Zum Inhalt der Seite

Virus

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
halli-hallo-hallöchen =) es ging dieses mal ziemlilch flott und herzlichen dank für die kommentare aus dem prolog und die vielen favos :3 das hat mich wahnsinnig gefreut. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
ein wirklich sehr kurzes kapitel, aber leider hab ich nicht mehr geschafft :/ viel passieren wird auch nicht =D aber... ich bin optimistisch was das nächste kapitel angeht =)

ich hoffe dennoch es macht euch freude

Ungebetat Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
da ist es =) eigentlich wollte ich erst sonntag was neues abtippen.. aber irgendwie ist es einfach so über mich gekommen :D
ich denke, ihr werdet da sicher nix dagegen haben ;)

ich hoffe es macht euch spaß, dass kapitel zu lesen! :o
danke für die zahlreichen kommentare aus dem letzten kapitel. <3 sie haben mich motiviert und meine muse geküsst :D

ich wünsch euch viel spaß Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
ungebetat - dennoch viel spaß :D ich hoffe, ich bringe euch hin und wieder zum lachen oder wenigstens zum lächeln ;) ein schmunzeln ist auch ok.

vielen dank für die zahlreichen aufnahmen in euren favo-listen und ein noch größerer dank an alle kommentatoren! es freut mich eure gedanken zu den jeweiligen kapitel zu lesen. es motiviert mich sehr.

genug geplapper, viel spaß mit dem neuen kapitel Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
hallihallo-hallöchen =)
hat ja fast schon ne halbe ewigkeit gedauert :D

ich möchte hiermit bekanntgeben, dass ich eine tolle zauber-beta gefunden hab, die es tatsächlich schafft, die wortkotze in ein grammatikalisch korrektes deutsch zu setzen (und glaubt mir, es war für mich selbst erschreckend, als das erste verbesserte kapitel eintrudelte und ich sah, was überhaupt alles total falsch war ....
verzeih mir, liebe morgi :3
es macht wahnsinnig freude, mit dir zu schreiben und ich muss hier wirklich anmerken, dass du in diesem kapitel meine muse warst :)
ich bin froh, dass du über meine story gestolpert bist und dich ins unbekannte naruto-gewässer gestürzt hast, ohne zu zögern :D und dann noch so schöne und motivierernde kommentare verfasst hast =)
herzlichen dank für deine mühen und die ganze hilfe, die du mir zukommen lässt.

(die kapitel sind schon alle fertig ge-betat. ich muss es nur noch übertragen :) )

nichtsdestotrotz wünsch ich euch nun allen viel spaß beim lesen <3 Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
abgemeldet vollbringt Wunder.
Sie inspiriert mich, bringt mich bei den tausend ENS zum Lachen und tötet alle Fehler, die sich während dem Tippen einschleichen.
Sollten hier jetzt noch Fehler auffindbar zu sein, nehme ich das auf meine Kappe ;)

Herzlichen Dank meine Liebe. Ich hoffe, wir verbringen noch ganz viele Kapitel miteinander und selbst wenn das hier irgendwann mal zuende ist (und das Ende steht zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht fest :D) ...



Ich wünsche allen Lesern viel Spaß!


Wer Lust aufs Hörspiel hierzu hat: bitte einfach nochmal kurz bei der Kurzbeschreibung vorbei schauen :), auf den Link klicken und einer sympathischen Leserin dieser Story lauschen. Herzlichen Dank für deine Mühen, liebe Miss_Uchiha-Lorenor
! Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
jaja, da bin ich schon wieder.
ich muss hier nur wieder betonen, wie froh ich bin, dass meine liebe beta so ein fleißiges und motivierendes, süßes ding ist :)
ohne sie müsstet ihr sicher länger warten :)

nichtsdestotrotz wünsche ich euch allen viel vergnügen beim lesen. das nächste chapter steht schon so gut wie in den startlöchern :) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
also das nenne ich mal ne anständige länge oder? :D
ich bin selbst ganz überrascht davon.

dieses kapitel ist noch nicht korrigiert. meine liebe beta ist nämlich im urlaub :)
wer also fehler findet, beschwert sich bei mir :D das war dann definitiv mein verschulden.
es kann natürlich sein, dass nachträglich änderungen stattfinden werden.


nichtsdestotrotz... ich hoffe, dass kapitel gefällt euch :) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
halli-hallo-hallöchen :)

vielen dank für das überwältigende feedback im letzten chapter. es hat mich wahnsinnig gefreut. :)

ein großes danke auch an all eure anteilnahme und euer verständnis für die wartezeit.

ich wünsche euch nun viel spaß beim kapitel :) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
hallöchen alle zusammen :)

endlich geht es weiter und ich gestehe, dass ich mich hiermit etwas schwer getan hab.
ich hoffe, es gefällt euch dennoch! Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
hallo zusammen,

ich bin ganz baff, wie viele neue favo-einträge es gab ^//^
herzlichen dank für die kommentare zum letzten kapitel und auch über jede ens, die mir eintrudelte, hab ich mich gefreut.

das dickste danke geht an meine musen.
außerdem hat meine beta mal wieder nen richtig guten job gemacht ;3
und ratzfatz hat sie dieses chapter korrigiert. wenn das nich mal einen applaus wert ist?

aber nun ende mit meinem geplapper. viel spaß ;3 Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
hallo zusammen :)

ich hab mich mal wieder etwas "schwerer" getan, was das abtippen des kapitels angeht. aber das liegt wohl daran, dass ich schon ganz hibbelig bin, wenn ich ans neuste chapter denke :D
und bei dem sind schon mindestens 200 wörter auf papier gebracht!

dieses kapitel wurde noch nicht gebetat - wird aber definitiv nachgeholt.
ich möchte euch nur nicht so lange warten lassen, deshalb verzeiht meine fehlerchen.
meine liebe morgi wird die zauberkünste walten lassen, sobald das leben sie lässt :)

wünsch euch viel spaß ;3

- übrigens noch ungebetat Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
hallihallohallöchen,

da hat es dieses mal ja gar nicht so lange gedauert. ein xxl danke wie immer an meine lieben musen, die mich schon inspirieren, wenn sie mir ne ens schicken ;D

vielen dank an die vielen neu dazu gekommenen favo-einträgen + abos! wahnsinn. ich fühle mich sehr geschmeichelt :3

ich wünsch euch viel spaß beim kapitel.
(bitte beachtet, dass es noch ungebetat ist / meine beta-fee wuselt schon bald mit ihrem zauberstab drüber) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
tadaaaa~
da ist es: das letzte kapitel in 2015!
aber keine sorge, im januar geht's dann hoffentlich schon weiter ;)

(oh und natürlich hab ich morgen früh dann eine kleine weihnachtsüberraschung, also seid wachsam) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Guten morgen meine lieben,

hier ist die bereits die angekündigte Überraschung *konfetti schmeiß*

lehnen wir uns doch mal alle zurück und schauen uns an, wie sasuke überhaupt zum onlinedating kam ;D
es hat wahnsinnig viel spaß gemacht, aus seiner sicht zu schreiben und ich hoffe, ihr mögt ihn so (und naruto)

damit verabschiede ich mich von euch und dem jahr 2015 auf animexx.

wir sehen uns 2016! hoffentlich alle gesund und munter und reicht beschenkt. :3

vielen dank schon jetzt für die kommis zum letzten chapter. :3

have fun! Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
weil animexx mich und meine liebe Beta wohl ärgern will, ist dieses kapitel ungebetat. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
hello,

einige wissen das ich von einem kreaTief geplagt wurde. umso erfreuter war ich über die positive reaktion bei den tollen ENS-gesprächen, die ich in der letzten zeit hatte.
das hat mich motiviert und inspiriert.

das kapitel ist ungebetat, wird aber nachgeholt.
ich will euch nicht länger warten lassen >.<

viel vergnügen Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Prolog


 

Liebe ist wie ein Virus.
 

Es ist egal wie alt man ist, wie lange man bereits das Single-Dasein pflegt oder wie oft man mit gebrochenem Herzen durch die Welt geschritten ist, es wird immer eine Chance geben, dass Mr. oder Mrs. Oh-Verdammt-Nochmal-Richtig einfach um die Ecke spaziert.

Und mal ehrlich, es ist doch eigentlich total unwichtig, wie man aussieht, wie alt man ist, denn es ist nie-nie-nie zu spät, sich zu verlieben.
 

Ganz deutlich ist das für mich an meiner Großmutter erkennbar, die vor kurzem damit begann, einen 90-jährigen Herrn zu daten. Sie ist 84. Und für 84 ist sie verdammt scharf. Oder mein Nachbar. Nach einem hundsmiserablen Date, kontaktierte ihn doch tatsächlich eine ehemalige Klassenkameradin. Sie trafen sich und er schwärmt noch immer davon, wie überaus schüchtern sie war, dabei aber so zuckersüß, dass er sie sogar bei der Verabschiedung nicht alleine lassen wollte und sie tatsächlich fragte, ob er nicht noch mit rein könne. Nicht um mit ihr zu schlafen, sondern vielmehr um mit ihr die ganze Nacht zu reden, zu lachen und sich wohl zu fühlen. Es funkte zwischen ihnen und ganz schnell war er sogar ihr erster Kuss, und das mit 34 Jahren. Dann zogen sie zusammen und er heiratete sie. Das ist jetzt vier Jahre her und sie schauen sich noch immer mit diesem gewissen Leuchten in den Augen an.

Meine Cousine verliebte sich auf einem vierstündigen Flug, den sie aufgrund einer Geschäftsreise auf sich nehmen musste. Sie sprach die ganze Zeit mit ihrem Sitznachbarn und sie tauschten am Flughafen die Nummern. Sie erzählt noch heute immer wieder davon, wie sie mit sich selbst haderte, ob sie ihm schreiben oder es doch lieber lassen solle. Immerhin meldete er sich nicht bei ihr. Bis sie sich durch Zufall nur eine Woche später auf dem Rückflug in derselben Sitzreihe befanden. Sie warf ihre Zweifel über Bord, als er sie mit diesem besonderen Lächeln zu einem gemeinsamen Essen einlud. Jetzt sind sie verlobt.
 

Was spricht also dagegen, dass ich mich mit 26 Jahren in eine Internetbekanntschaft verliebe?
 

Liebe kann jedem passieren. Ganz unverhofft und plötzlich und mit all dem Kribbeln und Verrückt werden vor Glücksgefühlen; und von dem ganzen Hin und Her im Bauch wird dir ganz schwummrig und… hach. Was erzähle ich auch. Liebe passiert. Das weiß ich.
 

Denn mir ist sie passiert.

Auch wenn meine ganze Familie und meine Freunde völlig anderer Meinung sind. Weil es nicht möglich ist, sich in eine Person zu verlieben, die dir völlig fremd ist, die du nie gesehen hast und nie direkt vor dir stehen hattest.
 

Menschen fühlen sich in der Regel vom jeweils anderen angezogen, aufgrund gemeinsamer Ideen, Lebensträume und ähnlicher Wertvorstellungen.
 

Für all das ist es aber nicht zwingend notwendig, dass Person A und B sich direkt gegenüber stehen. Egal welches Medium genutzt wird, ob per direkter Rede oder Chat oder Voicemails… das hat nichts damit zu tun, ob die Liebe kommt oder nicht. Es gibt keine Standards und es gibt keine Vorschriften, wenn es um das geht.
 

Ich glaube, ich hätte niemals eine so tiefe und emotionale Ebene mit ihm erreichen können, wäre ich ihm auf der Straße begegnet. Man kann sogar behaupten, dass kein face-to-face-Kontakt gewisse Vorteile mit sich bringt. Immerhin wird man schon nicht nur aufs Äußere reduziert und man lernt sich im Vorfeld auf einer ganz anderen Ebene kennen.
 

Aber es gibt durchaus einen bitteren Beigeschmack an der ganzen Sache.

Liebe ist wie ein Virus.

Sie kommt plötzlich und manchmal verschwindet sie genauso schnell und dann tut es weh. Dann schmerzen alle Glieder und das Herz zieht sich zusammen und in den Augen brennen die Tränen, während Magensäure gluckernd deine Speiseröhre verätzt.
 

Alles ist echt. Nichts ist erfunden.
 

Ich habe mich verliebt. Ein Virus hat dafür gesorgt, dass ich mich verliebt habe.

Und irgendwie fand ich den Virus im Netz…

„Muss das sein, Ino? Ich habe wirklich überhaupt keine Lust dazu“, entfuhr es mir. „Ich habe wirklich Besseres zu tun, als … was genau soll das überhaupt sein?“

Ein Lachen entkam ihrer Kehle und routinemäßig warf sie ihr langes, blondes Haar über die Schulter. Kichernd rieb sie sich die Hände, ließ sich entspannt auf dem braunen Ledersofa nieder und lehnte sich über meinen Laptop.

„Schätzchen, ich hab dir doch gesagt, dass es endlich Zeit wird, dass wir dein Leben verschönern. Und wenn es im Real Life nicht wirklich klappt, müssen wir eben andere Geschütze auffahren“, antwortete sie und fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen.

Ich schnalzte und verschränkte abwehrend meine Arme vor der Brust. Dabei pustete ich mir genervt die Ponyfransen aus dem Gesicht.

„Ino, ernsthaft. Was soll im Real Life“, ich verdrehte die Augen, „bei mir nicht klappen? Ich bin glücklich.“

Sie schüttelte energisch den Kopf und der Duft ihres Shampoos drang in meine Nase.

„Schätzchen, du glaubst nur, dass du glücklich bist, weil du es eben nicht besser weißt. Glaub mir.“

„Ich wiederhole es nochmal: Ich. Bin. Glücklich. Alles läuft toll!“

„Toll ist scheiße. Es geht immer noch einen Tick besser. Und sind wir mal ehrlich, eine Beziehung täte dir ganz gut. Du lässt dich in letzter Zeit ziemlich gehen.“

Empört zog ich meine Augenbrauen in die Höhe und stieß genervt die Luft aus meinen Lungen. „Ich lasse mich nicht gehen“, brummte ich.

„Aber der Traum eines Mannes bist du gerade nicht wirklich.“

„Ino!“

Sie hob entschuldigend die Hände in die Höhe und klickte mit der Maus auf mein bereits angelegtes Profil. „Also Sakura, was genau sollen wir hier über dich preisgeben?“

„Nichts! Ich will das gar nicht machen!“, warf ich murrend ein.
 

Manchmal zweifelte ich wirklich daran, ob sie überhaupt Wert auf meine Meinung legte. Das war schon in der Schule so. Wenn sie sich was ins blonde Köpfchen gesetzt hatte, musste ich das natürlich sofort in die Tat umsetzen, denn dummerweise hatte sie meistens Ideen mit meiner Wenigkeit. Eigentlich ist sie auch dafür verantwortlich, dass ich seit meinem sechzehnten Lebensjahr rosa Haupthaar vorzuweisen habe. Das sollte ursprünglich feuerrot werden. Es sollte mich optisch rebellischer und wilder aussehen lassen, um meinen Schwarm auf mich aufmerksam zu machen. Schlussendlich kam ein Zartrosa heraus, weil Ino irgendetwas beim Färben falsch gemacht hatte. Wieder entrann mir ein lautes Seufzen und ich zwirbelte eine lange Strähne zwischen den Fingern. Zuerst wollte ich das Malheur wieder beheben, aber da mein Haar bereits durchs Blondieren so geschädigt war, dass mein Schopf erst einmal eine kleine Pause von der Chemie benötigte, geriet das Vorhaben irgendwann in Vergessenheit. Vielmehr wurde das zartrosa Haar mein Markenzeichen. Außerdem mochte ich Zuckerwatte schon immer und mein Haar hatte genau diesen Ton. Ino meinte dann, sie müsse sogar meine Augenbrauen färben, damit es einfach besser zusammen passt. Gottseidank hatte sie bei diesem Unterfangen ein besseres Händchen. Ich glaube sogar hin und wieder, dass das Rosa beabsichtigt war. Ich kann mir nämlich überhaupt nicht erklären, wie es funktionieren soll, dass aus einem leuchtenden Rot, feuerrot, ein liebreizendes Rosa wurde.
 

„Soll ich ein Bild von dir hochladen?“, fragte sie und steckte sich eine Hand voll mit Chips in den Mund.

„Du sollst gar nichts hochladen“, erwiderte ich und schlug ihre Hand von der Maus.

„Sakura! Jetzt sei nicht so verklemmt.“

„Ich bin überhaupt nicht verklemmt!“

Sie lachte laut auf und nahm einen großen Schluck aus ihrem Rotweinglas. Dann schnappte sie sich die Ladies und blätterte die Titelseite auf. Mit ihrem perfekt manikürten Fingernägeln tippte sie auf die Seiten: „Hier willst du hin. Mit einer deiner Kolumnen. Und heutzutage dreht sich alles um die Community. Alles spielt sich virtuell ab. Und du kannst mit einem analytischen Auge inspizieren, was so alles möglich ist. Du kannst die Partnerbörse für sooo viele Frauen auf der Welt testen und ihnen deine Eindrücke schildern. Du kannst vielen Frauen und jungen Mädchen helfen, indem du dieses Terrain erkundest und darüber berichtest. Wenn dann sogar noch ein Mann dabei herauskommt, ist doch überhaupt nichts falsch. Das sind zwei Fliegen mit einer Klappe!“
 

Ich schürzte meine Lippen: „Ich will keinen Mann.“
 

„Doch, in Wahrheit willst du einen.“
 

Ich schlug völlig entnervt meine Hände vors Gesicht. Natürlich wollte ich auf die Titelseite der Ladies. Immerhin war es die Zeitschrift überhaupt! Ich durfte kleine Beiträge leisten, aber nie schaffte ich es auf die Titelseite. Aber unsere Chefin kam auf die glorreiche Idee, dass jeder von uns die Chance erhielt, einen Artikel zu schreiben. Sie gab uns ein ganzes halbes Jahr Zeit dafür. Jeder, selbst unsere Praktikantin, durfte etwas vorlegen. Und Herr-Gott-Nochmal! … ich wollte die Titelstory! Das war genau das, was ich wollte. Nichts anderes! Kein Mann und keine Beziehung. Einfach nur die Titelstory.
 

Meine Augen huschten über mein Profil, das Ino bereits angelegt hatte, als ich noch nichtsahnend den Wocheneinkauf erledigt hatte. Ich war nicht mal komplett aus dem Auto gestiegen, da rief sie schon aufgeregt aus dem Fenster, ich solle mich beeilen, weil sie endlich eine Idee habe, wie sie mein Leben verbessern und optimieren könne.
 

„Wieso schreibst du dort, dass ich auf der Suche nach der großen Liebe bin?“

„Weil du es bist?!“

„Ino. Das stimmt nicht.“

„Du musst süß, unschuldig und naiv wirken! Das macht Männer an und weckt den Beschützerinstinkt. Außerdem ist wirklich jede Frau auf der Suche nach der großen Liebe. Bei der einen offensichtlicher und bei der anderen eben eher unterbewusst.“

„Lösch das!“

„Sakura, willst du nicht in starken Männerhänden liegen? An einer gestählten Brust?“

„Ehrlich gesagt, nein. Das will ich nicht. Das versuche ich dir seit einer Stunde zu erklären.“
 

Sie winkte ab und klickte erneut auf dem Profil herum.
 

„Wie wäre es mit diesem einen Bild, wo du an diesem Herzlolli vom Jahrmarkt leckst? Das kann durchaus sehr erotisch auf die Männerwelt wirken“, sie zwinkerte mir zu und kicherte leise, „oder das, wo du mit diesem süßen Hotpants und dem engen, weißen Top hier durch die Bude getanzt bist?“

„Du hast davon ein Bild?!“

„Ein ganzes Video sogar. Aber ich weiß nicht, wie man hier ein Video hochlädt“, antwortete sie lässig und legte ihre Stirn in Falten, „eigentlich schade, da wackelst du so süß mit dem Hintern. Die Männer würden reihenweise vor den Bildschirmen nach Luft hecheln, so sexy ist es.“
 

„Da soll kein einziges Foto von mir auf dieser Seite sein!“

„Aber hier haben alle ein Foto“, brachte sie enttäuscht über ihre Lippen.

„Wenn dir das so wichtig ist, dann melde du dich doch da an! Ich schreib den Artikel anhand deiner Erzählungen“, schlug ich vor.

Aber seitens der Blondine erntete ich nur ein rasches Kopfschütteln. Ihre Augen lagen entsetzt auf mir, als sie antwortete: „Sai würde mich umbringen, wenn ich mich da anmelde. Vergiss nicht, dass ich sehr wohl eine gut funktionierende Partnerschaft vorzuweisen habe.“

„Wenn ich sage, ich schaue es mir an, lässt du mich dann endlich in Ruhe?“

Sie lächelte breit und nickte freudig. „Gottseidank! Ich dachte du lässt dich nie bekehren!“
 

Mit ihrem letzten Satz verschwand sie fröhlich pfeifend im Badezimmer. Immerhin war Freitag und ihr ach-so-toller Freund Sai lud sie tatsächlich auf ein gemeinsames Wochenende ein. Ino ging natürlich davon aus, dass es irgendwo in einem Schickimicki-Hotel sein würde, direkt in der Innenstadt. Mit Pool und eigener Hotelbar. Mir entfuhr bei dem Gedanken daran, wie entsetzt sie vor dieser kleinen Waldhütte stehen würde und panisch ihr hübsches Augenpaar auf ihren Freund gerichtet wäre. Obwohl die beiden nicht gegensätzlicher sein konnten, passten sie ausgesprochen gut zueinander. Sai ist während ihrer gemeinsamen Zeit sichtlich aufgeblüht und Ino hat ein klitzekleines bisschen seine Ruhe und Gelassenheit angenommen.

Und natürlich wollte ich auch so etwas. Eine Partnerschaft. Aber eben nicht zwingend jetzt. Ich wollte mich verlieben. Nicht unbedingt die Bilderbuch-Liebe oder die Liebe aus einer rosaroten Liebeskomödie. Auch keine wie Romeo und Julia oder Bonnie und Clyde.

Ich wollte eine ganz normale Partnerschaft. Meine Großmutter pflegte stets zu sagen, dass Liebe einfach passiert und man sie nicht erzwingen soll. Für jeden Topf gibt es den passenden Deckel, sagte sie und ich glaubte ihr. Ich glaubte meiner Großmutter alles. Und irgendwie hatte ich das Gefühl mit dieser Homepage den natürlichen Lauf der Dinge, dem einfachen Passieren der Liebe, einen Strich durch die Rechnung zu machen. Das grenzte doch schon fast an Sabotage!

Vielleicht ist es ja auch ein Vorurteil, aber ich hatte schon oft gehört, dass viele in solchen Communities nur auf der Suche nach einem Betthäschen für eine Nacht sind. Natürlich gab es auch die, die es wirklich ernst meinten. Aber ich war und bin noch immer der festen Überzeugung, dass dies einen geringeren Prozentsatz ausmachen muss.
 

Ich knabberte an meiner Unterlippe, besah mir das Profil und löschte schnell alles, was Ino eingegeben hatte. Aber ich gab ihr Recht. Ein Bild musste sein. Ich gestehe, dass die meisten Bilder, die ich hatte, mit Ino waren. Das war ihr Ding. Sie fotografierte unheimlich gern und sie war wirklich ausgesprochen gut darin. Die Wahl fiel mir nicht sonderlich schwer. Erst vor einem Monat hatten wir unser letztes Fotoshooting, bei dem Ino unbedingt mit rosa Rosen arbeiten wollte. Was wir schließlich auch getan hatten. Ehrlich gesagt sah ich da wirklich richtig heiß aus. Aber so wollte ich mich nicht präsentieren. Ich bearbeitete kurzerhand das Foto und schnitt den oberen Teil des Bildes ab, damit unterhalb der Augen nichts mehr zu erkennen war. Nur mein gewelltes Haar und die blasse Haut.
 

Ich seufzte und klickte auf den Chatbereich. Ein kleines analytisches Stöbern war ja nicht verkehrt.
 

Ich hörte Ino zur Radiomusik mitsingen und lächelte, während ich mir mit einem Kopfschütteln die ganzen Usernamen ansah.
 

SexyGirl24

Lovelady001

ViperLove

BiscuitInLove

Honey784
 

Wieder seufzte ich. Da war ich auf jeden Fall etwas unkreativ. Glücklicherweise hatte Ino einfach Sakura eingegeben und erstaunlicherweise war dieser Username sogar noch frei verfügbar. Aber einen Namen wie „Lolita“… nein, danke. Und ich bin mir sicher, Ino wäre wie immer ein überaus toller Name eingefallen, bei dem die Röte in meinem Gesicht nur so vor sich hin geblinkt hätte.
 

Es waren mindestens dreißig Leute in diesem Chatroom. Einige schrieben sich sogar ein herzliches Hallo, bevor sie sich dann in Privatchats näher kennen lernten. Ich fuhr mit meiner Zunge über meine Lippe.
 


 

HoneyGirl hat sich ausgeloggt
 

BeachBoy28 hat sich eingeloggt
 

BadGirlBlue hat sich eingeloggt
 

S hat sich eingeloggt
 

Verwirrt zog ich meine Stirn kraus. Also ich war ja schon unkreativ, aber das war ja die Faulheit an Kreativität schlechthin. S.
 

„Schätzchen?! Ich mach mich auf den Weg!“, schrie mir meine Mitbewohnerin entgegen und ich sprang schnell auf, um sie ein letztes Mal in den Arm zu nehmen, bevor sie bis Sonntagabend weg wäre. Auf die Ruhe freute ich mich schon das ganze Wochenende. „Pass auf dich auf, lass keine Fremden rein“, sie zwinkerte, „außer es ist ein Hottie aus dem Netz!“

Ich lachte und schob sie bestimmt aus der Tür. „Wenn was ist, ruf mich an!“

„Ich bin kein kleines Kind, Ino. Jetzt verzieh dich schon und viel Spaß“, gab ich als Antwort. Nach einer weiteren kleinen Umarmung und einem Küsschen auf die Wange verschwand sie.
 

Ich lief schnell zum Fenster und winkte ihr ein letztes Mal zu, bevor ich mich wieder vor den Laptop setzte und überrascht auf das kleine Fenster blickte, das mich dazu einlud, einen privaten Chatroom mit S zu nutzen. Ich biss mir nachdenklich auf die Lippe, klickte aber dann auf Ja. Immerhin hatte Ino Recht. Ein paar Eindrücke sammeln war nicht verkehrt.
 

S: Na schöne Frau? Wie geht’s denn so?

Sakura: Woher weißt du, ob ich schön bin? Vielleicht bin ich das überhaupt nicht und du ziehst voreilige Schlüsse. Hast du irgendwelche Hintergedanken?

S: Ich dachte nur an Kirschblüten. Kirschblüten sind wunderschön ;-)
 

Ich hob meine Augenbraue.
 

Sakura: Bist du von Beruf ein schlechter Detektiv?

S: Ziemlich bissig, was? Aber schon in Ordnung so. Hier sind sicher ziemlich viele Pfeifen unterwegs, da darf Frau gerne die Krallen ausfahren

Sakura: Und du gehörst da nicht dazu?

S: Auf keinen Fall. Ich bin ein Gentleman
 


 

S hat sich ausgeloggt
 

„Gentleman, na klar“, brachte ich hervor. Nach weiteren zehn Minuten voller überflüssiger Anmachsprüche loggte ich mich ebenfalls aus dem Chatbereich aus und betrachtete stutzig die neue Nachricht in meinem Postfach:
 

S hat sie zu seiner Kontaktliste hinzugefügt

Ino war an diesem Abend ungefähr seit einer Stunde in ihrem Liebes-Wochenende mit der größten Liebe ihres Lebens. Und ehrlich gesagt war ich wirklich etwas neidisch darauf. Natürlich wünschte sich jeder Mensch einen Partner im Leben. Aber musste es tatsächlich auf diese Weise geschehen? Auf einer Seite, irgendwo im Netz zwischen all den HTML-Codes und teilweise verrückten und scheinbar auch ziemlich verzweifelt wirkenden Menschen und mittendrin befand sich meine Wenigkeit. Mit einer Flasche Rotwein und ein paar Cracker, die Ino eigentlich zu Ihrem Trip mitnehmen wollte. Als kleinen Zwischensnack während der Autofahrt. Mit einem mürrischen Grummeln nippte ich an meinem Glas. S schrieb seit meiner Aufnahme in seiner Kontaktliste nicht mehr. Warum auch immer, ich hatte die Aufnahme akzeptiert und jetzt war er der erste Eintrag in meiner Liste. Und seltsamerweise hatte ich das Gefühl, dass dieser klitzekleine Buchstabe meine Gehirnzellen so in Fahrt brachten, dass ich nervös mit den Zehen zum leisen Surren der Musik wackelte. Tatsächlich wartete ich eigentlich die ganze Zeit, dass er mir etwas schrieb. Ein kleines Hey, wie geht’s denn so? hätte mir gereicht. Noch immer wurde mir S als online angezeigt, ein Hoch auf diese Sichtbarkeits-Einstellung. Im Chat trieb er sich aber nicht mehr herum… das hatte ich durch Zufall erkannt, als ich mich nochmal eingeloggt hatte. Immerhin sollte ich ja Recherchen tätigen. Außer einigen sehr schlechten Anmachversuchen, eine Einladung zu einer schnellen Nummer bei KerlXY und eventuell einem Dreier mit Ladybug54 und einer nicht so tollen Momentaufnahme des besten Stückes von LoveInTheHood, was ich höchstwahrscheinlich nie wieder vergessen würde, gab es nichts Besonderes mehr. Auch wenn die kleine Konversation zwischen S und mir kaum der Rede wert war, war sie im Vergleich dessen, was ich innerhalb fünfzehn Minuten erlebt hatte, relativ normal.
 

Aber normal war für mich okay. Ziemlich sogar. Besser als… naja, besser als das, was eben in den fünfzehn Minuten alles so passiert war.
 

Ich schob mir gerade einen Cracker in den Mund, als ich dreißig Minuten nach der Kontaktlistenaufnahme tatsächlich ein Nachrichtenfenster aufploppen sah.
 

S: Scheinst wohl noch nicht genug gehabt zu haben?
 

Für Millisekunden schoss mir tatsächlich der Gedanke in den Kopf, einfach offline zu gehen und nie wieder einen Fuß in die Onlinewelt zu setzen. Allerdings pochten tatsächlich die Aufregung und die Spannung auf etwas Neues in meinem Körper.
 

Sakura: Du scheinbar auch noch nicht

S: Du musst Schreckliches erlebt haben, wenn du so kratzbürstig auf alles antwortest, was ich frage

Sakura: Das kannst du dir gar nicht vorstellen

S: Wieso dann noch hier?

Sakura: Vielleicht ist ja an Die Hoffnung stirbt zuletzt möglicherweise doch was dran

S: Definitiv

Sakura: Was macht dich da so sicher?

S: Das ist der pure Optimismus in mir

Sakura: Zu viel Optimismus ist ungesund

S: Zu viel Pessimismus ebenfalls

Sakura: Wofür steht das S?

S: Das S steht für den Vornamen. Saswexdasdkagshlasdgjlasdfasdf

Sakura: ??
 

Er antwortete danach nicht mehr und ich verzog mich ins Badezimmer. Eine kleine Entspannung würde mich sicher gut tun. Ich schnappte meinen i-Pod und glitt in das warme Wasser und genoss den Duft von Pfirsich in meiner Nase und den herrlichen Dampf, der sich um meine nackte Haut legte.

Ich muss verrückt gewesen sein, auf Ino zu hören! Ich hatte nichts erreicht an diesem Abend. Der einzig „normale“ User, schien mich plötzlich zu ignorieren. Aber wer weiß, vielleicht war S auch einfach nur mega tierlieb und in Wahrheit ein Katzenfanatiker und die ganzen Katzenbabies rannten aufgeregt und tobend über seine Tastatur oder sie übergaben sich munter auf ihr. Was auch immer.

Ich versuchte mir Gedanken über meinen Artikel zu machen. Wie ich beginnen würde und wie ich anfangen würde und was überhaupt so toll an Single-Börsen war. Pro und Contra, gute Erlebnisse und negative. Zum Zeitpunkt meiner fast schon mitternächtlichen Bade-Session überwogen eindeutig die negativen Punkte.
 

Aber mal ehrlich, was war so positiv daran, sich online zu verlieben?
 

Der sicher größte Vorteil war sicher die Anonymität. Es gab jedem selbst die Möglichkeit zu entscheiden, was und wie viel von einem selbst preisgegeben werden sollte. Kein Adressenaustauch oder Telefonnummer, außer man beschloss es selbst. Demnach gab es kein unerwünschtes Telefongespräch mitten in der Nacht oder stalkermäßiges Auftauchen von Menschen vor deiner Haustüre.

Du willst keinen Kontakt mehr? Einfach nicht mehr antworten, schreiben, lesen oder sonstiges. Alles war mit einem einzigen Klick beendet. Die Blacklist. S schien das von mir auch zu halten.

Vielleicht war ich scheinbar wirklich zu pessimistisch an die ganze Sache und das Gespräch mit S heran gegangen. Ehrlich gesagt war da Freude in mir, dass er mir schrieb.
 

Ich schürzte meine Lippen und lehnte mich gegen das orangefarbene Badewannenkissen, dass Ino letztes Weihnachten von ihrer Mutter geschenkt bekommen hatte. Ein originelles Geschenk, dass sie zuerst mit argwöhnischem Blick begutachtete, aber schlussendlich war es das Wellnessgut in unserem Badezimmer schlechthin. Da ihre Mutter vor vier Jahren beschloss auszuwandern, war es nicht immer möglich sie zu besuchen. Anfangs störte das Ino ziemlich, sie war ein Mutterkind wie es im Buche steht. Aber inzwischen war sie ganz happy damit, dass Mama nicht jeden zweiten Tag in der Bude stand und überprüfte, was ihre geliebte Tochter alles so anstellte, ob sie die Wohnung sauber hielt und pünktlich all ihre Rechnungen zahlte. Also war sie besser dran, als ich. Meine Mum kam mindestens einmal pro Woche und meistens fragte sie, wann sie endlich einen Mann vorgestellt bekäme und ob sie überhaupt noch mal mit Enkeln rechnen durfte oder ob sie gleich eine neue Tochter adoptieren sollte, damit ihre Chancen Großmutter zu werden, nicht nur noch bei 1 % lagen. Selbstverständlich war es nur ein schlechter Witz, aber manchmal schwang doch etwas… Wahrheit mit. Aber, nun ja, meine Karriere war für mich einfach wichtiger, als abends nach der Arbeit noch in irgendwelche Bars zu gehen und mich von Kerlen aufreißen zu lassen oder wie Ino einfach selbst die Initiative zu ergreifen. Eigentlich arbeitete ich ständig. Was mich wiederum zu einem weiteren Vorteil brachte. Mit einer Single-Börse warst du zeitlich ungebunden. Egal welche Tages- und Nachtzeit, man konnte Anzeigen lesen und mit anderen Kontakt aufnehmen. Im Chat war immer jemand online. Öffnungs- und Arbeitszeiten waren unwichtig.
 

Und natürlich die überaus schnelle und leichte Kontaktaufnahme, die dank der Anonymität die Hemmschwelle geringer hielt. Demnach fiel es leichter auf andere zu reagieren und in den Flirtmodus zu gelangen.
 

Ich war nicht unbedingt schüchtern, was den Männerkontakt anging, aber ich würde mich auch nicht als offen bezeichnen. Vielmehr wartete ich lieber stumm darauf, dass Mann mich ansprach. So gehörte es sich ja eigentlich auch.
 

Keine fünf Minuten später sprang ich auch schon wieder aus der Wanne, lauschte noch immer dem Beat der Musik und tänzelte mit Handtuch bekleidet durchs Wohnzimmer. Hin und wieder die Wohnung komplett für mich alleine zu haben war einfach eine Wohltat. Ein Pling-Geräusch machte mich auf meinen Laptop aufmerksam, der noch immer seelenruhig auf dem runden Wohnzimmertisch stand. Ich schnappte mir einen Joghurt mit Aprikosenstückchen aus dem Kühlschrank und warf mich mit einem lauten Schnaufen aufs Sofa.

Meine Augen huschten über den Bildschirm und entdeckten schnell das leuchtende Nachrichtenfenster von S und mir.
 

Vielleicht wäre es auch einfach besser gewesen, wenn ich es ignoriert hätte. Dann wäre womöglich alles anders gekommen. Andererseits… wer weiß, ob ich es nicht vermisst hätte… das ganze Danach und Jetzt.

Ich kann mich daran erinnern, dass mein Herz kurz freudig gepocht hatte, als ich das Fenster öffnete und mir die Nachricht von S besah.
 

S: Sakura, bist du da?
 

Es war nur ein kurzes Moment des Protestes, eine Millisekunde an Zögern, ehe meine Finger wie von Zauberhand antworteten, dass ich noch immer hier sei, aber im Begriff war, offline zu gehen und zu schlafen.

Es folgte ein Smiley und dann etwas, womit ich nie gerechnet hätte.
 

S: Ich muss mich bei dir entschuldigen. Ehrlich gesagt, weiß ich selbst nicht warum genau… immerhin hab ich ja nichts Falsches gemacht. Na gut. Eigentlich schon. Ich bin nicht S. Als wir noch in der High School waren, hab ich mir aber wirklich oft vorgestellt, er zu sein. Er ist immerhin mega beliebt gewesen. Ach, was rede ich denn da. Wie gesagt, ich bin nicht S.

S ist jemand ganz anderes. Ich bin Naruto. Und S hat gemerkt, dass ich seinen Laptop genommen und ihn hier angemeldet hab. Eigentlich war es ja mitunter die Idee seiner Mutter, die einfach Angst hat, nie Enkel zu kriegen und ich dachte dann, dass es nicht so verkehrt wäre, ihn hier anzumelden.

Ich schweife schon wieder ab und wenn ich nicht gleich aufhöre, wird wohl eine Vermisstenanzeige in der Zeitung stehen. Wie gesagt… ich bin nicht S.

Ich bin Naruto. Sein Kumpel. Bester Freund auf Lebzeiten. Es tut mir also wirklich wirklich leid, dass ich dich hinters Licht geführt habe. Es sind hier nur so seltsame Menschen und dein Name war so herrlich normal, da dachte ich, ich könnte da was zwischen euch anleiern. Sorry. Echt jetzt!!!

Okay, also ich muss offline. S grummelt schon genervt hinter mir. Aber hey… du bist ganz cool. Hinter dem Pessimismus ist sicher mehr Optimismus als zugegeben! Und wenn du quatschen willst, schreib dem sturen Bock einfach! ;-)
 

S ist offline
 

Tja, richtig. Da wurde ich ja mal mega verarscht.

Und ich lachte laut, klappte den Laptop zu und schwörte mir selbst, mich nie wieder da einzuloggen.

„Ich habe einen überaus netten, jungen Mann kennen gelernt, der auch noch engagiert ist und sehr attraktiv. Liebes, ich könnte euch miteinander bekannt machen“, plapperte meine Mom vor sich hin und nippte an dem schwarzen Kaffee. Ich runzelte die Stirn und wünschte mir in diesem Moment, dass sie sich an einem der Zuckerwürfel verschluckte und einfach all das vergaß, was sie mir jetzt aufschwatzen wollte. Oder aber sie würde einfach einen Anruf von ihrem neuen Lover erhalten, dass er sie jetzt auf einen Kurztrip in irgendeiner Großstadt weit, weit und noch weiter weg von dieser viel zu kleinen Stadt für sie und mich zusammen, einlud. „Er hat so ein schönes Gesicht, Sakura. Er würde dir sicherlich gefallen“, fügte sie hinzu und ließ einen wohligen Seufzer über ihre Lippen kriechen und ließ einen dritten Zuckerwürfel in die schwarze Brühe. Ich seufzte laut.

Natürlich hatte ich mich gefreut, als sie morgens vor meiner Haustüre stand und mit der gut befüllten Bäckerstüte vor meinem Gesicht herum baumelte. Mit Essen konnte man mich immer kriegen, vor allem mit Frühstück. Ich ließ sie ohne zu zögern hinein. Das war so, als würde man freiwillig den Teufel hinein lassen. Sie tippte mit ihren langen Nägeln auf der Tischplatte herum und ließ ihren Blick wie immer durch die kleine Küche schweifen.
 

„Wolltet ihr nicht eigentlich renovieren?“

Sie rümpfte genervt die Nase und blickte länger als eigentlich gewollt auf den hässlichen grauen Fleck der hinter dem quietschgelben Kühlschrank hervor linste. Wo auch immer dieser Fleck herkam, er war nicht gefährlich. Ino und ich tauften ihn nach einem lustigen Sektabend mit den Mädels Mr. Grey. Eher ideenarm, aber was fällt einem auch alles so ein, wenn die prickelnde Brause dein Gehirn benebelt. Amüsant dennoch, weil es irgendwie durch den Softporno Fifty Shades of Grey entstand und wenn man den grauen Fleck an der Wand genauer inspizierte (was zuweilen nur möglich war, wenn der quietschgelbe Kühlschrank beiseite gerückt wurde), tatsächlich mehrere Nuancen an Grau aufwies.

„Wir fühlen uns hier wohl, Mom“, warf ich ihr als Antwort entgegen und biss in mein herzhaft beschmiertes Nutellabrötchen.

„Du solltest nicht so viel zuckerhaltiges Zeug essen. Das ist nicht gut für die Figur“, triezte sie mich und aus Protest biss ich nochmals ins Brötchen. Ich hob meine Augenbraue, während ich ihr entgegen warf, dass vier Stück Zucker in einer kleinen Tasse voll Kaffe auch nicht besser seien und ihrer Kehle entfloh ein seltsames Grunzen.
 

„Liebes, ich würde mich wirklich freuen, wenn du dich auf dieses Date einlässt. Du bist immerhin alt genug, um dich endlich zu binden. Und ich will endlich bei meiner Cousine angeben können, was für einen stattlichen, jungen und überaus erfolgreichen Kerl du an deiner Seite hast.“ „Mom! Ich brauche das einfach gerade nicht“, antwortete ich empört. Aber sie hörte gar nicht mehr auf. Sie schwärmte von Familienfesten und von Verlobung bishin zur Hochzeit und dem ersten Enkelkind. Schwärmte davon, wie sie mit ihrem Enkel, der den Namen meines Großvaters tragen sollte, nun ja, mindestens als Zweitnamen… die Wahl für den ersten Vornamen würde sie mir lassen, im Schwimmbad oder beim Bummeln sein könnte und wie jung sie neben diesem Kind aussehen würde.

Nach ungefähr weiteren fünfzehn Minuten verabschiedete sich tatsächlich von mir und ich war befreit. Ich klopfte fast schon liebevoll auf Mr. Grey und schlurfte mich gemächlichen Schritten zurück ins Wohnzimmer.

Ich setzte mich an meinen Laptop und ohne mich selbst dabei wirklich zu wehren, loggte ich mich wieder ein. Alles natürlich nur, weil Ino mich am Folgetag nur löchern würde und sie würde ganz bestimmt herausfinden, wie lange ich online war.

Überraschenderweise war ich nicht alleine. Erneut ein Hoch auf die Sichtbarkeit. Dabei rechnete ich gar nicht mehr damit, dass Mr.-Ich-bin-so-geheimnisvoll-und-nenne-mich-einfach-nur-S online sein würde. Und überraschter war ich von mir selbst, weil ich ihn schon anschrieb, bevor ich meinen Gedankengang wirklich zuende führte.
 

Sakura: Wieso bist du online? Oder bist du gerade vielleicht gar nicht S?
 

Es dauerte zwei Minuten bis eine Antwort erschien.
 

S: Tatsächlich bin ich wirklich ich.

Sakura: Und wer ist ich?

S: Spielt das etwa eine große Rolle? Hier ist jeder irgendwer. Hier ist jeder der, der er sein will
 

Er hatte Recht und ich überging es einfach.
 

Sakura: Warum bist du online?

S: Wette verloren

Sakura: Mit deinem Kumpel?

S: Korrekt.

Sakura: Worum ging es?

S: Verliere ich, muss ich drei Tage weiterhin hier online sein und mich mit dir unterhalten

Sakura: Was wenn ich nicht mitmachen würde?

S: Da ich gar nicht hier sein will, stört es mich recht wenig.

Sakura: Herzallerliebst. Was war denn nun genau die Wette?

S: Er hat gewettet, dass er seinen Schwarm zu einem Date einlädt

Sakura: Wieso sollte er das nicht tun?

[S: Dummheit. Oder aber auch Schüchternheit. Naivität schwappt irgendwo dazwischen.

Sakura: Aber warum nur drei Tage Online-Dating für den mysteriösen Mr. S?

S: Genau hier sollte Dummheit und Naivität deutlich hervorstechen. Immerhin hätte er alles fordern können

Sakura: Dann bringst du also die drei Tage hinter dich und verschwindest dann für immer? Oder flattert in dir doch die Hoffnung eine Frau zu finden? Oder bist doch auf der Suche nach einem Mann?

S: Ich bin auf der Suche nach niemandem

Sakura: Haha, du findest keinen Partner im Real Life und bist frustriert

S: Ich kann jede haben, die ich will

Sakura: Ich schließe hieraus zwei Dinge: Du bist hetero und du bist sehr von dir überzeugt. Du musst sehr attraktiv sein, wenn du so überzeugt von dir bist

S: Ich schließe hieraus, dass du oberflächlich bist und nicht einmal einen Hehl daraus machst
 

Mir entfloh ein lautes Lachen und wider Erwarten war es amüsanter als gedacht, mit S zu kommunizieren.
 

Sakura: Meine Mutter war eben da und schwärmte davon, dass sie den perfekten Heiratskandidaten für mich gefunden hat und ich habe nächste Woche ein Blind Date

S: Du erzählst mir das weil?

Sakura: Wir sitzen beide in derselben Misere. Meine beste Freundin hat mich angemeldet. Da die anderen User bisher nur an… unpassenden Dinge für ein erstes Date vorschlugen, bist du wohl der einzig Normale hier.

S: Hn.

Sakura: Es interessiert dich nicht. Verstehe schon. Wie geht’s denn Naruto?

S: Er lebt

Sakura: Du stehst nicht so auf Kommunikation, oder? Liegt es vielleicht einfach nur am Schreiben? Manchmal bin ich auch wirklich schreibfaul. Hier gibt’s Möglichkeiten, auch miteinander zu sprechen

S: Nein, danke. Vielleicht ein anderes Mal

Sakura: Du brauchst nicht verkrampft zu tun, als seist du höflich

S: Ich muss offline. Mein Bruder ist da… warum auch immer ich dir das sage
 

S ist offline
 

Ich war schüchtern. Eigentlich schon immer. Na gut. Eher seit der Vorschule, weil ich dort ständig wegen meiner breiten Stirn gehänselt wurde. Stirni schrien sie mir immer nach. Es war gemein. Als Kind konnte ich nicht wirklich gut damit umgehen. Während die anderen Mädchen mit süßen Haarreifen ihre Haare in Zaum hielten oder sich mit Haarspangen lästige Strähnchen zur Seite klemmten, trug ich die Haare lang. Meine Mom fand mich hübscher, wenn die Haare locker über meine Schultern fielen. Sie sagte immer zu mir, ich solle nicht auf die anderen Mädchen hören, denn ich sei schön so wie ich sei. Sie mochte es nicht, wenn ich Zöpfe trug oder wenn die Haare kürzer als schulterlang waren. Meine Mom liebte es, mir feine Löckchen ins Haar zu drehen und mir süße Kleidchen mit Punkten und Blümchen anzuziehen. Hin und wieder erinnerten die Muster an einen Teppichboden im Hotel. Diese bunten und geblümten oder eben durchgemixten Muster in rot oder blau. Meine Mutter war der Meinung, dass dort die Flecken nicht gleich erkennbar seien, immerhin würde ich ja sowieso immer herumtoben und wie ein Staubwedel alles aufnehmen, was so an Dreck in der Luft oder am Boden war. Mit den Stoffen ging sie sicher, dass man mich nach dem Treffen mit Freuden immer noch zu Arbeitskollegen auf einen Kaffee oder zur kleinen Shoppingtour mitnehmen konnte, ohne dass sie sich schämen musste. Bei dem Gedanken daran, dass meine Mutter mich meist als XXL-Puppe benutzte, musste ich oft lachen. Übrigens war meine beste Freundin Ino damals die Erste meiner Kindheitsfreunde, die mich Stirni oder Breitstirn nannte. Glücklicherweise war ich noch nie ein allzu nachtragender Mensch.
 

Glück für Ino. Sonst hätte sie womöglich an diesem Sonntagabend in ein Ein-Zimmer-Apartment zurückkehren müssen und wäre dort seelenruhig alleine gewesen. Sie hätte dann möglicherweise niemanden gehabt, dem sie all die Mückenstiche hätte zeigen oder bei dem sie sich lautstark über dieses Liebeswochenende hätte ausheulen können. Dabei würde ich es nicht unbedingt als heulen bezeichnen. Meckern. Kritisieren. Schimpfen und ein bisschen verfluchen. Sie regte sich lautstark auf und blaffte mich hin und wieder an, wenn ich einen ihrer Stiche mit einem amüsierten Blick kommentierte.
 

„Unfassbar! Das hat doch nichts mit Liebe zu tun!“, maulte sie. „Ich hab in einem Zelt geschlafen. Einem verdammten Zelt! Ich durfte an einen kleinen Bach, um mich morgens zu waschen! Ich hab eine ganze Flasche meines Parfums an diesem blöden Wochenende geleert und stinke immer noch wie ein“, sie raufte sich ihr blondes Haar, „Stinktier!“

Mir entfloh ein lautes Lachen und sie ließ sich geräuschvoll aufs Sofa fallen.

„Wellness wäre mir viel lieber gewesen“, seufzte Ino und schloss die Augen.

„Hast du ihm gesagt, dass es dir nicht gefallen hat?“

Sie schob die Unterlippe vor und ließ den theatralischsten Klagelaut aus ihrer Kehle kriechen, den sie je von sich gegeben hatte. „Nein. Er sah so zufrieden aus… zwischen all den Ästen und dem dummen Bach, in dem ich mir übrigens meine schönen Stiefel ruiniert habe. Und die Nägel… mir sind vier Nägel abgebrochen!“

Ich tätschelte grinsend ihren Kopf und sie schlug empört meine Hand weg, aber schon eine Sekunde später hatte sie ihr typisches Ino-Lächeln im Gesicht. „Der einzige Vorteil war dieses enge Beieinandersein im Zelt. Haut an Haut. Viele Küsse und Zärtlichkeiten, hach, das war schön. Aber wir hätten auch in einem Hotelzimmer ein Zelt aufschlagen können. Ich bin so erschöpft, ich brauche eine Woche Urlaub von diesem Wochenende!“

Ich kicherte und nippte an meinem Weinglas.
 

„Wie war dein Wochenende?!“
 

Ich schmunzelte und stellte das Glas beiseite: „Ich würde jetzt nicht unbedingt sagen, dass ich mit meinem Artikel voran gekommen bin.“
 

„Und Date-technisch?“, fragte sie und überkreuzte ihre langen Beine. Ich weiß bis heute nicht, wieso sie als Floristin arbeitet, als Model würde sie sicher bei jeder Gelegenheit gebucht werden. Gut, ihr Handwerk als Floristin hat sie drauf. Immerhin gab es in unserer beschaulichen Wohnung immer frische Blumenarrangements.
 

„Frag lieber nicht“, gab ich ihr als Antwort. Die Hoffnung, dass sie mich in Ruhe ließ, verpuffte bereits an ihrem genervten, aber dennoch amüsierten Blick, den sie mir schenkte.

„Nichts kriegst du alleine hin, Schätzchen.“

„Ino, dass mit dem Online-Ding ist einfach nix für mich. Vielleicht versuche ich es doch lieber mal in einem Club?“

Sie prustete los und klatschte dabei in die Hände, während ich mit den Augen rollte. Gut, ich war nicht unbedingt als Partymaus in meinem Freundeskreis bekannt. Ehrlich gesagt mochte ich es lieber mit einem guten Buch und einem Gläschen Wein auf dem Sofa zu sitzen oder eine Tasse Kaffee im Stadtpark zu trinken. Ich seufzte und winkte ab.

„Schätzchen, werden wir mal ernst. Was ist denn so schlimm daran?“, fragte sie und schnappte sich mein Glas. Genüsslich trank sie einen Schluck und leckte sich die Lippen. „Gott, hab ich das vermisst. Nur Wasser gab es. Das war kein Liebeswochenende, eher ein Survival- Boot-Camp aka Prinzessin-Ino-muss-leiden“, sie rollte mit den Augen, „immerhin hat Sai gute Bilder zeichnen können. Unter Anderem auch eines von mir. Aber zurück zu dir. Was ist so schlimm?“
 

Ich schnaubte. Nichts war schlimm daran. „Gut. Wenn ich ehrlich bin… wir regeln ja ohnehin mittlerweile alles via Internet. Vom Einkaufen über Geburtstagsgrüße und Filme ansehen, bis hin zum Nachrichtenlesen. Man ist ja ständig online und nutzt irgendwelche Dienste.“
 

Ino nickte: „Wieso also nicht auch bei der Partnersuche?! Wen hast du denn so online kennen gelernt?“
 

„Eigentlich nur diesen S. Und Naruto. Der Kumpel von S. Und ja, ich hatte wirklich Spaß und ich möchte gern mehr über ihn erfahren.“
 

Inos Augen leuchteten wie Feuerwerkskörper an Silvester. Ich sagte ihr, ich hätte noch keine Verabredung oder seine Telefonnummer und ich wüsste immer noch nicht, wie er aussähe. Und ich erzählte ihr vom morgendlichen Besuch meiner Mutter, was sie mit lautem Lachen quittierte.
 

„Und wann hast du dein erstes Blind Date?“, entfloh ihr neugierig und sie leerte mein Glas in einem Zug.

„Mom hat vorhin angerufen. Nächsten Samstag. Zu einem Abendessen.“

Nach weiteren zwei Stunden Geplapper gingen wir beide zu Bett.
 

Ich erinnere mich daran, dass ich fast nochmal meinen Laptop hochgefahren hätte, um zu checken, ob S noch online war. Allerdings verwarf ich den Gedanken schnell wieder. Ich wollte nicht aufdringlich erscheinen, obschon ich wirklich sehr interessiert war, ihn kennen zu lernen. Warum auch immer, denn eine wirklich offene Konversation war es bisher nicht.
 

Der Montag verging schneller als erwartet. Ich holte mir wie jeden Morgen meinen Caffé Verona aus dem Starbucks um die Ecke. Dieser Kaffee war einfach köstlich. Vollmundig, samtig weich und mit einer leichten Süße, die mich morgens schon viel munterer stimmte. Ich erwischte mich sogar dabei, zu überlegen welchen Kaffee wohl Mr. S bestellen würde und kam zu dem Entschluss, dass es ganz sicher der Espresso Roast sein würde.

Der Barista empfahl dem Kunden vor mir das Getränk. Es sei eine schmackhafte Mischung aus Bohnen, die auf Hochebenen angebaut wurden. Dieser Espresso sei erstklassig aufgrund der langen Röstung, bei der eine dunkle, karamellige Süße entstand, durch die der Zenit des Geschmacks erreicht wurde. Andererseits war ein stinknormaler Espresso wohl eher seine Wahl.
 

Der Tag verlief ohne große Schwierigkeiten und abends saß ich erneut vor meinem Laptop. Erstaunlicherweise war S online, was ich mit einem Grinsen quittierte.
 

Ohne überhaupt ein Hallo loszuwerden, klickte ich auf den Sprachanruf. Immerhin hatte ich es ja bereits angekündigt. Ehrlich gesagt erwartete ich überhaupt nicht, dass er den Anruf entgegen nahm und ich gestehe, dass ich ein leichtes Flattern in der Magengegend verspürte. S war interessant. Das bestritt ich nie und ich war überrascht, als er tatsächlich den Anruf akzeptierte.

Ich schwieg zuerst, spürte das aufgeregte Pochen in der Magengegend.
 

„Jo, Teme! Du hast einen Anruf!“, kam es plötzlich. Ich zuckte unter der lauten Stimme zusammen, ehe ich ein lautes Poltern, dann ein Zischen und zum Ende hin ein leises Au und Hey, muss das sein vernahm.
 

„Naruto?“, brachte ich hervor und als Antwort hörte ich ein lautes Lachen.
 

„Hey, Sakura!“, rief er froh.

„Hi“, entgegnete ich.
 

„Teme, jetzt sag schon hallo!“
 

Ich lachte auf, als auf Narutos Aufforderung hin nur ein „Hn“ zu hören war.
 

„Also, ich war gerade eigentlich am Gehen“, erklärte er mir, „aber dann hab ich gehört, dass du hier anrufst und weil Teme einfach nichts ohne mich auf die Reihe kriegt, hab ich den Anruf noch schnell entgegen genommen! Aber ich muss jetzt echt los. Hinata wartet auf meinen Anruf!“
 

Wieder war nur lautes Poltern zu hören. Naruto war wohl kurz gestolpert, lachte laut und bedankte sich wohl für das Feierabendbier und versprach S anzurufen, sobald er daheim war. Dann hörte ich die Türe und ein Zähneknirschen, ehe ein Stuhl zurückgeschoben wurde und sich S darauf setzte.
 

„Hi“, sagte ich erneut.
 

Mein Herz pochte wild in meiner Brust und ich wollte endlich die Stimme hören, allerdings erhielt ich als Antwort nur ein „Hn“.
 

„Es ist bei deiner wortkargen Art eigentlich kein Wunder, dass du noch Single bist. Wenn du so weitermachst, wirst du unverheiratet, fett und vereinsamt sterben“, witzelte ich.
 

Ich erwartete keine Antwort und umso überraschter war ich, als seine tiefe Stimme in meinen Ohren klang: „Fett?!“
 

„Ja, weil du irgendwann beginnst, das klaffende Loch der Einsamkeit in dir mit Essen zu zustopfen. Wahlweise auch mit Bier.“
 

„Erfahrungen?“, entgegnete er monoton und ich hörte das Öffnen einer Flasche.
 

Ich gluckste, verneinte und spürte die kribbelnde Gänsehaut auf meinen Armen. Das war die melodischste, zeitgleich distanzierteste Stimme, die ich je gehört hatte.
 

„Na, immerhin habe ich am Wochenende ein Date. Kannst du das auch von dir behaupten?“ Ich versuchte fröhlich zu klingen, allerdings gelang es mir höchstwahrscheinlich nicht im Geringsten, denn auf dieses Date hatte ich keine Lust. Er stieß die Luft aus seinen Lungen und ich wusste, ich würde hierauf keine Antwort erhalten. Mal ganz davon abgesehen, dass ich ohnehin der Meinung war, dass er sicherlich nicht fett und hässlich aussehen würde. Wahrscheinlich konnte er sich auch ohne Online-Plattform ein Date angeln. Vielleicht lag es aber auch wirklich an der Oberflächlichkeit… oder er war reich und alle waren nur hinter seinem Geld her. Es war aber auch möglich, dass er einfach keinen Bock auf eine Beziehung hatte. Es steckte eventuell sogar ein Workaholic in ihm und die Arbeit war einfach wichtiger. Das konnte Frau schon frustrieren, wenn Mann keine Zeit für sie und ihre Bedürfnisse hatte (mal davon abgesehen, dass die männliche Schöpfung auch ihre Bedürfnisse besaß).

Ich versuchte also anders ein Gespräch aufleben zu lassen.
 

„Willst du mir etwas von dir erzählen? So zum Einstieg?“

Eigentlich war mir bereits im Vorfeld bewusst, dass das ein eher kläglicher Versuch zum Aufbau einer guten Konversation war. Aber hey, wer aufgibt, verliert.
 

„Nein, eigentlich nicht“, antwortete er trocken.
 

Ich schob die Unterlippe beleidigt vor, auch wenn er das gar nicht sehen konnte. „Du bist wirklich ein mürrisches Exemplar von Mann.“
 

Es herrschte kurzes Schweigen, dann ein Aufstöhnen, ehe seine Stimme erneut zu hören war: „Du bist also auf Smalltalk aus? Ok. Was willst du wissen?“
 

„Wie alt bist du?“
 

„27.“
 

„Was isst du am liebsten?“
 

„Wozu ist das wichtig?“, fragte er.
 

„Das war jetzt die nächstbeste Frage, die mir in den Kopf geschossen ist… antworte einfach.“
 

„Ich favorisiere nichts. Aber ich mag Tomaten.“
 

Ich lächelte und befeuchtete die Lippen, ehe ich ihn darum bat, mir von Naruto zu erzählen. Daraufhin erhielt ich eine kurze Antwort, dass sie sich aus der Schule kannten und er Naruto einfach nicht mehr los wurde. Ich horchte ihn nach Lieblingsfarbe und Lieblingstieren aus, wollte wissen, ob er viele Geschwister hatte oder nur einen Bruder. Er gab mir zu jeder Frage eine Antwort und ich wünschte mir, er würde mehr von sich erzählen, damit ich seiner Stimme weiter lauschen konnte.
 

„Wann ist dein Blind Date?“, erkundigte er sich. Sein Interesse war sogar echt. Jedenfalls kam es so rüber.
 

„Meine Mutter hat es für Samstagabend geplant. Wir gehen in ein schickes Restaurant und ich hoffe, dass es nicht das größte Desaster auf Erden wird. Am Ende ist er doppelt so alt wie ich.“
 

„Vielleicht versetzt er dich ja auch“, kam es von S und ich stieß einen empörten Laut hervor.

Es war nur kurz, höchstens eine Millisekunde (oder zwei), in dem ein Lachen aus meinen Lautsprechern kam. Das Flattern in meinem Bauch wurde heftiger und die Gänsehaut war überall. Es war schön. Dieser Mann hatte nicht nur eine schöne Stimme, sondern auch ein schönes Lachen. Wenn man das überhaupt als Lachen bezeichnen konnte, immerhin verpuffte es so schnell, wie es auch gekommen war.
 

„Ehrlich gesagt hoffe ich sogar, dass er mich versetzt.“
 

„Wenn du so weitermachst, wirst du unverheiratet, fett und vereinsamt sterben.“
 

Ich lachte laut auf und wollte gerade etwas erwidern, als urplötzlich der Strom verschwand. Inos erschrockenes Kreischen war aus der Küche zu vernehmen.
 

„Scheiß Bude!“, schrie sie und stapfte laut meckernd an den Sicherungskasten. „Sakura? Bist du wach? Der Strom ist weg!“
 

„Hab ich ja noch gar nicht gemerkt“, hauchte ich enttäuscht. Dabei war S gerade aufgetaut.
 

Dennoch stand ich lächelnd auf und schlich vorsichtig aus meinem Zimmer, um Inos Wut zu bändigen. Vielleicht, aber nur vielleicht, konnte ich sie mit meiner entstandenen guten Laune ja anstecken.

Ino Yamanaka war sich noch nie für Konsumfreuden zu schade. Ganz gleich was es auch war. Sei es kostbares Olivenöl aus dem Edelschuppen in der Innenstadt, auf ihren eigenen Wunsch individualisierte Handtaschen (aber sie kaufte eigentlich jede Tasche, die ihr besonders gefiel) und natürlich Pralinen. Ino liebte Pralinen. Angeblich würde sie sogar alle aus der Schachtel essen, aber ich weiß, dass sie bei dieser Aussage eher flunkert. Manche Pralinen haben nämlich wirklich einen ungewöhnlichen Geschmack, die meistens wirklich nicht Inos Geschmack waren. Bloß nichts Neues. Etwa so wie „Was der Bauer nicht kennt, isst er nicht“. Als gute Freundin allerdings tat ich immer so, als sei ich zu 100% überzeugt und sie schenkte mir die Überbleibsel in der Schachtel, die sie nicht mochte. Schokolade war Schokolade. Ich liebte Schokolade.

Der blonde Wirbelsturm kaufte jedenfalls alles. Egal was. Hauptsache es war süß, knuffig oder total-sweet. Selbst Espadrilles kaufte sie. Espadrilles? Ja, Espadrilles. Es hörte sich für mich das erste Mal eher nach einer Art Tacos an. Irgendwas Mexikanisches.

„Espadrilles sind leichte Sommerschlupfschuhe, deren verschlussloser Schaft aus Baumwolle oder Leinen und deren Sohle aus geknüpften Pflanzenfasern besteht. Die sind jetzt mega im Trend und sowas von süß!“, erklärte sie mir, als sie mit vier verschiedenen Espadrilles von einer Shoppingtour zurückkam. Bis auf die Farbe waren es aber dieselben. Worauf ich aber hinaus will: Ino Yamanaka liebte es zu shoppen. Sie vergötterte Shoppingtouren, ob alleine oder mit Freunden. Am liebsten wäre sie jeden Tag shoppen gegangen. Ein Pech für sie, dass sie sich das nicht leisten konnte. Natürlich schlug ich ihr jedes Mal vor, nach Dubai zu fliegen, sich an den Pool zu legen (mit dem knappsten Bikini überhaupt) und einfach zu hoffen, dass ein neureicher Scheich auf eine weitere Ölquelle gestoßen war und sie sich als zweite oder dritte Ehefrau leisten konnte.
 

Nun ja, ich stand seit ungefähr dreißig Minuten am Hauptbahnhof, trank meinen Starbucks Kaffee und wartete auf meine Mitbewohnerin, die es sich höchstpersönlich zur Aufgabe machte, mich für mein anstehendes Blinddate einzukleiden. Ich sagte ihr, dass ich überhaupt keine Lust darauf hätte und das ich genügend Kleidung im Schrank hatte und selbst wenn ich nichts Passendes gefunden hätte, wäre sicher etwas in Inos Fundus zu finden gewesen sein. Sie lachte mich aus, schüttelte ihre lange, blonde Mähne und verabredete sich mittwochs mit mir in der Innenstadt. Ich war sogar extra früher von der Arbeit gegangen. Für Ino Yamanaka ließ ich einen kleinen Artikel halb angefangen auf meinem Laptop vor sich hin vegetieren. Mir entfloh ein Schnaufen und genervt pustete ich die feinen Ponyfransen aus dem Gesicht.
 

Meine Gedanken schwappten unwillkürlich zu S. Das letzte Mal, an dem ich mit ihm schrieb, war Montag. Den ganzen Dienstag über hatten wir nicht wirklich Strom. Leider kam das hin und wieder tatsächlich in der Bruchbude vor, dennoch liebten wir beide unsere kleine Wohnung. Ich überlegte fieberhaft, ob ich ihn überhaupt noch antreffen würde oder ob sich Mr. Mysteriös schon längst wieder abgemeldet hatte. Immerhin war der Wetteinsatz drei Tage. Ich knabberte an meiner Unterlippe, eine Angewohnheit, die ich seit der High School nicht los wurde. Der Gedanke daran, dass ich ohne ihn in den Fängen des Online-Datings war, stimmte mich traurig. Natürlich war der Gedanke oder besser gesagt: meine Laune nicht komplett nachvollziehbar. Wir schrieben ja noch nicht lange miteinander. Aber zwischen den ganzen Anmachsprüchen, Einladungen zu Sex-Dates und … ziemlich freizügigen Bildern, war es wirklich angenehm, jemandem wie ihm begegnet zu sein. Außerdem machte ich es mir unterbewusst zur Aufgabe, ihn via Nachrichten aufzutauen. Ich war der festen Überzeugung, dass seine Gefühlswelt eher einem Kühlschrank glich. Wobei ich mit einem Schmunzeln gestehen musste, dass ich auch nicht unbedingt innerhalb weniger Chat-Gespräche und einem viel zu kurz geratenen Sprach-Chat aufgetaut wäre. Eigentlich war ich bei ihm ganz anders, als ich es sonst war. Während ich beispielsweise die netten Einladungen höflich abgelehnt hatte (ich hab mich selbst für die Gemächt-Fotos der Männer bedankt, warum auch immer), war ich bei ihm nicht wirklich freundlich. Es war so interessant zu sehen, wie er reagierte und so ganz unter uns gesagt, es war mal erfrischend anders, dass man Jemandem ganz direkt und ohne Verschönerungen etwas an den Kopf werfen konnte. Ich weiß allerdings noch heute nicht, ob es einfach an seiner Art lag oder aber an der Anonymität, die mit dem Online-Dating händchenhaltend den ganzen liebeswütigen Menschen dabei zusah, wie sie sich gegenseitig scharf machten (oder anwiderten).
 

Ich stand also schon ewig am Hauptbahnhof, betrachtete hin und wieder einen attraktiven Mann und stellte mir sogar vor, wie S wohl aussehen würde. Mir fiel ein, dass ich ihn nicht mal danach fragte, wo er wohnte. Wer weiß, vielleicht lief S gerade schon zum fünften Mal an mir vorbei und ich war zu doof, um ihn nach seinem Wohnort zu fragen. Ich knirschte mit den Zähnen und warf meinen Kopf in den Nacken. „Herrgott Ino! Wo bleibst du?! Meine Gedanken laufen Amok! Lenk mich ab“, murrte ich und stampfte zur Unterstreichung meines Ärgernisses auf den Boden. Ein Kichern ertönte neben mir und ich zuckte erschrocken zusammen. Breit grinsend stand sie neben mir und lächelte selig, als sei sie pünktlich. Ohne auch nur einer Sekunde Verspätung. Ich hob meine Augenbraue und musterte sie. Natürlich kam sie nicht direkt von der Arbeit. „Warst du ernsthaft zuhause und hast dich geduscht?“, brummte ich. Als Antwort erhielt ich ein Nicken: „Ich kann doch nicht verschwitzt von der Arbeit in super tolle Klamotten steigen!“

„Du hättest vielleicht dann sagen können, dass du später kommst? Ich hätte meinen Artikel fertig schreiben können, noch gemütlich etwas Essen und dann wäre ich erst nach all dem hierher gekommen!“, entgegnete ich verstimmt. Meine Laune war im Keller. Nichts ärgerte mich mehr, als Unpünktlichkeit.
 

„Schätzchen, etwas frische Luft tut der Seele gut. Außerdem hättest du ja den einen oder anderen Typen ansprechen können. Den Kaffee hast du dir sicher wieder selbst gekauft“, lachte sie und hakte sich bei mir unter.

„Weißt du, eigentlich fühl ich mich schon den ganzen Tag so schlecht. Ich fürchte, es wird eine Migräne-Attacke. Wollen wir das nicht einfach verschieben? So… in zwei Wochen?“

Ich starrte sie mit einem perfekten Hundeblick an, der erfolglos an ihr abprallte. Resigniert stieß ich einen Seufzer aus. Sie brauchte mir nicht einmal antworten, ich wusste es ja ohnehin. Ich war in einem Strudel gefangen und keiner war hier, um mir ein Rettungsseil zuzuwerfen.

„Hopp-Hopp. Wir haben nur vier Stunden Zeit, dann machen die Läden zu!“ Ihr Enthusiasmus war grenzenlos und wurde von meiner Unlust verschluckt. Sie merkte das nur nicht.
 

Wir landeten keine vier Minuten später im ersten Laden. Keine zwei Sekunden nach Eintritt hielt Ino mir bereits einen Lederrock und eine weiße Bluse hin. „Meinst du nicht, ich sehe dann eher aus wie eine Kellnerin?“

Ihr entfloh ein Glucksen und sie schob die Kleider auf dem Ständer hin und her. „Aber dann eine sexy Kellnerin. Das kommt mit in die Umkleidekabine! Darauf ein richtig heißer Schuh, der muss raus stechen“, sie stoppte in ihrer Bewegung und legte ihre Stirn nachdenklich in Falten, ehe ein Leuchten in ihren Augen erschien, „Ein roter Schuh! Oder in einem Azurblau! Obwohl, das passt vielleicht nicht zu deinen Haaren.“

„Wie wäre es denn damit, wenn ich einfach zuhause bleibe?“

„Nein.“

„Hm. Okay. Und wie wäre es dann mit einfachen Sneakern?“, schlug ich vor.

Ino schüttelte erneut ihren Kopf und drückte vier weitere Blusen in meine Hand.

„Du musst den Kerl beeindrucken! Scharf machen auf das, was er haben könnte“, erklärte sie und besah sich ein kurzes purpurrotes Kleid mit geradem Schnitt und V-Ausschnitt. „Ich würde darin hammermäßig-gut aussehen“, flüsterte sie und klemmte sich den Bügel unter den Arm.
 

Nach weiteren zehn Minuten stand ich in der Umkleide und hatte mich tatsächlich in den Rock gezwängt. Und ich meine wirklich gezwängt. Oder gequetscht. Ich quetschte mich in einen Rock, der so eng saß, dass ich meine Beine nicht bewegen konnte. So gut es eben bei mangelnder Bewegungsfreiheit ging, versuchte ich wieder aus dem Kleidungsstück zu kommen, verlor dabei das Gleichgewicht und fiel mit hochrotem Gesicht und einem lauten, erschrockenen Japsen aus der Umkleide. Peinlich. Mega peinlich. Ino lachte Tränen, andere Kundinnen hielten sich kichernd die Hände vor den Mund und ich starb tausend Tode auf dem billigen Parkettboden des Ladens.

Das nächste Kleidungsstück war ein Kleid in einem blassgrün, das mich eher so aussehen ließ, als würde ich in ein Survival-Boot-Camp gehen. Camouflage mal anders eben. Ich hätte mich neben einen Baum stellen können und wäre sicher noch als exotische Blume rüber gekommen. Perfekte Tarnung. Ich muss fairerweise sagen, dass nach knapp fünf Fehlgriffen seitens der Yamanaka tatsächlich Outfits dabei waren, die mir gefielen. Nur der Preis nicht ganz so. Während Ino gerne das Geld ausgab, war ich eher der Sparfuchs. Und ich war stolz drauf. Das hatte ich von meiner Großmutter.
 

„Schätzchen, wie wäre es, wenn wir in den nächsten Laden ziehen? Hier ist wohl nichts Umwerfendes dabei.“

„Wolltest du nicht auch dieses Kleid noch anprobieren?“

„Habe ich, als du mit dem Rock einen erbitterten Kampf geführt hast. Der Ausschnitt war mir doch zu freizügig. Sai würde mir den Kopf abreisen, wenn ich damit ankomme. Oder er würde es mir im Schlafzimmer erlauben, wenn du verstehst“, sie zwinkerte mir vielsagend zu und zog mich an der Hand aus dem Laden. Ich war wirklich glücklich da raus zu kommen. Bestimmt waren schon Schweißränder unter meinen Achseln erkennbar. Ich rollte mit den Augen, als sie mich ins nächste Geschäft zog.

„Lieber Gott, verschone mich!“, hauchte ich und beobachtete meine Freundin, wie sie erneut nach mehreren Sachen gleichzeitig griff. Eine Stunde Sport im Fitnesscenter war nichts im Vergleich zu einer halben Stunde Shopping mit Ino.
 

Schlussendlich kehrten wir nach drei Stunden Power-Walken mit vier vollen Einkaufstüten nachhause zurück. Alle vier Tüten gehörten übrigens Ino, denn nachdem ich nach einer Stunde damit begann meine Strategie zu ändern und bei jedem Outfit davon zu schwärmen, wie heiß es an Ino aussehen würde, verfiel sie in einen Ino typischen Kaufrausch. Vielleicht war es wenig ehrenhaft, ihre Schwächen zu meinem Vorteil zu machen, aber im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt!

Und wenn ich shoppen ging, führte ich einen Krieg mit Stoffen, Mustern und Schnitten!
 

„Checkst du jetzt, ob dein S online ist?“, fragte sie mich, als sie sich auf dem Küchenstuhl niederließ.

„Er ist nicht mein S“, pfefferte ich und nahm mir eine Banane aus der Obstschale, „Wieso haben wir uns nichts zu essen geholt?“

„Dann wäre es wieder ein Burger gewesen oder eine Pizza“, entgegnete sie.

„Na und?“

„Du solltest jetzt vielleicht weniger essen. Mit Glück hast du bis zum Wochenende nochmal bisschen abgespeckt. Ein kleinerer Blähbauch oder so“, grinste sie.

Ich bewarf sie mit der Bananenschale und verließ die Küche.

Wie immer warf sie ein „War doch nur ein Scherz!“ hinterher und versicherte mir, dass ich nicht fett sei und mir darum keine Sorgen machen müsse. Das war wahre Freundschaft.
 

Aber sie hatte Recht mit ihrer Vermutung. Ich schwang mich auf mein Bett und zog den Laptop näher. Gottseidank funktionierte der Strom heute wieder. Mit aufgeregtem Herzklopfen loggte ich mich ein und besah mir meine Kontaktliste.
 

Er war nicht online.
 

Mein Herz machte einen enttäuschten Hüpfer und ich stopfte das letzte Stück Banane in den Mund und ließ mich in meine weichen Kissen fallen.

„Na toll…“, brummte ich und schloss die Augen, „Der kommt sicher nie wieder online!“
 

Gerade als ich beschlossen hatte, den Laptop runter zu fahren und mich vor den Fernseher zu werfen, hörte ich das gewohnte Pling-Geräusch und richtete mich auf.
 

Das war wirklich der schönste Moment an diesem Abend.

Dabei war es eigentlich recht amüsant mit Ino eine Shoppingtour zu machen, bei der irgendwann doch sie im Vordergrund stand. Aber hey, ich hatte ja nichts dagegen. Ganz im Gegenteil.
 

Ich besah mir das blinkende Nachrichtenfenster von S. Mein Herz flatterte in meiner Brust herum und gerade als ich es öffnen wollte, stoppte ich.
 

„Oh bitte-bitte-bitte ist er nicht sauer!“

Es war nur eine Nachricht. Ein blinkendes Fenster auf meinem Laptop. Was sollte denn schon groß passieren, wenn ich darauf klickte? Die Decke würde wohl eher mit geringer Wahrscheinlichkeit auf mich niederprasseln…, dennoch zögerte ich. Warum auch immer. Aber meine Euphorie verpuffte von Sekunde zu Sekunde mehr. Dabei war es nur ein Nachrichtenfenster. Das blinkte und blinkte und blinkte.

Und S war auf der anderen Seite entweder am Löschen seines Accounts oder er regte sich über meine mögliche Unfähigkeit auf, die neue Mitteilung zu entdecken.

Meine Lippen waren plötzlich trocken, die Kehle kratzte und meine Finger begannen zu zittern, dabei gab es dazu keinen Anlass.

Vielleicht war Narutos Annahme bezüglich meines Pessimismus gar nicht mal so falsch. Aber um ehrlich zu sein, war das ja nicht unbedingt schlecht. Immerhin lag ich entweder immer richtig oder ich wurde eines Besseren belehrt. So gesehen gehörte ich wohl doch zu den Optimisten.

Ich presste zischend die Luft aus meinen Lungen und starrte meinen Bildschirm an. Dieses ganze Online-Ding fing an mich verrückt zu machen. Was genau erwartete ich eigentlich?
 

„Schätzchen?“, fragte mich meine Mitbewohnerin mit besorgtem Blick, „ist alles ok?“

„Ich hab eine neue Nachricht“, antwortete ich ihr und stieß einen Seufzer aus.

Ihre Augen funkelten erfreut und sie lehnte sich gegen den Türrahmen. „Und was für eine?“

„Ich weiß es noch nicht.“

Sie hob eine ihrer fein geschwungenen Augenbrauen an und trat in mein Zimmer. Auf ihrem Weg zu meinem Bett sammelte sie vorsichtig meine braune Jacke auf und warf sie auf den bunt gestreiften Sessel. „Sag bloß du hast Angst“, kicherte sie verhalten und ließ sich auf dem Bettende nieder.
 

„Weißt du, es ist ja nicht so, dass ich jetzt schon total hin und weg von ihm bin, aber es ist so, hm, wie soll ich es nur erklären?“ Ich blickte kurz zur Decke, ehe mein Blick sich wieder auf Ino legte. „Unter den ganzen Freaks ist er normal, aber nicht so normal, dass er langweilig wirkt. Und ich hab damit begonnen, ihn tatsächlich kennen lernen zu wollen.“

Die Blondine schmunzelte und streckte sich genüsslich auf meinem Schlafplatz. Ihr Blick wanderte zur Decke hinauf.

„Was ist so schlimm daran?“

„Ich führe mich auf wie ein pubertierendes Mädchen.“

Ihr entfloh ein Lachen und sie stemmte ihren Oberkörper hoch, um mich erheitert anzustarren. Ich schmunzelte.

„Weißt du, ich glaube wir werden für immer und ewig pubertierende Mädchen sein. Hoffentlich. Das macht das Leben aufregend und spannend und sowas von nicht vorhersehbar.“
 

Ohne es wirklich zu wollen, entlockte sie mir ein ehrliches Lachen.
 

„Weißt du, vielleicht, aber wirklich nur vielleicht, bin ich tatsächlich dazu bereit, mich mehr mit diesem Online-Zeug auseinanderzusetzen. Nicht auf beruflicher Basis, weil ich einen Artikel darüber schreiben muss. Ich hab schon seit Ewigkeiten nicht mehr mit einem Mann gesprochen, den ich wirklich von A bis Z kennen lernen wollte. Den ich reizen und bei dem ich die Grenzen austesten wollte. Das stand nie im Fokus bei mir. Aber jetzt, sieh dich an… du bist in einer guten Beziehung und alles an dir leuchtet doppelt so stark wie sonst und ich will das eventuell doch mehr als ich es zugebe.“ Ich schnaufte. „Ich habe das Gefühl irgendetwas fehlt in meinem Leben. Gott, ich verfalle in Panik. Dabei… ich will, ich weiß gar nicht was ich wirklich will. Aber ich will küssen im Regen, weinen vor Glück und ich will einfach mehr als jetzt. Wegen dir bin ich verrückt geworden. Weil du damit angefangen hast. Du bist schuld.“
 

Sie robbte mit einem aufmunternden Lächeln vor mich und klappte den Laptop zu.

„Hol erst mal tief Luft“, schlug sie vor und der nächste Atemzug meinerseits wirkte befreiend in meiner Lunge.
 

„Warum überstürzen? Weil deine Mum jetzt ein Date organisiert hat und ich dich bei einer Single-Börse angemeldet habe?“

„Ich fühle mich schon etwas bedrängt“, gab ich kleinlaut zu und verschränkte die Arme vor der Brust, was Ino mit einem leisen Glucksen kommentierte. Ich musste wie ein bockiges Kind aussehen.

„Ich bin etwas egoistisch veranlagt. Ich will auf ein Doppeldate! Mit meiner besten Freundin und ihrem Lover und ich will das andere uns dann neidisch anstarren, wenn wir auf unseren High Heels die Pflastersteine in der Innenstadt herauf stolzieren und vor einem super schicken Restaurant unsere Männer auf uns warten. Natürlich wird Sai der besser Aussehende von beiden sein.“ Sie zwinkerte mir lachend zu und ihre Wangen schimmerten rötlich. Das passierte ständig, wenn sie auch nur den Namen ihres Freundes aussprach. So verliebt war sie.

„Ich schaff das aber auch alleine. Einen Mann zu finden“, brummte ich. Mit einer fahrigen Bewegung wischte ich mir die Strähnen aus dem Gesicht und starrte auf meinen Laptop, der nun zugeklappt auf meinem Schoß lag.

„Du wartest darauf, dass ein Mann dich anspricht und dich verzaubert und wie ein strahlender Prinz dein Herz erobert. Im Sturm. Das war vielleicht mal so und ich will nicht ausschließen, dass es solche Prinzen tatsächlich noch gibt, aber… du kannst ja dennoch offen sein.“

„Bin ich. Aber ihr zerrt alle an mir, als hätte ich kein Eigenleben. Und manchmal gibt es eben Momente, da vertrage ich das überhaupt gar nicht.“
 

„Schätzchen, jetzt sei mal ehrlich, wovor genau hast du denn jetzt Angst?“

Ihre blauen Augen schienen in mir zu lesen wie in einem offenen Buch und sie legte ihre Stirn fragend in Falten.
 

„Mir ist bewusst geworden, dass ich mich auf die Nachrichten freue. Dabei haben wir kaum geschrieben. Meine Hände werden feucht und ich bin aufgeregt. Es ist alles so neu und aufregend und S ist so… er ist… so herrlich erfrischend in seiner Art.“
 

Sie verzog ihren Mund zu einem breiten Lächeln, das ansteckender war als ein Grippevirus. Sie tippte mit ihrem Zeigefinger gegen meine Stirn, was ich mit einem murrenden Laut kommentierte.
 

„Hast du Angst, dass das die letzte Nachricht von ihm sein wird? Stirni, das wirst du nie erfahren, wenn du jetzt nicht einfach die Message öffnest und liest. Dass aufregende Neue wird nicht schlagartig aufhören, nur weil S möglicherweise nicht mehr da sein wird. Und mal ehrlich, er wäre dumm, wenn er nicht dasselbe Interesse an dir hätte, wie du an ihm.“
 

Mit einer schnellen Bewegung klappte sie den Laptop auf und grinste mich auffordernd an. Ich seufzte und knabberte an meiner Unterlippe.

Noch bevor ich Ino aus meinem Zimmer schicken konnte, erklärte sie mir, dass sie sich nicht vom Fleck bewegen würde, ehe ich die Nachricht öffnete. Mein Herz schlug ein weiteres Mal laut in meiner Brust und ich schnappte nach Luft. Ino nickte mir ermutigend zu und formte ihre Finger zu einem Victory-Zeichen.
 

„Na gut“, hauchte ich und lehnte mich gegen die Wand. Erneut nahm ich einen tiefen Atemzug.
 

Und ich öffnete die Nachricht.
 

S: Die Wette wurde übrigens verlängert. Naruto hat seine Flamme nach fünf Jahren endlich das erste Mal geküsst.
 

Ino musste den Stein von meinem Herzen fallen gehört haben oder aber sie sah das erfreute Glitzern in meinen grünen Augen. Sie stand auf, hauchte noch einen Kuss auf meine Wange und lachte laut, während sie mein Zimmer verließ.
 

Sakura: Ist das schlimm?

S: Zu jedem Contra gibt es meist ein Pro

Sakura: Ich denke mal, deine Mutter lässt dich dann länger in Ruhe, was die Vorstellungsrunde der künftigen Schwiegertochter angeht?

S: Exakt

Sakura: Übrigens tut es mir Leid, dass ich vorgestern einfach offline war. Der Strom war weg

S: Kein Problem

Sakura: Sag mal, macht es dir etwas aus, wenn ich dich näher kennen lernen möchte?

S: Inwiefern kennen lernen?

Sakura: Na, wie man sich eben kennen lernt…

S: Du willst eine zweite Runde vom Frage-Antwort-Spiel?

Sakura: So kann man es auch betiteln. Wo arbeitest du?
 

Ich griff in meine Nachttischschublade und zückte meine Notfall-Schokolade, die ich hauptsächlich nach kleineren Alpträumen benötigte. War es tatsächlich ein heftigerer Traum, schlich ich immer zu Ino ins Bett, außer Sai war bei ihr. Und wenn er doch da war und ich es überhaupt nicht mehr aushielt, stand sie immer im Türrahmen und wartete, bis ich sie bemerkte und leise zu mir bat. Das war das Ino-Radar.
 

S: In einem Büro

Sakura: Anzugträger oder locker-flockig in Jeans und Shirt?

S: Willst du hierauf wirklich eine Antwort?

Sakura: Ja, sonst würde ich doch nicht fragen. Dann kann ich dich vielleicht schon etwas besser einschätzen

S: Anhand meiner Kleidung? Da wären wir wieder bei der Oberflächlichkeit

Sakura: Jetzt sag schon

S: Was ist das Erste was dir einfällt, wenn du an Anzugträger denkst?

Sakura: Im Büro? Also letztens war ich auf der Bank und da war einer im schicken Nadelstreifenanzug. Kaum machte er den Mund auf, dachte ich nur: Ein Anzug ohne Inhalt

S: Das schließt du jetzt automatisch auf alle Anzugträger?

Sakura: Nein, natürlich nicht. Aber du fragtest nach meinem ersten Gedanken. Also, was trägst du?

S: Beides.
 

Ich spürte das Grinsen auf meinem Gesicht und das Kribbeln in meinen Fingern. Ich wollte seine Stimme hören und ihm von dem grauenhaften Tag in der Innenstadt erzählen. Selbst von den peinlichen Momenten und ich wollte ihn fragen, welchen Kaffee er trank. Mit Zucker oder ohne. Mit Milch oder doch lieber nur mit Kaffeeweißer. Ich wollte wissen, in welcher Stadt er wohnte und wie er aussah und zeitgleich wollte ich es nicht wissen.

Ohne weiteres Zögern klickte ich den Sprachnachrichten-Knopf und hörte es tuten. Und bei jedem Tuten pochte mein Herz laut mit.
 

Ich hörte ein Husten und das Abstellen einer Tasse auf einem Glastisch. Er räusperte sich und schien ein Bonbon aus seiner Verpackung zu befreien.
 

„Bist du krank?“, fragte ich besorgt.
 

Wieder ein leises Hüsteln, ehe er mit kratziger Stimme ein ‚Ja‘ verlauten ließ.
 

„Sollen wir das Quatschen vielleicht auf ein anderes Mal verschieben?“, brachte ich enttäuscht über meine Lippen. Ich war mir sicher, dass er den Unterton mitbekam.
 

„Das ist nur eine kleine Erkältung. Naruto kommt übrigens gleich vorbei.“

„Bringt er dir Suppe?“, kicherte ich.

Er stieß einen amüsierten Ton aus, ehe er mir heiser versicherte, dass es keine gute Idee sei, Naruto kochen zu lassen.

Und schon im nächsten Moment hörte ich eine schrille Klingel läuten.

„Bin gleich zurück“, versicherte mir S. Der Stuhl kratzte über den Boden und er schlurfte wohl mit Pantoffeln über Laminat. Es war aber durchaus möglich, dass ich mich irrte.

Ich knabberte wartend an meiner Unterlippe, schob mir dann ein Stück Schokolade in den Mund und ließ es genüsslich auf meiner Zunge schmelzen.
 

S‘ Stimme klang etwas abgehakt durch meine Lautsprecherboxen. Er schien sich durch den Raum zu bewegen, hin und wieder eine kurze und fast schon monotone Antwort zu geben, ehe seine Stimme langsam lauter wurde. Er näherte sich und ich hörte Stoff rascheln. Ich stellte mir vor, dass er die Arme vor der Brust verschränkte.
 

„Ich wolle nur nach dir sehen!“

Eine Frauenstimme. Schrill und hoch.
 

„Du bist so schnell weg gewesen und ich hab mir Sorgen gemacht.“
 

„Das ich an einem Husten zugrunde gehe?“, hörte ich ihn brummen.
 

Die Frau schnappte zischend nach Luft und machte einen weiteren Schritt in irgendeine Richtung. Höchstwahrscheinlich näher an ihn heran.

Mein Herz setzte kurz aus und stach in meiner Brust.

Meine Gedanken liefen Amok in meinem Kopf. Was, wenn er bereits in einer Beziehung steckte, nur noch niemandem etwas davon erzählt hatte? Ein Grummeln kroch aus meiner Kehle.
 

„Du kannst gehen.“

Sie stieß einen panischen Laut aus. „Aber Sa-“

„Geh!“

Und sie rauschte davon.
 

In mir stieg währenddessen das Bedürfnis den Sprachchat zu beenden, andererseits wuchs in mir der Wunsch zu wissen, wer das war. Wieder fand ein Stück Schokolade den Weg in meinen Mund und schmollend biss ich darauf herum.

Er ließ sich seufzend wieder auf den Stuhl fallen und noch ehe er etwas sagen konnte, war das bekannte Poltern und Lachen von Naruto zu hören.

„Jo! Teme!“

Definitiv war das Naruto.

„Wieso ist dein Groupie hier gewesen? Wollte sie dich gesund pflegen?“

Ich gluckste.

„Halt die Klappe, Dobe.“

„Oh, sprichst du mit Sakura?“, fragte Naruto ihn und wandte sich dann mit einer freundlichen Begrüßung Richtung Mikrofon.

„Ich bin jetzt mit Hinata zusammen“, verkündete er erfreut und S schien genervt die Luft auszustoßen.

Es war nicht schwer mir vorzustellen, wie er mit den Augen rollte, wenn man mal davon absah, dass ich keinen blassen Schimmer von seinem Äußeren hatte.

„Wer war das übrigens?“, erkundigte ich mich.

„Karin. Sie ist schon seit der Schule in ihn verknallt. Und glaub mir… sie nervt. Teme hat schon tausend Mal ‚Nein‘ zu ihr gesagt und sie versteht es immer noch nicht“, antwortete Naruto.
 

Mein Herz machte einen erleichterten Hüpfer in meiner Brust.
 

„Wie ist Hinata denn so?“

Naruto quiekte vergnügt. „Sie ist bezaubernd. Mein Herz pocht wild in meiner Brust, wenn ich nur an sie denke.“
 

Er erzählte von ihrem langen, glänzenden Haar, das immer nach frischen Erdbeeren duftete und ihrer glatten Haut und den leuchtenden Augen. Sie würde immer rot und verlegen, sobald er sie Hinata-chan nenne, aber könne sich sehr gut verbal gegen Männer behaupten. Sie sei unabhängig und stark und zeitgleich zerbrechlich wie eine kleine Elfe.

Ich schmunzelte und spürte Neid aufkeimen. Nur etwas.
 

„Ich hab mich verliebt, als ich sie das erste Mal lächeln sah“, hauchte er glücklich.
 

S schnalzte mit seiner Zunge und Naruto ließ eine kurze Schimpftirade über S niederprasseln, bis er gegen Ende hin in schallendes Gelächter verfiel.

Was wohl an der kratzigen Stimme lag, die zu jedem Schimpfwort einen Konter parat hielt.
 

„Jungs. Ich unterbreche euch ja nur ungern, aber ich muss jetzt offline. Ich hab meiner Mom versprochen, sie noch anzurufen. Es war schön von dir zu hören, Naruto. Und gute Besserung an Mr. S!“
 

Vielleicht war der Tag doch nicht so schlimm, wie angenommen.

Donnerstage gehörten zu meinen Lieblingstagen. In der Schule war das zum Beispiel immer der Tag, an dem es Reisklößchen in der Kantine und niemals Algebra-Unterricht gab. Gott, ich hasste Zahlen. Eigentlich noch immer, wenn ich es genauer bedenke. An diesen Tagen war meine Mom immer bei ihrem Bücher-Club und wenn wir das mal ehrlich beleuchten, dann war es eher ein Treffen von frustrierten Hausfrauen mit einem erotischen Schmöker auf dem Schoß, die sich kichernd und laut lachend Sekt die Kehle runter kippten. Da ging es selten um literarische Meisterwerke. Für mich war das der ruhigste Abend der Woche. Dad und ich hockten dann zusammen vor dem Fernseher, schauten Sportsendungen und aßen eine Packung Chips nach der anderen. Und Dad sagte nie so etwas wie „Kind, iss weniger“ oder „Mädchen, mit diesem Appetit wirst du nie einen Mann finden. Der wird befürchten, dass du ihm alles vor der Nase weg futterst“.
 

Und es gab an meinen geliebten Donnerstagen durchaus angenehmere Weckmethoden als die, die mich nach einem wundervollen Abschluss eines Mittwochabends zum Aufstehen bewegten.
 

Spontan fiel mir da sogar ziemlich viel ein: Ein zärtlicher Kuss oder ein sanftes Streicheln durch verstrubbeltes Haar. Und mal ehrlich, jede Frau lügt, wenn sie behauptet, die Haare wären morgens keineswegs verstrubbelt oder zerzaust. Natürlich wäre auch eine tiefe, dennoch wunderbar melodische Stimme, die mir zuflüstert, dass das Frühstück auf dem Tisch stünde, nicht so schlecht. Selbst das liebevolle Anschmiegen eines warmen Körpers an die eigene Person… das waren wirklich schöne Weckmethoden. Und das am besten alles noch vor dem ersten Weckerklingeln.

Allerdings war nichts von all dem an diesem Morgen existent. Anstelle eines Mannes mit Waschbrettbauch grüßte mich der Japan Spitz meiner Mom, in dem er mir seine Pfoten auf die Brust drückte und mir mit seiner glitschigen Zunge einmal quer übers Gesicht fuhr. Der kleine, weiße Wattebausch bellte fröhlich, und sprang auf meinem Bett wie ein Flummiball herum. Entweder schien sich mega zu freuen oder aber sie roch womöglich die halbleere Kekspackung, die sich unmittelbar neben mir unter der Bettdecke befand. Direkt neben meinem Laptop und meinem Handy übrigens.
 

„Morgen, Aiko“, murmelte ich verschlafen und kraulte sie hinter einem ihrer Ohren. Ich schob sie sanft von mir weg und vergrub mich tief in meiner Decke, während ich bereits meine Mom auf ihren Höllen-High-Heels durch den Flur stöckeln hörte. Aiko hüpfte aufgeregt und schien die Kekse zu erschnüffeln. Es wurde wohl zur obersten Priorität das Gebäck zu entdecken und bis auf den letzten Krümel in ihren Magen zu befördern. Hibbelig schnappte sie nach meinem gepunkteten Kissen und zog es mir unter dem Kopf weg. Ich grummelte und stieß sie weg, was mir ein erneutes Abschlecken bescherte.
 

„Sie muss auf Aiko aufpassen“, hörte ich meine Mom sagen und vergrub mich noch tiefer in die weichen Laken, „und ihr müsst endlich hier aufräumen.“

Meine Güte, ich konnte mir lebhaft vorstellen, wie sie ihre Mundwinkel verärgert Richtung Keller zog. „Sie soll mit Aiko spazieren gehen. Dreimal. Und heute Nachmittag hole ich sie wieder ab“, wies sie Ino an und schien wieder zur Türe zu stapfen. Meine innere Sakura schrie freudig auf: Ja, ja, ja! Geh einfach wieder. Tu uns allen diesen Gefallen.

Und die Tür fiel krachend zu und irgendwo ganz weit dahinter verschwand das Klicken und Klacken ihrer Manolo Blahniks. Eins musste man meiner Mutter lassen, einen Sinn für Mode und Stil besaß sie schon immer. Mit Ausnahme meiner Hotelteppichboden-Kleider. Aber die waren mehr Mittel zum Zweck.
 

Aiko japste laut, grub ihre Nase zwischen die Deckenfalten und tippelte nervös mit ihren Pfoten auf mir herum. „Aiko, halte es noch ein wenig“, bat ich gähnend. „Nur fünf Minuten, ok?“ Ich starrte die Knopfaugen an und verfluchte das niedliche Aussehen. Grummelnd warf ich meine Beine unter der Decke hervor und schlüpfte in meine rosa Hausschuhe.

Die Hündin sprang auf und wedelte wie wild mit ihrer Rute. „Ich geh kurz auf die Toilette. Lass mir meine Katzenwäsche und dann bin ich ganz dein.“
 

Keine zwanzig Minuten später sprang ich etwas missmutig die letzten Stufen meiner Wohnung hinunter und hörte Inos Lachen im Flur widerhallen. „Singles an der Leine, Achtung Männer“, äffte ich sie nach und schob verärgert die Unterlippe hervor. „Doofe Ziege.“

Ich spürte ihren amüsierten Blick noch immer auf mir, als ich die Straßenseite überquerte. Gottseidank war das nicht wirklich mein Hund. Jeden Tag mehrfach mit dem Tier raus gehen? Nein, danke. Da waren Katzen wohl einfacher. Nicht mal richtig duschen konnte ich, weil Aiko drängelnd vor der Badezimmertür von rechts nach links tippelte.

Zu mehr als einem einfachen Pferdeschwanz, einer dicken Wollstrumpfhose und einem grau melierten Long Pullover reichte die Zeit nicht aus. Dabei war es Mitte Juni und kein einziger Sonnenstrahl schien sich in die Stadt zu verirren. Das war schon als Herbst zu bezeichnen. Mit meinen ausgelatschten Chucks und Aiko an der pinken Hundeleine marschierte ich geradewegs Richtung Park und aus Inos Sichtfeld. Aiko schwang aufgeregt und höchst erfreut ihre Rute von links nach rechts und beschnupperte alles, was unter ihre Nase kam. Hin und wieder fiel ihre Aufmerksamkeit auf den einen oder anderen Rüden, der sich fast schon prollartig vor dem kleinen Wattebausch präsentierte. Sie zierte sich, aber gleichzeitig auch nicht und dann zierte sie sich erneut, schnappte nach dem Rüden ohne sich groß von ihm weg zu bewegen, aber zeigte ihm schon nach einer weiteren Beißaktion ihre Kehrseite. Schneller als ich an der Leine ziehen konnte, war schon das Beschnuppern in vollem Gange.
 

Ich verzog mein Gesicht und verlagerte das Gewicht auf mein linkes Bein und besah mir den Besitzer näher. Sein Blick lag interessiert auf seinem baggernden Hund, der sich gerade an den meiner Mom ran machte: Inklusive dem ein oder anderen Versuch, sie tatsächlich zu besteigen. Bei Tieren ging das alles viel einfacher. Die sagten sich nicht erst ihre Namen und begannen zu tratschen. Die kamen lieber gleich zur Sache.

Der Hundebesitzer lachte kurz auf, als ich schon fast zu hektisch an der Leine zog und ein grummelnder Laut aus Aikos Maul kam.

„Schöner Hund“, bemerkte er. Auf seinem Gesicht erschien ein schiefes Grinsen und seine braunen Haare flatterten im Wind.
 

Sein umwerfendes Lächeln ließ mich schüchterner werden, als ich es eigentlich war.

„Akamaru ist manchmal etwas aufdringlich“, erklärte er. Er schenkte seinem Rüden einen liebevollen Blick und streichelte seinen Rücken. „Ich sehe dich hier zum ersten Mal.“

Ich nickte und strich eine Strähne hinters Ohr.

Er strich sich mit einer fahrigen Bewegung kurz durch seine dunkle Mähne, bevor er mir mit einem einwandfreien Zahnpasta-Lächeln die Hand hinhielt. „Mein Name ist Kiba.“

„Sakura“, antwortete ich und ergriff seine warme Hand. Das Kribbeln in den Fingern überraschte mich.

„Hast du“, er blickte kurz zu Akamaru, „Lust auf einen Kaffee?“
 

Hunde sind großartig! Katzen, tse. Man lernt viel mehr Menschen kennen als mit einer Katze. Die eignen sich für Stubenhocker, aber Hunde passen nur zu Outdoorleuten, zu frischen, jungen und aktiven Menschen. Katzen? Die hocken zuhause auf dem Fenstersims oder auf dem Sofa. Wen sollte man da kennen lernen, außer einer neuen Sorte Schokolade oder den sexy Doktor, der sowieso nur in der Arztserie ein charmantes Lächeln in deine Richtung warf?

In diesem Moment, mit diesem kurzen Mustern von Kiba, fühlte ich mich wirklich alles andere als attraktiv. Vielleicht hätte ich wenigstens ein bisschen Make Up auflegen sollen. Ich stieß einen gedanklichen Fluch gen Himmel. Kaffee mit Aiko? Oder Kaffee mit Hottie und Akamaru? Inos Gesicht tauchte breit lächelnd vor meinem inneren Auge auf. Scheiß aufs Make Up.

„Klar, warum nicht?“, flötete ich viel zu fröhlich und setzte mich in Bewegung. Ein Lachen ertönte neben mir.
 


 

Wir liefen einige Meter durch den Park und blieben am Teich stehen, der erst vor einigen Tagen komplett angelegt worden war. Erst redeten wir so gut wie nichts, nur hin und wieder stellte er mir eine Frage zu Aiko, die ich nicht so beantworten konnte, wie ich es mir wünschte. Herrje, ich sollte mich für meinen nächsten Spaziergang unbedingt intensiver mit Moms Hundedame auseinandersetzen. Dann wäre mir womöglich Besseres eingefallen, als Schweigen und Gekicher. Ich spürte hin und wieder einen Seitenblick von ihm und wippte nervös auf dem Fußballen. „Da vorne ist ein Kaffee Wagen“, bemerkte ich und setzte mich in Bewegung, noch bevor Kiba überhaupt etwas dazu sagen konnte. Ich lächelte schüchtern, als er mir einen großen Becher spendierte und wir langsam unseren Spaziergang fortsetzten. Und kaum hatte ich den ersten großen Schluck des warmen Getränkes zu mir genommen, verwandelte sich dieses Nicht-Gespräch in eine ziemlich einseitige Konversation. Aus mir sprudelten die Fragen, noch bevor er überhaupt die Zeit erhielt, die letzte zu beantworten. Das passierte ständig, wenn ich aufgeregt war. Gedanklich versuchte ich mich immer wieder zu stoppen, aber mir schien es eher zu misslingen. Ino fand das ziemlich süß an mir, wenn ich einfach drauf los plapperte.
 

Kaum fünfzehn oder zwanzig Minuten später standen wir an der Kreuzung, an der wir uns begegneten.

„Gott, Kiba. Es tut mir so leid. Ich plappere viel zu viel“, seufzte ich und nippte an meinem Kaffee. Kiba lachte kurz und wies seinen Hund an, langsamer zu gehen.

„Schon ok“, versicherte er mir. „Ich plappere auch meistens wie ein Wasserfall.“

„Ich bin eher die Niagara Fälle“, brummte ich und strich Aiko durch das weiche Fell.

Kiba grunzte vor Lachen und zog sein Handy aus der Hosentasche.

„Gut, vielleicht waren es mindestens zwanzig Fragen zu viel. Und die waren ein wenig abschreckend.“

Ich schnaufte laut auf. „Gott, ich bin so dämlich. Es tut mir sooo leid!“

Wieder lachte er auf. „Ich wurde immerhin noch nie beim ersten Treffen nach meinem ersten Kuss und nach dem Körperteil befragt, das die meisten Komplimente einheimste.“

Meine Wangen färbten sich rot, doch bevor ich noch etwas erwidern konnte, drückte er mir sein Smartphone in die Hand.

„Wenn du mir deine Nummer gibst, dann melde ich mich bei dir. Vielleicht können wir das demnächst wiederholen.“
 

Schlussendlich ging ich wieder zurück zu meiner Wohnung und stieß Dankesgebete aus, als ich Inos Schuhe nicht vor der Tür stehen sah. Das war ein absoluter Reinfall gewesen. Nicht mal seine Nummer hatte ich. Als ob er sich melden würde.

Aiko gähnte und schlurfte gemächlich in mein Zimmer und ließ sich auf dem weißen Flokati Teppich nieder. Ich lachte bei dem Anblick eines XXL Wattebauschs auf dem Boden auf und ließ mich dann aufs Bett fallen. Routinemäßig startete ich meinen Laptop. Vielleicht war S ja online und konnte mich aufmuntern. Nicht, dass ich wirklich daran glaubte, dass ihm das ähnlich sah. Immerhin kannte ich ihn kaum.
 

Mein Herz kribbelte und machte einen freudigen Hüpfer, als ich seinen Namen entdeckte und ohne eine weitere Sekunde verstreichen zu lassen, betätigte ich den Sprachnachrichten-Knopf.
 

Es tutete ziemlich lange und gerade als ich geknickt den Anruf beenden wollte, hörte ich sein heiseres Husten.

„Bist du immer noch krank?“

Wieder ein Husten, das ich als ein ‚Ja‘ auffasste. Er schob seinen Stuhl zurück und ließ sich ächzend darauf nieder.

„Warst du beim Arzt? Oder wenigstens in der Apotheke?“

„Ja, war ich.“

„Ok“, gab ich zurück und rollte mich auf den Bauch.

„Es ist 13:00 Uhr. Bist du nicht arbeiten?“, fragte er. Im Hintergrund hörte ich leise das Radio.

„Donnerstag ist mein Tag“, antwortete ich und griff nach meiner Kekspackung, „jedenfalls war er das mal.“

Sein Hüsteln ertönte erneut und in mir wuchs der Wunsch ihm eine Suppe zu kochen und ein warmes Erkältungsbad einzulassen. Er schien seine Arme vor der Brust zu verschränken. „Nicht, dass es mich wirklich interessiert, aber… ist was?“

„Findest du, ich plappere zu viel?“

Er lachte kurz auf und musste dann husten. Geknickt stieß ich einen Seufzer aus und drückte mein Gesicht in die Bettdecke.

„Ich war gerade Gassi und da war so ein netter Mann, der mir einen Kaffee ausgegeben hat und was tue ich? Ich frag ihn nach seinem ersten Kuss, wie er sich dabei gefühlt hat und wie er war und danach fragte ich ihn, für welches Körperteil er die meisten Komplimente bekommt und… ich bin so bescheuert. Kein Wunder das ich allein bin. Gott, S, ich werde als alte Jungfer sterben!“

„Jungfer?!“

Ich verdrehte die Augen. Dass er mich überhaupt verstand, wo ich hauptsächlich zur Decke sprach, verwundert mich noch heute.

„S, ist es schlimm, einem Kerl Fragen zu stellen?“

Ich hörte das Tippen von ihm auf etwas.

„Was für Fragen?“, entgegnete er und hob eine Tasse vom Tisch.

„Fragen die mir in den Kopf schießen. Ganz spontan. Sowas wie… wie war dein erster Kuss?“

„War das ein Beispiel deiner Fragen?“

„Nein, eigentlich würde mich deine Antwort tatsächlich interessieren.“

„Frage-Antwort-Spiel schon wieder?“ Er räusperte sich.
 

„Antworte einfach oder sag mir, dass ich bescheuert bin. Streu Salz in die Wunde“, schmollte ich.

Wieder hörte ich ihn räuspern. „Schrecklich und kurz.“

„Wärst du lieber ein Pirat oder ein Ninja?“

Er hustete und ein gedämpftes Lachen drang durch meine Lautsprecher. Meine Haut kribbelte. „Ist das dein Ernst?“

„Antworte doch einfach“, brummte ich.

„Ninja.“

„Warum?“

„Warum nicht?“

„Kannst du gut küssen?“

Es raschelte und er schien sich eine Decke überzustreifen. Ein leises, kaum hörbares Lachen drang an meine Ohren und ich schob verärgert meine Unterlippe vor.

„Hast du ihn das auch gefragt?“

Ich schwieg und setzte mich ächzend auf.

„Hast du ihn dann auch gefragt, wie seine Fertigkeiten im Bett sind?“

Ich schürzte meine Lippen. „Nein! Natürlich nicht! Du bist ja fast schon wie Ino.“

„Ino?“

„Meine Mitbewohnerin und beste Freundin auf Lebzeiten. Manchmal ist das eher eine Strafe“, antwortete ich leise lachend.

„Wo genau liegt das Problem?“

„Ich… keine Ahnung. Was, wenn er mich nicht anruft?“ Meine Stimme musste panisch klingen, denn schon wieder stieß er einen amüsierten Laut aus.

„Hat er also deine Nummer?“

„Ja, hat er. Er hat mich drum gebeten und meinte, man könne das ja wiederholen.“

„Dann hat er Interesse. Sonst würde er nicht deine Nummer wollen.“

Ein dümmliches Grinsen erschien auf meinem Gesicht. Natürlich. Wozu wollte er sonst meine Nummer? Bestimmt nicht, um für ihn auf seinen Hund aufzupassen. Ich gluckste.
 

„Hey, Sakura. Ich muss jetzt los. Meine Assistentin kommt gleich und bringt mir einige Verträge, die ich noch durchschauen muss.“ Er hustete. „Aber eine Frage hätte ich noch.“
 

„Die wäre?“

„Für was an deinem Körper bekommst du die meisten Komplimente?“

„Haha, sehr witzig.“

Dann war er offline und ließ mich lachend auf meinem Bett zurück. Ich dachte daran, dass vielleicht auch S irgendwann meine Nummer haben wollte und das blöde Grinsen verstärkte sich.

Was machst du?“

Meine Mom legte entsetzt ihre Stirn in Falten, während ich mit dem Löffel in meiner Suppe herum rührte. Etwas Zeit schinden war nie verkehrt. Okay, es hatte kaum Wirkung, die Brühe zu verrühren. Den stechenden Blick meiner Mutter spürte ich dennoch. Auch wenn da ein Hauch Sorge mitschwang. Mein Dad hätte sicher gelacht und sich dabei seinen dicken Bauch gehalten, auch wenn er immer behauptete, es gäbe da nichts zu halten. Er sah aus wie ein XXL Teddybär.

Ich zog die Schultern in die Höhe und schob mir ein Stück des selbstgemachten Baguettes in den Mund. Das Kauen versuchte ich absichtlich etwas in die Länge zu ziehen.

„Liebes, vielleicht bin ich etwas zu altmodisch in dieser Sache. Aber ich hege einen Groll gegen dieses Internet. Hab ich das Konzept dieses Online-Datings richtig verstanden? Du schreibst mit wildfremden Leuten, die du nie gesehen hast? Ist das nicht lächerlich?“

„Mom, das ist keineswegs lächerlich. Viele Paare lernen sich heutzutage so kennen“, entgegnete ich.

„Wie soll man jemanden dort treffen, den man lieben und für immer und ewig schätzen kann? Im Internet? Das ist unmöglich, Liebes. Die Person, die am anderen Ende des Computers sitzt, könnte ein Axtmörder sein. Oder ein Vergewaltiger.“

Meine linke Augenbraue schoss wie von selbst in die Höhe und ich starrte sie empört an. „Mom, findest du nicht, dass du ein wenig übertreibst? Du hast doch sowieso keine Ahnung davon.“

Ihr entkam ein Lachen und ihre grünen Augen schimmerten. „Kannst du nicht einfach einen normalen Mann kennen lernen? Geh öfter aus und arbeite nicht so viel. Wer weiß, vielleicht klappt es auch mit dem Schnuckel, den ich für dich an Land gezogen habe.“ Sie zwinkerte mir zu und tippte mit ihren rot lackierten Nägeln auf den Tisch.

„Ich arbeite nicht zu viel“, erwiderte ich verärgert. Der Appetit auf die Suppe verschwand im Sekundentakt, bis ich entnervt den Teller von mir schob.

„Ich hab bisher noch keinen Mann getroffen, mit dem du liiert warst.“

„Ok. Ja, ich bin 26 Jahre alt und ich war wahrscheinlich in den letzten“, ich biss mir kurz auf die Zunge, „zwei oder drei Jahren nicht mehr auf einem Date. Aber das hat rein gar nichts zu sagen. Ich bin beschäftigt und will mich beruflich weiter entwickeln. Was ist daran verkehrt? Immerhin bin ich selbstständig und von niemandem abhängig.“ Ich rümpfte meine Nase. „Und das soll auch so bleiben“, nuschelte ich.

Meine Mom rollte mit ihren Augen und schnalzte mit der Zunge. Das tat sie immer, wenn sie etwas nicht gutheißen konnte und wollte. „Ich behalte also Recht damit, einen geeigneten Mann für dich ausgesucht zu haben.“

„Ach? Ein Blind Date ist also in Ordnung, aber Online-Dating nicht?“

„Ich kenne dein Blind Date.“

„Du hast dieses Date einmal gesehen und wahrscheinlich solange auf ihn eingeredet, bis er nicht anders konnte, als sein Einverständnis zu geben. Und das Blind Date kann genauso gut ein Axtmörder sein. Oder ein Vergewaltiger.“

Sie lachte laut auf. „Ich bin in deinem Alter in den Club und habe den Männern den Kopf verdreht. Da gab es dieses moderne Etwas noch nicht.“

Mir entfuhr ein Kichern, während ich ihr erklärte, dass ein Schuppen ein paar Kilometer außerhalb ihres Geburtsortes keineswegs als ‚Club‘ zu bezeichnen war.

Meine Mutter schnaubte vergnügt. „Wir machten den Schuppen zum Club und glaube mir, ich war die attraktivste Frau auf allen Partys“, erzählte sie und ihr Grinsen wurde eine Spur breiter. „Liebes, ich bin mir sicher, dass du das auch könntest, wenn du mehr auf dich achten würdest. Hin und wieder wäre Make Up gar nicht so verkehrt. Viel brauchst du nicht, immerhin hast du meine Gene.“
 

Es war mein Dad, der diesen Familientag forderte. Aber meistens war er nicht da, wenn wir uns trafen. Ein Hoch auf den Außendienst. Immer unterwegs und zur richtigen Zeit nicht da.
 

Hin und wieder beschlich mich der Gedanke, dass er diesen Job absichtlich gewählt hatte. Meine Mutter konnte manchmal fürchterlich sein. Vielleicht lag es daran, dass die Trennung irgendwann kam. Es war nur eine Frage der Zeit.

Für mich jedenfalls bedeuteten diese Tage, mehr Zeit mit ihr zu verbringen und mir war mir eventuell herausgerutscht, dass ich mich bei dieser Online Dating Seite angemeldet hatte.
 

Klar erwähnte ich, dass ich hierzu auch einen Artikel schrieb. Hoffte ich zumindest, immerhin hatte ich bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinen einzigen Satz zu Papier gebracht.
 

Ich spürte den stechenden Blick meiner Mutter auf mir ruhen und sah vom Tisch auf. „Mom, wie sieht er aus?“

„Er ist ein sehr schöner Mann.“ Ihre Augen begannen zu leuchten. Sie himmelte mein Blind Date an und das ganz offensichtlich vor mir.

„Kann ich mehr Infos bekommen oder ist das so eine Art Wundertüte?“

Sie lachte laut auf und strich sich eine ihrer losen Strähnen hinters Ohr. „Er ist groß, aber kleiner als dein Vater.“

„Dad ist ja auch Riese. Er hätte Profibasketballer werden sollen, als er noch jung war.“

„Dazu hätte er in seiner Jugend den Korb mal treffen müssen. Oder den Ball fangen können“, sie machte eine kurze Pause und schien nachzudenken, „oder überhaupt sportlich sein müssen.“

Ich lachte. „Also, er ist groß. Was noch?“

„Dunkles Haar. Ich habe noch nie einen Mann gesehen, der solch gepflegtes Haar besitzt“, schwärmte sie. Wäre das hier ein Comic, würden ganz sicher tausend Herzen über ihrem Kopf aufblinken.

Ob S‘ Haar wohl auch dunkel und gepflegt war? Als Anzugträger sollte man das ja immerhin haben.

„Wie heißt er?“, fragte ich.

„Das verrate ich dir nicht. Das nimmt den ganzen Reiz und die Aufregung!“

Ich rollte mit den Augen und blickte kurz auf die Uhr. Immerhin war ich seit zwei Stunden hier und ich fand, dass ich meinen Soll erfüllt hatte. Zwei Stunden waren immerhin 60 Minuten mehr, als meine Grandma aushielt. „Mom? Wo ist Grandma?“

Meine Mutter pustete entnervt die Luft aus ihren Lungen und stand auf, um den Tisch abzuräumen.

„Sie ist spazieren. Mit Mr. Yamashida. Sie hat ihn beim Spaziergang mit Aiko im Park getroffen und jetzt hat sie ein Date.“

„Sie hat einen Mann kennen gelernt?!“

Ich schämte mich in diesem Moment in Grund und Boden. Meine 84-Jährige Großmutter schaffte das, woran ich kläglich scheiterte.

„Später wollen sie noch essen gehen. Weißt du, deine Großmutter ist öfter draußen als du.“

„Mom!“
 

Nach weiteren zehn Minuten verabschiedete ich mich von ihr und machte mich auf den Weg nach Hause. Am Telefon war sie eindeutig besser zu ertragen, denn dort konnte ich mich nebenher noch auf andere Dinge konzentrieren. Dabei wollte ich viel mehr von meinem Blind Date erfahren. Wer wusste schon, was sich meine verrückte Mutter alles einfallen ließ? Sicher musste ich mir eine Rose ins Haar stecken. Oder war mein rosafarbenes Haar als Erkennungszeichen ausreichend?
 

Als ich daheim ankam, musste ich enttäuscht feststellen, dass Ino schon wieder weg war. Sie war die Partymaus schlechthin. Manchmal fragte ich mich, wie wir zwei überhaupt so gute Freunde sein konnten. Wir waren wie Feuer und Eis. Ich schlüpfte aus meinen Schuhen und warf den Schlüssel auf das weiße Sideboard im Flur. Mein Weg führte mich in Inos Zimmer und ich öffnete den Kleiderschrank. Das war übrigens ihr heiliger Gral. Ich schob die Kleiderbügel von links nach rechts und betrachtete jedes einzelne Stück. Entweder es war zu bunt, definitiv zu klein oder aber viel zu freizügig. Aber Ino konnte ruhig zeigen, was sie hatte. Ich beneidete sie vor allem um ihre Oberweite. Mein Vorbau war im Vergleich zu ihrem klein.

Ich schnappte mir das schwarze Chiffon Kleid mit den goldenen Zierstreifen auf den Schultern, das ich mir schon letztes Jahr zur Weihnachtsfeier von ihr geborgt hatte. Ich liebte dieses Kleid. Und ich sah wirklich heiß darin aus. Das grüne Kleid, das sie vor zwei Wochen gekauft hatte, warf ich kurzerhand zu meiner Auswahl aufs Bett. Es gesellten sich noch eine marineblaue Bluse, ein schlichter Pullover in Anthrazit und zwei Bleistiftröcke hinzu. Voll beladen stolzierte ich in mein Zimmer. Den Fundus an Schuhen wollte ich erst aufsuchen, wenn das Outfit stand.

Mit einem lauten Seufzen schmiss ich die Klamotten auf mein Bett und zog noch einige meiner eigenen Lieblingsteile aus dem Schrank. Ich kratzte mein Kinn, während ich das Sammelsurium auf meinem Bett betrachtete.
 

Herrje, ich konnte Ino gerade Konkurrenz machen, was die Auswahl an Kleidung für ein einziges Treffen anging. Und wenn ich daran dachte, dass Ino das jeden Tag machte, schauderte es mir. Kritisch zog ich wieder einige Teile vom Bett und platzierte sie auf dem Sessel.

Mehrere Blusen, schwarz, weiß, cremefarben, und zwei Pullover, ein Bleistiftrock, zwei Flatterröcke und meine zwei einzigen Hosen, die schicker waren als Jeans.
 

Das Chiffon Kleid hing ich vorsichtig an die Tür. Ich musste alles anprobieren, um sicherzustellen, dass mich Kleidungsstück A nicht wie eine Kartoffel aussehen ließ oder Auswahl B mir die Luft abschnürte, weil ich schon ein wenig dicker war, als meine beste Freundin. Mir entfuhr ein gequältes Stöhnen und ich ließ mich auf mein Bett fallen. Wenn man Ino Yamanaka mal brauchte, war sie nicht da. Ein Blick und zwei Handgriffe später läge mit Sicherheit das Outfit auf dem Bett.
 

Vielleicht würde ich auch das Glück haben und morgen mit einer Grippe aufwachen. Ich startete meinen Laptop und spürte das freudige Kribbeln in meinen Fingern, als ich S online entdeckte. Ohne eine weitere Sekunde verstreichen zu lassen, rief ich ihn an.
 

„Hi“, begrüßte er mich. Seine Stimme klang bereits fester als am Vortag.

„Hey“, erwiderte ich vergnügt. Warum auch immer, aber es war ein Highlight für mich geworden, mich mit ihm zu unterhalten. „Hast du Zeit?“

„Nicht allzu lange.“

„Ich hab doch morgen das Blind Date.“

„Und?“

„Mal davon abgesehen, dass ich am liebsten nicht hin möchte und du eigentlich jemanden engagieren könntest, der mich morgen entführt… brauch ich ein Outfit.“

Ich hörte ihn seufzen und wie er einen Stift beiseite legte. „Du hast doch eine Mitbewohnerin.“

„Die ist nicht da.“

„Zieh etwas an, in dem du dich wohlfühlst.“

„Jogginghose und Schlabbershirt? Ich glaube kaum, dass ich damit begeistere.“

„Sakura, ich bezweifele, dass ich dir hierbei helfen kann.“

„Ach komm schon. Du bist doch ein Mann oder nicht?“

„Und?“

„Du musst doch dann am besten wissen, was Mann gerne an Frau sieht.“
 

Ein lautes Poltern ließ mich vor Schreck zusammen zucken und schon im nächsten Moment stand meine blonde Mitbewohnerin in meinem Zimmer. Ihre Wangen waren gerötet und ein breites Grinsen zierte ihr Gesicht. „Sakura-chan! Ich bin wieder da“, gluckste sie. Ich hasste es, wenn sie das chan in die Länge zog.

„Du bist früh zurück“, bemerkte ich und schielte kurz zur Uhr.

Ino fächerte sich Luft zu und warf sich neben mich aufs Bett. Ihre blauen Augen huschten kurz zu meinem Laptop. „Oh, hallo S“, kicherte sie und drückte ihr Gesicht ins Laken.

„Es tut mir Leid. Meine Mitbewohnerin hat etwas zu viel getrunken. Ich ruf später nochmal durch. Ok?“

Ich hörte ein „Hn“ und schon war das Gespräch beendet. Etwas geknickt blickte ich auf den Klamottenberg und dann auf Ino. „Sag mal, wo ist Sai?“

Ino winkte ab und drehte sich auf den Rücken. „Noch feiern. Aber ich wollte dich holen, damit wir wie früher um die Häuser ziehen.“

„Ino, ich denke, du solltest eine kurze Dusche nehmen und dann ins Bett“, erwiderte ich und zog den Flatterrock unter ihrem Körper hervor. „Ich hab sowieso keine Zeit. Ich muss mein Outfit planen und eigentlich wollte ich noch etwas mit S reden.“

Ino schnaubte und rollte sich wieder auf ihren Bauch. „Du willst den Rock tragen?“

Ich zuckte mit den Achseln und griff nach dem schwarzen Pullover. „Zieh das Kleid an“, schlug sie vor. „Sei sexy. S würde sicher dasselbe sagen.“

Ohne weiter auf sie zu hören, probierte ich den Rock und den Pullover an. Wirklich komfortabel war es nicht. Ino kicherte laut und hüpfte vom Bett. Mit eiligen Schritten und lautem Glucksen ging sie an mir vorbei. Im Türrahmen blieb sie stehen, zwinkerte mir zu und hauchte ein: „Viel Spaß.“

Verwirrt hob ich meine Augenbraue und zupfte an dem Pullover, der sich wie ein Ganzkörperkondom anfühlte und kratzte. Ich hoffte weiterhin auf die Grippe und pustete eine Strähne von der Stirn.
 

„Findest du das nicht zu eso-mäßig?“, erklang S‘ Stimme plötzlich.
 

Ich zuckte zusammen und drehte mich um. „Was?“
 

Ein leises und amüsiertes Lang drang in meine Ohren. „Der Rückruf ging schneller als erwartet. Ich hätte nicht gedacht, dass deine Haare tatsächlich rosa sind.“
 

Dieses kleine Biest hatte tatsächlich den Video-Chat gestartet.

Ich spürte, wie meine Wangen einen Rotton annahmen und sich die Hitze der Aufregung, gepaart mit Überraschung und Ärgernis über die Aktion meiner besten Freundin, über meine Haut ausbreitete und sogar meine Ohren zum Kribbeln brachte. Mein Blick richtete sich auf meine Füße und ich verfluchte die gepunkteten Socken, die ich trug. In der nächsten Sekunde dachte ich an meine lausige Frisur, die aus einem einfachen Pferdeschwanz bestand. Ich schlug meine Hände vor das Gesicht und versuchte vor Scham im Boden zu versinken, während mir langsam bewusst wurde, dass S mich noch immer betrachten musste. Ein tiefer Seufzer verließ meine Kehle und ich war noch immer nicht gewillt, meine Hände vom Gesicht zu nehmen, auch wenn da eine kleine Hoffnung in mir aufkam, dass ich S sehen könnte. Mein Herz pochte bei dem Gedanken stärker. „Das ist so peinlich! Wie lange schon?“, nuschelte ich.

Erneut drang ein amüsierter Laut aus den Lautsprechern. „Nicht allzu lange“, gab er als Antwort.
 

„Ich hasse sie dafür“, brummelte ich.

„Willst du nicht endlich die Hände vom Gesicht nehmen?“

Ich schüttelte den Kopf. „Niemals!“

„Für's Verstecken ist es zu spät, ich hab dich schon gesehen.“

„Und ich hoffe, es war nicht zu viel.“

„Ich denke es ist wichtiger, dass du deinem Blind Date beim ersten Treffen weniger von dir präsentierst.“ Er lachte kurz. „Jetzt komm schon, Sakura. Machen wir das Beste daraus. Ich hab nicht allzu viel Zeit.“
 

Widerwillig nahm ich die Hände vom Gesicht, nahm einen tiefen Atemzug und stellte mich meinem Videochat. Meine Augen huschten über den schwarzen Bildschirm und ich schürzte die Lippen. „Hey, wieso kann ich dich nicht sehen?“

„Das liegt daran, dass meine Kamera defekt ist.“

„Und warum?“ Ich klang enttäuschter als ich eigentlich klingen wollte und verschränkte die Arme vor der Brust. Während mich der dumme Pullover zu Tode zu kratzen versuchte, wippte ich nervös mit dem rechten Fuß. „Das ist ein wenig unfair, oder? Du kannst mich sehen, aber ich dich nicht.“

Ich hörte, wie er sich im Stuhl zurück lehnte und sich leise räusperte. „Es geht doch auch gerade um dich, nicht um mich.“

„Das-“

„Was für Klamotten hast du zur Auswahl?“

„Du kommst vielleicht schnell zur Sache“, nuschelte ich und musste ziemlich bockig klingen. Ich konnte nicht leugnen, dass ich verärgert war und mit hundertprozentiger Sicherheit sah S dies. Er schwieg und ich ergab mich seufzend meinem Schicksal. Mit meinen gepunkteten Socken stapfte ich aus dem Sichtfeld der Kamera und warf mit Absicht den Eso-Flatter-Rock ins Bild.

„Weißt du, ich mochte den Rock wirklich sehr gerne“, grummelte ich, was mir ein erneutes Lachen einbrachte. Mein Herz hüpfte fröhlich in der Brust umher, wann immer ich sein tiefes Lachen hörte.
 

Und da seine Erkältung so gut wie weg war, wurde es immer schöner. Ich schlüpfte in eine schwarze Hose und schnappte mir eine der Blusen.

„Ich finde es wirklich unfair, dass du mich siehst und ich dich nicht. Ich werde solange hier stehen bleiben, bist du für einen Ausgleich gesorgt hast.“
 

Ich verschränkte die Arme vor der Brust und fühlte mich ziemlich siegessicher.

Er seufzte tief. „Die Kamera ist wie schon erwähnt, defekt.“

„Ist das dein Ernst?“, erwiderte ich schnippisch.

„Naruto hat sie kaputt gemacht, als er mit seiner Flamme geskypet hat. Beschwer dich also bei ihm, nicht bei mir.“

Ich rollte mit den Augen. Na klar, eine bessere Ausrede fiel ihm nicht ein? Wobei Naruto tatsächlich etwas chaotisch rüber kam, wenn man das nach ein paar kurzen Gesprächen überhaupt schon sagen konnte. „Du hättest dir ja eine neue kaufen können“, entgegnete ich.
 

S‘ Lachen verschaffte mir eine Gänsehaut. „Komm schon, ich habe dir gesagt, dass ich nicht allzu viel Zeit habe.“

„Ich will einen Ausgleich.“

„Lass uns das ganze Outfit-Ding erst zu Ende bringen. Dann kannst du mir Vorschläge unterbreiten.“

Ich grinste breit, zupfte am Saum der Bluse herum und strich mit der Hand einen weißen Fussel von der Hose. Ich warf einen kurzen Blick auf den Kleiderschrank und überlegte für eine Sekunde, doch noch etwas anderes anzuziehen.

„Brauchen Frauen immer solange?“ S‘ Stimme klang ein wenig ungeduldig.

Ein Lachen drang aus meiner Kehle und ich trat selbstbewusst vor die Kamera, aber alles was ich erntete, war Stille. Nur allzu gerne hätte ich sein Gesicht gesehen, während er mich musterte.

„Du siehst aus, als würdest du zu einem Geschäftsessen gehen.“

„Ich fühle mich eher so, als ginge ich zu einer Henkersmahlzeit.“ Meine Mundwinkel verzogen sich ein wenig bei dem Gedanken an das Blind Date, das ich eigentlich gar nicht wollte. Dennoch war da irgendwo der Drang doch über meinen Schatten zu springen.
 

Mal dieses ganze was wenn er ein Axtmörder oder Vergewaltiger ist beiseitegeschoben, war das alles doch recht aufregend und neu. Natürlich lud meine Mom nicht irgendeinen Kerl ein. Sicher musste sie ihn kennen. Ihre einzige Tochter in Gefahr bringen? Niemals. Allerdings konnte ich mir wirklich gut vorstellen, wie meine Mutter diesem Kerl das Ohr vollgequatscht hatte und er eher notgedrungen zusagte, damit er endlich von ihrem Plappermaul verschont wurde.

„Dramatisierst du das nicht ein bisschen zu stark? Geh hin, iss und geh wieder.“
 

Ein Kleidungsstück nach dem anderen wurde abschätzend begutachtet, hin und wieder verlangte er sogar, ich solle mich drehen. Ehrlich gesagt, kam ich mir ziemlich verarscht vor und ich wusste genau, dass er mich triezte.

„Weißt du, Sakura. Das netteste, was du bisher anhattest, war das Weiße mit den schicken Socken“, lachte er plötzlich.

„Weiß? Ich hatte nichts Weißes-“, ich stoppte und wurde schlagartig so rot wie eine Tomate, „du hast mich in meiner Unterwäsche gesehen?!“ Ino würde tausend Tode sterben.

„Ich schlage vor, du trägst das schwarze Kleid, das da an der Tür hängt.“
 

Ich stemmte meine Hände in die Hüften und warf einen vorwurfsvollen Blick Richtung Kamera, aber kein weiteres Wort folgte von ihm. „Na gut, aber das ist das letzte Mal, dass ich mich umziehe“, entkam es mir etwas widerwillig. Ich wünschte mir, ich könnte im Erdboden versinken. Das war peinlicher als alles andere auf der Welt. Wäre genügend Platz im Kleiderschrank, hätte ich mich dort hinein verkrochen und wäre nie wieder hinaus gekommen. Leider war dieser dumme Kleiderschrank bei Weitem nicht so groß wie Inos, was übrigens daran lag, dass sie beschlossen hatte, einige ihrer Klamotten in meinem unterzubringen. Und den Staubsauger. Ich rollte mit den Augen und überlegte warum ich auch immer allem zustimmte, was sie sagte. Sicher lag das an diesen verdammten Kulleraugen. Kein Wunder, dass Sai sie sogar zu Shoppingtouren begleitete, ohne auch nur ein Widerwort zu geben. Shopping war okay. Aber Shopping mit Ino war genauso gut, wie sich selbst die Kugel zu geben.
 

Er gab ein einfaches „Hn“ als Antwort und ehe ich etwas erwidern konnte, hörte ich die schrille Klingel durch die Lautsprecher. „Sorry, bin gleich zurück“, kam es schnell von ihm.
 

Der Plan einfach krank zu werden, blinkte vor meinem inneren Auge auf und ich begann leise vor mich hin zu fluchen, während ich das Kleid vom Bügel nahm und aus dem Sichtfeld der Kamera ging.

Ich zwang mich in das Dress und musste entsetzt feststellen, dass ich ein wenig zugelegt hatte, seit ich das Kleid zuletzt trug. Oder es war in der Reinigung eingegangen.
 

Kurzerhand zog ich meinen Bauch ein und schloss den Reißverschluss am Rücken, den ich zu diesem Moment genauso verfluchte wie meine blonde Mitbewohnerin. Skeptisch betrachtete ich mich im Spiegel. „Nichts mehr essen bis Morgen“, schwor ich und strich über meinen kleinen Blähbauch und verzog meinen Mund. War es denn zu viel verlangt, einfach nur sexy auszusehen? Ich entfernte das Zopfgummi und schüttelte meine Mähne kurz. Dieses Kleid war das liebste Kleid, das ich besaß und ich wollte unbedingt S‘ Zustimmung. Sogar meine Socken streifte ich ab und schnappte mir die schwarzen Pumps, die unter meinem Bett lagen. Ich wollte ja nur eine Zustimmung für dieses Kleid, indem ich trotz ein paar Kilos mehr auf den Hüften, nach meinem Erachten immer noch hübsch aussah.

Und eventuell endlich S sehen. Das war doch nicht zu viel verlangt oder? Ich schüttelte erneut meine Mähne und damit die kleinen Zweifel, die sich in meinen Kopf geschlichen hatten, davon und trat überzeugt vor die Kamera.
 

„Oh, was für ein entzückendes Ding.“
 

Ich zuckte unter der mir fremden Frauenstimme zusammen. „Eh?“, brachte ich fragend hervor. Ziemlich geistreich von mir.
 

„Sasuke, Schatz, du hast mir gar nicht erzählt, was für eine hübsche Freundin du hast.“
 

Ein Grinsen erschien auf meinem Gesicht, immerhin hörte ich erstmals den Namen des mysteriösen Mr. S. Warum war ich eigentlich noch nicht drauf gekommen, ihn danach zu fragen? Hin und wieder überlegte ich tatsächlich, wie sein Name wohl lautete. Seiichi, Shun oder Shigure spukten mir immer wieder mal im Kopf herum, aber an Sasuke hatte ich nie gedacht.
 

Ich konnte mir gut vorstellen, dass S – also Sasuke, in diesem Moment die Augen rollte oder ein leises Zischen von sich gab. Ein Kichern entfloh mir.
 

„Mom, du hast an meinem Computer überhaupt nichts zu suchen“, brummte er.

„Sei still und mach mir lieber einen Kaffee oder eine Tasse Tee.“ Es war ein kaum hörbares Grummeln, aber eindeutig kam dieser Laut aus Sasukes Mund und ich unterdrückte ein Lachen. Wie schön es für meine Seele doch war, zu sehen, dass auch andere Kinder anstrengende Eltern zu haben schienen. Ich konnte hören, wie Sasuke sich entfernte und wohl dem Befehlston seiner Mutter gehorchte, was mir ein Schmunzeln auf das Gesicht zauberte.
 

Sie räusperte sich und ich fokussierte mich erneut auf meinen Laptop. „Nun zu dir, meine Liebe. Gibt es also wirklich jemanden, der meinen Sohn dazu bringt, auch mal an andere Dinge zu denken?“

„Das, ähm, andere Dinge?“ Nervös pustete ich eine Strähne von der Stirn und zog die Pumps wieder aus. Ich schrumpfte um fünf Zentimeter und beschloss mich schnell hinzusetzen.

Ihr Lachen klang hell und fröhlich. „Andere Dinge als ständig nur arbeiten.“

Warum auch immer, aber ich stellte mir vor, sie würde mir nett zuzwinkern. Sasuke schien ein richtiger Workaholic zu sein.
 

„Ich bin übrigens Mikoto. Sasukes Mutter.“

Meine Mundwinkel zuckten amüsiert und ich setzte mich vor den Laptop. „Ich bin Sakura. Nett, sie kennen zu lernen.“

„Ich hab schon befürchtet, ich würde nie eine Frau präsentiert bekommen. Herrje, mein Buch-Club brachte mich schon für ein Weilchen dazu, daran zu denken, mein Sohn wäre schwul.“
 

Sie gluckste, was mich zu einem breiten Grinsen brachte. „Also nicht falsch verstehen, ich habe nichts dagegen. Wo die Liebe hinfällt, nicht wahr? Dennoch wünsche ich mir dann doch gerne Enkelkinder und er ist ja jetzt auch nicht mehr der Jüngste und-„

„Mom. Bitte heb dir das für unsere Familienfeiern auf, ja?“, bat Sasuke und stellte die Tasse auf den Tisch.

„Karma“, lachte ich laut und hörte Sasuke genervt aufstöhnen. Das machte beinahe den Anblick meiner weißen Unterwäsche wieder wett.
 

„Richtig, Familienfeiern. Ich würde nicht all meine Wünsche, was deine Zukunft betrifft, an Familienfeiern verkündigen, würdest du es endlich mal schaffen, auch ohne Feierlichkeiten bei deinen Eltern aufzukreuzen. Reicht es denn nicht, dass dein Bruder ständig unterwegs ist?“, fragte sie verbittert. „Er bereist ein Land nach dem anderen und wer weiß wo er jetzt gerade steckt, während du in der Arbeit versinkst und höchstens mal Naruto mit nach Hause bringst. Weißt du, dein Vater und ich würden wirklich sehr gerne Enkelkinder haben.“

„Es ist meine Entscheidung, wann ich Kinder will.“ Seine Stimme klang äußerst genervt, aber das steigerte mein Amüsement umso mehr.

Ich kicherte. „Aber Sasuke, so ein kleines grimmiges Du… das wäre doch total süß.“

Während Mikoto ein lautes und kehliges Lachen entfloh, seufzte sich Sasuke angespannt durch die Tonleiter.

„Genug auf meine Kosten amüsiert, ihr Zwei. Mom, du kannst ja schon mal auf die Terrasse gehen und deinen Kaffee genießen. Sakura, zurück zu dir.“
 

„Was genau macht ihr eigentlich?“, erkundigte sie sich.

Ich lächelte in die Kamera, obwohl ich nicht einmal wusste, ob ich gerade angeschaut wurde oder nicht. „Ich habe morgen ein Blind Date und er hilft mir ein Outfit auszusuchen.“

Sie brachte ein enttäuschtes „Oh“ über die Lippen, ehe sie mit fester Stimme verkündete, dass ich sicher in allem schön aussähe, was mir einen leichten Rosaschimmer auf die Wangen zauberte.

„Zieh auf jeden Fall dieses hübsche Kleid an, das du jetzt trägst“, bestimmte sie, „und nimm nicht zu viel Make Up. Man will doch dein liebreizendes Gesicht noch erkennen können.“

Ich nickte lächelnd.
 

„So, Sasuke. Wir müssen jetzt unbedingt über den Geburtstag deines Vaters sprechen. Dieser Sturkopf weigert sich, eine Party steigen zu lassen. Ach, und Sakura… du bist natürlich gerne eingeladen zu kommen.“ Wieder entfloh mir ein Lachen und ich bedankte mich.

„Sasuke? Wo ist hier das Eingabefeld? Ah, schon gefunden. Sakura?“

Ich hob fragend eine meiner Augenbrauen und wartete stumm auf ihre nächsten Worte.

„Sollte sich dein Blind Date als komischer Kauz entpuppen, zögere nicht und melde dich, ja?“ Noch während sie ihren Satz zu Ende führte, ploppte das Nachrichtenfenster auf. Überrascht starrte ich die Nummer an, die mir soeben geschickt worden war und hörte ihr helles Lachen.

„Sasukes Nummer“, kicherte sie.

„Gut, bevor du jetzt noch mehr Sachen sendest, ohne zu fragen, beenden wir das jetzt“, hörte ich Sasuke sagen. „Wenn etwas ist, dann melde dich. Bis bald.“
 

Und bevor ich mich verabschieden konnte, war das Chatgespräch beendet. Ungläubig starrte ich das kleine Fenster an, in der mich die Nummer anzulachen schien. Ich grinste, schnappte mir mein Mobiltelefon und begann die Ziffern freudig einzutippen. Und gerade als ich auf den Speicher Button klicken wollte, ergab sich unser Stromnetz dem alten Haus und hüllte uns erneut in Dunkelheit.
 

Ino stieß nebenan einen lauten Fluch aus. Ich hingegen quiekte freudig auf und unterdrückte das aufkommende Bedürfnis ihn sofort zu kontaktieren.
 

„Dieses verdammte Haus“, schrie Ino. „Ich hab die blöde Gesichtsmaske im Auge!“
 

Mir entfloh ein Lachen.

„Okay, ich hab etwas im Internet geforscht und da heißt es, dass man vorbereitet sein muss, wenn man ein Blind Date hat“, erklärte Ino aufgeregt. „Ich ruf dich also nach einer halben Stunde an und dann sagst du mir ein Codewort. Sowas wie Spinat oder Auflauf… und dann weiß ich, dass es absolut scheiße ist. Ich werde dich dann sofort rausholen.“

Mich überkam ein lautes Lachen und ich betrachtete meine besorgte Mitbewohnerin. Dabei war sie zu Beginn Feuer und Flamme für die glorreiche Idee meiner Mutter. Eigentlich sollte wohler eher ich aufgeregt durch die Wohnung tigern, aber seltsamerweise saß ich völlig entspannt auf dem Küchenstuhl und folgte jedem nervösen Schritt der blonden Yamanaka.

„Wir brauchen kein Codewort“, brachte ich unter Kichern hervor. Mein Blick huschte auf mein Telefon und mich überkam ein kleines Schmetterlinge-im-Bauch-Gefühl. Immerhin war nun dort die Nummer von Sasuke eingespeichert und ehrlicherweise war ich überhaupt nicht in der Laune, mich nun auf das Blind Date zu konzentrieren, wo ich Sasuke endlich besser kennen lernte. Ein dümmliches Grinsen erschien auf mein Gesicht und ich dachte an den Chat Abend zuvor, an dem ich das Vergnügen mit seiner Mutter hatte.

Es erfüllte mich mit einem Hauch Glückseligkeit, dass Mr. S eine genauso anstrengende Mutter hatte. Ich wurde bis dato immerhin mit dem Kinder kriegen verschont. Immerhin musste ja sowieso erst mal ein Mann gefunden werden, denn auch wenn meine Mutter ganz bestimmt Enkel wollte, an künstliche Befruchtung war da nicht zu denken. Sie war altmodisch, was das ganze anbelangte.
 

„Achte darauf, dass das Blind Date nicht zu lange dauert! Geht essen und dann sagst du, du müsstest nach deiner kranken Großmutter schauen… oder noch besser, sag, du triffst dich mit einigen Freunden. Dann kommt der Kerl schon gar nicht erst auf dumme Ideen. Keiner tötet jemanden, auf den noch gewartet wird“, plapperte Ino weiter und ließ sich mit einem lauten Ächzen auf den Stuhl fallen. Sai stand mit seiner bunt bemalten Teetasse amüsiert grinsend am Fenster und betrachtete die Szene die sich uns bot. Eine nervöse Ino war immerhin kein gewöhnlicher Anblick. Dabei konnte sie ruhig etwas nervös sein! Immerhin war ich eigentlich noch wütend auf sie, was ihre freche Aktion vom Vorabend anging. Allerdings beharrte sie felsenfest darauf, dass sie nicht wüsste, was genau ich ihr ankreidete. Und bevor ich lautstark erklären wollte, in welche Peinlichkeit sie mich hinein manövrierte, fiel mir ein, dass sie der eigentliche Grund war, warum es überhaupt zur Telefonnummer kam. Aber ein „Danke“ erhielt sie dennoch nicht.
 

„Er ist kein Mörder“, erwiderte ich augenrollend und zupfte am Kleid, „es ist ein normales Essen. Sowieso habe ich überhaupt nicht die Lust, das Ganze zu vertiefen. Ich geh hin, esse und geh wieder. Dann ist meine Mutter zufrieden. Sowieso, du wolltest es genauso. Sollte mir je was passieren, dann musst du dir bewusst sein, dass du eine gewisse Mitschuld dafür trägst.“

Ino schnappte empört nach Luft und warf den Zuckerwürfel in meine Richtung, den sie sich gerade in ihren Kaffee geben wollte, bevor wir beide in Gelächter verfielen.

„Vielleicht funkt es ja sofort. Oder du findest einen Freund fürs Leben und natürlich gibt es noch die Option, dass du ihn nie wieder sehen wirst“, mischte sich nun auch der Schwarzhaarige ein und nippte an seinem Tee. Er schenkte Ino ein kleines Lächeln, das für mich wirklich selten zu sehen war und sie schien sich sofort zu entspannen. „Das wichtigste ist, dass du Spaß hast und eine neue Erfahrung machst. Alles halb so wild.“
 

Es überraschte mich selbst, dass ich so entspannt war. Aber vielleicht lag es einfach daran, dass der Tag schon absolut chaotisch begonnen hatte und gar nicht schlimmer werden konnte. Zuerst gab die Kaffeemaschine den Geist auf und dann stieß ich mir den großen Zeh an der blöden Badewanne an, der zwischenzeitlich die Farbe einer reifen Pflaume annahm. Glücklicherweise wusste Sai bezüglich der Kaffeemaschine sofort eine Lösung: zu seiner Wohnung fahren und die alte holen, die er und sein Mitbewohner in den Keller verbannten, weil sie sich was Modernes zugelegt hatten. Zuletzt rief dann noch meine Mutter an, die wieder so von meinem Date schwärmte, das ich schon befürchtete, sie erwarte von mir, dass ich diesen Kerl vom Fleck weg heiratete. Der Beginn des Tages glich also eher einer Katastrophe. „Wir sollten dich jetzt zum Restaurant bringen“, bemerkte Sai und warf einen kurzen Blick auf die Uhr.
 

Keine fünfzehn Minuten Autofahrt später waren wir bereits angekommen. Das griechische Restaurant wurde von meiner Mum ausgesucht und ich war nicht wirklich überrascht, dass sie eines der teuersten wählte, das es in der Stadt überhaupt gab. Ich schlupfte schnell in meine Pumps und war für eine Millisekunde geknickt, dass ich die schwarzen Peeptoes nicht tragen konnte, weil mein großer Zeh noch immer der Meinung war, Fallobst zu gleichen. Mein Gesicht verzog sich automatisch vor Schmerz, den ich aber tapfer runterschluckte. Wie hieß es doch so schön? Wer schön sein will muss leiden. Hah.

„Geh zwischendurch auf die Toilette und schick mir eine SMS!“, rief mir Ino zu, als ich die Wagentür hinter mir schloss und mich zum Eingang bewegte. Ich schenkte ihr ein Winken und ein breites Grinsen, bevor Sai los fuhr. Es wunderte mich für einen kurzen Moment, dass Ino nicht darauf bestanden hatte, zu warten bis mein Blind Date vor mir auftauchte. Ich schätzte, dass das für Sai zu stalkermäßig gewesen wäre und er einfach aufs Gaspedal drückte. Es war ja auch sein Abend, den er mit meiner besten Freundin für sich alleine hatte. Ich dachte hin und wieder daran, ob er schon bald einen Antrag machte, verwarf den Gedanken aber wieder. Ino Yamanaka auf Brautkleidsuche? Das glich eher einem Alptraum. Mir entfuhr ein amüsiertes Lachen, während ich mit wackeligen Schritten zum Eingang stolzierte. Hoffentlich war mein Blind Date noch nicht da oder hatte mich zumindest noch nicht entdeckt. Aber so wie der Tag bisher verlief, hatte ich wirklich kein Interesse daran, auch noch ein gebrochenes Bein vom Glück beschert zu bekommen. Meine Augen huschten über einige Menschen, die wartend unter dem kleinen Vordach standen und sich unterhielten. Die Herren trugen allesamt schicke Anzüge, während die Damen in edle Kleider geschlüpft waren. Ich dankte Sasuke innerlich, dass er mir die schlichte Bluse ausgeredet hatte. Mein Blick schweifte über die Köpfe hinweg. Vielleicht konnte ich ja schon selbst herausfinden, wer mein Date war. Mit meiner spärlichen Personenbeschreibung war es aber unwahrscheinlich, dass ich ihn erkannte. Ich schnappte kurz nach Luft. Die Aufregung schien sich gerade in meine Glieder zu schleichen. Leider war ich die Einzige, die alleine vor dem Restaurant stand und mir entwich ein Seufzer. Interessiert begutachtete ich die Fassade. Die Eingangstür wurde von einem weißen Säulenbogen eingerahmt und links und rechts war eine in Marmor gemeißelte Skulptur zu sehen. Im Innenbereich stand eine Abbildung der Aphrodite. Das wusste ich von meiner Mutter. Da war die Romantik ja fast schon vorprogrammiert, vor allem, weil ein nett drein blickender Blumenverkäufer einem Pärchen eine Blume verkaufte.

Ich spielte ein wenig mit den Knöpfen meines Mantels und zog ihn etwas dichter, als mich ein kalter Schauer überkam. Wenn ich mich nicht täuschte, begann es sogar zu nieseln. Gerade als mir der Gedanke kam, dass ich vielleicht versetzt werden würde, hörte ich eine tiefe Männerstimme neben mir.
 

„Hallo Sakura.“ Die Stimme verursachte ein aufgeregtes Kribbeln in meinem Bauch. Ich drehte mich zur Seite und betrachtete sein dunkles Haar, dass er sich zum Zopf gebunden hatte. Immerhin schwärmte meine Mutter die ganze Zeit nur von seinem Schopf. Diese Länge an Haar brachte sicher jede Frau zu einem neidischen Blick. Es sah so weich und seidig aus. Ich versuchte ein Lächeln und brachte ein knappes „Hi“ heraus. Immerhin kannte ich seinen Namen nicht. Seine dunklen Augen blickten amüsiert auf mich hinunter. Hätte ich die hohen Schuhe nicht an, wäre ich sicher zweieinhalb Köpfe kleiner als er. Er lächelte ein perfektes Zahnpasta-Lächeln. Dieser Mann hatte eine wahnsinnige Ausstrahlung und ich wusste, meine Mutter hatte bei weitem nicht übertrieben.

„Ich bin Itachi. Es freut mich wirklich, dich kennen zu lernen. Deine Mutter hat viel von dir erzählt.“

Ich spürte deutlich, wie sich ein Rotschimmer auf meine Wangen legte. „Oh, bitte nicht“, nuschelte ich und hoffte, dass er es nicht gehört hatte. Meine Mum erzählt immer viel zu viel.

„Wollen wir reingehen?“ Itachi sah mich fragend an.

„Gern.“

„Also dann… Ladies first.“ Itachi ließ mich vorgehen und hielt mir gentlemanlike die Tür auf. Seine Hand berührte meinen Rücken und ein paar Ameisen schienen meine Wirbelsäule hinunter zu krabbeln. Die fehlende Nervosität am Tag prasselte genau in diesem Moment auf mich nieder. Um ehrlich zu sein, hatte ich auch wirklich nicht damit gerechnet, dass der Kerl so attraktiv sein würde.

Aber so war das wohl mit Blind Dates. Das war eben eine Verabredung zwischen zwei Menschen, die sich bisher nicht getroffen hatten und nichts oder nur sehr wenig übereinander wussten. Gut, ich war mir immerhin im Klaren, dass er dunkles, schönes Haar besaß und groß war. So gedankenverloren wie ich war, passierte was passieren musste. Ohne groß darauf zu achten, wo ich hinlief, kollidierte ich natürlich sogleich mit einem Pflanzenkübel. Mein Zeh schien tausend Tode zu sterben, während ich peinlich berührt versuchte, die Tollpatschigkeit einfach weg zu lachen. Itachi erhielt von mir einen Bonuspunkt dafür, dass nur ganz kurz ein Lachen zu hören war.
 

Wir setzten uns an einen Tisch ohne ein weiteres Wort zu verlieren und Itachi bestellte zwei Gläser Chardonnay. Das ich lieber Rotwein trank, ignorierte ich. Nachdem wir beide bestellt hatten, kehrte Stille über uns ein und ich beobachtete das Pärchen, das am Tisch gegenüber saß. Sie wirkte resolut, er hingegen ziemlich verheult. Man konnte hören, wie beide sich gegenseitig Vorwürfe machten und der Kellner bat sie ihre Lautstärke zu zügeln, weil das die anderen Gäste störe. Ich zwang meinen Blick wieder auf Itachi, der genüsslich einen Schluck des Weins trank und mich betrachtete. Wieder wurde ich rot ums Näschen und knabberte an meiner Unterlippe. Ein Gesprächsthema würde mir definitiv nicht einfallen, wenn er mich so intensiv anschaute.

„Also, woher kennst du meine Mutter?“, brachte ich dann schließlich hervor.

„Ich war zu Besuch bei einem alten Freund. Kakashi Hatake. Kennst du ihn?“

Ich nickte. „Er ist im Buch-Club meiner Mutter, aber eigentlich liest er sowieso nur Icha Icha Paradise.“

Itachi grinste und lehnte sich im Stuhl zurück.

Die Stille umhüllte uns erneut. Die Tür öffnete sich und der Rosenverkäufer von draußen betrat die Bildfläche. Er bot dem Pärchen Blumen an, aber der Mann presste ein unsicheres „Nein, danke“ hervor, was die Frau mit hochgezogener Augenbraue quittierte. Ich biss mir auf die Zunge und würde am liebsten schreien, er solle einfach die blöde Rose kaufen und ihr schenken, schon allein, um sie zu besänftigen. Der Blumenverkäufer ließ nicht locker und bot erneut die Blume an.

„Armer Verkäufer“, bemerkte ich und seufzte. Mein Date hob fragend eine fein geschwungene Augenbraue und ich kam nicht umhin zu überlegen, ob er sie sich zupfte oder ob sie von alleine so perfekt gewachsen war. Ich räusperte mich. „Na ja, er bringt jeden Abend dutzende Pärchen in Verlegenheit und sorgt womöglich sogar dafür, dass einer der beiden – natürlich der Mann, wer sonst, auf dem Sofa nächtigen muss, weil er zu geizig war, die überteuerte Rose zu kaufen.“

Er lachte ein helles Lachen, dass mich verlegen machte.

Ich schickte ein kleines Stoßgebet gen Himmel, dass der Verkäufer wieder gehen würde, ohne an unserem Tisch vorbei zu kommen. Ein Fan von Rosen war ich nun wirklich nicht. Ich spielte wartend mit meiner Gabel und zuckte unter Itachis Räuspern zusammen, sodass mir mein Spielzeug hinunter fiel. „Oh, Entschuldigung“, sagte ich schnell und beugte mich unter den Tisch, um das Besteck wieder aufzuheben. Dabei stieß ich mir natürlich den Kopf.

„Alles ok?“ Itachi blickte mich besorgt an.

So viel Peinlichkeiten und Katastrophen an einem Tag waren einfach unerträglich. Wer weiß, vielleicht wurde ich verflucht und jemand spielte Voodoo mit mir.

Ich nickte. „Was gibt’s so über dich zu wissen?“

„Ich reise gerne. Ich lege mich nicht gerne fest. Ich habe einen kleinen Bruder, der vier Jahre jünger ist als ich.“

„Versteht ihr euch gut?“

„Brüderliche Rivalitäten, die kaum der Rede wert sind. Wie sieht es bei dir aus?“

„Einzelkind. Alles was meine Mum wollte, war eine Tochter, die sie wie eine Puppe ihren Freundinnen präsentieren konnte.“ In Gedanken an meine Hotelbodenmuster-Kleider verzog ich das Gesicht.

Er schaute mich amüsiert an. „Kenne ich, deshalb musste ich als Kind ständig lange Haare haben und irgendwie habe ich es beibehalten. Das Los des ersten Kindes.“
 

Wir plauderten ein wenig über unsere Familien, über unseren Job und Hobbies. Er war im Außendienst für eine größere Firma tätig, aber für einen kurzen Moment dachte ich eher daran, dass er von Beruf Sohn war. Dennoch wirkte er bodenständig und wirklich nett.

Wir redeten über Filme, die wir mochten und ich stimmte zu jedem Film zu, den er erwähnte. Meine Evergreens wie Dirty Dancing und Liebe braucht keine Ferien ließ ich natürlich aus. Er fragte mich nach meinen bisherigen Dates aus und wie das so funktionierte, wenn ich in einer WG wohnte. Ich erklärte ihm lachend, dass sich WGs und Dates genauso vertrugen wie ein Magen voller Bier und ein Glas Milch, woraufhin er mich leise verwundert musterte.

„Du hast also noch nie ein Glas Milch nach einem Biermarathon getrunken?“ Mir entfloh ein Glucksen. „Es wäre jedenfalls besser, es nicht zu versuchen.“

Ich erzählte ihm von Ino und ihren Macken und dem ständigen Kampf am Morgen, wer das Bad zuerst und wie lange besetzen durfte. Dabei verzog er den Mund und schien sich an etwas zu erinnern.

„Mein Bruder ist furchtbar, was die Körperhygiene angeht. Er braucht ewig, um sich zu richten und er liebt es zu duschen. Früher war das immer so, als hätte er in einer Parfümflasche geschlafen “, er grinste. „Seine Haarpflege ist übrigens bei weitem besser als meine. Was auch immer er macht, mein Haar sieht im Vergleich zu seinem stumpf aus. Sagt jedenfalls meine Mutter.“

Ich lachte und spielte mit der Serviette. „Ich glaube nicht, dass dein Bruder meine Mitbewohnerin schlägt. Sie steht fast zwei Stunden früher auf, nur damit sie genügend Zeit hat im Bad hat. Alles muss perfekt sein. Da bin ich schon wesentlich unkomplizierter.“
 

Als der Kellner unsere Bestellung aufnahm, was das Essen anging, knurrte mein Magen das lauteste Grummeln überhaupt und ich versuchte mit einem Hüsteln davon abzulenken.

„Entschuldige mich bitte kurz“, sagte ich, „ich muss mich nur kurz noch mal frisch machen.“ Ich stand auf, lächelte kurz und schnappte mir meine Tasche. Mit schnellen Schritten begab ich mich zu den Toiletten und fluchte laut, als ich plötzlich umknickte. Die Frau vom Tisch gegenüber trat gerade aus der Toilette heraus und warf mir einen entsetzen Blick über den Fluch zu, den ich ausstieß.

„Das kann doch alles nicht wahr sein. Wenn das so weiter geht, muss ich ins Krankenhaus“, brummte ich und legte die Tasche auf dem kleinen Tresen ab. Ich fischte mein Telefon aus dem Schlund an Tasche und schrieb Ino schnell, dass alles ok sei und sie sich keine Sorgen machen müsse. Es kam sogar prompt eine Antwort in Form eines grinsenden Smileys und „wenn du ihn mit nachhause nehmen willst, mach ich die Fliege“. Augenrollend entwich mir ein Lachen.
 

Mit kribbelnden Fingern wählte ich Sasukes Nummer. Ich wollte ihm unbedingt mitteilen, wie es bisher lief. Es tutete einen kurzen Moment, ehe ich ein Rauschen vernahm und sich eine Frauenstimme meldete.

„Hallo?“

Ein kleiner Stich im Herzen ließ mich überrascht nach Luft schnappen. „Öhm“, brachte ich geistreich über die Lippen, „mit wem habe ich gerade das Vergnügen?“

Ein Hühnergackern drang durch den Hörer: „Karin.“

„Hi Karin. Kann ich bitte Sasuke sprechen?“ Im Hintergrund hörte ich laute Musik und wenn ich mich nicht täuschte, konnte ich Narutos Stimme erkennen. Waren sie auf einer Party? Enttäuschung breitete sich in mir aus. Warum auch immer, aber ich war der Meinung, dass Sasuke mir das erzählen würde. Aber vielleicht war das ganze durch den Besuch seiner Mutter untergegangen? Ich schnappte nach Luft. Wieso hatte Karin überhaupt das Telefon? Ich schnalzte verärgert mit der Zunge. Wer weiß, was dieser Schnepfe in ihrem Kopf vorging. Naruto bezeichnete sie damals als Groupie. Also wieso hatte sie das Telefon?
 

„Der hat gerade keine Zeit“, gab sie schnippisch von sich. Schon im nächsten Moment und noch ehe ich sie freundlich darum bitten wollte, ihm dennoch das Telefon zu reichen, legte sie auf. Ohne auch nur den Hauch einer Vorwarnung. Fassungslos starrte ich mein Handy an. „Dieses Miststück“, zischte ich, „was fällt dieser Hexe ein?!“

Ich spielte verärgert mit dem Gedanken, seine Nummer ein weiteres Mal zu wählen oder ihm eine Nachricht zu senden, verwarf ihn aber sofort wieder. Karin würde sicher weiterhin das Telefon halten. Ein Zischen entfloh mir und ich stopfte mein Handy in meine Tasche zurück. Ein wenig enttäuscht war ich schon. Ich erwartete eigentlich, dass Sasuke sein Telefon heute ganz nah bei sich behielt, damit er es nicht verpasste, wenn ich mich meldete. Andererseits war ich mir durchaus bewusst, dass wir uns nur ein paar Tage kannten. Schnaufend strich ich mir eine Strähne hinters Ohr und wusch mir die Hände. Es war wohl einfach besser, wenn ich mich auf Itachi konzentrierte. Oder?
 

Mit eiligen Schritten kehrte ich also an unseren Tisch zurück und rollte mit den Augen, als der Rosenverkäufer mit breitem Grinsen vor ihm stand und seine prächtigen Rosen anpreiste.
 

Ich zögerte einen kleinen Moment. Itachi lehnte sich lässig in seinem Stuhl zurück, ehe er mit der Hand in die Seitentasche seines dunkelblauen Jacketts tauchte. Kaufte er etwa tatsächlich eine der Rosen?
 

Wollte ich überhaupt eine Rose?
 

Mein Herz pochte wild in meiner Brust. Wollte ich das wirklich? Wollte ich eine Rose von ihm? Von Itachi?

Ich beobachte Itachi, wie er mit einem leichten Lächeln dem Blumenverkäufer zuhörte und das Handy beiseite legte, das er aus der Jackentasche gefischt hatte. Itachi war höflich, denn trotz des offensichtlichen Vibrierens seines Mobiltelefons, schenkte er seine Aufmerksamkeit dem Verkäufer. Höchstwahrscheinlich war der gerade versucht, mein Date davon zu überzeugen, dass es sich eindeutig um Qualitätsware handelte und er mit dem Kauf einer oder mehrerer Rosen bei mir punkten oder gleich heiraten könne. Ich drückte meine Handtasche an mich. Meine Beine schienen festgefroren zu sein und zeitgleich den Ausgang anzustreben. Ich war wütend, aufgeregt, verwirrt und definitiv zu emotional in diesem Moment und das lag ganz sicher an diesem bescheuerten Sekunden-Telefonat mit Karin.
 

Vor meinem inneren Auge ploppte in Übergroße ein Fragezeichen auf, weil ich meine Gefühlslage gerade selbst nicht wirklich einschätzen konnte. Es waren die bissigen Worte dieser Person, die mir in den Ohren hallten und der Hauch an… war das Eifersucht? Sasuke und ich kannten uns nicht lange, dennoch flatterte zwischendurch der Gedanke durch meinen Verstand, dass da etwas Besonderes war, das uns miteinander verband. Abgesehen davon saßen wir im selben Boot, was das Liebesleben anging. Unsere beiden Freunde und Mütter hatten sich immerhin verschworen und uns bei einer Online Single Börse angemeldet. Waren meine Gehirnzellen womöglich durchgebrannt? Da saß immerhin ein sexy Mann, hörte interessiert wirkend diesem aufdringlichen Verkäufer zu und wartete auf mich! Sakura Haruno, du warst von allen guten Geistern verlassen.
 

Ino hätte ganz bestimmt über meine Gedanken gelacht, mir freundschaftlich auf die Schulter geklopft und erklärt, dass es total romantisch sei, wenn der Mann eine überteuerte Rose für einen kaufte. Ich konnte aus der Entfernung nicht einschätzen, ob Itachi tatsächlich gewillt war, für eine Blume Geld auszugeben. Ich erwartete sowieso keine, auch wenn ich es nicht abstreiten konnte, dass ein kleines Kopfkino ein Kribbeln in den Zehen entstehen ließ. Aber warum war eine rote Rose überhaupt romantisch? Meine Freundin liebte Blumen und ich natürlich auch. Jede Frau liebte Blumen, oder? Wenn wir an kalten Tagen auf unserem Sofa saßen und die übertriebensten Liebesschnulzen aller Zeiten anschauten, schmachtete sie immer los. Und wenn Sai anwesend war, war das Anhimmeln doppelt so stark. Dann verließen Sätze wie Aw, wie schön, die würden sich jetzt wahnsinnig toll auf dem Esstisch machen oder Ich hab noch nie solche Blumen bekommen und Wie gerne würde ich daran riechen ihren Mund. Dass bei Sai die Alarmglocken dann nicht losgingen, verwunderte mich immer wieder aufs Neue. Entweder er überhörte das rigoros oder er war taub. Jedenfalls hatte Ino bis dato keine Blume geschenkt bekommen.
 

In diesem Moment wusste ich nicht, ob ich tatsächlich an den Tisch zurückkehren oder das Restaurant verlassen sollte. Letzteres wäre eindeutig viel zu unhöflich gewesen und allein bei dem Gedanken daran, mich klammheimlich zu verziehen, wurde meine Wut über mich selbst noch stärker.

Als ich meine Handtasche wieder locker baumeln lassen wollte, konnte ich ganz schwach die Vibration meines Handys spüren, unterdrückte allerdings den Drang, es hervor zu holen. Der Wunsch, von Sasuke zurück gerufen zu werden, verstärkte sich bei jedem Klingeln. Ich seufzte schwer. Mein Gehirn glich einem Matschhaufen im Winter.
 

Meine Aufmerksamkeit lenkte sich wieder auf Itachi und ich überlegte fieberhaft, ob ich mir eine Rose von ihm tatsächlich wünschte und selbst wenn, hätte ich sie überhaupt verdient? Ließ ich mich hier wirklich auf ihn ein oder nicht? Das er durchaus seine Wirkung auf mich hatte, blieb mir ganz gewiss nicht verborgen. Das Weichwerden meiner Knie konnte ich nicht verleugnen.

Itachi war ein hübscher Mann. Höchstwahrscheinlich der schönste Mann, den ich bis zu diesem Zeitpunkt je getroffen hatte. Ich malte mir die Szene aus meinem bereits zuvor stattgefundenen Kopfkino aus, in der er mir die Rose überreichte. Würde mein Herz dann wild in der Brust trommeln und bei seinem Lächeln kurz aussetzen, sobald er sie mir mit einem perfekten Zahnpasta-Lächeln überreichte?
 

Was war nur los mit mir?
 

In diesem Moment spürte ich den durchdringenden Blick meines Blind Dates. Seine Mundwinkel zuckten amüsiert und ich errötete. Hatte ich bereits erwähnt, was für hinreißende Augen dieser Kerl hatte? Meine Gedanken verpufften, als sich ein Prickeln in meinem Nacken ausbreitete.

Ich wünschte mir für eine Sekunde, dass meine Mitbewohnerin mich mit einem Schubs in Itachis Richtung beförderte, in der nächsten bewegten sich meine Füße allerdings schon von allein. War es möglich, dass man allein mit seinen Augen jemanden dazu bringen konnte, zu ihm zu kommen? Mit dem nächsten Wimpernschlag saß ich bereits wieder auf meinem Stuhl und schenkte ihm ein entschuldigendes Lächeln und starrte für einen kurzen Augenblick auf die Tischplatte. Der aufdringliche Verkäufer verschwand mit enttäuschtem Blick und ich spürte einen überraschenden, winzig-kleinen Stich der Enttäuschung. Ich räusperte mich, griff nach meinem Glas und nahm einen kräftigen Schluck des Weines. Meine Gesichtszüge schienen meiner Kontrolle entwichen zu sein, denn ich spürte das Zucken meiner Mundwinkel, die ich versuchte, zu einem Lächeln zu bewegen. Das war diese gewisse Übergangsphase, also die Zeit, die man manchmal benötigte, um Emotionen in den Griff zu bekommen. Ich nahm einen tiefen Atemzug.
 

„Sakura? Alles in Ordnung?“ Seine tiefe Stimme ließ mich wieder aufsehen.

„Klar“, gab ich als Antwort und versuchte, seinem durchdringenden Blick standzuhalten, scheiterte aber kläglich.

Itachi stützte sein Kinn auf seinen Händen ab und musterte mich. Ein wissendes Lächeln lag auf seinem Gesicht. „Ich glaube dir nicht so ganz.“ Seine Augen schienen zu funkeln und in mir zu lesen wie in einem offenen Buch. „Schon okay, Sakura.“
 

Bevor ich ein weiteres Wort von mir geben konnte, erschien bereits der nette Kellner und brachte uns das Essen. Obwohl es wirklich überaus köstlich duftete, konnte ich meinen Magen in abweisender Manier grummeln hören. Dabei sollte ich über das Gericht herfallen.
 

Itachis Handy klingelte erneut und bewegte sich vibrierend über die Tischplatte. Mit einem kurzen Blick bedachte er es.

„Wenn du ran gehen musst, ist es ok“, versicherte ich ihm.

„Tut mir Leid, das ist mein Bruder“, antwortete er. Schon im nächsten Moment hielt er sich den Hörer ans Ohr.
 

Ganz schwach waren Stimmen zu hören, die hin und wieder lauter wurden. Während er mir ein entschuldigendes Lächeln schenkte, fischte auch ich mein Telefon kurz aus der Tasche. Mein Herz wummerte in meiner Brust und schien stillzustehen, als ich nicht Sasukes Namen entdeckte, sondern den meiner Mutter. Ich rollte mit den Augen und ließ das Handy wieder in die Tasche fallen. Da war sie wieder: Die Enttäuschung.
 

„Wo seid ihr jetzt?“ Er schien besorgt zu sein und lauschte der aufgeregten Stimme am Telefon.

Mit meiner Gabel spießte ich eine kleine Tomate auf und versuchte, etwas mehr vom Gespräch zu erhaschen. Ich wusste, dass das unhöflich war, aber ich konnte nichts gegen meine neugierige Ader tun. Um genau zu sein, war da meine Großmutter schuld. Sie vererbte es an meine Mutter und die gab es doppelt so stark an mich weiter.
 

„Ich mach mich jetzt auf den Weg.“
 

Meine Augen weiteten sich. Er machte sich auf den Weg? In meinem Gehirn schienen alle Zellen Amok zu laufen. Vielleicht war das ja das Codewort, dass Ino bereits angekündigt hatte. Mein Kiefer mahlte, als würde sich Wut in mir anstauen. Dabei konnte ich diese Wut nicht einmal benennen. Ich verschränkte meine Arme vor der Brust und schob beleidigt die Unterlippe hervor. Dass ich mich zum Affen machte, war mir durchaus bewusst, allerdings missbilligte ich es, von ihm sitzen gelassen zu werden.
 

„Nar-, stopp, du redest zu schnell! Ich komm jetzt“, er blickte auf seine Uhr, „ich bin in dreißig Minuten da und… nein, hey, erzähl ihr noch nichts. Sie wird sonst durchdrehen.“

Itachi beendete seufzend das Gespräch und zückte seine Brieftasche. „Das war ein Freund meines Bruders. Tut mir wirklich wahnsinnig leid, aber ich muss leider los.“ Er stand auf und zupfte sein Jackett zurecht. „Wir werden das wiederholen, okay?“
 

Dass ich verärgert war, konnte er gar nicht übersehen. Und falls doch, musste ich unbedingt an meinen Killer-Blick arbeiten.

„Es tut mir wirklich leid“, wiederholte er und schenkte mir sein perfektes Lächeln. Als er mir zum Abschied mit dem Finger vorsichtig gegen die Stirn tippte und verschwand, starrte ich ihn zuerst verwirrt hinterher, ehe ich die Augen entsetzt aufriss. Was bildete er sich überhaupt ein? „Was war das denn bitte?“, zischte ich genervt. Eine solche Verabschiedung hatte ich auch noch nie erlebt. Das Bild des super tollen Blind Dates begann langsam zu bröckeln und ohnehin stellte sich mir die Frage, wie dieser Kerl mich überhaupt kontaktieren wollte. Ich hatte seine Handynummer jedenfalls nicht und hinterher rennen, um sie zu bekommen? Nein, danke. So nötig hatte ich es auch wieder nicht.

Ich kramte mit einer schnellen Bewegung in meiner Handtasche und warf verärgert mein Handy auf den Tisch. Das Bedürfnis ihn zur Rechenschaft zu ziehen und mit allerlei Beschimpfungen zu überhäufen, überfiel mich. Ich spielte kurz mit dem Gedanken, meine Mutter zurückzurufen und sie darum zu bitten, über Kakashi an seine Nummer zu kommen. Zeitgleich dachte ich an Sasuke und unterdrückte den Drang, ihn anzurufen. Ich pustete einige Ponyfransen aus dem Gesicht und schloss die Augen.
 

Dann nahm ich einen tiefen Atemzug und zählte gedanklich bis zehn, um mich zu beruhigen. „Toll“, brummte ich und stocherte erneut in meinem Essen rum. Ich wurde tatsächlich sitzen gelassen! Ich konnte es nicht fassen. Und jetzt? Mein Blick huschte über die tuschelnden Köpfe der Pärchen. Natürlich begafften sie mich jetzt. Ich hätte womöglich genauso das arme Ding angestarrt, das von einem heißen Typen sitzen gelassen wurde. Meine Augen hefteten sich an die Schnalle, die noch wenige Minuten zuvor ihrem Freund Todesblicke zugeworfen hatte. Nun hing sie verliebt-lächelnd an seinem Hals. Sie grinste mich schadenfroh an und kuschelte sich noch mehr in seine Arme. Ich brach den Augenkontakt ab und konzentrierte mich auf die Kerze, die vor sich hin flackerte.
 

Das war doch gar nicht möglich! Ich hatte mich nicht mal auf dieses bescheuerte Date gefreut. Und wenn, dann nur für wenige Sekunden. Den Teller schob ich von mir und kippte den letzten Rest des Weines meine trockene Kehle hinunter. Er hätte mir lieber seine Kreditkarte hier lassen sollen, dann hätte ich aus Frust die Karte rauf und runter bestellt. Hauptsache er erhielt eine dicke fette Rechnung. So schnell wie der verschwunden war, hatte er doch nicht einmal darüber nachgedacht, ob ich mir dieses Restaurant alleine überhaupt leisten konnte. Paste ja noch besser ins Bild. Das durchschnittliche Blind Date lag mit durchgeschnittener Kehle in einer Seitenstraße und ich wurde bereits im Restaurant ausgeraubt. Hmpf.
 

Wieso mussten hier überhaupt so viele Paare essen gehen? Wir hätten in einen Club gehen sollen. Mit lauter Musik und mehreren Leuten, die eventuell alleine waren. Dann wäre ich jedenfalls nicht so sehr aufgefallen. Mein Herz pochte schmerzend in meiner Brust, während ein unerwartetes, wirbelndes Gefühl in meiner Magengegend auftrat.

Es war nicht das erste Mal, dass ich mich so fühlte, nein… solche Momente gab es hin und wieder, nur ignorierte ich sie immer. Schob alles ganz weit von mir. Und an diesem Abend, zwischen dem kleinen Beben voller Erwartung und dem Gefühl des Ertrinkens in Kummer, fühlte ich mich allein. Fast schon einsam.
 

Dieses Gefühl war so heftig und einnehmend, dass es laut Klick machte.
 

Ino Yamanaka hatte Recht: Ich war gar nicht so glücklich wie ich vorgab.

Es tat weh. Das letzte Mal, dass ich mich so niedergeschmettert fühlte, war in der High School, als ich beim Abschlussball einfach sitzen gelassen wurde. Bis heute war ich mir nicht darüber im Klaren, warum genau mich mein Date nicht abgeholt hatte. Dennoch gab ich mir nicht die Blöße und ging alleine zum Ball und ertrug jeden Blick, den man mir zuwarf. Ganz gleich, was er auch bedeutete.

Ich schluckte den Kloß in meiner Kehle hinunter und drückte mich weiter in die weichen Kissen meines Bettes. Ein wirklich ekelhaftes Déjà-vu. Nur mit dem Unterschied, dass der Traumprinz zwar auftauchte, aber dann schneller verschwand, als ich wollte.
 

Das war so demütigend für mich. In einem Pärchenlokal sitzen gelassen und verschmäht von einem sexy Kerl, der eventuell sogar der Kerl hätte werden können. Der Prinz auf dem weißen Ross, allerdings ohne überflüssige Rose in saftigem Rot. Ich wimmerte kurz auf und erstickte den Laut mit meinem Kuscheltier in Form einer XXL-Schnecke, die ich von meiner Patentante Tsunade zum 18. Geburtstag geschenkt bekommen hatte. Es gab sicher bessere Geschenke als das… beispielsweise ein neues Auto. Aber ich war wirklich froh darum, das weiche Herz-erwärmende-Etwas in Händen zu halten und an meinen Körper zu pressen, statt des Blechs eines Autos.

Ich schluckte einen weiteren Kloß hinunter und schnappte nach Luft.

„Ach, Schätzchen. Eine Absage wäre einfacher zu verkraften, als ahnungslos sitzengelassen zu werden. Er hätte ja wenigstens eine kurze Erklärung abgeben können.“ Ein Zischen entfuhr ihr und mit einer schnellen Bewegung strich sie sich ihr langes, blondes Haar hinters Ohr.

Ich grummelte und schielte unter meinen Ponyfransen zu Ino, die mit traurigem Blick auf mich niederschaute. Seit genau zwanzig Minuten saß sie nun neben mir und ich war wirklich dankbar, dass Sai keinerlei Probleme damit hatte.
 

Als ich nach Hause kam, konnte ich sie laut kichernd durch die Zimmertür hören und der Eifersuchtspegel stieg in mir weiter. Gemischt mit meinem bereits angeheiterten Gemütszustand war das fatal. Ich klopfte verärgert gegen die Tür und verlangte Stille und ich glaube, es kam auch etwas wie Geht doch endlich mal zu Sai! Müsst ihr immer hier sein?! Die Betonung lag auf „immer“ und das ziemlich bissig. Keine zwei Sekunden später saß sie mit mir auf meinem Bett und hörte sich die anfängliche Schwärmerei an, bis es zum abrupten Wechsel meiner Stimmung kam und ich den Kerl verfluchte.

Ino seufzte schwer und drückte ein Kissen an ihren Bauch. „Der Kerl weiß einfach nicht, was gut ist.“

„Vielleicht hab ich irgendwas Abstoßendes an mir, das alle verscheucht.“
 

Ihre Mundwinkel zuckten, aber sie beherrschte sich, ein lautes Lachen über ihre Lippen zu bringen. „Der Kerl ist es nicht wert, Süße.“ Sie zwinkerte mir aufmunternd zu. „Wie sagt deine Mum immer? Andere Mütter haben auch schöne Söhne.“

Ich lachte freudlos auf und warf ihr mein Kissen an den Kopf.

„Geht es dir besser, wenn ich wieder den Mecker-Part übernehme? Lästern befreit manchmal den angestauten Frust.“ Ihre Augen leuchteten. Ich nickte und sie ließ sich neben mich fallen. „Er ist ein Schuft, um nicht zu sagen ein Arsch. Sieht vielleicht ganz gut aus, aber so besonders ist er nun auch wieder nicht. Vielleicht ist er ja kein Single, aber seine Freundin ist potthässlich und er wollte einfach mal seinen Augen etwas Hübsches vorzeigen. Möglicherweise wollte er aber nur einen kleinen Zeitvertreib.“

„Der Anfang war nicht schlecht, Yamanaka. Aber der Part mit dem Zeitvertreib war unpassend“, entgegnete ich. Ohne es wirklich zu wollen, entfloh mir dennoch ein erheitertes Lachen.

„Na, immerhin hat er die Rechnung vorab bezahlt. Das ändert aber nichts daran, dass er ein ganz armer Wicht ist, über den man sich nicht aufregen sollte.“

„Was du gerade tust“, stellte ich fest.

„Ja, weil du es von mir erwartest und ich mindestens genauso gefrustet bin wie du.“
 

Stille.
 

„Vielleicht ist es ja wirklich dringend gewesen. Oder… muss es ja. Streich das vielleicht.“

„Sakura, du solltest ihn jetzt nicht auch noch verteidigen.“

Ich rollte mit den Augen und schenkte ihr einen mürrischen Blick. „Es wäre unfair, ihn jetzt zu verurteilen. Eigentlich lief es ganz gut.“

„Aber er ist abgehauen. Ohne Erklärung“, erwiderte sie trotzig.

Ich schnaubte und rollte mich in meine Decke. „Ich werde als alte Jungfer sterben. Kinderlos und einsam in einem verstaubten Schaukelstuhl irgendwo in einem kleinen Vorort von Tokyo. Die Nachbarskinder werden Angst vor mir haben und immer wegrennen, sobald sie mich entdecken.“ Ich warf meine Hände theatralisch in die Luft, bevor ich sie kraftlos auf die Matratze fallen ließ.

Ino lachte glockenhell auf. „Dazu hättest du mit 16 auf deine Entjungferung verzichten sollen. Wie hieß er noch gleich?“ Sie tippte nachdenklich gegen ihr Kinn. „Herbie?“

Mein Mund klappte empört auf und ich pikste sie in den Bauch. „Nicht Herbie! Er hieß Yosuke.“

Ihre Augen blitzten amüsiert auf. „Sicher? Ich fand, er sah aus wie ein Herbie.“

Ich gluckste. „Ich weiß wirklich nicht, was du meinst.“
 

„Weißt du, wir könnten auch einfach morgen zusammen ausgehen. Wie in alten Zeiten.“ Ino krabbelte unter meine Decke und legte sich neben mich. Sie streckte sich und gähnte dabei. „Nur du und ich. Vielleicht schließt sich Temari an.“

Ich nickte stumm und zog die Decke bis ans Kinn. „Vielleicht.“ Ein Seufzen entwich meiner Kehle, während ich daran dachte, lieber nicht mit den Mädels einen Drauf zu machen. Das würde doch ohnehin nur schiefgehen.
 

Wir redeten noch ein wenig, bevor sie langsam einschlief und inmitten ihres Satzes verstummte. Ich lächelte, beugte mich über sie und knipste die Nachttischlampe aus, damit das helle Licht sie nicht wieder weckte.

Ich nahm mein Handy und spürte den Stich der Enttäuschung, da noch immer keine Mitteilung von Sasuke eingetroffen war. Möglicherweise ließ auch er mich sitzen. Wenn man das überhaupt in diese Kategorie einsortieren konnte, immerhin waren wir Chatbekannte.

Ein Schmatzen Inos erklang leise und sie drehte mir den Rücken zu. Ich lächelte und spürte das freudige Kribbeln über diese tiefe Freundschaft, die uns seit dem Kindergarten verband und bedauerte zeitgleich den armen Sai. Immerhin lag er alleine in Inos King-Size-Bett, während ihre Wärme sich unter der Decke langsam auf mich übertrug.

Selbst wenn alle Männer mich fallen ließen, wie eine heiße Kartoffel… Ino war immer da.
 


 

Am nächsten Tag wurde ich vom süßlichen Duft von frisch gebackenen Waffeln und dem dumpfen Trällern der Radiomusik geweckt. Hin und wieder war das Mitsingen meiner Mitbewohnerin deutlich zu hören. Schief und viel zu hoch. Ich schob die Decke von mir und schwang müde meine Beine aus dem Bett. Hatte ich mich je so schlecht am Morgen gefühlt?
 

Ich streckte mich, als bereits Ino mit tänzelnden Schritten in mein Zimmer kam. „Guten Morgen“, flötete sie gut gelaunt. „Frühstück ans Bett. Also schwing die Beine wieder unter die Decke.“

„Du bist die Beste“, grinste ich. Wie konnte man sich diesem liebevollen Befehl auch widersetzen?

„Heute ist ein neuer Tag und den muss man optimal beginnen. Und ich habe beschlossen, dass wir an unserem nächsten freien Tag auf Männerfang gehen.“

Ich rollte mit den Augen. „Lieber nicht, Ino. Sowas kann man nicht erzwingen.“

„Aber mit gut durchdachten Aktionen anlocken“, sie zwinkerte mir zu und nahm einen Schluck Kaffee. „Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.“
 

Ich griff nach meinem Handy. Sie hatte Recht. Vielleicht lag es einfach an mir, einen Schritt in die richtige Richtung zu gehen. Es konnte einem ja nicht immer alles in den Schoß fallen.
 

„Was machscht du?“

„Schluck erstmal dein Essen runter, bevor du redest“, ermahnte ich sie. „Ich schreibe Sasuke.“
 

„Warum? Hör auf dich so mit diesem Kerl zu befassen.“ Sie klang verärgert.

„Ich mag ihn eben.“

„Du hast ihn nie gesehen. Lass es lieber“, brummte sie. „Am Ende ist er wirklich ein schlechter Mensch oder jemand, der dich enttäuscht. Oder ein Amokläufer!?“

Ein Lachen entfloh mir und ich trank einen Schluck Orangensaft. „Nicht jeder Mann, den du noch nicht gesehen hast, ist gleich ein Mörder. Und Sasuke ist nett. Außerdem ist er der einzige Kerl, dessen Telefonnummer ich habe.“ Den Part mit der Enttäuschung überging ich.

Sie schnaubte frustriert.

Oh bitte, Sasuke hatte nichts falsch gemacht, oder? Als diese Schnepfe ans Telefon gegangen war, hatte ich eine Party im Hintergrund gehört - wahrscheinlich war sie sogar dreist genug gewesen, meinen Anruf aus der Liste zu löschen, so gehässig wie sie geklungen hatte. Manchmal sollte man die Dinge nicht tot-denken.
 

Guten Morgen, Sasuke. Ich hoffe, du kämpfst jetzt nicht mit einem Kater, hat sich immerhin nach einer großen Party angehört. Werde dir vom Date berichten, sobald du online bist. Liebe Grüße, Sakura
 

„Mach doch noch ein Kuss-Smiley dazu. Dann merkt er vielleicht, dass du ein klein wenig verschossen bist.“

Ich äffte ihr Kichern nach und schüttelte den Kopf. „Ich bin nicht verschossen.“

Sie hob eine feingeschwungene Augenbraue. „Nein, bist du nicht.“

„Wo ist Sai?“

Ino lachte über meinen schwachen Versuch das Thema zu wechseln und zuckte mit den Schultern. „Er kommt und geht. Wahrscheinlich sitzt er im Park und zeichnet Enten.“

Meine Haut kribbelte, als ihr Blick beim Gedanken an ihren Freund weicher wurde. Gleichzeitig flackerte wieder die Eifersucht in mir. „Ihr solltet einfach heiraten, ein Haus bauen und fünf Kinder bekommen.“

Sie riss entsetzt ihre Augen auf. „Fünf Kinder?“

„Mehr?“

„Nein – und sowieso… es wäre viel zu früh, sich jetzt schon solche Gedanken zu machen.“

Dieses Mal war es an mir eine Augenbraue zu heben. „Du hast vor drei Tagen in der Küche gesessen und deine Unterschrift als Sais Ehefrau geübt.“

Ein blasser Rotschimmer breitete sich auf ihren Wangen aus. Da hatte ich sie wohl ertappt. Ihr Blick legte sich auf ihre Waffel und ich wusste, ich war vorerst vor ihrem Beschützerinstinkt sicher. Sicher hätte sie am liebsten jedem Kerl, der mir Kummer bereitete, die Augen ausgekratzt.
 

Das Frühstück verlief gut. Und ich war Sai wirklich dankbar, dass er meine Freundin ganz mir überlassen hatte. Hin und wieder fehlte es mir sehr, die Wohnung allein mit ihr zu haben. Sai war ziemlich oft hier und ich verübelte es ihnen beiden auch nicht immer. So war die Liebe. Und sicher wäre es auch anders für mich gewesen, wäre ich in einer Beziehung.

Nach einer kurzen Dusche fühlte ich mich befreiter als am Abend zuvor. Ino konnte mit ihrer bloßen Anwesenheit meine Seele glücklich machen. Ich liebte sie wirklich von ganzem Herzen. Auch wenn mich ihre Schminktöpfe im Bad manchmal zur Weißglut trieben.

Ich beschloss, meine Gedanken an die Männerwelt auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben und widmete mich meinen Mails. Viel Werbung, ein lustiges Katzenvideo einer ehemaligen Schulkameradin und eine Nachricht meiner Chefin, die mich dazu aufforderte, in der kommenden Woche nach Tokyo zu reisen. Ich grummelte missmutig. Ich war wirklich nicht gerne in Großstädten und vor allem nicht in Hauptstädten. Seufzend rieb ich mir die Augen und überflog die kurzen Zeilen nochmal.

Ich sollte Neji Hyuuga mit dessen neuer Freundin interviewen.
 

Die armen Frauen Tokyos, die darauf hofften, den Jungunternehmer und Langzeit-Jungesellen für sich zu gewinnen, würden in Scharen in Tränen ausbrechen. Arme Dinger.
 

Hey. Ich fürchte, heute wird’s nichts mehr. Komme gerade aus dem St. Luke’s. Naruto muss jetzt aufräumen und ich muss packen, weil ich heute Abend noch nach Fukuoka muss.

Sasuke
 


 

Ich konnte nicht leugnen, dass mein Herz kurz stehen blieb, als ich die Nachricht las.
 

Du warst im Krankenhaus?
 

Nach nur einer Minute trudelte ein simples „Ja“ ein. Ich widerstand dem Drang, ihn zu fragen, was genau gewesen sei und ob es schlimm war. Wäre es heftig gewesen, hätte er immerhin nicht schreiben können, geschweige denn eine Reise nach Fukuoka machen können. Dennoch sorgte ich mich. Aber er war ins St. Luke’s gegangen. Das hieß doch, dass er in Tokyo wohnhaft war. Ich biss mir auf die Unterlippe und spürte ein aufgeregtes Flattern in meiner Brust, als ich meine Nachricht eintippte.
 

Du wohnst also in Tokyo. Wie lange wirst du in Fukuoka sein?
 

Das Lächeln, dass sich auf meinem Gesicht ausbreitete, war kaum zu übersehen. Immerhin wusste ich nun, wo er wohnte. Und das gerademal drei Stunden entfernt.
 

Detektivarbeit.

Bis Mittwoch. Höchstens Donnerstag.
 

Da war sie wieder: Enttäuschung. Aber sie war definitiv mit Freude vermischt.
 

Schade.
 

Ich erwartete eigentlich keine Antwort mehr. Dennoch erhielt ich fünf Minuten später ein einfaches Fragezeichen und kicherte über diese Einfachheit und Faulheit von ihm, eine Frage zu tippen, die tatsächlich auch Wörter enthielt.
 

Werde Dienstag in Tokyo sein. Für ein Interview.
 

Gespannt starrte ich mein Telefon an und spürte das aufgeregte Flattern in meiner Brust. Vielleicht würde er ja seinen Trip verschieben oder früher zurückkehren, um mich eventuell doch zu treffen? Ich runzelte die Stirn. Aber wäre das zu früh gewesen?

„Ich fass es einfach nicht“, quiekte Ino und zog erneut die Zeitschrift näher an sich. Temari schmunzelte und nippte an ihrem Milchkaffee. „Ino, du bist zu laut. Die anderen Gäste starren uns schon an“, ermahnte sie. „Du bist keine fünfzehn mehr, also beherrsch dich.“ Ino schwang ihre Hände in die Luft und funkelte aufgeregt erst mich, dann Temari an. „Wisst ihr denn nicht, dass er in der High Society mitspielt? Ich würde alles tun, um mit dir zu tauschen.“ Sie rutschte nervös auf ihrem Stuhl herum und blätterte erneut von Seite zu Seite und schmachtete Neji Hyuuga an. „Schade, dass er jetzt vergeben ist.“

„Psst! Es ist noch nicht offiziell! Ich kann dir nichts erzählen“, brummte ich erzürnt und schlug meine Hand auf die Fotografie des Hyuuga-Sprössling. Meine Mitbewohnerin hielt sich kichernd die Hand vor den Mund. „Tut mir Leid.“

„Wann genau musst du nun los?“ Temari lehnte sich im weichen Sofa zurück und wärmte ihre Finger an der Tasse. Als ich ihre Frage beantworten wollte, wurde ich von einem lauten Schnauben von Ino unterbrochen. „Seid ihr blind?“ Bestimmend zog sie die Zeitschrift unter meiner Hand hervor und tippte fast schon ehrfürchtig auf die Fotografie. Ich rollte mit den Augen.

„Du triffst diesen attraktiven Kerl! In Fleisch und Blut wird er vor dir stehen!“ Das Blau ihrer Augen glitzerte mit jedem Swarovski-Stein um die Wette. Sie fuhr sich mit der Zunge über die Unterlippe und ich kam nicht umhin, kurz aufzulachen. „Ihr wisst, dass er zu den begehrtesten Jungunternehmern gehört. Naja, gehörte.“ Inos Ausdruck war fast schon enttäuscht. Armer Sai. Manchmal war sie furchtbar.

Temari beugte sich über den Tisch. „Sag mal, Ino. Wieso hast du überhaupt ein Wirtschaftsmagazin? Interessiert dich doch sonst nicht.“

„Ach, papperlapapp. Da sind hin und wieder ganz hübsche Kerle dabei. Hier, schau doch.“ Ino sprang auf und setzte sich neben Temari auf das Sofa und blätterte kichernd die Seite herum. „Yahiko zum Beispiel. Er hat sich echt hochgearbeitet. Wusstet ihr, dass er eine Vollwaise ist? Armer Kerl“, erklärte Ino.

Ich hob eine Augenbraue. „Ich weiß nicht mal, wer dieser Yahiko ist.“

Ein Schnauben überkam meine Mitbewohnerin und Temari schenkte mir einen belustigten Blick. „Du arbeitest bei einem populären Magazin und hast keine Ahnung, wer Yahiko ist?“, kicherte Temari und stellte die Tasse ab. „Selbst ich hätte keine Probleme auf dem ein oder anderen Event an seiner Seite zu stehen“, bemerkte Temari und grinste breit. „Kennst du wenigstens Lee? Rock Lee?“ Sofort dachte ich an den grünen Sportanzug und die glänzenden schwarzen Haare. Ich verzog mein Gesicht. „Du machst Scherze, oder?“

Ino lachte. „Er ist, wie er ist. Vielen Frauen gefällt das. Außerdem ist er im Sportbereich echt ein hohes Tier.“

Ich seufzte und brach ein Stück meines Blaubeermuffins ab. „Ich versteh gar nicht, warum ihr euch jetzt so in dieses Heftchen vertieft.“

„Hotties, Sakura“, lachte Ino und ihre blauen Augen fuhren aufgeregt von Bild zu Bild. „Oh. Das ist er. Was würde ich nur dafür geben, ihm einmal die Hand zu schütteln!“ Ino seufzte und lehnte sich im Sofa nach hinten. Dabei drückte sie das Magazin an ihre Brust. Ein verliebter Ausdruck erschien auf ihrem Gesicht. Temari lachte amüsiert und strich sich ihren Rock glatt.

„Es ist eine Schande, dass man nie ein gutes Foto von ihm entdeckt, aber wenn man ein Foto sieht, dann prickelt die Haut“, murmelte Ino.

„Wen meinst du?“, fragte ich. Nicht, dass es mich wirklich interessierte. Diese Männer lebten alle in einer ganz anderen Welt und wie hoch stand schon die Chance, ihnen wirklich einmal zu begegnen? Die tummelten sich doch lieber in den angesagtesten Städten der Welt herum und sorgten dafür, dass sich ihr Konto von Stunde zu Stunde weiter füllte.

„Die ganze Uchiha-Familie ist hübsch“, schwärmte Ino weiter und ein Fiepen drang über ihre Lippen. „Und der Jüngste ist unglaublich attraktiv. Eine Schande, dass es keine besseren Fotos gibt.“

Neugierig zog ich ihr das Heft aus den Händen, was sie mit einem empörten Ausruf quittierte. Ich ließ meinen Blick über das kleine Bild in der Ecke schweifen und schmunzelte. „Ino, behalt das Höschen an. Deine Hormone spielen gerade verrückt“, lachte ich. „Man sieht kaum etwas. Das Bild ist sogar ein wenig verschwommen.“

Sie fächerte sich Luft zu und schielte abwechselnd von Temari zu mir. „Ich sagte doch, es ist eine Schande.“

„Du kannst es nicht mal richtig beurteilen wie er aussieht. Welcher Fotograf lichtet überhaupt jemanden, der eine Sonnenbrille trägt, nur im Profil ab? Wie soll man sich da ein Urteil bilden“, bemerkte Temari glucksend.

„Aber wenn er schon so heiß aussieht, verschwommen und so, wie sieht er dann erst bei einem gut geschossenen Foto aus? Er scheint vor Selbstbewusstsein zu strotzen und das kommt sicher nicht von ungefähr.“ Ino sah schon fast trotzig aus, wie sie ihren Uchiha verteidigte. „Er fährt bestimmt einen schicken Wagen, der im Sonnenlicht glitzert. In Silber. Oder Tiefschwarz. Vielleicht auch blau.“

Ich fuchtelte mit der Hand vor ihrem Gesicht und kicherte amüsiert. „Erde an Ino. Was ist das nur mit dir und glänzenden Objekten? Man könnte ja fast schon denken, du seist mit einer Elster verwandt.“

Temari stieß ein glockenhelles Lachen aus und klopfte meiner Mitbewohnerin auf die Schulter. Ihre Augen lagen dabei auf mir. „Sakura, du weißt doch, der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.“
 

Ich grinste. Inos Mum liebte funkelnde Kleider, glitzernden Schmuck und alles, was teuer war. Ino schob die Unterlippe vor und verschränkte schmunzelnd die Arme vor der Brust. „Was ist so verkehrt daran, die schönen Dinge im Leben zu schätzen?“

Ein kleines Lächeln stahl sich auf mein Gesicht und versöhnlich bot ich ihr die Hälfte meines Muffins an, den sie ein wenig schmollend entgegen nahm. „Ihr seid manchmal bescheuert“, brummte Ino.

Temari und ich lachten beide auf. „Also, zurück zu dir, Sakura. Wann gehst du denn nun nach Tokio?“ Inos Aufmerksamkeit lag nun ebenfalls auf mir.

„Ich sollte ungefähr gegen sieben los. Ich werde mit dem Zug fahren.“

Ino verzog angewidert ihren Mund, während Temari mir einen mitleidigen Blick zuwarf. Ich lächelte schwach. „Zugfahrten sind halb so schlimm. Ich kann mich da optimal aufs Interview vorbereiten.“

Ino stopfte sich einen Krümel in den Mund. „Du weißt, dass die Fahrt drei Stunden dauert?“

Ich zuckte mit den Schultern. „Komm doch mit“, witzelte ich. „Du kannst mir mehr von den Typen erzählen, auf die ich eventuell stoßen könnte.“

„Ts. Nie im Leben. Ich genieße es, wenn du weg bist und spring wie ein Teenager auf deinem Bett herum.“

„Und Cindy Lauper singt nur für dich Girls just wanna have fun“, prustete Temari.

Mein Grinsen wurde breiter. „Mein Zimmer wird verschlossen sein.“
 

Als wir am späten Nachmittag zuhause ankamen, wartete bereits Sai ungeduldig wirkend vor der Tür. Ich grüßte ihn im Vorbeigehen und sprang die Treppenstufen hinauf, um den beiden ein wenig Privatsphäre bei der Begrüßung zu geben. Immerhin war ich es, die Ino so für sich beansprucht hatte und nach ihrem Schulmädchenauftritt, was das Schwärmen für wildfremde Männer anging, konnte ich eine kleine Pause von ihr gut gebrauchen. Ich schnappte mir aus der Küche eine Flasche Rotwein und ein Glas, dann kämpfte ich gegen den Drang an, mir noch die Mint Chocolate Chip Ice Cream von Ino zu nehmen. Immerhin war das unser Notfalleis, wenn Männer bescheuert waren oder der Chef zu sehr herum stänkerte.

Ich summte, während ich im Badezimmer das Wasser in die Wanne und das Lavendelöl hinein tröpfeln ließ. Nachdem ich das Radio in der Ecke eingeschaltet hatte, flogen Jeans und Shirt in den Wäschekorb und schneller denn je band ich meine Haare im lockeren Dutt zusammen. Jetzt kam das Beste: Ich konnte meine müden Knochen ins heiße Wasser gleiten lassen und stieß einen wohligen Seufzer aus. Ich lehnte mich zurück und genoss die prickelnde Wärme, die durch meine Haut kroch und die Verspannung in meinen Schultern zu lösen schien. Ich sollte unbedingt öfter baden und weniger duschen. Im Radio trällerte Carrie Underwood und ich ließ mich weiter von Lavendel und Wärme einlullen. Als das dumpfe Surren meines Handys zu hören war, öffnete ich meine Augen. Das Wasser schwappte, als ich mich aufsetzte und zur Ablage blickte, auf der mein Telefon fröhlich vor sich hin vibrierte. Ich schnaubte und wollte das Klingeln bereits ignorieren, als sich mein Körper bereits selbständig aus der warmen Umarmung des Badewassers wandte. Eine Gänsehaut krabbelte über meinen Körper, als die kühle Luft mich einhüllte. Schnell zog ich ein Handtuch aus dem Schrank und wickelte mich damit ein, bevor ich mit nassen Füßen über die kalten Fliesen huschte, um das Telefon entgegen zu nehmen. Meine Wangen färbten sich augenblicklich rot, während mein Herz in meiner Brust zu zerfließen schien. Wo war dieses Gefühl nur hergekommen? Ich befeuchtete meine Lippen. Die kühle Luft war mit einem Schlag irrelevant und lächelnd klickte ich auf den grünen Button. „Hi“, brachte ich fast atemlos über meine Lippen. „Hi“, entgegnete er. Seine tiefe Stimme sorgte dafür, dass sich die feinen Härchen am Nacken aufstellten und ein winziges, ungewolltes Aufkeuchen kam über meine Lippen. „Schön, dass du anrufst“, hauchte ich und ging zurück zur Wanne. Ich ließ mich auf den Rand nieder und schlug die Beine übereinander. Dabei fiel mir auf, dass ich sie unbedingt wieder rasieren musste. „Gut in Fukuoka angekommen?“ Ich spürte Freude in mir. Er rief mich an. Von sich aus. Ich lächelte breit. „Hab mich schon gefragt, ob du dich überhaupt meldest. Also, ehm, nicht dass ich gewartet habe.“ Und ehrlicherweise hatte ich wirklich nicht direkt darauf gewartet. Immerhin war ich den ganzen Tag über mit Ino unterwegs gewesen und erstaunlicherweise gab es kaum eine Minute, an der ich an ihn dachte. Ich biss mir auf die Unterlippe. Er lachte, ein müheloser Atemstoß gegen den Telefonhörer und meine Wangen glühten. Wusste dieser Kerl, was er allein mit seiner Stimme bei einer Frau verursachen konnte? Als ein Kribbeln meinen Hals entlang lief, fuhr ich mit meiner freien Hand darüber. Ich hüstelte. „Wie war die Anreise?“, fragte ich.

„Ganz ok.“ Ich seufzte innerlich auf. Wieso rief er mich an, wenn man ihm alles aus der Nase ziehen musste?

„Hoffentlich hast du ein anständiges Hotelzimmer.“

„Ja, hab ich“, antwortete er monoton. „Meine Mutter lässt dich grüßen.“ Überrascht stieß ich ein „Oh?“ aus. „Sie hat eben angerufen und sich nach dir und deinem Date erkundigt.“

„Das ist aber nett von ihr.“ Ich schloss seine Mutter schon jetzt ins Herz. Ein dicker kalter Tropfen fiel von meinem Haar auf meinen nackten Oberschenkel. „Warte mal kurz“, stieß ich hervor. Vorsichtig legte ich das Handy ab und glitt wieder an das warme Wasser. Einen wohligen Laut konnte ich nicht vermeiden. Ich beugte mich zum Telefon und hob es erneut an mein Ohr. „Badest du?“, fragte er amüsiert klingend. Ich lächelte und nickte, auch wenn er das nicht sehen konnte. „Ich hab das unbedingt gebraucht.“ Es entstand eine kurze, aber angenehme Stille und das ruhige Atmen, das durch den Telefonhörer kam, entspannte mich umso mehr. Ich hörte das Rascheln einer Decke und das Zischen einer Wasserflasche. „Liegst du schon im Bett?“, bemerkte ich.

„Hn. Muss morgen ziemlich früh raus.“

„Wann musst du denn aufstehen?“

Er schien sich auf die Seite zu legen. „Gegen sechs.“

Ich fuhr mit meiner Hand an der Wanne entlang und genoss die Kühle, die von ihr ausging. „Soll ich dich wecken?“, bat ich scherzhaft an.

„Du bietest dich also als persönlichen Weckdienst an?“

Ein Lachen entrann mir. „Ich bin effizienter darin, als du denkst. Ino muss auch ständig geweckt werden.“ Erneut hüllte uns Stille ein und ich erinnerte mich an eines unserer ersten Gespräche. Ich kicherte.

„Was ist so lustig?“

„Nun, mir fiel nur ein, warum du Single bist.“

„Ach?“ Ich stellte mir vor, wie er dabei eine Augenbraue hob und mich betrachtete. Bei dem Umstand, dass ich mir überhaupt nicht bewusst war, wie er aussah, war es ein lustiger Gedanke. „Deine wortkarge Art. Ich sollte dich daran erinnern, dass du beim Fortfahren deiner Strategie irgendwann unverheiratet, fett und vereinsamt sterben wirst.“ Er lachte auf und meine Zehen kribbelten verzückt. Es klang wunderschön. Das schönste Lachen, das ich kannte.

„Vielleicht ist das keine Strategie.“

„Ach, nicht?“ Meine Lippen kräuselten sich amüsiert. Ino würde tanzend durchs Zimmer hüpfen und alle attraktiven Junggesellen der High Society ignorieren, wenn sie in den Genuss gekommen wäre, der Stimme von Sasuke zu lauschen.

„Das nennt sich Charakter.“

„Ein ziemlich ausgeprägter Charakter.“

„Liegt in den Genen, schätze ich“, erwiderte er ruhig. Wieder hörte ich das Rascheln der Decke. Das Hotelbett schien wohl nicht ganz so bequem zu sein.

„Deine Mutter machte auf mich allerdings einen viel gesprächigeren Eindruck.“

„Willst du eventuell ihre Nummer? Sie wäre sicherlich entzückt mit dir zu plaudern.“

„Nur, wenn ich es überhaupt nicht mehr mit dir aushalte.“

Sasuke schnaubt amüsiert. „Sakura, es klopft auf der anderen Leitung und es ist recht spät.“

Enttäuscht holte ich Luft. „Dann, schlaf gut.“

„Zieh dir Morgen was Wetterbeständiges an. Es gibt eine Unwetterwarnung. Bis dann.“ Noch bevor ich ein „Bye“ verlauten konnte, hörte ich bereits das Tuten.
 

Die Vorfreude auf Tokio stieg.

Es fühlte sich an, als käme ich ihm mit meinem Besuch noch ein Stück näher.

Ich stieß einen Seufzer gegen den verdunkelten Himmel und hoffte inständig, dass sich die schwarzen Wolken über meinen Kopf nicht sofort entluden und mir wenigstens die Chance gaben, in dieses gigantische Gebäude zu treten, ohne das mir das Wasser von allen Haarspitzen tropfte und ich dadurch den teuer aussehenden Boden ruinierte. Ich zog am Saum meiner Jacke, blickte durch die Glasfront und beobachte eine Frau nach der anderen, die geschäftig durch die großzügig geschnittene Empfangshalle stolzierte. Seit ungefähr zwei Minuten betrachtete ich das eilige Auf- und Ablaufen der perfekt aussehenden Männer und Frauen, als wären sie vor Kurzem aus dem neuesten Cover der Vogue entsprungen. Ich hingegen sah aus wie ein Bauerntrampel und das trotz des schicken schwarzen Overalls von Ino. Als ich an diesem Morgen in den Zug stieg, fühlte ich mich overdressed. In diesem Moment war es allerdings das absolute Gegenteil. Mürrisch biss ich auf meine Unterlippe und erst als ich den metallischen Geschmack auf meiner Zunge wahrnahm, straffte ich die Schultern und nahm einen tiefen Atemzug. Ein letztes Mal konzentrierte ich mich auf mein eigenes Spiegelbild. Der Fensterputzer erhielt bei solch überragender Reinigungsarbeit hoffentlich einen vernünftigen Lohn. Ich fing mit einer fahrigen Bewegung eine Strähne ein, die sich aus meinem Dutt verabschiedet hatte und schob sie schnell hinters Ohr. Über mir grollte der Himmel. Was hätte ich nicht alles gegeben, um nicht hier zu stehen. Selbst eine Shoppingtour wäre mir bei Weitem lieber gewesen. Und während ich mich erneut im Fenster betrachtete, machte ich mir innerlich eine Notiz, mich bei Ino zu bedanken, die mir zum klassischen Overall in schwarz riet. „Meine Klamotten wären noch schlimmer gewesen“, wisperte ich und ich kam nicht umhin, ein panisches Lachen erklingen zu lassen. Ich wollte eine zerschlissene Jeans und einen dunklen Pullover anziehen, allerdings fing mich Ino noch an der Tür ab. „So kannst du nicht nach Tokio. Du triffst immerhin nicht irgendwen. Und was, wenn dein Traumprinz dort ist?“, ermahnte sie mich und verschränkte die Arme vor der Brust. Ihre blauen Augen funkelten und hätte sie nicht ihren rosafarbenen Pyjama mit den Enten getragen, wäre sie sicher noch autoritärer rüber gekommen. Vielleicht hätte sie dann sogar mit meiner Mutter mithalten können. Obwohl die mich im schlimmsten Fall sicher in ein Hotelbodenmuster-Kleidchen gesteckt hätte. Ich schüttelte den Kopf. Es war ein einfaches Interview. „Geh rein und zieh es durch“, hauchte ich und nahm einen tiefen Atemzug, als ich mich in Bewegung setzte.
 

Meine Schritte hallten auf dem Boden wider, als ich Richtung Empfangsdame ging. Mit einem mulmigen Gefühl blieb ich vor dem Tresen aus Ebenholz stehen und bedachte sie mit einem leichten Lächeln. Meine Großmutter sagte immer, man solle Menschen mit einem gewinnenden Lächeln gegenübertreten und schon sei die halbe Miete gewonnen. Der erste Eindruck zählte immerhin. Mal davon abgesehen, dass meine Haare absolut verpfuscht waren. Vom feinsäuberlichen Dutt am Morgen war dank der langen Zugfahrt, einem kleinen Nickerchen, trotz lautstarker Musik, die ich über die Kopfhörer meines Handys hörte, und des Wetters draußen, überhaupt keine Spur mehr. Ich lehnte mich mit meinem Körper gegen das Holz und trommelte mit dem Finger darauf herum, als mich bereits der giftige Blick von Mrs. Watanabe traf. Ihre Finger stoppten abrupt in ihrer fließenden Tippbewegung auf der Tastatur und sie reckte ihr Kinn noch höher, um mich mit einem extrem genervt klingenden Hüsteln in Empfang zu nehmen. Aus Reflex zog ich meine Finger zurück und starrte verlegen auf die glatte Oberfläche. Den dabei entstandenen Kloß in der Kehle schluckte ich hinunter.

Ich nahm einen tiefen Atemzug und richtete meine Aufmerksamkeit auf sie. „Hallo. Sakura Haruno. Ich habe einen Termin mit Mr. Hyuga.“

Ihre Mundwinkel zuckten, als sie die Brille auf ihrem Nasenrücken zurecht schob und mit ihren perfekt manikürten Fingernägeln etwas in den Computer eintippte. Meine Augen huschten kurz über meine eigenen Nägel und ich wünschte mir für mindestens zwei Sekunden, ich wäre vor drei Tagen mit zu Temaris Termin bei der Nageltante mitgegangen. Mist. Ich schnaubte und ignorierte den Blick, den mir die Empfangsdame schenkte. Das hier war eine mir völlig fremde Welt.

„Ms. Haruno? Ich würde Sie bitten, Platz zu nehmen. Mr. Hyuga wird sich aufgrund der Wetterlage verspäten.“ Ihre Stimme klang hoch und ein wenig schrill. Mit einem kurzen Nicken deutete sie auf die dunkle Ledercouch.

„Danke“, hauchte ich und versuchte so gerade wie möglich auf den hohen Schuhen zu laufen. Das Bedürfnis meine Ballerinas aus der Tasche zu holen, verbannte ich aus meinem Körper. Diese Blöße würde ich mir sicher nicht geben. Fehlte eigentlich nur noch, dass ich über etwas stolpere und plötzlich Mr. Grey höchstpersönlich vor mir stand.
 

Ich ließ mich mit einem tiefen Atemzug auf das Möbelstück fallen und der Geruch von Zitrone stieg in meine Nase. Draußen huschten eilig die Menschen von rechts nach links und schienen so schnell wie möglich nachhause kommen zu wollen, was kaum verwunderlich war. Dicke Regentropfen rannen an der Glasfront hinab, während sich die einzelnen Bäume dem starken Wind beugten und der Himmel immer schwärzer wurde. Nicht mal zehn Pferde würden mich vertreiben. Wenigstens war es in diesem imposanten Gebäude warm. Kein Vergleich zum Zug, dessen Heizung definitiv eine Wartung benötigte. Ich spielte mit dem Reißverschluss meiner Umhängetasche und richtete meinen Blick auf den schicken Boden, der sicher teurer war als das ganze Haus, in dem Ino und ich wohnten. Mir entfloh ein Schnauben und ich fischte mein Mobiltelefon aus der Tasche.

Keine neuen Nachrichten

Enttäuscht schob ich die Unterlippe vor und öffnete das Nachrichtenfeld. Ich schrieb Ino, dass ich nun auf dem Sofa wartete, das mehr wert war, als ihr gesamter Kleiderschrank und lächelte, als ein „Das ist nicht möglich“ als Antwort kam. Ich kicherte fröhlich. Das Gefühl wurde aber zerschlagen, als das ermahnende Hüsteln von Mrs. Watanabe zu mir drang. Ein Seufzen erklomm meine Kehle. Wieso waren Stadtmenschen nur immer so angespannt?
 

Zehn Minuten später war alles wie zuvor: ich saß noch immer auf der Couch, die bequemer aussah, als sie tatsächlich war. Ohne Getränk. Ohne nette Leselektüre. Ohne Inos Textnachrichten, denn die vergnügte sich jetzt beim Brunchen mit Temari und Sai. Der Tag war eine Katastrophe. Ich erhielt nicht mal eine Antwort auf meine Weck-SMS an Sasuke. Das Bedürfnis ihm erneut zu schreiben, schob ich mit einem energischen Zischen in die hintersten Ecken meines Kopfes. Ich wollte ihn nicht nerven. Am Ende verschreckte ich ihn noch. Aber die Langeweile und das Ärgernis wuchsen und wuchsen. Meine Augen huschten kurz zur Brillenträgerin hinter dem Tresen, die mich keines Blickes würdigte. Ich schien pure Luft zu sein. Hoffentlich behandelten sie die Besucher sonst besser, aber vielleicht lag es wirklich an diesem Wetter. Das machte alle ganz verrückt. Selbst mich langsam. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass es so heftig werden würde. Wieso wechselte ich auch immer den Sender, sobald Nachrichten kamen? Ich musste das künftig unbedingt ändern. War nicht verwunderlich, dass der Zug fast leer war. Allein das hätte schon Zeichen genug sein sollen. Mürrisch überkreuzte ich die Beine und tippte auf die neu eingetroffene Nachricht. Ich lachte leise, als ich Inos „Schick ein Foto von den Hotties aus der Großstadt!“ las. Das steigerte meine Laune erneut. Was würde ich nur ohne meine Blondine machen?

Als die Tür sich öffnete und ein kalter Windstoß meinen Körper umhüllte, schaute ich neugierig auf. Meine Augen huschten über den Neuankömmling und ich spürte das Lächeln, das an meinen Mundwinkeln zupfte. Wenn eine Spezies auf Erden es schaffte, innerhalb weniger Augenblicke etwas zu analysieren, dann waren das eindeutig Frauen.

Zwischen den ganzen Vogue-Menschen wirkte sie mit ihren dunkelblauen Gummistiefeln und dem olivgrünen Anorak wie ein normaler Mensch und sofort war sie mir sympathisch. Jedenfalls sympathischer als alle anderen in diesem Gebäude. Ich hoffte, dass sie netter in Empfang genommen wurde als meine Wenigkeit. Ihre Schuhe quietschten ein wenig auf dem glatten Boden und als sie vor dem Tresen zum Stehen kam, erhielt sie tatsächlich ein Mini-Lächeln von Mrs. Watanabe. Dabei dachte ich, dass die Empfangsdame das nicht konnte. Sie sah ja schon fast nett aus. Mit einem Nicken in meine Richtung deutete sie auf mich und als die Dunkelhaarige sich zu mir drehte, stockte mir ein wenig der Atem. Sie war wirklich hübsch. Ihre Augen leuchteten in einem hellen Blau und auf ihrem schlanken Gesicht lag ein sanftes Lächeln. Sie warf ein kleines Dankeschön in Richtung der Empfangsdame, kam auf mich zu und wirkte dabei wie eine kleine Elfe.

„Sie sind Ms. Haruno, nicht wahr?“ Die Dunkelhaarige blieb vor mir stehen und schob eine Strähne, die sich ins Gesicht verirrte, beiseite. Bevor ich antworten konnte, hielt sie mir bereits ihre kleine Hand entgegen. „Hinata Hyuga. Mein Cousin Neji rief mich an und bat mich Sie in Empfang zu nehmen.“

Ich stand auf und ergriff die mir dargebotene Hand, die angenehm warm war.

„Leider wird es ihm nicht möglich sein, heute herzukommen. Das Wetter ist furchtbar, wie Sie sicher schon erkennen konnten. Die ganze Stadt will zeitgleich in ihre Häuser, bevor es richtig losgeht.“ Ich nahm ihr den entschuldigenden Blick zu hundert Prozent ab.

Ich nickte und versuchte die Worte zu verarbeiten. Alle gingen nach Hause. Ganz Tokio?

Mein Blick schweifte erneut nach draußen. Der Himmel war dunkler als zuvor, dabei hätte ich nie gedacht, dass das möglich wäre. Ein lautes Donnergrollen ließ mich zusammenzucken.

„Ich würde ihnen vorschlagen, Sie fahren ebenfalls zurück. Sind Sie mit dem Auto hier?“, fragte sie. Ihr Interesse war echt und in mir breitete sich ein kleines Glücksgefühl aus. Ein normaler Mensch in diesem Schicki-Micki-Gebäude. Das war beruhigend. Aber sie war eine Hyuga. Seine Cousine. War sie dann nicht auch ein Promi?

„Ms. Haruno?“

Ihre sanfte Stimme riss mich aus meinen Gedanken. „Einfach nur Sakura“, entgegnete ich und schenkte ihr ein echtes Lächeln. Falls ich mich nicht irrte, schwebte ein feiner rötlicher Schimmer über ihren Wangen und mein Herz hüpfte in der Brust. Sie war definitiv ein „normaler“ Mensch. „Ich bin mit dem Zug hier“, erklärte ich weiter.

„Oh“, entfuhr es ihr. „Die Züge werden nicht mehr fahren.“

Erschrocken riss ich die Augen auf.

Hinata sah bestürzt aus. „Es soll ein Taifun kommen. Alle Bürger sind aufgefordert, schnellstmöglich in ihre Häuser zu gehen.“

Ich schnaufte und schlug mir die Hände vors Gesicht. „Das kann doch alles nicht wahr sein“, knurrte ich gegen meine Handflächen.
 

„Hinata!“

Ich zuckte unter der lauten Stimme zusammen und starrte in den Eingangsbereich, indem ein breit grinsender Blondschopf sich wie ein begossener Pudel schüttelte, um den Regen los zu werden. „Ich hab alles im Auto. Lass uns schnell abhauen, bevor es losgeht.“

Mein Mund klappte auf und ich betrachtete den blonden Schopf, die sonnengebräunte Haut und die orange Regenjacke. Seine Stimme hallte in meinen Ohren wieder und angestrengt fragte ich mich, woher ich sie kannte. Mit schnellen Schritten kam er uns näher und bei jedem Millimeter wuchs Hinatas Röte auf dem Gesicht. Sie sah niedlich aus. Da war das Ärgernis über das geplatzte Interview und dem widerlichen Wetter draußen fast schon vergessen.

„Naruto, du hättest im Auto warten können“, hauchte sie. Ihre Augen glitzerten fröhlich.

Er grinste breit, blieb vor ihr stehen und schob eine Strähne von ihrer Stirn.

„Ich bin ein Gentleman.“ Seine meerblauen Augen sprühten nur so vor Liebe, als er sie betrachtete.

Ich fühlte mich ein wenig fehl am Platz und wippte unbeholfen vor und zurück.

„Entschuldigt bitte, wenn ich störe… aber hätte einer mir vielleicht die Nummer eines Taxis? Ich will ungern die Nacht auf dem Bahnhofsgelände verbringen“, warf ich ein. Narutos Aufmerksamkeit lag nun auf mir. Wahnsinn. Konnte ein Mensch so blaue Augen haben? Ich dachte Hinatas Augenfarbe wäre bemerkenswert, aber seine? Wow.

„Kennen wir uns?“, fragte er und kratzte sich am Kinn.

Ich hatte ein Déjà-vu. Ich verlagerte mein Gewicht aufs rechte Bein und musterte sein glattes Gesicht. Ich hatte ihn definitiv noch nicht zuvor gesehen. Allerdings kam mir seine Stimme wahnsinnig bekannt vor. „Hm“, murmelte ich. Als mein Handy in meiner Hand vibrierte, zuckte ich erschrocken zusammen.

„Geh ruhig ran, vielleicht ist es wichtig“, lachte Naruto.

Ich nickte dankend und spürte das Kribbeln in meinen Fingern, als Sasukes Name auf dem Display auftauchte. Ein Lächeln schlich sich auf mein Gesicht. Im nächsten Moment stoppte ich und sah abwechselnd von Handy zu Naruto. „Naruto, oder?“, fragte ich.

Wieder ertönte sein helles Lachen. „Jap, der bin ich.“

„Kann es sein, dass du der Naruto bist?“

Er legte seinen Kopf schief und zog die Augenbrauen hoch. „Äh… ich komm gerade nicht mit.“

Hinata zupfte an ihrem Ärmel. „Naruto, kennst du sie vielleicht tatsächlich?“

„Du kennst nicht zufällig einen Sasuke?“, warf ich ein.

Narutos Augen weiteten sich überrascht und er musterte mich erneut.

Ich befeuchtete meine Lippen. Wie groß war schon die Wahrscheinlichkeit in einer Großstadt auf den besten Freund der Internetbekanntschaft zu treffen? In Tokio. Der Landeshauptstadt. Bei einem Unwetter. Mir entfloh ein Lachen, als es bei ihm Klick zu machen schien.

„Sakura. Du bist Sakura“, bemerkte er und sein Gesicht hellte sich auf. „Damit hätte ich nun wirklich nicht gerechnet. Teme hat gar nicht gesagt, dass du hierher kommst.“ Naruto lachte und stupste Hinata an. „Hey Hinata. Das ist Temes Sakura.“

Ich errötete und schon im nächsten Moment lag Narutos Arm um meine Schultern. „Wie klein die Welt doch ist. Ich hab ja sowieso damit gerechnet, dass wir uns irgendwann begegnen, nur dachte ich nie, dass es so schnell geht.“ Er gluckste. „Hah, wenn ich das Teme erzähl. Der wird vielleicht Augen machen. Wär er lieber zuhause geblieben.“

„Spinnst du? Du kannst doch nicht einfach mit einem Fremden mitgehen!“

Inos Stimme ächzte durchs Telefon und sorgte dafür, dass sich meine Nackenhaare aufstellten. Ich verzog meine Mundwinkel und schloss meine Augen.

„Du kennst die doch gar nicht“, fuhr sie lautstark vor. Ich wäre jede Wette eingegangen, dass sie mürrisch dreinblickend eine Hand in die Hüfte stemmte und ihr Kinn in die Höhe rückte, um größer und bedrohlicher zu wirken. Sie mutierte hin und wieder zu einer Übermutter. Aber eigentlich hatte sie damit ja vollkommen Recht. Mir entfloh ein Brummen.

„Ino. Ich kenne ihn sehr wohl“, entgegnete ich ein wenig kleinlaut. Auf diese Diskussion hatte ich keine Lust. Natürlich war ich mir der möglichen Gefahr bewusst, aber… wer Naruto auch nur einmal im Leben vor sich stehen hatte, der konnte definitiv bezeugen, dass keinerlei Gefahr von ihm ausging. Er war ja kein Attentäter, oder ein Mörder, der seine Axt vor meinem Gesicht herumschwang. Wieso das ohnehin immer wieder bei Männern aufkam, die ich nicht kannte, wunderte mich extrem. Alle Männer, die Ino nicht kannte, bekamen sofort einen „Achtung er ist gefährlich Stempel“ aufgedrückt.

„Mach dir keine Sorgen, Ino“, begann ich. Ich hörte sie Schnauben. „Soll ich lieber am Bahnhof übernachten? Oder unter einer Brücke? Hoffen, dass ich nicht weg gepustet werde?“

Ihr Zischen drang durch den Hörer und machte jeder Schlange Konkurrenz. Höchstwahrscheinlich biss sie sich gerade auf die Zunge, damit sie nicht erneut in eine Schimpftirade verfallen konnte.

„Mir wird schon nichts passieren. Du weißt doch, wo ich bin“, versuchte ich sie zu besänftigen und strich mir das Haar aus der Stirn. Hinata warf mir vom Tresen aus einen unsicheren Blick zu, während Naruto selbst am Handy hing. Er wirkte allerdings entspannter als meine Wenigkeit.

„Es ist Hinata Hyuga. Wenn mir je was passiert, kannst du an die Presse gehen.“

„Papperlapp. Es sind Fremde. Ich komm dich holen.“ Ihre Stimme klang beunruhigt.

„Ino. Ich komm hier nicht weg. Und ich hab schon drei Hotels angerufen, aber es ist alles bereits voll. Die Züge fahren erst morgen wieder. Ich hab das Interview noch nicht hinter mich gebracht, weil es abgesagt wurde. Und es ist Naruto.“

Sie lachte freudlos. „Ach, es ist Naruto. Wie gut, dass du ihn schon so gut kennst. Kannst du mir auch seine Lieblingsfarbe nennen?“ Ich wusste, dass sie es ins Lächerliche ziehen wollte. Ich schmunzelte und gab ihr „Orange“ als Antwort. Sie schnaubte laut und steckte ihre Hand in die Chipstüte. Das Rascheln war unverkennbar. „Ich will nicht, dass dir was passiert. Ich hätte mitkommen sollen.“

Ich kicherte. „Genieß die Nacht ohne mich. Morgen heißt es dann Beauty-Evening. Nur du und ich.“ Meine Lippen verzogen sich zu einem Grinsen, als ich Ino leise flüstern hörte, dass Sai morgen Abend nicht kommen konnte. „Schreib mir bitte extrem viele Nachrichten, hörst du?“, richtete sie an mich. „Wenn ich nicht stündlich eine Nachricht bekomme, ruf ich die Polizei.“

„Klar“, antwortete ich. „Schlafen werde ich also nicht.“

„Du musst wachsam sein.“

„Am besten, ich lege ein Messer unters Kissen.“

„Für den Fall der Fälle. Ja.“ Ich gluckste und sie stimmte mit ein. „Sakura, wenn ich nichts mehr von dir höre, schicke ich deine Mom.“

Mein Lachen überschlug sich und ich zog die Aufmerksamkeit Narutos auf mich. Er grinste mich an und ich hatte das starke Bedürfnis, ihm zuzunicken.
 

Fünf Minuten später eilten wir bereits durch die Straßen und ich wünschte mir nichts Sehnlicheres, als einen quietschbunten Anorak. Gut, die Farbe war mir ziemlich egal. Allerdings stieg der Neid von Tropfen zu Tropfen, auch wenn Hinata und Naruto genauso durchnässt waren, wie ich. Der Himmel schien bleischwer zu sein und ein eiskalter Wind pfiff durch die Straßen und ließ mich frösteln. Ich hatte das Gefühl, dass meine Zehen bei jedem weiteren Schritt einer nach dem anderen abstarben. Ganz kurz flackerte der Wunsch auf, wieder im warmen Foyer zu sein, statt draußen. Auf der Straße folgte ein Auto dem nächsten so dicht, dass die Scheinwerfer aufgefädelt wie auf einer Schnur an mir vorbeizogen. Unter den Reifen spritzte das Wasser bis zum Gehweg auf, während die Scheibenwischer hektisch von links nach rechts schlugen. Der Regen peitschte in mein Gesicht und ich hoffte, wir würden bald ankommen. Wer ahnte auch schon, dass das Wetter binnen Sekunden umschlug und die Wolken sich alle zeitgleich entluden. Ich jedenfalls nicht. Meine Jacke klebte bereits an meinem Körper und die Haarspitzen schienen magnetisch an meine Haut gezogen zu werden. Ich schnaubte, spürte das Wasser in meinen Schuhen und schenkte dem Himmel einen verärgerten Blick.

„Beim nächsten Besuch bringst du Gummistiefel mit!“, rief Naruto und lachte. Er sprang in eine Pfütze und drehte sich zu Hinata und mir um. Sie kicherte und ich schüttelte den Kopf. „Schön, dass einer von uns Spaß am Wetter hat“, bemerkte ich. Er schüttelte seine strohblonde Mähne und die blauen Augen funkelten.

„Das ist doch nur Wasser“, grunzte er. Und über uns grollte der Himmel.

„Ja und ich habe das Gefühl, es sammeln sich sogar schon in meinen Lungen Pfützen.“ Und obwohl ich es eigentlich nicht wollte, stimmte ich in sein helles Lachen ein, während Hinata mir ein sanftes Lächeln schenkte.
 

Ich ließ mich laut ächzend auf den Rücksitz des schwarzen SUV fallen und fiepte leise auf, als das Wasser meinen Nacken hinunterlief. Naruto fuhr sich einmal quer übers Gesicht und strich sein Haar nach hinten. „Okay. Ab ins Trockene.“ Er startete das Auto und strich kurz über Hinatas Hand. Ich lächelte und wandte meinen Blick nach draußen, um den Beiden ihren Moment zu lassen. Immerhin war ich hier die Fremde. Ich strich mit den Händen kurz über die weichen Polster und hoffte, dass wir schon bald von der Straße runterkamen. Im Auto war es laut, denn der Regen prasselte in einer heftigen Flut gegen das Blech. Ich schloss die Augen und schnappte kurz nach Luft, ehe ich nach meinem Handy griff und die Nachricht öffnete, die ich vorhin erhielt.
 

Hi. Bist du gut angekommen?
 

Ich lächelte und strich mir die nasse Strähne von der Stirn. Naruto summte mit der leisen Radiomusik, die nach hinten drang. Allerdings wurde das meiste vom lauten Prasseln des Regens verschluckt. Als sich endlich die Wärme im Auto ausbreitete, stieß ich einen wohligen Seufzer hervor und rieb meine Hände über den Sitz, um die Kälte in den Knochen zu verscheuchen. Dann öffnete ich die zweite Nachricht, die eintrudelte. Mein Herz machte einen kleinen Hüpfer.
 

Ich hoffe, du passt auf, dass er keinen Unsinn treibt.
 

Ich fragte ihn, was genau er meint. Meine Finger fühlten sich dabei an wie kleine Eiszapfen.

„Es dauert nicht mehr lange“, sagte Hinata und drehte sich zu mir um. Ihre Wangen waren von unserem schnellen Marsch leicht gerötet. Sicher aber auch an Narutos Hand, die ihre umschlungen hielt. Ich nickte und bewegte meine Zehen in den nassen Schuhen. Es war ein kläglicher Versuch ein wenig Wärme zu erzeugen. Mein Handy vibrierte erneut.
 

Es reicht, dass er den Tisch zertrümmert hat. Schmeißt ihn raus, wenn er Unsinn treibt.
 

Das Stirnrunzeln war unvermeidbar. Meine Mutter piekte mir immer mit einem ihren spitz gefeilten Fingernägeln gegen die Stirn, sobald ich diese in Falten legte. „Das sieht im Alter unschön aus“, ermahnte sie immer. Ich befeuchtete meine Lippen und schnappte eine dicke, mit Wasser voll gesogene Strähne, die ich mit den Fingern auswrang. Mit einem kleinen Hüsteln machte ich auf mich aufmerksam. „Sag mal, Naruto. Wo genau fahren wir jetzt hin?“

Er setzte den Blinker und bog in eine Tiefgarage ein. Hinata stieß einen erleichterten Seufzer aus. „Das Geräusch hat mich fast wahnsinnig gemacht“, wisperte sie.

Als Naruto hielt, drehte er sich um. „Wir sind bereits da.“

Noch bevor ich fragen kannte, wo wir uns befanden, öffnete Hinata bereits die Beifahrertür. „Lasst uns schnell reingehen, bevor wir noch erfrieren.“ Sie rieb ihre Hände gegeneinander und öffnete meine Autotür. „Wir müssen aus den nassen Sachen raus.“

Ich nickte, stopfte mein Telefon zurück in die Tasche und beobachtete, wie Naruto sich vor dem Fahrzeugheck schüttelte. Die Szene ließ mich schmunzeln. Ob er sich im Klaren war, dass er wie ein Hund wirkte?

„Sakura, macht es dir was aus, uns vielleicht beim Reintragen zu helfen?“, fragte Hinata und öffnete den Kofferraum.

Ich blickte fragend auf den Werkzeugkasten und das Holz, das hinten verstaut war. „Was genau habt ihr vor?“

„Wir bauen etwas“, antwortete Naruto und trat zwischen uns.

„Nicht ganz“, erwiderte Hinata und schnappte sich ein Stück Holz. „Naruto wird bauen. Wir wärmen uns auf.“
 

Ich verfluchte den Regen, das Donnergrollen, den außer Betrieb genommenen Fahrstuhl und die Treppenstufen zum sechsten Stock, die ich erklomm. Das war der schlimmste Tag seit langem. Hinata wirkte entspannt und Naruto nahm pfeifend eine Stufe nach der anderen. „Wie viele Stufen sind es noch?“, quengelte ich. Hinata warf mir einen belustigten Blick zu. „Da wären wir schon“, flötete Naruto und hielt uns die Tür auf. Dabei verbeugte er sich wie ein Diener und ich konnte mir ein leises Lachen nicht verkneifen. Die Wände des Flurs waren schneeweiß und auf jeder Seite lag eine Tür. Schnaufend kamen wir vor einer der Beiden zum Stehen. „Bitte unbedingt die Schuhe ausziehen. Sonst bringt er uns alle um.“ Naruto schob sich die Schuhe bereits von den nassen Füßen und steckte den Schlüssel ins Schloss.

„Wer bringt uns um?“, fragte ich ein wenig verwirrt. Blindäugig war ich den Beiden gefolgt. Ein wenig Panik flackerte in mir auf. Vielleicht waren die beiden ja auch ein Killerpaar. Über den Gedanken schüttelte ich den Kopf. Narutos Grinsen erschien erneut auf dem Gesicht.

„Sasuke“, antwortete er.

„Sasuke“, wiederholte ich ungläubig. „Wieso sollte er uns töten?“

Hinatas Kichern ließ mich erröten. „Sasuke mag es nicht, wenn das Parkett dreckig wird.“

Ich legte meine Stirn in Falten und starrte erst Hinata, dann Naruto an.

Er prustete über Hinatas Erklärung. „Er mag es nicht?“, wiederholte er. „Von wegen. Er wird zur Furie. Von wegen ruhiger und besonnener Kerl.“

„Moment“, bat ich. Ich strich mir durchs Haar. „Das… also… wir sind bei Sasuke?“

Beide nickten und Naruto stieß die Tür auf. Mein Herz schien zum Stillstand zu kommen, nur um dann wie wild zu pochen. „Ist das euer Ernst?“

Wieder ein Nicken.

„Was, aber… wieso?“ Ich hob beide Augenbrauen und mein Herz versuchte meine Brust zu sprengen, so eng wurde es in ihr.

Naruto schlüpfte in die Wohnung und betätigte den Lichtschalter, während ich das Gefühl hatte, meine Beine wären mit Blei gefüllt. Oder Zement. Ich empfand die Stadt bereits als „nahe an Sasuke“, das hier übertraf das allerdings bei Weitem.

„Ja, er meinte, ich soll dich herbringen. Keine Angst. Wir lassen dich später allein.“ Er lächelte. „Jetzt komm schon rein.“

„Was meinst du mit allein?“

„Ich wohn da“, er deutete mit dem Finger auf die gegenüberliegende Tür. „Sei kein Frosch, Sakura. Komm rein. Wir müssen unbedingt aus den Klamotten raus. Ich geb dir was von Sasuke.“

Ich zögerte. „Wieso gehen wir nicht zu dir? Wir können doch nicht einfach seine Wohnung belagern.“ Für diesen Moment war ich nicht vorbereitet. Meine Beine konnten mit jedem Wackelpudding auf der Welt mithalten, als ich über die Türschwelle trat.
 

Das war Sasukes Wohnung? Unschlüssig blieb ich im Flur stehen und betrachtete Naruto, der aus den Schuhen schlüpfte und sie sorgfältig beiseite stellte. Meine Augen versuchten alles zeitgleich zu erfassen. Den schwarzen Wollmantel an der Garderobe, die dunklen Dielen, der Spiegel mit dem silbernen Rand und den grauen Teppich inmitten des Raumes. Ich ging einen Schritt nach vorne und zog die Schuhe aus, die ich neben die anderen stellte. Direkt unter den Mantel, der einen Duft von Sandelholz versprühte. Oder bildete ich es mir ein? Mein Gehirn lief auf Hochtouren, mein Herz trommelte vor Aufregung und die plötzliche Hitze, die mich überfiel sorgte dafür, dass rote Flecken auf meinem Gesicht erschienen. Oder der Spiegel, in den ich starrte, war eine fiese Zirkusattraktion, die nur zu gerne die Optik veränderte.
 

„Sei nicht so schüchtern, Sakura“, lachte Naruto und zog an meinem Ärmel. „Fühl dich wie zuhause.“

Ich befeuchtete meine Lippen und ließ meinen Blick erneut über den Eingangsbereich schweifen.

„Das ist Sasukes Wohnung?“, brachte ich über die Lippen.

Naruto grunzte amüsiert und zog mich weiter hinein. „Das war nur der Eingang.“

Naruto grinste mich an, als er mir eine schwarze Jogginghose, ein dunkelblaues Shirt und die passende Jacke in die Hände drückte. „Du nimmst dir jetzt deine Zeit. Wenn etwas ist, Hinata und ich sind direkt gegenüber.“ Er fuhr sich durchs Haar und verlagerte sein Gesicht aufs rechte Bein. „Wir kommen in einer Stunde wieder rüber, also hast du genügend Zeit, um dich zu erfrischen und aufzuwärmen. Oder zuhause anzurufen, wenn der Empfang mitspielt.“

Ich nickte und presste die Klamotten gegen meine Brust. Dann schob er mich bestimmend in den nächsten Raum und schloss die Tür hinter mir. „Bis später, Sakura“, rief er noch und schon hörte ich, wie die Haustüre ins Schloss fiel.

Unschlüssig blieb ich stehen und war für den ersten Moment sprachlos. Alles glänzte und ich hätte schwören können, dass jede einzelne Fliese poliert war. Das Badezimmer war größer als mein Zimmer in unserer WG. Ino hätte anerkennend gepfiffen und wäre ganz bestimmt sofort zur freistehenden Wanne inmitten des Raumes gesprungen, um sie so schnell wie möglich mit heißem Wasser und allerlei Duftölen zu füllen. Ich befeuchte meine Lippen und ließ den Blick schweifen, während ich die Klamotten auf den kleinen Holzhocker legte, der neben der Tür stand. Ich hörte das dumpfe Trommeln des Regens auf Glas und richtete meine Augen gen Decke. „Wow.“ Ich schwor mir selbst, irgendwann eine Dachgeschosswohnung zu haben, bei der genau wie hier einige Stellen aus Glas waren. Wenn schon das Prasseln des Regens einen solch imposanten Eindruck hinterließ, wie war es dann erst bei klarem Nachthimmel und Sternen? Ob er hin und wieder in der Wanne lag und hoch schaute? Das war ein Mädchentraum. Ohne Rosa oder anderen aufdringlichen Farben. Es war schlicht und bei Tag sicher lichtdurchflutet. Die graublaue Marmoroptik des Bodens war atemberaubend. Wahrscheinlich war es sogar echter Marmor. Ich lachte und spürte mein Herz aufgeregt in meiner Brust. Wer war dieser Kerl? In keinem Moment zuvor hatte ich dieses starke Bedürfnis zu wissen, wer er wirklich war, als zu diesem Zeitpunkt. Als ich die große ebenerdige Dusche entdeckte, entwich mir ein Laut der Verzückung. Das Glas hatte nicht einen Kalkfleck. Das Bad sah wie aus einem Wohnkatalog. Allerdings trübte der Schein ein wenig, wenn man die umgefallenen Duschgelflaschen auf dem Boden der Dusche betrachtete. Immerhin hing an der Wand in Backsteinoptik eine Ablage dafür. Ich schmunzelte und strich im Laufen die Socken von den Füßen. „Das ist besser als das Spa in Konoha“, hauchte ich und genoss die angenehme Wärme unter meinen nackten Füßen. Wir mussten uns unbedingt eine Fußbodenheizung einbauen lassen. Ich spürte das breite Lächeln auf meinen Lippen. Kein Hotel in Tokio hätte diesen Anblick toppen können, ganz egal wie viel Sterne es auch aufweisen hätte können. Die Farben waren alle aufeinander abgestimmt. Selbst die groben Steine in der Dusche hatten diesen schicken Grauton, der an einigen Stellen einem warmen Blaugrün Platz machte. Und alles roch nach Sandelholz. Ich spürte die feine Gänsehaut auf meinem Körper und das aufgeregte Kribbeln in meinen Zehenspitzen. Als ich aus der nassen Kleidung stieg und unter die Regendusche eilte, klopfte mein Herz bei jedem Schritt im Stakkato. Und als das warme Wasser meinen Körper umschlang, schlich ein wohliger Seufzer über meine Lippen.
 

Ich hätte Stunden in der Dusche verbringen können und war schon fast gewillt, wieder hinein zu schlüpfen, als ich die Kälte spürte, die die Nässe auf meinen Körper anzog. Ich schüttelte meine Mähne und warf mir ein Handtuch um, das fein säuberlich neben den rundgeformten Waschbecken lag. Das würde definitiv mein Lieblingsraum werden. Mein Lachen hallte kurz im Raum und ich blieb vor dem großen Spiegel stehen, der leicht beschlagen war. Mit der flachen Hand fuhr ich einmal darüber, um mich sehen zu können. Das war zwar nicht die feine englische Art, aber erfüllte seinen Zweck. „Hoffentlich gibt’s keine hässlichen Schlieren.“

Ich suchte nach einem Föhn und öffnete unbehaglich den Schrank. Wäre das meine Wohnung… sicher wäre ich nicht so erfreut, wenn jemand Fremdes alles öffnete. Aber das war nicht meine Wohnung. Und ich war extrem neugierig. Ein Rasierer, eine kleine Flasche Parfüm und eine Packung Kopfschmerztabletten. Weitere Handtücher, Reserveduschgel, Shampoo und als ich den Conditioner entdeckte, konnte ich nicht anders als laut zu lachen. Wahrscheinlich steckte er mehr Zeit in die Haarpflege als ich. Ganz unten befanden sich der Föhn und eine Bürste, die ich mir genauer besah. Es waren kaum Haare darin verfangen und beim Gedanken an meiner eigenen Haarbürste schmunzelte ich. Meine sah im Vergleich zu seiner so aus, als würde sie gemeingefährlich meine Haare rausreißen und erst nach Wochen ausspucken, wenn ich die Borsten dann von den einzelnen Haarbüscheln befreite. Ich lachte erneut. Wie lange war es her, dass ich so aufgeregt war? Wenn ich wieder in Konoha war, musste ich unbedingt bei meiner Tante Tsunade im Krankenhaus vorbei und mein Herz checken lassen.
 


 

Ich nahm einen tiefen Atemzug und warf einen letzten Blick durch das Zimmer, ehe ich in Sasukes Kleidung hinaus trat und das laute Lachen Narutos in meine Ohren drang. Meine Haut wurde von Ameisen überrannt, sobald der weiche Stoff von Schritt zu Schritt darüber strich.

Ich versuchte die aufflammende Hitze in Bauch und Glieder zu verscheuchen und folgte den Stimmen der Beiden, die mich durch den Flur in die offene Wohnküche lotsten. In Sekundenschnelle versuchte ich den großen Raum zu scannen und mir alles einzuprägen, was hier stand. Allerdings wollte ich nicht unhöflich wirken und lief mit schnellen Schritten zu Hinata und Naruto, die beide über dem Holzgestell lehnten. Naruto steckte sich drei Nägel zwischen die Lippen und legte eine Holzplatte auf. Ich verkniff mir den Kommentar, dass das helle Eichenholz nicht wirklich zum Stil der Wohnung passte. Jedenfalls nicht zu dem, was ich bisher entdeckte. Naruto hielt mit Daumen und Zeigefinger einen Drahtstift fast senkrecht auf das Holz und wirkte sehr konzentriert. Auf Hinatas Gesicht hingegen lag Sorge. Er heftete den Nagel mit ein paar leichten, fast schon gefühlvollen Schlägen an, ein etwas stärkerer folgte, ein zweiter noch, und schließlich trieb er den Nagel mit drei entscheidenden Treffern ins Holz. Er reckte stolz das Kinn und ein schiefes Lächeln erschien auf seinem Gesicht. Es fehlte noch das karierte Hemd und das Bild des perfekten Handwerkers wäre abgerundet. Ich räusperte mich und Naruto nahm die Nägel aus dem Mund. „Oh, hallo. Na, wie war es?“

Verlegen strich ich mir eine Strähne hinters Ohr. „Ich glaube, ich habe es extrem ausgereizt oder?“

„Eineinhalb Stunden waren es“, lachte er. „Aber hey, das geht schon in Ordnung.“

Hinata kicherte. „Naruto, das Brett ist schief. Hast du es nicht vorher abgemessen?“
 

Er schüttelte seinen Schopf und funkelte sie belustigt an. „Teme achtet da sicher nicht so drauf, wenn es nicht komplett gerade ist.“

Ihr dunkelblaues Haar schimmerte und versprühte den Duft von Lavendel, als sie sich lachend neben mich setzte. Sie gluckste. „Nein, sicher nicht. Er wird dich nie wieder hier rein lassen.“

Empört riss er die Augen auf und lehnte sich seufzend gegen das schwarze Sofa. Ihm schienen Gedanken durch den Kopf zu huschen und er kratzte sich an seinem Kinn. Dann tauchte das breite Grinsen auf seinem Gesicht auf. „Niemals. Teme hält es keinen Tag ohne mich aus.“

„Dir ist schon klar, dass er gerade in Fukuoka ist?“, bemerkte ich amüsiert. Naruto schob seine Unterlippe hervor.

„Das zählt nicht“, lachte er.
 

Während die beiden scherzten, Hinata hin und wieder rot wurde, sobald er sie berührte und seine Augen bei jedem Lächeln von ihr zu leuchten schienen, ließ ich meinen Blick durch das Wohnzimmer und die offene Küche schweifen. Mein Herz hämmerte dabei in meiner Brust und die Hände wurden feucht. „Ist eine hübsche Wohnung“, wisperte ich. Naruto zwinkerte mir zu und schlug einen weiteren Nagel ins Holz. „Temes ganzer Stolz. Alles hat seinen Platz. Er killt uns, wenn wir irgendwas kaputt machen.“ Er verzog kurz seine Mundwinkel.

„Naruto hat einen blauen Fleck am Arm, weil er den Tisch kaputt gemacht hat. Und das nicht durch den kleinen Unfall, durch den er überhaupt zertrümmert wurde“, erklärte Hinata.
 

„Sasuke und ich haben ihn kaputt gemacht. Das war sozusagen Teamwork. Darin waren wir schon immer klasse“, warf er grummelnd ein und stoppte in seiner Bewegung. Ich grinste und Hinata zuckte mit den Schultern.

„Was war denn genau?“, fragte ich und zog eines der Kissen an meinen Körper. Ich strich meine Füße über den weichen, hellen Teppich. Draußen prasselten noch immer die Regentropfen schwer gegen das Glas. Ein Frösteln überfiel meinen Körper und ohne etwas zu sagen oder darum zu bitten, gab mir Hinata eine graue Decke. Ich nickte dankbar. Naruto verschränkte die Arme vor der Brust, wuschelte sich durch seine Mähne und räusperte sich. „Es war ein Kampf auf Leben und Tod.“

Ich hob eine Augenbraue und schmunzelte.

„Er hat Sasukes Handy versteckt“, kicherte Hinata.

„Wieso das denn?“ Ich zog die Decke über meine Knie und spielte mit den Zotteln an den Rändern. Der Duft von Zitrusfrüchten stieg erneut in meine Nase. In meinem Bauch rumorte es. Konnte man sich zeitgleich wohl und unwohl fühlen? Niemals hätte ich gedacht, dass es diesen Mix überhaupt geben konnte, aber in diesem Moment war es eine Berg- und Talfahrt an Glücksgefühlen und dem schlechten Gewissen, das an mir nagte. Immerhin war ich in einer mir fremden Wohnung, die dem Kerl gehörte, der mir das heftigste Prickeln aller Zeiten bescherte - und das allein durch Textnachrichten oder seiner Stimme.

Naruto schwieg und fuhr mit der Hand über das glatte Holz.
 

„Naruto hat das Versteck des Telefons vergessen.“ Hinatas Finger strichen etwas zaghaft über seine Hand und seine Gesichtszüge entspannten sich. Ich lächelte.

„Und dann haben sie sich geprügelt?“, fragte ich.

Naruto schnaubte und sprang auf. „Wenn das Biest es nicht genommen hätte, wäre das gar nicht so eskaliert. Sasuke hätte mir nicht gegen die Schulter geboxt und ich hätte ihn nicht geschubst. Was muss er auch sein Gleichgewicht verlieren, gegen den Tisch stoßen und sich dann in meinem Shirt verkrallen? Ein echter Mann hätte die Haltung bewahrt.“
 

„Du hast ihn geschubst?“ Ich presste erbost meine Kiefer aufeinander, als der Beschützerinstinkt in mir die Oberhand gewann. Sasuke war mir in Mark und Bein übergegangen. Ich schnappte nach Luft und schob eine Strähne hinters Ohr.

Naruto kratzte sich am Hinterkopf und nuschelte: „Es war ein Unfall.“

„Ein Unfall, bei dem der Tisch komplett zerstört wurde. Naruto hat mich angerufen und ich bin so schnell wie möglich her gefahren. Sogar ins Krankenhaus mussten wir“, fuhr Hinata weiter.
 

„Eigentlich“, murrte Naruto, „ist nur Karin Schuld an der ganzen Misere. Aber es ist ja nichts Schlimmes passiert.“

Hinata schmunzelte und strich sich ihr Haar nach hinten. „Sasuke hatte eine Platzwunde am Kopf.“

„Nichts Schlimmes“, zitierte ich Naruto und schüttelte den Kopf.

„Ach, wir haben schon ganz andere Sachen überlebt“, grinste Naruto spitzbübisch und winkte ab.
 

In mir flammte das Bedürfnis auf, ihm eine Kopfnuss zu verpassen, als würde ich einem Kind gegenüber sitzen, das seine Taten nicht verstand. Es hätte schief gehen können. Hatte er nun eine Narbe oder war alles verheilt? Ich stieß ein Grummeln aus und noch ehe ich zu einer Schimpftirade ansetzen konnte, klingelte Hinatas Handy. Vor Schreck zuckte ich sogar zusammen und in diesem Moment war das Ärgernis verpufft.

Sie schnappte sich das Telefon, beäugte kurz das Display und schenkte uns ein entschuldigendes Lächeln. „Sorry, mein Cousin. Ich muss da schnell ran.“ Sie sprang auf, verbeugte sich und schritt aus dem Raum. Als sie dabei an Naruto vorbei lief, war sie gewillt ihn für einen Moment zu berühren, doch noch bevor ihre Hand seine Schultern fassen konnte, schlich sich ein rosa Schimmer auf ihre Wangenknochen. Sie biss sich auf die Unterlippe, fokussierte seinen Rücken und dann erneut das schrillende Ding in ihren Händen. Sie entschied sich fürs Telefon und als sie die Türe hinter sich schloss, kam ich nicht umhin, ein Seufzen über meine Lippen wandern zu lassen.
 

„Alles okay?“ Ich blickte in Narutos Gesicht. Kleine Fältchen waren um seine Augen und selbst ohne das breite Grinsen wirkte es, als strahle mich die Sonne an. Das war also Naruto. Mein erster Kontakt mit S und das lag nicht lange in der Vergangenheit. Mit einer Hand fuhr ich mir über mein Gesicht. Das hier war alles so verrückt. Passierte sowas nicht eigentlich nur in Filmen?
 

„Es ist seltsam“, antwortete ich und hob die Schultern, um sie einen Augenblick später fallen zu lassen.

Der Blondschopf fuhr sich durchs wirre Haar. „Was?“

„Hier zu sein.“ Allerdings beschrieb das Wort „seltsam“ wohl kaum diesen extremen Mix an Gefühlen. Ich wollte am liebsten zu Hause sein und mit Ino vor dem Fernseher lümmeln - oder vor dem Laptop sitzen und mit Sasuke chatten. Oder telefonieren. Gleichzeitig wollte ich hier bleiben, mich in der Wohnung umschauen und alles entdecken, was es zu entdecken gab. Meine Augen huschten auf der Suche nach Fotos durch den Raum, doch ich konnte keines entdecken. Ich schnaubte und erntete ein Kichern.

„Ich finde das alles wahnsinnig spannend“, hauchte er. Seine Lider schlossen sich und er wirkte entspannt. „Weißt du, Sasuke ist ein seltsamer Kautz. Introvertiert und… ein wenig schräg. Es ist interessant, ihn mal nicht ganz so abweisend zu erleben.“

Ihn mal nicht so abweisend zu erleben? Seine wortkarge Art hin und wieder war also gar nicht so abweisend gemeint?

„Er ist also sonst anders?“

Naruto nickte und griff nach einer Wasserflasche. „Eigentlich ist er ganz simpel. Entweder, er beachtet dich oder eben nicht.“

„Er beachtet mich also?“ Mein Herz wummerte in der Brust. Ob Sasuke wohl mit Naruto über mich sprach? Ich strich mit der Zunge über meine Lippe, während mein Herz sich in einen aufgeregten Kolibri verwandelte. Ich fühlte mich wie ein pubertierendes Mädchen.
 

Naruto stieß ein lautes Lachen aus und warf seinen Kopf in den Nacken. „Du bist in seiner Wohnung. Du bist dir dessen schon im Klaren?“ Seine blauen Augen leuchteten, als er mich amüsiert anblickte. „Und du trägst seine Sachen.“

Ich spürte die Röte flammend auf meinen Wangen. Sicher konnte ich jeder Ampel Konkurrenz machen und das selbst bei dem Unwetter, das draußen noch immer tobte. „Das mit der Wohnung war deine Idee“, nuschelte ich und strich mit meinen feucht gewordenen Händen unter der Decke über das weiche Polster. Mein Blick haftete sich auf die Holzplatte und ich pustete meine Ponyfransen von der Stirn.

„Richtig. Meine Idee. Aber seine Zustimmung.“
 

Ich schwieg verlegen und war ein wenig froh, dass Naruto eine Minute später aufstand und mir berichtete, er würde sich nach Hinata umsehen. Ein wenig Verschnaufen und Verarbeiten. Diese ganze Situation, all das glich definitiv einem kitschigen Liebesfilm. Der Unterschied war einfach nur, dass es hierzu kein Drehbuch gab.

Meine Beine waren ein wenig zittrig, als ich aufstand und mich im Raum umsah. In der Ecke war ein großes Bücherregal, vor dem ein tiefer Ledersessel in einem dunklen Mokkabraun stand. Ich fragte mich, ob Sasuke wohl oft darauf saß und las oder ob er seinen Blick eventuell stumm durch den Raum gleiten ließ, der gerade in warm-weißes Licht getaucht war.

Dachte er dann vielleicht daran, ein paar Pflanzen zu besorgen oder mit einigen Farbtupfern Akzente zu setzen? Saß er oft vor dem großen Flachbildfernseher und legte dabei seine Füße auf den Tisch?

Meine Beine setzten sich in Bewegung und ich steuerte den Schreibtisch an. Dabei krabbelten die Ameisen meine Ferse hinauf und erklommen den Weg bis zum Herzen. Heiliger Strohsack. Es fühlte sich so intim und zeitgleich so entfernt an. Ich war in seiner Wohnung. Er war in Fukuoka. Sechs Stunden entfernt. Als meine Finger über die Glasplatte des Tisches strichen, entdeckte ich den blassen Kringel von seiner Kaffeetasse und schmunzelte.
 

Ich spürte das Lächeln in meinem Gesicht und es fühlte sich wie ein Augenblick an, der nie vorüber gehen wollte. Ich knipste die graue Schreibtischlampe an und ließ mich auf den schwarzen Stuhl nieder. Während das Licht flackerte, fuhr ich mit dem Zeigefinger den Kringel der Tasse nach. Und gerade als sich mein Innerstes wie eine riesige Brausetablette aufzulösen schien, hörte ich Narutos Husten hinter mir. Ein schiefes Grinsen hing auf seinem Gesicht und er schritt ohne ein Wort zu verlieren zum Kühlschrank, nahm zwei Bier heraus und stellte mir eins auf den neu gebauten Tisch, wo wir noch einige Minuten zusammen saßen.
 

Es war, als sei es vollkommen normal, dass ich mich in dieser Wohnung befand. Ich wünschte mir allerdings peinlich berührt im Erdboden zu versinken. Hoffentlich lag nicht der dümmste Gesichtsausdruck aller Zeiten auf meinem Gesicht. Ich straffte meine Schultern und begab mich zurück zum Sofa, auf dem ich mich in einer Ecke niederließ. Das Polster war weich und die Müdigkeit erlangte die Oberhand. Das aufgeregte Ziehen in der Brust verscheuchte ich mit einem Schluck des Biers.
 

Naruto ließ sich neben mir nieder. „Schön, dich mal hier zu haben“, lachte er.

Ich boxte ihn freundschaftlich gegen die Schulter. Obwohl ich diesen Mann nicht kannte, der neben mir auf dem Sofa saß, hatte ich das Bedürfnis, ihn in den Arm zu nehmen und fest zu drücken. Ich kratzte mit dem Fingernagel über das Etikett an der Flasche und beäugte den Tisch. „Du weißt, dass er extrem hässlich geraten ist?“

Er lachte laut und warf den Kopf in den Nacken. „Oh ja, ist er. Aber da steckt Herzblut drin.“

Ein Grinsen schlich sich auf mein Gesicht und ich deutete mit dem Finger auf einen dunkelrot gefärbten Fleck am Rand. „Apropos Blut, ist das da dein Blut?“

Naruto kratzte sich am Kinn und beugte sich weiter nach vorne. Ein Glucksen drang über seine Lippen und er hob den Finger, um den ein Pflaster gewickelt war. „Bin ein schlechter Handwerker.“

Bonus: Sasuke

„Ich halte das nicht mehr aus. Es muss endlich etwas in deinem Leben passieren, dass außerhalb der Firma geschieht. Irgendwas, das nicht mal ein Fünkchen mit ihr zu tun hat“, brummte meine Mutter und schüttelte ihr langes Haar. Ihr entwich ein tiefes Seufzen, während sie ihre Hände theatralisch in die Luft warf und mich mit ihren dunkelbraunen Knopfaugen fast schon erdolchen wollte. Ich legte meine Stirn in Falten und versuchte meinen Blick krampfhaft auf die Dokumente vor mir zu heften und sie zu ignorieren. Nicht, dass ich stolz darauf war, aber nach diesem ständig wiederholenden Gejammer war das Interesse ihr zuzuhören, verpufft. Sie schnappte nach Luft und strich mit der flachen Hand übers Gesicht. „Ich will Kindertoben und Lachen im Garten hören. Wozu hab ich denn sonst eine solch große Grünfläche? Bestimmt nicht, weil ich Freude am Rasenmähen habe“, jammerte sie weiter.

„Mutter, du mähst den Rasen nicht. Du lässt ihn vom Gärtner pflegen“, erwiderte ich. Mein Versuch sie ignorieren scheiterte übrigens ständig. Jedes einzelne Wort blieb in meinem Gedächtnis verankert. Sicher hatte das mit der Betonung der einzelnen Wörter zu tun. Allen voran mit Enkel.

Sie rollte ihre dunkelbraunen Augen und schürzte die Lippen. „Aber jede einzelne Blume ist eigens von mir eingepflanzt worden.“

Ich schüttelte den Kopf und betrachtete ihr Gesicht, das selten so mürrisch aussah wie zu diesem Moment und wand mich von ihr ab, um meinem Bruder einen flehenden Blick über den Tisch zu werfen. Der schien allerdings recht amüsiert von der ganzen Szene zu sein. Ein Zischen überkam mich.

Ich versuchte also, mich wieder auf den Vertrag zu konzentrieren, der zur Überprüfung vor mir lag. Itachi hatte immerhin keine Zeit dafür und war lieber auf Städtetrip. Ein Wunder, das er überhaupt hier war. Meine Mutter schnaubte verächtlich, ehe sie damit begann zu husten. Ein Versuch meinen Vater ins Gespräch miteinzubringen, der in aller Ruhe auf seinem Gartenstuhl saß und an seinem Espresso nippte.

Allerdings war es ihr sofort klar, dass sie von ihm keine Unterstützung erwarten konnte. Sie räusperte sich, lehnte sich auf ihre Ellenbogen auf den Tisch und warf mir einen ihrer berühmten Blicke zu, mit dem sie Itachi und mich früher zu allem bewegen konnte. Die Betonung lag allerdings auf früher. Zeiten änderten sich. Ich massierte meine Nasenwurzel, als ihre Stimme erneut in meinen Ohren erklang: „Liebes, ich dachte du bist hier, um deine Familie zu sehen.“

Ich nickte, griff nach dem Textmarker und markierte eine Stelle farbig. Das musste unbedingt geändert werden. Wieso schickte mir Karin ohnehin diesen Wisch. Hatte sie etwa nichts überprüft? Mit meiner rechten Hand strich ich die langen Strähnen aus dem Gesicht. Mein Kugelschreiber kratzte dabei über das Papier, während die Stimme meiner Mutter schriller und aufgebrachter wurde, weil sie nicht die Aufmerksamkeit erhielt, die sie sonst gewohnt war. Itachi lachte leise auf, als er mir den Stift aus der Hand nahm. „Kleiner Bruder, du solltest nicht so unhöflich deiner Mutter gegenüber sein.“

Ich runzelte die Stirn. Mir entfloh ein Schnauben, während ich die Arme abwehrend vor meiner Brust verschränkte und meinen Bruder einen mürrischen Blick zuwarf, der an ihm abprallte, wie meine Avancen als kleines Kind einen Hauch von Aufmerksamkeit zu erhalten. Das Zucken in seinen Mundwinkeln ließ mich noch genervter werden. Konnte man nicht einmal seine Ruhe haben? Immerhin war ich überhaupt anwesend, obwohl genug Arbeit im Büro auf mich wartete.

„Sasuke, Schatz. Wann werde ich endlich eine Frau kennen lernen?“, fuhr meine Mutter fort.

Meine Finger wanderten zu den Schläfen und übten leichten Druck auf, um mich ein wenig entspannen zu können. Dabei stieß ich die Luft aus meinen Lungen, bevor ich einen weiteren kläglichen Versuch startete, den Kugelschreiber wiederzuerlangen. Mein Bruder grinste schief und trommelte mit dem Schreiber auf dem Vertrag herum.

„Dafür hab ich keine Zeit“, brummte ich.

„Sasuke.“ Ihre Stimme wurde um einige Oktaven höher und wäre ich nicht inzwischen alt genug, hätte sie mich nun auf mein Zimmer beordert. Höchstwahrscheinlich Hausarrest gegeben und mir jeglichen Kontakt mit Naruto verboten. Und gegen letzteres hatte ich eigentlich nichts dagegen. Naruto benötigte mehr Aufmerksamkeit als ein Welpe. „Widersprich mir nicht immer. Du bist jetzt noch jung. Du solltest früh anfangen, deine Familie aufzubauen, statt ständig hinter dicken Schreibtischen zu sitzen. Du wirst sonst noch so enden wie dein Vater. Willst du etwa dieselben Stressfalten wie er?“

Itachi gluckste. „Aber Mutter, Vater hat doch dich.“

Sie lächelte und tätschelte seinen Oberarm. Dieses Aas. Es war schon immer so, dass Itachi genau wusste, was er zu sagen hatte, um Pluspunkte zu sammeln und von sich selbst abzulenken. Er war älter als ich und was war er? Ein Vagabund auf Umwegen. Außer einigen Affären gab es nichts zu berichten. Ich konzentrierte mich immerhin aufs Geschäft. Das war wichtig. Das war etwas für die Zukunft. Sein Grinsen war pure Provokation.

„Alles zu seiner Zeit“, knurrte ich dann. Meine Mutter seufzte tief und ließ sich im Gartenstuhl zurückfallen. Dabei warf sie einen fast schon zu traurigen Blick über die Grünfläche und in ihren Augen konnte ich eindeutig den Tagtraum von spielenden Kindern erkennen.

„Was ist mit Itachi?“, warf ich ein und stützte mich mit den Ellenbogen auf dem Tisch ab.

Sie lachte auf. „Um Itachi brauche ich mir keine Sorgen machen.“

Ach, aber um mich? Ich hob fragend eine Augenbraue hoch. Eine Eigenschaft, die ich eins zu eins von meinem Vater übernommen hatte.

Meine Mutter kicherte und warf ihr Haar über die Schulter. Ihre Augen glänzten amüsiert, als sie sich vorlehnte und den Versuch startete, meine Haare aus dem Gesicht zu streichen. Ich wich dem aus.

„Er hat immerhin keinen Naruto mit hierher gebracht.“ Sie hatte einen siegessicheren Ausdruck auf dem Gesicht, das Schmunzeln auf Itachis Gesicht hätte ich nur allzu gern mit meiner Faust berührt und Vater schüttelte wortlos den Kopf. Natürlich hielt mein Vater sich zurück. Er unterlag meiner Mutter immer, ohne Ausnahme. Von außen sah es immer so aus, als hätte er die Hosen an, aber ts, die verlor er, sobald er das Grundstück betrat.

„Mutter“, begann ich ruhig. „Du hast ihn eingeladen. Ob jetzt er über die Wiese tollt oder ein Kind, was macht das für einen Unterschied?“

Zur Untermalung meiner Worte rannte Naruto laut lachend auf uns zu. In seiner Hand hielt er einen alten Fußball, sein Gesicht war voller Erde und in den Haaren hingen einige Blätter. Ich rümpfte die Nase und deutete mit dem Finger auf ihn. „Siehst du.“

Sie ließ enttäuscht den Kopf hängen und stieß einen theatralischen Laut aus. Dann blickte sie meinen Vater mit den größten Kulleraugen aller Uchiha-Generationen an. „Ich fürchte, wir werden nie Großeltern.“
 

Naruto schnaubte und ließ sich auf den Boden fallen. „Warum fällt das Essen aus?“

Ich zuckte mit den Schultern und kickte den alten Fußball von der Terrasse. Meine Familie hatte sich zurückgezogen und mein Vater redete hoffentlich auf meine Mutter ein, mich endlich mit diesem Thema in Frieden zu lassen. Itachi war höchstwahrscheinlich mit Kisame unterwegs und ich war damit gestraft, Zeit mit Uzumaki zu verbringen, der mit lautem Magengrummeln zu meinen Füßen saß.

„Ich dachte, Mikoto wollte grillen? Was hast du gemacht, das es jetzt doch kein Fleisch gibt?“ Es erstaunte mich immer wieder, wenn in Narutos Stimme Groll mitschwang.

„Sie hat keine Enkel und ist jetzt deprimiert.“

Er runzelte die Stirn. „Dann sorg dafür, dass sie welche kriegt.“

Ein leises Lachen kroch über meine Lippen. „Kinder sind keine Ramen, die du im Supermarkt kaufen kannst. Idiot.“

Naruto setzte sich auf und in seinen Augen lag die Art von Leuchten, die nichts Gutes versprach. Ich schloss die Augen und konnte am Rascheln seiner Klamotten hören, dass er näher an mich heran robbte. Seine Faust preschte auf mein Knie und ich unterdrückte das Bedürfnis, ihn zu treten. Als ich meine Augen öffnete, saß er breit grinsend vor mir, wackelte mit den Augenbrauen und stemmte seine Hände auf die Oberschenkel. „Karin“, gluckste er.

Ich verzog mein Gesicht, doch noch bevor ich etwas sagen konnte, verfiel er in lautes Gelächter. „Du hättest dein Gesicht eben sehen sollen!“

„Dobe“, brummte ich. „Treib es nicht zu weit.“

Sein Grinsen wurde breiter. „Teme, deine Mutter hat ja nicht ganz Unrecht. Du bist jetzt 27. Ich bin nicht immer da, sollte dir klar werden.“

Meine rechte Augenbraue schoss in die Höhe. „Wo sind denn dann bitte deine Kinder? Wenn ich mich nicht irre, bist du sogar zu unfähig, um überhaupt mal eine Frau anzusprechen.“

Er schob die Unterlippe nach vorne und nuschelte etwas Unverständliches, das womöglich eine Beleidigung war. „Weißt du, Teme. Da gibt’s schon jemanden. Das weißt du genau.“

„Aber du willst sie nicht ansprechen“, bemerkte ich monoton und streckte mich.

Naruto kratzte sich am Hinterkopf. „Ich spreche sie sehr wohl an.“

Ich stieß ein leises Lachen aus. „Guten Morgen und Tschüss gelten nicht.“

Er schnaubte verächtlich, dennoch wich der optimistische Ausdruck keine Sekunde aus seinem Gesicht. „Sie ist wenigstens existent. Was hast du schon groß vorzuweisen?“

„Eine erfolgreiche Firma. Das genügt mir.“ Ich lehnte mich zurück und schloss die Augen. „Außerdem, was ist, wenn jemand sie vor deiner Nase wegschnappt?“

Seine Augen wurden Tellergroß, als er sich das vorstellte. „Vorher hab ich sie zu einem Date eingeladen.“

„Das traust du dich in hundert Jahren nicht mal“, bemerkte ich monoton.

„Teme“, grummelte er. „Du kannst da überhaupt nicht mitreden. Also lass es einfach.“

Ich hob amüsiert eine Augenbraue und stand auf. Dabei fiel mein Blick auf sein wirres, blondes Haar und seinen mürrischen Ausdruck. Er funkelte mich verärgert an.

„Halt die Klappe, Dobe. Lass uns was essen gehen“, seufzte ich und hielt ihm netterweise meine Hand entgegen, damit ich ihn hochziehen konnte. Naruto schlug sie allerdings brummelnd weg und streckte seine Zunge raus, um schon im nächsten Moment mit einem Sprung auf beiden Beinen zu stehen. „Wir werden schon noch sehen, Uchiha. Wart es nur ab.“
 

Zwei Stunden später stand ich mit zwei Schüsseln Ramen versöhnlich gestimmt inmitten meines Wohnzimmers und betrachtete den breiten Rücken meines angeblich besten Kumpels, der kichernd und glucksend vor meinem Laptop saß. Ich stellte die Ramenschüsseln auf den Tisch und ließ absichtlich laut meine Schlüssel auf das Glas fallen, um die Aufmerksamkeit Narutos zu bekommen. Der schien allerdings keinen Mucks zu hören. Er hatte nicht wirklich viele Fähigkeiten, die mich beeindruckten, dass er aber alles um sich herum ausblenden konnte, war eine davon. Die war hin und wieder gar nicht mal so übel. Dass er mich jetzt nicht beachtete, gehörte allerdings nicht dazu. Seit wann wusste Dobe überhaupt, wie man einen Laptop richtig bedient? Er hing immerhin zu 80% fragend über Elektronikartikel, wie beispielsweise sein Smartphone, weil er irgendetwas Simples verstellte und nicht mehr wusste, wie er das rückgängig machte. Und zu wem kam er dann? Zu mir. Denn Naruto Uzumaki war unbeholfen und idiotisch und hasste Anleitungen. Ich räusperte mich, als ich näher an ihn heran trat und erntete ein lautes Lachen und Die hat es in sich. Fragend blieb ich stehen und ließ meinen Blick durchs Zimmer schweifen. Sonst saß er auf dem Sofa und schaute Fern oder er übte seine Siegesposen nach einem Kampfspiel, das er gewonnen hatte. Ich räusperte mich erneut. Bis auf das Klackern der Tasten war nichts zu hören.

„Dieser Pessimismus“, grunzte er. „Den muss man ihr unbedingt abtrainieren, sonst schafft sie es ja niemals.“

Ich runzelte die Stirn, als er lachend wieder etwas tippte und sich am Kopf kratzte.

„Naruto.“

Keine Reaktion.

„Dobe.“

Keine Reaktion.

Was war mit diesem Idioten nur los? Ich zischte, als er sich streckte und mein Stuhl unter seinem Gewicht ächzte. Ohne weiteres Zögern trat ich direkt hinter ihn und starrte auf den Bildschirm. Meine Augen huschten über die Zeilen und von Wort zu Wort wurde ich wütender. Chattete er etwa? In meinem Namen? Die nächste Nachricht von „Sakura“ trudelte ein, Naruto kicherte wieder dümmlich, als er bereits zielstrebig die Tasten drückte.
 

S: Das S steht für den Vornamen. Saswexdasdkagshlasdgjlasdfasdf
 

Ich hatte mit voller Wucht meine Hand auf seine geschlagen und er schnappte erschrocken nach Luft. „Was bitte soll das werden?“ Ich konnte sehen, wie sich seine Nackenhaare aufstellten und er unsicher seine Unterlippe befeuchtete.

„Nichts?“, antwortete er kleinlaut und startete einen Versuch, seine Hand unter der meinen hervor zu ziehen.

„Dobe. Ich sag es nicht noch einmal. Was soll das bitte werden?“

Naruto schluckte. „Ehm, wenn ich sage, dass das nicht meine Idee war, beruhigt es dich dann?“

Ich nahm meine Hand von seiner und wischte damit die wirren Haarsträhnen aus dem Gesicht, ehe sich meine Finger an meine Nasenwurzel legten. „Bitte nicht“, murmelte ich.

Das konnte nichts Gutes heißen. Ich seufzte tief und begab mich zum Sofa, auf dem ich mich niederließ. Grinsend setzte er sich daneben und schnappte sich die Ramenschüssel, die ich in einem Anflug von Nettigkeit geholt hatte, damit er etwas zu essen hatte. Naruto Uzumaki war satt schon schwer zu ertragen, aber hungrig war es kaum auszuhalten. Er mutierte dann nur zu gern zu einem weinerlichen Kind, das nicht das Spielzeug erhielt, was es wollte. Bei Naruto war es eben das Essen.

„Deine Mutter“, kam es langgezogen von ihm und er schlürfte an der Suppe. „Sie hat vorhin angerufen und von Dingen erzählt.“

„Dinge?“, wiederholte ich misstrauisch und verschränkte die Arme vor der Brust.

Naruto zuckte mit den Schultern. „Man könnte es auch Möglichkeiten nennen.“ In seinen Augen lag Schalk und am liebsten hätte ich ihm die volle Schale aus der Hand geschlagen. Allerdings waren wir in meiner Wohnung, nicht in seiner. Ich presste die Luft aus meinen Lungen. Das waren solche Momente, in denen ich überlegte, warum genau Naruto Uzumaki einen Zweitschlüssel für meine Wohnung hatte und wieso er überhaupt in meinem Leben existent war. Er lachte und verschluckte sich dabei an der Brühe. Gut so. Sollte er ruhig ein wenig leiden.

„Deine Mutter hat vorhin TV geschaut und dabei ist ihr was ins Auge gestochen“, fuhr er endlich mit einer Erklärung fort. „In der Werbung. Itachi fand es übrigens auch sehr interessant. Eigentlich hat er Mikoto auf die Idee gebracht.“

Ich hob eine Augenbraue.

„Online Dating.“

„Und du warst der Meinung gleich damit zu beginnen“, schlussfolgerte ich.

Sein enthusiastisches Nicken war die einzige Antwort, die ich von ihm erhielt.

„Du löscht das wieder.“

„Nein“, antwortete er. Verwirrt starrten mich seine blauen Augen an. „Wieso sollte ich? Genau genommen hab ich die offizielle Erlaubnis deiner Familie. Irgendjemand muss sich ja um dich kümmern.“

„Kümmere dich lieber um dein eigenes Leben“, murrte ich.

Er lachte wieder und streckte sich genüsslich. „Ich habe sozusagen eine Basis, auf der ich eigentlich nur noch aufbauen muss.“

Ich schüttelte meinen Kopf. „Du siehst sie jeden Morgen beim Bäcker. Das ist keine feste Basis.“

„Doch, ist es. Sei bitte nicht so ein Miesepeter.“

„Hn.“

„Teme! Jetzt gib dem Ganzen doch eine Chance.“ Er war in den Kindermodus übergegangen und hatte wieder den weinerlichen Ton in der Stimme angenommen. Seine Augen glitzerten wie die eines Hundes und ich kämpfte mit mir, nicht doch einfach zu nicken. Ich schnaubte und verschränkte abweisend die Arme vor der Brust. Dieses Mal konnte er mich nicht umstimmen. Und mit Itachi hatte ich eindeutig noch ein Hühnchen zu rupfen.

„Okay. Wie wäre es dann mit einer Wette?“ Naruto wackelte aufgeregt mit seinen Augenbrauen.

„Eine Wette?“, wiederholte ich misstrauisch.

„Jap. Ich wette, dass ich es schaffe, noch morgen Hinata zum Date einzuladen. Dann musst du drei Tage das Online Dating über dich ergehen lassen.“

Ich wurde hellhörig. „Was, wenn du es nicht schaffst?“

„Dann werde ich Mikoto solange in den Ohren liegen, bis sie aufhört, dich mit Enkeln vollzuquatschen.“

Mein Mund verzog sich schon automatisch. „Das schaffst du nicht.“

„Ach, denkst du? Ich werde ihr von Hinata erzählen und das ich ihren mütterlichen Rat möchte. Dann ist sie erst mal voll auf mich fixiert. Weißt du nicht mehr in der neunten Klasse? Ich geb sogar einen Bonus. Auch wenn du verlierst, lenke ich Mikotos Aufmerksamkeit auf mich. Oder auf Itachi. Der hat nämlich wieder eine neue Liaison. Na, ist das nicht was? “ In seinem breiten Grinsen lag purer Optimismus.

Und eigentlich hatte er Recht und genau genommen, wäre es so oder so eine Win-Win-Situation gewesen. Gewann er, kaute er mir schon nicht mehr die Ohren mit Hinata ab. Verlor er, erzählte er meiner Mutter nonstop Sachen über seine Gefühle, während ich verschont blieb. War ich der Verlierer, würde ich zwar drei Tage online sein müssen, aber da ich ohnehin arbeitete und auch schlafen musste, belief sich das auf einen relativ kurzen Zeitintervall. Und dann kam immerhin noch der Bonus hinzu. So oder so würde er mit meiner Mutter künftig über seine große Liebe reden.

„Also?“, fragte er und legte seinen Kopf schief.

„Hn.“

„Yes!“

„Dobe, du wirst dennoch zugeben, dass das eben nicht ich war.“

„Hä?“

Ich rollte mit meinen Augen. „Sakura. Oder wie auch immer. Sag, dass das vorhin nicht Ich war und dann werden wir sehen, wie dein Frühstück beim Bäcker ausgeht. Und damit du nicht mogelst, werden wir selbstverständlich zusammen hin gehen.“
 

Es war nur kurz und kaum zu erkennen, aber es glimmte ein Fünkchen Unsicherheit in seinem Blick. „Du gehst nie zum Bäcker.“

„Es gibt immer ein erstes Mal.“

„Er ist wirklich nett. Kaum zu glauben, dass ihr beide befreundet seid“, lachte ich in den Hörer hinein und sank noch weiter ins weiche Polster der Couch. Ich hörte sein tiefes Brummen und sofort tänzelten kleine Raupen durch meine Venen.

„Dir auch ein Hallo“, erwiderte er.

„Hi“, hauchte ich. Ich konnte es ehrlich gesagt kaum erwarten, bis Naruto sich endlich verabschiedete und mich allein in dieser riesigen Wohnung zurück ließ. Im ersten Moment fühlte ich mich allerdings wie ein Fremdkörper. Wie eine vergessene Tasche oder sonst was. Ich kaute unbehaglich auf meiner Unterlippe heran und ermahnte mich innerlich, das endlich abzustellen. Alles war hier wunderschön eingerichtet und lud eigentlich dazu ein, sich wohlzufühlen. Das Gefühl verpuffte allerdings von Sekunde zu Sekunde mehr. Klare Linien, kein unnötiger Schnickschnack, an den man sich binden wollte. Keine Fotos, nicht mal eine Topfpflanze. Ino wäre herum gewuselt und hätte fieberhaft überlegt, ob Hortensien nicht schick auf dem einzigartigen Wohnzimmertisch aussahen. Oder ob Tulpen dem Raum einen offeneren Ausdruck verleihen konnten. Ich schnaufte, während ich mich aufs Polster fallen ließ und die Augen schloss. Naruto hatte diesen Raum lebendig gemacht und nun war das Gefühl verpufft. Ich vermisste urplötzlich Ino und das Geplapper und das aufgeregte Kichern, das sich hin und wieder überschlug. Noch bevor ich in meinem Selbstmitleid untergehen konnte, hörte ich das bekannte Klingeln meines Handys, was augenblicklich zur Folge hatte, das mein Herz bis zur Kehle schlug. Nach dem zweiten Klingeln hatte ich schon das Gespräch angenommen und ich gestehe, ein wenig beschämt war ich über die fehlende Begrüßungsfloskel meinerseits. Aber wurde das nicht einfach nur überbewertet?

„Du hast eine riesige Wohnung.“ Ich wickelte eine Haarsträhne um meinen Zeigefinger und sank noch weiter ins Sofa. Ich musste das auch haben. „Wie lange wohnst du hier schon?“

„Ein Jahr ungefähr.“

„Wahnsinn.“ Das Lächeln auf meinem Gesicht erschien ohne mein Zutun. Ich fürchtete, mein Körper hatte ein gewisses Eigenleben angenommen. Das gewann allerdings nur die Oberhand, wenn Sasuke involviert war. Sein Räuspern ließ mich zusammenzucken.

„Übrigens“, ich fuhr mit der Zunge über meine Lippe, „danke, dass ich hier sein darf.“

Er nahm einen tiefen Atemzug, doch noch bevor er etwas erwidern konnte, plapperte ich weiter: „Das Badezimmer ist übrigens der Wahnsinn. Wenn ich du wäre, würde ich wahrscheinlich in der Wanne mein Bett errichten. Die Kissen von der Couch würden sicher perfekt reinpassen. Oh und der Tisch.“ Ein Lachen erklomm meine Kehle. „Du wirst ihn sicher entzückend finden.“

Ein Rauschen in der Leitung, dicht gefolgt von einem seltsamen Knacken ließ mich zusammenzucken. Ich lauschte, ob ich noch immer seinen Atem hören konnte, während sich ein flaues Gefühl in meinem Magen ausbreitete. Wieso musste ich auch so los plappern? Ich ballte meine Hände zur Faust, dann öffnete ich sie und versuchte mir Luft ins Gesicht zu fächern.

Das tiefe Lachen, das dann durch den Hörer drang, kroch über meinen Nacken und löste kleine Schauer auf meinem Rücken aus. „Naruto hat wohl auf seine Wirkung gehabt“, bemerkte er.

Und ohne es wirklich zu wollen, plusterte ich meine Wangen auf und schüttelte meinen Kopf. Dann kicherte ich, bevor sich eine angenehme Stille über uns legte, die hin und wieder durch Regen in Tokio oder den leisen Tippen der Tastatur irgendwo in Fukuoka durchbrochen wurde.

Es war fast schon einlullend. Es machte mich schläfrig.

„Das ist schon ein wenig verrückt, oder?“, murmelte ich und legte meinen Kopf auf die Lehne. Ein Gähnen überkam mich.

„Hn?“

„Ich bin hier. Also, in deiner Wohnung. Ich hab dich noch nie gesehen. Das könnte ein Drehbuch eines total verrückten Thrillers sein. Im schlimmsten Fall sogar ein Horrorfilm.“

„Hast du mal darüber nachgedacht, dass deine absurden Gedanken schuld daran sind, dass du dich auf ein Online-Dating-Portal verlassen musst?“

„Meine Gedanken sind nicht absurd. Ich bin ganz alleine hier. Vielleicht wollen Räuber in deine Wohnung, wissen nicht, dass ich da bin und dann werde ich unfreiwillig zum Opfer. Wenn du wieder zurückkehrst, sind alle Wertgegenstände weg und ich besudle mit meinem Blut dein wirklich perfekt geputztes Badezimmer. Putzt du eigentlich selbst?“

„Interessant, dass meine Wohnung dich zu solch Szenarien inspiriert.“

Ich gluckste, pustete die Ponyfransen aus der Stirn und rollte mich auf den Bauch. „Man muss auf alles vorbereitet sein.“

„Bist du das?“ Er klang amüsiert.

„Ich habe mal einen Selbstverteidigungskurs gemacht. Im Notfall hab ich Pfefferspray in der Tasche. Übrigens muss ich feststellen, dass du Fortschritte machst.“ Ich grinste, als das bekannte „Hn“ erklang.
 

„Deine wortkarge Art wird von Gespräch zu Gespräch weniger. Weiter so. Dann endest du vielleicht doch nicht unverheiratet, fett und vereinsamt.“

Er schwieg und schien das Licht auszuknipsen.

Ich lachte, als nach einer Minute immer noch kein Ton seine Lippen verließ. „Hey, sag was.“

„Naruto hat wirklich auf dich abgefärbt.“

„Hm, wer weiß“, entgegnete ich.

„Ein Naruto reicht. Am besten, du vermeidest jeglichen weiteren Kontakt.“

„Sicher, Mr. S.“ Ich schnalzte mit der Zunge und spürte das Zucken meiner Mundwinkel. Diese lockeren Gespräche waren suchterregend. Sasuke hatte Wirkung auf mich. Das war der S-Effekt. Dessen war ich mir mehr und mehr bewusst.

„Weißt du“, begann ich und zwirbelte eine Strähne um den Finger. „Du könntest Superhelden-like dem Sturm draußen trotzen und mir Gesellschaft leisten.“

Sasukes Stimme vibrierte ein wenig, als er leise lachte. Dieser Ton war hinreißend. „Ich würde sagen, dass es jetzt Zeit zum Schlafen ist, Sakura.“

Ich zog die Augenbrauen zusammen und schnaufte. In meinem Gedanken war seine Antwort ein wenig anders ausgefallen. Eher wie Hey, klar. Ich spring sofort aus dem Fenster und flieg zu dir oder Gib mir zwei Minuten, dann bin ich da. Ein Glucksen entfloh mir.

„Okay“, antwortete ich langgezogen. Ich schaffte es sogar, eine gute Portion Enttäuschung in meiner Stimme mitschwingen zu lassen. Er ignorierte das allerdings gekonnt.

„Mach’s dir bequem.“ Dann legte er auf.
 

Ich schwang die Beine über den Rand des Sofas und streckte mich ausgiebig. Die während dem Telefonat verloren gegangene Müdigkeit überfiel mich und entlockte mir ein lautes Gähnen. „Okay, dann ab in die Federn.“ Ich warf einen Blick aufs Sofa und überlegte, ob ich dort schlafen sollte oder mich ins Schlafzimmer begeben sollte. Ein Seufzen entfuhr mir, dicht gefolgt von einem weiteren Gähnen. „Er sagte ja, ich solle es mir bequem machen“, murmelte ich. Meine Augen huschten kurz durch den Raum und blieben an der einzigen Tür hängen, die ich noch nicht geöffnet hatte. Als ich inmitten des großen Raumes stand, prasselte das Gefühl der Unbehaglichkeit auf mich nieder. Sonst war ich wirklich nicht so. Meine Gefühle schienen sich dem unbeständigen Wetter anzupassen. Immer auf und ab. Das war sicher nicht gut fürs Gemüt. Ich runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf, während ich meine Beine dazu zwang, zum Bett zu treten. Seinem Bett. Dessen dunkelblauen Laken übrigens so zerwühlt aussahen, als wäre er vor zwei Minuten erst heraus gekrochen. Ich lachte. Möglicherweise war er wirklich nicht ganz so der Perfektionist, den ich automatisch in ihm gesehen hatte. In der Dusche standen immerhin auch die Flaschen herum.

Beim zweiten Blick entdeckte ich das frische Bettzeug, dass wohl Naruto für mich hingelegt hatte, allerdings war da dieses aufkommende Bedürfnis, mich einfach reinzuwerfen, ohne die Wäsche zuerst zu wechseln. Ich grinste und ohne einen weiteren Gedanken zu verschwenden, ließ ich mich auf die Matratze fallen. Sie sah nicht nur so weich und einladend aus, sie war es tatsächlich. Und roch ich sein Rasierwasser? Möglicherweise war das alles ohnehin nur ein Traum. Ich in Tokio. In der Wohnung einer Chatbekanntschaft. Vielleicht hatte ich das Bier ja gar nicht mit Naruto, sondern Ino getrunken und jetzt faszinierte mein Kopf etwas vor sich hin. Ich zwickte mich und zischte, als ich den Schmerz deutlich spürte. Es gab nur eine Diagnose: Verrückt. „Sakura Haruno. Du bist durchgeknallt.“

Es roch nach Zedernholz, vermischt mit einem warmen, männlich-herben Duft, das mir das Gefühl gab, hundert Ameisen würden über meine Haut krabbeln. Während Satin sich an meinen Körper schmiegte, überlegte ich, was Ino oder meine Mutter zu meinem Verhalten gesagt hätten, Ein Lachen entfloh bei der Vorstellung, dass Ino ohne Zögern neben mich gesprungen wäre. Das Bett schrie förmlich nach Wellness und es war ein Kingsize Bett. Es klang etwas übertrieben, aber selbst wenn wir unsere beiden Schlafstätten nebeneinander geschoben hätten, hätten wir sicher nicht die Größe erhalten. Meine Mutter hätte mich hingegen panisch aus den Laken gezogen. Mit einer schnellen Bewegung rollte ich mich zur Seite und strich mit der Hand über das Kissen.

Ich seufzte entspannt auf, roch sein Rasierwasser und es fühlte sich an, als hätte ich mein Gesicht in seine Hände gepresst. Mein Herz wummerte. Mutter hätte mich ermahnt. Mein Verhalten war nicht die feine englische Art, immerhin war das nicht meine Wohnung. Nicht mein Bett. Aber der Geruch in meiner Nase, die kleine Kuhle der Matratze, seine Liegefläche, das Gefühl weichen Stoffes auf der Haut – all das überzeugte mich immer mehr, dass es alles echt war.

„Ich muss krank sein“, nuschelte ich ins Kissen und im nächsten Moment war ich bereits eingeschlafen.
 

Ich wachte auf, als das dumpfe Geräusch von Stöckelschuhen in meine Ohren drang und fragte mich, ob Hinata die Gummistiefel gegen schickeres Schuhwerk tauschte. Ich schmunzelte und drückte mein Gesicht zurück ins Kissen und stellte bedauernd fest, dass der Duft nicht mehr so präsent war. Ob Sasuke riechen würde, dass ich hier lag?

Als die Tür mit einem Schwung aufgerissen wurde, zuckte ich erschrocken zusammen und unterdrückte einen Schreckenslaut.

„Diese blöden Fuß-Töter“, erklang es aufgebracht am Zimmereingang. Im nächsten Moment war zu hören, wie die „Fuß-Töter“ wohl in die Ecke geworfen wurden.

„Liebes, schläfst du etwa immer noch? Ich hab dich schon mehrfach versucht zu erreichen, aber nein – der Herr hat wohl besseres Zutun und liegt lieber den ganzen Morgen im Bett.“

Ihre Stimme klang aufgebracht, dennoch schwang Besorgnis mit. „Und glaub mir, auf den Straßen herrscht gerade Chaos.“
 

Ich befeuchtete nervös die Lippen. Die Stimme hatte ich schon mal gehört, allerdings konnte ich sie nicht zuordnen. Dennoch war ich mir durchaus bewusst, dass ich auf mich aufmerksam machen musste. Immerhin war ich nicht Sasuke. Ich hüstelte und richtete mich auf. Gott, ich hoffte, meine Haare waren einmal nicht zerzaust und hexenhaft. Selbst wenn es im Zimmer stockduster war und ich bezweifelte, dass man mich überhaupt wirklich erkennen konnte. „Ähm, hi?“, brachte ich hervor. Meine Kehle war trocken und ich wünschte mir ein Glas Wasser. Angespannt wartete ich auf eine Reaktion. Hatte Sasuke etwa doch eine Freundin? Zittrig fuhr ich mir durchs Haar und verfluchte innerlich die kleinen Knoten, die sich an einigen Stellen im Haar gebildet hatten. Mein Herz wirbelte in meiner Brust herum und schon im nächsten Moment hatte sich die mir fremde Person vorgebeugt und den Lichtschalter der kleinen Lampe betätigt. Die war mir gestern gar nicht aufgefallen. Ich blinzelte, um mich an die Helligkeit zu gewöhnen und erstarrte.

Ich hatte noch nie solch dunkle, einzigartige Augen gesehen. Die Farbe erinnerte mich an einen nassen Sandstrand, der im Licht der Dämmerung schimmerte.

Sie starrte mich erstaunt an, bevor ein freudiger Ausdruck in ihr Gesicht trat. „Sakura, das ist doch mal eine schöne Überraschung.“ Sie lächelte und das Glitzern in den Augen schien sich zu verstärken.

Ich runzelte die Stirn.

„Und wo hast du Sasuke gelassen?“ Sie sah sich suchend im Raum um. „Ist er im Bad?“

Es dauerte nur einen kleinen Moment, bis mein Gehirn die Situation verarbeitet hatte und die mir unbekannte Person in eine Schublade sortierte. Und diese gehörhte zu einem Schrank in meinem Kopf, auf den in großen Buchstaben Mr. S prangte. Ich schluckte und strich eine Strähne hinters Ohr. Ich wollte „Hallo“ oder „Schön Sie kennenzulernen“ über meine Lippen bringen, allerdings kam nichts außer einem krächzenden Ton heraus. Sie lächelte und strich sich den Rock glatt.

„Nur nicht so schüchtern, Sakura.“ Sie klang amüsiert.

Ich räusperte mich und zog die Decke enger an meinen Körper. „Hi, Mrs.?“

Sie lachte und warf dabei die Hände in die Luft. „Ach, nenn mich Mikoto.“

Ein Schauer kroch über meine Arme und mein Herz begann ein rasantes Tempo anzunehmen. Meine Finger krallten sich in die weiche Bettdecke, während ihr Blick weicher wurde. „Herzchen, ist alles in Ordnung?“

Ich nickte und befeuchtete nervös meine Lippen. Dieser Moment glich einem Kinofilm mit verworrener Handlung. Fehlte nur noch, dass Sasuke tatsächlich aus dem Badezimmer hereinspazierte.

„Okay. Weißt du was? Ich lass dich kurz alleine und koche uns einen Kaffee. Du kannst dich in aller Ruhe frisch machen und wir treffen uns dann in der Küche. Sasuke ist im Bad, oder?“

„Ehm, nein. Er ist in Fukuoka“, antworte ich.

Sie runzelte ihre Stirn und schien kurz zu überlegen, ehe ein breites Lächeln auf ihrem Gesicht erschien. Dann stand sie auf und mit einem letzten Blick ließ sie mich alleine. Ich schnappte nach Luft und griff nach meinem Handy, um Inos Nummer zu wählen.
 

„Sakura?“

„Hi“, antwortete ich knapp. Sie gähnte laut und schien sich im Bett aufzusetzen.

„Alles in Ordnung?“ Ihre Stimme klang besorgt.

„Seine Mutter ist hier.“

Ino nahm einen tiefen Atemzug, schwieg eine Sekunde und brachte dann ein Quietschen über die Lippen, dass sie sonst nur preisgab, wenn sie reduzierte Modestücke entdeckte. „Du hast schon deine Schwiegermutter kennen gelernt?“

Ich verschluckte mich an meiner eigenen Spucke und hustete. „Sie ist nicht meine Schwiegermutter“, brummte ich.

„Du gehst ganz schön in die Vollen. Nicht mal ich kenne Sais Eltern und ich bin seit einem Jahr mit ihm zusammen.“

„Du drückst dich ja auch vor jedem Treffen.“ Ich rollte mit den Augen. „Und sie ist nicht meine Schwiegermutter“, fügte ich hinzu.

Ino kicherte. „Die Familie des Partners ist immer eine Herausforderung. Da muss man sich erstmal darauf vorbereiten. Die kriegt man gratis dazu, selbst wenn man sie nicht will.“

Ein Schnauben entfloh mir. „Ino. Was mach ich jetzt?“

„Schau in seinen Schrank. Wenn du Glück hast, findest du einen Fallschirm. Dann such dir das nächste Fenster und spring.“ Sie grunzte amüsiert.

Ich schnalzte abwertend mit der Zunge.

„Okay, okay. Pass einfach auf, dass du in nicht in Fettnäpfen trittst“, begann sie nun ernsthafter. „Begrüße sie ordentlich, stell dich vor. Ich hoffe, du bist nicht halbnackt in dieser Wohnung unterwegs?“

Ein Rotschimmer legte sich auf meine Wangen. „Nein, nein. Ich hab Sachen von ihm an.“

Sie zog scharf die Luft ein. „Sicher, dass zwischen euch nichts läuft? Seine Sachen? Du solltest dir gleich eine Schublade frei räumen und deine wenigen Habseligkeiten reinlegen.“

Ich raufte meine zerzausten Haare. „Könnten wir bitte ernst bleiben?“

„Ich bin ernst. Du versuchst jetzt erstmal deine Zotteln im Haar zu beseitigen. Wahrscheinlich stehen sie wieder hexenartig vom Kopf ab und den Anblick kannst du ihr ruhig ersparen.“

„Hat sie doch längst gesehen“, seufzte ich.

„Jedenfalls solltest du sie nicht so lange warten lassen. Mach ein bisschen Smalltalk.“

Ich schwieg und ließ mich zurück auf die Matratze fallen.

„Sakura? Du weißt, dass die Schwiegermutter in spe ziemlich viel Einfluss haben könnte, was den Fortgang der Beziehung angeht?“ Ihre Stimme klang erneut amüsiert.

„Du bist so… du bist unmöglich, Ino“, schnaufte ich.

„Wenn du jetzt nicht Stunden entfernt wärst, würd ich doch glatt mit dem Wagen vor der Tür warten.“

„Ach, und wozu?“, brummte ich verstimmt.

Ihr Lachen drang etwas knisternd durch den Hörer. „Wie in den Filmen, Süße. Mit laufendem Motor und offener Wagentür.“

„Das ist kein Bankraub, Ino.“

„Du musst das Herz deiner künftigen Schwiegermutter rauben. Sonst wird das doch nichts mit deinem mysteriösen Lover.“ Ich konnte förmlich ihr Augenbrauenwackeln hören.

„Ich habe nicht mal Sasukes Herz. Wozu also das seiner Mutter wollen?“

„Schwingt da etwa Frustration mit?“

Ich schwieg und schob die Unterlippe hervor. Sasuke und ich waren mitten in der Kennenlernphase. Wenn man das überhaupt als Kennenlernen einstufen konnte. Immerhin wusste ich wirklich noch immer nicht wie er aussah und seine Wohnung gab Fototechnisch überhaupt keinen Anreiz darauf. Gut – vielleicht war ich ein wenig frustriert. Ich kannte seinen besten Freund, dessen bezaubernde Freundin und jetzt stand sogar seine Mutter in der Küche und kochte mir einen Kaffee. Das ganze konnte nur noch bizarrer werden. Wen würde ich wohl als nächstes treffen, bevor ich Mr. S tatsächlich gegenüberstand? Seinen Vater oder seinen Bruder? Vielleicht sogar beide gleichzeitig. Ich schnaubte.

„Weißt du, Schätzchen, du solltest ihn anrufen. Heute irgendwann.“

„Ach, sollte ich das?“

„Das beruhigt dich vielleicht etwas. Sobald du nämlich mit deinem Loverboy telefonierst oder chattest, hast du rote Wangen und ein Dauergrinsen. Und du bist happy.“

Wieder schwieg ich und konnte ihr Kichern erneut vernehmen.

„Ruf ihn nachher einfach an. Wir leben in einer modernen Welt. Du kannst selbst die Initiative ergreifen, wenn du ihn willst.“

„Das reicht jetzt, Ino.“

„Richtig. Du solltest endlich zu Mama S gehen. Sonst sammelst du doch noch Minuspunkte“, gackerte sie.

„Ino Yamanaka. Du bist und bleibst unmöglich. Ich leg jetzt auf.“

„Berichte mir jedes noch so kleine Detail!“
 

Als sie auflegte, nahm ich einen tiefen Atemzug und schwang mich dann aus dem Bett. Sie hatte immerhin Recht. Es war unhöflich, jemanden warten zu lassen. Und vielleicht konnte ein wenig Koffein helfen, meine Gehirnzellen auf Trab zu bringen.
 

Keine zehn Minuten später saß ich der anmutigsten Frau gegenüber, die ich je gesehen hatte. Mikoto war zierlich und hatte dunkle Augen, die allerdings einen helleren Ton annahmen, sobald Licht hineinfiel. Ich musste unweigerlich an Kies in einem Bach denken, das in verschiedenen Tönen schimmerte. Ihr Haar war glatt und schwarz. Mir schoss das Bild von Schneewittchen in den Kopf und ich war mir sicher, würde Mikoto Uchiha jemals für eine Rolle des Schneewittchen vorsprechen, so genügte nur der Blick auf ihre Gestalt. Mag sein das ich etwas übertrieb, aber sie war wirklich eine Schönheit. Und was machte die Durchschnittsfrau von heute, wenn sie so jemandem gegenüber saß und am Kaffee nippte? An die ganzen Unterschiede denken.

Während sie etwas kleiner als ich selbst und wirklich zierlich war, hatte ich Rundungen. Ich war nicht dick – keineswegs. Und mit meiner Mitbewohnerin, die absoluter Fitnessfreak war, bestand erstmal auch keine Gefahr, dass sich dieser Umstand änderte. Ich muss sicher nicht mehr anmerken, wie oberflächlich Ino manchmal sein konnte. Mikoto strich eine ihrer langen Strähnen zurück und für eine Millisekunde war der Neid über das schöne Haar vorhanden. Mein eigenes schien sich je nach Wetter zu verändern. Bei Nässe kräuselten sich zum Beispiel die kleinen Strähnen. Wenn ich die Haare dann nicht sofort bürstete, blieb mir nichts anderes übrig, als sie in einem unordentlichen Knoten hochzustecken. Mikoto räusperte sich und riss mich somit aus meinen Gedanken. Nervös tippelte ich mit den Fuß. Das war absolut merkwürdig.

Ihr Gesicht lächelte. Sie strahlte geradezu von einem Ohr zum anderen. Sie schien nur aus einem Gesicht voller wunderschöner weißer Zähne zu bestehen, die mich anlächelten und mich dazu brachten, zurückzulächeln. Ob ihr Sohn ihre Gene hatte? Ich kicherte über meinen Gedanken.
 

„Schön, dich persönlich zu treffen, Sakura.“ Während sie sprach, strahlte sie etwas Sonniges und Freudiges aus, das mir ein warmes Prickeln im Magen bescherte. Ihre Augen musterten mein Gesicht und das Leuchten in ihren Augen verstärkte sich. „Es ist eine Freude, mal nicht solche Puppengesichter zu sehen, die sowieso nur hinter Sasukes Erfolg her sind.“ Sie schnalzte mit ihrer Zunge. „Eine von ihnen hat sich sogar als Assistentin eingeschleust. Gut, sie macht ihren Job gut, da kann man nicht meckern, aber ich sehe sehr wohl, welche Blicke sie meinem Sohn hinterher wirft. Karin muss unbedingt an ihrer Mimik arbeiten.“ Sie rollte mit den Augen und machte ein Gesicht, als ob der Name schlecht schmeckte.

Ich räusperte mich ein wenig verlegen. „Ehm, also. Nur um das klarzustellen, zwischen ihrem Sohn und mir läuft nichts. Wir kennen uns eigentlich gar nicht.“ Das mich der Kommentar zu Karin erfreute, versuchte ich zu unterdrücken.

Sie runzelte ihre Stirn. Für einen kurzen Augenblick war Enttäuschung in ihrem Gesicht zu erkennen, welche allerdings keine Sekunde später von einem hellen Lachen vertrieben wurde. „Wenn du das sagst, Sakura.“ Mikoto schob sich amüsiert wirkend eine Strähne hinters Ohr und in mir keimte der Wunsch, zu verschwinden. Fürs Erste unterbrach ich allerdings schlichtweg den Blickkontakt und ließ meine Augen durch den Raum schweifen. Ich blieb an der kleinen, schicken Vitrine hängen, neben der eine teure Musikanlage stand. Seine CD-Sammlung befand sich feinsäuberlich aufgereiht auf einem weißen Lackregal an der Wand. Das war mir gestern Abend überhaupt nicht aufgefallen. Nicht weit von der Musikanlage befand sich ein kleiner Bestelltisch, auf dem ich eine halbvolle Flasche Whiskey entdeckte. Ich nahm einen weiteren Schluck des schwarzen Kaffees und genoss das warme Prickeln in der Kehle. Eigentlich dachte ich, dass Sasuke eher der Biertrinker war. Mikoto folgte meinem Blick.

„Oh, der Whiskey. Eine Leidenschaft seines Vaters. Sein Bruder ist auch nicht ganz abgeneigt.“ Sie kicherte verzückt. „Eigentlich mag Sasuke das gar nicht. Aber wenn ich ihn tatsächlich zu einer kleinen Familienfeier überredet habe oder wir ihn spontan mit einem liebevollen Besuch überfallen, dann genieße ich es, sie zu beobachten. Sasuke verzieht gleich nachdem der erste Tropfen seine Lippen berührt kaum merklich die Mundwinkel ein wenig nach unten. Aber er will es seinem Vater immer Recht machen.“ Ein Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. „Echte Männer scheuen keinen gereiften Whiskey“, zitierte sie. „Beim ersten Probieren gab’s sogar eine Zigarre.“

„Und wie… ist er sonst so?“, entfloh es mir neugierig. Nur zu gern hätte ich selbst mal Whiskey probiert und mir von Sasuke eine Zigarre reichen lassen. Das klang so typisch reiche-Leute-mäßig und wirkte dabei so herrlich normal, dass ich mich langsam entspannte.

„Hach. Er ist so ehrgeizig, das er hin und wieder tatsächlich alles um sich herum vergisst. Das macht mir dann doch Sorgen. Vergräbt sich immer in Arbeit.“

„Ein Arbeitstier also?“

Mikoto lachte. „Eine Eigenschaft, die er von seinem Vater geerbt hat. Manchmal sehe ich es positiv und die meiste Zeit negativ. Er schottet sich so von der Außenwelt ab. Umso erfreuter war ich, als du in sein Leben getreten bist.“

Verlegen rührte ich mit dem Löffel in der Tasse. Ich würde nicht unbedingt sagen, dass ich ihn sein Leben getreten war. Es war eher eine Aneinanderkettung seltsamer und idiotischer Aktionen unserer Freunde. Mir entfloh ein leises Lachen.

„Weißt du, er hasst es eigentlich zu telefonieren.“ Mikoto zwinkerte mir zu und ließ dann ihren Blick gen Decke wandern. „Eigentlich mag er fast nichts“, kicherte sie. „Außer Tomaten und erstaunlicherweise kann er Narutos mangelnde Tischmanieren ignorieren, aber sobald sein Bruder einmal während dem Kauen spricht, könnte man meinen, er bespringt ihn fast, um ihm anschließend die Leviten zu lesen.“

Während Mikoto erzählte, spielte sie mit ihrem goldglänzenden Ehering. „Kaum zu glauben, dass er der Jüngere ist.“

Ich lächelte.
 

Sie erzählte mir, dass Sasuke eine Abneigung gegen das Tassenspülen hatte und es absolut widerstrebend fand, im Schlafzimmer das Fenster zu öffnen. Sasuke schien am meisten gelöst zu sein, wenn Naruto in der Nähe war und Geschenke empfand er als unnötig. Bis dato hätte sie nie eine Frau kennengelernt, mit der Sasuke ausging. Unter einem lauten Lachen gestand sie, dass sie bereits dachte, Sasuke wäre vom anderen Ufer.

Ich genoss die Zeit mit Mikoto und war ein wenig traurig, als sie sich Mantel und Schuhe anzog und ich ihr zur Türe folgte.
 

„Es war mir ein großes Vergnügen, Sakura.“

„Mich hat es auch sehr gefreut, Mikoto“, erwiderte ich und spürte im nächsten Moment ihre Arme, die mich in eine Umarmung zogen.

„Wir müssen uns unbedingt bald wieder treffen. Die Einladung zum nächsten Familienfest steht auf alle Fälle. Wenn‘s mit dem einen nicht klappen sollte, hab ich noch einen Sohn“, sie zwinkerte mir verschwörerisch zu, während meine Wangen glühten.

Und noch bevor ich etwas darauf entgegnen konnte, hatte sie die Tür hinter sich geschlossen.


Nachwort zu diesem Kapitel:
hand aufs herz... wer dachte in kapitel 1, dass S in diesem moment echt S war??? oder hattet ihr ne ahnung, dass da iwas nicht stimmt? :D Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
so, kurz und knapp, nicht wahr?
ich möchte im kommenden kapitel diese sprach-möglichkeit einbauen. außerdem kommt ino aus dem kurzurlaub zurück und wer weiß, vllt schleicht sich ja auch naruto wieder an den pc? :D
taut S noch auf?
was ist mit dem blind date?
:D also es wird hoffentlich spannend ;)

übrigens noch ein herzliches dank an alle, die kommentieren und an alle, die mich neu abonniert haben und auch an alle, die die story auf ihrer favo-liste plaziert haben :) es freut mich, dass es gut ankommt und ich hoffe, dass ich euch mit dem weiteren verlauf der geschichte nicht enttäusche und euren erwartungen gerecht werde :o und ich hoffe ihr steinigt mich nicht für die länge dieses kapitels :D die wirklich...miserabel war

nichtsdestotrotz wünsche ich allen schöne tage diese woche (man munkelt ab dienstag mittwoch solls wieder wärmer werden)

eure fragile Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
ja, da war es. das gespräch :) ich hoffe es hat euch gefallen!
es ging nicht allzu lange, aber ich persönlich mag es :D

wie es wohl weitergehen wird? wir wissen immer noch nicht wer das blind date ist, aber immerhin weiß sakura ja jetzt, wie s sich anhört :) schreiben sie nochmal? reden sie? gibt es vllt sogar einen video-chat?

bis zum nächsten mal! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
S kam in diesem kapitel wohl eher zu kurz, das gebe ich zu. aber ich wollte ino noch mehr einbeziehen und es hat mir viel spaß gemacht, dass abzutippen =)
ich hoffe ihr seid mir nicht böse, dass ich mich mehr auf die shopping tour konzentiert habe (wobei ich da jetzt auch nicht mega ins detail gegangen bin)

das nächste kapitel wird voraussichtlich sonntagabend kommen oder aber anfang nächster woche :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
ich hoffe euch gefiel der sakura - S - moment :D wo er doch im letzten kapitel ziemlich zu kurz kam :/

nochmal ein xxl-danke an morgi :-*
du bist toll.

wirklich! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich möchte mich noch bei allen Kommentatoren, ENS-Schreibern und bei allen Favo-Einträgen herzlich bedanken. Es macht mir sehr viel Freude, Feedback in allen Variationen zu bekommen.
Habt ihr Freude, hab ich sie erst recht :)

Ich wünsche allen eine super Woche!

Eure fraggy Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
es hat sehr lange gedauert. über einen monat sogar. ich entschuldige mich bei allen, den ich versprach, dass das kapitel schneller parat wäre.

aber wie wir sicher alle wissen, passiert nicht nur die liebe ;), sondern auch das leben. dann wirst du plötzlich komplett von anderen dingen vereinnahmt und schaffst es kaum, die gesetzten ziele umzusetzen.

ich hoffe ihr hattet nun trotz der langen wartezeit eure freude an diesem kapitel.
:) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
da ist das blind date: itachi.

wahrscheinlich haben viele mit euch damit gerechnet ;)

dennoch hoffe ich, dass nicht alles so vorhersehbar war :D


und noch ein großes danke an all die kommentatoren! eure gedanken freuen mich immer wieder aufs neue und ihr inspiriert mich zu neuen ereignissen :D
die story hört und hört nicht auf.
:)

bis zum nächsten kapitel ! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
übrigens find ich ja, dass meine beta-fee wieder brilliante arbeit geleistet hat. :)
ohne sie ginge alles wahrscheinlich nooo~ch länger.

wer übrigens lust hat ;3 ich hab noch eine neue ff am start "Waiting for Superman"

bis zum nächsten mal! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
und da war es wieder vorbei.
sasuke ist ziemlich wenig aufgetaucht, dafür ein xxl-sorry. allerdings steht ja erstmal sakura im vordergrund und wie sie mit gewissen dingen umgeht.

und - jetzt wissen wir, wo unser mr. s wohnt und was für ein zufall... sakura geht nach tokyo?

ich bin ja mal gespannt, was so passieren wird.

sehen sie sich?
sehen sie sich nicht?

übrigens: das St. Luke's International Hospital gibt es tatsächlich in tokyo ;D nicht wundern, weil es so amerikanisch klingt.


(ein küsschen an meine liebe beta für ihre super arbeit!) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
und schon wieder vorbei~

im nächsten chapter betreten gleich mehrere personen die bühne :)
einer davon ist neji. bin gespannt, wer noch ;D

habt ne schöne restwoche, genießt halloween und den goldenen herbst in vollen zügen

eure fraggy Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
tja. wo war neji?
dabei hatte ich ja eigentlich gesagt, er kriegt hier schon seinen auftritt. im laufe der kapitelgestaltung hat es sich leider geändert. aber: aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

hinata und naruto sind da. und was ist jetzt mit sakura? sie sitzt in einer fremden stadt fest.

was wird wohl passieren?
über spekulationen aller art freu ich mich :D

und: die kapitelnamen sind weg. warum?
weil es eigentlich geplant war, dass es 13 kapitel (einschließlich prolog + epilog) werden sollten und zum schluss den satz love is like a virus, it can happen to anybody at any time. heraus gekommen wäre.
tja. so viel zum plan. der ist nämlich komplett übern haufen geworfen worden. ein ende hierfür ist für mich noch nicht in sicht.
ich hoffe, es stört euch nicht allzu sehr :)

wünsche euch ne tolle woche! bis zum nächsten chapter (da wird dann auch mehr passieren) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
sasukes wohnung? oho~
;)

und jetzt noch ein wenig schleichwerbung zum ende. das erste kapitel wurde vertont und kann ab sofort auf youtube gehört werden :)
ein tolles projekt mit vielen netten menschen :)

https://www.youtube.com/playlist?list=PL3eucIHasKoJQqD78Oqwzx7kzNbQ5SgRn Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
fraggy goes hollywood... oder eben schweden.
ich bin ab dem 26.12.15 weg und vor 08.01.16 wird man mich hier auch nicht wirklich antreffen.
da jetzt das große futtern ansteht, ist es unklar, ob ich nochmal vor meinem flug online komme oder nicht, demnach wünsche ich euch schon jetzt eine frohe weihnacht und natürlich einen gigantischen rutsch ins neue jahr 2016!

vielen dank für die zahlreichen abos, die super lieben kommis, jeder klick für die favoritenliste und jede noch so kleine ens!
ich freue mich mit animexx und euch auf ein neues jahr :3

fühlt euch gedrückt und bis bald!

eure fraggy Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
für die lange wartezeit möchte ich mich entschuldigen und ehrlich gesagt hätte der upload sicher länger gedauert, wenn -Zerschmetterling- nicht wäre.

Danke für die Inspiration, S-Ra Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (415)
[1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [10] [11...30] [31...35]
/ 35

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  stoffelfuchs
2023-11-01T22:10:25+00:00 01.11.2023 23:10
Na wenn die wüsste, dass Sakura Itachi schon kennt und wenn Sakura wüsste dass Itachi der Bruder von Sasuke ist. :D
Herrlich, I love it! Ich weiß nicht, wie realistisch es ist, dass du die FF weiterschreibst, aber bis hierhin ist sie echt sehr unterhaltsam. Man kann es von Kapitel zu Kapitel gar nicht erwarten, was als nächstes passiert. Also sollte dich irgendwann wieder die Lust packen oder du mehr Zeit haben, dann bin ich definitiv da um sie weiter zu verfolgen. =)
Von:  MissBlackBloodSakura
2023-04-23T22:44:38+00:00 24.04.2023 00:44
Ich hoffe, es geht bald weiter 🥰🥰😍
Von:  MissBlackBloodSakura
2022-02-17T09:42:04+00:00 17.02.2022 10:42
Schreibst du noch weiter?☺
Von:  Mohnstreusel
2021-06-30T20:12:28+00:00 30.06.2021 22:12
Hey :)
Eine wirklich tolle ff bisher.
Ino & Sakura erinnern mich hier besonders an mich & meine beste Freundin xD
Schade dass du hier nicht weiter geschrieben hast.. Ist wirklich eine richtig tolle ff :)


Gruß Cherry
Von:  Ayak87
2021-05-13T09:10:57+00:00 13.05.2021 11:10
Hallo Liebes,
auch wenn die Story nun schon ein paar Tage alt ist, bin ich irgendwie draufhängen geblieben.
Ich muss gestehen, ich habe deine Story gebannt verfolgt und es regelrecht verschlungen - bis tief in die Nacht hinein.

Neben deinem großartigen und wortwitzigen Schreibstil, bin ich auch von deiner Fantasie und deinem Ideenreichtum fasziniert. Ich wünschte, ich könnte auch so toll schreiben. Du hältst mit jedem Kapitel den Spannungsbogen ganz weit oben. :)
Deine FF‘s haben wirklich Suchtgefahr.

Vermutlich wirst du an dieser Story nicht weiterschreiben, was an für sich genommen schon eine Schande ist, (No Pressure), aber ich wüsste zu gern wie es weitergeht. Auch hinsichtlich der Tatsache, dass die Beiden sich noch nie begegnet sind, so viele spannende Schauplätze entstanden sind und alle Charaktere hier und da irgendwie miteinander verbunden sind.

Jedenfalls eine gelungen Story. Wenn dich doch wieder die Muse küsst oder es deine Zeit erlaubt, freue ich mich von dir zu lesen.
Liebe Grüße
Von:  stone0902
2020-11-22T08:13:05+00:00 22.11.2020 09:13
Hallo,
ich habe gerade diese Story entdeckt und fand sie wirklich toll!
Schade, dass sie an dieser Stelle schon aufhört. Ich hätte gerne erfahren, wie es weitergeht.
LG
Von:  Noiree123
2020-08-13T19:54:13+00:00 13.08.2020 21:54
Tolle FF! Sie gefällt mir total.
Falls du doch Lust bekommst weiterzumachen freue ich mich über eine Ens.
Liebe Grüße
Von:  MissBlackBloodSakura
2019-03-31T18:54:19+00:00 31.03.2019 20:54
Hey😊
Schreibst du noch weiter??
Von:  Annasche
2019-02-24T20:21:21+00:00 24.02.2019 21:21
Oh wie cool! So unterhaltsam! Ich hoffe wirklich, dass du irgendwann nochmal weiter schreibst! Wäre so schade drum, wenn nicht!
Ich liebe deine Art zu schreien und hab mich generell in deine Geschichten verliebt 😍
Von:  Samarha90
2019-02-13T12:43:47+00:00 13.02.2019 13:43
Ich kann dazu sagen einfach nur Geil. 😁
wäre schade wenn das alles so offen stehen bleiben würde.....


Zurück