfungen stets als Besten verkündet. Andererseits war er gegen Ende des letzten Jahres immer sporadischer zum Unterricht gekommen und blickte auf den Gängen immer schrecklich finster drein – nicht, dass er je wirklich freundlich aussehen würde.

Er war wieder hier, das musste ein Wink des Schicksals sein, da war ich mir ganz sicher. Seit ich Sasuke an meinem ersten Tag an der Mittelschule erblickt hatte war ich unsterblich in ihn verliebt. Mir war dabei durchaus bewusst, wie albern es ist, Gefühle für jemanden zu hegen, dessen Stimme man nicht einmal kannte, geschweige denn sein Charakter, aber irgendetwas war da, was mich wie magisch anzog. Ich war enttäuscht gewesen, als die Ferien kamen, denn dies hatte bedeutet, dass ich ihn womöglich nie wieder sehen würde. Umso erfreuter war ich jetzt jedoch, dass er sogar in meine Klasse zu gehen schien.

»...kura?« Mit träumerischen Blick starrte ich in Sasukes Richtung und nahm Narutos verzweifelten Versuch, meine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, nicht einmal am Rande war. »Sakura!« Ich wusste nicht, wie oft er mich gerufen hatte, bis ich ihn endlich wieder mit leicht glasigen Augen anstarrte, doch das Kichern, das durch die Reihen ging und Sasukes gereizter Blick in meine Richtung teilten mir unmissverständlich mit, dass es wohl oft gewesen war.

»Toll gemacht, Sakura!«, lobte ich mich innerlich mit vor Sarkasmus triefender Stimme, »Tag eins, an dem dein Schwarm auf wundersame Art und Weise in deiner Klasse gelandet ist und du starrst ihn an, während du über ihn nachdenkst! Hätte nur noch gefehlt, dass du das Sabbern anfängst!« Die Zeichen standen heute jedoch erstaunlich gut für mich, denn just in diesem Moment trat unser Klassenlehrer ein, ein alter Mann, mit langem stachelig grauen Haar und einer seltsamen Gesichtsbemalung. Er wirkte nicht sonderlich streng mit dem breiten Lächeln auf den Lippen und den Lachfalten um die Augen, was viele in der Klasse erleichtert aufatmen ließ. Naruto dagegen schien die Spucke im Hals festzustecken, denn er fing an, derart heftig zu husten, dass ihm die Tränen in die Augen traten.

»Alles okay?«, zischte ich leise und klopfte ihm sachte auf den Rücken. Er nickte nur während er weiter hustete und hielt beschwichtigend die Hand nach oben.

»Ja, alles klar«, keuchte er zwischen zwei Japsern, »das hat mich gerade nur kalt erwischt.« Er deutete mit einem Finger auf den Lehrer, welcher sich am Pult häuslich einrichtete und sich darauf vorbereitete, mit uns das erste Mal ins Gespräch zu kommen. Anscheinend kannte Naruto ihn also, aber woher kannte er einen Lehrer und dann auch noch derart gut, dass ihm die Spucke wegbleibt, wenn er ihn erblickt? Antworten auf die Fragen würden sicherlich noch folgen, deswegen schob ich die Gedanken erst einmal beiseite und konzentrierte mich auf das Geschehen vor mir. Der Lehrer hieß Jiraya, zumindest verrieten das die Schriftzeichen, welche er mit sauberer, klarer Schrift an die Tafel schrieb. Noch nie hatte ich einen Lehrer mit derart schöner Schrift gesehen, doch das machte ihn mir direkt sympathisch. Nie mehr peinliches Nachfragen, wenn man etwas nicht genau erkennen konnte, zumindest bei ihm nicht.

»Ich möchte euch gar nicht lange mit dem “Das ist das letzte Jahr, strengt euch an und ihr dankt es euch später selbst” - Gerede nerven, denn das werden gewiss alle anderen Lehrer auch tun, also wieso fangen wir nicht mit etwas Vergnüglichem an und machen uns eine Sitzordnung, mit der wir alle gut leben können?« Freudige Blicke wurden ausgestauscht, während die Ersten sich schon erhoben, um sich zu ihren gewohnten Cliquen durchkämpfen zu können. Gespräche wurden gestartet, es wurde viel gelacht und der allgemeine Lärmpegel war mir jetzt schon viel zu hoch, doch ich fügte mich mit einem verkrampften Lächeln, da ich ohnehin nichts ändern konnte. Ich selbst hatte das große Los gezogen, dass meine besten und auch einzigen Freunde bereits namentlich neben mir gelandet waren, weswegen wir uns in aller Ruhe zusammen setzen und unterhalten konnten, doch nicht ohne einen wehmütigen Blick in Sasukes Richtung zu werfen, welcher – selbstverständlich – von begeisterten Anhängerinnen umgeben war. Jede von ihnen kämpfte um seine Gunst, doch er saß nur gelangweilt da und versuchte möglichst, dem schmachtenden Blick jeder Einzelnen auszuweichen.

»Ladies, Ladies...« Jiraya war zu der kleinen Traube schimpfender Mädchen heran getreten und hob beschwichtigend die Hände. Ich registrierte durchaus, wie er ein flüchtiges Zwinkern in Narutos Richtung sandte, dessen ganzer Körper sich das Schütteln anfing. »Wenn Mr...« Er senkte den Kopf, um das Namensschild an Sasukes Tisch entziffern zu können. »Uchiha nichts dagegen hat, dann lassen wir euch einfach Zettel ziehen. Das ist fair und keiner muss sich ausgegrenzt fühlen, okay?« Ein knappes, desinteressiert klingendes »Hn« von Sasuke gab die Bestätigung und so wurden die zwei Damen ausgewählt, welche hinter und rechts von Sasuke Platz nehmen durfte. Natürlich gab es am Ende trotzdem fast Tränen derjenigen, die es nicht geschafft hatten.

Nachdem der Trubel sich gelegt hatte und (fast) jeder glücklich war mit seinem Platz, drehte Naruto sich zu Sasuke um und fing an, ihn zu bequatschen. Dass der jedoch ganz und gar nicht begeistert davon war, sah man ihm sofort an, doch er ließ es wortlos über sich ergehen. Hin und wieder schielte ich leicht nach hinten, um einen Blick auf sein Gesicht zu erhaschen, doch ich getraute mich nicht, mich mit ins Gespräch einzuklinken. Was würde ich in diesem Augenblick nur für Hinatas Platz geben. Vermutlich hatte sie ähnliche Gedanken wie ich, denn sie betrachtete Naruto mit stiller Ehrerbietung. Vielleicht würde sich im Laufe des Jahres ja etwas in die Richtung ergeben...
 

Den Rest der ersten zwei Stunden verbrachten wir mit den üblichen, langweiligen Themen, welche man am ersten Tag zu bereden hatte, doch Jiraya schaffte es, hin und wieder eine Prise Spaß mit einzubinden. Nach der allgemeinen Vorstellungsrunde, bei welcher Sasuke beharrlich über den Grund seiner erneuten Anwesenheit geschwiegen hatte, waren wir den Notfallweg im Falle eines Feuers gelaufen und durften uns danach dann “still” beschäftigen, was nichts anderes bedeutete, als dass erneut alle in immer lauter werdende Gespräche verstrickt wurden.

Während Naruto weiter Sasuke auf die Nerven ging und Hinata geistig nicht anwesend genug war, um sich mit ihr unterhalten zu können, zog ich also mein Buch aus der Tasche, steckte mir Kopfhörer in die Ohren und las, bis der laute Schulgong die erste und heute zugleich letzte Pause ankündigte (der erste Tag ging nie ganz so lange, wie normal, selbst im letzten Jahr nicht).

»Hinata-chan, lass uns was zu Essen besorgen, ich habe mir heute morgen nichts vorbereitet«, schlug ich vor und sie nickte zustimmend.

»Hey, nehmt mich mit!«, quakte Naruto dazwischen, welcher bei dem Wort “Essen” hellhörig geworden war und seinen Sermon auf Sasuke unterbrochen hatte. Der wiederum warf einen fast dankbaren Blick in meine Richtung und sah zu, dass er schleunigst den Raum verlassen konnte, ohne erneut die Aufmerksamkeit unseres blonden Chaoten auf sich zu ziehen.

»Weißt du zufällig, was es heute zu essen gibt, Naruto?«, fragte ich ihn, denn wenn es einer wusste, dann war es defintiv der verfressene Uzumaki.

»Keinen Schimmer, man, woher soll ich das denn auch wissen?« Er lachte und rieb sich verlegen den Hinterkopf. Dass Sasuke einen schnellen Abgang gemacht hatte, kommentierte er nicht weiter, sodass wir drei uns, nachdem der Rest der Klasse bereits weg war, ebenfalls auf den Weg durch die überfüllten Flure machten.

»Also, Naruto...«, begann ich zögerlich und grinste, um meine Verlegenheit zu überspielen, »Hat Sasuke dir erzählt, wieso er das Jahr wiederholt?« Neugierig schaute ich Naruto dabei zu, wie sein Gesicht verschiedene Ausdrücke annahm, offensichtlich damit beschäftigt, darüber nachzudenken, was er mir sagen sollte.

»Ich hab' ihn nicht einmal danach gefragt, weil ich das gar nicht wusste... Und erzählt hat er mir auch nichts diesbezüglich...« Natürlich! Woher sollte Naruto denn auch wissen, dass Sasuke Wiederholer war? Die beiden kannten sich erst seit etwas mehr als zwei Stunden und, vorausgesetzt man war nicht so wahnsinnig wie ich, würde niemand das wissen. Und dass Sasuke von sich aus über so etwas redet ist auch totaler Quark. Naruto kratzte sich am Hinterkopf und blickte in eine andere Richtung, während ich angesichts meiner unbefriedigten Neugierde geknickt den Kopf hängen ließ.

»Frag' ihn doch einfach selber, Sakura-san«, schlug Hinata lächelnd vor, doch ich hob sofort protestierend die Hände. Nach meiner super-peinlichen Anstarr-Aktion von heute morgen wollte ich erst einmal auf Abstand zu Sasuke gehen, um nicht prompt in ein nächstes Riesenfettnäpfchen zu treten.

»Besser nicht! Wenn ihn irgendeine Fremde so etwas fragt kommt das doch ziemlich creepy, findest du nicht?«, warf ich ein, sodass Hinata nachdenklich den Kopf schief legte, ehe sie zustimmend nickte.

»Ja, da hast du vielleicht auch recht... Vielleicht bekomme ich ja einmal die Gelegenheit, ihn zu fragen!« Meine Miene hellte sich direkt auf und ich umarmte meine beste Freundin unter wilden, unverständlichen Komplimenten, Danksagungen und Lobpreisungen. Naruto konnte darüber nur den Kopf schütteln, doch er lachte dabei und freute sich für mich, auch wenn er nicht wusste, wieso ich überhaupt so einen Aufriss veranstaltete.
 

In der Cafeteria angekommen suchten wir uns schnell einen Platz in einer hinteren Ecke aus und warteten darauf, dass die Schlange an der Theke ein wenig abnahm, was auch gar nicht allzu lange dauerte, da viele der Schülerinnen und Schüler sich ihr eigenes Bento mitgebracht hatten. Es gab Reis mit den verschiedensten Sorten gedämpften Gemüse und einer kleinen Auswahl an Saucen und das erste, was Naruto von sich gab, war – wer hätte es anders erwatet – eine Klage darüber, dass seine Portion zu klein war, wofür er von der ansonsten freundlich dreinblickenden Dame einen bösen Blick erntete, unter welchem er fast schon zusammen zuckte.

Am Tisch stupste ich Hinata an und nickte aufmunternd in Narutos Richtung, welcher damit beschäftigt war, seine Portion herunter zu schlingen, als würden seine Eltern ihm zu Hause nichts zu essen geben, was mich mehr als wundern würde, denn das, was ich von Minato und Kushina mitbekommen hatte, ließ durchblicken, dass sie sich über seinen “gesunden Appetit” mehr als freuten, schließlich müsse er ja noch wachsen. Bei dem Gedanken entfloh meinen Lippen ein fast schon spöttisches kleines Lachen, doch weder Hinata noch Naruto hatten es gehört.

Ich wandte mich meinem eigenen Essen zu, doch nicht, ohne vorher noch einen Blick über die riesige Halle schweifen zu lassen, in der Hoffnung, Sasuke irgendwo zu finden, doch alles, was ich Nennenswertes fand war Ino Yamanaka, die Waserstoffblondine von heute morgen. Wie der Zufall so wollte, starrte sie in meine Richtung, mit einem Blick, den ich nicht zu deuten vermochte, doch kurz darauf wurde sie von einer ihrer Tischgenossinnen angerempelt. Eines der Mädchen, welche ich auf den Toiletten schon näher hatte kennen lernen dürfen.

Begegnungen

Prüfungen sind die absolute, perfektionierte Definition von Hölle, vor allem, wenn sie am ersten richtigen Schultag des Jahres kamen. Die Klassensprecher mussten gewählt werden und wie die Tradition es so verlangte, wurden diese durch die Noten bestimmt. Das bedeutete für den Großteil der Klasse schlichtweg purer Horror, ich hingegen hatte mit keinem der einstündigen Tests Probleme.

Während der Großteil der Klasse noch damit beschäftigt war, panisch zu versuchen, nicht zu hyperventilieren und gleichzeitig irgendetwas Sinnvolles auf das Blatt zu kritzeln, saß ich gelangweilt an meinem Tisch und ließ den Blick über die rauchenden Köpfe schweifen. Das Ticken der Uhr und das hecktische Kratzen von Stiften auf Papier war das Einzige, was zuweilen zu hören war. Ich wusste nicht, was ich mit meiner Zeit anfangen sollte, es waren noch zehn Minuten bis zum Ende des Englischtests und so beschloss ich, noch ein weiteres Mal meine Antworten durchzugehen. Sorgsam, wie ich war, hatte ich das bereits zweimal getan, doch da selbst der Blick aus dem Fenster auf die Kirschbäume mich nicht zu unterhalten vermochte, sah ich keine andere Option, als es noch ein drittes Mal zu tun. Ein leiser Seufzer rollte mir über die Lippen, während ich die Blätter sorgfältig umblätterte und mir Fragen und Antworten noch einmal aufmerksam durchlas. Die Lehrerin hatte mich mit einem wissenden Lächeln bedacht, als ich meinen Stift zurück ins Etui gelegt hatte – sie kannte meine Leistungen bereits vom letzten Jahr und gewiss würde ich sie auch diesmal nicht enttäuschen. Ich machte mir nicht wirklich etwas daraus, Klassensprecherin zu sein, doch konnte ich nicht leugnen, dass sich eine gewisse Art Ehrgeiz in mir entwickelt hatte, nachdem ich es die letzten beiden Jahre beide Semester gewesen war.

Auch die letzte Antwort erschien mir zufriedenstellend, weswegen ich die Blätter wieder ordentlich zusammen legte und den Bogen schließlich umdrehte, sodass die weiße, unbeschriftete Seite mir entgegen blickte. Ein kurzer, flüchtier Blick zur Uhr verriet mir, dass ich noch immer gut fünf Minuten damit verbringen konnte, nichts zu tun, weshalb ich mich ein letztes Mal im Raum umsah. Das Kritzeln der Stifte war noch schneller geworden, zweifelsohne pumpte bei einigen das Herz schneller, als gewöhnlich, nur Sasuke saß ebenfalls ruhig auf seinem Platz, das Gesicht auf die Hand gestützt, mit gelangweiltem Blick in meine Richtung. Ich spürte, wie mir das Blut in die Wangen floss, ruckartig heftete ich meinen Blick zurück auf meinen Testbogen und bohrte mir die Fingernägel in die Handflächen, so fest ballte ich meine Hände zu Fäusten. So sehr ich es auch wollte, ich getraute mich nicht nochmal, in seine Richtung zu schauen, mein Herz flatterte noch immer arhythmisch. Ob er wohl bemerkt hatte, dass ich ebenfalls fertig war und mich langweilte? Oder war sein Blick in meine Richtung rein zufällig? Fragen über Fragen fluteten meinen plötzlich überforderten Kopf, doch auf keine wusste ich eine hundertprozentige Antwort. Nervös frimelte ich an den Enden meiner Blätter herum und wusste nicht genau, wohin ich schauen sollte. Ich fühlte mich seltsam ertappt und nach meinem peinlichen Fettnäpfchen von gestern war ich nicht gerade erpicht darauf, gleich noch einmal negativ mit Starren aufzufallen.

»Macht euch bitte daran, euren letzten Satz zu schreiben«, verkündete die Lehrerin das Ende des Tests und viele entsetzte Proteste wallten auf, wie ein Feuer, welches frisches Holz gefunden hatte. Ich hatte zusammen mit Sasuke und vielleicht noch Hinata als Einzige kein schlechtes Gefühl bei der Sache. Ich zwang mich wieder in eine aufrechtere Position und fokussierte mein Augenmerk auf die Lehrerin und die Tafel dahinter, um nicht hinter zu ihm zu schauen, denn ich hatte das dumpfe Gefühl, dass ihm ein sechster Sinn immer Bescheid gab, wenn ich mich dazu entschloss, einen kurzen Blick auf ihn zu erhaschen, sodass es wirken musste, als würde ich nur starren. »Wir machen jetzt eine zehnminütige Pause, danach ist Mathe dran. Wer auf's Klos muss, bitte jetzt gehen.« Sie warf einen vielsagenden Blick in Narutos Richtung, welcher rot anlief und sich beschämt am Hinterkopf kratzte. Ja, Naruto war für vielerlei Dinge schulbekannt. Es begann ein Stühlerücken und -schieben und der Großteil der Klasse floh regelrecht aus dem Zimmer, nur um sich unmittelbar vor der Türe über den vergangenen Test aufregen zu können.

Seufzend lehnte ich mich in meinem Stuhl zurück, ehe ich mich zu Hinata umdrehte.

»Und, wie ist es bei dir gelaufen?«, fragte ich mehr aus Höflichkeitsgründen, denn ich wusste bereits, dass sie entweder genauso gut abschneiden würde, wie ich oder nur wenig “schlechter”. Hinata war in der Schule fast genauso gut wie ich und bisher war es noch immer ein Kopf an Kopf Rennen um den ersten Platz und somit auch die Klassensprecherrolle gewesen. Aber wir beide gaben nicht groß etwas darauf und verstanden uns darüber hinaus viel zu gut, um in Konkurrenzkampf auszubrechen. Zumal Hinatas liebenswürdige Persönlichkeit überhaupt nicht für einen solchen geschaffen war.

»Ziemlich gut, denke ich. Sicher kann man sich ja nie sein, was der Lehrer lesen will, aber ich glaube, ich sollte nicht zu weit hinter dir abfallen«, antwortete sie schmunzelnd und strich sich eine ihrer seidigweichen Strähnen aus dem Gesicht.

»Das glaub ich gerne!«, lachte ich und traute mich endlich, noch einmal in Sasukes Richtung zu linsen, diesmal jedoch schaute er desinteressiert an die Tafel, das Kinn auf eine Hand gestützt. Es war absolut selbstredend, dass ich mir wünschte, dass er zusammen mit mir Klassensprecher sein würde. Innerlich schickte ich ein Stoßgebet zum Himmel, dass Shikamaru auch diesmal zu faul war, um mehr zu schreiben, als es zum Bestehen notwendig war. Wenn er sich nur ein wenig mehr anstrengen würde, würde er selbst mich in jedem Fach locker in die Tasche stecken – nicht selten war er schon von Azuma-sensei für seine Faulheit gerügt worden. Hatte etwas davon geredet, dass er sein massives Potential zum Fenster raus werfen würde und dass er nicht glauben konnte, dass ein so intelligenter Junge wie er gleichzeitig so dumm sein konnte.

Die zehn Minuten verstrichen und nach und nach trudelten die anderen wieder im Klassenzimmer ein, unter ihnen befand sich auch Ino, welche sich scheinbar angeregt mit einem der Mädchen unterhielt, welche ich nicht aus dem Jahr zuvor kannte. Wie nur zu häufig in den letzten beiden Tagen, schien auch sie zu spüren, dass mein Blick auf ihr ruhte, denn sie richtete ihr Augenmerk für die Winzigkeit eines Augenblickes auf mich und wieder konnte ich nicht sagen, was in ihrem Blick lag.

Seufzend wünschte ich Hinata viel Glück und wandte mich wieder meinem Tisch zu, um halbherzig zuzuhören, wie die Lehrerin die Anweisungen für den Test von einem Zettel ablas. Ich kannte das alles zur genüge, deswegen gab ich mir nicht wirklich Mühe, ihr zuzuhören und ließ meinen Gedanken stattdessen freien Lauf.

»Also dann... Ich wünsche euch allen viel Glück. Fangt an!«, verkündete Kurenai-sensei und lächelte aufmunternd in die Runde. Die meisten sahen allerdings gar nicht glücklich aus, dennoch brach lautes Geraschel und Gekritzel los. Ich las mir die erste Frage aufmerksam durch, während ich mit meiner Hand nach meinem Taschenrechner tastete.

Wie ich erwartet hatte, bereitete mir keine der Fragen wirklich große Schwierigkeiten, sodass ich am Ende zufrieden mit mir war und Kurenai mein Blatt ohne Reue überreichen konnte.

»Zur Hölle mit dem Mist«, fluchte Naruto unmittelbar danach auf und raufte sich seine goldblondenen Haare. In seinen Augen stand die pure Verzweiflung, welche schon seit dem Englischtest existent war. »Wenn ich nicht mindestens in zwei Fächern in die Nachprüfung muss, mach' ich drei Kreuzzeichen, ich schwör's!« Hinata belächelte sein albernes Gejammer und aus den Augenwinkeln sah ich, wie Sasuke beinahe schmunzelnd die Augen rollte und demonstrativ in eine andere Richtung blickte.

»Das wird schon, N-Naruto-kun«, versuchte Hinata ihn aufzumuntern und ich wusste, dass sie ihm nur zu gerne anbieten würde, ihm nach der Schule ein wenig Nachhilfe zu geben, doch das würde sie sich niemals trauen, nein.

»Du hast gut reden, Hinata, du wirst ohne jeden Zweifel in allen Fächern super abschneiden, echt jetzt! Aber ich? Pff...« Er ließ die Luft pfeifend aus seinen Backen und sackte auf seinem Stuhl in sich zusammen, sodass er ein wirklich erbarmungswürdiges Bild abgab.

»Hinata-chan, hast du Lust, nach der Schule mit mir einen Tee trinken zu gehen?«, schlug ich vor, denn ich konnte das Gejammer nicht mehr länger erdulden. So gern ich Naruto auch hatte, ich hatte nie begriffen, wieso er nicht einfach mehr für die Schule tat, statt jedes Mal mit Hängen und Würgen durch die Prüfungen zu kommen. Dumm war er nämlich wahrhaftig wirklich nicht, einfach nur stinkfaul. Vermutlich wäre Naruto dann aber nicht mehr Naruto und wenn wir ehrlich waren, liebten wir ihn für seine dusselig-liebenswürdige Art.

»Klingt super, Sakura-chan«, antwortete Hinata mit vor Freude geröteten Wangen. Selbst wenn wir jetzt schon seit der Mittelstufe miteinander befreundet waren, so wirkte sie noch immer auf mich, als wäre jedes freundschaftliche Angebot meiner Seite ein wahres Wunder.

»Aber bitte nicht direkt in der Innenstadt, da ist es mir immer viel zu voll«, fügte sie hinzu. Hinata war viel zu schüchtern und fremde Menschen machten ihr nicht selten Angst und gerade in überfüllten Straßen kann es gut passieren, dass sie eine Art Panikattacke bekommt. Einmal hatte ich es bereits miterlebt und es war kein schöner Anblick gewesen, zumal ich wie versteinert neben ihr gestanden und nicht gewusst hatte, was ich tun sollte.

»He, Breitstirn«, ertönte es auf einmal hinter meinem Rücken. Bei dem Spitznamen wurde mir ganz flau im Magen, doch ich versuchte, so gut es ging, mir nichts anmerken zu lassen und drehte mich mit erhobenem Haupt zu der Quelle der Störung um. Es war das Mädchen mit dem wunderschönen, blassblonden Haar und den azurblauen Augen. Wieder regte sich etwas in mir, doch ich konnte nicht ausmachen, was genau es war.

»Was willst du?«, zischte ich stattdessen so abfällig wie möglich, um mir keine Blösse vor ihr zu geben.

»...«, sie gab mir keine Antwort, starrte mich daher einfach nur mit grüblerischen Blick an. Die meiste Zeit war meine Stirn das Ziel ihrer Blicke, doch auch mein sonderbar rosanes Haar und meine jadegrünen Augen schienen ihr Interesse zu wecken. Ob sie das gleiche, unbestimmte Gefühl in sich hatte, wie ich? Wie, als ob wir uns kennen würden?

Ich runzelte meine Stirn, als auch nach weiteren Sekunden kein Ton über ihre Lippen kommt und verschränkte meine Arme.

»Kommt noch was oder war's das?« Die Leute nannten mich komisch, weil ich abnormale, äußerliche Merkmale und eine hohe Intelligenz aufwies, aber das, was diese Ino da gerade machte, war völlig normal? Leute ansprechen, anstarren und anschweigen?

»Nein, entschuldige, ich muss dich verwechselt haben. Tut mir Leid.« Damit drehte sie sich auf dem Absatz herum und verschwand aus dem Klassenzimmer. Naruto und Hinata starrten mich beide verwirrt an und ich wusste, dass es ihnen exakt so ging, wie mir: Verwechslung? Das hätte ich ihr geglaubt, wenn ich keine rosa Haare, stechend grüne Augen und eine breite Stirn gehabt hätte, aber so?

»Woher kennt sie mich nur?«, fragte ich mehr mich selbst, als die beiden und merkte gar nicht, wie Sasuke mich ebenfalls musterte. Die beiden wussten keine Antwort und so schob ich die quälenden Fragen, auf die ich partout keine Antwort wusste, so gut es ging aus meinem Kopf.

»Das war seltsam, ernsthaft«, murmelte Naruto und kratzte sich am Hinterkopf, Hinata jedoch schwieg einfach und legte den Kopf leicht schief. Wir drei blickten uns einander an, zuckten ratlos mit den Schultern und gingen in die Mittagspause.
 

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Der Rest des Vormittags verging in einer Mischung aus Tests, Clubeinschreibungen und anderem, letzten Organisationskram. War ich bei den Tests noch anwesend, so gingen die letzten beiden Sachen fast gänzlich an mir vorbei. Ich war einfach nur froh, als der letzte Gong ertönte und uns in die lang ersehnte Freiheit entließ. Noch in keinem Jahr zuvor hatte ich mich am zweiten Tagen schon so ausgelaugt, dass ich mir das Wochenende herbei sehnte.

»Das war vielleicht ein Tag«, jammerte Naruto und raufte sich gestresst die Haare.

»Kannst du laut sagen, Naruto...«, murmelte ich zustimmend und seufzte ausgiebig.

»Wir haben ja noch keine Hausaufgaben auf und können jetzt entspannt einen Tee trinken«, warf Hinata ein, was uns beide ein wenig froher stimmte, wenngleich ich – im Gegensatz zu Naruto – nicht wegen den Tests so übellaunig war. Der Blick von Ino und ihre undurchsichtigen Gedanken wollten und wollten mir nicht aus dem Kopf gehen und auch Sasuke spukte unablässig in meinem Kopf herum. Doch es half kein Grübeln und kein Seufzen, ich konnte ihr Gesicht nicht einordnen, konnte mich schlichtweg nicht erinnern, wer sie war oder was uns beide miteinander verband.

»Weiß einer von euch beiden zufällig, wohin wir gehen sollen?«, fragte ich deshalb nach, um meine Gedanken von der Blondhaarigen fort zu teiben. »Das Taro's hat im Winter ja leider geschlossen...« Beinahe wehmütig dachte ich an das gemütliche kleine Café mit seiner niedlichen Einrichtung und den netten Kellnerinnen.

»Wie wär's mit einem Maid-Cafe?«, schlug Naruto verschmitzt grinsend vor und erntete dafür nicht nur einen bösen Blick von mir, sondern gleich auch einen brutalen Seitenhieb, unter welchem er japsend aufschrie. »Hey! Das hat wehgetan, echt jetzt!«, empörte er sich, doch angesichts meiner vor Wut zuckenden Wange ließ er jedes weitere Kommentar im Halse ersticken.

»Das sollte es auch, du Dumpfbacke!«, grummelte ich zufrieden und rollte entnervt mit den Augen. Hinata belächelte unsere tägliche Kabbelei und kommentierte sie nicht weiter. Dafür war sie schlicht zu erwachsen. »Hinata-chan, hast du einen Vorschlag? Möglichst kein Maid-Café?«, fügte ich mit einem scharfen Seitenblick an Naruto hinzu, der sich noch immer leise fluchend den Oberarm rieb. Er stieß nicht selten wüste Beschimpfungen über meine brutale Art aus, ich war es gewohnt und konnte stolz behaupte, dass mir sein Gejammer diesbezüglich total egal war.

»Wie wär's wenn wir einfach nach Tennoji-ku fahren und uns dort in der Nähe des Parks ein nettes Café aussuchen? Taro's war doch auch in der Nähe«, meinte sie milde lächelnd. Eine Idee, für die ich sofort Feuer und Flamme war, der Tennoji-Park war einfach wundervoll und ein Café mit Blick auf ihn umso schöner. Innerlich schwärmend setzte ich meinen Weg an der Seite der beiden fort und spielte bereits mit dem Gedanken, was ich mir Leckeres zu Essen bestellen sollte.
 

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Der Park war bei dem schönen Wetter selbstverständlich völlig überfüllt, weshalb wir nur auf den weniger gut besuchten Randwegen entlang liefen. Es dauerte nicht lang, bis wir ein kleines, halbvolles Café fanden, weshalb wir kurzerhand beschlossen, dass wir dort unseren Tee trinken wollten.

»Sieht echt nett aus«, meinte Hinata und schnupperte mit der Nase. Zweifelsohne verströmte das kleine Lokal einen ungemein guten Duft nach verschiedensten Kuchensorten, sobald sich die Türe leise klingelnd öffnete. Mir lief das Wasser im Munde zusammen, weshalb ich Hinata eifrig, aber sanft am Arm packte und in den schön gestalteten, angenehm warmen Raum zog.

»Hier riecht's so, als würde ich am liebsten die ganze Karte bestellen«, stellte Naruto fest und leckte sich genüsslich die Lippen. Fast so, als könnten ihn nicht ca. ein dutzend Menschen dabei beobachten.

»Da bin ich sofort dabei!«, jauchzte ich verzückt und rieb mir meinen Bauch, der zustimmend knurrte, »Ich fühle mich, als hätte ich seit Wochen nicht mehr anständig gegessen!« Wie auf ein Stichwort erschien eine der Kellnerinnen und lächelte uns etwas gequält an. Man sah, dass sie gerne offenherziger lächeln würde, denn um ihre Lippen sind deutlich sichtbare Lachfalten, aber vermutlich war sie gerade zu gestresst. Sie hatte langes, rotes Haar, was ich äußerst auffällig fand und ihr Namensschild, welches an der makellos glatten Bluse hing, verriet, dass sie “Karin” hieß. Ein eher weniger gebräuchlicher Name in Japan.

»Ein Tisch für drei?«, erkundigte sie sich und auch ihr Akzent verriet mir, dass sie ursprünglich wohl woanders her kommt. Wir nickten alle drei nur, waren wir doch etwas überrascht über ihr Haar, welches ebenso knallig leuchtete, wie ihr Akzent sich anhörte. »Dann folgt mir doch bitte«, schloss sie höflich und deutete auf einen Tisch in einer kleinen Nische, von dem man perfekt auf das dargebotene Sortiment hinter der Theke blicken konnte.

»Ich bring' euch gleich die Karte, dort steht auch unsere aktuelle Tagesempfehlung darin. Solange macht es euch bitte bequem.« Mein Eindruck von ihr wurde immer positiver, denn obwohl man ihr ansah, dass sie gestresst war, blieb sie freundlich und zwar nicht dieses übertriebene “gib-mir-Trinkgeld”-freundlich sondern so, als würde sie diesen Job wirklich gern machen.

»Wenn die hier Kirschkuchen haben, flipp' ich aus«, schwärmte ich mit geschlossenen Augen, weiterhin ganz darauf fokussiert, die wundervollen Gerüche in mich aufzunehmen.

»Ich glaube, ich trinke nur einen Tee...«, warf Hinata ein, »Aber erst möchte ich einen Blick auf die Karte werfen. Vielleicht steht da ja was dabei, was mich absolut reizen würde.«

Naruto indess war beschäftigt damit, Ausschau nach Karin zu halten, weswegen sein Kopf in scheinbar alle Richtungen gleichzeitig zu rotieren schien. Gott, der Junge konnte manchmal echt ungeduldig sein!

»Naruto, bitte!«, fuhr ich ihn deshalb an, »Die Leute schauen schon alle, weil du hier halber von deinem Stuhl kippst, während du dir den Kopf verränkst!« Naruto schob die Unterlippe vor, was ihm einen erschreckend kindlichen Ausdruck verlieh und schmollte, während er die Arme so fest wie möglich vor der Brust verschränkte. »Kannst du dich nur einmal deinem Alter entsprechend benehmen?«, seufzte ich, woraufhin Hinata leise kichern musste. Natürlich wusste ich die Antwort auf meine Frage bereits, aber man konnte ja hoffen.

»Tut mir schrecklich Leid, dass ich Kohldampf habe«, antwortete er schnippisch, noch immer die Arme vor der Brust verschränkt. Wie auf Kommando gröhlte sein Magen aufrührerisch und Hinata und ich brachen in schallendes Gelächter aus, was ihm die Schamesröte auf die Wangen trieb. »Aha, aber das ist jetzt weniger Aufmerksamkeitserregend, oder wie jetzt?« Sein Kopf sah aus wie eine Tomate mit gelben Blättern, so rot war er mittlerweile geworden.

»Tut... Tut mir Leid«, brach ich japsend zwischen zwei Lachern hervor und hielt mir den schmerzenden Bauch, »Aber das war einfach so schrecklich passend! Und so typisch Naruto!« Nun musste auch Naruto ein wenig schmunzeln – lang konnte er eh nie böse sein – und ich wischte mir mit den Fingern die Lachtränen aus den Augenwinkeln. Hinata hatte sich natürlich deutlich schneller als ich beruhigt, doch auch ihr Gesicht war vom Lachen noch leicht erhitzt.

»N-Nimm' es uns nicht übel N-Naruto-kun«, stammelte sie verlegen, den Blick auf die Hände geheftet, welche auf ihrem Schoss ruhten, »Bitte!«, fügte sie beinahe flehentlich hinzu. Naruto kratzte sich angesichts der übertriebenen Entschuldigung von Hinata nun am Hinterkopf und grinste bis über beide Backen, immer noch ein wenig verlegen.

»Schon ok, schon ok. Um fair zu bleiben: ich hätte euch auch eiskalt ausgelacht«, gestand er, was ich ihm sofort und ohne zu zögern glaubte.

»Entschuldigt bitte, dass es so lange gedauert hat.« Wir wurden unterbrochen von Karin mit dem feuerroten Haar, welche uns dreien jeweils eine hübsch gestaltete Karte in die Hand gab und aus ihrem Beutel, welcher an ihrem Gürtel hing, ein kleines Notizblöckchen hervor holte. »Weiß einer von euch eventuell schon, was er trinken möchte?« Mit fragendem Blick schaute sie in die Runde, doch nur Naruto meldete sich prompt.

»Cola, bitte. Eine Große!«

»Ich würde den Limetten-Ingwer-Tee probieren«, kam es von Hinata, welche bereits durch die Karte blätterte.

»Ich nehme den Hollunder-Kirsch-Tee, bitte.« Selbstverständlich war mir dieser als erstes ins Auge gesprungen, wie konnte man es sich bei meinem Namen auch anders denken. Ich war in alles vernarrt, was mit Kirschen zu tun hatte. Die Pflanze an sich, das Obst und alles, was daraus hergestellt wurde. Es war schon eine Ironie, dass meine Haare, denen ich meinen Namen verdankte, so gut zu meiner Vorliebe passten. Vielleicht hatte mich das alles aber auch nur beeinflusst.

»Alles klar, vielen Da-«

»Ey, Püppy«, donnerte es plötzlich durch das gesamte Café. Eine Stimme, welche in Lautstärke locker der von Naruto konkurrieren könnte und sie schien zu dem Typen mit den weißen Haaren zu gehören, welcher auf die Kellnerin Karin zustürmte und sie so heftig in eine Umarmung zog, dass ihr fast die Spucke wegzubleiben schien. Augenblicklich verfinsterte sich ihre Miene und sie versuchte, sich aus seiner heftigen Umarmung heraus zu aalen.

»Suigetsu!«, zischte sie, die Augen kaum mehr als schmale Schlitze, »Ich arbeite!« Nach einigen Sekunden, in denen die beiden miteinander rangelten, gab der junge Mann names Suigetsu endlich nach und entließ Karin, welche sich sofort die Falten ihrer Arbeitskleidung glatt strich und versuchte, wieder professionell zu wirken.

»Entschuldigt bitte meinen schwachköpfigen Freund...«, bat sie und lächelte entschuldigend.

»So, so, dein Freund bin ich also... Seit wann denn das?«, stichelte er und streckte ihr frech die Zunge heraus, als sie sich wieder völlig entnervt an ihn wand.

»Du weißt ganz genau, wie ich's meine, Kumpel«, grummelt sie, der kleine Notizblock in ihren Händen war mittlerweile fast komplett zerknüllt, so sehr drückte sie ihn in ihrer Hand. Als Antwort zuckte er lediglich mit den Armen, ehe er sich an uns drei verdatterten Statisten wandte und sprach: »Sorry für die Störung, aber ich liebe es einfach, unsere kleine Karin hier zu ärgern!« Ein süffisantes Grinsen huschte über seine Lippen, ehe er sich auf dem Absatz umdrehte und aus unserer Sichtweite verschwand. Die Aufmerksamkeit sämtlicher Gäste ruhte nun auf Karin, was ihr sichtlich unangenehm war, weshalb sie beschämt am Saum ihres schwarzen Rockes herumfummelte.

»Noch einmal Entschuldigung für sein unflätiges Benehmen...« Sie seufzte tief, als müsse sie diesen Typen öfter ertragen, wovon ich auch stark ausging. »Er tut das hin und wieder, um meine Grenzen der Belastbarkeit auszutesten. Dass meine Cheffin mich noch nicht gefeuert hat, liegt wohl auch nur daran, dass sie immer noch denkt, dass wir ein süßes Pärchen wären.« Bei dem Wort “Pärchen” rollte sie genervt die Augen. Ich kicherte. Sie war mir wirklich sympathisch, schien sie doch keine typische “Tussi” zu sein, wie z.B. der Großteil Mädchen, die an unsere Schule gingen. Allerdings schien sie auch ein paar Jahre älter als wir selbst zu sein.

»Kein Problem, wir kennen sowas nur zu gut«, antwortete Hinata lachend und ich wusste nur zu gut, auf welchen von uns sie damit anspielte. Verschmitzt grinsend blickte ich Naruto an, der natürlich wieder einmal gar nichts verstand und stattdessen quäkte: »Kann ich mir jetzt ein Stück Schokotorte bestellen?«

Karin lachte und nickte, sodass ihr das rote Haar über die Schulter fiel. Ich fand sie bildhübsch, mit ihrer Brille wirkte sie so intelligent und aufgeweckt. Ich spürte, wie meine Bewunderung für sie wuchs, ganz unweigerlich.

»Und für die Damen?« Sie lächelte uns beide freundlich an, von der vorherigen Anspannung nichts mehr zu sehen; das Eis war gebrochen. Hinata jedoch winkte dankend ab, sie hatte von Anfang an nur einen Tee trinken wollen, doch mir kam erneut der Gedanke an ein gediegenes Stück Kirschkuchen.

»Kirschkuchen«, bat ich mit strahlendem Lächeln, »mit extra Sahne bitte!«

»Na, na«, gackerte Naruto und grinste frech, »du willst doch nicht etwa deine Bikinifigur riskieren, huh?« Ich bedachte ihn mit einem äußerst tödlichen Blick. Karin hingegen bedankte sich noch einmal für unsere Bestellung und verschwand hinter dem Tresen.

»Was soll das denn heißen?«, harkte ich pikiert nach und reckte trotzig das Kinn in die Höhe.

»Dass du fast genauso viel isst, wie ich und ich bin ein Kerl«, konterte er keck und zwinkerte, um seine Aussage noch einmal zu untermauern. Unter dem Tisch trat ich ihm heftig gegen das Schienbein, sodass er erschrocken und fluchend vom Stuhl aufsprang. Es war wahrlich ein Wunder, dass uns noch niemand rausgeschmissen hat. Nunja, für den Aufruhr, den dieser Suigetsu verursacht hatte, waren wir ja nicht verantwortlich, aber dennoch veranstalteten wir eine erhebliche Menge Lärm.

Genervt stützte ich mein Kinn auf meine linke Hand und schaute bewusst nur Hinata an, welche sich – wie immer – aus allem heraus gehalten hatte.

Sie zuckte mit den Achseln, wie als wollte sie sagen: »Du kennst den Pappenheimer doch« und ich wusste auch, dass er das nicht ernst gemeint hatte, dennoch war mir der Appetit plötzlich vergangen.
 

»Sa-KUH-ra können wir dich bald nennen!«, höhnte das Mädchen.

»Breitstirn wird bald nicht nur noch eine breite Stirn haben«, keckerte eine andere Kinderstimme.

»Fett wirst du werden, wenn du weiter so viel ist. Hast du gehört? F-E-T-T!«

»Sa-KUH-ra! Sa-KUH-ra!«
 

»-kura? Sakura?« Ich fuhr ruckartig aus meinem Tagtraum hoch, als Karin mit zwei Tellern beladen an unserem Tisch auftauchte und mir und Naruto meinen Kuchen bzw. seine Torte vor die Nase stellte. Die drei Tees standen bereits dampfend vor uns, was bedeutete, dass ich deutlich länger in Gedanken versunken gewesen sein musste, als ich zunächst angenommen hatte.

Ich blinzelte ein paar Mal heftig, um meine Sicht zu klären und starrte kurz darauf in zwei äußerst besorgt dreinblickende Mienen. Naruto hatte darüber hinaus sogar direkt vor meinem Gesich herumgefuchtelt, sodass ich erst einmal erschrocken zurück wich.

»Hab' ich was verpasst?« Karin war schon wieder verschwunden und bediente andere Gäste, während mein Blick sich auf das unerhört gut aussehende, riesige Stück Kuchen mit einem Berg von Sahne richtete.

»Du warst plötzlich ganz weggetreten, Sakura-c-chan...«, meine Hinata, Besorgnis zeigte sich ganz klar in ihren Gesichtszügen ab. Ihre Hand ruhte auf meinem Arm. »Alles okay?«

»Ja? Ja! Alles okay, entschuldigung. Ich hab' mich nur gerade an etwas erinnert...« Ein flaues Gefühl breitete sich in meinem Magen aus, sodass mir der Appetit tatsächlich verging. Der einst so verlockend duftende, furchtbar lecker aussehende Kuchen wirkte nun gerade zu ekelerregend auf mich. Wieso hatte ich mich gerade jetzt daran erinnert? Und wieso konnte ich mich an die Gesichter zu den Stimmen nicht mehr erinnern?

Nachdenklich trank ich meinen Tee und hörte Naruto und Hinata bei ihren hollprigen Gesprächsversuchen zu, ohne jedoch recht Anteil daran zu nehmen. Es war ohnehin schön, wenn Hinata mal ein paar Worte mehr mit ihrem heißgeliebten Naruto redete, als “Hallo”, “Tschüss” und “N-Naruto-kun”.

»Du, Sakura?« Erneut wurde ich aus meinen Grübellein gerissen und wieder war es Naruto, doch diesmal wirkte er nicht besorgt, sondern vielmehr aufgeregt. »Wenn du deinen Kuchen nicht möchtest, ich esse ihn gerne!« Verwirrt starrte ich auf seinen Teller, doch der hätte vom Fleck weg wieder für den nächsten Kunden verwendet werden können, wenn man nicht wusste, dass er benutzt war, so sauber hatte Naruto ihn gemacht. Einen Moment wusste ich nicht genau, was ich sagen sollte, doch dann nickte ich und sagte: »Klar! Irgendwie hab' ich gerade doch keinen so großen Hunger, wie ich dachte...«

Hinata warf mir einen besorgten Blick zu, doch ich ließ mir nichts anmerken, sondern trank stattdessen den Rest meines Tees leer. Auf einmal fühlte ich mich ganz elend. Dieser Tag war ätzend und ich verspürte auf einmal große Lust, mich einfach auf mein Bett zu schmeißen und zu schlafen.

»Nehmt es mir nicht übel, aber ich würde lieber nach Hause gehen... Ist das okay?«, fragte ich die beiden. Naruto schien nichts Verdächtiges zu bemerken, denn er grunzte zur Bestätigung, dass er mich zur Kenntnis genommen hatte und schauftelte munter weiter. Hinatas Blick jedoch wurde noch eine Spur besorgter, doch zumindest versuchte sie, sich nichts anmerken zu lassen, denn sie lächelte mir aufmunternd zu.

»Wenn etwas ist, dann schreib mir einfach, okay, Sakura-c-chan?« Ich nickte, stand auf und kramte aus meiner Börse einen Schein, den ich für meinen Teil der Rechnung ausreichend erachtete und stürmte regelrecht aus dem Café. Das Karin mir noch ein Wort des Abschieds hinterher rief, bekam ich gar nicht mehr weg. Wieso ging es mir denn auf einmal so schlecht? Das war doch nur ein alberner Tagtraum gewesen...

Mein Magen brummelte unzufrieden, doch ich wusste, dass es kein Hunger sein konnte. Vielleicht hatte ich mir einfach eine Magenverstimmung eingefangen. Ja, so musste es sein! Erleichtert, dass ich die Ursache für meine plötzliche Appetitlosigkeit gefunden hatte, machte ich mich etwas leichtfüßiger auf den Weg zur Bahnstation, denn mein zu Hause lag nicht in Tennoji-ku, sondern in Umeda, was in Kita-ku liegt. Es war einige Stationen von hier, doch ich würde die längere Bahnfahrt nutzen, um Musik zu hören.
 

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Menschen drängelten sich selbst jetzt, wo die Sonne bereits am untergehen war, in dichten Trauben auf den Bahnsteigen und alle paar Minuten donnerten Zügen auf den Gleißen davon. Seufzend stellte ich mich auf Bahnsteig 7, meinem Bahnsteig und setzte meine Schultasche auf dem Boden ab.

Gelangweilt fuhr ich mir mit der Hand durch die Haare, bedacht darauf, nicht die Kopfhörer aus meinen Ohren raus zu ziehen, als ich ihn entdeckte. Alleine. Direkt gegenüber auf dem anderen Bahnsteig. Sasuke. Ich erstarrte in meiner Bewegung, als ich realisierte, dass er mich ebenfalls anstarrte. Ich war mit meinem rosanen Haar auch schwer zu übersehen, nicht wahr?

»Mach was, Dummkopf! Los! Wink ihm!«, brüllte meine innere Stimme mich an, doch mein Körper fühlte sich plötzlich total taub an. Ich musste unfassbar dumm aussehen und dennoch... Er hob seine Hand, winkte kurz und schenkte mir ein Lächeln. Meine Knie wurden butterweich und endlich war ich in der Lage, es ihm gleich zu tun. Langsam, fast andächtig, winkte ich zurück und schenkte ihm mein schönstes Lächeln.

»Es war gut, dass ich den Kuchen nich gegessen habe.

Dass ich schon eher gegangen bin.

Sonst hätte ich Sasuke heute nicht mehr gesehen.

Und er hätte mir nicht gewunken und mich angelächelt...«, dachte ich zufrieden, als mein Zug vor meinen Augen zum Stehen kam und mir die Sicht auf den hübschen Uchiha Sprößling nahm.

»Ein komischer Tag... Aber wenigstens endet er nicht schlecht.« Ein träumerisches Lächeln legte sich auf meine Lippen. Für die anderen Fahrgäste musste ich unfassbar dumm aussehen.

Enttäuschungen

Wenn es einem Menschen schlecht geht bzw. er sich schlecht fühlt, dann geht man zumeist davon aus, dass das an schlechten Umständen liegt. Gegebenheiten, die die Lebensqualität massiv beeinträchtigen und nicht selten unüberwindbar scheinen. Das Traurige ist allerdings, dass es auch einem Menschen, dem es, oberflächlich betrachtet, gut gehen muss, zumindest laut Gesellschaft, verdammt mies gehen konnte.

Ja, ich hatte ein Dach über dem Kopf.

Ja, ich hatte wenige Freunde, aber tolle.

Ja, ich hatte eine Familie, der ich wichtig war und die mich liebten.

Ja, ich war eigentlich ein ganz normales Mädchen, ohne körperliche oder geistige Beschwerden und konnte alles in allem mit Fug und Recht behaupten, dass ich glücklich sein müsste.

Und das war ich auch, oft, aber der dritte Tag des letzten Jahres der Mittelschule, sollte der Anfang von meinem „Ende“ sein. Etwas melodramatisch, ja, aber das mulmige Gefühl, welches sich vom Vortag durch die Nacht hindurch beständig in meinem Bauch eingenistet hatte, wurde nicht wirklich beruhigt, als ich die Vorhänge meines Fensters mit Schwung beiseite zog – nur um zu sehen, dass es wie aus Eimern regnete.

Seltsam verstimmt, ohne zu wissen, woher mein Unmut überhaupt kam, schlurfte ich also ins Bad und duschte – statt, wie sonst, zu baden. Katzenwäsche wäre das richtige Wort dafür gewesen und im Nachhinein ärgerte ich mich über mein eigenes Verhalten, denn nichts liebte ich mehr, als ein schönes, heißes Bad am Morgen. Immerhin war dies ja auch der Grund, weshalb ich stets um so vieles früher aufstand, als ich eigentlich müsste.

Selbst der köstliche Geruch von frischem Reis und gekochten Gemüse aus der Küche konnte mich nicht so recht glücklich stimmen und meiner Mutter fiel dies natürlich prompt auf. Sie kannte mich und meine sonst so strahlende Art und blickte mich dementsprechend besorgt an, als ich mich mit einem gemurmelten »Morgen« auf meinen Platz sinken ließ und halbherzig nach meinen Schüsseln griff.

»Guten Morgen, Liebling«, beschloss sie also, meine schlechte Stimmung zu ignorieren und so zu tun, als würde sie keine Veränderung an mir bemerken. Ich antwortete ihr nicht und tat mir wesentlich weniger auf, als gewöhnlich, was meine Eltern dazu veranlasste, beide verwirrt die Stirn zu runzeln. Allein die Tatsache, dass mein Vater von seiner sonst so fesselnden Morgenpost losgelöst worden war, sprach für sich, doch mir fiel das gar nicht wirklich auf.

Ich wuschelte durch mein noch feuchtes Haar und nahm einige Bissen von meinem sonst so geliebten Frühstück, ohne es wirklich zu schmecken. Als ich nach oben schaute, bemerkte ich, wie die beiden sich eilig etwas anderem zuwandten, tat das Ganze aber mit einem Schulterzucken ab.

»Ich krieg' heute meine ersten Noten«, verkündete ich nach einer weiteren, kleinen Weile, in der ich kaum Etwas gegessen, sondern viel mehr mit meinen Haaren herumgespielt hatte. Wie auf Kommando schauten die beiden wieder auf, meine Mutter wieder lächelnd, mein Vater immer noch ein wenig skeptisch.

»Du bist sowieso wieder die Beste, ganz bestimmt. Gab es jemals schon ein Jahr, in dem du nicht die Beste war?« Der Blick meines Vaters driftete zur Seite ab, als würde er wirklich ernsthaft überlegen, ob ich einmal nicht ganz oben auf der Liste gestanden hatte, doch irgendetwas an seinem Kommentar störte mich. Wie aber so ziemlich jede Emotion seit gestern Nachmittag, konnte ich auch diese nicht benennen und ließ die Schultern hängen.

»Danke für's Frühstück«, bedankte ich mich, stand auf und räumte meinen Unrat zur Seite, ehe ich meine Schultasche aus meinem Zimmer holte und ohne ein Wort des Abschieds das Haus verließ. Meine Haare waren immer noch feucht, ich war viel zu früh, um Hinata abzuholen, aber zu Hause hielt ich es aus irgendeinem Grund nicht mehr aus.

Mit dem durchsichtigen Schirm in der Hand und der Tasche über der Schulter lief ich betont langsam durch die Straßen in Richtung des Viertels der deutlich Reicheren. Hinata lebte dort in einem Hochhauskomplex, welches nur aus schicken, vermutlich sündhaft teuren Appartements bestand. Eines davon nannte sie ihr eigen, ihre Eltern hatten es ihr gekauft und ich beneidete sie glühend für ihren reifen Lebensstil. Sie war trotz ihres Alters absolut selbstständig und mit der Unterstützung ihrer Familie gab es nichts, worüber sie sich beklagen hätte können. Naja, fast. Wenn da nicht ihre Panikattacken und ihre schüchterne Art waren, die es ihr nicht allzu selten verweigerte, mit anderen Menschen in richtigen Kontakt zu treten.
 

Ich lauschte dem Prasseln des Regens auf dem Schirmdach über mir und betrachtete die kleinen Tröpfchen dabei, wie sie langsam am Rand hinab glitten, um schlussendlich vom Schirm abzuperlen.

Aber ganz egal, wie lange ich mir auch Zeit ließ, letztenendes stand ich trotzdem viel zu früh vor Hinatas Haustür und klopfte zaghaft, in der Hoffnung, sie nicht aus etwas Wichtigem heraus zu reißen.

Wenige Augenblicke später ging die Tür auch schon auf und eine gut gelaunte Hinata strahlte mir entgegen – sie liebte Regentage, ganz im Gegensatz zu mir.

»Guten Morgen«, grüßte ich sie und lächelte zum ersten Mal an diesem Morgen ein richtiges Lächeln, »Ich bin früh, ich weiß, ich hoffe ich störe nicht«, entschuldigte ich mich auch postwendend, doch sie winkte ab und trat zur Seite, um mir zu bedeuten, dass ich ruhig eintreten konnte.

Um nicht unhöflich zu sein zog ich mir die Schuhe aus und stellte den Schirm in die für ihn vorgesehene Vorrichtung, ehe ich den Flur zu ihrer Wohnung betrat und mich – wie beinahe immer – mit großen Augen umsah. Die Wohnung hatte Hinata zusammen mit ihren Eltern eingerichtet und ich war zugegebenermaßen ziemlich verblüfft gewesen, als sie mir versichert hatte, dass das Meiste von ihren Ideen entsprungen war, als ich den guten Geschmack ihrer Eltern gelobt hatte.

Die schüchterne Art des Mädchens bildete einen herrlichen Einklang mit der Einrichtung ihrer Wohnung, war diese doch in sanften Pastelltönen gehalten, mit Möbeln, die ich nur als „süß“ bezeichnen konnte, doch nichts davon übertrieben oder kindisch.

»Alles gut, Sakura-chan«, beruhigte sie mich und wuselte in die Küche, »möchtest du noch einen Tee? Ich hab noch ein wenig heißes Wasser und Zeit haben wir auch noch«, rief sie aus der Küche, was ich ihr mit einem »Gern«, antwortete.

Das Plätschern des Wassers in den Tassen war für kurze Zeit das Einzige, was man in der Wohnung hörte, zusammen mit dem kontinuierlichen Ticken der Uhr, welche über der Wohnungstür hing.

»Und, freust du dich schon auf den ersten richtigen Schultag?«, erkundigte sie sich, als sie mit zwei dampfenden Tassen zurück ins Wohnzimmer tapste, »Ach, setz dich doch«, fügte sie hinzu, als sie bemerkte, dass ich immer noch wie angewachsen auf der gleichen Stelle stand.

»Ich weiß nicht, in deiner Wohnung fühl' ich mich immer, als wäre jeder Schritt zu viel. So sauber und ordentlich... Meine Eltern würden dafür töten, dass ich so ordentlich wäre«, meinte ich scherzhaft, ließ mich aber auf einen der bequemen Sessel fallen und nahm den herrlich duftenden Tee entgegen. Hinata war ein wahres Goldstück, sie hatte für mich stets eine versiegelte Packung Kirschtee im Haus.

»Danke, du bist ein Schatz«, lachte ich und fühlte mich zum ersten Mal seit fast vierundzwanzig Stunden wieder gut. Die trübe Stimmung war vergessen und so unterhielten wir uns ein wenig über die Tests und mutmaßten, welche Noten wir wohl erhalten würden. Insgeheim hoffte ich natürlich immer noch, das beste Mädchen zu sein und Sasuke der beste Junge. Ich wollte unbedingt Klassensprecherin mit ihm sein, unbedingt!

»Also, wollen wir?«, fragte ich, nachdem wir unsere Tassen in dem winzigen Geschirrspüler gestellt hatten. Hinata nickte nur, schnappte sich ihre Wohnungsschlüssel und schloss geflissentlich hinter uns zu.
 

Der Weg zur Schule verging wie immer schnell, die Bahn war verstopft und von Lärm erfüllt, welcher fast schon Raum einnehmen zu schien. Ich war wie immer froh, als die zehn Minuten Horrorfahrt vorbei war, überzeugt davon, wieder ein paar blaue Flecken mehr bekommen zu haben.

»Ich würde sagen, dass wir heute endlich mal versuchen werden, Naruto dazu zu überreden, mit dir zu pauken, was meinst du?«, fragte ich irgendwann unverblümt und hatte für einen kurzen Moment das Gefühl, Hinata damit buchstäblich von den Sohlen geworfen zu haben. Sie schnappte nach Luft und hielt abrupt inne, sodass ich leise in mich hinein kichern musste. Manchmal war sie wirklich wie ein offenes Buch zu lesen – okay, wenn es um Naruto ging eigentlich immer.

»Wie kommst du ü-überhaupt darauf, dass er durch-«, doch sie hielt bei meinem doch sehr aussagekräftigen Blick inne und wippte mit dem Kopf hin und her, »Okay«, gab sie gedehnt nach und schüttelte den Kopf. So sehr sie in den blonden Vollidioten auch vernarrt war, sie konnte kaum leugnen, dass er nicht das hellste Licht am Abendhimmel war, wenn es um schulische Leistungen ging.
 

Wir ließen das Schultor hinter uns und das angespannte Gefühl in meinem Magen wurde immer ausgeprägter. Es fühlte sich beinahe wie Übelkeit an, was mich nicht wirklich optimistisch stimmte. Irgendetwas in mir wusste, dass gleich etwas verdammt Schlechtes passieren würde, nur konnte ich nicht ahnen, was.
 

In den überfüllten Hallen wurden wir von Naruto angestürmt, der Hinata in eine heftige, sie knallrot färbende Umarmung zog, was mich verwundert, aber auch erfreut aufblicken ließ.

»Glückwunsch!«, jubelte er und strahlte ein Lächeln bis über beide Backen, »Du hast Sakura vom Thron geworfen, ich kann's nicht glauben, echt jetzt!« Er tanzte albern vor uns umher, die Hände beide in die Luft gerissen, angesichts der ganzen Blicke und des Kicherns komplett desinteressiert und während Hinata versuchte, das soeben Erlebte zu prozessieren, sank mir das Herz in die Hose – Ganz tief in die Hose. Ohne weiter auf die beiden zu achten, stürmte ich zum schwarzen Brett und drängte mich an meinen empörten, fluchenden Mitschülern vorbei nach ganz vorne, sodass ich sehen konnte, was Naruto meinte: Hinata war besser als ich gewesen in den Feststellungsprüfungen. Knapp, ja, aber besser. Sasuke rangierte auf Platz eins mit unglaublichen hundert von hundert möglichen Punkte und Hinata auf Platz zwei mit zwei Punkten weniger. Mir wurde schlecht und obwohl ich mit 96 Punkten ganz und gar nicht schlecht war, sondern mit einer handvoll Schülern „Drittbeste“, spürte ich, wie mir die Wärme aus dem Körper wich und meine Beine zu Wackelpudding wurden. Ich kam mir wie in einem schlechten Film vor, denn um mich herum wurde es buchstäblich still, mucksmäuschenstill. So still, dass ich das Blut in meinen Ohren rauschen hörte, während mein Kopf sich komplett leerte.

»Zu schlecht«, war alles, was immer und immer wieder auftauchte, immer größer und bedrohlicher werdend, ehe es alles war, an was ich denken konnte. Ich würde keine Klassensprecherin sein mit Sasuke, sondern Hinata. Meine Fassungslosigkeit angesichts meines „Versagens“ verwandelte sich in Eifersucht, welche wie Gift durch meine Adern kroch und meinen Kopf rot werden ließ, doch schon im nächsten Moment ekelte ich mich vor mir selbst.

Ich hörte, wie Hinata von weiter hinten meinen Namen rief, doch ich reagierte nicht darauf, sondern umklammerte den Griff meiner Schultasche, senkte den Kopf und rannte auf die nächstbeste Toilette.
 

Als die Tür hinter mir schwer ins Schloss fiel, wurde es wieder still, der Lärm der anderen hinter ihr ausgesperrt, sodass ich ganz alleine in der kleinen Mädchentoilette stand und mich in aller Seelenruhe selbst bemitleiden konnte. Ich blickte mich um, ob eine der Kabinen besetzt war und schloss mich in die Äußerste ein, als ich merkte, dass niemand anwesend war. Mit gespreizten Fingern klappte ich den Deckel zu und ließ mich auf jenen sinken, das Gesicht in meine Hände gestützt.

Es dauerte keine zehn Sekunden, bis ich die Entscheidung, mich hier einzusperren, bereute, denn die Stille gab mir mehr als genügend Freiraum, um meine Gedanken schweifen zu lassen und genau das war das, was ich gerade am Wenigsten wollte.

Ich war völlig hin- und hergerissen zwischen Freude für Hinata, weil sie so gut abgeschlossen hatte und – natürlich! - meine Freundin war, andererseits war ich total neidisch, gar eifersüchtig auf sie, weil sie nun den Platz hatte, den ich haben wollte: Mit Sasuke Klassensprecher sein. Auch wenn ich – wieder natürlich – wusste, dass sie das absolut nicht reizte, eher anders herum: sie wollte nicht im Mittelpunkt stehen.

Doch Vernunft und Logik wollten und wollten nicht greifen bei mir und so igelte ich mich immer mehr auf dem kalten Toilettensitz ein und wartete darauf, dass der erste Gong den Start der Schule durch die Hallen und Flure verkündete.

Ich hatte keine Lust, Jiraiya-sensei dabei zu zuhören, wie er die beiden in ihre Rechte und Pflichten einwies und noch weniger war ich im Stande, dabei ein lächelndes, mich für Hinata freuendes Gesicht aufzusetzen.
 

Zehn Minuten nachdem es zum Unterricht geläutet hatte fasste ich den Entschluss, vorerst zu schwänzen, war ich doch einfach viel zu übellaunig. Ich würde mir schon eine fadenscheinige Ausrede für Naruto und Hinata einfallen lassen und auch Jiraiya-sensei würde ich schon irgendwie bequatschen können.

Doch meine Stimmung war zu schlecht und meine Gedanken könnten von Unterrichtsthemen nicht weiter entfernt sein.

So erhob ich mich also aus meiner ungemütlichen, verkrampften Haltung und musste mich erst einmal strecken, denn meine Beine waren in den vergangenen Minuten eingeschlafen und kribbelten nun heiß. Missmutig griff ich nach meiner Tasche und schlich mich aus dem Mädchenklo und schlussendlich auch aus dem Schulgebäude.

Kurz vor dem Ausgang bekam ich jedoch fast einen kleinen Herzfehler, denn einer der Hausmeister hätte mich beinahe entdeckt. Ich musste erst meinen Atem wieder unter Kontrolle bringen, ehe ich vorsichtig hinter dem Gebüsch, hinter welchem ich versteckt hatte, hervor krabbelte.

Ich wusste nicht recht, was ich jetzt mit mir anfangen sollte, denn nach Hause konnte ich kaum gehen, denn meine Eltern waren bestimmt noch Zuhause und Schule war – wie bereits analysiert – auch keine gescheite Idee. So ließ ich meine Beine einfach einen Weg suchen und finden, sodass ich mich auf andere Dinge konzentrieren konnte, wie zum Beispiel die Ausrede, welche ich nun brauchen würde. Ich hatte noch nie geschwänzt und rechnete deswegen nicht mit Misstrauen, dennoch wollte meine Lüge gut gewählt und vor allem gut formuliert sein.

Nach einer Weile musste ich feststellen, dass ich zur nächstgelegenen Bahnhaltestelle gelaufen war, weswegen ich kurzerhand beschloss, noch einmal das Café von gestern zu besuchen. Es sollte früh morgens schon offen haben, wie fast alle Geschäfte in Osaka und wer weiß, vielleicht sah ich die sympathische Karin noch einmal und konnte mit ihr ein paar ablenkende Wort wechseln.
 

Die Fahrt war deutlich angenehmer als jene zur Schule, da die meisten schon auf ihrer Arbeit bzw. in der Schule waren. So kam es, dass ich meinen Blick über die vorbeiziehenden Häuser schweifen lassen konnte, währen das konstante Ruckeln mich in einen gleichmäßigen Denkrhythmus verfallen ließ, was mich zumindest ein wenig beruhigte, wenngleich das flaue Gefühl noch immer nicht weg war.

Der Regen hatte mittlerweile aufgehört und wenngleich der Himmel immer noch grau-trüb war, war es nicht kalt und ich fröstelte nur bei stärkeren Windböen.

Mit dem Schirm und der Tasche unter den Arm geklemmt schlenderte ich durch die Straßen und kam nicht umhin, mich wie eine Aussätzige zu fühlen. Als würden die Blicke sämtlicher Erwachsenen auf mir liegen, einem jungen Mädchen mit Schulklamotten, zu einer Uhrzeit, zu welcher es offenkundig in die Schule gehen sollte.

Bevor ich mich jedoch weiter unwohl fühlen konnte, fühlte ich, wie mein Handy in meiner kleinen Rocktasche vibrierte und zog es betont langsam hervor. Es war Naruto gewesen – natürlich, Hinata würde es nie wagen, während des Unterrichts das Handy heraus zu holen.

»Ey, Sakura, wo bist du«, hatte er geschrieben und da ich keine großartige Diskussion losbrechen wollte, schrieb ich nur »Alles okay, mir ist auf einmal schwindelig geworden« und fügte mit fliegenden Fingern noch »Ich fahr nach Hause« hinzu, damit die beiden auch ja nicht auf die Idee kamen dort anzurufen. Ich wollte wirklich keinen Ärger mit meinen Eltern, nur weil ich einmal so von den Socken gerissen war, dass ich mich nicht dazu imstande fühlte, in die Schule zu gehen. Ich bat innerlich inständig, dass Hinata mich geistesgegenwärtig gleich als krank angegeben hatte, sodass auch die Schule nicht Zuhause anrief.

»Ok :o Gute Besserung, ich hoffe, wir sehen uns morgen wieder«, antwortete er und somit war dieses Thema auch gegessen. Das schlechte Gewissen war immer noch da, doch ich brauchte den Tag für mich, um diese Enttäuschung entsprechend verdauen zu können. Natürlich war das kindisch und vor allem egoistisch, aber nachdem der gestrige Tag auch schon nicht so rosig gewesen war, fühlte ich mich irgendwie nicht im Stande, erwachsen und logisch zu agieren.
 

Mittlerweile war ich in dem Café, in welchem wir Karin kennengelernt hatten, angekommen und nach einem flüchtigen Blick durch das vordere Fenster bemerkte ich, dass sie auch heute wieder da war. Und kaum Gäste.

Etwas besser gelaunt trat ich durch die Türe, das Klingeln in den Ohren und auf eine Karin schauend, welche interessiert ihren Blick hob.

Als sie mich sah, erhellte ihre Miene und fast wie automatisch wurde auch meine Stimmung ein wenig leichter. Meine Schritte zum Tresen fühlten sich nicht mehr so schwer an, wie von der Bahn hierher.

»Guten Morgen, Sakura, nicht wahr?«, fragte sie vorsichtig nach und hob die Augenbrauen. Ich musste lachen.

»Ja, genau, guten Morgen, Karin«, lächelte ich, doch musste ich feststellen, dass ihre Miene sich sichtlich verfinsterte. Sie musterte mich und – natürlich – fiel auch ihr auf, dass ich Schulkleidung trug.

»Solltest du nicht in der Schule sein?«, hakte sie kritisch nach, ohne dabei vorwurfsvoll zu klingen.

»Sollte, ja, aber ich konnte heute irgendwie einfach nicht...«, schloss ich lahm und ließ mich von ihr zu einem der unzähligen, freien Tische geleiten.

»Okay?« Sie schien sichtlich verwirrt, doch sie bohrte nicht weiter nach, was ich ihr insgeheim hoch anrechnete. »Was darf ich dir denn bringen, heute?«

»Ich nehm' nochmal den Hollunder-Kirsch Tee, der war großartig«, bat ich und war mit den Fingern bereits auf der Suche nach etwas, an dem ich herumfrimeln konnte.

»Ey, dich kenn' ich doch«, erklang plötzlich eine mir durchaus bekannte Stimme – sie war aber auch wirklich genauso signifikant wie Narutos und – natürlich – rollte Karin wieder mit den Augen. Suigetsu tauchte durch eine Tür auf, hinter jener ich die Toiletten vermutete und kam schnurstracks auf uns beide zu. Für einen Moment fragte ich mich, ob er nichts zu tun hatte, weil er schon wieder hier war oder ob er Karin wirklich gerne ärgerte – oder beides.

»Sorry, dass ich dir das nicht ersparen kann«, wisperte sie zu mir, ehe sie sich dem weißhaarigen, jungen Mann zu wandte und die Arme vor der Brust verschränkte.

»Musst du nicht arbeiten oder so?«, fragte sie entnervt und klang dabei so gar nicht neugierig, sondern eher, als wollte sie ihn unbedingt loswerden. Suigetsu jedoch machte keinerlei Anstalten in diese Richtung, sondern setzte sich mir gegenüber an den Tisch und begrüßte mich mit erhobener Hand, was ich schüchtern erwiderte.

»Warst du nicht gestern schon hier?«, erkundigte er sich bei mir und ignorierte Karin komplett, was ihren Kopf rot anlaufen ließ, was ihr einen zugegebenermaßen gruseligen Ausdruck verlieh, zusammen mit ihrem weinroten Haar. Wenn Blicke töten könnten... »Ich nehm' das Übliche, nochmal, Karin«, sprach er, ohne sie dabei anzuschauen und aus den Augenwinkeln sah ich, wie sie genervt stöhnen abzog, um unsere Bestellungen zu bearbeiten.

»Ähm... ja, hallo«, entgegnete ich, noch immer nicht sicher, wo genau ich eigentlich hinschauen sollte.

»Keine Schule heute?«, fragte er die gleiche Frage, wie Karin, doch er gewährte mir gar keine Zeit, reagieren zu können. »Hin und wieder muss man sich mal einen Tag Freizeit gönnen, nicht wahr?« Er zwinkerte mir frech grinsend zu, wodurch seine Ähnlichkeit zu Naruto nur noch deutlicher wurde. Die logische Konsequenz war, dass ich ihn irgendwie mögen musste und, ohne es zu bemerken, schlich sich ein kleines Lächeln auf meine Lippen.

»Wohl wahr«, seufzte ich ergeben und stützte das Kinn auf meine Hände.

»Darf ich fragen, wieso?«, bohrte er nach und bewies damit weniger Taktgefühl als Karin, was mich jedoch nicht sonderlich überraschte.

»Nicht mein Tag heute«, nuschelte ich ausweichend.

»Warum?« Gott, war er ein kleines Kind? Allerdings musste ich daran denken, dass er Narutos verlorener Bruder war und so erübrigte sich diese Frage sich komplett. Er sah allerdings nicht aus, als wollte er mich nerven, sondern so, als wäre er tatsächlich interessiert an einer aufrichtigen Antwort. Ich wusste jedoch nicht, wie ich darauf reagieren sollte. Sollte ich ihm die Wahrheit sagen? Oder mir fix eine Geschichte ausdenken? Ich ließ meine Fingernägel auf die Tischplatte trommeln, um etwas Zeit zu schinden, allerdings kam ich zu dem Entschluss, dass Schule schwänzen meine „Akte“ schon genug befleckte, ich musste nicht auch noch das Lügen anfangen. Außerdem war er ein Fremder, was sollte schon passieren? Ja, was...

»Gestern waren Feststellungstests und ich wollte mit meinem... naja... Schwarm Klassensprecherin sein, aber meine beste Freundin war zwei Punkte besser als ich...«, erklärte ich dann also kurzerhand und nahm den dampfenden Tee von der soeben wieder aufgetauchten Karin entgegen. Sie schien gehört zu haben, was ich gesagt hatte, denn ihre Augenbrauen verschwanden unter ihrem Pony, so hoch zog sie ihre Augenbrauen.

»Und deswegen schwänzt du die Schule?«, polterte sie vorwurfsvoll und ich wusste, sie hatte Recht, weswegen ich schon dazu ansetzte, mich und meine Position zu rechtfertigen, doch Suigetsu kam mir erstaunlicherweise zur Hilfe.

»Warst du nie verliebt, Karin? Ich meine, wie ist es für dich, dass ich dich immer noch nicht nach einem Date gefragt habe?«, fragte er gespielt ernst. Ich sah, dass sie kurz davor war, ihm die Ohren buchstäblich lang zu ziehen, doch scheinbar schien sie über eine ziemlich gute Selbstbeherrschung zu verfügen.

»Schon klar, du Idiot. Ich verstehe, dass du da enttäuscht bist, aber deswegen die Schule schwänzen erscheint mir doch etwas überreagiert, Sakura.«, sprach sie an mich gewandt. Sie schien es selbst nicht zu merken, denn sie setzte sich zu Suigetsu auf die Bank und schob ihm seinen Kuchen und ein dampfendes Getränk entgegen. Offensichtlich war wirklich gar nichts los, wenn Karin sich einfach so zu uns setzen konnte.

»Ich weiß ja, dass das nicht clever war, irgendwie war es eine Kurzschlussreaktion«, versuchte ich, mich zu rechtfertigen und Karins halb mitleidiger, halb vorwurfsvoller Blick half mir so gar nicht. Meine Gegenüber seufzte schließlich und winkte mit der Hand ab, hoffentlich um mir zu signalisieren, dass keine weiteren Vorwürfe mehr kommen würden.

»Mach' so etwas nie wieder, okay? Sonst muss ich dir leider wirklich die Leviten lesen und das will ich nur ungern, das ist uncool.« Ihre Lippen kräuselten sich zu einem nicht ganz glücklichen Lächeln und mein Gefühl von gestern, dass Karin echt in Ordnung war, kräftigte sich weiter. Suigetsu indes blickte zwischen uns beiden hin und her wie bei einem Tennismatch und nippte an seinem Tee oder Kaffee oder was auch immer er sich geordert hatte.

»Okay«, versicherte ich ihr gedehnt, »Mum«, fügte ich frech grinsend hinzu, sodass Karin nur lächelnd und Kopf schüttelnd aufstand und sich wieder den anderen, wenigen Gästen zuwandte.

Der Tee wärmte mein Innerstes und auch die Anwesenheit der beiden hatte ihren Beitrag zur Besserung meiner Stimmung geleistet, was mich den Entschluss fassen ließ, nach dem Besuch im Café nach Hause zu gehen. Meine Eltern waren mittlerweile sowieso auf ihrer Arbeit, weswegen ich nichts Schlimmeres zu befürchten hatte. Ich würde den Schrank mit dem Süßkram plündern, mich vor den Fernseher krümeln und den freien Tag genießen und Energie für die kommenden Wochen sammeln.

»Du siehst aus, als ginge es dir wieder besser«, bemerkte Suigetsu süffisant grinsend und ich nickte bestätigend, während ich weiter kräftige Schlucke von meinem Tee nahm.

»Ja, ein wenig Abstand von der Situation hat wirklich geholfen, auch wenn ich mich jetzt noch schlechter fühle«, gab ich zu und kratzte mir verlegen am Hinterkopf.

»Ach, wie gesagt, wir haben alle unsere Momente, ich verurteile da niemanden«, winkte er ab und warf einen Seitenblick auf Karin zu, was mich auch zu ihr schauen ließ. Sie unterhielt sich mit einem älteren Herren und lächelte herzlich. Als ich zurück schaute, stellte ich fest, dass Suigetsu fast schon verträumt grinste, was mich kichern ließ. Aha, da weht also der Wind her. Er mochte es nicht nur, Karin zu ärgern, er mochte Karin. Damit war meine trübe Laune endgültig weggeblasen.

»Waff?«, fragte er mich mit vollem Mund und jetzt konnte ich ein befreiendes Lachen wirklich nicht mehr länger zurück halten.

»Nichts, alles gut«, beruhigte ich ihn und stützte mein Kinn wieder auf meine rechte Handfläche, während ich mit der anderen Hand den Löffel in meiner Tasse umrührte.
 

Die restliche Zeit meines Aufenthaltes verbrachte ich mit Suigetsu, hauptsächlich lachend und wir redeten buchstäblich über Gott und die Welt. Es stellte sich also heraus, dass das der weißhaarige Mann mehr Tiefe hat und geistige Reife, als man es ihm auf dem ersten, Karin-ärgernden Blick zutrauen würde.

Am Ende bezahlte ich meine Rechnung, gab Karin ein ordentliches Trinkgeld – für meine ärmlichen Schülerverhältnisse – und machte mich auf den Weg nach Hause. Dem Himmel war meine aufgeheiterte Stimmung ziemlich egal, denn noch immer war er wolkenverhangen und grau, die Winde waren stärker geworden und so wollte ich nichts sehnlicher, als nach Hause kommen.
 

Ich fröstelte tatsächlich ein wenig, als ich die Haustüre hinter mir ins Schloss fallen ließ und die Schuhe von den Füßen streifte. Bevor ich in die Küche tapste, zog ich mir noch das Jacket aus, hing es auf und stellte den Regenschirm zurück in die Vorrichtung.

Die Zeit mit Karin und Suigetsu hat mich so munter gestimmt, dass ich tatsächlich ein wenig summte, als ich mich auf den Weg machte, um den Süßkram plündern zu gehen.

In der Küche angekommen, sah ich einen kleinen Zettel auf dem Tisch legen, was öfters einmal vorkam, wenn meine Eltern beim Frühstück etwas vergaßen. Mit leicht kühlen Fingern fischte ich danach und überflog den Text, welcher in der schnörkeligen Handschrift meiner Mutter verfasst wordn war.
 

Hey Liebling,

die Uzumakis haben uns zum Dinner eingeladen.

Im Kühlschrank stehen noch Reste von gestern!

Stell' keinen Blödsinn an und bis später

- Mama & Papa
 

Meine gute Laune sank wieder in den Keller. Normalerweise feierten wir die Ergebnisse meiner ersten Tests im Jahr immer mit einem leckeren Abendessen, entweder außerhalb oder als Familie selbst gekocht, aber heute würde das wohl für mich ausfallen. Lieblos warf ich den Zettel zurück auf den Tisch und verschwand aus der Küche. Die Lust auf Süßkram und Fernsehen war mir vergangen, deswegen schlurfte in mein Zimmer, wo ich die Tasche in die Ecke pfefferte und mich aufs Bett fallen ließ.

Man, heute war echt ein beschissener Tag.



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Kommentare zu dieser Fanfic (24)
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Von:  Goetterspeise
2018-01-17T07:59:12+00:00 17.01.2018 08:59
Oh man.
Ich kann Sakura ja durchaus verstehen, dass sie das total deprimiert hat. Wem ging es nicht schon mal so in seiner Schulzeit, wenn Freunde besser waren? Kein gute Eigenschaft, aber menschlich. Vor allem, weil Sakura durchaus noch ein paar mehr Hintergedanken hatte, als nur die beste zu sein. Allerdings bin ich Karins Meinung. Auf den ersten Blick ist das eine komplette Überreaktion. Bin ja gespannt, wie das weitergehen wird und ob Sakura einfach allgemein recht sensibel ist. So klingt nämlich der Anfang des Kapitels schon. Und auch da kann ich sie total verstehen. Manchmal kommt es einfach von einem selbst, egal wie gut oder schlecht das Umfeld ist.
Cool finde ich übrigens, dass Hinata hier so gut in der Schule ist. Muss nämlich zugeben, dass irgendwie kaum jemand daran denkt, obwohl sie im Manga zb sogar ganz alleine alle Aufgaben im ersten Test der Chunninprüfung ausgefüllt. Und ich finde es lustig, dass wir schon wieder eine ähnliche idee haben. XD Bei mir in einem völlig anderen Zusammenhang, aber dass Hinata zu den besten gehört, wird auch noch thematisiert.
Ich mag Karin übrigens nach wie vor immer noch total gerne und sie wirkt langsam wie eine ältere Schwester für Sakura auf mich. Bin echt gespannt, welche Rolle du ihr zugedacht hast (meistens wird sie ja nur als Rivalin und Bitch wegen Sasuke hergenommen). Und die SuixKarin Anspielungen nehmen zu und zu :D

Das Ende fand ich jetzt etwas schnell. Ist Sakura traurig, weil ihre Eltern nicht mit ihr Abendessen? Kam für mich nicht ganz raus, was aber auch daran liegen kann, dass ich noch nicht ganz wach bin. X'D Kam heute morgen richtig, richtig schlecht aus dem Bett.
Oder macht sie sich Sorgen, dass sie Naruto über den Weg laufen und er sie auffliegen lässt, weil er ja nichts davon weiß?

Bin auf jeden Fall schon total gespannt, wie es weiter geht *-*


Von:  Goetterspeise
2017-09-07T08:37:39+00:00 07.09.2017 10:37
Ja, ich schäme mich.
Und wieso: weil ich nur deshalb gerafft habe, dass ich das neuste Kapitel noch nicht gelesen und kommentiert habe, weil du mir einen Kommentar hinterlassen hast.
Es tut mir so sehr leid! Ich bin eine schreckliche Person ;_; (gut, damit hätte ich jetzt dafür gesorgt, dass du mir widersprechen wirst :D)

Das Kapitel beginnt ruhig und schultypisch und sehr japanisch. Also ich gehe davon aus, weil unsere Klassensprecherwahlen waren immer Beliebtheitswahlen und wer geil drauf war den Titel zu tragen, obwohl es nichts zu tun gibt XD (was in Japan ja anders ist, soweit ich weiß). Fande das sehr interessant und natürlich hoffe ich darauf dass es Sakura und Sasuke werden. Wobei natürlich Sakura und Hinata auch möglich wären oder wird vielleicht Shikamaru endlich mal seinen Hintern hochbekommen haben? Man weiß es nicht, man weiß es nicht. Persönlich am lustigsten fände ich ja Hinata und Sasuke XD Und evtl. wird es am Ende jemand ganz anderer.
Inos Rolle ist nach wie vor sehr geheimnisvoll und ich bin nach wie vor sehr gespannt darauf. Ich hoffe natürlich, dass sie nicht diejenige war, die Sakura in der Vergangenheit (denke mal, das will der Tagtraum uns sagen) so aufgezogen hat, sie kann ihr ja auch zur Hilfe gekommen sein. Aber ich muss mich da mal überraschen lassen und hoffe, dass sich zwischen den Beiden eine schöne Freundschaft entwickelt. Genau wie zwischen Sakura (und Hinata und Naruto) und Karin mit nervigem Anhang.
Finde es toll btw. unglaublich toll wie du Karin eingeführt hast und ich freue mich so sehr, dass sie nicht die typische Schul-Bitch ist (was per se nicht schlimm wäre, wenn man ihr in dieser Rolle man ein bisschen mehr Charaktertiefe zusprechen würde x.x). Auf jeden Fall gefiel mir die Café-Szene am Besten, weil sie wirklich lustig und an sich total schön war (Sakura und ihre Gedanken im weiteren Verlauf natürlich nicht :()
Aber das Ende mit Sasuke hat sie dann ja zum Glück wieder da raus geholt und ich fand es toll, dass er sie nicht einfach ignoriert hat :D Weil na ja ... wäre doof gewesen und so. Weißt schon. Und natürlich frage ich mich noch immer, wieso er sie bei den Tests so angestarrt hat - was Sakura sich ja auch fragt. Und ich denke mal wir werden darauf eine Antwort erhalten :3

Ein paar Flüchtigkeitsfehler sind drinnen, yo. Was halt so Standard ist und so, aber Flüchtigkeitsfehler sind keine Rechtschreibfehler und darum keine Kritik (habe ich gelernt :D), weil das Kapitel nämlich auch keine Kritik verdient hat. Es war wirklich super zu lesen, ich liebe deinen Schreibstil und ich hoffe, es geht bald weiter <3

Tüdelü du Olle :3
Von:  Inara
2017-06-15T21:42:46+00:00 15.06.2017 23:42
Ein schönes Kapi.
Ich finde es gut das Karin bei dir nicht so eine Zicke ist. Mich nervt die Antieinstellung ihr gegenüber.
Von:  Kleines-Engelschen
2017-05-25T09:08:04+00:00 25.05.2017 11:08
ein tolles kapitel. freue mich schon auf das nächste

greetz
Von:  xXSakuraHarunoXx
2017-05-23T08:33:37+00:00 23.05.2017 10:33
tolles kapitel freue mich auf die nächste.
Von:  Goetterspeise
2017-05-23T06:42:37+00:00 23.05.2017 08:42
Ich hatte schon sehr sehnsüchtig darauf gewartet <3
mehr folgt :3
Von:  Goetterspeise
2017-04-07T08:02:49+00:00 07.04.2017 10:02
Jetzt aber. :D

Im ersten Kapitel passiert ja jetzt nicht so viel. Ich finde es aber schön, dass Sakura nicht komplett alleine ist, sondern eben zumindest Naruto und Hinata hat und sich auch ehrlich gut mit ihnen versteht. :)
Allgemein gefällt mir sehr gut, wie du die wichtigsten Charaktere hier einbaust, also Andeutungen machst und Sasuke und Ino ein großes Fragezeichen aufdrückst. Das baut schön spannung auf, ohne, dass es irgendwie überhetzt wirkt, weil man möglichst schnell möglichst viel coole Szenen einbauen will. Das Kapitel strahlt eine angenehme Ruhe aus, ohne das sie das Lesen langweilig macht. Im Gegenteil ich bin nun sehr neugierig.

Drei Kleinigkeiten sind mir allerdings aufgefallen:
- Ich bin ein Laie in dem Thema, dachte aber irgendwie immer in Japan kann man nicht durchfallen. Oder ist das eher so ein: so gut wie nicht durchfallen? Dachte immer, das läuft dann über Sommerschulunterricht. Frage jetzt nicht wegen Sasuke, weil da kennt man die Umstände ja nicht, sondern weil du es zu Beginn allgemein angesprochen hattest.
- Wieso Mr. Uchiha? Es spielt in Japan und du schreibst auf deutsch, da wäre Herr Uchiha oder das entsprechende Suffix doch angebrachter oder?
- Wo ich nicht ganz durchsteige, also klär mich auf :3, ist, wieso Sakura das denkt:
Natürlich! Woher sollte Naruto denn auch wissen, dass Sasuke Wiederholer war? Die beiden kannten sich erst seit etwas mehr als zwei Stunden und, vorausgesetzt man war nicht so wahnsinnig wie ich, würde niemand das wissen.
Ich muss ja nicht auf Sasuke stehen um zu wissen, dass er in der Jahrgangsstufe über mir ist und eigentlich von der Schule hätte abgehen müssen. Oder verstehe ich das einfach falsch?

Dein Schreibstil war top, wie immer. :) ich glaube, irgendwo hast du einen Buchstaben vergessen, aber so ist mir nichts aufgefallen und ich freue mich schon sehr auf das nächste Kapitel, dass hoffentlich bald oder zumindest nicht erst im jahre 2019 kommt.

Bis denne du Olle und den GB-Eintrag kannste jetzt auch ignorieren <3
Von:  Teemo
2017-01-28T19:22:55+00:00 28.01.2017 20:22
Seltsamerweise wurde mir das Kapitel gar nicht angezeigt.. daher Verzeihung das ich so spaet kommentiere. uu"
Also das Kapitel war an sich ja jz nicht sonderlich spannend, da kaum etwas passierte. Dennoch bin ich wieder einmal erstaunt darueber, wie gezielt praezise du auch kleine Gegebenheiten zu einem unglaublichen Lesespaß machen kannst. x3
Die Charaktere sind alle super lieb und auch super getroffen. Da stimmte einfach alles. Irritiert war ich das Jiraiya diesmal Klaseenlehrer ist, aber ich bin da echt neugierig, warum.
Ein etwas seltsames Gefuehl habe ich bei Ino; da hast du an sich sehr wenig ueber sie geschrieben. Aber auch so viel, dass man den Eindruck gewinnt, dass sie noch große Auftritte bekommt. Die einzige Frage die sich mir stellt: warum ist Sasuke wieder da? Das hast du taktischerweise offen gelassen :'p
Nichtsdestotrotz: ein super Kapitel, wie immer. Ich freue mich auf das naechste! <3
-Kekse da lass und liebe Grueße-
Von:  Goetterspeise
2017-01-27T10:34:27+00:00 27.01.2017 11:34
Mir wurde das Kapitel gar nicht angezeigt;_; ich lese es bald :*
Von:  Inara
2017-01-23T23:16:20+00:00 24.01.2017 00:16
Ein gutes Kapi.
Die ersten hatten ihren Auftritt. Ich bin gespannt wer noch auftaucht und was mit Ino und Sasu ist.


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