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Die Rose von Ferelden

Die Geschichte der Heldin von Thedas
von

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Falsche Beschuldigungen

Ein dumpfer Schmerz in meinem linken Arm, der sich in meiner linken Handinnenfläche zu sammeln zu scheint, ist das erste, was ich bewusst wahrnehme, als ich zu mir komme. Verflucht, in letzter Zeit tut das dieses Mal häufiger. Langsam öffne ich meine Augen und blicke mich um: 4 Schwertspitzen sind auf mich gerichtet, die Wachen, die diese halten wirken alles andere als gut gelaunt. Okay... was beim Erbauer ist passiert, dass ich in dieser Miesere stecke und mich nicht dran erinnern kann? Und wo ist meine Begleitung hin? Sollte ich nicht beim Konklave sein? Als ich mir mit einem resigniertem Seufzen an die Stirn fassen will, bemerke ich die Fesseln an meinen Handgelenken. Ja, warum sollte es auch einfach sein?
 

Die Tür zu dem Kerker fliegt donnernd gegen eine Wand und eine Frau mit kurzem, dunkelblauem Haar steht vor mir. Finster starrt sie mich an. „Was habt Ihr gemacht? Ihr seit Schuld an ihrem Tod!“, wirft die Fremde mir an den Kopf. Fassungslos sehe ich sie an. Ich bin Schuld an wessen Tod? Ich bin mir sehr sicher, dass ich niemanden einfach so umgebracht habe. „Und was ist das auf Eurer Hand? Los, erklärt Euch!“, verlangt sie. Sie nimmt mir die Worte aus dem Mund, genau das wollte ich sie auch gerade fragen. „Ich wünschte, ich könnte Eure Fragen beantworten, jedoch kann ich es nicht. Ich bin hier um dem Konklave beizuwohnen. Was dieses Mal auf meiner Hand ist oder woher es stammt weiß ich leider nicht“, ruhig antworte ich ihr. „Ihr lügt!“, ungehalten zerrt sie an meinen langen Haaren, sodass ich ihr ins Gesicht sehen muss. Wut, Trauer und Schuld spiegeln sich in ihren Augen wieder. Diese Emotionen vernebeln ihr Auffassungsvermögen, sonst würde sie wohl kaum bei dem Verhör einer Gefangen so emotional reagieren. „Cassandra, was tut Ihr da? Seit Ihr des Wahnsinns!“, schnelle Schritte erklingen auf dem Gang und eine mir vertraute Stimme versucht die Frau vor mir zur Ordnung zu rufen.
 

Im nächsten Moment wird diese auch schon von mir weggezogen. Die Frau, welche dies tat, stellt sich unvermittelt schützend vor mich und hält die andere davon ab, wieder auf mich loszugehen. „Leliana, was soll das? Warum mischt Ihr Euch ein?“, will Cassandra nun wissen. „Mit Verlaub, Sucherin, aber so könnt Ihr nicht mit ihr umgehen!“, erwidert die Angesprochene. Jetzt weiß ich, warum mir ihre Stimme so bekannt ist. Es ist Leliana. Ich habe sie seit damals nicht mehr gesehen. Aber das spielt jetzt keine Rolle. „Ich kann mit einer Gefangenen umgehen wie ich will“, rechtfertigt die Blauhaarige ihren Standpunkt. „Bei den meisten Gefangenen würde ich euch zustimmen, aber ich kann nicht zulassen, dass ihr derart mit dieser Gefangenen umgeht, wobei uns allein dieser Umstand Eures übereilten Handelns Kopf und Kragen kosten kann, mal davon abgesehen, dass ich mir sehr sicher bin, dass diese Dame die letzte in ganz Thedas ist, die die Göttliche Justina ermorden würde“, Leliana startet einen recht verzweifelten Beruhigungsversuch. „Und warum wollt ausgerechnet IHR das so genau wissen?“, lauernd erklingt Cassandras Stimme.

„Welchen Grund hätte die PRINZESSIN von Ferelden denn bitteschön die Göttliche zu ermorden!?“, schreit Leliana jetzt wütend. Danach sinken sofort die Schwerter und die Männer starren mich panisch an, ebenso wie Cassandra. „Was.. Ihr... Ihr seit... oh der Erbauer stehe uns bei...“, stottert eben jene. „Habt Ihr jetzt erkannt, welch törichte Tat er begangen habt, Sucherin? Wir können uns glücklich schätzen, wenn seine Majestät keine Maßnahmen gegen uns ergreift, weil wir seine Schwester des Todes an der Göttlichen bezichtigen“, flucht Leliana leise, ehe sie sich zu mir umdreht und meine Fesseln öffnet. „Ich bitte vielmals um Entschuldigung, Mylady Theirin, es lag nicht in unserer Absicht, Euch derartig zu behandeln“, sie verbeugt sich tief vor mir. „Die Göttliche Justina teilte uns mit, dass Ihr ebenfalls wegen des unerklärlichen Males an Eurer Hand am Konklave teilnehmen würdet. Bitte verzeiht dieses... unangebrachte Vorgehen.“ Langsam wird es mir zu viel. Die Männer sind auch schon längst auf die Knie gefallen und selbst diese Cassandra hält den Kopf demütig gesenkt. Beim Erbauer, genau das kann ich auf den Tod nicht ausstehen. Nachdem ich mich erhoben habe, lege ich bestimmt meine Hände auf Lelianas Schultern und richte sie auf: „Leliana, auch wenn ich mich sehr freue, Euch nach all der Zeit wiederzusehen, bin ich mir sicher, dass mein Bruder keinerlei Maßnahmen ergreifen wird. Es handelt sich um ein Missverständnis, nichts weiter, dass kann jedem Mal passieren. Ferner wisst Ihr doch genau, dass ich es nicht leiden kann, von Freunden wie jemand unglaublich wichtiges behandelt zu werden.“ Dabei lächle ich sie leicht an. Sie erwidert es: „Ich weiß, aber Ihr seit jemand unglaublich wichtiges für ganz Ferelden und so wie es scheint für ganz Thedas.“ Doch dann schließt sie mich in die Arme: „Ich bin so froh, dass es dir gut geht, Leyla.“ Angst und Erleichterung sprechen aus ihrer Stimme. Noch immer starrt alles panisch zu mir rüber. „Würdet ihr mir jetzt vielleicht erklären, was genau der Grund für all das Chaos hier ist? Meine Erinnerungen enden mit dem Konklave und einer Explosion. Ferner frage ich mich, wo mein Begleiter hin ist“, spielerisch hake ich mich bei Leliana unter, genau so wie früher, wenn wir mal wieder einen schönen Laden gefunden haben oder einfach unseren Spaß haben wollten. Einen Moment scheint sie irritiert, doch dann lässt es einfach mit einem Lächeln geschehen und zieht mich mit: „Mit dem größtem Vergnügen, meine Liebe.“ Cassandra wirkt nur noch absolut fassungslos. Dann rennt sie uns mit einem „Was hat das denn jetzt zu bedeuten?“ hinter her.
 

Während wir durch Haven gehen, senken die Bürger ehrfürchtig den Kopf vor mir oder bedenken die Tatsache, dass ich mich bei Leliana untergehakt habe mit einem verständnislosen Blick. „Könnt ihr mir das vielleicht erklären? Alles schaut euch an, als wärt ihr ein Liebespaar“, Cassandra deutet auf unsere Arme. „Ach das, Cassandra richtig? Nun das ist eigentlich ziemlich normal bei uns und nein, ich bin an Frauen in dieser Hinsicht nicht interessiert“, erkläre ich ihr. „Aber woher kennt ihr euch?“ fragt diese weiter. „Leyla war Teil der Gefährten um die Heldin von Ferelden ebenso wie ihr Bruder, der König, und ich“, löst Leliana das Rätsel. Mittlerweile wurde ich auch auf den neusten Stand gebracht: Jemand, bislang unbekanntes, hat während des Konklave die Göttliche getötet und eine gewaltige Explosion herbeigeführt, die den Schleier zum Nichts durchtrennt hat, wodurch ein gewaltiger Riss am Himmel entstanden ist, ähnlich der Bresche, die seit nun schon 2 Monaten unheilvoll an der Grenze zwischen Orlais und Ferelden schwebt. Da ich außerhalb des Tempels der Heiligen Asche, dem Versammlungsort des Konklaves, gefunden wurde, wurde einiges missinterpretiert. Nun, da auch die Bewohner Havens wissen, wer ich bin, scheint sich dies geklärt zu haben. „Leliana, wir müssen Solas Vermutung überprüfen. Dazu werde ich sie begleiten. Begib du dich ins Vorgeschobene Lager“, entscheidet Cassandra. Leliana stimmt ihr zu und folgt ihrer Anweisung. Nun stehe ich mit Cassandra auf der Brücke, hinter uns das Dorf, vor uns die Wildnis mit der unheilvollen Aura von Gefahr.
 

„Ich habe mich Euch bislang noch nicht richtig vorgestellt. Mein Name ist Cassandra Penthagast. Es freut mich, Eure Bekanntschaft zu machen“, dabei verneigt sie sich leicht vor mir. „Die Freude ist ganz meinerseits, Cassandra. Ich bin Leyla Theirin“, ich jedoch reiche ihr einfach die Hand, welche sie nach kurzem Zögern annimmt und schüttelt. „Ihr meintet, dass Ihr nach Eurem Begleiter suchen wolltet. Wisst Ihr, wo er sich aufhalten könnte?“, sie setzt sich in Bewegung. Nachdenklich folge ich ihr: „Nicht direkt, aber ich verfüge über eine Möglichkeit, ihn immer und überall aufspüren zu können.“ „Darf ich fragen, wie Ihr das macht?“ „Mit Hilfe seins Phylakterion“, erwidere ich schlicht. „Was, wir suchen einen Magier?“, verblüfft sieht sie mich an. Ich nicke zur Bestätigung: „Anders steht seit zweieinhalb Jahren als Heiler in meinen Diensten. Was Eure Frage betrifft, ja er ist ein Magier. Meine Stellung erlaubt es mir jedoch, einen Magier in meine Dienste zu nehmen, ohne mich vor den Templern oder der Kirche dafür rechtfertigen zu müssen. Eine der wenigen positiven Dingen am Dasein einer Prinzessin.“ „Aber, wenn Ihr sein Phylakterion habt, bedeutet das nicht, dass er ein Abtrünniger ist?“, hakt sie besorgt nach. „Er hat den Zirkel vor Jahren verlassen, lange bevor ich ihn kennengelernt habe. Er hatte dafür seine Gründe, aber diese respektiere ich. Dennoch war es meine eigene Entscheidung ihn in meine Dienste zu nehmen, als er mich darum bat“, erkläre ich ihr. „Durchaus, aber haltet ihr das ungeachtet Eurer Stellung für klug?“, fragt sie besorgt. „Anders ist nicht wie gewöhnliche Magier und auch kein Maleficare. Ich vertraue ihm und er ist nicht weniger gefährlich als ein normaler Ritter. An meiner Seite brauche ich Leute, denen ich ohne zu zögern mein Leben anvertrauen würde, wenn es hart auf hart kommt. Keine treudoofen Soldaten, die sich schützend vor mich stellen, weil sie glauben es sei ihre Pflicht mich zu beschützen. Ich brauche Gefährten... Freunde auf die ich mich immer verlassen kann und keine nach Ruhm und Ehre strebenden Möchtegernhelden. Anders ist einer dieser Gefährten, ebenso wie Zevran und Fenris. Und bevor Ihr fragt, Zevran war mal ein Meuchelmörder und Fenris ist ein ausgebildeter Krieger, wurde jedoch lange als Sklave gehalten“, aufmerksam lauscht sie meinen Worten, wie ein Kind einem Geschichtenerzähler. „Ihr habt eine bemerkenswerte Sichtweise. Ihr klingt nicht wie eine Prinzessin, sondern vielmehr wie eine Kriegerin, die schon die halbe Welt bereist hat und immer wieder ihre Zerstörung verhindert musste. Auch das Ihr so unbefangen mit mir redet, als ob es keinen Unterschied gäbe“, ein Hauch von Bewunderung liegt in ihrem Blick. „Wenn Ihr wüsstet, wie recht Ihr mit Euren Worte habt, würdet Ihr mir vermutlich in eine Schockstarre fallen. Ich bin zwar die Prinzessin von Ferelden, aber für mich ist das Zweitrangig. Die Welt steht vor dem Untergang. Das ist wichtig. Das hat Priorität. Ein hoher Stand öffnet einem viele Türen, bedeutet aber auch viel Verantwortung und das Zufriedenstellen von hohen Erwartungen, welche an einen gestellt werden. Niemand hat mich gefragt, ob ich die Prinzessin sein will. Ich wurde als Prinzessin geboren, ungeachtet der Tatsache, dass ich das nie wollte. Als es darum ging, das mein Bruder und ich unser Erbe antraten, haben wir das getan, weil wir es mussten. Um ganz Thedas zu retten war es notwendig und daher haben wir es getan. Wir konnten unsere Aufgabe erfüllen, wenngleich der Preis dafür sehr hoch war. Wenn Ihr erlaubt, würde ich jetzt jedoch lieber das Thema wechseln. Ich spreche nicht gerne über jene Zeit“, bitte ich sie. Verständnisvoll nickt sie mir zu und wir laufen schweigend weiter.
 

Immer wieder sind uns auf unserem Weg Dämonen begegnet, doch diese konnten wir erfolgreich besiegen. „Ihr seit eine gute Kämpferin, Leyla“, Cassandra hat verstanden, dass ich bei meinem Vornamen genannt werden wollte. „Dieses Kompliment kann ich nur an Euch zurückgeben“, ich stecke meine Dolche wieder weg. Cassandras Augen weiten sich: „Passt auf!“ Wie aus dem Nichts jagt ein Feuerball in meinem Rücken auf den sich dort befindlichen Dämon zu und verbrennt diesen. Ein Lächeln ruht auf meinen Lippen: „Du bist spät, Anders.“ Ein Mann, wenig älter als ich, tritt auf uns zu: „Bitte verzeiht meine Verspätung, Mylady, aber ich konnte Euch in all dem Chaos das hier ausgebrochen ist nicht finden. Dennoch scheine ich noch rechtzeitig gekommen zu sein.“ Leicht verneigt er sich der Formhalber vor mir. „Oh ich kann dir versichern, dass du den meisten Spaß noch nicht verpasst hast. Cassandra darf ich Euch Anders vorstellen? Anders – Cassandra“, ich mache die beiden miteinander bekannt. Kurz nickt die Sucherin ihm zu, ehe sie sich an mich wendet: „Ihr wusstet um den Gegner in Eurem Rücken und um die Anwesenheit Eures Magiers nicht wahr?“ Ich antworte ihr nicht, doch reicht es um ihre Vermutung zu bestätigen. „Habe ich etwas verpasst?“, Anders blickt verwirrt zwischen ihr und mir hin und her. Im Gehen wird auch er kurz auf den neusten Stand gebracht.
 

Vor dem Riss in der Nähe des vorgeschobenem Lager kommen wir zum stehen. Ein elfischer Magier und ein zwergischer Schütze kümmern sich zusammen mit einigen Soldaten um die letzten Dämonen, die scheinbar dem Riss entkommen sind. „Wenn sämtliche Vermutungen stimmen, dann müsste das Mal auf Eurer Hand dazu in der Lage sein, den Riss zu verschließen“, meint Cassandra. Der fremde Magier umfasst mein linkes Handgelenk und dreht meine linke Hand in Richtung des Risses. Dieser verbindet sich mit dem Mal. Konzentriert schließe ich die Augen. Anders hat vermutet, dass dieses Mal irgendeine Art von uralter Magie entspringen muss. Und Magie lenkt man bekanntlich mit seinen Gedanken. Ich stelle mir vor, dass sich der Riss ins Nichts schließt. Und, als würde er meinem Willen gehorchen, tut er es. „Dann stimmt es also. Dieses Mal schließt die Risse ins Nichts“, der fremde Magier lässt mein Handgelenk wieder los. Anders steht sofort neben mir und betrachtet mich aufmerksam. Er hat Angst, dass ich ihm gleich umkippe, das sehe ich in seinen Augen. Theatralisch diese verdrehend wende ich mich Cassandra zu: „Das ist jetzt hoffentlich etwas gutes oder?“ „Das ist in der Tat gut, die Göttliche selbst hat Euch bereits als Herold Andrastes bezeichnet, als sie von Euch sprach“, erklärt sie mir. „Warum nur gefällt mir das nicht?“, frage ich rhetorisch, was dazu führt, dass Anders mit einem Lachanfall am Boden landet. „Also wirklich, Leyla, Herold Andrastes ist doch ein schöner Titel“, Varric tritt auf mich zu und grinst mich an. „Demnach wird mein nächstes Buch einzig und allein von dir handeln.“ „Das war die Aufmunterung, die ich jetzt gebraucht habe“, antworte ich ihm sarkastisch, doch der Zwerg grinst einfach weiter. Cassandra macht sich gar nicht erst die Mühe, verwirrt zu gucken, sondern übergeht die Tatsache, dass Varric und ich uns kennen. „Ich bin Solas, es freut mich Eure Bekanntschaft zu machen Herold“, der fremde Elf – Solas – deutet eine Verbeugung an. Ich schlage mir die Handfläche gegen die Stirn: „Heldin, Prinzessin, Herold, was kommt als nächstes?“ Nun kann auch Varric nicht mehr und bricht in schallendes Gelächter aus, was ich mit einem bösen Blick quittiere. Nur weil dieser Zwerg so viel über mich weiß. „Na komm schon Mädchen, ich habe noch nie jemanden gefunden, der sich darüber beschwert hat, berühmt zu sein“, lacht dieser. „Nun, dann bin ich wohl die erste. Nur so zu deiner Information: Ich habe mir das nicht ausgesucht!“, damit marschiere ich los, in die Richtung von der ich glaube, dass wir dorthin müssen. Cassandra und Solas schließen sofort zu mir auf, und auch Anders und Varric lassen nicht lange auf sich warten. Bei Andrastes heiliger Asche... wo bin ich nur schon wieder reingeraten?

Damals, im Turm der Magi

Als wir das vorgeschobene Lager erreichen, passiert genau das, wovor ich Angst hatte. Kaum bin ich hinter Cassandra eingetreten, verstummen die Gespräche und machen aufgeregtem Flüstern Platz: „Seht, das ist sie wirklich.“ „Ob es stimmt, was man sich über sie erzählt?“ „Was macht jemand so wichtiges hier?“ „Bestimmt hat der König sie geschickt.“ „Ob sie den Mörder der Göttlichen sucht?“ „Ist das etwa ein Magier, der Ihr Wappen trägt?“ Von allen Seiten strömen mir die geflüsterten Worte entgegen. Ich hasse es. Ich hasse es so sehr. Seit 5 vermaledeiten Jahren kann ich nicht mehr auf die Straße gehen, ohne das mich Worte verfolgen oder dass ich erkannt werde. Und hier, wo jeder weiß, dass ich gerade etwas schier Unmögliches vollbracht habe, einen Riss ins Nichts geschlossen habe, ist es noch viel schlimmer als auf den Straßen von Denerim oder Kirkwall. Mit geschlossenen Augen versuche ich mich zu beruhigen, doch es gelingt mir nicht. „Sie hat den Riss geschlossen.“ „Natürlich, sie ist unsere Prinzessin, unsere Hoffnung.“ Weiteres Flüstern dringt zu mir durch. Ich weiß nicht, wo genau ich mich befinde, doch dann bemerke ich eine völlig ruhige und entspannte aber auch autoritäre und entschlossene und entgegen all meiner Erwartungen vertraute Aura. Jemand, der sich nicht von der Tatsache, dass ich gerade durch dieses dämliche Lager gehe aus der Bahn werfen lässt. Ohne zu zögern renne ich an Cassandra, welche vorweg geht vorbei, auf jenen Mann zu. Der Kanzler ruft mir ein verzweifeltes „Euer Gnaden“ nach, doch schon habe ich diesen Mann, der so aus der Menge heraussticht erreicht. Verwundert betrachtet er mich. Er trägt eine schwere Plattenrüstung mit einem langem Mantel mit Fellkragen. Sein golden wirkendes blondes Haar ist ganz leicht gelockt und seine bernsteinfarbenen Augen mustern mich. Sofort weiß ich, dass er mal ein Templer gewesen sein muss, seine Aura strahlt das aus. Ich flitze um ihn herum und verstecke mich hinter seinem Rücken vor den ganzen neugierigen Blicken und dem aufgeregtem Geflüster. Der gesamte Platz hält mich jetzt sicher für geistesgestört. Nun ja, ich verstecke mich hinter einem völlig fremdem Mann vor einer Schar fremder Soldaten. Genialer Plan, Leyla.
 

Anders und Varric halten schwer an sich, um nicht in lautes Gelächter auszubrechen. Das war für Leyla eine so typische Reaktion. Bloß weg. Sie hasste es schon immer, wenn man sie nicht einfach mal in Ruhe lassen kann, sondern dass sie immer und überall die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich zieht. Lange hat sie sich in Kirkwall hinter Zevran versteckt, der stets, sie halb verdeckend vor ihr her gegangen war. Sonst hätte sie anfangs keinen Schritt vor die Tür machen können. Hier war kein Zevran. Aber dass sie bei einem ihr Fremden Schutz suchen würde wahr schon merkwürdig. Just in diesem Moment betritt Leliana den Platz: „Cassandra, Ihr seit zurück. Huh? Wo habt ihr Leyla gelassen?“ „Die... musste dringend mal wo hin“, lügt Varric gerade heraus. Fast niemandem ist aufgefallen, wo Leyla genau hinverschwunden ist. Cassandra schüttelt den Kopf: „Ich helfe dir beim Suchen, Leliana. Ich glaube, sie lief in diese Richtung.“ Damit laufen die beiden Frauen prompt an Leyla vorbei.
 

Sichtwechsel: Cullen

Eine kleine Gestalt ist hinter mich gehuscht. Diese Person, die scheinbar der Grund für die plötzlich Aufregung im Lager ist, doch außer mir, scheint niemand bemerkt zu haben, wohin diese Leyla, wie ich nun weiß, hinverschwunden ist. Auch Varric, Solas und ein, mir fremder Magier mit dem Wappen der königlichen Familie von Ferelden auf der Robe gehen an mir vorbei, wobei mir Varric ein Grinsen zuwirft. Ich könnte schwören, dass er im vorbeigehen leise: „Versteckt sie besser gut vor der Sucherin und den Soldaten“ gemurmelt hat. Unter den Soldaten ist wieder Ruhe eingekehrt. Unbemerkt ertaste ich die Person hinter mir mit meiner rechten Hand und schiebe sie sanft nach hinten, während ich selbst langsam rückwärts gehe. Als wir außer Sichtweite sind, schnappe ich mir die Hand besagter Person und ziehe sie unbemerkt in mein Zelt. Ich will Antworten dafür haben.
 

Sichtwechsel: Leyla

Der Unbekannte schiebt mich leicht nach hinten, ehe er sich unerwartet ruckartig umdreht, meine Hand packt und eilends mit mir in einem Zelt – vermutlich seinem eigenem – verschwindet. Es steht weit abseits der anderen. Geduldig dreht sich der, wie ich feststelle, ziemliche gutaussehende Fremde zu mir um. „Ich bin Cullen Stanton Rutherford, Kommandant der Truppen. Würdet Ihr mir verraten, wer Ihr seit und warum Ihr Euch eben so verhalten habt?“ „Es freut mich Euch kennenzulernen, Ser Cullen. Ich bin Leyla Theirin, Prinzessin von Ferelden“, die letzten Worte spreche ich etwas leiser aus, da es mir unangenehm ist. Doch er nickt lediglich: „Das erklärt die Unruhe bei den Soldaten. Sie betrachten Euch als die Hoffnung des Landes. Erstrecht nachdem ihr den Riss geschlossen habt. Nur verstehe ich Euer Verhalten nicht ganz.“ „Es ist mir unangenehm immer so eine Aufmerksamkeit zu ernten. Manche Leute scheinen mich schon für eine Heilige zu halten. Das... nun... das will ich eigentlich nicht. Mir wäre es lieber, wenn ich für die Leute nur Leyla wäre, nicht die Prinzessin, in die sie all ihre Hoffnungen setzen“, beschämt wende ich den Blick ab. „Diese Aufmerksamkeit beweist lediglich, dass das Volk Euch akzeptiert und ehrt, aber ich kann mir gut vorstellen, dass das auf Dauer unangenehm wird. Nur, warum habt Ihr Euch ausgerechnet hinter mir versteckt?“, noch immer strahlt er das selbe aus wie auf dem Platz. „Weil Ihr also eure Aura etwas anderes ausstrahlt als die der anderen. Ihr habt Euch durch mich nicht aus dem Konzept bringen lassen, sondern behandelt mich wie eine normale Person, ungeachtet des Standes. Das... also das ist der Grund“, erkläre ich mich leise. Ich habe ihn erkannt. Ja natürlich, seine Aura. Cullen, der Cullen, dem ich mein Armband geschenkt habe.
 

„Das glaube ich Euch nicht. Ihr hattet noch einen Grund“, kommt es unvermittelt von Cullen. Gut er hat sich in den letzten fünf Jahren verändert, sah damals schon gut aus, aber jetzt? Ein Traum jeder Frau. „Ehm...“, ist die sehr sinnvolle Antwort, die ich heraus bekomme.
 

Sichtwechsel: Cullen

Ja, ich weiß sehr wohl, wer da vor mir steht. Damals erfuhr ich erst im Nachhinein, wer der Engel in Wahrheit gewesen war, den der Erbauer in meiner dunkelsten Stunde in der Gestalt eines schönen Mädchens zu mir geschickt hatte. Sie war seit 5 Jahren meine Hoffnungsflamme, mein Licht in der Dunkelheit, auch wenn sie es nicht wusste. Sie jetzt wiederzusehen erfüllt mich mit Freude. Leicht ziehe ich den Ärmel meines rechten Armes hoch, wo ein Anhänger aus simplen Eisen in der Form eines Sternes an einem abgenutztem, alten Lederband mein Handgelenk ziert. Mit großen Augen betrachtet die junge Frau vor mir das Armband und streicht vorsichtig mit ihren Fingern über den Anhänger, ganz so, als könne sie nicht glauben, was sie da sieht.
 

Sichtwechsel: Leyla

Als er mir das, nein mein Armband an seinem Handgelenk zeigt, wird mir klar, dass er sehr wohl weiß, wer ich bin. In Gedanken versunken streiche ich über den Anhänger, während ich mich unseres Kennenlernens entsinne...
 

Flashback

Fünf Jahre zuvor im Zirkel der Magi von Ferelden:

„Nur noch durch diesen Raum und wir stehen vor der Kammer der Läuterung“, ruft Wynne uns zu, auf eine Tür direkt vor uns deutend. Noch zwei Türen und wir stehen Uldred gegenüber. Tahri will die Tür im Laufen aufstoßen, doch diese gibt nicht wie von ihr erwartet nach und so knallt die Elfe schwungvoll gegen diese. „Aua... Man... was soll der Dreck“, flucht sie ungehalten. Mein Bruder tritt neben sie: „Lass mich das übernehmen, Tahri.“ Scheinbar will er die Tür eintreten. „Warte, Alistair, lass die verdammte die Tür ganz. Du tust dir dabei doch nur weh“, will ich ihn von seinem sinnlosen Verhalten abhalten, doch schon kracht mein Bruder lautstark mit der Schulter gegen die Tür, welche sich natürlich keinen Zentimeter bewegt. Fassungslos starrt er jene an. „Wie wäre es, wenn du es mir überlässt, die Türe zu öffnen ja?“, damit schiebe ich beide zur Seite und knie mich vor das Schloss. Zevran beginnt zu lachen: „Nun, dass Öffnen verschlossener Türen sollte man eben einer Meisterschurkin überlassen. Das ist meist der erfolgreichere Weg als das Türen eintreten.“ „Ich tue das nur sehr ungern, aber, ich fürchte, da habt ihr Recht, Zevran“, stimmt mein Bruder ihm widerwillig zu, was ich mit einem kleinem Lächeln quittiere. Schon macht es klick und ich öffne die Türe. „Leyla, meinst du, du könntest mir das beibringen?“, hoffnungsvoll sieht mich meine Freundin Tahri an. „So leid es mir auch tut, aber ich bezweifle bei dem Kampfstil wirklich, dass du die nötige Ruhe und Geduld zum Erlernen dieser Fertigkeiten aufbringen kannst“, antworte ich ihr ehrlich. „Hach, da hast du wohl recht, aber ein Versuch ist es doch wert, oder?“, fragt sie weiter. „Na, wenn du meinst. Beschwer dich aber nicht, wenn's nicht auf Anhieb klappt“, stimme ich ihr zu. Nichtsahnend, was mich diesbezüglich noch erwarten würde.
 

Kopfschüttelnd betrete ich den Raum. Mittendrin befindet sich ein riesiger, arkaner Käfig, in welchem ein Templer steht, der uns ansieht, als sein wir der Erzdämon höchst selbst. „Verschwindet!“, ruft er uns zu. „Was?“, Tahri sieht ihn verständnislos an. Alistair hingegen schließt die Augen: „Ich kann bei ihm keine Spuren von Blutmagie finden. Scheinbar haben die Maleficare es nicht geschafft, seinen Willen zu brechen und seinen Geist zu kontrollieren.“ „Haut ab! Verschwindet! Nicht schon wieder diese Bilder!“, brüllt der Templer. Wynne seufzt trauervoll leise auf: „Vermutlich zeigen sie ihm des öfteren auf der Wand des Käfigs Illusionen, um ihn zu brechen. Was ihnen wohl nicht gelingt. Deshalb reagiert er so auf uns.“ „Wie undankbar, dabei sind wir hier um alle Überlebenden zu retten und somit auch seinen Hintern“, kommt es eingeschnappt von Tahri. „Tahri...“, ich schüttle den Kopf über ihr kindliches Verhalten. „Er hat Angst, nahezu Panik und du wirfst sie ihm vor statt sie zu verstehen. Angst ist eine normale Reaktion.“ „Na, ich weiß nicht. Aber mir soll's egal sein, kommt die Kammer der Läuterung liegt direkt vor uns“, bestimmt sie. „Geht ihr, ich bleibe hier“, erwidere ich. „Was denn? Du lässt dir einen Kampf entgehen? Oder hast du aber Angst vor den großen, bösen Blutmagiern?“, zieht mich die Elfe prompt auf. Genervt verdrehe ich die Augen: „Nein, Tahri habe ich nicht. Dennoch werde ich hier bleiben. Mit der Litanei benötigt ihr meine Hilfe in diesem Kampf nicht.“ Nach meinen Worten wende ich mich dem Templer im Käfig zu. „Bist du dir sicher, dass du das tuen willst?“, mein Bruder hat mein Verhalten richtig gedeutet. „Ja, das bin ich. Und jetzt beeilt euch. Soweit ich weiß, brauchen wir noch ein paar lebende Magier und ausreichend Lyrium um einen unvorsichtigen, kleinen Bengel von einem Dämon zu befreien“, erwidere ich. Damit verschwinden meine Gefährten über die Treppe in die Kammer der Läuterung, während ich auf den jungen Templer zu gehe.
 

Argwöhnisch betrachtet mich dieser. „Was soll das? Warum bleibst du hier? Du bist doch auch nur wieder so eine Illusion“, Unsicherheit tritt in seine Stimme. Er hat nicht damit gerechnet, dass jemand hierbleiben würde. Vorsichtig lege ich meine Hand an den Käfig. In seinen Augen stehen Angst, Hass, Verzweiflung, Wut, Trauer und Hoffnung. Hoffnung darauf, dass ich vielleicht doch keine Illusion bin. Ein leichtes Lächeln ruht auf meinen Lippen, ehe ich mit sanfter Stimme das Wort an ihn richte: „Ich kann dich doch nicht hier alleine lassen. Halte noch ein bisschen durch, sobald der Käfig an Kraft verliert, hole ich dich daraus.“ „Kannst du das denn? Bist du etwa auch eine Magierin?“, nun ist er voller Misstrauen. Kein Wunder, ich kann mir sehr gut vorstellen, was sie hier mit seinen Kameraden und ihm angestellt haben. „Nein, ich bin keine Magierin. Ich bin eine Assassine, aber meine Waffen sind mit speziellen Runen verzaubert, die es mir gestatten, magische Gefängnisse und Blockaden zu durchbrechen.“ Eine kleine Weile ist es völlig still zwischen uns. Er ist sich scheinbar immer noch nicht sicher, ob er mir trauen kann oder nicht. „Der Käfig verliert mehr und mehr an Kraft“, murmelt er plötzlich. Auch mir ist das durch das Aufleuchten der Runen auf meinen Dolchen aufgefallen. Ich hebe sie hoch und lasse sie schwungvoll auf den Käfig niedersausen. Einen Moment lang geschieht nicht. Dann entstehen viele Risse um die Stelle, auf der meine Dolche die Wand berührt habe. Verblüfft steht der blonde Templer auf und lehnt sich, da er viel von seiner Kraft durch die Gefangenschaft und die ständige Wachsamkeit eingebüßt hat, gegen die Wand. Die Risse breiten sich aus und die Wand bricht in sich zusammen.
 

Er kippt nach vorne, doch bevor er den Boden berühren kann, mache ich einen Schritt nach vorne, direkt auf ihn zu und fange ihn auf, ehe ich mich mit ihm in meinen Armen zu Boden sinken lasse. Einen Moment fürchte ich, dass er mich angreift, so sehr versteift er sich in meinen Armen. Doch dann versteckt er sein Gesicht an meiner Halsbeuge und seine Arme schließen sich fest um meinen Körper. „Du bist wirklich real“, seine Stimme ist so hoffnungsvoll. Ein sachtes Lächeln liegt wieder auf meinen Lippen: „Ja, das bin ich. Es ist vorbei. Du bist nicht mehr alleine.“ Meine Worte verfehlen ihre Wirkung nicht. Sein Griff wird noch etwas, ist aber nicht unangenehm. Nein, es ist wie ein stummer Schrei nach Hilfe, nach Schutz. Die Tatsache, dass ich spüre, dass er stumm weint, bestätigen diesen Ruf nur. Sachte streiche ich ihm durchs Haar. „Keine Sorge. Es ist vorbei, die Schuldigen leben nicht mehr. Es ist vorbei. Alles wird wieder gut“, flüstere ich ihm tröstend ins Ohr. Im Hintergrund höre ich eine Türe aufgehen und eilends die Schritte mehrerer Personen, die sich schnell wieder entfernen. Lange bleiben wir einfach so da sitzen. Mit der Zeit hat er sich wieder beruhigt, dennoch scheint er nicht aufstehen zu wollen. Für mich ist das in Ordnung. Ich weiß nicht genau was, aber etwas hat mich dazu bewegt, bei ihm zu bleiben. Sein Halt zu sein. Er hat etwas an sich, dass ich nicht beschreiben kann.
 

Es sind gewiss schon zwei Stunden vergangen, als er sich langsam von mir löst. Schuldbewusst und mit geröteten Wangen sieht er mich an: „Verzeih bitte. Ich... wollte dir nicht... zu nahe treten oder so. Ich.. ähm...“ Rasch helfe ich ihm bei seinem Gestammel ehe das alles noch peinlicher für ihn wird: „Keine Sorge, dass hast du nicht. Ich bin Leyla, und du?“ Dabei reiche ich ihm meine Hand. „Cullen“, er nimmt sie an und schüttelt sie. „Möchtest du wieder zu deinen Leuten? Sie machen sich sicher schon Sorgen“, frage ich weiter. „Natürlich. Ich habe dich gewiss aufgehalten. Das tut mir Leid. Deine Gefährten erwarten dich sicherlich auch schon“, dabei springt er eilends auf und reicht mir die Hand, um mir beim Aufstehen behilflich zu sein. Sanft lächelnd nehme ich sie an und er zieht mich hoch. Kaum stehe ich, knicken meine gefühllosen Beine unter mir ein. Cullen zieht mich mit einem Ruck in seine Arme, damit ich nicht falle. „Alles in Ordnung? Bist du irgendwo verletzt?“, fragt er besorgt. „Nein, alles gut. Meine Beine sind nur eingeschlafen“, beruhige ich ihn. Irgendwie ist das süß. Seine unbeholfene, ja schüchterne Art und dass er sich sogar um mich sorgt. „Dann... sollten wir warten, bis du wieder problemlos laufen und stehen kannst, bevor wir den Turm hinabsteigen“, beschließt er und hält mich weiter an sich gedrückt. Zaghaft lehne ich mich an seine Brust. Ich habe da sicher nichts gegen. Eine Viertelstunde lang genieße ich das Gefühl in seinen Armen zu liegen, ehe ich weiß, dass meine Beine wieder normal durchblutet werden. Gemeinsam begeben wir uns auf den Weg nach unten.
 

Im Quartier der Templer angekommen werden wir schon von Kommandant Gregorius und meinen Gefährten sehnsüchtig erwartet. „Na endlich... und ich dachte schon, du wolltest dich hier häuslich niederlassen, während da draußen eine Verderbnis wütet“, begrüßt mich Tahri. „Kommst du jetzt endlich? Wir müssen weiter, wenn wir das Lager vor Mitternacht erreichen wollen.“ „Einen Moment noch Tahri, ich bin gleich bei euch“, halte ich sie noch etwas hin. Der Kommandant ist auf mich zugetreten: „Ich danke Euch vielmals dafür, dass Ihr Euch um unseren Rekruten gekümmert habt, Mylady.“ Mit einem leichten Nicken nehme ich seinen Dank an. Unauffällig ziehe ich mein Armband ab und drücke es Cullen in die Hand, als ich mich ihm zuwende um mich von ihm zu verabschieden. Ich ziehe ihn halb zu mir runter, stemme mich selbst etwas hoch und küsse ihn leicht auf die Wange. Schlagartig wird er knallrot. „Auf Wiedersehen, Cullen“, ich schenke ihm ein warmes Lächeln. Seine Finger haben sich um mein Armband geschlossen, auch wenn er es vermutlich noch nicht wahrgenommen hat. Ich will mich gerade umdrehen und gehen, als er mich am rechten Arm zurückhält und mir ebenfalls einen Kuss auf die Wange drückt: „Auf Wiedersehen, Leyla.“ Damit habe jetzt selbst ich nicht gerechnet. Auch er lächelt als er mich jetzt loslässt und ich beeile mich, zu meinen Freunden aufzuschließen. Doch als ich noch einen kurzen Blick über die Schulter werfe, bemerke ich, dass Cullen mir nachsieht.

Flashback ende
 

Ein leichtes Lächeln schleicht sich auf meine Lippen, als ich über damals nachdenke. Auch wenn die Umstände nicht die besten gewesen waren, ich habe jenen Tag nie bereut. Eine sanfte Berührung an meiner Schulter holt mich zurück in die Realität. „Verratet Ihr mir, worüber Ihr nachdenkt?“, fragt mich Cullen. Heute ist nur eine Sache anders als damals. Da ist eine gewisse Distanz zwischen uns. Er ist ein Kommandant, ich eine Prinzessin. Das gab es damals nicht. Schade eigentlich. „Über unser Treffen vor fünf Jahren“, erwidere ich. Er will zu einer Antwort ansetzen, als die Zeltplane aufgerissen wird. „Na sieh sich das mal einer an. Hier habt Ihr Euch also versteckt, Leyla. Kommt jetzt, Cassandra will den Riss beim Tempel schließen und ohne Euch wird das wohl nicht funktionieren. Und Kommandant... wirklich ich bin enttäuscht. Dass Ihr Lady Theirin einfach so für Euch beansprucht“, Leliana zieht mich aus dem Zelt, ehe einer von uns die Situation erklären kann. Im Anschluss schleppt sie mich zum Tempel.

Der Beginn der Inquisition

Als ich aufwache, bemerke ich das weiche Bett, indem ich liege. Etwas perplex blicke ich mich um. Ein leises Lachen erklingt: „Nein, wir sind immer noch in Haven und du bist immer noch die Heldin des Tages, Leyla.“ Ich wende mich Anders zu, der mich von einem Stuhl in der Nähe des Kamins aus beobachtet. Langsam steht er auf und kommt zu mir rüber: „Aber es tut gut, zu sehen, dass du wieder wach bist.“ „Was ist passiert?“, frage ich ihn. „Nun, du bist ohnmächtig geworden, nachdem du den Riss im Tempel geschlossen hast. Das Mal scheint dabei um einiges stärker geworden zu sein. Du hast uns allen einen ganz schönen Schrecken eingejagt, als du umgekippt bist“, antwortet er mir. „Wie fühlst du dich?“ „Gut“, erwidere ich etwas abwesend. „Dann sollten wir zur Kirche gehen. Cassandra will dich sehen, sobald du erwacht bist“, damit wendet er sich ab und geht in Richtung Tür. Als er draußen ist, ziehe ich mich an und folge ihm.
 

Kurze Zeit später stehen wir in einem hinteren Raum in der Kirche. Der Kanzler läuft mir bereits eilends entgegen: „Euer Gnaden, es ist eine Katastrophe. Eine riesengroße Katastrophe. Was sollen wir nur tuen, jetzt da Justina nicht mehr unter uns weilt?“ Muss ich jetzt verstehen, warum er das ausgerechnet mich fragt. Ebenfalls im Raum anwesend sind Cassandra, Leliana, Cullen – in seinen Augen ist ein Hauch von Erleichterung zu sehen, als ich ihn anblicke – und eine mir unbekannte Frau, die ihrer Kleidung nach zu urteilen vermutlich aus Antiva stammt. „Roderick, habt Ihr nicht etwas wichtigeres zu tun?“, fragt Leliana genervt den Kanzler. „Aber wir müssen den Mörder der Göttlichen finden und richten“, kommt die Antwort. Nun er scheint mich ja glücklicherweise auch nicht mehr für den Mörder zu halten. „Davon abgesehen benötigen wir dringend eine neue Göttliche, die dann über das weitere Vorgehen entscheidet“, fügt der Kanzler seiner Aussage noch hinzu. Cassandra hingegen ist mehr als gereizt und wirft schon fast ein dickes Buch mit einem eindrucksvollem Wappen auf dem Einband auf den Tisch. „Ihr wisst was das ist?“, fragt sie den Kanzler genervt. „Aber... Sucherin, Ihr...“, weiter kommt er nicht, da ihn die Blauhaarige unterbricht: „Ein Erlass der Göttlichen Justina. Hiermit erkläre ich die Inquisition für wieder auferstanden!“ Schlagartig verlässt der Kanzler den Raum. „Die Inquisition? Haltet Ihr das wirklich für eine kluge Idee?“, hakt Anders vorsichtig nach. „Ja, das tue ich. Wir werden wieder für Recht und Ordnung sorgen, die Bresche schließen und den Schuldigen am Tod der Göttlichen finden“, Cassandra hat sich etwas beruhigt. Dann wendet sie sich mir zu: „Dürfen wir mit Eurer Unterstützung rechen?“ Ich lasse mir ihren Vorschlag durch den Kopf gehen, während vier Augenpaare erwartungsvoll auf mir ruhen.
 

„Ich werde alles tuen was ich kann, um euch zu helfen“, stimme ich ihr schlussendlich zu. Leliana nickt: „Damit habe ich schon gerechnet. Alles andere hätte nicht zu Euch gepasst. Aber wir haben viele Probleme, denen wir uns stellen müssen.“ „Durchaus Leliana. Aber zuvor, gestattet mir, dass ich mich Euch vorstelle, Lady Theirin: Ich bin Botschafterin Josephine Montilyet. Es ist mir eine Ehre, Euch, die Prinzessin von Ferelden und den Herold Andrastes, kennenzulernen“, richtet die bis dahin mir noch Fremde das Wort an mich. Dabei verneigt sie sich leicht. „Die Ehre ist ganz meinerseits“, erwidere ich. „Wir haben zu wenig Truppen und vor allem, zu wenig Verbündete“, gibt Cullen zu bedenken. „Ich werde all meine Spione ausschicken, um die Inquisition bekannt zu machen und Informationen für uns zu sammeln, aber das wird wohl kaum ausreichen, da jetzt auch noch die Kirche sich gegen uns gestellt hat“, erwidert Leliana. „Die Kirche?“, fragend sehe ich in die Runde. „Sie ist gegen die Inquisition. Überall lässt sie verlauten, dass sich die Prinzessin von Ferelden für den Herold Andrastes hält und schürt die Angst der Gläubigen gegen uns“, erklärt mir meine alte Freundin ruhig. „Wunderbar, es ist ja nicht so, als ob die Welt gerade untergeht“, ich schüttle den Kopf und wende mich zu Anders: „Wie lange werden Zevran und Fenris brauchen, um hier zu sein?“ „Hm... sie sind noch in Denerim, aber sehr schnell und ausdauernd. Zwei Tage würde ich schätzen, vielleicht drei, wenn das Wetter schlecht ist. Soll ich sie herbestellen?“, antwortet mir dieser. Nach einem bestätigenden Nicken meinerseits verlässt er den Raum.
 

Wir alle stehen über den Kartentisch gebeugt und überlegen, wie wir nun weiter vorgehen sollten. „In den Hinterlanden sind einige Risse gesichtet worden. Ferner erbittet Mutter Giselle, die an der Wegkreuzung den Flüchtlingen hilft, ein persönliches Gespräch mit dem Herold und unweit davon entfernt entfernt liegt das Gestüt von Meister Denett, der die Inquisition mit Pferden versorgen könnte. Seine sind die besten in ganz Ferelden“, dabei deutet Leliana auf einen bestimmten Punkt unweit von Haven. „Das ist für den Anfang nicht schlecht, aber wir benötigen Verbündete und mehr Einfluss“, merkt Josephine an. Ich tippe auf Redcliff: „Der Arl von Redcliff, Eamon Guerrin, ist einer der engsten Vertrauenspersonen meines Bruders außerhalb des Palastes. Seine Truppen sind gut ausgebildet und ich bin mir sicher, dass er uns helfen wird. Ebenso sein Bruder Bann Teagan Guerrin von Rainesfere. Schon seit der Zeit der Rebellion steht die Familie Guerrin hinter der Familie Theirin. Hier sind unsere Chancen auf Hilfe am größten. Eventuell erhalten wir auch die Unterstützung einiger anderer Adeligen von Ferelden, wie die von Terryn Cousland, aber dafür wird ein größerer Einfluss von Nöten sein. Einer unbedeutenden, kleinen Gruppe werden sie nicht helfen, egal welche mächtigen Personen dabei sind. Die Stimmung unter den Adligen ist nicht die Beste, viele wünschen sich Anora zurück auf den Thron.“ „Hm... Arl Eamon, ja er hatte uns damals auch geholfen. Genau wie sein Bruder“, murmelt Leliana während sich Josephine eilends einige Notizen aufschreibt. „Wenn wir dort gute Chancen haben, sollten wir sie nutzen. Wenn Ihr erlaubt, wen genau soll Euer Magier eigentlich herbestellen?“, fragt mich die Botschafterin im Anschluss. „Zevran und Fenris stehen ebenfalls in meinem Dienst. Gerade Zevran kennt viele Personen und kann uns vermutlich einige Möglichkeiten verschaffen, an mehr Unterstützung zu gelangen. Ferner ist mir wohler dabei, wenn ich sie in meiner Nähe weiß, als meilenweit entfernt in der Hauptstadt“, antworte ich ihr. „Dass er immer noch für Euch arbeitet, wundert mich ehrlich gesagt sehr. Zevran erschien mir damals nicht als der loyalste“, Leliana schüttelt nur mit dem Kopf. „Er ist mein erster Ritter und durchaus sehr loyal und treu“, ich zucke mit den Schultern. „Das müsst Ihr wissen“, es scheint ihr schwer zu fallen, zu akzeptieren, dass dem so ist.
 

Am späten Nachmittag sind Cassandra, Varric, Solas und ich in den Hinterlanden eingetroffen. Späherin Harding erwartet uns bereits und bringt uns was die Umgebung betrifft auf den neusten Stand. Sorgsam, immer auf eventuelle Gefahren achtend, wandern wir durch die Hinterlanden in Richtung der Wegkreuzung. Wir wissen noch nicht, was uns dort erwarten wird. Immer wieder geraten wir auf unserem Weg in Kämpfe zwischen Magiern und Templern. Dieser ganze Krieg zwischen ihnen ist furchtbar, erst recht in Zeiten wie diesen, wo wir beide Parteien doch so dringend Seite an Seite brauchen. Doch das interessiert sie nicht. Für sie zählt nur ihr eigener, kleiner Krieg. Kopfschüttelnd wende ich mich von den Leichen eines solchen Aufeinandertreffens ab. Das alles hier erinnert mich an Kirkwall. Auch dort haben die Magier gegen die Templer rebelliert. Und die Templer haben aus Angst vor den Magiern ständig Besänftigungen durchgeführt. „Ist alles in Ordnung, Mädchen?“, Varric sieht mich besorgt an. „Das hier erinnert mich an Kirkwall“, antworte ich ihm. „Ja, das tut es, auf gewisse Art und Weise“, erwidert er. Cassandra hat uns aufmerksam zugehört: „Ihr wart in die Vorfälle in Kirkwall verwickelt?“ „Nicht direkt. Der Aufstand der Magier war nicht der Grund, dass ich dort war, sondern die Tatsache, dass sich sowohl die Templer merkwürdig verhielten und eine ganze Truppe von Qunari sich dort aufhielt, die angeblich auf ein Schiff nach Hause gewartet haben. Auch wenn Kirkwall ein Stadtstaat ist, war es meinem Bruder lieber, dass jemand seines Vertrauens sich dort oben die Sache ansieht“, erkläre ich ihr. „Und so kam es, dass wir uns kennengelernt haben“, fügt Varric meiner Aussage hinzu. „Aber das bedeutet doch, dass Ihr den Champion kennt, oder?“, hakt sie nach. „Ja, ich kenne Hawke“, bestätige ich ihre Aussage. „Wisst Ihr, wo er sich aufhält? Seine Hilfe in dieser Situation wäre durchaus vorteilhaft“, hoffnungsvoll sieht sie mich an. Varric, der genau wie ich Hawkes genauen Aufenthaltsort kennt, hat ihn ihr scheinbar nicht verraten. Das kann ich verstehen. Schließlich hat er uns damals extra darum gebeten, diesen für uns zu behalten. „Es tut mir Leid, Cassandra, aber ich kann ihn Euch nicht nennen“, dabei blicke ich ihr fest in die Augen. „Warum nicht?“ „Weil ich es versprochen habe. Und ich stehe zu meinem Wort“, Verwunderung tritt in ihre Augen, als ich ihre Frage beantworte. „Ihr habt es versprochen?“, fragt sie überrascht. „Hört zu, Sucherin. Leyla ist ebenso wie ich eine Freundin von Hawke. Gut möglich, dass sie weiß, wo er sich aufhält. Allerdings haben sie und ich Hawke vor mehr als zwei Jahren versprochen, niemanden den Ort mitzuteilen, an welchem er sich aufhält, wenn er uns bekannt ist. Vielleicht weiß ich, wo er gerade ist, vielleicht weiß ich es nicht. Vielleicht weiß unsere Kleine das, vielleicht weiß sie es nicht. So oder so würde sie es Euch nicht sagen, denn sie missbraucht nie das Vertrauen anderer zu ihr. Und selbst wenn ich wüsste, wo er ist, würde ich es Euch aus dem gleichen Grund nicht sagen. Hawkes Zeit des Champions ist vorbei. Er will damit nicht mehr konfrontiert werden und wir haben das akzeptiert. Also tut uns doch allen den Gefallen und tut das gleiche, ja? Dankeschön“, damit marschiert Varric voraus. „Leyla, stimmt das?“, nach Bestätigung in meinen Augen suchend sieht mich Cassandra an. Mit einem Nicken zu ihr, schließe ich zu Varric auf.
 

Die Nacht bricht überraschend über uns herein, weshalb wir beschließen, hier mitten in der Wildnis zu lagern, statt im Dunklem bis zur Wegkreuzung, welche noch drei Wegstunden von uns entfernt liegt zu laufen.

Aus wirren Träume erwache ich mitten in der Nacht. Doch ich scheine nicht die Einzige zu sein, die nicht schlafen kann. Solas wirft mir einen wenig überraschten Blick zu, als ich mich neben ihn ans Feuer setze. „Varric und Cassandra sind ebenfalls wach. Jedoch glauben die beiden, das wir schlafen“, erklärt mir der Elf mit gesenkter Stimme und deutet mir leise zu sein. Etwas entfernt von uns, am Rande des Lagers stehen die Beiden:

„Nein Sucherin, vergesst es! Ich werde nicht zu lassen, dass Ihr dem Mädchen zu nahe tretet, weil Ihr von der Suche nach Hawke besessen seit!“, bestimmt baut sich Varric vor Cassandra auf. „Aber versteht doch, Varric. Wir brauchen Hawke. Und meiner Auffassung nach, muss sie Hawke sein!“, kommt es ernst von ihr. „Sie soll Hawke sein? Sie soll der Champion sein? Hört Ihr Euch noch selbst zu? Leyla ist nicht Hawke! Sie ist eine Freundin von ihm, mehr nicht!“, er versucht ihr den Wind aus den Segeln zu nehmen. „Das glaube ich Euch nicht. Immer sagt Ihr, dass Hawke ein Magier ist. Woher soll ich wissen, dass Ihr mich nicht anlügt, um in Wahrheit dieses Mädchen zu schützen. Ihr habt mir keine Beweise für Eure Aussagen geliefert!“, wettert Cassandra. „Das muss ich nicht! Leyla war in den Aufstand nur bedingt verwickelt. Ihre Aufgabe sah es vor die Lage in der Stadt zu beobachten. Dazu hat sie sich Hawke angeschlossen.. Dass sie sich schließlich mehr mit eingebracht hat, war ihre eigene Entscheidung“, finster starrt er sie an. „Wie kommt es dann, dass sie gleich 2 Freunde und Gefährten von Hawke in ihren Diensten stehen hat. Das ist doch sehr verdächtig!“, behauptet die Sucherin. „Bei Andrastes heiliger Asche! LEYLA war diejenige, die den beiden das Leben gerettet hat. SIE war diejenige, die die beiden davon abgehalten hat, sich gegenseitig an die Gurgel zu springen. SIE war es, die Anders vor Meredith durch ihre Stellung in Schutz nahm und ihm die Idee ausredete, die Kirche zu sprengen! SIE war es, die Fenris begleitet hat, als er seinen Meister umbrachte zusammen mit seinen Lakaien! Hawke hat mit den beiden zusammengearbeitet, weil diese sie kannten! Weil er Leylas Urteil vertraut! Weil Leyla die beiden vor den Templern beschützt hat. Weil Hawke und seine jüngere Schwester Bethany – ihre Seele möge in Frieden ruhen – beide abtrünnige Magier sind! Und Ihr Sucherin, behauptet Leyla sei der Champion! Wenn ich mitbekomme, dass Ihr sie mit Ihrer Vergangenheit zu konfrontieren versucht oder aber versucht, von ihr Hawkes Aufenthaltsort zu erfahren, dann hofft darauf, dass ich Euch nie finden werde! Ich habe Hawke geschworen, dieses Mädchen zu beschützen, wie sie ihn beschützt hat! Ich mag mich nicht dem königlichen Hofe angeschlossen haben, aber dennoch werde ich mich an meinen Schwur halten! Komme was wolle! Und glaubt mir, wenn Ihr ihr schadet, werde ich nicht der Einzige sein, der Euch einen Kopf kürzer machen wird!“, Varric wird immer lauter bis er schreit. Verblüfft starrt ihn Cassandra an. Sprachlos weiß sie nicht, was sie darauf erwidern wird. Doch noch ist der Zwerg nicht fertig: „Seit ihrer Geburt muss sie sich mit einer Scheiße nach der nächsten herumschlagen! Und ihre Freunde halten ihr dabei den Rücken frei. Sie hat mehr miterlebt als Ihr! Ihr habt Euch in Eurem Orden versteckt! Der erste Gegner, den sie getötet hat, war kein einfacher Bandit. Das war ein Wesen der dunklen Brut! Und viele folgten dem! Sie schlittert von einer Intrige in die nächste und hat trotz allem noch nicht aufgegeben. Eine Verderbnis, die Aufstände und jetzt das hier! Wer hätte die Kraft, jetzt auch noch eine Inquisition, die erst noch aufgebaut werden muss, nach all der Scheiße, die sie hinter sich hat, zu unterstützen?! Ich bewundere sie für ihre Stärke und ihren Willen! Und ich bin jetzt noch hier, weil sie aufgetaucht ist! Weil sie gesagt hat, dass sie helfen will! Sonst wäre ich schon längst fort, Sucherin. Glaubt mir! Aber dieses Mädchen, dieses Mädchen werde ich mit allem unterstützen, damit sie diese Herausforderung überlebt! Und ich werde nicht zu lassen – das schwöre ich bei allem was mir heilig ist – dass Ihr jemand alles, was sie sich bis jetzt erkämpft hat, egal ob sie es musste oder wollte, kaputt macht. Also findet Euch endlich damit ab, dass Ihr Hawke nicht bekommt Sucherin!“
 

„Das reicht jetzt Varric. Du musst Cassandra nicht anschreien“, mische ich mich in das Gespräch ein. „Leyla“, beide sehen mich gleichermaßen geschockt an. „Die Vergangenheit ist genau das was sie ist: Vergangenes, was wir nicht mehr ändern können. Die Zukunft ist ungewiss. Deshalb müssen wir alles tuen um die Gegenwart zu ändern, denn so ändern wir die Zukunft“, ernst blicke ich die beiden an. „Da hast du recht, nur... ich fürchte, dass du dir zu viel zumutest. Du sollst nicht an allem zerbrechen, Leyla“, besorgt wendet sich Varric an mich. „Wie könnte ich zerbrechen, wenn ich solche Freunde wie dich habe“, erwidere ich mit einem Lächeln. Der Zwerg zögert nicht, sondern umarmt mich. Danach zieht er sich zu seinem Schlafplatz zurück. „Ich muss mich bei Euch entschuldigen, Leyla. Ich...“, beginnt die Sucherin. „Es gibt nichts, wofür Ihr Euch entschuldigen müsstest, Cassandra. Ich hätte ihm ins Gewissen reden müssen, damit er so was nicht tut. Verzeiht, er hatte kein Recht Euch anzuschreien“, unterbreche ich sie. Dann wende ich mich zum gehen. „Wartet!“, ihre Stimme hält mich zurück. „Ja?“ „Ich würde Euch gerne besser kennenlernen“, murmelt sie leise. „Dann tut das, wenn Ihr wollt. Ich werde Euch nicht aufhalten“, ein Lächeln ruht auf meinen Lippen, ehe ich mich wieder zu meinem Schlafplatz aufmache. Die Nacht ist nicht mehr lang und wir sollten alle noch etwas Schlaf abbekommen.
 

Am nächsten Morgen scheint das Gespräch der vergangenen Nacht vergessen zu sein. Wir begeben uns weiter auf den Weg zu Mutter Giselle. Und doch, ist alles anders, als am Tag zuvor.

Verrat

Unweit vor uns liegt die Wegkreuzung. Einige unserer Soldaten kommen uns entgegen. Der Hauptmann der Truppe tritt eilends auf uns zu: „Willkommen an der Wegkreuzung, Mylady. Mutter Giselle findet Ihr unweit vom Lazarett. Sie erwartet Euch.“ Der Hauptmann salutiert und tritt dann weg. Ich nicke meinen Begleitern zu. Cassandra sucht das Gespräch mit dem Hauptmann, wo hingegen Varric und Solas einfach durch die Überreste des Ortes streifen. Festen Schrittes gehe ich zum Lazarett. „Ihr seit der Herold Andrastes, richtig“, eine Priesterin tritt auf mich zu. „Und Ihr müsst Mutter Giselle sein. Es freut mich, Euch kennenzulernen“, ruhig und distanziert begrüße ich sie. „Ihr seit misstrauisch“, merkt Mutter Giselle an. „Doch dies ist Euch nicht zu verdenken. Die Kirche wirft Euch vor, dass Ihr aus machthungrigen Gründen Euch als eine Gesandete Andrastes ausgibt, mit dem Ziel uns alle zu unterwerfen.“ „Glaubt Ihr das auch?“, frage ich sie. „Nein, sonst hätte ich Euch nicht um ein Gespräch ersucht. Ich glaube, dass Ihr uns tatsächlich vom Erbauer gesandt wurdet, um uns in diesen schweren Zeiten Mut und Hoffnung zu schenken“, erwidert sie mit einem Lächeln. „Ich bin keine Heldin“, wehre ich ab. „Oh doch seit Ihr. Sonst hätten die Leute Euch des Todes der Göttlichen bezichtigt. Aber das tuen sie nicht, denn sie wissen, dass Ihr alles in Euerer Macht stehende tut, um sie zu beschützen. Viele in Ferelden wünschen sich Euch auf den Thron“, ich wende den Blick während ihrer Worte ab. „Das ist nicht mein Bestreben“, wehre ich ab. „Und doch hallen Eure Taten während der Verderbnis noch immer nach. Ihr und Euer Bruder seit das Beste, was Ferelden geschehen konnte. Doch ich habe Euch nicht hergebeten, um mit Euch über solche Dinge zu sprechen. Ich glaube wirklich, dass Ihr in der Lage seit, die Ordnung in Thedas wiederherzustellen, deshalb bin ich hier. Zerstört die Einheit der Kirche. Ihre Stärke ist ihre Geschlossenheit. Ihr müsst niemanden überzeugen, es reicht, wenn sie ihre Taten beginnen anzuzweifeln“, gemeinsam gehen wir durchs Lazarett. „Und Ihr meint, dass das funktioniert?“, zweifelnd sehe ich sie an. „Sonst würde ich es Euch nicht vorschlagen. Ich werde nach Haven gehen und Schwester Leliana die Namen all jener Klerikerinnen geben, die einem Treffen mit Euch zustimmen werden. Der Rest liegt bei Euch. Doch eines solltet Ihr wissen: Ihr seit zu großem berufen“, damit wendet sich Mutter Giselle von mir ab. Diesen Satz habe ich doch schon einmal gehört.
 

Flashback

5 Jahre zuvor in der Kocari Wildnis

Ich renne. So schnell mich meine Beine tragen stürme ich quer durch die Kocari Wildnis. Fort von dem Schlachtfeld. Fort von all dem Blut und Tod. Fort von jenem Ort, wo mein Halbbruder und mein Mentor ihr Leben lassen, damit ich entkommen kann. Weil sie sagen, dass mein Leben wichtiger sei.
 

Vor mir erhebt sich eine einfache Hütte. Aus dem Kamin steigt Rauch auf. „Da seit Ihr ja“, eine Stimme in meinem Rücken lässt mich zusammen fahren. Sofort ziehe ich meine Dolche, ehe ich mich langsam umwende. Eine ältere Frau steht vor mir. Beschwichtigend hebt sie ihre Hände: „Aber, aber meine Liebe. Ich plane nicht Euch anzugreifen. Ganz im Gegenteil. Ich wusste, dass Ihr kommen würdet. Aber nun, begleitet mich doch zum Feuer. Euer Bruder wird sehr erfreut sein, Euch gesund und munter zu sehen“, dabei deutet sie mir, sie zu begleiten. Unsicher, lauernd folge ich ihr. Suche nach der Falle, in die sie mich zu locken versucht. Und doch, kann ich keine finden. Kann keine Lüge entdecken.
 

Am Feuer angekommen fällt mir sofort ein junger Mann ins Auge. Zusammengesunken sitzt er dort und starrt abwesend in die Flammen. „Nun, zieht nicht ein Gesicht, als stünden uns sieben Jahre Winter bevor“, wendet sich die Fremde an diesen. Ungestüm steht er auf und funkelt sie böse an: „Tahri ist schwer verletzt, meine Kameraden und unzählige Soldaten sind bei Ostagar gefallen. Unter ihnen Menschen, die mir wichtig waren. Und Ihr verlangt von mir, dass ich mit der Sonne um die Wette strahle?!“ „Das nicht gerade, aber Ihr habt nicht all jene verloren wie Ihr glaubt...“, setzt die Alte wieder an. Doch ich kann mich nicht mehr zurückhalten. „Alistair“, mit einem Schluchzen werfe ich mich in die Arme des Mannes, meines Bruders. Verzweifelt klammere ich mich in seine Rüstung. Überrascht, nahezu ungläubig blickt er auf mich herab. „Leyla...“, leise haucht er meinen Namen. Dann umschließen mich seine Arme. Halten mich und geben mir Halt. „Du lebst“, fassungslos aber auch erleichtert drückt er mich etwas näher an sich. „Seht Ihr. Eure Schwester ist noch am Leben. Sie hat keine Verletzungen davon getragen, auch wenn sie das dem König und Eurem Mentor verdankt. Aber die beiden wussten, dass es wichtig war, dass sie nicht in dieser Schlacht stirbt, auch wenn Logain das wohl nicht gefallen wird“, meint die Fremde. „Wie meint Ihr das, es war wichtig, dass ich nicht sterbe?“, frage ich sie überrascht. „Ihr seit zu Großem berufen, Leyla, auch wenn Ihr mir das jetzt vielleicht nicht glauben mögt. Aber dass Ihr heute noch lebt, beweist, dass er sein Versprechen gehalten hat und das ist gut so. Eine dunkle und beschwerliche Zukunft liegt vor, doch werdet Ihr in jenen Zeiten auch treue Freunde finden, die Euch zur Seite stehen werden. Und wenn diese dunkle Zeit vorbei ist, werdet Ihr mit einem glücklichem Lächeln auf den Lippen in eine strahlende Zukunft voller Liebe blicken. Vertraut mir“, erwidert diese. „Wir kennen nicht mal Euren Namen und Ihr gebt vor, die Zukunft zu kennen“, argwöhnisch mustert mein Bruder die Alte. „Die Chasind nennen mich Flemeth, das dürfte als Namen genügen eben so wie jeder andere. Und ja ich kenne Eure Zukunft. Vor mehr als zwanzig Jahren sagte ich sie eurem Vater voraus und rang ihm ein Versprechen ab. Jenes hat er gehalten, denn sonst ständet ihr beiden jetzt nicht vor mir. Ferner wird das, was ihr geheimzuhalten versucht, schon bald ans Licht kommen. Und ihr beide werdet euren rechtmäßigen Namen wieder annehmen“, erklärt diese.

Flashback Ende
 

Flemeth sollte recht behalten. Nur wenige Wochen nachdem wir von ihrer Hütte gemeinsam mit ihrer Tochter Morrigan aufgebrochen waren, fand das Landthing statt, in welchem wir unseren Erb- und in Alistairs Falle Thronanspruch durchsetzten. „Tse... Mylady wo seit Ihr nur schon wieder mit Euren Gedanken. Dabei steht vor Euch einer der bestaussehenden Männern in ganz Thedas und Ihr ignoriert ihn“, eine bekannte Stimme entreißt mich meinen Gedanken. „Seltsam, ich kann ihn gar nicht sehen“, necke ich meinen Freund und Weggefährte. „Oh, was seit Ihr doch grausam, meine Verehrteste“, gespielt entsetzt legt sich der Elf vor mir an den Rücken seiner rechten Hand an die Stirn. Ich kichere leise: „Ach Zev, es tut gut dich zu sehen.“ „Zu mindestens ist der trübsinnige Ausdruck verschwunden. Wenn ich mich recht entsinne, sollte ich her kommen?“, erwidert der blinde Elf jetzt wieder gutgelaunt. „Nicht direkt hierher, aber das Ergebnis ist das gleiche. Wo hast du Fenris gelassen?“, ich deute ihm, mir zu folgen. „Der ist schnurstracks nach Haven. Hat mir nicht geglaubt, als ich ihm sagte, dass Ihr Euch hier in der Nähe aufhaltet“, Zevran, von seinen Freunden Zev genannt, zuckt mit den Schultern. „Was macht Ihr alleine hier in den Hinterlanden, Mylady?“ „Ich bin nicht alleine“, korrigiere ich ihn. „Wie ist das Gespräch gelaufen?“, begrüßt mich Cassandra, Zevran einen abschätzenden Blick zu werfend. „Gut schätze ich. Mutter Giselle wird Schwester Nachtigall die Namen der Klerikerinnen nennen, die sich mit uns treffen würden. Sie meinte, wir sollten versuchen ihre Geschlossenheit zu zerstören, denn darin läge ihre größte Stärke. Und bevor Missverständnisse aufkommen: Der Mann an meiner Seite ist Zevran, einer der beiden, die Anders herbestellt hat. Auf den anderen werden wir erst in Haven treffen“, dabei deute ich auf den Assassinen. „Und Zevran dies sind Cassandra und Solas. Varric kennst du ja. Wie lief es bei euch? Habt ihr etwas über Meister Denett erfahren können?“ „Leider nur, dass er sich in seinem Gestüt verschanzt hat. Uns bleibt wohl nichts anderes übrig, als ihn dort direkt um Unterstützung zu bitten“, antwortet mir Cassandra. „Dann sollten wir aufbrechen. Vielleicht schaffen wir es dann noch heute Abend wieder in Haven zu sein“, erwidere ich.
 

Das Gestüt von Meister Denett liegt in der Umgebung der Wegkreuzung. Nach nur einer halben Stunde Marsch erreichen wir es. Stille hängt über dem Gestüt. Laut donnernd klopfen wir an die Tür des Wohnhauses: „Meister Denett? Seit Ihr da?“ Schritte erklingen im Inneren und sie wird uns geöffnet: „Wer seit Ihr, dass Ihr stört?“ Ein Mann, vermutlich Meister Denett selbst, steht im Türrahmen. Finster starrt er zwischen uns hin und her, bis sein Blick kurz an dem Wappen auf Zevrans Rüstung und schließlich an mir hängen bleibt. „Beim Erbauer und der heiligen Andraste. Euer Hoheit, bitte verzeiht mein schlechtes Verhalten. Tretet doch ein“, eilends tritt er zur Seite, gewährt uns Einlass. Varric sieht mich mit einem schiefen Grinsen an, ganz so als wolle er sagen, dass es doch nie schaden könne, in der Gesellschaft einer Prinzessin zu reisen. Solas, der der Tür am nächsten steht, deutet mir vorzugehen. Seiner stummen Aufforderung folgend, trete ich vor den anderen ein.
 

„Es ist mir eine Freude, Euch auf meinem Gestüt zu begrüßen, Mylady. Was verschafft mir diese unerwartete Ehre?“, wendet sich Denett an mich. „Ich ersuche Euch im Namen der Inquisition, um Euch um Pferde zu bitten“, erwidere ich ruhig. „Dann stimmen die Gerüchte also, dass Ihr Euch der Inquisition angeschlossen habt. Selbstverständlich bin ich bereit Euch nach Kräften zu Unterstützen, Mylady. Jedoch bitte ich um Euer Verständnis, dass ich Euch die Pferde nicht einfach schicken kann. Hier in der Umgebung gibt es ein starkes Wolfsproblem und ich möchte nur verhindern, dass meine Pferde als deren Frühstück enden“, erklärt Denett sich. Die anderen halten sich aus dem Gespräch raus. Hier ist Geschick gefragt, sonst kann die Inquisition die Pferde vergessen. „Ich verstehe. Selbstverständlich werden wir uns zuvor um dieses Problem kümmern. Im Anschluss daran wird einer unserer Leute vorbeikommen und Euch darüber unterrichten. Gibt es sonst etwas was wir tuen könnten? Die Leute unten an der Wegkreuzung benötigen dringend Hilfe. Wäre es möglich, dass Ihr und die anderen Bauern hier ihnen Unterstützung zukommen lasst?“, frage ich weiter. „Selbstverständlich wäre es möglich, Mylady, nur... die Bewohner dort sind nicht in der Lage sich selbst zu schützen. Ich will mir keine Unbarmherzigkeit nachsagen lassen, aber Banditen, Plünderer, die aufständischen Magier und die Templer würden sie wohl sofort überfallen“, gibt der Pferdemeister zu bedenken. In seinen Augen sehe ich, dass es ihm Ernst mit seinen Worten ist. „Wo Ihr zweifelsohne recht habt. Auch mir ist auf dem Weg die geringe Sicherheit hier aufgefallen. Ein Problem, dem sich die Inquisition annehmen wird. Wären wir damit im Geschäft? Wir organisieren Wachtürme und lösen das Wolfsproblem und im Gegenzug erhalten die Flüchtlingen Unterstützung und die Inquisition ihre Pferde, letztere natürlich gegen eine entsprechende Bezahlung?“, schlage ich ihm den Handel vor. „Wir sind im Geschäft, Euer Hoheit. Wobei Ihr und Eure Begleiter sofort entsprechende Pferde erhalten. Doch sagt mir, benötigt Ihr noch einen Stallmeister? Ich möchte nicht, dass den Pferden der Inquisition eine schlechtere Behandlung zuteil wird, als denen des Arls von Redcliff“, stimmt er dem Angebot zu. „Ich denke, die Inquisition hat soeben ihren Stallmeister gefunden“, erwidere ich, was von Denett mit einem Lächeln zur Kenntnis genommen wird. Danach wende ich mich an meine Kameraden: „Also dann, auf zurück nach Haven!“
 

Das Wetter ist uns jedoch nicht wohlgesonnen und so erreichen wir Haven erst am darauffolgendem Spätmittag. Dort werden wir bereits von den Beratern erwartet. „Mylady, Ihr seit wieder zurück. Gestern Abend traf ein Elf ein, der behauptet, zu Euch zu gehören. Anders hat dies zwar bestätigt, aber die Stimmung im Lager ist, nun ja...“, setzt Josephine an. „Erschreckend. Jeder weicht ihm aus“, fährt Cullen an ihrer Stelle fort. „Hat er etwas angestellt? Anders ist nur begrenzt dazu in der Lage, ihn zurückzuhalten“, hake ich nach. Leliana bestätigt meine Vermutung: „Wir mussten ihn davon abhalten, auf einige Magier loszugehen, als diese...“ Ruckartig wird sie von lautem Geschrei unterbrochen. Zevran und ich tauschen einen Blick aus, ehe wir gleichzeitig in die Richtung des Lärms losstürmen. Dort steht Fenris, der sich scheinbar mit einigen Magiern angelegt hat und dabei auch noch von den Templern unterstützt wird. „Fenris!“, scharf erklingt meine Stimme quer über den Platz. Er stoppt in seinen Bewegungen, sein wachsamer Blick wendet sich mir zu. Entschlossen schreite ich auf ihn zu: „Was soll dieser Tumult hier? Die Magier sind nicht unsere Feinde!“ Er ballt die Hände zu Fäusten. Die Templer sind bereits ausgewichen, da auch Cullen knapp hinter mir über den Platz geht. „Fenris, wir hatten das schon oft genug. Ich erwarte, dass du meinem Urteil vertraust. Es steht dir nicht zu, Mitglieder der Inquisition anzugreifen“, vor ihm bleibe ich stehen. „Ich weiß, es ist nur...“, er bricht ab. „Ich höre“, energisch bleibe ich bei meinem Vorhaben, die Parteien zu trennen. Zevran steht sicherheitshalber neben mir, bereit den anderen Elfen jederzeit zu Boden zu ringen. Es ist lange her, dass Fenris derart auf Magier reagiert hat. „Sie gaben Euch die Schuld an all dem Chaos, Leyla. Da, konnte ich mich nicht mehr zurückhalten“, gesteht mir der Krieger. Für ihn war ich vom ersten Moment an Leyla, nicht Prinzessin, Herrin oder Mylady. Zwar duzt er mich auch dann nicht, wenn wir unter uns sind, aber er respektiert mich und trat damals freiwillig in meine Dienste als Ritter. Er ist mir ein guter Freund und Gefährte. Cullen wendet sich nun an die Magier: „Entspricht dies der Wahrheit?“ Kleinlaut geben die Magier zu, dass die Aussagen Fenris stimmen. „Ich sage es euch jetzt zum allerletzten Mal: Der Herold Andrastes bzw. die Prinzessin von Ferelden, Leyla Theirin, hat weder den Tod der Göttlichen sonst was, was zu diesem Chaos geführt hat, zu verantworten. Sie ist ein Teil der Inquisition und es wird von euch erwartet, dass ihr das akzeptiert, andernfalls steht es euch frei zu gehen!“, scharf tönt die Stimme des Kommandanten über den Platz. „In Zeiten wie diesen brauchen wir nicht noch mehr Zwietracht, sondern müssen Seite an Seite stehen, um die Ordnung wiederherzustellen!“ Die Templer salutieren und die Magier verneigen sich leicht, zur Verwunderung aller. Die Zurechtweisung scheint angekommen zu sein.
 

Nachdem sich die Templer und Magier zurückgezogen haben, wende ich mich erneut Fenris zu. Nach wie vor ist er nicht damit einverstanden, dass die Magier ohne Strafe davon kommen. Doch ihm entgeht auch mein strenger Blick nicht, dem ich ihm zuwerfe. Ich war von Anfang an streng mit ihm, wenn es um den Umgang mit Magiern ging. Das werde ich jetzt sicher nicht ändern. Sein Blick gleitet in eine unbekannte Ferne, zurück in die Zeit, in der er unter Danerius gelitten hat. Ein Seufzen entweicht mir, ehe ich die Distanz zu dem Elfen mit den weißen Haaren überwinde und ihn ohne zu zögern umarme: „Die meisten Magier sind anders, als die, die dir das alles angetan haben. Fenris, gib ihnen eine Chance. Sie werden dir nie wieder weh tuen. Er wird dir nie wieder weh tuen. Lass diesen Teil endlich ruhen. Lebe nicht länger in der Vergangenheit.“ Meine Stimme ist sehr sanft. „Ihr habt recht. Ich habe schon lange damit abgeschlossen und sollte meinen Blick nicht mehr darauf richten“, murmelt er leise. Lächelnd löse ich mich von ihm: „Vergiss nicht, du bist nicht mehr alleine. Du hast Freunde an deiner Seite.“ Der leichte Anflug eines Lächelns umspielt seine Mundwinkel. Ich mache auf den Hacken kehrt und schenke nun den Beratern der Inquisition meine Aufmerksamkeit: „Wir haben einiges in den Hinterlanden erfahren.“ „Dann sollten wir unser weiteres Vorgehen besprechen“, beschließt Josephine. Nickend stimmen Cassandra, Cullen und Leliana dem zu und gemeinsam mit ihnen und Josephine begebe ich mich in den Ratsraum.
 

„Die Idee von Mutter Giselle könnte durchaus funktionieren. Sie hat recht mit ihrer Aussage, dass die Macht der Kirche in ihrer Geschlossenheit besteht. Wenn wir diese zerstören, werden sie uns vielleicht nicht weiter in aller Öffentlichkeit schlecht machen. Ich werde umgehend die betreffenden Klerikerinnen informieren und ein Treffen in Val Royeaux organisieren“, erklärt Leliana. „Das ist gut“, Josephine notiert die gesamte Zeit über einiges auf ihrem Klemmbrett. „Das Problem mit den Wölfen und den Wachtürmen übernehmen zwei Truppen. In vier bis fünf Tagen dürfte das erledigt sein“, Cullen positioniert einige Markierungen an bestimmten Stellen um die Wegkreuzung, die er als geeignet empfindet. „Ich stelle Euch zusätzlich einige meiner Spione zur Verfügung, um den Bau der Wölfe ausfindig zu machen“, meint Leliana. Vom Kommandanten erhält sie darauf ein zustimmendes Nicken. „Das ist ein guter Fortschritt“, Josephine scheint zufrieden mit unseren Ergebnissen zu sein. „Ach ja, Leyla, dieser Brief ist für Euch eingetroffen.“ Die Botschafterin überreicht mir einen Umschlag. Auf der Vorderseite steht in geschwungen Buchstaben mein Name, die Rückseite ziert das ein Siegel mit dem Wappen des Königshauses. Irritiert öffne ich den Umschlag und entnehme die Pergamentbögen. Er ist tatsächlich von meinem älterem Bruder:
 

„Meine liebe Leyla,

mir kam zu Ohren, dass das Konklave gesprengt wurde. Ich hoffe, dass du nicht verletzt wurdest und es dir gut geht. Auch bezüglich deinem Mal auf deiner Hand.
 

In Denerim ist das Chaos ausgebrochen. Der Tod der Göttlichen und der meisten hohen Klerikerinnen hat die Kirche und ihre Gläubigen erschüttert. Zudem wurde die Inquisition wieder ausgerufen. Ein Umstand, der mir nicht sonderlich gut gefällt. Überall hört man die Gerüchte über den Herold Andrastes, der die Risse ins Nichts verschließen kann. Leyla, es missfällt mir sehr, dass ausgerechnet du dich für eine solche Sache hergibst. Wir sollten dieses Mal auf deiner Hand schnellstens versiegeln lassen. Das wäre durchaus sinnvoller.
 

Ich weiß, dass du alt genug bist, um deine eigenen Entscheidungen treffen zu können. Aber bedenke bitte, dass du die Prinzessin von Ferelden bist. Du bist eine zu wichtige Person in der Welt, als dass ich zulassen kann, dass dir bei diesem wahnsinnigen Unterfangen etwas geschieht, von der Tatsache, dass es unserem Ruf schadet einmal ganz abgesehen. Ich habe einige Männer entsandt, die dich wieder nach Hause bringen sollen. Mir ist klar, dass ich somit gegen deinen Willen handle, aber es geht nicht anders. Du bist die Erbin des Hauses Theirin, vergiss das nicht.
 

Ferner hat der Sohn des Arls von Amaranthine bei mir um deine Hand angehalten. Ich halte diese Hochzeit für äußerst vorteilhaft, will diese jedoch nicht bestimmen, ohne vorher mit dir darüber geredet zu haben. Sicherlich wirst du dir jetzt denken, wie ich es wagen kann, überhaupt eine politische Hochzeit für dich in Betracht zu ziehen. Ich bin mir durchaus bewusst, dass dir deine Freiheit sehr wichtig ist, aber du und ich, wir beide, haben uns verändert, seit wir vor fünf Jahren dieses, unser Erbe antraten. Es ist unsere oberste Pflicht an das Wohle des Volkes zu denken und dementsprechend zu handeln.
 

In Zeiten des Chaos wie gerade, ist es von höchster Notwendigkeit, dem Volk von Ferelden Sicherheit zu geben. Wenn du als ihre Prinzessin heiratest und im Idealfall auf absehbare Zeit ein Kind zur Welt bringst, ist diese Sicherheit gegeben. Es ist nicht unsere Aufgabe dafür zu sorgen, dass irgendein Loch im Himmel geschlossen wird.
 

Ich hoffe auf dein Verständnis.
 

Dein, dich liebender Bruder,

Alistair“
 

Geschockt starre ich auf den Brief in meinen Händen. Das ist nicht sein Ernst. Das kann er doch nicht wirklich ernst meinen. Stumme Tränen laufen mir über die Wangen. Wie kann er mir so etwas nur antuen? Wie kann er es wagen, mir mein Leben vorschreiben zu wollen. Verräter. Endlicher Verräter. Der Schmerz in meinem Herzen, von dem Menschen, der mir am nächsten stand so verraten zu werden, ist unermesslich. „Leyla, beim Erbauer und der heiligen Andraste, was ist los?“, Leliana stürzt besorgt um den Kartentisch herum auf mich zu und nimmt mich in den Arm. Sie hat mich bislang noch nie weinen sehen. Selbst damals nach Tahris Tod habe ich nicht geweint. Ich hatte keine Zeit dazu, den Tod meiner Freundin zu betrauern, da ein Land im Chaos lag und sich mein Bruder in seine Gemächer zurückgezogen hatte und seine Trauer im Alkohol ertrank. Beruhigend hält sich mich in ihren Armen und streicht sanft über meine langen Haare. Ungeachtet der Tatsache, dass wir uns fünf lange Jahre nicht gesehen haben, ist sie noch immer meine beste Freundin. Noch immer an meiner Seite, wenn ich sie brauche. Wortlos drücke ich ihr den Brief meines Bruders in die Hand. Nach wie vor hält sich mich im Arm, während sie die Zeilen liest. „Dieser... dieser... Bastard! Soll ihn das Nichts holen!“, schimpft sie. „Habt Ihr gerade wirklich den König als Bastard bezeichnet?“, fragt Cullen ungläubig. „Ja, das habe ich. Und Ihr würdet mir ohne Federlesen zustimmen, Kommandant. Da bin ich mir sicher“, Leliana knallt den Brief auf den Tisch. „Was steht denn da drin?“, fragt Josephine vorsichtig nach. „Dieser dreckige, kleine Mistkerl hat seine eigene Schwester verraten! Er hat Männer der königlichen Wache geschickt, um sie wieder nach Denerim zu holen, weil es ja eine Frechheit ohne gleichen ist, dass die Prinzessin von Ferelden sich der Inquisition angeschlossen hat. Das schadet ja dem Ruf. Ferner will er das Mal versiegeln lassen und sie mit dem Sohn des Arls von Amaranthine verheiraten. Geht's noch? Leyla ist eine freie Frau, die selbst über ihr Leben entscheidet. Ach ja, und ein Kind soll sie auch noch kriegen“, redet sich meine Freundin in Rage. „WAS?!“, entsetzt starren nun auch die anderen zu mir. Cassandra schnappt sich ungläubig den Brief, Josephine legt mir mitfühlend die Hand auf die Schultern. „Leyla, gehe ich recht in der Annahme, dass die Wünsche Eures Bruders nicht den Euren entsprechen?“, Cullen kämpft um seine Selbstbeherrschung. Ich wende mich leicht zu ihm und bestätige ihm das mit einem schwachem Nicken. Ein unerklärlicher Ausdruck entsteht in seinen Augen, als er in die meine blickt. „Dann braucht Ihr Euch keine Sorgen machen. Wir werden nicht zulassen, dass Ihr gegen Euren Willen in die Hauptstadt gebracht werdet!“, ernst hält er meinen Blick fest. Die andern stimmen ihm zu.
 

In jenem Moment wird die Tür zum Ratsraum aufgerissen. „Verzeiht, Kommandant, wir konnten ihn nicht aufhalten!“, entschuldigt sich der Soldat, der von einem hochgewachsenem Mann in den Raum gestoßen wird. Der Mann ist um einiges größer als der Soldat, seine weißen Haare sind zu vielen Zöpfen geflochten und auf seiner eisernen Rüstung, die sich so stark von seiner dunklen Hautfarbe abhebt, prangt das Wappen des Königs. Im Türrahmen steht Sten, ein verstoßener Qunari, dessen Mutter ein Mensch war, der Kapitän der königlichen Leibgarde. „Verzeiht die zerstörte Türe. Ich bin hier um Mylady Theirin nach Hause zu bringen“, erklärt er sich. Mein Bruder hat ausgerechnet den Mann geschickt, von dem er wusste, dass er seine Aufgabe ungeachtet allem anderen erfüllen würde. Erschrocken weiche ich von Leliana zurück. Sten tritt auf mich zu, doch bevor er mich erreicht, blitzt eine Klinge auf und ein starker Arm ruht um meine Mitte, welche mich an einen gerüstet Körper drückt. Cullens Stimme durchbricht die gespenstische Stille, welche im Raum herrscht: „Der Herold hat aber kein Interesse daran, Euch zu begleiten.“ „Dies kann ich so nicht akzeptieren. Mein Befehl sieht es vor, sie nach Denerim zurückzubringen“, erwidert der Angesprochene. „Das können wir leider nicht zulassen“, Cassandra zieht nun ebenfalls ihr Schwert. „Cullen, bringt sie hier raus und passt auf sie auf. Wer weiß, wie viele sich da noch rumtreiben“, befiehlt Leliana, ehe auch sie nach ihren Dolchen greift. Der Kommandant nickt und lässt seine Waffe wieder verschwinden. Dann löst sich sein Griff um meine Hüfte, stattdessen greift er nun nach meiner Hand und zieht mich durch eine verborgene Hintertüre nach draußen. Dort kämpfen bereits Zevran, Anders, Fenris, Varric, Solas und die Soldaten gegen einige weitere der Elite des Königs. „He, Löckchen! Wehe du passt nicht gut auf sie auf“, murrt Varric, welcher ganz in unserer Nähe steht und Zevran den Rücken deckt. „Keine Sorge, das werde ich“, damit verstärkt sich der Druck auf meine Hand und er zieht mich weiter.
 

Cullen führt mich in die Berge, wo er hofft, dass wir nicht weiter verfolgt werden. Doch da hat er Sten gehörig unterschätzt. Wir stehen erst seit wenigen Minuten, als er uns auch schon einholt: „Mylady, ich bitte Euch untertänigst den Anweisungen Eures Bruders Folge zu leisten.“ „Vergiss es Sten! Ich werde ihn nicht über mein Leben bestimmen lassen oder mich seinem Willen beugen“, werfe ich ihm an den Kopf. „Mylady, er ist Euer König“, merkt er an. „Er ist nicht mein König. Ein wahrer König würde die Gefahr in der Bresche erkennen und sein Volk nicht im Stich lassen! Er verschanzt sich seit dem Auftauchen der Bresche in seinem Palast! Ich werde ihm nicht folgen! Solch einen Feigling akzeptiere ich nicht als meinen König!“, schreie ich heraus. „Dennoch ist er Euer Bruder, Mylady. Oder wollt Ihr etwa...“, Sten lässt den Rest seines Satzes in der Luft hängen. „Wenn es nötig ist, dann ja“, bestätige ich seine Befürchtung. „Mylady, bitte das könnt Ihr nicht tuen. Ihr wurdet von Eurem Vater anerkannt. Ihr seit die Thronfolgerin, das könnt Ihr nicht machen“, versucht er mich von meinem Verhalten abzuhalten. „Wenn es sein muss, breche ich mit meiner Familie. Dann werde ich die rebellische Prinzessin, die die Ketzer unterstützt. Dann werde ich die verräterische Prinzessin, die sich von ihrem König abgewandt hat. Wenn das von Nöten sein sollte, bin ich bereit diesen Schritt zu tuen. Doch ich bin nicht dazu bereit, das Volk von Ferelden, nein von ganz Thedas im Stich zu lassen. Ich bin die Einzige, die die Risse und somit auch die Bresche selbst schließen kann. Und wenn mich das mein Leben kostet, ich werde meinem Weg folgen. So der Erbauer will, werde ich dabei sterben oder aber das alles überleben“, entschlossen blicke ich ihn an. „Es tut mir Leid, Mylady, aber dass kann ich nicht zulassen“, Sten kommt auf mich zu. Cullen stellt sich schützend vor mich: „Ich werde nicht zulassen, dass Ihr ihr Leid zufügt!“ „Geht zur Seite, ich will keine Unschuldigen verletzen“, antwortet er erstaunlich ruhig. So war Sten schon immer. Ruhig, nicht aus der Fassung zu bringen und treu den Befehlen folgend, die ihm gegeben wurden. Einst kämpfte ich mit ihm Seite an Seite gegen die Dunkle Brut. Doch der Qunari, der damals an meiner Seite gekämpft hat, scheint genauso wie mein Bruder, der damals mit Tahri zusammen war, nicht mehr zu existieren. Ich umfasse meine Dolche: „Ich werde nicht mit dir kommen, Sten. Aber ich kann nicht zulassen, dass du meinem Bruder Bericht erstattest. Es tut mir Leid.“ Dann stürme ich nach vorne, werde eins mit den Schatten, erscheine in seinem Rücken und schlitze ihm die Kehle auf: „Aber ich sehe das Blut an deinen Händen und weiß, dass du meinen Freunden weh getan hast. Das kann ich nicht zulassen. Möge der Erbauer deiner gnädig sein, denn ich kann es nicht.“ „Ihr habt einen Fehler begangen, Euer Ladyschaft“, kommt es schwach über seine Lippen. „Ihr wart derjenige, der den Fehler beging“, erwidere ich kühl. Ich habe den Mann getötet, der die Leibwache meines Bruders angeführt hat. Das Blut klebt an meinen Händen und doch bin ich erstaunlich ruhig.
 

„Geht es dir gut?“, Cullen mustert mich besorgt. „Es musste sein. Mein Bruder würde sonst nie Ruhe geben“, antworte ich ihm mit neutraler Tonlage. Cullen legt einen Arm um mich. „Einst nannte ich diesen Mann einen Freund. Weder von ihm noch von meinem Bruder hätte ich einen solchen Verrat je zugetraut“, meine Stimme bricht. Wortlos zieht er mich in seinen Arm und hält mich, so wie ich ihn damals gehalten habe. Einige Minuten stehen wir so, bis ich mich wieder beruhigt habe. „Danke, Cullen“, murmle ich leise in seinen Fellkragen. „Immer, Leyla“, antwortet er mir und ich entdecke in seinen Augen tiefes Verständnis. „Keine Angst, wir werden dich nie verraten“, spricht er aus, was ich in seinen Augen schon gesehen habe. Ich lächle leicht, ehe ich mich auf die Zehenspitzen stelle und einen Kuss auf seine Wange hauche. Mir entgeht nicht, dass er leicht rot wird. „Komm, die Wachen sollen den hier mitnehmen“, dabei deute ich auf den Leichnam von Sten.
 

Gemeinsam schaffen wir die Leiche zurück nach Haven. Dort toben hat die Inquisition mittlerweile über die königliche Elite gesiegt. Der Hauptmann der Elite tritt auf mich zu: „Hoheit.“ Dann entdeckt er den Leichnam von Sten. „Was... was hat das zu bedeuten?“, geschockte Blicke ruhen auf mir. „Den hier könnt ihr mitnehmen. Richtet meinen hochverehrtem Herrn Bruder aus, dass ich jeden töten werde, den er mir auf den Hals hetzt. Ich werde mich seiner nicht beugen. Ich werde bei der Inquisition bleiben. Solltet ihr einen meiner Freunde verletzen, werde ich kommen und euch dafür töten. Ich breche mit der Familie und stelle mich gegen ihn. Sagt ihm das so. Mit einem Mann, der sein eigenes Volk dem Tode ausliefert, will ich nicht in einem Atemzug genannt werden“, eiskalt blicke ich die Männer meines Bruders an. Dann bemerke ich das Josephine an der Wand gelehnt steht. Ihr Kleidung ist durchtränkt von ihrem Blut. „Josephine, wer hat Euch das angetan?“, frage ich die Botschafterin. Sie deutet mir mit einem leichten Schulterzucken, dass sie es nicht weiß. „Also, wer von euch Feiglingen hat es gewagt, sie so schwer zu verletzen? Besagten eure Anweisungen nicht, mich nach Hause zu bringen? Was sollte dann dieses Blutbad? Wart ihr dazu angehalten?“, frage ich die Männer. Einer tritt vor: „Nein, es sollte zu keinem Blutbad kommen.“ „Und warum habt ihr dann ohne zu zögern angegriffen?“ Darauf erhalte ich keine Antwort. Mein Blick schweift über die Männer, bis ich einen entdecke, der versucht seine blutverschmierte Klinge zu verbergen. „Ihr da, vortreten!“, fest donnert meine Stimme über den Platz, als ich auf jenen Mann deute. Verängstigt zuckt er zusammen, folgt jedoch meiner Anweisung. „Wie viele Menschen habt ihr heute außer Josephine verletzt?“, emotionslos blicke ich ihn an. „Insgesamt drei Kinder, fünf Frauen und vier Männer fielen ihm zum Opfer. Josephine ist die Einzige die dank Eurem Heiler noch lebt“, Varric tritt vor und eröffnet mir die Liste an begangen Straftaten. Mit einem Nicken in die Richtung des Zwerges wende ich mich wieder an den Mann: „Stimmt das?“ Als sei ich ein Erzdämon höchstselbst starrt mich dieser an. „Ich will wissen, ob das stimmt“, wiederhole ich mich. Panisch nickt er. Aus dem Augenwinkel sehe ich die Leichen des Kampfes. Außer den eben genannten scheint es keine zu geben. Angewidert starre ich ihn an: „Ihr habt unschuldige Dorfbewohner getötet. Kinder!“ „Sie... verdammt.... sie waren mir im Weg“, rechtfertigt er sich. „Ihr habt jene getötet, die Ihr als Ritter des Königs zu beschützen geschworen habt!“, erkläre ich ihm das wahre Ausmaß seiner Tat. „Und das nur, weil sie Euch im Weg waren?!“ Wie kann man derart herzlos sein? Blitzschnell ein Ausfallschritt nach vorne, eine gezielte Bewegung, ein letztes Keuchen des Mannes und er bricht tot zusammen. Die Blicke seiner Kameraden ruhen auf mir. „Nimmt die Leichen mit und geht! Kehrt ihr zurück, erwartet euch der Tod“, damit wende ich mich von ihnen ab. „Ihr habt Euch heute einen mächtigen Feind gemacht. Seine Majestät wird das nicht dulden“, versucht der Hauptmann mich zu bedrohen. „Wusstet Ihr nicht, dass nur die schönsten Rosen Dornen haben? Ich bin der Herold Andrastes und ich werde alles in meiner Machtstehende tuen, um die Ordnung in die Welt zurückzubringen“, finstere Entschlossenheit spricht aus meiner Stimme. In diesem Moment stellt sich die gesamte Inquisition hinter mich. Eilends nehmen die Männer ihre toten Kameraden und ziehen ab.

Die schwarze Prinzessin

Nachdem die Ritter meines Bruders nun endlich das Feld geräumt haben und aus Haven abgezogen sind, kehrt wieder Ruhe in dem Dorf ein. Während hinter mir die Spuren des Kampfes beseitigt werden, starre ich noch lange in die Richtung, in welche die Ritter verschwunden sind. Schon bald wird es jeder in ganz Ferelden wissen. Die Prinzessin hat den König verraten. Denn ich weiß, dass er alles so hinstellen wird, dass ich die Böse bin. „Du hast getan, was du tuen musstest“, Varric stellt sich neben mich. „Damit haben wir viele mögliche Verbündete verloren“, antworte ich ruhig. „Nein, nur jene, die blind sind und die hätten uns eh nicht geholfen“, Leliana bezieht Stellung an meiner anderen Seite. „Noch immer steht das Volk hinter dir, denn sie werden sehen, was die Adligen nicht sehen wollen: Dass du ihnen hilfst.“ „Wunderbar, also der nächste Bürgerkrieg? Ist ja nicht so, als wäre der letzte erst fünf Jahre her“, kommt es von mir. „Ihr habt heute Stärke bewiesen, Herold. Die Leute werden Euch folgen, egal was die Kirche oder der König sagen werden“, Josephine gesellt sich zusammen mit Cassandra und Cullen zu uns. „Das sehe ich ähnlich. Ihr steht hinter Euren Überzeugungen“, stimmt ihr die Sucherin bei. „Wenn der König die Bresche nicht als Gefahr sieht, dann ist das sein Problem. Wenn er die Hilfe der Inquisition ablehnt, soll er das ruhig tuen. Niemand wird ihn dazu zwingen. Wenn das sein Untergang wird, dann hat er es nicht anders gewollt“, meint Cullen. Ich lächle schwach in die Runde. Leliana stößt mir leicht in die Seite: „Erinnerst du dich noch an die Strategiebesprechung für unsere letzte Schlacht bei der Verderbnis? Allen hielten deinen Plan für das reinste Selbstmordkommando, aber sie hat so auf deine Entscheidungen vertraut, dass sie vor allen Generälen deinen Plan durchgesetzt hat. Und er ging wunderbar auf. Die Truppen hatten nur geringe Verluste zu verbuchen, dank der Tatsache, dass du den Plan entwickelt hattest. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie Arl Eamon meinte, dass wir mit dir an unserer Seite eine Strategin hätten, die selbst Logain zu fürchten hätte. Was macht der König jetzt, da er seine beste Strategin verloren hat?“ „Logain wieder ausbuddeln?“, frage ich sie. Wir blicken uns an und brechen in Gelächter aus. Varric sieht sich fragend um. „Logain war der General der Truppen des Königs schon unter König Maric. Dieses Amt führt er unter König Cailans Herrschaft fort. Nach dessen Tod schwang er sich selbst zum Regent von Ferelden herauf. Er galt als der beste Stratege von Ferelden. Nun ja, bis er sich mit Leyla im Landthing messen musste. Schlussendlich wurde er von ihrem Bruder enthauptet“, Leliana nennt die wichtigsten Dinge, die man über Logain wissen musste. Auch wenn da vieles fehlte. Aber die Kurzform musste dem Zwerg genügen und scheinbar tut sie es auch. „Na dann hat der König jetzt wohl wirklich ein Problem“, meint er. „Nur wenn es zu einem Bürgerkrieg kommt“, gibt Cullen zu bedenken. „Was wir alle jetzt nicht hoffen wollen. Ein Bürgerkrieg würde das Land nur noch weiter spalten, als es ohnehin schon ist“, mit einem Seufzen wende ich mich ab. „Es ist nicht deine Schuld“, Zevran steht unvermittelt hinter mir. Verblüfft blicke ich zu ihm auf: „Ich habe mich öffentlich gegen den König aufgelehnt, Zev.“ „Weil du weißt, dass seine Taten falsch sind. Du hast das Richtige getan“, ernst hält der blonde Elf meinen Blick gefangen. Der Rest nickt zustimmend. Ein ehrliches Lächeln, nicht so schwach wie das letzte, erscheint auf meinen Lippen. Ja, Zevran hat Recht.
 

Drei Tage lang haben wir Ruhe um unsere nächsten Schritte zu planen. Drei Tage, in denen wir uns auf das Treffen mit den Klerikerinnen in Val Royeaux vorbereiten. Doch dann wird auch diese Ruhe wieder zerstört, in Form eines Spähers Lelianas. Eilends ruft sie eine Ratsversammlung ein. „Was ist los?“, angespannt warten wir darauf, zu erfahren, weshalb sie uns hat herkommen lassen. „Ich wusste ja, dass der König reagieren würde, aber das was er getan hat ist wirklich... . Mir fehlen die Worte“, beginnt sie. Dann deutet sie dem anwesenden Späher, Bericht zu erstatten. „Späher Harris, Mylady. Euer Bruder, der König von Ferelden, hat Euch zu einer Rebellin erklären lassen. Ferner bezichtigt er die Inquisition des Hochverrates und beschuldigt diese, mit Hilfe von Blutmagie Euren Willen gebrochen zu haben, damit Ihr sie unterstützt. Im Zuge dessen hat er Euch zur schwarzen Prinzessin des Reiches ernannt. Manche nennen Euch auch schwarze Rose. Er tat sein Bedauern über den Verlust kund, Euch an die Ketzer verloren zu haben“, beendet der Spion seinen Bericht. „Ihr könnt wegtreten“, richtet Leliana kurz das Wort an ihn. „Sehr wohl, Schwester Nachtigall“, er salutiert und verlässt den Raum.
 

„Wir haben somit ein durchaus ernsthaftes Problem“, kommt es etwas verstimmt von Josephine. „Er hat uns die Möglichkeit, in Ferelden Verbündete zu finden verbaut, da er uns die Blutmagie unterstellt.“ Cullens Hand donnert wütend auf den Tisch: „Wir haben ja auch nichts besseres zu tun, als verbotene Magie zu benutzen.“ „Cullen, beruhigt Euch. Es ist nicht unmöglich, hier noch Verbündete zu finden. Wenn wir beweisen, dass dem nicht so ist, können wir immer noch welche bekommen“, gibt Leliana zu bedenken. Ich stimme ihr zu: „Leliana hat Recht. Ich werde Bann Teagan um ein persönliches Gespräch bitten. Er steht zwar hinter dem Hause Theirin, doch die Taten meines Bruders stehen bei ihm schon seit einiger Zeit in Missgunst. Ich bin mir sicher, dass er uns anhören wird.“ „Das könnte funktionieren“, Josephine macht sich eilends Notizen. „Das ist zu gefährlich. Er könnte uns auch genauso gut in einen Hinterhalt locken“, Cullens offensichtliches Misstrauen gegen Teagan wundert mich. „Das könnte er ja, aber das wird er nicht. Teagan steht hinter dem Volk. Schon im letzten Bürgerkrieg stand er offen gegen Logain“, bemerke ich. „Wir werden das Risiko eingehen müssen. Im Zweifelsfalle endet es eben in einem Kampf“, auch Cassandra steht hinter dem Vorschlag, sodass Cullen kaum noch dagegen ankommt. „Dann bitte ich Euch darum, Euch ins Bannorn zu diesem Treffen begleiteten zu dürfen, Herold“, verlangt Cullen, sich seine Niederlage eingestehend. Mit einem einstimmigen Nicken wird dem stattgegeben. „Soll ich dann einen Brief aufsetzen?“, auch Josephines Vorschlag wird abgenickt. „Eines verstehe ich nicht. Was soll das mit der schwarzen Prinzessin?“, verwirrt sieht die Sucherin zu mir rüber. „Das geht auf eine alte Legende zurück, wenn ich mich nicht irre. Aber ich kenne sie nicht“, auch Lelianas Blick wendet sich mir zu.

„Ich hab schon verstanden. Ja, es geht tatsächlich auf eine Legende zurück, nämlich die der schwarzen Kaiserin: Vor langer Zeit, als Thedas noch unter der Herrschaft von Tevinter stand, begannen ja einige Adlige gegen das Reich zu rebellieren. Nachdem sie die Vints erfolgreich in den Norden zurückgedrängt hatten, machten sie sich darüber Gedanken, wie es nun weitergehen sollte. An der Spitze dieser Rebellion standen zwei Geschwister. Für die Rebellen stand es außer Frage, dass diese das neue Königreich regieren sollten, doch die Geschwister waren sich uneins. Während der Bruder als der Ältere der Beiden an Traditionen festhalten wollte, wollte seine Schwester Reformen. Sie wollte nicht, dass alles so weiterging, wie bisher. Zumal sich auch der Glaube der beiden in vielen Ansichten unterschied. Sie hielt die Kirche als einen wichtigen Stützpfeiler des Friedens und wollte ihr mehr Macht zuteil werden lassen, während er der Kirche so wenig Einfluss wie nur möglich geben wollte. Dennoch konnten sie sich irgendwann auf einen Mittelweg einigen. So wurde der Bruder zum König gekrönt, während sie als Prinzessin an seiner Seite stand und ihn unterstütze.

Eine zeitlang funktionierte dieses Konstrukt. Aber dann hörte der König immer weniger auf seine Schwester. Er erhob irreal hohe Steuern und behandelte seine Bedienstete wie Sklaven. Regelmäßig lies er unschuldige Seelen aus den Gesindevierteln hinrichten oder öffentlich zur Schau stellen. Seine Macht wuchs ihm immer mehr über den Kopf. Der Prinzessin ging das ganze zu weit. Wütend begehrte sie gegen ihn auf. Die Bevölkerung war geteilt in die Anhänger der Prinzessin und der des Königs. Sie wandte sich von ihrem Bruder ab und zog mit allen, egal ob Ritter, Soldat, Handwerker, Kaufmann, Bürgerlicher, Bediensteter oder Bettler, die ihr gegenüber loyal waren und sich auf ihre Seite stellten über das Gebirge. Ihr Bruder hatte dem dort freiem und unbesetztem Land keinerlei Aufmerksamkeit oder aber Interesse geschenkt, da dort zu den Zeiten der Kämpfe alles zerstört wurde. Als sie die Überreste der ehemalig größten Stadt erreichten, wandte sich die Prinzessin an alle, die ihr gefolgt waren und sagte, dass sie hier ein neues Reich erschaffen würden, ein Reich das nicht auf der Seite des ihrem Bruders stand.

Die Prinzessin lies ihren Worten taten folgen. Die Mitteilungen, dass sich ein neues Reich aus der Asche der Zerstörung jenseits des Gebirges erhob, machte schnell die Runde. Zumal die Prinzessin ihr Reich als ein Kaiserreich ausgerufen hatte. Aus Wut über den Verrat seiner eigenen Schwester nannte der König sie die schwarze Kaiserin. Schwarz wie die Nacht in ihren dunkelsten Stunden. Unter der schwarzen Kaiserin erhob sich das Reich Orlais, sie führte das System der Göttlichen ein. Das Kaiserreich Orlais erstarkte zu einer Macht, während jenseits des Gebirges das Königreich Ferelden unter dem Bruder der schwarzen Kaiserin ebenfalls an Stärke gewann.

Dennoch wollte der König nicht akzeptieren, dass seine Schwester sich von ihm abgewandt hatte. Er gab ihr die Möglichkeit, sich wieder zu ihm zu bekennen. Allerdings war die schwarze Kaiserin daran nicht interessiert. Sie wies den Bittsteller ihres Bruders ab. Hartnäckig wie er war, wollte er ihre Entscheidung nicht akzeptieren und entsandte weitere. Erbost über das uneinsichtige Verhalten ihres Bruders bestellte sie ihn an einen bestimmten Punkt ins Gebirge, welcher die Grenze der beiden Reiche bildete. Dort fragte er sie, ob sie sich nicht doch zu ihm bekennen wolle. Die Kaiserin jedoch ahnte, dass ihr Bruder jeden Schritt gehen würde, um zu bekommen was er wollte. Daher gab sie vor, sich wieder mit ihm versöhnen zu wollen und trat auf ihn zu, mit weit geöffneten Armen um ihren über alles geliebten Bruder zu umarmen. Er fiel auf ihre Finte herein und schloss sie in seine Arme. Die Kaiserin warf sich mit ihm in ihren Armen von den Klippen, bevor er dazu kam in irgendeiner Form zu reagieren. Ihre letzten Worte an ihn sollen gewesen sein, dass er nie so naiv hätte sein dürfen, dass sie ihm all das Leid tatsächlich verzeihen würde.

Das Volk von Ferelden warf den Orlaisanern vor, am Tode ihres Königs schuldig zu sein. Doch sie wiesen jedwede Schuld von sich und meinten, dass der König selbst seinen Tod zu verantworten hätte und sie lediglich um den Verlust ihrer geliebten Kaiserin trauern würden.

Schenkt man dieser Legende glauben, so entstand das Kaiserreich Orlais aus dem Königreich Ferelden. Ob sie stimmt weiß ich nicht, aber es ist die einzige, mir bekannte Geschichte über die Entstehung der beiden Reiche nach der Befreiung von Tevinter“, beende ich meine Erzählung.
 

„Kennt Euer Bruder diese Legende?“, hakt Leliana nach. „Ich vermutete schon, sonst hätte er nicht den Vergleich gezogen und mich öffentlich als schwarze Prinzessin betitelt“, erkläre ich ihr. „Will er, dass sich diese Legende etwa wiederholt?“, kommt es ungläubig von Cassandra. „Das wage ich stark zu bezweifeln. Ich vermutete eher, dass er Angst und Misstrauen schüren will. Auch wenn diese Legende den wenigsten bekannt ist, jagt einem der Name schwarze Prinzessin alleine schon Angst ein“, spreche ich meine Vermutung aus. „Es wird uns nicht viel bringen, über seine möglichen Motive zu spekulieren, wir können nur unseren bestmöglichen Vorteil aus der Situation ziehen. Ich werde dann das Schreiben an Bann Teagan aufsetzen und versenden. Warten wir ab, was das ergibt. Zumal in zwei Wochen das Treffen mit den Klerikerinnen stattfindet. Bis dahin können wir nur abwarten“, schließt Josephine die Ratsversammlung. Mit einem letzten Nicken stimmen wir anderen dem zu. Ich stoße mich vom Tisch ab und verlasse den Raum. Ruhe ist das Einzige, was mir durch den Kopf schießt.
 

Es dauert nicht lange bis ich meinen persönlichen Rückzugsort erreicht habe. Auch wenn ich schon damit gerechnet habe, tut es weh zu wissen, dass mein Bruder mich offiziell als Verräterin betitelt hat. Warum hat er das alles nur gemacht? Mit einem Seufzen blicke ich in die Ferne. Wieso nur muss in meinem Leben immer alles schief laufen? In meinen eigenen Gedanken versinkend, bemerke ich die Person nicht, welche sich mir langsam von hinten nähert.
 

Sichtwechsel: Cullen

Es tut mir weh, sie so zu sehen. Sie die starke, junge Frau, die mich damals aus meiner eigenen Dunkelheit befreit hat. Auch wenn ich es mir nicht habe anmerken lassen, ich habe gesehen, dass in ihr etwas zerbrochen ist. Schon vor drei Tagen, als sie diesen Brief bekam, war da ein tiefer Riss. Doch jetzt ist es zerbrochen, das Vertrauen, das sie in ihren Bruder, ihren letzten lebenden Verwandten, hatte. Dass sie in ihre Familie hatte.
 

Lautlos nähere ich mich einer kleinen Anhöhung über dem Dorf. Mir ist schon mal aufgefallen, dass sie dann und wann dort raufgeht. Vor allem in den letzten Tagen. Als ich mein Ziel erreiche, steht sie tatsächlich dort, den Blick in die Ferne gerichtet. Sie wirkt so verloren dort, so einsam, auf mich. Langsamen Schrittes nähere ich mich ihr, jedoch bemerkt sie mich nicht. Erst als ich ihr eine Hand auf die Schulter lege, reagiert sie.
 

Sichtwechsel: Leyla

Eine starke Hand legt sich warm auf meine Schulter. Ertappt fahre ich zusammen und riskiere einen leichten Blick zur Seite. Neben mir steht Cullen. Verblüfft sehe ich zu ihm auf. Er ist der Letzte, mit dem ich gerechnet habe. Meine erste Vermutung galt Anders, der mich regelmäßig aufsucht, seit die Wachen meines Bruders hier waren. „Wie geht es dir?“, fragt er mich ruhig. Mir ist schon aufgefallen, dass er mich mit dem persönlichem Du anspricht, wenn wir unter uns sind. Aber es stört mich nicht, ganz im Gegenteil, es beruhigt mich. „Gut“, antworte ich ihm, den Blick abgewandt, wieder in die Ferne gerichtet. „Du bist eine schlechte Lügnerin“, merkt er an, ehe er mich mit sanfter Gewalt dazu zwingt, ihn anzusehen. Ohne etwas zu sagen, schaue ich ihm einfach in die Augen. Was genau erwartet er jetzt von mir? Ein leises Seufzen verlässt seine Lippen, ehe er mich mit einem Ruck einfach an sich zieht. Ich lasse ihn gewähren. So seltsam es auch klingen mag, aber seitdem ich ihn damals im Turm getroffen habe, fühle ich mich auf merkwürdige Art und Weise mit ihm verbunden.
 

Cullens Arme umfangen mich und ich verberge mein Gesicht im Fellkragen seines Mantels. Er sagt nichts, sondern hält mich einfach nur fest in seinen Armen. Spendet mir dadurch Ruhe und Zuversicht. Nur seine Anwesenheit alleine beruhigt mich bereits. In diesem Moment gestatte ich es mir, mich fallen zu lassen. Einfach darauf zu vertrauen, dass er mich auffängt und sicher halten wird. Denn ich bin mir sicher, dass auch er dieses Band zwischen uns fühlen kann.
 

Bis zum Sonnenuntergang stehen wir so auf der kleine Anhöhe. Langsam schwindet das letzte Licht des Tages. „Wir sollten langsam zurück. Die anderen sorgen sich bestimmt schon“, murmle ich in den Fellkragen. Auch wenn ich lieber hier oben mit ihm stehen bleiben würde. „Das klang nicht sehr überzeugend“, lacht Cullen leise. Ich gebe darauf nur einen unverständlichen Laut von mir, was ihn wieder zum lachen bringt. „Vermutlich hast du aber Recht. Ich kann es zwar nicht genau erkennen, aber ich glaube, Anders stellt da unten bereits alles auf den Kopf auf der Suche nach dir“, erwidert er. „Hm... er sorgt sich zu schnell“, entkräfte ich das Gesagte. „Kann es sein, dass du und er...“, den lässt Rest er in der Luft hängen. Überrascht schnellt mein Blick zu ihm hoch. Cullen konzentriert sich aber auf einen unbekannten Punkt in der Ferne. „Mit Anders? Nein, wie kommst du darauf?“, neugierig sehe ich ihn aus meinen braunen Augen an. „Nun ja, ihr wirkt sehr vertraut miteinander“, gesteht er. „Schon, aber das liegt daran, dass es wohl wenig gibt, was er an mir noch nicht gesehen hat“, einen Moment nachdem ich diese Aussage getätigt habe, fällt mir ein, dass man das ja nur falsch verstehen kann. Entsetzt zieht er die Luft ein, als ich auch schon anfange meine Satz zu erklären: „Warte, so habe ich das nicht gemeint. Ich hatte mit keinem der drei ein Verhältnis oder Sex. Es kommt nur halt vor, dass ich hin und wieder schwer verletzt werde und dass er mich daher schon knapp bekleidet gesehen hat, weil er einer der wenigen Heiler ist, denen Fenris traut. Fenris ist sehr misstrauisch was Magier betrifft und Anders ist der Einzige, den er als meinen Heiler akzeptiert hat. Würde ein anderer Magier, beispielsweise Solas, versuchen mich zu versorgen, wäre die Wahrscheinlichkeit, dass er von Fenris getötet wird, ziemlich hoch.“ „Er hasst Magier im allgemeinem oder?“, bilde ich mir das ein, oder ist Cullen wirklich darüber erleichtert, dass ich kein Verhältnis zu Anders habe? „Ja, aber das kann ich gut nachvollziehen. Schließlich war es ein Magier, der ihm sehr großes Leid zugefügt hat“, auch mein Blick gilt nun dem Dorf. „Und niemand Besonderem gilt dein Interesse?“, fragt er mich unvermittelt. Ich lege den Kopf schief und mustere ihn: „Vielleicht. Was ist mit dir? Gilt dein Interesse jemandem?“ Sein Blick findet den meinen. „Nicht in Kirkwall“, antwortet er mir geheimnisvoll.
 

Einen Moment schwebt die Stille zwischen uns, ehe wir uns gemeinsam auf den Rückweg nach Haven machen. Wir kommen gerade rechtzeitig, um zu verhindern, dass Anders auf seiner Suche das Quartier von Leliana auseinander nimmt. Leli wäre wohl an die Decke gegangen. Ja, sie wäre definitiv an die Decke gegangen. Ich kenne sie schließlich. Erleichtert kommt mir der blonde Magier entgegen: „Ich habe schon überall nach Euch gesucht, Mylady. Geht es Euch gut?“ „Natürlich, Anders. Es besteht kein Grund zur Besorgnis. Ich brauchte nur etwas Ruhe“, erkläre ich ihm. Er nickt langsam: „Darf ich mir Euer Mal noch einmal ansehen, Mylady?“ „Kommandant, wäre dann alles so weit geklärt, oder gibt es noch etwas, das besprochen werden muss?“, wende ich mich zu Cullen um. Erst scheint er verwirrt, doch dann versteht er, dass ich so einen Grund liefere, warum wir zusammen zurückgekommen sind: „Nein, Herold. Ich danke für Eure Zeit.“ „Jederzeit“, erwidere ich. Mit einem Wink gebe ich Anders zu verstehen, mir zu folgen.
 

„Was genau wollte der Kommandant von dir?“, als die Tür der Hütte, in welcher ich untergebracht wurde zufällt, lässt Anders wieder die äußert höflich Ansprache. Wenn wir unter uns sind wechseln wir immer in die persönliche Anrede. Zevran spricht mich in manchen Momenten auch so persönlich an, allerdings nur, wenn er es für nötig hält. Obwohl genau die Freundschaft und das Vertrauen zwischen uns vieren so wichtig ist, ändert das nichts an den formalen Sachen. Sie sind Ritter, ich bin ihre Herrin, die Frau, der sie ihre Treue und Loyalität geschworen haben. Nach außen müssen wir diese Distanz wahren, um unnötigen Gerüchten vorzubeugen. „Nichts besonderes, es war eine persönliche Angelegenheit“, weiche ich ihm aus. „Ah ja, persönlich...“, wissend grinst er mich an. Ich lasse mich auf dem Bett nieder, während sich Anders den Stuhl heranzieht und meine Hand mit dem Mal zu untersuchen beginnt. Seit die Bresche den Himmel ziert macht er das regelmäßig. Noch immer ist es für uns unerklärlich, woher dieses Mal kommt.
 

„Kann es sein, dass du den Kommandanten von irgendwoher kennst?“, neugierig sieht er mich. „Wie kommst du darauf?“, ich entziehe ihm meine Hand, da ich weiß, dass er mit der Untersuchung fertig ist, sonst würde er nicht anfangen zu quatschen. „Vielleicht bilde ich mir das ja alles nur ein, aber ich glaube, ihm liegt etwas an dir. Ihr beiden wirkt wenn ihr zusammen seit so, als ob ihr euch schon ewig kennen würdet. Und dir scheint etwas an ihm zu liegen, wenn du persönliche Belange mit ihm besprichst. Es ist als ob zwischen euch irgendetwas wäre. Schwer zu beschreiben, aber ich bin mir sicher, dass du weißt, was ich meine“, erklärt Anders seine Worte. „Dann hast du es nicht gesehen“, schließe ich aus ihnen. „Gesehen?“, nun wirkt er irritiert. „Damals als ich dir mit Gerechtigkeit half“, löse ich das Rätsel. „Nein. Nur wenige deiner Erinnerungen sind auf mich übergegangen, größtenteils außer deiner Kindheit und ein paar über eine Dalish die neuer zu sein schienen. Wenn ich daran denke, wie viel auf dich übergegangen ist, wird mir ehrlich gesagt schlecht“, antwortet er mir. „Was deine Ausgangsfrage betrifft: Ja, ich kenne den Kommandanten aus... einer längst vergangenen Angelegenheit“, beantworte ich ihm nun seine Frage. „Aus der Zeit, über die du nie sprichst?“, Sorge tritt in seine Augen. Das ist eben Anders. Seit er mich kennt, versucht er für mich da zu sein, so wie ich für ihn da war. Trotz allem lasse ich weder ihn, noch Zevran oder Fenris so nahe an mich heran, dass ich ihnen alles erzählen würde. Sie versuchen mir nur zu helfen, das weiß ich. Aber ich rede halt über vieles nicht, vermutlich weil ich selbst noch nicht damit fertig bin, weil ich manches, obwohl es schon Jahre her ist, noch nicht verarbeitet habe. „Ja, aus jener Zeit“, bestätige ich seine Vermutung. „Aber vermutlich weiß er wie Zevran auch nur einen Bruchteil“, mutmaßt er weiter. „Zevran weiß mehr über damals, kennt Cullen aber nicht“, damit mache ich seinen unausgesprochenen Hintergedanken, den Assassinen dazu zu befragen, zunichte. „Du kennst mich zu gut“, seufzt der Magier. „Das stimmt wohl“, ich lache leicht. „Also gut, ich weiß, dass wir nur gute Freunde für dich sind. Aber du weißt, dass du immer zu uns kommen kannst, ja? Wir sehen, wie sehr dich die Sache mit deinem Bruder mitnimmt. Leyla, wir stehen immer hinter dir, komme was wolle. Da können noch zehn Erzdämonen auftauchen, wir sind immer an deiner Seite. Das haben wir dir geschworen, weil wir es ernst meinen. Vergiss das nie. Du brauchst dich nicht einem von uns anzuvertrauen, wir haben Verständnis dafür, dass es Dinge gibt, die du nicht mit uns besprechen möchtest. Nur versprich mir eins: Öffne dich jemandem, dem du aus vollstem Herzen vertrautest. Rede mit jemandem über jene Zeit. Es ist mir egal mit wem, aber weder ich noch Fenris oder Zevran wollen mitansehen, wie dich deine Vergangenheit zerstört. Versprich es mir, ja?“, ernst hält er meinen Blick fest. „Ich verspreche es dir, Anders. Wenn ich die richtige Person gefunden habe, spreche ich mit ihr darüber“, ruhig erwidere ich seinen Blick. Ein schwaches Lachen umspielt seine Mundwinkel. Er ist nicht vollkommen damit zufrieden, weiß aber auch, dass alles weiter keinen Sinn machen würde.

Der Bann von Rainesfere

Fünf Tage später erreicht uns die Antwort von Bann Teagan Guerrin. Er stimmt einen Treffen mit uns zu. Jedoch kommt er dazu selbst nach Haven, da er befürchtet, dass es im Bannorn zu offenen Angriffen oder Kämpfen kommen könnte. Leliana hat einen ihrer Spione entsendet, um dem Bann entgegen zu gehen, da dieser schon auf dem Weg zu uns ist.
 

Finster starre ich mein Spiegelbild an. Josephine hat mir aus sämtlichen Klamotten, die sie in Haven finden konnte, ein Outfit zusammengestellt und mir vorgeschrieben dieses zu tragen. Unnötig zu erwähnen, dass ich damit nicht einverstanden bin. Wenn ich herausfinde, wo sie dieses Kleid her hat. Das sieht mir nämlich sehr stark nach Orlais aus. Meine Ritter werden ebenso wie Cullen am Gespräch teilnehmen, aus Sicherheitsgründen. Natürlich sind auch die drei von Josephine eingekleidet worden. „Du siehst aus, als ob du gleich jemanden umbringst“, Anders findet es unheimlich lustig, mich in diesem Kleidchen, das über und über mit Rüschen versehen ist, zu sehen. „Ich sehe aus wie ein Püppchen“, murre ich. „Du siehst unheimlich reizend und traumhaft schön in diesem Kleid aus. Unserem Kommandanten werden die Augen aus dem Kopf fallen. Hör nicht auf diesen Magier, der hat einen furchtbaren Geschmack“, schmeichelt mir Zevran. Das tut er immer, wenn ich in einem Kleid vor ihm stehe. Fenris hält den Mund. Er scheint mit seiner Garderobe genau so unzufrieden zu sein, wie ich mit der meinen. „Herold, der Bann ist eingetroffen“, ruft uns ein Soldat von der anderen Seite der Tür aus zu. Ich atme tief durch, beschließe meinen Unmut später an der Botschafterin auszulassen und verlasse in Begleitung meiner Ritter den Raum.
 

Im Raum der Kirche angekommen höre ich bereits Cullens Stimme: „Willkommen in Haven, Bann Teagan Guerrin. Ihre Ladyschaft sollte jeden Moment hier sein.“ „Wir haben uns lange nicht gesehen, Teagan“, ich trete auf ihn die beiden zu. Sofort wenden sie sich in meine Richtung. Cullen staunt nicht schlecht, als er mich in dem Kleid sieht. Teagan hingegen ist im ersten Moment etwas verwirrt, ehe ein Lächeln seine Lippen zieht: „Ein Umstand, den ich sehr bedauere. Würdet Ihr mir verraten, seit wann Ihr den letzten Schrei aus Orlais tragt? Versteht mich bitte nicht falsch, Ihr seht wahrlich bezaubernd aus, aber ich dachte, Ihr bevorzugt schlichtere Kleider?“ „Ihr schmeichelt mir. Aber ja, ich bevorzuge schlichtere Kleider. Leider war es das Einzige Kleid, dass dem Anlass entsprechend angemessen war in Haven zu finden“, erwidere ich. „Darf ich Euch Ser Cullen Rutherford vorstellen, Bann Teagan? Er führt als Kommandant unsere Truppen an und wird unserem Gespräch heute beiwohnen“, Cullen verneigt sich leicht, als ich ihn dem Bann vorstelle. „Eure Ritter werden ebenfalls dabei sein, nehme ich an?“, er nickt leicht in Cullens Richtung als Zeichen des Grußes, ehe er wieder das Wort an mich richtet. „Durchaus oder stellt es für Euch ein Problem dar?“, bestätige ich Teagans Vermutung. „Natürlich nicht. Es ist nur, Ihr seid vorsichtig geworden im Vergleich zu früher“, er wählt seine Worte mit Bedacht, das merke ich sofort. Versucht die wahre Botschaft dahinter zu verbergen, hübsch zu verpacken. Er befürchtet, dass ich ihm misstraue. Die wenigsten würden es verstehen, es sei denn, man beherrscht das Spiel. „In Zeiten wie diesen ist Vorsicht besser als Nachsicht. Bitte verzeiht meine Sicherheitsmaßnahmen, doch wir haben bislang keinen eindeutigen Beweis dafür, dass Ihr nicht auf der Seite meines Bruders steht“, bitte ich ihn. „Das ist verständlich. Nun denn, ich denke, wir sollten alles weitere hinter verschlossenen Türen besprechen“, stimmt mir der Bann von Rainesfere zu.
 

Wir begeben uns in Josephines Büro, welches diese für die Unterhaltung mit dem Bann zur Verfügung gestellt hat. Anders und Fenris beziehen Posten an der Tür, während Zevran schräg hinter mir steht. Cullen setzt sich neben mich, Teagan uns gegenüber, als wir unser Gespräch beginnen. „Wie genau steht Ihr zu der derzeitigen Lage?“, ich ergreife als erste das Wort. „Ich bezweifle, dass der König noch bei klarem Verstand ist. Der Alistair, den ich kenne, würde niemals einer Gefahr derart wenig Beachtung schenken, oder aber seine eigener Schwester des Hochverrates bezichtigen. Ferner missfällt mir die Tatsache, dass er so offen gegen Euch vorgeht. Sein Handeln ruft unter der Bevölkerung Protestrufe hervor. Viele haben sich gegen die Anschuldigungen, die der König Euch gegenüber getätigt hat, ausgesprochen. Wir steuern auf den nächsten Bürgerkrieg zu, aber ihn scheint das nicht zu interessieren“, Teagan schüttelt den Kopf. „Wie steht Ihr zur Inquisition?“, fragt Cullen. „Ich halte es für eine gute Sache. In dieser Welt des Chaos brauchen wir ein Organ, das sich diesem Chaos annimmt und die Ordnung zurückbringt. Wir brauchen jemanden, der den Menschen ihre Hoffnung und ihren Glauben zurückgibt. Sie daran erinnert, dass es wieder Frieden geben wird. Die Inquisition kann zu dem Organ, zu der Organisation werden, die wir jetzt so dringend benötigen“, antwortet der Bann. „Und ich denke, dass die Prinzessin, die Heldin ist, die wir jetzt brauchen. Deshalb bin ich hier. Ich unterstütze keinen König, dem sein eigenes Volk egal ist. Aber ich bin bereit die Inquisition zu unterstützen, denn ich folge der Prinzessin unseres Landes.“ „Ihr haltet viel von mir“, verwundert blicke ich ihn an. „Ja, das tue ich. Mir wäre es um einiges lieber gewesen, wenn Ihr den Thron bestiegen hättet statt Eurem Bruder. Ihr steht stets an der Seite der Schwachen. Ihr wart es, die in die Armenviertel gegangen ist. Ihr wart es, die sich mit den Magiern auseinander gesetzt hat. Ihr wart es, die unsere Truppen damals in der schwarzen Stadt anführte. Ihr wart es, die zwei Jahre lang Eurem Bruder bei dem Regieren geholfen habt. Ihr wart es, der es damals gelungen ist Ferelden zu vereinen. Alles wofür Ihr und Euer Bruder vor fünf Jahren gekämpft habt, woran ihr beide geglaubt habt, hat seine Majestät binnen weniger Wochen zerstört. Doch Ihr haltet an Eurem Glauben und Euren Überzeugungen fest. Ihr kämpft noch immer für das, woran Ihr glaubt. Ihr lehntet von vornherein den Titel der Kronprinzessin ab. Für Euch kam es nie in Betracht, über Ferelden zu herrschen. Aus meiner Sicht seit Ihr eine unglaubliche und bewundernswerte Person. Keine Prinzessin sondern eine Kämpferin. Und dennoch, seit Ihr die Einzige, der ich folgen werde. Auch wenn Ihr selbst diesen Titel ablehnt, Ihr seit meine Prinzessin“, Teagan stoppt in seinem Redefluss. Ein warmes Lächeln erscheint auf seinen Lippen: „Euer Vater wäre sehr stolz auf Euch. Ihr seit ihm sehr ähnlich.“ Verwundert sehe ich ihn an. Dann überreicht Teagan mir etwas. Es ist das zerstörte Wappen von Rainesfere. „Ich habe mich in der Öffentlichkeit gegen den König gestellt. Er hat mir danach mein Land enteignet. Ich kann Euch nicht mehr Männer zur Verfügung stellen, als die, die mich hierher begleitet haben. Aber ich schwöre Euch, dass ich alles tuen werde, um Euch zu unterstützen“, in seinen Augen steht keine Lüge. Seine Worte entsprechen der Wahrheit, das weiß ich auch, ohne dass Lelianas Spione diesen Umstand überprüfen. In diesem Moment klopf es an der Türe: „Mylady? Ich störe nur ungern, aber es ist dringend?“
 

Auf einen Wink hin, öffnet Fenris die Türe und Leliana tritt ein. „Vielen Dank. Meine Spione teilten mir soeben mit, dass Bann Teagan Guerrin von Rainesfere seines Standes enthoben wurde und des Hochverrates am König bezichtigt wird. Der König ließ deutlich in Denerim verlauten, dass den Verrätern der Tod zuteil kommen solle“, berichtet sie. „Das wissen wir bereits“, Cullen wirft Leliana einen kurzen Blick zu. „Es war zu erwarten, dass mein Bruder etwas derartiges sagen würde. Jedoch bezweifle ich stark, dass er es wagen wird, uns hier in Haven anzugreifen. Nicht nachdem hier mit seinem besten Mann kurzen Prozess gemacht wurde und seine Elite gegen uns verloren hat“, beruhige ich sie. Die Meisterspionin nickt mir zu und zieht sich wieder zurück.
 

„Nun, ich denke, dann werden wir Euer Angebot annehmen. Willkommen bei der Inquisition“, mit einem kurzem Seitenblick auf Cullen, welcher bestätigend nickt, reiche ich Teagan die Hand. „Ich danke Euch, Mylady“, er nimmt meine Hand an.

Ein Mörder im Dienste der Prinzessin

Trotz allem, was vorgefallen ist, läuft unsere Sache besser, als anfangs erwartet. Das Treffen mit den Klerikerinnen in Val Royeaux endete zwar mit einer einzigen Katastrophe, aber nun können wir uns aussuchen, ob wir uns lieber mit den rebellierenden Magiern, welche Redcliff besetzen oder aber mit den ebenfalls rebellierenden Templern auseinander setzen. Bleibt nur die alles entscheidende Frage, welche der beiden Parteien das kleinere Übel darstellt bzw. uns bei dem Schließen der Bresche effektiver unterstützen können würde. Diesbezüglich sind die Meinungen unter den Beratern geteilt, Cassandra und Cullen sind für die Templer, wohingegen Leliana und Josephine sich für die Magier ausgesprochen haben. Unnötig zu erwähnen, dass ich jetzt die Entscheidung zu treffen habe, für wen wir uns entscheiden. Genervt schüttle ich den Kopf. Nicht nur die Unruhen, die ich so oder so bei den Beratern hervorrufen werde, besorgen mich sondern auch Fenris und Anders. Wie die dazu stehen weiß ich nur zu gut. Fenris würde mich mit Begeisterung für die Templer unterstützen, Anders bei den Magiern.
 

Varric ist es gelungen uns, also Solas, die Berater, meine Gefährten und mich alle zusammen an einen Tisch zu bekommen und einen gemeinsam zu trinken. Wie es ihm gelungen ist, alle zu überreden ist mir zwar schleierhaft, aber ich hinterfrage seine Methoden nicht. „Wie kommt es eigentlich, dass Zevran dir folgt, Röschen?“, fragt mich der Zwerg unvorbereitet. „Röschen?!“, Josephine prustet in ihren Krug. „Ich gebe jedem Mädchen, mit dem ich reise, einen passenden Spitznamen“, erklärt er sich mit einem Schulterzucken. Auch der Rest, von Leli einmal abgesehen, schaut gespannt zu mir rüber. Zevran lehnt sich galant zurück und überlässt es mir, die Geschichte unserer ersten Begegnung zu erzählen. Mit einem tiefen Luft holen beginne ich: „Das ganze liegt jetzt gut fünf Jahre zurück. Damals reisten mein Bruder und ich gemeinsam mit der Frau, die später als Heldin von Ferelden berühmt wurde, und ihren anderen Gefährten quer durchs Land, in dem Versuch, eine Armee aufzubauen, mit der ein Feldzug gegen die Dunkle Brut möglich wäre. Auf einer verlassenen Landesstraße in Richtung des Brecilian Walds kam es dann zu jener schicksalshaften Begegnung...
 

Flashback

5 Jahre zuvor auf einer alten Landesstraße
 

„HILFE“, der Schrei einer Frau lässt uns zusammenfahren. Mein Blick gleitet unsicher von Tahri über meinen Bruder zu Morrigan. „Wir sollten uns die Sache mal ansehen“, bestimmt die Dalish. Ohne Widerworte folgen wir ihr.
 

Hinter der nächsten Biegung erwartet uns eine verängstigte Frau. Verzweifelt sieht sie uns an: „Bitte, ihr... ihr müsst uns helfen. Sie haben die Wagen angegriffen.“ Scheinbar handelt es sich bei ihr um eine Händlerin. Alistair, hilfsbereit wie immer, nickt sofort zustimmend. Die Fremde führt uns ein ganzes Stück die Strasse hinunter, bis die umgekippten Wagen in Sichtweite kommen.
 

Eine Unruhe erfasst mich. Hier stimmt was nicht. Ein Seitenblick zu meinem Bruder verrät mir, dass er gutgläubig der festen Überzeugung ist einer Händlerin zu helfen. Als ich jedoch zu Morrigan schaue, bemerke ich, dass sie eben wie ich der Sache nicht ganz traut. „Tahri, wir sollten uns zurückziehen. Das könnte eine Falle sein“, warne ich die Elfe. „Leyla, eine hilflose Fereldenerin hat uns um Hilfe gebeten. Wir können das doch nicht ignorieren!“, genau so gutgläubig wie mein Bruder folgt sie weiter der Fremden. In Gedanken verfluche ich die Beiden dafür. Sie können mir auch nie vertrauen, wenn ich sie warne.
 

Mein Gefühl täuscht mich nicht. Als wir die Lichtung mit den Wagen erreichen, geht die Fremde zielstrebig auf einen Elfen zu, der mitten zwischen den verstreuten Waren steht und uns ruhig entgegenblickt. „Die Krähen entbieten euch ihre Grüße“, erhebt er die Stimme. Im nächsten Moment kippt ein Baumstamm um. Tahri reagiert schnell: Rasch wirft sie sich zur Seite und zieht ihr breites Langschwert. Der Rückweg ist uns abgeschnitten. Jetzt bleibt uns nichts anderes übrig, als zu kämpfen. Alistair stellt sich an die Seite der Elfe, Morrigan hält ihnen mithilfe ihrer Magie den Rücken frei, wohingegen ich mich um die ganzen Fallen kümmere, welche am Boden versteckt sind. Nachdem ich diese entschärft habe, werfe ich mich ebenfalls mit gezückten Zwillingsdolchen in den Kampf. Im Gegensatz zu den beiden Kriegern, die sich darauf konzentrieren die feindlichen Angriffen abzuwehren und sie in Schach zu halten – schließlich sind sie uns zahlenmäßig mehr als nur überlegen – peitsche ich mit schnellen, tödlichen Schnitten zwischen unseren Gegnern hindurch. Zehn Minuten vergehen, dann ist der Spuk vorbei. Außer ihrem Anführer haben wir niemanden am Leben gelassen.
 

Gesammelt gehen wir zu eben jenem hinüber. Der Elf liegt bewusstlos mit dem Gesicht im Dreck auf der Erde. Er hat keine lebensbedrohlichen Verletzungen davon getragen, sondern wurde von Morrigan mit einem Zauber ausgeschaltet. Mit einem heftigen Fußtritt in die Seite weckt Tahri ihn auf. „Huh? Ich lebe ja noch. Dabei ging ich fest davon aus, als Leiche zu erwachen, sofern Leichen überhaupt erwachen können, versteht sich“, zu uns hochblickend setzt er sich auf. „Wer seit Ihr und wer schickt Euch?“, finster starrt die Dalish ihn an. „Zevran Arainai, Zev für meine Freunde. Ein Mann namens Logain hat einen Vertrag mit den Krähen von Antiva geschlossen“, stellt der blonde Elf sich vor. „Die Krähen von Antiva?“, Tahris Blick wandert zu mir rüber. „Das ist eine Gilde von Meuchelmördern aus Antiva. Sie schaffen jeden aus dem Weg wenn man will, vorausgesetzt natürlich, dass man sie auch entsprechend entlohnen kann. Die Gilde lässt sich ihre Arbeit teuer bezahlen“, kläre ich sie auf. „Und dieser Vertrag sieht vor uns zu töten?“, schlussfolgert sie, sich Zevran zuwendend. „Gewissermaßen. Ich sollte die Grauen Wächter und ihre Begleiter ausschalten und bin kläglich gescheitert“, stimmt er zu. „Warum arbeitet Ihr für Logain?“, will die Dalish weiter wissen. „Nun, er hat den Krähen ein beachtliche Summe für diesen Auftrag überlassen und ich war gerade vor Ort. So führte eines zum anderen. Scheinbar gefährdet ihr seine Position, sonst hätte er nicht eigens uns angeheuert“, erklärt er. „Und warum genau erzählt Ihr uns das alles? Solltet Ihr Eurem Auftraggeber nicht loyal gegenüber sein?“, misstrauisch schaltet sich nun auch mein Bruder hinzu. „Oh, ich bin in der Tat eine sehr loyale und treue Person, sofern man nicht sofort meinen Tod bei dem kleinstem Fehltritt erwartet. Ferner werde ich fürs Schweigen nicht bezahlt. Nun ich hätte einen Vorschlag für euch“, ruhig mustert uns der Assassine. „Der da wäre?“, mische ich mich jetzt ebenfalls ein. „Ich lebe gerne und ich könnte euch durchaus nützlich sein. Als Schurke kann ich mich überall einschleichen und meine Fähigkeiten als Assassine sind auch nicht zu verachten. Darüber hinaus könnte ich euch rechtzeitig warnen, sollten die Krähen einen erneuten Angriff auf euch planen. Wenn ich zurückkehre, werden sie mich eh umbringen. Aber ihr... nun... ihr hättet ihnen etwas entgegenzusetzen. Zumal ich nichts habe, was mich mit ihnen verbindet. Natürlich wäre ich auch bereit, mein Wissen mit euch zu teilen, sofern daran Interesse besteht“, schlägt Zevran vor.

„Wir sollten ihn töten und verschwinden, bevor noch mehr von ihnen kommen. Außerdem haben wir schon eine Schurkin“, Alistair wirft einen fragenden Blick zu Tahri hinüber und hebt sein Schwert als sie ihm leicht zu nickt. Meine Gedanken rasen: Ich weiß, dass er uns nicht angelogen hat. Sein Angebot war aufrichtig und ehrlich gemeint. Er scheint nicht freiwillig bei den Krähen zu sein, sonst wäre er nicht bereit, sie einfach so zu verraten. Ich habe ihn eben kämpfen gesehen. Er ist wirklich nicht schlecht und schlug genau wie ich den Weg der Assassinen ein. Er wäre eine Bereicherung in der Gruppe. Tief in seinen Augen kann ich ein gutes Herz sehen. Er ist es leid, für andere die Drecksarbeit zu machen und Unschuldige zu töten.
 

Die tödliche Klinge meines Bruder saust nach unten, direkt auf Zevran zu, als ich mich bewege und sie nur wenige Zentimeter über seinem Kopf mit einem Dolch abwehre. „Was soll das, Leyla?“, er starrt mich an. „Lasst ihn uns mitnehmen“, halte ich dagegen. „WAS? Bist du wahnsinnig geworden? Er wollte uns umbringen! Was sollte ihn davon abhalten, es nicht noch einmal zu versuchen?“, fragt er mich entgeistert. „Weil er keinen Grund dazu hat und nicht länger Unschuldige töten will, nur weil das einflussreichere Personen verlangen!“, erwidere ich. Tahri mustert mich aufmerksam: „Bist du dir sicher mit deiner Entscheidung, Leyla?“ Entschlossen halte ich ihrem Blick stand. „Also gut, wenn du ihm vertraust, dann soll er uns begleiten“, bestimmt sie. „Tahri, sag mir bitte, dass du das nicht ernst meinst“, fassungslos sieht Alistair zu der Dalish. „Ich meine es ernst. Deine Schwester kann andere bemerkenswert gut einschätzen. Ich vertraue auf ihr Urteilsvermögen“, damit reicht sie Zevran die Hand und hilft ihm auf. „Hiermit schwöre ich Euch meine...“, weiter kommt er allerdings nicht, da die Elfe ihm scharf über den Mund fährt: „Wenn Ihr hier jemandem Eure Treue schwören wollt, dann Leyla. Sie war es, die Euch vor dem Tod bewahrt hat. Und Leyla, pass auf, dass er uns keinen Ärger macht.“ Ich nicke ihr zu, als Zevran vor mir in die Knie geht: „Hiermit schwöre ich Euch meine uneingeschränkte Treue und Loyalität bis zu jenem Tag, an welchem Ihr mich meines Schwures entbindet oder ich sterben sollte, je nachdem welcher Tag früher eintritt.“ Perplex nehme ich mit einem Nicken seinen Schwur an. Damit habe ich nun nicht gerechnet.

Flashback Ende
 

… So kam es dazu, dass Zevran mit uns reiste. Nach dem Ende der Verderbnis erneuerte er auf eigenen Wunsch hin seinen Schwur in einer offiziellen Zeremonie und wurde somit zum ersten Ritter meiner Garde, kurz nachdem mein Bruder zum König von Ferelden gekrönt worden war.“
 

Einen Moment lang herrscht Schweigen. „Ein Meuchelmörder in den Diensten einer Prinzessin? Als ihr Ritter? Ist das nicht ein wenig sonderbar?“, fragt Solas nach. „Ach, die Kleine hat eine Vorliebe für Männer mit dunklen Vergangenheiten“, antwortet Varric an meiner Stelle. „Was soll das denn bitteschön heißen?“, kommt es leicht erzürnt von mir. „Nun ja, mit Blondie und Spitzohr hast du dir auch nicht gerade Unschuldslämmer in deine Garde geholt“, locker kommen die Worte dem Zwerg über die Lippen. So ist Varric eben. Ich hätte es mir ja denken können. „Das klingt nach weiteren interessanten Geschichten“, neugierig lehnt sich Josephine etwas vor. „Nicht heute“, wehre ich ab. „Es ist schon spät. Wir sollten uns zurückziehen und diese Unterhaltung ein anderes Mal weiterführen“, schlug Anders vor. Allgemeine Zustimmung erntet er für seinen Vorschlag und unsere gemütliche Runde löst sich auf.
 

Zügig begebe ich mich in meine Hütte zurück. Kurz vor der Tür werde ich jedoch eingeholt. „Hast du noch einen Moment Zeit?“, Anders bleibt neben mir stehen. „Natürlich“, unaufgefordert folgt er mir ins innere der Hütte. Ruhig mustere ich ihn, als ich mich auf meinem Bett niederlasse: „Was ist los, Anders?“ „Was genau hast du vor?“, langsam setzt er sich neben mich, den Blick ins Feuer im Kamin gerichtet. „Thedas vor dem Untergang bewahren“, erkläre ich. „Ich weiß, dass das dem entspricht woran du glaubst. Ich weiß, wie wichtig dir Frieden, Recht und Ordnung sind, aber willst du dafür dein altes Leben aufgeben? Dein Bruder war dir wichtig, wie kannst du ihn jetzt einfach aufgeben?“, will er wissen. „Ich habe mein altes Leben schon lange aufgegeben. Mein Bruder, der Mann den ich als meinen Bruder bezeichnet habe, diesen Mann gibt es nicht mehr. Er ist fort, schon seit wir aus Kirkwall vor einem Jahr zurückkamen. Schon damals war er nicht mehr so wie... früher“, aufmerksam beobachte ich seine Reaktion auf meine Worte. „Wie meinst du das?“, er wendet seinen Blick mir zu. „In den Tiefen der Kellergewölbe habe ich kurz vor dem Konklave etwas gefunden: Eine Kiste gefüllt mit rotem Lyrium. Auf dieser lag ein Brief in der Handschrift von Alistair, wo er um eine weitere Lieferung bittet, da ihm die Vorräte ausgehen. Eine Prüfung der Bücher, in welchen die Ausgaben des Palastes geführt werden, ergab, dass seit zwei Jahren immer wieder hohe Beträge verschwinden, ohne dass jemals eine plausible Erklärung dazu hatte. Jeder dieser Beträge wurde auf seine Anweisung hin ausgezahlt, aber keiner weiß, wo sie hinein investiert wurden. Es gab Warenlieferungen, die der König persönlich entgegengenommen hat und die niemand auf Fallen untersuchen durfte. Sein verändertes Verhalten lässt sich nur so erklären“, meine Stimme wirkt gefasst. „Wirst du etwas gegen ihn unternehmen?“, fragt der Magier. „Nein. Aber es wird wohl damit enden, dass er und ich uns im Kampf gegenüberstehen werden, wenn wir keine Möglichkeit der Heilung finden“, Trauer überkommt mich. Ich weiß, dass ich meinen Bruder schon längst an das rote Lyrium verloren habe, dennoch tut es weh. „Und wenn alles vorbei ist?“, leise dringt die Stimme von Anders an mein Ohr. „Ich weiß es nicht“, wispere ich. Wortlos zieht er mich in seine Arme. Ich bin froh darüber, ihn zu haben. Aus seiner anfänglichen Faszination für mich wurde schnell brüderliche Zuneigung. In ihm fand ich etwas, dass sich ein bisschen wie Familie anfühlt. Etwas, was ich bei Alistair nie fand. Für meinen Bruder gab es immer nur Duncans Aufmerksamkeit und später dann Tahri. Er bezeichnet mich zwar als seine Schwester, aber ich habe mich nie mit ihm verbunden gefühlt. Ich dachte, dass es normal sei, da wir nicht zusammen aufgewachsen waren. Doch dem war nicht so. Auch wenn Alistair und ich uns mal näher standen, das Band zwischen uns war immer sehr schwach. Nun ist es vollkommen zerstört.

Ein fragwürdiger Wächter

Der nächste Morgen bricht an. Langsam öffne ich meine Augen und blicke direkt in das Gesicht von Anders. Ups... ich bin wohl gestern Abend eingeschlafen, als er mich getröstet hat. Das würde zu mindestens erklären, wieso sich meine rechte Hand noch immer in seine Robe krallt. Zaghaft löse ich sie und stehe auf. Es ist nicht das erste Mal, dass ich mit ihm in einem Bett schlafe. Schon in Kirkwall habe ich mich des Nachts zu ihm geschlichen, wenn meine Albträume übermächtig wurden. In seiner Nähe schlief ich ruhiger. „Wie geht es dir?“, leise dringt seine Stimme an mein Ohr. „Besser. Danke, dass du hier geblieben bist“, ich schenke ihm ein schwaches Lächeln. „Immer, das weißt du“, erwidert der Magier. „Auch wenn es für unangenehme Gerüchte sorgt.“ Dabei streckt er sich. „Als ob dich diese stören würden“, spielerisch schlage ich ihm gegen den Oberarm. „Mich nicht, aber... was ist mit dir?“, wachsam mustert er mich. „Sollen sie reden, wenn es ihnen Spaß macht“, ich zucke mit den Schultern, ehe ich den kleinen Waschraum betrete und mich fertig mache. Es ist ziemlich seltsam, dass alle immer gleich eine Romanze hinter uns vermuten. Nun gut, ich weiß es besser, deshalb stört mich das Gerede der Leute auch nicht.
 

Gut eine Stunde später verlassen Anders und ich die kleine Hütte, welche mir als Unterkunft dient. Da bislang für heute nichts besonderes ansteht, beschließen wir, nach längerem nochmal gemeinsam zu trainieren. Seit den Ereignissen in Kirkwall trainiere ich Anders im Nahkampf, da er eingesehen hat, dass seine Magie alleine ihn nicht immer retten wird. Jedoch sollen wir nicht dazu kommen, unseren Plan in die Tat umzusetzen, da wir unerwartet am Trainingsplatz der Truppen aufgehalten werden:
 

„Was soll das denn bitteschön heißen?!“, die Stimme von Kommandant Cullen fegt quer über den Platz. Der Rekrut, welcher ihm offenbar einen nicht zufriedenstellenden Bericht übergeben hat, macht sich so klein, wie es ihm möglich ist. Zügig trete ich auf die Beiden zu. Angekommen lege ich meine linke Hand sanft auf den rechten Unterarm des Kommandanten, um ihn wieder etwas zu beruhigen. „Was ist los?“, fragend blicke ich zu Cullen auf. „Angeblich wurde ein Grauer Wächter in den Hinterlanden gesichtet, aber dieser weigert sich mit jemand anderem als Euch ein Gespräch zu führen“, Cullens Stimme wirkt beherrscht. Er hält sich scheinbar selbst davon ab, den nächst besten Gegenstand in Kleinholz zu verwandeln. „Wie heißt dieser Wächter?“, wende ich mich nun dem Rekrut, welcher sich bei einem genauerem Blick als einer von Lelianas Spionen entpuppt, zu. „Sein Name ist Blackwall, Mylady“, kommt die prompte Antwort. „Blackwall? Von ihm habe ich noch nie gehört. Anders?“, mit einer Bewegung deute ich dem Spion, sich zurückzuziehen, ehe der Kommandant doch noch auf dumme Ideen kommt. Rasch folgt dieser der Anweisung. „Nein, über einen Wächter mit solchem Namen weiß ich leider nichts“, antwortet mir Anders. „Merkwürdig“, in Gedanken versunken bemerke ich nicht, dass meine Hand noch immer auf Cullens Unterarm ruht.
 

„Ihr kennt die Grauen Wächter?“, Cullens Stimme holt mich in die Realität. Wo mir schlagartig klar wird, dass meine Hand schon zu lange auf seinem Unterarm liegt, weshalb ich sie eilends zurückziehe. „Kennen trifft es nicht direkt. Es ist eher so, dass ich in meiner Vergangenheit sehr viel mit dem Orden zu tuen hatte“, umschreibe ich die Wahrheit. Mir ist nicht wohl bei der Sache, ihm zu offenbaren, dass ich dort aufgewachsen bin. Das braucht Cullen nicht zu wissen. „Wir sollten uns diesen Wächter näher ansehen. Leliana erwähnte gestern, dass die Wächter aus Ferelden und Orlais verschwunden seien. Vielleicht weiß er ja mehr“, schlägt Anders vor. „Das sehe ich ähnlich“, stimme ich ihm zu.
 

Es dauert zwei Stunden, bis wir eine Truppe zusammengestellt haben und uns auf den Weg zum Luthias-See in den Hinterlanden befinden, an welchem sich dieser mysteriöse Graue Wächter aufhalten soll. Schon merkwürdig, dass er ausgerechnet mit mir sprechen will. Neben Anders begleiten mich ebenfalls Cassandra und Varric. Nun gut, mal schauen, was dieser Wächter von mir will.
 

„Wie kommt es, dass ein Grauer Wächter einem unserer Spione gegenüber behauptet Euch zu kennen?“, Cassandra spricht aus, was wohl allen in Haven durch den Kopf gegangen ist. „Wie ich schon Cullen gegenüber erwähnte, hatte ich viel mit dem Orden zu tuen. Gut möglich, dass er so von mir gehört hat“, weiche ich ihrer Frage bestmöglich aus. Natürlich gibt sie sich damit nicht zufrieden: „Verzeiht, aber das glaube ich Euch nicht. Die Grauen Wächter sind ähnlich wie die Sucher ein sehr in sich gekehrter Orden. Sie werden wohl kaum jemanden von außen in ihre Belangen sich einmischen lassen.“ „Wie Ihr sicherlich wisst, Cassandra, war mein Bruder ein Grauer Wächter, bevor er zum König von Ferelden gekrönt wurde. Aufgrund der besonderen Umstände wurde er seinen Pflichten als Wächter dem Orden gegenüber entbunden“, starte ich einen zweiten Versuch. „Das könnt Ihr wohl kaum als viel mit dem Orden zu tuen bezeichnen“, beharrt sie. „Das ist doch egal. Es ist Vergangenheit“, energisch beschleunige ich meinen Schritt, um ihrem Verhör zu entkommen. Rasch haben mich die drei aber eingeholt. „Anders?“, wendet sich Cassandra nun an den Magier. „Es gibt bestimmte Dinge, über die man eben nur sehr ungern spricht. Zumal Euch die Antwort nicht weiter bringen würde“, auch er versucht der Sucherin ihr Vorhaben auszureden. „Vergiss es, Blondie, wenn sich die Sucherin etwas in den Kopf gesetzt hat, geht sie über Leichen um ihre Antworten zu bekommen“, Varric zuckt hilflos mit den Schultern. „Leyla...“, setzt die Kriegerin erneut an, als ich erbost zu ihr herumfahre: „Bei Andrastes heiliger Asche! Ich bin dort aufgewachsen! Seit Ihr nun zufrieden?“ Sauer wende ich mich von ihr ab, ihre und Varrics überraschten Blicke ignorierend. „In Zukunft solltet Ihr so etwas unterlassen, Lady Penthagast. Zu mindestens, wenn es Euer Ziel ist, Leylas Vertrauen zu gewinnen“, Anders Stimme ist ruhig.
 

Der Rest des Tages verläuft bis zum Einbruch der Nacht äußerst still. Nach unserer Auseinandersetzung habe ich jeden ignoriert. Vielleicht war das egoistisch von mir, aber ich rede nur ungern über meine Vergangenheit. Eigentlich nur, wenn ich der anderen Person voll und ganz vertraue und ich es will, und nicht, weil ich quasi dazu gedrängt werde. Nachdem wir unser Lager aufgeschlagen haben, ziehe ich mich in den hintersten Winkel zurück, den ich finden kann. Leise wehen die Stimmen von Anders und Cassandra zu mir her rüber:
 

„Warum genau spricht sie nie über ihre Vergangenheit?“, fragt die Sucherin ihn. „Leyla hat viel erlebt, voran sie nicht gerne erinnert wird. Es klingt schöner, als es in Wirklichkeit ist, bei den Grauen Wächtern aufzuwachsen“, erwidert er. „Wisst Ihr alles über sie?“, hakt sie weiter nach. „Nein, es gibt bislang niemanden, der alles über sie weiß. Sie hat noch nicht die Person gefunden, der sie sich voll und ganz gegenüber öffnet. Aber ich kenne sie. Besser als sonst jemand“, antwortet Anders. „Ich... wollte sie nicht verärgern oder verletzen, nur... sie ist eine Fremde für uns. Außer Leliana kennt sie niemand. Es fällt mir schwer, Personen zu vertrauen, die ich nicht kenne“, erklärt sich Cassandra. „Versucht es einfach. Wenn Ihr ihr vertraut, wird sie Euch ebenfalls mit Vertrauen begegnen. Leyla glaubt an die Inquisition. Sie hat alles dafür aufgegeben. Und sie vertraut den Anführern der Inquisition. Deshalb solltet Ihr versuchen, es ihr gleich zutuen und ihr einfach zu vertrauen“, mit diesen Worte erhebt er sich und lässt die Kriegerin alleine.
 

Kurz darauf setzt sich Anders neben mich: „Du hast uns gehört.“ Keine Frage, eine einfache Feststellung. Ich brauche ihm nicht zu antworteten. „Sei etwas offener. Cassandra und die anderen versuchen nur, deine Entscheidungen und dich zu verstehen“, ermuntert er mich. Wieder bekommt er von mir keine Antwort. Wortlos stehe ich auf und lege mich schlafen.
 

Am nächsten Tag ist das Gespräch vom Vortag vergessen. Nur wenige Wegstunden von unserem Lagerplatz entfernt liegt der Luthias-See, welchen wir noch am Mittag erreichen. Schon aus der Ferne, erkennt man eine Gestalt, welche vor dem Haus trainiert. Als wir näher kommen, stellen wir fest, dass ein Mann drei Männer scheinbar ausbildetet. „Wächter Blackwall?“, langsam gehe ich auf den Ausbilder zu. Überrascht wendet sich der Mann mit den braunen Haaren zu mir um: „Leyla Theirin. Es freut mich, Euch zu sehen.“ Ich bin mir sehr sicher, dass ich diesen Mann nicht kenne. Mit einer fahrlässigen Handbewegung schickt der Wächter die drei Männer fort, vermutlich nach Hause. „Nun... Ihr wolltet mit mir sprechen?“, beginne ich. „Nicht direkt. Als Spione der Inquisition hier auftauchten und mich zu den Wächtern befragten, antwortete ich ihnen, dass ich mit Euch darüber reden würde. Schließlich sollten die Geheimnisse des Ordens gewahrt werden“, Blackwall lässt sich auf eine Bank vor dem Holzhaus nieder und deutet mir, es ihm gleich zutuen. „Ihr wisst, dass ich kein Grauer Wächter bin?“, aufmerksam beobachte ich den Unbekannten. Er behauptet, mich zu kennen, aber ich kann mich nicht an ihn erinnern. „Dieser Umstand ist mir bekannt. Ihr wart Duncans Schützling und seiner Auffassung nach zu Rein, als dass ihr dem Orden hättet beitreten können. Dennoch wisst ihr mehr, als jeder Außenstehende und teilweise manche Wächter über uns“, erklärt er sich. „Also gut. Was wisst Ihr über das Verschwinden der Wächter?“, frage ich ihn. Seine Worte machen Sinn. Zumal sie der Wahrheit entsprechen. „Nichts und das ist die Wahrheit. Ich bin ein Ausbilder, nur selten in der Feste und meistens alleine auf Reisen. Dennoch ist es ein Besorgnis erregender Umstand. Zumal am Himmel ein Loch klafft“, antwortet mir Blackwall. „Dann sind wir folglich ganz umsonst zu den Hinterlanden gereist“, seufzt Cassandra. Zustimmend nickend erhebe ich mich: „Meine Begleiterin hat recht. Wir hatten gehofft, von Euch etwas über das Verschwinden der Wächter zu erfahren. Da dem aber leider nicht der Fall ist, werden wir uns auf den Rückweg begeben.“ Die anderen folgen mir, als sich Blackwall zu Wort meldet: „Wartet, Ihr wollt Euch doch um die Bresche kümmern. Auch wenn es die vorrangige Aufgabe der Wächter ist, eine Verderbnis zu beenden, sollten wir dennoch einer derartigen Bedrohung Aufmerksamkeit schenken. Wenn Ihr gestattet, würde ich mich Euch gerne anschließen.“ Überrascht wende ich mich ihm zu. „Was denkt ihr?“, frage ich in die Runde. „Nun, einen Grauen Wächter in unseren Reihen zu haben, könnte uns gewisse Türen öffnen“, meint Anders. Cassandra und Varric stimmen dem zu. „Also gut Blackwall, willkommen bei der Inquisition“, ich reiche ihm die Hand. Er nimmt sie an: „Ich danke Euch.“

Das Kind der Grauen Wächter

Blackwall wurde von den anderen mit Überraschung aufgenommen. Keiner hat damit gerechnet, dass sich uns ein Grauer Wächter anschließen würde. Leliana erhielt von ihm eine Verträge der Wächter, die uns zusätzlich Unterstützung sichern. Aktuell beschäftigt sie sich damit, diese einzusetzen. Blackwall selbst macht sich bei der Ausbildung der neuen Rekruten nützlich. Schließlich kommen jeden Tag weitere nach Haven, die sich der Inquisition anschließen wollen. Eine Hilfe, die nicht abgelehnt wird.
 

Von der kleinen Anhöhe aus, auf die ich mich gerne zurückziehe, beobachte ich das Dorf. Jeder hier unterstützt die Inquisition auf seine eigene Art und Weise. Manche werden zu Soldaten ausgebildet, andere zu Spähern und jene, die sich nicht für derartige Aufgaben eignen, helfen den Handwerkern oder nehmen andere Arbeiten an, die anfallen. Zwar ist unser Einfluss noch gering, aber dennoch scheinen schon viele von uns gehört zu haben. „Es ist schon erstaunlich, was Ihr da auf die Beine gestellt habt“, die Stimme Blackwalls ertönt hinter mir. „Das ist nicht mein Verdienst“, erwidere ich. „Natürlich ist es Eurer Verdienst. Ihr seit der Herold Andrastes. Ihr seit es, zu der die Leute aufblicken. Und sie tuen es zu recht“, widerspricht er mir. „Blackwall, ich will ehrlich zu Euch sein. Ihr behauptet zwar, mich zu kennen, doch ich kann mich nicht an Euch erinnern“, mein Blick gilt noch immer Haven. „Das wundert mich nicht. Ihr wart noch ein Kind, als ich Euch zuletzt sah“, er lehnt sich neben mich an die hölzerne Absperrung, die verhindern soll, dass man einfach so nach unten stürzt. Anstelle einer Antwort werfe ich ihm einen skeptischen Blick zu. Eigentlich ist das unmöglich. Wenn er damals schon Ausbilder war, muss er älter sein als Duncan. „Ich kann mir gut vorstellen, was Euch gerade durch den Kopf schießt. Ja, ich bin seit zwanzig Jahren ein Grauer Wächter. Und nein, ich höre den Ruf nicht“, dabei lächelt er mich leicht an. „Dann habt Ihr erstaunliches Glück“, erwidere ich. „Nun, wer weiß, wie lange ich noch habe“, verstrickt er sich weiter in seinen Widersprüchen. Alles an ihm wirkt merkwürdig. Ich kann es nicht beschreiben, aber nichts an ihm scheint echt zu sein. Er kann höchstens Mitte dreissig sein, behauptet aber seit zwanzig Jahren ein Grauer Wächter zu sein. Da kann doch etwas nicht stimmen. „Ich empfehle mich dann“, mit diesen Worten verschwindet Blackwall. Nachdenklich starre ich ihm nach. Am liebsten würde ich Nachforschungen über ihn anstellen, aber das geht gerade nicht. Bis zur Feste ist es einfach zu weit.
 

„Darf ich fragen, was er von dir wollte?“, Cullens Stimme reißt mich unvermittelt aus meinen Gedanken. Verdutzt starre ich den Kommandanten der Truppen an. Wo kommt der denn her? „Wie lange bist du schon hier?“, frage ich ihn verwundert. „Lange genug um mitanzusehen, dass dieser Wächter bei dir war“, erwidert er leicht verärgert. Moment, verärgert? Was hat er denn? „So genau kann ich dir das nicht sagen, aber... seine Aussagen waren ziemlich... widersprüchlich“, antworte ich ihm langsam. „Dann zweifelst du also auch an ihm. Warum jedoch hast du ihm dann gestattet, sich uns anzuschließen?“, ernst sieht mich Cullen an. „Weil die Grauen Wächter mächtige Verbündete wären. Einen der ihren in unseren Reihen eröffnet uns die Möglichkeit Verhandlungen zu führen, die andernfalls sofort abgewiesen worden wären“, erkläre ich. „Du weißt viel über die Wächter. Ich frage mich nur woher“, etwas von seiner Anspannung ist abgefallen, als er sich, ähnlich wie Blackwall eben, neben mich an der Absperrung abstützt. „Das tut nichts zur Sache“, wehre ich schwach ab. „Ich denke schon. Er kennt dich, seit du ein Kind bist. Was praktisch unmöglich ist, da er gemäß eigener Aussage seit zwanzig Jahren dem Orden dient“, er macht mir meinen Fluchtversuch zunichte. „Du hast gelauscht“, stelle ich fest. „Nein, er spricht einfach nur unmöglich laut“, hält er dagegen.
 

Schweigen schwebt zwischen uns. Cullen wartet noch immer auf eine Erklärung meinerseits. Bislang habe ich mit niemanden darüber geredet, der mich nicht aus jener Zeit kennt. Kann ich es riskieren und es ihm anvertrauen? Mein Herz beantwortet mir diese Frage mit einem lautstarkem Ja und übertüncht damit die Zweifel meines Verstandes. „Es ist nicht unmöglich“, meine ich. Fragend wandert seine rechte Augenbraue in die Höhe. Diese ignorierend beginne ich zu erzählen:
 

„Ich bin als Kind kurz nach meiner Geburt von meinem Vater meiner Mutter entrissen worden. Er brachte mich zur Festung Weisshaupt, dem Hauptquartier der Grauen Wächter. Dort gab es einen Wächter namens Duncan, den mein Vater sehr schätzte. Duncan war damals noch nicht lange bei den Grauen Wächtern, war aber bereits ein hochangesehenes Mitglied dort und Kommandant der Grauen Wächter von Ferelden. Mein Vater gab mich in seine Obhut, mit der Bitte, dass er mich aufziehen möge. Duncan stimmte dem zu. So kam es, dass ich im Orden der Grauen Wächter aufwuchs.

Als ich acht wurde kam mein Vater mich zusammen mit meinem Halbbruder Cailan besuchen. Ich habe mich damals unheimlich darüber gefreut, auch wenn ich nicht verstanden habe, warum ich nicht bei meinem Vater leben durfte. Danach waren sie häufiger zu Besuch, bis mein Vater starb und Cailan zum König gekrönt wurde. Zu jenem Zeitpunkt war ich zwölf. Cailan war fünf Jahre älter als ich, dennoch haben wir uns immer gut verstanden. Wenn er zu Besuch war, erzählte er mir von der Welt außerhalb der Festung. Gebannt habe ich ihm immer gelauscht, egal ob das, was er mir erzählte stimmte oder nicht.

Natürlich wurde ich auch dort ausgebildet. Man brachte mir schon früh lesen und schreiben bei. Mit sieben kam dann das Kampftraining hinzu. Schnell wurde damals klar, dass ich nie den Weg eines Kriegers einschlagen würde. Weshalb Duncan mich seinen Kampfstil, den der Schurken lehrte. Als ich zehn war, trat ein Barde aus Orlais den Grauen Wächtern bei. Ich war so sehr von seiner speziellen Ausbildung fasziniert, dass ich sie unbedingt erlernen wollte. Nach einigem Hin und Her durfte ich es auch. Das war auch die Zeit, wo mein Ziehvater damit begann mich in taktischem und strategischem Denken auszubilden. Der Barde unterwies mich in den Grundlagen des Spiels, der schönen Künste und dem Umgang mit Giften. Den benötigten Kampfstil besaß ich bereits. Drei Jahre später ließ ich mich von einem Assassinen zusätzlich in den Künsten der Meuchelmörder ausbilden, um meine Fähigkeiten und meinen Kampfstil zu perfektionieren. Das war auch die Zeit, in der sich mein gesamtes Leben zu verändern begann.

Ich hatte gerade meine Ausbildung zur Assassine abgeschlossen, als Duncan von einer längeren Reise in die Festung zurückkehrte, zusammen mit einem neuen Rekruten der Wächter, der auf seinen Beitritt vorbereitet wurde...
 

Flashback

8 Jahre zuvor in der Feste Weisshaupt
 

Mit schnellen und präzisen Hieben taxiere ich die Trainingspuppen um mich herum. Dabei gewinne ich zunehmend an Geschwindigkeit. Umgeben von sechs Puppen schlage ich blitzschnell auf alle ein. Eine Magierin der Wächter hat sie mit einem Zauber belegt, damit sie mich angreifen, ohne dabei einem bestimmten Muster zu folgen. So trainiere ich meine Geschwindigkeit und Ausdauer. Aber gleichzeitig muss ich auch auf meine Deckung achten. Ein komplizierte Angelegenheit, wenn man von sechs dieser Teile auf einmal angegriffen wird. Keinen meiner Gegner aus den Augen lassend, schlage ich einen zurück, wirble zu dem direkt hinter mir herum und trenne dieser den Kopf ab. Brav hört diese auf sich zu bewegen. Zwischen zwei Angriffen höre ich eine Stimme nach mir rufen. Das Rufen ignorierend konzentriere ich mich weiter auf meine Gegner. Nicht ablenken lassen, ermahne ich mich. Vier sind noch übrig, als das Rufen erneut, dieses Mal um einiges lauter und auch ziemlich erbost ertönt: „LEYLA!“ Erschrocken fahre ich zusammen, vernachlässige meine Deckung und taumle nur einen Moment später, von einem Schlag in den Magen getroffen, nach hinten. Die Puppen hören auf mich zu bewegen und Sara eilt besorgt auf mich zu: „Alles in Ordnung?“ Sie ist die Magierin, die die Puppen für mich verzaubert. Leicht winke ich ab: „Es gibt schlimmeres. Das wäre nicht passiert, wenn man mich nicht gestört hätte.“
 

Mit meinen Augen suche ich den Störenfried, welcher sich als Duncan herausstellt. Gut, das könnte vielleicht doch Ärger geben. Er winkt mich zu sich. Als ich näher komme, bemerke ich den Jungen, der neben ihm steht und mich fassungslos mustert. „Was sollte das?“, fragt mich mein Ziehvater. „Das frage ich dich. Du hast doch gesehen, dass ich am trainieren war“, rechtfertige ich mich. Ich kann es auf den Tod nicht ausstehen, wenn mich dabei unterbricht. Zumal das bei mir fast immer bedeutet, dass ich einen Schlag einstecken muss. „Ich hatte dir geschrieben, dass ich heute zurückkomme und dich dann sofort und ohne Umschweife sehen möchte“, erwidert Duncan. „Dann hättest du eine Uhrzeit hinzufügen sollen. Wir gingen nämlich alle davon aus, dass du erst gegen Abend eintreffen würdest und wenn ich dich daran erinnern darf, ist das bei dir normal“, antworte ich murrend. „Nun, es ist im Grunde ja auch egal. Zieh dich um und melde dich anschließend bei mir“, weißt er mich an. Einen unzufriedenen Laut von mir gebend ziehe ich ab.
 

Eine Viertelstunde später betrete ich sein Büro. Dort werde ich nicht nur von ihm, sondern auch von dem fremden Jungen erwartet. Mit einem Seufzen lasse ich mich in den freien Sessel fallen: „Was beim Nichts ist denn jetzt so wichtig?“ Nach wie vor merkt man mir deutlich an, dass es mich stört, dass ich mein Training für heute beenden musste. „Junge Dame, das ist äußerst unhöflich“, weißt mich Duncan zurecht. „Es ist ebenfalls äußerst unhöflich eine Schurkin im Training zu unterbrechen“, kontere ich. Was mir ein Kopfschütteln meines Ziehvaters einbringt. So langsam sollte er doch wissen, dass ich es hasse dabei gestört zu werden. „Wenn es nicht wirklich wichtig wäre, und das versichere ich dir, hättest du ruhig die Puppen weiter zu Kleinholz verarbeiten dürfen. Allerdings sollten wir uns jetzt eben jenem Wichtigem zuwenden. Leyla, dies ist Alistair Cameo, dein Bruder. Alistair, deine Schwester Leyla“, stellt mir mein Vater den Jungen vor. „Guter Witz. Mein Bruder sitzt in Denerim auf dem Thron, schon vergessen?“, ich nehme ihn nicht wirklich ernst. „Nein, dein ältester Bruder, beziehungsweise dein älterer Halbbruder, Cailan sitzt durchaus noch in Denerim auf seinem Thron. Alistair hingegen ist dein leiblicher und drei Jahre älterer Bruder. Euer Vater hat seine Frau, die Königin, mit Eurer Mutter nicht nur einmal betrogen. Ferner habt ihr beiden noch eine ältere Halbschwester mütterlicherseits, Goldanna Cameo, welche ebenfalls in Denerim lebt“, eröffnet Duncan. Stillschweigend starre ich ihn einen Augenblick lang fassungslos an, ehe sich mein Blick meinem Bruder zuwendet. Er wirkt bei weitem nicht so geschockt über diese Eröffnung wie ich. „Ich dachte, es wäre ein flüchtige Affäre gewesen“, murmle ich schließlich. „Das war es auch. Leider suchte euer Vater gerne das Vergnügen in anderen Betten. Recht unbewusst und ungewollt landete er zweimal mit eurer Mutter im Bett, welche das außergewöhnliche Glück besaß, beide Male ein Kind von ihm zu gebären“, erklärt Duncan ruhig. „Warum erfahre ich erst jetzt davon?“, frage ich sauer. „Weil ich Alistair erst finden musste. Er wurde von Arl Eamon versteckt, nachdem eure Mutter sechs Monate nach deiner Geburt ums Leben kam. Wenn öffentlich bekannt wird, dass Maric noch zwei Kinder und Erben hat, würdet ihr in zu großer Gefahr schweben. Daher bist du bei uns und Alistair bei den Templern aufgewachsen. Eure wahre Herkunft wurde weitestgehend verschleiert. Jedoch konnte ich Alistair erst vor kurzem finden und es dauert noch etwas, die Oberste Klerikerin davon zu überzeugen, ihn gehen zu lassen“, antwortet mir mein Ziehvater. „Wenn es dich beruhigt, ich weiß selbst erst seit kurzem von dir“, bringt sich Alistair nun ebenfalls ins Gespräch mit ein. Seine Tonlage ist erstaunlich neutral. Scheinbar bedeutet es ihm nicht viel, plötzlich eine kleine Schwester zu haben. Diszipliniert zwinge ich mich zur Ruhe, ehe ich mich wieder Duncan zu wende: „Und wie soll es nun weitergehen?“ „Alistair wird ab sofort bei uns sein und auf seinen Beitritt vorbereitet werden. In einem Jahr, wenn er sein 18tes Lebensjahr erreicht hat, wird er dem Orden beitreten. Da du nun alt genug bist und deine Ausbildungen mit Bravour absolviert hast, wirst du von nun an auf kleinere Aufträge geschickt werden“, erläutert dieser mir sein Vorhaben. „Wie bitte? Das meinst du doch nicht ernst?! Er darf dem Orden beitreten, ich aber nicht? Was soll der Scheiß?“, brause ich auf. Immer wurde mir gesagt, dass ich kein Teil des Ordens werden dürfe. Begründet wurde das nie und ich habe es nicht hinterfragt, dass jetzt aber mein Bruder das darf ist mehr als ungerecht. „Ganz einfach Leyla, du bist zu rein um ein Grauer Wächter zu werden. Deine außergewöhnliche Fertigkeiten sind zu wertvoll, als dass wir das Risiko eingehen könnten, dich an die Dunkle Brut zu verlieren“, ernst sieht mich Duncan an. „Kurz gesagt: Du eignest dich nicht zu einer Wächterin. Deine Berufung ist eine andere, auch wenn du sie bislang noch nicht gefunden hast.“ Wortlos wende ich mich ab und stürme aus dem Raum.
 

Die darauffolgenden Tage gehe ich sowohl Duncan als auch Alistair aus dem Weg. So ruhig und bedacht ich sonst auch bin, ich bin einfach nur enttäuscht. Duncan scheint es relativ egal zu sein, dass ich mich in seiner Nähe nicht mehr blicken lassen. Er kümmert sich um meinen Bruder. Unbemerkt der beiden beobachte ich sie von einem Fenster der Feste aus. Ich muss ja zugeben, dass mein Bruder kein schlechter Kämpfer ist. Seine Ausbildung zum Templer ist für ihn und auch für den Orden nur von Vorteil. Trotzdem tut es weh, dass Duncan mir überhaupt keine Aufmerksamkeit mehr schenkt. Mein Bruder scheint wichtiger als alles andere zu sein. Lautlos verlasse ich meinen Beobachtungsposten und ziehe mich auf mein Zimmer zurück.
 

Wenige Stunden später klopft es an der Tür und Stroud tritt ein: „Was ist denn los mit dir?“ Langsam setzt er sich neben mich. Der Kommandant der Wächter von Orlais schüttelt den Kopf: „Es ist wegen deinem Bruder, nicht wahr? Normalerweise bist du doch nicht so. Sonst lässt du neue Rekruten kaum in Ruhe, aber jetzt, das kennt man nicht von dir.“ „Hab mich mit Duncan gestritten“, gestehe ich leise. „Ich weiß. Er hat keine Ahnung, wie er noch mit dir umgehen soll. Ihm ist klar, dass dich seine Entscheidung verletzt hat, aber er musste deinem Vater zu seinen Lebzeiten schwören, niemals zu zulassen, dass du ein Grauer Wächter wirst“, leicht streicht mir Stroud durchs Haar. „Weißt du, Leyla, du wirst in einer nicht mehr allzu weit entfernten Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Deshalb darfst du keine Wächterin werden. Gib deinem Bruder eine Chance. Für ihn ist das Alles noch viel schwerer als für dich.“ „Hm... ich kann's ja mal versuchen“, murmle ich leise. „Duncan will dich sehen. Du sollst dich in seinem Büro melden“, Stroud sieht mich aufmunternd an. Wortlos erhebe ich mich und begebe mich in Duncans Büro.
 

Wider meiner Erwartungen steht dort nicht mein Ziehvater, sondern mein älterer Bruder. „Ich würde gerne mit dir reden“, erklärt er mir. „Ich dachte, Duncan will mich sehen?“, hake ich nach. „Das... also... das war eine Lüge. Ich hatte Stroud darum gebeten mir zu helfen, da ich sonst nicht an dich heran gekommen wäre“, schuldbewusst senkt Alistair den Kopf. Einen Moment ziehe ich in Erwägung einfach das Büro zu verlassen, doch dann entscheide ich mich dagegen und setze mich stattdessen in einen der Sessel. „Dieses Gespräch ist vermutlich überfällig“, stimme ich zu. Verwundert hebt er den Blick und schaut mich ungläubig an: „Du... verlässt nicht den Raum oder gehst mir aus dem Weg?“ Das ist mein Bruder? Dieser schüchterne Junge, der bei den Templern ausgebildet wurde? Irgendwie ist das ja liebenswert, zumal er sich ganz anders anhört als bei unserem letzten Aufeinandertreffen. „Nein, werde ich nicht“, antworte ich. Nickend setzt er sich mir gegenüber.
 

„Also... Leyla... ehm... ich wusste nicht, dass ich eine kleine Schwester habe, bis Duncan bei uns im Orden erschien und mich für die Grauen Wächter einberufen hat. Die Oberste Klerikerin war ziemlich sauer, konnte sich aber der Einberufung nicht Widersetzen, auch wenn sie es versucht hat. Auf dem Weg hierher erzählte er mir dann von dir. Ich... konnte es nicht wirklich fassen, also, dass ich eine kleine Schwester habe meine ich. Deshalb war ich beim letzten Mal auch so neutral“, Alistair wirft mir einen unsicheren Blick zu. „Es tut mir Leid, dass ich mich beim letzten Mal so egoistisch verhalten habe“, entschuldige ich mich. „Nein, das brauchst du nicht. Ich kann es verstehen. Ich hätte an deiner Stelle wohl genauso gehandelt“, entgegnet er.
 

Eine Weile schwebt Stille zwischen uns, doch Alistair bricht sie: „Wie war er so? Also unser Vater?“ Seine Frage trifft mich unvorbereitet. Einen Augenblick denke ich nach, ehe ich ihm antworte: „Er war ein wunderbarer und liebevoller Mann. Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass er mit mehren Frauen das Bett geteilt hat. Aber, wenn er hier war, dann hat er sich fast immer nur mit Duncan über irgendwelche Angelegenheit beraten und hin und wieder mich beim trainieren beobachtet. Allerdings brachte er immer Cailan mit. Weshalb ich dann jedes Mal mit ihm die Zeit verbracht habe.“ Er nickt: „Und wie ist unser Bruder so?“ „Für mich war er stets der Inbegriff eines Helden. Meistens saßen wir irgendwo in einer Ecke und er hat mir Geschichten erzählt. Oder wir haben Schach gespielt, wobei er da so schlecht war, dass er jedes Mal verloren hat. Mittlerweile denke ich anders über ihn und halte ihn nicht mehr für einen Helden“, erwidere ich. „Warum war ein Held für dich?“, fragt Alistair. „Weil er so viel über die Welt wusste und so viel konnte. Mit der Zeit habe ich begriffen, dass das am Altersunterschied zwischen uns lag. Auch wenn nicht alle Geschichten, die er mir erzählt hat, der Wahrheit entsprechen, habe ich ihm jedes Mal gerne zugehört, wenn er mir von Orten erzählte, die ich nur aus Büchern kannte“, ich zucke leicht mit den Schultern. „Du spielst also Schach“, nimmt er die Unterredung wieder auf. Ich nicke zur Bestätigung. „Lust auf eine Partie?“, fragt mein Bruder etwas unbeholfen weiter. Ein Lächeln stiehlt sich auf meine Lippen: „Gerne.“

Flashback Ende
 

Damals standen mein Bruder und ich einander so nahe, doch trotzdem gelang es uns nie, ein Band zwischen uns zu schmieden. Im darauffolgendem Jahr vollzog er den Beitritt der Grauen Wächter und arbeitete ab dann als Wächter, während ich den Orden durch Spionagemissionen unterstütze. Die Zeiten verliefen friedlich bis die fünfte Verderbnis begann und wir die Festung verließen, um in Ostagar dem Herr zu helfen.“
 

Sprachlos blickt mich Cullen an. Er scheint nicht damit gerechnet zu haben, dass ich bei den Grauen Wächtern großgeworden bin. „Ich... du bist der Erste, dem ich davon erzähle. Behalte es daher bitte für dich“, füge ich meiner Erzählung hinzu. Cullen legt eine Hand auf meinen rechten Unterarm: „Keine Sorge, ich werde niemandem davon erzählen. Du wirst nicht gerne an jene Zeit oder allgemeine deine Vergangenheit erinnert, nicht wahr?“ Ich bestätige seine Aussage mit einem Nicken. Er hebt seine Hand und legt sie an meine Wange: „Was auch immer ist, du kannst jederzeit zu mir kommen und mit mir über alles reden, wenn dir danach sein sollte. Ich werde immer für dich da sein.“ Diese, seine Worte lassen mein Herz schneller schlagen. „Ich danke dir“, wispere ich leise. Ein sanftes Lächeln erscheint auf seinen Lippen.

Der Häuptling der Sturmbullen

Am darauffolgendem Morgen erwache ich aus einem traumlosen Schlaf. Zügig mache ich mich fertig und begebe mich nach draußen. Mal sehen, was uns heute alles so erwarten wird. Direkt vor der Türe treffe ich auf Fenris, welcher mich zu erwarten scheint: „Guten Morgen, Leyla.“ „Dir auch einen guten Morgen, Fenris. Was gibt’s?“, erwidere ich. „Ein Söldner ist hier und möchte mit Euch sprechen“, antwortet er mir schlicht. „Ein Söldner? Mit mir?“, verwundert folge ich ihm durch Haven. „Lady Leliana ist der Auffassung, dass die Rekrutierung möglicher Emissäre von Euch am besten bewältigt werden kann“, der Elf deutet auf eine Gestalt neben der Kirchentüre: „Dort vorne.“ Mit einem knappen Nicken verabschiede ich mich von ihm und trete auf die Gestalt zu, wissend, dass Fenris in der Nähe bleiben wird, bis er sicher ist, dass von jener keine Gefahr ausgeht.
 

„Guten Morgen, kann ich Euch vielleicht weiterhelfen?“, begrüße ich den Fremden. „Das hoffe ich sehr Mylady, es scheint sich niemand so recht mit mir unterhalten zu wollen. Euch ebenfalls einen guten Morgen“, grüßt er mit einer Stimme, die mich mehr an eine Frau statt an einen Mann erinnert. Auch seine Züge scheinen mir zu weiblich für einen Mann. „Nun denn, was genau ist Euer Begehr?“, frage ich nach. „Ich bin Krem, der Leutnant der Sturmbullen. Der Häuptling schickt mich, um Euch ein Bündnis vorzuschlagen. Leider scheinen die anwesenden Obrigkeiten dafür aber keine Zeit aufzubringen zu wollen“, stellt er sich nun vor. „Es freut mich Euch kennenzulernen Krem. Ich bin Leyla Theirin. Gewiss ist es möglich, sich diesem Bündnis anzunehmen, jedoch befürchte ich, dass sich unsere Diplomatin, unsere Meisterspionin und unser Kommandant nur leider dazu gezwungen sahen ihren Aufgaben nachzugehen, damit im Lager nicht das Chaos ausbricht“, erkläre ich. „Leyla Theirin? Dann seit Ihr der Herold Andrastes. Bitte verzeiht, es lag nicht in meinem Sinne schlecht über die Berater der Inquisition zu sprechen“, kommt es rasch von Krem. „Kein Grund zur Besorgnis. Würdet Ihr mir mehr über die Sturmbullen erzählen?“, wehre ich weitere Entschuldigungsversuche ab. „Mit dem größten Vergnügen. Wir sind eine Söldnertruppe unter dem Kommando des eisernen Bullen. Er ist unser Anführer, oder wie wir ihn nennen Häuptling. Wir arbeiten mit Prinzip und halten uns an den Verhaltenskodex. Auch wenn wir wie eine recht willkürlich zusammengeworfene Gruppe wirken, sind wir die besten, die ihr bekommen könnt“, erläutert mir Krem. „Eine derart gute Truppe wird auch einen stattlichen Preis haben“, merke ich an. „Das stimmt wohl, aber es steht Euch selbstverständlich frei, Euch von unserem Können zu überzeugen. Wir haben eine Truppe feindlich gesinnter Tevinter Magier an der Sturmküste ausfindig gemacht. Wenn Ihr uns kämpfen sehen wollt, kommt dorthin“, Krem nickt mir zu. „Aber ich will ehrlich zu Euch sein: Ihr habt unseren Häuptling ziemlich beeindruckt. Das was man über Euch hört, ist mehr als unglaublich. Daher schlägt er Euch ein Bündnis vor.“ „Ich wüsste nicht, was ich getan habe, um mir eine solche Anerkennung zu verdienen. Jedoch habt Ihr mein Interesse geweckt, Krem. Ich werde sehen, was sich machen lässt“, in Gedanken überlege ich, welchem Berater ich diesen Vorschlag am besten unterbreiten könnte. „Dann sehen wir uns an der Sturmküste, Mylady. Ich freue mich darauf“, mit jenen Worten verabschiedet sich der Leutnant der Sturmbullen.
 

Wenige Minuten später suche ich Cullen auf dem Trainingsplatz auf. Diese Entscheidung betrifft in erster Linie unsere Kampfstärke, daher scheint er mir am geeignetsten, um Rat einzuholen. Zu meiner Überraschung treffe ich Fenris ebenfalls am Platz an. Er hilft bei der Ausbildung der neuen Rekruten mit. Nun, warum nicht? Das ist wesentlich besser, als sich mit Magiern zu streiten. „Kommandant, habt Ihr einen Moment?“, frage ich Cullen, als ich auf ihn zu trete. „Natürlich“, er stimmt mir zu und wir begeben uns etwas abseits des Platzes. „Worum geht es?“, ruhig sieht er mich an. „Der Leutnant der Söldnertruppe der Sturmbullen, ein gewisser Krem, war hier, um im Namen seines Anführers ein mögliches Bündnis mit der Truppe vorzuschlagen. Ich wüsste gerne Eure Meinung dazu“, seinem Blick standhaltend antworte ich ihm auf seine Frage. „Eine Söldnertruppe bedeutet die Aufwendung finanzieller Mittel, aber wenn sie gut sind, würden sie die Moral der Männer deutlich anheben“, erwidert er ruhig. „Krem bot mir an, mir selbst ein Bild von ihrem Können zu verschaffen. Glaubt Ihr, Leliana und Josephine wären mit einem solchen Bündnis einverstanden, vorausgesetzt die Sturmbullen überzeugen mit ihrem Können?“, mein Blick streift die Truppen der Inquisition. Selbst mit den Männern von Teagan sind wir noch viel zu wenige, als das wir einem großen Angriff statt halten könnten. „Durchaus. Euch wurde die Aufgabe zuteil, Emissäre anzuwerben. Wenn Ihr der Überzeugung seit, dass sie uns helfen können, was sollte dann dagegen sprechen“, Cullen zuckt mit den Schultern. Langsam nickend stimme ich ihm zu: „Dann werde ich mir ansehen, wie gut sie sind.“
 

Eine Woche später erreichen Fenris, Cassandra, Varric und ich die Sturmküste. Dort platzen wir mitten in einen Kampf zwischen Magiern aus Tevinter und einem Söldnertrupp. Ohne zu zögern werfen wir uns ins Kampfgetümmel und unterstützen die Söldner. Kurze Zeit später ist der Spuk vorbei. Umgeben von toten Vints sehe ich mir die Söldner genauer an. Einer tritt auf mich zu: „Es ist schön Euch hier zusehen, Herold. Wir hoffen, Euch nicht enttäuscht zu haben.“ Krem lächelt mir zu: „Der Häuptling erwartet Euch.“ Bei seinen Worten deutet er auf einen Qunari, der in der Nähe steht. Entschlossenen Schrittes gehe ich auf ihn zu: „Seit Ihr der Eiserne Bulle?“ „Ah, Ihr müsst die Vertreterin der Inquisition sein, von der Krem sprach. Der Herold Andrastes, nehme ich an?“, der Qunari setzt sich auf einen Stein. Ich nicke zur Bestätigung. „Setzt Euch doch, gleich gibt es etwas zu trinken“, dabei deutet er neben sich. Nach einem kurzem Zögern komme ich seiner Aufforderung nach: „Und, was haltet Ihr von meinen Jungs?“ „Sie scheinen mir sehr fähig zu sein“, erwidere ich. „Ja, das sind sie. Wir sind die Besten, die ihr kriegen könnt“, stolz blitzt in seinen Augen. „Eine fähige Gruppe ist das zweifellos. Sie wären eine Bereicherung für die Truppe und würden die Moral deutlich anheben“, meldet sich Fenris zu Wort. Mein Blick wandert von ihm fragend zu Cassandra, die ihm zustimmend nickt. „Eine solche Gruppe kostet sicherlich einiges“, gebe ich zu bedenken. „Das stimmt schon, aber das ist nichts, womit Ihr Euch herumschlagen müsst. Wenn Ihr uns mitnehmen wollt, regeln wir das mit der Bezahlung mit eurer Diplomatin direkt“, antwortet er mir. „Außerdem bekommt Ihr nicht nur meine Jungs, Ihr bekommt auch mich. Wenn Ihr an der Front einen Leibwächter braucht, bin ich Euer Mann.“ Einen Moment lang blicke ich ihm fest in die Augen. „Willkommen bei der Inquisition“, dabei reiche ich ihm meine Hand. Ein Lächeln bildet sich auf seinen Lippen, als er diese annimmt.

Ein Wiedersehen zwischen Freunden

Zwei Wochen sind seit der Rekrutierung der Sturmbullen vergangen. Entgegen meinen Befürchtungen waren Leliana und Josephine mit dieser Entscheidung mehr als einverstanden. Da die Bresche am Himmel aber nach wie vor unser vorrangiges Problem ist, drängen mich die Berater zu einer Entscheidung, wessen Unterstützung wir uns holen sollen. Nach langem Hin und Her habe ich mich endlich entschieden, weshalb eine Ratssitzung einberufen wird.
 

„Herold, habt Ihr eine Entscheidung gefällt?“, fragt mich Cassandra zugleich. Als Antwort erhält sie ein Nicken meinerseits. „Und, auf welche Partei ist sie gefallen?“, neugierig aber zugleich auch erwartungsvoll beugt sich Leliana ein Stück weit in meine Richtung. „Wir holen uns die Unterstützung der aufständischen Magier in Redcliff“, teile ich ihnen mit. „Haltet Ihr das wirklich für klug? Die Templer könnten uns ebenso gut helfen“, ernst sieht mir Cullen in die Augen. „Da habt Ihr durchaus recht, aber es bringt uns einen größeren Vorteil ein, die Magier zu rekrutieren“, erwidere ich ruhig. „Inwiefern?“, fragend wendet sich Josephine mir zu. „Wir holen Redcliff zurück. Damit beweisen wir, dass wir etwas können, was der König nicht kann. Die Menschen in Redcliff möchten, dass ihnen jemand Sicherheit bietet. Wenn wir die Magier zu unseren Verbündeten machen, können wir dort einige Soldaten stationieren. Wir erweitern unseren Einfluss über dieses Tal hinaus. Ferner verdeutlichen wir unsere Neutralität, indem wir die Magier statt der Templer aufsuchen. Ja, dieses Unterfangen birgt gewisse Risiken, aber ich bin der festen Überzeugung, dass es der richtige Weg ist. Wir können so mehr Zuspruch finden, was es uns wiederum ermöglicht, leichter Bündnisse zu schließen“, erkläre ich meine Entscheidung. „Wann werdet Ihr aufbrechen?“, Leliana scheint mit meinen Ausführungen sehr zufrieden zu sein. „Morgen in aller Früh. Neben Anders werden mich Blackwall und Bulle begleiten. Irgendwelche Einwände?“, mein Blick gleitet durch die Runde. Kopfschüttelnd stimmen die anderen meinem Plan mehr oder weniger überzeugt zu. Aus strategischer Sicht ist er gut, aber ob er funktioniert bleibt abzuwarten.
 

Am Abend stehe ich auf der kleinen Anhöhe über Haven und beobachte den Sonnenuntergang. Schwere Schnitte knirschen im Schnee hinter mir. „Du machst dir zu viele Sorgen. Es wird gut gehen“, meine Stimme durchbricht die Stille des Abends, als sich die Person neben mich stellt. „Ich befürchte, ich mache mir zu wenig Sorgen. Die Magier? Vielleicht hätte ich das erwarten müssen, aber trotzdem hatte ich gehofft, dass du dich für die Templer entscheiden würdest“, erklingt Cullens Stimme. „Weil du so gehandelt hättest?“, mein Blick löst sich vom Himmel, konzentriert sich stattdessen auf ihn. „Ist mir das zu verdenken? Ich selbst war ein Templer und weiß, wozu sie in der Lage sind“, er erwidert meinen Blick. „Warum also hast du dich für die Magier entschieden? Nur wegen dem strategischem Hintergrund, weil Redcliff ein guter Stützpunkt wäre?“ „Ich weiß, dass es dir schwerfällt, Magiern zu vertrauen, aber ich habe viel gutes und schönes gesehen, dass von Magie geschaffen wurde. Wir brauchen fähige Heiler, die sich um die Verletzten kümmern, erfahrene Fernkämpfer, die unseren Kriegern den Rücken freihalten, Meister des Wissens, die uns mehr über die Bresche und die Risse erklären können. Ich glaube, dass wir genau solche Leute in Redcliff finden werden. Vertrau mir“, bitte ich ihn. „Ich habe ein schlechtes Gefühl bei der Sache. Was, wenn es nicht so einfach ist, wie du glaubst?“, äußert er seine Gedanken. „Es wird zweifelsohne nicht einfach werden, aber du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Ich weiß, was ich tue“, sachte lächle ich ihn an. Seine linke Hand hebt sich und streicht eine Strähne meines braunen Haares aus meinem Gesicht. „Du bist dir deiner Sache stets so sicher. Gibt es nichts, was du fürchtest?“, seine Hand verweilt an meiner Wange. „Doch, ich habe Angst davor zu versagen und all jene zu verlieren, die mir etwas bedeuten“, meine Stimme gleicht einem Windhauch. Sanft sieht er mich an, doch dann überschattet Schmerz seine Augen. Seine Hand gleitet von meiner Wange. „Cullen?“, besorgt lege ich ihm eine Hand auf die Schulter. „Nur ein Kopfschmerz“, wehrt er ab. Das scheint mir aber nur die halbe Wahrheit zu sein. Ich mustere ihn genauer. Unter seinen Augen liegen Schatten, so als ob er schlecht schläft. Generell wirkt er öfter erschöpft. Ein Zustand, den ich von Templern nicht kenne. Im Regelfall ist dem nicht so. Es sei denn... „Nimmst du überhaupt noch Lyrium?“, frage ich ihn. Der Krieger wirft mir einen ertappten Blick zu. Ohne zu zögern nehme ich seine Hand: „Komm.“ Dann ziehe ich ihn zu meiner Unterkunft.
 

Drinnen setze ich ihn auf den einzigen Stuhl und durchsuche anschließend meine Tasche. Ich bin mir sehr sicher, dass ich noch welchen da habe. Kurz darauf halte ich den gesuchten Gegenstand triumphierend in Händen, fülle den Teekessel mit Wasser und hänge ihn in die Flammen. Cullen beobachtet mein Tuen mit hochgezogenen Augenbrauen. Als der Kessel nach einigen Minuten pfeift, hole ich ihn vorsichtig aus dem Feuer und gieße den Tee auf. Der Duft von Jasmin erfüllt den Raum. Ich drücke ihm die Tasse in die Hand, das Holzkästchen stelle ich vor ihm auf den Tisch: „Hier, trink das, dann wird es dir besser gehen.“ Skeptisch hebt er die Tasse an die Lippen und leert sie in wenigen Schlucken. Die Wirkung tritt beinahe augenblicklich ein. Deutlich entspannter als zuvor setzt er die Tasse ab. „Wie kann das sein? Was ist das?“, fragend blickt er mich an. „Ein spezieller Tee, der neben Jasmin einige Kräuter enthält, die Lyriumleiden lindern“, antworte ich. „Lyriumleiden?“ „So nennt man die Schmerzen eines Lyriumentzuges“, ich zucke leicht mit den Schultern. „Woher weißt du so was?“, sein Blick folgt meinen Bewegungen. Kurz halte ich inne: „Bei den Grauen Wächtern waren einige ehemalige Templer, die kein Lyrium mehr nahmen. Mein Mentor erklärte mir, wie man diesen Tee zubereitet. Es gibt auch Fälle, in denen Templer kein Lyrium mehr nehmen dürfen.“ Meine Gedanken schweifen ab. Vor meinem geistigem Auge sehe ich Duncan wie er mir ruhig erklärt, wie man den Tee zubereitet. Wie er mir einbläut, das Geheimnis seiner Zubereitung für mich zu behalten. Wie ich ihm stolz zeige, dass ich den Tee schon ganz alleine zubereiten kann. Wie mir Duncan sachte übers Haar streicht, mit diesem leichten Lächeln, dass er immer zeigte, wenn er stolz auf mich war. Wie er mich fortschickt, in die Kocari-Wildnis um mein eigenes Leben zu retten. Wie er von der Dunklen Brut ermordet wird. Stumme Tränen rinnen über meine Wangen.
 

Eine Hand an meiner Wange, die mir sachte die Tränen wegstreicht, bringt mich in die Gegenwart zurück. Ich hebe meinen Blick, bis ich dem von Cullen begegne. Wortlos zieht er mich an sich. Hält mich einfach in seinen Armen.
 

Nach einer Weile löse ich mich von ihm: „Danke.“ Er lächelt mich sanft an: „Verzeih bitte, ich wollte dich nicht an etwas unangenehmes erinnern.“ Bestimmt schüttle ich den Kopf: „Das hast du nicht.“ Einen Moment lang blicken wir einander einfach nur in die Augen. Deutlich spüre ich dieses Band, welches uns miteinander verbindet. Meine Hand greift blind nach dem Holzkästchen auf dem Tisch neben uns: „Hier, behalte es. Wenn er ausgeht, gib mir Bescheid, dann bereite ich neuen zu.“ Verblüfft nimmt er das Kästchen entgegen: „Ich... danke, Leyla.“ „Es ist schon spät. Entschuldige bitte, dass ich dich jetzt rausschmeißen muss, aber der nächste Tag wird lang und anstrengend werden“, dabei deute ich leicht in Richtung Tür. „Natürlich, ich wollte dich nicht lange aufhalten. Schlaf gut“, dabei geht er zur Tür und öffnet jene. „Du auch“, erwidere ich, ehe er diese hinter sich schließt. Als ob er mich aufgehalten hätte. Seine Gegenwart ist mit das schönste, was ich hier in Haven gefunden habe. Und wenn er mich so sanft anlächelt. Mit einem Kopfschütteln vertreibe ich diese schwärmerischen Gedanken aus meinem Kopf, bevor ich mich schlafen lege.
 

Eine Stunde vor Sonnenaufgang werde ich durch lautes Hämmern an meiner Türe geweckt. „Mylady, aufstehen! Wir kommen sonst zu spät!“, ertönt die Stimme von Anders jenseits der Tür. Grummelnd erhebe ich mich, um mich für die bevorstehende Reise fertig zu machen.

Die Sonne erscheint gerade über den Hügeln, als ich auf die anderen an den Ställen treffe. Dort ist bereits alles für unsere Abreise vorbereitet. Mit einem Nicken grüße ich meine Gefährten, dann machen wir uns auch schon schweigend auf den Weg nach Redcliff. Wir wollen am späten Vormittag des morgigen Tages dort eintreffen.
 

Unsere Reise in die Hinterlande verläuft überraschend ruhig. Keine aufständischen Magier oder rebellierende Templer stören unseren Weg. Das irritiert mich. Was bei der Leere hat beide Parteien dazu bewegt, sich nicht weiter die Köpfe einzuschlagen. „Es ist ziemlich ruhig hier“, merkt Blackwall an. „Zu ruhig für meinen Geschmack. Wir sollten vorsichtig sein, irgendetwas stimmt da nicht“, stimme ich ihm zu. „Meint Ihr, sie planen einen Hinterhalt?“, mutmaßt Anders. „Nein, aber... je näher wir Redcliff kommen, desto mehr verstärkt sich das Gefühl, das an dem ganzen etwas faul ist“, antworte ich. „Dann habt Ihr diese seltsame Aura also auch bemerkt. Hoffen wir, dass uns keine bösen Überraschungen erwarten werden“, der blonde Magier blickt missmutig nach vorne. Ja, dass hoffe ich wirklich.
 

In Redcliff ist es genau so ruhig, wie auf der Strasse. Skeptisch wende ich mich an den nächstbesten Magier in der Nähe: „Verzeihung. Wir kommen im Namen der Inquisition, um ein Bündnis mit den Magiern zu schließen. Könntet Ihr mir daher bitte sagen, wo ich die Großverzauberin finde?“ „Ihr wollt Euch mit uns verbünden? Dann müsst Ihr aber mit dem Magister sprechen“, erwidert dieser. „Mit dem Magister?“, frage ich verwundert nach. „Ja, mit Magister Alexius. Ich werde ihm Bescheid sagen, dass Ihr hier seid, Mylady. Bis dahin könnt Ihr Euch ja in der Taverne mit der ehemaligen Großverzauberin unterhalten“, damit verschwindet der fremde Magier. „Ah ja, Magister Alexius. Sagte Fiona Euch gegenüber nicht, sie wolle sich mit der Inquisition verbünden, als Ihr in Val Royeaux wart?“, Anders wirft mir einen mehr als nur irritierten Blick zu, ebenso der Rest. „Eigentlich schon. Hören wir uns doch mal an, was die Dame dazu zu sagen hat“, mit diesen Worten meinerseits machen wir uns auf den Weg zur Taverne.
 

Fiona finden wir an einem der Tische sitzend vor. „Fiona?“, ruhig trete ich auf sie zu. „Hm? Oh, Mylady Herold. Was für eine Überraschung. Wie komme ich zu der Ehre?“, ehrfürchtig senkt sie den Kopf. „Ihr habt mich doch selbst in Val Royeaux eingeladen, herzukommen und mich mit Euch und Euren Leuten zu verbünden“, entgegne ich. „Seit Ihr Euch da sicher? Ich war seit mehr als drei Jahren nicht mehr in Val Royeaux. Aber wenn Ihr Euch mit uns verbünden wollt, könnt Ihr mit Magister Alexius darüber sprechen. Er ist dem ganzen sicherlich nicht abgeneigt“, antwortet sie mir mit einem Lächeln. Zu einer Erwiderung komme ich jedoch nicht mehr, da in diesem Moment die Tür zur Taverne aufschwingt und der Magister höchstselbst in Begleitung eines weiteren Magiers, seinem Sohn und Erben Felix, auf uns zu tritt. „Lady Theirin, ich war sehr überrascht, als man mir berichtete, dass Ihr im Namen der Inquisition hier seit, um ein Bündnis mit uns einzugehen. Das kommt unerwartet“, begrüßt er mich. „Ihr erinnert Euch noch an meinen Sohn Felix, nehme ich an?“, dabei deutet er auf den Magier an seiner Seite. „Natürlich, es freut mich Euch wiederzusehen“, dabei neige ich leicht den Kopf. Felix macht einen Schritt auf mich zu, ergreift meine rechte Hand und haucht einen Kuss auf jene: „Es ist mir eine große Freude, Euch wiederzusehen.“ Dabei spüre ich ein Stück Pergament, das gegen meine Finger gedrückt wird. Unauffällig balle ich die Hand zur Faust, als ich sie zurückziehe und lasse sie samt Zettel in meiner Hosentasche verschwinden.
 

„Ihr benötigt Unterstützung um die Bresche am Himmel zu schließen, richtig?“, Alexius hat sich zwischenzeitlich auf einem freiem Stuhl niedergelassen. „In der Tat. Wir hofften, hier eben jene zu erhalten“, dabei wende ich mich ihm zu. „Es wäre mir eine Ehre, der Inquisition und natürlich auch Euch, einen Dienst erweisen zu dürfen. Die Umstände sind derzeitig jedoch etwas chaotisch. Ich würde gerne erst wieder für Ordnung sorgen, ehe wir uns über eine Zusammenarbeit unterhalten. Dabei hoffe ich auf Euer Verständnis“, mit einem Lächeln sieht der Magister mich an. „Nun, wir wollen Euch nicht zu etwas drängen, aber die Bedrohung durch die Bresche wird mit jedem Tag, der vergeht, größer. Daher bitten wir um schnellstmögliche Einigung“, erwidere ich ruhig. „Selbstverständlich. Erwartet meine Nachricht. Ich werde Euch als bald nach Schloss Redcliff bitten. Entschuldigt mich nun, es gibt viel zu tuen“, damit erhebt sich Alexius und verlässt mit seinem Sohn den Raum, welcher mir unauffällig einen bedeutenden Blick zuwirft. Fiona folgt den Beiden nach draußen und wir bleiben alleine zurück.
 

„Was genau sollte das denn gerade?“, Bulle sieht fragend in die Runde. „Ich schätze mal, der werte Herr schätzt es nicht, wenn man unangemeldet auf der Türschwelle steht. Aber mich irritiert hier so einiges. Da geht doch etwas nicht mit rechten Dingen zu. Erst bittet uns die Großverzauberin hierher und jetzt weiß sie davon angeblich nichts mehr?“, Anders schüttelt den Kopf. „Woher kennt Ihr den Magister?“, Blackwall mustert mich ernst. „Ich war vor vier Jahren im Reich von Tevinter um im Namen meines Bruders Verhandlungen über mögliche Handelsbeziehungen mit dem Reich zuführen. Dabei habe ich ihn kennengelernt“, beantworte ich ihm geistesabwesend seine Frage, während meine Finger damit beschäftigt sind, das Pergament zu entfalten, welches mir Felix zugesteckt hat. In geschwungen Buchstaben steht dort:
 

„Ihr seit in großer Gefahr. Kommt zur Kirche von Redcliff.“
 

„Wir sind in Gefahr? Was hat das den jetzt zu bedeuten?“, Bulle ist genauso ratlos wie wir anderen. Aber diese Handschrift. Ich habe sie schon einmal gesehen. Ist das nicht die von ihm? Was hat das ganze zu bedeuten? Eigentlich kann sie nur ihm gehören. „Dann lasst uns mal herausfinden, wer da so einen Aufwand betreibt“, beschließe ich. Damit verlassen wir nun ebenfalls die Taverne, mit der Kirche als Ziel.
 

In ihrem Inneren treffen wir auf einige Dämonen, die einem dort ansässigen Riss ins Nichts entspringen, sowie einem Magier, der diese mit seinem Stab und einigen Zaubern in Schach hält. Wir greifen sofort ein und unterstützen ihn. Blackwall und Bulle stürzen sich mit erhobenen Waffen auf die Dämonen, während sie dabei von Anders die nötige Rückendeckung erhalten. Ich erledige die kleineren Schatten in meiner Nähe, ehe ich meine linke Hand erheb, um den Riss zu verschließen. Mit einem hässlichen Kreischen verschwinden die letzten Kreaturen. Dann kehrt Stille ein.
 

„Das war knapp. Verratet Ihr mir, wie genau das funktioniert? Einmal mit der Hand winken und schon verschließen sich die Risse?“, der Magier wendet sich zu uns um. „Gegenfrage: Wer seit Ihr?“, knurrt Blackwall misstrauisch. „Ah, ich war schon etwas weiter. Dorian aus dem Hause Pavus, zuletzt wohnhaft in Minrathous“, dabei verbeugt sich der schwarzhaarige Magier vor uns. Ein leichtes Lächeln schleicht sich auf meine Lippen, als ich an Blackwall und Bulle vorbei auf ihn zu gehe: „Wusste ich doch, dass die Schrift nur einem gehören kann. Wir haben uns lange nicht gesehen, mein Freund.“ Sein Kopf ruckt hoch und schon erscheint ein strahlendes Lächeln auf seinen Lippen: „Leyla, meine Liebe. Du bist die Letzte, mit der ich gerechnet hatte.“ Dann begrüßt er mich mit einer kurzen Umarmung. „Ihr kennt euch“, stellt Bulle fest. „Woher?“ „Das hat Zeit. Ihr schwebt alle in großer Gefahr“, wehrt Dorian ab. „Wie meinst du das?“, fragend sehe ich ihn an. „Du erinnerst dich an das, was ich dir über die Forschungen an der Zeitmagie erzählt habe? Gut, wie du weißt, haben Alexius und ich theoretisch daran geforscht, bevor ich Tevinter verlassen habe. Allerdings scheint er in den letzten vier Jahren seine theoretischen Forschungen praktisch angewandt zu haben. Ich beobachte Redcliff schon seit einer Weile. Mithilfe von Zeitmagie ist es ihm gelungen, vor euch hier zu sein. Er wollte um jeden Preis verhindern, dass sich die Inquisition mit den Magiern hier verbündet. Zumal ich sogar vermute, dass er vorhat, dich zu töten“, erklärt er. „Mich zu töten? Warum?“, hake ich nach. „Dank deinem Mal bist du dazu in der Lage, die Risse ins Nichts und wahrscheinlich sogar die Bresche selbst zu verschließen. Für denjenigen, der die Bresche geöffnet hat, stellst du somit eine große Bedrohung dar. Wenn ich mich nicht irre, unterstützt Alexius diesen Jemand, den er selbst den Ältesten nennt, zusammen mit anderen Anhängern, den so genannten Venatori. Dieser Älteste wünscht sich deinen Tod, wenn ich das richtig verstanden habe“, Dorians Blick nimmt Besorgnis an. „Jedoch muss ich zugeben, dass ich bis eben nicht wusste, dass der Herold Andrastes du bist, Leyla.“
 

„Hervorragend. Ein Loch im Himmel, eine Mann, der sich der Älteste nennt, welcher dieses geschaffen hat, und ein Zeitmagier, der den Herold töten will. Warum nur kann es nicht einfach sein, die Welt zu retten?“, kommt es sarkastisch von Anders. „Wie gehen wir weiter vor?“, die Aussage des Blonden übergehend, stellt Blackwall seine Frage. „Wir begeben uns nach Haven zurück und warten die Botschaft von Alexius ab. Mehr können wir momentan nicht machen. Wirst du uns begleiten, Dorian?“, bei meinen letzten Worten wende ich mich diesem zu. „Nein. Ich werde Redcliff ebenfalls verlassen, hierzubleiben wäre zu gefährlich für mich. Dennoch werde ich es mir nicht entgehen lassen, wie du dich mit Alexius duellierst. Wir werden uns wiedersehen, noch bevor du erneut nach Redcliff aufbrechen wirst. Bis dahin, meine Liebe“, er lächelt mich leicht an, dann verschwindet er in den Schatten der Kirche. Meine Gefährten und ich hingegen begeben uns auf den Rückweg nach Haven.

Vom Beginn einer außergewöhnlichen Freundschaft

Seit acht verdammten Tagen sitze ich tatenlos in Haven, auf die Nachricht von Alexius wartend. Acht Tage in denen ich absolut nichts zu tuen hatte, außer ein wenig zu trainieren. Es fuchst mich tierisch zur Tatenlosigkeit gezwungen zu sein, bis sich der werte Magister in Redcliff dazu bequemt, uns seine Nachricht zukommen zu lassen. Ein Klopfen an meiner Tür lässt mich aufhorchen: „Herein.“ Mit einem leisen Knarzen öffnet sich jene und Cullen tritt ein. Ein leichtes Lächeln stiehlt sich auf meine Lippen, als ich ihn sehe. Ich genieße es, Zeit mit ihm zu verbringen. Ich weiß, dass er schon seit Tagen mit mir über die Vorfälle in Redcliff sprechen will, bislang aber auch noch keine Möglichkeit dazu gehabt hatte.
 

„Ich hoffe, ich störe nicht“, etwas hilflos steht er mitten im Raum. „Nein, ganz und gar nicht. Wie geht es dir? Hilft der Tee?“, mit einem Wink fordere ich ihn auf, mir gegenüber Platz zu nehmen. „Sehr sogar. Ich bin dir sehr dankbar dafür“, er folgt meiner Aufforderung. „Nicht doch. Also, was kann ich für dich tuen?“, aufmerksam mustere ich ihn. „Blackwall und Bulle erwähnten, dass du diesen Dorian Pavus, dem ihr in der Kirche von Redcliff getroffen habt, kennst. Ich wollte fragen, wie es dazu kommt, dass ihr scheinbar befreundet seit“, erklärt er sich. „Ach, das ist nur halb so spannend wie es vielleicht klingt. Als die Aufräumarbeiten nach der 5. Verderbnis in Ferelden abgeschlossen waren, überlegte mein Bruder Handelsbeziehungen mit dem Reich von Tevinter einzugehen. Da das Reich dem nicht abgelehnt war, schickte er mich nach Minrathous, um dort an seiner Stelle die Verhandlungen zu führen. Damals war ich Gast im Hause Pavus und so kam es dazu, dass wir uns kennenlernten...
 

Flashback

4 Jahre zuvor in Minrathous
 

„Ah, Lady Theirin. Willkommen im Reich von Tevinter. Ich bin Halward Pavus und es ist mir eine große Ehre, Euch als Gast meines Hauses begrüßen zu dürfen“, der Magister vor mir lächelt mich an, während er sich leicht vor mir verneigt. „Die Ehre ist ganz meinerseits“, erwidere ich höflich mit monotoner Stimme. Ich hasse solche Unterredungen. „Darf ich Euch meinen Sohn Dorian vorstellen, Prinzessin? Er wird Euch Euren Aufenthalt in Minrathous so angenehm wie nur möglich gestalten. Bei Fragen könnt Ihr Euch jederzeit an ihn wenden“, dabei deutet der Hausherr auf einen jungen Mann vielleicht zwei oder drei Jahre älter als ich. Mit einem charmanten Lächeln sieht mich dieser an, doch tief in seinen Augen sehe ich, dass es ihm missfällt, sich um mich kümmern zu müssen. „Wir hatten nicht erwartet, dass Ihr einen Sklaven mitbringen würdet. Aber das stellt natürlich kein Problem dar“, Halward zieht meine Aufmerksamkeit auf sich. Sklaven? Er meint doch nicht etwa Zevran. Kurz gleitet mein Blick zu meinem blonden Begleiter herüber, welcher finster den Magister anstarrt. „Zevran ist kein Sklave, sondern mein 1. Ritter. Als solcher gehört es zu seinen Aufgaben, mich auf Reisen zu begleiten“, erkläre ich. „Verzeiht, ich wollte weder Euch noch ihn beleidigen. Es ist nur etwas ungewöhnlich, einen Elfen in den Diensten einer Angehörigen einer Königsfamilie zu sehen, ohne dass er ein Sklave ist. Ich bitte vielmals um Entschuldigung. Auf mich wartet Arbeit, daher bitte ich Euch, mich nun zu entschuldigen“, damit zieht sich der Magister zurück.
 

„Nun, wie kann ich Euch helfen?“, fragt Dorian höflich. „Ihr scheint mit der Entscheidung Eures Vaters nicht einverstanden zu sein. Warum folgt Ihr ihr dann?“, stelle ich die Gegenfrage. Beeindruckt mustert er mich: „Woher wisst Ihr das?“ „Es liegt tief verborgen in Euren Augen. Eure Abneigung mir gegenüber“, antworte ich schlicht. „Ich bin beeindruckt. Es ist bislang niemandem gelungen, hinter meine Fassade zu sehen. Allerdings muss ich Euch korrigieren. Ich hege keine konkrete Abneigung gegen Euch, nur gegen verwöhnte, junge Damen aus Adelshäusern, die erwarten, dass man ihnen den Hintern hinterher trägt“, widerspricht er mir. Ein leises Lachen entkommt mir: „Dann braucht Ihr Euch keine Sorgen zu machen. Ich überzeuge Euch gerne von der Tatsache, dass nicht alle junge Damen aus Adelshäusern verwöhnt und voller Erwartungen sind. Aber ich kann nicht dafür garantieren, dass es Euch gefallen wird.“ Er stimmt in mein Lachen ein: „Davon habt Ihr mich bereits überzeugt, sonst würdet Ihr nicht so unbefangen mit mir umgehen. Nur leider weiß ich nicht, wie ich Euch ansprechen soll. Lady Theirin erscheint mir unpassend.“ „Leyla reicht“, erwidere ich. „Also gut, Leyla. Ich nehme an, Ihr wollt Euch ein wenig von Eurer Reise erholen, oder? Dann folgt mir, ich zeige Euch Euer Zimmer“, Dorian wirkt etwas offener und fröhlicher als zuvor.
 

In den darauffolgenden drei Wochen verbringe ich außerhalb der Beratungen mit dem Magisterium über die Handelsbeziehungen viel Zeit mit Dorian. Wir haben schnell von der höflichen in die persönliche Anrede gewechselt und verstehen uns prächtig. Gerade spielen wir eine Partie Schach gegeneinander. „Und, wie gefällt dir Tevinter?“, fragt Dorian. „Es ist schön hier, zumal das Wetter hier wesentlich stabiler ist als in Ferelden“, mich nicht ablenken lassend setze ich meine Figur. „Soweit ich gehört habe, wirst du an dem Ball in wenigen Tagen teilnehmen, als offizielle Vertreterin des Königreiches Ferelden“, erwidert er, während er versucht bestmöglich seinen König zu schützen. Ich nicke zur Bestätigung seiner Aussage, schlage dabei einen seiner Türme. Das entlockt dem Schwarzhaarigen ein entnervtes Stöhnen. „Würdest du mich auf den Ball begleiten?“, nach dem er seinen Zug gemacht hat, sieht er mich ernst an. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass es ausgerechnet dir an Verehrerinnen mangelt“, merke ich an und beende die Partie. „Du bist eine furchtbar gute Spielerin“, beschwert er sich. „Was deine Aussage betrifft: Ja, das stimmt, aber ich bin an Frauen nicht interessiert.“ „Nicht interessiert?“, fragend hebe ich eine Augenbraue. „Nun, ich bevorzuge die Gesellschaft von Männern“, versucht er sich zu erklären. „Das erachte ich als Beleidigung meiner Person“, antworte ich. „Nein, nicht so. Verdammt, wie erkläre ich das am besten. Ich mag dich sehr Leyla, du bist die erste gute Freundin, die ich habe und ich bin gerne in deiner Gesellschaft, aber ich meinte eine intimere Gesellschaft, bei der man... nicht bekleidet ist“, seine letzten Worte sind nur ein leises Flüstern. Bei mir fällt der Groschen. Er steht nicht auf Frauen. Erwähnte Dorian nicht großen Ärger mit seinem Vater? Das würde Sinn machen, wenn dieser von den Vorlieben seines Sohnes weiß. „Nun, deshalb kann ich eigentlich nur dich fragen, verstehst du? Jede andere Frau würde da mehr reininterpretieren“, nimmt er den Faden wieder auf. „Ich würde dich gerne zu dem Ball begleiten, dann käme ich mir da nicht so dämlich vor“, beantworte ich ihm endlich seine Frage. Dorian schenkt mir ein sehr dankbares Lächeln.
 

„Du siehst umwerfend aus, meine Liebe“, Dorian erwartet mich bereits vor der Tür zu dem Zimmer, in welchem ich untergebracht wurde. Ich bin mir dessen angesichts des langen violetten Ballkleides mit schwarzen Verzierungen nicht so sicher. Dorian selbst trägt eine Paradeuniform mit violetter Jacke, schwarzer Hose und passender schwarzer Schärpe. Ob er das ganze wohl so eingefädelt hatte? „Wollen wir?“, mit seinem charmanten Lächeln bietet er mir galant seinen Arm an. Ich hake mich bei ihm unter und gemeinsam begeben wir uns nach unten zu der Kutsche, welche uns zum Ballsaal bringen soll.

„Ser Dorian Pavus in Begleitung von Lady Leyla Theirin, Prinzessin von Ferelden“, verkündet der Ansager unsere Namen, als wir den Saal betreten. Sofort sind wir uns aller Blicke und Aufmerksamkeit im Raum sicher. Männer wie Frauen werfen uns gleichermaßen neidische Blicke zu, wollen scheinbar mit einem von uns tauschen. Innerlich bin ich mehr als froh, dass Dorian an meiner Seite ist und nicht dieser aufdringliche Thomas, der mir seit meiner Ankunft in Minrathous den Hof macht und mich umwirbt. Halward Pavus scheint mit der Wahl der Begleitung seines Sohnes sehr zufrieden zu sein. Vielleicht trägt das ja zur Schlichtung zwischen den beiden bei. Mein Begleiter jedoch zieht mich zielstrebig in Richtung Tanzfläche: „Soweit ich weiß, tanzt du gerne.“ Ich werfe ihm ein leichtes Lächeln zu. Das stimmt. Er hat mir in den letzten Tagen Unterricht in den Standardtänzen Tevinters gegeben, da ich nur die von Ferelden und Orlais beherrsche. Daher weiß ich, dass er ausgesprochen gut tanzen kann.
 

Bereits sechs Tage sind seit dem Ball vergangen und sämtliche Verhandlungen über die Handelsbeziehungen wurden zum Abschluss gebracht. Für mich ist daher nach fünf Wochen Aufenthalt in Minrathous an der Zeit, nach Denerim an den Hof zurückzukehren und meinem Bruder die Ergebnisse zu präsentieren. Die Tatsache, dass ich mich daher von Dorian verabschieden muss, missfällt mir. Er ist in dieser kurzen Zeit mein bester Freund geworden. Nachdenklich packe ich meine Sachen zusammen. Leider kann er mich nicht einfach so begleiten. „Du reist morgen ab“, die Stimme des Schwarzhaarigen ertönt hinter mir. „Es ist an der Zeit dazu“, ich hebe meinen Blick nicht. „Dann sollten wir uns wohl heute voneinander verabschieden. Morgen werden wir dazu keine Gelegenheit habe“, merkt er an. Dann greift er nach meiner Hand: „Komm, ich möchte dir noch etwas zeigen, bevor du Tevinter verlässt.“ Verwundert folge ich ihm in den Garten des Anwesens. Dort deutet Dorian in den Himmel. Ich blicke nach oben und bestaune den klaren Sternenhimmel. Ich kenne keinen anderen Ort, an dem man die Sterne so hell strahlen sieht. „Pass auf, gleich ist es soweit“, flüstert er. Und dann sehe ich, was er mir wirklich zeigen wollte: Ein Schauer von Sternschnuppen. Lächelnd betrachte ich das Naturspektakel: „Das ist wunderschön.“ „Alle fünf Jahre regnen die Sterne über Minrathous auf die Erde hinab“, erklärt er mir. Als der Schauer vorbei ist, wird es etwas dunkler im Garten. „Hier, nimm das“, Dorian legt mir einen merkwürdigen Stein in die Hand. Eine Erklärung erwartend, blicke ich ihn an. „Das ist ein magischer Kommunikationsstein. So können wir ungeachtet der Entfernung miteinander sprechen“, antwortet er auf meine unausgesprochene Frage hin. „Und das funktioniert?“, verblüfft sehe ich den Stein genauer an. „Schon, aber nur, wenn wir sie verwenden. Ich habe sie mithilfe von Magie auf uns geprägt, das heißt, dass jemand anders sie nicht nutzen kann“, leicht zuckt er mit den Schultern. „Danke, Dorian“, ein sachtes Lächeln umspielt meine Mundwinkel. Er umarmt mich wortlos. Danach geleitet er mich zu meinem Zimmer zurück.
 

Als ich am nächsten Tag mit Zevran aus Minrathous abreise, bin ich mir seltsam sicher, dass ich Dorian wiedersehen werde. Den genauen Zeitpunkt kennt jedoch nur der Erbauer...

Flashback Ende
 

In den vier Jahren danach blieben wir über die Kommunikationssteine in Kontakt. Zwar wusste ich, dass er dem Reich von Tevinter und seiner Familie den Rücken zugekehrt hatte, aber das er sich in – sagen wir mal – unmittelbarer Nähe aufhält, hätte ich nie vermutet. Aber für Überraschungen ist er immer gut“, beende ich meine Erzählung. „Es erscheint mir seltsam, dass ausgerechnet der König von Ferelden Handelsbeziehungen mit dem Reich von Tevinter führen wollte“, Cullen schüttelt leicht den Kopf. „Nun ja, er war damals schon nicht mehr derselbe wie vor der Verderbnis. Vermutlich erhoffte er sich ein stärkeres Ansehen in Thedas dadurch oder aber etwas anderes. Genaues kann ich dazu nicht sagen, auch wenn es mich damals wunderte, so ruckartig von meinen Pflichten entbunden und nach Tevinter geschickt zu werden“, mutmaße ich. „Welche Pflichten hattest du denn damals?“, interessiert mustert er mich. „Zu jener Zeit war ich als Strategin für militärische Angelegenheiten zuständig und habe nebenbei verhindert, dass Alistair sich vor sämtlichen Lords und Ladies Fereldens blamiert. Beim regieren habe ich ihm damals auch unter die Arme gegriffen, Verhandlungen zählten nicht zu seinen Stärken“, ruhig erwidere ich seinen Blick. Diese wunderschönen, goldenen Augen. „Du als Strategin von Ferelden. Das kann ich mir gut vorstellen“, murmelt er nachdenklich.
 

Eine angenehme Stille schwebt zwischen uns. Bislang weiß niemand außer Anders von meinem Fund in den Tiefen des Palastes. „Cullen, ich weiß nicht, ob wir uns nicht vielleicht ganz Ferelden zum Feind machen werden“, setze ich an. Verwirrung spiegelt sich in seinen Augen wieder: „Wie meinst du das?“ „Kurz vor meiner Abreise zum Konklave habe ich in den Kellern des Palastes in Denerim einen beunruhigenden Fund gemacht. Dort war eine Kiste voll mit rotem Lyrium zusammen mit einem Brief, verfasst von Alistair, in welchem er um eine weitere Lieferung bittet, da ihm die Vorräte ausgehen. Daraufhin habe ich die Bücher über die Ausgaben des Palastes überprüft und herausgefunden, dass in den letzten zwei Jahren immer wieder hohe Beträge auf seine Anweisung hin ausgezahlt wurden, jedoch ohne Angaben über die Verwendung der Mittel. Zumal erfuhr ich, dass es seitdem auch immer wieder mal Warenlieferungen gibt, die der König persönlich annimmt, ohne dass diese auf eventuelle Fallen oder Bomben geprüft worden sind. Du hast in Kirkwall selbst gesehen, was rotes Lyrium auslöst. Sein verändertes Verhalten ließe sich damit erklären“, verrate ich ihm. „Wer genau weiß alles über deinen Verdacht Bescheid?“, ernst hält er meinen Blick fest. „Niemand außer dir und Anders. Ich war mir nicht sicher, ob ich das ganze weitererzählen sollte. Nur... jemand wie Leliana, Josephine oder Cassandra kann nicht nachvollziehen, warum das ein beunruhigender Umstand ist. Sie haben nur aus Varrics Erzählungen von den Auswirkungen des roten Lyriums erfahren, es aber nicht mit eigenen Augen gesehen. Zumal nicht sicher ist, dass es dagegen ein Heilmittel oder etwas ähnliches gibt“, zaghaft weiche ich seinem ernsten Blick aus. Mir ist bewusst, dass ich womöglich eine wichtige Information zurückgehalten habe. „Warum hast du davon bislang nichts gesagt?“, hakt er weiter nach. „Ich... es gibt keinen Beweis dafür, dass sich sein Verhalten auf das rote Lyrium zurückführen lässt. Genauso gut kann es sein, dass er den Verstand verloren hat. Gut nein, ich weiß, das ist sehr unwahrscheinlich. Es wird wahrscheinlich auf das Lyrium zurückzuführen sein aber... ich denke, ich wollte es einfach nicht wahr haben. Ich habe mir selbst eingeredet, dass es dafür eine plausible Erklärung geben muss. Dass er es niemals konsumieren würde. Aber, ich habe mir damit nur etwas vorgemacht. Weil ich nicht akzeptieren wollte, dass ich ihn unweigerlich eines Tages töten muss, wenn er eine Bedrohung für das ganze Land darstellen sollte“, gestehe ich ihm leise. Eine starke Hand legt sich auf meine: „Er hat dich verraten, Leyla.“ „Schon... aber... nichtsdestotrotz ist er mein einziger, lebender Verwandte. Er sollte meine Familie sein. Aber warum fühle ich mich dann hier mehr zuhause, als je in Denerim oder Weisshaupt? Das ergibt doch keinen Sinn“, widerspreche ich ihm. „Familie hat nichts mit Blutsverwandtschaft zutuen. Ein Zuhause ist ein Ort, an den du immer zurückkehren kannst. Ein Ort, wo jemand auf dich wartet und wo du dich wohlfühlst. Wenn die Inquisition genau das für dich ist, dann ist das doch etwas gutes. Egal was auch in der Zukunft passieren wird, selbst wenn du den König von Ferelden tötest, die Inquisition wird hinter dir stehen, hinter dem Herold Andrastes, der uns allen die Hoffnung gegeben hat, weiterzumachen. Den Glauben daran gegeben hat, dass das, was wir hier machen, Sinn macht. Du bist nicht mehr einsam oder alleine Leyla, und du wirst es nie wieder sein. Das verspreche ich dir“, mit der Entschlossenheit eines Löwen blickt er mir tief in die Augen. Ein schwaches Lächeln stiehlt sich auf meine Lippen: „Ich danke dir, Cullen.“ Die Entschlossenheit weicht aus seinem Blick, als er verlegen eine Hand in den Nacken legt und leicht lächelt. Eine liebenswerte und süße Eigenschaft an ihm. Das tut er immer, wenn er in Verlegenheit gerät. Ein warmes Gefühl erfasst mich, ein Gefühl, dass nur er auslöst. Er hat recht, ich bin nicht mehr länger einsam oder alleine. Jetzt nicht mehr.

Das gedämpfte Flüstern

Ein lautes Klopfen an der Tür erklingt. „Es ist offen“, rufe ich. Knarzend öffnet sie sich und Leliana tritt ein: „Leyla, oh... Kommandant. Mit Euch hätte ich hier nicht gerechnet. Aber das erspart uns die Suche nach Euch. Die Nachricht von Alexius ist eingetroffen.“ Wortlos erheben Cullen und ich uns und folgen ihr in Richtung Ratsraum. Dort werden wir bereits von Cassandra und Josephine erwartet.
 

„Der Magister möchte sich mit Euch alleine auf Schloss Redcliff treffen“, beginnt Josephine. „Mit mir alleine?“, wiederhole ich verblüfft. „Eine äußerst offensichtliche Falle“, eine bekannte Stimme ertönt hinter mir. Die anderen starren entsetzt die Person in meinem Rücken an. Ich hingegen wende mich mit einem Lächeln um: „Sollte man eine Falle nicht immer verbergen?“ „Vielleicht ahnt er bereits, dass das bei dir keinen Sinn machen würde“, mit einem Schulterzucken tritt er neben mich. „Die wesentlich interessantere Frage jedoch ist, was die Inquisition jetzt machen will.“ „Wenn es eine Falle ist, blasen wir das Treffen ab und ersuchen Lordsuche Lucius“, schlägt Cassandra vor. Irgendwie ist das nicht wirklich überraschend. „Nein, wir bleiben bei den Magiern. Alexius stellt eine zu große Gefahr dar, als das wir ihn jetzt noch ignorieren dürften. Ferner sind seine Absichten mehr als klar: Er will den Tod des Herolds. Gehen wir auf das Treffen nicht drauf ein, wird er uns wahrscheinlich angreifen“, entgegnet Cullen. „Unser Kommandant hat recht. Auch wenn es mir nicht behagt, dass er Euch ohne Begleitung treffen will“, stimmt Leliana ihm zu. „Wenn er mit mir sprechen will, wird er sich auch an unsere Regeln halten müssen. Bulle und Blackwall kommen mit, ganz gleich was Alexius möchte. Sollte er damit ein Problem haben, darf er das gerne mit mir direkt klären“, erwidere ich. „Ich würde dich ebenfalls gerne begleiten“, mischt sich Dorian ein. „Nein! Wir kennen Euch nicht. Wenn die Begleitung eines Magiers von Nöten ist, dann sollen das Solas oder Anders übernehmen, aber keine zwielichtige Person wie Ihr“, Cassandra macht ihren Standpunkt mehr als deutlich, da sie zusätzlich ihr Schwert in seine Richtung hebt. „Cassandra, das reicht“, mit der linken Hand deute ich ihr, ihre Waffe zu senken. „Dorian ist ein guter Freund von mir. Ferner ist es meine Entscheidung, wen ich auf diesen Einsatz mitnehme. Außerdem ist er der Einzige, der gegen einen Zauber von Alexius etwas effektives ausrichten könnte. Daher wird er mich begleiten.“ „Leyla, bitte. Das ist zu gefährlich“, beschwört mich die Sucherin. „Nicht gefährlicher als der Kampf sonst auch“, widerspreche ich ihr. „Es ist einzig und allein die Entscheidung des Herolds, wer sie auf einen Einsatz begleitet. Uns steht es nicht zu, diese, ihre Entscheidungen anzuzweifeln“, mit einer Handbewegung beendet Josephine dieses Thema. „Dennoch wäre es von Vorteil, wenn einige unserer Truppen ebenfalls vor Ort wären“, merkt Cullen an. „Und wie? Durchs Haupttor stürmen?“, kommentiert Dorian belustigt. Leliana und ich sehen uns an. In ihren Augen erkenne ich, dass wir den gleichen Gedanken haben. „Es gibt einen Geheimgang in der Windmühle des Dorfes. Er diente früher als Fluchtweg für die Familie Guerrin, ist aber ungeachtet seines Alters vollständig erhalten. Wenn der Herold den offiziellen Weg nimmt, könnten wir unsere Soldaten reinschmuggeln, ohne das es jemandem auffällt“, erklärt die Meisterspionin. „Das könnte funktionieren“, murmelt Cullen zustimmend. „Das wird es“, selbstbewusst lächle ich ihn an. „Und? Wann brechen wir auf?“, fragt Dorian neugierig. „Sofort natürlich. Wir dürfen so wenig Zeit wie möglich vergeuden“, mit meinem Beschluss endet die Ratssitzung.
 

Das Wetter ist schlechter als bei unserer letzten Reise in die Hinterlande, weswegen wir erst zwei Tage später am frühen Nachmittag in Redcliff eintreffen. Ohne uns mit dem Dorf aufzuhalten marschieren wir zielstrebig zum Schloss hinauf. Dorian schleicht sich aus Sicherheitsgründen ein, damit niemand ahnt, dass wir von der Falle wissen. Dort erwarten bereits einige Wachen unsere Ankunft: „Ah, der Herold Andrastes. Es ist schön, dass Ihr der Einladung von Meister Alexius so schnell folgen konntet. Jedoch muss ich Eure Begleiter bitten, hier auf Euch zu warten.“ „Die Beiden werden dem Gespräch beiwohnen, ungeachtet der Tatsache, dass Euer Herr mich um etwas anderes gebeten hat“, entgegne ich ruhig. „Mylady, versteht doch bitte: Es ist ein vertrauliches Gespräch. Meister Alexius möchte nur sicher stellen, dass keine Informationen bezüglich des Bündnisses in die falschen Hände geraten. Deshalb war seine Einladung nur an Euch gerichtet“, antwortet die Wache. „Richtet Alexius aus, dass ich meinen Gefährten vertraue. Sollte er damit ein Problem haben, kann er mir das gerne persönlich mitteilen. Wenn meine Begleiter hierbleiben müssen, werde ich ebenfalls hierbleiben“, kühl und unnachgiebig mustere ich die Wache. Mit einem Seufzen fügt sich diese in ihr Schicksal und führt uns in den Thronsaal, zu Alexius und seinen Sohn Felix.
 

„Ah, Leyla, wie schön, dass Ihr es so schnell einrichten konntet. Es ist schön Euch wiederzusehen und natürlich auch Eure Begleiter“, lächelnd begrüßt mich der Magister. Ich neige leicht den Kopf. „Also, Ihr möchtet unsere Hilfe, um die Bresche zu verschließen?“, beginnt er. „Wir Magier dürfen also nicht mitentscheiden, was mit uns geschehen soll?“, mischt sich die ebenfalls anwesende Fiona ein. „Ich muss doch sehr bitten, Fiona. Ihr müsst mir schon vertrauen, sonst hättet Ihr mir doch auch nicht Eure Leute anvertraut“, Alexius wirft der Großverzauberin einen mahnenden Blick zu. „Wenn die Großverzauberin an diesem Gespräch teilnehmen möchte, ist sie als Gast der Inquisition herzlich dazu eingeladen“, halte ich dagegen. Ein Anflug von Verärgerung huscht über die Züge des Magisters. Fiona hingegen scheint damit nicht gerechnet zu haben: „Ich... ich danke Euch, Mylady Herold.“ „Dann sollten wir zurück zum Thema kommen: Was habt Ihr mir für die Hilfe, die wir Euch zuteil kommen lassen anzubieten?“, wendet Alexius seine Aufmerksamkeit wieder mir zu. „Warum spart Ihr Euch das nicht? Ich weiß genau, dass Ihr mich hierher eingeladen habt, um mich zu töten“, erwidere ich kühl. Seine Maske der Höflichkeit beginnt zu bröckeln: „Wenn Ihr das glaubt, frage ich mich, warum Ihr hier seid.“ Ich will gerade zu einer Antwort ansetzen, als mir Felix ins Wort fällt: „Sie weiß alles, Vater.“ Geschockt starrt der Magister seinen Sohn an: „Was hast du getan?“ Bevor es zu einer Auseinandersetzung zwischen den Beiden kommt, gehe ich dazwischen: „Wir haben uns erlaubt, Eure Falle vor unserer Ankunft zu entschärfen. Das stört Euch doch nicht, oder?“ Verärgert funkelt mich Alexius an: „Ihr kommt mir Eurem verfluchtem Mal hierher in meine Festung und glaubt tatsächlich, IHR hättet hier die Kontrolle? Ihr seit nichts weiter als ein Fehler, ein unglücklicher Zufall, den es gar nicht geben dürfte!“ Bei seinen Worten ist er aufgestanden, nur um jetzt böse auf uns herabzusehen. „Was wisst Ihr über den Tod der Göttlichen?“, verlange ich zu erfahren. „Es war der Moment des Ältesten, der Anbeginn einer neuen Ära. Aber Ihr, Ihr habt diesen Beginn gestört. Denn Ihr habt dieses verfluchte Mal auf Eurer Hand! Ihr habt seinen Plan durchgekreuzt“, wirft mir der Magister vor. Besorgt tritt Felix vor: „Vater, hör dich doch nur reden. Weißt du, wie du dich anhörst?“
 

Schritte erklingen. „Er hört sich genau so an, wie das Klischee eines Schurken, eines bösen, nach Macht gierenden Magier, wie man es von Leuten wie uns erwartet“, Dorian tritt neben mich. „Dorian...“, Verachtung trieft aus der Stimme des Magister, „ich gab Euch die Möglichkeit, Teil dieser neuen Ära zu werden. Aber Ihr wiest mich zurück. Und jetzt unterstützt Ihr diese Frau, die glaubt die Welt retten zu müssen. Die nicht erkennt, dass die Welt nicht gerettet werden muss. Dennoch wundert es mich nicht. Schon früher besahst Ihr ein Faible für dieses törichte, kleine Ding dort.“ „Wer ist dieser Älteste? Ein Magier? Hat er die Göttliche beim Konklave getötet?“, frage ich. „Schon sehr bald wird er ein Gott sein“, mit einem fanatischen Ausdruck in den Augen sieht mich Alexius an. „Dafür werdet Ihr nicht meine Leute benutzen! Wir unterstützen keinen falschen Gott!“, erhebt Fiona ihre Stimme. „Alexius, das alles hier ist nicht das, wonach wir geforscht haben. Das hier wollten wir nicht!“, ruft Dorian. „Vater, bitte, beende das. Lass die Magier des Südens die Bresche bekämpfen und uns nach Hause zurückkehren“, Felix legt seinen Vater eine Hand auf die Schulter. Dieser schüttelt energisch den Kopf: „Nein, es gibt einen Weg. Der Älteste hat es mir versprochen. Er wird dich retten, Felix.“ Die Züge von Felix werden traurig: „Ich werde sterben, Vater. Du musst dich damit abfinden.“ „Nein!“, widerspricht dieser heftig. „Wenn der Fehler nicht mehr existiert, wird er dich retten. Ich muss nur diesen Fehler auslöschen. dieses unnütze Ding töten“, Alexius wendet sich mir zu. Seine rechte Hand streckt er vor und ein Leuchten entsteht. Langsam materialisiert sich ein Amulett in einem unheimlichen, grün-schwarzem Licht, welches sich rasch ausbreitet. „NEIN!“, Dorians Stimme erklingt vollkommen panisch neben mir und ein Zauber schießt auf das Licht zu, kollidiert mit diesem. Ein Strudel aus schwarz und grün entsteht, welcher mich in seine Tiefen zieht. An meinem linken Arm spüre ich einen festen Griff. Ein Arm schlingt sich um mich und drückt mich an einen warmen Körper. Dann wird alles schwarz.
 

Ein permanentes Tropfen und der Schlag eines Herzens sind das erste, was ich wahrnehme, als ich langsam zu mir komme. Blinzelnd öffne ich meine Augen. „Wieder wach?“, Dorians Stimme erklingt über mir. Zaghaft blicke ich nach oben, direkt in seine Augen. Dann schweift mein Blick durch den Raum. Wir befinden uns in einem Verlies, dessen Boden mit Wasser geflutet ist. Das erklärt unsere nasse Kleidung. Dorian sitzt mit mir am Rand des Verlieses, mit dem Rücken gegen die Wand gelehnt, ich auf seinem Schoß. Ich erhebe mich und mein bester Freund tut es mir gleich. Gerade als ich mich mit meinen Fragen an ihn wenden will, öffnet sich die Tür des Verlieses und zwei Venatori treten ein. „Im Namen des Ältesten! Wo kommen die denn her?“, fragt der eine den anderen. Dann greifen sie uns an.
 

Dorian feuert einen Eiszauber auf die beiden ab, um sie zu verlangsamen. Blitzschnell ziehe ich meine Dolche und stürme auf sie zu. Während Dorian mir den Rücken deckt und neben bei den rechten in Grund und Boden zaubert, knöpfe ich mir den linken vor. Anfangs wehrt er meine Hiebe noch mit Leichtigkeit ab, doch schnell gewinne ich an Geschwindigkeit hinzu. Er versucht mir zu folgen, doch mehr und mehr zwinge ich ihn in eine abwehrende Verteidigerhaltung. Schneller und gezielter prasseln meine Angreife auf meinen Gegner nieder. So schnell es ihm möglich ist, wehrt er sie ab, aber immer wieder treffen meine Klingen auf seine Rüstung, schneiden durch die schmalen, ungeschützten Stellen. Dann stecke ich meine Dolche in die Halterung, trete gegen seine rechte Hand, sodass sein Schwert quer durch die Luft fliegt und schlage einen Salto rückwärts. Noch in der Luft ziehe ich eines meiner Wurfmesser und werfe es. Einen Wimpernschlag später steckt es tief im Hals des Venatori, der einen letzten, gurgelnden Laut von sich gebend, zu Boden geht. Ich wirble zu unserem anderem Angreifer herüber, doch dieser geht just in diesem Moment in Flammen auf. Sekunden später ist von diesem nicht mehr übrig als ein Häufchen Asche.
 

„Erinnere mich bitte daran, mich niemals mit dir anzulegen“, amüsiert betrachtet Dorian meinen toten Gegner. Ich ziehe mein Messer aus seiner Kehle und wische das Blut an dessen Kleidung ab, ehe ich es wieder verschwinden lasse. „Was genau ist mit uns geschehen?“, frage ich ihn. „Nun, wir haben einen Sprung gemacht. Etwas, was von Alexius wohl nicht beabsichtigt war. Die Frage ist nur wohin? Zum nächsten Sammelpunkt arkaner Energie?“, interessiert mustert er den Venatori. „Meine Erinnerungen enden im Schloss von Redcliff“, zweifelnd gleitet mein Blick durch das Verlies. Ob es hier wohl irgendetwas gibt, dass uns Auskunft darüber geben kann, wo wir hier sind? Andererseits sieht es hier schon ein wenig so aus, wie in den Kellergewölben unter dem Schloss. „Mal sehen. Wenn wir immer noch im Schloss sind... . Ja, natürlich. Es ist keine Frage des Wo sondern des Wann! Das muss es sein. Alexius hat das Amulett als Fokus benutzt, was uns wiederum durch die Zeit geschickt hat“, wendet er sich mir zu. Ich lasse seine Worte auf mich wirken. Einerseits erschreckt es mich zu wissen, dass wir durch die Zeit gereist sind. Andererseits schockiert es mich nicht so sehr, wie man es wohl vermuten würde. Ich wusste schließlich, dass Alexius früher gemeinsam mit Dorian an der Zeitmagie geforscht hat. Nachdenklich sehe ich ihn an: „Sind wir in der Zeit vor oder zurück gereist. Und vor allem wie lange?“ „Das... sind ausgezeichnete Fragen“, stimmt er mir zu, „jedoch befürchte ich, dass wir genau das herausfinden müssen. Sehen wir uns hier um, um herauszufinden wohin uns dieser Riss gebracht hat. Dann können wir uns überlegen, wie wir zurückkommen, sofern das überhaupt möglich ist.“ „Hast du einen Plan, wie du uns wieder zurückbringen kannst?“, frage ich weiter. „Nicht direkt, eher ein paar Ideen“, antwortet er mir ehrlich. „Also gut, sehen wir uns um. Wir finden bestimmt einige Anhaltspunkte“, ich klinge nicht sonderlich begeistert. Aber gut, uns bleibt jetzt leider nichts anders übrig. Dorian legt mir aufmunternd eine Hand auf die Schulter. Gemeinsam machen wir uns auf den Weg.
 

Schon in der Zelle, in der wir aufgewacht sind, sind mir diese mysteriösen roten Kristalle aufgefallen. Doch als wir diese verlassen, entdecken wir sie überall in jeder Ecke. Sie strahlen das gleiche aus, wie der Götze, für den Bartrand seinen Bruder Varric in den Tiefen Wegen verraten hat. „Ich frage mich ja, was das für ein merkwürdiges Zeug ist“, Dorian betrachtet eines dieser Kristallgebilde näher. „Ich vermute, dass es sich dabei um rotes Lyrium handelt“, erwidere ich. Überrascht fährt er zu mir herum: „Rotes Lyrium?“ Ich nicke: „Diese Kristalle strahlen die gleiche unheilvolle Aura aus, wie ein Götze aus rotem Lyrium, den ich mal gesehen habe. Im Tempel der Asche haben wir ebenfalls solche Vorkommen entdeckt, als wir den dortigen Riss geschlossen haben. Rotes Lyrium ist wesentlich gefährlicher als normales Lyrium. Einerseits verstärkt es die eigenen, körperlichen Kräfte aber es macht auch wahnsinnig.“ „Du scheinst damit Erfahrung zu haben“, merkt er an. „Ich war in Vorfälle damit verwickelt“, erwidere ich mit einem Schulterzucken, „aber davon einmal abgesehen, glaube ich, dass wir noch immer auf Schloss Redcliff sind. Ich erkenne diesen Teil der Kerker wieder.“ „Du warst schon einmal in den Kerkern unterhalb des Schlosses? Dein Leben scheint mir ziemlich interessant zu sein“, erwidert Dorian. Allerdings belasse ich es dabei und spare es mir, darauf einzugehen. Lieber gehe ich weiter. Hier stimmt einiges nicht und ich glaube nicht, dass wir uns in der Vergangenheit befinden, denn diese Kristalle können da noch nicht existiert haben.
 

In einem Bereich des Kerkers finden wir in einer Zelle Fiona. Ungläubig mustert diese mich: „Lady Herold? Wie kann das sein? Ihr seit gestorben! Ich war dort, als Ihr in Asche verwandelt wurde.“ „Wir sind nicht gestorben, vielmehr durch die Zeit gereist. Aber das tut jetzt nichts zur Sache. Welchen Tag haben?“, verlangt Dorian zu erfahren. „Erntemonat 9:42 Zeitalter der Drachen“, antwortet diese. „Wir haben ein gesamtes Jahr verpasst“, murmelt Dorian. „Fiona, was ist mit Euch geschehen? Sind das alles Auswirkungen des roten Lyriums?“, frage ich sie. Die Großverzauberin nickt. „Wir müssen zurück. Egal wie“, mein Blick gleitet zu dem Schwarzhaarigen neben mir. „Bitte, wenn Ihr verhindern könnt, dass das alles hier geschieht, dann tut dies. Alexius dient dem Ältesten. Dieser ist mächtiger als der Erbauer selbst. Niemand kann ihn aufhalten“, fleht Fiona mich an. Ernst blicke ich ihr in die Augen: „Ich werde alles erdenkliche tuen, um das hier wieder in Ordnung zu bringen. Das verspreche ich Euch!“ „Unsere einzige Möglichkeit besteht darin, das Amulett zu finden, mit dem uns Alexius hierher geschickt hat. Wenn es noch existiert, kann ich es dazu verwenden, um den Riss an genau der selben Stelle zu öffnen, an der wir verschwunden sind. Hoffe ich zu mindestens“, meint Dorian. Ein Funken Hoffnung ist in den Augen der Großverzauberin zu erkennen: „Ihr müsst es versuchen. Euer Kommandant Cullen, er ist hier. Ihr müsst Ihn finden.“ Ich nicke ihr zu, ehe wir uns abwenden um weiter die Kellergewölbe zu durchsuchen. Für Fiona können wir nichts weiter tuen. Sorge erfasst mich. Was ist aus Blackwall und Bulle geworden? Warum ist Cullen hier? Was ist alles in diesem einem Jahr geschehen?
 

Einige Zeit später hören wir eine Stimme aus einem der Nebengänge. Wir werfen uns einen Blick zu, dann folgen wir dieser. Am Ende des Ganges in einer Zelle finden wir den Eisernen Bulle. „Bulle“, überrascht spreche ich ihn an. Dieser hebt den Kopf. Seine Augen leuchten rot, was mich zurückschrecken lässt. „Boss? Was macht Ihr denn hier? Ihr seit doch zusammen mit diesem Vint gestorben“, ungläubig mustert er mich. Auch wenn sich seine Augen verfärbt und sich seine Stimme genau wie die von Fiona irgendwie verzerrt anhört, scheint er mir nicht wahnsinnig geworden zu sein. „Wir sind nicht gestorben. Alexius hat uns durch die Zeit geschickt. Für uns ist das letzte Jahr nicht geschehen“, erkläre ich ihm. „Wenn es für Euch nicht geschehen ist, kann man es dann rückgängig machen?“, Bulle tritt direkt an die Eisenstäbe heran. „Das haben wir zu mindestens vor“, erwidert Dorian. „Lasst mich Euch helfen. Ich bin sowieso schon so gut wie tot, aber wenn es eine Möglichkeit gibt, dass hier zu verhindern, wenn ich Euch doch noch beschützen kann, dann lasst mich Euch begleiten, Boss“, bittet er. Nickend gehe ich vor dem Schloss in die Hocke. Mit meinen Dietrichen mache ich mich am Schloss zu schaffen. Nach wenigen Minuten klickt es und wir können die Türe öffnen. Der Eiserne Bulle tritt aus dieser heraus, um sich uns anzuschließen. Schweigend machen wir uns wieder auf die Suche.
 

„Hört ihr das? Klingt wie ein Gebet“, Bulles Worte lassen uns innehalten und in die Stille lauschen. Tatsächlich in einiger Entfernung ist leises Gemurmel zu hören. „Sehen wir nach. Vielleicht ist es Blackwall“, schlage ich vor. Die anderen beiden folgen mir. Hinter einer weiteren Türe entdecken wir ebenen jenen in einer Zelle sitzen. Seine Rüstung ist in einem katastrophalem Zustand. „Blackwall, geht es Euch gut?“, zögernd trete ich an die Gitterstäbe heran. Langsam hebt er den Kopf: „Mein Ende muss wahrlich gekommen sein, wenn schon die Toten nach meinem Wohlergehen fragen.“ Der Wächter erhebt sich: „Es tut mir Leid, dass ich in meiner Aufgabe als Euer Beschützer versagt habe, Mylady. Ich hätte nicht zulassen dürfen, dass es so weit kommt.“ Blackwall hält uns für eine Erscheinung. „Blackwall, beruhigt Euch bitte. Dorian und ich sind nicht gestorben. Wir sind durch die Zeit gereist und können vielleicht verhindern, dass das alles hier geschieht“, versuche ich ihn zu beruhigen. „Dann besteht für mich die Möglichkeit, meinen Fehler zu beheben? Ich kann Euch doch noch beschützen?“, fragt der Krieger. Bevor ich ihm antworten kann, kommt mir Dorian zuvor: „Ja, das könnt, wenn Ihr uns begleitet.“ „Bis in den Tod“, die Entschlossenheit steht wieder in dem Blick des Wächters. Rasch knacke ich auch hier das Schloss und als Gruppe wieder vereint, begeben wir uns auf die Suche nach Cullen, welcher sich laut Fionas Aussage auch irgendwo hier unten befinden muss.
 

Ein oder Zwei Stunden müssen schon vergangen sein, als wir lautes Stimmengewirr hören. „Wenn ich mich nicht irre, liegt in dieser Richtung die Folterkammer“, murmelt Blackwall mit grimmiger Entschlossenheit. Wir folgen den Stimmen. Je näher wir kommen, desto deutlicher werden die Worte, bis wir sie schließlich verstehen können:
 

„Woher wusste die Prinzessin von dem Opfer im Tempel der Asche? Antwortet uns!“

„Niemals“, Cullens Worten folgt ein Schmerzenslaut.

„Euer Widerstand ist sinnlos, Kommandant. Es gibt niemanden mehr, den Ihr beschützen könntet.“
 

Ich stoße die Tür auf: Cullen hängt an seinen Armen gefesselt von der Decke ein kurzes Stück über dem Boden. Ein Venatori hält ihm ein Messer an die Kehle: „Ich werde Euch brechen.“ Seine Worte klingen nicht wie eine Drohung, sondern vielmehr wie ein düsteres Versprechen. „Eher sterbe ich“, erwidert Cullen entschlossen. In diesem Moment wird meine Anwesenheit bemerkt. „Oder Ihr“, mit diesen Worten tritt der ehemalige Templer mit voller Wucht dem Venatori in den Nacken, sodass diesem mit einem hässlichem Knacken und Knirschen sein Genick bricht. Tot fällt dieser zu Boden. Eilends trete ich auf den Kommandanten zu und löse seine Fesseln. „Ihr lebt“, ungläubig, als sei ich eine Traumgestalt, mustert mich Cullen. Seine rechte Hand legt sich zaghaft an meine Wange. Er sieht furchtbar aus, von der Folter durch die Venatori gezeichnet. „Alles wird gut“, flüstere ich. Cullens Hand wandert von meiner Wange an meinen Hinterkopf, seine linke legt sich auf meinen Rücken und er drückt mich gegen sich: „Das ist es gerade. Ich dachte, ich sehe dich nie wieder. Wenn das hier ein Traum ist, dann will ich nicht aufwachen.“ Einen Moment herrscht Stille. „Für uns ist das letzte Jahr nicht geschehen. Alexius hat uns durch die Zeit geschickt und wir müssen wieder zurückkehren, um das alles hier zu verhindern“, erklärt Dorian. Er und die anderen beiden sind ebenfalls eingetreten. Cullen lässt mich los: „Ihr habt Waffen?“ Wir nicken zur Bestätigung. Er geht zu einer Truhe und entnimmt ihr einen Schild und ein Schwert: „Alexius befindet sich wahrscheinlich im Thronsaal. Holen wir ihn uns.“ Wir verlassen eilends die Folterkammer auf dem Weg zum Thronsaal im Geschoss über uns.
 

Es dauert nicht lange, bis wir vor der gewaltigen Flügeltüre stehen, hinter welche sich der Thronsaal befindet. Dorian versucht mithilfe seiner Magie das Siegel zu lösen, was verhindert, dass jemand diese öffnen kann. Währenddessen wage ich einen Blick durch die imposanten Fenster nach draußen und erstarre: Die Bresche ist so riesig geworden, dass sie den gesamten Himmel einnimmt. „Erschreckend, nicht wahr?“, Cullen tritt neben mich. „Wie lange ist das schon so?“, hauche ich fassungslos. Er denkt kurz nach: „Seit etwa einem halbem Jahr. Ständig öffnen sich irgendwelche Risse ins Nichts, Begegnungen mit Dämonen stehen an der Tagesordnung. Das Chaos ist perfekt, seit Kaiserin Celene von Orlais vor sieben Monaten ermordet wurde.“ „Was ist mit den anderen?“, frage ich ihn zögerlich. Seine warme Hand umfasst mein Kinn und zwingt mich ihn statt der Bresche anzusehen. „Sie sind tot. Haven wurde vor vier Monaten gestürmt. Wir waren vorsichtig, da ihr nicht zurückgekommen seit. Die meisten haben diesen Angriff nicht überlebt. Die, die es schafften, starben durch die Venatori und ihre Foltermethoden oder durch das Lyrium“, er hält meinen Blick gefangen. „Es tut mir Leid. Ich hätte auf dich und Cassandra hören und mich für die Templer entscheiden sollen. Dann wäre all das hier nie geschehen“, entschuldige ich mich. „Es war nicht deine Schuld, Leyla. Außerdem ist es noch nicht zu spät. Dieser Magier sagte, es gäbe einen Weg, das zu verhindern. Ich glaube daran, dass sich alles zum Guten wenden wird“, muntert er mich auf. Wie macht er das nur? Wie gelingt es ihm nur immer so einfach, mir Mut und Hoffnung zu schenken? „Es ist offen“, ruft uns Dorian zu. Ich wende mich von Cullen ab und ziehe meine Dolche. Holen wir uns das Amulett!
 

Kaum haben wir den Thronsaal betreten, greift uns Alexius auch schon an. Ein erbitterter Kampf entsteht. Immer wieder verschanzt sich Alexius in einem Kraftfeld und lässt Dämonen des Nichts auf uns los. Doch schlussendlich gelingt es Blackwall, ihm sein Schwert durch die Brust zu stoßen. Dorian durchsucht rasch die Kleidung des Toten. „Na also, da haben wir es doch“, triumphierend hält er es hoch, „ich brauche eine Stunde, dann kann ich das Portal gefahrlos öffnen.“ Kaum hat er geendet, erklingt auch schon ein markerschütterndes Brüllen. „Ich fürchte, Ihr habt keine Stunde, Magier“, brummt Blackwall. „Was war das?“, fragend blicke ich die drei an. „Das Schoßtier des Ältesten. Er muss Eure Anwesenheit hier bemerkt haben und hergekommen sein“, antwortet Bulle. Dann tauscht er mit Blackwall einen Blick aus. Der Wächter nickt dem Qunari zu und beide ziehen ihre Waffen. „Seht zu, dass Ihr dieses Portal geöffnet bekommt. Wir schaffen Euch so viel Zeit wie möglich“, kommt es von Blackwall. „Nein, es muss einen anderen Weg geben. Ich kann nicht zulassen, dass ihr euch dafür opfert“, widerspreche ich. „Wir haben vor einem Jahr bei dem Versuch versagt, Euch zu beschützen. Seht uns an, Mylady Herold: Wir sind schon so gut wie tot, was wir den Venatori und dem verfluchtem Lyrium zu verdanken haben. Lasst uns Euch ein letztes Mal beschützen und Euch die Möglichkeit geben, von hier zu verschwinden. Nur Ihr und dieser Magier können das hier verhindern. Lasst zu, dass wir Euch dabei helfen“, erwidert der Wächter. Dorian beschäftigt sich längst mit dem Amulett. Ich balle die Hände zu Fäusten. Doch dann senke ich den Kopf, gebe seinen Worten nach. Irgendwie kann ich es verstehen. Sie sind Krieger und wollen im Kampf sterben und nicht an den Folgen einer Folter irgendwo in einem dunklem Verlies. „Es war mir eine Ehre, für Euch zu kämpfen, Mylady Theirin“, Blackwalls Worte ziehen meine Aufmerksamkeit auf ihn. Bulle grinst mich an: „Ihr bereue keinen Tag, der vergangen ist, seit meine Jungs und ich uns Euch angeschlossen haben, Boss.“ Dann wenden sich die beiden ab und verlassen den Saal. Sie stoßen die Flügeltüre hinter sich zu.
 

Cullen schreitet zielstrebig auf mich zu: „Ich bin tausend Tode gestorben, als ich erfuhr, dass du von Alexius getötet wurdest. Ich gab mir die Schuld daran, denn wenn ich energischer mit meinem Widerstand gewesen wäre, hätte ich dich vielleicht beschützen können. Umso glücklicher war ich, als du auf einmal vor mir in der Folterkammer standest. Zu wissen, dass du nicht gestorben bist und dass wir das alles hier noch verhindern können, erleichterte mich zutiefst. Nie hätte ich mir im letzten Jahr träumen lassen, dass ich noch einmal die Gelegenheit dazu bekommen würde, dir zu zeigen, wie viel du mir bedeutest. Wenn du wieder zurück bist, sorge bitte dafür, dass ich endlich über meinen Schatten springe, Leyla, und dir sage, was ich dir schon so lange sagen möchte.“ Seine Hände ruhen auf meinen Wangen als er sich vorbeugt und meine Lippen mit den seinen verschließt. Zaghaft erwidere ich seinen Kuss. Sanft löst er sich nach einem kurzem Moment von mir, lächelt mich glücklich an: „Dich zu treffen, war das größte Glück, was mir je widerfahren konnte. Ich danke dir für alles.“

Kampflärm ertönt jenseits der Türe. Cullen zieht sein Schwert, hält den Schild hoch und geht vor der Tür in Angriffsstellung. Die Entschlossenheit eines Löwen ausstrahlend, der alles beschützen will, was zu ihm gehört. Hinter mir spüre ich starke Magie. Ein Blick über die Schulter bestätigt, dass es Dorian gelungen ist, einen Riss zu öffnen, welchen er gerade vorsichtig vergrößert. Donnernd schlagen die Türflügel gegen die Wände. Ich kann die Leichen von Bulle und Blackwall sehen, über die die Dämonen einfach hinweg laufen, geradewegs auf Cullen zu. Alles in mir schreit, ebenfalls die Waffen zu ziehen und ihm zu helfen. Gerade als ich einen Schritt in seine Richtung machen will, schließt sich eine Hand um meinen rechten Unterarm: „Nein! Leyla, wir müssen jetzt hier weg!“ Dorian zieht mich energisch in die Richtung des Risses. Ich hingegen kann meinen Blick nicht von dem Geschehen vor mir abwenden. Pfeile stecken in Cullens Körper, doch er kämpft weiter, als würde er sie überhaupt nicht bemerken. Dann durchstößt ein Dämon mit seinem krummen Schwert seine Brust. „CULLEN!“, panisch schreie ich seinen Namen. Unsere Blicke treffen sich für einen Moment, Erleichterung steht in seinen goldenen Augen, ehe mich Dorian durch den Riss zieht und ihn augenblicklich hinter uns verschließt.
 

Vor den ungläubigen Augen von Alexius treten wir durch den Riss. „Es ist also vorbei. Ihr habt gewonnen“, murmelt er leise. Soldaten der Inquisition treten vor und nehmen den Magister gefangen. Als sie jedoch auch Felix abführen wollen, greife ich ein: „Felix war maßgeblich am Gelingen des Einsatzes beteiligt.“ Der Soldat salutiert und tritt von ihm weg. „Wie geht es jetzt weiter?“, fragt er mich. „Du kannst gehen wohin du willst. Deinen Vater können wir nicht gehen lassen, nach allem was geschehen ist, aber du musst nicht für seine Schuld bezahlen“, entgegne ich. Felix nickt mir zu und verschwindet. Wohin auch immer ihn sein Weg führen mag, ich bin mir sicher, dass der Erbauer seine schützende Hand über ihn halten wird. Fiona wirft mir einen unsicheren Blick zu: „Mylady Herold, wie gedenkt Ihr nun mit uns Magiern umzugehen?“ Mein Blick gleitet zu Dorian, welcher mir zustimmend zunickt. „Schließt euch uns als gleichgestellte Verbündete an und lasst uns von nun an gemeinsam für die gleiche Sache kämpfen“, ich halte ihr meine Hand hin. Überrascht sieht sie mich an: „Ihr verpflichtet uns Eurer Sache nicht?“ „Nein, ich kann verstehen, warum ihr für eure Freiheit kämpft. Das System der Zirkel ist veraltet und muss überdacht und revolutioniert werden. Wir gewähren Euch und Euren Magiern den benötigten Schutz und Ihr kämpft mit uns Seite an Seite und unterstützt uns soweit es Euch möglich ist“, widerspreche ich ihr. Dann nimmt sie meine Hand an: „Ich danke Euch, Mylady.“

Über die Geschehnisse in Redcliff

Nach einer anstrengenden Rückreise erreichen wir am Morgen des übernächsten Tages Haven, gemeinsam mit den Magiern als unsere Verbündete. Bislang haben weder Dorian noch ich uns zu dem, was jenseits des Risses geschehen ist, geäußert. Erleichtert mustere ich die Tore vor uns. Wir sind wieder zurück. Alexius Plan ist fehlgeschlagen. Wir können das, was wir erfahren haben zu unserem Vorteil nutzen. Nichts von alledem wird wahr werden. Denn wir werden es zu verhindern wissen.
 

Kaum habe ich die Kirche betreten, um Leliana Bericht zu erstatten, da werde ich auch schon von sämtlichen Anführern in die Mangel genommen. Leliana und Josephine begrüßen meine Entscheidung sehr, das sehe ich ihnen an. Cullen hingegen starrt mich mit einem finsteren Blick an: „Hättet Ihr sie nicht verpflichten können? Gleichgestellte Verbündete? Ist das wirklich Euer Ernst?“ Cassandra scheint das gleiche wissen zu wollen. „Also wirklich Kommandant, Sucherin, jetzt findet Euch mit der Entscheidung des Herolds ab. Leyla weiß was sie tut! Vertraut in ihre Entscheidungen und ihr Urteilsvermögen“, kommt die erzürnte Antwort von der Meisterspionin. „Mit Verlaub, Schwester Nachtigall, aber ich weiß, zu was die Magie fähig ist. Sie hier frei herumlaufen zu lassen ist viel zu gefährlich!“, schimpft Cullen. Cassandra schlägt sich auf seine Seite und wettert mit ihm gemeinsam gegen Leliana und Josephine. Doch ich bemerke das ganze nur am Rande. Ein penetrantes Dröhnen in meinem Kopf wird von Sekunde zu Sekunde lauter. Dann scheint sich die Welt zu drehen und ich merke, wie meine Beine unter mir weg knicken. Bevor ich den Boden berühre, fangen mich zwei Arme auf. „Bei aller Liebe! Könnt ihr euren Streit nicht woanders austragen!“, Dorians Stimme erklingt erbost über mir. Die Anführer der Inquisition wirbeln zu uns herum. „Leyla“, besorgt tritt Leliana neben mich. Mein bester Freund schüttelt den Kopf, als er mich hochhebt: „Sie braucht Ruhe und nicht noch mehr Aufregung. Nach allem was geschehen ist, kam sie noch nicht einmal dazu sich wirklich auszuruhen und kaum ist sie wieder zurück, bedrängt ihr sie weiter. Wenn ich vor morgen Mittag einen von euch in ihrer Nähe sehe, gibt es Ärger!“ Dann trägt er mich aus der Kirche. Vor dieser erwartet uns bereits Anders, welcher mich ebenfalls besorgt mustert und eine Hand nach mir ausstreckt. Er murmelt einige Worte, bevor meine Welt in Dunkelheit versinkt.
 

Die Sonne blendet mich, als ich blinzelnd die Augen öffne. „Geht es dir besser?“, Dorians Stimme ertönt neben mir. Er sitzt auf einem Stuhl neben meinem Bett. Langsam setze ich mich mit einem Nicken auf. „Das ist gut“, die Stimme von Anders erklingt ebenfalls. Er steht plötzlich vor mir und reicht mir ein Glas Wasser. „Verzeih, dass ich dich mit einem Schlafzauber belegt habe, aber du brauchtest dringend Erholung“, mit einem entschuldigendem Lächeln setzt er sich neben mich. „Ihr seit die Besten, aber... was macht ihr genau in meinem Schlafzimmer?“, fragend blicke ich von einem zum andern. „Aufpassen, dass sich an das gesagte gehalten wird“, erwidert der Tevinteraner. „So, du und der Kommandant, hm?“, mit einem anzüglichem Grinsen lässt er sich anschließend neben mir nieder. „Ich weiß nicht wovon du sprichst“, weiche ich ihm aus. „Ach nein? Und wie kommt es dann, dass du und Cullen auffällig oft zusammen gesehen werdet?“, klingt sich auch Anders mit ein. „Das... liegt daran, dass ich seine strategische Meinung sehr schätze“, wehre ich ab. „Natürlich. Deshalb hat er dich auch wie eine Göttin angesehen und dich später geküsst. Glaube ja nicht, dass ich das nicht mitbekommen hätte, nur weil ich mit dem Amulett beschäftigt war“, fügt Dorian hinzu. „Argh! Na schön... es könnte sein, dass ich vielleicht mehr für ihn empfinde, zufrieden?“, gebe ich nach. „Nein, erst wenn ihr knutschend vor versammelter Mannschaft steht“, kommt es synchron von den beiden zurück. „Habt ihr euch gegen mich verschworen?“, frage ich diese. „Nein, wir sind nur der Auffassung, dass du etwas Hilfe bei der Eroberung unseres gutaussehenden Ex-Templers gebrauchen könntest“, der Schwarzhaarige zwinkert mir zu. „Das wagt ihr nicht“, drohe ich ihnen. „Und wenn doch?“, die beiden springen vom Bett auf, begeben sich zügig aus meiner Reichweite. Wütend springe ich ebenfalls auf und will mir Anders packen, der mir näher steht, als die Türe sich öffnet und Cullen im Raum steht. Anders Robe gleitet aus meinen Fingern. Die beiden Magier werfen sich einen Blick zu, ehe sie am Kommandanten vorbei durch die Türe verschwinden und diese hinter sich schließen.
 

Verdattert starre ich Cullen an. Dieser wird hochrot und wendet sich von mir ab. „Ehm... würdest du dir bitte etwas anziehen?“, bittet er mit einem Räuspern. Mein Blick gleitet langsam an mir herunter. Ich trage ein knappes, schwarzes Spitzennachthemd, welches ziemlich durchscheinend ist. Das Blut schießt in meine Wangen, ehe ich mir meine Sachen schnappe und hinter dem Vorhang verschwinde. Bei der heiligen Andraste, ist das peinlich.
 

Einige Minuten trete ich immer noch knallrot dafür aber auch vernünftig angezogen und gewaschen hinter dem Vorhang hervor. Cullen hat seine Position scheinbar überhaupt nicht verändert. „Du kannst wieder hinsehen“, flüstere ich mit zu Boden gesenktem Blick. Seine schweren Stiefel klappern über den Boden, als er auf mich zutritt. „Ich wollte mich für gestern bei dir entschuldigen. Mir war nicht klar, was du in Redcliff alles durchmachen musstest und meine Vorwürfe waren mehr als unangebracht. Ich hätte von vornherein in deine Entscheidung vertrauen sollen“, erklärt er ruhig. Zögerlich hebe ich den Blick. Auch auf seinen Wangen ist nach wie vor ein Rotschimmer zu sehen. „Woher...?“, frage ich ihn. „Dorian hat uns gestern Bericht erstattet. Dabei kündigte er an, dass er ab sofort ebenfalls für die Inquisition arbeiten werde“, antwortet Cullen. Dorian hat... WAS?! Dann weiß Cullen etwa, was da zwischen ihm und mir geschehen ist? „Ist alles in Ordnung? Soll ich nach deinem Heiler rufen lassen?“, besorgt mustert er mich aus seinen goldenen Augen. „Ähm... was? Nein, alles in Ordnung. Hat... eh.... was hat er dir alles erzählt?“, stammle ich unbeholfen. Cullen legt eine Hand auf meine Schultern und drückt mich bestimmt auf das Bett, da er der Auffassung zu sein scheint, dass ich ihm gleich zusammenbreche. Nachdem er sich neben mich gesetzt hat, beginnt er zu erzählen: „Nun, er sagte, dass ihr wie geplant in Redcliff ankamt und dort das Gespräch mit Alexius geführt habt. Dann hat dieser einen Riss in das Zeit-Raum-Gefüge gerissen, wo du und der Tevinteraner drin verschwunden seit. Nachdem ihr erfahren hattet, dass ihr ein ganzes Jahr verpasst und der Älteste seinen Plan umgesetzt hat, habt ihr Bulle und Blackwall aus ihren Zellen befreit, um mit ihnen gegen Alexius zu kämpfen. Die beiden opferten sich, um euch die Möglichkeit zur Rückkehr zu geben. Als ihr dann wieder in unserer Zeit wart, hat sich Alexius ergeben und du hast die Magier als Verbündete in der Inquisition willkommen geheißen.“
 

Ich denke einen Moment über das Gesagte nach. Dorian hat nichts von Cullens Anwesenheit erwähnt. Aber warum? Wenn er doch den Plan hat, irgendeine Verkupplungsaktion zu starten, hätte er das doch zu seinem Vorteil ausnutzen können. Das ergibt doch alles keinen Sinn. „Jedoch glaube ich, dass er uns irgendetwas bewusst verschwiegen hat“, fügt der Krieger seiner Erzählung hinzu. Nickend stimme ich ihm zu: „Er hat nicht erwähnt, dass du auch dort warst.“ Verwundert sieht er mich aus seinen goldenen Augen an: „Ich war ebenfalls dort?“ „Großverzauberin Fiona informierte uns darüber. Nachdem unsere Gruppe wieder vereint war, haben wir nach dir gesucht. Auf dem Weg nach oben fanden wir dich in der Folterkammer in der Gewalt eines Venatori. Nachdem wir dich befreit hatten, hast du uns begleitet. Als der Älteste kam, sind Blackwall und Bulle vor die Tür zur Haupthalle gegangen, während du bei uns in dieser geblieben bist, als... letzte Verteidigungslinie, sollten die Dämonen schneller durchbrechen als gehofft“, meine Stimme bricht. Wieder sehe ich das Bild von ihm vor mir, wie er mit einer Klinge im Körper, blutüberströmt zu mir herüber blickt. Die Erleichterung in seinen Augen, als Dorian und ich im Riss verschwinden. Die stille Gewissheit in den Tiefen seiner goldenen Seen, dass er beschützt hat, was er beschützen wollte. Ein Zittern erfasst mich. Kalte Angst schließt sich um mein Herz. Wenn ich versage, wird es dann dazu kommen? Werden sie alle sterben, wird er sich opfern, in der letzten, verzweifelten Hoffnung, dass ich das Unheil vielleicht doch noch irgendwie abwenden kann, ungeachtet meines Versagens? Werde ich am Ende die Schuld an ihren Toden tragen?
 

Starke Arme ruhen warm um meinen Körper. „Leyla, es ist vorbei. Nichts von alledem wird eintreffen. Beruhige dich“, seine sonore Stimme dringt zu mir durch. Als sich unsere Blicke treffen, erkenne ich in seinen Augen, dass er weiß, was mit ihm in jener Zukunft geschehen ist, auch ohne dass ich es ausgesprochen habe. Wortlos schmiege ich mich an ihn, verberge mein Gesicht in seinem Fellkragen. Cullen sagt nichts, sondern zieht mich einfach auf seinen Schoß. Beruhigend streicht er mir über den Rücken. Außerhalb dieses Raumes muss ich die starke Frau sein, die festentschlossen voranschreitet. Der Herold Andrastes zu dem alle dort draußen so hoffnungsvoll aufblicken. Doch hier, in meinem Zimmer, in seinen Armen, darf ich schwach sein. Darf mich fallen lassen. „Ich bewundere dich für deine Stärke, Leyla. Aber du musst dir keine Sorgen machen. Ich werde immer für dich da sein, wenn du mich brauchst“, flüstert er mir ins Ohr. Seine Worte erfüllen mich mit einer angenehmen Wärme. „Ich bin auch immer für dich da, Cullen“, erwidere ich leise.
 

Nach einer Weile lösen wir uns voneinander. „Kaiserin Celene schwebt in Gefahr. Dieser Älteste will sie ermorden lassen“, setze ich ihn über die letzte, wichtige Information aus der Zukunft in Kenntnis. „Dann werden wir sie davor beschützen“, erwidert Cullen festentschlossen. Mit einem Nicken stimme ich ihm zu.

Die Freunde der roten Jenny

Am frühen Nachmittag wird eine Ratssitzung einberufen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. „Nun gut, genügend Magier haben wir jetzt, es mangelt uns also nur noch an Lyrium. Aber auch das sollte kein Problem darstellen, da wir genügend Kontakte haben, um uns ausreichend Lyrium zu beschaffen“, Josephine notiert Lelianas Aussage auf ihrem Klemmbrett. Cassandra nickt: „Was steht noch an, bevor wir uns der Bresche annehmen können?“ „Vivenne Madame de Fer gibt in einer Woche einen Empfang in Val Royeaux zu welchem Ihr, Lady Herold, herzlichst von ihr eingeladen wurdet. Sie möchte mit Euch persönlich sprechen. Das könnte für uns eine einmalige für eine Zusammenarbeit mit ihr sein. Ferner ist dieses... Schreiben von einer Organisation namens Freunde der roten Jenny eingetroffen. Scheinbar trachtet man Euch in Val Royeaux nach dem Leben. Diese Organisation bietet ihre Hilfe zur Enttarnung dieses Angreifers an und bittet um ein Treffen in einer Seitenstraße der Stadt“, erklärt die Botschafterin. „Das klingt wie eine Falle“, murmelt Cullen. „Da stimme ich Euch zu Kommandant, dennoch sollten wir diesem Hinweis nachgehen. Neben meinen Rittern wird mich nur Dorian begleiten“, bestimme ich. „Haltet Ihr das für klug?“, fragt Cassandra vorsichtig. „Durchaus, vor Madame Vivenne dürfen wir uns nicht blamieren. Alle vier wissen, wie es am Hofe und im Adel zugeht, weshalb wir nicht mit einer Blamage zu rechnen haben“, erwidere ich. „Wann werdet Ihr abreisen?“, will Leliana wissen. „Morgen nach Sonnenaufgang. Bis nach Val Royeaux ist es ein fünf Tagesritt. Ich möchte ungern zu spät kommen“, antworte ich. „In Ordnung, dann entsende ich Madame de Fer eine Nachricht, dass Ihr an ihrem Empfang in Begleitung erscheinen werdet. Welches Kleid werdet Ihr dazu tragen?“, Josephine blickt kurz von ihrem Klemmbrett auf. „Das selbe wie bei dem Treffen mit Bann Teagan. Wir haben keine Zeit um ein neues anfertigen zulassen“, erwidere ich. Widerstrebend stimmt sie mir zu: „Da habt Ihr leider recht. Ich veranlasse dann, dass es entsprechend verpackt wird, damit Ihr es problemlos tragen könnt.“ Damit endet unsere kurze Versammlung.
 

Eine Stunde später sind sämtliche Beteiligte für die nächste Mission informiert. In Ruhe packe ich meine Sachen, als es unerwartet an der Tür klopft. „Herein!“ „Mia Bella, nichts gegen deine Entscheidungen, aber glaubst du, wir werden Val Royeaux unbeschadet erreichen?“, Zevran tritt ein. „Er wird sich daran gewöhnen müssen“, mit einem Schulterzucken packe ich weiter. „Das stimmt zwar, aber... du weißt ja selber wie er ist. Das wird eine anstrengende Reise werden“, seufzt der Elf. „Ich vertraue auf eure Fähigkeiten und Professionalität, Zev. Dorian beherrscht das Spiel, deshalb begleitet er uns auch“, erläutere ich ihm meine Beweggründe. „Natürlich, Bella. Du kannst mir nichts vormachen, ich weiß, wie sehr du dich darüber freust, ihn wieder in der Nähe zu haben“, merkt er an. „Wer hält Fenris im Ernstfall zurück?“ „Du, oder glaubst du, er lässt sich von einem Magier etwas sagen?“, amüsiert hebe ich eine Augenbraue. „Warum nur war mir das klar?“, Zevran schüttelt den Kopf. Dann lässt er mich wieder alleine.
 

Am nächsten Morgen ist die Stimmung angespannt. Anders und Dorian wünschen mir mit einem strahlenden Lächeln einen „Guten Morgen“, Zevran grinst mich halbverschlafen an und Fenris wirkt so, als würde er gleich Dorian anspringen – im negativem Sinne versteht sich. Diese, von dem Weißhaarigen ausgehende, Feindseligkeit ignorierend steige ich in den Sattel meines Hengstes und gebe ihm die Sporen. Die anderen folgen mir und gemeinsam verlassen wir Haven in Richtung Val Royeaux.
 

Seit zwei Tagen sind wir nun schon unterwegs. Bislang ist uns das Wetter mehr als hold und auch die Stimmung ist ertragbar. Letzteres soll sich jedoch schnell ändern. Wir haben gerade unser Lager für die Nacht aufgeschlagen. „Wenn Ihr ein Problem mit mir habt, könnt Ihr es mir sehr gerne sagen, Ser Fenris, anstatt mich die gesamte Zeit über so finster anzublicken, als hätte ich Eure Mutter getötet“, Dorians heitere Art wird ihm noch zum Verhängnis werden, da bin ich mir sicher. „Ihr wollt also wissen, was mein Problem ist, Magier?“, Fenris Blick wird noch finsterer. „Durchaus, schließlich werden wir in Zukunft wohl noch häufiger miteinander zutuen haben. Da sollte man eine Basis des Vertrauens schaffen, damit man problemlos miteinander kämpfen kann“, erwidert mein bester Freund. Ein Knurren verlässt Fenris Kehle. „Gleich rastet unser Wolf aus“, flüstert Anders warnend. Skeptisch beobachte ich den Elfenkrieger. „IHR SEIT EIN VERDAMMTER MAGISTER!!!“, brüllt dieser wütend. „Und das ist jetzt ein Problem weil... ? Wobei ich Euch korrigieren muss: Ich bin KEIN Magister sondern nur ein Magier. Da liegt ein kleiner aber feiner Unterschied. Versteht mich nicht falsch, ich will Euch nicht provozieren, ich versuche Euch lediglich zu verstehen“, ertönt Dorians ruhige Stimme. Der Weißhaarigen kämpft sichtlich um seine Beherrschung: „Weil Ihr auf andere arrogant herabseht, und ein dreckiger Magier aus Tevinter seit!“ „Also wirklich... ich weiß nicht, was ich Euch getan habe. Seit wann kann man sich denn seine Herkunft aussuchen?“, Dorian schüttelt den Kopf. Die Lyriumzeichen auf der Haut des Elfenkriegers beginnen zu leuchten. Mit einem wütenden Schrei und erhobener Klinge geht er auf den Tevinteraner los. „FENRIS!“, scharf erklingt mein Ruf im Lager. In meinen Händen ruhen meine Dolche, als ich mich zwischen die Beiden stelle. „Geht zur Seite, Leyla, dieser Mann ist es nicht wert, von Euch beschützt zu werden!“, verlangt mein Ritter. „Nein, du wirst dich jetzt wieder beruhigen“, halte ich dagegen. „Beruhigen? Ich soll mich beruhigen? In Anbetracht der Tatsache, dass diese Abscheulichkeit da hinter Euch steht?“, ungläubig mustern mich seine grünen Augen. „Dorian ist keine Abscheulichkeit, sondern ein Magier, dessen Wurzeln im Reich von Tevinter liegen. Du kannst nicht sämtliche Magier in eine große Schublade stecken und abschlachten wenn dir danach ist. Ich verlange von dir nicht, dass du ihn heiratest. Ich erwarte lediglich Professionalität im Umgang mit Situationen sowie dein Vertrauen in meine Entscheidungen. Auch als mein Ritter ist es dir nicht gestattet, wahllos Magier anzugreifen oder zu töten. Du wirst dich an die Tatsache, dass Dorian und ich gut befreundet sind und er sich in meiner Nähe aufhalten wird gewöhnen müssen. Sollte das ein Problem für dich darstellen, steht es dir frei, den Rückweg nach Haven anzutreten und dich bei Kommandant Cullen zu melden. Diesem kannst du dann erklären, warum du alleine zurückkehrt bist. Ich schätze dich als einen guten Freund und Gefährten Fenris, aber solch ein Verhalten, zumal wir das Thema Magier schon mehr als genug durchgenommen haben, dulde ich nicht. Das hat nichts mit Professionalität und Vertrauen zu tun, sondern mit einem kleinem, trotzigem Kind, das nicht seinen Willen bekommt. Und so etwas brauche ich nicht in meiner Rittergarde“, erkläre ich streng.

Stille herrscht nach meinen harten Worten im Lager. „Zurechtweisung angekommen“, murmelt er leise. Zevran schüttelt den Kopf: „Amigo, du weißt, sie wird nicht oft wütend. Aber wenn du so weiter machst, verlierst du nicht nur deinen Stand als Ritter. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass es das ist, was du willst.“ „Natürlich nicht, sie ist eine geschätzte und wertvolle Freundin für mich“, widerspricht dieser. „Dann benimm dich so, wie es einem Ritter der Prinzessin und einem Freund von Leyla würdig ist“, der Assassine klopft dem Krieger auf die Schulter, ehe er sich in sein Zelt zurückzieht.
 

Fenris zögert einen Moment, dann wendet er sich mit gesenktem Kopf mir zu: „Bitte entschuldigt mein unangebrachtes Verhalten, Leyla. Es wird nicht mehr vorkommen.“ In solchen Augenblicken habe ich immer das Gefühl, einen geprügelten Hund vor mir stehen zu haben, der mich herzreissend anwinselt. „Fenris, es ist nicht so, das ich dich nicht verstehen kann. Durchaus kann ich deine Gefühle nachvollziehen. Solltest du Redebedarf haben, werde ich als Freundin immer für dich da sein. Denn das ist es, was eine Freundschaft ausmacht. Aber ich bin mehr als deine Freundin und als Leiterin dieser Missionen muss ich an die Sicherheit von allen denken. Und als Prinzessin darf ich ein solches Verhalten von einem meiner Ritter nicht dulden. Das bedeutet aber nicht, dass du deine Bedenken nicht äußern darfst. Wenn du der Meinung bist, dass ich die falsche Entscheidung getroffen habe, kannst du jederzeit mit mir darüber reden und mir deine Bedenken mitteilen. Was deine Angst betrifft. Du brauchst nicht zu fürchten, dass sich das, was dir einst geschehen ist, wiederholen wird. Denn um meine Freunde zu beschützen, würde ich alles geben, selbst mein Leben“, meine Stimme hat ihre Schärfe und Unnachgiebigkeit verloren. Der Elf nickt, bevor auch er sich für den Tag zur Ruhe begibt. Mit einen Kopfschütteln sehe ich ihm nach.
 

„Ich frage mich ja wirklich, wann er diese Lektion endlich gelernt haben wird“, Anders blickt auf die Stelle, auf der eben noch der Weißhaarige stand. „Ich weiß es nicht“, ein resigniertes Seufzen verlässt meine Lippen, als ich mich wieder auf meinem Platz zwischen den beiden Magiern niederlasse. „Und Dorian, tue mir bitte den Gefallen und lass Fenris in Ruhe. Er hat viel erlebt, sonst würde er sich dir gegenüber nicht so verhalten.“ „Nimm das nicht immer als Ausrede für sein Benehmen. Wir alle haben viel durchlebt, benehmen wir uns deshalb so, als ob wir von Hunden aufgezogen worden wären?“, ernst sieht mich der Blonde an. Im Stillen stimme ich ihm zu und das weiß er. Schweigend legen auch wir uns schlafen, schließlich liegt noch ein weiter Weg bis Val Royeaux vor uns.
 

Die restliche Reise nach Val Royeaux verläuft erstaunlich ruhig. Meine Worte haben ihre Wirkung nicht verfehlt: Fenris reitet am Schluss und sichert den Weg hinter uns ab, während Dorian vorne neben mir reitet, sich hin und wieder leise mit mir unterhaltend. Dazwischen reiten Zevran und Anders. So kommen wir drei Tage später an unserem Ziel an.
 

„Wo genau wollten sich diese Freunde denn jetzt mit uns treffen?“, fragend wendet sich Anders mir zu. Wir haben gerade unsere Zimmer in einer der ansässigen Tavernen bezogen. „In einer Seitenstraße unweit des Marktplatzes. Dorian, Anders? Ihr beiden bleibt hier. Auch wenn wir Vertreter der Inquisition sind, müssen wir nicht unnötig viel Aufmerksamkeit auf uns ziehen. Bereitet euch schon mal auf morgen Abend vor. Empfänge sind meistens anstrengender als Kämpfe“, dann verlasse ich mit den beiden Elfen unsere Zimmer.
 

An der besagten Seitenstraße bleiben wir stehen, werfen uns unsichere Blicke zu. Niemand weiß, was uns gleich erwarten wird. Zevran zieht seine Dolche, Fenris hält sein Schwert angriffsbereit. Einen letzten Blick austauschend, begeben wir uns in die Gasse. Die Sonne ist bereits untergegangen und da die Nebenstraßen nicht beleuchtet sind, ist es entsprechend dunkel. Vielleicht wäre es klug gewesen einen der Magier dabei zu haben. Aber das Licht hätte uns auch verraten. Das leise Knarzen einer Bogensehne, die langsam gespannt wird, lässt mich innehalten. Rasch ziehe ich einen Dolch, dann höre ich, wie die Sehne zurückschnellt, höre das leise Zurren eines durch die Luft fliegenden Pfeiles und wehre diesen mit dem Dolch in meiner linken Hand ab. Dadurch alarmiert begeben sich meine Begleiter sofort in Kampfposition. „Wer ist da? Seit ihr die Freunde der roten Jenny?“, frage ich in die Dunkelheit hinein. „Ihr seit der Herold Andrastes plus Anhängsel. Verzeiht, ich hätte nicht erwartet, dass Ihr Euch in den Schatten verbergen würdet“, eine Laterne wird entzündet. In ihrem schwachen Licht machen wir die Gestalt einer einzigen Person aus, einer Elfe mit kurzem, blonden Haar. „Ja, ich bin eine Freundin der roten Jenny und diejenige, die Euch das Schreiben zukommen lies. Meine Name ist Sera, sehr erfreut“, stellt sich die Elfe vor. „Ich hätte nicht erwartet, dass der Herold Elfen im Gefolge hat.“ Ein Blick über ihr Gesicht verrät mir, dass sie eine Stadtelfe ist und nicht zu einem der Stämme der Dalish gehört. „Leyla“, erwidere ich knapp. Noch weiß ich nicht, was ich von ihr halten soll. „Und Ihr wollt uns helfen?“, misstrauisch betrachtet Fenris die fremde Elfe. „Nun ja, das habe ich vor. Ich halte die Inquisition für etwas gutes, aber leider sehen das viele anders. Ihr seit doch morgen auf dem Empfang der Hofverzauberin, nicht wahr? Derjenige, der Euch töten will oder soll – so genau weiß ich das nicht – wird morgen ebenfalls dort sein. Es ist ein Adliger, ein Marquise dessen Namen... ich vergessen habe. Die Orlesianer haben alle so lange und komplizierte Namen“, beantwortet Sera die ihr gestellte Frage. „Woher wissen wir, dass wir Euch trauen können?“, fragt nun Zevran weiter. „Gar nicht. Entweder ihr glaubt mir, oder aber ihr lasst es bleiben. Das liegt bei euch. Solltet ihr euch für ersteres entscheiden, biete ich euch meine Hilfe dabei an, den Marquise zur Strecke zu bringen und sofern daran Interesse besteht, auch darüber hinaus eine Zusammenarbeit. Andernfalls werden wir uns wohl nie wieder sehen“, die Elfe zuckt mit den Schultern. „Wunderbar. Leyla, das klingt nach einer Falle. Es gibt keinen Beweis dafür, dass sie nicht mit diesem Attentäter unter einer Decke steckt“, tut Fenris seine Meinung kund. Widerstrebend stimme ich ihm mit einem Nicken zu: „Schon, aber... die Freunde der roten Jenny sind eine Diebesgilde, wenn ich recht informiert bin. Nach außen hin. In Wirklichkeit sind sie eine Vereinigung von mehreren Leuten, die gegen die Unterdrücken der Armen durch die Adligen kämpfen. Daher kann ich mir nicht vorstellen, dass sie mit dem Täter zusammenarbeitet, auch wenn du mit deinem Einwand mehr als recht hast, Fenris.“ „Ihr wisst erstaunlich viel über uns“, Sera pfeift anerkennend, „das habe ich von einer Tochter eines Königshauses nicht erwartet.“ „Ich war nicht immer die Prinzessin Fereldens und hatte schon in der Vergangenheit einmal mit Eurer Gruppierung zutuen“, gebe ich zu. „Wenn Ihr gegen die Unterdrückung kämpft, warum wollt Ihr dann ausgerechnet einer Prinzessin helfen?“, lauernd ertönt die Stimme der ehemaligen Krähe. Da hat Zev einen guten Punkt angesprochen. „Das ist einfach: Ich habe viel von der Prinzessin Leyla Theirin von Ferelden gehört. Sie hat sich für die Elfen und Armen in den Elends- und Fremdenvierteln eingesetzt. In allen größeren Städten von Ferelden gibt es in jedem Elendsviertel dank ihres Wirkens Krankenstationen und anständige Waisenhäuser. Darüber hinaus hat sie viel getan, um die allgemeinen Lebensumstände der dort lebenden zu verbessern. Auch in Kirkwall hat die Prinzessin, zwar nicht offiziell da sie laut dem König ja auf einer Bildungsreise in Antiva war, vieles getan um den Flüchtlingen und den Armen in der Dunkelstadt, die niedrigsten Gosse Kirkwalls zu helfen. Ihr seit zwar eine Adlige, sogar blauen Blutes, aber Ihr habt Euch oft für die eingesetzt, die Hilfe am dringendsten nötig haben. Und das ist uns, den Freunden der roten Jenny, natürlich nicht entgangen. Deshalb haben wir uns dazu entschlossen, Euch bei Eurem Vorhaben zu helfen, auch wenn ich die Einzige unserer Gruppierung bin, die sich Euch anschließen möchte“, erklärt sie sich. Nachdenklich sehe ich ihr in die Augen. Da ist keine Lüge, kein Verrat zu erkennen. Sie tut, was sie für das richtige hält, was für ihre Überzeugung steht. Aufrichtig versucht sie vielleicht nicht gerade mit den besten Methoden gegen ein Problem anzukämpfen, welches aufgrund der gesellschaftlichen Konzepte entstanden ist. Aber sie spricht die Wahrheit, da gibt es keinen Zweifel. Sera hält meinem Blick stand, erwartet meine Antwort. Eben so Zevran und Fenris. Kurz ist es still. „Ich glaube Euch und heiße Euch in der Inquisition willkommen, Sera“, dabei reiche ich ihr meine Hand. „Ich... damit habe ich nicht gerechnet. Dennoch danke ich Euch, Leyla“, zaghaft schüttelt sie meine Hand. „Ihr habt damit nicht gerechnet?“, mit einem ungläubigem Blick mustert Zevran sie. „Nun ja, ich bin es eben nicht gewöhnt, dass mir jemand zuhört und mich helfen lässt. Erst recht keine Adligen“, erwidert sie etwas hilflos. Doch dann wendet sie sich wieder mir zu: „Es stimmt, was man über Euch sagt. Ihr seit wirklich eine außergewöhnliche Prinzessin, so ganz anders, als man es erwarten würde.“ Zev lächelt sie amüsiert an: „Was erwartet Ihr denn von einer Prinzessin, in deren Dienste unter anderem ein Meuchelmörder steht?“ Ich schüttle über sein Verhalten einfach nur den Kopf, ehe wir gemeinsam mit unserer neuen Verbündeten die Gasse wieder verlassen.

Der Empfang der eisernen Lady Vivienne, Madame de Fer

Sera entpuppt sich als eine recht angenehme, wenn auch sehr humorvolle Person. Dorian und Anders gegenüber tritt sie jedoch sehr zurückhaltend auf. Ich vermute mal, dass das daran liegt, dass die beiden Magier sind. Am späten Nachmittag machen wir uns für den Empfang fertig. Sera bittet darum, uns ebenfalls begleiten zu dürfen, und da wir glücklicherweise eine Uniform zu viel mit haben – warum auch immer – geht das.
 

Kurz vor dem Anwesen von Madame Vivienne wende ich mich an unsere neue Gefährtin: „Beherrscht Ihr das Spiel, Sera?“ „Ein wenig, aber das hier ist kein Ball, richtig? Also wird es reichen“, kommt die optimistische Antwort. Nachdem die Einladung vorgezeigt wurde, lässt uns die Wache passieren. Unsicher streiche ich das Rüschenmonster von einem Kleid glatt. Es ist wirklich schade, dass ich nicht die Gelegenheit hatte, ein neues anfertigen zu lassen. Sera und Dorian haben einen Lachanfall bekommen, als sie mich gesehen haben. Zevran hingegen beteuerte wieder, dass ich wie eine Zuckerfee aussähe. Ich weiß wirklich nicht was schlimmer ist: Das ich mich in diesem Kleid furchtbar bloßgestellt fühle oder aber dass es mir angeblich bezaubernd gut stehen würde. Irgendwie ist beides schlecht.
 

„Lady Leyla Theirin, Emissär der Inquisition und Begleitung“, kündigt uns ein Bediensteter an. Festen Schrittes betreten wir den Saal. Augenblicklich ruhen sämtliche Blicke auf uns. Einige Anwesende beginnen heftig miteinander zu tuscheln: „Der Herold Andrastes, aber ist das nicht die Prinzessin von Ferelden?“ „Sind das Elfen in ihrer Begleitung?“ „Und ein Magier aus Tevinter?“ Ich ignoriere die Blicke und das Getuschel. Soll sie doch die Leere holen. Das sich der Adel immer über alles das Maul zerreißen muss. Furchtbar. Dorian jedoch scheint dem Ganzen noch die Krone aufsetzen zu wollen, als er mir plötzlich seinen Arm anbietet: „Meine Liebe, seit Ihr nicht auch der Auffassung, dass es das Kleid von Lady Flourite auf dem Abendball furchtbar unpassend war?“ Dabei zwinkert er mir kaum merklich zu. Warum eigentlich nicht? Wir sind mitten im Spiel und er bietet mir die Möglichkeit, nicht alleine hier herum zu schwirren. Ich hake mich bei ihm ein: „Durchsaus, Lord Pavus. Ich frage mich wirklich, wie man einen derartigen Fetzen bei einem Ball tragen kann. Da wäre ein Kartoffelsack wohl noch kleidsamer gewesen.“ „Nun, leider hat die Dame überhaupt keine Ahnung von Mode und einen grausamen Geschmack, sonst wäre sie nie auf die Idee gekommen, sich ein violettes Ballkleid aus feinster Seide mit einer knallgelben Korsage und hellgrünem Saum anfertigen zu lassen. Von diesen unaussprechlich scheußlichen Schuhen und der hässlichen Kunstblume im Haar einmal ganz abgesehen“, Dorian schüttelt den Kopf, während wir uns weiter über nicht existierende Adlige und deren Kleiderkatastrophen von nicht stattgefunden Bällen unterhalten. Die anderen positionieren sich unauffällig im Raum. Nun heißt es abwarten.
 

Einige Gespräche mit Chevaliers und Marquise und zwei oder drei Tänzen mit Dorian später, betritt nun endlich Madame Vivienne den Saal. Zielstrebig schreitet sie elegant durch die Menge, direkt auf Dorian und mich zu. „Lady Theirin, wie schön, dass Ihr es einrichten konntet“, sie lächelt mich unter ihrer Maske an. „Es ist mir eine Ehre hier zusein, Madame Vivienne“, ich neige leicht den Kopf. „Mir ist es eine Ehre Euch persönlich kennenzulernen. Zumal Ihr in... interessanter Begleitung hier erschienen seit“, dabei wirft sie einen abschätzenden Blick zu dem Schwarzhaarigen an meiner Seite. „Dorian aus dem Hause Pavus, Madame“, stellt er sich umgehend vor. „Ihr seit ein Magier des Reiches, nicht wahr?“, Misstrauen schwingt in ihrer Stimme mit. „Nun, dort wurde ich geboren, so leid es mir auch tut. Jedoch verbinde ich mit diesem Land nicht mehr als das“, charmant lächelt er sie an. „Und wie kommt es, dass Ihr mit unserer Lady heute hier seit?“, hakt Vivienne weiter nach. Jetzt ist Vorsicht geboten. Ein falsches Wort und man dreht uns einen Strick draus. „Madame, ich muss doch sehr bitten. Ich konnte nicht zulassen, dass meine gute Freundin alleine und ungeschützt in der großen Stadt Val Royeaux herumläuft. Es gibt viel zu viele zwielichtige Gestalten, die ihr etwas böses antuen könnten“, manövriert er sich geschickt aus der Situation heraus. „Ihr habt ein erstaunlich hohes Pflichtbewusstsein, aber hat eine Dame dafür nicht einen Leibwächter?“, hinterfragt sie. „Leider ist dieser verhindert. Darüber hinaus zählt Dorian ebenfalls zu den Mitgliedern der Inquisition“, mische ich mich nun ein. Vivienne nickt nachdenklich: „Also, meine Verehrteste, ich würde gerne mit Euch alleine sprechen.“ „Natürlich“, dabei löse ich mich von Dorian und folge der Hofverzauberin.
 

„Ihr überrascht mich sehr. Dass Ihr die Magier als Verbündete aufgenommen habt, kam unerwartet“, eröffnet Vivienne in einem ruhigem Korridor das Gespräch. „Ich halte es für den falschen Weg, Magier wegzusperren. Es ist nicht verwunderlich, dass sich viele vor ihnen fürchten, wenn diese Furcht von der Kirche nur noch weiter geschürt und verbreitet wird. Die Zirkel werden gebraucht, denn es muss Orte geben, die als Schulen der Magie dienen, aber ich erachte ihr derzeitiges Konzept für veraltet“, erwidere ich. „Womit Ihr vollkommen recht habt. Aber ich habe Euch nicht extra hergebeten, um mit Euch über die Magie zu sinnieren. Auch wenn Eure Meinung dazu sicherlich sehr interessant wäre“, beginnt Vivienne. „Ihr habt Euch der Inquisition angeschlossen und werdet als Herold Andrastes hochgelobt. Das Ziel der Inquisition, die Ordnung wieder herzustellen und die Bresche zu verschließen, ist ein höheres Ziel, dem ich gerne meine Hilfe anbieten würde. Ich erachte es als meine Pflicht, Euch dabei zu unterstützen, meine Liebe.“ „Es wäre mir eine große Ehre, Euch in unseren Reihen begrüßen zu dürfen, Madame Vivienne de Fer“, ein leichtes Lächeln ruht auf meinen Lippen. „Mir ist es eine Ehre, mit Euch zusammenzuarbeiten, Lady Theirin. Man hört viel Gutes über Euch“, dabei nickt sie mir zu.
 

Als wir zurück in den Saal kommen, bemerke ich, dass dieser Attentäter immer noch nicht zu geschlagen hat. Ob Seras Informationen falsch waren? Erst später erfahre ich, dass dieser von ihr und Zevran getötet wurde.

Es möge brennen in deinem Herzen

Eine Woche später kehren wir gemeinsam mit Vivienne und Sera nach Haven zurück. „Lady Herold“, Josephine tritt auf mich zu, „Ihr seit früher zurück als erwartet. Madame de Fer, es freut mich, Euch zu sehen.“ Vivenne nickt der Botschafterin zu, ehe sie sich so wie die anderen zurückzieht. „Gibt es einen Grund, warum Ihr mich schon hier abfangt, Josephine?“, frage ich die Antivanerin als wir alleine sind. „Sämtliche Vorbereitungen sind abgeschlossen. Sobald Ihr bereit sind, brechen wir auf, um die Bresche zu verschließen. Kommandant Cullen und Sucherin Cassandra werden Euch dabei ebenfalls begleiten“, informiert sie mich. „Gebt ihnen sowie Solas, Dorian und Anders Bescheid, dass wir hierzu am frühen Mittag aufbrechen. Je schneller die Bresche geschlossen ist, desto besser“, ich atme tief durch. „Sehr wohl“, dabei wendet sie sich zum Gehen und lässt mich zurück. Eilends begebe ich mich zu meinem Quartier, um mich für das Bevorstehende zu wappnen.
 

Ein beeindruckendes Bild bietet sich mir, als ich am späten Nachmittag mit meinen Gefährten den Ort der Bresche betrete. Nicht nur, dass die Bresche an sich schon beeindruckend genug wäre, nein, sämtliche Magier der Inquisition stehen dort Seite an Seite und erwarten den Einsatzbefehl. Cullen überprüft, ob sich alle an ihren Plätzen befinden. Cassandra nickt mir auffordernd zu. Entschlossen wende ich mich dem Loch zu. Irgendwie bezweifle ich, dass die Macht des Mals ausreichen wird, um dieses zu verschließen, dennoch werde ich es um jeden Preis versuchen. „Magier, fokussiert am Herold vorbei und schwächt so die Bresche!“, brüllt Cullen seinen Befehl. Schwach nehme ich die Magie war, welche an mir vorbei auf die Bresche zu schießt. Solas gibt mir nach wenigen Minuten ein Zeichen und ich hebe meine linke Hand. Die Bresche zu schließen ist etwas völlig anderes als ein Riss. Sie ist um einiges mächtiger, gewaltiger und auch größer. Die Zeit um mich herum scheint Still zu stehen, als ich die Bresche zu schließen versuche. Dann gibt es einen Knall, der mich von den Füßen reißt. Als sich der Staub gelegt hat, blicke ich auf. Der Riss der Bresche ist verschwunden. „Ihr habt es geschafft“, Cassandras Blick ist voller Bewunderung, als sie mir ihre Hand reicht, um mir aufzuhelfen. Schweigend nehme ich sie an und lasse mich von ihr hochziehen. „Ziehen wir uns nach Haven zurück“, befiehlt Cullen den Rückzug.
 

In Haven erwartet uns ein höchsterfreutes Empfangskomitee. Obwohl die Sonne schon längst hinter den Bergen verschwunden ist, beginnen die Leute unseren heute errungen Sieg zu feiern. Abseits dieser Festlichkeiten stehe ich in der Nähe der Kirche, die Narbe, die die Bresche am Himmel hinterlassen hat, betrachtend. Die Sucherin gesellt sich zu mir: „Solas hat uns bestätigt, dass der Himmel vernarbt und die Bresche verschlossen ist. Wir konnten heute einen großen Erfolg davontragen, was wir vor allem Euch verdanken.“ „Nein, dies ist nicht das Werk einer einzelnen Person, sondern etwas, was wir alle gemeinsam geschafft haben“, entgegne ich. „Vielleicht habt Ihr da recht, aber wenn Ihr nicht hier wärt, wäre es nie so weit gekommen. Wir alle schulden Euch unseren Dank, Leyla“, erwidert Cassandra. Doch ich schüttle vehement den Kopf: „Niemand hier schuldet mir etwas. Ich habe getan, was getan werden musste. Die Bresche stellte eine ernstzunehmende Gefahr da, doch auch jetzt, wo diese gebannt ist, kommen weitere Probleme auf uns zu.“ „Ihr meint die geplante Ermordung der Kaiserin, welche Ihr in diesem Traum gesehen habt?“, es ist weniger eine Frage, mehr eine Feststellung. „Dieser Älteste, was oder wer auch immer das sein mag, lebt noch, Cassandra, und bevor er nicht zur Strecke gebracht wurde, wird es keinen Frieden für Thedas geben. Es ist noch lange nicht vorbei. Ganz im Gegenteil, es fängt gerade erst an“, ich wende meinen Blick ihr zu. Überraschung zeichnet sich in ihren Zügen ab: „Wie meint Ihr das?“ „Ich habe eine Verderbnis miterlebt. Ich habe gesehen, wie eine Stadt in Flammen aufging. Irgendwann entwickelt man ein Gefühl dafür, wann etwas endgültig vorbei ist oder aber gerade erst beginnt“, antworte ich leise, „das alles hat gerade erst begonnen.“ „Was lässt Euch das glauben?“, fragt die Blauhaarige interessiert. „Es war zu einfach. Die Bresche verschließen und das war's? Dafür haben wir keine Armee aufgebaut. Haltet mich für verrückt, aber ich habe das ungute Gefühl, dass Haven noch in dieser Nacht in Flammen aufgehen wird“, mein Blick huscht über die Feiernden. Verdutzt mustert sie mich. Gerade als sie zu einer Erwiderung ansetzen will, sollen sich meine Worte bewahrheiten: Ein Alarm wird ausgelöst. „Schnell, runter zu Cullen“, ruft mir Cassandra zu und gemeinsam stürmen wir zu den Toren, wo sich der Kommandant aufhält.
 

„Cullen, was ist los?“, auch Leliana und Josephine sind zu uns gestoßen. „Wir werden von einer riesigen Armee angegriffen“, erwidert dieser düster. „Unter welchem Banner?“, fragt die Botschafterin. „Unter keinem“, während seiner Worte betrachte ich eingehend die Gipfel, auf denen man viele helle Punkte ausmachen kann. „Habt Ihr einen Vorschlag zur Verteidigung?“, ich versuche die Anzahl der feindlichen Streitmacht auszumachen, scheitere dabei aber leider kläglich. „Haven ist keine Festung. Wenn wir das Schlachtfeld kontrollieren, haben wir eine Chance“, Cullen stellt sich neben mich, sein prüfender Blick gilt den Mauern. Meiner hingegen fällt auf die Katapulte. Wäre es nicht möglich...? „Cullen, könnten wir mit den Katapulten eine Lawine auslösen?“, äußere ich meine Gedanken. Ruckartig fährt er zu mir herum, besieht sich die Katapulte. „Natürlich. Das ist es. Wenn wir diese direkt über ihnen hereinbrechen lassen, können wir die Haupttruppe daran hindern Haven zu erreichen“, stimmt er mir zu. „Josephine, Leliana, bringt alle, die nicht kämpfen können in die Kirche. Sie ist das stabilste Gebäude der Stadt. Die Soldaten sollen die Katapulte bereitmachen, sobald die Hauptstreitmacht nahe genug ist, schießen sie auf die Bergwipfel. Danach zieht sich alles ins Dorfinnere zurück und sichert die Tore“, erläutere ich den anderen meine Strategie. Diese gehen sofort darauf ein: Josephine und Leliana beginnen mit der Evakuierung, Cullen ruft Befehle. Meine Ritter und meine neuen Gefährten erscheinen an meiner Seite. Also dann, es ist so weit. Machen wir sie fertig.
 

Als wir den Anführer der Armee sehen können, entdecken wir einen gerüsteten Mann neben einer seltsamen Kreatur. Was bei der Leere ist das? „Das ist der Älteste. Er ist wütend, weil Ihr ihm seine Magier weggenommen habt“, ertönt eine fremde Stimme neben meinem Ohr. Erschrocken wirble ich zu dieser herum. Neben mir ist wie aus dem Nichts ein junger Mann mit einem übergroßem Hut aufgetaucht. Ein Schaben erklingt, dann richtet sich Cullens Klinge auf diesen: „Wer seit Ihr?“ „Mein Name ist Cole. Ich möchte helfen“, kommt die prompte Antwort. „Wartet!“, Anders stellt sich vor den fremden Mann. Fragend wandert eine von Cullens Augenbraue in die Höhe, doch der Heiler wendet sich mir zu: „Dieser Junge ist die Manifestation eines freundlichen Geistes des Nichts, vermutlich der Hilfsbereitschaft. Er muss vor langer Zeit in unsere Welt gekommen sein und sich auf dem Rückweg verlaufen haben.“ „Müsste er dann nicht einen Wirtskörper haben?“, hake ich nach. „Nicht unbedingt. Er ist anders als Gerechtigkeit. Mylady, ich bin mir sicher, dass wir ihm vertrauen können. Im Nichts gibt es nicht nur Dämonen, sondern auch Wesen, die uns nicht schaden wollen, auch wenn sie außerhalb unseres Verständnisses liegen“, antwortet Anders. „Nun gut, Cole, richtig? Wenn Ihr uns wirklich helfen wollt, dann unterstützt die Evakuierung der Dorfbewohner. Wir entscheiden später, wie es mit Euch weitergeht“, beschließe ich, ohne die Anführer zu fragen. Wir haben jetzt definitiv nicht die Zeit, um uns mit Cole auseinander zu setzen. Dieser nickt eifrig und verschwindet um zu helfen. „War das klug?“, skeptisch sieht Cullen ihm nach. „Wer oder was er ist, können wir immer noch klären, wenn wir in Sicherheit sind. Der Kampf hat Priorität. Zumal er nichts ausstrahlt, was auf falsche Absichten oder Verrat schließen ließe. Lassen wir ihn uns fürs erste helfen, wer weiß, vielleicht ist er ja ganz nützlich“, entkräfte ich seine Worte. Dann wenden wir uns der bevorstehenden Schlacht zu.
 

Der Plan ging zwar mehr oder weniger problemlos auf, doch gerade als wir daran denken, dass wir uns nun auf einen geordneten Rückzug aus Haven vorbereiten könnten, schreckt uns ein fürchterliches Brüllen auf. Über unseren Köpfen schwebt ein Drache. Feuerspuckend zwingt er uns hinter die Mauern zurück. Fenris, Blackwall, Bulle und Dorian befinden sich in meiner Nähe. Wo der Rest abgeblieben ist, weiß ich nicht. Selbst jetzt, wo die Tore verschlossen sind, befinden sich im inneren des Dorfes diese seltsamen Wesen, aus denen rotes Lyrium wächst. Die gleichen Wesen, welche uns schon bei den Katapulten attackierten. Irgendwo wird der Befehl gebrüllt, sich zur Kirche zurückzuziehen. In Anbetracht, dass wir nun auch noch einen Drachen als Gegner haben, ein durchaus sinnvoller Befehl. Auf unserem Weg dorthin, retten wir einige Dorfbewohner vor den Gegnern und helfen ihnen in Richtung Kirche. Einen Türflügel offenhaltend, winkt Cullen alle ins Innere des Gotteshauses.Wir fünf decken den Flüchtenden den Rücken, ehe wir als letztes ebenfalls die Kirche betreten.
 

In ihrem Inneren herrscht eine ähnliche Panik wie einige Momente zuvor draußen auf dem Platz. Verängstigte Bürger sprechen panisch hin und her, Kinder weinen, Verletzte stöhnen. „Herold, wir sitzen hier fest. Es gibt keinen Weg hinaus. Der Drache hat uns unseren Vorteil vollständig genommen“, ernst tritt Cullen auf mich zu, dicht gefolgt von den anderen Anführern der Inquisition. „Was schlagt Ihr vor?“, bitte ich ihn um seine Einschätzung. „Da wir ohnehin dem Tode geweiht sind, sollten wir so viele wie möglich von ihnen mit in den Tod reißen. Wenn wir die Katapulte umdrehen und eine weitere Lawine auslösen würden, könnten wir ihnen einen schweren Schlag versetzen“, erörtert er seinen Plan. „Dabei werden wir verschüttet!“, weißt Leliana ihn auf seinen Fehler hin. „Wir sterben sowieso, aber wir können entscheiden wie! Das können nicht viele“, hält er dagegen. „Nein!“, widerspreche ich entschlossen. „Was?“, fragend sieht er mich an. „Zu sterben ist für uns keine Alternative. Thedas braucht die Inquisition, wir können uns hier nicht einfach alle opfern“, entgegne ich. „Es gibt einen Weg heraus, Hoheit“, mischt sich eine weitere Person ein. Gestützt auf Cole nähert sich uns der schwerverletzte Großkanzler Roderick. „Wie meint Ihr das?“, erwartungsvoll blicke ich ihn an. „Es gibt einen Weg, der aus der Kirche hinaus in die Berge führt. Die heilige Andraste selbst muss ihn mir gezeigt haben. Man kann ihn nicht finden, es sei denn, man hat wie ich an einer Pilgerreise vor zwei Sommern teilgenommen“, erklärt der Kanzler. „Cullen?“, erfrage ich erneut seine Meinung. „Das könnte funktionieren, aber es mangelt uns an Zeit“, gibt dieser zu bedenken. „Der Älteste ist nur am Herold interessiert. Alle anderen sind für ihn belanglos“, wirft Cole in die Runde. Ich nicke verstehend: „Cullen, führt die Leute über diesen Pfad nach draußen. Sobald ihr die Baumgrenze erreicht habt, gebt Ihr mir ein Zeichen. Dann begrabe ich Haven unter dem Schnee.“ Ich wende mich von ihnen ab, der Tür zu. „Das ist Wahnsinn, Leyla“, kommt es erschrocken von Leliana. „Einer muss die Zeit zur Flucht verschaffen und da dieser Älteste nur an mir Interesse zeigt, werde ich es sein, die sich ihm stellt. Es gibt keine andere Wahl, Leli. Was ist schon ein Leben, wenn dadurch hundert andere vor dem sicherem Tode bewahrt werden. Ein guter Stratege riskiert nie, seine Leute alle auf einen Schlag zu verlieren, sondern wägt die Verluste ab. Du weißt das“, ich sehe meine alte Freundin dabei nicht an. „Aber, das kannst du nicht machen. Du... du klingst genau wie sie!“, wirft mir die Meisterspionin vor. „Wundert dich das? Sie hat immer getan, was getan werden musste, um ihr Ziel zu erreichen. Sie oder der König? Das war die Frage, die sie sich am Ende gestellt hat. Sie kam zu dem Entschluss, dass sein Leben mehr wert war als das ihre. Deshalb opferte sie sich, um die Verderbnis zu beenden. Euer aller Leben sind mir mehr wert. Für meine Freunde gehe ich bis in den Tod, wenn es sein muss. So der Erbauer will, wird dieses Unterfangen nicht mein Ende sein“, entschlossen gehe ich auf die Tür zu. „Ich begleite dich“, Fenris stellt sich neben mich. Doch ich schüttle den Kopf: „Nein, mein Freund, dieses Mal nicht. Dieses eine Mal gehe ich alleine.“ Dann trete ich aus der Kirche, verriegle sie von außen, damit mir niemand folgen kann. Sie sollen fliehen, damit sie überleben. Sie alle ohne Ausnahme. Erst als ich mich von der Kirche entferne, bemerke ich, dass mich Fenris eben zum ersten Mal seit wir uns kennen mit dem Du angesprochen hat.
 

Ich nähere mich dem einzigem Katapult innerhalb der Mauern. Unter einigem Kraftaufwand drehe ich es herum und bereite es vor. Gerade als ich damit fertig bin, landet der Drache zwischen mir und der Kirche, gemeinsam mit dem Ältesten. „Du bist also die Frau, die man den Herold nennt“, verächtlich tritt die seltsame Kreatur, welche ich schon beim Aufmarsch des Heeres gesehen habe etwas näher. „Wer seit Ihr?“, verlange ich zu erfahren. „Ich bin Corypheus, ein Magister des Imperiums von Tevinter. Doch schon sehr bald, werde ich ein Gott sein. Also knie nieder und bettle um dein Leben, Frau“, antwortet die Kreatur. „Ein Gott?“, diese Behauptung überrascht mich nun wirklich etwas. „Natürlich. Ich habe die Goldene Stadt betreten und den Thron der Götter gesehen: Er war leer“, langsam kommt mir der Älteste näher. „Mein Plan war perfekt. Doch du musstest ihn stören. Du musstest den Anker dazu benutzen, um die Risse ins Nichts wieder zu verschließen. Allein deine Geburt war ein einziger Fehler. Ein Fehler, den man auslöschen muss. Sagen sie nicht, du wärst gesegnet, wegen dem Mal auf deiner Hand? Das ausgerechnet du, eine schwache Frau, den Anker erhalten hast, ist wirklich bedauerlich. Aber diese Elfenmagierin besaß ihn nicht, obwohl sie es war, die damals die Zeremonie stört.“ „Zeremonie? Elfenmagierin? Wovon sprecht Ihr?“, ich weiche etwas zurück. „Das alles hier wäre schon längst geschehen, vor mehr als zwei Jahrzehnten, wenn diese törichte kleine Grauer Wächter Elfenmagierin nicht gewesen wäre. Sie hat meine Zeremonie zur Beschwörung des Ankers gestört und ihn in sich aufgenommen. Aber als ich ihn mir später von ihr holen wollte, musste ich feststellen, dass sie ihn nicht besaß. Und dann erfuhr ich, dass sie ein Kind zur Welt gebracht hat, dass von diesem naivem Orden beschützt und versteckt wird. Eine starke und unberührte Magie wie der Anker sucht sich eine möglichst reine Seele, wenn sie sich frei bewegen kann. Die Seele eines Ungeborenen ist absolut rein. Es war dein Pech, dass deine Mutter meine Zeremonie unterbrach. Mein Segen wurde zu deinem Fluch. Ich werde ihn mir jetzt holen“, Corypheus streckt eine Hand aus. Das Mal beginnt zu Schmerzen. Meine Knie geben unter mir nach. „Er lässt sich nicht lösen?! Du hast ihn unbrauchbar gemacht“, wütend packt er mich am linken Handgelenk. „Das alles hier ist nur deine Schuld. Aber gut, ich werde einen anderen Weg ins Nichts finden.“, mit diesen Worten schleudert er mich gegen das Katapult. „Knie nieder und huldige mir. Dass ihr schwachen Menschen überhaupt gegen mich kämpft ist sinnlos.“ Am Katapult Halt suchend, richte ich mich auf. Hinter dem Ältesten erkenne ich ein brennendes, in die Höhe schießendes Licht. Cullens Zeichen. Ein schwaches Lächeln umspielt meine Mundwinkel. Sie haben es geschafft! „Wir kämpfen, wenn wir es wollen!“, rufe ich laut aus. Dann trete ich gegen den Hebel des Katapults und dieses schleudert den Felsen gegen den Berg. Verdutzt folgt Corypheus der Flugbahn, bis er die Absicht dahinter erkennt. Ich hingegen renne los. Meine Instinkte leiten mich zu einem halbzerstörten Haus. Kurz bevor die Lawine das Dorf erreicht, springe ich ins Dunkel hinab. Dann wird alles schwarz.
 

Kälte umgibt mich, als ich wieder zu mir komme. Mein Kopf dröhnt, als würde eine ganze Horde Zwerge dort eine Miene graben. Langsam blicke ich mich um. Ich befinde mich in einer Höhle unterhalb des Dorfes, welches unter den Schneemassen begraben wurde. Ich richte meinen Blick auf den Boden, suche nach Spuren von Lebewesen. Doch hier ist nichts außer unberührter Schnee. Dann jedoch nehme ich einen schwachen Luftzug ist. Es gibt einen Ausgang, ich muss ihn nur finden.
 

Mein rechtes Bein schmerzt und mein Rücken protestiert gegen jede Bewegung. Dadurch komme ich nur langsam voran, doch schließlich erreiche ich den Ausgang. Vor mir ruhen die Ebenen der Frostgipfel, in welchen ein gewaltiger Schneesturm tobt. Zwar sind mir die dadurch resultierenden Gefahren bewusst, aber ich muss dennoch versuchen, zum Lager zu finden. Wenn ich hier bleibe, werde ich sicherlich erfrieren. Mit klammen Fingern ziehe ich das Phylakterion von Anders hervor. Zum Glück hat er mir erklärt, wie ich ihn damit finden kann.
 

Sichtwechsel: Cullen

Unruhig streife ich durch unser provisorisches Lager. Wir alle haben gesehen, wie Haven unter den Schneemassen begraben wurde. Aber was ist aus Leyla geworden? Konnte sie sich rechtzeitig in Sicherheit bringen? Oder ist sie...? Nein, daran darf ich erst gar nicht denken. Sie lebt, ganz bestimmt. „Ihr macht es mit Eurem Gelaufe auch nicht besser“, die Stimme von Anders dringen zu mir durch. Mit einem Ruck fahre ich zu ihm herum: „Könnt Ihr nicht einen Zauber wirken, um sie zu finden?“ „Nein, ich bin die einzige Möglichkeit für sie, dass sie uns findet“, erwidert dieser. „Meint Ihr etwa...? Aber das ist unmöglich. Sie kann nicht Euer Phylakterion haben“, ich schüttle den Kopf. „Und warum nicht? Ich habe mein Phylakterion bei meiner Flucht mitgenommen, statt es zu zerstören. Als ich ihr Heiler wurde, gab ich es ihr als Vertrauensbeweis. Wenn wir von einander getrennt sind, kann sie mich so immer wiederfinden“, der Heiler zuckt mit den Schultern, „aber wenn Ihr hier nicht still sitzen könnt, dann geht sie suchen. Ich bin mir sicher, dass sie das ganze nicht unverletzt überstanden haben und Hilfe brauchen wird. Damit würdet Ihr auch den anderen einen Gefallen tuen.“ Der Vorschlag ist gar nicht mal so übel, zumal er bedeutet, dass ich nicht länger untätig hier herumsitzen müsste. Ich nicke ihm kurz zu, dann packe ich einiges zusammen, was ich bei der Suche nach ihr sicherlich brauchen werde. Cassandra und Leliana bemerken mein Tuen und bestehen darauf mich zu begleiten. Mir soll es recht sein, so lange wir endlich etwas unternehmen.
 

Sichtwechsel: Leyla

Jegliches Zeitgefühl ist von mir gewichen. Ich habe keine Ahnung, wie lange ich schon unterwegs bin. Das einzige was ich weiß, ist, dass ich nicht stehen bleiben darf. Wenn ich mich erst einmal ausruhe, stehe ich wahrscheinlich nicht mehr auf. Zu mindestens hat der Sturm nachgelassen, so dass ich etwas mehr sehen kann. Das ist doch schon mal ein Anfang.
 

Irgendwann stolpere ich über eine noch warme Feuerstelle. Ob die anderen hier waren? Oder haben sie jemanden geschickt, der nach mir suchen soll? Wer auch immer dieses Feuer entfacht hat, kann noch nicht lange fort sein, sonst wäre die Asche schon längst erkaltet. Bilde ich mir das ein, oder sind da tatsächlich Stimmen? Die Erschöpfung zieht immer mehr an meinen Kräften. Ohne mein Zutuen falle ich in den weichen Schnee, als mich meine Kräfte endgültig verlassen. Ich kann nicht mehr. Dann umfängt mich Dunkelheit.
 

Sichtwechsel: Cullen

Mein Gefühl brüllt mich an, umzudrehen und noch einmal zur Feuerstelle zurückzugehen. Wir sind von ihr erst vor wenigen Minuten aufgebrochen. Verdammt, die Meinung meiner Begleiterinnen ist mir egal. Ihre Blicke ignorierend mache ich auf dem Absatz kehrt und renne zurück. Verwundert folgen mir Cassandra und Leliana mit etwas Abstand.
 

Als ich unsere Feuerstelle erreiche, danke ich dem Erbauer im Stillen, dass ich umgekehrt bin. Unmittelbar daneben liegt eine Person mit dunklem Haar. Eilends trete ich auf sie zu und drehe sie um. Es ist tatsächlich Leyla. Ihre Lippen sind blau verfärbt, aber ich kann ihren Puls und ihre Atmung schwach wahrnehmen. Ohne zu zögern ziehe ich meinen Mantel aus und hülle sie darin ein. Die beiden Frauen haben mich mittlerweile erreicht. „Cullen“, Cassandra bleibt neben mir stehen, sieht ungläubig zu Leyla. „Leliana, Cassandra? Beeilt euch und lauft vor. Anders muss sie untersuchen“, befehle ich ihnen. Die Zwei nicken mir zu und laufen dann los. Ich hebe Leyla auf meine Arme und folge ihnen zügigen Schrittes.

Auf halbem Weg ins Lager scheint sie kurz wach zu werden. „Cullen?“, haucht sie leise in die Nacht. „Scht. Es ist alles gut. Ich bin bei dir“, flüstere ich ihr ins Ohr. Sie antwortet mir jedoch nicht, sondern ist wieder eingeschlafen. Vielleicht ist es so auch am besten.
 

Im Lager werde ich bereits von Anders erwartet. Er deutet mir, sie auf eine Liege zu legen, dann beginnt er auch schon mit der Untersuchung. Stille herrscht vor. Alle erwarten das Ergebnis der Untersuchung. Eine Stunde später erhalten wir die Entwarnung von dem blondem Heiler: „Kein Grund zur Beunruhigung. Sie ist erschöpft und muss sich ausruhen. Ihre Verletzungen waren nicht sonderlich schlimm, nichts was Heilmagie nicht wieder richten könnte. Ansonsten ist sie lediglich stark unterkühlt, doch unser Kommandant hat sofort Maßnahmen dagegen ergriffen. Es gibt also keinen Grund zur weiteren Besorgnis.“ Erleichterung spiegelt sich in den Gesichtern der Anwesenden wieder. Ich bin wirklich froh, auf mein Gefühl gehört zu haben. Andernfalls wäre diese wunderbare Frau für immer fort gewesen. Bei diesem Gedanken zieht sich mein Herz schmerzhaft zusammen. Nein, ich werde nicht zulassen, dass sich das Drama in Haven noch einmal wiederholen wird. Beim nächsten Mal werde ich sie besser beschützen. Denn eines ist mir in den letzten Stunden klar geworden: Ohne Leyla hätten weder die Inquisition noch mein Leben einen Sinn.

Die Himmelsfeste - Ein Funken Hoffnung

Eine angenehme Wärme umgibt mich, als ich langsam zu mir komme. Über mir erblicke ich eine Zeltplane. Vorsichtig setze ich mich auf, da ich keine Ahnung habe, wie schwer meine Verletzungen sind. Aber ich lebe noch. „Hier“, jemand hält mir einen Becher unter die Nase. Ohne zu zögern nehme ich diesen an und leere ihn in einem Zug. Erst jetzt entdecke ich Anders, welcher mich mit müden Augen anlächelt: „Du hast uns allen einen ganz schönen Schrecken eingejagt. Wenn unser Kommandant nicht gewesen wäre, lägst du jetzt tot irgendwo im Schnee.“ „Wie meinst du das?“, ich reiche ihm den Becher zurück. „Ganz einfach: Er konnte nicht still sitzen, nachdem du die Lawine ausgelöst und wir das Lager aufgeschlagen hatten. Nachdem er alle mit seiner Nervosität angesteckt hat, machte er schließlich auf die Suche nach dir, begleitet von Cassandra und Leliana. Sie waren schon wieder auf dem Rückweg, da sie aufgrund des Sturmes sich nicht weiter vorwagen konnten, als er urplötzlich kehrt gemacht hat und zu der Feuerstelle zurückging, welche sie entzündet hatten. Als er diese erreichte, lagst du bewusstlos daneben im Schnee. Sie brachten dich umgehend hierher. Deiner Verletzungen waren nicht so schwerwiegend, wie ich befürchtet hatte. Das Gefährliche war die Kälte. Viel hatte nicht mehr gefehlt und du wärst erfrorenen“, erklärt er mir. „Wie lange habe ich geschlafen?“, ich strecke mich. „Zwei Tage.“ Oha, das ist lang. Ich schwinge die Beine über die Liege und stehe auf. Anders hält mich nicht auf, was bedeutet, dass ich mich bewegen darf. Mit etwas unsicheren Schritten verlasse ich das provisorische Lazarett.
 

Draußen ist es dunkel, überall brennen Feuer. „Es ist schön zu sehen, dass es dir wieder besser geht“, Dorian grinst mich an. Abwesend nicke ich. In einer Ecke stehen Cassandra, Cullen, Leliana und Josephine, scheinbar in eine hitzige Diskussion verwickelt. Mein Blick klebt jedoch an Cullen. Irgendetwas ist anders an ihm, ich kann aber nicht sagen was. „Wie geht es jetzt weiter?“, frage ich meinen besten Freund. „So genau weiß das keiner. Unsere Anführer sind sich uneins. Es fehlt einfach ein Inquisitor, der jetzt darüber entscheiden würde. Hast du Hunger?“, antwortet er mir. „Nein, danke. Ich esse vielleicht später etwas“, wehre ich ab. „Wie du meinst. Übrigens, der Mantel unseres lieben Kommandanten steht dir wirklich ganz ausgezeichnet“, merkt der Schwarzhaarigen noch an, ehe er mich meinen Gedanken überlässt. Der Mantel des Kommandanten steht mir? Hä, was hat er denn jetzt? Irritiert sehe ich an mir herunter. Schlagartig wird mir klar, was an Cullen anders ist. Sein Mantel mit Fellkragen fehlt. Nicht sonderlich verwunderlich, da ich diesen trage. Nur, wie komme ich an diesen? Eine Antwort auf diese Frage finde ich jedoch nicht.
 

Nach einer Weile sitzen unsere Anführer in vier verschiedenen Ecken: Leliana und Josephine gemeinsam an einem Feuer, Cassandra steht über eine Karte gebeugt und Cullen mustert angestrengt eine Blatt Pergament. Wir können nicht hierbleiben. Corypheus könnte uns finden. Zumal dieser Ort absolut ungeeignet ist und wir nur Zelte haben.
 

„Shadows fall and hope has fled,

Steal your heart, the dawn will come.

The night is long and the path is dark,

Look to the sky for one day soon, the dawn will come...“
 

Gesang erklingt in meinem Rücken. Mutter Giselle tritt an mir vorbei. Leliana stimmt in ihr Lied mit ein:
 

„The Shepherd's lost and his home is far,

Keep to the sky, the dawn will come.

The night is long and the path is dark,

Look to the sky for one day soon, the dawn will come...“
 

Immer mehr stimmen in das Lied mit ein, versammeln sich vor mir. Dann ertönt der Gesang im gesamten Lager:
 

„Bare your blade and rise it high,

Stand your ground, the dawn will come.

The night is long and the path is dark,

Look to the sky for one day soon, the dawn will come.“
 

Als das Lied endet blicken mich sämtliche Angehörige der Inquisition mit einer Mischung aus Hoffnung, Bewunderung, Ehrfurcht und Respekt an, manche haben sich sogar hingekniet. Einen Moment herrscht Stille. Verblüfft mustere ich die Leute. Es ist lange her, dass ich dieses Lied gehört habe. Doch noch immer hat es die gleiche Wirkung.
 

„Auf ein Wort“, Solas zieht mich am Handgelenk fort. Etwas vom Lager entfernt entfacht er mithilfe seiner Magie eine Fackel. Von unserer Position aus können wir das gesamte Lager überblicken. „Eine weise Frau, deren Worte man Beachtung schenken sollte. Ihresgleichen weiß um die Momente, die Einigkeit schaffen oder sie zerstören können“, eröffnet er das Gespräch. „Nun, aber lassen wir das. Die Kugel die Corypheus bei sich trug, die Macht die er gegen Euch eingesetzt hat, ist elfisch. Ich weiß nicht, wie er sie erlangte, aber das spielt auch keine Rolle. Sie ist von meinem Volk und im Besitz Eures Feindes. In diesem Moment weiß ich weder, wie Corypheus überlebt hat, noch wie die Leute reagieren, wenn sie erfahren, woher die Kugel stammt.“ Kurz überdenke ich seine Worte. „Na schön. Was ist sie und woher wisst Ihr davon?“, stelle ich ihm die Fragen, welche er von mir erwartet. „Sie waren Fokus, die dazu dienten uralte Magie zu kanalisieren. Ich habe derartige Dinge im Nichts gesehen. Alte Erinnerungen an noch ältere Magie. Corypheus glaubt, sie stamme aus Tevinter, doch die Magie seines Reiches wurde durch mein Volk begründet! Ob wissentlich oder nicht, es stellt eine Gefahr für unser Bündnis dar“, erläutert der Elfenmagier. Verstehend nicke ich mit dem Kopf: „Diese ganze Sache ist verwirrend. Ich kann mir gut vorstellen, dass man dafür die Elfen verantwortlich machen wird.“ Es wäre schließlich nicht das erste Mal, dass die Elfen zu Unrecht Katastrophen beschuldigt werden. „Die Geschichte würde Euch da zustimmen, aber wir können verhindern, dass es dazu kommt. Corypheus hat die Inquisition durch seinen Angriff verändert. Er hat Euch verändert. Kundschaftet den Norden aus! Führt sie! Es gibt einen Ort, der auf eine Streitmacht wartet. Ein Ort, an dem die Inquisition etwas aufbauen, an dem sie wachsen kann. Die Himmelsfeste“, berichtet Solas. „Und Ihr wisst wo sie ist?“, erwartungsvoll erwidere ich seinen Blick. „Ungefähr eine Woche nördlich von hier“, antwortet er. Ich lasse mir seinen Vorschlag durch den Kopf gehen. Wenn Solas ihn macht, meint er es ernst. Ich glaube ihm und vertraue auf seine Worte, dass dieser Ort uns helfen kann. „Also dann, auf zur Himmelsfeste“, fest blicke ich in seine Augen, ehe ich mich abwende, um die Anführer der Inquisition von diesem Vorschlag zu überzeugen.
 

Zielstrebig gehe ich auf die über die Karte gebeugten Personen zu. „Wir brechen morgen auf“, eröffne ich ihnen. „Und wohin?“, entgeistert starrt mich Cassandra an. „In den Norden. Gut eine Woche von hier gibt es eine leer stehende Festung, an der wir uns etwas aufbauen können und hier“, dabei mache ich eine ausladende Geste um mich herum, „können wir auf keinen Fall bleiben. Dieser Ort ist viel zu ungeschützt und nur schwer zu verteidigen.“ „Woher wisst Ihr von dieser Festung?“, fragt Leliana. „Solas hat mir von ihr erzählt“, ich sehe die Zweifel in den Augen der anderen. Bestimmt stütze ich mich auf dem Tisch ab: „Warum sollen wir es nicht wenigstens versuchen? Wenn seine Information stimmen, wovon ich überzeugt bin, haben wir einen gut zu verteidigenden Ort, wo wir uns neu formieren können. Und vor allem kann uns dort niemand reinreden. Das Frostgebirge ist Grenzgebiet. Hier gelten weder die Gesetze von Orlais noch die von Ferelden. Momentan können wir es mit Corypheus und seiner Armee noch nicht aufnehmen, auch wenn wir ihm in Haven einen schweren Schlag versetzt haben. Wir brauchen einen besser zu verteidigenden Rückzugsort, der uns als Hauptquartier dient. Ein Stützpunkt, von wo wir aus agieren können. Was wären wir für eine Inquisition, wenn wir ab sofort potenzielle Verbündete in zugigen Zelten begrüßen?“ „Was ist mit den Leuten? Sie werden uns nicht folgen“, kommt es zweifelnd von Josephine. „Natürlich werden sie uns folgen! Ihr könnt mir nicht sagen, dass Ihr daran zweifelt!“, widerspreche ich ihr heftig. „Versuchen wir es. Das ist besser, als hier rum zu sitzen“, stimmt mir Leliana zu. Cullen und Cassandra nicken zum Zeichen ihrer Zustimmung und Josephine gibt sich geschlagen. „Dann sollten wir den Aufbruch vorbereiten“, die Sucherin geht los, um die Leute zu informieren. „Ich schicke einige meiner Spione aus“, damit macht sich auch Leliana auf den Weg, begleitet von Josephine, welche momentan wenig zu tuen hat. Cullen und ich bleiben bei der Karte zurück.
 

„Du kannst sehr überzeugend sein“, Cullen lächelt mich über den Tisch hinweg an. „Na, ihr vier seit euch doch nicht einig geworden“, erwidere ich keck. „Das stimmt wohl. Ohne deine Einmischung würden wir immer noch hier stehen und uns über das weitere Vorgehen streiten. Aber...“, er geht um den Tisch herum, „diesen Luxus verdanken wir dir. Wenn du nicht gewesen wärst, wären wir jetzt alle tot.“ Seiner warmer Blick ruht auf mir. „Ich habe zu danken. Ohne dich wäre ich gestorben“, ich stelle mich auf die Zehenspitzen und küsse ihn auf die Wange. „Vielen Dank, mein Held.“ Ein zarter Rotschimmer legt sich um seine Nase, was mich zum lächeln bringt. Ich ziehe seinen Mantel aus und gebe ihn ihm zurück. Er nimmt ihn entgegen. Eine angenehme Stille schwebt zwischen uns. Erst als ich Anders am Zugang zum Lazarett bemerke, durchbreche ich diese: „Ich denke, ich werde mich noch etwas ausruhen. Die kommenden Tage werden anstrengend werden.“ „Natürlich. Schlaf gut, die Nacht wird wohl nicht mehr allzu lange dauern“, wünscht er mir. Meine Mundwinkel zucken hoch: „Du solltest auch etwas schlafen und dich erholen, Cullen. Zu wenig Schlaf ist ungesund.“ Dann gehe ich zurück zum Lazarett. So entgeht mir ein zärtlicher Blick, welchen mir der Kommandant zu wirft.
 

Eine Woche lang ziehen wir quer durch das Frostgebirge, immer Richtung Norden. Vorne an der Spitze laufe ich. Unweit hinter mir Cassandra und Cullen. Immer wieder renne ich etwas weiter vor, behalte unsere Umgebung genau im Auge. Solas hat mir bislang nicht gesagt, ob wir auf dem richtigem Weg sind. Aufmerksam gleitet mein Blick durch die weiße Landschaft. Müssten wir nicht theoretisch gesehen in der Nähe unseres Ziels sein. Um die Sicherheit unseres Weges sicherzustellen laufe ich mal wieder etwas vor. Das Solas es mir gleich tut bemerke ich nicht. Ich renne eine Erhöhung rauf und dann sehe ich sie. Umringt von mehreren Bergen thront sie wie eine Krone auf dem Haupt eines Königs im Gebirge: Die Himmelsfeste. Wir sind fast da. Der Elfenmagier folgt meinem Blick: „Ihr habt es geschafft. Zumal ich auch keinen Moment an Euch gezweifelt habe.“ Ich realisiere seine Worte kaum, zu sehr fesselt mich der Anblick der Festung. Dann entdecke ich einen Pfad vor uns, welcher direkt zu ihr zu führen scheint. Ich warte bis die Karawane zu uns aufgeschlossen hat, dann geht es für uns weiter.
 

Wir sind nun schon ein paar Tage an unserem Ziel und die Inquisition richtet sich häuslich in der Himmelsfestung ein. Teile der Außenmauer und auch im Inneren müssen erneuert werden. Die Türme sind von Innen die reinste Katastrophe, aber wir haben ein neues Hauptquartier. Und was für eins. Begeistert blicke ich mich im Hof um. Trotz ihres zum Teil verfallenem Zustand, welcher darauf hindeutet, dass die Festung schon lange nicht mehr benutzt wurde, ist sie ein imposanter Anblick. Nur langsam werde ich der Blicke gewahr, die auf mir ruhen und mir in den Rücken zu bohren scheinen. Ich drehe mich um und blicke direkt in Cassandras Augen. Sie bemerkt es und winkt mich zu sich. Cullen, Leliana und Josephine entfernen sich von ihr.
 

„Täglich kommt mehr Landvolk aus den umliegenden Ansiedlungen hier her. Die Himmelsfeste wird zur Pilgerstätte. Wenn die Nachricht diese Leute erreicht hat, weiß auch der Älteste Bescheid“, mit einem Nicken deutet sie mir, sie ein Stück zu begleiten. „Wir haben die nötigen Mauern und Männer, um die Festung hier zuhalten, aber die Bedrohung ist weit größer als der Krieg, den wir erwartet hatten. Allerdings wissen wir jetzt, wie Ihr Corypheus standhalten konntet und was ihn zu Euch geführt hat“, Cassandra bleibt stehen. Erwartungsvoll sieht sie mich an. „Alles begann mit Andrastes Segen. Ganz einfach“, höre ich mich sagen. Zwar wollte Corypheus den Anker – wie er das Mal auf meiner Hand nennt – aber diesen muss ich ja irgendwie erhalten haben. Seine Aussage diesbezüglich erscheint mir nicht vollständig logisch, da ja auch er selbst davon ausgegangen war, dass sich der Anker bei jemand anderem befand. Zumal es mir neu ist, dass meine Mutter eine Elfenmagierin sein soll. „Aber verlieh ihr Segen Euch Würde oder wurdet Ihr gesegnet, weil Ihr bereits würdig wart? Eure Entscheidungen ermöglichten uns den Himmel zu heilen. Dank Eurer Entschlossenheit haben wir Haven überlebt“, die Sucherin setzt sich wieder in Bewegung, wir erklimmen den Treppenaufgang zur Haupthalle. „Ihr seit wegen dem was Ihr getan habt, die Rivalin dieser Kreatur und das wissen wir, wir alle“, fügt sie ihrer Aussage hinzu. Wir kommen auf das Zwischenpodium der Treppe, wo Leliana mit gesenktem Kopf ein Schwert haltend steht. Als sie uns kommen hört, hebt sie den Kopf, blickt uns entgegen. „Die Inquisition braucht einen Anführer. Jemanden, der sie längst anführt“, Cassandra bleibt stehen, wohingegen Leliana einen Schritt auf mich zu macht.
 

Unter uns im Hof sammeln sich die Angehörigen der Inquisition. Stimmengewirr weht zu uns hoch, als ich einen kurzen Blick nach unten riskiere. Die Augen aller sind erwartungsvoll auf mich gerichtet. Auch Cullen und Josephine stehen dort unten, blicken zu uns herauf. Cassandra tritt hinter mich: „Euch.“ „Ich habe versucht, getreulich zu dienen, um die Bürde zu begreifen, die mir auferlegt wurde“, ich drehe mich zu ihr herum, begegne ihrem Blick. „Es ist immer ein Kampf“, entgegnet sie. Verwundert ziehe ich eine Augenbraue hoch: „Ihr seit Euch auch nicht sicher?“ „Es gibt keinen Glauben ohne Zweifel. Aber ich denke, ein anderen Weg gibt es nicht. Ohne Euch gäbe es keine Inquisition. Wie sie auftritt und wie sie führt ist allein Eure Entscheidung“, dabei deutet sie auf das Schwert in Lelianas Händen. Mein Blick ruht auf diesem. Ich begreife ihre Worte und deren Tragweite. Dann schließt sich meine linke Hand um dieses und nimmt es der Meisterspionin ab. „Angesichts der Furcht die um sich greift, brauchen die Leute Jemanden, der für das Eintritt, was richtig ist. Ich werde Corypheus an ihrer Seite besiegen, nicht als ihr Anführer“, erkläre ich den Beiden. „Wohin Ihr uns auch führt“, stimmt die Sucherin mir zu. Dann tritt sie an den Rand des Podiums: „Wurden unsere Leute informiert?“ Josephine geht etwas nach vorne und antwortet ihr: „Ja, und bald wird es die ganze Welt wissen.“ „Kommandant, werden sie uns folgen?“, fragt Cassandra weiter. Cullen dreht sich zu den Leuten hinter sich um. „Inquisition? Folgt ihr uns?“ Mit einem Lauten Ja und erhobenen Fäusten antworten diese. Cullen hebt eine Hand: „Werdet ihr kämpfen?“ Wieder erfolgt lautstarke Zustimmung. „Werden wir triumphieren?“, er hebt auch seine andere Hand und erntet wieder Zustimmung. „Eure Anführerin. Eure Herold“, er zieht sein Schwert und dreht sich um. „Euer Inquisitor“, damit hebt er seine Klinge gen Himmel. Die Leute stimmen ihm wieder lautstark zu. Mit einem Blick auf Cassandra, die mir zunickt, hebe ich das Schwert in meiner linken Hand ebenfalls gen Himmel. Von unten jubeln mir die Mitglieder der Inquisition zu. Lelianas Blick ruht entschlossen auf mir. Zufällig begegnen sich die Blicke von Cullen und mir. Mit dem Anflug eines Lächelns nickt er mir zu. Dann mustert er die laut jubelnde Josephine neben sich und ich muss aufpassen, dass ich angesichts ihrer erschrockenen Reaktion wegen seines Blickes nicht in lautes Gelächter ausbreche. Entschlossen mustere ich nun das Schwert in meiner Hand. Ich werde Corypheus aufhalten, ganz gleich was auch geschehen mag.
 

Einige Minuten später lösen sich die Massen unter uns auf, Cassandra verschwindet irgendwohin und gemeinsam mit Cullen, Leliana und Josephine betrete ich zum ersten Mal die Haupthalle, welche bis dahin geschlossen war. Überall liegen noch Schutt und Staub herum, an den Wänden muss noch einiges ausgebessert werden und der Kronleuchter ist von der Decke gefallen. Cullen dreht sich einmal um die eigene Achse: „Hier beginnt es also.“ Leliana widerspricht ihm: „Es begann auf dem Hof. Hier lassen wir dem Versprechen Taten folgen.“ „Aber was sollen wir tuen? Wir wissen nichts über diesen Corypheus, abgesehen davon, dass er Euer Mal wollte“, gibt Josephine zu bedenken. Ich wende mich zu den dreien um, welche ab heute den Status als Berater der Inquisition innehaben: „Könnte er uns hier angreifen? Was in Haven geschehen ist, darf sich unter keinen Umständen wiederholen.“ Cullen fängt meinen Blick auf: „Die Himmelsfeste kann Corypheus die Stirn bieten. Nachdem was Ihr mit einem Tribork angestellt habt, rechne ich nicht mit einem direktem Angriff.“ Leliana führt unser Gespräch fort: „Einen Vorteil zu mindestens haben wir: Wir wissen, was Corypheus als nächstes vor hat. In dieser merkwürdigen Zukunft, die Ihr erlebt hat, wurde Kaiserin Celene ermordet.“ „Stellt Euch nur vor, welches Chaos ihr Tod verursachen würde. Mit seiner Armee“, Josephine schüttelt besorgt den Kopf. „Einer Armee, die er, wenn man der Zukunft glauben schenkt, noch durch eine gewaltige Dämonenstreitmacht verstärken wird“, fügt Cullen hinzu. „Gott hin oder her. Corypheus könnte den gesamten Süden von Thedas erobern“, die Botschafterin wirkt noch besorgter. „Ach... Ich würde mich deutlich besser fühlen, wenn wir mir darüber wüssten, mit was wir es hier zu tuen haben“, seufzt Leliana. „Ich kenne jemanden, der uns dabei helfen kann“, Varric ist uns in die Haupthalle gefolgt, „Die allgemeine Begeisterung hat auch meinem Gedächtnis auf die Sprünge geholfen, also habe ich einem altem Freund eine Nachricht geschickt. Er hatte schonmal das Vergnügen mit Corypheus und weiß vielleicht mehr über seine Pläne. Er kann uns sicher helfen.“ Ein seltsames Gefühl beschleicht mich. Dennoch stimme ich seinem Vorschlag zu: „Neue Verbündete sind immer gut. Stell uns einander vor.“ Unsicher blickt sich der Zwerg um: „Das würde zu viel Tamtam machen. Ich denke ein vertrauliches Treffen wäre besser, auf den Wehrgängen. Glaub mir, das ist ziemlich kompliziert.“ Mit diesen Worten wendet sich mein langjähriger Freund von mir und tritt seinen Rückzug an. Josephine macht sich einige Vermerke auf ihrem Klemmbrett: „Also schön, wir sind bereit uns mit beiden Angelegenheiten zu befassen.“ „Wir erwarten Eure Befehle, Lady Inquisitor“, meint Cullen. „Ich weiß nur eines: Falls Varric gerufen hat, wen ich denke, den er gerufen hat, bringt Cassandra ihn um“, murmelt Leliana. Damit löst sich unsere Runde auf und wir begeben uns alle auf den Weg, um unseren Pflichten nachzugehen.

Alte Freunde wieder vereint

Eine halbe Stunde später erreiche ich Varric auf den Wehrgängen. Zuerst musste ich mir einen begehbaren Aufgang zu diesen Suchen und danach den Zwerg selbst, da er mir nicht gesagt hat, wo er auf mich wartet. Er nickt mir zu und wir warten etwas ab.
 

Schritte erklingen in unserem Rücken. Kurz hinter mir verstummen sie. „Euch beide muss ich ja glücklicherweise nicht erst großartig miteinander bekannt machen, schließlich kennt ihr euch ja schon“, meint Varric. Ich drehe mich um. Hinter mir steht ein Mann mit schwarzen Haaren, Vollbart, grünen Augen und einem roten Streifen auf der Nase. Ein Mann, den ich schon etwas länger zu meinen Freunden zähle. „Garett“, lächelnd umarme ich ihn. „Es ist schön dich wiederzusehen, Leyla“, er lächelt ebenfalls, „auch wenn die Umstände bessere sein könnten.“ „Ich dachte, du könntest uns etwas über Corypheus erzählen, Hawke. Schließlich haben wir beide schon einmal gegen ihn gekämpft“, erklärt der Schütze die Anwesenheit des Champions. Dann zieht er sich etwas nach hinten zurück. Garett stützt sich mit den Unterarmen an den Zinnen der Mauer ab. Sein Blick gleitet durch den Hof unter uns: „Diese Aussicht erinnert mich an Kirkwall. Von meinem Balkon konnte man die ganze Stadt überblicken. Anfangs war ich begeistert, doch irgendwann sah ich nur noch die Leute, die von mir abhängig waren.“ „Sei froh, dass es nur eine Stadt war. Bei mir ist es halb Thedas“, seufzend lehne ich mich neben ihn an die Mauer. „Du tust was du kannst um sie zu beschützen“, erwidert Hawke. „Wird das ganze irgendwann leichter?“, frage ich ihn. Für mich ist diese Situation neu und ungewohnt. Bisher war ich immer nur eine Randfigur neben den großen Helden. Ein unbedeutender Niemand, der geholfen hat, die Welt zu retten. Jetzt ist es anders. Jetzt bin ich diejenige, zu der alle aufblicken, auf die alle setzen. Die Heldin, nach der sich die Leute sehnen.
 

„Ich fürchte nein“, antwortet Garett, „ich neide dir nichts, Leyla. Aber vielleicht kann ich dir und der Inquisition helfen. Vielleicht kann ich mich so endlich für deine Hilfe revanchieren.“ „Varric sagte, dass ihr beide schon mit Corypheus zu tuen hattet“, äußere ich. „Ich tötete ihn. Die Grauen Wächter hatten ihn, doch er nutzte seine Verbindung zur Dunklen Brut, um sie zu manipulieren“, erklärt er. Varric führt dies etwas weiter aus: „Er drang in ihre Köpfe ein, hetzte sie auf einander.“ „Da die Wächter verschwunden sind, stehen sie vielleicht wieder unter seinem Einfluss“, vermutet Garett. „Ich höre zum ersten Mal von solchen Vorfällen, aber es ist viel Zeit vergangen, seit in Ostagar ein Großteil des Ordens von Ferelden vernichtet wurde. Aber, wenn das mit den Wächtern passiert ist, können wir sie dann davon befreien?“, erwidere ich. Hawke mustert mich nachdenklich: „Vielleicht, aber erst müssen wir mehr wissen. Ich habe einen Freund bei den Wächtern. Er geht dort einer anderen Sache für mich nach. Sein Name ist Stroud. Als wir uns zu letzt unterhielten, war er wegen dem Verhalten der Wächter besorgt. Seitdem: Nichts.“ „Gut möglich, dass Corypheus hinter ihrem Verhalten steckt. Ist dein Freund mit ihnen verschwunden?“, mischt sich Varric wieder ein. „Nein, er versteckt sich in einer alten Schmugglerhöhle bei Kammwald“, wischt Garett die Vermutung beiseite. Stroud. „Sprichst du vom Kommandant der Wächter aus Orlais?“, frage ich ihn. „Woher weißt du, dass er diesen Status innehatte?“, entgegnet der Champion. Stimmt ja. Nur Anders und Cullen wissen bislang davon. Und natürlich Blackwall. „Ich bin im Orden der Grauen Wächter aufgewachsen, da ich vor der Öffentlichkeit versteckt worden bin. Und vor Corypheus wie ich seit kurzem weiß. Stroud kenne ich aus meiner Kindheit. Er war damals gerade erst den Wächtern beigetreten. Später vermittelte er immer zwischen mit und meinem Ziehvater, wenn wir uns mal wieder gestritten hatten“, erläutere ich. Überrascht von dieser Offenbarung nicken die beiden. „Garett, ich danke dir für deine Hilfe“, ernst sehe ich ihn an. „Ich mache das alles ebenso für dich wie für mich. Corypheus ist mein Problem. Ich dachte, ich hätte ihn getötet. Diesmal bringe ich es zu Ende. Und so kann ich mich auch bei dir revanchieren, für all das, was du in Kirkwall für mich getan hast“, entgegnet er.
 

Varric zieht sich unauffällig zurück. Alles wichtige ist gesagt. Auch ich spiele mit dem Gedanken mich zurückzuziehen und nach meinen Gefährten zu sehen, als Garett mich zurückhält: „Du hast Fenris und Anders damals also mitgenommen.“ Verblüfft wende ich mich zu ihm um: „Ja.“ „Ich hatte mich schon gewundert, wo sie hinverschwunden waren. Vielleicht war es besser so. Sie haben sich in Kirkwall nicht wohl gefühlt“, er stößt sich von der Mauer ab, „ich bin dir sehr dankbar dafür, dass du ihm diese Sache mit der Kirche ausreden konntest. Andernfalls wäre das Chaos noch größer und die Situation für die Magier noch schlimmer geworden.“ „Ohne Gerechtigkeit hatte er keinen Drill mehr dazu, das Gebäude zu sprengen. Anders hat sich ohne ihn verändert. Er ist ein liebenswerter, katzenverrückter Heiler, den ich an meiner Seite nicht missen möchte“, erkläre ich. „Läuft da etwa was?“, kommt es neckisch zurück. „Beim Erbauer, NEIN! Wie kommst du zu einer derartigen Vermutung?“, mir entgleisen sämtliche Gesichtszüge. Warum nur unterstellt man mir neuerdings eine Beziehung zu dem blonden Magier? „Oh, nur so. Stimmt, Varric erwähnte, dass du ja mehr auf desertierte, blonde Templer stehst“, zieht Hawke mich weiter auf. „Bitte?!“, ich werde rot. Knallrot. „Na, wer wird denn da gleich rot werden? Stimmen diese Behauptungen deiner Person etwa? Du und der Kommandant?“, ein breites Grinsen ziert seine Lippen. „Also wirklich, Hawke. Mein Liebesleben geht dich überhaupt nichts an“, murre ich. „Du willst es also abstreiten? Weißt du Leyla, ich bin schon etwas länger hier und hatte ausreichend Zeit, um dich zu beobachten. Deine Blicke, die du ihm zuwirfst sprechen für sich“, kommt es siegessicher von meinem Gegenüber. Sofern es überhaupt noch möglich ist, wird der Rotton auf meinen Wangen noch etwas dunkler: „Ich streite gar nichts ab. Er ist halt ein gutaussehender Mann, mit tollem Charakter und einer unwiderstehlichen und süßen schüchternen Art.“ Das triumphierende Grinsen auf Hawkes Gesicht ist unübersehbar. Oh nein. Im Namen der heiligen Andraste! Ich habe das doch gerade nicht etwa laut gesagt? Scheinbar schon. „Ich freue mich für dich, dass du endlich mal einen anständigen Mann gefunden hast, der dir gefällt. Und, wie sieht es bei ihm aus?“, Garett klopft mir auf die Schulter. „Woher soll ich das wissen? Er weiß nichts davon und wenn es nach mir geht, bleibt es auch so“, fahre ich hoch. „Bevor du gleich Varric zum Tode verurteilst, solltest du wissen, dass nicht er sondern Anders mir davon erzählt hat. Nicht dass du unseren armen Zwerg noch zusetzt, er hat, glaube ich, jetzt ganz andere Probleme. Aber mal was anders: Wie macht sich Fenris? Ihm bin ich bislang noch nicht begegnet“, wechselt er das Thema. Froh darüber erwidere ich rasch: „Na ja, du kennst ihn und sein Auftreten Magiern gegenüber. Besonders Tevinteranern gegenüber.“ Er nickt verstehend. „Also dann, mein Freund. Ich habe noch zu tuen. Fühle dich in der Himmelsfeste ganz wie zu Hause“, damit verabschiede ich mich und gehe die Wälle entlang. Ich wusste nicht, dass ein Teil unserer Unterhaltung von jemandem belauscht wurde.
 

Sichtwechsel: Cullen

Es ist reiner Zufall, dass ich die Unterhaltung von Leyla und einem, mir durchaus bekannt vorkommenden Fremden mithöre. Nun einen Teil davon jedenfalls. Ich wollte gerade aus einem der Wachtürme treten, um über die Wehrmauer zum nächsten zu gelangen, als ich die beiden sehe.
 

„...Varric erwähnte, dass du ja mehr auf desertierte, blonde Templer stehst.“

„Bitte?!“

„Na, wer wird denn da gleich rot werden? Stimmen diese Behauptungen deiner Person etwa? Du und der Kommandant?“

„Also wirklich, Hawke. Mein Liebesleben geht dich überhaupt nichts an.“

„Du willst es also abstreiten? Weißt du, Leyla, ich bin schon etwas länger hier und hatte ausreichend Zeit, um dich zu beobachten. Deine Blicke, die du ihm zuwirfst, sprechen für sich.“

„Ich streite gar nichts ab. Er ist halt ein gutaussehender Mann mit tollem Charakter und einer unwiderstehlichen und süßen schüchternen Art.“
 

Den Rest bekomme ich nicht mehr mit, da ich die Türe leise hinter mir zu ziehe und von dannen gehe. Sie findet mich gutaussehend? Meine schüchterne Art ist ihrer Meinung nach unwiderstehlich und süß? Ich kann nicht verhindern, dass mein Herz bei diesen Worten schneller schlägt. Auch wenn diese wohl nicht für meine Ohren bestimmt waren, hat sie dennoch von mir gesprochen. Scheinbar hat sie Gefühle für mich. Das freut mich unheimlich. Doch dann kommt mir wieder in den Sinn, wer wir sind: Sie der Inquisitor; ich der Kommandant ihrer Truppen. Außerhalb der Inquisition sieht es nicht besser aus: Sie ist eine Prinzessin, erste in der Thronfolge von Ferelden und ich? Ich bin ein titelloser Krieger. Ungeachtet, dass sie meine Vorgesetzte ist, kann das nicht gehen. Stechender Schmerz schließt sich um mein Herz. Was würde ich dafür geben, wäre es anders. Wären wir uns an einem anderen Ort doch nur begegnet, zu einer anderen Zeit. Doch das sind wir nicht. Eine Beziehung ist für uns nicht möglich, wird es nie sein. Denn wir leben in verschiedenen Welten.

Und trotzdem bin ich hier

Zwei Wochen sind vergangen, seit wir hier, in der Himmelsfeste Stellung bezogen haben. Recht verzweifelt suche ich gerade nach Cullen. Aber er ist wie vom Erdboden verschluckt. Dabei wollte ich ihn fragen, ob er heute Abend vielleicht Zeit hat. Ja, vielleicht ist das dumm und naiv von mir, aber da mich Anders, Dorian und sogar Garett seit zwei Wochen dauerhaft damit in den Ohren liegen, ich solle unserem Kommandant endlich meine Gefühle gestehen, welche ich schon seit einiger Zeit für ihn hege, habe ich genug. Dorian hat mir angedroht, die Sache selbst in die Hand zu nehmen, sollte ich nicht langsam in Bewegung kommen. Und das kann ich auf keinen Fall zulassen. Wenn jemand Cullen von meinen Gefühlen für ihn erzählt, dann bin das immer noch ich selbst.
 

Mittlerweile bin ich auf meiner Suche nach dem desertierten Templer im Garten angekommen. Und siehe da, im Pavillon ein Schachbrett zwischen sich und Dorian, finde ich ihn endlich. „Lady Inquisitor“, Cullen erhebt sich, als ich mich dazustelle. „Nicht doch, bleibt sitzen“, bitte ich ihn. „Blondie, wir haben hier noch eine Partie“, erinnert ihn Dorian an das Schachspiel. „Natürlich“, Cullen wendet sich dem wieder zu. Ich beobachte den restlichen Verlauf des Spiels. Dorian ist zu selbstsicher. Wie auch schon früher bricht ihm sein Stolz das Genick und er verliert gegen Cullen. „Seit jetzt ja nicht überheblich, dann seit Ihr unausstehlich“, warnt ihn der Magier. Dann erhebt sich mein bester Freund: „Meine Liebe, wir müssen bei Gelegenheit auch nochmal gegeneinander spielen. Es ist ewig her, dass wir das gemacht haben. Aber jetzt habe ich noch etwas wichtiges zu erledigen.“ Schon verschwindet er. Ich werde das Gefühl nicht los, dass er das absichtlich gemacht hat.
 

Ihm kurz kopfschüttelnd nachsehend, wende ich mich Cullen zu. „Nun, ich sollte mich auch wieder meinen Pflichten widmen. Es sei denn... Spielen wir eine Partie?“, fragt er zögerlich. Er weiß aus meinen Erzählungen, dass ich gerne Schach spiele. Ein kleines Lächeln stiehlt sich auf meine Lippen: „Warum nicht?“ Ich setze mich ihm gegenüber und er baut rasch das Brett wieder auf. Schweigsam beginnt unser Spiel.
 

„Dieses Spiel habe ich als Kind immer mit meiner Schwester gespielt. Sie hat immer so selbstgefällig gegrinst, wenn sie gewonnen hat. Was ständig der Fall war. Also habe ich wochenlang mit meinem Bruder geübt. Du hättest ihren Gesichtsausdruck sehen sollen, als ich dann endlich gewonnen habe. Durch meine Aufgaben für die Templer und die Inquisition habe ich sie seit Jahren nicht mehr gesehen. Ich frage mich, ob sie immer noch spielt“, beginnt er nach einer Weile eine Konversation. „Du hast Geschwister?“, frage ich interessiert nach. „Zwei Schwestern und einen Bruder“, antwortet er mir. „Wo sind sie jetzt?“, es ist seit langem eine Gelegenheit mehr über seine Vergangenheit zu erfahren. Bislang drehte es sich in unseren persönlichen Gesprächen zumeist um mich. „Sie sind nach der Verderbnis nach Südhang gezogen. Ich schreibe ihnen nicht so oft, wie ich eigentlich sollte“, gesteht er mir. „Ah, ich bin dran.“ Lächelnd lehne ich mich zurück: „Dann zeige mal, was du kannst.“
 

Wir widmen uns wieder mehr dem Spiel. Immer wieder treffen sich unsere Blicke oder aber seine Hand berührt zufällig meine. Es ist lange her, dass ich einen derartig schönen und ruhigen Moment frei von allen Sorgen genießen kann. „Ich glaube, wir haben noch nie so viel Zeit miteinander verbracht, ohne über die Inquisition zu reden, oder etwas, das mit ihr zusammenhängt. Um ehrlich zu sein, bin ich sehr froh über die Ablenkung“, meint Cullen nach einer Weile. Der nächste Satz verlässt meinen Mund bevor ich ihn überdacht habe: „Wir sollten mehr Zeit miteinander verbringen.“ Überrascht von meinem Vorschlag, ihm aber auch ganz eindeutig nicht abgeneigt, sieht er mich an: „Das... würde mich freuen.“ „Mich auch“, stimme ich ihm zu. „Das sagtest du bereits“, merkt er an, „wir sollten unser Spiel zu Ende bringen. Ich bin dran, oder?“
 

Gut eine halbe Stunde später erkennt Cullen seine Niederlage an: „Ich schätze, du hast gewonnen. Gut gespielt. Wir sollten das irgendwann mal wiederholen.“ „Sehr gerne“, erwidere ich, „du bist aber auch kein schlechter Spieler.“ „Danke. Also dann: Ich sollte mich nun wirklich wieder meinen Pflichten zu wenden, die Arbeit macht sich ja leider nicht von alleine“, er erhebt sich, „einen schönen Tag noch, Leyla.“ Er wendet sich zum gehen. Mir dämmert, dass ich etwas sagen sollte, bevor er wieder weg ist. „Warte!“, halte ich ihn zurück. „Ja?“, er dreht sich mir zu. „Hast... hast du später vielleicht Zeit. Ich würde gerne etwas mit dir besprechen. Bei einem Spaziergang über die Wehrgänge?“, unsicher halte ich seinem Blick stand. „Natürlich. Wie wäre es kurz vor Sonnenuntergang?“, schlägt er vor. „Gut, ich komme dann zu dir“, bestätige ich. Er nickt, bevor er seiner Wege geht.
 

Sichtwechsel: Cullen

Meine Gedanken kreisen um Leyla. Vielleicht war es unklug ihrem Vorschlag, mehr Zeit miteinander zu verbringen, zuzustimmen. So mache ich es mir selber doch nur noch schwerer. Ich sollte mich von ihr fernhalten. Aber ich kann es nicht. Als sie vor mir stand und der Tevinteraner irgendwohin verschwand, konnte ich einfach nicht anders, als sie um eine Partie zu fragen. Mit einer Hand fahre ich durch mein Haar. Hoffentlich bringt das Gespräch heute etwas Klarheit. Vielleicht hegt sie ja doch keine Gefühle für mich und es war jemand anders gemeint, neulich bei ihrem Gespräch mit dem Champion. Vielleicht. Ah verdammt, ich weiß, dass sie mich gemeint hat, was es nicht gerade besser macht.
 

Sichtwechsel: Leyla

Kurz vor Sonnenuntergang stehe ich vor der Tür zu Cullens Arbeitsstube. Ein letztes Mal atme ich tief durch, dann klopfe ich an und trete ein. Cullen sitzt hinter seinem Schreibtisch. Er blickt auf, als ich die Türe hinter mir schließe. Dann steht er auf und kommt auf mich zu: „Wollen wir dann?“ Ich nicke und wir betreten durch eine der Nebentüren die Wehrgänge.
 

Wortlos laufen wir neben einander über diese her. Die Sonne verschwindet gerade langsam hinter den Berggipfeln. Ein traumhafter Anblick. Jetzt muss ich es nur noch schaffen, es ihm zu sagen. Sonst mache ich mich hier zum Affen. „Ein wirklich schöner Abend, nicht wahr?“, versucht Cullen das Gespräch etwas hilflos zu beginnen. „Was?“, aus meinen Gedanken gerissen blicke ich ihn an. „Ehm... über was wolltest du mit mir reden?“, verlegen legt er eine Hand in den Nacken. Hat ihm schonmal jemand gesagt, wie unheimlich niedlich das aussieht? Oh, verdammt, ich sollte bloß gut auf meine vorschnelle Klappe aufpassen, sonst blamiere ich mich hier bis auf die Knochen.
 

„Also.. Cullen es ist so: Ich erwische mich dabei, dass ich oft an dich denke... ständig um genau zu sein“, gestehe ich leise. Wir sind kurz vor einem der Wachtürme stehen geblieben. „Es ist nicht so, dass ich nicht darüber nachgedacht habe, wie es wohl wäre“, murmelt er in der selben Lautstärke. „Was hält dich zurück?“, Erleichterung durchflutet mich. Er erwidert meine Gefühle. „Du bist der Inquisitor, wir sind im Krieg und selbst wenn die Umstände anders wären, bist du immer noch die Prinzessin von Ferelden. Ich... ich dachte nicht, dass es möglich wäre. Dass es für uns eine Chance gäbe“, erklärt er mir. „Und dennoch bin ich hier“, ein sanftes Lächeln ruht auf meinen Lippen. „Ja, das bist du. So unglaublich das auch scheinen mag“, seine Arme legen sich sanft um mich und er kommt mir immer näher. Langsam schließe ich meine Augen. Ich kann seinen Atem auf meinen Lippen spüren als plötzlich...
 

„Kommandant!“, das laute Rufen eines Rekruten lässt uns auseinander fahren. Cullen tritt einen Schritt zurück und ich wende beschämt den Blick ab. Dennoch spüre ich die unterdrückte Wut, die von ihm ausgeht. Ich möchte wirklich nicht der Rekrut sein. Auch wenn dieser wohl recht wenig dafür kann. „Der Bericht“, der Rekrut hat uns nun erreicht. „Was?!“, fragt Cullen mit bebender Stimme. „Schwester Nachtigalls Bericht. Ihr wolltet unverzüglich eine Abschrift“, erklärt sich der Soldat. Er löst seinen Blick von dem besagtem Bericht. Verwundert sieht er von dem ihn zornig anstarrenden Kommandanten zu mir und wieder zurück. Langsam dämmert ihm, in was für eine Situation er gerade hineingeplatzt ist. „O... oder in Euer Büro, natürlich“, startet er einen verzweifelten Rettungsversuch, bevor er auf dem Absatz kehrt macht und davon eilt.
 

Die Magie des Moments ist kaputt. Ein lautloses Seufzen kommt über meine Lippen. „Falls du dich wieder...“, zu mehr als einem überraschtem Keuchen komme ich nicht mehr. Cullen wirbelt zu mir herum, legt seine Hände an meine Wangen und versiegelt meine Lippen mit seinen. Im ersten Moment bin ich viel zu perplex, um zu reagieren. Dann lege ich meine Arme um ihn und erwidere seinen fordernden Kuss. Ich spüre, wie er mich an sich drückt, seine Arme dabei um mich schlingend. Atemlos lösen wir uns einen Moment später wieder voneinander. Schweratmend blickt er mir tief in die Augen: „Das war... nett.“ Ich versinke in seinen goldenen Seen: „Du bereust es doch nicht etwa?“ „Was? Nein... ganz und gar nicht“, er nähert sich mir wieder. Sanft und voller Liebe verschließt er meine Lippen mit seinen. Glücklich küsse ich ihn zurück. Halt suchend schmiege ich mich an ihn und er gibt ihn mir. Hinter uns verschwindet die Sonne endgültig hinter den Bergen und macht den Sternen am Himmel Platz.

Von einer wütenden Sucherin und vergangene Tagen

Die warmen Strahlen der Sonne wecken mich am folgenden Morgen auf. Lächelnd stehe ich auf und denke an den vergangenen Abend. Ich hatte mit vielem gerechnet, aber nicht damit. Nicht, dass es mich nicht freuen würde. Ganz im Gegenteil. Umso glücklicher stimmt es mich, dass es so gekommen ist. Ein Lied summend mache ich mich auf den Weg in den Hof. Mal schauen, was heute alles so ansteht.
 

„Guten Morgen, Mylady“, grüßt mich Anders in der Haupthalle. „Guten Morgen, Anders“, grüße ich ihn zurück. „Ihr habt aber gute Laune. Ihr strahlt ja heller als die Sonne“, merkt er schmunzelnd an. „Nun, ich habe auch allen Grund dazu“, meine ich dazu nur, ehe ich wieder meines Weges gehe. Mein Heiler blickt mir kopfschüttelnd nach. Kurz vor der Flügeltüre nach draußen, bemerke ich, dass etwas heute morgen anders ist als sonst. Von der Seite kommt kein morgendlicher Gruß wie sonst. Als sich meine Augen dorthin richten, erblicke ich nur eine leere Stelle. Kein Varric. Komisch, vielleicht hat er ja auch einfach nur verschlafen.
 

Im Innenhof begegne ich dann Vivienne: „Guten Morgen, Lady Inquisitor.“ „Guten Morgen, Vivienne. Wie geht es Euch?“, entgegne ich höflich. „Ganz hervorragend. Und Euch?“, erkundigt sie sich. „Es könnte nicht besser sein“, ein Lächeln ziert meine Lippen. „Das merkt man Euch an, meine Verehrteste. Ihr habt sicher viel zu tun. Ich will Euch nicht länger aufhalten. Nur... falls Ihr die Gelegenheit dazu habt, seht doch bitte mal nach diesem Tumult in der Waffenkammer nach. Im besten Falle ist es eine streunende Katze, den Geräuschen nach zu urteilen, jedoch eher etwas, das wie eine Schlägerei klingt“, bittet die Verzauberin mich. „Natürlich, ich kümmere mich darum“, dann mache ich mich ohne Umschweife auf zur Waffenkammer. Nicht, dass sich dort wirklich jemand prügelt.
 

Drinnen bietet sich mir ein erschreckendes Bild: Cassandra, höchst wütend, jagt Varric quer durch die Kammer, welcher verzweifelt nach einem Ausweg sucht. An einem Tisch kommen die Zwei zum stehen. Zornig funkelt Cassandra den Zwerg an: „Ihr wusstet die ganze Zeit über, wo er steckt! Ihr habt es mir absichtlich verschwiegen! Von wegen: Ich weiß es nicht!“ „Ich weiß nicht, wovon Ihr sprecht, Sucherin! Ich habe Euch alles erzählt, was ich für wichtig hielt“, rechtfertig sich der Armbrustschütze. Die Hand der Sucherin erhebt sich zum Schlag, als ich eingreife: „Jetzt ist aber Schluss! Was ist hier überhaupt los?“ Auf den Zügen des Zwerges zeichnet sich Erleichterung ab: „Mädchen, ich war noch nie so froh dich zu sehen.“ „Was habt Ihr nur für schlechte Manieren? So könnt Ihr nicht mit dem Inquisitor reden!“, fährt Cassandra ihn wieder an. „Cassandra, es reicht! Ich verlange auf der Stelle zu erfahren, warum ihr euch hier die Köpfe einschlagt“, falle ich ihr in die Anschuldigungen. „Dieser Schuft, dieser niederträchtige Lügner wusste die gesamte Zeit über, wo sich der Champion aufgehalten hat! Die ganze Zeit! Er hätte ihn schon viel früher zu uns bringen können! Wenn Hawke bei dem Konklave dabei gewesen wäre, wäre die Göttliche vielleicht nicht gestorben! Wir hätten vieles verhindern können!“, schreit die Sucherin erbost. „Wenn, wäre, hätte, vielleicht! Habt Ihr mal daran gedacht, dass er dort genauso gut hätte sterben können. Ich habe nur meinen Freund beschützt“, verteidigt sich Varric.
 

„Cassandra, ich muss Varric diesbezüglich leider zustimmen. Garett wäre in großer Gefahr gewesen, wenn er bei dem Konklave anwesend gewesen wäre. Ich kann nachvollziehen, dass er ihn dieser Gefahr nicht aussetzen wollte“, erkläre ich. „Ihr unterstützt ihn dabei auch noch? Er hat uns diesbezüglich angelogen und hat uns wichtige Informationen vorenthalten. Wer weiß, wann noch“, schimpft sie weiter. „Ich habe Euch nie angelogen, Sucherin. Ich habe Euch stets alles erzählt, was ich zum jeweiligem Zeitpunkt für wichtig hielt“, geht Varric auf ihren Vorwurf ein. Cassandra will gerade zu einer Reihe an Beschimpfungen ansetzen, als ich ihr scharf ins Wort falle: „Ich sagte: SCHLUSS!“ „Wenn ich mich nicht irre, sollte mal auf seine Vorgesetzte hören“, Garetts Stimme erklingt und der Grund für diesen Streit tritt neben mich. „Was genau habt Ihr Euch davon erhofft, mich zu finden, Cassandra?“ „Einen Anführer für die Inquisition“, gibt die Angesprochene kleinlaut zu. „Ich führe niemanden mehr an. Auf diesem Posten habe ich jämmerlich versagt. Ohne Aveline oder Leyla wäre ich als Champion kläglich gescheitert, beziehungsweise hätte ich nie diesen Titel verliehen bekommen. Ihr habt die beste Anführerin, die ich kenne oder aber mir vorstellen kann. Die Strategin und General der königlichen Truppen von Ferelden. Es gibt niemanden, der diesen Posten besser ausführen könnte als sie. Selbst wenn Ihr ihn mir angeboten hättet, ich hätte ihn nie angenommen. Das ist nichts, wofür ich geeignet wäre“, antwortet Hawke. Mit großen Augen sieht Cassandra ihn an, doch dieser wendet sich ab und führt Varric nach draußen. Sein Blick gibt mir zu verstehen, dass ich die Sucherin beruhigen soll, bevor diese ein zweites Mal auf den Zwerg losgeht.
 

Die Tür fällt hinter ihnen zu. Unsicher mustert Cassandra den Boden zu ihren Füßen: „Bitte verzeiht meine unangemessenen Worte, Lady Inquisitor. Ich hätte das nicht sagen sollen.“ „Cassandra, seht mich an“, ein Seufzen entrinnt meiner Kehle. Vorsichtig begegnet sie meinem Blick. „Es gibt nichts, wofür Ihr Euch bei mir entschuldigen müsstet. Ihr tatet, was Ihr für das Richtige gehalten habt. Eure Auffassung nach war Hawke die richtige Person als Oberhaupt der Inquisition. Das ist in Ordnung. Und was Varrics Verhalten angeht: Wie gesagt kann ich ihn verstehen und muss ihm zustimmen. An seiner Stelle hätte ich wohl ähnlich gehandelt“, erkläre ich ihr. „Wusstet Ihr ebenfalls wo sich der Champion aufhält“, fragt sie zaghaft nach. „Ungefähr ja. Garett und ich standen in einem losem Briefkontakt zueinander, nachdem ich Kirkwall verlassen hatte“, gebe ich zu. „Ich bitte Euch, Euer Verhalten Varric gegenüber zu überdenken und Euch bei Ihm zu entschuldigen. Ihr habt beide einen Fehler begangen und ich werde mit ihm noch über diese Sache sprechen. Allerdings wünsche ich solche Auseinandersetzungen in Zukunft nicht mehr. Sollte es Probleme geben, die man nicht in einem Gespräch beilegen kann, könnt Ihr jederzeit zu mir kommen und mit mir darüber sprechen. Ein auf eigene Faust losziehen und zur Rede stellen billige ich kein zweites Mal. Es schürt nur Misstrauen zwischen uns und das ist das letzte, was wir in diesen Zeit gebrauchen können“, verdeutliche ich der Sucherin. Sie nickt als Zeichen, dass meine Worte angekommen sind. Ich gehe auf die Türe zu: „Ich wünsche Euch noch einen schönen Tag, Cassandra.“ „Einen Moment noch. Ich... es stimmt. Anfangs habe ich wirklich geglaubt, dass die Inquisition Hawke als Anführer braucht, aber dann habe ich Euch kennengelernt. Ich habe Euch kämpfen gesehen. Ich habe gesehen, wie ihr diejenigen zur Rechenschaft gezogen habt, die Unschuldige getötet haben. Von Anfang an, nachdem ich Euch das erste Mal kämpfen sah, habe ich Euch respektiert. Ihr seit eine hervorragende Kämpferin. Heute weiß ich, dass Ihr Eurer Stellung als Inquisitor mehr als würdig seit und ich vertraue Euch“, sprudelt es aus ihr heraus. „Ich danke Euch für Euer Vertrauen“, dann verlasse ich die Waffenkammer. Sie hat sich beruhigt. Das bedeutet, dass Varric nichtmehr zu fürchten braucht, umgebracht zu werden.
 

Zuerst will ich zurück in die Haupthalle gehen, um mit dem Zwerg zu sprechen, doch dann entscheide ich mich für einen Spaziergang über die Wehrgänge. In der Nähe von Cullens Turm bleibe ich stehen und starre auf die Landschaft hinaus. Meine Gedanken schweifen ab, kehren zurück zu der Zeit, wo mein ganzes Leben begann sich für immer zu verändern: Die Zeit der fünften Verderbnis.
 

Flashback:

Fünf Jahre zuvor im Lager nahe des Brecilian Waldes
 

Tahri und ich hatten uns für die erste Nachtwache gemeldet, da wir etwas unter vier Augen ohne neugierige Ohren besprechen wollten. Eine Nachtwache war da immer die beste Idee. Als alle anderen schlafen gegangen waren, setzen wir uns ans Feuer. „Weißt du, Leyla, ich habe nachgedacht. Über deinen Bruder und mich“, beginnt die Dalish. „Ihr seit süß zusammen“, meine ich. Es ist schön zu sehen, dass zwischen all dem Schrecken und Tod etwas so reines wie Liebe entstehen kann. Leliana und ich haben stundenlang darüber gerätselt, ob die beiden ein Paar sind oder nicht, bis Tahri es schließlich zu bunt geworden ist und sie uns die heiß begehrte Antwort gab. „Da magst du recht haben, aber ich sehe keine Zukunft für uns“, wehmütig geht ihr Blick in die Flammen. „Warum?“, ihre Aussage überrascht mich. „Bei dem Landthing werden wir euren Erbanspruch durchsetzen. Alistair wird König werden. Das Volk wird keine Elfe als Königen akzeptieren. Sie würden mich für eine Hure halte, die ihm sein Bett warm hält“, kommt ihre bittere Antwort, „außerdem müssen wir immer noch einen Erzdämon besiegen. Alistair und ich sind die Einzigen, die das können. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass das einfach sein soll.“ Ihr Blick durchbohrt mich. Sie weiß, dass ich im Orden aufgewachsen bin und ein nahezu umfassendes Wissen über die Wächter besitze. Leise seufzend komme ich ihrer stummen Aufforderung nach: „Nur ein Grauer Wächter kann einen Erzdämon töten, aber er zahlt dafür einen sehr hohen Preis: Sein eigenes Leben für das Ende der Verderbnis.“ „Siehst du! Einer von uns muss sterben. Und das werde ich sein“, beschließt sie. „Was? Tahri, ich bin mir sicher, dass es einen Weg gibt, wie wir das verhindern können. Einen Weg, wie ihr beide überleben könnt“, widerspreche ich ihr. „Nein, Leyla. Ich will es so. Ich will nicht eines Tages dem Ruf ausgeliefert sein. Und vor allem will ich nicht sehen, wie er eine andere zur Frau nimmt. Das würde ich nicht verkraften“, entgegnet sie. „Er würde damit nicht klar kommen“, murmle ich. Ich kenne meinen Bruder. Ich weiß, wie sehr er sie liebt. Sie ist sein Leben. „Doch mit dir an seiner Seite wird er das schaffen. Ich werde ohne hin nicht als seine Geliebte sterben. Ich werde mich kurz vor dem Landthing von ihm trennen. Du musst dann vor den Adligen euren Anspruch durchsetzen. Aber ich weiß, dass du das schaffen wirst. Du kannst leidenschaftliche Reden halten und so andere dazu bringen, dir zu folgen. Und dann, wenn das geschafft und Logain entmachtet und für seine Taten bestraft ist, vereint ihr beiden Ferelden unter euch und wir ziehen in die letzte Schlacht. Die letzte Schlacht, in der ich sterben werde“, berichtet mir die Elfe von ihrem Plan. „Bist du dir damit sicher, Tahri? Willst du das wirklich machen?“, zweifelnd sehe ich sie an. „Ja, ich bin mir sicher. Leyla, Ferelden braucht einen König. Dein Bruder muss sein Erbe antreten. Du weißt das. Es braucht keinen Tyrann wie Logain, sondern einen Mann wie Alistair. Und er braucht dich als Beraterin an seiner Seite. Ihr beide müsst für Ferelden überleben und es dann wieder aufbauen. Und du weißt das. Deshalb rede ich mit dir darüber. Du bist mir nicht nur eine enge Freundin, sondern auch unsere Strategin. Als diese weißt du, was zu tuen ist, um das Land zu retten. Ich zähle auf dich“, ernst hält sie meinen Blick fest. Sie sieht meine stumme Zustimmung zu ihrem Plan. Sie weiß, dass ich tuen werde, was getan werden muss. Denn sonst ist nicht nur Ferelden sondern ganz Thedas verloren.
 

Zeitsprung: Im Kommandantenzelt wenige Stunden vor der letzten Schlacht

„Gut, wie sieht unser Plan aus?“, Arl Eamon sieht zu Tahri herüber. Diese nickt mir zu. Ihrer Aufforderung folgend trete ich vor und erkläre unsere Strategie: „Tahri wird gemeinsam mit Alistair, Sten und Wynne sich ungefähr hier versteckt halten. Ohgren führt die Einheiten der Zwerge bei einem Frontalangriff auf unseren Feind an. Eure Leute, Arl Eamon, werden gemeinsam mit den anderen Menschen und den Magiern aus einem Hinterhalt heraus einen Angriff starten, sobald sich unser Gegner völlig auf die Zwerge konzentriert. Dann fallen die Elfen unter meiner Führung in die Flanke des Feindes. So stiften wir eine Menge Chaos, haben den Überraschungsmoment auf unserer Seite und nehmen so unserem Feind seine zahlenmäßige Überlegenheit. In eben jenem Chaos schleicht sich der Trupp von Tahri am Rande des Schlachtfeldes entlang zum Turm des Erzdämons. Dort können wir ihnen zwar nicht mehr helfen, aber wenn wir sie lange genug beschäftigen, verschaffen wir ihnen die benötigte Zeit. Alle Männer und Frauen sind komplett gerüstet, so wenig freie Körperstellen wie möglich. Die Tränke des Zirkels werden uns eine Zeit lang schützen, aber dieser Schutz wehrt nicht ewig. Wir müssen schnell und präzise Zuschlagen, damit uns der Übergriff gelingt.“ „Das ist Wahnsinn!“, kommt es von Bann Teagan. „Das ist der Plan meiner Strategin, an welchem sie fünf verdammte Tage hing. Wir haben keine Zeit, einen neuen auszutüfteln, außer wir wollen alle sterben. Ich sage, dass wir es so machen, wie von ihr vorgeschlagen“, bestimmt Tahri. „Es mag sich wie Wahnsinn anhören, aber tuen das nicht alle großen Pläne? Ich sage, wir machen es so“, stimmt der Hauptmann der Zwerge zu. Auch die anderen stimmen nun nachdenklich zu. „Wer genau bringt die Leute dort draußen dazu, das mitzumachen? So leidenschaftlich Ihr auch reden könnt, Lady Theirin, und so sehr Ihr auch an Eure Großmutter erinnert, diese Seelen dort draußen werden Euch wohl für bekloppt erklären“, meint der Oberverzauberer. „Das überlasst mir. Die Leute werden folgen“, entgegne ich. Mein Bruder begegnet meinem entschlossenem Blick. Dann drehe ich mich um und verlasse das Zelt. Die anderen folgen mir. Im Lager blicken die Soldaten zu uns auf. Ich trete vor und dann, dann mache ich etwas, was ich seit drei Jahren nicht mehr getan habe. Ich singe:
 

„Shadows fall and hope has fled,

Steal your heart, the dawn will come.

The night is long and the path is dark.

Look to the sky for one day soon, the dawn will come.
 

The shepherd's lost and his home is far,

Keep to the stars, the dawn will come.

The night is long and the path is dark.

Look to the sky for one day soon, the dawn will come.
 

Bare your blade and rise ist high,

Stand your ground, the dawn will come.

The night ist long and the path is dark.

Look to the sky for one day soon, the dawn will come.“
 

Im Lager ist es still geworden. Ruhig gelten alle Augen mir. Dann ziehe ich das Kurzschwert an meiner Hüfte: „Für den Frieden! Für Ferelden! Für euren König!“ und hebe die Klinge gen Himmel. Zustimmend heben die Männer und Frauen ihre Waffen in die Luft und antworten: „Für den König! Für Ferelden!“ Ernst wandert mein Blick über die Menge. Die nahende Schlacht werden wir gewinnen.
 

Zeitsprung: Nach der Schlacht

Eine gewaltige Explosion erschüttert den Turm des Erzdämons. Ohgren ist mit den Zwergen schon vor einer Weile auf uns gestoßen und sie halfen mit, die Plätze davor zu sichern. „Ist es vorbei?“, fragt der Zwerg. Die Reste der Armee der Dunklen Brut fliehen mit einem panischem Kreischen. „Sollen wir Ihnen nach?“, will einer wissen. „Nein, sichert den Platz hier ab! Lasst sie fliehen!“, befehle ich. Dann drehe ich mich zum Turm um, stürme in seinem Inneren die Stufen hinauf. Zevran folgt mir.
 

Oben angekommen bietet sich uns ein Bild der Zerstörung. Überall liegen Leichen der Dunkeln Brut herum. Im hinteren Bereich liegt der leblose Körper eines Drachens, ein Schwert steckt in seinem Haupt. Das magische Runenschwert von König Maric, meinem Vater. In diesem Moment weiß ich, dass es vorbei ist. Dass die Verderbnis beendet wurde. Wynne und Sten stehen in der Nähe, blicken uns trauervoll entgegen. Ich gehe an ihnen vorbei und entdecke meinen Bruder. Er sitzt auf dem Boden, seine Schultern beben und sein Schluchzen zerreißt als einziges die Stille. In seinen Armen liegt Tahri, ihre Augen friedlich geschlossen. „Mache ihn zu einem würdigen König“, klingen ihre Worte in meinen Ohren nach. Vor meinem inneren Auge sehe ich ihren Abschied von mir: Sie umarmte mich und flüsterte leise: „Danke für alles, Leyla. Du warst mir eine treue Freundin. Ich hoffe, dass du mit der Liebe deines Lebens bis in alle Ewigkeiten zusammen sein kannst. Ich wünsche es mir für dich.“ Eine einzelne Träne rinnt über meine Wange. Nein! Ich darf jetzt nicht weinen! Ich muss stark sein. Auf den Hacken mache ich kehrt. Wenig später schreite ich aus dem Turm und verkünde: „Wir haben gesiegt! Die Verderbnis ist vorüber!“
 

In den kommenden Wochen ist mein Bruder ruhig und in sich gekehrt. Er vernachlässigt seine Pflichten als König von Ferelden, ertränkt seine Trauer im Alkohol. Ich kann und will mir das nicht länger ansehen. An den Wachen vorbei betrete ich sein Schlafgemach. Alistair sitzt in einem Sessel vor dem Kamin, eine Flasche billigen Schnaps in der linken Hand. Wütend nehme ich diese an mich: „Hör gefälligst auf damit!“ „Warum? Nennen mir einen, nur einen guten Grund dazu!“, fordert er. „Weil da draußen ein ganzes Land auf dich wartet! Aber nein, das interessiert den werten Herren ja nicht. Trete ihr Opfer ruhig mit Füßen! Aber das hier, ist es nicht wofür sie gestorben ist!“, dabei deute ich auf sein miserables Aussehen und den ganzen Alkohol, „Es ist wirklich gut, dass sie nicht mitansehen muss, was aus dir geworden ist!“ „Ach ja? Ich war doch nur ein Zeitvertreib, ein Spiel für sie“, grollt er. Klatsch. Meine linke Hand trifft seine rechte Wange: „Sag das noch einmal und ich schwöre dir, ich werde dich windelweich prügeln“, drohe ich. Verblüfft sieht er zu mir auf, dabei hält er sich seine schmerzende Wange. „Ich bin für einige Tage in Highever zu Besuch bei Terryn Cousland. Mach also gefälligst deine Arbeit, denn ob es dir jetzt passt oder nicht: DU bist der KÖNIG!“, damit wende ich mich ab.

Flashback – Ende
 

Nach diesem Tag, nach dieser Auseinandersetzung war unser Verhältnis anders. Alistair nahm endlich seine Pflichten als König wahr, aber er veränderte sich auch, distanzierte sich immer mehr von mir. Wobei, vielleicht war auch ich diejenige, die sich distanziert hat. Ich konnte es einfach nicht länger ertragen, zusehen, wie er sich selbst langsam tötete. Auch wenn wir nie darüber gesprochen haben, glaube ich, dass er mich hasst. Denn in Wahrheit gab er die ganze Zeit über mir die Schuld an Tahris Tod. Es war ja schließlich mein Plan, den wir verfolgt haben. Diesen stummen Vorwurf habe ich oft in seinen Augen gesehen. Vielleicht ist es ja besser, wenn er mich hasst. Tahri. Alistair hat ja keine Ahnung, wie sehr mich ihr Tod getroffen hat. Zu wissen, dass sie diese Schlacht nicht überleben wollte, war furchtbar für mich. Sie hat alles geopfert und sich mit ihrer letzten Tat über unser ganzes Sein erhoben. Selbstlos, um diejenigen zu beschützen, die sie liebt und die ihr am Herzen liegen, hat sie ihr Leben gegeben. Nicht um Thedas zu beschützen. Nicht für Ferelden hat sie die Verderbnis beendet. Nicht weil es das richtige war. Nicht weil es getan werden musste. Sondern weil sie so ihre Freunde beschützen konnte. Weil sie so Alistairs Tod verhindern konnte. In Wirklichkeit hat sie die Verderbnis für ihre Freunde beendet. Sie war diejenige, die gelitten hat. Denn sie wusste, dass es für sie und meinen Bruder keine Zukunft gab.
 

Langsam werde ich mir der Tränen gewahr, die über meine Wangen rinnen. All die Zeit habe ich nicht geweint. Nicht aus Trauer. Nicht weil der Schmerz, über jene, die ich in meinem Leben alle schon verloren habe, so übermächtig wurde. Kell, Julien, Nicolas, Cailan, Duncan und Tahri. Alle sind sie gestorben. Doch das schlimme daran ist, dass jeder von ihnen starb, weil er mich beschützen wollte. Tahri wollte zwar nicht nur mich, sondern auch ihre anderen Gefährten beschützen, aber trotzdem. Und jetzt, Jahre später, holt mich meine Trauer ein.
 

Eine warme Hand auf meiner Schulter reißt mich aus meinen Gedanken. Mit verweinten Augen und tränenverschleiertem Blick sehe ich auf. Cullen mustert mich besorgt aus seinen warmen Augen. Sanft aber bestimmt führt er mich in sein Arbeitszimmer. Dort steuert auf seinen Stuhl an, lässt sich auf ihm nieder und zieht mich auf seinen Schoss. Seine Arme legen sich um meinen Körper und drücken mich sanft an ihn. Ohne zu zögern kuschle ich mich an ihn.
 

Als ich mich beruhigt habe, fragt er nach: „Was ist passiert?“ Nach kurzem Zaudern erzähle ich ihm von meinen Gedanken. Von dem was vor fünf Jahren mit Tahri wirklich geschehen ist. Aufmerksam lauscht er meinen Worten, unterbricht mich kein einziges Mal.
 

Stille schwebt zwischen uns, als ich geendet habe. Sachte wischte er mir die Tränen fort. „Weißt du...“, beginnt er langsam, „es war nicht deine Schuld. Es war ihre eigene Entscheidung, diesen Weg zu gehen, von Anfang an. Ohne dich und eure gemeinsamen Freunde hätte sie das vielleicht nie geschafft. Sie hätte vielleicht nicht die Kraft gefunden, sich dem Erzdämon zu stellen. Sie war eine Heldin und als diese wird sie Ferelden in Erinnerung bleiben. Doch dir und deinen Gefährten aus jener Zeit, wird sie als eure Freundin und Anführerin in Erinnerung bleiben. Und dass sie sich für euch alle geopfert hat, zeugt nur davon, wie wichtig ihr ihr wart.“ Ich stimme ihm mit einem schwachem Nicken zu. Cullen beugt sich vor, haucht einen Kuss auf meine Lippen: „Du bist nicht alleine, Leyla.“ Ein zaghaftes Lächeln erscheint auf meinen Lippen, ehe ich diese gegen seine drücke. Das weiß ich doch schon längst.

Stille Wasser - Ein Riss im Stausee

Es sind nun schon drei Wochen vergangen, seit Garett mir von Stroud berichtet hat. Mittlerweile ist das Gebiet, wo er sich aufhalten soll, von Späherin Harding und ihren Leuten ausreichend geprüft worden und so wollen wir nun aufbrechen, um uns mit dem Wächter zu treffen. Blackwall, Cassandra, Varric und Dorian werden mich dorthin begleiten. Kammwald – diese Gegend sagt mir leider nichts. Unser Aufbruch ist jedoch erst für den nächsten Morgen geplant, weswegen ich den heutigen Abend noch mit Cullen verbringen möchte, bevor ich ihn für einige Tage nicht sehen werde. Leise schleiche ich mich quer durch die Feste zu seiner Arbeitsstube. Bislang weiß noch keiner von uns und wenn es nach ihm geht, bleibt das auch vorerst noch so. Wobei, so wie ich Leliana kenne, ist sie schon längst darüber informiert. Aber irgendwie gehört das zu ihren Aufgaben als Meisterspionin ja auch dazu. Lautlos schlüpfe ich durch die Türe in Cullens Arbeitsstube.
 

Er sitzt über einige Berichte gebeugt an seinem Schreibtisch. Mich bemerkt er überhaupt nicht. Vermutlich liegt das aber auch an mir selbst. Als Schurkin, vor allem als ausgebildete Bardin und Assassine, ist es für mich normal, mich leise zu bewegen und meine Anwesenheit zu verbergen. Vielleicht könnte man das auch als schlechte Angewohnheit bezeichnen, aber über all die Jahre habe ich mir das so antrainiert, dass es für mich so alltäglich ist wie das Atmen. Wobei, ich könnte mir jetzt einen kleinen Scherz erlauben. Warum nicht? Auf leisen Sohlen stelle ich mich hinter ihn. Noch immer liest er konzentriert seine Berichte. Ich beuge mich etwas vor und streiche mit meinen Händen über seine Arme. Erschrocken zuckt er zusammen, lässt den Bericht in seinen Händen auf den Tisch fallen und dreht sich zu mir um. Cullen entspannt sich sichtlich, als er mich sieht: „Leyla, mach dich doch bitte bemerkbar, wenn du reinkommst.“ „Deine Türen quietschen lauter als der Bulle schnarcht. Ich kann doch nichts dafür, wenn du das nicht hörst. Vielleicht solltest du sie mal ölen lassen“, entgegne ich amüsiert. Mein Liebster schüttelt den Kopf. Dann legt er seine Hände auf meine Hüfte und zieht mich auf seinen Schoß. Meine Beine baumeln über die rechte Armstütze. „Gibt es einen Grund, warum du hier bist“, er haucht mir einen Kuss auf den Scheitel. „Sag mir nicht, dass du es vergessen hast“, erwidere ich kopfschüttelnd. „Vergessen? Was?“, fragt er irritiert. „Blackwall, Cassandra, Varric, Dorian und ich brechen morgen früh nach Kammwald auf. Hawke ist schon vor zwei Tagen aufgebrochen, um den Unterschlupf seines Freundes ausfindig zu machen“, antworte ich. „Das ist morgen schon? Ich fürchte, bei der ganzen Arbeit habe ich es verdrängt“, erklärt er, „Schwebt dir etwas bestimmtes für heute Abend vor?“ Sachte schüttle ich den Kopf, schmiege mich enger an ihn: „Nein, ich möchte nur bei dir sein.“ Ein sanftes Lächeln ruht auf seinen Lippen, ehe er mich enger an sich zieht: „Was soll ich sagen? Dein Wunsch ist mir Befehl.“ Ich lächle ebenfalls. Am späten Abend bringt mich Cullen noch zu meinen Gemächern, ehe wir uns mit einem Kuss von einander verabschieden.
 

Der Morgen kommt rasch. Heute brechen wir auf. Wenn unsere Kalkulationen stimmen, werden wir gut eine Woche bis Kammwald brauchen. Zielstrebig begebe ich mich zu den Ställen. Mit einem Nicken begrüßen mich die anderen. Zügig sitzen wir auf und reiten los.
 

Eine Woche später erreichen wir im strömenden Regen Kammwald. Hier in der Nähe soll sich ein Dorf befinden, wo wir einen Zwischenhalt einlegen wollten. Daher folgen wir dem Verlauf des Sees. „Seht ihr das? Dieses grüne Leuchten? Könnte das ein Riss sein?“, Cassandra lenkt unsere Aufmerksamkeit auf den See. Konzentriert schließe ich die Augen. Dann nicke ich: „Es fühlt sich so an.“ „Ein Riss im See? Ertrinken die Dämonen dann nicht?“, kommt es ungläubig von Varric. „Ich glaube nicht, dass Dämonen atmen. Dann können sie auch nicht ertrinken. Aber es könnte Probleme geben, diesen Riss zu schließen. Denn Unterwasser atmen können wir nicht“, wirft Dorian ein. „Wie soll der Riss dann geschlossen werden?“, denkt Blackwall nach. „Vielleicht kann man uns im Dorf weiterhelfen“, beende ich die Diskussion.
 

Vor diesem stoßen wir auf einige wandelnde Leichen. Zwei Mitglieder der Grauen Wächter beschützen eine Frau, vermutlich stammt sie aus dem Dorf Kammwald. Sofort greifen wir ein und helfen den Wächtern bei der Vertreibung der Leichen. Die Frau bedankt sich und macht sich auf den Weg zurück ins Dorf. „Es ist wirklich ein Segen, dass die Inquisition hier ist“, wendet sich einer der Wächter an uns. „Warum seit ihr hier?“, frage ich sie. „Wir suchen nach einem abtrünnigem Mitglied unseres Ordens. Gerüchten zufolge soll er hier durchgekommen sein, aber er ist wohl schon nicht mehr hier, sondern weitergezogen“, antwortet er. „Gibt es einen Grund warum das Mitglied desertiert ist?“, hake ich vorsichtig nach. „Er hat sich gegen Kommandantin Clarel gestellt. Nun sollen wir ihn finden und zum Verhör zurückbringen“, antwortet er mir überraschend offen. „Dann werdet ihr nicht bleiben, um dem Dorf zu helfen?“, folgere ich. „Nein, wir müssen weiter in Richtung Süden ziehen, vielleicht finden wir ihn dort. Es ist wirklich eine Schande, dass Stroud desertiert ist. Er war ein guter Mann. Aber, wenn die Inquisition den Leuten hier helfen könnte, wäre das viel wert. Wir können es leider nicht“, der Wächter nickt mir zu, ehe er sich mit seinem Kameraden auf den Weg macht. Scheinbar hat sich Stroud besser versteckt als erwartet. Vermutlich ist das aber auch besser so.
 

Im Dorf angekommen finden wir nur erdrückende Stille vor. Alle scheinen sich in ihre Häuser zurückgezogen haben. Ängstlich wirft man uns hinter den Fensterläden zögerliche Blicke zu. „Suchen wir nach dem Bürgermeister. Er sollte wissen, was hier los ist“, schlägt Cassandra vor. Das Haus des Bürgermeisters ist schnell gefunden. Sogar ein Schild weißt es extra als dieses aus. Wenn man sonst nichts zu tun hat, kann man so was durchaus machen. Blackwall klopft an. Kurze Zeit später wird uns die Türe geöffnet. Vor uns steht ein Mann mittleren Alters, welcher uns einen verwirrten Blick zu wirft: „Wer... wer seit ihr?“ Varric seufzt theatralisch: „Guter Mann, wir sind Mitglieder der Inquisition. Vor Euch steht die ehrenwerte Lady Inquisitor...“ Ich bin mir sehr sicher, dass der Zwerg noch so manchen Schwachsinn von sich gegeben hätte, weshalb ich eingreife: „Wir würden uns gerne mit Euch unterhalten, Ser.“ „Gregory Dedrick, Mylady Inquisitor. Bitte, kommt doch herein“, der Bürgermeister tritt zur Seite und lässt uns ein. „Nun, wie kann ich der Inquisition behilflich sein?“ „Was genau ist hier vorgefallenen? Auf unserem Weg hierher stießen wir auf einige Untote“, entgegne ich. „Wir haben seit einigen Wochen ein paar Probleme mit ein paar Untoten, seit dieses Leuchten im Stausee erschienen ist. Ihr müsst wissen, dass dort unten Alt-Kammwald liegt. Bei der letzten Verderbnis vor fünf Jahren hat die Dunkle Brut die Steuerung zerstört und das Dorf geflutet. Daher habt Ihr auch auf der Straße niemanden angetroffen. Alle verstecken sich in ihren Häusern, aufgrund der Bedrohung durchaus verständlich“, erklärt er höflich. Nachdenklich nicke ich: „Können wir den See irgendwie trockenlegen?“ „Was? Warum denn das?“, erschrocken mustert mich der Bürgermeister. „Hinter diesem Leuchten und den Vorfällen mit den Untoten steckt vermutlich ein Riss ins Nichts, der sich unter dem See befinden muss. Nur so können wir ihn nicht erreichen, um ihn zu verschließen“, erklärt Cassandra ruhig. Nicht wirklich überzeugt blickt Gregory unruhig hin und her. „Hört mal, ist Euch das Leben der Bewohner von Kammwald egal? Der Inquisitor ist nunmal die einzige Person, die die Riss verschließen kann. Kein Riss gleich keine Untoten“, setzt Varric an. „Ich... vermutlich habt Ihr recht“, stimmt er widerwillig zu, „dies hier ist der Schlüssel zur Dammsteuerung. Diese befindet sich hinter der Festung Caer Bronach. Aber ich muss euch warnen: Seit dem ersten Angriff der Untoten wird diese von einer Horde Banditen besetzt. Wenn sie nicht wären, hätten wir uns dorthin flüchten können.“ Der Bürgermeister reicht mir den Schlüssel. „Vielen Dank für Eure Hilfe“, ich nehme ihn entgegen und verstaue ihn in einer Tasche. Dann nicke ich meinen Gefährten zu und wir ziehen los. Garett wird sich wohl gedulden müssen, das hier hat Vorrang.
 

Die Banditen in Caer Bronach stellten überraschenderweise keine wirklich große Herausforderung dar. Sie waren weder sonderlich stark, noch gut ausgerüstet. Eine Gruppe Wegelagerer, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, wehrlose Reisende und Wanderer anzugreifen. Wie ich so etwas hasse. Keine Stunde nach unserer Ankunft bei der Festung ist diese auch schon geräumt. „Was meint ihr? Wir könnten hier doch das Banner der Inquisition hissen. Die Dorfbewohner werden es uns danken, dann stehen sie schließlich unter unserem Schutz“, schlägt Dorian vor. Sein Vorschlag trifft prompt auf Zustimmung. Also hissen wir das Banner. Da unsere Aufgaben jedoch von höchster Dringlichkeit sind, warten wir die Ankunft unserer Soldaten nicht ab, sondern machen uns sofort auf den Weg zu der Dammsteuerung.
 

Hinter der Festung entdecken wir eine Brücke, welche zu einer alten, heruntergekommen Schenke führt. Dort muss sich die Dammsteuerung befinden. „Wer baut denn hier eine Schenke? Einen unpassenderen Ort gibt es wohl kaum“, Varric schüttelt den Kopf. Kaum haben wir diese betreten, wehen uns Stimmen entgegen. Irritiert blicken wir uns an, ehe wir in den Schankraum gehen. Im Kamin brennt ein kleines Feuer, welches den Raum in warmes, goldenes Licht taucht. Davor sitzen auf einem ausgebreitetem Fell ein Junge und ein Mädchen, welche nun geschockt aufspringen. „Was in...?“, fragt das Mädchen erschrocken. „Beachtet uns gar nicht, wir sind auch sofort wieder weg“, kommt es munter von Dorian. „Der Inquisitor? Wir wussten nicht, dass Ihr herkommen würdet. Bitte erzählt niemandem, dass wir hier sind, Mylady“, der Junge wendet sich uns zu. Der Anflug eines Lächelns ruht auf meinen Lippen: „Wie ich sehe, konntet ihr dem Reiz einer heruntergekommen Taverne einfach nicht widerstehen.“ Dorian lacht im Hintergrund leise auf. „Wir können nirgendwo anders hin, Mylady. Bei all den vielen Leuten gibt es im Dorf kein einziges ruhiges Plätzchen mehr“, rechtfertigt sich das Mädchen. „Und Londies Eltern wären außer sich, wenn sie uns zusammen sähen“, fügt der Junge hinzu, „wir müssen noch eine Stunde warten, bevor wir zurück können. Dein Vater ist bestimmt noch wach.“ Londie nickt: „Ich wusste, dass hier ist ein Fehler.“ Wir schenken der jungen Liebe nicht weiter Beachtung, sondern gehen weiter in den Hinterraum der Schenke. Dort stoßen wir auf die Dammsteuerung. „Ich übernehme das hier gerne für Euch“, bietet sich Blackwall an. „Danke“, ich schenke ihm ein leichtes Lächeln. Der Wächter begibt sich hinter einen der Holzstreben und öffnet den Damm. „Das dürfte es dann wohl gewesen sein!“
 

Es vergeht gut eine Stunde, bis wir einen Zugang in die Höhlen unterhalb des Sees gefunden haben. Ungläubig betrachten wir das Chaos, was uns in dem unterirdischen Gang befindet. Schon im zerstörten Alt-Kammwald lagen überall Leichen herum, hier unten jedoch ist es noch wesentlich schlimmer. Mit Fackeln ausgestattet stapfen wir durch die nassen Höhlen. An einer Nebengasse bleibe ich irritiert stehen und beleuchte den Gang. Kurzerhand gehe ich ihn entlang, die anderen folgen mir. Am Ende des kurzen Ganges treffen wir auf einige Leichen. Doch diese hier wirken anders, als die auf dem Gang. Es sieht so aus, als hätten hier unten Menschen gelebt, als das Dorf geflutet wurde. „Ich will ja keine voreiligen Schlüsse ziehen, aber die Steuerung in der Schenke war vollständig in Takt. Auch hier unten deutet nichts auf einen Überfall durch die Dunkle Brut hin. Mir erscheint das ziemlich merkwürdig“, merke ich an, als wir die Gasse hinter uns lassen. „Ja, das habe ich mir auch schon gedacht“, stimmt mir Cassandra zu. „Dann vermuten die Damen eine Intrige“, fragt Dorian interessiert. „Zu mindestens glaube ich dem Bürgermeister seine Geschichte über das geflutete Alt-Kammwald nicht. Da steckt mehr dahinter. Wenn wir hier fertig sind, stellen wir ihn zur Rede!“, antworte ich. Die anderen nicken zustimmend.
 

Der Riss stellte für uns keine ernstzunehmende Bedrohung dar. Als wir Kammwald wieder betreten, schlagen uns die aufgeregten Stimmen der Dorfbewohner entgegen. Bei mir schrillen sämtliche Alarmglocken, als einer meinte, dass der Bürgermeister verschwunden sei. Zügig begeben wir uns zu seinem Haus. Das Schloss ist schnell geknackt – als Meisterschurkin eine meiner leichtesten Übungen – und wir befinden uns im Inneren. Dort finden wir lediglich einen Brief vor, welcher an mich adressiert wurde:
 

„Inquisitor,
 

nicht die Dunkle Brut hat vor zehn Jahren den Damm geöffnet und Alt-Kammwald überflutet. Ich war es, insgeheim, in der Nacht ihres Angriffs. Die Untoten, die Ihr bekämpft, sind Leute, die ich mit eigenen Händen getötet habe.
 

Wir hatten die Flüchtlinge der Verderbnis aufgenommen. Viele waren krank. Wir verlegten die Kranken in den unteren Bereich von Kammwald und die Flüchtlinge in die Höhlen, um die Ausbreitung der Krankheit einzudämmen. Es hat nicht funktioniert. Einer gestand, er habe die Verderbnis-Krankheit schon früher gesehen, und sie verlaufe immer tödlich. Als die Dunkle Brut angriff, wurde mir klar, dass das Dorf nur überleben konnte, wenn die Erkrankten zusammen mit den Monstern ertranken. Ich ertrage den Anblick von Alt-Kammwald nicht, jetzt, wo das Wasser weg ist. Ich kann nicht bleiben.
 

Es tut mir leid.
 

- Bürgermeister Gregory Dedrick“
 

Wütend drehe ich mich zu meinen Gefährten um: „Sobald wir wieder in der Feste sind, werden wir eine Fahndung nach diesem Mistkerl starten! Ungeschoren kommt der mir nicht davon!“

Ein mysteriöser Brief

Am Abend erreichen wir das Lager in der Nähe von Strouds Versteck. Da es aber schon spät ist, beschließen wir, erst am nächsten Morgen diesem einen Besuch abzustatten. Und dieser kommt schnell. Nach einem kurzem Frühstück machen wir uns daher auf den Weg zu der Höhle, um den Grauen Wächter zu besuchen.
 

Vor der Höhle erwartet uns Hawke. „Da seit ihr ja“, mit einem erleichtertem Ausdruck in den Augen tritt er auf uns zu. „Verzeih, mein Freund, aber da war noch ein Problem mit einigen Untoten, welches gelöst werden musste“, begrüße ich ihn. „Hier ist es also?“, fragt Cassandra interessiert nach. Sie hat Varric seine Verschwiegenheit bezüglich Hawke mittlerweile glücklicherweise verziehen. „Ja, in dieser Höhle befindet sich das Versteck meines Freundes. Wollen wir?“, fragt der Champion. Zur Bestätigung nicke ich ihm zu. Je schneller wir das hier geklärt haben, desto eher kann ich die Fahndung nach diesem dreckigen Bürgermeister einleiten. Fragend wandert Garetts Augenbraue nach oben. Varric winkt ab.
 

Die Höhle führt tief in den Berg hinein. Nach einer Weile treffen wir auf eine Art Holzverschlag mit einer Tür. Ich habe Stroud seit mehr als fünf Jahren nicht mehr gesehen. Entschlossen greife ich mir den Türgriff und öffne sie, um einzutreten. Hinter der Wand spenden einige Fackeln Licht. Ein paar Kisten stehen an die Steinwände gerückt dar. Ein Schaben erklingt in meinem Rücken. Einen Dolch ziehend wirble ich herum, blocke den Schwertstrich ab. „Wir sind's nur. Ich habe den Inquisitor mitgebracht“, greift Hawke schnell ein. „Den Inquisitor?“, fragt der Wächter überrascht. „Ja, sie kämpft für unsere Seite“, erklärt Garett ihm. Scheinbar hat mich Stroud nicht erkannt. „Würdet Ihr die Waffe runter nehmen, Stroud?“, frage ich ihn höflich. „Was? Natürlich. Verzeiht, Mylady. Dürfte ich wohl Euren Namen erfahren?“, rasch senkt er sein Schwert. „Ich hätte nicht gedacht, dass Ihr mich vergessen habt, Kommandant Stroud. Ich bin Leyla Theirin“, beantworte ich seine Frage. Seine Augen weiten sich überrascht: „Le... Leyla Theirin?“ Sein Blick schweift verblüfft über meinen Körper. Dann scheint er mich zu erkennen. „Beim Atem des Erbauers. Mädchen, bist du groß geworden. Ich habe dich gar nicht wiedererkennt. Dabei hast du dich zu einer wahrlichen Schönheit entwickelt. Ganz wie deine Mutter“, er wechselt zurück in die persönliche Anrede. Warum sollte er auch nicht? Schließlich kennt er mich seit ich denken kann. Also schon verdammt lange. „Es ist ja auch eine Weile her, dass ich Weisshaupt verlassen habe“, entgegne ich leicht lächelnd, „jedoch hätte ich mir bessere Umstände für unser Wiedersehen gewünscht. Scheinbar war da aber jemand gegen mich.“ „Wohl wahr. Dann darf ich annehmen, dass du ebenfalls wegen des seltsamen Verhaltens meiner Ordensbrüder hier bist?“, fragt Stroud mich, worauf ich nicke. „Was wisst Ihr darüber?“, fragt ihn Hawke. „Nicht sonderlich viel. Aber, ich kenne den Grund für ihr seltsames Verhalten: Der Ruf. Seit drei Monaten hört ihn jeder Graue Wächter in Ferelden und Orlais. Das wird der Hauptgrund für ihr Verschwinden sein“, kommt es betrübt von dem ehemaligen Kommandanten. „Das ist furchtbar“, murmle ich. „Gut, ich bin unwissend. Erklärt mir jemand, was dieser Ruf ist, bitte?“, fragt Dorian in die Runde. „Der Ruf ist für einen Grauen Wächter das Zeichen, dass seine Zeit gekommen ist. Er zeigt uns, dass wir bald sterben werden. Dann begeben wir uns in die Tiefen Wege, um unsere letzte Schlacht zu schlagen“, erklärt ihm Stroud. „Was nicht ganz richtig ist“, werfe ich unvermittelt in den Raum. „Was? Leyla, natürlich ist das richtig“, verwundert wendet sich Stroud zu mir um. „Nein, ist es nicht. Der Ruf ist eine Melodie, eine Musik, noch besser gesagt ein Lockruf, der von den Alten Göttern selbst stammt. Die Dunkle Brut hört diesen immerzu. Er zwingt sie dazu, nach den Alten Göttern zu suchen. Das geht solange, bis sie einen gefunden und befreit haben. Da sie aber verdorben sind, überträgt sich ihre Dunkelheit, ihre Verderbtheit, auf den Alten Gott und verwandelt ihn in einen Erzdämon, was eine erneute Verderbnis für die Welt zur Folge hat. Bei einem Grauen Wächter ist dieser Melodie am äußersten Rand der Wahrnehmung. Erst wenn die Verderbtheit weiter voranschreitet, können sie ihn vernehmen. Warten sie dann zu lange ab, verwandeln sie sich in Wesen der Dunklen Brut. Varric, Garett, erinnert ihr euch noch an das Lied von dem Bartrand sprach? Das Lied, welches er unbedingt noch einmal hören wollte? Dieses Lied kam aus dem Götzen aus rotem Lyrium und war dieser Lockruf. Eigentlich können ihn nur Wesen hören, die mit der Verderbnis verbunden sind. Aber über bestimmte Träger, wie beispielsweise das Lyrium, können ihn auch Wesen hören, die nicht damit in Verbindung stehen. Daher verstehen sie es dann auch nicht als Aufforderung, sondern werden wahnsinnig“, führe ich meine Aussage aus. „Woher weißt du das alles?“, will Stroud wissen. „Die Vorfälle, mit welchen wir in Kirkwall konfrontiert wurden, haben mich stutzig gemacht. Ich wollte wissen, was wirklich dahinter steckt. Daher habe ich mich an einen guten Freund gewandt. Er ist heute der Kommandant der Grauen Wächter in Ferelden: Aeron Sarebi. Sein Clan half uns während der 5. Verderbnis als Verbündete. Er war von den Wächtern so fasziniert, dass er unbedingt auch einer werden wollte. Da er sich der Dunklen Brut sehr widerstandsfähig gegenüber erwies, empfahl ich ihn an Weisshaupt. Seitdem stehen wir in einem ständigen Kontakt zueinander. Gerade geht er wieder einer Sache für mich nach“, erkläre ich schulterzuckend. „Das würde bedeuten, dass er den Ruf nicht hört“, mutmaßt Hawke. „Das tut er meinen Informationen nach auch nicht. Stroud, Blackwall, hört ihr den Ruf?“, will ich nun wissen. Während Stroud nickt, schüttelt mein Gefährte den Kopf: „Nein, aber ich fürchte ihn auch nicht.“ Seine Aussage macht mich stutzig. So lange wie er schon bei den Wächtern ist, muss er ihn doch hören. „Kommandantin Clarel will mithilfe eines Rituals zukünftige Verderbnisse aufhalten. Wie das genau funktionieren soll, weiß ich nicht, aber in den Westgraten befindet sich ein alter Turm aus Tevinter. Dort soll dieses Ritual stattfinden. Vermutlich ist dieser Ruf falsch und wird von Corypheus produziert. Anders lässt sich das meiner Meinung nach nicht erklären“, offenbart uns Stroud. Ich denke kurz nach: „Wir ziehen uns in die Himmelsfeste zurück. Von dort aus entsenden wir Spione um die Lage in den Westgraten zu sichten und Lager zu errichten. Sobald wir eine Rückmeldung von ihnen erhalten, machen wir uns auf den Weg. Stroud, Hawke? Begleitet ihr uns zurück in die Feste?“ Die beiden nicken auf meine Frage hin. Dann verlassen wir die Höhle und treten die Rückreise an.
 

Am Morgen des achten Tages nach unserer Abreise von Kammwald erreichen wir die Himmelsfeste. Eine gewisse Erleichterung überkommt mich, als ich sie am Horizont erblicken kann. Wieder Zuhause. Kaum sind wir eingetroffen, wirbelt auch schon Josephine um mich herum. Sofort berufen wir eine Ratsversammlung ein, um unser weiteres Vorgehen zu besprechen. Als ich meinen Bericht beendet habe, blicke ich aufmerksam zu meinen Beratern. „Eure Entscheidung ist voll und ganz nachvollziehbar. Ich werde umgehend Rylen losschicken, damit er gemeinsam mit einigen meiner Männer und der Truppe von Späherin Harding die Westgraten absichern kann. Sobald ich seinen Bericht vorliegen habe, unterrichte ich Euch umgehend“, meint Cullen. Ich stimme dem zu: „Gut. Ach ja, Leliana? Könntet Ihr vielleicht einige Eurer Spione entsenden, um diesen flüchtigen Bürgermeister ausfindig zu machen? Ich bin der Auffassung, dass er für seine Vergehen zur Rechenschaft gezogen werden sollte.“ „Selbstverständlich, Lady Inquisitor“, erwidert diese. Da unsere nächsten Schritte somit feststehen, löse ich unsere Sitzung auf und begebe mich in mein Quartier.
 

Erschöpft lasse ich mich auf mein Himmelbett fallen, nachdem ich mich etwas frisch gemacht und etwas neues angezogen habe. Es ist ja wirklich nicht so, dass es mir etwas ausmacht, auf dem Boden und unter freiem Himmel zu schlafen, aber so ein richtiges Bett ist mir da definitiv lieber. Ein leises Klopfen an meiner Tür lässt mich aufhorchen. Muss mich wirklich jetzt jemand stören? Ist ein kleines, wirklich nur ein kleines bisschen Ruhe nach einer anstrengenden Mission zu viel verlangt? „HEREIN!“, brülle ich mit geschlossenen Augen in Richtung Tür. Mir egal, wer da jetzt reinkommt. Ich stehe jetzt sicher nicht auf, dafür ist mein Bett viel zu gemütlich. Mit einem Knarzen öffnet sich die schwere Holztür und jemand tritt ein. Hinter sich schließt die Person diese wieder, ehe sie mit schweren, scheppernden Schritten die Steintreppe herauf kommt. Gut, ich nehme alles zurück, was ich eben gedacht habe. Dieser Jemand darf mich jetzt sehr gerne stören, alle anderen aber nicht. Schon der Tritt verrät mir, dass mein Besucher beschlagene Eisenstiefel trägt. Ein kleines Lächeln schleicht sich auf meine Lippen, als die Schritte neben meinem Bett verstummen. Die Matratze senkt sich ein Stück an der linken Seite, als er sich zu mir aufs Bett setzt. Ein warmer Atem streift mein Gesicht. „Ich weiß genau, dass du wach bist“, ertönt die sonore Stimme meines Geliebten. Langsam öffne ich meine Augen und blicke direkt in die goldenen Seen von Cullen. Unendliche Liebe spricht aus seinem zärtlichem Blick. Noch immer lächelnd lege ich meine Hand sanft an seine Wange: „Du bist auch der Einzige, den ich jetzt nicht rausschmeißen würde.“ Ein leises Lachen entfährt ihm: „Dann sollte ich mich wohl geehrt fühlen.“ Danach senkt er seine Lippen auf meine. Glücklich erwidere ich seinen Kuss, musste ich doch zwei Wochen darauf verzichten. Als er sich sanft von mir löst, blickt er mir tief in die Augen: „Ich habe dich vermisst.“ „Ich dich auch“, damit ziehe ich ihn wieder zu mir runter und verwickle ihn in einen weiteren Kuss. Dabei schlinge ich meiner Arme fest um seinen Hals, um ihn noch näher zu mir ziehen zu können. Er lächelt leicht in den Kuss hinein, stützt sich mit einer Hand neben meinem Kopf ab. Die andere streicht sanft über meinen Körper. Glücklich, wieder bei ihm zu sein, genieße ich diesen Moment. Dabei entgeht mir glatt das erneute öffnen meiner Türe und die leisen Schritte, welche sich uns nähern.
 

Ein Räuspern lässt uns überrascht auseinander fahren. Ertappt blicken wir zu dem Störenfried herüber: Leliana. Diese grinst uns leicht an: „Mir war zwar durchaus bewusst, Kommandant, dass Euch Euer Weg gewiss nicht zurück in Eure Arbeitsstube führt und irgendetwas zwischen Euch und dem Inquisitor läuft, aber dass Ihr beiden hier eine ganze Beziehung verheimlicht hätte ich nicht erwartet. Mein Tipp galt eher einer Affäre.“ „Leli“, stöhne ich, „gerade du solltest wissen, dass ich von derartigen Bettgeschichten nichts halte!“ „Was ja nicht zwangsläufig bedeutet, dass du dich bei einer guten Partie wie Cullen nicht doch drauf einlassen würdest“, zwinkert sie mir zu. „Also bitte!“, ich packe mir eines der Kissen und werfe es ihr an den Kopf. Nun, das ist wenigstens mein Plan. Da Cullen aber immer noch über mich gebeugt sitzt, treffe ich sie nicht richtig. Die Spionin lacht: „Kannst du es mir wirklich verübeln, dass ich an dem Liebesleben meiner besten Freundin interessiert bin? Ich denke nicht!“ Ich verdrehe die Augen. So ist sie eben. „Willst du uns jetzt nicht mal verraten, warum du hier störst?“, lenke ich ab. „Oh, natürlich. Einer meiner Spione hatte eine zweifelhafte Botschaft für dich erhalten. Geöffnet habe ich sie nicht, aber auf Gefahren hin untersucht. Der Brief scheint zu mindestens in sofern sicher zu sein“, sie überreicht mir den Umschlag. In geschwungen Buchstaben steht dort mein Name drauf. „Von wem hat dein Spion diese Nachricht?“, ich betrachte den Wachsfleck auf der Rückseite des Umschlages, welchen diesen verschließt. Eine kleines Zeichen ist dort eingeritzt. „So genau kann ich dir das leider nicht sagen. Es handelte sich um einen Mann, welcher sich mit einem Umhang vollständig verhüllte. Durch die Kapuze konnte er leider auch nichts weiter erkennen. Ferner wurde dieser Mann von einem Mabari begleitet. Mehr weiß ich nicht“, erwidert sie. „Gut, würdest du dann bitte wieder gehen. Ach ja, und Leli? Falls mich heute noch jemand stört, werden die Heiler heute Überstunden machen müssen!“, mit diesen Worten schicke ich sie aus meinem Quartier. „Natürlich. Ich hoffe, ich habe nicht zu sehr gestört“, dann verschwindet sie mit einem Lächeln. Leicht verärgert starre ich ihr nach. Doch hast du!
 

Nachdem die Tür wieder ins Schloss gefallen ist, wende ich mich meinen, noch immer über mich gebeugtem, Geliebten zu: „Schatz? Wird diese Position nicht langsam unbequem?“ Perplex sieht Cullen mich an, ehe er sich wieder aufrecht hinsetzt. Unsicher starrt er auf seine Stiefel. Den Brief zur Seite legend, setze ich mich auf und schlinge meine Arme von hinten um ihn: „Was ist denn los?“ „In einer Stunde weiß es Josephine und spätestens übermorgen die gesamte Feste“, murmelt er an seine Füße gewandt. „Ist das so schlimm? Früher oder später wäre es wohl eh rausgekommen“, ich lasse ihn los, setze mich stattdessen neben ihn. „Das stimmt zwar, aber ich finde, dass unsere privaten Angelegenheiten auch privat bleiben sollten. Mir gefällt der Gedanke nicht, dass die gesamte Kaserne über uns tratscht“, erwidert er. „Ach Cullen“, sanft lege ich ihm meine rechte Hand an die Wange, „sollen sie doch tratschen. Die sind doch alle nur neidisch auf das, was wir haben.“ Er lächelt wieder leicht: „Du bist einfach unglaublich.“ Dann küsst er mich sanft. Dennoch merke ich ihm genau an, dass ihn noch immer etwas beschäftigt. Aufmerksam blicke ich ihm in die Augen. Unsicher fährt er sich durchs Haar: „Was werden die Adligen sagen, wenn sie von uns erfahren?“ Das ist eine ausgesprochen gute Frage. Man erwartet von mir, dass ich standesgemäß heirate, und die Linie Calenhads aufrecht erhalte, indem ich mindestens ein Kind gebäre. Und das alles möglichst bald. Der angebliche Hochverrat, den mir mein Bruder ja jetzt schon nachsagt, sorgt nicht für eine Besserung meines Bildes hinzu. Natürlich kommt es dann nicht sonderlich gut, wenn der Adel erfährt, dass ich eine Beziehung mit meinem Kommandanten führe. Einem meiner eigenen Beratern, dessen Vorgesetzte ich bin. „Weißt du Cullen“, ich greife mir meine Hand und verschränke meine Finger in seinen, „es ist mir total egal, was der Adel darüber sagen wird. Wenn es ihnen nicht passt, ist das nicht mein Problem. Ich werde mich nicht für sie verbiegen, auch wenn Josephine das so manches Mal wohl gerne hätte. Sie werden sich damit abfinden müssen. Auch damit, dass ich wohl nie einen Mann hohen Standes ehelichen werde. Aber das interessiert mich nicht. Ein Titel, Macht und Reichtum, das ist für mich bedeutungslos. Man kann nicht alles mit Gold kaufen.“ „Da hast du recht, nur... ein Adliger könnte dir viel mehr bieten, als ich wohl je in der Lage zu sein werde“, entgegnet er betrübt. Ich merke, wie sehr ihn mein Titel und Stand nach unten zieht. Er glaubt, dass er meiner nicht würdig ist. „Doch das kannst du. Sogar viel mehr als es ein Adelssohn je könnte. Denn bei dir, in deiner Nähe, fühle ich mich geborgen. Du schenkst mir eine Wärme und Sicherheit, wie niemand sonst auf dieser Welt. Hier bin ich zuhause. Ich hätte nie erwartet, dass ich so etwas mal erfahren werden würde. Dass ich solch ein Glück finden würde. Nicht, bevor du in mein Leben tratest“, liebevoll lächle ich ihn an. Cullen, sichtlich gerührt von meinen Worten, zieht mich in einen langen Kuss, in den er all seine Gefühle für mich legt. Die magischen drei kleinen Worte haben wir uns zwar noch nicht direkt gesagt. Aber das ist nicht wichtig. Das hat Zeit. Wissen wir doch trotzdem, was der andere fühlt.
 

An ihn gekuschelt, schnappe ich mir wieder den Brief, weswegen Leliana uns gestört hatte. Neugierig breche ich das Siegel und entnehme dem Umschlag einen Bogen Pergament:
 

„Eure Ladyschaft Leyla Theirin,

bitte verzeiht uns unsere viel zu späte Meldung. Leider ist in der vergangenen Zeit sehr viel geschehen, weswegen wir nicht eher dazu kamen, zu Ihnen zurückzukehren. Vor kurzem erreichte uns die Nachricht, dass Ihr die Anführerin der wiedereingesetzten Inquisition seit. Wir möchten Euch an dieser Stelle unsere Glückwünsche zu Eurer Ernennung als Inquisitor aussprechen. Bitte trefft Euch mit uns, sobald es Eure Zeit erlaubt, an der Schwarzkluften-Höhle, wenn das letzte Licht des Tages hell am Himmel scheint.

Wir erwarten Eure Befehle,

Eure ergebenen Ritter

Kell, Nicholas, Julien“
 

Meine Augen weiten sich. Das ist unmöglich. Sie sind doch damals gestorben. „Liebling, stimmt etwas nicht?“, fragt mich Cullen. Ich zeige ihm den Brief. Verständnislos sieht er mich an. Natürlich! Cullen kennt diesen Teil meiner Vergangenheit noch nicht. Dann werde ich ihm das wohl erklären müssen. „Also, es ist so...“, setze ich an. „Du musst wissen, ich bin von klein auf in dem Bewusstsein aufgewachsen, die uneheliche Tochter des Königs von Ferelden zu sein. Mein Ziehvater Duncan fürchtete daher schon früh um meine Sicherheit. Es war unklar, wer außerhalb des Ordens alles von meiner Existenz wusste. Dazu kam eine Prophezeiung über meine Person. Aus diesem Grund stellte Duncan schon früh eine Garde auf, die mich beschützen sollte...“

Die erste Garde der Prinzessin

Flashback:

Vierzehn Jahre zuvor in einem Lager der Avaar
 

Neugierig blicke ich mich in dem Lager der Avaar um. Duncan nennt sie auch das Himmelsvolk. Warum habe ich nicht so genau verstanden. Vielleicht bin ich dafür aber auch noch zu jung. Im Gegensatz zu Weisshaupt ist es hier viel dreckiger und überall riecht es nach nassem Fell. Hier sind auch einige Kinder, ganz anders als bei uns. Da bin ich immer ganz alleine. Staunend betrachte ich eine Gruppe von Kindern, die scheinbar ein Spiel spielen. Was das wohl für ein Spiel ist? Es sieht lustig aus. „Komm, Leyla“, ruft mich Duncan. Rasch reiße ich mich von dem Anblick los und laufe zu ihm. Geduldig wartet er auf mich. Kaum stehe ich neben ihm, greife ich nach seiner rechten Hand. Dann gehe ich weiter neben ihm her. Viele betrachten uns feindselig. „Duncan, was haben die gegen uns?“, frage ich ihn. „Weißt du Leyla, Graue Wächter sind nicht überall gerne gesehen?“, er lächelt zu mir runter. „Und warum?“, führe ich meine Fragerei munter fort. „Warum? Nun, weil sie Angst haben: zum einen vor uns und zum anderen davor, dass wir ihnen geliebte Menschen wegnehmen“, erklärt er mir. „Aber sie sind doch die Guten. Wenn eine Verderbnis ausbricht, können sie sie beenden“, erwidere ich. „Die Welt lässt sich nicht in Gut und Böse unterteilen. Eines Tages wirst du das verstehen“, entgegnet er. Über seine Worte rätselnd schaue ich mich wieder um. Mein Blick fällt auf einen älteren Jungen. Er sitzt mit einem kleinem Mabari und einem Bogen abseits von den anderen. Der Mabari muss noch ein Welpe sein, so klein und süß ist er. Ich bemerke, dass die anderen den Jungen mit kalten, abschätzenden Blicken betrachten. Niedergeschlagen sitzt er dort, den Hund auf dem Schoß und dreht einen Stein in der Hand.
 

„Ah, Ihr müsst Duncan von den Grauen Wächtern sein. Und wer ist diese kleine Dame?“, ein Mann, der Stammeshäuptling, ist auf uns zugetreten. „Meine Adoptivtochter Leyla“, erklärt Duncan ruhig und schüttelt die Hand des Avaar. „Willkommen in unserem Stamm. Mein Name ist Mekur. Ich bin der Häuptling dieses Stammes“, begrüßt er uns. Ein Mabari tritt nun näher an mich heran und beschnuppert mich neugierig. Meine Augen strahlen als der Hund seinen Kopf gegen meine ausgestreckte Hand schmiegt. „Hast du schon einmal einen Mabari gesehen?“, fragt mich Mekur. Ich schüttle den Kopf, streichle sanft das Fell des Tieres: „Nein, bei uns gibt es neben den Pferden kaum Tiere. Nur die Mäuse im Heuboden und hin und wieder schonmal ein Häschen.“ „Leyla, warum spielst du nicht etwas mit den anderen Kindern? Duncan und ich haben viel zu besprechen“, fordert mich der Häuptling auf. Fragend sehe ich zu Duncan. „Bleib hier im Lager“, mahnt er mich, ehe er mir kurz durchs Haar streicht. Dann folgt er Mekur ins Innere eines großen Zeltes.
 

Unschlüssig stehe ich nun hier und blicke mich noch unschlüssiger um. Die anderen Kinder lassen mich bestimmt nicht mitspielen. Sie haben mich schon eben so komisch angesehen, als hätte ich eine ansteckende Krankheit. Außer... dieser Junge und sein Hund. Die hatten ganz normal ausgesehen. Ich laufe zu der Stelle, wo ich den Jungen gesehen habe. Er sitzt noch immer dort und dreht den Stein in seiner rechten Hand. Seine linke ruht auf dem Kopf des Welpen. Langsam nähere ich mich ihm: „Hallo!“ Sein Kopf ruckt hoch und blasse Augen mustern mich skeptisch. Mir ist schon aufgefallen, dass er seine Haare abrasiert hat und stattdessen auffällige Tätowierungen auf dem Kopf trägt. Auch der Hund hebt nun den Kopf, mustert mich aber mehr interessiert als skeptisch. Ich lächle den Älteren an: „Ich bin Leyla und du?“ „Kell“, erwidert er knapp. Dann setze ich mich zu ihm. Für den Welpen gibt es nun kein Halten mehr und er springt mir begeistert auf den Schoß. Seine Schnauze drängelt er unter meine linke Hand und fordert mich mit herzzerreißenden Blicken dazu auf, ihn zu kraulen. Als ich dieser stummen Aufforderung nachkomme, wedelt er begeistert mit seinem Schwanz und schmiegt sich an mich. In meinem Rücken höre ich empörte Rufe: „Unglaublich! Die Kleine wagt es einen Aschekrieger anzusprechen! So etwas schickt sich nicht!“ Mit schief gelegtem Kopf drehe ich mich halb in die Richtung der Rufe um: „Mir doch egal was sich schickt oder nicht!“ Dann wende ich mich wieder Kell zu. Dieser starrt mich nun verdattert an. „Habe ich was falsches gesagt?“, frage ich ihn irritiert. „Du bist ein komisches Kind. Niemand hier oder aber außerhalb des Stammes wagt es, einen Aschekrieger anzusprechen. Eigentlich werden wir von unseren eigenen Leuten ignoriert. Wir sind nur Waffen zur Verteidigung, keine lebenden Menschen. Für sie sind wir Tote und die spricht man ja auch nicht an. Und dir ist es egal“, er schüttelt den Kopf. „Sie grenzen dich aus“, schließe ich aus seiner Aussage. „Ja, weil es sich so gehört! Es muss so sein!“, entgegnet er. „Blödsinn. Ich bin zwar erst acht, aber ich weiß trotzdem, dass man so etwas nicht macht. Du bist doch nett!“, widerspreche ich ihm. „Du bist zu naiv. Eines Tages stirbst du deshalb noch“, behauptet Kell. „Überhaupt nicht. Du bist traurig, weil nur dein Hund dich mag und du niemanden zum reden hast. Du bist doch keine leblose Waffe, die man wegwirft, wenn man sie nicht mehr braucht. Wer andere so behandelt ist ein schlechter Mensch“, ernst sehe ich ihm in die Augen. Darauf erwidert er jedoch nichts mehr. Er schickt mich aber auch nicht weg. Deshalb bleibe ich bei ihm und leiste ihm Gesellschaft. Dabei rede ich ohne Punkt und Komma in einem durch und erzähle ihm ganz viel über Griffons oder den Häschen auf der Feste. Hin und wieder lächelt er leicht.
 

„Sag mal Kell, wie heißt eigentlich dein Hund?“, frage ich ihn, als am Himmel langsam die Sonne untergeht. „Hafter“, antwortet er mir schlicht. Hafter. Ich sehe zu dem Mabari in meinem Schoß. Ein hübscher Name. „Normalerweise ist er nicht so zutraulich Fremden gegenüber. Dich scheint er wirklich zu mögen. Du musst etwas für ihn ausstrahlen, sonst hätte er dich angeknurrt“, erwähnt Kell beiläufig. Ich habe auch erfahren, dass er sieben Jahre ist als ich. „Hier bist du, Leyla“, Duncan erscheint vor uns, „ich dachte, du spielst mit den anderen Kindern in deinem Alter.“ „Seit ihr fertig mit euren Gesprächen?“, frage ich meinen Ziehvater. „Ja, aber es ist schon zu spät, um heute noch das Lager zu verlassen. Wir werden daher hier übernachten. Mekur hat uns ein kleines Zelt für Gäste zur Verfügung gestellt. Komm“, fordert mich dieser auf. Ich nicke, bevor ich Hafter hochhebe und auf Kells Schoß setze: „Gute Nacht, Kell.“ Dann stehe ich auf und folge Duncan.
 

Sichtwechsel: Kell

„Du hast dich mit der kleinen Leyla erstaunlich gut verstanden, Kell“, Mekur ist neben mich getreten. „Sie ist anders“, erwidere ich. „Ja, das ist sie in der Tat. Auch wenn es nicht erklärt, dass du als Aschekrieger ihre Nähe akzeptiert hast“, entgegnet der Häuptling. „Sie hat etwas an sich. Man kann sie nicht einfach fortschicken. Dafür ist sie zu sanft und warmherzig. Zu freundlich, um sie mit harschen Worten fortzuschicken. Zu ehrlich, um ihr böse zu sein. Sie... strahlt etwas aus. Etwas erhabenes und mächtiges, aber auch gütiges und gerechtes. So etwas habe ich noch nie gesehen. Sie...“, ich unterbreche mich. Das geht niemanden etwas an. „Sprich weiter“, fordert unser Häuptling mich auf. Unsicher komme ich dieser Aufforderung nach: „Sie weckt in mir den Wunsch, sie vor allen Gefahren dieser Welt zu beschützen.“ „Das ist nicht verwunderlich. Dieses Mädchen ist dein Schicksal. Dass ihr euch heute getroffen habt, war vorherbestimmt. Sie zu beschützen, ist deine Bestimmung. Dafür wurdest du geboren. Denn dieses Kind wird in baldiger Zukunft über unser aller Schicksal entscheiden. Wehre dich nicht dagegen, Kell. Die Ahnen haben diesen Weg für dich bestimmt, du brauchst ihm nur zu folgen. Morgen werdet ihr in aller Frühe aufbrechen. Bereite dich darauf vor“, Mekur wendet sich wieder von mir ab. „Eines solltest du noch wissen: Wir haben dich zu einem Aschekrieger gemacht, weil wir glaubten, dass du so die besten Voraussetzungen besitzt. Die besten Voraussetzungen, um dieses Mädchen zu beschützen.“ Dann geht er und lässt mich alleine. So fühlt es sich also an, wenn man seine Bestimmung gefunden hat. Ein schönes Gefühl.
 

Sichtwechsel: Leyla

Am nächsten Morgen brechen wir schon sehr früh auf. Duncan will so schnell wie möglich wieder zurück nach Weisshaupt. Ich kann mich daher gar nicht von Kell verabschieden. Bestimmt denkt er jetzt, dass ich furchtbar unhöflich bin. Als wir das Lager der Avaar verlassen, erleben wir jedoch eine Überraschung. In einen Umhang und eine Rüstung gekleidet, seinen Hund Hafter an der Seite, steht Kell mit einem Rucksack und einem Bogen auf dem Rücken und erwartet uns bereits. Kurz nickt er Duncan zu. Dann folgt er uns. Verblüfft drehe ich mich zu ihm um, da er hinter mir läuft: „Trittst du dem Orden bei?“ Kell schüttelt den Kopf. „Warum begleitest du uns dann?“, frage ich verständnislos. Wenn er doch kein Wächter werden will, muss er einen anderen Grund dafür haben. „Wegen dir“, meldet sich Duncan zu Wort. „Hä?“, ich sehe meinen Ziehvater verdattert an. „Kell wird dein Ritter Leyla. Dein erster Ritter um genau zu sein. Von nun an wird er dich immer beschützen“, erklärt er mir. „Stimmt das?“, will ich von Kell wissen. Dieser nickt. Ich schenke ihm ein Lächeln: „Das ist schön.“
 

Zeitsprung: 2 Jahre später auf einer Reise nach Weisshaupt

Seit nun schon zwei Jahren steht Kell als mein erster und bislang einziger Ritter in meinen Diensten. Anfangs fand ich das ganze ein bisschen komisch. Eine Achtjährige ist die Herrin eines Fünfzehnjährigen. Heute habe ich mich daran gewöhnt und in dem Jäger einen guten Freund gefunden. Und in seinem Mabari Hafter natürlich auch. Aufgrund einiger unvorhergesehenen Ereignisse reisen Kell und ich gemeinsam derzeitig durch einen Wald abseits der Wege. Auf unserem Rückweg von einem Botengang wurden wir leider von einigen Männern angegriffen, sodass wir in den Wald flüchten mussten, um ihnen zu entkommen. Kell behauptet aber, immer noch zu wissen, wo wir hinmüssen. Ich hoffe inständig, dass er recht behalten wird. Denn ich habe hier schon längst die Orientierung verloren. „Wartet“, Kells Hand erscheint vor mir. Irgendwann hat er sich das mit dem Siezen angefangen, sehr zu meinem Missfallen. Überflüssig zu erwähnen, dass ihn das nicht interessiert. Auch Hafter hat die Ohren angelegt und steht gespannt da. „Da vorne ist etwas oder aber jemand“, meint mein Begleiter. Ich nicke. Das bedeutet absolute Vorsicht, schließlich könnte es sich um unsere Verfolger handeln. „Bleibt dicht hinter mir“, fordert er mich auf. Leise und vorsichtig gehen wir weiter.
 

Dann geht alles ganz schnell. Hafter bellt laut, Kell zieht mich zur Seite. Ein Stein landet an der Stelle, wo ich noch vor Sekunden stand. Rasch zieht Kell seinen Bogen und spannt einen Pfeil in die Sehne: „Wir wissen, dass du da bist! Zeige dich!“ Im Schatten eines Baumes regt sich etwas. Mein Begleiter zielt bereits dorthin, als ich ihn zurückhalte: „Einen Moment. Das ist keiner unserer Verfolger.“ „Woher wollt Ihr das wissen?“, fragt er mich. „Seine Aura, sie ist ganz anders. Warte bitte noch etwas ab“, verlange ich. Langsam nähere ich mich der Stelle, an der ich die Bewegung ausmachen konnte. „Noch einen Schritt weiter und ich töte dich“, ruft mir eine fremde Stimme entgegen. Metall, sehr wahrscheinlich ein Schwert blitzt in den Schatten auf. „Davon würde ich dir abraten“, zischt Kell. Aus den Schatten löst sich eine Gestalt. Ein Junge von circa fünfzehn Jahren steht vor uns, ein breites Zweihänder Schwert in Händen haltend: „Eine komische Konstellation. Warum beschützt du das Kind?“ „Dein Freund dort hinten ist verletzt und braucht Hilfe. Wenn du uns lässt, können wir ihm helfen“, ziehe ich seine Aufmerksamkeit auf mich. „Haltet Ihr das für klug? Wir wissen nicht mal, wer das ist“, Kell zweifelt daran, dass meine guten Absichten uns hier nutzen werden. Verwirrt senkt der Junge seine Waffe: „Was seit ihr denn für merkwürdige Gestalten?“ „Wie heißt du?“, frage ich ihn zurück. Er zögert etwas: „Julien.“ „Freut mich, Julien. Das hier sind Kell und sein Mabari Hafter. Ich bin Leyla. Was ist mit deinem Freund? Dürfen wir ihm helfen?“, ich lächle ich an. „Ich behalte euch im Auge“, murrt er, lässt uns aber passieren.
 

Während Kell die Wunden des blonden Jungen auf mein Bitten hin versorgt, weicht mir Hafter nicht von der Seite. Er demonstriert vor Julien deutlich, dass ich Teil seines Rudels bin und er mich unter allen Umständen beschützen wird. „Wie kommt ihr hier her? Hier lebt doch niemand?“, frage ich den Jungen mit den langen, schwarzen Haaren. „Wir wurden verfolgt. Nicholas wurde dabei von ihnen verwundet“, erklärt er ruhig. „Wer hat euch verfolgt?“, hake ich nach. „Das geht dich nichts“, fährt er mich an. „Junge, achte auf deinen Umgangston. Ich dulde nicht, dass du so mit ihr sprichst“, warnt ihn Kell. „Ach ja? Warum sollte ich denn nicht so mit ihr sprechen?“, entgegnet Julien kühl. Kell wirft ihm über die Schulter einen eisigen Blick zu: „Ohne ihr Beharren, würde dein Freund hier sehr wahrscheinlich sterben. Vergiss das nicht. Leyla ist jemand, der man Respekt und Achtung entgegenbringt. Es gibt nicht viele Menschen auf der Welt, die so sind wie sie.“ Seine Worte haben nicht die erwartete Wirkung: „Nun, für mich ist das ein kleines Mädchen mit einem außergewöhnlichem Beschützer.“ Die Beiden würden sich wohl weiter streiten, wenn der bewusstlose Nicholas nicht in diesem Moment gequälte Laute von sich geben würde. „Nic“, besorgt will Julien zu ihm stürzen, als Hafter ihn anknurrt. Überrascht geht er etwas zurück. „Ruhig“, ich beuge mich zu dem Mabari und streiche sanft über sein Fell. „Du solltest keine ruckartigen Bewegungen machen. Hafter sieht dich sonst als einen Feind an, den es zu töten gilt“, erkläre ich Julien. „Was ist mit Nicholas?“, will dieser jedoch nur wissen. „Seine Verletzungen sind schwer, das muss sich ein Heiler ansehen. Wenn er hier bleibt, wird ihn das töten“, erwidert Kell. „Meinst du, er hält bis zur Feste durch?“, frage ich ihn. „Wir sind nur einen halben Tagesmarsch entfernt. Das könnte funktionieren, aber, was werden Duncan und die anderen dazu sagen?“, antwortet er. „Wir haben keine Wahl, sonst stirbt er“, antworte ich ruhig. „Was habt ihr vor?“, Juliens Hände ruhen auf seinem Schwertgriff. „Dein Freund, Nicholas richtig?, braucht dringend richtige Hilfe. Wir sind keine Heiler. Kells Wissen über Medizin ist nur begrenzt. Nicht weit von hier entfernt liegt unser Zuhause. Dort gibt es fähige Heiler, die ihm helfen können“, erkläre ich es ihm. „Ach ja? Warum sollte ich euch trauen?“, Misstrauen blitzt in seinen Augen auf. „Leyla, das..“, mit einer Handbewegung bringe ich Kell zum schweigen. Mir ist etwas an ihm aufgefallen. Er zögert. Seine Hände zittern. „Ich glaube nicht, dass du mich angreifen würdest“, mit langsamen Schritten gehe ich auf ihn zu. „Warum?“, er geht in Kampfstellung. „Weil du mich nicht angreifen kannst. Du kannst mich genauso wenig angreifen, wie Kell mich vor zwei Jahren fortschicken konnte“, unmittelbar vor ihm bleibe ich stehen, blicke zu ihm auf. Julien wendet den Kopf ab: „Warum? Warum nur will ich dich beschützen? Warum verspüre ich diesen Wunsch? Warum verspürt ihn Nicholas? Das ist doch Wahnsinn! Wir kennen dich doch noch nicht mal!“ „Ihr beide habt uns oft beobachtet. Du weißt, wer wir sind und woher wir kommen. Das ist mir schon vor einer Weile aufgefallen“, sage ich ihm auf den Kopf zu. „Es ist eure Bestimmung. Ihr könnt euch nicht dagegen wehren, so sehr ihr es auch versucht. Leyla zu beschützen – wenn du diesen Wunsch wirklich verspürst, dann komm mit uns. Wir sorgen dafür, dass dein Freund versorgt wird“, Kell sieht Julien ruhig an. Dieser nickt und folgt uns.
 

Sichtwechsel: Julien

Ich habe es von Anfang an nicht verstanden. Diese Macht, welche dieses Mädchen über uns hatte. Wir konnten uns nicht wirklich von ihr fernhalten, wollten uns auf der anderen Seite aber ihr auch nicht nähern. Daher blieben wir immer nur in ihrer Nähe, beobachten sie, um herauszufinden, warum wir den Wunsch besitzen, sie zu beschützen. Eine wirklich Antwort haben wir nicht gefunden. Natürlich machen die Worte von diesem Kell Sinn. Aber warum sollten ausgerechnet Nic und ich ein Mädchen beschützen wollen? Eines ist mir zweifellos klar: Sie strahlt etwas aus, was mich anzieht und mich sie gleichzeitig beschützen lässt. Was genau kann ich aber nicht sagen.
 

Sichtwechsel: Leyla

An der Festung Weisshaupt angekommen, werden wir bereits von Duncan erwartet. „Was genau soll das?“, fragend deutet mein Ziehvater auf den bewusstlosen Nicholas auf Kells Rücken und Julien. „Duncan, diesen Jungen geht es ähnlich wie mir“, erklärt Kell schlicht. Mein Ziehvater nickt und winkt uns herein. Sofort eilen Heiler herbei, um sich Nicholas anzusehen. Julien weisen sie dabei strikt zurück. Ich lege ihm eine Hand auf den linken Arm: „Keine Sorge, er wird bestimmt wieder gesund!“ Langsam nickt er.
 

Zwei Tage später erwacht Nicholas. Unsicher streift sein Blick durch den, ihm fremden, Raum: „Wo bin ich?“ „Hallo“, ich schenke Nicholas ein leichtes Lächeln. Verblüfft sieht der Blonde mich an. Er hat strahlend blaue Augen. „Hallo“, erwidert er verwirrt. „Du bist in Weisshaupt. Wir haben euch im Wald gefunden. Deine Verletzungen waren schwer, aber die Heiler hier haben dir geholfen“, erkläre ich ihm. Er nickt zögerlich, ehe er sich noch einmal umsieht: „Wo ist Julien?“ „Der trainiert draußen mit Kell“, antworte ich ihm. „Aha“, kommt es zurück. Dann wendet sich sein Blick wieder mir zu: „Und du bist?“ „Ich bin Leyla“, ich reiche ihm meine Hand. „Nicholas“, er schüttelt sie kurz. „Sag mal Leyla, dieser Kell... ist das der Mann, der dich immer begleitet? Der mit dem Hund?“, fragt er neugierig. „Ja, das ist Kell, aber er wird bald nicht mehr der einzige sein, der mich begleitet. Du und Julien werdet das in Zukunft nämlich auch machen“, aufmerksam sehe ich ihn an. „Eh... warum das?“ „Weil Julien meinte, dass du und er den Wunsch verspüren würdet mich zu beschützen. Deshalb hat Duncan beschlossen, dass ihr ab sofort auch meine Ritter sein sollt“, erläutere ich ihm. „Du brauchst also Ritter? Warum das, wenn ich fragen darf, Mylady“, möchte er wissen. „Weil ich König Marics uneheliche Tochter bin“, erwidere ich darauf. Überrascht weiten sich seine Augen. Dann schnappt sich Nicholas meine Hand und führt sie an seine Lippen, um einen Kuss darauf zu hauchen: „Meine Dame, es stimmt, dass Julien und ich den Wunsch verspüren Euch zu beschützen. Daher ist es für mich eine große Ehre, Euer Ritter zu werden, Mylady Leyla.“
 

Gut vier Jahre lang waren wir ein eingespieltes Team. Ich absolvierte meine Ausbildungen zur Bardin und zur Assassine. Doch dann kam jener Einsatz. Jene Mission, die alles ändern sollte...
 

Zeitsprung: Vier Jahre später irgendwo in Orlais

Wir rennen. Dicht hinter uns sind unsere Verfolger. Sie haben nur ein Ziel: Uns zu töten. Doch leider sind sie schneller als wir erwartet hatten. „LEYLA“, Kell stößt mich hart zur Seite. Nur Sekunden später schnellt ein Pfeil an mir vorbei. Er hätte mich getroffen, wenn Kell nicht so schnell reagiert hätte. „Verdammt! Das bringt nichts!“, knurrt Julien. Nicholas stimmt ihm nickend zu und blickt zu Kell. Dieser umfasst mich an den Schultern und sieht mich ernst an: „Leyla, hört mir jetzt gut zu: Ihr müsst so schnell Ihr könnt immer weiter diesen Pfad dort entlang laufen. Dann gelangt Ihr ohne Umschweife zu dem Treffpunkt, wo Stroud wartet. Und egal was passiert: Blickt nicht zurück sondern lauft einfach immer weiter. Wir werden dafür sorgen, dass sie Euch nicht einholen können!“ „Nein, es muss eine andere Möglichkeit geben!“, wehre ich mich. „Wir sind Eure Ritter. Es ist unsere Pflicht, Euch zu beschützen!“, beharrt Kell. „Aber...“ will ich weiter protestieren, als sich Nicholas einmischt: „Bitte, Leyla, geht jetzt.“ Mein Blick irrt zu Julien, der mit entschlossener Miene sein Schwert in Händen hält: „Flieht!“ „Ich werde es euch nie verzeihen, wenn ihr sterbt! Habt ihr verstanden?!“, ich balle meine Hände zu Fäusten, dann drehe ich mich um renne los. Immer den Pfad entlang, wie Kell es mir gesagt hat. Als ich die Schreie irgendwo weiter hinter mir höre, drehe ich mich nicht um, sondern laufe weiter.

Flashback – Ende

Totgeglaubte leben länger

...Zwei Tage später erfuhr ich, dass meine Ritter – die sowohl Freunde als auch Weggefährten waren – bei dem Versuch, mich zu beschützen, getötet wurden. Der Ort, wo sie hätten sein müssen, war ein verwüstetes und verbranntes Schlachtfeld ohne Leben. An diesem Tag schwor ich mir, stärker zu werden. So stark, dass ich alle beschützen kann, die mir etwas bedeuten. Diese Vorfall ereignete sich drei Monate, bevor Alistair zu den Grauen Wächtern kam“, beende ich meine Erzählung. Cullen sieht mich fassungslos und überrascht zugleich an: „Aber woher kommt dann dieser Brief?“ „Ich weiß es nicht. Wenn er echt ist, würde das bedeuten, dass sie damals irgendwie überleben konnten, wenn er aber falsch ist, dann versucht man mich in eine Falle zu locken“, nachdenklich betrachte ich den Brief. „Könnte der König dahinter stecken?“, mutmaßt er. „Eine von ihm geschmiedete Intrige. Vorstellbar, aber nein, er kann nicht dahinter stecken. Auf Weisshaupt war meine erste Garde nach diesem Vorfall ein absolutes Tabuthema, über welches niemand gesprochen hat. Außer mir wussten auch nur Stroud und Duncan die Wahrheit darüber. Daher kann es ihm niemand erzählt haben“, entkräfte ich seine Vermutung. „Was hast du jetzt vor?“, sanft streicht er mir eine Strähne meines braunen Haares hinters Ohr. „Ich werde hingehen. Ich muss wissen, was wirklich dahinter steckt. Sollte es eine Falle sein, werde ich denjenigen, der es gewagt hat ihre Namen derart für seine Zwecke zu missbrauchen, töten. Aber, falls dieser Brief echt ist, würde ich es mir nie verzeihen, nicht hingegangen zu sein“, seine Miene verfinstert sich bei meinen Worten. Besorgnis erscheint in seinen goldenen Seen: „Dann begleite ich dich.“ „Und was wird in der Zeit aus unseren Truppen?“, frage ich ihn. „Cassandra ist auch noch da. Sie kann mich vertreten“, erklärt Cullen. „In Ordnung, aber meine Ritter kommen auch mit. Ich möchte kein unnötiges Risiko eingehen“, stimme ich zu. „Hm, damit komme ich klar“, murmelt er, ehe er mich in einen Kuss zieht.
 

Schon am nächsten Morgen ist alles für die kurze Reise vorbereitet. Kurz nach Sonnenaufgang brechen wir schon auf zu der Schwarzkluften-Höhle. Diese liegt einen Tagesritt von der Himmelsfeste entfernt.
 

„Mylady, seit Ihr Euch wirklich sicher, dass wir nicht geradewegs in eine Falle hineinlaufen“, fragt Anders auf halber Strecke. „Nein, Anders. Ich bin mir nicht sicher. Aber ich weiß mit Gewissheit, dass ich es auf ewig bereuen würde, es nicht getan zu haben“, entgegne ich. Damit ist für mich die Konversation beendet. Die skeptischen Blicke von Zevran und Fenris ignoriere ich dabei. Natürlich verstehe ich ihr Misstrauen in diese ganze Sache. Aber für mich geht es nun einmal nicht anders. Und das wissen sie auch.
 

So erreichen wir am frühen Abend die Schwarzkluften-Höhle. An ihrem Eingang ist niemand zusehen, dennoch deuten ein paar Spuren in der näheren Umgebung daraufhin, dass hier irgendjemand zu mindestens bis vor kurzem war. Vor der Höhle entdecken wir eine Feuerstelle. Zevran kniet sich neben sie, um sie näher zu untersuchen: „Sie ist noch warm. Dieses Feuer wurde vor nicht allzu langer Zeit erst gelöscht.“ „Das heißt, wer auch immer, ist vielleicht noch hier“, folgert Fenris. „Wenn man sich hier mit uns treffen will, sollte man das auch“, Anders sieht sich um. „Vielleicht haben sie sich zurückgezogen, als sie uns kommen hörten. Im Brief wurde nur nach dem Inquisitor verlangt. Von eventueller Begleitung war keine Rede“, vermutet Cullen. „Das ist doch Schwachsinn. Warum sollte jemand wie der Inquisitor ohne Begleitung reisen? Das Risiko ist zu hoch! Mir sieht das eher nach einer Falle aus“, hält Zevran dagegen. „Zevran, du sicherst die Umgebung ab. Sollte das hier eine Falle sein, werden sie sich um uns herum versteckt haben. Fenris, Anders, ihr bleibt unmittelbar hier vor der Höhle. Folgt uns nur ins Innere, wenn ihr berechtigte Gründe zur Annahme einer Gefahr habt. Cullen, begleitet mich bitte in die Höhle“, weise ich meine Begleiter an. Sie nicken und begeben sich kommentarlos auf ihre Posten. Anders entzündet noch eine Fackel, welche er Cullen reicht, damit wir nicht durch die Finsternis laufen müssen.
 

Schon kurz nach dem Eingang mich der Gang eine Biegung. So können wir bereits jetzt nicht mehr den Ausgang sehen. „Ich hoffe inständig, dass das hier keine Falle ist. Hier kann man uns zu leicht angreifen“, merkt Cullen an. „Das stimmt, aber für eine Falle ist dieser Ort nicht ausreichend gesichert. Wo sind die versteckten Mechanismen? Ich kann nirgends welche entdecken“, erwidere ich. „Ein Hinterhalt wird für gewöhnlich auch nicht angekündigt“, kommt es zurück. Nun, da muss ich ihm leider recht geben.
 

Nach einer Weile höre ich plötzlich sich uns schnell nähernde Geräusche. Das klingt ein wenig wie Pfoten, die über den Steinboden laufen. „Warte, da kommt etwas“, warne ich Cullen vor. Er nickt und zieht für alle Fälle sein Schwert. Zusätzlich stellt er sich leicht vor mich. Nein, ich kann mich ja nicht selbst beschützen. Aber süß ist das schon irgendwie von ihm. Vor uns befindet sich eine Biegung. Um diese kommt unerwartet ein Hund geflitzt, zielsicher auf mich zu. Als er an mir hochspringt, bin ich so perplex, dass er mich zu Boden reißt. Mit dem Hund, genauer gesagt einem Mabari, auf mir liege ich am Boden und frage mich, was gerade passiert ist. Der Mabari hechelt mir glücklich ins Gesicht, wedelt begeistert mit seinem Schwanz und reibt immer wieder seine Schnauze an meiner Wange. Cullen starrt nicht minder überrascht als ich ebenfalls auf den Hund. „Ich glaube, er will dich begrüßen“, meint mein Geliebter nach einem Moment der Stille, in welcher nur das freudige Hecheln des Tieres zu vernehmen war. „Das glaube ich auch“, stimme ich ihm verblüfft zu. Gerade will ich den Mabari davon überzeugen, von mir herunterzugehen, als ein Pfiff ertönt. Alarmiert dreht sich mein Liebster mit erhobener Waffe um. Aus den Schatten vor uns löst sich eine, mit einem Umhang verhüllte Gestalt. Diese tritt mit erhobenen Händen in den Lichtkreis der Fackel, signalisiert uns so, dass von ihr keine Gefahr für uns ausgeht. Der Hund auf mir springt auf und trappt brav an die Seite des Fremden. Dieser zieht nun seine Kapuze vom Kopf und entblößt so sein Gesicht. Vertraute, blasse Augen mustern mich ruhig. Der Mann vor uns trägt seine Haare kahlgeschoren, sodass die Tätowierungen auf seinem Kopf sichtbar sind. Der Mann vor uns ist mir durchaus bekannt. Zu Cullens Verwunderung geht der Fremde nun auf die Knie und senkt sein Haupt: „Bitte verzeiht, Eure Hoheit. Hafter konnte Euren Geruch in der Luft ausmachen und war leider nicht mehr zu halten. Ich bitte Euch dafür vielmals um Verzeihung.“ „Kell?“, leise, ungläubig kommt mir sein Name über die Lippen. „Es ist lange her, Mylady“, er hebt seinen Blick und wagt es, mir in die Augen zusehen. Beiläufig bemerke ich Cullens Hand, welche er mir hinhält, um mir beim aufstehen behilflich zu sein. Ich lasse mich von ihm aufhelfen, ehe ich zielstrebig auf meinen ehemaligen, ersten Ritter zugehe. „Wo sind die anderen beiden?“, verlange ich zu erfahren. „Weiter hinten mündet der Gang in eine Art Raum. Sie sind dort geblieben“, erklärt mir dieser. „Bring uns hin“, fordere ich ihn auf. „Natürlich, Mylady“, entgegnet Kell, bevor er sich erhebt und vor uns hergeht.
 

Keine zehn Minuten später erreichen wir besagten Ort. An den Wänden befinden sich einige Halterungen mit Fackeln, welche den Raum in ein sanftes Licht tauchen. Die Köpfe der beiden, am Boden sitzenden Männer drehen sich in unsere Richtung. Als sie mich sehen, erheben sie sich eilig und kommen uns entgegen. Aufmerksam betrachte ich nun meine vollständige, erste Garde. Kell wirkt so weit ich es beurteilen kann unverletzt, aber ich kann nicht sagen, ob sich unter seiner Kleidung keine Narben von jenem Angriff befinden. Nicholas hingegen sieht man sofort an, dass er aus diesem Kampf damals schwere Wunden davon getragen hat. Sein halbes Gesicht ziert eine Brandnarbe, welche sich von dort weiter über den Hals zieht, bis sie unter seiner Rüstung verschwindet. Auch wenn ich es nicht erkennen kann, bin ich mir sehr sicher, dass er am ganzen Körper solche Narben tragen wird. Julien begegnet meinem Blick ernst und ruhig aus seinem rechten Auge. Sein linkes dagegen ist trüb und milchig. Mir wird sofort klar, dass er dort blind ist.
 

„Ich kann nicht glauben, dass ihr alle drei noch am leben seit“, spreche ich aus, was mir durch den Kopf geht. „Nun, ihr hattet Euch deutlich ausgedrückt: Unseren Tod hättet Ihr uns nie verziehen. Daher blieb uns doch nicht viel anderes übrig, als den Kampf zu überleben“, antwortet mir Kell. „Wo seit ihr alle die Jahre gewesen? Dieser Kampf liegt acht Jahre zurück!“, unbewusst balle ich meine Hände zu Fäusten, „ich habe acht Jahre lang gedacht, ihr wärt tot! Und jetzt, acht Jahre später meldet ihr euch wieder bei mir! Warum erst jetzt? Wisst ihr überhaupt, was in dieser Zeit alles passiert ist? Ich hätte euch an meiner Seite gebraucht! Was habt ihr euch dabei gedacht?! Ich dachte, wir wären ein Team. Ich dachte, euch wurde unsere Freundschaft etwas bedeuten. Wie konntet ihr so etwas tuen? Wie konntet ihr mir so etwas antuen?! Ich bin acht Jahre lang davon ausgegangen, dass ICH DIE SCHULD AN EUREM TOD TRAGE!!!“ Stumme Tränen laufen mir über die Wangen. Ich weiß nicht, ob ich sauer und glücklich sein soll. Wütend oder erleichtert. Enttäuscht oder dankbar. Stille senkt sich über die Höhle. Ich spüre Cullens besorgte Blicke auf mir ruhen. Dennoch schenke ich ihm in diesem Moment keine Beachtung.
 

Ein leichtes Stupsen an meinem Bein weckt meine Aufmerksamkeit. Hafter steht mit eingezogenem Schwanz leise winselnd neben mir. Immer, wenn er gemerkt hat, dass es mir schlecht ging, hat er so auf sich aufmerksam gemacht. Große, dunkle Augen blicken mich treu an. Schritte erklingen. Als ich meinen Blick hebe, entdecke Julien, welcher vor mir stehen bleibt: „Leyla, es lag nie in unserer Absicht, Euch in irgendeiner Art und Weise Leid zuzufügen. Sollten wir dies getan haben, tut es uns Leid. Wir brauchten damals Zeit, um uns von unseren Verletzungen zu erholen. Ferner dachten wir, dass wir nicht in der Lage wären, Euch richtig zu beschützen. Wir wollten stärker werden, damit es nie wieder zu solch einem Vorfall kommen konnte. Verzeiht, dieses Denken war töricht. Wir bedachten nicht, was das alles für Euch bedeuten würde.“ Ich weiß, dass Julien kein großer Redner ist. Still und in sich gekehrt spricht er meist wenig und wenn, dann nur wenn er es für nötig hält. „Das sieht euch allerdings nicht ähnlich. Wir hatten es mit einer feindlichen Übermacht an Abtrünnigen zu tun. Solche Vorkommnisse waren nicht der Regelfall. Ich kann eure Beweggründe zwar ansatzweise nachvollziehen, allerdings heißt das nicht, dass ich deswegen diesen gesamten Vorfall einfach vergessen werde. Darüber hinaus solltet ihr wissen, dass ich mich in der Zwischenzeit nach einer neuen Garde umgesehen habe. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ihr das nicht herausgefunden habt“, kurz wische ich mir über die Augen. Ich werde jetzt nicht einfach nachgeben. Sie können nicht erwarten, acht Jahre später noch ihre alten Posten an meiner Seite wieder einnehmen zu können. „Davon haben wir gehört“, bestätigt Nicholas. „Bitte, lasst uns wieder an Eurer Seite kämpfen, Mylady“, ernst sieht Kell zu mir. „Das werde ich mir noch genau überlegen. Wenn ihr euch nützlich machen wollt, könnt ihr das gerne im Dienste der Inquisition machen. Ansonsten steht es euch frei zu gehen, wohin ihr wollt“, erwidere ich ruhig. „Da irrt Ihr, Mylady. Wir können nicht einfach gehen, wohin wir wollen. Wir schworen Euch unsere Treue und Loyalität bis zu jenem Tag, an welchem Ihr uns aus unserem Eid entlasst oder uns der Tod holen kommt, je nachdem welcher Tag vorher kommt“, widerspricht mir Kell. „Ach ja? Euer Eid bindet euch an mich? Das habt ihr in den letzten acht Jahren hervorragend unter Beweis gestellt! Wenn ihr eure alten Posten als meine Ritter zurück haben wollt, werdet ihr euch diese erarbeiten müssen. Sollte eure Treue und Loyalität mir gegenüber ungebrochen sein, wird das für euch doch ein leichtes sein. Doch eines sollte von vornherein klar sein, Kell: Ich habe einen ausgezeichneten ersten Ritter und werde ihm seine Stellung gewiss nicht deinetwegen wieder aberkennen“, entgegne ich kühl. „Ganz wie Ihr wünscht, Mylady. Wir werden Euch nicht erneut enttäuschen“, antwortet der Jäger. „Das bleibt abzuwarten“, antworte ich distanziert. „Dann lasst uns gehen. Am Höhleneingang warten die anderen auf uns.“

Ein unbelehrbarer Rekrut

Seit fünf Tagen sind wir wieder in der Himmelsfeste. Die Vorbereitungen für unseren Ausflug in die Westgraten, um dort auf die Grauen Wächter zu treffen, laufen auf Hochtouren. Doch von dem Frieden innerhalb der Feste ist nicht mehr sonderlich viel übrig geblieben. Grund dafür sind meine, wieder aufgetauchten, alten Ritter. Seufzend begebe ich mich schnellen Schrittes zu den Übungsplätzen. Cassandra hatte einen Boten geschickt, dass ich mir die Sache ansehen solle, da es zwischen den Parteien mal wieder zu einer Streiterei gekommen sei. Dementsprechend genervt erreiche ich die Übungsplätze. Anders und Fenris streiten sich gerade mit Julien und Nicholas. „Ihr seit doch gar nicht in der Lage, Leyla richtig zu beschützen! Vom Bild einmal ganz abgesehen. Wie sieht es denn aus, wenn die Prinzessin Fereldens von einem Abtrünnigem und einem Elfen beschützt wird?“, höre ich Nicholas Stimme. Julien steht stillschweigend daneben. Ich korrigiere, sie streiten sich mit Nicholas nicht mit Julien. „Was soll das denn heißen?“, zischt Fenris. „Beim Atem des Erbauers! SCHLUSS DAMIT!“, brülle ich über den Platz. Beide Parteien halten inne und drehen sich, wie die Schaulustigen auch, zu mir um. „Ihr da“, wende ich mich letzteren zu, „geht sofort zurück an eure Arbeit. Sonst erfährt der Kommandant von mir, dass ihr hier schludert!“ Die Soldaten salutieren bevor sie abziehen. Der eiserne Bulle und Cassandra sind ebenfalls anwesend. Fragend sehen mich meine beiden Gefährten an, doch mit einem Nicken deute ich ihnen, hierzubleiben. Sollte das hier weiter ausarten, kann ich die Hilfe der erfahrenen Krieger gut gebrauchen.
 

„So, und jetzt will ich eine Erklärung“, damit wende ich den Streitenden zu. „Ich verstehe nicht, wie Ihr so was zu Euren Rittern ernennen könnt. Ein entlaufener Sklave und ein Abtrünniger“, Nicholas verschränkt die Arme vor seinem Körper. Ich sehe zu Julien herüber. Dieser erwidert etwas hilflos meinen Blick. Ich dachte ja schon Fenris sei schlimm. Aber Nic übertrifft da wirklich alles. Kell und Julien versuchen nicht, meinen Zorn noch weiter auf sich zu ziehen. Nic aber scheint alles egal zu sein. „Ich wüsste nicht, was es dich angehe, wen ich zu meinen Rittern ernenne. Und wenn ich die Dunkle Brut selbst zu Rittern schlage, das ist nicht deine Angelegenheit“, mit erzwungener Ruhe betrachte ich meinen ehemaligen Ritter. „Das kann doch nicht Euer Ernst sein! Ihr seit eine Person, zu der viele aufblicken. Da könnt Ihr doch keinen Abschaum zu Rittern machen“, Unglaube steht in seinen blauen Augen. „Wie war das?“, knurrt Fenris wütend. „Fenris, ignoriere das. Dieser Mann ist einfach nur neidisch, dass du einen Posten inne hast, den er gerne hätte“, beruhige ich den Elfen. Der Blick aus grünen Augen wendet sich mir zu. „Mein Freund, du brauchst dich nicht auf dieses Niveau herabzulassen. Du bist mehr Wert, als er es je sein könnte“, spreche ich weiter, „das gilt für euch beide. Lasst euch nicht von ihm schlecht reden oder eure Erfolge aus vergangenen Kämpfen schmälern.“ Die Spannung fällt von Fenris ab. Sein Zorn verraucht. Es kommt nicht oft vor, dass ich so von ihnen rede. Aber meine Ritter – Zevran, Fenris und Anders – bedeuten mir als Freunde viel. „Was?“, Nicholas fährt hoch. „Du hast mich richtig verstanden, Nicholas. Dein respektloses Verhalten meinen Rittern gegenüber sehe ich mir nicht länger an. Im Gegensatz zu dir verhalten sich Kell und Julien ja ruhig. Aber du suchst ja immer nur nach dem nächsten Streit. Verrate mir doch mal warum? Willst du dich unter Beweis stellen? Deine Stärke demonstrieren? Das kannst du dir sparen. Melde dich unverzüglich bei Kommandant Cullen und erkläre dein Verhalten. Er wird über das Strafmaß bestimmen. Vielleicht verstehst du ja dann, wo dein Platz in der Inquisition ist. Ach ja, ich werde es wissen, wenn du dich nicht an die Anweisung hältst. Wegtreten“, bestimme ich. „Warum sollte ich die Autorität dieses Mannes anerkennen? Er hatte nur das zufällige Glück, den Titel zugesprochen zu bekommen und wird doch nur jetzt noch als dieser respektiert, weil er was mit Euch hat“, kommt es herablassend zurück. Erschrockenes Schweigen senkt sich über den Platz. Cassandra hat die Hände vor den Mund zusammengeschlagen. Bulle starrt perplex zu Nicholas. Anders und Fenris tuen es ihm gleich. Julien ist der einzige, der den Mund aufmacht: „Bist du wahnsinnig geworden, Nicholas?“ Ich funkle meinen ehemaligen, blonden Ritter an: „Kommandant Cullen hatte seinen Posten bereits inne, bevor ich der Inquisition beitrat. Er ist ein hervorragender Krieger mit herausragenden Führungsqualitäten. Seine Autorität wird von allen Mitgliedern der Inquisition hier anerkannt. Sein oder mein Privatleben geht dich einen feuchten Dreck an. Da du aber der Überzeugung bist, hier auf niemandes Befehle zu hören, werde ich entsprechende Konsequenzen daraus ziehen. Bulle, wärt Ihr so freundlich und bringt ihn in die Kerker. Eine Woche Einzelhaft sollte ausreichen, um sein hitziges Gemüt zu beruhigen.“ „Das könnt Ihr nicht machen!“, entgeistert starrt mich Nic an. „Sagen wir, zwei Wochen. Dann erkennt er sicherlich auch die Autorität meiner Berater an“, füge ich hinzu. „Ganz wie Ihr wünscht, Boss“, der Bulle schnappt sich Nicholas und wirft ihn wie einen nassen Sack über seine Schulter.
 

„Bitte verzeiht, Lady Theirin, dazu hätte es nicht kommen dürfen“, tritt Julien vor. „Spring nicht für ihn in die Bresche. Ich werde mir überlegen, wie ich mit diesem Idioten weiter umgehen werde“, entgegne ich ruhig. Der Schwarzhaarige nickt: „Lady Theirin, Ihr solltet wissen, das Nicholas Euch damals sehr geliebt hat und es heute immer noch tut. Daher erkennt er die Autorität des Kommandanten nicht an.“ „Wegtreten“, erwidere ich lediglich. Julien verneigt sich kurz, dann folgt er meiner Anweisung. „Dass dieser Mann mal dein Ritter war ist schwer vorstellbar“, murmelt Anders in Richtung Kerker blickend. „Damals war er noch nicht so wie heute, oder aber ich habe es einfach nicht gesehen“, ich seufze leise, „sollte es zu erneuten Problemen kommen, informiert mich darüber.“ Anders und Fenris nicken ehe auch sie sich zurückziehen.
 

Schweigend bleiben Cassandra und ich zurück. „Ist alles in Ordnung?“, fragt sie mich. „Natürlich“, entgegne ich wenig überzeugend. „Leyla, vielleicht solltet Ihr Euch den Rest des Tages frei nehmen. Ich habe mitbekommen, dass Ihr die ganze Zeit von einer Streiterei zur nächsten pendelt und diese schlichtet. Zwischendrin unterstützt Ihr das Training der Rekruten und erledigt noch die Angelegenheiten, welche Josephine und Leliana Euch geben. Bei allem Respekt, aber... Ihr seht erschöpft aus. Gönnt Euch für den restlichen Tag Ruhe. Ich gebe Josephine und Leliana Bescheid und werde Kommandant Cullen bitten, nach Euch zu sehen und die Arbeit für heute ebenfalls sein zu lassen“, eröffnet mir die Sucherin. „Da habt Ihr vermutlich recht. Ich danke Euch, Cassandra“, ich lächle ihr leicht zu. „Nicht doch. Ich freue mich, wenn ich helfen kann“, wehrt diese ab, ehe sie sich auf den Weg macht. Kopfschüttelnd blicke ich ihr kurz nach, bevor ich mich in die Richtung meiner Gemächer begebe. Manchmal habe ich das Gefühl, Cassandra versucht auf Biegen und Brechen ihre Wort mir gegenüber in der Waffenkammer wieder gut zu machen. Dabei braucht sie das doch gar nicht. Oder aber sie versucht meine Freundin zu werden. Auch wenn ich das genau so wenig verstehe.
 

Ich warte nicht lange, bis ich die Schritte schwerer Panzerschuhe vernehme, welche die Treppe in meinem Gemach hochsteigen. Ein Lächeln stehlt sich auf meine Lippen, während ich mit angezogenen Beinen auf den Fellen vor dem Kamin sitze. In meinem Rücken verklingen die Schritte. Langsam drehe ich mich um und blicke nach oben. Cullen steht vor mir und bedenkt mich mit einem zärtlichem wie auch liebevollem Blick. „Ist etwas passiert?“, frage ich ihn ruhig. „Nun, eine gewisse Sucherin hat mir sämtliche Berichte entrissen, die ich bearbeiten wollte und mich im Anschluss aus meinem eigenem Arbeitszimmer geworfen. Vor morgen Mittag darf ich es nicht mehr betreten. Ist das zu glauben?“, erwidert er belustigt. Dabei reicht er mir seine Hand, um mir aufzuhelfen. Lächelnd lege ich meine Hand in seine: „Vor morgen Mittag dürft Ihr Eure Stube nicht betreten? Das könnte zu Problemen führen.“ „Wo Ihr zweifelsohne recht habt, Mylady. Ich habe nämliche keine Ahnung, wo ich heute die Nacht verbringen soll“, führt er unser kleines Spielchen fort. „Nun, Kommandant, da habe ich möglicherweise eine Lösung für Euch“, unsere Blicke verhaken sich ineinander. „Die da wäre?“, halb interessiert, halb neugierig kommt er mir langsam näher. „Ihr könntet heute Nacht einfach hierbleiben“, hauche ich gegen seine Lippen. Diese verziehen sich zu einem Schmunzeln: „Mit dem größten Vergnügen, meine Liebste.“ Dann verschmelzen unsere Lippen zu einem Kuss.
 

Am nächsten Morgen erwache ich dicht an meinen Liebsten gekuschelt und genieße die Ruhe. Hach, was ist das doch schön. Doch sonderlich lange soll sie nicht mehr währen. Laut donnernd knallt meine Türe gegen die massive Steinwand. Vor Schreck sitze ich kerzengerade im Bett. Cullen neben mir setzt sich schlaftrunken ebenfalls auf. Schnelle Schritte erklimmen die Treppen und dann erscheint eine panische Josephine in unserem Blickfeld. „Kann man Euch helfen?“, frage ich sie, die Decke hochziehend. „Mylady, es ist eine Katastrophe! Dieser Mann ist einfach unmöglich! Er belästigt die weiblichen Mitglieder der Wachen unten in den Kerkern“, eröffnet mir diese. Ein Seufzen verlässt meine Lippen: „Ich kümmere mich darum.“ Die Botschafterin nickt dankbar, ehe sie sich zurückzieht. „Wer belästigt wen?“, will Cullen wissen. „Nicholas die weiblichen Rekruten unten in den Kerkern. Ich habe ihn zu nach seinem untragbaren Verhalten zu zwei Wochen Einzelhaft verdonnert“, erwidere ich. „Untragbares Verhalten? Ich dachte, er wollte seinen Posten als dein Ritter zurück?“, merkt er an. „Das kann er vergessen! Er sucht dauernd Streit mit Anders, Zevran und Fenris oder dem inneren Kreis. Zahlreiche Beschwerden bezüglich seines Verhaltens sind schon bei mir angekommen. Zumal er noch nicht mal die Autorität von dir oder Josephine oder Leliana anerkennt. Einen illoyalen Mann brauche ich nicht in meiner Garde“, ich lehne mich an ihn. „Er ist mir unterstellt. Soll ich mich um ihn kümmern?“, sanft streicht er mir durch mein ungebändigtes Haar. Diese Vorstellung ist zwar verlockend, aber das kann ich ihm nicht zumuten. „Schon okay, ich weise ihn zurecht. Sonst denkt er noch, dass ich es nicht länger für nötig halte, ihn für sein Vergehen persönlich zu bestrafen, zumal er außer mir keine Autorität hier anerkennt. Trotzdem vielen Dank für dein Angebot. Ich weiß es sehr zu schätzen“, schlage ich seinen lieb gemeinten Vorschlag aus. Auch er weiß, dass ich in den letzten Tagen nur noch von einem Streit zum nächsten gerannt bin.
 

Keine Stunde später gehe ich die massive Steintreppe zu den Kerkern herunter. Im Vorraum unseres kleinen Gefängnisses befinden sich die weiblichen Wachmitglieder. „Euer Gnaden, könnt Ihr bitte etwas gegen diesen Lüstling unternehmen?“, bittet mich eine. Ich nicke ihr zur Bestätigung zu, ehe ich an ihnen vorbei die Kerker betrete. In einer der hintersten Zellen finde ich schließlich meinen ehemaligen Ritter. Überrascht sieht mich der Blondschopf an: „Mylady Leyla?!“ „Es gab Beschwerden über Euer Verhalten, Rekrut“, beginne ich kühl. Über meinen, für ihn recht ungewöhnlichen, Umgangston verwirrt mustert mich Nicholas: „Was?“ „Es heißt, Ihr belästigt die hier anwesenden Wachen“, fahre ich fort. „Das... das ist nicht wahr! Seit wann sind Komplimente denn Belästigungen? Ich habe doch nur gefragt, warum so schöne, junge Frauen zu einem Dienst hier unten degradiert wurden!“, rechtfertigt er sich. „Das stimmt so nicht ganz, Euer Gnaden“, der Hauptmann der Wache tritt auf mich zu. „Was!? Natürlich stimmt das so!“, kommt es unbeherrscht von Nicholas. Ich werfe ihm einen mahnenden Blick zu, bevor ich mich dem Hauptmann zu wende: „Fahrt bitte fort.“ „Sehr wohl, Inquisitor. Dieser Mann hat die Damen mehrmals durch die Gitterstäbe hindurch angefasst. Ferner reagierte er nicht auf unsere Verwarnungen. Eine der jüngeren Mitglieder hielt er am Handgelenk fest und bedrängte sie. Von wegen, er wäre ganz nett zu ihr, wenn sie ihn herausließe“, führt der Hauptmann seine Worte aus. „Rekrut Nicholas, sind die Anschuldigungen wahr?“, frage ich harsch meinen ehemaligen Ritter. „Ich... natürlich nicht! Ich würde mich niemals an Frauen vergehen!“, schimpft er. „Inquisitor, die anderen Wachen können Euch meine Worte bezeugen“, erklärt der Hauptmann sich. „Keine Sorge, Hauptmann. Ich glaube Euch. Ihr wurdet von Kommandant Cullen persönlich für diesen Posten vorgeschlagen. Ich bezweifle stark, dass Ihr mich anlügen würdet. Ihr könnt wegtreten“, ich nicke dem Hauptmann noch kurz zu, bevor ich mich wieder Nicholas zu wende. „Was Euch betrifft, Rekrut: Ihr habt den Bogen nun endgültig überspannt. Eure Haftstrafe verlängert sich um eine Woche. Im Anschluss an dieser werdet Ihr die neuen Latrinengräben für die Kaserne ausheben. Ferner werden Euch bis auf weiteres sämtliche Privilegien entzogen. Eure Sachen werden in die Kaserne gebracht, wo Ihr nach Eurer Haftstrafe wohnen werdet. Ich erwarte, dass dies der letzte Fehltritt war, den Ihr Euch geleistet habt, Rekrut Nicholas! Jeder weitere wird weitreichende Konsequenzen für Euch haben“, eröffne ich ihm seine Strafe. „Aber... Leyla, das könnt Ihr nicht machen! Ich...“, entgeistert starrt er mich aus seinen blauen Augen an. „Für Euch bin ich der Inquisitor, Rekrut!“, fahre ich ihm über den Mund. „Ich bin eigentlich dein Ritter. Ich sollte dein Ritter sein!“, wütend umfasst er die Gitterstäbe. „Vergesst nicht, wer vor Euch steht! Ihr seit lediglich ein Mitglied unserer Truppen, ein einfacher Fußsoldat! Ihr solltet den Euch überstehenden Mitgliedern entsprechend Respekt entgegenbringen. Verhaltet Ihr Euch noch einmal einem Mitglied oder einem Gast der Inquisition gegenüber respektlos, dürft Ihr den Dienstmädchen beim Putzen zur Handgehen!“, warne ich ihn, ehe ich mich umwende und gehe. Dabei hatte dieser Tag so schön angefangen!

Ein Ritual in den Westgraten

Drei Tage später liegt endlich der heißersehnte Bericht von Späherin Harding vor. Die Westgraten sind vollständig kartographiert. Für uns bedeutet das, dass wir nach der langen Wartezeit nun in eben jene aufbrechen können. Stroud ist zusammen mit Hawke bereits los geritten, während Sera, Bulle, Dorian und ich die letzten Vorbereitungen treffen, um ihnen zu folgen, was wir noch am selben Tag können.
 

Fast zwei Wochen brauchen wir, bis wir die Westgraten und unser Lager dort erreicht haben. Späherin Harding teilte uns dort unverzüglich mit, dass sich Wächter Stroud und Champion Hawke bereits auf den Weg zu dem Ritualturm gemacht haben. Daher brechen wir nach einer kurzen Rast sofort auf, um ihnen zu folgen.
 

Die Stimmung zwischen meinen Gefährten ist besser, als ursprünglich von mir erwartet. Sera hat sich während ihrer gesamten Zeit über bei uns gut mit Bulle und sogar Dorian angefreundet. Mittlerweile bin ich mir aber fast sicher, dass sie so etwas wie Schamgefühl überhaupt nicht kennt. „Sagt mal Bulle, wie sind Eure Frauen eigentlich so?“, fragt sie unverblümt. „Wie sie sind?“, kommt die Gegenfrage zurück. „Nun ja, sind sie auch so... argh... und groß? Ich frage mich wirklich, wie weibliche Qunari aussehen“, erklärt die Elfe. „Nun, wie eine Frau eben aussieht“, antwortet der Bulle ihr. „Eine Frau mit Hörnern meint ihr wohl“, fügt Dorian hinzu. „Nun, Magier, natürlich haben sie Hörner. Sie sind ja schließlich Qunari“, wendet sich der Söldner meinem besten Freund zu. „Verfügen die Frauen bei euch denn wenigstens über mehr Feingefühl oder sind sie so grob wie Ihr?“, führt der Schwarzhaarige die Unterhaltung fort. „Wenn wir wieder in der Festung sind, kann ich Euch gerne an mein Bett fesseln und Euch in aller Seelenruhe verdeutlichen, wie feinfühlig ich sein kann“, erwidert Bulle. „Nein, danke! Ich verzichte!“, Dorian schließt rasch zu mir auf. „Sagt mal, Inqui: Wie feinfühlig ist denn unser Kommandant?“, Sera hingegen scheint unser derzeitiges Gesprächsthema dafür sehr zu interessieren. Ich verschlucke mich an dem Wasser, das ich gerade aus meinem Wasserschlauch trinken will. „Bitte was?“, frage ich sie hustend. „Na, Eure Keule Cullen! Hat viele Männer unter sich, braucht ne Frau über sich. Jetzt sagt schon, hat er es lieber hart oder sanft?“, will sie neugierig wissen. Woher, bei der Leere, soll ich denn so was wissen? Ein Beziehung besteht doch aus mehr als nur Sex! „Der Boss und der Kommandant... hm...“, der Eiserne Bulle denkt laut nach, „mich würde die Farbe seiner Unterkleidung ja mehr interessieren.“ Dorian, froh nicht mehr im Mittelpunkt der Unterredung zu stehen, mischt sogleich mit: „Ich wette, sie ist rot mit kleinen Schwertern drauf!“ „Quatsch! Bestimmt ist sie blau mit schwarzen Streifen“, behauptet Sera. „Wieso blau-schwarz-gestreift?“, fragt Dorian sie. „Wieso rot mit kleinen Schwertern?“, fragt sie zurück. „Wobei, Bulle, nichts für ungut, die Frage der Unterkleidung ist definitiv interessant, aber...“, beginnt der Magier, „mich würde ja eher interessieren wie er allgemein unter der Rüstung aussieht.“ „Ja, das wäre auch wissenswert. Und Seras Frage darf natürlich auch nicht vergessen werden. Wobei, Boss, wenn Ihr mal Hilfe in Bezug auf Fesseln und Co. braucht, zögert nicht, mich zu fragen. Ich kann Euch da jederzeit gerne weiterhelfen“, grinst mich der Qunari an. „Beim Atem des Erbauers! Können wir vielleicht über etwas anders, wie Cullens Sexvorlieben sprechen?! Ich denke nicht, dass die einen von euch was angehen!“, setze ich dem ganzen hochrot ein Ende.
 

Eine gewisse Erleichterung durchflutet mich, als der Turm aus der alten Zeit des tevinteranischen Reiches in Sicht kommt. Zu mindestens fürs erste sind solche Gespräche vorbei. Vor dem Turm werden wir bereits von Stroud und Hawke erwartet. „Gut, dass du hier bist, Leyla. Ich fürchte, sie haben bereits mit dem Ritual begonnen“, begrüßt uns Stroud. Ernst mustert Garret erst ihn, dann wendet er seinen Blick mir zu: „Das muss Blutmagie sein! Ich hoffe, wir können sie aufhalten, bevor noch mehr Leute dadurch zu schaden kommen!“ Kurz schweigen alle. Ernste Blicke werden ausgetauscht. Blutmagie ist ein sehr ernstes Thema. „Ihr geht vor, ich gebe euch Deckung!“, Hawke deutet mir, der Sache ein Ende zu setzen. Seiner Aufforderung folgend, gehen Stroud und ich vor den anderen her.
 

Als wir die Brücke, welche zum Turm führt passiert haben, eröffnet sich uns ein erschreckendes Bild: Blutversehen Leichen liegen auf dem Boden. Der Rüstung nach zu urteilen war sie alle Graue Wächter. Ohne zu zögern steigen wir die Treppe hinauf. Stimmen wehen uns entgegen: „Nein, wartet!“, ruft jemand. „Kommandantin Clarels Befehle waren eindeutig!“, ertönt eine weitere Stimme. „Das hier ist falsch!“, widerspricht die erste Stimmen. „Denkt an Euren Eid: Siegreich im Krieg, Wachsam in Friedenszeiten, Opferbereit im Tode!“, mahnt die zweite Stimme. „Es tut mir Leid“, sagt eine dritte Person. Ein Schmerzensschrei ertönt, dann erklingt ein Brüllen. Stroud und ich werfen uns einen kurzen Blick zu, dann rennen wir die restlichen Stufen hinauf. „Und jetzt bindet Ihn! So, wie ich es Euch gezeigt habe“, verlangt die zweite Stimme. Dann erreichen wir das Plato des Turmes.
 

Ein Mann geht, gefolgt von einem Dämon des Zornes, gerade an den von uns aus gesehenen linken Rand. Zu beiden Seiten stehen Graue Wächter gemeinsam mit Dämonen unterschiedlicher Arten und Naturen. Auf einem Podest, zu dem einige wenige Stufen hinauf führen, steht ein Mann mit schwarzen Haaren, welche er zu einem Zopf zusammengebunden trägt. Dazu trägt er eine Kampfmagierrüstung aus Tevinter mit einem weißen Mantel. „Inquisitor“, ruft dieser Fremde überrascht aus, „welch unerwartetes Vergnügen. Lord Livius Erimond von Vyrantium.“ Der Fremde stellt sich vor und verneigt sich elegant: „Zu Euren Diensten!“ Stroud wirft ihm einen finsteren Blick zu: „Ihr seit kein Wächter!“ „Aber Ihr... ach... Ihr seit derjenige, der Clarel entkommen ist“, bemerkt Livius, „und jetzt wollt Ihr und der Inquisitor mich aufhalten. Nun... ich bin sehr gespannt.“ „Ich habe schon früher Dämonen getötet. Auch wenn es mir missfällt, jetzt Wächtermagier töten zu müssen, aber... dann ist es eben so“, erhebe ich meine Stimme. „Ja... ich fürchte, ein paar werdet Ihr wohl töten müssen“, Livius wendet sein Blick den Grauen Wächtern zu, „Wächter: Hände hoch!“ Gehorsam erheben die Grauen Wächter ihre Hände. „Hände runter“, befiehlt der Tevintermagier. Synchron senken die Wächter ihre Hände wieder. „Corypheus beherrscht ihren Verstand!“, ernst sieht Stroud zu mir. „Sie haben sich das selbst angetan. Wisst Ihr, der Ruf hat den Wächtern Angst gemacht, also suchten sie überall nach Hilfe“, erklärt Erimond. „Sogar in Tevinter“, murmelt der ehemalige Kommandant der Grauen aus Orlais. „Ja! Und da mein Meister den Ruf in ihre kleinen Köpfe gepflanzt hatte, waren wir Venatori bereit. Voller Mitgefühl ging ich zu Clarel und gemeinsam ersannen wir einen Plan: Eine Dämonenarmee aufstellen, in die Tiefen Wege ziehen und die alten Götter töten bevor sie erwachen“, erklärt uns der Venatori freundlicherweise. „Corypheus, der mit einer Dämonenarmee durch Orlais zieht? Das ist die Zukunft, die ich in Redcliff gesehen habe“, besorgt blicke ich zu Dorian herüber, der ebenfalls an dieses Ereignis zu denken scheint. „Und jetzt wisst Ihr, wie es beginnt! Das Bindungsritual, das ich die Magier der Wächter lehrte, hat leider einen Nebeneffekt: Sie sind jetzt Sklaven meines Meisters. Das hier war nur ein Test. Sobald die restlichen Wächter das Ritual vollzogen haben, wird unsere Dämonenarmee ganz Thedas erobern“, Livius beginnt damit, auf und abzugehen. „Denkt Ihr wirklich, Ihr besiegt mich nur mit Dämonen und einem Riss im Nichts? Hat Corypheus nicht erwähnt, was ich mit der Bresche gemacht habe?“, frage ich ihn. „Oh... das hat er. Und er hat ebenfalls erwähnt, was er in Haven mit Euch gemacht hat!“, unerwartet streckt er die rechte Hand nach vorne aus. Rotes Licht umgibt diese. Mein Mal reagiert sofort auf seine Magie. Es beginnt zu pulsieren, Schmerz schießt durch meinen Arm. Leicht gehe ich in die Knie. „Der Älteste hat mir gezeigt, wie ich mit Euch fertig werde, falls Ihr töricht genug seit, Euch erneut einzumischen!“, Livius Magie, welche er gegen mich einsetzt, wird stärker. Der Schmerz nimmt zu und zwingt mich vollends auf die Knie. „Leyla“, höre ich Dorian besorgt hinter mir. „Dieses Mal, das Ihr tragt? Der Anker, der Euch unbeschadet durch den Schleier lässt? Ihr habt ihn meinem Meister gestohlen! Er war gezwungen, nach anderen Wegen ins Nichts zu suchen!“, beschuldigt mich der Venatori. Ich atme tief durch, dann stehe ich auf, den Schmerz ignorierend. „Wenn ich ihm Euren Kopf bringe, wird sein Dank uner...“, fährt Livius weiter fort. Doch ich erhebe meine linke Hand mit dem Mal, richte sie gezielt gegen ihn. Das grüne Strahlen wird heller, dann taucht es alles vor uns in ein grünes Licht, ehe ich mit einem knallendem Geräusch die Verbindung zu ihm trenne. Verdutz hält er in seiner kleinen Rede inne. Als das Licht verschwindet, können wir sehen, wie der Magier auf dem Boden liegt. Langsam erhebt er sich, ehe er sich abwendet. „Tötet sie!“, befiehlt Erimond den Wächtern, bevor er selbst verletzt die Flucht ergreift.
 

Die Wächter greifen uns zusammen mit ihren Dämonen an. Dorian, Sera und Hawke ziehen sich nach hinten zurück, halten uns den Rücken frei. Bulle und Stroud greifen mit mir direkt unsere Feinde an. Die Magier sind durch das Bindungsritual geschwächt, verfügen nur über wenig Magie und sind daher leicht zu besiegen. Die Dämonen dagegen sind schon gefährlicher, doch gegen die Dämonen des Zornes wenden Dorian und Garret kurzerhand Eiszauber an, während Sera sie zusätzlich mit Pfeilen spickt. Wenige Augenblicke später zieren den Boden weitere Leichen: Die der Wächtermagier und die der Dämonen.
 

Nach dem Kampf kommt Hawke auf Stroud und mich zu: „Sie wollten einfach keine Vernunft annehmen!“ „Ihr hattet recht. Durch ihr Ritual sind die Magier jetzt Corypheus Sklaven“, stimmt Stroud ihm betrübt zu. „Und die Krieger der Wächter?“, fragt mein alter Freund uns. Wir antworten ihm nicht und er senkt den Blick: „Richtig, sie wurden für das Ritual geopfert! Welch eine Verschwendung.“ „Menschenopfer! Dämonenbeschwörung! Wer hält den so was für eine gute Idee? Das ist nicht der Orden, den ich kenne und zu dem ich aufgeblickt habe!“, ärgere ich mich. „Feiglinge und Narren“, liefert mir Hawke die Antwort. „Die Wächter lagen falsch, Hawke. Aber... sie hatten ihre Gründe. Leyla, du solltest das eigentlich wissen“, erklärt Stroud. „So wie alle Blutmagier! Jeder hat eine Rechtfertigung für seine falschen Entscheidungen und NIE ist sie von Bedeutung“, entgegnet Garret, „letztlich zählt alleine das, was man getan hat.“ Still stimme ich ihm zu. Das was hier passiert ist, hätte nie passieren dürfen. Die Wächter hätten nie zu der Blutmagie greifen dürfen. Sie wurde nicht verboten, weil man jemanden damit ärgern wollte, sondern weil sie gefährlich ist. Stroud scheint nicht länger über die Beweggründe seiner Ordensbrüder diskutieren zu wollen: „Ich denke, ich weiß, wo die Wächter sind, Leyla. Erimond ist in diese Richtung geflohen.“ Er zeigt in besagte Himmelsrichtung. „Dort liegt eine aufgegeben Festung der Wächter. Adamant“, eröffnet er. Ich wende mich ihm zu. Von dieser habe ich bereits früher schon einmal gehört. „Das klingt plausibel“, antworte ich. „Die Wächter und ich werden die Festung auskundschaften gehen und sichergehen, dass die anderen Wächter dort sind. Wir treffen uns dann in der Himmelsfeste“, erklärt Hawke. Ich nicke ihm zu, dann ziehen er und Stroud los. Wo sind wir da nur reingeraten?

Die Kinder der Großverzauberin

Für den Rückweg benötigen wir ebenfalls knapp zwei Wochen. Als wir am späten Nachmittag des neunten Tages nach unserem Aufbruch in den Westgraten die Himmelsfeste erreichen, schaffe ich es nicht mal bis zum Ratsraum. Kaum sind wir von den Pferden abgestiegen und haben diesen an Meister Denett und seine Stallburschen übergeben, da schwirrt auch schon Josephine um mich herum: „Inquisitor! Ein Besucher ist für Euch eingetroffen. Er sagte, er hätte auf Euer Geheiß hin eine Untersuchung durchgeführt!“ „Langsam, Josephine. Wo finde ich diesen?“, frage ich sie. „Er erwartet Euch im hinteren Salon“, erklärt sie mir. „Gut, bereitet für morgen früh eine Ratsversammlung vor. Sollte es Angelegenheiten von allerhöchster Dringlichkeit geben, lasst sie auf meine Gemächer bringen“, weise ich sie an, ehe ich mich erst kurz in mein Quartier begebe, um mich frisch zumachen und etwas anderes anzuziehen, und im Anschluss zum hinteren Salon gehe.
 

Als ich diesen betrete sehe ich zunächst niemanden. Es dauert einen Moment, bis ich den hochgewachsenen, dunkelhaarigen Mann an einem der Fenster zu meiner Linken ausmache. Ein leichtes Lächeln schleicht sich auf meine Lippen, als ich ihn sehe. Schweigend stelle ich mich neben ihn und folge seinem Blick aus dem Fenster über die Gipfel des Frostgebirge. „Ein unglaublicher Ausblick“, ertönt die ruhige, tiefe Stimme neben mir. „Ich hatte Euch nicht so bald erwartet“, erwidere ich. „Ich konnte schneller Ergebnisse erzielen, als ich selbst erwartet hätte. Warum setzen wir uns nicht? Das könnte etwas länger dauern“, erwidert er ruhig. „Natürlich, Aeron“, stimme ich seinem Vorschlag zu. Gemeinsam setzen wir uns auf die Sessel im Salon nahe des Kamins.
 

„Nun gut, was ich herausgefunden habe, wird Euch wohl schockieren“, beginnt der Elf. „Im Himmel war ein Loch, das Oberhaupt der Kirche wurde ermordet, überall werden Risse ins Nichts gesichtet, ein scheinbar wahnsinnig gewordener Magister aus einer längst vergangenen Zeit möchte Gott werden, ein Magier hat mich durch die Zeit geschickt und auf meiner Hand befindet sich ein unerklärbares Mal. Ich habe in den letzten Monaten so viele Dinge gesehen, Aeron, da wird es Euch schwerfallen, mich ernsthaft zu schockieren“, meine Lippen verziehen sich zu einem amüsierten Schmunzeln.
 

„Nun... da werdet Ihr wohl zweifelsfrei recht haben. Wie von Euch gebeten, habe ich mich genauer über Corypheus informiert. Dabei stieß ich in den Archiven in Weisshaupt auf etwas, was ich so nicht für möglich gehalten habe. Bei ihm scheint es sich tatsächlich um einen der Magister aus der alten Zeit zu handeln, die – der Legende zufolge – damals die Goldene Stadt Eures Erbauers betreten haben. Vor mehr als zwanzig Jahren hielt er – oder, besser gesagt eine Kreatur, deren Beschreibung perfekt auf ihn passt – ein Ritual ab, bei dem er mithilfe einer seltsamen Kugel eine sehr starke Magie beschwor. Da diese Kreatur der Dunklen Brut entspringt, hatten es sich die Wächter zur Aufgabe gemacht, diese von seinem Vorhaben abzuhalten und zu töten. Daher wurden einige der stärksten Magier der Wächter ausgesandt, um diese Aufgabe zu erfüllen. Doch Corypheus war gerissen und schaffte es, sie in eine Falle zu locken und ihren Willen mittels eines Zaubers zu kontrollieren. Scheinbar brauchte er Blut für sein Ritual und dazu wollte er die Grauen Wächter benutzen. Eine der Wächter jedoch, eine Elfenmagier namens Fiona, konnte sich seiner Kontrolle entziehen und sein Ritual stören. Die starke Magie, welche Corypheus beschworen hatte, schoss unkontrolliert durch die Gegend, bevor sie auf die Elfenmagierin traf und in ihr verschwand. Fiona gelang es währenddessen, ihre Kollegen von dem Kontrollzauber zu befreien und gemeinsam versetzen sie Corypheus in einen tiefen Schlaf. Den Berichten nach konnten sie ihn nicht töten. Danach wurde er in ein altes Wächtergefängnis in den Freien Marschen gesperrt und mittels Blutmagie versiegelt, damit seine Magie für die Welt keine Gefahr mehr darstellte“, Aeron unterbricht seine Erzählung. „Stimmt etwas nicht?“, frage ich nach. „Das kommt darauf an, wie man es sieht. Die Elfenmagierin Fiona war zu dem Zeitpunkt, wo sie gegen Corypheus kämpfte nämlich im zweiten Monat schwanger. Man machte sich Sorgen um ihre Gesundheit, nachdem diese starke Magie in ihr verschwunden war. Dabei stellte man fest, dass sie ein Kind unter ihrem Herz trug. Wie ihr wisst, ist es ausgesprochen selten, dass Graue Wächter Kinder bekommen. Aber ich schweife ab. Sowohl sie, als auch ihr ungeborenes Kind hatten durch die Magie keinen Schaden davongetragen. Aus Sicherheitsgründen jedoch wurde sie danach die gesamte Schwangerschaft über überwacht. Gut acht Monate später brachte Fiona dann ein Mädchen zur Welt. Bei diesem konnten die Heiler der Grauen Wächter dann die starke Magie wahrnehmen. Reine und mächtige Magie sucht sich eine möglichst reine Seele. Die Seele eines ungeborenen Kindes kommt da ideal. Dennoch konnte man schnell feststellen, dass das Kind selbst keine Befähigung oder aber Begabung zur Magie besaß. Es trug lediglich jene Macht in sich, die Corypheus Monate zuvor beschworen hatte. Um zu verhindern, dass dem Kind etwas geschieht, oder aber diese Macht irgendwie hervorbricht, beschlossen die Grauen Wächter das Kind in ihrem Orden versteckt aufzuziehen. Zwei Monate nach der Geburt ihrer Tochter wurde Fiona dann dem Orden verwiesen, da sie nicht länger als Grauer Wächter arbeiten konnte: Sie trug die Verderbnis nicht mehr in ihrem Blut. Diesen Umstand konnte sich niemand erklären“, fährt er fort. „Allerdings kommt es noch besser: Den Unterlagen zufolge, hatte Fiona bereits als Grauer Wächter ein Kind zur Welt gebracht. Untersuchungen, die daraufhin angestellt wurden, ergaben, dass beide Kinder vom selben Vater stammen. Ich vermute, Ihr könnt Euch bereits denken, worauf es drauf hinausläuft: Der Name ihres ersten Kindes ist Alistair und der ihrer Tochter, nun... Leyla, ihre Tochter, das seit Ihr“, beendet Aeron seinen Bericht.
 

„Wie kann das sein? Alistair und ich sind Menschen“, verwundert sehe ich in seine schwarzen Augen. „Habt Ihr Euch noch nie gefragt, warum sich mein Volk nicht beziehungsweise nur sehr selten mit Mitgliedern Eures Volkes bindet? Die Kinder aus einer Beziehung zwischen Elfen und Menschen sind Menschen. Auf Dauer würde unser Volk aussterben. Daher sind solche Verbindungen verpönt und unüblich“, erklärt er mir. „Zusammengefasst: Die hier anwesende Großverzauberin Fiona hat vor über zwanzig Jahren bereits gegen Corypheus gekämpft und ihn versiegelt. Hawke hat, wenn auch ungewollt, ihn aus seinem Gefängnis befreit und getötet. Da er aber irgendwelche komischen Kräfte hat, rennt er jetzt wieder lebendig hier herum und versucht seinen alten Plan umzusetzen. Und so ganz nebenbei ist die Anführerin der aufständischen Magier auch noch meine Mutter. Habe ich etwas vergessen?“, ich falte meine Hände in meinem Schoß. „Nein, das trifft es ziemlich genau“, der Elf lehnt sich im Sessel zurück. „Großartig!“, seufze ich. „Was habt Ihr jetzt vor, Leyla?“, fragt mich der Wächterkommandant. „Zuerst einmal müssen wir das Problem mit den Grauen Wächtern lösen und verhindern, dass Corypheus seine Dämonenarmee bekommt. Alles weitere sehen wir dann. Ich danke Euch, für Eure Hilfe, mein Freund“, ich erhebe mich und reiche Aeron die Hand. Er tut es mir gleich und drückt sie kurz: „Ihr solltet mit Fiona sprechen. Immerhin ist sie Eure Mutter.“ „Ich... werde darüber nachdenken“, erwidere ich langsam, dann verlasse ich den hinteren Salon.
 

Kurz darauf schreite ich, tief in meine Gedanken versunken, durch die Himmelsfeste. Ich weiß nicht so recht, wie es jetzt weiter vorgehen soll. Ich kann ja schlecht einfach so zu Fiona hingehen und sie fragen, warum sie mir nicht gesagt hat, dass sie meine Mutter ist. Eigentlich darf das gar nicht großartig rauskommen. Der König von Ferelden und der Inquisitor von Thedas sind die Kinder der Anführerin der aufständischen Magier. Wie sieht das denn aus? Es würde sowohl Alistair als auch mich vollständig zerstören. Am besten ich gehe jetzt erstmal zurück in meine Gemächer und schlafe eine Nacht darüber. Morgen kann ich ja mit meinen Beratern darüber sprechen. Die drei sind kompetent und absolut vertrauenswürdig, sie wissen bestimmt Rat. Ja, das klingt nach einem guten Plan. Dann donnere ich schwungvoll gegen eine massive Holztür und finde mich nur Sekunden später auf dem Boden wieder. Fluchend reibe ich meine schmerzende Stirn. Hinter der Türe kann ich lautes Gepolter ausmachen. So langsam merke ich, dass es um mich herum ziemlich dunkel und kühl geworden ist. Haben Aeron und ich solange miteinander gesprochen? Dann wird die Türe vor mir aufgerissen und Cullen steht im Türrahmen. Verblüfft sieht er zu mir herunter: „Ich freue mich ja sehr, dich zu sehen und ich weiß, dass ich dich gebeten habe, dich beim nächsten Mal bemerkbar zu machen, das heißt aber alles nicht, dass du deshalb gleich meine Tür eintreten musst.“ Leicht lachend reicht er mir seine Hand, um mir beim Aufstehen behilflich zu sein. Einen verstimmten Laut von mir gebend, lasse ich mich von ihm hochziehen. An meiner Hand zieht er mich erst ins angenehm warme Innere des Turmes und dann, nachdem er die Türe geschlossen hat, in seine Arme. Einen Moment später haucht er einen Kuss auf meine, noch immer schmerzende, Stirn. „Hm... weißt du, ich wollte eigentlich nur zurück auf mein Zimmer vom hinteren Salon aus, aber irgendwie bin ich hier gelandet. Dann war da auf einmal die Tür und den Rest kannst du dir ja denken“, erkläre ich mich. „Du bist ganz schön vom Weg abgekommen, wenn du hier statt in deinem Zimmer vom hinteren Salon aus angekommen bist“, amüsiert mustert er mich aus müden Augen. „Ich... habe etwas erfahren, was mich wohl ziemlich durcheinander gebracht hat. Aber... das hat Zeit. Du siehst müde aus und ich möchte dich nur ungern vom Schlaf abhalten“, erwidere ich sanft. Dann wende ich mich zum gehen.
 

Doch weit komme ich nicht, da Cullen sich meine rechte Hand greift und mich zurück in seine Arme zieht. „Es stimmt zwar, dass ich etwas müde bin, aber ich habe dich einen ganzen Monat nicht gesehen. Wenn du jetzt schon vor mir stehst, lasse ich dich gewiss nicht einfach so wieder gehen“, dann beugt er sich zu mir und versiegelt meine Lippen mit seinen. Es ist ja nicht so, als ob ich es nicht auch wollen würde. Daher erwidere ich seinen liebevollen Kuss, schmiege mich dabei an ihn. „Warum bleibst du nicht heute Nacht hier und erzählst mir morgen früh, was dich so durcheinander bringt, dass du nicht mal mehr zurück zu deinem eigenem Zimmer findest?“, flüstert er mir ins Ohr. „Damit mich Josephine morgen früh verzweifelt sucht, weil sie vor der Ratsversammlung noch einige Dinge mit mir besprechen will?“, frage ich zurück. „Dann wird sie das wohl auf später verschieben müssen“, brummt er. Lächelnd kuschel ich mich in seine Umarmung. Ich würde nur ungern jetzt alleine zurück auf mein Zimmer gehen. Hat Josie eben Pech gehabt. Zur Versammlung komme ich schon pünktlich. Cullen küsst mich erneut – sanft, liebevoll und innig. „Hm... überzeugt“, schnurre ich leise nach unserem Kuss. Ein glückliches Lächeln erscheint auf seinen Lippen, ehe er mich in Richtung Leiter dirigiert. Er deutet mir, an ihr nach oben zu klettern. Ohne zu zögern folge ich seiner Aufforderung. Ich habe mich vom ersten Tag an gefragt, was wohl hier oben liegt.
 

Tatsächlich ist es sein Schlafzimmer, welches sich direkt oberhalb seiner Arbeitsstube befindet. Womit ich aber weniger gerechnet habe, ist die Tatsache, dass das Dach ein Loch hat. Hier oben ist es daher ziemlich zugig. Sonst ist der Raum genau so liebevoll eingerichtet wie sein Arbeitszimmer. „Cullen, warum lässt du das Loch nicht reparieren?“, frage ich ihn. „Wir haben dafür keine Ressourcen und keine Arbeiter, die sich mit derartigen Reparaturen auskennen“, erklärt er mir. Dann reicht er mir ein schlichtes, weißes Hemd. Schweigend und mit dem Rücken zu ihm ziehe ich meine Kleidung aus und dafür sein Hemd an. Cullen hat sich derweil auch schon umgezogen und auf sein Bett gelegt. Auffordernd hebt er die Decke an. Da es nur in Unterkleidung und seinem Hemd recht kühl ist, krabble ich schnell zu ihm unter diese. Mein Liebster schließt mich in eine wärmende Umarmung. Ich bette meinen Kopf auf seine Brust und lausche dem gleichmäßigen Schlag seines Herzens. „Hier regnet und schneit es dir aber doch rein“, murmle ich. „Das stimmt, aber ich kann auch nachts die Sterne sehen, ohne nach draußen zu gehen“, entgegnet er. „Dafür ist es hier aber auch dementsprechend zugig und kühl“, beharre ich. „Da muss ich dir recht geben“, stimmt er mir zu. „Ich werde mir eine Lösung dafür überlegen“, beschließe ich leise gähnend. Cullen küsst mich auf den Scheitel: „Ich scheine nicht der einzige zu sein, der hier müde ist.“ Eine Antwort erhält er darauf jedoch nichtmehr von mir.

Von Mordaufträgen und Meuchelmördern

Mit einer klitzekleinen Verspätung von fünf Minuten stürmen Cullen und ich am darauffolgenden Morgen in den Ratsraum. Irgendwie haben wir heute morgen beide verschlafen und danach wurde es chaotisch. Lelianas Lippen umspielt ein schwaches, amüsiertes Lächeln. „Da konnten zwei Personen wohl die Finger nicht von einander lassen“, murmelt sie leise an mich gewandt. „Ach du! Sei mir ja still. Wer von uns himmelt den hier Aeron an, hm?“, murre ich genauso leise zurück. „Das habe ich nie behauptet“, zischt sie leise. „Deine Reaktion beweist mir nur, dass ich Mitten ins Schwarze getroffen habe. Du bist nicht die Einzige mit einem hervorragendem Netzwerk, meine liebe Schwester Nachtigall“, antworte ich ihr. Dann wende ich mich einer verärgerten Josephine zu: „Inquisitor! Ich habe den halben Morgen nach Euch gesucht! Es liegen dringliche Angelegenheiten auf meinem Tisch, um die Ihr Euch kümmern müsst! Wo habt Ihr gesteckt?“ „Lady Montilyet, der Inquisitor ist gestern erst von einer langen Reise zurückgekehrt. Da könnt Ihr ihr doch etwas Ruhe nicht verübeln“, mischt sich jetzt auch Cullen mit ein. „Ihr wart ebenfalls zu spät, Kommandant!“, schimpft die Antivanerin. „Und Ihr habt noch nie in Eurem Leben verschlafen?“, fragt er zurück. Die nächsten zehn Minuten vergehen mit Streitigkeiten über Schlafzeiten und Weckmethoden. Dann liest Leliana laut meine Bericht über die Vorkommnisse in den Westgraten vor. Diesen hatte ich jeweils abends in unseren kleinen Nachtlagern verfasst und mit einem Raben vorab losgeschickt.
 

„Diese Angelegenheit wird von Sekunde zu Sekunde ernster“, murmelt Cullen. „Wenn das so weitergeht, hat Corypheus schon sehr bald seine Dämonenarmee, noch bevor wir dazu kamen, etwas dagegen zu unternehmen“, seufzt Leliana. „Wenn Orlais fällt, fällt Thedas. Soweit dürfen wir es nicht kommen lassen“, merkt Josephine an. „Daher sollten wir uns schleunigst überlegen, wie wir das verhindern können“, Leliana sieht erwartungsvoll in die Runde. „Wir werden um eine Schlacht nicht drum herumkommen. Kommandant, wie sieht es mit unserer Truppenstärke aus?“, frage ich nach. „Unsere Armee ist stark genug für einen solchen Feldzug. Wir konnten uns hier in der Himmelsfeste bestens erholen, neu formieren und haben seit unserer Ankunft hier obendrein einen großen Zuwachs an neuen, fähigen Rekruten zu verbuchen“, berichtet Cullen. „Josephine, es gibt doch sicherlich irgendwelche Adlige, die uns Triborke oder Katapulte zur Verfügung stellen könnten, so in der Nähe von Adamant?“, wende ich mich an die Botschafterin. „Ich werde sehen, was sich machen lässt, Inquisitor“, nickt diese, sich Notizen auf ihrem Klemmbrett machend. „Gut. Leliana, entsendet einige Spione, die die Festung Adamant überwachen. Cullen, versetzt unsere Männer in Bereitschaft. Sobald Hawke und Stroud mit ihrem Bericht hier in der Himmelsfeste eintreffen, marschieren wir los in Richtung Adamant. Diese Sache müssen wir möglichst schnell und sauber beenden“, erkläre ich, „gibt es Neuigkeiten bezüglich Kaiserin Celene?“ „In der Tat. Celene wird wohl in den Schatten eines Balls im Winterpalast Friedensgespräche mit Gaspard und Briella führen. Dieser Ball findet in drei Monaten statt“ erläutert Leliana. „Ein Ball? Die perfekte Möglichkeit ungesehen an die Kaiserin heranzukommen und sie zu töten. Josephine, wir brauchen eine Einladung zu diesem Ball“, ernst sehe ich die Angesprochen an. „Ich werde sehen, was ich machen kann, Inquisitor. Wenn Ihr auf den Ball wollt, werde ich dafür sorgen, dass Ihr da sein werdet“, nickt sie mir bestätigend zu. Sehr gut, das wollte ich hören. „Dann erkläre ich diese Versammlung für beendet“, schließe ich unsere Ratssitzung.
 

Nachdem Josephine alle wichtigen Vorgänge mit mir durchgegangen ist und ich mich bezüglich Nicholas noch kurz erkundigt hatte – doch dieser scheint endlich seine Lehren gezogen zu haben – ziehe ich mich zur Bearbeitung der Vorgänge auf mein Zimmer zurück. Dort erlebe ich eine Überraschung. Ich habe gerade meine Gemächer betreten, als eine Stimme meine Aufmerksamkeit auf sich zieht: „Guten Morgen, Mylady.“ Überrascht blicke ich auf und entdecke unweit von mir entfernt Lysaria, meine tollpatschige Dienerin aus Denerim. Direkt neben ihr steht Jacob, ebenfalls mein Diener aus Denerim. „Was macht ihr den hier?“, frage ich die beiden verblüfft. „Wir sind Euch nachgereist, Mylady. Lord Aeron war so freundlich und nahm uns mit hierher“, erklärt Lysaria. „Josephine weiß von euch?“, höre ich nach. „Ja, Mylady. Wir konnten Euch gestern Abend nicht mehr antreffen und heute morgen scheint Ihr das Zimmer in aller Frühe verlassen zu haben“, kommt es naiv von Lysaria zurück. Gedanklich bin ich sehr froh darüber, dass sie glaubt, sie habe mich einfach nur verpasst. Es wäre dezent peinlich geworden, ihr zu erklären, dass ich letzte Nacht gar nicht hier war. „Was ist mit dem König? Weiß er auch, wo ihr seit?“, führe ich mein Verhör fort. „Nein, Mylady. Er warf uns aus dem Palast und drohte uns mit dem Tode, sollten wir es wagen dorthin zurückzukehren“, verneint Jacob. „Nett. Noch mehr Todesdrohungen?“, ich schreite durch den Raum und lasse mich auf meinem Stuhl hinter meinem Schreibtisch nieder. „Nein, Mylady“, erwidert Jacob.
 

„Mylady“, Lysaria reicht mir eine Tasse Tee. Unbedacht greife ich nach dieser. Gerade als ich einen Schluck trinken will, erklingt eine Stimme an meinem rechten Ohr: „Nicht trinken! Giftig!“ Ich schrecke zusammen, lasse die Tasse fallen. Schellend zerspringt diese am Boden. Lysaria stößt einen erschrockenen Laut aus: „Mylady, ist alles in Ordnung?“ „Dunkelheit. Hass. Sie ist so arrogant. So unnütz. Tod. Sie soll sterben. Sie wird nicht gebraucht. Er wird mich belohnen. Sie muss nur sterben“, wispert Cole in mein Ohr. Eine Aussage von Solas bezüglich des Geistes schießt mir durch den Kopf: „Cole ist dazu in der Lage, unsere Gefühle, unseren Schmerz und so zum Teil auch unsere Gedanken und damit verbundenen Erinnerungen zu sehen. Diese Fähigkeit macht er sich zu nutze, um anderen zu helfen. Er sieht was uns weh tut oder wonach wir uns sehnen und versucht, dass dann umzusetzen. Er ist ein Geist des Mitgefühls. Wenn Ihr meine Meinung hören wollt, Inquisitor: Von ihm geht keinerlei Gefahr für uns aus. Gestattet ihm daher, doch einfach hierzubleiben und zu helfen, so wie er es sich wünscht.“
 

Besorgt betrachtet mich Lysaria: „Geht es Euch gut?“ Als sie die Hand nach mir ausstreckt, packe ich mir diese und drehe sie schwungvoll herum. Ihren Arm halte ich am Rücken fest, ihren Oberkörper drücke ich so gezielt nach vorne auf den Schreibtisch. „My... Mylady... was soll das?“, Panik schwingt in ihrer Stimme mit. „Das frage ich dich! Warum war Gift in dem Tee? Wer hat euch den Auftrag erteilt, mich zu töten?“, mit meiner freien Hand habe ich einen Dolch, welchen ich immer versteckt am Körper trage, gezogen und halten ihn ihr an die Kehle. „Ich... ich weiß nicht, von Ihr sprecht, Mylady“, stottert sie. „Lüge!“, Cole erscheint unmittelbar vor ihr. „Was ist das?“, fragt meine Dienerin erschrocken. Doch dieser ignoriert sie und dreht sich zu Jacob herüber: „Ihr auch. Hass. Verzweiflung. Verachtung. Dunkelheit. Kälte. Rache. Sie soll sterben.“ Die Miene des Mannes verzieht sich: „Woher wisst Ihr das?“ „Ihr wollt der wehtuen, die helfen will. Die den Himmel heilen kann. Das ist falsch“, behauptet der Geist. „Also: Warum genau habt ihr beiden diesen Anschlag auf mich geplant?“, frage ich erneut nach. Ein hysterisches Lachen entkommt meiner Dienerin: „Dachtet Ihr wirklich, die ganze Welt würde Euch lieben und zu Füßen liegen? Bei Andrastes brennendem Hintern, seit Ihr wirklich so naiv? Der halbe Adel von Ferelden wünscht sich Euren Tod. Ihr wollt immer helfen! Immer die Gute sein! Wissen diese Leute da unten, wie viele Leute Ihr in Eurem Leben schon getötet habt? Gegen Geld? Wie viele Adlige durch Eure Hand den Tod fanden? Wissen sie, dass sie hier eine kaltblütige Mörderin zu ihrer Heldin gemacht haben? Wissen sie, dass Ihr die berüchtigte Rose D'Eon seit?“ „Wisst Ihr, Mylady, nicht jeder, dem Ihr geholfen habt, wollte diese Hilfe haben. Ihr versucht doch nur, Eure Taten aus der Vergangenheit wieder gut zu machen“, behauptet Jacob. „Ich weiß zwar nicht, wie ihr herausgefunden habt, dass ich mit dem Bündnis in Verbindung stehe oder aber ein tragendes Mitglied davon bin, aber das tut jetzt nichts zur Sache. Wer ist euer Auftraggeber?“, dabei halte ich die Klinge noch dichter an Lysarias Hals. „Euer Bruder, der König höchstselbst“, Jacob zieht ein Messer.
 

„Wer ist wohl schneller, Jacob? Du oder ich? Glaubst du, ich zögere, Lysaria zu töten?“, die Spitze des Dolches schneidet leicht in den Hals meiner verräterischen Dienerin. Ein einzelner Blutstropfen rinnt über die blanke Klinge. „Damit entsprecht Ihr doch nur dem, was sie über Euch behauptet hat“, er zuckt mit den Schultern. Cole zieht zwei Dolche hervor und stellt sich ihm in den Weg. „Dich werde ich wohl ebenfalls beseitigen müssen. Du weißt zu viel“, damit geht Jacob auf ihn los. Statt Lysaria zu töten, schreie ich: „WACHEN!“ Die Türe unten fliegt donnernd auf, schnelle Schritte erklingen. Jacob ist durch meinen Schrei so verblüfft, dass er vergessen hat, anzugreifen. Zwei Soldaten der Inquisition, welche immer in der Nähe meines Quartiers postiert sind, da wir mit solchen Übergriffen gerechnet haben, stürmen in den Raum. Einer geht auf Jacob los und setzt ihn außer Gefecht. In diesen ist wieder Leben gekehrt und verzweifelt versucht er sich gegen den Stärkeren zu wehren. Der zweite Soldat schaut kurz zu mir rüber, sieht dann aber, dass sich Lysaria in meinem Griff kaum bewegen kann, und kommt daher seinem Kollegen zu Hilfe. Raschen Schrittes betreten Josephine und Leliana den Raum. Sie müssen die Aufregung bemerkt haben. „Was ist hier los?“, fragt die Spionin. Jacob sind unterdessen die Hände auf den Rücken gebunden worden. Einer der beiden Soldaten hält ihn fest, während der andere zu mir kommt, um Lysaria ebenfalls zu fesseln. „Euer Inquisitor ist eine eiskalte Mörderin! Sie war es, die Arl Rendorn Howe getötet hat! Sie ist Rose D'Eon!“, schreit meine Dienerin. Doch die Soldaten lassen sich davon nur wenig beeindrucken: „Was sollen wir mit diesen beiden machen?“ „Bringt sie in die Kerker und schickt Kommandant Cullen hierher“, weise ich sie an. „Sehr wohl, Euer Gnaden“, dann führen die beiden Männer den Befehl aus.
 

Cole schüttet unterdessen den gesamten Tee aus dem Fenster. „Was genau ist hier passiert? Ich dachte, dass wären Eure Diener aus Denerim?“, fragt Josephine nach einem Moment der Stille während sie den Geist mit einer Mischung aus Skepsis und Misstrauen betrachtet. Meine Tür fliegt erneut donnernd auf und wird schwungvoll ins Schloss geworfen. Raschen Schrittes kommt Cullen die Treppe herauf. „Zwei meiner Männer sagten, hier wäre es zu einer Handgreiflichkeit gekommen“, erklärt er sein unangekündigtes Eintreten. Arme Tür, heute Abend ist sie bestimmt kaputt, wenn das so weiter geht. „Am besten setzen wir uns erst einmal. Ich muss euch einiges erklären“, entgegne ich. Josephine und Leliana nehmen auf meinem Sofa Platz, Cullen nimmt sich den Stuhl vor meinem Schreibtisch und ich ziehe mir den dahinter dazu.
 

„Diese beiden waren tatsächlich meine Diener aus Denerim. Früher zu mindestens. Heute waren sie hier, um mich auf Geheiß meines Bruders zu töten. Cole konnte mich glücklicherweise rechtzeitig warnen. Dafür bin ich Euch sehr dankbar“, meine letzten Worte richte ich direkt an den Geist, der es sich vor mir auf dem Boden bequem gemacht hat. Bislang hatte ich noch nicht ausgesprochen viel mit ihm zu tun, habe mich aber des öfteren beobachtet gefühlt. Ich bin mir fast sicher, dass das an ihm lag. „Man darf Euch nicht weh tun“, bestimmt dieser. „Wieso das?“, fragt Leliana interessiert nach. Der Geist wendet sich ihr zu: „Sie ist wichtig. Sie kann helfen. Sie ist nett und freundlich. Wärme, Licht, Liebe. Das alles strahlt sie aus. Und Angst. Aber das ist nicht wichtig. Nicht so von Bedeutung. Nicht so wie der Rest. Man darf ihr nicht weh tuen.“ „Ich verstehe diesen Geist nicht“, stöhnt Josephine. „Ich denke, er wollte zum Ausdruck bringen, dass Leyla sich gänzlich von einem Dämon unterscheidet“, mutmaßt Leliana. „Nein! Nicht das! Sie ist anders! Sie hat viel gemacht! Aber sie ist trotzdem gut!“, widerspricht Cole ihr heftig. Mir geht ein Licht auf. „Ihr habt meine Erinnerungen gesehen, nicht wahr? Im Nichts, wenn ich geschlafen habe“, spreche ich ihn an. Der junge Mann wendet sich wieder mir zu: „Ihr seit nicht böse. Sie hatten unrecht. Ihr seit gut. Ihr habt dadurch geholfen!“ Seine holprige Art zu erklären oder allgemein zu reden ist sehr gewöhnungsbedürftig. „Sind seine Worte auf die Aussage Eurer Dienerin bezogen? Ihr wärt Rose D'Eon?“, fragt Leliana nach. „Ich denke, ja“, erwidere ich. Cullen räuspert sich: „Ich will ja nicht unhöflich erscheinen, aber sollte man diesen Namen kennen?“ „Ihr kennt Assassine Rose D'Eon nicht? Kommandant, das ist eine Bildungslücke!“, Josephine sieht ihn überrascht an. „Rose D'Eon ist das Oberhaupt des Bündnis Schwarze Rose. Eine Gilde, die gegen Geld von Spionage, Infiltrieren des Feindes bis hin zu Mord so ziemlich alles des unschönen Gewerbes macht. Allerdings muss jeder Auftrag von ihrer Anführerin Rose D'Eon angenommen werden, sonst brechen die Gildenmitglieder die Regeln“, erklärt Leliana. „Würde diese Dame dann nicht entsprechend gefährlich leben?“, überlegt der Kommandant. „Das ist der Clou an dem Ganzen. Niemand hat Rose D'Eon je zu Gesicht bekommen, selbst ihre engsten und längsten Mitglieder nicht. Alles funktioniert über Mittelsmänner. Nur wenn man am richtigen Ort zur richtigen Zeit einen Auftrag deponiert, wird dieser weitergeleitet. Meistens holen Kinder die Aufträge ab, bringen sie zu jemanden, der sie weiterleitet und so weiter. Die Kette ist riesig, um die Anonymität von Rose zu gewährleisten“, führt die Spionin aus.
 

„Nun, scheinbar hat die Kette ein Leck. Sonst hätten sie es nicht herausfinden können. Bevor ihr drei jetzt einen Herzstillstand bekommt: Lysarias Aussage bezüglich meiner Person entspricht der Wahrheit. Ich bin die Frau, die viele unter dem Synonym Rose D'Eon kennen. Während meiner Jugend habe ich oft Spionageaufträge durchgeführt. Dabei stieß ich immer wieder auf Leute, die sehr fähig waren und eine gut bezahlte Arbeit nicht ablehnen würden. Da ich aber nicht unter meinem richtigen Namen in diesem Gewerbe kursieren konnte, nannte ich mich Eirika. Wenn die Leute wissen wollten, zu wem ich gehöre, behauptete ich, ich sei ein Mitglied des Bündnis Schwarze Rose. Immer wieder wollten sich Leute diesem Bündnis anschließen. Ich wäre dumm gewesen, diese Hilfe abzulehnen. Daher beschloss ich, mein Spiel weiter zuspielen. Ich trieb es so weit, dass ich mir ein Netzwerk aufgebaut habe, welches sich über ganz Thedas erstreckt. Viele Mitglieder dieses Bündnis sind namenhafte Personen, deren Verbindung zu uns nicht bekannt ist. Mit der Zeit wurden einige misstrauisch. Da kam mir Zevran sehr gelegen. Er erhielt von mir den Decknamen Mikajan. Anschließend schleuste ich ihn gezielt in das Bündnis ein und lies es dabei so aussehen, als wäre er schon seit langem Rose rechte Hand. Um weiteren Gerücht vorzubeugen, arbeitete er als mein Partner. Die Bündnismitglieder nahmen mir die Lüge ab. Mikajan wurde zu einem tragenden Mitglied unserer Gilde, dessen Autorität niemand in Frage stellt.

Allerdings muss ich betonen, dass Mordaufträge nur dann durchgeführt wurden, wenn es sich um korrupte und ihre Untergebene schlecht behandelnde Adlige handelte beziehungsweise wir berechtigte Gründe zur Annahme von begangenen Straftaten durch jene Person hatten. Andernfalls wurden die Aufträge von uns abgelehnt. Auch wenn sich wohl dämlich anhört, aber wir haben unsere Prinzipien. Wir töten keine guten Leute, nur weil ihre mächtigen und einflussreichen Feinde das gerne so hätten. Solche Prinzipien sind gefährlich, weshalb wir schon das ein oder andere Mal unsere möglichen Auftraggeber zum schweigen bringen mussten.

Heute sind wir in erster Linie ein Spionagenetzwerk, dass die Geschehnisse der Welt allerorts im Auge behält“, ende ich.
 

„Was hat es mit der Behauptung, Ihr hättet Arl Howe getötet, auf sich?“, will Botschafterin Montilyet wissen. „Das... stimmt. Das Bündnis Schwarze Rose konnte herausfinden beziehungsweise beweisen, dass Arl Howe die Familie Cousland verraten hat und bis auf Fergus Cousland und Sophia Cousland, welche beide bei dem Angriff nicht zu gegen waren, aus rachsüchtigen Gründen getötet hat. Es waren seine Männer, die damals den Angriff durchführten, auf seinen Befehl hin. Sophia Cousland wurde von einem Mitglied der Schwarzen Rose gefunden. Sie verlangte das Blutrecht. Als dieser Auftrag mich erreichte, habe ich ihm stattgegeben. Da wir uns zu diesem Zeitpunkt gerade in Denerim befanden, schlichen Zevran und ich uns in das Howe-Anwesen ein. Während er gezielt die Wachen ablenkte und verwirrt, tötete ich Arl Howe und vollzog so in Teynora Couslands Namen das Blutrecht“, ruhig sehe ich meine Berater an. „Die meist gefürchtetste Assassine der Welt ist die Prinzessin von Ferelden“, Josephine schüttelt den Kopf. „Ich finde das interessant. Seit langem schon versuche ich, mit der Schwarzen Rose Kontakt aufzunehmen. Gerade weil mir auffiel, dass ihre Opfer durch die Bank weg Verbrecher waren. Nur gelang es mir nie“, Leliana beugt sich interessiert in meine Richtung vor, „ich denke, wir können uns das zu nutze machen!“ „Allerdings müssen wir dringend dafür sorgen, dass die Öffentlichkeit nichts davon erfährt“, stöhnt die Botschafterin auf, „das wird nicht einfach.“ „Ach was, dass schaffen wir“, behauptet Leliana selbstsicher, „wenn Ihr gestattet, sorge ich dafür, dass Eure ehemaligen Diener schnell und unauffällig verschwinden.“ „Nein, Ihr solltet ihnen öffentlich den Prozess machen. Stellt ihre Aussagen als falsch dar. Bezichtigt sie dem Verrat! So können wir von uns ablenken“, entgegnet die Antivanerin. „Mich erinnert die „Schwarze Rose“ an die „Freunde der Roten Jenny““, murmelt Cullen. „Stimmt. Stille Kämpfer der Gerechtigkeit. Warum nicht? Das sind alles Sachen, mit denen sich arbeiten lässt“, grinst Leliana sehr zufrieden. „Soll ich dann den Prozess vorbereiten?“, will Josephine wissen. Ich stimme ihr nickend zu. Irgendwie habe ich mehr Schrecken über diese Eröffnung gerechnet. Doch die Drei benehmen sich so, als sei es das normalste von der Welt. Gut, ich will mich nicht beschweren.

Der Champion und die Schwarze Rose

Nachdem mich meine Berater und auch Cole alleine gelassen haben, stehe ich auf und begebe mich auf meinen Balkon. Mit verschränkten Armen denke ich über den Tag nach, an dem ich zum ersten Mal Garret Hawke begegnet bin und den Beginn unserer gemeinsamen Reise...
 

Flashback:

3 Jahre zuvor in Kirkwall

„Wenn ich es Euch doch sage, Hawke! Diese Frau hat Talent! Sie wäre eine hervorragende Ergänzung für unsere Gruppe! Jetzt wartet doch erst einmal ab, bis Ihr sie kennengelernt habt!“, lautstark weht uns die Stimme des Zwerges Varric Tethras entgegen, als mein Begleiter und ich die Taverne „Zum gehängten Mann“ in der Unterstadt betreten. Zielstrebig marschieren wir auf eben jenen zu. Der zwergische Armbrustschütze sitzt in der hintersten Ecke der Taverne an einem runden Tisch zusammen mit einer orangehaarigen und einer schwarzhaarigen Frau, einem blondhaarigen so wie einem schwarzhaarigen Mann. „Ah, da ist sie ja. Und wie ich sehe in Begleitung. Setzt euch zu uns“, fordert uns Varric auf. „Meine Freunde, darf ich euch Eirika vorstellen? Eine meiner Kontakte“, stellt er uns vor. Letzteres stimmt sogar. Varric kennt mich als Assassine und Spionin. Schon so manches Mal habe ich ihm einige Informationen zugespielt. Irgendwie kam es dann dazu, dass er ein Mitglied der Schwarzen Rose wurde. „Wer ist den Euer Begleiter, Eirika?“, fragt mich der Schütze. „Das hier ist Mikajan“, stelle ich den Elfen an meiner Seite vor. Der Blonde nickt kurz in die Runde. „So, und für euch beide: Das hier sind Hawke, Aveline, Anders und kleine Hawke“, der Zwerg deutet der Reihe nach auf die entsprechenden Personen. „Kleine Hawke?“, ein prustendes Lachen entkommt mir. „Ich heiße Bethany“, stellt die Kleine Hawke richtig. „Sehr erfreut“, erwidere ich lächelnd. „Varric, was zum Nichts soll das?“, fragt Hawke. „Nun, unser gemeinsamer Bekannter hat mir Arbeit versprochen. Dabei erwähnte er allerdings nicht, dass ich es mit Garret Hawke persönlich zu tuen bekomme“, ich lasse mich auf meinem Stuhl nieder. „Ihr kennt mich?“, wendet sich dieser an mich. Augenscheinlich ist er der Anführer der kleinen Truppe. „Jeder kennt Euch. Ihr habt für Athenriel gearbeitet und ihr zu einer erstaunlichen Macht hier in Kirkwall verholfen. Die halbe Unterwelt der Freien Marschen spricht von Euch“, entgegne ich schulterzuckend. „Und hier gehört zu eben jener Unterwelt?“, skeptisch zieht er eine Augenbraue in die Höhe. „Im weiteren Sinne: Ja. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass wir beide uns einig werden. Von einer Zusammenarbeit könntet Ihr nämlich ebenso profitieren wie wir“, ich winke Nohra zu mir und bestelle bei ihr eine Flasche antivianischen Brandwein. „Tatsächlich?“, er lehnt sich in seinem Stuhl mir gegenüber zurück, „dann erklärt mir doch mal wie!“
 

Nohra tritt an den Tisch und bringt den Brandwein. Ich reiche ihr die Bezahlung dafür und schenke mir ein, ehe ich beginne: „So weit ich informiert wurde, wollt Ihr an einer Expedition in die Tiefen Wege teilnehmen. Dafür benötigt Ihr aber eine entsprechende Summe, um Teil dieser Expedition zu werden. In den Schatten wird viel erzählt. Und noch mehr dort haben gut bezahlte Aufgaben, die Euch das benötigte Kleingeld einbringen könnten. Darüber hinaus könnte ich dafür sorgen, dass Ihr und Eure Schwester nicht von den Templern gefunden werdet und – sofern Interesse daran besteht – könnte ich Euch mit einer Menge Informationen versorgen. Wir sind gute Kämpfer. Es gibt keinen Ort wo Mikajan und ich nicht reinkommen. Wenn Ihr es wünscht, begleiten wir Euch auch in die Tiefen Wege. Die benötigte Erfahrung im Umgang mit Dunkler Brut haben wir ebenfalls. Sagt mir, was spräche gegen uns?“ „Und wo genau ist der Haken an der ganzen Sache? Was verlangt Ihr als Gegenleistung?“, seine Stimme hat das Desinteresse verloren. „Ihr gestattet es uns, dass wir uns Euch anschließen und mit Euch reisen, im Gegenzug erhaltet Ihr unsere Kampfstärke und unser Wissen“, erwidere ich ruhig. „Warum genau wollt Ihr Euch uns anschließen? Dafür muss es doch einen Grund gegen?“, schaltet sich nun auch Aveline mit ein. „Natürlich gibt es den. Wenn Ihr es wissen wollt: Wir sind hier um Kirkwall zu beobachten. Man hat uns eine hübsche Summe dafür überlassen, dass wir die gefährliche Situation hier beobachten und Informationen darüber an unseren Auftraggeber übersenden. In der Begleitung einer Persönlichkeit wie Euch, Hawke, fallen wir überhaupt nicht auf und können ungestört unsere Berichte verfassen“, gebe ich preis. „Bitte?! Ihr seit hier, um zu spionieren!“, zischt Aveline. „Meine Liebe, wir sind hier um einen möglichen Krieg zu verhindern. Es liegt im Sinne unseres Auftraggebers, dass Kirkwall als unabhängiger Stadtstaat bestehen bleibt. Doch die hier anwesenden Qunari werden aller Wahrscheinlichkeit nach einen Grund für ihre Anwesenheit haben. Ferner befürchtet man ein Ausarten in Bezug auf den Zirkel. Ich versichere Euch, dass unsere Absichten nicht zu Kirkwalls Schaden sind. Der Fall dieser Stadt könnte den Fall der Freien Marschen bedeuten und vielleicht eine neue Zeit des Krieges über Thedas bringen. Und das möchte sicherlich keiner“, antworte ich. „Dann sagt doch mal, wer eurer Auftraggeber ist?“, verlangt diese zu erfahren. „Vergesst es, Bella. Unsere Auftraggeber bleiben anonym“, entgegnet Mikajan.
 

„Hawke, mir gefällt das ganze nicht. Wir wissen nicht, ob wir ihnen trauen können“, wendet sich Aveline nun an Garret. Dieser nickt langsam: „Ohne Beweis für Euer Vertrauen wird es schwer, Euch zu glauben.“ „Wie können wir Euch das beweisen?“, frage ich ihn. „Euch scheint diese Zusammenarbeit ausgesprochen wichtig zu sein“, kommt es interessiert von Bethany. „Könnt Ihr mir das verübeln? Es wäre für uns eine deutliche Erleichterung“, gelassen nehme ich einen Schluck des Weines. „Wie steht Ihr zu den Magiern?“, verlangt unerwartet Anders zu wissen. „In Bezug worauf?“, frage ich zurück. „Verdienen sie Eurer Meinung nach die Freiheit?“, der Blonde begegnet meinem Blick. Ist das jetzt eine Falle? Ein Test? „Ich glaube, dass es der falsche Weg ist, die Magier in Zirkel wegzusperren und sie ihrer Familien zu entreissen. Sie sollten in unserer Gesellschaft nicht für etwas benachteiligt werden, wofür sie nichts können. Wir können nicht verändern, als wer wir geboren werden. Ich glaube, wir brauchen Reformen im Umgang mit den Magiern. Wir können nicht erwarten, dass sie uns und unsere Ängste verstehen, wenn wir uns keine Mühen machen, sie zu verstehen. Unkontrollierte Magie stellt eine Gefahr dar. Das ist Fakt. Aber... drängen wir die Magier durch unsere Ausgrenzung von ihnen in unserer Gesellschaft nicht zu Dingen, die falsch sind? Nur wenn sich beide Parteien einander annähern und auf den jeweils anderen eingehen, kann ein friedliches Leben zwischen Magiern und Nichtmagiern gewährleisten werden“, äußere ich meine Meinung. „Dann würdet Ihr einer Auseinandersetzung mit der Kirche die Magier vertreten und Euch für sie einsetzen?“, hakt er nach. „Ja, aber nur wenn sie sich an die Gesetze der Kirche halten. Ich unterstütze keine Blutmagie oder Dämonenbeschwörungen!“, mache ich meine Standpunkt deutlich. „Gut gesprochen. In Euren Augen liegt Ehrlichkeit. Ich weiß zwar nicht, wer genau Ihr seit, aber Ihr seit auf keinen Fall eine Spionin der Templer. Wenn Ihr mit uns zusammenarbeitet, macht Ihr Euch unter Umständen zu deren Zielscheibe. Denn Anders, Bethany und ich sind Magier, Abtrünnige wenn Ihr so wollt. Es kann zu Kämpfen mit den Templern kommen. Seit Ihr Euch sicher, dass Ihr das wollt?“, lenkt Garret meine Aufmerksamkeit auf ihn zurück. „Wenn das der Preis für dafür ist, dann ja“, ich werfe einen Seitenblick auf Mikajan. „Was auch immer du für richtig hältst. Du weißt, ich folge dir, bis in den Tod wenn nötig“, stimmt dieser zu. „Dann freue ich mich auf unsere Zusammenarbeit“, Hawke reicht mir die Hand. Ich nehme sie an und erwidere seinen Händedruck.
 

Drei Wochen später:

Gähnend betrete ich den Markt der Oberstadt. Varric hat mich aus dem Bett geworfen, nachdem er gut eine Viertelstunde lang meine Türe verprügelt hat. Die Nacht war aufgrund eines kleinen Nebenauftrag, den ich gestern noch ausgeführt hatte, entsprechend kurz. Allerdings brauche ich das Geld zur Finanzierung einer neuen Lederrüstung, da meine Alte in den Kämpfen gut zu schaden gekommen ist. „Guten Morgen, Eirika“, begrüßt mich Anders. Ich hebe noch leicht verschlafen die Hand zum Gruß. „Lange Nacht gehabt?“, fragt er amüsiert. Von mir erntet er dafür einen halbbösen Blick. „Wo habt Ihr Mikajan gelassen?“, Bethany sieht sich suchend nach meinem elfischen Begleiter um. „Der kam nicht nach Hause. Muss wohl noch irgendwelche Dirnen flachgelegt haben“, zucke ich mit den Schultern. „Worum genau geht es hier eigentlich?“, hinterfrage ich. Mir wurde nur gesagt, ich soll in einer Stunde am Markt hier sein, in der Nähe von Huberts Stand. „Stimmt, Ihr habt das nicht mitbekommen. Bis gestern wart Ihr ja noch auf der Jagd nach den Söldnern der Flint-Gesellschaft. Es gibt eine Reihe von verschwunden Rekruten der Templer. Die Schwester eines gewissen Keran hat uns gebeten, ihn zu suchen. Dabei trafen wir gestern Nachmittag etwas außerhalb von Kirkwall auf Templerhauptmann Cullen, der damit beschäftigt war einen anderen Rekruten, ein Freund von Keran, zu verhören. Der Junge aber verwandelte sich in eine Abscheulichkeit. Wir halfen also heldenhaft dem Templer und wurden dann gebeten, die Sache weiter zu untersuchen. Er nannte uns die „Blühende Rose“. Da wollen wir gleich hin“, erklärt Varric. „Wie ich sehe, habt Ihr mir schon die Erklärung abgenommen“, Hawke tritt auf uns zu. „Eine Sekunde mal: Ich dachte, nur Magier könnten Abscheulichkeiten werden?“, verdutzt und nun vollkommen wach sehe ich die anderen an. „Das dachten wir auch. Aber das gestern hat uns gezeigt, dass es wohl doch möglich ist“, unser Anführer zuckt mit den Schultern. „Ich würde auf Blutmagie tippen. Sonst fällt mir keine Magieform ein, die mächtig genug wäre, so etwas zu Stande zu bringen“, vermutet Anders. „Und jetzt gehen wir zur „Blühenden Rose“ oder wie?“, frage ich leicht ungläubig. Synchrones Nicken ist die Antwort. „Ihr habt mich geweckt, damit ich mit in ein Bordell komme?!“, wende ich mich zu Varric. „Na ja, Ihr seit doch ein attraktive, junge Frau. Vielleicht brauchen wir Eure und Sonnenscheins Waffen einer Frau“, sagt der Zwerg. Zu mindestens kann niemand behaupten, er sei unehrlich. Ich quittiere seine Aussage mit einem galant Augenverdrehen. Dann setzen wir uns in Bewegung.
 

Nachdem wir diese merkwürdige Maleficar, Iduna, besucht hatten und herausfanden, dass das Versteck der Blutmagier sich in der Tiefstadt befindet, sind wir nun auf dem Weg dorthin. „Wisst ihr was mich interessieren würde? Warum genau beschwören sie Dämonen in Templer hinein?“, frage ich die anderen. „Eine gute Frage. Vielleicht kann uns ja diese Tharone die Antwort dazu liefern“, kommt es mit grimmiger Entschlossenheit von Garret zurück. Seit wir zusammen arbeiten ist mir aufgefallen, dass er zwar durchaus ein guter Anführer ist, aber strategisch definitiv nicht viel drauf hat. Was er manchmal für Pläne vorschlägt! Da ist mir schon mehr als einmal schlecht geworden. Unerwartet bleibt Anders vor mir stehen, was zur Folge hat, dass ich in ihn reinlaufe. Verwundert hebe ich den Kopf: Auch die anderen sind stehen geblieben. „Ich glaube, wir sind da“, Varric deutet nach vorne:
 

Vor uns in der Luft befindet sich ein junger Mann, welcher wohl durch einen Zauber dort gehalten wird. Zögerlich treten wir näher. Schritte erklingen und einige Magier, angeführt von einer Frau, erscheinen. „Wie schön, noch mehr Gefäße für unsere Experimente!“, freut sich die Fremde. „Seit Ihr Tharone?“, skeptisch betrachtet Hawke sie. „Das stimmt“, bestätigt die Fremde. „Was habt Ihr mit den Templern vor?“, fragt Bethany vorsichtig nach. „Sie dienen uns als Gefäße für die Dämonen. Die Templer glauben, sie könnten das Erstarken eines neuen Reiches verhindern! Doch da liegen sie falsch! Wir Magier werden über sie herrschen! Wir werden über alle herrschen! Wie viele Abscheulichkeiten in ihren eigenen Reihen werden wohl notwendig sein, um die Kommandantin in den Wahnsinn zu treiben?“, ein fanatischer Ausdruck ruht in ihren Augen. „Ihr seit verrückt! Wollt Ihr die Lage für die Magier noch mehr verschlimmern?“, ich trete vor. „Was wisst Ihr schon darüber. Ihr lebt doch in Freiheit, als gewöhnlicher Mensch“, wirft sie mir vor. „Es ist wirklich schade, dass wir ihren Hauptmann nicht bekommen können. Stellt Euch die Panik nur vor, die es auslösen würde, wenn Templerhauptmann Cullen zur Abscheulichkeit würde“, Tharone lacht, „oh... die Kommandantin würde ausrasten!“ Haarscharf saust eines meiner Wurfmesser an ihrer Wange vorbei: „Euer Wahnsinn endet nun!“ „Oh... habe ich da etwa einen wunden Punkt getroffen? Nein, wie niedlich! Ihr kämpft an der Seite von Magiern und habt ein Faible für den Templerhauptmann?“, grinst mich die Maleficar an. „Hawke? Habt Ihr was dagegen, wenn ich sie aufschlitze?“, frage ich betont ruhig. Lass dich bloß nicht von deinen Gefühlen übermannen. Ganz ruhig. Hier darf niemand erfahren, wer du bist! Gedanklich rufe ich mich zur Ordnung. „Nein, macht ruhig“, erwidert unser Anführer.
 

Tharone erlebt wohl den Schrecken ihres Lebens, als ich in den Schatten verschwinde und nur Sekunden später in ihrem Rücken erscheine. Einer meiner Dolche schlitzt ihr die Kehle auf. Mit einem letzten, gurgelnden Laut geht sie zu Boden. Die andern Blutmagier versuchen noch, sich zu retten, doch haben sie keine Chance. Fünf Minuten später säumen ihre Leichnamen den Boden. Gemeinsam wenden wir uns nun dem, in der Luft schwebenden, jungen Mann zu. Just in diesem Moment schwindet die Macht des Zauber, welcher diesen in der Luft hält, und der Mann fällt zu Boden.
 

Vorsichtig nähert Hawke sich ihm. Der Fremde kommt zu sich und schlägt die Augen auf. „Keran?“, Garret geht mit etwas Abstand in die Knie. Der Fremde stemmt sich leicht hoch: „Ja, so heiße ich. Und wer seit Ihr?“ Der Templer steht auf, blickt sich desorientiert um: „Ist es vorbei? Die Stimmen sind weg. Wo bin ich hier?“ „Erinnert Ihr Euch daran, wie Ihr hier hergekommen seit?“, fragt Hawke ihn. Keran wendet sich ihm zu: „Ich... war bei einer Dame und danach... ist alles verschwommen. Die Dame hat ihre Krallen in mich reingeschlagen und... da waren... Schreie. Vielleicht meine eigenen.“ „Ich will ja nichts sagen, aber er könnte gefährlich sein“, seufzend stelle ich mich neben Hawke. „Wie meint Ihr das?“, verwirrt sieht der Junge mich an. Er kann nicht viel älter sein als ich. „Es könnte sein, dass Ihr einen Mitbewohner habt. Einen Dämon. Nur einen ganz kleinen versteht sich“, ich stemme die Hände an die Hüften. „Was?! Nein, da bin nur ich! Kein Dämon!“, ruft dieser erschrocken aus. „Gibt es eine Möglichkeit, das zu überprüfen?“, fragend blickt Garret zu Anders herüber. „Leider nein, außer Ihr habt hier irgendwo einen Bekannten, der Mitglied des Ordens der Sucher ist. Ich glaube, sie können so etwas“, erwidert der Blonde. „Ich schwöre Euch, dass da niemand außer mir ist“, kommt es von Keran. „Geht nach Hause, Eure Schwester sucht überall nach Euch“, erwidert unser Anführer jedoch nur. Keran nickt und verschwindet.
 

„Was machen wir jetzt? Wir müssen Hauptmann Cullen irgendetwas sagen“, seufzend wendet Garret sich uns zu. „Ihr solltet das mit der Blutmagie nicht zu sehr betonen. Das könnte zu großen Schwierigkeiten führen“, rät ihm Anders. „Glaubt Ihr, der Junge ist wirklich eine Gefahr?“, fragt mich Bethany unvermittelt. Ich lege den Kopf schief und schließe für einen Moment meine Augen. Dann atme ich tief aus und begegne ihrem Blick: „Ja, das glaube ich. Es besteht die Gefahr einer dämonischen Besessenheit und wir können nicht feststellen, ob dem nicht so ist. Er stellt somit eine potenzielle Gefahr dar. Für den Templerorden, die Magier und ganz Kirkwall.“ „Was würdet Ihr tuen? Ich würde ihn ungern dem Tode überlassen“, bittet mich Hawke um Rat. „Ich habe viel von Hauptmann Cullen gehört, sofern er derjenige ist, von dem ich vermutete, dass er es ist. Man kann mit ihm reden. Ich denke, wir können verhindern, dass der Junge stirbt, aber er wird wohl dem Orden verwiesen werden. Wir sollten bei der Wahrheit über die Vorfälle bleiben. Mal angenommen, in Keran steckt ein Dämon und dieser kommt zum Vorschein. Wir setzen uns aber jetzt für ihn ein oder verschweigen diesen Umstand ganz. Dann wird uns die Kommandantin daraus einen Strick drehen und umbringen lassen. Das Risiko ist zu hoch. Wenn wir aber ehrlich sind, kann man uns nicht vorwerfen, wir hätten wissentlich Informationen zurück gehalten. Dann obliegt Kerans Schicksal einzig und allein dem Templerorden“, schlage ich ihm vor. „Die ihn vielleicht töten!“, gibt Bethany zu bedenken. „Vielleicht. Wenn wir die Sache aber direkt mit Hauptmann Cullen klären, dann nicht“, entgegne ich. „Wieso sollte ausgerechnet der Hauptmann seinen Tod verhindern?“, Anders verschränkt die Arme vor der Brust. „Weil er ein guter Mann ist, der auf seine Leute achtet. Er ist nicht vorschnell mit einem Todesurteil bei der Hand“, antworte ich. „Auf mich hat er einen ziemlich magierfeindlichen Eindruck gemacht“, murmelt Hawke. „Es geht aber jetzt um Templer. Um seine eigenen Rekruten“, halte ich dagegen. „Ihr habt Euch da ziemlich drin verrannt, was? Also gut, versuchen wir es. Vielleicht habt Ihr ja recht“, damit gibt Hawke die Anweisung zum Weiterziehen.
 

Eine halbe Stunde später erreichen wir den Hof der Galgenburg. Dort umarmt Keran gerade vollgerüstet seine Schwester, vermute ich mal. Zielstrebig gehen wir auf die beiden zu. Bei ihnen steht ebenfalls Hauptmann Cullen. Beim Näherkommen bemerke ich, dass es sich tatsächlich um den gleichen Cullen zu handeln scheint, dem ich schon im Zirkel der Magie in Ferelden begegnet bin. Hoffentlich erkennt er mich nicht. Sonst wird das hier gleich zu Problemen führen. „Einige Blutmagier verfolgten das Ziel, Euren Orden zu infiltrieren. Wir konnten sie jedoch erfolgreich vernichten“, beginnt Hawke an Cullen gewandt. „Dann wurden tatsächlich Dämonen in unsere Rekruten beschworen?“, fragt dieser. „Das war das Ziel, welches sie verfolgten, ja“, bestätigt Garret. „Dämonen... hat er gerade Dämonen gesagt“, die Schwester von Keran tritt von diesem zurück. Kurz irrt der Blick unseres Anführers zu mir. Er nickt mir leicht zu. Ich verstehe und trete vor. Bitte, das muss jetzt gut gehen. „Es besteht die Gefahr einer dämonischen Besessenheit bei Keran“, eröffne ich. Damit haben wir uns entschieden und Kerans Schicksal besiegelt. Entsetzen spiegelt sich in den goldenen Augen des Hauptmanns wider. „Die Anführerin der Maleficare, eine gewisse Tharone, eröffnete uns, dass sie das Ziel hatten, möglichst viele Rekruten mit Dämonen zu versehen um das System des Ordens zu kippen. Sie und all ihre Anhänger fanden den Tod. Allerdings können wir nicht ausschließen, dass Keran davon betroffen ist. Was Eure anderen vermissten Rekruten betrifft. Nun...“, ich atme tief durch, „ich denke, es reicht, wenn Ihr wisst, dass Ihr die Suche nach ihnen einstellen könnt.“ Dann trete ich wieder nach hinten.
 

„Hauptmann, ich versichere Euch, dass ich widerstanden habe!“, beschwört Keran ihn, „bitte, ohne meinen Posten hat meine Schwester nichts zu essen.“ „Ich muss Euch Euren Posten entziehen, Keran, das wisst Ihr. Sollte auch nur die geringste Gefahr bestehen, dass Ihr zu einer Abscheulichkeit werden könntet, könnt Ihr nicht länger dem Orden dienen!“, entgegnet Cullen streng. „Bitte, das glaubt Ihr doch nicht wirklich! Keran ist keine Gefahr! Hawke?“, verzweifelt wendet sich seine Schwester an Garret. „Das können wir nicht wissen, Mascha“, unser Anführer senkt den Kopf. „Keran, Ihr seit mit sofortiger Wirkung des Ordens verwiesen! Männer, geleitet Ihn nach draußen“, befiehlt Cullen. „War es das, was Ihr wolltet?“, wirft uns Mascha vor, ehe sie ihrem Bruder folgt. Der Hauptmann der Templer wendet sich uns zu: „Ihr habt dem Orden einen großen Dienst erwiesen. Ich werde der Kommandantin davon berichten. Hier, die versprochene Belohnung.“ Er überreicht Garret einige Goldstücke. Dieser nickt kurz. „Gehen wir“, wendet er sich an uns andere. Gerade als ich mich abwende, spüre ich eine Hand auf meiner Schulter, die mich sachte zurückhält: „Würdet Ihr mir verraten, wie Ihr heißt? Ich meine, Euch schon einmal gesehen zu haben.“ Überrascht aber mit einem kleinem Lächeln drehe ich mich noch einmal zu Cullen um: „Da müsst Ihr Euch Ihren, Hauptmann. Aber, wenn es Euch so sehr interessiert: Ich bin Eirika.“ Dann folge ich den anderen. Andraste sei dank, das ist gerade nochmal gut gegangen...

Flashback Ende
 

Eine warme Hand, die sich sanft auf meine Schulter legt, holt mich in die Gegenwart zurück. Einem inneren Impuls folgend lehne ich mich an den gerüstet Mann an meiner Seite. „Eirika, hm?“, Cullen blickt in die Ferne. Ich lache leise: „Du hast lange gebraucht. Damals in Kirkwall ist es dir gar nicht aufgefallen.“ „Damals in Kirkwall hätte ich auch nie erwartet, dass ausgerechnet die Prinzessin von Ferelden sich mit den dortigen Problemen beschäftigen würde“, entgegnet er. „Warum bist du hier? Ist etwas passiert?“, frage ich. „Nicht direkt. Hawkes Bericht ist eingetroffen. Ich dachte, dass würde dich interessieren“, erwidert er. „Und, wie ist die Lage?“, ich wende meinen Blick nicht von den Gipfeln des Frostgebirges ab. „Ernst. Wir müssen uns beeilen, sonst ist der Orden wohl endgültig verloren“, antwortet er mir ehrlich.

Hier wartet der Abgrund - Die Schlacht bei Adamant

Während unsere Armee bereits in Richtung Adamant zieht, halten Leliana, Josephine, Cullen und ich vier Tage später diesbezüglich eine letzte Ratsversammlung ab, ehe Cullen, meine Gefährten und ich morgen ebenfalls in die Schlacht ziehen werden. Da wir aber nicht mit dem Heer reisen, sondern alle zu Pferd, werden wir zeitgleich mit unseren Truppen vor Ort eintreffen.
 

Leliana beginnt unsere Versammlung: „Festung Adamant hat der Dunklen Brut seit der Zeit der zweiten Verderbnis getrotzt.“ „Das heißt, sie wurde vor dem Zeitalter moderner Belagerungsgeräte gebaut“, schlussfolgert Cullen, „ein gutes Tribork reißt große Löcher in diese alten Mauer. Und dank unserer werten Botschafterin...“ Er lässt seinen Satz unvollkommen und sieht zu Josephine herüber, welche sofort fortfährt: „Lady Sera von Jayda leiht der Inquisition Ihre Pioniere. Sie haben die Triborke schon in Stellung gebracht.“ „Das ist die gute Nachricht“, meint Leliana. „Und die schlechte?“, frage ich nach. „Für Erimond war das Ritual in den Westgraten ein Test. Gut möglich, dass er in der Festung schon sein Dämonenheer sammelt“, erklärt sie. „Unsere Truppen können das Tor nehmen, aber wenn die Wächter schon ihre Dämonen haben...“, Cullen bricht ab. „Ich habe Baupläne von Adamant gefunden. Es gibt einige Engstellen, die wir nutzen können, um das Schlachtfeld zu begrenzen“, widerspricht ihm Leliana. „Sehr gut. Wir können sie wahrscheinlich nicht direkt besiegen, aber... wenn wir ihren Nachschub kappen, kommt Ihr vielleicht an Kommandantin Clarel heran“, überlegt der Kommandant. „Das ist wohl unsere beste Option“, gebe ich ihm seufzend recht. Mir ist schon jetzt klar, dass das alles in einem riesigen Blutbad enden wird. „Es wird ein harter Kampf, keine Frage. Aber, wir öffnen dieses Tor!“, Cullen hält selbstsicher und von unserer Truppenstärke überzeugt meinen Blick fest. „Außerdem wäre es möglich, dass einige Wächter unserer Sache gewogen sind“, mutmaßt Josephine. „Vielleicht lassen die Krieger mit sich reden, aber sie werden sich kaum offen gegen Clarel wenden“, gibt Leliana zu bedenken, „die Magier allerdings sind Sklaven Corypheus. Sie kämpfen bis zum Tod.“ „Unsere Belagerungstruppen und -maschinen sind in Kürze bereit, Inquisitor. Auf Euren Befehl hin wird Adamant fallen“, mit diesen Worten von Cullen und einem abschließenden, zustimmenden Nicken meinerseits endet unsere Ratssitzung.
 

Direkt in Anschluss machen sich Cullen, meine Gefährten und ich uns auf den Weg nach Adamant, um dort auf unser Hauptheer zu treffen. Es zählt jede Minute, das wissen wir, daher treiben wir die Pferde an, um diese Schlacht schnellstmöglich hinter uns zu bringen.
 

In der Nacht des sechsten Tages nach unserer Abreise von der Himmelsfeste treffen wir auf unsere, sich seit heute Nachmittag in Bereitschaft befinden Truppen. „Seit Ihr bereit?“, fragt Cullen mich. Es ist die erste große Schlacht, die die Inquisition geplant schlagen wird. Dieses Bild, das sich mir hier bietet erinnert mich stark an die fünfte Verderbnis. „Ja, gebt den Befehl, Kommandant. Nehmen wir Adamant ein“, antworte ich ihm. Kurz greift er nach meiner Hand und drückt sie. Ich erwidere seinen Händedruck, dann begeben wir uns beide in die Schlacht. „Nehmt das Haupttor! Feuer frei für die Triborke!“, brüllt Cullen die Befehle für die Truppen. Koordiniert schlagen diese zu. Dorian, Cassandra, Bulle, Stroud und ich warten darauf, dass das Tor genommen wurde. Bis dahin halten wir uns im Hintergrund.
 

Lautes Jubeln der Truppen erklingt, als die ersten Löcher in die alten Mauer der Feste gerissen sind. Die Soldaten laden rasch die Triborke nach und feuern sie ab. Explodierend schlagen diese in den Wall der Festung ein, worauf sich einige Bogenschützen der Wächter gesammelt haben. Es missfällt mir sehr, gegen sie zu kämpfen, aber uns bleibt leider keine andere Möglichkeit. Sie haben sich für den falschen Weg entschieden und wir müssen verhindern, dass sie nun zu einer Bedrohung für ganz Thedas werden. Wobei: Gibt es überhaupt einen richtigen und einen falschen Weg im Krieg?
 

Das Kriegshorn erklingt und die Truppen marschieren im Gleichschritt los. Leitern werden an den Mauern hoch angebracht, damit unsere Leute einfacher in die Festung einmarschieren können. Brennende Pfeile, von den Wächtern abgeschossen, regnen auf die Truppen herab. Die ersten Leitern sind an dem Wall befestigt. Eilends erklimmen unsere Soldaten diese und lenken den Feind ab, damit ein anderer Teil den Rammbock in Stellung bringen kann. Natürlich bleibt dieses Unterfangen nicht gänzlich unbemerkt und so müssen unsere, mit großen Schilden voranschreitenden Soldaten, die diejenigen schützen, welche den Rammbock schieben, herabfallende Steine abwehren. Die Schlacht hat begonnen, das Blutbad ebenso. Ich kann sehen, wie unsere Soldaten den Rammbock gemeinsam in Schwingung versetzen, um mit ihm das Tor einzureißen. Nur wenige Stöße sind nötig, um es aufzubrechen.
 

Während unsere ersten Soldaten nun auch hier in die Festung eindringen, gebe ich meine Begleitern das Zeichen. Zügig begeben wir uns zu dem aufgebrochenem Haupttor. Dort erwarten uns bereits die ersten Gegner. Eilends kommen wir unseren Soldaten sofort zu Hilfe, bekämpfen mit ihnen die dortigen Wächter. „Für die Wächter“, ruft der Anführer der kleinen Truppe unserer Feinde hier im Torbereich. Schon hier begegnen wir den ersten Dämonen. Erimond hat also ohne zu zögern dieses Ritual weiter fortgeführt. Dorian gibt uns Rückendeckung mittels seiner Magie, wohingegen Bulle, Stroud und Cassandra sofort in die Offensive gehen. Ich ziehe meine Zwillingsdolche aus ihren Scheiden und werfe mich ebenfalls in den Kampf.
 

Rasch sind unsere Feinde hier beseitigt. Ein brennendes Geschoss eines Triborks fliegt über unseren Köpfen her, schlägt unweit von uns entfernt in die Mauern ein. Ein höherrangiger Wächter steht ganz in der Nähe der Einschlagstelle und gibt seinen Männern den nächsten Befehl: „Rückzug! Sie sind durchbrochen!“
 

Schritte erklingen in meinem Rücken. „Nun, Inquisitor, da habt Ihr Euren Weg hinein“, Cullen tritt auf mich zu. Ich drehe mich zu ihm um. „Viel Glück! Wir beschäftigen das Hauptheer der Dämonen solange wir können“, erklärt er mir sein weiteres Vorgehen. „Wir kommen schon klar. Sorgt einfach dafür, dass unseren Männern nichts geschieht“, entgegne ich. „Wir werden tuen, was notwendig ist, Inquisitor. Wächter Stroud wird Euch den Rücken frei halten. Hawke ist bei unseren Soldaten auf den Wehrgängen. Er unterstützt sie, bis Ihr eintrefft“, fährt er fort. In diesem Moment ertönt ein Schrei gefolgt von einem dämonischen Brüllen. Ich folge seinem Blick und sehe, wie einer unserer Männer von einem Dämon die Mauern hinab in den Tod gestoßen wird. Dann richte ich meinen Blick wieder auf Cullen, welcher sich mir in der selben Sekunde ebenfalls wieder zuwendet: „Die Gegenwehr auf den Mauern ist zu groß. Unser Männer kommen nicht über die Leitern! Wenn Ihr es schafft, die Wehrgänge frei zu machen, könnten wir Euch Deckung geben.“ Dann wendet er sich ab und rennt zurück zu seinen Männern.

Kurz blicke ich noch in die Richtung, in der Cullen verschwunden ist. Dann gebe ich den anderen ein Zeichen und wir ziehen los, um die Wehrgänge frei zu machen.
 

Tiefer im Inneren der Festung treffen wir auf eine Gruppe Wächter, die sich gegen ihre versklavten Ordensbrüder und deren Dämonen wehren. Kurzerhand beschließen wir, ihnen zu helfen. Vielleicht können wir sie ja davon überzeugen, mit uns zusammen zu kämpfen.
 

Es dauert nicht lange, bis die Feinde hier vernichtet worden sind. „Kommt nicht näher!“, warnt uns der befehlshabende Wächter. „Legt Eure Waffen nieder und ergebt Euch!“, verlange ich. „Niemals! Wächter, greift an!“, befiehlt er. Um uns herum ziehen die Wächter ihre Waffen. Seufzend ziehen wir unsererseits ebenfalls unsere Waffen und bekämpfen sie. Keine fünf Minuten später liegen diese tot am Boden. „Welch eine Verschwendung“, bedauert Stroud den unnötigen Verlust seiner Ordensbrüder. „Das bringt nichts. Sehen wir zu, dass wir die Wehrgänge sichern und auf Hawke treffen“, gebe ich zurück. Dann laufen wir weiter.
 

Auf den Wehrgängen treffen wir bei deren Sicherung auf Hawke, welcher sich mit einer handvoll Soldaten gegen mehrere Dämonen und deren Bindungsmagier wehrt. Wir kommen ihnen sofort zur Hilfe. „HOL DICH DER ERBAUER!“, brüllt Cassandra wütend, als sie den letzten Dämon enthauptet. „Ich dachte, deine Männer könnten hier oben vielleicht ein wenig Hilfe gebrauchen“, ruft Hawke mir zu. „Gute Arbeit. Bleib bei meinen Truppen und sorg dafür, dass sie das hier überleben! Wir sichern noch die letzten Leitern ab, dann ziehen wir los zu Kommandantin Clarel“, bitte ich ihn. „Ich werde tuen, was ich kann, um ihnen die Dämonen vom Leib zu halten“, erwidert dieser.
 

Während Hawke dort bleibt, ziehen wir anderen zu den letzten Leitern weiter, um diese abzusichern. Zügig besiegen wir auch dort die letzten Gegner. Es dauert zwar noch etwas, da dieser Dämon des Hochmutes ziemlich hartnäckig ist. Als auch dieser Bereich gesichert ist, begeben wir uns zurück zu auf den Weg, der zu Kommandantin Clarel führt. Hawke schließt sich uns an und gemeinsam geht es weiter.
 

Als wir diese erreichen, können wir ihre Rede mitanhören. „Wächter, eben jene Welt, die wir zu schützen geschworen haben, hat uns verraten“, Clarel, zu mindestens muss diese Frau, die oberhalb des kleinen Platzes vor uns auf einer Art Balkon hin und her läuft eben jene sein. Bei ihr ist auch Livius Erimond, welcher sich gerade an eben jene wendet: „Die Inquisition ist hier, Clarel! Wir haben keine Zeit für feierliche Worte.“ Allem Anschein nach sind wir noch nicht entdeckt worden. „Diese Männer und Frauen geben ihr Leben, Magister. In Tevinter mag das nichts bedeuten, aber für die Wächter ist es eine heilige Pflicht“, widerspricht sie ihm. Dann wendet sie sich von ihm ab und einem älteren Wächter zu: „Es waren viele, lange Jahre, mein Freund.“ Der, uns unbekannte, Wächter geht in die Knie: „Zu viele, Clarel. Wenn mein Schwertarm den Wächtern nicht mehr dienen kann, muss es eben mein Blut tuen!“ Er erhebt sich wieder. Clarel geht um ihn herum, bleibt hinter ihm stehen. Aus dieser Position heraus legt sie ihm einen Dolch an die Kehle: „Das wird es.“ Mit einem einzigen Schnitt nimmt die Kommandantin der Grauen diesem das Leben. Tot sackt der Wächter zu Boden.
 

Wir verlassen unseren Beobachtungsposten und rennen auf die kleine Ansammlung zu. „Haltet sie auf! Wir müssen das Ritual beenden!“, befiehlt Livius. Ich deutete meinen Begleitern, sich zurückzuhalten und nähere mich der Gruppe. Die Wächter mustern mich, einige von ihnen kommen mit gezogenen Waffen auf mich zu, doch ich ignoriere das und spreche Clarel an: „Clarel! Wenn Ihr das Ritual beendet, tut Ihr genau das, was Erimond von Euch will!“ „Und was? Die Verderbnis bekämpfen? Die Welt vor der Dunklen Brut beschützen? Wer würde das nicht wollen?!“, ruft Livius wild gestikulierend, „und ja! Das Ritual erfordert Blutopfer. Hasst mich dafür, wenn Ihr wollt, aber hasst nicht die Wächter, die ihre Pflicht tuen!“ Clarel unterstützt ihn: „Wir bringen die Opfer, zu denen kein andern bereit ist! Unsere Krieger sterben für eine Welt, die ihnen NIEMALS danken wird!“ Stroud wird wütend: „Und dann bindet Euer Verbündeter aus Tevinter die Magier an Corypheus!“ „Corypheus? Aber er ist tot“, kommt es fassungslos von der Kommandantin zurück. „Diese Leute würden alles sagen, um Euch zu verwirren, Clarel!“, behauptet Erimond dreist. Clarel denkt nach, dann verlangt sie: „Holt ihn her!“
 

In der Mitte des Platzes befindet sich ein Riss ins Nichts. Die Wächtermagier wenden ihre Magie auf diesen an. Ich gehe weiter auf die Wächter zu, Stroud und Hawke folgen mir. Einige der Krieger der Wächter kommen mit gezogenen Waffen weiter auf uns zu. „Bitte, ich habe schon mehr als genug Blutmagie gesehen! Sie ist den Preis niemals wert!“, versucht Garret diese umzustimmen. „Ich habe die Hälfte von euch persönlich ausgebildet! Zwingt mich nicht, euch zu töten, um diesen Wahnsinn zu verhindern!“, Stroud probiert es ebenfalls. Ein animalisches Brüllen erklingt jenseits des Risses. „Haltet Euch mit dem Ritual bereit, Clarel. Dieser Dämon ist Eurer Stärke wirklich würdig!“, meint Livius, „AAANNGRIFF! Mein Meister wusste, Ihr würdet kommen! Und er hat mir das hier geschickt, um Euch willkommen zu heißen!“ Erneut erklingt das animalische Brüllen. Jetzt können wir den Drachen sehen, der uns schon in Haven begegnet ist. Der Drache fliegt quer über den Platz, zerstört Statuen, spuckt seltsame rote Energie aus und wirft Trümmerteile auf uns herab. Clarel nimmt etwas Abstand zu Livius. Erimond baut sich mit zum Himmel erhobenen Händen vor dem Opferaltar mit dem toten Wächter auf. Wann genau ist der dorthin gekommen? Der Blick der Wächterkommandantin schweift zwischen dem Magister und ihrem toten Ordensbruder hin und her. Der Drache landet unterdessen auf einer Turmspitze ganz in der Nähe. Dann greift Clarel überraschend Livius an. Von ihrem Zauber getroffen geht dieser zu Boden. Dabei verliert er seinen Stab. Der Drache stößt ein erbostes Fauchen aus. „Clarel! Wartet!“, versucht der Magister sie aufzuhalten. Ihre Magie tanzt über ihre linke Hand, in der rechten hält sie ihren Stab. Ohne ihren eigentlichen Verbündeten zu beachten, schleudert sie ihren Zauber auf den Drachen. Dieser antwortet seinerseits mit einem roten Energieblitz. „Tötet sie alle!“, befiehlt Clarel den Wächtern, ehe sie Erimond, der gerade die Flucht antritt, verfolgt.
 

Wir ziehen unsere Waffen und wenden uns schweren Herzens gegen die Wächter. Es fällt mir wirklich schwer diesen Männern und Frauen, die doch alle bei klarem Verstand sind, das Leben zu nehmen, nur weil sie der falschen Person folgen. Sie können nichts für die Fehlentscheidung ihrer Anführerin und doch wollen sie keine Vernunft annehmen. Betrachten uns als ihre Feinde, obwohl wir das doch strenggenommen nicht sind. Sie sehen die Täuschung nicht, mit der Corypheus sie fest im Griff hat.
 

Nachdem wir unsere Angreifer besiegt haben, sehe ich mich suchend um: „Wie kommen wir hier raus?“ „Clarel ist dort entlang“, Dorian deutet in eine bestimmte Richtung, „wollen wir wetten, dass sie sich gefreut hat, ihrem neuen Gott zu begegnen?“ Seinem Fingerzeig folgend, nehmen wir die Verfolgung auf.
 

Einige Dämonen begegnen uns auf unserem Weg und auch vor dem gewaltigen Drachen, welcher die Festung umkreist, müssen wir uns in Acht nehmen. Doch dann erreichen wir die halb zerstörte Brücke, wo Clarel gerade auf Livius losgeht. „Ihr! Ihr habt die Wächter vernichtet!“, beschuldigt Clarel ihn. Wütend greift sie ihn an, während er recht chancenlos versucht, sich zu wehren. Getroffen geht er zu Boden. Die Wächterin läuft um ihn herum. Erimond setzt sich mit einem Lachen auf: „Das wart Ihr selbst, Ihr dämliches Miststück! Ich habe Euch nur ein klein wenig Macht vor Eure Augen geführt und Ihr wart begierig darauf, Eure Hände in Blut zu tauchen!“ Clarel schüttelt den Kopf. Dann schickt sie den Magister mit einem Zauber quer über den Boden. Vor Schmerzen krümmt er sich zusammen, während die Wächterin auf ihn zu geht. „Ihr hättet einem neuen Gott dienen können!“, Livius rollt sich auf dem Boden zusammen. „Ich werde der Verderbnis niemals dienen!“, entgegnet diese entschlossen.
 

Wir gehen gerade auf sie zu, als sich der Drache herablässt und Clarel mit seinem Maul schnappt. Er schwingt sich wieder in die Luft, fliegt über unsere Köpfe hinweg. Wir folgen ihn mit unseren Blicken, lassen ihn nicht aus den Augen. Oberhalb des Torbogens landet der Drache. Dann wirft er die Wächterin auf den Boden. Der Drache kommt auf die Brücke herab, nähert sich uns bedrohliche Laute von sich gebend. Wir weichen zurück, während Clarel verletzt über den Boden robbt. „Siegreich im Krieg, Wachsam in Friedenszeiten...“, Clarel dreht sich auf den Rücken, sammelt ihre Magie für einen letzten Angriff. Dieser trifft den Drachen, schleudert ihn über uns hinweg – wir werfen uns rasch auf den Boden um nicht getroffen zu werden – und wirft ihn schlussendlich, nachdem er einmal auf der Brücke aufgekommen ist, von dieser herunter. Fauchend fliegt er davon.
 

Ich drücke mich vom Boden hoch. Um uns herum bricht alles zusammen. Trümmerteile der Brücke stürzen nach unten. Eilends erheben wir uns, wollen von ihr flüchten, bevor sie endgültig zusammenbricht. Stroud schafft es nicht rechtzeitig hoch. Er hält sich am Brückenrand fest, als unter ihm alles wegbricht. Durch einen Blick über die Schulter bemerke ich seine Misere und mache, wider besseren Wissens kehrt, um ihm zu helfen. Ich helfe ihm hoch, dann laufen wir gemeinsam weiter. Doch die Brücke bricht schneller zusammen als wir von ihr flüchten können. Unter uns schwindet der Stein, dann stürzen wir mit den Trümmerteilen in die Tiefe. Mein Mal beginnt hell zu leuchten. Instinktiv strecke ich meine Hand aus. Vor uns öffnet sich ein Riss ins Nichts, in welchem wir eintauchen.

Hier wartet der Abgrund - Eine Reise durch das Nichts

Hinter dem Riss falle ich immer weiter direkt auf den Boden zu. Dieser kommt mir immer näher, so dass ich befürchte, hart aufzuschlagen. Doch plötzlich scheint sich die Schwerkraft umzudrehen. Ich mache einen halben Überschlag, dann werde ich von einer unbekannten Macht nach oben gezogen. Kurz vor einem felsartigen Untergrund stoppt dieser Zug unerwartet. Mit einem Finger versuche ich den Boden oder die Decke oder was auch immer das ist zu berühren. Gerade als mir das gelingen würde, zieht mich etwas ruckartig rücklings auf den Untergrund. Stöhnend komme ich auf. Verwundert erhebe ich mich und sehe mich erst einmal um. Wo bin ich hier? Wo sind die anderen? „Wo sind wir?“, kommt es links von mir. Dort steht Stroud waagerecht an der Wand?! Verblüfft wendet er sich mir zu. Die Schwerkraft scheint ihn dort festzuhalten, da er nicht abrutscht. „Wir sind gefallen“, ertönt Hawkes Stimme über mir. Suchend blicke ich mich um, bis ich ihn über mir an der Decke kopfüber stehend sehe. „Ist das? Sind wir tot?“, sein Blick irrt umher. „Nein, das ist das Nichts“, Dorian taucht in meinem Rücken auf und tritt neben mich. Na wenigstens einer, der nicht von der Decke oder Wand hängt. In Garrets Augen tritt Unglaube: „Leyla, du hast doch einen Riss geöffnet? Wir haben diesen durchquert und überlebt!“ „Aber, würde das nicht bedeuten, dass wir körperlich im Nichts sind?!“, fragt Stroud. „Meine Erinnerungen an das Nichts sehen auch anders aus“, überlegt Hawke. „Als ich zum ersten Mal im Nichts war, sah es aus wie ein wundervolles Schloss aus Gold und Seide. Soweit ich mich erinnere, war da ein hinreißender Dämon der Wolllust. Wir plauderten und aßen Trauben, bis er von mir Besitz ergreifen wollte. Der Unterschied ist vielleicht, dass wir körperlich hier sind. Dies ist niemandes Traum“, vermutet Dorian. „Es heißt, du wärst in Haven aus dem Nichts geschritten. War es wie das hier?“, fragt mich der Champion. „Ich weiß es nicht. Ich kann mich immer noch nicht erinnern, was letztes Mal geschehen ist. Alles was ich über den Vorfall in Haven weiß, haben mir andere erzählt. Meine Erinnerungen enden damit, dass Anders und ich am Konklave im Tempel ankommen und beginnen dann wieder mit meinem Erwachen in den Verliesen von Haven“, ich gehe einige Schritte nach vorne. „Also gut. Egal was in Haven geschehen ist, wir sind hier wohl kaum sicher. Dieser riesige Dämon vom Platz war auf der anderen Seite des Risses, den Erimond benutzt hat. Und er war vermutlich nicht alleine“, Garret sieht sich nach einer Möglichkeit um, auf den Boden zu kommen. „In unserer Welt war der Riss, durch den die Dämonen kamen, ganz in der Nähe. In der Haupthalle. Können wir auf diesem Wege entkommen?“, will Stroud wissen. „Es klingt, als wäre das unsere beste Option. Dort“, ich kann die Anwesenheit des Risses spüren, „lasst uns gehen.“ Wir machen uns auf dem Weg, um dem Nichts zu entkommen.
 

Cassandra und Bulle streiten sich leise irgendwo weiter hinter mir. Ich glaube, es geht um Schwachstellen oder so ähnlich. Aber es ist mir auch ehrlich gesagt ziemlich egal. Wir wandern durch das Nichts und kommen so schließlich zu einer Treppe, welche nach oben führt. Gemeinsam erklimmen wir die Stufen. Diese führen zu einer Art Plattform, wo eine Person steht. Perplex trete ich langsam auf diese zu. Es handelt sich um eine alte Frau in einem weiß-rot-goldenem Gewand mit einer farblich passenden Haube. Eine Frau, die für ganz Thedas von Bedeutung war. Die anderen scheinen nicht minder überrascht zu sein. „Beim Erbauer, kann das wirklich sein?“, Stroud kommt vorsichtig näher. „Ich grüße Euch, Wächter. Und auch Euch, Champion“, kommt es von der Fremden. „Göttliche Justinia? Eure Heiligkeit?“, Cassandra kann es augenscheinlich genau so wenig fassen wie wir anderen. „Cassandra“, erwidert die Göttliche. „Cassandra, Ihr kanntet die Göttliche. Ist das wirklich sie?“, ich werfe der Sucherin einen kurzen Blick zu. „Ich... ich weiß es nicht. Es heißt, die Seelen der Toten würden das Nichts durchqueren und manchmal dort verweilen, aber... wir wissen, dass die Geister lügen. Seit auf der Hut, Inquisitor“, warnt diese mich. „Ich fürchte, die Göttliche ist wirklich tot, Leyla. Wir sehen uns hier einem Geist gegenüber... oder einem Dämon“, seufzt Stroud schwer. „Ihr haltet es für unmöglich, dass ich überlebt habe. Und doch, seit ihr selbst hier im Nichts und am Leben. Tatsache ist, dass der Nachweis meiner Existenz auf jeden Fall mehr Zeit erfordern würde, als wir haben“, erklärt Justinia. Hawke ist skeptisch: „Aber Ihr versteht doch sicherlich unsere Bedenken und könnt uns erklären, was Ihr seit?“ „Ich bin hier, um euch zu helfen. Ihr erinnert Euch nicht an das, was im Tempel der Heiligen Asche geschehen ist, Inquisitor“, wendet sich ihre Heiligkeit mir zu. „Nein, tue ich nicht“, bestätige ich ihre Aussage. „Die Erinnerungen, die Ihr verloren habt, wurden von dem Dämon geraubt, der Corypheus dient. Er ist der Albtraum, den man vergisst, sobald man erwacht. Er nährt sich von Erinnerungen voller Angst und Finsternis und labt sich an dem Grauen. Dieser falsche Ruf, der die Wächter so sehr in Angst versetzt und zu solch gewaltigen Fehlern getrieben hat? Er ist sein Werk“, erklärt diese uns. Verärgerung steht in Strouds Zügen: „Ich würde liebend gerne Rache nehmen für das Unrecht, das meinen Brüdern und Schwestern widerfahren ist!“ „Ihr werdet Eure Chance bekommen, tapferer Wächter. Dieses Reich der Finsternis ist sein Hort“, versichert ihm das Oberhaupt der Kirche. „Könnt Ihr uns helfen, das Nichts wieder zu verlassen?“, frage ich sie ruhig. „Aus diesem Grund bin ich zu euch gekommen. Als Ihr damals in Haven das Nichts betreten habt, hat der Dämonen einen Teil von Euch geraubt. Bevor Ihr irgendetwas anders tut, müsst Ihr es wiedererlangen. Dies sind Eure Erinnerungen, Inquisitor“, dabei deutet sie auf einige auftauchende Schemen. Wir greifen diese ohne zu zögern in unserer, bei dieser Schlacht bewährten, Formation an.
 

Die Schemen hinterlassen kleine, grüne Lichtkugeln, welche in der Luft schweben. Zögerlich gehe ich auf diese zu und halte jeweils meine Hand mit dem Mal darüber. Das Licht wird vom Mal angezogen, verschwindet darin. Als ich alle Kugeln eingesammelt habe, erscheinen Bilder vor uns:
 

Die Göttliche wird von mehreren Wächtermagiern mithilfe eines Zaubers gefangengehalten. Dann erscheint Corypheus mit der Kugel der Elfenmagie in der Hand: „Dies ist die Stunde unseres Sieges.“ „Warum tut Ihr das?“, fragt die Göttliche, „ausgerechnet Ihr?“ Er tritt zielstrebig auf sie zu: „Bringt das Opfer zum schweigen!“ Die Kugel beginnt aufzuleuchten und scheint etwas aus dem Körper der Göttlichen zu ziehen. „Hilfe, jemand muss mir helfen!“, ruft diese. Die Türflügel werden aufgestoßen und ich selbst betrete den Raum: „Was geht hier vor?“ Beide Parteien wenden sich mir zu. Dann schlägt die Göttliche ruckartig Corypheus die Kugel aus der Hand. Diese rollt in meine Richtung. Gerade als ich mich beuge und besagte an mich nehmen will, beginnt das grünliche Mal, welches sich seit einigen Tagen auf meiner linken Hand zeigt, zu leuchten. Es wird immer heller. Ich verziehe das Gesicht vor Schmerz. Dann erstrahlt alles im grünen Licht.
 

Die Bilder verschwinden und wir befinden uns wieder in der Gegenwart. „Dein Mal! Was hat das alles zu bedeuten? Es muss in einer Verbindung mit der Kugel stehen, die Corypheus bei seinem Ritual verwendet hat“, Stroud sieht mich überrascht an. „Corypheus wollte mithilfe des Ankers den Schleier zerreißen, das Nichts betreten und die Tore der schwarzen Stadt aufstoßen. Aber nicht für die Alten Götter, sondern für sich selbst. Als jedoch damals Eure Mutter seinen Plan zum ersten Mal durchkreuzt hat, suchte sich die Magie einen würdigen Träger, Euch. Die Kugel samt ihrer Macht in Haven hat dafür gesorgt, dass der Anker seine ursprünglichen Kräfte freisetzt. Doch das wisst Ihr zum Teil bereits, nicht wahr?“, Justinia sieht mich ruhig an. „Aber was war das ursprünglich? Ein Unfall? Ein zufälliger Querschläger in der Hitze des Gefechts? War es das, was damals mir zufälligerweise diese Macht verliehen hat?“, frage ich etwas ungehalten. Zuerst nannte man mich den Herold Andrastes. Doch je mehr ich über den Anker erfahre, desto mehr beginne ich zu verstehen, dass das alles nur ein unglücklicher Zufall gewesen sein muss. „Und wenn dem so wäre?“, entgegnet ihre Heiligkeit ruhig. „Dann waren weder der Erbauer noch Andraste in irgendeiner Weise an all dem hier beteiligt und diese Prophezeiung, die damals meinem Vater gemacht wurde nichts weiter als Unsinn!“, fahre ich hoch. „Wenn Ihr an den Erbauer glaubt, dann glaubt Ihr auch, dass er diese Welt und alles in ihr erschaffen hat. Einschließlich des Eingreifens Eurer Mutter. Und wenn Ihr nicht an den Erbauer glaubt, hat sich auch nichts verändert. Doch die Prophezeiung, die damals Eurem Vater gemacht wurde, hat sich doch erfüllt, nicht wahr?“, schafft sie meine Vorwürfe ruhig aus der Welt. „Ihr könnt erst dann aus dem Hort des Albtraumes entkommen, wenn Ihr alles zurückerlangt habt, was er Euch genommen hat. Ihr habt einen Teil Eurer selbst zurückgewonnen, aber er weiß jetzt, dass Ihr hier seit. Ihr müsst Euch beeilen! Ich werde Euch den Weg bereiten“, mit diesen Worten verschwindet die Göttliche.
 

Mein alter Freund Hawke strengt sich an, seinen Blick abseits der Gruppe zu richten. „Habt Ihr etwas auf dem Herzen, Hawke?“, verlangt Stroud von ihm zu erfahren. „Es waren Graue Wächter, die die Göttliche in dieser Vision festgehalten haben. Ihre Taten haben dazu geführt, dass die Göttliche jetzt tot ist“, Garret wendet sich Stroud zu. „Ich bin davon ausgegangen, dass er ihren Verstand beherrscht hat. Ihr selbst habt schon gesehen, wie er das getan hat!“, versucht der Wächter ihn zu beschwichtigen, „nun kommt. Wir können uns streiten, wenn wir von diesem finsteren Ort entkommen sind.“ „Worauf Ihr Euch verlassen könnt“, verspricht dieser ihm. Dann ziehen wir weiter.
 

Als wir das nächste Mal auf die Göttliche treffen, sind auch dort wieder Schemen. Rasch schlagen wir auch diese zurück. Nachdem ich auch hier alle Kugeln, welche meine Erinnerungen enthalten, eingesammelt habe, erscheint wieder eine Vision vor uns:
 

Dieses Mal klettere ich eine Art Turm hinauf. Mehrere Dämonen in Spinnenform verfolgen mich. Es muss sich hierbei um die Bresche handeln. Am Ende, oben auf dem Turm, erblicke ich die Göttliche, welche mir eine Hand hinhält. „Die Dämonen!“, warnt sie mich. Dann befinde ich mich ebenfalls auf der Spitze des Turmes, wo sich ganz in der Nähe ein Riss befindet. „Lauft weiter!“, rufe ich der Göttlichen zu. Schon fast habe ich den Riss erreicht, als ich hinter mir einen Schrei höre: „Argh!“ Ich wirble zu Justinia herum, ergreife ihre Hand. Das Kreischen der Dämonen erklingt. „Geht!“, verlangt ihre Heiligkeit von mir. Eine Macht reißt sie fort nach hinten, die Dämonen klettern weiter den Turm herauf. Einen Moment sehe ich ihr nach, bevor ich mich umdrehe und im Riss verschwinde.
 

Nachdenklich schüttle ich den Kopf, als die Vision vorbei ist: „Ihr wart es!“ Die Göttliche, welche etwas entfernt von uns steht, wendet sich mir zu. „Alle dachten, Andraste habe mich aus dem Nichts gesandt. Dabei war es die Göttliche und dann seit... dann starb sie“, ich trete auf das Oberhaupt der Kirche zu. Sie zögert einen Augenblick, doch dann bestätigt sie meine Aussage: „Ja.“ „Dann ist diese Kreatur lediglich ein Geist“, stellt Stroud fest. „Ich denke, dass war uns allen bewusst, Wächter“, merkt Hawke an. „Ich bedaure, euch zu enttäuschen“, erwidert die Göttliche. Bei ihren Worten entspannen sich Hawkes verhärtete Züge etwas. Helles Licht hüllt die Göttliche ein. Als wir wieder hinsehen, erblicken wir eine Gestalt aus strahlendem Licht mit einer Haube, nicht größer als ein Kind. „Seit Ihr sie? Seit Ihr statt zu sterben geblieben, um mir zu helfen?“, frage ich die Gestalt. „Wenn das die Geschichte ist, die Ihr erzählen wollt, hättet Ihr es schlechter treffen können“, entgegnet diese. „Eines wissen wir aber mit Sicherheit: Die sterbliche Göttliche ist im Tempel umgekommen und zwar dank der Grauen Wächter!“, wettert mein alter Freund wieder los. „Wie ich bereits sagte, standen die Grauen Wächter, die dieses Verbrechen zu verantworten haben, unter Corypheus Kontrolle. Wir können das aber gerne weiter diskutieren, wenn wir wieder in Adamant sind“, rechtfertigt Stroud sich für seine Ordensgeschwister. Doch Hawke scheint an einer Vertagung der Diskussion nicht interessiert zu sein: „Ja, Adamant! Wo sich die Inquisition einer von Wächtern beschworenen Dämonenarmee gegenüber sieht!“ „Ihr wagt es, uns zu verurteilen! IHR habt Kirkwall ins Chaos gestürzt und den Magieraufstand losgetreten!“, wirft der Wächter diesem vor. „Um unschuldige Magier zu beschützen! Keine Wahnsinnigen, berauscht von Blutmagie! Selbst ohne Corypheus Einfluss gehen die Wächter zu weit! Sie müssen aufgehalten werden!“, hält der Champion dagegen. Auch Cassandra mischt sich nun mit ein: „Die Wächter stellen ein Risiko dar. Schickt sie fort, bevor sie noch mehr Schaden anrichten.“ Dorian hingegen schlägt sich klar auf Strouds Seite: „Sie könnten noch immer nützlich sein. Was, wenn Corypheus eine weitere Verderbnis heraufbeschwört? Man kann nie wissen.“ Zwar kann ich die Argumentationen beider Gruppierungen nachvollziehen und verstehen, aber jetzt habe ich weder das Interesse noch die Kraft – in Anbetracht der Tatsache, dass wir schleunigst von hier fort sollten – mich einer solchen Diskussion zu stellen: „Beim Erbauer: SCHLUSS DAMIT! Die Wächter sind unverzichtbar, ja, aber sie sind zu weit gegangen! Jetzt haben wir aber gerade akut andere Probleme!“ „Leyla...“, setzt Stroud an, doch jäh wird er von dem Kreischen einiger, sich uns näher kommenden Dämonen unterbrochen. „Der Albtraum hat uns gefunden!“, damit verschwindet die Göttliche und wir sehen uns erneut einigen Dämonen gegenüber, die es zu bekämpfen gilt. Stroud und Hawke tauschen einen ernsten Blick, ehe sie sich zu nicken und sich hinter mich stellen: „Formiert euch!“, ruft Stroud. „Ich bin da!“, erwidert Hawke. Dann geht es auf ins nächste Gefecht.
 

Schnell und präzise – genau so, wie wir es schon vorhin getan haben beseitigen wir diese rasch. Im Anschluss folgen wir der Göttlichen tiefer ins Innere des Horts. Ich gebe ja zu, dass ich mit einigem gerechnet habe, aber nicht mit dem, was uns dann erwartet. Wir nähern uns immer weiter dem Zentrum des Hortes, als eine plötzliche Stille hereinbricht. Irritiert davon, dass das Kreischen der Dämonen in der Ferne verstummt ist, bleibe ich stehen und blicke mich um: Erst jetzt bemerke ich die Banner der Wächter an den Felswänden, oder aber die Feuerstellen, welche ich aus Weisshaupt kenne. „Mein geliebtes, kleines Mädchen“, eine tiefe Stimme ertönt, eine Stimme, die ich seit Jahren nicht mehr gehört habe. Als ich zu der Mitte des kleinen Platzes blicke, an dem wir uns befinden, sehe ich Duncan in seiner Wächterrüstung, welcher mit entschlossen Schritten und einem sanftem Lächeln auf mich zutritt. In seinen Augen liegt der warme Ausdruck von früher, wenn er mich für etwas gelobt hat. Schmerzhaft zieht sich mein Herz bei seinem Anblick zusammen. „Wie stark du geworden bist“, Duncan hat uns fast erreicht, als er gut drei oder vier Schritte von mir entfernt stehen bleibt. „Vorsicht! Das könnte ein Dämon sein“, Stroud umfasst meinen rechten Oberarm. Ich höre seine Warnung. Und doch will ich nicht glauben, dass er Recht behalten könnte. „Leyla, Dämonen zeigen uns die Dinge, mit denen sie uns in Versuchung führen können!“, Hawke stellt sich vor mich, versperrt mir die Sicht auf meinen Ziehvater. Einen Moment lang blicke ich ihm in die Augen. „Ich weiß“, flüstere ich leise, „keine Sorge. Es gibt Dinge, die mir sehr viel bedeuten und die ich, für nichts auf der Welt, einfach aufgeben würde.“ Langsam gehe ich an meinem alten Freund vorbei auf Duncan zu. Dieser lächelt noch immer, tut so, als ob Stroud und Hawke nie versucht hätten, mich zu warnen. Unmittelbar vor meinem Ziehvater komme ich zum stehen. Er lächelt mich nach wie vor an, dann schließt er mich in die Arme: „Ich bin stolz auf dich, meine Kleine. Unfassbar stolz.“ Aus meinem rechten Ärmel rutscht ein Dolch, den ich fest umfasse. Ich hebe ihn hoch, richte ihn auf seinen Nacken. „Das weiß ich“, mit diesen Worten steche ich zu. „Gut gemacht“, flüstert Duncan bevor er sich auflöst und verschwindet. Eine einzelne Träne rinnt über meine Wange und fällt zu Boden. Das Wesen, die Kreatur in der Gestalt meines Ziehvater, ich bin fest davon überzeugt, dass er es wirklich war. Er und kein Dämon des Nichts, der mich in Versuchung führen wollte. Doch diese Antwort wird er mir wohl auf ewig schuldig bleiben.
 

Cassandra bricht das Schweigen, welches nach Duncans Verschwinden vorherrscht: „Wer war dieser Mann?“ „Der einstige Kommandant der Grauen Wächter von Ferelden: Duncan. Er war der Mann, der Leyla anstelle ihrer Eltern aufgezogen und wie sein eigenes Kind geliebt hat“, antwortet ihr Stroud. Jemand nähert sich mir von hinten und legt mir eine Hand auf den Rücken. „Wir sollten weiter gehen. Ich möchte nicht länger als nötig an diesem Ort verweilen“, beschließt Dorian. Ich nicke und wir machen uns wieder auf den Weg.
 

„Denkt Ihr, Ihr könntet mich bekämpfen? Ich bin die Verkörperung all Eurer Ängste! Ich bin die verschleierte Hand von Corypheus persönlich! Diese Dämonenarmee, die Ihr fürchtet? Ich befehlige sie! Und sie alle sind durch mich gebunden“, eine Stimme, vermutlich die des Albtraum selbst erschallt. „Ah! Wenn wir also Euch verbannen, verbannen wir auch die Dämonen? Vielen Dank Verkörperung all unserer Ängste“, erklingt die Stimmte der Göttlichen. Diesem scheint das eher weniger zu gefallen.

Die Göttliche öffnet für uns die Barrieren, die der Albtraum erschaffen hat, um uns an der Flucht zu hindern. „Ihr müsst durch den Riss gehen, Inquisitor! Geht durch ihn hindurch und schlagt ihn mit aller Kraft hinter Euch zu!“, erklärt mir Justinia, „das wird die Dämonenarmee vertreiben und diese Albtraumkreatur in den hintersten Winkel des Nichts verbannen!“

Endlich kommt der Riss in Sichtweite. „Der Riss! Wir sind fast da!“, ruft Stroud, als er diesen erblickt. „Noch sind wir nicht da. Bleibt wachsam!“, appelliert Cassandra. Dann betreten wir den Hort des Albtraumes.
 

Dieser stellt sich als eine abscheuliche Kreatur heraus, die zur Unterstützung eine gewaltige Monsterspinne hat. Unsicher betrachte ich unsere Gegner, an denen wir vorbei kommen müssen, um in die stoffliche Welt zurückzukehren. Meinen Begleitern scheint es ähnlich zu ergehen. „Und bitte sagt Leliana: Verzeiht, auch ich lies Euch im Stich“, mit diesen, wohl letzten Worten schwebt die Göttliche an uns vorbei, entfaltet all ihre Kraft und greift den Albtraum und seinen Helfershelfer an. Gleißendes, weißes Licht hüllt alles ein. Dann ist die Göttlich verschwunden und wir sehen uns dem Albtraum gegenüber.
 

„Ich labe mich an Eurer Angst!“, ruft dieser aus. Immer und immer wieder erschafft er Illusionen vor Stroud oder Hawke, welche diese vom Kämpfen abhält. Ich will nicht wissen, was genau die beiden sehen. Und ich glaube, dass ist besser so. „Euer Tod wird qualvoll sein“, droht uns der Dämon. Hawke und Dorian geben bestmöglich Rückendeckung, während Stroud, Cassandra, Bulle und ich unseren Feind frontal attackieren. Erschwerend kommen dazu die ganzen kleinen Dämonen in Spinnenform, welche uns angreifen. Doch diese stellen für uns das kleinere Übel dar. Der Kampf ist hart und verlangt uns einiges ab, aber wir gehen schlussendlich als Sieger aus diesem hervor. Mit einem letzten, alles entscheidenden Hieb gibt der eiserne Bulle dem Albtraum den Rest.
 

Der Weg zum Riss ist frei. Cassandra, Dorian und Bulle rennen auf ihn zu, verschwinden durch ihn zurück in die wirkliche Welt. Ich laufe ihnen nach, um es ihnen gleich zu tuen, Stroud und Hawke direkt hinter mir. Das bedrohliche Geräusch, welches die Monsterspinne von sich gibt, als sie aus ihrem Loch herausgekrochen kommt, um sich an uns zu rächen, bemerke ich nicht. Ich drehe mich um und winke die beiden Männer zu mir, doch diese starren nur mit einem erschrockenem Gesichtsausdruck auf einen Punkt hinter mir. Ich wirble herum und entdecke nun auch die Spinne. Diese positioniert sich zwischen uns und dem Riss, versperrt uns den Weg. „Der Weg ist versperrt“, ruft Stroud. „Geht! Ich erledige das!“, verlangt Garret. „Nein! Ihr hattet Recht. Das hier waren die Grauen Wächter. Ein Wächter muss...“, widerspricht ihm Stroud, als er diesen unterbricht: „Ein Wächter muss sie wieder aufbauen! Ihr müsst es tuen. Corypheus gehört mir!“ Ich weiß, die beiden überlassen mir die endgültige Entscheidung. Ich weiß, sie werden sie beide akzeptieren. Niemals käme es für mich in Frage, dass Garret – der mir seit einigen Jahren ein guter Freund ist – diese Aufgabe übernimmt. Doch das bedeutet im Umkehrschluss, dass Stroud derjenige ist, der hierbleibt. Derjenige, der stirbt, um die anderen beiden zu beschützen. Mein Mund bewegt sich schneller, als ich denken kann: „Stroud!“ „Es war mir eine Ehre, Leyla!“, einen Moment sieht er mir fest in die Augen. Dann wirbelt er herum, zieht sein Schwert und attackiert die Spinne: „FÜR DIE WÄCHTER!“ Garret und ich rennen auf den Riss zu. Mein alter Freund verschwindet durch diesen hindurch, als ich mich noch einmal zu Stroud umdrehe. Ich wünschte, ich hätte es nicht getan. Den, in diesem Moment, senkt die Spinne ihr Maul auf ihn herab um ihn zu töten. Ich schließe die Augen, dann drehe ich mich um und verlasse durch den Riss das Nichts.
 

Unsere Soldaten wenden sich mir überrascht zu, als ich aus dem Nichts geschritten komme. Entschlossen hebe ich meine linke Hand. Mein Mal leuchtet und mit einem kleinen Knall verschließt sich der Riss. Die Dämonen sterben mit einem letzten, grauenvollem Brüllen. Einige unserer Männer haut es von den Füßen. Jubel bricht um mich herum aus. Sie wissen, die Schlacht ist vorüber. Wir haben gesiegt.
 

Ich stelle mich auf eine kleine Erhöhung in der Haupthalle. Garret tritt auf mich zu: „Sie hatte Recht. Ohne die Kontrolle durch den Albtraum sind die Wächtermagier frei und Corypheus verliert seine Dämonenarmee. Soweit es sie betrifft, hat allerdings der Inquisitor den Bann dank der Gnade des Erbauers gebrochen.“ „Sie brauchen etwas, woran sie glauben können“, erwidere ich ruhig. „Ja, das tuen sie“, stimmt mir Hawke zu. „Inquisitor! Der Erzdämon ist in dem Moment weggeflogen, in dem Ihr verschwunden seit. Der Venatori-Magister ist bewusstlos, aber am Leben. Cullen dachte, Ihr möchtet Euch vielleicht selbst mit ihm befassen. Die überlebenden Wächter sind in Gewahrsam“, bringt mich einer unserer Männer auf den aktuellen Stand. Einer der Wächter tritt vor: „Ja, der klägliche Rest von uns. Wir ergeben uns Euch bedingungslos. Wo ist Stroud?“ Garret senkt bei den letzten Worten den Blick. „Wächter Stroud gab sein Leben im Kampf gegen einen Diener der Verderbnis. Wir werden sein Opfer ehren und nie vergessen, dass er den Idealen der Grauen Wächter treugeblieben ist. Selbst als Corypheus und seine Diener versuchten euch alle von innen heraus zu vernichten“, mit meinen Gestiken unterstreiche ich meine Worte. „Inquisitor, kein ranghoher Wächter ist noch am Leben. Was machen wir jetzt?“, fragt mich der Wächter. Einen Moment überdenke ich die Situation. Ich kenne den Orden. Ich weiß, dass sie es gut meinten, auch wenn sie die falschen Wege einschlugen. Sie sind zu weit gegangen und doch... doch möchte ich ihnen eine zweite Chance geben. Die haben sie sich verdient. „Ihr bleibt und tut alles was ihr könnt, um zu helfen. Stroud starb für die Ideale der Wächter: Siegreich im Krieg. Und noch sind wir im Krieg. Denkt Ihr, die Wächter können uns immer noch helfen“, beschließe ich. „Ja, Euer Gnaden“, antwortet mir der Wächter. „Ihr seit weiterhin durch Corypheus und vielleicht auch seine Venatori manipulierbar, aber es gibt reichlich Dämonen zu erschlagen“, erkläre ich diesem. „Nach alldem wollt Ihr ihnen wirklich noch eine Chance geben?“, Cassandra zweifelt. „Und während sie das tuen, berichte ich den Wächtern in Weisshaupt was geschehen ist. Sie müssen gewarnt werden!“, antwortet mir Hawke. Ich nicke zustimmend. „Habt Dank, Euer Gnaden. Wir werden Euch nicht enttäuschen“, versichert mir der Wächter, bevor er sich gemeinsam mit einem unserer Soldaten zurückzieht. „Viel Glück, Leyla. Es war mir eine Ehre. Und, pass mir gut auf Varric auf“, bittet mich Garret. Dann wendet auch er sich ab und geht seiner Wege. „Alles bereit machen zum Rückzug! Wir kehren zur Himmelsfeste zurück!“ befehle ich den Soldaten.

Ein Schlag aus den Schatten

Zwei Wochen sind seit der Schlacht bei Adamant vergangen. Glücklicherweise gab es nur wenig Verluste, dafür aber auch viele Verletzte, um die sich unsere Heiler nun kümmern müssen. Wir befinden uns mit dem Hauptheer mitten im Frostgipfelgebirge, kurz vor der Himmelsfeste. Die Sonne hat ihren Zenit schon lange überschritten, der Tag neigt sich seinem Ende entgegen. Eine gewisse Erleichterung durchflutet mich, als ich die Himmelsfeste zwischen den Gipfeln thronen sehe. Endlich sind wir wieder zu Hause. Die Anflüge eines Lächeln erscheinen auf meinen Lippen. Wir haben eine Reihe guter Männer verloren. Aber wir konnten auch Corypheus einen gewaltigen Schlag versetzen. Er hat sein Dämonenheer verloren. Eine Bedrohung konnten wir somit abwenden. Doch die nächste folgt der vorherigen auf den Fuß. Hoffentlich konnte Josephine in unserer Abwesenheit etwas bezüglich des anstehenden Balls im Winterpalast von Halamshiral erreichen. Andernfalls sieht es übel für uns aus.
 

Am frühen Abend erreichen wir unser Ziel. Die Arbeiter freuen sich über die Rückkehr des Heeres und begrüßen uns mit offenkundiger Freude. Einer der Stallburschen kommt auf mich zu, um mir meinen Hengst abzunehmen. Ich reiche ihm die Zügel, dann marschiere ich zielstrebig die Treppen hinauf zur Haupthalle. Es gibt einige Dinge, die in die Wege geleitet werden müssen. Auf halbem Weg durch die Halle zu Josephines Büro begegne ich Leliana: „Mylady, wie ich hörte, seit Ihr wohlbehalten aus der Schlacht zurückkehrt.“ Beinahe wäre ich an ihr vorbeigegangen, wenn sie mich nicht angesprochen hätte. Aber das liegt wohl daran, dass ich mit meinen Gedanken noch ganz wo anders bin. „Leliana“, überrascht sehe ich die Rothaarige an. „Ah, ich sehe schon, ganz in Gedanken“, amüsiert zucken ihre Mundwinkel verdächtig nach oben. „Darf ich fragen, was Euch so beschäftigt? Vielleicht kann ich ja Abhilfe verschaffen“, bietet sie mir an, während sie sich mir kurzerhand anschließt. „Das glaube ich kaum, dennoch weiß ich das Angebot sehr zu schätzen. Habt Dank“, antworte ich ihr abwesend. Sorge schimmert in ihren Augen auf. „Sag, wenn ich dir irgendwie helfen kann“, ihre Worte sind nicht mehr als ein leises Flüstern. Ich nicke ihr kurz zu, dann verschwinde ich im Büro der Botschafterin.
 

„Oh, Mylady Theirin. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass Euer erster Weg mir gelten würde“, begrüßt mich Josephine. Seufzend lasse ich mich auf dem Stuhl vor ihrem Schreibtisch nieder: „Wenn die Angelegenheiten weniger dringlich wären, wäre dem auch nicht so.“ Mit einem Nicken stimmt mir diese zu: „Nun, dann, ich will nicht zu viel Eurer Zeit in Anspruch nehmen.“ Und so beginnt sie, mir die wichtigsten und dringlichsten Angelegenheiten vorzulegen, die meiner Aufmerksamkeit bedürfen.
 

Die Stundenkerze ist bereits um ein Drittel heruntergebrannt, als Josephine das letzte Dokument zur Seite legt. „Das müsste es dann gewesen für's erste sein“, ich bin im Begriff, aufzustehen und mich zurückzuziehen. „Eine Sache noch, Mylady. Es geht um Halamshiral“, hält mich meine Botschafterin zurück. „Natürlich“, ich lehne mich in meinem Stuhl zurück. „Ich zweifle Eure Fertigkeiten im Spiel nicht an, bereits bei dem Empfang von Madame Vivienne habt Ihr unter Beweis gestellt, dass Ihr wisst, wie das Spiel funktioniert, aber...“, sie unterbricht sich. „Fahrt bitte fort“, fordere ich sie auf. „Wir wissen nicht, wer alles auf diesem Ball anwesend sein wird. Kaiserin Celene arbeitet seit Jahren an einer Verbesserung der Beziehungen mit Ferelden. Ich befürchte, dass vielleicht Euer Bruder oder einer seiner Berater anwesend sein könnten“, erläutert sie mir ihre Bedenken. „Dann werden wir beweisen, dass die Inquisition das Spiel besser spielt als der fereldische Adel“, entgegne ich. „Seit Ihr nicht besorgt, was die Anwesenheit Eures Bruders auf dem Ball für Auswirkungen haben könnte?“, fragt Josephine fassungslos. „Alistair hat schon mehr als einmal grandios unter Beweis gestellt, dass er ein Meister darin ist, sich selbst zum Narren zu machen. Um Eure Frage daher zu beantworten: Nein, ich mache mir keine Sorgen darüber“, mit diesen Worten erhebe ich mich und wende mich zum gehen. „Josephine, Fereldens König stellt für uns keine Gefahr mehr dar. Eher wir für ihn, und das weiß er“, dann verlasse ich ihr Büro.
 

Nach einer viel zu kurzen Nacht werde ich in aller Frühe durch ein lautes, anhaltendes Klopfen an meiner Türe geweckt. Verschlafen setze ich mich in meinem Himmelbett auf. Im Namen der Heiligen Andraste, was ist denn jetzt schon wieder los? Ich schwinge die Beine aus dem Bett und begebe mich zur Tür. Dabei greife ich mir meinen Morgenmantel, werfe mir diesen über. Ein Gähnen unterdrückend öffne ich die massive Holztüre: „Ja?“ Einer von Cullens Rekruten steht vor mir: „Euer Gnaden, Ser Anders schickt mich. Es geht um Kommandant Cullen...“ Augenblicklich bin ich hellwach. „Was?!“, fahre ich dem Rekruten dazwischen. Aus dem Konzept gebracht sieht er mich an. „Was ist passiert?“, präzisiere ich meine Frage. „Ich weiß es nicht genau, Euer Gnaden. Ser Anders...“, weiter höre ich ihm nicht mehr zu. Ich dränge mich an dem Rekruten vorbei, laufe die Holztreppen herunter. Dann renne ich durch die große Eingangshalle, die verwirrten Blicke der Diener und der vereinzelten, sich bereits hier befindlichen Adligen ignorierend, vorbei an Varric um die Abkürzung durch Solas Zimmer zu nehmen. Der Elf ist wie der Rest, der mir heute morgen schon begegnet ist, ziemlich überrascht von meinem Verhalten, doch als er zum Reden ansetzen will, bin ich bereits durch die Tür zu dem Verbindungsgang zu Cullens Turm verschwunden.
 

Leise schließe ich die Türe zu Cullens Büro hinter mir und blicke mich aufmerksam in diesem um. Über mir höre ich gedämpfte Schritte. Zielstrebig schreite ich auf die Leiter zu und klettere diese zu dem sich darüber befindlichen Schlafgemach hinauf. Oben treffe ich Anders an, der gerade den im Bett liegenden Cullen untersucht. Ich trete auf ihm zu und lege meine Hand auf seine Schulter: „Anders?“ Der Magier schreckt zusammen und wirbelt zu mir herum. „Leyla, beim Atem des Erbauers, erschreck mich doch nicht bitte so. Was machst du hier?“, fragt er, als er mich erkennt. „Einer der Rekruten hat mich aus dem Schlaf gerissen und meinte, du hättest ihn geschickt, weil etwas mit dem Kommandanten wäre“, besorgt gleitet mein Blick von meinem Ritter rüber zu meinem Liebsten. „Ich habe ihn heute morgen gemeinsam mit dem Rekruten bewusstlos und fiebernd unten in seinem Sessel vorgefunden. Daher schickte ich diesen zu dir, um dich zu informieren“, erklärt Anders mir. „Und was fehlt ihm?“, frage ich weiter. „Ich glaube, dass er vergiftet wurde. An seiner rechten Seite befindet sich eine violett verfärbte Schnittwunde. Leider konnte ich noch nicht herausfinden, um welches Gift es sich handelt“, gibt er zögerlich preis. Erschrocken sehe ich ihn an: „Vergiftet? Aber wer? Nein, das ist im Moment egal. Ist das Gift tödlich?“ „Das kann ich nicht genau sagen. Gifte sind nicht meine Spezialität“, entschuldigend senkt er den Kopf. „Hast du schon Blutproben genommen?“, ich versuche ruhig zu bleiben. Anders deutet wortlos auf die Waschkommode, wo er alles dafür aufgebaut hat. Ich gehe auf die Kommode zu und sehe mir an, was er bereits herausgefunden hat.
 

Nach einigen Minuten drehe ich mich wieder um: „Es ist nicht tödlich, aber gefährlich. Sagt dir „Schwarzblut“ etwas?“ „Schwarzblut? Nein, davon habe ich noch nie gehört. Ist das ein Gift?“, fragt mich der Magier nachdenklich. „Ein schwer herzustellendes Gift, das dazu dient, Gegner für eine längere Zeit auszuschalten, ohne sie dabei zu töten. Es besitzt keine direkten tödlichen Wirkungen, verursacht dafür aber hohes Fieber, Schwächeanfälle, und Ohnmachten. Auf Dauer jedoch kann dies zum Tod des Vergifteten führen. Zevran weiß, wie man das Gegenmittel zubereitet. Sprich dich mit ihm ab und stellt schnellstens das Gegengift her. Ich bleibe hier.“, ordne ich an. Wortlos verlässt er den Raum. Einen Augenblick lang sehe ich ihm nach, wende mich dann jedoch von der eingelassenen Öffnung im Boden ab und setze mich stattdessen auf den Stuhl direkt neben Cullens Bett. Auf dem Beistelltisch erblicke ich eine Schale mit klarem, kalten Wasser sowie einem kleinen Lappen. Wortlos tauche ich den Lappen in das kühle Nass, um ihn anschließend nach einem kurzen Auswringen auf Cullens Stirn zu legen. Danach ergreife ich mit meinen Händen seine linke Hand und halte sie. Wer auch immer es gewagt hat, ihn anzugreifen, wird das bitter bereuen, sollte er mir je unter die Augen treten.
 

In den darauffolgenden Stunden versuche ich alles, um sein Fieber zu senken und ihn ruhig zu halten, damit sich das Gift nicht noch schneller ausbreiten kann. Dies erweist sich als schwieriger als Anfangs angenommen, da Cullen sehr schlecht zu träumen scheint und sich in Folge dessen unruhig im Fieberwahn bewegt. Ich entsende stumme Gebete zum Erbauer und seiner Prophetin Andraste, dass sich Zevran und Anders beeilen mögen.
 

Die Sonne steht bereits hoch am Himmel, als ich das leise Knarzen der hölzernen Leiter wahrnehme. „Mia Bella?“, erklingt Zevrans Stimme vorsichtig. Besorgt wende ich mich ihm zu. In seiner Hand hält er ein kleines Glasfläschen. Besagtes reicht er mir: „Hier, es ist nicht viel, sollte aber ausreichen.“ Erleichtert nehme ich das Fläschen entgegen, entferne den Korken und führe es an Cullens Lippen. Mit Bedacht flöße ich ihm das Gegengift ein, darauf achtend, dass er sich nicht daran verschluckt. Aufmerksam beobachte ich die Umrandungen der Schnittverletzung. Es dauert einige Augenblicke, doch dann sieht man, wie der violette Farbton verblasst. Erleichtert wirble ich zu Zevran herum und falle ihm dankbar um den Hals. „Danke, vielen, vielen Dank, Zev“, schluchze ich leise vor Erleichterung. Etwas überfordert von meiner Reaktion drückt er mich sanft an meinen Schultern von sich und umfasst mein Kinn: „Hey, Belladonna, du weißt, dass ich immer alles in meiner Macht stehende für dich tuen würde. Dafür sind Freunde da. Und jetzt hör auf zu weinen, ich hasse es, Frauen weinen zu sehen. Außerdem haben wir ganz offensichtlich ein schwerwiegendes Problem.“ Ich trete einen Schritt zurück und wische mir die Tränen von den Wangen. Für einen Moment schließe ich die Augen, atme tief durch. „Da hast du recht“, erwidere ich daraufhin entschlossen. „Ah... das ist die Leyla die ich kenne. So gefällst du mir doch gleich schon viel besser. Also, was machen wir nun?“, er schenkt mir ein kurzes Lächeln, dann setzt er sich auf den freien Stuhl und sieht mich erwartungsvoll an. Ich hingegen setze mich auf die Bettkante, ehe ich seinem Blick begegne: „Eine gute Frage. Ganz offensichtlich haben wir einen Verräter oder aber Attentäter unter uns. Ich hatte gehofft, dass die Sache mit Lysaria und Jakob ein Einzelfall wäre.“ „Wo wir bei den beiden sind, du hast sie bislang noch nicht verurteilt“, merkt Zev an. „Ich weiß. Im Ganzen Trubel kam ich nicht dazu“, antworte ich ihm. „Sollte dein Schätzchen heute noch aufwachen, sollten wir zusehen, dass wir ihn an einen anderen Ort bekommen“, entscheidet er dann. Verblüfft mustere ich ihn: „Warum?“ „Ganz einfach: Dieser Angriff richtete sich nicht nur gegen ihn, sondern vermutlich indirekt auch gegen dich. Irgendjemand will dir gezielt schaden, Leyla“, antwortet der Elf, „deshalb ist es wichtig, dass wir dich ab jetzt noch stärker beschützen. Vermutlich wären Kell und Julien dabei auch von Nutzen. Du solltest darüber nachdenken, den Beiden ihren alten Stand wieder zuzusprechen.“
 

„Aber was hat Cullen mit alldem zu tun?“, diese Frage richte ich mehr an mich selbst, als an meinen Gesprächspartner. „Er ist dein Schwachpunkt“, sagt mir der Assassine auf den Kopf zu. „Was?“, Verwunderung steht in meinen Augen, als ich meinen Blick wieder ihm zu wende. „Wenn ich ein Attentäter wäre, der den Auftrag hätte, dich so gut wie es eben nur geht zu schädigen, dann würde ich zu erst die Leute angreifen, die dir am nächsten stehen. Neben uns Rittern stehen dir Cullen, Dorian und Leliana hier in der Himmelsfeste am nächsten. Das macht sie zu Angriffszielen. Besonders Cullen ist davon betroffen. Es hat auf der Feste bereits die Runde gemacht, dass ihr beiden etwas miteinander habt. Wer weiß, wer sonst noch alles davon Kenntnis hat?“, erklärt er seine Aussage. „Wir hatten schon immer Feinde, warum sollte es jetzt anders sein als früher?“, halte ich verzweifelt dagegen. „Weil du nicht mehr nur Rose bist. Du hast dich verändert Leyla. Du bist von dir aus Bindungen mit anderen eingegangen, freundschaftlich und darüber hinaus. Als du nach außen hin nur Rose warst, nur eine Bardin im Spiel, nur eine Prinzessin am fereldischen Hofe, war es einfach dich zu beschützen. Du hattest keine Schwachstellen, wo man dich hätte treffen können. Das ist jetzt aber anders. Deine Feinde haben sich verändert und du hast dich ebenfalls verändert. Von der strategischen Taktikerin, die damals alles getan hat, was getan werden musste, die dafür bereit war alles zu opfern, von der Frau, die mir während der Verderbnis das Leben gerettet hat, ist nicht mehr viel übrig. Diesen Umstand bedauere ich nicht. Mir gefällt die Person, die du jetzt bist. Die offene, herzensgute junge Frau, welche entschlossen, schön und stark voranschreitet. Du lässt endlich andere an dich heran. Aber genau das macht dich auch angreifbar“, Zevran ist aufgestanden und sieht mich ernst an.
 

Ich lasse mir seine Worte durch den Kopf gehen. Er hat recht. Früher hätte ich ohne zu zögern alles getan, alles geopfert was nötig gewesen wäre, um das drohende Unheil abzuwenden. Nein, ich habe genau das getan. Ich tat was man von mir verlangte, um das Ziel zu erreichen, ohne Rücksicht auf Verluste. Als Tahri zu mir sagte, ich solle einen Plan entwickeln, wie wir das in der Dunklen Brut in die Hände gefallene Denerim zurückerobern können, tat ich genau das. Ich wusste, sie würde sterben. Sie wollte sich opfern, anstelle meines Bruders, weil Ferelden ihn als König brauchte. Und ich tat nichts, um ihren Tod zu verhindern. Ich arbeitete eine Strategie aus, bei der ich wusste, dass ich ihr die Gelegenheit zum alles vernichtenden Schlag bot. Sorgte ich doch selbst dafür, dass sie das Schwert meines Vaters König Maric erhielt, um den letzten Schlag durchzuführen. Sie verlangte von mir einen Plan, der sie als Opfer beinhaltete, und genau den lieferte ich ihr. Ich opferte sie, eine gute Freundin, für das Wohl der Welt. Für das Ende der Verderbnis. Statt nach einem Ausweg, einer Lösung für ihr Überleben zu suchen.
 

„Siehst du, genau das meine ich. Du bist nicht mehr dieselbe Frau von der fünften Verderbnis. Dein Amt als Prinzessin, deine Reise nach Tevinter, dein Aufenthalt in Kirkwall, die Inquisition, das alles hat dich verändert. Es hat dich zu einer starken Person werden lassen. Zu jemanden, der sich für seine Freunde einsetzt. Sie wollte es damals so, aber ich weiß, dass du heute alles dafür tuen würdest, um sowas zu verhindern. Und dafür bewundere ich dich, Leyla. Für deine Stärke, für deinen Willen, für deine Entschlossenheit und für deine Kraft, deine Freunde um jeden Preis zu beschützen“, Zevran kniet sich vor mich, „ich habe dir damals die Treue geschworen und ich würde es jederzeit wieder tuen. Lass uns nach einer Möglichkeit suchen, wie wir einen erneuten Anschlag verhindern können!“ Zu keiner Aussage fähig nicke ich einfach nur.
 

In den darauffolgenden Stunden besprechen Zevran und ich, wie wir weitere Anschläge verhindern können. Während dessen bessert sich stetig Cullens Gesundheitszustand. Mittlerweile sind auch Anders und Fenris zu uns gestoßen und gemeinsam beratschlagen wir unser weiteres Vorgehen. Aus Platzgründen sitzen wir inzwischen alle auf dem Boden, zwischen uns eine Karte mit dem Aufbau der Himmelsfeste.
 

„Wir schaffen es nie, jede Nacht vier Türen zu bewachen, egal wie oft wir das jetzt noch drehen und wenden“, brummt Fenris. „Dann sollten wir uns vielleicht auf zwei Türen beschränken?“, schlägt Zevran vor. „Warum beschränken wir uns nicht auf eine Türe, nämlich die zum Gemach von Leyla?“, hält dieser dagegen. „Jungs, beruhigt euch. Wenn wir Leliana informieren, wird sie selbst für ihre Sicherheit sorgen. Sie verlässt sich da ungern auf andere“, versuche ich die beiden Elfen aus ihrem Zwist zu führen. „Bleiben drei Türen, immer noch unmöglich“, murrt Fenris. „Der Kommandant könnte doch in das Gemach des Inquisitors ziehen, dann wären es nur noch zwei“, schlägt Anders vor, „und Dorian als Magier müsste auch einige Abwehrzauber kennen. Dann wäre es nur noch eine Tür.“ Still danke ich Anders für diesen Vorschlag. Gerade als ich zu einer Erwiderung ansetzen will, lässt mich ein Husten in meinem Rücken herum fahren.
 

„Verrät mir wohl einer, warum ihr eine Versammlung in meinem Schlafzimmer abhaltet?“, fragt Cullen mit rauer Stimme. „Du bist wach“, augenblicklich springe ich auf und beuge mich über ihn. Erleichtert lehne ich meine Stirn an seine. Verwirrt legt er eine Hand an meine Wange: „Was ist denn passiert?“ „Du wurdest in den frühen Morgenstunden von jemanden angegriffen. Die Klinge war vergiftet. Anders fand dich mit einem deiner Rekruten und informierte mich. Das Gift konnten wir dank Zevrans Kenntnisse glücklicherweise neutralisieren“, fasse ich kurz die Geschehnisse des Tages zusammen. „Also wirklich Amigo, Ihr dürft Mylady doch nicht solche Schrecken einjagen“, tadelt Zevran Cullen. Doch dieser ignoriert meinen ersten Ritter einfach: „Ein Angreifer? Ja, ich kann mich erinnern, aber die Erinnerungen sind verschwommen. Ich kann nicht mit Sicherheit sagen, wie er aussah.“ „Leyla, wenn du gestattest, helfen Fenris und ich Cullen in dein Gemach. Die Auswirkungen des Giftes werden erst in zwei bis drei Tagen vollständig abgeklungen sein und bis dahin, Kommandant, werdet Ihr Euch keinen großen Anstrengungen aussetzen und Euch ausruhen“, mahnend blickt Zevran diesen an. „Warum? Was?“, Unverständnis liegt in seinem Blick, als mein Liebster den meinen sucht. „Ich erkläre dir alles später“, erwidere ich sanft, bevor ich mich an die beiden Elfen wende: „Dann werden Anders und ich in der Zwischenzeit Dorian und Leliana informieren.“ Diese stimmen mir mit einem Nicken zu, weswegen Anders und ich schon einmal das Zimmer verlassen, um mit den beiden zu sprechen.
 

Sowohl Dorian als auch Leliana sind gewissermaßen entsetzt über die Tatsache, dass wir nach wie vor mindestens einen Attentäter unter uns haben, versprechen mir aber auch, ab sofort besonders vorsichtig zu sein. Ein Seufzen verlässt meine Lippen, als wir uns auf dem Rückweg zu meinem Gemach befinden. Noch heute Abend werde ich Kell und Julien wieder in den Ritterstand erheben. Nicholas hingegen wird weiterhin nur ein Rekrut der Inquisition sein. Er ist als Ritter für mich nicht länger tragbar. Auch wenn ich diesen Umstand bedauere. Früher haben er und ich uns so gut verstanden. Er konnte mich immer zum lachen bringen, wusste genau, wie er mich ablenken konnte, wenn ich Trübsal blies. Doch von diesem Jungen, der vor so vielen Jahren an meiner Seite kämpfte scheint mir heute nicht mehr viel übrig zu sein. Er hat sich verändert, genau wie ich. Nach dem Verlust meiner ersten Garde wurde ich berechnender, strategischer. Ich schwor mir damals, meinen Fehler kein zweites Mal zu wiederholen. Erst meine Freunde, die ich im Zuge der Ereignisse der letzten fünf Jahre alle kennenlernte, führten mich wieder zurück zu meinem eigentlichen Ich. Und dafür bin ich ihnen allen sehr dankbar.
 

„Alles gut?“, fragt mich Anders, kurz bevor wir den Aufgang zu meinem Gemach erreichen. „Natürlich“, antworte ich ihm abwesend. „Wirst du es schaffen?“, hakt er weiter nach. Fragend hebe ich eine Augenbraue. „Ihnen wieder zu vertrauen?“, erklärt er seine Frage. „Ich... weiß es nicht genau. Aber... sie haben nichts getan, was mich nicht glauben lässt, dass sie es ernst meinten. Sie nicht, nur Nic“, murmle ich. „Er stand dir früher nahe, nicht wahr?“, mitfühlend mustert mich der Magier. Langsam nicke ich. „Vielleicht wird er eines Tages verstehen, was er falsch gemacht hat“, versucht er mich aufzumuntern, „aber, so ganz nebenbei. Du solltest dir vielleicht etwas anders anziehen, bevor du die beiden gleich zu Rittern schlägst. Im Schlafgewand mit Morgenmantel wirkst du nicht sehr autoritär.“ Mein Blick gleitet an meinem Körper herunter und ich stelle fest, dass ich mich seit heute Morgen nicht mehr umgezogen habe. In Anbetracht der Tatsache, dass wir frühen Abend haben, habe ich mich heute vor allen Leute zum Narren gemacht. Phänomenal. Ein resigniertes Stöhnen verlässt meine Lippen. „Keine Sorge, du könntest nackt durchs Heerlager laufen, deine Soldaten würden dich trotzdem respektieren und Adlige sind derzeitig keine bis wenige hier“, schmunzelt er. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass das einem gewissen Kommandanten nicht gefallen würde“, erwidere ich mit etwas besserer Laune und einem kleinen Lächeln. „Na also, dass ist die Leyla, die ich kenne“, er lächelt mir zu, dann öffnet er die Tür zu meinem Gemach und hält sie mir galant auf.
 

Eilends laufe ich die Treppe hinauf. Anders folgt mir gemächlich. Oben treffe ich Fenris und Cullen, letzteren ohne Rüstung in meinem Bett liegend an. Zevran holt vermutlich gerade Kell und Julien. Zügig verschwinde ich in dem angrenzenden Badezimmer, wo sich – dem Erbauer sei Dank – Kleider zum wechseln befinden. So schnell wie es mir möglich ist, streife ich meine Kleidung ab und ziehe mir stattdessen das schlichte, dunkelgrüne Hemd mit der dazu passenden schwarzen Hose und einem schwarzen Mieder aus Leder an. Ferner mache ich mich etwas frisch und richte meine Haare. Gerade als ich das Badezimmer verlasse, kommen Zev, Kell, Julien und natürlich Hafter, der seinem Herrchen immer und überall hin folgt, die Steintreppe herauf.
 

„Gestattet Ihr uns die Frage, Mylady, warum Ihr uns habt herkommen lassen?“, erhob Kell die Stimme. Den beiden ist deutlich anzusehen, dass sie nicht wissen, warum sie gerade ausgerechnet hier sind. „Selbstverständlich. Nach reiflichen Überlegungen bin ich zu dem Entschluss gekommen, euch beide wieder in den Ritterstand zu erheben, sofern ihr dies beide noch möchtet“, erkläre ich ihnen. Die Überraschung über meine Entscheidung ist den beiden deutlich anzusehen. „Nun... das... also, das... kommt wirklich unerwartet“, kommt es verblüfft von Kell. Die beiden wechseln einen Blick. Dann erkenne ich die Entschlossenheit in ihren Augen. „Mylady, es wäre uns eine Ehre, wieder in Eure Dienste treten zu dürfen“, beide neigen ihren Kopf vor mir. Zevran reicht mir das zeremonielle Drachenschwert, dass ich bei meinem Amtsantritt als Inquisitor erhalten habe.
 

„Kell, tritt vor“, fordere ich den Bogenschützen auf. Dieser folgte meiner Aufforderung und beugt vor mir ein Knie. Zevran tritt neben mich. Als erster Ritter ist es seine Aufgabe, bei der Schwurabnahme dabei zu sein. „Kell, schwört Ihr, Lady Leyla Theirin, Eure bedingungslose Treue und Loyalität?“, beginnt er. „Ich schwöre Euch, Lady Leyla Theirin, meine bedingungslose Treue und Loyalität bis zu jenem Tag, an welchem Ihr mich meines Schwures entbindet oder ich sterben sollte, je nachdem welcher Tag früher eintritt“, antwortet Kell. Ich erhebe das Schwert, berühre mit der flachen Seite der Klinge seine Schultern: „Erhebt Euch, Ser Kell, Ritter im Dienste der Prinzessin.“ Kell erhebt sich, neigt respektvoll den Kopf und stellt sich dann zu Anders und Fenris. „Julien, tritt vor“, fordere ich nun den Schwertkämpfer auf. Ebenso wie Kell eben, folgt nun auch Julien meiner Aufforderung und beugt vor mir ein Knie. „Julien, schwört Ihr, Lady Leyla Theirin, Eure bedingungslose Treue und Loyalität?“, wiederholt Zevran seine Worte. „Ich schwöre Euch, Lady Leyla Theirin, meine bedingungslose Treue und Loyalität bis zu jenem Tag, an welchem Ihr mich meines Schwures entbindet oder ich sterben sollte, je nachdem welcher Tag früher eintritt“, schwört nun auch Julien. Erneut erhebe ich das Schwert und berühre mit der flachen Seite der Klinge seine Schultern: „Erhebt Euch, Ser Julien, Ritter im Dienste der Prinzessin.“ Julien erhebt sich nicht sofort, sondern ergreift vorsichtig meine Hand und haucht einen Kuss auf meinen Handrücken: „Ich danke Euch, Mylady.“ Erst danach erhebt er sich und stellt sich neben Kell. Ich stecke das Schwert zurück in seine Scheide und sehe erwartungsvoll zu Zevran herüber. „Ich übernehme dann die Einweisung der Beiden. Heute Nacht übernimmt Fenris die Wache“, mit diesen Worten verneigt sich der Assassine ungewohnter weise vor mir und verlässt zusammen mit Kell und Julien den Raum. Anders schließt sich ihnen an, während Fenris zwar ebenfalls den Raum verlässt, aber vor der Tür Stellung bezieht.
 

Nachdenklich blicke ich ihnen nach. Ruhr kehrt in meinem Gemach ein. Bis Cullen diese nach einigen Minuten bricht: „Leyla, was soll das alles?“ Mit einem leisen Seufzen reiße ich mich von der Tür los, begebe mich zu meinem Schrank. Aus diesem nehme ich mir ein neues Nachthemd und ziehe mich rasch im angrenzenden Bad um. Danach gehe ich auf mein Bett zu und lege mich neben Cullen. Dabei angle ich nach der Bettdecke und ziehe diese über uns beide. Erst dann beginne ich ruhig damit, ihm alles zu erklären. Schweigend hört er sich meine Ausführungen an. Sorge tritt in seine Augen, als ich geendet habe: „Das ist nicht gut. Ich hatte nicht erwartet, dass sich nach den beiden noch einmal so schnell ein Attentäter bei uns einschleichen.“ „Ich auch nicht. Wobei es sein könnte, dass er vielleicht schon die ganze Zeit über hier war“, entgegne ich. „Du hast eine Vermutung?“, damit hat er nicht gerechnet. „Mehr als eine Vermutung ist es wahrlich nicht. Natürlich könnte es sein, dass der Attentäter sich unter die Truppen geschlichen hat, aber das glaube ich nicht. Eine Änderung im Wachwechsel oder sonstige Veränderungen unter unseren Leuten wären entweder dem Bullen, Leliana, Zev oder aber mir aufgefallen. Aber was, wenn diese Person, die ganze Zeit über vielleicht nie von uns in Betracht gezogen worden wäre? Was, wenn sie mir nahe genug stand, damit ich sie nicht auf den ersten Blick verdächtigen würde?“, mutmaße ich. „Das würde bedeuten, der Täter wäre ein Mitglied des inneren Kreises“, geschockt sieht mich mein Liebster aus seinen goldenen Augen an. „Nicht zwangsläufig. Eine Person, die mir nahe genug steht, dass ich ihr in sofern vertraue, dass sie dafür nicht in Frage kommt, muss nicht unbedingt ein Mitglied des inneren Kreises sein. Und ich kann dir auch sagen warum. Der Täter hat einen Fehler begangen. Das von ihm verwendete Gift „Schwarzblut“ ist ausgesprochen selten und nur sehr schwer herzustellen, ebenso wie das dazugehörige Gegenmittel. Unser Täter jedoch, war entweder dazu in der Lage es selbst herzustellen – was fast unmöglich ist – oder aber in der Lage, es sich zu beschaffen. Und ich kenne nur eine Person, die sich auf der Himmelsfeste befindet und es herstellen könnte. Einen Meister der Gifte, an den ich bislang noch gar nicht gedacht hatte und den ich unter anderen Umständen nicht verdächtigen würde“, führe ich meine Erklärung fort. „Wer? Du wirst doch nicht Zevran meinen?“, hakt Cullen nach. „Nein, Zevran ist mir gegenüber loyal. Er würde mich nie hintergehen. Zumal er sich zwar mit Gegengiften und einfacheren Giften auskennt, er aber kein Meister auf diesem Gebiet ist. Es war viel mehr Zufall, dass er wusste, wie man das Gegengift dazu herstellt. Ich bin selbst einmal mit diesem extrem seltenen Gift in Berührung gekommen und schon damals kannte er die Gegenformel, da er sich diese einst teuer erkauft hatte, um das Leben einer für ihn wichtigen Person zu retten. Ich spreche von Nicholas“, eröffne ich ihm meinen Verdacht. „Nicholas? Warum ausgerechnet er?“, er kann mir nicht mehr folgen. „Man sieht es ihm nicht an, aber ich bin bislang keiner Person begegnet, die so geschickt in der Herstellung oder aber dem Umgang mit Giften ist wie er. Nicholas ist ein Naturtalent für Pflanzen. Wenn jemand dieses Gift herstellen kann, und das können die wenigsten, dann er. Und er hätte die entsprechenden Motive, um dich anzugreifen“, erwidere ich. „Dann müssen wir ihn unter die Lupe nehmen“, ich sehe Cullen genau an, dass er am liebsten aufgesprungen wäre und sich Nicholas persönlich vorgeknöpft hätte. „Das überlassen wir Zevran. Jetzt ist höchste Diskretion geboten. Ich habe ihm bereits von meinem Verdacht in einer ruhigen Minute in Kenntnis gesetzt. Er wird ihn für mich prüfen und bei der kleinsten Begründung für diesen in Gewahrsam nehmen. Du hingegen erholst dich jetzt erstmal von den Folgen der Vergiftung. Noch wissen wir nicht, ob er alleine ist oder Komplizen hat, oder aber ob er es überhaupt ist. Und bis wir dahingehend Gewissheit haben, heißt es abwarten“, mit einem Gähnen endet meine Ausführung. Cullen stimmt mir mit einem Nicken zu und schließt mich sanft in seine Arme. Nur Wimpernschläge später bin ich eingeschlafen.

Die Ansprache der Botschafterin

In den nächsten Tagen ist es ausgesprochen ruhig auf der Himmelsfeste. Um eventuellen Anfeindungen und Spekulationen vorzubeugen, haben wir uns dazu entschieden, niemanden von dem Angriff auf Cullen zu erzählen. Der gesamte Vorfall wird streng vertraulich behandelt. Zur Gewährleistung von Cullens Sicherheit jedoch musste er bis aufs weitere zu mir ins Gemach ziehen, nicht, dass ihn das sonderlich groß stören würde. Doch, es gibt einige Parteien auf der Himmelsfeste, denen genau dieser Umstand ein Dorn im Auge zu sein scheint, wie ich heute nur wieder allzu deutlich zu spüren bekommen soll.
 

Seit zwei Tagen befindet sich Cullen wieder im Dienst, wird aber derzeitig noch von Cassandra unterstützt, da sich einiges an Arbeit aufgestaut hat. Gerade befinde ich mich auf einem Weg zu einem geheimen Treffen mit meiner Garde, als ich von Josephine kurzerhand abgefangen und förmlichst in ihr Arbeitszimmer geschliffen werde. „Inquisitor, so kann es nicht weitergehen!“, böse sieht mich die Botschafterin an. „Wovon redet Ihr, Josephine?“, frage ich sie verständnislos. „Mir ist zwar unklar, weshalb der Kommandant jetzt schon in Eurem Bett schläft, aber seit Ihr Euch auch nur im geringsten darüber bewusst, dass Euer öffentliches Turteln mit dem Kommandanten niemanden auffällt?“, will sie etwas aufgebracht von mir wissen. „Ich verstehe immer noch nicht genau, worauf Ihr hinauswollt“, versuche ich ihren Worten zu folgen. „Das Ihr in einer Liaison mit dem Kommandant seit ist eine Sache, aber seit Ihr Euch bewusst, wie viele Heiratskandidaten alleine für Euch bei mir täglich vorstellig werden? Und jetzt redet jeder – vom Soldaten bis hin zur einfachen Dienstmagd – auf der Himmelsfeste über die Tatsache, dass der Kommandant und der Inquisitor scheinbar mehr als nur ein gelegentliches Schäferstündchen miteinander teilen! Das kann so nicht weiter gehen“, schimpft sie. „Was geht die Welt da draußen eigentlich mein oder aber Cullens Privatleben an?“, entgegne ich. „Inquisitor, ich verlange, dass Ihr Euch entscheidet! Wir haben viele vorteilhafte Heiratskandidaten für Euch, deren Verbindungen uns sehr viel einbringen würden. Wir können nicht länger so tuen, als ob das zwischen euch beiden nichts wäre! Entweder Ihr verlobt Euch mit Cullen oder aber Ihr beendet diese Romanze! Der Druck des Adels obschon Eures jungen Alters wächst. Wir verlieren an Ansehen, wenn das Gerücht umgeht, dass der Inquisitor es mit seinen Leuten treibt!“, hält sie mir ihre Gardinenpredigt. Geschockt sehe ich sie an. „Jetzt geht und teilt mir schnellstmöglich Eure Entscheidung mit“, damit wirft sie mich aus Ihrem Büro.
 

Anstatt wie geplant mich mit meinen Rittern zu treffen, führt mich mein Weg nun direkt zu Cullen. Überrascht mustern er und Cassandra mich, als ich sein Büro betrete. „Cassandra, würdet Ihr uns bitte alleine lassen? Ich muss etwas mit dem Kommandanten unter vier Augen besprechen“, bitte ich die Sucherin höflich. „Natürlich“, sie geht an mir vorbei und schließt hinter sich die Türe. Langsam trete ich auf Cullens Schreibtisch zu. Mein Liebster hingegen kommt um diesen herum. „Was ist passiert?“, fragt er mich besorgt. „Josephine hat mit mir gesprochen“, beginne ich. „Und?“, seine goldenen Augen nehmen mich gefangen. Unfähig, seinem Blick standzuhalten, senke ich den Kopf, betrachte den Fußboden: „Sie meinte, dass wir entweder heiraten oder aber alles beenden sollen.“ Meine Stimme ist leise, nicht mehr als ein Flüstern. Cullen zieht scharf die Luft ein. Er hat genau so wenig wie ich mit einer solchen Forderung der Botschafterin gerechnet. „Was hast du ihr geantwortet?“, will er ruhig wissen. „Noch nichts, sie hat mich nach ihrer Ansprache aus ihrem Büro geworfen“, antworte ich, den Blick nach wie vor auf den Boden haltend.
 

Stille schwebt zwischen uns. Unruhig tigert Cullen durch den Raum. Nach schier endlosen Momenten kommt er vor mir wieder zum stehen: „Ich... habe darüber nachgedacht, wie es in der Zukunft weitergehen soll. Dieser Krieg wird nicht ewig dauern, dessen bin ich mir bewusst und ich... nun, ich werde bleiben wollen, bei dir, wenn das alles hier vorbei ist. Aber was willst du?“ Sanft schließen sich seine Finger um mein Kinn, zwingen mich dazu, ihn anzusehen. Mit Tränen in den Augen blicke ich zu ihm auf. „Ich will bei dir bleiben, für immer“, wispere ich. Ohne ein weiteres Wort nimmt er mich in den Arm und drückt mich fest an sich. „Dann sehe ich in dieser Situation kein großes Problem“, murmelt er leise, „es sei denn, der Gedanke, mich zu heiraten ist für dich derart unerträglich.“ Gegen Ende seiner Worte hin, versucht er meine Stimmung mit einem mehr als nur schlechten Witz zu heben. Es bleibt bei diesem Versuch. Mit einem missglücktem Lächeln erwidere ich seinen Blick: „Das ist es nicht.“ „Sondern?“, Cullen lehnt seine Stirn gegen meine. „Ich wollte nicht heiraten, weil es dem Ansehen schadet, wenn ich es nicht tue“, antworte ich ihm. „Willst du mich trotzdem heiraten?“, tief blickt er mir in die Augen. Ich ertrinke in dem goldenen Schimmer: „Ich... ja, Cullen, ich will.“ Sanft küsst er mich. Als sich unsere Lippen voneinander lösen, streicht er mir eine Strähne meines braunen Haares aus dem Gesicht: „Dann sollten wir das Botschafterin Montilyet wissen lassen.“ Er greift nach meiner Hand und gemeinsam begeben wir uns auf den Weg zu Josephine.
 

„Inquisitor? Kommandant?“, abwartend mit einer leichten Überraschung in ihren Augen mustert uns Josie. „Es geht um unsere Unterredung von vorhin, Josephine“, beginne ich. „Oh... ich hatte nicht so bald mit einer Entscheidung Eurerseits gerechnet, Mylady“, erwidert sie. „Es gab nicht viel, was entschieden werden musste“, mischt sich nun auch Cullen in das Gespräch mit ein. „Und das heißt...“, der Blick der Botschafterin wechselt zwischen meinem Liebsten und mir hin und her. „Dass Ihr die Hochzeit planen könnt, Josephine, ganz so, wie sie Euch vorschwebt. Nur bedenkt bitte, dass Corypheus vielleicht vor dem Termin tot sein sollte, nicht, dass er am Ende noch die Zeremonie stört“, teile ich ihr unseren Entschluss mit. „Damit hätte ich wohl rechnen müssen. Also gut, ich werde mir noch eine Strategie überlegen müssen, wie ich es dem Adel erkläre, dass der Inquisitor beziehungsweise die Prinzessin des Reiches Ferelden ihren Kommandanten heiratet, aber... irgendwie werde ich das wohl hinbekommen. Ich freue mich für euch“, zum Ende hin lächelt Josephine uns an. „Josephine, eine Sache bitte: Lasst das nicht zu dem Ereignis des Jahres werden, bitte“, ein leises Flehen ist aus Cullens Stimme herauszuhören. „Nun, Kommandant, das kann und werde ich euch leider nicht versprechen. Die Hochzeit einer Persönlichkeit wie dem Inquisitor wird natürlich in aller Munde sein. Alles andere wäre nicht standesgemäß. Vergesst nicht, dass Ihr nicht nur das Oberhaupt der Inquisition heiratet, sondern gleichzeitig die rechtmäßige Prinzessin von Ferelden“, entgegnet diese. „Glücklicherweise darf ich als Hochverräterin aller Wahrscheinlichkeit nie in den Genuss kommen, das Erbe meines Vaters anzutreten“, versuche ich ihr den Wind aus den Segeln zu nehmen. „Das, Mylady, wird ganz davon abhängig sein, wie Euch die Welt sehen wird, wenn das alles hier vorbei ist. Aber jetzt müssen wir uns zuerst auf den Ball in Halamshiral vorbereiten. Alles andere wird warten müssen“, sie macht sich einige Notizen auf ihrem Klemmbrett, „danach allerdings werde ich Euch für die Gästeliste in Anspruch nehmen, Mylady.“ Ja, sowas in der Richtung dachte ich mir bereits. „Wir überlassen Euch dann wieder Eurer Arbeit, Josephine. Sollte etwas sein, wisst Ihr ja, wo Ihr uns findet“, mit diesen Worten verabschieden wir uns von unserer Botschafterin.
 

Unser Weg führt uns zu den Wällen der Himmelsfeste. „Verdammt“, unvermittelt bleibe ich stehen. Fragend sieht mich Cullen an. „Ich habe meine Ritter völlig vergessen“, fällt es mir siedend heiß wieder ein. Ein raues Lachen ertönt: „Unsere Botschafterin hat dich zweifelsohne mit ihrer Forderung mehr aus der Bahn geworfen, als du selbst wohl erwartet hättest.“ Seine Worte nehme ich kaum wahr. Ich muss den fünf gleich erklären, warum ich viel zu spät bin. „Sehen wir uns heute Abend?“, erklingt die tiefe Stimme meines Liebsten an meinem Ohr. „Heute Abend? Da werden wir unseren Freunden die Neuigkeiten erzählen müssen, sonst sind sie noch sauer, dass sie es von Josephine und nicht von uns erfahren haben“, entgegne ich. „Hm... und was schwebt dir dazu vor?“, neugierig blickt er mir in die Augen. „Ein gemütlicher Abend in der Taverne“, erwidere ich, „jetzt muss ich aber wirklich los. Die werden sich schon Fragen, wo ich bleibe.“ Ich hauche ihm einen Kuss auf den Mund, bevor ich zusehe, dass ich zum Treffpunkt im verlassenen Turm komme.

Auf der Jagd nach einem Attentäter

Ich weiß nicht mit wie viel Verspätung, aber nach einem Sprint erreiche ich endlich den Treffpunkt, wo meine Ritter mehr oder weniger geduldig auf mich gewartet haben. „Ihr seit spät, Mylady“, Anders klingt eher besorgt als tadelnd. „Es gab eine unvorhergesehne Angelegenheit, welche meiner dringenden Aufmerksamkeit benötigte“, ich schenke ihnen ein entschuldigendes Lächeln. „Hoffentlich kein erneuter Übergriff unseres Attentäter“, halb interessiert sieht Zevran zu mir herüber. Dies verneine ich mit einem Kopfschütteln. „Also gut, dann sollten wir, jetzt da Ihr hier seit, Mylady, uns vielleicht dem wesentlichen zuwenden?“, fragt Kell in die Runde. Diesen Vorschlag bestätigen alle mit einem Nicken. Ich lasse mich zwischen Zevran und Fenris auf dem Boden nieder, ehe wir mit unserer Beratung beginnen.
 

„In den letzten Tagen gab es keine Auffälligkeiten im Wachwechsel und es hat niemand die Himmelsfeste verlassen, ohne dass wir es mitbekommen hätten. Die Personen, die die Feste verlassen haben, waren durch die Bank hinweg alles Rekruten oder Soldaten der Inquisition und irgendeine Comtess und ihre Begleiter“, fasst Kell zusammen. Wir hatten uns vor sechs Tagen darauf geeinigt, dass die Fünf neben abwechselnder Nachtwache unmittelbar vor meinem Gemach tagsüber die Feste beobachten und alle Auffälligkeiten notieren. „In den Kellergewölben konnte ich keine zusätzlichen Ausgänge finden. Lady Lelianas Baupläne waren insofern korrekt“, berichtet Julien. „Das bedeutet, unser Täter befindet sich noch immer in der Feste“, Fenris scheint über diese Tatsache schon beinahe erfreut zu sein. „Was genau ist daran gut? Hier läuft ein Fast-Mörder frei herum und vermutlich auch noch ein Giftmischer“, entgeistert starrt Anders zu dem Elfenkrieger herüber. „Wir können die Täter noch stellen“, erklärt Julien, der Fenris Gedankengang richtig interpretiert hat.
 

„Was wissen wir noch über den Angreifer?“, richte ich die Aufmerksamkeit wieder dem Eigentlichem. „Unser Täter ist nicht alleine, sondern hat mindestens einen Komplizen. Die Art und Weise des Angriffes auf den Kommandanten, die Körperstelle die getroffen wurde und auch der Schnitt als solcher weisen auf einen geübten Assassinen hin. Das Ziel war von Anfang, den Kommandanten langfristig auszuschalten, aber nicht zu töten. Vielleicht um der Inquisition als solcher, oder aber dem Inquisitor direkt Schaden zu zufügen. Die Flanke ist keine Stelle, die man angreift, wenn man jemanden töten will. Das auf der Klinge aufgetragene Gift hingegen ist ebenso schwer herzustellen wie selten seine Bestandteile sind, zumal es meisterhaft hergestellt worden sein muss, da dieses Gift in einer schlechteren Qualität tödliche Wirkungen hat. Auch dies wiederum ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass das Ziel des Angreifers kein Mord war. Die Frage ist nun, wer innerhalb der Inquisition ein Interesse daran hegen könnte, der Inquisitorin, da ich vermute, dass dieses Angriff indirekt ihr galt, zu schaden“, Zevran beendet seine Ausführungen.
 

„Innerhalb der Inquisition? Kann es nicht auch sein, dass der wahre Drahtzieher außerhalb zu suchen ist?“, hinterfragt Kell sofort. „Du meinst meinen Bruder?“, aufmerksam begegnet mein Blick dem Avaar. „Zum Beispiel.“ „Könnte eine Gilde involviert sein?“, hakt Anders nach. „Die Krähen von Antiva werden es nicht wagen, hier aufzutauchen, zumal ihre Art sich zu bewegen, Zev schon längst aufgefallen wäre. Vielleicht das Haus der Ruhe. Die Flint-Gesellschaft existiert nicht mehr und die nächst größere Vereinigung wäre dann das Bündnis der schwarzen Rose, welches wir von vornherein ausschließen können“, antworte ich ihm. „Ach ja, Bella, was unseren Giftmischer betrifft. Ich habe zwar einige Beweise dafür gefunden, dass das Gift hier auf der Himmelsfeste hergestellt worden ist, aber nichts davon belastet diese Person“, wendet sich Zevran an mich. Nachdenklich erwidere ich seinen Blick. „Aber ich habe auch keine andere Person auf der Himmelsfeste finden können, die zu der Giftherstellung in der Lage gewesen wäre. Unsere Nachtigall war mir dahingehend ein wenig behilflich. Wir müssen es nur nachweisen“, fährt mein erster Ritter fort.
 

„Wir haben auch keine Tatwaffe. Es müsste aller Wahrscheinlichkeit nach ein schmaler Dolch gewesen sein, sonst wäre auch die Wunde dramatischer gewesen“, gibt Anders zu bedenken. „Wir sollten es mit einer Falle versuchen. Vielleicht wurde er von einer dritten, bislang unbekannten Partei benutzt“, schlage ich vor. „Wer? Der Giftmischer?“, Fenris aber auch Kell, Julien und Anders scheinen mir nicht folgen zu können. „Die einzige, uns bekannte Person, die über genügend Wissen in der Giftherstellung verfügt, um theoretisch gesehen, dazu in der Lage zu sein, ein derartiges Gift herzustellen, ist Nicholas“, ich warte die Reaktion auf meine Worte ab. „Nic? Seit Ihr Euch da wirklich sicher?“, zwar ist Juliens Stimme ruhig, doch ich weiß, wie hart es für ihn ist, dass sein bester Freund verdächtigt wird. „Julien, wir wissen beide, dass Nicholas ein brillanter Giftmischer ist und das er über die nötigen Motive und Hitzköpfigkeit verfügt, um sich zu einer solchen Aktion hinreißen zu lassen“, greift Kell unerwartet ein. „Ich... ja“, mit gesenktem Kopf begutachtet der Schwarzhaarige den Holzboden.
 

„Jakob und Lysaria!“, ruft Zevran unvermittelt aus. Verdutzt wenden sich alle ihm zu. „Überlegt doch mal: Die Beiden waren die ersten, die hier aufgetaucht sind und einen Anschlag auf Leyla verüben wollten. Sie wurden aber noch nicht verurteilt, sondern befinden sich in Gewahrsam unten in den Kerkern. Dort sind sie auf Nicholas getroffen“, erklärt er seine Worte. „Und in Anbetracht der Behandlung, die Mylady ihm zu teil kommen lies, seinen Zorn über seine verlorene Stellung“, Anders kommt nicht dazu weiterzusprechen, da ihn Kell unterbricht: „Und die Wut und Eifersucht auf den Kommandanten, da dieser mit der Frau zusammen ist, die Nicholas liebt... .“ Auch er wird unterbrochen und zwar von Fenris: „Könnten die beiden ihn davon überzeugt haben, ein solches Gift zu mischen und den Kommandanten anzugreifen.“ „Nein, das Gift ja, aber nicht der Angriff, das muss jemand anderes gewesen sein. Nic ist Schwertkämpfer, kein Assassine“, widerspricht ihm Julien. „Also müssen wir nur den Assassinen noch enttarnen und das ganze nachweisen“, murmelt Anders.
 

„Habt Ihr eine Idee, wie wir ihm eine Falle stellen könnten, Mylady?“, Kell greift meinen Vorschlag wieder auf. Langsam nicke ich: „Aber dazu brauche ich deine Hilfe Julien. Die Falle kann nur mit dir funktionieren.“ Mein Blick heftet sich auf den Schwarzhaarigen. „Was habt Ihr vor?“, stellt er mir die Gegenfrage. „Du lässt ihm eine Notiz zukommen, nicht unterschrieben, dass du wüsstest, dass er an dem Anschlag auf Kommandant Cullen beteiligt war und dies beweisen könntest. Ferner verlangst du ein Treffen morgen um Mitternacht, hier, auf der oberen Ebene des ungenutzten Turmes, wenn er nicht will, dass du mir diese vorlegst. Ganz oben, auf dem Dach verstecken sich Zevran und ich. Du verwickelst ihn in ein Gespräch und versuchst aus ihm herauszukitzeln, ob er in die Sache verwickelt war oder nicht“, erkläre ich ihnen meinen Plan. „Und die Beweise? Wir können Nicholas nichts nachweisen“, erinnert mich Zev. „Doch, können wir“, behaupte ich. „Ach ja?“, Verwunderung ruht in den Augen der Krähe. „Zeig sie doch mal“, fordere ich ihn auf. Verwirrt stellt Zevran seine gefundenen Beweise auf den Boden. Mörser und Stößel, einige leere Fläschchen und eine Liste mit Zutaten und einigen Randbemerkungen. „Die Handschrift“, traurig betrachtet Julien den Zettel am Boden. „Daran habe ich gar nicht gedacht. Natürlich, ihr kennt seine Handschrift“, der Assassine faltet seine Hände in seinem Schoß. „Dann würde ich sagen, haben wir einen Plan. Allerdings solltest du ihm die Botschaft erst morgen Mittag zukommen lassen, Julian, sonst machst du dich vielleicht für diese Nacht noch selbst zum Ziel“, beschließe ich. Langsam nickt er mir zu. „Dann sollten wir zusehen, dass wir nacheinander von hier verschwinden“, meint Zevran und ist der erste, der mit den Schatten verschmilzt und unseren Treffpunkt verlässt. Die anderen folgen ihm, jeder auf seine eigene Art, bis auf Julien, welcher mich noch einen Augenblick zurückhält: „Mylady, was gedenkt Ihr mit Nic zu machen, wenn er seine Tat gesteht?“ Überrascht halte ich seinem Blick stand: „Das hängt von morgen Nacht ab.“ „Verstehe“, damit verschwindet auch er. Einen Moment blicke ich ihm nach, ehe ich ebenfalls eins mit den Schatten werde und den Turm verlasse.

Ein fröhlicher Abend in der Taverne

Wie zu erwarten treffe ich Varric an seinem Platz neben dem Kamin in der Haupthalle an. „Rößchen, was kann ich für dich tuen?“, fragt mich mein Zwergenfreund sofort, als er sieht, wie ich auf ihn zuhalte. „Könntest du dafür sorgen, dass heute Abend alle Mitglieder des inneren Kreises in der Taverne zusammenkommen?“, bitte ich ihn. „Natürlich, aber gibt es dafür einen bestimmten Grund?“, hört er nach. „Sagen wir es einmal so: Wir haben einen Grund zum Feiern“, erwidere ich geheimnisvoll. „Na, dann sage ich nicht nein. Mach dir keine Sorgen, alle werden da sein, auch Lökchen, und wenn ich ihn dazu persönlich aus seinem Büro schleifen muss“, verspricht er mir und wittert vermutlich schon die nächste Inspiration für eine seiner Geschichten. „Danke Varric“, ich lächle ihm kurz zu, bevor ich mich auf mein Gemach zurückziehe, um noch einige Berichte abzuarbeiten, die in den letzten Tagen liegengeblieben sind.
 

Zwischen all den Berichten entdecke ich schließlich eine Notiz von Josephine zusammen mit einem Entwurf für ein Ballkleid, wo sie mich um meine Meinung bittet. Anbei befindet sich auch ein Entwurf für eine Gardeuniform, welche wohl für die männlichen Begleiter auf dem Ball gedacht ist. Seufzend streiche ich den Kleidentwurf durch und schreibe eine Anmerkung darunter: Wie soll Frau in einem Kleid samt Reifrock kämpfen? Alle Begleiter werden eine Uniform tragen!

Ich weiß jetzt schon, dass ihr dieser Umstand nicht gefallen wird, aber wir müssen daran denken, dass wir nicht zum Vergnügen auf diesen Ball gehen, sondern um der Kaiserin das Leben zu retten. In einem ausladenden Ballkleid wird das nichts. Passend betritt gerade einer von Lelianas Boten mein Gemach und übergibt mir einige neue Berichte. „Würdet Ihr dies bitte umgehend Botschafterin Montilyet bringen?“, frage ich ihn und halte dabei die Entwürfe in seine Richtung. „Natürlich, Euer Gnaden“, der junge Mann verneigt sich vor mir und verlässt anschließend den Raum. Ein Blick nach draußen verrät mir, dass sich der Tag seinem Ende zuneigt. Höchste Zeit also, sich auf den Weg zur Taverne zu begeben.
 

Als ich die Schenke betrete begrüßen mich der Geruch von Alkohol und lautes Gelächter. An einem zusammengeschobenem Tisch in der hinteren, rechten Ecke kann ich meine Kampfgefährten und Berater ausmachen. Scheinbar bin ich die Letzte, die in der gemeinsamen Runde noch fehlt.
 

„Und da ist sie ja“, begrüßt mich Varric, „ich wollte schon nach dir suchen gehen.“ „Verzeiht, ich habe bei der ganzen Arbeit wohl die Zeit vergessen“, entschuldige ich mich in der Runde. „Nicht doch, Boss, es wurde keine Uhrzeit gesagt, also ist auch niemand zu spät“, behauptet der Bulle. Lächelnd lasse ich mich auf dem verbliebenen, freien Platz zwischen Dorian und Cullen nieder. Ersterer reicht mir einen Kelch Wein, den ich schon am Geruch als Agreio Pavali erkenne. Ich danke ihm mit einem kurzem Lächeln und nippe an dem Wein. Dabei entgehen mir allerdings nicht die erwartungsvollen Blicke, welche auf mir ruhen. „Was gibt es denn jetzt zu feiern?“, platzt es aus Sera heraus. Statt ihr zu antworten, richtet sich mein Blick auf Cullen, der diesen sanft erwidert. Aus dem Augenwinkel nehme ich das aufblitzende Funkeln der Erkenntnis in Josephines Augen wahr.
 

„Bitte, eröffnet uns jetzt nicht, dass wir demnächst alle Onkel und Tanten werden“, kommt es schon entsetzt von Varric. Erschrocken blicke ich zu dem Zwerg herüber: „Was? Nein, wie kommst du denn darauf?“ „Wenn du wüsstest, wie ihr beiden euch gerade ansieht, würdest du das auch denken“, behauptet dieser. „Ich kann euch beruhigen. Ein Kind erwarten wir noch nicht“, mischt sich nun auch Cullen mit ein. „Noch?“, Seras Nachfragen hat zur Folge, dass Cullens Ohren rot anlaufen. Um die Peinlichkeit für uns beide zu beenden, und vor allem Sera an weiterem Nachfragen zu hindern, räuspere ich mich kurz. Sera, die gerade den Mund aufmachen wollte, macht diesen brav wieder zu und die Blicke richten sich wieder auf mich: „Cullen und ich, nun, wir werden heiraten.“
 

Stille beherrscht den Tisch. Dann beginnt Varric schallend zu lachen: „Die Welt ist im Begriff unterzugehen und ihr beiden beschließt zu heiraten!“ Sera und Bulle stimmen in sein Lachen mit ein, der Rest bleibt überraschenderweise still. Einige Wimpernschläge später verstummt das laute Lachen der Drei. „Also, jetzt wirkt ihr aber alle, als wäre wer gestorben“, meint Sera. „Das hat politische Gründe, nicht wahr?“, vermutet Leliana an Cullen und mich gewandt. Wir beide sehen sie an und nicken kurz. „Der Adel macht also doch Aufstände, dass eine Frau die Inquisition anführt. Das war wohl zu erwarten“, murmelt Dorian. „So ist es meistens. Sie haben sich erstaunlich lange zurückgehalten“, stimmt Josephine ihm zu. „Erklärt mir mal einer, was hier eigentlich los ist?“, verlangt nun Sera zu erfahren.

„Es ist so, Sera: Frauen in Machtpositionen werden immer äußerst kritisch gesehen. Wenn diese Frauen dann aber auch noch unverheiratet sind, ist die Kritik an ihnen noch wesentlich größer. Schon als wir Lady Theirin zum Inquisitor erklärt haben, liefen die ersten adeligen Unterstützer bei uns Sturm. Doch sie bewies in Haven, dass sie diesem Posten mehr als würdig ist. Die ersten konnten Leliana und ich problemlos besänftigen und ihnen den Wind aus den Segeln nehmen. Zudem dachten sie, dass jemand wie die Prinzessin von Ferelden ja bestimmt irgendwo einen Adeligen hat, dem ihre Hand versprochen ist. Dann jedoch machten die Gerüchte in der Himmelsfeste die Runde, dass der Inquisitor was mit ihrem Kommandanten hat. Auch das konnten wir anfangs als harmlos abtuen“, erklärt Josephine. „Natürlich konntet ihr das. Von einer Frau in ihrer Position erwartet man doch regelrecht eine Affäre, auch wenn unsere Teuerste nicht der Typ dafür ist“, merkt Vivienne an. „Eben“, stimmt Josephines der Verzauberin zu, ehe sie fortfährt, „allerdings verstärkten sich diese Gerüchte immer weiter. Dazu kam der Umstand, das bekannt wurde, dass Lady Theirin eine Verlobung mit einem Adelssohn ablehnte und derzeit ledig ist. Aus diesem Grund trafen täglich Briefe von Adligen aus Orlais, Rivain, Antiva, Nevarra und sogar einige aus Ferelden ein, die uns lohnenswerte Bündnisse gegen eine Vermählung mit unserer Anführerin anboten. Von den Herren, die persönlich bei mir vorstellig wurden, einmal ganz abgesehen. Es gefährdet unser Ansehen als Inquisition, wenn Lady Theirin weiterhin unvermählt bliebe.“

Bevor sie weiterreden kann, unterbreche ich sie: „Josephine sprach mich darauf an, weshalb Cullen und ich uns dazu entschieden haben, den Bund miteinander einzugehen. Eine Verlobung wird den Adel ruhig stellen und wir können uns in Ruhe auf die Vernichtung von Corypheus konzentrieren. Die Hochzeit wird eh nicht vorher stattfinden.“
 

„Ihr heiratet aber nicht nur wegen dem Bild?“, fragt Dorian mit schief gelegtem Kopf. „Nein, deswegen nur früher“, Cullen legt seinen linken Arm um meine Schultern. Das klingt ganz so, als ob er mir irgendwann von sich aus einen Antrag gemacht hätte. „Egal welche Gründe das jetzt haben mag, ich glaube, an dieser Stelle sind viel eher Glückwünsche angebracht statt politische Diskussionen“, wirft Cassandra in den Raum. Dann steht sie auf und kommt auf Cullen und mich zu. Sie schenkt uns ein strahlendes Lächeln: „Also ich für meinen Teil freue mich sehr für euch.“ Wir stehen auf und werden prompt von ihr umarmt. Dorian erhebt sich als nächster um uns ebenfalls mit einer Umarmung zur Verlobung zu gratulieren. Leliana schließt sich den Umarmenden an, während Blackwall, Varric und Vivienne uns die Hand reichen. Bulle schlägt uns beiden schwungvoll auf die Schultern. Das kam für mich derart unerwartet, dass Sera, die mir mit Handschlag gratulieren will, dazu gezwungen ist, mich aufzufangen, da ich unter dem Schlag in die Knie gehe. Solas nickt uns lediglich zu und Josephine wusste ja bereits davon, weshalb sie sich nicht erhebt. „Darauf sollten wir trinken: Auf euch!“, Bulle hebt seinen Krug, der Rest tut es ihm gleich. „Auf euch!“, ertönt es.
 

„Aber jetzt sagt schon: Was genau erwartet uns denn dann alles?“, neugierig beugt sie Varric vor, die anderen sind wohl ähnlich interessiert. „Ihr meint neben den ganze adeligen Gästen und dem Tamtam, dass zu einer derart bedeutenden Hochzeit gehört?“, stellt Josephine die Gegenfrage. „Dass ihr das zum Ereignis des Jahres machen werdet, Botschafterin, ist uns allen bewusst“, grinst der Zwerg. „Ich denke, dass müssen die beiden für sich selbst entscheiden. Und dafür haben sie doch auch noch jede Menge Zeit. Warum spielen wir nicht stattdessen eine Runde Sündenfall?“, schlägt Leliana vor und mischt bereits die Karten, wo auch immer sie diese her hat. „Sündenfall? Gerne, ich bin da“, steigt Dorian mit ein. Blackwall und Bulle stimmen nickend der Spieleinladung ebenfalls zu. Ich lege einen Silberling auf den Tisch und lasse mir von meiner besten Freundin meine Karten reichen. Ich bin ihr dankbar dafür, dass sie vom Thema abgelenkt hat. Auch Varric zieht bereits einen Silberling hervor um mit einzusteigen, ebenso wie Josephine und Sera. Geschickt hat die Rothaarige die Aufmerksamkeit von den Neuigkeiten gezogen. Sie muss geahnt haben, dass das vor allem für mich ein sensibles Thema ist, gerade weil so viel passiert.
 

Zwei Stunden vergehen in denen wir gemeinsam trinken, Karten spielen und Geschichten zum besten geben. Nach drei Runden bin ich aus dem Kartenspiel ausgestiegen, lausche seitdem den anderen. Mein Kopf ruht an Cullens Schulter, sein linker Arm ruht warm um meine Hüfte. Er hat von Anfang an nicht mitgespielt, es könnte daran liegen, dass er beim letzten Mal vor sechs Wochen haushoch gegen Josephine verloren hat und sich eine erneute Blamage dieser Art ersparen möchte. Auch wenn Varric in einige Male mit der Aussicht auf Revanche zu ködern versuchte, lehnte er stets lächelnd ab. „Wirklich Lökchen, nur eine Runde“, probiert der Zwerg erneut sein Glück. „Vergesst es Varric“, erwidert mein Liebster. Ich blinzle müde zu ihm hoch: „Wollen wir uns für heute zurückziehen?“ „Gerne“, die Aussicht auf ein wenig Zeit mit mir alleine scheint ihm außerordentlich gut zu gefallen. „Also dann, einen schönen Abend noch“, wir erheben uns und verlassen gemeinsam die Taverne.

Treffen um Mitternacht

Der nächste Mittag kommt schnell und somit auch der Zeitpunkt, wo Julian Nicholas die Botschaft mit Hilfe einem Dienstmädchen zuspielt. Wir gehen alle unserer normalen Arbeit nach, da er nicht merken soll, dass wir etwas vor haben.
 

Am frühen Abend sitze ich mit Cullen kuschelnd auf den Fellen vor meinem Kamin. In wenigen Stunden wird es ernst. Mir ist die Gefahr der Aktion bewusst, doch bleiben uns nur wenige Möglichkeit um diskret an Nic heranzukommen. Mir gegenüber würde er wohl alles abstreiten. Bei Julien aber ist es hoffentlich anders. Die beiden waren wirklich gute Freunde, auch wenn ich weiß, dass der Umstand, dass Julien und Kell wieder als meine Ritter tätig sind, zu einem ordentlichen Streit zwischen den beiden geführt hat.
 

Bis Mitternacht dauert es noch vielleicht zwei Stunden. Höchste Zeit für uns, sich in Stellung zu begeben. „Wollen wir uns langsam hinlegen?“, fragte Cullen mich genau in diesem Augenblick. Er schien müde zu sein. Sein Lyriumentzug machte ihm immer noch schwer zu schaffen, auch wenn er es schon seit einer längeren Zeit nicht mehr konsumierte. „Leg dich ruhig schon schlafen. Ich muss noch etwas erledigen. Es wird wohl länger dauern, du brauchst daher nicht auf mich zu warten“, mit einem Recken stehe ich auf. Besorgt mustern mich seine goldenen Augen: „Was hast du vor?“ „Nichts gefährliches, versprochen. Zevran und Kell sind dabei um sicherzustellen, dass mir nichts passiert. Vertrau mir“, bitte ich ihn. Auch Cullen steht jetzt auf, Unruhe und Sorge stehen in seinen goldenen Seen: „Du weißt, dass ich mir jetzt noch mehr Sorgen mache?“ Ergeben stelle ich mich auf die Zehenspitzen und küsse ihn sanft auf die Lippen. Er erwidert den Druck meiner Lippen, schlingt seine Arme um mich. Langsam löse ich mich von seinen süßen Lippen und lehne mich in seinen Armen nach hinten, um ihm in die Augen sehen zu können: „Bitte, vertrau mir!“ Widerstrebend lässt er von mir ab: „Also gut. Wecke mich aber, wenn du wieder da bist.“ Ich nicke, dann verlasse ich meine Gemächer. Cullen lasse ich besorgt zurück.
 

Eine Viertelstunde später befinden wir uns alle auf Position: Zevran und ich verbergen uns in den Schatten des Daches, nahe an der Öffnung, sodass wir das Gespräch unter uns Problemlos würden hören können. Kell und Fenris lauerten in den Nischen vor der Türe zu dem Raum, in welchem Julien auf Nicholas wartet. Sekunden scheinen zu Stunden zu werden, die Zeit fließt träge dahin, während wir abwarten. Eine einzelne, kleine Lampe brennt im Raum unter uns.
 

Es muss kurz vor Mitternacht sein. Dann ist das Knarzen von Holz und das Quietschen der Scharniere zu hören. Die Tür sollte dringend mal geölt werden. Leise Schritte erklingen unter uns. Zev wirft mir einen vielsagenden Blick zu und wir spitzen unsere Ohren, damit uns kein Wort entgeht.
 

„Dachte ich es mir doch, dass die Nachricht von dir kam“, kühl ertönt Nicholas Stimme, „also, raus mit der Sprache: Wie kommst du darauf, dass ausgerechnet ich den Liebhaber der Inquisitorin angegriffen habe?“ „Angegriffen nicht, vergiftet aber schon“, erwidert Julian. „Ach ja? Wie denn?“, kommt es schnippisch zurück. „Du bist ein meisterhafter Giftmischer. Das Gift kann nur von dir gefertigt worden sein“, hält Julian dagegen. „Wirklich? Welchen Grund hätte ich denn für solch eine Tat?“, will der Blonde weiter wissen. „Eifersucht“, schlicht ist die Antwort meines Ritters. „Eifersucht? Das ich nicht lache. Ich soll auf diesen einfachen Krieger eifersüchtig sein? Der hat seine Stellung doch ganz eindeutig seiner Tändelei mit Leyla zu verdanken!“, spöttisch kommen diese Worte über Nicholas Lippen. „Genau deswegen. Er ist mit der Frau zusammen, die du seit Jahren liebst“, erklärt der Schwarzhaarige. „Julian, bitte das ist lächerlich. Ich würde gewiss nicht den Kommandanten der Inquisition vergiften, weil meine Herzensdame unter einer Geschmacksverirrung Männer betreffend leidet“, Nicholas versucht Julians Aussagen auszuhebeln, „du glaubst also ernsthaft, ich würde mich zu einer derartigen Dummheit hinreißen lassen? Ich hatte mehr von dir erwartet.“ „Nic, ich habe die Zutatenliste gefunden. Einwandfrei deine Handschrift, dafür kenne ich dich lange genug. Ebenso wie ihrer Gnaden. Ferner haben mir die Händler eine sehr genaue Beschreibung von der Person gegeben, welche die genannten Zutaten gekauft hat. Diese passt perfekt auf dich“, die vorausgegangene Aussage seines Gegenübers ignorierend, offenbart Julian etwas mehr. „Ich bin von jemandem gefragt worden, ob ich ihm die Zutaten für Schwarzgift aufschreiben könnte. Ist doch nichts bei“, Nic tut sein Handeln als harmlos ab. „Wann genau hatte ich eigentlich erwähnt, dass der Kommandant damit vergiftet wurde?“, stellt Julian ihm geschickt die Frage. „Das war vorhin“, schießt es aus dem Blonden heraus. „Ich habe das Gift zu keinem Zeitpunkt erwähnt“, erinnert mein Ritter. „Verdammt“, schimpft Nicholas, „ja, ich habe das Gift gemischt. Und ja, ich wusste, dass es dem Kommandanten verabreicht werden sollte. Ich hätte einen Konkurrenten im Kampf um Leyla loswerden können, sonst hätte ich es doch nie getan. Ich will doch einfach nur das beste für sie, und das ist dieser Templer einfach nicht!“ „Nic, wenn du mal genau hingesehen hättest, wäre dir aufgefallen, wie glücklich sie mit ihm ist. Und wenn du sie wirklich so sehr liebst, dann musst du sie gehen lassen. Lieben bedeutet auch loslassen“, Julian holt tief Luft, „es tut mir Leid, Nicholas.“
 

Erneut fliegt unter uns die Tür auf, Fenris stürmt herein und ringt Nicholas zu Boden, während Kell den Türrahmen versperrt, damit er nicht flüchten kann. Zevran und ich klettern eilends die Leitern vom Dachgeschoss herunter. Ungläubig betrachtet der am Bodenliegende uns alle. Julian stellt sich neben mich: „Aber meine Treue und Loyalität gilt nur Lady Leyla Theirin.“
 

Zevran fesselt Nicholas ordentlich die Hände auf den Rücken und anschließend noch seine Fußgelenke aneinander, damit er uns nicht so leicht entkommen kann. „Rekrut, das war wirklich eine sehr dumme Idee“, ernst sehe ich ihn an. „Fenris, Zevran? Bringt ihn in den Kerker.“ „Sehr wohl“, antworten die beiden Elfen und tragen Nicholas nach draußen. „Und du Kell holst bitte seine Sachen aus der Kaserne und bringst sie in den Ratsraum. Ich werde sie mir morgen genau ansehen. Vermutlich finden wir dort noch weitere, belastende Beweise“, ordnete ich an. „Sehr wohl, Mylady“, Kell neigt den Kopf und geht. Einen Moment lang sehe ich ihm nach, dann wende ich mich Julian zu. „Ich weiß, dass das nicht einfach für dich war“, verständnisvoll mustere ich ihn. „Er war mein bester Freund“, ein Seufzen verlässt seine Lippen, „aber das hätte ich ihm nie zugetraut. Verratet Ihr mir wohl, wie es jetzt für ihn weitergeht?“ „Wir werden Gericht halten und hören, was er zu seiner Verteidigung zu sagen hat“, erwidere ich. „Und dann?“, fragt er weiter. „Werde ich über ihn urteilen“, ich wende meinen Blick von ihm ab. Nach allem was passiert ist, weiß ich, dass Nicholas zu allem fähig ist. Dass er zu allem bereit ist. Unter diesen Umständen kann ich ihn nicht am Leben lassen. „Ich verstehe. Er muss die Verantwortung für sein Handeln übernehmen“, Julian scheint bereits zu ahnen, dass Nicholas Stunden gezählt sind. „Ich geleite Euch zurück zu Eurem Gemach. Ihr müsst müde sein“, er hält mir die Türe auf. Mit einem Nicken durchschreite ich diese und begebe mich in seiner Begleitung zu meinen Gemächern.
 

Julian bringt mich bis zum letzten Absatz der Treppe, die zu meinen Räumlichkeiten führt. Oben vor der Tür steht Anders, leicht an die Mauer gelehnt. Julian verabschiedet sich mit einer leichten Verbeugung von mir, ehe er die Treppen wieder herunter geht. Ich steige die letzten Stufen hinauf, komme neben dem blonden Magier zum stehen. Fragend sieht mir dieser in die Augen. Die stumme Frage in den seinen lesend, nicke ich ihm zu, ehe ich an ihm vorbei meine Gemächer betrete. Leise schließe ich die Türe hinter mir. Anschließend steige ich die Steintreppe hinauf.
 

Zu meiner Überraschung ist Cullen noch wach. Eine Kerze brennt auf neben ihm auf dem Nachtschrank. Er sitzt aufrecht im Bett, mit dem Rücken an die Wand gelehnt und liest in einem Buch. Als er mich hört, hebt er den Kopf. Kopfschüttelnd sehe ich ihn an: „Du hättest nicht auf mich warten müssen.“ Dann gehe ich in das angrenzende Badezimmer, um mich umzuziehen.
 

Umgezogen betrete ich wieder den Raum. Das Buch liegt jetzt auf dem Nachtschrank. Cullen sitzt mittlerweile auf der Bettkante, nur in eine weite Stoffhose gekleidet und mustert mich besorgt: „Ich konnte nicht schlafen und dann dachte ich mir, dass ich auch einfach auf dich warten könnte. Aber sag, was ist passiert? Du siehst niedergeschlagen aus.“ Ich gehe um das Bett herum zu meiner Seite und lasse mich darauf nieder. Ich lege mich auf die Seite, das Gesicht ihm zugewandt. Er tut es mir gleich, streicht mir mit einer Hand sachte übers Haar. „Wir haben Nicholas überführt. Er hat gestanden das Gift gemischt zu haben und einen eindeutigen Beweis haben wir auch. Leider wissen wir immer noch nicht, wer der Angreifer war, mit dem er zusammengearbeitet hat“, ein tiefes Seufzen begleitet meine Worte. „Hattest du ihn nicht sehr früh schon im Verdacht?“, fragt mich mein Liebster. „Das schon. Trotzdem war irgendwo noch die Hoffnung, dass ich mich irre. Es ist schwer zu sehen, wie alte Freunde und Verbündete plötzlich Todfeinde sind, weißt du. Früher hat er mich immer zum Lachen gebracht. Damals waren wir sehr gute Freunde, auch wenn er mein Ritter war. Und heute? Er hat sich so sehr verändert. Dass er für seine Ziele über Leichen gehen würde, das hätte ich ihm nie zugetraut“, erkläre ich. Seine Hand wandert von meinem Haar zu meinem Rücken, zieht mich an ihn. Er dreht sich auf den Rücken, mein Kopf ruht auf seiner Brust, direkt oberhalb seines Herzens: „Manche Menschen verändern sich stark zum negativen. Weißt du, was der Grund für seine Veränderung gewesen war?“ „Seine Gefühle. Er… liebt mich“, antworte ich ihm vorsichtig. „Das erklärt natürlich einiges. Er kam wohl nicht damit klar, dass du einen anderen Mann liebst. Damals gab es in deinem Leben auf diese Weise keinen Mann. Und das ist der Unterschied zwischen heute und früher. Deshalb hat er sich so sehr verändert. Nicht jeder Mann kommt damit klar, die Geliebte in den Armen eines anderen Mannes zu wissen“, Cullen haucht mir einen Kuss auf den Scheitel.
 

„Können wir das Thema wechseln? Ich möchte nicht weiter über ihn nachdenken“, bitte ich. „Natürlich. Wie, glaubst du, werden wohl die Adligen unsere Hochzeit aufnehmen?“, wenn auch etwas ruckartig wechselt er das Thema. „Sie werden furchtbar entsetzt darüber sein, dass die Inquisitorin einen titellosen Mann heiratet“, erwidere ich. „Und dein Bruder?“, Cullen stellt mir diese Frage äußerst vorsichtig. „Es wird ihm egal sein. Schließlich bin ich ja eine Hochverräterin. Aber, was ist mit deiner Familie?“, stelle ich ihm die Gegenfrage. „Nun, Rosalie, meine jüngere Schwester wird vermutlich jeden fragen, wie ausgerechnet ich es geschafft habe, eine Frau kennenzulernen. Mein Bruder Branson, nun schwer zu sagen. Ich schätze mal, er wird sich freuen. Und Mia? Nun, sie wird furchtbar wütend darüber sein, dass ich ihr viel zu lange nicht geschrieben habe und daher nie zuvor eine Frau in meinem Leben erwähnte. Aber dann wird sie sich freuen. Ich weiß nur nicht, ob meine Geschwister dafür herkommen werden“, antwortet mir mein Liebster. „Sie müssen. Ich möchte sie unbedingt kennenlernen. Wir könnte doch eine Eskorte für sie organisieren. Selbstverständlich könnten sie solange auf der Himmelsfeste bleiben, wie sie möchten“, ich stütze mich neben ihm ab, um ihm ins Gesicht sehen zu können. „Das wäre sehr schön“, er lächelt mich liebevoll an. „Wen möchtest du dabei haben?“, fragt er mich dann. „Du meinst, neben denen, die alle schon hier sind? Hm...“, nachdenklich blicke ich ihm in die goldenen Augen, versinke in ihnen. „Garret und Sebastian. Und Aeron. Alle anderen sind ja schon hier, oder werden nicht hier sein können“, meine letzten Worte sind nicht mehr als ein Flüstern. Cullen zieht mich wieder in seine Arme: „Ich liebe dich, Leyla.“ „Ich liebe dich auch, Cullen“, unsere Lippen verschmelzen zu einem sanften Kuss.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Das nächste Kapitel kommt vermutlich am Donnerstag! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo,
leider nur ein kurzes Chap, da nicht alle gleich lang sind. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hey!
Endlich hatte Dorian seinen ersten Auftritt. Nach Cullen ist er mein Lieblingschara aus DAI. Alles weitere zu der Freundschaft zwischen ihm und Leyla im nächsten Chap. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Nun ist die Party fast komplett. Doch auch das fehlende Mitglied ist schon auf dem Aufmarsch Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Im nächsten Kapitel geht es weiter mit Leylas Erzählung über Kell, Nicholas und Julien. Wer sind die drei? Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Lange habe ich nichts von mir hören lassen. Das tut mir wirklich leid. Aber aktuell ist es sehr stressig geworden. Ich hoffe, bald wieder regelmäßig uploaden zu können Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Eine kurze Zwischensequenz aus der Romanze unserer Heldin, klein aber wichtig für bevorstehende Ereignisse.
An dieser Stelle möchte ich mich entschuldigen, dass man lange nichts von mir gehört hat. Da ich seit einem viertel Jahr in der Organisation einer Eventreihe aktiv beteiligt bin, ist meine Zeit zum schreiben auch bedingt durch die Arbeit knapper bemessen. In Zukunft werden hoffentlich wieder regelmäßiger Updates kommen. Ich werde mich dahingehend bemühen, häufiger von mir hören zu lassen.
Vielen Dank an alle treuen Leser, Fans und Kommentatoren dieser Geschichte.
LG, Akemi Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (3)

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Von:  JinJin_One
2017-03-19T11:43:47+00:00 19.03.2017 12:43
Hi Akemi-Homura,
ich wollte dir nur sagen, dass ich das Kapitel außerordentlich gut fand und ich mich schon sehr darauf freue wenn du die nächsten Kapitel hochlädst!

Liebe Grüße

JinJin_One
Von:  JinJin_One
2017-02-28T22:30:57+00:00 28.02.2017 23:30
Liebe Akemi-Homura,

ich habe jetzt den ganzen Tag damit verbracht, deine FF zu lesen und ich muss zugeben, ich war am Anfang etwas skeptisch, da du ja viele Charaktere aus den vorherigen Spielen in den dritten mit hineingebracht hast. Und auch die Sache mit der Prinzessin fand ich am Anfang etwas schwammig, aber ich dachte mir: "Egal lies trotzdem mal weiter!" Und tja eh ich mich versah konnte ich nicht mehr aufhören zu lesen, weil du einen unglaublich guten und kreativen Schreibstil hast. Außerdem hast du es geschafft, trotz der vielen Charaktere weiterhin einen roten Faden durch die Geschichte zu führen, auch bezogen auf die Geschichte der Spiele. Du verhaspelst dich nirgends. Das ist wirklich lobenswert!
Zudem ist es wirklich schön, wie du der Geschichte von DAI mehr leben einhauchst, als man es oft im Spiel hatte. Da waren manchmal die Sprünge zu groß... Also könnte sich Bioware mal ne Scheibe abschneiden. Ich finde es wirklich großartig, wieviel Liebe du in diese FF investierst, weil man das spürt, wenn man sie liest...
Du hast wirklich ein großes Talent, ich hoffe du schreibst bald weiter ich kann es nämlich kaum erwarten das nächste Kapitel zu lesen! :)

Liebe Grüße

JinJin_One

Appell an die anderen Leser:
Lasst der begnadeten Autorin mal mehr Kommentare da, wenn man so viel Herzblut in seine Arbeit steckt ist das mehr als verdient! <3
Von:  maron288
2016-10-16T15:08:39+00:00 16.10.2016 17:08
Also :)
Nachdem ich letztens zufällig über deine Fanfiction gestolpert bin und mich jetzt mal in Ruhe ans Lesen machen konnte, kommt hier meine Einschätzung dazu.
Vorweg ein sehr großes Lob, nicht nur das du wunderbar flüssig und nachvollziehbar schreibst, du hast auch echt viel Hintergrund für deine Story mit eingebracht, teilweise tatsächliches Wissen aus dem Spiel und teilweise von dir selbst mit eingebracht. Zumindest vermute ich dass, da ich noch nicht mit der Rasse Mensch gespielt habe :D
Auf jeden Fall ist es auch schön, wie du die Charaktere aus den vorherigen Spielen mit einbringst.
Allgemein finde ich es sehr mutig und bewundernswert, grade zu Dragon Age eine so lange und durchdachte Fanfic zu schreiben. Einfach schon die Grundlage eines Spieles ist interessant und grade Deagon Age sehr komplex in seiner Geschichte und den Hintergründen. Hut ab. Finde ich wirklich toll.
Somit freue ich mich sehr auf die weiteren Kapitel :)

Liebste Grüße,
Maron

Antwort von:  Akemi-Homura
22.10.2016 13:09
Hallo,
vielen lieben Dank für deine Review. Es freut mich sehr, zu hören, dass diese Idee gut ankommt. Es ist das erste Mal, dass ich nicht erst eine Vorgeschichte zu dem Hauptcharakter schreibe, sondern diese erst nach und nach in die Geschichte integriere.
Viele Grüße,
Akemi


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