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The Girl

Hunted
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Meine erste Geschichte auf dieser Seite. Ich hoffe das sie euch gefällt. Neue Kapitel werden wohl regelmäßig hochgeladen, da die Fanfiction auf Fanfiktion.de bereits vollendet ist.
Jetzt aber viel Spaß beim lesen.

Lg. NyanNyan Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo ^^
Es ist verdammt lange her das ich was hochgeladen habe. Das tut mir wirklich verdammt leid. Als Wiedergutmachung werde ich gleich noch eins hochladen.

LG. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Huhu, hier bin ich wieder. Dieses hier ist etwas kürzer. Ich hoffe es gefällt euch trotzdem. Komplett anzeigen

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Prolog

Dicke graue Wolken bedeckten den Himmel und hinderten die Sonne daran durchzubrechen. Die Erde ertrank im strömenden Regen, der kontinuierlich vom Himmel fiel. Bei diesem Wetter würde man noch nicht einmal einen Hund vor die Tür jagen. Der Hauptmann stapfte durch die feuchte Kälte, die Hände tief in den Taschen seines Mantels vergraben. Der hohe Kragen, der wie üblich die Hälfte seines Antlitz bedeckte, schützte ihn vor dem Wind, der ihm den Regen ins Gesicht peitschte. Zusätzlich hielt er seinen Kopf gesenkt, um sich vor den Wetterverhältnissen zu schützen. Vor gut einer Stunde zog ihn das Verlangen die Grenzen seines Reviers zu kontrollieren außerhalb des gemütlich warmen Hauptquartiers. Diese Maßnahme war eigentlich nicht nötig, da sich in der Nähe keine anderen Werwölfe aufhielten, doch es brachte wenigstens etwas Abwechslung in seinen schnöden Alltag. Die ganze Zeit hinter dem Major zu stehen oder herzulaufen konnte man wahrlich nicht als spannend bezeichnen. Auch das Training der Soldaten und die Ausbildung der Rekruten half eher weniger die Langeweile zu vertreiben, die ihn in letzter Zeit immer häufiger überkam. Es passierte einfach nichts interessantes, abgesehen von Schrödingers teilweise tatsächlich amüsanten Streichen. Der Doc konnte mit dem Kleinen schimpfen so viel er wollte, er ließ es einfach nicht bleiben. Den Major erheiterte die Angelegenheit eher.

Der stumme Werwolf bog in eine enge Gasse, die eine Abkürzung zum Hauptquartier darstellte. Er war gerade in der Mitte angelangt, als ihm etwas auffiel. Ein Geräusch drang an seine empfindlichen Ohren. Ein leises Wimmern. Als er in der Luft schnupperte, wehte ihm der Wind den Geruch von Blut in die Nase. Der Hauptmann wandte sich auf der Suche nach der Quelle nach rechts und hielt auf ein paar Mülltonnen zu. Dort lag ein Haufen zerlumpter Decken und unter diesem bewegte sich etwas. Vorsichtshalber stieß er zunächst mit der Spitze seines Springerstiefels dagegen. Was auch immer unter den Decken lag, es zuckte heftig zusammen und gab ein Quieken von sich. Der hochgewachsene Mann ging in die Hocke und schob vorsichtig Decke für Decke zur Seite. Als die Letzte vom Haufen verschwunden war, lag ein Mädchen vor ihm, das ihn mit großen Augen ängstlich anstarrte. Der Hauptmann betrachtete dieses eingehend. Sein Haar stand so derart vor Dreck, das man die eigentliche Haarfarbe nicht mehr erkennen konnte. Die Wangen eingefallen, die Haut ungesund gräulich im fahlen Mondlicht schimmernd und der Körper schrecklich mager. Das was sie an Stoff an ihrem Leib trug, sollte wohl mal eine Schuluniform darstellen. Davon war freilich nicht mehr viel übrig. An ihrer linken Seite befand sich auf dem weißen Oberteil ein großer roter Fleck, auf den das Mädchen schützend eine Hand presste. Sein Blick wanderte vom Blutfleck zurück in ihr Gesicht. Noch immer sah sie ihn an, als wolle er sie gleich fressen. Der Hauptmann entschied sich im Bruchteil einer Sekunde. Behutsam schob er seine Arme unter ihren dürren Körper und hob sie hoch. Sogleich begann die Kleine trotz Schmerzen wie wild zu zappeln um sich aus seinem Griff zu befreien. Dabei schrie sie mit hoher Stimme wie am Spieß. Sie trat und kratzte verzweifelt, doch er dachte nicht daran sie runter zu lassen. Der Hauptmann nahm es ihr nicht übel wie sie sich verhielt. Schließlich musste sie panische Angst und rasende Schmerzen haben. Kurzerhand drückte er ihr Gesicht an seine Brust um ihre Schreie zu ersticken und trug seinen Fund raschen Schrittes Richtung Hauptquartier.

Kapitel 1

Als er mit dem Mädchen das Labor des Docs betrat, hatte dieses inzwischen aufgegeben sich gegen ihn zur Wehr zu setzen. Ihr Atem schien zwar hektisch, doch sie zappelte und schrie nicht mehr. Der Doc saß mit dem Rücken zur Tür an seinem Schreibtisch und arbeitete einen Stapel Aufzeichnungen durch. Einige Papiere lagen über dem Tisch verstreut und wieder andere waren auf dem Boden gelandet. Der Doc war so konzentriert auf sein Tun, das er seinen Besucher erst bemerkte, als dieser direkt hinter ihm stand. Der Wissenschaftler zuckte heftig zusammen und fegte dabei versehentlich weitere Dokumente vom Tisch.

„Gute Güte, Hauptmann! Könne Sie nicht klopfen bevor Sie einfach so einen Raum betreten?“, schalte er und schob seinen Stuhl vom Tisch ab, um sich dem Werwolf zuwenden zu können.

Seine Augen hinter der Brille mit den einstellbaren Gläsern weiteten sich in Überraschung, als er das Wesen in den Armen des hochgewachsenen Mannes erblickte. Der Doc sah fragend zu diesem auf.

„Haben Sie die draußen gefunden? In der Nähe unseres Hauptquartiers?“

Der Hauptmann nickte knapp und wandte sich dem OP Tisch im Zentrum des Labors zu, um das Mädchen darauf ab zu legen. Die Kleine schien urplötzlich wieder lebendig zu werden. Ein Ruck ging durch ihren Körper. Sie drehte sich auf dem Tisch auf den Rücken und trat nach dem Hauptmann. Ihre Augen waren fast um das Doppelte geweitet und ihre seltsam gezackten Zähne gebleckt. Sie stieß ein Geräusch aus, halb Zischen, halb Fauchen. Mit wildem Blick schaute das Mädchen vom Doc zum Hauptmann, wie um einzuschätzen wer gefährlicher für sie war. Gerade fixierte sie den Mann im Kittel und vernachlässigte die Deckung ihrer rechten Seite. In dem Moment machte der Hauptmann eine schnelle Bewegung. Sie warf ihren Kopf ruckartig herum und versuchte nach ihm zu schnappen, verfehlte jedoch knapp seinen Arm. Seine große Hand schloss sich um ihren Nacken und griff beherzt zu. Sie fauchte und spuckte und wand sich heftig gegen seinen Griff. Nach einem kurzen Kampf gelang es ihm sie unter Kontrolle zu bekommen, damit der Doc ihre Verletzung untersuchen konnte. Mit den Händen tastete dieser die noch immer blutende Wunde ab. Jede einzelne Berührung ließ das Mädchen zusammenzucken und schmerzlich zischen.

„Da hat sie etwas ganz schön erwischt.“

Er machte Anstalten ihr das Oberteil hoch zuschieben um die Wunde freizulegen. Der Hauptmann musste sie fast krampfhaft festhalten. Für so ein zierliches Wesen besaß sie eine ungeheure Kraft, die ganz und gar nicht zu ihrer Erscheinung passte. Der Doc wandte sich einem der vollgestopften Schränke zu und tauchte kurze Zeit später sowohl mit Desinfektionsmittel und Nadel und Faden, als auch mit einem Verbandskasten wieder auf. Der dürre Mann beugte sich über seine Patientin. Er tränkte ein Stück Watte mit dem scharf riechendem Desinfektionsmittel und begann mit der Reinigung ihrer Verletzung. Anschließend nähte der Doc die Wundränder zusammen und legte ihr einen Verband an. Das Mädchen hatte während der ganzen Zeit zwar aufrührerisch geknurrt, sich jedoch nicht weiter gewehrt. Vermutlich war sie einfach zu erschöpft dazu.

„Ich gebe ihr nun nur noch...eine Spritze gegen die Schmerzen.“, murmelte der Doc, während er besagte Spritze aufzog.

Es gelang ihm tatsächlich ihr ohne Schwierigkeiten die Injektion zu verabreichen. Die Wirkung setzte bereits kurze Zeit später ein. Der Atem des Mädchens wandelte sich von einem angestrengtem Schnaufen zu einem gleichmäßigen Rhythmus in dem sich ihre schmale Brust hob und senkte. Ihre Lider flatterten und sanken herab. Der Hauptmann spürte wie sich ihr Körper merklich entspannte. Als er sie langsam losließ, immer bereit gleich wieder zuzugreifen falls ihr Kampfgeist erneut erwachte, entließ sie ein leises Seufzen. Der Doc drehte das benebelte Mädchen auf den Rücken und schnallte sie sorgfältig auf dem Tisch fest. Zur Sicherheit überprüfte er nochmals den Sitz der Fesseln.

„Sie können unseren Gast ruhig hier lassen. Bis zum nächsten Abend wird sie außer Gefecht gesetzt sein. Und jetzt ab mit Ihnen, ich habe noch zu tun!“

Der Doc scheuchte ihn mit einer Handbewegung Richtung Tür und drehte sich von ihm weg. Hinter seinem Rücken verdrehte der Werwolf die Augen. Dieser schräge Kerl war regelrecht mit seiner Arbeit verheiratet. Das wäre kein Problem, würde diese Arbeit nicht ihn und auch die Soldaten auf unangenehme Art und Weise mit einbeziehen. Deshalb machte er schnell das er raus kam, bevor dieser Wahnsinnige auf dumme Ideen kam. Der Hauptmann hoffte nur das der Doc zumindest das Mädchen in Ruhe lassen würde. Allerdings hatte er da nur wenig Hoffnung.
 

Nachdem der Doc kurz vor Sonnenaufgang seinen Papierkram durchgearbeitet hatte, konzentrierten sich seine Gedanken auf das Mädchen. Sie schien unscheinbar und harmlos zu sein. Was nur brachte den Hauptmann dazu sie hierher zu bringen? War es allein die Tatsache das sie verwundet war? Oder steckte mehr dahinter? Normalerweise traf der Hauptmann keine Entscheidungen rein aus dem Bauch oder aus purem Instinkt heraus. Mit einem Seufzen strich er sich eine verirrte Strähne aus dem Gesicht. Sein Blick wanderte zum OP-Tisch. Vorsichtig trat der Doc näher heran und sah auf das Mädchen herab. Ihre Augen waren geschlossen, ihr Atem ging ruhig. Sie schien tief und fest zu schlafen. Ihr Mund stand dabei leicht offen, sodass er einen guten Ausblick auf ihre ungewöhnlich geformten Zähne hatte. Die Fänge eines Vampirs sahen anders aus und um ein menschliches Gebiss handelte es sich auf keinen Fall. Was war sie nur für ein Wesen? Um das herauszufinden würde er wohl ein paar Experimente an dem Mädchen durchführen müssen. Doch dafür war morgen noch Zeit.

Der Doc verkniff sich ein herzhaftes Gähnen und trottete zur Tür, die sein Labor von seinem Zimmer trennte. Dabei wandte er dem Mädchen den Rücken zu, das just in dem Moment den Kopf zur Seite drehte und die Augen einen Spalt öffnete. Er stieß die Tür auf und betrat den kleinen, quadratischen Raum. Kaum erreichte er sein Bett, ließ er sich ächzend darauf fallen. Zuvor streifte sich der Doc lediglich seinen Kittel ab und legte seine Brille auf den Nachttisch. Er blieb noch lange wach, auf dem Rücken liegend und an die graue Decke starrend. Dieses Mädchen ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Es faszinierte ihn so sehr wie es ihn beunruhigte. Das Dumme war, er konnte sich keinen Reim darauf machen warum es in ihm solche Gefühle auslöste. Nachdem er sich bis zum frühen Nachmittag das Hirn zermartert hatte, gelang es ihm endlich Schlaf zu finden.
 

Sie schlug blinzelnd die Augen einen Spalt weit auf und starrte auf den Rücken des Kittelträgers. Sie hatte gespürt wie er sie beobachtete und sein aufwallendes Interesse durch die Duftwolke aus geronnenem Blut und Desinfektionsmittel gewittert. Kaum verschwand der Mann hinter der Tür, öffnete sie gänzlich ihre Augen. Das Mädchen sah sich in dem Zimmer um. Es handelte sich um einen rechteckigen Raum, der vollgestellt war mit allem möglichen Zeug. Schränke und Regale reihten sich lückenlos aneinander. Lediglich ein Schreibtisch unterbrach diese Anordnung. Praktisch überall in unmittelbarer Umgebung des Tisches lagen Zettel verstreut. Ihre Augen glitten über ihren Körper hinab, bis zu ihrer verbundenen Seite. Dieses verflixte Monster hatte ihr eine ganz schöne Wunde beigebracht. Aber sie war selbst Schuld, was legte sie sich auch mit einer ganzen Gruppe an? Leider hatte sie keine andere Wahl, wenn sie stark und gesund bleiben wollte. In ihrer Situation konnte sich das Mädchen Schwäche einfach nicht leisten. Umso schlimmer wie die Dinge für sie liefen. Plötzlich erschnupperte sie in dem furchtbaren Gestank des Labors noch einen ganz anderen Geruch. Einen wahrhaft verführerischen, wenn auch schwachen Duft, der ihr das Wasser im Munde zusammenlaufen ließ. Ihre schmalen Lippen verzogen sich zu einem Grinsen. Unbeabsichtigt hatte sie wohl einen Glückstreffer gelandet. Nun gut, wie man es nimmt, dachte sie bei sich. Erst einmal musste ihre Wunde heilen und dafür brauchte sie unglückseliger Weise die Hilfe dieses Menschen, der da so unruhig im angrenzendem Zimmer lag und keinen Schlaf fand. In ihrem Hirn reifte bereits ein Plan heran. Mit einem Seufzen schloss sie die Augen wieder und gab sich ganz der Wirkung des Mittels hin, das er ihr spritzte.

Kapitel 2

Am nächsten Abend erwachte der Doc ungewöhnlich früh am Abend. Mehrmals hatte er seinen Schlaf unterbrochen, da ihn die Gedanken umtrieben. Der Fund des Hauptmanns bereitete ihm Kopfzerbrechen und unsagbare Kopfschmerzen. Was war sie, woher kam sie? Woher hatte sie diese Wunde? Fragen über Fragen auf die sein brillanter Verstand keine Antwort wusste. Er ahnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht was ihn in Zukunft noch alles erwarten würde. Es handelte sich um ein ekelhaft drückendes Gefühl in der Magengegend. Halb rechnete er damit das es sich lediglich um einen Traum handelte. Dem war offensichtlich nicht so wie der Doc feststellen musste, als er sein Labor betrat. Das Mädchen lag noch immer auf dem Tisch fixiert und rührte sich nicht. Das kam ihm nur gelegen, denn im Moment verspürte er nicht den Drang ihr mehr Aufmerksamkeit zu schenken als nötig. Merkwürdig, das war sonst nie so. Für gewöhnlich stürzte er sich gleich mit Feuereifer auf alles Ungewöhnliche das ihm unter die Augen kam. Nur könnte er momentan eh nicht viel mit ihr anfangen. Also wandte sich der Doc seinen anderen, uninteressanteren Aufgaben zu. So lange bis ihn das dumpfe Gefühl übermannte beobachtet zu werden. Als er sich umdrehte, zuckte er heftig zusammen. Eisig blaue Augen starrten ihn ohne jede Gefühlsregung kalt an. Unwillkürlich stellten sich seine Nackenhaare auf. Im Gegensatz zu gestern, konnte er keinerlei Anzeichen von Angst erkennen. Viel mehr schien es, als würde sie ihn genauestens analysieren. Eine geraume Weile sahen sie einander stillschweigend an, ohne auch nur einen Muskel zu rühren. Schließlich räusperte sich der Doc vernehmlich.

„Ähm...hallo. Wie geht es dir?“

Nur Sekunden später hätte er sich für diese Worte am liebsten auf die Zunge gebissen. Tatsächlich gab das Mädchen keinen Mucks von sich. Plötzlich riss sie den Mund zu einem lautstarken Gähnen auf und präsentierte ihm in aller Pracht ihre gezackten Fänge. Bei diesem Anblick lief es ihm kalt den Rücken hinunter. Wofür waren diese seltsam geformten Zähne wohl gut... Er gab sich einen Ruck und erhob sich, um vorsichtig auf sie zuzugehen. Ihre Augen folgten ihm aufmerksam. Sie zog die Lippen zurück und knurrte drohend. Der Doc verharrte und hob in beruhigender Geste die Hände.

„Ist schon gut, ich will mir nur deine Wunde ansehen und den Verband erneuern...“

Er wartete ab. Erst sah es ganz danach aus als würde sie ihn nicht näherkommen lassen, drehte dann aber den Kopf zur anderen Seite. Der Doc atmete einmal tief durch und trat an den OP-Tisch heran. Mit leicht zitternden Fingern löste er den Verband und begutachtete die Wunde. Diese sah schon wesentlich besser aus als gestern. Er wandte sich ab und holte das Verbandszeug aus dem Erste-Hilfe Kasten, sowie etwas um die Wunde zu spülen. Vorsichtig begann er mit seiner Arbeit. Das Mädchen zischte zwischen zusammengebissenen Zähnen und zuckte leicht zusammen. Nach der Behandlung mit der Spüllösung, legte er ihr noch rasch den neuen Verband an. Erleichternd aufatmend trat der Doc zurück.

„So, schon fertig. War doch gar nicht so schlimm.“

Seine Patientin gab auf seine Worte hin ein gefährlich klingendes Grollen von sich. Sie schien offensichtlich anderer Ansicht. Mit einem lautlosen Seufzen ließ er sich auf seinen Stuhl fallen und ließ seinen Blick auf ihr ruhen. Oberflächlich schien sie ein ganz gewöhnliches Mädchen zu sein. Vermutlich von der Straße. Das Gebiss könnte durchaus eine simple Anomalie, eine Laune der Natur sein. So normal sie auch wirkte, wenn ihn seine Forschungen eines gelehrt hatten, dann das der Schein trügen konnte.
 

Sie starrte an die gegenüberliegende Wand aus Schränken. Ihre Wunde brannte noch immer von der Spüllösung. Mit Mühe und Not hatte sie sich davon abhalten können ihm dafür in die Hand zu beißen. Leider brauchte sie diesen Mann um gesund zu werden. Aber sobald ihre Wunde verheilt war, würde sie sich fürchterlich rächen. Das Mädchen rümpfte die Nase. Dieser widerwärtige Gestank nach geronnenem Blut und Desinfektionsmittel stach fürchterlich in ihren empfindlichen Nüstern. Sie bewegte sich leicht in ihren Fesseln und bereute es sofort. Ein ekeliges Ziehen in ihrer verbundenen Seite ließ sie zusammenfahren und leise stöhnen. Ihre Hände ballten sich fest zu Fäusten. Das würden diese Viecher noch bitter bereuen. Niemand versenkte seine Zähne in sie, zumindest nicht ungestraft. Sie war schließlich die überlegene Spezies.

„Du solltest dich im Moment nicht so viel bewegen. Sonst reißt deine Wunde weiter auf.“

Sie verdrehte ihre eisblauen Augen. Gerade mal einen Tag in diesem Menschenbau und dieser menschliche Abschaum wagte es ihr Befehle zu erteilen. Wenn der wüsste was er vor sich hatte, würde er lieber seine Zunge verschlucken als ihr Ratschläge zu geben. Doch ihre Rasse war relativ neu, also vergab sie ihm diesen Fehler. Zum Glück verfügte sie über eine ausgezeichnete Wundheilung. Für eine Regeneration reichte es jedoch nicht ganz. Kurzerhand beschloss sie durch Schlaf Kraft zu tanken. Die konnte sie brauchen.

Kapitel 3

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Was dauerte das so lange? Ungeduldig trommelte der Doc mit den Fingern auf seinem Schreibtisch herum. Seit er die zwei Soldaten mit dem Mädchen losgeschickt hatten, war bereits mehr als eine halbe Stunde vergangen. Selbst wenn sie sich gründlich duschte um wieder halbwegs wie ein normaler Mensch auszusehen, brauchte sie doch sicher nicht so lange. Fluchend erhob er sich und stapfte zur Tür.

„Immer muss man hinter diesen inkompetenten Idioten her sein, damit die ihre Aufgaben ordentlich erledigen.“

Der Doc lief mit großen Schritten über den Gang. Als er in den Korridor abbog, in dem sich eines von fünf Bädern befand, prallte er bei dem Anblick der sich ihm bot entsetzt zurück. In einer riesigen Blutlache lagen die übel zugerichteten Leichen der Vampire. Dem einen wurde die Kehle zerbissen und dem anderen ein großes Stück aus der Schulter gebissen. Von dem Mädchen hingegen gab es weit und breit keine Spur. Ein schriller Schrei und das Knallen von Gewehrfeuer hallte durch die Gänge. Alarmiert machte der Doc auf dem Absatz kehrt und stürzte den Geräuschen entgegen. Er bog um eine Ecke und stieß dabei um ein Haar gegen die Wand. Die Szene die sich vor ihm auftat, warf ihn dann doch aus der Bahn. Das Mädchen hockte mit gefletschten Zähnen am Boden und funkelte die Gruppe aus Soldaten an, die allesamt ihre Waffen auf sie gerichtet hielten. Ihr Gesicht war blutverschmiert und aus ihren Augen sprach pure Mordlust. Die Soldaten hingegen schienen ratlos, beinahe ängstlich. Sein Blick glitt weiter nach hinten. Er hielt den Atem an und sein Herz setzte einen Schlag lang aus. Ein einzelner Vampir lehnte mit dem Rücken an der Wand und umklammerte mit verzerrtem Gesicht seinen rechten Oberarm. Seine Uniform war auf dieser Seite blutgetränkt und sein Blut bis an die Decke hinauf gespritzt. Die Waffe lag mit verbogenem Lauf knapp zwei Meter von ihm entfernt auf dem Boden. Das Mädchen fauchte bedrohlich. Sie hatte ihr Haar gesträubt und verdeckte so gut es bei ihrer geringen Körpergröße ging ihr Opfer. Beinahe so als betrachtete sie dieses als... Der Doc schnappte unwillkürlich nach Luft und riss die Augen auf. Natürlich... Die toten Soldaten, ihre ungewöhnlich geformten Zähne. Er war sich sicher das wenn er Abdrücke nahm und mit den Bisspuren von den Leichen verglich, diese miteinander übereinstimmen würden. Ein Kichern das von seiner linken Seite aus an sein Ohr drang, ließ ihn zusammenfahren.

„Nett, oder? Endlich ist hier mal was los.“

Ein blonder Junge mit dunklen Katzenohren stand wie aus dem Nichts erschienen neben ihm und betrachtete das Mädchen mit leuchtenden Augen. Wie immer war der Neko beim Anblick von Chaos und Unruhe Feuer und Flamme.

„Sie haben ein wahres Großereignis verpasst.“, frohlockte Schrödinger und zuckte aufgeregt mit seinen Ohren.

„Sie hat regelrecht Jagd auf die Soldaten gemacht. Anscheinend ist sie scharf auf deren Fleisch und Blut.“, fuhr der Junge fort, noch immer in vergnügter Tonlage.

„Faszinierend, finden Sie nicht?“

Zunächst wusste der Doc nichts darauf zu erwidern. Erst nach einem langen Kampf mit seiner Faszination und dem Entsetzen das ihn bei der Vorstellung eines Vampir fressenden Mädchens umfing, wandte er sich an die unverletzten Soldaten.

„Schafft das da“, er deutete mit einer wagen Handbewegung auf ihren inzwischen totenbleich gewordenen Kameraden, „in mein Labor und bringt das Mädchen in eine der Zellen!“

Seine Stimme klang trotz seiner Aufregung fest und barsch. Dennoch rührten sie sich nicht von der Stelle. Ihnen schien die Vorstellung sich dem kleinen Monster zu nähern ganz und gar nicht zu behagen.

„Sofort!“, bellte er, woraufhin sich die Truppe endlich, wenn auch zögerlich, in Bewegung setzte.

Als das Mädchen sich aufrichtete, verharrten sie allerdings wieder. Doch anstatt sich zum Angriff zu entschließen, machte sie keinerlei Anstalten auch nur eine einzige bedrohliche Bewegung zu machen. Dadurch ermutigt, traten die Soldaten näher. Zwei von ihnen packten ihren Kumpel und der Rest umzingelten das Mädchen, um es abzuführen. Sie wehrte sich nicht dagegen. Der Doc konnte nur vermuten woran ihre Kooperationsbereitschaft lag. Ihre Wunde war zwar bereits dabei gänzlich zu verheilen, nur schien das Mädchen nicht bereit eine weitere Verletzung zu riskieren. Wenn er Recht hatte, dann wurde sie wahrscheinlich auf der Jagd verwundet. Vielleicht hatte sie sich überschätzt und sich mit zu vielen Gegnern auf einmal angelegt. Näheres würde er vermutlich erst erfahren sobald er Zeit bekam sie zu befragen. Eine Hand zupfte an seinem Kittel. Milde überrascht wandte er den Blick und sah in Schrödingers rosafarbene Augen.

„Was werden Sie jetzt mit ihr machen? Sie sezieren, grausame Experimente?“

„Hast du nicht irgendetwas zu erledigen?“, wollte der Doc wissen, ohne die neugierigen Fragen des Jungen zu beantworten.

Schrödinger zog einen Schmollmund und verschwand ohne ein weiteres Wort im Nichts, um sonst wo wieder aufzutauchen. Ihm sollte das Recht sein. Die Gesellschaft dieser Nervensäge konnte er in der jetzigen Situation gar nicht gebrauchen. Ihm entfuhr ein geräuschvolles Seufzen. Er würde den Major wohl oder übel über die aktuelle Situation unterrichten müssen. Ihm graute es jetzt schon davor. Leider half es nichts. So machte er sich mit einem flauen Gefühl im Magen zu seinem Boss auf.
 

Man sperrte sie in eine der Zellen, die sich unten im Kellergewölbe befanden. Dort war es feucht und roch muffig. Wenigstens hatte sie ihren knurrenden Magen besänftigen können. Doch zu welchem Preis? Grunzend ließ sich das Mädchen auf dem Boden nieder und streckte sich dort aus. Blinzelnd starrte sie an die Decke und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Ein ganzes Gebäude voller Vampire... Eigentlich ein Glückstreffer für ein vampirfessendes Wesen wie sie. Der Schock auf den Gesichtern dieser Blut saufenden Monster war ein Bild für die Götter. Was ihr jedoch ein Rätsel war, warum Vampire mit Menschen zusammen lebten und sich von diesen auch noch Befehle erteilen ließen. Das Mädchen schnaubte verächtlich. So eine Schande! Monster wie Vampire, Werwölfe und auch sie selbst, sollten sich solch einer niederen Rasse nicht unterordnen. Schämen sollten sich diese Viecher.

Plötzlich drang ein seltsamer Geruch in ihre empfindliche Nase. Eine Mischung aus Mensch und...Katze? Sie runzelte leicht die Stirn und schlug die Augen auf, um direkt in das Antlitz eines blonden Jungen zu schauen.

„Guten Abend.“, lächelte dieser.

„Eine wunderschöne Nacht um Jagd auf Beute zu machen, nicht wahr?“

Sie starrte ihn mit regungslosem Blick an und gab keinen Laut von sich. Das Einzige was sich an ihr bewegte, waren ihre Augen. Diese wanderten über sein Gesicht hinweg nach oben und blieben an den dunklen Katzenohren hängen, die unter seinem Blondschopf hervorschauten. Daher rührte also der Katzengeruch. Der Junge plapperte währenddessen munter weiter, ohne sich an ihrem Desinteresse zu stören.

„Sag mal, wie heißt du eigentlich?“, beendete er seinen unendlichen Monolog.

Sie legte den Kopf leicht schief. Ihr Name? Dieser Freak wollte wissen wie sie hieß? Was sollte man davon halten. Alles Fragen die nebensächlich waren. Was sie sich hauptsächlich fragte war, wie der Junge wohl schmecken würde. Bei ihm handelte es sich weder um einen Menschen, noch um einen Vampir. Er war ein Hybrid aus Katze und Mensch. Ob er wohl mehr nach Katze schmeckte?

„Hallo, jemand zu Hause?“, fragte der Junge und beugte sich ein gutes Stück vor.

Das Mädchen schaltete unverzüglich auf Angriff. Sie sprang mit gefletschten Zähnen auf, woraufhin er erschrocken nach hinten sprang. In beschwichtigender Geste hob der Blondschopf die Hände.

„Schon gut, du willst nicht reden. Ich habe es kapiert. Ich...komme besser wieder wenn du bessere Laune hast.“

Mit diesen Worten verschwand er im Schatten. Sie schnaufte und ließ sich zurück auf den Boden fallen. Ein Glück war diese Nervensäge weg. Sie hatte Haustiere noch nie leiden können. Gähnend lehnte sich das Mädchen zurück und schloss die Augen.

„Ihr habt keine Ahnung was euch erwartet.“, murmelte sie leise.

„Ich werde euch alle fressen. Das schwöre ich.“
 

Der Major starrte ihn über den Rand seines Weinglases hinweg an. Mit jeder Minute in der sein Boss nichts sagte, wurde der Doc nervöser. Er begann bereits wieder auf seinen Fingern herumzukauen. So stark das es blutete. Endlich stellte der Major sein Glas ab und erhob die Stimme.

„Sind Sie sich zu 100 Prozent sicher?“, wollte er wissen.

Der Doc nickte ernst. Sein Boss rieb sich nachdenklich das Kinn und fixierte seinen Wissenschaftler mit scharfem Blick. Ein Mädchen das Vampire fraß... Davon hörte man nicht alle Tage. Und jetzt hatten sie auch noch so ein Monster hier bei Millennium... Der Major konnte sich gut vorstellen das ein Ort wo so viele Vampire herumliefen für die Kleine das Paradies sein musste. Zum Glück konnte man sie fangen bevor sie ernsthaften Schaden hatte anrichten können. Doch was sollte man nun mit ihr anstellen...

„Ich würde sie gerne hierbehalten und näher untersuchen wenn Sie erlauben.“, sprach der Doc das Thema zuerst an und warf seinem Boss einen hoffnungsvollen Blick zu.

„Vielleicht ist sie ja sogar nützlich für uns.“

„Nützlich...“, wiederholte der Major, „hm, kann sein. Meinetwegen machen Sie Ihre Forschungen aber wehe Ihnen das Mädchen bricht aus. Ich will keine weiteren Verluste hinnehmen müssen. Egal wie klein und unbedeutend diese zu sein scheinen. Haben wir uns da verstanden?“

Der Doc nickte entschieden. Daraufhin wurde er durch eine Handbewegung seines Bosses entlassen.
 

Unten in ihrem Gefängnis stand das Mädchen auf dem Kopf. Ihr Gesicht war bereits rot angelaufen doch es interessierte sie nicht. Es war einfach langweilig hier unten in diesem feuchten Loch. Das Einzige was man hier tun konnte war entweder die Wand anzustarren oder im Kreis zu laufen. Beides keine besonders befriedigende Option. Plötzlich sprang oben die Tür auf und fünf bewaffnete Vampire kamen die steinerne Treppe herunter, welche zu ihr hinabführte. Sie stieß sich von der Wand ab und begab sich instinktiv in Abwehrstellung. Die Kerle blieben gut einen Meter von ihr entfernt stehen und richteten ihre Waffen auf sie. Das Mädchen fletschte die Zähne und knurrte. Wie zur Hölle kam jemand auf die Idee ihre Beute mit Gewehren und Munition ausstatten? Das war bieder der Natur und obendrein machte es ihre Aufgabe nicht gerade leichter. Das musste auf den Mist von Menschen gewachsen sein. Wer sonst kam auf solch eine absurde Idee? Als die Vampire ihre Waffen mit einem Klicken entsicherten, zog sie ihre Lippen so weit zurück, das man ihr rosiges Zahnfleisch sehen konnte. Der Geruch von Schweiß der den Vampiren bei diesem Anblick ausbrach, füllte binnen Sekunden den Raum. Noch immer benahmen sie sich wie Kaninchen vor der Schlange und genau da lag ihre Chance. Wenn sie die Hindernisse die ihrer Freiheit im Weg standen überwand und durch die Tür gelangte, könnte sie vielleicht fliehen... Unerwartet setzte sich einer der Vampire todesmutig in Bewegung. Er streckte eine Hand nach ihr aus um nach ihr zu greifen. Das Mädchen entschied sich in Sekundenschnelle für den Angriff. Sie schoss geradewegs nach vorne, bereit ihm die Hand abzubeißen. Ein lauter Knall und der darauf folgende brennende Schmerz welcher ihre Schulter entflammte, ließ sie unwillkürlich aufschreien. Diese Idioten hatten es tatsächlich gewagt abzudrücken. Von der Feststellung beflügelt das sie weder unverwundbar noch Immun gegen Schmerzen war, stürzten sich die Vampire auf das Mädchen. Dieses wehrte sich mit allen ihr zur Verfügung stehenden Kräften. Leider erfolglos. Dennoch hatten ihre Gegner Mühe die wutschäumende Kleine unten zu halten. Als dann auch noch ein ihr wohl bekanntes Individuum auftauchte, nahm sie noch einmal alle Kraft zusammen. Ihr Fuß traf einen der Vampire so hart ins Gesicht, das dessen Nasenbein unter scheußlichem Knirschen nachgab. Es gelang ihr für kurze Zeit freizukommen, doch am Ende nagelte man sie erneut fest.

„Halten Sie sie ja gut fest und passen Sie auf ihre Zähne auf!“, kommandierte der Kerl im Kittel und beugte sich zu ihr hinunter.

„Pass du besser auf deine dreckigen Pfoten auf, niederer Mensch!“, fauchte das Mädchen, das ihr beschlossenes Schweigegelübde diesem Mann gegenüber in diesem Moment völlig vergaß.

Der Mann ignorierte ihre bissige Bemerkung und begann ihren Arm abzubinden. Ihre Augen weiteten sich als sie sah wie er anschließend eine Kanüle mit gefährlich langer Nadel aus den Taschen seines Kittels zu Tage förderte. Er hielt sich nicht damit auf die Punktierungsstelle in ihrer Ellenbogenbeuge zu desinfizieren, sondern stach direkt zu. Sie zischte leise und zuckte zurück, ein sinnloses Unterfangen. Am liebsten würde sie ihn dafür umbringen.
 

Es gelang ihm ganze drei Röhrchen mit dem Blut des Mädchens zu füllen. Dann löste er den Stauschlauch und verstaute seine Beute in der Kitteltasche.

„Ihr könnt sie loslassen.“, meinte er und richtete sich auf.

Die Vampire taten wie ihnen befohlen und der Doc wandte sich ab. Ein Schrei voller Schreck und Schmerz ließ ihn jedoch ruckartig den Kopf wenden. Wie angewiesen hatte man von dem Mädchen abgelassen. Leider kam einer der Soldaten wohl nicht schnell genug außer Reichweite seiner Kiefer. Der Unglückliche zappelte in ihrem Griff, jedoch vergebens. Seine Kameraden wollten ihm zur Hilfe kommen, doch der Doc winkte ab.

„Lasst nur, es ist eh zu spät. Außerdem dürfte ein voller Magen ihr ganz gut tun.“

Er bemühte sich zwar möglichst beiläufig zu klingen, allerdings fragte er sich wie er das dem Major erklären sollte.
 

Kaum hatten alle den Rückzug angetreten, ließ das Mädchen von ihrer Beute ab. Mit wogender Brust und funkelnden Augen starrte sie ihnen nach. Ihr gelüstete es nach Rache. Wie kam dieser Bastard dazu etwas von ihrem wertvollen Blut zu stehlen? Was versprach er sich davon? Das Mädchen senkte den Blick auf ihre Beute herab. Wenigstens etwas Gutes war bei dieser Aktion für sie herausgesprungen. Wie aufs Stichwort gab ihr Magen ein drängendes Knurren von sich. Der herrliche Duft des Fleisches ließ ihren Mund wässern. Ohne noch länger zu zögern, begann sie sich über die Leiche herzumachen. Genau das richtige Verhältnis von Fett zu Muskeln. Kombiniert mit dem süßen Geschmack der Blutgruppe B ergab es ein wahrhaft prächtiges Mahl.

Bei der Hälfte des Vampirs angelangt, besann sie sich. Es konnte gut sein das diese Mahlzeit für längere Zeit ihre Letzte gewesen war. Es wäre sicher sinnvoll etwas davon aufzuheben. Zum Glück wurde ihr Verdauungssystem selbst mit der widerstandsfähigsten Nahrung fertig. Am Ende würde nicht mal mehr Knochen übrigbleiben. Außerdem konnte sie verwestes Fleisch essen ohne sich den Magen zu verderben. Auch wenn es ihr dann nicht besonders schmeckte, aber besser als zu hungern.

Gähnend und mit vollgefressenem Bauch, rollte sich das Mädchen in einer Ecke des Raumes zusammen. Obwohl es ihr nicht wie eine gute Idee vorkam hier zu schlafen, fielen ihr rasch die Augen zu. Wenige Augenblicke später befand sie sich auch schon im Land der Träume.

Kapitel 5

In einem Raum standen mehr als ein dutzend Personen, alle weiblich in unterschiedlichen Altersklassen. Sie drängten sich vor einer Tür die in einen anderen Abschnitt der Hütte führte. Die Frauen und Mädchen sahen sich alle recht ähnlich. Sie waren ein Meer aus pinken, rosafarbenen und lila Haarschöpfen. Nur eines hatten die Anwesenden gemeinsam. Eisblaue Augen, dazu in der Lage einen auf der Stelle einzufrieren. Solch eine Kälte strahlten diese aus. Doch sie leuchteten plötzlich auf, als ein Herz erweichendes Geräusch die angespannte Stille durchdrang, dazu in der Lage selbst das Eis der Seelenspiegel zu schmelzen. Die Schreie eines neugeborenen Kindes. In dem Raum vor dem sich alle scharrten ist ein kleines Wunder geschehen. In einem Bett lag eine junge Frau. Diese war völlig verschwitzt und ihr Schoß voller Blut, doch in ihrem Gesicht konnte man glühenden Stolz erkennen. Die Frau lächelte, als sie in das Gesicht ihres in ihren Armen liegenden Babys schaute. Eine andere, vielleicht doppelt so alte Frau stand daneben und begutachtete die kleine Familie. Ihre Hände waren ebenfalls mit Blut beschmiert, jedoch schien es sie nicht zu stören.

„Wie willst du die Kleine denn nennen, Michelle?“

Michelle sah zu der Alten hoch und lächelte müde.

„Ich dachte an Kimberly.“

Erst ging ein Raunen durch die Menge. Dann brach ein Sturm aus Glückwünschen und Jubel los. Die frisch gebackene Mutter wandte sich wieder ihrem Kind zu und drückte diesem einen Kuss auf die Stirn.

„Herzlich Willkommen in der Familie...kleine Kimberly.“
 

Nach Atem ringend und über und über mit Schweiß bedeckt, riss das Mädchen die Augen auf. Sie lag auf dem Rücken und starrte an die Decke. Nur langsam beruhigte sich ihr Herzschlag. Stöhnend legte sie einen Arm über ihr Gesicht. So einen Traum über ihre Vergangenheit hatte sie schon lange nicht mehr. Schwerfällig erhob sich die nun 16 Jährige Kimberly und schlurfte zu den Überresten ihres gestrigen Mahls, dabei ihre durch den Schuss verletzte Schulter umklammernd. Lustlos und ohne großen Appetit machte sie sich darüber her, bis nur noch das Skelett vor ihr lag. Eigentlich wollte sie gar nicht so viel essen, doch es half nichts. In Zeiten wie diesen musste sie stark bleiben. Und wer wusste schon was diese Typen noch mit ihr vor hatten... Ein Räuspern riss Kimberly aus ihren Gedanken. Sogleich baute sie sich instinktiv vor dem Knochengerüst auf und knurrte drohend.

„Hey hey, ganz ruhig. Wir wollen doch vernünftig bleiben.“

Der Katzenjunge löste sich aus dem Schatten und kam mit den Händen in den Taschen seiner Shorts auf sie zu.

„Hau ab! Verschwinde!“, fauchte sie und fletschte die Zähne.

Sie wollte ihn nicht hier haben. Am Ende kam er mit der Absicht ihr die Beute abzunehmen. Das konnte sie nicht zulassen, auch wenn es nur noch Knochen waren. Schließlich steckte auch in diesen noch etwas Nahrhaftes. Doch der Junge schien keineswegs beeindruckt von ihrem Gebaren. Viel mehr wirkte er gelangweilt.

„Die Soldaten kannst du mit deinem Verhalten vielleicht beeindrucken. Aber nicht mich. Immerhin scheine ich nicht auf deinem Speiseplan zu stehen.“

Frech ließ sich der Junge auf dem Boden nieder und rieb sich in Katzenmanier mit geballter Hand hinter dem linken Katzenohr. Ein kaum hörbares Miauen entfloh dabei seinem Mund und sein anderes Ohr zuckte leicht. Kimberly wäre ihm am liebsten an die Kehle gesprungen, rührte sich jedoch nicht. Misstrauisch beobachtete sie ihn wie er in aller Seelenruhe dasaß und es sich gemütlich machte. Was zur Hölle hatte so ein Kind in einer Gruppe Vampire zu suchen? Der war doch sicher nicht älter als sie selbst.

„Also... Wo waren wir beim letzten Mal stehengeblieben? Ach ja! Ich hatte dich nach deinem Namen gefragt und du hast mir keine Antwort gegeben. Deshalb noch einmal von vorne. Mein Name ist Schrödinger und wie heißt du?“

Mit großen rosa Augen blickte er zu ihr auf. Kimberly knurrte unwillig und blieb ihm eine Antwort schuldig.

„Ach komm schon! Du kennst meinen Namen doch auch. Es ist ein Gebot der Höflichkeit das wenn der Eine sich vorstellt, der Andere es auch tut. Also verrate mir deinen Namen. Biiitte!“, quengelte Schrödinger.

Kimberly verdrehte genervt die Augen. Das war doch einfach lächerlich. Aber wahrscheinlich war das die einzige Möglichkeit diese Nervensäge loszuwerden.

„Wenn ich dir meinen Namen verrate... Wirst du mich dann ENDLICH in Ruhe lassen?“, fragte sie.

Der Katzenjunge nickte eifrig.

„Mein Name ist Kimberly. Und jetzt lass mich in Ruhe!“

„Kimberly... Ne, das gefällt mir nicht. Ich denke ich nenne dich einfach...Kim. Was hältst du davon?“

Die kurzerhand auf ihre Kurzform gestutzte Kimberly schnaubte durch ihre Stupsnase und wandte sich ab. Spitznamen hatte sie schon immer gehasst. Und was tat dieser Idiot? Entschied einfach sie schlicht Kim zu nennen. Sollte er es jemals wagen aus Kim einen Kosenamen wie Kimmi zu machen, würde sie ihn umbringen. Das Mädchen warf einen Blick über ihre schmale Schulter. Zu ihrer großen Zufriedenheit war von dem Jungen tatsächlich nichts mehr zu sehen. Nur sein Geruch hing weiterhin in der Luft und erinnerte an seine Anwesenheit. Sie schlurfte zur Wand und ließ sich in einer Ecke nieder. Sie grub die Zähne fest in ihre Unterlippe, als mit einem Mal ein heißer Schmerz in ihre Schulter schoss. Diese verfluchten Bastarde! Mit geschlossenen Augen tief durchatmend, bohrte sie ihre Finger in die Wunde um nach der Kugel zu tasten. Inzwischen biss sie so hart auf ihre Unterlippe, das Blut über ihr Kinn strömte. Endlich fanden ihre Finger den Übeltäter. Mit einem unterdrückten Schrei entfernte Kim die Kugel. Anschließend lehnte sie sich keuchend und zitternd an die Wand.

„Ich werde euch alle töten... Alle miteinander.“, zischte sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

„Das schwöre ich.“
 

Der Doc saß in seinem Labor vor dem Bildschirm und biss in sein karges Mittagessen. Seit knapp zwei Stunden saß er nun schon dort und beobachtete das Mädchen. Erst geschah gar nichts, doch inzwischen war sie putzmunter. Als Schrödinger plötzlich unten auftauchte, dachte er schon bald ein weiteres Opfer beklagen zu müssen. Im Falle dieses Bengels kein sonderlich großer Verlust, zumindest von seiner Warte aus betrachtet. Zu seiner Überraschung blieb sie für ihre Verhältnisse ziemlich gefasst. Er dachte darüber nach das die Tatsache das Schrödinger nicht zu ihrer bevorzugten Beute gehörte etwas damit zu tun hatte. Kaum verschwand der Neko wieder, kauerte sie sich an der Wand zusammen. Mitten im Kauen hielt der Doc inne und beugte sich weit vor.

Ihre Muskeln kontrahierten sichtlich und sie biss sich auf die Unterlippe. Dann griff sie an ihre Schulter. Erst konnte er nicht genau sehen was sie tat, doch schließlich zog sie ihre blutverschmierte Hand zurück. Rasch wechselte der Doc auf die Großansicht damit er sehen konnte um was es sich handelte. Jetzt erkannte er auch das Objekt welches sie zwischen den Fingern hielt. Es handelte sich um eine Kugel die zweifelsohne vom Gewehr aus dem Besitz eines der Soldaten stammte. Mit einem Seufzen schüttelte er den Kopf. Unter diesen unhygienischen Umständen solch eine Aktion durchzuführen war unklug. Dabei konnte sie sich offenbar nicht selbst regenerieren. Kurz entschlossen erhob er sich und begab sich mit einem Verbandskasten bewaffnet zu ihrer Zelle. Noch immer saß sie an der Wand, die Augen geschlossen. Ein Verdauungsschläfchen, schoss es ihm durch den Kopf. So leise wie möglich ging er an ihrer Seite in die Hocke und klappte den Verbandskasten auf. Nervös warf er einen Blick auf das Mädchen. Dieses rührte sich keinen Zentimeter, ihre Brust hob und senkte sich gleichmäßig. Der Doc atmete tief durch um sich zu beruhigen und holte als erstes das Desinfektionsmittel und einen Tupfer hervor. Vorsichtig tränkte er diesen mit der scharf riechenden Flüssigkeit. Mit zitternder Hand führte er die Watte an die Schusswunde. Was dann geschah erschreckte ihn zu Tode. Alles ging blitzschnell. Das Mädchen riss die Augen auf und drehte ruckartig den Kopf in seine Richtung. Gefährlich scharfe Zähne blitzten bedrohlich auf, dann drehte sich seine Welt. Hart schlug er mit dem Rücken auf den Boden auf und stieß sich den Kopf. Weiße Punkte tanzten vor seinen Augen und ein zugegeben kaum zu merkendes Gewicht senkte sich auf seine Körpermitte. Bevor er wusste wie ihm geschah, schlossen sich Hände um seinen Hals. Das Mädchen saß auf ihm und starrte mit emotionslosem Blick auf ihn herab.

„Warum denkt ihr Menschen ihr wärt so überlegen? Ein Vampir oder Werwolf hätte gleich bemerkt was ich vorhabe. Hätte die lauernde Gefahr gewittert.“

Sie legte den Kopf schief.

„Ihr Menschen seit echt seltsam. Eigentlich könnt ihr gar nichts Besonderes...ihr denkt nur das ihr das könnt.“

Der Doc blinzelte dumpf. Ihm fiel nicht ein was er darauf erwidern sollte. Doch sie schien auch kein Wort von ihm zu erwarten. Stattdessen zuckten ihre Mundwinkel zu einem Lächeln.

„Ich wette Sie wollen wissen was ich bin. Was es mit mir auf sich hat.“

Unerwartet erhob sie sich von ihm und schlenderte in den Raum hinein. Vorsichtig setzte der Doc sich auf. Noch immer drehte sich alles. Dennoch schaffte er es schließlich den Mund auf zu bekommen.

„Du wirst es mir sicher nicht verraten, oder?“

Das Mädchen blieb stehen und sah ihn über ihre Schulter hinweg an.

„Was denken Sie denn? Das ich mich mit Ihnen hinsetzen und ein Schwätzchen halten würde?“

Sie lachte schrill und schüttelte den Kopf.

„Nein nein, ich habe etwas ganz anderes vor. Ich werde Sie nämlich gleich töten.“

Das Mädchen bleckte grinsend die Zähne und stürzte voran. Er sah es wie in Zeitlupe. Sein Ende war nahe, jeden Moment würde sie ihre Zähne in ihn schlagen. Kurz vor dem Ziel warf sich jemand dazwischen.
 

Kim wurde von den Füßen gerissen. Starke Arme umfingen ihren Körper und hielten sie fest. Sie schrie und kämpfte gegen den Griff des Fremden der sich so frech einmischte. Sie wollte diesen verdammten Menschen umbringen, ihm seine Eingeweide herausreißen und über dem Boden verteilen. Kim begann erst recht zu toben als ihr Opfer sich rasch außer Gefahr flüchtete. Sie riss sich von den Armen los die sie umklammerten und fuhr mit gefletschten Zähnen zu dem Störenfried herum. Mit gespreizten Beinen und geballten Fäusten stand sie ihm gegenüber. Ihre eisig blauen Augen trafen auf feuriges Rot das unter einem Schopf weißblonden Haares hervorleuchtete. Sie schnupperte in der Luft und nahm seinen Geruch auf. Ihre Stirn legte sich in Falten und sie zog die Nase kraus. Dieser Geruch erinnerte sie an nichts was sie kannte. Kimberly meinte so etwas noch nie gerochen zu haben. Der Mann der da mit einer Größe von gut und gerne 1,90 vor ihr aufragte, trug einen grünen Mantel mit hohem Kragen der beinahe die Hälfte seines Gesichts bedeckte und eine grüne Mütze. Erst jetzt fiel ihr Blick auf die beiden Waffen die gut sichtbar in seinem Gürtel steckten. Umgehend begann sie aus tiefster Kehle zu knurren und sämtliche Muskeln anzuspannen. Als ihr Gegenüber mit den Händen Richtung Waffen zuckte, schwoll ihr Knurren zu einem unheilvollen Grollen an. Ihre Augen funkelten mörderisch. Sie war bereit zu kämpfen, falls er beabsichtigte sich mit ihr anzulegen. Zu ihrer großen Überraschung zog er zwar tatsächlich die Waffen, beugte sich dann jedoch herab und legte beide vor sich auf den Boden nieder. Anschließend richtete er sich auf und breitete die Arme aus, wie um zu zeigen das er nichts anderes bei sich trug das ihr schaden könnte. Dabei erwiderte er furchtlos ihren Blick. Kim starrte ihn an, schaute zu seinen Waffen und wieder in sein Gesicht. Dieses blieb ausdruckslos. Sie zögerte einen Moment und entspannte sich schließlich etwas. Er schien nicht zu beabsichtigen ihr etwas anzutun, also wandte sie den Blick von ihm ab. Irgendwie beruhigten seine Ausstrahlung und sein Geruch ihr aufgehitztes Gemüt. Als er sich jedoch in Bewegung setzte, versteifte sie sich wieder und hob leicht die Oberlippe um Zähne zu zeigen. Doch der Mann ging an ihr vorbei und nahm den Verbandskasten an sich. Er sah sie an und machte eine auffordernde Geste mit der Hand. Sie sollte sich hinsetzen? Kim legte den Kopf schief. Was sollte das werden? Der Mann wiederholte die Geste, sie war dieses Mal dringlicher. Unwillig folgte sie seinem Wink und ließ sich an der Wand nieder. Er kam zu ihr und ließ sich an ihrer Seite in die Hocke sinken. Er legte ihre geschundene Schulter frei und tränkte etwas Watte mit Desinfektionsmittel. Mit ruhiger Hand begann der Fremde behutsam die Wunde zu desinfizieren. Kim zischte durch zusammengebissenen Zähnen. Am liebsten wäre sie zurück gezuckt oder hätte seine Hand weggeschlagen. Doch sie riss sich zusammen. Er schien schließlich nur helfen zu wollen und war definitiv kein Mensch. Kurz, ihre Lust ihn anzufallen war mehr als gering. Ungeduldig wartete sie bis er ihr einen Druckverband angelegt hatte und brachte sofort Abstand zwischen sich und ihn. Seelenruhig packte der Mann alles zusammen und klemmte den Verbandskasten unter den Arm. Nachdem er seine Waffen aufgehoben und sicher wieder im Gürtel verstaut hatte, ging er zur Treppe die nach oben zur Tür der Zelle führte. Bevor er endgültig verschwand, kreuzten sich ein letztes Mal kurz ihre Blicke. Kim spürte wie ihr ein Schauer übers Rückgrat strömte. Noch eine ganze Weile starrte sie ihm nach, dann schüttelte sie rasch den Kopf. Sich über diesen Typen den Kopf zu zerbrechen brachte sie in der vorherrschenden Situation nicht weiter. Kimberly seufzte und rollte sich auf dem unbequemen Boden zusammen. Mit geschlossenen Augen schnupperte sie. Noch immer hing sein Geruch schwer in der Luft und machte es ihr unmöglich Ruhe zu finden. Sie wälzte sich eine gefühlte Ewigkeit von einer Seite auf die andere ohne in den Schlaf zu finden. Als sie endlich einschlief, war ihr Schlaf voll wirrer Träume in denen der Fremde stets die Hauptrolle spielte.

Kapitel 6

Kaum trat der Hauptmann aus der Zelle, wurde er recht unfreundlich vom Doc begrüßt.

„Hauptmann! Das war ziemlich dumm und außerdem gefährlich! Wenn dieses Monster Ihnen etwas angetan hätte...wie hätte ich das dem Major beibringen sollen?“

Innerlich verdrehte der Hauptmann die Augen. Wofür hielt der Doc ihn eigentlich? Als wäre er nicht dazu in der Lage auf sich selbst aufzupassen. Er war ein Werwolf verdammt und kein Hündchen! Außerdem, wer von ihnen war wohl leichtsinnig gewesen? Der Doc als Mensch spazierte einfach so zu diesem Mädchen hinein ohne jemanden zu seinem Schutz mitzunehmen. Und das obwohl er genau wusste was sie tun könnte und wohl auch fast getan hätte, wäre er nicht durch einen Zufall in der Nähe gewesen. Statt ihm Vorwürfe an den Kopf zu knallen, sollte er ihm lieber danken.

„Das ist aber nicht nett ihn zu schimpfen, Doc. Dabei hat der Hauptmann Ihnen den Arsch gerettet.“

Der Hauptmann zuckte nicht einmal mit der Wimper als Schrödinger so plötzlich aus dem Nichts heraus neben ihm auftauchte. Der Doc hingegen fuhr zusammen.

„Schrödinger! Wie oft habe ich schon gesagt du sollst nicht ständig einfach ohne Vorwarnung auftauchen!“, bluffte dieser mit hochrotem Kopf.

Der Neko zuckte bloß mit den Schultern.

„Dann hätten Sie mich nicht mit der Fähigkeit überall und nirgends zu sein ausstatten sollen.“

Die Lippen des Hauptmanns kräuselten sich versteckt hinter seinem hohen Kragen zu einem Lächeln. Der Kleine war wirklich amüsant wenn er sich mit dem Doc stritt. Schrödinger verlor nie die Fassung und blieb cool, wogegen der Doc jedes mal an die Decke ging. Dieses Spiel spielten die Beiden nun schon seit Jahren. Der Wissenschaftler warf die Hände über den Kopf.

„Du bist wirklich ein hoffnungsloser Fall!“, schimpfte er und stapfte davon.

Schrödingers Ohren sanken herab und er zog eine Schnute. Mit großen Augen blickte er zu ihm auf.

„Hauptmann? Bin ich ein hoffnungsloser Fall?“

Hans sah ihn eine Weile lang an, dann legte er eine Hand auf den Kopf des Jungen und zerwuschelte ihm liebevoll das Haar. Dabei behielten beide Blickkontakt. Nur Sekunden später breitete sich ein Lächeln auf dem Gesicht des Nekos aus. Das war der Vorteil an ihrer Beziehung. Schrödinger verstand ihn auch ohne Worte.

„Das ist lieb, danke.“, schnurrte er und rieb seinen Kopf an der Brust des großen Mannes.

Der Hauptmann tätschelte ihm noch kurz den Kopf und wandte sich dann zum gehen. Schrödinger hüpfte neben ihm her.

„Was halten Sie denn von Kim?“

Der Werwolf runzelte die Stirn. Wer war Kim? Der Neko schien seine Verwirrung zu registrieren, denn er klärte ihn umgehend auf. Der Hauptmann starrte mit leerem Blick nach vorne. Ja, was hielt er von ihr? Schwer zu sagen, er hatte sie schließlich vorhin zum ersten Mal gesehen. Sie schien misstrauisch zu sein und griff den Doc ohne zu zögern an. Er glaubte nicht das in diesem Fall die Nahrungsaufnahme als Motivation im Vordergrund stand. Werwölfe schienen ebenso wenig interessant für sie als Nahrung zu sein. Doch warum hatte Kim dann den Doc angegriffen? Vielleicht sollte er sich die Mühe machen dieses Mädchen besser kennenzulernen...
 

Als Kim am nächsten Abend erwachte, fühlte sie sich wie gerädert. Es kam ihr vor als wäre sie gerade erst eingeschlafen und das war vermutlich auch der Fall. Lustlos schlurfte sie zu den kläglichen Überresten ihres Opfers und begann unzufrieden auf einem Unterschenkelknochen herumzukauen. Frisches Fleisch wäre ihr wesentlich lieber gewesen nach solch einem unruhigen Schlaf. Mit einem Knacken brach sie mit ihren starken Kiefern den Knochen auf um an das nahrhafte Knochenmark heranzukommen. Sie war so mit sich selbst beschäftigt das ihr erst gar nicht auffiel wie jemand ihre Zelle betrat. Erst das Geräusch von Dreck der unter den Sohlen schwerer Stiefel knirschte ließ sie aufschrecken. Der Mann von gestern stand vor ihr und sah auf sie hinab. Kim starrte regungslos in seine roten Augen. Es sah aus als wollte er ihr etwas mitteilen, doch kein Wort kam über seine Lippen. Nach einer Weile wurde es Kim zu blöd.

„Was?!“, fragte sie barsch und erhob sich.

Noch immer gab ihr Gegenüber keine Antwort. Kimberly bleckte knurrend die Zähne.

„Na los, spucken Sie es schon aus! Was wollen Sie von mir?!“

Der Mann hob einen Finger in Richtung Mund und schüttelte dann mit dem Kopf. Kim runzelte die Stirn. Doch schließlich erhellten sich ihre Züge.

„Sie...können nicht sprechen?“

Er nickte. Das erklärte natürlich warum er ihre Frage nicht beantwortet hatte. Aber es klärte keinesfalls was er von ihr wollte.
 

Der Hauptmann fragte sich derweil wie er mit ihr kommunizieren sollte. Sie kannte ihn nicht und wusste daher anders wie die von Millennium nicht wie er tickte. Den anderen Mitgliedern reichten selbst kleinste Gesten um zu wissen was er ausdrücken wollte. Für sie stellte seine Unfähigkeit zu sprechen kein Hindernis dar. Bei Kim war er sich da nicht so sicher.

„Dann haben diese Idioten hier sicher leichtes Spiel mit Ihnen. Da Sie ja nicht widersprechen können. Wie praktisch für die.“

Sie rümpfte angewidert die Nase.

„Macht es natürlich leichter Sie zum Haustier zu machen.“

Bei ihren letzten Worten blitzte etwas in seinen Augen auf. Sie irrte sich. Er war kein verdammtes Haustier. Er war immer noch ein Werwolf, eines der gefürchtetsten Lebewesen das über diese Erde streifte. Unerwartet spannte Kim sich an. Ihre Augen weiteten sich und sie stolperte ein paar Schritte zurück, als hätte sie einen elektrischen Schlag bekommen.

„Was zum... Verschwinden Sie!“, schrie sie plötzlich.

„Lassen Sie mich allein!“

Verwirrt blinzelte er sie an. Was war denn auf einmal los? Erst war sie die Ruhe selbst und fand noch Zeit ihn völlig grundlos zu beleidigen und jetzt...

„Worauf warten Sie noch? Raus!!!“, brüllte sie ihn an und sprang mit gefletschten Zähnen vor.

Nach kurzem Zögern drehte sich der Hauptmann um und stieg die Stufen zur Zellentür hinauf. Bevor er durch die Tür trat, warf er noch einen Blick zurück. Kim stand unten, ihre Brust hob und senkte sich in einem raschen Rhythmus. Ihr Körper schien förmlich zu beben. Kopfschüttelnd verließ er die Zelle und machte sich auf den Weg zu seiner üblichen Arbeit.
 

Kaum vernahm Kimberly wie die Tür ins Schloss fiel, gaben ihre Beine nach. Sie fiel auf die Knie, mit weit aufgerissenen Augen zu Boden starrend. Das konnte nicht wahr sein. Nein, das durfte nicht wahr sein! Nicht jetzt und vor allem nicht hier! Meinte das Schicksal es denn tatsächlich so schlecht mit ihr? Heftig schüttelte sie mit dem Kopf und krallte die Hände in ihr Haar.

„Nein! Nein nein nein! Das darf nicht wahr sein, das darf einfach nicht wahr sein!“

Kim begann langsam zu hyperventilieren. Die Panik überschwemmte sie wie eine gewaltige Welle und riss sie mit sich fort. Dann verwandelte sich diese Panik allmählich in unkontrollierte Wut. Sie sprang auf, rannte auf die Wand zu und zog die zur Faust geballte Hand zurück. Als ihre Faust mit dieser kollidierte, bekam diese Risse welche sich bis zur Decke hinauf ausbreiteten. Etwas Putz bröckelte ab und rieselte zu Boden. Keuchend sank sie auf auf den Hintern und umarmte ihre an die Brust gezogenen Knie. So begann Kim sich vor und zurück zu wiegen. Der Schock über das was passiert war saß tief. Sein Geruch, die Tatsache das sie seine Gedanken hören konnte... Wie sehr Kimberly sich auch dagegen sträubte, sie fand keine andere Erklärung. Und damit lag ihre Welt in Scherben. Wie lange sehnte sie sich jetzt schon danach ihn zu finden und ausgerechnet hier musste er auftauchen. Seufzend ließ sie sich zur Seite fallen und starrte mit leerem Blick an die Wand. Kim fühlte ich entsetzlich schwach und verletzlich. Wie es nun mal in solchen Momenten der Fall war, tauchte jemand auf den man in der Situation mit am wenigsten gebrauchen konnte.

„Guten Abend, Kim.“, flötete Schrödinger.

Kimberly stöhnte vernehmlich auf. Ausgerechnet diese Nervensäge musste hier auftauchen. Sein Timing war wahrlich nicht perfekt. Doch sie nahm sich fest vor wegen dem nicht die Contenance zu verlieren. Das Geräusch von Schritten kam näher und verstummte erst als er direkt hinter ihr stand. Seine Schuhspitze stieß unsanft in ihren Rücken.

„Bekomme ich denn kein 'Guten Abend'? Du bist wirklich ganz schön unhöflich.“, schmollte Schrödinger.

„Dabei bin ich so nett zu dir.“

Kim schnaubte abfällig. Nett? Wohl kaum. Nervig traf es eher. Der Kleine glich einer Zecke, etwas das man nicht haben wollte, sich aber hartnäckig an einem festbiss.

„Erzähl mal, Kimmi. Warum bist du vorhin beim Hauptmann so ausgerastet?“

Kim hörte nur bis zum Ende des ersten Satzes zu. Der Rest ging in einem Rauschen unter das ihr bei dem Namen Kimmi in die Ohren stieg.

„Nenn mich nicht so!“, fauchte sie.

„Wie? Kimmi?“, fragte er neugierig.

Kim verzog das Gesicht zu einer Grimasse und bleckte die Zähne.

„Hör auf!“

Ein Kichern wehte an ihre Ohren.

„Tja, Kimmi. Wärst du etwas freundlicher zu mir gewesen, müssten wir uns nicht über solche Nichtigkeiten streiten. Aber weißt du, Kimmi. Auf der anderen Seite ist das mal etwas Anderes als sich ständig mit dem Doc anzulegen. Denn es ist doch schließlich so, Kimmi...“

Weiter kam er nicht. Kim sprang auf die Füße und stürzte sich ohne mit der Wimper zu zucken auf das Plappermaul. Sie streckte beide Hände aus, bereit ihn zu erwürgen. Kurz bevor ihre Fingerspitzen seine Kehle erreichten, verschwand er plötzlich. Verwirrt warf Kim den Kopf hin und, fand ihn jedoch nirgends. Wie zum Teufel hatte er das gemacht? Jemand tippte ihr auf die Schulter. Kimberly wirbelte herum und sah sich Auge in Auge einem breit grinsenden Schrödinger gegenüber. Unwillkürlich stolperte sie ein paar Schritte zurück und musterte ihn mit in Falten gelegter Stirn.

„Wie hast du das gemacht?“, wollte sie von ihm wissen, nicht ohne gegen ihren Willen beeindruckt zu sein.

Zumindest ein kleines bisschen. Der Neko verschränkte die Arme hinter dem Kopf und grinste weiterhin wie ein Honigkuchenpferd. Seine Ohren zuckten.

„Nun, ich bin halt überall und nirgends.“, erwiderte er geheimnisvoll.

Kim hob daraufhin die Brauen. Was meinte er damit, er sei überall und nirgends? Ihm schien ihre Ahnungslosigkeit zu gefallen, denn er stimmte erneut sein nervtötendes Gekicher an.

„Du schaust niedlich aus wenn du so durcheinander bist.“

Kims Mundwinkel bogen sich nach unten. Nicht genug das diese halbe Portion ihr nun noch dämlichere Spitznamen verpasste, jetzt machte er sich auch noch über sie lustig. Erneut ging sie auf ihn los, jedoch kam es wieder aufs Selbe heraus. Der Neko löste sich in Luft auf und stand oben in der göffneten Tür. Kimberly stürzte sofort los, mit wild klopfendem Herzen der Freiheit entgegen. Kurz vor dem erlösendem Ziel, knallte Schrödinger ihr die Tür vor der Nase zu. Kim stolperte rückwärts. Sie verlor den Halt und stürzte die Treppe hinab. Mit einem dumpfen Geräusch schlug ihr Körper auf dem Boden auf. Eine Weile rührte Kim keinen Muskel. Schließlich setzte sie sich stöhnend auf. Kurz schüttelte sie irritiert den Kopf, dann kam mit einem mal die Wut. Wut auf ihn und noch viel mehr auf sich selbst. Verdammt, das hätte sie kommen sehen müssen! Dieser Bengel machte nichts als Ärger. Unbeholfen kam Kimberly auf die Beine und humpelte zu ihrem Stammplatz an der Wand. Wenn sie hier nicht bald rauskam würde sie noch zum Spielzeug dieses Katzenjungen und des Menschen verkommen. Diese Vorstellung behagte ihr gar nicht. Es musste doch einen Weg geben hier heraus zu kommen... Denn wo bekanntlich ein Wille war, da gab es auch einen Weg.

Kapitel 7

Am nächsten Abend tat Kims gesamter Körper weh. Ihre Gliedmaßen fühlten sich steif an. Sie konnte sich kaum bewegen. Stöhnend setzte sie sich auf. Vor lauter Anstrengung brach ihr der kalte Schweiß aus. Kim wusste sofort wem sie ihren Zustand zu verdanken hatte.

„Blödes Katzenvieh und seine dämlichen Späße.“, murrte Kimberly.

Ein plötzliches Quietschen der Tür ließ sie aufhorchen und ruckartig den Kopf heben. Sofort strömte sein Geruch in den Raum. Ihr Herz machte einen Sprung. Was suchte der denn hier? Kurze Zeit später tauchte tatsächlich der weißblonde Riese unten auf. Seine roten Augen fixierten sie mit unverwandten Blick. Kim selbst starrte bemüht unbewegt seine Erscheinung an. Das was gestern geschehen war schien ihm noch im Gedächtnis zu sein, denn er hielt Abstand.

„Was wollen Sie hier? Ich habe doch klar und deutlich gesagt das Sie sich nie wieder hier blicken lassen sollen.“

Ihr Gegenüber nickte und zuckte anschließend mit den Schultern. Es interessierte ihn also nicht... Mit Mühe kam Kim auf die Beine. Dann musste sie halt dafür sorgen das es ihn interessierte. Zähne fletschend sprang sie ungeachtet ihrer protestierenden Muskeln auf ihn zu.

„Hauen Sie ab!“, spie sie ihm aus Zentimeter Entfernung entgegen und funkelte ihn an.

Er hingegen verzog keine Miene. Als Kim seine Gedanken vernahm, blinzelte sie verwirrt und runzelte die Stirn.

„Mein Name? Wie kommen Sie in dieser Situation dazu mich nach meinem Namen zu fragen?“

Seine Antwort war erneut bloß ein Zucken der Schultern. Kimberly trat kopfschüttelnd ein paar Schritte zurück.

„Sie sind seltsam...“

Einen Augenblick lang zögerte sie.

„Mein Name ist Kimberly. Haben Sie auch einen Namen? Oder muss ich Sie etwa mit Sir ansprechen?“

Dieses Mal schüttelte er den Kopf und antwortete ihr direkt. Kim schnaubte.

„Hans? Was für ein furchtbarer Name. Aber ich schätze für einen Hund ganz passend.“

Auf ihre offene Provokation hin verdrehte er die Augen. Das stimmte Kim zufrieden. So konnte sie ihn also treffen, bei seiner Ehre. Wobei sie sich fragte was es da groß zu verteidigen gab. Vielleicht würde ihn das dazu bringen sich von ihr fernzuhalten.

„Holen Sie eigentlich auch Bällchen und zucken mit dem Bein wenn man Ihre Brust krault?“

Dieses Mal entließ ihr Gegenüber ein Knurren. Doch das reichte ihr nicht! Kim wollte das er wütend wurde, auf sie zustürmte, das wilde Tier das er eigentlich war herausließ. Dann könnte sie ihn vielleicht respektieren und akzeptieren was ihr Instinkt ihr zurief. Doch alles was er tat war sich abzuwenden und auf die Treppe zuzusteuern. Kim fühlte grenzenlose Enttäuschung. Warum benahm dieser Idiot sich wie ein verdammter Schoßhund? Weshalb gehorchte ein Werwolf einem niederen Menschen? Was waren seine Gründe? Noch unerklärlicher waren ihr allerdings die Vorgänge welche im Moment in ihrem Inneren vorgingen. Kaum fiel die Tür hinter ihm ins Schloss, überkam sie jäh das Gefühl der Einsamkeit. Was war nur mit ihr los? Das konnte doch nicht solch eine Auswirkung auf sie haben. Oder doch? Mit einem genervtem Stöhnen raufte sich Kim die pinken Haare.

„Das darf doch alles nicht wahr sein, ich werde noch wahnsinnig!“, schimpfte sie und warf sich auf den Rücken.

Mit wild um sich tretenden Beinen zerrte sie an ihrem Haar und schrie wie am Spieß. Ihr wütendes Gekreische hallte in dem leeren Raum wider. Anschließend musste sie erst einmal tief Luft holen. Mit starrem Blick schaute sie zur Decke hinauf. Das war einfach unfair. Für sie lief im Moment wirklich nichts optimal. Noch dazu begann jetzt auch noch ihr Magen laut zu knurren. Wenn das so weiterging brachten sie diese Typen noch ins Grab.

Kims verhältnismäßig kleiner Körper brauchte eine Menge Energie für die Jagd. Normalerweise verbrachte Kimberly den ganzen Tag damit zu jagen und zu essen. Danach schlief sie um am nächsten Abend den selben Ablauf von vorne zu beginnen. Hier unten schlief sie die meiste Zeit um ihren Hunger zu unterdrücken. Auf die Dauer würde die fehlende Nahrung für sie zum Problem werden. Für ihre Kerkermeister natürlich ein Vorteil aus dem sie einen Nutzen ziehen konnten. Der einzige Grund warum sie diese Karte vermutlich noch nicht ausgespielt hatten, war das die Vampire offenbar wertvoll für sie waren. Aber warum behielt man sie dann hier? Kim vermutete stark das es an dem Mann im Kittel lag. Die Neugierde eines Menschen kannte keine Grenzen. Es könnte gut sein das der Kerl sie erforschen, eventuell auch Macht über sie erlangen wollte. Das sähe Menschen ähnlich. Bei dem Gedanken wurde Kim ganz schlecht. Das Dumme war das sie keine Ahnung hatte wie sie sich dem auf die Dauer entziehen könnte. Wenn sie keine Nahrung bekam würde sie schwächer werden. Wenn sie schwächer wurde sank ihre Widerstandskraft. Wenn das geschah könnte sie sich genauso gut gleich auf seinen Tisch legen. Langsam musste ein handfester Plan her. Leider endete jeder Ansatz damit das sie wieder hier unten landete. Sie kannte das Gebäude nicht, hatte keine Ahnung was für Hindernisse sich ihr in den Weg stellten. Sie musste warten und darauf hoffen das der Mann einen Fehler machte. Mit voranschreitender Zeit wurde es allerdings sicher nicht leichter von hier zu entkommen. Wenn es jedoch stimmte und man sie am Leben halten wollte, musste man ihr irgendwann etwas zu essen bringen. Dann kam es darauf an wer über den längeren Atem verfügte. Stumm betete sie zum Himmel das sie diejenige sein würde...

Kapitel 8

Die nächsten Tage und Nächte zogen sich dahin, zäh wie Kaugummi. Niemand machte Anstalten nach ihr zu sehen. Nicht mal Schrödinger um sie zu nerven und der Werwolf schon gar nicht. Beides war ihr mehr als recht. Obwohl sie sich am dritten Abend dabei ertappte wie sie auf der Suche nach seinem Geruch im Raum umher lief. Am darauffolgenden Tag fiel es ihr schwer einzuschlafen. Des öfteren wechselte sie ihren Schlafplatz und wälzte sich von einer Seite auf die andere. Nach einer Woche ohne Kontakt zu anderen Individuen und ohne Essen oder Trinken, passierte endlich etwas.

Kim hatte sich zunehmend schlecht gefühlt. Die meiste Zeit über schlief sie um ihren stetig wachsenden Hunger nicht zu spüren. Immer wenn sie erwachte, schmerzte ihr Magen so schrecklich, das sie sich mehr als einmal übergeben musste. Ohne Mageninhalt kam nur bittere Galle die ihre Speiseröhre reizte. Kim wurde am Ende dieser Woche durch einen unwiderstehlichen Duft geweckt, der in ihre Zelle drang. Der Geruch ließ ihr das Wasser im Mund zusammenlaufen. Schwerfällig erhob sie sich und trottete die Treppe hinauf. Noch auf der Hälfte des Weges kam ihr die aufkeimende Hoffnung das die Tür vielleicht offen sein könnte, furchtbar naiv vor. Umso größer war ihre Überraschung als diese sich tatsächlich ohne Probleme öffnen ließ. Sie achtete nicht groß auf ihre Umgebung. Traumwandlerisch folgte sie der Duftspur. Langsam wurde der Duft stärker. Sie musste nahe dran sein. Das war perfekt. Erst würde sie die Quelle des Geruchs, sie war sich inzwischen sicher das es sich um Vampirfleisch handelte, finden und sich dann einen Weg in die Freiheit suchen.

Der Duft schien sich zu wandeln. Er wurde saurer und begann mehr zu stinken als wirklich zu duften. Vor einer schlichten Tür hielt Kim inne. Dahinter musste es sein. Sie schluckte den Speichel herunter der sich in ihrem Mund sammelte und drückte dagegen. Die Tür schwang ohne Probleme auf. Vorsichtig spähte sie erst in den Raum, anschließend hinter sich auf den Gang. Niemand zu sehen. Zögernd schlich Kimberly der Quelle des Geruchs entgegen. Das Fleisch lag am anderen Ende des Raums. Fliegen summten über dem Kadaver. Dem Grad der Verwesung nach zu urteilen, musste der Vampir einer von denen sein, die sie zu Beginn ihrer Gefangenschaft tötete. Sie fiel davor auf die Knie und begann damit das verbliebene Fleisch von den Knochen zu nagen. Es schmeckte muffig, doch es war immerhin besser als nichts. Hastig schlang sie Brocken für Brocken hinunter. Sicher blieb ihr nicht viel Zeit. Ein Geräusch ließ Kim zusammenzucken. Sie wirbelte herum und machte einen Hechtsprung Richtung Tür. Ihr Körper prallte gegen etwas Unnachgiebiges. Kimberly landete auf dem Rücken, rappelte sich jedoch sofort wieder auf. Mit den Händen tastete sie über das Glas der Scheibe die sie an der Flucht hinderte. Ihre Finger fanden den Rahmen der gläsernen Tür die sich hinter ihr geschlossen hatte. Sie drückte mit der Schulter dagegen, doch nichts zu machen. Es gab keinen Ausweg. Es dämmerte Kim, was ihr schon zu Anfang hätte auffallen müssen. Sie war geradewegs in eine Falle gelaufen.

„Vielen Dank das du meiner Einladung gefolgt bist.“, ertönte die Stimme des Kittel tragenden Mannes verzerrt über Lautsprecher.

Kims Gesicht verzog sich zu einer Grimasse. Sie rümpfte die Nase und bleckte die Zähne.

„Lassen Sie mich hier raus!“, fauchte Kimberly und warf einen zornfunkelnden Blick in die Linse einer Kamera die in einer Ecke ihres neuen Gefängnisses montiert war.

„Tut mir leid, aber daraus wird nichts.“

Fluchend warf Kim sich mit aller Macht gegen die Tür. Alles was dabei herauskam waren ein Knirschen ihrer Schulter, gefolgt von rasenden Schmerzen. Dennoch gab Kim nicht auf. Immer wieder rammte sie ihren Körper mit voller Wucht gegen das Glas. Nichts geschah.

„Du solltest wirklich damit aufhören und dich beruhigen. Iss, du wirst Kraft brauchen.“

Mit einem Knacken wurde die Verbindung getrennt. Kimberly dachte nicht daran. Sie versuchte nun mit den Finger in den Spalt zwischen Tür und Rahmen zu gelangen. Als sie merkte das es nicht klappte, gab Kim frustriert auf. Sie verzog sich in eine Ecke, ohne den Rest der Leiche anzurühren. Still saß sie da, die Arme um ihre an die Brust gezogenen Knie geschlungen. Ihr Kopf lehnt an der Wand hinter ihr. Sie ärgerte sich über sich selbst. Warum hatte sie die Falle nicht erkannt? Es war doch mehr als offensichtlich gewesen. Sie konnte es sich nur so erklären, das ihre Instinkte einfach durchschlugen und ihr rationales Denken überschatteten. Letzten Endes hatte es ihr nichts gebracht. Noch nicht mal ihr Magen gab Ruhe. Es wurde schlimmer als besser.

Das Geräusch einer aufspringenden Tür ließ Kim die Ohren spitzen. Drei Männer traten nacheinander ein. Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen. Zwei von ihnen kannte sie. Bei diesen handelte es sich um den Doc und den Werwolf. Der dritte Mann war ihr, kaum betrat er den Raum, schlagartig unsympathisch.

Klein und stämmig, blondhaarig und mit Brille. So ziemlich das Gegenteil seiner Begleiter. Dennoch nahm seine Präsenz, auch wenn er von unscheinbarer Gestalt war, den ganzen Raum ein.

Die Härchen in ihrem Nacken stellten sich auf. Sein Geruch kitzelte unangenehm in ihrer Nase. Kim konnte sich nicht entscheiden wer mehr stank. Der Doc oder dieser Typ. Ihre Besucher stellten sich in einer Reihe vor der gläsernen Barriere auf. Der Dicke musterte sie mit intensivem Blick. Kimberly starrte regungslos zurück. Sie blinzelte nicht einmal. Nach einer Weile kräuselte ein Lächeln seine Lippen.

„Das ist sie also, Doc.“

Der Doc nickte knapp.

„Ja...das ist Kim.“, erwiderte er.

„Sieht ja nicht wirklich bedrohlich aus.“, bemerkte der Fettsack und trat näher.

Kim schnellte aus ihrer defensiven Haltung heraus nach vorne. Ihr Angriff endete nur knapp einen Meter vom Glas entfernt. Mit gefletschten Zähnen und gesträubtem Haar funkelte sie ihn an. Anstatt zurückzuweichen, begann der Mistkerl zu lachen. Kim fauchte wie eine wütende Katze. Was bildete sich dieser Mensch ein über sie zu lachen. Wäre kein Glas zwischen ihnen, könnte sie ihm ohne Mühe den Kopf abreißen. Und diesem Idioten fiel nichts Besseres ein als zu lachen.

„Wunderbar! Diese Angriffslust und Aggressivität. Ich bin sehr gespannt darauf mehr zu sehen.“

Der Mann grinste glücklich. Kim verstand kein Wort. Wovon redete er? Was sollte das heißen, er wäre gespannt darauf 'mehr' zu sehen? Er wandte sich ab.

„Doc! Sorgen Sie dafür das unser junges Fräulein morgen bereit ist. Ich möchte sehen was sie kann.“

Mit diesen Worten schritt er aus dem Raum.
 

Der Doc seufzte und fuhr sich durchs Haar. Zweifelnd betrachte er die verwirrt blinzelnde Kim. Er bezweifelte stark das sie ohne weiteres mitspielen würde. Es grenzte ohnehin an ein Wunder das sein Plan sie hierher zu locken aufgegangen war. Zur Sicherheit waren alle Vampire dazu angehalten worden, sich nicht in dem Bereich des Quartiers aufzuhalten, den sie passieren musste. Zweifelsohne hätte sie dann den Leichengeruch ignoriert und wäre auf die Jagd nach frischer Beute gegangen. Trotzdem war ein Restzweifel geblieben. Zum Glück lief alles so wie er es sich vorstellte. Jetzt musste Kim morgen nur noch so freundlich sein ihnen eine Vorstellung ihrer Fähigkeiten zu liefern. Was das anging hatte der Doc jedoch wenig Hoffnung. Was soll's, dachte er und verließ ebenfalls den Raum.
 

Einzig Hans dachte nicht daran zu gehen. Zuerst musste er Kim begreiflich machen das sie morgen bloß keine Zicken machen durfte. Das könnte mitunter tödlich enden und er wusste nicht wie viel ihr schmächtiger Körper aushielt. Er trat näher ans Glas.

'Tu dir selbst einen Gefallen und spiele morgen mit.'

Kimberly hob den Kopf und sah ihn an. Ihr Blick sprach Bände.

'Ich weiß, du willst nicht, aber...'

„Seien Sie ja still!“, unterbrach sie ihn mit funkelnden Augen.

„Verschwinden Sie!“

Kimberly drehte sich um und trat vor den Kadaver. Sie ging auf die Knie und begann wütend das restliche Fleisch von den Knochen zu reißen. Der Hauptmann sah ihr eine ganze Weile lang zu, bevor er dem Major und dem Doc nach draußen folgte. Er wusste genau das Kim nichts auf seine Meinung gab. Aber mehr als sie zu warnen konnte er nun mal nicht tun. Es gab keinen Weg wie er sie zwingen könnte. Sein Blick verfinsterte sich. Schon morgen würde Kim auf die harte Tour lernen das Widerstand nichts brachte. Blieb nur zu hoffen das sie diese Spezialbehandlung aushielt.



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Kommentare zu dieser Fanfic (4)

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Von:  fahnm
2016-07-09T17:03:57+00:00 09.07.2016 19:03
Eine Tolle Story.
Freue mich schon aufs nächste kapitel
Von:  fahnm
2016-02-15T06:43:34+00:00 15.02.2016 07:43
Die Story gefällt mir.
Ich bin gespannt wie es weiter gehen wird.
Von: abgemeldet
2016-02-05T18:37:43+00:00 05.02.2016 19:37
Fantastisch, find ich echt super!
Werd mal auf fanfiktion.de reinschaun, die Neugier bringt mich um ;)
Von:  fahnm
2016-02-02T21:19:27+00:00 02.02.2016 22:19
Spitzen Kapitel
Mach weiter so


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