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Star Trek - Timeline - 49-01

An Tagen wie diesem...
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Vorwort zu diesem Kapitel:
Dies ist eine "Und-täglich-grüßt-das-Murmeltier-Kurzgeschichte" im Star Trek Universum. Ich fand die Idee mal ganz witzig für eine Story so zwischen Tür und Angel... Komplett anzeigen

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Erster Tag

Ein laut vernehmliches, duotronisches Zirpen erfüllte den Schlafraum, gefolgt von einem einschmeichelnden, melodischen: „Es ist 07:30 Lieutenant Bashir. Sie wollten exakt um diese Zeit geweckt werden.“

Verschlafen, mit rasenden Kopfschmerzen aufwachend, brummte der junge Arzt schlechtgelaunt: „Wer sagt das...?“

„Sie sagten das, gestern Abend, Lieutenant“, antwortete die sanft modulierte Stimme des Zentralcomputers der Raumstation DEEP SPACE NINE leidenschaftslos.

„Gestern?“, ächzte der junge Mann und drehte sich mühsam auf die andere Seite. „Wann war das...?“

„Bitte definieren Sie diese Frage neu, Lieutenant.“

Ein gereiztes Grunzen war Bashirs einzige Reaktion auf die letzten Worte des Computers, bevor er schließlich genervt sagte: „Computer, Ende.“

Gleichzeitig schwang sich der Arzt dynamisch nach oben, nur um im selben Augenblick festzustellen, dass das ein Fehler gewesen war. Aufstöhnen packte er sich an die Schläfen. Dunkel erinnerte er sich wieder daran, dass er gestern Abend, mit Chief O´Brien im Quarks abgestürzt war, so wie bereits zuvor in der Holosuite, bei der Luftschlacht um England.

Dabei hatte ihm Miles O´Brien sein Leid geklagt, das momentan wohl darin bestand, dass er von einem technischen Projekt der Sternenflotte, welches zur Zeit auf der Station vorbereitet wurde, ausgeschlossen wurde.

Ein Lächeln überflog Bashirs Lippen bei diesem Gedanken. Er hatte im Zuge des vergangenen Abends die andorianische Leiterin des Projektes kennengelernt, ein so zauberhaftes Wesen, dass selbst er, dem es nicht an Selbstbewusstsein mangelte, kaum mehr als einige flüchtige Phrasen mit ihr gewechselt hatte.

Während Bashir sich endgültig erhob und ins Bad schlurfte, verwünschte er sein gestriges Zaudern, denn wer wusste schon, wie lange Tia´Neryn Telas noch auf der Station sein würde. Er löste eine Andro-Selzer in einem halben Glas Wasser auf, trank das Gebräu, welches einen Humanoiden selbst nach einem intensiven Rausch durch Andorianisches Ale innerhalb einer Stunde wieder auf die Beine brachte, und verzog angewidert das Gesicht. Danach entkleidete er sich stellte sich unter die Dusche und genoss das Gefühl der langsam zurückkehrenden Lebensgeister.

Einigermaßen erfrischt zog er sich schließlich an und begab sich hinüber in den Wohnraum. Am Replikator bestellte er sich lediglich einen heißen Kaffee – Hunger hatte er nicht – und wies dann den Computer an: „Federation-Skynet – News-Channel.“

Der Holoschirm erhellte sich und Bashir verfolgte die Föderations-Nachrichten mit mäßigem Interesse, während er genießerisch seinen Kaffee schlürfte.

„...behaupten Kritiker des Projektes, welches zur Zeit auf DEEP SPACE NINE initiiert wird, dass die Aktivierung des Phasen-Beschleunigers ungeahnte Konsequenzen zeitigen könne.“

Das Interesse des Arztes erfuhr bei diesen Worten des föderationsweit bekannten Reporters, Flint Langdon, zunächst eine geringfügige Steigerung.

„So könnte es, nach der Meinung einiger Subraum-Spezialisten, durchaus passieren, dass eine Zeitschleife die Konsequenz wäre. Mit anderen Worten, wir würden immer und immer wieder denselben Tag erleben, ohne davon auch nur das geringste zu ahnen, denn unsere Erinnerung würde dabei jedesmal wieder auf den Anfangspunkt zurückgesetzt. Desweiteren...“

„Computer, Schirm aus“, befahl Bashir und fasste sich erneut an den Kopf. Zu dieser Stunde war er noch nicht wieder bereit zur Aufnahme solcher Informationen. Außerdem verstand er zu wenig von Quantenmechanik und Subraum-Physik um sich für dieses Thema begeistern zu können. Schon gar nicht an einem Morgen, wie diesem. Das war ohne Zweifel viel eher das Gebiet, auf dem sich Tia´Neryn Telas auskannte.

Wieder überflog ein Lächeln den Mund des Arztes. Dann fiel sein Blick auf die Anzeige des Wandchronos. Es wurde Zeit, sein Dienst begann in fünf Minuten.

Schneller, als gewöhnlich, eilte Julian Bashir durch die Gänge der Station, dabei immer wieder Händlern, Raumfahrern und sonstigen Bewohnern der Station ausweichend. Für einen Moment glaubte er, aus den Augenwinkeln, lange, silbrig-weiße Haare in der Menge zu erkennen und er schaute sich fieberhaft nach ihnen um. Dabei achtete er nicht auf den Weg und prallte einen Augenblick später mit einem breitschultrigen Klingonen zusammen.

Es war Lieutenant-Commander Worf, der mit finsterer Miene auf ihn herabsah und grimmig meinte: „Ich schlage vor, Doktor, dass Sie beim Gehen nach vorne schauen, um Unfälle zu vermeiden.“ Damit ließ Worf ihn stehen und entfernte sich rasch.

Etwas konsterniert blickte Bashir ihm hinterher und murmelte: „Sie sagen es.“ Sich noch einmal in alle Richtungen umblickend, zuckte er schließlich die Schultern und setzte seinen Weg fort.

In der Krankenstation empfing ihn seine bajoranische Stellvertreterin, Veris Laren, mit einem Lächeln, so wie an allen anderen Tagen auch. Bashir hatte sie eigentlich noch niemals wirklich schlechtgelaunt gesehen.

„Momentan haben wir niemanden im Krankenrevier, Doktor. Während der Nacht gab es zwei leichte Fälle von Fieber, nichts Ernstes. Das wäre auch schon alles, Sir.“

Bashir erwiderte das Lächeln der dunkelhaarigen Frau. „Danke, Miss Veris. Falls sie mich brauchen, ich bin in den nächsten Stunden in meinem Büro und arbeite einige alte Berichte auf.“

Veris Laren, die Julian Bashir mittlerweile lange genug kannte, um die typischen Anzeichen einer mit Chief O´Brien verbrachten Nacht im QUARKS zu erkennen, lächelte verschmitzt und erwiderte dabei: „Ich werde versuchen, Sie nicht zu behelligen, Doktor.“

 

* * *

 

Zwei Stunden später schneite Miles O´Brien überraschend in die Krankenstation herein und grinste anzüglich, als er Julian Bashir erledigt an seinem Schreibtisch sitzen sah. „Wie geht es Ihnen, Julian“, erkundigte sich der wuchtige Ire scheinheilig schmunzelnd. „Sie sind doch nicht etwa krank?“

„Wo denken Sie hin, Chief“, erwiderte der Arzt rasch und straffte sich unwillkürlich. „Sie glauben doch nicht ernsthaft, Sie würden mehr vertragen als ich, nur weil sie Ire sind?“

„Kein Gedanke“, feixte der Ire ironisch und meinte dann ausweichend: „War etwas härter gestern Abend, was? Ich erinnere mich gar nicht mehr daran, was los war, bevor wir aus dem QUARKS herausgegangen sind. Sie etwa?“

Diese Worte waren Wasser auf die Mühle des Arztes und jungenhaft grinsend meinte er: „Nun ja, Chief: Sie haben irische Volkslieder gesungen, und ich habe diese wunderhübsche, schwarzhaarige Bajoranerin aufgerissen.“

O´Briens Augen funkelten ironisch: „Oh nein, Julian, Sie haben die Fresse aufgerissen.“

Missmutig realisierte Bashir, dass Miles offensichtlich doch mehr vom gestrigen Abend behalten hatte, als er zugeben wollte. Er blickte den Chief vorwurfsvoll an und erklärte: „Wenn sie gekommen sind, um mich zu demoralisieren, dann haben Sie es geschafft.“

Der Ire grinste nachsichtig. „Dabei wollte ich Sie eigentlich nur fragen, ob es bei unserer Verabredung heute Abend bleibt. Oder müssen sie sich noch von gestern Abend erholen?“

Julian Bashirs Augen funkelten unternehmungslustig. „Natürlich bleibt es dabei.“

O´Brien nickte zufrieden während er sich zum Gehen wandte. „Also dann, um 18:00 Uhr im QUARKS.“

Der Arzt blickte dem wuchtigen Mann nach und dachte dabei seufzend: Ich muss dringend mit dieser sinnlosen Sauferei aufhören.

 

* * *

 

Bis zum Mittag herum war zum Glück kaum etwas los auf der Krankenstation, und Julian Bashir meldete sich bei Veris ab um sich zum QUARKS zu begeben. Auch heute würde er, wie sonst auch, dort mit Garak zu Mittag essen. Er fühlte sich nun wieder einigermaßen fit und verspürte bereits einen nagenden Hunger, als er das Etablissement des Ferengi betrat.

Elim Garak war bereits anwesend, und die durchscheinend blauen Augen des Cardassianers fixierten ihn, als er sich ihrem Stammplatz näherte. Als der Arzt den Tisch erreicht hatte, meinte der cardassianische Schneider mitfühlend: „Sie sehen mitgenommen aus, mein lieber Doktor.“

Der Arzt setzte sich, und einer der Angestellten nahm seine und Garaks Bestellung auf. Dann erst erklärte Bashir: „Keiko O´Brien weilt momentan, zusammen mit ihrer Tochter, auf Bajor, deswegen verbringen der Chief und ich etwas mehr Zeit mit einander, als üblich.“

„Und das, wo Sie den Chief doch anfangs überhaupt nicht leiden konnten.“ Der Cardassianer weidete sich einen Augenblick am überraschten Blick seines Gegenübers, bevor er seinen Kopf etwas schief legte und neugierig nachhakte: „Ist es nicht so?“

„Anfangs kannte ich den Chief auch nicht so gut, wie ich ihn heute kenne“, erwiderte Bashir ablenkend. Er war froh, dass in diesem Moment ihre Bestellung kam.

Als sich der Ferengi-Angestellte entfernte, wurde die Aufmerksamkeit des Doktors abgelenkt, und er richtete seine Aufmerksamkeit auf eine ausnehmend hübsche Andorianerin, die das Etablissement betrat. Zu seinem Verdruss befand sich ein Izarianer in ihrer Begleitung, der zu ihrem Team gehörte. Bashir bekam mit, dass er sie, wie am Abend zuvor, zu einem Raktajino einladen wollte.

„Hey, passt der Typ denn gar nicht auf?“, regte sich der Arzt bei Garak auf und blickte wieder zu den beiden Sternenflottenoffizieren hinüber. „Sie hat ihm bereits gestern Abend gesagt, dass sie gar nichts von diesem Gesöff hält.“

Beide beobachteten vom Tisch aus, wie die Andorianerin auch diesmal prompt ablehnte, und irgendwie zufrieden grinsend meinte Bashir zu sich selbst: „Geschieht dir ganz recht, Junge.“

Garak, der die Lage instinktiv erfasste, erklärte grinsend: „Wenigstens versucht er sein Glück, und schmachtet diese Andorianerin nicht bloß aus der Ferne an, nicht wahr?“

Julian Bashir schaute den Cardassianer an wie ein Wundertier. „Wie meinen Sie das denn, Garak?“

Elim Garak grinste wissend. „Kommen Sie, Doktor. Ich kann deutlich spüren, wie nervös Sie sind, seit diese Andorianerin das QUARKS betreten hat. Aber möglicherweise machen Sie sich ganz unnötig verrückt. Vielleicht ist sie ja die Einsame.“

Ungläubig starrte Bashir sein gegenüber an. Dann meinte er seufzend: „Das glaube ich zwar nicht, aber es ist nett, dass Sie das sagen.“

Garak nickte verbindlich, ohne sich anmerken zu lassen, was er, aufgrund der letzten Worte des Arztes dachte.

Sie verbrachten den Rest der Mittagspause mit Essen und belanglosen Gesprächen, bevor sich Julian Bashir von dem Cardassianer verabschiedete, um wieder seinen Posten auf der Krankenstation einzunehmen. Dabei drehten sich seine Gedanken pausenlos um Tia´Neryn Telas.

 

* * *

 

Den gesamten Nachmittag über konnte sich Julian Bashir kaum auf seine Funktion als Leitender Mediziner der Station konzentrieren, aber es half nichts, denn die Krankenberichte der letzten Woche, die ihm Veris nach seiner Rückkehr zur Krankenstation gebracht hatte, mussten heute noch in die Zentraldatei aufgenommen werden. Er war beinahe erleichtert, als er endlich damit fertig war und Feierabend machen konnte.

Er hatte etwas länger gebraucht, als vorgesehen und so erschien er gerade noch so pünktlich zu seiner Verabredung mit dem Chief, im QUARKS. Zur großen Überraschung des Mediziners entdeckte er neben Miles O´Brien, Tia´Neryn Telas an der Bar. Sie unterhielt sich angeregt mit dem Chief, was Bashir einen leichten Stich versetzte. Doch dann stahl sich ein Grinsen auf sein Gesicht, denn eine bessere Gelegenheit, sie endlich näher kennenzulernen gab es gar nicht.

„Guten Abend, Lieutenant Telas“, grüßte der Arzt die Andorianerin freundlich, bevor er sich an O´Brien wandte. „Hallo, Chief. Wie ich sehe, haben Sie, während Sie auf mich gewartet haben, eine äußerst nette Gesprächspartnerin gefunden.“

Tia´Neryn Telas wandte sich dem Arzt zu, wobei ihre tief-violetten Augen ihn eindringlich musterten. „Guten Abend, Doktor Bashir. Ich erinnere mich daran, dass wir uns bereits gestern flüchtig kennengelernt haben.“

„Sehr flüchtig“, bestätigte Bashir und erinnerte sich wieder an die Worte des Garaks, so dass er hinzufügte: „Leider, möchte ich sagen.“

Die Antennen der Andorianerin richteten sich auf den Stationsarzt. „Sie sagen es, Mister Bashir. Ich bin wirklich sehr eingespannt in das laufende Projekt. Vielleicht haben wir aber schon bald die Gelegenheit zu einem längeren Gespräch. Heute haben wir die letzten Vorbereitungen abgeschlossen, doch ich habe beim Sternenflottenkommando einen Aufschub der Tests beantragt. Nach meiner Meinung gibt es noch einige Details, die zuvor geklärt werden sollten.“

„Geht es dabei um die Befürchtung, eine Zeitschleife auszulösen?“, mischte sich O´Brien in das Gespräch ein. „Ich hörte in den Nachrichten davon.“

Die Antennen der Andorianerin bogen sich nach Innen, als sie ärgerlich erwiderte: „Ja, genau deswegen habe ich heute nochmals eindringlich interveniert. Auch wenn mein Stellvertreter die Ansicht vertritt, dass meine Sorgen unbegründet sind.“

„Vielleicht hat er Recht“, meinte Bashir aufmunternd. Ablenkend fragte er dann: „Darf ich Sie auf einen Drink einladen, Lieutenant Telas?“

Die Andorianerin nickte lächelnd, und der Arzt war in diesem Moment froh, dass sie nicht wusste, was für ein emotionales Chaos sie damit in ihm auslöste. „Ein Andorianisches Ale, bitte.“

Schnell wandte Bashir sich zu Quark, der ihm, hinter dem Tresen der Bar, am nächsten stand, um seine Bestellung aufzugeben. Dabei fiel sein Blick hinüber zum Eingang, wo ihm eine wuchtige, vermummte Gestalt auffiel. Erst einen Moment später realisierte er, dass diese Gestalt einen Polaronphaser in der Hand hielt und in seine Richtung zielte. Wie in Zeitlupe nahm er wahr, wie ein greller Phaserstrahl ihn knapp verfehlte. Noch während er sich duckte und dabei herumwirbelte, entstand um ihn herum ein Tumult. Schreie erfüllten die Bar, doch das alles blendete Bashir aus, als er sah, wie Tia´Neryn Telas getroffen zu Boden sackte. Beinahe mechanisch bewegte er sich auf die am Boden liegende Andorianerin zu.

Starre, leblose Augen blickten ihm entgegen, als der Arzt die Andorianerin erreichte. Dennoch aktivierte Bashir instinktiv seinen Kommunikator und forderte ein medizinisches Notfallteam an. Erst danach drang die Kakophonie verschiedenster Geräusche wieder an seine Ohren. Wie in einem Traum gefangen bekam er mit, wie das medizinische Team eintraf, den Tod der Andorianerin feststellte, und die Leiche abtransportierte.

Die anschließende Befragung durch Odos Sicherheitsbeamte ließ er mit beinahe stoischer Ruhe über sich ergehen. Er fühlte sich ausgebrannt.

Endlich konnten er und Miles O´Brien den Tatort verlassen, und er bekam kaum mit, dass sie sich zum Quartier des Chiefs begaben. Wie durch Watte hörte er den Iren auf ihn einreden, während es immer wieder hinter seiner Stirn hämmerte: Sie ist tot!

 

* * *

 

„Ich weiß, was sie Ihnen bedeutet hat, Julian.“

Julian Bashir blickte mit brennendem Blick zu O´Brien, mit dem er in den letzten Stunden fast eine ganze Flasche irischen Whisky geleert hatte. Es war nur ein schwacher Versuch, seinen Schmerz im Innern zu betäuben, aber es half zumindest etwas.

„Wirklich, Chief?“, fragte der Arzt mit wankender Stimme. „Wie können Sie das sagen? Das, was ich für Tia´Neryn empfunden habe, habe ich zuvor noch niemals für irgendeine Frau empfunden. Ich... ich hatte gehofft, ihr näher kommen zu können, und nun ist sie tot. Und ihr Mörder ist obendrein in dem Tumult entkommen. Wer kann ein Interesse daran gehabt haben, diese faszinierende Frau tot sehen zu wollen, Chief? Können Sie mir das sagen?“

O´Brien legte mitfühlend seine Hand auf Bashirs Schulter, bevor er ungewohnt sanft antwortete: „Nein, Julian, das kann ich nicht. Aber ich bin sicher, dass Odo den Mörder aufspüren wird, und dann wird er seine gerechte Strafe erhalten.“

Julian Bashir erhob sich von der Couch, auf der er und der Chief saßen, und blieb schließlich schwankend vor O´Brien stehen. „Das bringt sie nicht wieder ins Leben zurück, Chief.“ Er griff sich an den Kopf und erklärte: „Ich will jetzt nur noch ins Bett.“

Damit wankte der Arzt zum Schott.

„Soll ich Sie nicht besser zu ihrem Quartier bringen, Julian?“

„Keine Sorge, Chief, ich schaffe das schon“, lehnte der Arzt das Angebot ab und verschwand aus dem Quartier. Wie ferngesteuert marschierte er durch die Gänge der Station und erreichte schließlich sein Quartier.

Als er eintrat, vergaß er zunächst den Computer anzuweisen die Lichtquellen zu aktivieren. Prompt stieß er gegen sein Sideboard, auf dem einige Topfpflanzen standen. Er riss einen Bonsai-Baum zu Boden, den ihm die O´Briens zu seinem letzten Geburtstag geschenkt hatten, wobei die kostbare Porzellanschale klirrend zerbrach.

Der Arzt winkte nur seufzend ab und schlurfte hinüber zu seinem Schlafraum.

„Licht“, gab er endlich das Kommando. Zu seinem Leidwesen erfüllte ein starkes Flackern den Raum und nur unter großer Mühe erkannte er auf dem Wandchrono, dass es 23:46 war. Irgendein Relais musste defekt sein. Unter normalen Umständen hätte Bashir diesen Umstand ignoriert, doch in seinem jetzigen Zustand machte er sich daran, das betreffende Service-Paneel zu entfernen um selbst nach der Ursache zu forschen, was nicht einfach war, da er bereits begann, alles doppelt zu sehen. Dennoch griff er in die elektronischen Eingeweide. Prompt bekam er einen starken, elektrischen Schlag, der ihn einen Meter zurückwarf - gerade, als die Zeitanzeige hinter ihm auf 23:47 umsprang.

Vor den Augen des Arztes schien sich die Wand des Raumes wellenförmig zu verformen und langsam wieder zu glätten, bevor er das Bewusstsein verlor und ihn wohltuende Schwärze umgab...

Zweiter Tag

Ein laut vernehmliches, duotronisches Zirpen erfüllte den Schlafraum, gefolgt von einem einschmeichelnden, melodischen: „Es ist 07:30 Lieutenant Bashir. Sie wollten exakt um diese Zeit geweckt werden.“

Verschlafen, mit rasenden Kopfschmerzen aufwachend, brummte der junge Arzt schlechtgelaunt: „Wer sagt das...?“

„Sie sagten das, gestern Abend, Lieutenant“, antwortete die sanft modulierte Stimme des Zentralcomputers der Raumstation DEEP SPACE NINE leidenschaftslos.

„Gestern?“, ächzte der junge Mann und drehte sich mühsam auf die andere Seite. „Wann war das...?“

„Bitte definieren Sie diese Frage neu, Lieutenant.“

Ein gereiztes Grunzen war Bashirs erste Reaktion auf die letzten Worte des Computers, bevor er schließlich genervt sagte: „Verdammt, diese Unterhaltung hatten wir gestern schon. Computer, Ende.“

Gleichzeitig schwang sich der Arzt dynamisch nach oben, nur um im selben Augenblick festzustellen, dass das ein Fehler gewesen war. Aufstöhnen packte er sich an die Schläfen. Dabei dachte er gereizt: Jeden Morgen dasselbe Theater.

Langsam tröpfelten die Erinnerungen an den gestrigen Abend wieder in sein Gedächtnis, und mit einem wehen Gefühl im Magen erinnerte sich der junge Arzt wieder daran, dass Tia´Neryn Telas gestern einem Mordanschlag zum Opfer gefallen war.

Julian Bashir musste sich dazu zwingen, nicht einfach wieder ins Bett zu fallen. Er erhob sich und schlurfte ins Bad, wobei seine Gedanken unentwegt um den gewaltsamen Tod der Andorianerin kreisten. Er löste eine Andro-Selzer in einem halben Glas Wasser auf, trank das Gebräu, und verzog angewidert das Gesicht. Danach entkleidete er sich stellte sich unter die Dusche und genoss das Gefühl der langsam zurückkehrenden Lebensgeister. Das Leben musste weitergehen.

Einigermaßen erfrischt zog er sich schließlich an und begab sich hinüber in den Wohnraum. Am Replikator bestellte er sich lediglich einen heißen Kaffee – etwas Festes würde er momentan nicht hinunter bekommen - und wies dann den Computer an: „Federation-Skynet – News-Channel.“

Der Holoschirm erhellte sich und Bashir verfolgte die Föderations-Nachrichten mit mäßigem Interesse, während er in trübe Gedanken versunken seinen Kaffee schlürfte.

„...behaupten Kritiker des Projektes, welches zur Zeit auf DEEP SPACE NINE initiiert wird, dass die Aktivierung des Phasen-Beschleunigers ungeahnte Konsequenzen zeitigen könne.“

Der Arzt winkte bei den Worten des Reporters, Flint Langdon, gelangweilt ab und schimpfte: „Das ist doch Schnee von gestern, Flint. Erzähl mir mal etwas Neues.“

„So könnte es, nach der Meinung einiger Subraum-Spezialisten, durchaus passieren, dass eine Zeitschleife die Konsequenz wäre. Mit anderen Worten, wir würden immer und immer wieder denselben Tag erleben, ohne davon auch nur das geringste zu ahnen, denn unsere Erinnerung würde dabei jedesmal wieder auf den Anfangspunkt zurückgesetzt. Desweiteren...“

„Computer, Schirm aus“, befahl Bashir entnervt und fasste sich erneut an den Kopf. Es war eindeutig noch zu früh zur Aufnahme solcher Informationen. Außerdem hatte er das Ganze schon gestern nicht verstanden.

Wieder überflog ein schmerzhafter Zug das Gesicht des Arztes. Dann fiel sein Blick auf die Anzeige des Wandchronos. Er stutzte für einen Moment. Die Datumsanzeige musste defekt sein, denn gestern war der 13. September gewesen, dessen war er sich sicher. Vermutlich eine Folge des gestrigen Kurzschlusses, den er verursacht hatte.

Beim Verlassen des Quartiers fiel sein Blick auf das Sideboard und etwas verwundert starrte er auf den Bonsai-Baum, am Rand des Boards. Nachdenklich murmelte er, so als sei der Baum ein lebendes Wesen: „Ich könnte schwören, dass einer von uns beiden gestern Abend zu Boden gegangen ist.“ Dann verwarf er diesen verrückten Gedanken und verließ sein Quartier.

Schneller, als gewöhnlich, eilte Julian Bashir durch die Gänge der Station, dabei immer wieder Händlern, Raumfahrern und sonstigen Bewohnern der Station ausweichend. Für einen Moment glaubte er, aus den Augenwinkeln, lange, silbrig-weiße Haare in der Menge zu erkennen und er schaute sich ungläubig, fieberhaft nach ihnen um. Er glaubte Gespenster zu sehen. Dabei achtete er nicht auf den Weg und prallte einen Augenblick später mit einem breitschultrigen Klingonen zusammen.

Es war Lieutenant-Commander Worf, der mit finsterer Miene auf ihn herabsah und grimmig meinte: „Ich schlage vor, Doktor, dass Sie beim Gehen nach vorne schauen, um Unfälle zu vermeiden.“ Damit ließ Worf ihn stehen und entfernte sich rasch.

Völlig aus dem Tritt blickte Bashir ihm hinterher und murmelte: „Sie sagen es.“ Sich noch einmal in alle Richtungen umblickend, dachte er: Okay, ich war gestern total hinüber. Dann setzte er grübelnd seinen Weg fort. Seltsame Zufälle gab es.

In der Krankenstation empfing ihn seine bajoranische Stellvertreterin, Veris Laren, mit einem Lächeln, so wie an allen anderen Tagen auch.

„Momentan haben wir niemanden im Krankenrevier, Doktor. Während der Nacht...“

„...gab es zwei leichte Fälle von Fieber, nichts Ernstes“, beendete Julian Bashir, an Stelle der Bajoranerin, den Satz.

Die dunkelhaarige Frau nickte verwirrt.

„Danke, Miss Veris“, sagte Julian Bashir geistesabwesend. „Falls sie mich brauchen, ich bin in den nächsten Stunden in meinem Büro und arbeite einige alte Berichte auf.“

Veris Laren erholte sich von ihrer kurzzeitigen Verwirrung und lächelte verschmitzt. Dann erwiderte sie: „Ich werde versuchen, Sie nicht zu behelligen, Doktor.“

 

* * *

 

Zwei Stunden später betrat Miles O´Brien die Krankenstation und grinste anzüglich, als er Julian Bashir erledigt an seinem Schreibtisch sitzen sah. „Wie geht es Ihnen, Julian“, erkundigte sich der wuchtige Ire scheinheilig schmunzelnd. „Sie sind doch nicht etwa krank?“

„Nein, Chief“, erwiderte der Arzt, beinahe wie in Trance. Gleich darauf straffte er sich und fügte schleppend hinzu. „Sie glauben doch nicht ernsthaft, Sie würden mehr vertragen als ich, nur weil sie Ire sind?“

„Kein Gedanke“, feixte der Ire ironisch und meinte dann ausweichend: „War etwas härter gestern Abend, was? Ich erinnere mich gar nicht mehr daran, was los war, bevor wir aus dem QUARKS herausgegangen sind. Sie etwa?“

Dieselben Worte wie gestern, dachte der Arztes und geb fast mechanisch zurück: „Nun ja, Chief: Sie haben irische Volkslieder gesungen, und ich habe diese wunderhübsche, schwarzhaarige Bajoranerin aufgerissen.“ Jetzt wollte er es genau wissen.

O´Briens Augen funkelten ironisch: „Oh nein, Julian, Sie haben die Fresse aufgerissen.“

Mit einem ganz und gar unguten Gefühl in der Magengegend blickte er den Chief vorwurfsvoll an und erklärte: „Wenn sie gekommen sind, um mich zu demoralisieren, dann haben Sie es geschafft.“

Der Ire grinste nachsichtig. „Dabei wollte ich Sie eigentlich nur fragen..“

„...ob es bei unserer Verabredung heute Abend bleibt. Oder ob ich mich noch von gestern Abend erholen muss, richtig?“

Der Chief nickte etwas verwundert und sagte dann. „Richtig. Bleibt es dabei?“

Kaum bei der Sache antwortete Julian Bashir: „Ich denke schon, Chief.“

O´Brien nickte zufrieden während er sich zum Gehen wandte. „Also dann, um 18:00 Uhr im QUARKS.“

Der Arzt blickte dem wuchtigen Mann sinnend nach und dachte dabei seufzend: Ich habe langsam das Gefühl, dass bei mir alle Tage irgendwie gleich ablaufen. Ich brauche dringend mal Urlaub.

 

* * *

 

Bis zum Mittag herum war kaum etwas los auf der Krankenstation, und Julian Bashir meldete sich bei Veris ab um sich zum QUARKS zu begeben. Er war schon sehr gespannt darauf, ob sein tägliches Mittagessen mit Garak vielleicht etwas Aufklärung in diesen seltsamen Vormittag bringen konnte. Er fühlte sich nun wieder einigermaßen fit und verspürte bereits einen nagenden Hunger, als er das Etablissement des Ferengi betrat.

Elim Garak war bereits anwesend, und die durchscheinend blauen Augen des Cardassianers fixierten ihn, als er sich ihrem Stammplatz näherte. Als der Arzt den Tisch erreicht hatte, meinte der cardassianische Schneider mitfühlend: „Sie sehen mitgenommen aus, mein lieber Doktor.“

Ob das an mir liegt?, dachte der Arzt resignierend und setzte sich. Einer der Angestellten nahm seine und Garaks Bestellung auf. Dann erst erklärte Bashir, wobei er aufmerksam auf die Reaktion des Cardassianers achtete: „Keiko O´Brien weilt momentan, zusammen mit ihrer Tochter, auf Bajor, deswegen verbringen der Chief und ich etwas mehr Zeit mit einander, als üblich.“

„Und das, wo Sie den Chief doch anfangs überhaupt nicht leiden konnten.“ Der Cardassianer weidete sich einen Augenblick am verblüfften Blick seines Gegenübers, bevor er seinen Kopf etwas schief legte und neugierig nachhakte: „Ist es nicht so?“

„Absolut, Mister Garak“, erwiderte Bashir tonlos. „Aber das ist nicht Alles. Gestern kam es zu einem...“

Die Aufmerksamkeit des Doktors wurde abgelenkt, als eine ausnehmend hübsche Andorianerin das Etablissement betrat. Mit immer größer werdenden Augen starrte er sie an, dabei den Izarianer in ihrer Begleitung, kaum wahrnehmend. Bashir bekam mit, dass er sie, wie am Abend zuvor, zu einem Raktajino einladen wollte.

„Aber... aber das ist unmöglich“, stieß der Arzt hervor und blickte wieder zu den beiden Sternenflottenoffizieren hinüber. „Diese Andorianerin ist gestern Abend an der Bar erschossen worden.“

„Dafür sieht sie aber erstaunlich gesund aus“, konterte Garak ironisch grinsend. „Finden Sie nicht? Ich denke, Sie sollten ihren Alkoholkonsum drosseln, Doktor.“

Beide beobachteten vom Tisch aus, wie die Andorianerin auch diesmal prompt ablehnte, während Julian Bashir ungläubig stammelte: „Ich... ich habe es aber doch gestern erlebt.“

Garak musterte den Arzt und so etwas wie echte Besorgnis lag dabei in seinem Blick: „Vielleicht in ihren Träumen, Doktor. Auf mich wirkt diese Frau sehr lebendig.“

Julian Bashir schaute verwirrt von Tia´Neryn Telas zu Garak und erhob sich überhastet: „Entschuldigen Sie mich, Garak, aber ich muss dringend mit dieser Andorianerin sprechen.“

Ohne eine Antwort abzuwarten wandte sich Julian Bashir ab und hielt auf Tia´Neryn Telas zu. Dabei bekam er mit, dass der Izarianer in ihrer Begleitung sie immer noch überreden wollte sie zu einem Raktajino einzuladen. Du lernst es im Leben nicht mehr, dachte der Arzt grimmig, als er die beiden Sternenflottenoffiziere erreichte und er wandte sich direkt zu der Andorianerin: „Guten Tag, Lieutenant Telas. Dürfte ich kurz mit ihnen sprechen?“

Die Andorianerin wandte sich Bashir zu und erkennen spiegelte sich in ihren tief-violetten Augen wieder. „Guten Abend, Lieutenant. Wir haben uns gestern Abend flüchtig kennengelernt, nicht wahr? Sie sehen mich momentan leider etwas in Eile.“

„Aber es ist wirklich dringend“, erwiderte Bashir hastig. „Jemand hat Sie gestern umgebracht. Ich meine...“

Die Antennen der Andorianerin bogen sich nach Innen. „Halten Sie das etwa für einen gelungenen Scherz, Lieutenant? Darüber kann ich nicht lachen.“

Bashir suchte verzweifelt nach Worten, bevor er erklärend fortfuhr: „Ich meinte: Jemand wird sie töten, und...“

Es klatschte scharf, als die Andorianerin Julian Bashir eine Ohrfeige gab und mit aufblitzenden Augen fauchte sie: „Hören Sie auf mich zu belästigen, oder ich melde Sie der Stationssicherheit.“ Damit wandte sich Tia´Neryn Telas sich brüsk ab und schritt davon.

Julian Bashir wollte ihr folgen, doch der Izarianer, der sie begleitete, stellte sich ihm in den Weg. „Lassen Sie sie in Ruhe, Lieutenant. Sie hat Ihnen doch eben erst überdeutlich zu verstehen gegeben, dass sie nicht auf ihre plumpen Annäherungsversuche steht.“ Damit wandte er sich ab und folgte der Andorianerin.

Zurück blieb ein vollkommen verstörter junger Arzt, der ernsthaft an seinem Verstand zu zweifeln begann.

 

* * *

 

Den gesamten Nachmittag über konnte sich Julian Bashir kaum auf seine Funktion als Leitender Mediziner der Station konzentrieren, aber es half nichts, denn die Krankenberichte der letzten Woche, die ihm Veris nach seiner Rückkehr zur Krankenstation gebracht hatte, mussten heute noch in die Zentraldatei aufgenommen werden. Das frustrierende daran war nur, dass sich Bashir ganz sicher war, diese Arbeit bereits gestern erledigt zu haben. Dabei grübelte er finster vor sich hin.

Als er endlich fertig war, hatte er sich zu einer Entscheidung durchgerungen. Er tippte seinen Kommunikator an und sagte: „Bashir an Odo, bitte kommen.“

Es dauerte nur einen Augenblick, bis sich der Constable meldete: „Hier Odo, was kann ich für sie tun, Doktor?“

„Bitte kommen Sie, mit einem Sicherheitsteam umgehend zum QUARKS. Ein unbekannter Attentäter wird versuchen, Lieutenant Tia´Neryn Telas zu ermorden.“

Ein verächtlicher Ton war die Antwort. Dann fragte der Constable sarkastisch: „Seit wann glauben Sie an Horoskope, Doktor? Es tut mir leid, aber ich habe besseres zu tun, als ihren Scherzen...“

„Bitte, Odo!“, rief Bashir beinahe flehend aus. „Ich mache keine Scherze. Jemand wird die Andorianerin umbringen!“

„Und woher beziehen Sie dieses Wissen, Doktor?“

Bashir war bereits drauf und dran, Odo zu erklären, was er gestern erlebt hatte, bis ihm klar wurde, wie lächerlich das klingen musste. Schließlich sagte er: „Danke, odo, ich nehme mich der Sache selbst an.“

Mit dem unguten Gefühl in der Magengegend, wertvolle Zeit verschwendet zu haben, erhob sich der Arzt rasch und verließ eilig die Krankenstation. Als er das QUARKS erreichte, rannte er fast. Zu seinem Schrecken erkannte er eine vermummte Gestalt am Eingang des Etablissements, die gerade einen Polaronphaser abfeuerte. Dann flüchtete die Gestalt im aufbrandenden Tumult, genau in seine Richtung. Der Vermummte rannte ihn über den Haufen und verlor dabei seine Waffe.

In einem Reflex bückte sich der junge Arzt und hob den Polaronphaser bajoranischer Bauart auf. Dabei hämmerte es immer wieder hinter seiner Stirn: Ich komme zu spät. Sie ist tot!

 

* * *

 

Es hatte ihm wenig genützt, dass er immer wieder seine Unschuld beteuert hatte. Das Sicherheitsteam, angeführt von Odo, hatte ihn vor dem QUARKS festgenommen und die Waffe dabei sichergestellt. Nun stand er in dem Verdacht, Lieutenant Tia´Neryn Telas ermordet zu haben, und verzweifelt fragte sich Julian Bashir, ob er wirklich langsam wahnsinnig wurde. Spielte sich das, was er momentan erlebte, vielleicht nur in seinem Kopf ab, und er befand sich möglicherweise ganz woanders? Prüfend kniff sich der Arzt in den Handrücken, und es tat weh.

Wenn das ein Traum, oder eine paranoide Wahnvorstellung war, dann sehr intensiv.

Außer ihm selbst saß noch ein nausicaanischer Schmuggler in einer der Arrestzellen, der von Zeit zu Zeit zu ihm herüberblickte.

Sie hatten nur wenig Worte mit einander gewechselt. Bashir hatte ihn gefragt ob er darüber nachdenken würde, seinem Leben nun eine andere Wendung zu geben.

Alles, was der Nausikaaner geantwortet hatte, war: „Es gibt keine zweite Chance.“

Bashir blickte zum wiederholtenmal auf den Wandchronographen, der über dem Ausgang hing. Dabei fiel ihm etwas auf, das ihm zuvor entgangen war. Auch dieses Gerät zeigte den 13. September an, so wie das Gerät in seinem Quartier.

Ein furchtbarer Verdacht keimte in Julian Bashir auf, auch wenn dieser zu fantastisch war, als dass er im ersten Moment daran geglaubt hätte. Doch es gab, so überlegte er, einige signifikante Hinweise darauf, dass diese Spur möglicherweise richtig war. Seine Erinnerung eilte zurück an den gestrigen Abend. Dabei blickte er wieder auf die Zeitanzeige. Sie zeigte 23:46 Uhr an.

Falls ich Recht habe, überlegte der Arzt mit neu erwachender Hoffnung, dann wird es gleich losgehen. Unruhig wartete er, bis die Zeitanzeige auf 23:47 umsprang. Gleichzeitig schien sich die Wand um den Chronographen herum wellenartig zu verformen, und triumphierend zu dem Nausikaaner gewandt, sagte er: „Ich denke, Sie irren sich – es GIBT eine zweite Chance.“

Dann umfing ihn ungewisse Dunkelheit und löschte sein Bewusstsein aus...

Dritter Tag

Ein laut vernehmliches, duotronisches Zirpen erfüllte den Schlafraum, gefolgt von einem einschmeichelnden, melodischen: „Es ist 07:30 Lieutenant Bashir. Sie wollten exakt um diese Zeit geweckt werden.“

Verschlafen, mit rasenden Kopfschmerzen aufwachend, brummte der junge Arzt schlechtgelaunt: „Wer...? Oh verdammt, jetzt wache ich schon mit einem Kater auf, ohne am Vorabend etwas getrunken zu haben. Computer, Ende.“

Vorsichtig schwang sich der Arzt aus dem Bett, packte er sich dabei an die Schläfen und stöhnte unterdrückt. Dabei fluchte er innerlich: Das muss wirklich aufhören.

Mit einem Blick zum Wandchronograph stellte er fest, dass es immer noch – oder schon wieder – der 13. September war. Na schön, gestern war die Rettungsaktion schiefgegangen, aber wie hieß es so schön: Neues Spiel, neues Glück.

Julian Bashir erhob sich seufzend und schlurfte ins Bad, wobei seine Gedanken unentwegt um den gewaltsamen Tod der Andorianerin kreisten. Er löste eine Andro-Selzer in einem halben Glas Wasser auf, trank das Gebräu, und verzog entsagungsvoll das Gesicht. Danach entkleidete er sich stellte sich unter die Dusche und genoss das Gefühl der langsam zurückkehrenden Lebensgeister. Heute war der Tag...

Einigermaßen erfrischt zog er sich schließlich an und begab sich hinüber in den Wohnraum. Am Replikator bestellte er sich einen heißen Kaffee, wobei ihm der interessante Gedanke kam, ob es jeden Morgen ein neuer Kaffee war, oder seit drei Tagen immer wieder derselbe.“

Beinahe automatisch gab er den akustischen Befehl, die Nachrichten einzuschalten. Der Holoschirm erhellte sich, während der Arzt, in trübe Gedanken versunken, seinen Kaffee schlürfte.

„...behaupten Kritiker des Projektes, welches zur Zeit auf DEEP SPACE NINE initiiert wird, dass..“

„Danke Flint“, knurrte Bashir frustriert. „Computer, Schirm aus.“

Wieder überflog ein schmerzhafter Zug das Gesicht des Arztes. Mürrisch trank er seinen Kaffee aus und eilte aus dem Quartier.

Zielstrebig eilte Julian Bashir durch die Gänge der Station, dabei immer wieder Händlern, Raumfahrern und sonstigen Bewohnern der Station ausweichend. Für einen Moment glaubte er, aus den Augenwinkeln, lange, silbrig-weiße Haare in der Menge zu erkennen doch diesmal schaute er sich nicht nach ihnen um. Dafür achtete er sehr genau auf den Weg, wich Lieutenant-Commander Worf geschickt aus, und grüßte ihn grinsend. Im nächsten Moment prallte er mit mit einem wuchtigen Bolianer zusammen und landete auf dem Boden.

Es war Lieutenant-Commander Worf, der mit finsterer Miene auf ihn herabsah, als er wieder seine Augen öffnete, und grimmig meinte: „Ich schlage vor, Doktor, dass Sie beim Gehen nach vorne schauen, um solche Unfälle zu vermeiden.“ Damit reichte Worf ihm die Hand, zog ihn vom Boden hoch und entfernte sich dann rasch.

Ungläubig blickte Bashir ihm nach und rief hinter ihm her: „Lassen Sie sich doch mal was Neues einfallen!“ Dann setzte er schlecht gelaunt seinen Weg fort.

In der Krankenstation empfing ihn seine bajoranische Stellvertreterin, Veris Laren, mit einem Lächeln, so wie an allen anderen Tagen auch.

„Momentan haben wir niemanden im Krankenrevier, Doktor. Während...“

„Geschenkt, Miss Veris, ich bin auf dem Laufenden“, unterbrach sie Julian Bashir.

Die dunkelhaarige Frau blickte ihn etwas verwirrt an.

„Danke, Miss Veris“, sagte Julian Bashir geistesabwesend. „Falls sie mich brauchen, ich bin in den nächsten Stunden in meinem Büro und arbeite einige alte Berichte auf.“

Veris Laren erholte sich von ihrer kurzzeitigen Verwirrung und lächelte verschmitzt. Dann erwiderte sie: „Ich werde versuchen, Sie nicht zu behelligen, Doktor.“

 

* * *

 

Die Berichte waren Bashir ziemlich egal, er hatte Dringenderes zu erledigen. Kaum an seinem Schreibtisch sitzend, griff er nach einem neutralen Daten-PADD und tippte fieberhaft eine Sätze ein. Dann erhob er sich wieder, griff nach seiner Arzttasche und ließ das PADD darin verschwinden, bevor er sich eilig auf den Weg aus der Krankenstation machte. Im Vorraum traf er auf Veris Laren, die ihn überrascht ansah.

Bevor die Bajoranerin eine entsprechende Frage stellen konnte, erklärte der Arzt: „Ich muss dringend weg, Miss Veris. Der Chief wird in etwa zwei Stunden hier erscheinen. Sagen Sie ihm bitte, dass es bei unserer Verabredung bleibt – er weiß dann Bescheid.“

Damit verschwand Bashir. Sein Ziel war das Labor von Lieutenant Tia´Neryn Telas. Durch seinen gestrigen Misserfolg geläutert, beschloss er heute subtiler vorzugehen.

Als er den Trakt erreicht hatte, in dem die Schaltzentrale des experimentellen Phasen-Beschleunigers eingerichtet worden war blieb Bashir abrupt stehen, als wäre er gegen eine unsichtbare Mauer geprallt. Unglaublich, herrscht hier ein Zustand, dachte er bei den tumultartigen Diskussionen, die hier von einem guten Dutzend Wissenschaftlern geführt wurden. Im Zentrum dieses Chaos erkannte er schließlich die Andorianerin, und er setzte sich entschlossen wieder in Bewegung. Als er Lieutenant Telas erreichte wartete er eine Weile, ob sie ihn bemerkte. Schließlich räusperte er sich unüberhörbar, und die Andorianerin, sowie ihre drei hitzigsten Diskussionspartner, blickten ihn, teils fragend, teils unwillig an.

Der Arzt konzentrierte sich auf Tia´Neryn Telas und erklärte hastig: „Ich weiß, dass Sie hier Dringendes zu erledigen haben, Lieutenant Telas, aber es ist wirklich wichtig, dass Sie mir ein paar Minuten Ihrer ungeteilten Aufmerksamkeit gönnen. Gibt es hier einen Ort, wo wir uns ungestört unterhalten können. Ma´am?“

Etwas überrascht von dem drängenden, ernsten Ton des Arztes nickte die Andorianerin und deutete hinüber zu einem abgeteilten Bereich, der ihr offensichtlich als Büro diente.

Nachdem sie beide dort angekommen waren, blickte Bashir die andorianische Frau ernst an und erklärte: „Lieutenant, ich weiß, dass es sich etwas unglaubwürdig anhört, aber momentan erlebe ich diesen Tag bereits zum dritten Mal. Ich hege dabei den Verdacht, dass es mit diesem experimentellen Phasen-Beschleuniger zu tun hat. Irgend etwas ist dabei schief gegangen.“

Die Andorianerin lächelte beinahe amüsiert. „Das ist schlicht unmöglich, Doktor Bashir. Wir haben ihn noch gar nicht aktiviert. Und momentan sieht alles danach aus, als würden wir noch mehrere Wochen benötigen, für einen ersten Testlauf. Wenn Ihre Aussage stimmen würde, dann müsste aber der Beschleuniger im Laufe des heutigen Tages aktiviert werden. Doch daran ist gar nicht zu denken, Doktor. Ich habe bereits bei der Sternenflotte einen Aufschub beantragt.“

Der Arzt ließ diese Information auf sich wirken, bevor er vehement widersprach: „Es ist so, wie ich es Ihnen gesagt habe, Lieutenant. Ich wurde bereits zweimal zurückversetzt, und zwar jedesmal um genau 23:47 Uhr Standardzeit.“

Das Gesicht der Andorianerin nahm gereizte Züge an. „Hören Sie, Doktor: Selbst wenn Sie recht haben würden, so könnten Sie sich nicht daran erinnern, weil Ihr Gedächtnis ebenfalls zurückversetzt werden würde.“

„Was wäre, wenn es zeitgleich ein Ereignis gegeben hätte, welches das verhindert hat. Ich erinnere mich, dass ich beim ersten Mal einen elektrischen Schlag bekam, als es passierte.“

Die Andorianerin wollte zu einer geharnischten Antwort ansetzen, doch dann hielt sie inne und blickte den Doktor prüfend an. Langsam sagte sie schließlich: „Es wäre denkbar.“

Bashir hob seine Augenbrauen. „Was wäre denkbar, Lieutenant?“

„Oh, nun, es wäre theoretisch denkbar, dass eine Veränderung Ihres körperlichen, elektrischen Haushaltes Sie im Moment des Sprungs aus der Phase geschoben hat, so dass sie ihre Erinnerung behalten haben.“ Die Andorianerin überlegte und schüttelte dann den Kopf. „Aber das ist Makulatur, denn der Start des Beschleunigers kann nur von zwei Mitgliedern des Teams autorisiert werden, und eines davon bin ich.“

Bashir blickte fragend. „Und wer wäre die zweite Person?“

„Mein Stellvertreter.“

Bashir nickte in Gedanken. „Das habe ich mir gedacht. Ich hatte bei ihm von Beginn an ein komisches Gefühl.“

„Er würde niemals so etwas hinter meinem Rücken tun, Doktor Bashir.“

„Sind Sie da ganz sicher, Lieutenant.“

Die ruhigen, ernsthaft vorgetragenen Worte des Arztes zeigten Wirkung. Die Andorianerin begann unruhig zu werden und unsicher fragte sie: „Können Sie mir glaubhafte Beweise liefern, für das, was Sie behaupten, Doktor?“

Der Arzt erwiderte den Blick der Andorianerin und fast verzweifelt erwiderte er: „Ich dachte, dass Sie mir sagen könnten, womit ich Sie überzeugen kann, Lieutenant. Bitte riskieren Sie es, mir bedingungslos zu vertrauen. Sonst sehe ich heute Abend eine Person, an der mir sehr viel liegt, zum dritten Mal sterben, und ich weiß nicht, wie oft ich das noch ertragen kann, ohne wahnsinnig zu werden.“

„Wer ist diese Person?“

Bashirs Gesicht wurde zur Maske. „Das würden Sie mir nicht glauben, Lieutenant. Bitte glauben Sie mir jedoch, dass ich Ihnen die Wahrheit gesagt habe, was alles Andere angeht.“

Die Andorianerin gab zurück: „Sie verlangen da sehr viel, Doktor.“

„Dessen bin ich mir bewusst. Vielleicht wäre es eine gute Idee das heute Abend, im QUARKS zu besprechen. Sagen wir, gegen 18:00 Uhr? Ich werde Chief O´Brien ebenfalls dazu bitten, wenn Sie keine Einwände haben. Ich vertraue ihm und er könnte vielleicht helfen.“

Die Andorianerin rang mit sich. Dann erklärte sie: „Also schön, Doktor. Wir sehen uns dann gegen 18:00 Uhr im QUARKS.“

Erleichtert nickte der Arzt. „Ich danke Ihnen, Lieutenant.“

 

* * *

 

Nach dem Mittagessen mit Elim Garak, machte sich Julian Bashir daran, einen Plan zu entwerfen, das gemeine Attentat auf Tia´Neryn zu verhindern. Danach blieb ihnen hoffentlich genug Zeit, sich gemeinsam um das Problem mit dem Beschleuniger kümmern, und zu verhindern, dass er aktiviert werden würde.

Den gesamten Nachmittag über grübelte Bashir darüber nach, bis ihm schließlich eine Idee kam. Er musste den Attentäter diesmal einfach abfangen, bevor er den Mord ausführen konnte. Er wusste, was der Attentäter trug, also musste er sich lediglich an ihn heranschleichen, und für eine Weile außer Gefecht setzen.

Mit neuer Energie, die ihn zu durchströmen schien, verließ Bashir sein Büro, besorgte sich ein Hypospray mit einem starken Sedativum, das mindestens acht Stunden vorhielt und ließ es in seiner Hosentasche verschwinden.

So bewaffnet machte er sich auf den Weg zur Promenadendeck-Ebene. Bashir vermutete, dass der Attentäter einige Zeit vor dem Anschlag aufkreuzen würde, um das Terrain zu sondieren. Zumindest würde er selbst es so machen.

Er hatte Glück. Eine halbe Stunde vor der Verabredung mit Tia´Neryn entdeckte er eine vermummte Gestalt vor sich. Die Kleidung und die Statur passten und Bashir war sicher, den Attentäter erkannt zu haben.

Na, warte, mein Freund, gleich wirst du eine Überraschung erleben, dachte der Arzt grimmig. Er folgte der Gestalt unauffällig. Als sie sich allein in einem der Gänge aufhielten, schritt Julian Bashir schnell an ihn heran. Ohne zu zögern holte er das Hypospray heraus. Die Gestalt stöhnte dumpf auf. Dann sank sie zu Boden. Stimmen klangen aus einem Seitengang auf, und Bashir beschloss, die Flucht zu ergreifen, obwohl er gerne erfahren hätte, wie der Attentäter aussah. Er durfte jedoch nicht verhaftet werden, wenn der Tag gut ausgehen sollte. Also gab er sich damit zufrieden, den Mörder außer Gefecht gesetzt zu haben. Später konnte sich Odo immer noch um ihn kümmern, zunächst galt es nun den zweiten Teil seines Planes in die Tat umzusetzen um endgültig aus der nervigen Zeitschleife auszubrechen.

 

* * *

 

Pünktlich erschien Julian Bashir im Quarks. Er nahm die schon bekannte Szene, wie sich die Andorianerin mit O´Brien unterhielt, lächelnd in sich auf, und begab sich dann zu ihnen.

Tia´Neryn Telas wandte sich dem Arzt zu, als er sie erreichte, wobei ihre tief-violetten Augen ihn eindringlich musterten. „Guten Abend, Doktor Bashir. Wie ich sehe, sind Sie pünktlich.“

Die Antennen der Andorianerin bewegten sich unruhig. „Ich habe gerade mit Mister O´Brien bezüglich ihrer Behauptung gesprochen, und er ist bereit uns zu helfen.“

Julian nickte Miles O´Brien erleichtert zu. Dann wandte er sich wieder der Andorianerin zu und fragte: „Darf ich Sie zunächst auf einen Drink einladen. Danach können wir reden.“

Die Andorianerin nickte lächelnd, und der Arzt war in diesem Moment, wieder einmal, froh, dass sie nicht wusste, was für ein emotionales Chaos sie damit in ihm auslöste. „Ein Andorianisches Ale, bitte.“

Schnell wandte Bashir sich zu Quark, der ihm, hinter dem Tresen der Bar, am nächsten stand, um seine Bestellung aufzugeben. Dabei fiel sein Blick hinüber zum Eingang, wo ihm eine wuchtige, vermummte Gestalt auffiel. Erst einen Moment später realisierte er, dass diese Gestalt einen Polaronphaser in der Hand hielt und in seine Richtung zielte.

Aber das war doch...

Ohne zu überlegen riss er Tia´Neryn in seine Arme und drehte sich weg.

Der grelle Polaronstrahl verfehlte ihn nur knapp. Noch während er sich, mit der Andorianerin in seinen Armen, duckte und dabei herumwirbelte, entstand um ihn herum ein Tumult. Schreie erfüllten die Bar, doch das alles blendete Bashir aus, als er sah, wie Miles O´Brien getroffen zu Boden sackte. Beinahe mechanisch bewegte er sich auf den am Boden liegende Iren zu.

Starre, leblose Augen blickten ihm entgegen, als der Arzt den Chief auf den Rücken drehte. Dennoch aktivierte Bashir instinktiv seinen Kommunikator und forderte ein medizinisches Notfallteam an. Erst danach drang die Kakophonie verschiedenster Geräusche wieder an seine Ohren. Wie in einem Traum gefangen bekam er mit, wie das medizinische Team eintraf, den Tod des Chiefs feststellte, und die Leiche abtransportierte.

 

* * *

 

Die Befragung durch Odo, in dessen Büro, ließ Julian Bashir mit beinahe stoischer Ruhe über sich ergehen. Er fühlte sich ausgebrannt.

Nachdem sie das Sicherheitsbüro verlassen, und das Quartier des Arztes aufgesucht hatten, blickte Bashir zu Tia´Neryn Telas, die neben ihm auf der Couch saß. Wie durch Watte hörte er die Andorianerin auf ihn einreden, während es immer wieder hinter seiner Stirn hämmerte: Er ist tot!

„Das scheint nicht so gelaufen zu sein, wie an den anderen Tagen, habe ich Recht?“

Bashir nickte. „Ja, an den anderen beiden Tagen waren Sie es, die umgebracht wurde.“

Ungläubig blickte die Andorianerin den Arzt an, bis ihr die Konsequenz seiner Worte bewusst wurde. „Dann haben sie heute Morgen von mir gesprochen, als sie sagten, eine Person, an der Ihnen sehr viel liegt würde sterben?

Julian Bashir nickte müde. Nur unterbewusst bekam er mit, wie die Andorianerin näher kam und sein Gesicht in ihre Hände nahm. Leise sagte sie: „Ich kann mir vorstellen, was der Chief Ihnen bedeutet hat, Julian.“

Mit brennendem Blick erwiderte der Arzt: „Es ist seltsam, denn an den beiden anderen Tagen hat Miles dasselbe gesagt, nachdem Sie umgebracht wurden.“

Die Andorianerin lächelte aufmunternd: „Kommen Sie, Julian, wir haben noch etwas zu erledigen.“

Bashir blickte tief in die Augen der Andorianerin und widersprach: „Nein, für heute haben wir die Chance vertan. Wenn wir heute verhindern, dass der Beschleuniger aktiviert wird, dann ist der Chief unwiderruflich tot. Nein, ich muss morgen einen erneuten Anlauf nehmen, Sie zu überzeugen, Tia´Neryn.“

Die Andorianerin nickte verstehend. „Ich hoffe, Sie werden morgen Erfolg haben. Aber wenn wir heute nichts mehr tun können, dann sollten wir die Zeit vielleicht anderweitig nutzen.“

Damit näherte sie sich langsam dem Gesicht des Arztes. Zuerst vorsichtig, dann fordernd küsste sie Julian Bashir, der sie automatisch in seine Arme zog, und die Küsse der Andorianerin immer leidenschaftlicher erwiderte.

Als sie später, splitternackt und eng an einander gedrängt, im Bett unter der leichten, atmungsaktiven Decke lagen, und sich ihre Lippen immer wieder zu kurzen, heftigen Küssen fanden, fragte Tia´Neryn schließlich: „Wann hast du gemerkt, was du für mich empfindest, Julian?“

Der Arzt hielt sie in seinen Armen und erwiderte ihren forschenden Blick. „Bereits, als ich dich das erste Mal sah. Es war, wie ein Blitzschlag aus heiterem Himmel.“ Sein Blick fiel auf den Wandchronographen und erschrocken stellte er fest, dass die Anzeige gerade auf 23:46 Uhr umsprang. Die Andorianerin ernst ansehend verlangte er: „Schnell, Tia´Neryn, du musst mir mehr von dir erzählen, bevor der Sprung erfolgt. Was... was ist deine Lieblingsfarbe?“

Die Andorianerin verstand, warum Julian diese Details von ihr wissen wollte, darum antwortete sie ohne Umstände. „Dunkelblau.“

„Welche Art Musik hörst du gerne?“

„Rigelianische Opern.“

Bashir blickte überrascht drein. „Echt jetzt?“

„Frag weiter“, drängte Tia´Neryn.

„Okay, welche Sportart übst du am liebsten aus?“

„Klassischen, andorianischen Kampfsport.“

„Was ist deine Lieblingsspeise?“

„Fledermausragout mit Knollenwurzel-Gemüse.“

„Bäh – äh... Was ist dein Lieblingsgetränk?“

„Andorianischer Tee.“

„Dein Lieblingskünstler?“

„Muntar Klerikin.“

„Ich hoffe, das behalte ich alles. Was ist dein Lieblingstier?“

„Die heimische, braunrote Fledermau...“

Im nächsten Moment begann die Umgebung um Julian Bashir und die Andorianerin herum zu wallen, und das Letzte, was Julian dachte war, dass er diese Details unbedingt behalten musste.

Vierter Tag

Ein laut vernehmliches, duotronisches Zirpen erfüllte den Schlafraum, gefolgt von einem einschmeichelnden, melodischen: „Es ist 07:30 Lieutenant Bashir. Sie wollten exakt um diese Zeit geweckt werden.“

Verschlafen, mit rasenden Kopfschmerzen aufwachend, fluchte der junge Arzt schlechtgelaunt: „Verdammt nochmal, jeden Morgen dasselbe Theater...“

„Bitte wiederholen Sie Ihre letzte Anweisung, Lieutenant“, antwortete die sanft modulierte Stimme des Zentralcomputers der Raumstation DEEP SPACE NINE leidenschaftslos.

„Computer - aus“, ächzte Julian Bashir und drehte sich mühsam auf die andere Seite. Dann tröpfelten die Erinnerungen wieder in sein Gedächtnis, und trotz seiner rasenden Kopfschmerzen sprang er aus dem Bett.

Nach einer Andro-Selzer und einer überhasteten Dusche, zog er sich schließlich an und begab sich hinüber in den Wohnraum. Am Replikator bestellte er sich lediglich einen heißen Kaffee – Hunger hatte er nicht – und wies dann den Computer, beinahe wie ferngesteuert, an: „Federation-Skynet – News-Channel.“

Der Holoschirm erhellte sich und Bashir verfolgte die Föderations-Nachrichten mit einem Ohr, während er seinen Kaffee schlürfte und dabei hastig die Dinge in ein Daten-PADD eintippte, die ihm Tia´Neryn Telas gestern von sich verraten hatte. Sicher war sicher, in seinem Zustand.

Unterbewusst bekam der junge Arzt mit, wie Flint Langdon erklärte: „So könnte es, nach der Meinung einiger Subraum-Spezialisten, durchaus passieren, dass eine Zeitschleife die Konsequenz wäre. Mit anderen Worten, wir würden immer und immer wieder denselben Tag erleben, ohne davon auch nur das geringste zu ahnen, denn unsere Erinnerung würde dabei jedesmal wieder auf den Anfangspunkt zurückgesetzt. Desweiteren...“

„Danke, Flint“, knurrte Bashir sarkastisch, bevor er befahl: „Computer, Schirm aus.“ Er fasste sich erneut an den Kopf. Das musste ein Ende haben, sonst würde er noch wahnsinnig.

Schneller, aber aufmerksam, eilte Julian Bashir durch die Gänge der Station, dabei immer wieder Händlern, Raumfahrern und sonstigen Bewohnern der Station ausweichend. Für einen Moment sah er einen Bolianer auf sich zu eilen. Bashir dachte schon daran, dass es nun zum obligatorischen Zusammenprall kommen würde, doch der Bolianer wich ihm im letzten Moment aus und prallte einen Augenblick später mit einem breitschultrigen Klingonen zusammen.

Es war Lieutenant-Commander Worf, der mit finsterer Miene auf den Bolianer herab sah. Nicht ganz ohne Schadenfreude erklärte Bashir laut: „Ich schlage vor, Lieutenant-Commander Worf, dass Sie beim Gehen nach vorne schauen, um Unfälle zu vermeiden.“ Damit ließ er den Klingonen, der ein verächtliches Schnauben von sich gab, stehen und entfernte sich rasch.

In der Krankenstation empfing ihn seine bajoranische Stellvertreterin, Veris Laren, mit einem Lächeln. Bevor sie zu Wort kam erklärte Bashir: „Ich bin informiert, Miss Veris. Bitte stören Sie mich in der nächsten Stunde nicht – ich habe ein wichtiges Gespräch.

Veris Laren, die sich ihren Teil dachte, bei seinem Anblick, lächelte verschmitzt und erwiderte dabei: „Verstanden, Sir. Ich werde versuchen, Sie nicht zu behelligen, Doktor.“

Dabei durchzuckte es Bashir unwillkürlich: Wirklich... Jeden Morgen dasselbe Theater.

 

* * *

 

Als Tia´Neryn Telas eine Stunde später, auf Bashirs Anruf hin, das Büro der Krankenstation betrat blickte sie in die ernste Miene des Arztes und in die gleichfalls ernste Miene von Chief Miles O´Brien.

Bevor die Andorianerin fragen konnte, warum der Arzt sie hatte rufen lassen, eröffnete ihr Julian Bashir: „Ich bitte Sie, mir einen Moment lang schweigend zuzuhören, Miss Telas. Also, um es kurz zu machen: Der Phasenbeschleuniger wurde aktiviert und ich erlebe diesen Tag bereits zum vierten Mal.“

Julian erkannte den aufkeimenden Widerspruch in den Augen der hübschen Andorianerin und hob seine Hand, wobei er drängend fortfuhr: „Ich weiß, mein Gedächtnis müsste unter normalen Umständen mit zurückversetzt worden sein, so dass ich mich nicht daran erinnern dürfte, doch ein elektrischer Schlag, im Moment, als es passierte, hat meinen Elektrohaushalt angehoben, und mich aus der Phase geschoben. Ihre Worte übrigens.“ Der Arzt zog ein Daten-PADD zu sich heran und blickte über den Rand hinweg in die Augen der Andorianerin. „Damit Sie mir schneller glauben, als gestern, haben Sie mir einige Details von sich verraten. Also: Ihre Lieblingsfarbe ist Dunkelblau, Sie hören gerne Rigelianische Opern, als Sportart üben Sie am liebsten klassischen, andorianischen Kampfsport aus, Ihre Lieblingsspeise ist Fledermausragout mit Knollenwurzel-Gemüse, Ihr Lieblingsgetränk ist Andorianischer Tee, womit ich besser leben kann, als mit Ihrer Lieblingsspeise, Ihr Lieblingskünstler ist Muntar Klerikin, von dem ich vorher noch nie gehört habe, und Ihr Lieblingstier ist die heimische, braunrote Fledermaus.“

Die Augen der Andorianerin weiteten sich und ihre Antennen richteten sich auf den Mann vor sich, als sie verblüfft sagte: „Das ist einfach unglaublich, Doktor. Ein paar dieser Dinge könnten Sie durch Dritte erfahren haben, aber dass mein Lieblingskünstler Muntar Klerikin ist, dass wissen nicht einmal meine Eltern.“

Julian Bashir nickte ernst. „Dann glauben Sie mir hoffentlich das, was ich Ihnen eingangs gesagt habe, und dass ich diese Informationen von Ihnen habe.“

Die Antennen der Andorianerin spreizten sich. „Das muss ich wohl. Aber warum haben wir nicht längst den Start des Beschleunigers verhindert?“

An dieser Stelle mischte sich Miles O´Brien in das Gespräch ein. „Weil bisher jedesmal entweder Sie, oder ich, bei einem Attentat starben, was wir verhindern müssen, bevor wir die Zeitschleife unterbrechen können. Ich hoffe, Sie stimmen mir zu.“

Tia´Neryn erfasste augenblicklich den Sinn von O´Briens Worten und antwortete zustimmend: „Voll und ganz, Chief.“

Julian Bashir nickte erleichtert. „Dann treffen wir uns am Besten nach dem Mittagessen im Büro des Constables, um ihn in unsere Ermittlungen einzuschalten. Allein, so fürchte ich, werden wir es nicht schaffen.“

O´Brien machte ein zweifelndes Gesicht. „Sind Sie sicher, er wird uns glauben, Julian?“

Der Arzt lächelte zuversichtlich. „Gar keine Frage, Chief.“

 

* * *

 

„Das ist jenseits jeglicher Glaubwürdigkeit“, erklärte Odo. Aufrecht, mit vor der Brust verschränkten Armen, stand der Formwandler vor den drei Besuchern und musterte sie eindringlich, mit einem Gesichtsausdruck, als habe er drei arme Irre vor sich.

„Bitte, Odo!“, nahm Julian Bashir einen erneuten Anlauf. „Sie erinnern sich vielleicht daran, wie oft wir in Situationen gesteckt haben, die weitaus verrückter waren, als diese hier.“

„Zum Beispiel?“

Diese einfache Frage brachte den Arzt aus dem Konzept und Miles O´Brien übernahm für ihn. „Hören Sie, Odo: Alles was passieren wird, wenn Julian falsch liegt ist, dass Ihre Leute eine Ermittlung durchführen, die keinen Erfolg hat. Aber wenn er richtig liegt, und ich glaube Julian, dann müssen wir um jeden Preis verhindern, dass wir für immer in einer Zeitschleife feststecken, ohne jemals davon zu erfahren.“

Odos Widerstand geriet etwas ins Wanken. Dennoch fragte er: „Warum haben Sie sich nicht an Sisko oder Kira gewandt?“

Es war Bashir, der darauf antwortete: „Weil beide schätzungsweise genauso schwer zu überzeugen wären, und wir danach immer noch zu Ihnen kommen müssten, damit Sie ihre Leute mobilisieren. Dazu fehlt uns einfach die Zeit, Constable. Wir müssen handeln. Außerdem kennen wir den Attentäter nicht, und wissen nicht, zu wem er möglicherweise Kontakt hat.“

Odo überlegte eine Weile, bevor er seufzte und erklärte: „In Ordnung. Aber sollten Sie drei sich einen üblen Scherz mit mir erlaubt haben, dann werde ich Sie morgen zur Verantwortung ziehen, haben Sie drei das verstanden?“

Die beiden Männer nickten, während die Andorianerin versicherte: „Für so etwas würde ich mich niemals hergeben, Constable.“

Odo nickte überzeugt. „In Ordnung, dann werde ich meine Leute darauf ansetzen.“

 

* * *

 

Gegen 18:05 blickte Julian Bashir, in der Nähe des Eingangs zum QUARKS, ratlos in die zweifelnden Mienen von Miles O´Brien und Tia´Neryn Telas und sagte: „Das verstehe ich nicht. An allen anderen Tagen ist der vermummte Attentäter hier aufgetaucht und hat versucht, Sie zu erschießen, Miss Telas. Ich muss diesmal irgendetwas ausgelöst haben, das den Ablauf, so wie ich ihn bisher erlebte veränderte, so dass dieses Ereignis heute nicht stattfand.“

„Das klingt selbst für mich unglaubwürdig“, erklärte Miles O´Brien grimmig.

„Ich gebe ja selbst zu, dass das alles etwas dünn klingt, aber einen Vorteil hat es: Sie beide leben noch und können mir helfen zu verhindern, dass der Beschleuniger aktiviert wird.“

Tia´Neryn Telas blickte abwechselnd von O´Brien zu Bashir und beschloss: „Schön, nehmen wir an, es ist so. Wir werden uns um 22:40 Uhr zum Beschleuniger begeben. Er muss eine Stunde vor dem Aktivieren vorgezündet werden. Es bleibt uns also noch Zeit. Was halten Sie beide davon, wenn ich Sie zum Essen in mein Quartier einlade?“

Die beiden Männer stimmten zu. Als sie das Quartier der Andorianerin betraten, erwartete sie dort eine Überraschung. Der izarianische Stellvertreter von Tia´Neryn Telas war, mit einem Phaser in seiner Hand, dabei, einige Daten-PADDs durchzusehen. Er richtete die Waffe auf die Ankömmlinge, kaum dass sich das Schott hinter ihnen geschlossen hatte und forderte sie, mit ruhiger Stimme auf: „Bitte setzen Sie drei sich auf das Sofa und machen Sie keine Dummheiten.“

Bashir, O´Brien und die Andorianerin folgten, wenn auch widerwillig den Anweisungen des Izarianers. Während sie sich setzten, fauchte Tia´Neryn Telas gereizt: „Also Sie sind der Saboteur, der den Beschleuniger unbemerkt aktivieren will, Neron Kareth.“

„Nein, ich will verhindern, dass das geschieht. Es gab einen unautorisierten Zugriff auf das Startprogramm. Ich habe eher Sie im Verdacht, Miss Telas.“

O´Brien musterte den Bewaffneten finster und fragte erbost: „Für wen arbeiten Sie, Mister Kareth, oder wie auch immer Sie wirklich heißen mögen?“

Im selben Moment, als der Chief diese Frage stellte, hatte sich das Schott des Quartiers geöffnet, und ein wuchtig gebauter Bajoraner der Sicherheit trat, mit gezogenem Polaronphaser, in das Quartier ein und behauptete: „Er arbeitet für den Maquis. Wir fanden es eben erst heraus. Bereits in wenigen Augenblicken wird ein Team der Stationssicherheit hier sein.“

„Glauben Sie diesem Bajoraner kein Wort“, widersprach der Izarianer drängend und näherte sich dabei dem Sofa. „Ich arbeite für den Geheimdienst der Sternenflotte. Wir vermuten bereits seit einiger Zeit, dass es auf der Station einen Saboteur geben könnte, der...“

Blitzartig sprang Miles O´Brien vom Sofa auf und griff nach dem Handgelenk des Izarianers. Einen Moment später hatte er Neron Kareth die Waffe entwunden und betäubte ihn.

„Danke, Chief“, sagte der Bajoraner, der nach wie vor am Eingang des Quartiers stand. „Das macht mir das, was ich nun zu tun beabsichtige umso leichter.“

Damit nahm der Sicherheitsbeamte den Chief ins Visier und feuerte.

Tödlich getroffen brach der Ire zusammen. Mit Entsetzen erkannte Bashir seinen Irrtum, doch es war zu spät. Im nächsten Moment hatte der Bajoraner auch die Andorianerin erschossen und legte auf Bashir an. „Einen schönen Gruß vom wiedererstarkten Kreis, Doktor.“

Das letzte, was der Arzt mitbekam war das grelle Glühen des Polaronphaserstrahls, bevor sein Bewusstsein ausgelöscht wurde.

Fünfter Tag

Ein laut vernehmliches, duotronisches Zirpen erfüllte den Schlafraum, gefolgt von einem einschmeichelnden, melodischen: „Es ist 07:30 Lieutenant Bashir. Sie wollten exakt um diese Zeit geweckt werden.“

Verschlafen, mit rasenden Kopfschmerzen aufwachend, fluchte der junge Arzt schlecht gelaunt: „So ein rassistischer Lumpenhund...“

„Bitte definieren Sie Ihre letzte Anweisung neu, Lieutenant“, antwortete die sanft modulierte Stimme des Zentralcomputers der Raumstation DEEP SPACE NINE leidenschaftslos.

„Computer - aus“, fluchte Julian Bashir und drehte sich aufstöhnend auf die andere Seite. Nach der schon obligatorischen Andro-Selzer und der morgendlichen Dusche, verzichtete der Arzt auf seine Session mit Flint Langdon und machte sich, wie am Vortag eilig Notizen auf einem Daten-PADD.

Früher als üblich eilte Julian Bashir aus seinem Quartier. Er musste dringend mit einem gewissen Izarianer reden.

Es gelang ihm, Neron Kareth im Korridor zu erreichen, bevor dieser den Labortrakt betreten konnte. Hastig sprach er den Mann an. „Mister Kareth, oder wie auch immer Sie heißen mögen. Ich weiß, dass Sie für den Sternenflottengeheimdienst arbeiten. Nebenbei bemerkt, Sie sind gar kein so übler Typ, wenn man Sie erst einmal etwas näher kennengelernt hat.“

Bashir erkannte Unwillen und Widerspruch in den Augen seines Gegenübers, und er fügte schnell hinzu: „Bitte, Mister Kareth, es ist wichtig, dass Sie mich zur Krankenstation begleiten, denn was immer Sie verhindern wollen, dazu ist es bereits zu spät. Der Beschleuniger wurde bereits aktiviert, und wir hängen in einer Zeitschleife fest.“

„Aber davon...“

„Ich weiß“, zischte Bashir verschwörerisch, und zog den Izarianer am Ärmel mit sich. „Normalerweise dürfte ich davon nichts wissen, aber ich wurde aus der Phase geschoben. Ich erkläre es Ihnen, Lieutenant Telas und Chief O´Brien, wenn Sie mir endlich zur Krankenstation folgen, okay?“

Julian Bashir hatte so eindringlich gesprochen, dass Neron Kareth sich geschlagen gab und erklärte: „Also gut, Doktor. Ich werde mir anhören, was Sie zu sagen haben.

Als die beiden Männer die Krankenstation betraten, kam Veris Laren auf Bashir zu, doch der winkte nur ab und wies seine Kollegin an: „Ich bin bereits informiert, Miss Veris. Bitte kümmern Sie sich um alles, ich habe ein wichtiges Gespräch zu führen.

Die Bajoranerin lächelte verschmitzt, als sie das zerknitterte Gesicht des Doktors bemerkte, und antwortete: „Wie Sie wünschen, Doktor Bashir.“

 

* * *

 

Als Tia´Neryn Telas eine Stunde später, auf Bashirs Anruf hin, das Büro der Krankenstation betrat blickte sie in die ernste Miene des Arztes und in die gleichfalls ernsten Mienen von Chief Miles O´Brien und ihrem izarianischen Stellvertreter.

Bevor die Andorianerin fragen konnte, warum der Arzt sie hatte rufen lassen, eröffnete ihr Julian Bashir: „Ich bitte Sie, mir einen Moment lang schweigend zuzuhören, Miss Telas. Also, um es kurz zu machen: Der Phasenbeschleuniger wurde aktiviert und ich erlebe diesen Tag bereits zum fünften Mal.“

Julian erkannte, wie am gestrigen Tag, den aufkeimenden Widerspruch in den Augen der hübschen Andorianerin und fuhr drängend fort: „Dunkelblau, Rigelianische Opern, klassischer, andorianischer Kampfsport, Fledermausragout mit Knollenwurzel-Gemüse, Andorianischer Tee, Muntar Klerikin, die heimische, braunrote Fledermaus. Alles Dinge, die sie lieben.“

Die Augen der Andorianerin weiteten sich und ihre Antennen richteten sich auf den Mann vor sich, als sie verblüfft sagte: „Das ist einfach unglaublich, Doktor. Woher wissen Sie das?“

Julian Bashir nickte ernst. „Dann glauben Sie mir hoffentlich das, was ich Ihnen eingangs gesagt habe, und dass ich diese Informationen von Ihnen habe.“

Die Antennen der Andorianerin spreizten sich. „Das muss ich wohl. Aber warum haben wir nicht längst den Start des Beschleunigers verhindert?“

Es war Neron Kareth, der an dieser Stelle einhakte und erklärte, weshalb sie keine Zeit verlieren durften. Etwas unwillig nahm die Andorianerin zur Kenntnis, dass ihr Team vom Geheimdienst der Sternenflotte unterminiert worden war. Doch schließlich siegte ihre Professionalität als Sternenflottenoffizier und sie fragte in die Runde: „Was werden wir tun?“

„Wir müssen zunächst Odo einweihen“, entgegnete Bashir. „Dann können wir seinen bajoranischen Sicherheitsoffizier aus dem Verkehr ziehen und die Aktivierung des Phasen-Beschleunigers verhindern.“

Kareth blickte den Arzt anerkennend an. „Haben Sie einmal über eine Karriere beim Geheimdienst der Sternenflotte nachgedacht, Mister Bashir?“

„Nur in meinen Träumen“, konterte der Arzt trocken. Kommen Sie jetzt. Odo zu überzeugen dauert einige Zeit.“

 

* * *

 

„Das ist jenseits jeglicher Glaubwürdigkeit“, erklärte Odo. Aufrecht, mit vor der Brust verschränkten Armen, stand der Formwandler vor den vier Besuchern und musterte sie eindringlich, mit einem Gesichtsausdruck, als habe er arme Irre vor sich.

„Dasselbe hat er gestern auch gesagt“, zischte Julian Bashir Tia´Neryn zu. Dann seufzte er entsagungsvoll und antwortete eindringlich: „Bitte, Odo! Sie erinnern sich vielleicht daran, wie oft wir in Situationen gesteckt haben, die weitaus verrückter waren, als diese hier.“

„Zum Beispiel?“

Wie am Vortag übernahm Miles O´Brien für ihn. „Hören Sie, Odo: Alles was passieren wird, wenn Julian falsch liegt ist, dass Ihre Leute eine Ermittlung durchführen, die keinen Erfolg hat. Aber wenn er richtig liegt, und ich glaube Julian, dann müssen wir um jeden Preis verhindern, dass wir für immer in einer Zeitschleife feststecken, ohne jemals davon zu erfahren.“

Bashir wartete nicht auf Odos nächste Frage, sondern er erklärte von sich aus, warum sie weder Sisko, noch Kira zuvor eingeweiht hatten. Dann unternahm er alles, um den Formwandler davon zu überzeugen, dass einer seiner Männer ein Mitglied des neu formierten „Kreises“ war.

Odo grübelte eine Weile vor sich hin, bevor er seufzte und erklärte: „In Ordnung. Aber sollten Sie vier sich einen üblen Scherz mit mir erlaubt haben, dann werde ich Sie morgen zur Verantwortung ziehen, haben Sie das verstanden?“

Die drei Männer nickten, während die Andorianerin versicherte: „Für so etwas würde ich mich niemals hergeben, Constable.“

Odo nickte überzeugt. „In Ordnung, dann werde ich jetzt Apron Leran zu mir ins Büro bestellen und ihn festnehmen.“

 

* * *

 

Während sie auf den bajoranischen Sicherheitsoffizier warteten, flüsterte Bashir der Andorianerin an seiner Seite leise zu: „Wenn wir das hier hinter uns haben, dann sollten Sie vielleicht in Erwägung ziehen, sich die kleine Narbe, unter ihrer linken Brust entfernen zu lassen, Miss Telas. Auch wenn ich zugeben muss, dass sie dort irgendwie neckisch wirkt.“

Tia´Neryn Telas blickte den Arzt erschüttert an. Fast unhörbar zischte sie zurück: „Woher, bei der farblosen Kreatur des Mysteriums, wissen Sie das, Mister Bashir?“

Der junge Arzt suchte nach Worten und gab schließlich offen zu: „Nun ja, ich... äh... muss gestehen, dass wir vorgestern wesentlich mehr Spaß hatten, als an den anderen Tagen.“

„Moment, wollen Sie damit etwa andeuten, Sie hätten mit mir...“

„Hey, Sie aber auch mit mir, möchte ich klarstellen“, verteidigte sich Bashir, und blickte in die wundervollen Augen der Andorianerin. „Ist das so schwer vorstellbar?“

Die Andorianerin funkelte Bashir an. „Darüber reden wir später.“

Sie wurden abgelenkt, als Apron Leran Odos Büro betrat.

Julian Bashir nickte dem Formwandler zu, der das Schott verriegelte. Während Neron Kareth den überraschten Bajoraner entwaffnete, erklärte Odo ohne Umschweife: „Apron Leran, ich verhafte Sie, wegen Sabotage und der Aktivität innerhalb einer terroristischen Vereinigung.“

Ein überhebliches Lachen des Bajoraners war die Antwort. Mit einer schnellen, fließenden Handbewegung griff er unter die Gürtelschnalle seiner Uniform und aktivierte ein kleines Gerät, dass er für Notfälle, wie diesen dort angebracht hatte. „Der Kreis lässt sich nicht aufhalten, und meine Partnerin wird meine Arbeit vollenden.“

Ein leises, stetig ansteigendes Summen war zu vernehmen. Dann löschte eine fürchterliche Explosion jedwedes Leben im Büro der Stationssicherheit aus.

Sechster Tag

Ein laut vernehmliches, duotronisches Zirpen erfüllte den Schlafraum, gefolgt von einem einschmeichelnden, melodischen: „Es ist 07:30 Lieutenant Bashir. Sie wollten exakt um diese Zeit geweckt werden.“

Verschlafen, mit rasenden Kopfschmerzen aufwachend, fluchte der junge Arzt erbost: „Dieser rassistische Lumpenhund trägt eine Bombe am Leib. Und wen, zum Teufel, meinte er mit: Partnerin?

„Bitte definieren Sie Ihre letzte Anweisung neu, Lieutenant“, antwortete die sanft modulierte Stimme des Zentralcomputers der Raumstation DEEP SPACE NINE leidenschaftslos.

„Computer - aus“, schimpfte Julian Bashir zornig, verzog leidend das Gesicht und erhob sich ächzend.

Nach der sechsten Andro-Selzer, am sechsten Morgen der sich für ihn wiederholte, nahm er, wieder einmal, seine morgendlichen Dusche, unter der ihm eine Idee kam. Der Arzt unterrichtete Veris Laren via Kommunikator davon, dass er in einer wichtigen Angelegenheit unterwegs sei, und nur in dringenden Fällen gestört zu werden wünschte. Dabei dachte er: Gut, wenn man weiß, dass es keine dringenden Fälle geben wird.

Am Replikator bestellte er sich schnell einen heißen Kaffee – Hunger hatte er nicht – und wies dann den Computer an: „Federation-Skynet – News-Channel.“

Er hatte eine Idee.

Der Holoschirm erhellte sich und Bashir verfolgte die Föderations-Nachrichten mit gespanntem Interesse, während er genießerisch seinen Kaffee schlürfte.

„...behaupten Kritiker des Projektes, welches zur Zeit auf DEEP SPACE NINE initiiert wird, dass die Aktivierung des Phasen-Beschleunigers ungeahnte Konsequenzen zeitigen könne.“

„Blah, blah, blah, blupp...“, machte Bashir genervt und nahm einen tiefen Schluck von seinem starken Kaffee.

„So könnte es, nach der Meinung einiger Subraum-Spezialisten, durchaus passieren, dass eine Zeitschleife die Konsequenz wäre. Mit anderen Worten, wir würden immer und immer wieder denselben Tag erleben, ohne davon auch nur das geringste zu ahnen, denn unsere Erinnerung würde dabei jedesmal wieder auf den Anfangspunkt zurückgesetzt. Desweiteren...“

An dieser Stelle hatte Julian Bashir die Sendung sonst abgewürgt, doch diesmal konzentrierte er sich auf das, was Flint Langdon erklärte. Doch schließlich waren es nicht die Erklärungen, sondern ein Bild, das seine Aufmerksamkeit fesselte. Es war das Team um Lieutenant Telas. Darauf war neben der Andorianerin eine weitere Frau zu erkennen. Eine Bajoranerin, die dort unter keinen Umständen etwas zu suchen hatte, denn sie sollte normalerweise in einem bajoranischen Straflager schmachten. Trotz der Tatsache, dass sie nun dunkle Haare trug, anstatt blonde, erkannte Bashir sie fast augenblicklich.

„Das ist doch...“

Julian Bashir handelte. Er holte sich ein Daten-PADD, tippte hastig ein, was für sein weiteres Vorgehen wichtig war, und trommelte dann, wie am Vortag, Neron Kareth, Tia´Neryn Telas, Miles O´Brien und Odo, in dessen Büro, zusammen.

Bevor irgendjemand Fragen stellen konnte, rasselte Bashir seine übliche Ansprache herunter, wobei er dachte: Wenn ich das nochmal machen muss, dann kriege ich ´ne Macke.

Als der junge Arzt geendet hatte, und es ihm gelungen war, alle Zweifel zu zerstreuen, grübelte Odo eine Weile vor sich hin, bevor er seufzte und erklärte: „In Ordnung. Aber sollten Sie sich einen üblen Scherz mit mir erlaubt haben, dann werde ich Sie morgen zur Verantwortung ziehen, haben Sie das verstanden?“

„Wenn Sie das nochmal sagen, Odo, dann drehe ich durch“, ächzte Bashir. Dann konzentrierte er sich wieder und fügte hinzu: „Wir sollten uns nun überlegen, wie wir vorgehen. Mein Vorschlag ist, dass wir Apron Leran herbestellen und ohne Vorwarnung betäuben. Sobald er dingfest gemacht wurde, müssen wir uns auf die Suche nach seiner Komplizin machen.“

Odo wirkte noch immer skeptisch, als er fragte: „Und Sie sind sich ganz sicher, dass Sie sich nicht geirrt haben, was diese Person betrifft?“

Bashir nickte. „Diese Frau würde ich unter Millionen wiedererkennen.“

„Nun gut, Doktor.“ Odo holte einen bajoranischen Phaser aus einer der unergründlichen Schubladen seines Schreibtisches hervor und warf ihn, über die Tischplatte hinweg, Chief O´Brien zu, wobei er auf einen Punkt neben dem Schott blickte, wo ihn Apron Leran beim Eintreten nicht würde sehen können.

Der Ire verstand den Wink und erhob sich.

Nachdem sich O´Brien schussbereit neben dem Schott postiert hatte, rief Odo den bajoranischen Sicherheitsoffizier zu sich.

Während sie auf ihn warteten, flüsterte Bashir der Andorianerin an seiner Seite leise zu: „Wenn wir das hier überleben, und auch sonst nichts schiefgeht, dann müssen Sie mir versprechen, dass Sie mit mir ausgehen werden, Miss Telas.“

Tia´Neryn Telas blickte den Arzt amüsiert an. Fast unhörbar zischte sie zurück: „In Ordnung Doktor, aber Sie zahlen.“

Der Arzt nickte lächelnd. „Es wird mir ein Vergnügen sein.“

Sie wurden abgelenkt, als Apron Leran Odos Büro betrat.

Julian Bashir blickte unwillkürlich zu Chief O´Brien, der im selben Moment feuerte.

Unfähig zu irgendeiner kontrollierten Bewegung brach Apron zusammen, und Bashir atmete hörbar auf. Seufzend meinte er dann: „Da war es nur noch Eine.“

 

* * *

 

Um die zweite Saboteurin nicht aufzuscheuchen und zu verhindern, dass sie möglicherweise ihre Pläne änderte, zogen die fünf Eingeweihten ein großartiges Schauspiel auf, bei dem Neron Kareth die Rolle des vermummten Attentäters spielte.

Planmäßig erschoss Kareth Tia´Neryn Telas, als sie mit Bashir und O´Brien gegen 18:00 Uhr, im Quarks, an der Bar stand und wurde wenig später von Odo verhaftet.

Julian Bashir stellte, noch vor Ort, den Tod der Andorianerin fest und begleitete sie, mit Miles O´Brien und einigen Leuten der Sicherheit, zur Krankenstation, wo die blauhäutige Frau, wie durch ein Wunder, wieder zu sich kam und schmunzelnd fragte: „Wie fanden Sie meine Vorstellung, Doktor Bashir?“

„Sollte ich wieder einmal eine Leiche brauchen, dann werde ich Sie engagieren“, spöttelte der Arzt. „Sie müssen leider hier bleiben, bis alles vorbei ist. Ich habe meine Stellvertreterin, Veris Laren, instruiert. Sie wird bei Ihnen bleiben. Der Chief und ich selbst werden uns Odo und seinem Sicherheitsteam anschließen.“

„Viel Glück, Doktor.“

Bashir grinste jungenhaft. „Nennen Sie mich Julian.“

Damit verschwanden die beiden Männer. Unterwegs blickte Miles O´Brien den Arzt rätselhaft an und meinte schließlich: „Also, wenn ich es nicht besser wüsste, dann würde ich sagen, Sie hatten was mit ihr.“

Bashir grinste hintergründig. „Wenn Sie wüssten, Chief.“

Nachdem Bashir, zusammen mit O´Brien, Odo und zwei weiteren Sicherheitsbeamten im Kontrollzentrum des Phasen-Beschleunigers in Stellung gegangen waren, machte der Arzt einmal mehr die niederschmetternde Erfahrung, was Zeitausdehnung bedeutete, als er wiederholt zur Uhr sah und feststellte, dass sich die letzten zwei Stunden auf gerade mal siebzehn Minuten belaufen hatten. Jetzt, da er etwas zur Ruhe kam, drängten sich ihm Gedanken auf, was er noch alles unternehmen würde, falls auch dieses Unternehmen scheitern sollte. Das lenkte ihn etwas ab.

Sie warteten beinahe vier Stunden, von denen sich jede aus etwa siebenundvierzigtausend Minuten zusammenzusetzen schien.

Beinahe erschrocken blickte er zu Miles O´Brien, als dieser ihn anstieß. Gemeinsam hatten sie sich hinter einem großen Steuerelement verborgen und lugten nun vorsichtig um die Ecke herum, zum Eingangsschott, wo der Chief etwas vernommen hatte.

Bashir erkannte die Frau augenblicklich wieder. Es war die Bajoranerin, die er am Morgen auf Federation-Skynet gesehen hatte – außer Tia´Neryn die einzige Frau in dem Team, welches sich mit dem Beschleuniger auskannte. Er gab das verabredete Zeichen, zwei Klicks auf dem Kommunikator, und hob dann seinen Phaser.

Das Sicherheitsteam ging kein Risiko ein. Ohne Vorwarnung wurde die Bajoranerin von fünf Phaserstrahlen getroffen und sank betäubt zu Boden. Für einen Moment blieb es still, bevor sich die Männer aus ihren Stellungen begaben und sich um die betäubte Frau drängten.

Seine Pflicht als Arzt wahrnehmend, drehte Bashir die Frau auf den Rücken und überzeugte sich, durch einen kurzen Tricorderscan, davon, dass sie lebte und wohlauf war.

Odo, der sich zu ihm hinunter gekniet hatte, wirkte überrascht. „Ich kenne diese Frau. Das ist doch...“

Bashir unterbrach den Constable und meinte: „Ganz richtig, Odo. Das ist Neela.“

Miles O´Brien gab einen überraschten Laut von sich. „Aber die wurde doch verhaftet, nachdem sie einen Anschlag auf Bareil auszuführen gedachte. Hat sie anschließend nicht behauptet, sie habe im Auftrag der Propheten gehandelt.“

Julian Bashir blickte zu dem Iren auf. „Doch, das hat sie. Offensichtlich gab es damals noch mehr Sympathisanten des Kreises, als wir ahnten. Der Kreis scheint zumindest immer noch zu existieren, und hat seinerzeit offensichtlich für Neelas Befreiung gesorgt, und sie untertauchen lassen. Das macht mir Angst, Miles.“

„Nicht nur Ihnen“, knurrte Odo, der Neela nach verborgenen Waffen und Sprengsätzen gescannt hatte. Er gab seinen beiden Beamten einen Wink, sie abzutransportieren und folgte ihnen dann.

Auf dem Gang blickte Bashir auf die Anzeige seiner Uhr. „Ich werde erst Ruhe finden, wenn es 23:48 Uhr ist, und ich dann nicht plötzlich in meinem Bett aufwache.“

Der Ire grinste schwach. „Kann ich mir vorstellen.“

Sie verabschiedeten sich, und Bashir machte sich auf den Weg zur Krankenstation, wo Tia´Neryn Telas ihn neugierig empfing. „Haben Sie die zweite Saboteurin?“

Bashir nickte und erzählte der Andorianerin, was passiert war. Tia´Neryn stellte nun eine Reihe von Fragen, die sie zuvor zurückgestellt hatte.

Als der Arzt die Neugier der hübschen Andorianerin endlich gestillt hatte, fiel sein Blick auf den Wandchronographen der Krankenstation, und ein Lächeln breitete sich über sein Gesicht aus.

Etwas verwundert blickte Tia´Neryn Telas ihn an und fragte: „Was haben Sie plötzlich?“

Bashir erhob sich aus seinem Sessel und deutete zur Uhr. „Es ist jetzt 23:48 Uhr, Tia´Neryn. Das heißt, ich werde morgen Früh nicht mit Kopfschmerzen in meinem Bett aufwachen und überlegen müssen, wie ich diesmal verhindern werde, dass man Sie ermordet.“

Sich leicht von der Kante der Krankenliege abstoßend, auf der sie gehockt hatte, schritt die Andorianerin auf den jungen Arzt zu und erwiderte: „Ach so, das. Ich schätze, ich bin Ihnen dafür etwas schuldig, Julian.“

Sie nahm Bashirs Gesicht in ihre Hände und blickte ihm tief in die Augen, während er sanft seine Arme um sie schloss und ebenso erleichtert wie glücklich meinte: „Ich kann gar nicht zum Ausdruck bringen, wie toll es ist, nicht zu wissen, was als Nächstes passieren wird.“

„Oh, ich bin mir ganz sicher, zu wissen, was als Nächstes passieren wird“, gurrte Tia´Neryn verführerisch, und im nächsten Moment wusste der Arzt, was die Andorianerin meinte, als sich ihre Lippen auf seine legten.

Epilog

Ein laut vernehmliches, duotronisches Zirpen erfüllte den Schlafraum, gefolgt von einem einschmeichelnden, melodischen: „Es ist 07:30 Lieutenant Bashir. Sie wollten exakt um diese Zeit geweckt werden.“

Ausgeruht, aber etwas melancholisch erwachte Julian Bashir und erhob sich von seinem Bett, um zu Duschen.

Nach einem leichten Frühstück und einem starken Kaffee begab er sich zur Krankenstation, wo ihn Veris Laren mit einem Lächeln empfing und erklärte: „Momentan haben wir einen leichten Fall von Rigelianischem Fieber im Krankenrevier, Doktor. Während der Nacht gab es drei Verdachtsfälle auf weitere Infizierte, die sich aber nicht bestätigten. Das wäre alles, Sir.“

Bashir erwiderte das Lächeln der dunkelhaarigen Frau. „Danke, Miss Veris.“ Er wollte sich zu seinem Büro begeben, als die Stimme der Bajoranerin ihn zurückhielt.

„Sie hat die Station verlassen und ist fort, nicht wahr?“

Etwas erstaunt blickte Julian Bashir seine Stellvertreterin an. Dann nickte er. „Ja, nachdem die Feldtests gescheitert sind, hat sie sich gestern Nachmittag von mir verabschiedet und ist, zusammen mit ihrem Team, mit der AURIGA zur Erde abgeflogen.“

Veris Laren nickte verstehend und fragte unbefangen: „Wie ich hörte, ist Keiko O´Brien von Bajor zurückgekehrt?“

Bashir nickte knapp. „Ja, der Chief war ganz aus dem Häuschen.“

„Nun, dann haben Sie heute Abend nichts weiter vor, denke ich.“

Bashir hob fragend seine Augenbrauen.

Noch immer lächelnd verkrampfte die Bajoranerin ihre Finger in einander, bevor sie geradeheraus sagte: „Ich dachte mir, es wäre nett, wenn wir nach Dienstschluss gemeinsam essen gehen würden... Sir.“

Erkenntnis spiegelte sich endlich in Bashirs Augen. Die ganze Zeit über hatte er die kleinen Anzeichen nie erkannt. Sein Lächeln vertiefte sich, und er trat etwas näher an Veris Laren heran. „Das wäre sehr nett. Und ich finde, Sie sollten mich endlich Julian nennen... Laren.“

Die Bajoranerin beugte sich etwas vor und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. „Sehr gerne, Julian. Ich hatte schon gedacht, Sie würden es nie bemerken.“

Der Arzt blickte in Larens wundervolle Augen und dachte dabei: Manchmal braucht es mehr, als einen Anlauf, um sein Glück zu sehen.

 

 

ENDE



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Kommentare zu dieser Fanfic (1)

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Von:  Sanguisdeci
2015-09-12T14:55:38+00:00 12.09.2015 16:55
Eine schöne Episode :D Ich kann sie mir sehr lebhaft vorstellen. Armer Julien, andererseits hat er dadurch ja nicht nur gelitten, sondern auch den Mord an zwei ihm wichtigen Leuten verhindern.

Dieser Casanova xD
Antwort von:  ulimann644
12.09.2015 21:06
Jopp, so ein bisserl ist er das wohl. :D
Ich hoffe, dass ich die Charaktere einigermaßen getroffen habe.


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