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Das andere Herz (Okita x Saitou)

von

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Es war nun schon drei Monate her, dass Hajime Saitou zum ersten Mal vor der Tür des Shiekan gestanden hatte und seitdem regelmäßig vorbeikam. Soujis Faszination für den stillen und stets unnahbaren Mann war immer noch ungebrochen. Er hatte es zwar inzwischen schon zweimal geschafft als Sieger aus ihrem Kampf hervorzugehen, aber beide male war Hajime erkältet gewesen und deswegen auch nicht so reaktionsschnell wie sonst. Souji machte es nichts aus, so hatte er weiterhin jemanden zum trainieren der sich mit ihm messen konnte.

„Sollen wir anfangen?“ Wie meistens war Hajime auch heute ausserhalb der normalen Trainingszeiten gekommen. Ausser Souji und Kondo-san gab es keinen der ihm auch nur annähernd ans Wasser kam, von daher machte es für ihn auch wenig Sinn am normalen Training teilzunehmen.
 

Souji grinste und nahm sich ein Bokken. Darauf hatte er sich schon die ganze Woche gefreut.

„Gerne.“
 

Eine Stunde später waren beide schweißgebadet, aber keine dachte daran aufzugeben. Souji war berauscht von Adrenalin. Sie kämpften ohne Pause, wurde einer von ihnen getroffen, machten sie einfach weiter, ein Kampf ohne jede Regeln. Hajime führte mit fünf Treffern, Souji hatte immerhin einen erzielt.

Schließlich stand irgendwann Hijikata-san in der Tür.

„Hört mal ihr beiden, übertreibt es nicht. Ihr seht aus als würdet ihr jeden Moment zusammenbrechen.“

„Ist schon gut.“ kam es von beiden gleichzeitig, bevor sie wieder aufeinander losgingen.

Hijikata rollte mit den Augen und wandte sich wieder zum gehen.

„Saitou, willst du zum essen bleiben? Es ist schon ziemlich spät.“ fragte er obwohl er die Antwort bereits kannte.

„Nein, danke.“

Hijikata ging kopfschüttelnd davon. Die beiden würden sich irgendwann noch gegenseitig umbringen.
 

Als die untergehende Abendsonne das Dojo in ein warmes, goldenes Licht tauchte musste Souji sich eingestehen, dass er am Ende seiner Kräfte war. Jeder Atemzug tat weh und er war komplett nassgeschwitzt. Er musste sich zusammenreißen, dass er das Bokken überhaupt noch in den Händen halten konnte.

Hajime schien es genauso zugehen, aber da er auch genauso so stur wie Souji selbst war, machte er keine Anstalten den Kampf von sich aus zu beenden.

Schon seit einigen Minuten standen sie sich einfach nur keuchend, aber immer noch hochkonzentriert gegenüber. Keine machte den nächsten Zug. Souji wusste, im Zweifelsfall konnte Hajime dieses Spiel viel länger spielen als er. Meistens hatte Souji nicht die Geduld und griff als erster an. Heute zögerte er einfach nur aus Erschöpfung. Aber aufgeben war keine Option. Souji wartete noch ein wenig bis er sein Atem wieder einigermaßen normal ging und sprang dann mit einem Aufschrei los - genau in der gleichen Sekunde wie Hajime.

Als ihre Bokken mit voller Wucht aufeinandertrafen, spürte Souji wie ihn sämtliche Kräfte verliessen. Sein Schwert flog im hohen Bogen davon und um ihr herum drehte sich alles. Unfähig, seinen Körper noch zu kontrollieren, krachte er ziemlich unelegant in Hajime rein und riss ihn mit sich zu Boden.

Die Welt um ihn wurde kurz schwarz und still, dann hörte er Hajimes Stimme wie aus weiter Ferne.

„Hey..ist alles in Ordnung mit dir?“

Er wollte antworten, aber zwischen dem verzweifelten Japsen nach Luft kam aus seinem Mund nur ein schmerzerfülltes Stöhnen .
 

Als er endlich seinen Atem wieder unter Kontrolle hatte und blinzelnd den Kopf anhob, sah er als erstes in Hajimes besorgte Augen, die nur wenige Zentimeter von seinem Gesicht entfernt waren.

„Souji...Kannst du bitte von mir runtergehen?“

Erst jetzt nahm Souji war, das er seinen Freund förmlich unter sich begraben hatte und ihn mit seinem ganzen Gewicht zu Boden drückte.
 

Peinlich berührt versuchte Souji sich zur Seite zurollen und scheiterte kläglich. Sein Körper gehorchte ihm nicht mehr und das einzige was passierte war das er seinen Kopf wieder erschöpft auf Hajimes Brust sinken liess.
 

„Souji...kannst du mich hören?“ fragte sein Hajime besorgt und machte aber keine Versuche, Soujis Körper selbst von ihm runter zu bewegen.
 

Dieses Mal schaffte Soujis es immerhin ein zustimmendes Geräusch aus seinem Mund zubekommen, aber er glaubte nicht das er sich in den nächsten Minuten auch nur einen Zentimeter bewegen würde.

„Souji, du machst mir Angst...hast du dich vielleicht am Kopf verletzt?“
 

Die abermals unverständliche Antwort veranlasste Hajime dazu durch sein Haar zu streichen und nach Verletzungen zu suchen.
 

Souji spürte wie sich sein Puls langsam aber stetig beruhigte und sein Herzschlag wieder langsamer wurde. Der Rest seiner Wahrnehmung versank allerdings wieder in einem warmen Nebel, nicht einmal die Augen konnte er offen halten. Er versuchte gegen den Nebel anzukämpfen, konzentrierte sich auf seinen Atem und das Schlagen seines Herzens. Langsam wich der Nebel zurück und er konnte noch mehr Dinge wahrnehmen. Nicht nur seinen Atem und seinen Herzschlag, auch den von Hajime und dessen Hände die vorsichtig durch sein Haar fuhren.
 

„Scheint alles in Ordnung zu sein.“ konnte er die Stimme seines Freundes hören, als die Bewegungen an seinem Kopf nachließen.
 

„Nicht aufhören...“ dachte Souji in seinem schummrigen Nebel zwischen Bewusstsein und Dunkelheit und fragte sich gleichzeitig wieso er das dachte.

Es gefiel ihm hier zu liegen. Er wollte nicht mehr aus seinem Nebel raus, er wollte nur noch hier bleiben und ein anderes Herz schlagen hören. Ein Herz das genauso war wie seines.

Der Nebel wurde wieder dichter, schummriger. Gerade als Souji wieder dabei war vollkommen in die behagliche Dunkelheit zurückzufallen, zerriss ein aufgebrachter Schrei die Stille des Dojo.
 

„WAS MACHT IHR DENN DA???“
 

Es gab niemanden, der ihn so unsanft aus Träumen reißen konnte wie Hijikata.
 


 

tbc

„WAS MACHT IHR DENN DA???“
 

Im nächsten Moment wurde Souji auch schon unsanft gepackt und von Hajime runtergezogen.
 

Er schlug die Augen auf, nur um sie gleich wieder zu schließen. Heftiger Schwindel umfasste ihn und er hatte das Gefühl das der Boden des Dojos in sekundenschnelle auf ihn zurasen würde.

Verzweifelt kniff er die Augen zusammen und versuchte erfolglos sich von Hijikata-san loszureißen, der ihn fluchend mit sich nach draußen zerrte.
 

„ICHHABESDIRMEHRALSGENUGGESAGTKANNSTDUNICHTEINMALVERNÜNFTIGSEINDUBIST-“
 

Die Worte verschwammen in Soujis Kopf zu einem diffusen Rauschen, er stolperte und fiel auf die Engawa.

Weitere aufgebrachte Stimmen. Yamanami-san und Heisuke.

Wieder konnte er kein einziges Wort verstehen was sie sagten, es war alles zu laut, zu schnell, zu chaotisch in seinem Kopf.

Hijikata-san versuchte ihn grob wieder zum aufstehen zu bewegen, dann fühlte er eine warme Hand an seiner Stirn.
 

„Souji...was ist mit dir?“
 

Erleichterung machte sich in Souji breit als er die besorgte Stimme erkannte und Kondo-san ihn behutsam in den Arm nahm.
 

Alles in Ordnung!“ wollte Souji sagen, doch wie schon vorhin bei Hajime kam aus seinem Mund nur sinnloses Gestammel.
 

Der Eimer mit eiskalten Wasser welcher ihm im nächsten Moment über den Kopf geleert wurde, traf ihn völlig unvorbereitet. Prustend sprang er auf, doch der Schwindel war zu stark und riss ihn zurück in ein Meer der Schwärze.
 


 

Als er wieder zu sich kam war es dunkel und weich. Er lag in seinem Futon, aber nicht an seinem üblichen Platz in der Küche sondern in einem anderen Zimmer. Vermutlich das Gästezimmer, welches auch immer als Ruheraum bei Erkrankungen genutzt wurde.

Und...er war nicht allein.

Langsam gewöhnten sich seine Augen an die Dunkelheit. Er drehte den Kopf, wollte sich der Person mit dem gleichmäßigen Atmen neben ihm zu wenden und wurde sofort von einem dumpfen Schmerz in seinem Kopf heimgesucht. Mit einem leisen Stöhnen schloss er die Augen wieder und trotz des unangenehmen Gefühls huschte ein Lächeln über sein Gesicht. Die wenigen Sekunden hatten gereicht, um herauszufinden wer noch mit ihm in dem Zimmer lag.
 

„Souji....ist alles in Ordnung?“
 

Der Hauch eines Flüsterns, die tiefe Stimme so angenehm.
 

„Hmmm...ja...“ Souji wartete kurz und schlug dann erneut die Augen auf. Dieses mal kam ihm der Raum schon weniger finster vor, fahles Mondlicht suchte seinen Weg durch die Shojitür neben ihm.
 

„Sag mir wenn du was brauchst, Wasser oder ein frisches Tuch.“
 

Das feuchte Tuch auf seiner Stirn bemerkte Souji erst jetzt.
 

„Ist schon gut...“ lehnte er das Angebot, viel wichtiger war...
 

„Was machst du hier, Hajime-kun?“
 

„Hijikata-san hat darauf bestanden, das ich bleibe. Er hatte Angst, dass ich auf dem Heimweg vielleicht auch das Bewusstsein verlieren würde.“
 

Souji schnaubte verächtlich.
 

„Typisch Hijikata-san. Er ist wirklich eine Nervensäge und mischt sich immer überall ein...“
 

„Du solltest nicht so über Hijikata-san sprechen.“ erwiderte Hajime.

„Er hat sich große Sorgen um dich gemacht und sich den ganzen Abend um dich gekümmert.“
 

Souji seufzte genervt. Genauso etwas hatte er schon befürchtet. Und morgen und die nächsten Tagen und Wochen würde er sich dann wieder Hijikatas endlose Ermahnungen anhören dürfen.
 

Stille kehrte zurück in den kleinen Raum und bald lauschte er wieder nur Hajimes gleichmäßigen Atmen und dem leichten Herbstwind, der an den Shojitüren rüttelte. Er wusste, das Hajime nicht wieder eingeschlafen war, genauso wenig wie er selbst.

Der Schmerz in seinem Kopf wurde wieder schwächer, aber seine Wahrnehmung war nicht so wie sonst. Er fühlte sich abgeschnitten von der realen Welt, wie in einem Fiebertraum. Was nicht unangenehm war. Tatsächlich erinnerte es ihn an den gestrigen Abend, an diesen Augenblick an dem er Hajimes Herzen gelauscht hatte und... und was?

Souji überlegte, so gut es eben in seinem benommenen Zustand ging. Es war eine merkwürdige Situation gewesen, aber auch...angenehm? Ja, angenehm war die richtige Beschreibung dafür.

Je länger er darüber nach dachte, desto mehr wuchs in ihm die der Wunsch dieses Gefühl noch einmal zu erleben.

Er rang mit sich, wusste das dieser Wunsch irgendwie nicht richtig war.
 

Und trotzdem...
 

„Kann ich vielleicht zu dir rüber kommen?“ flüsterte er in die Dunkelheit ohne den Blick von der mondbeschienenen Zimmerdecke zu nehmen.

Keine Veränderung in seinem gleichmäßigen Atmen, keine Anzeichnen von Anspannung, nichts was darauf hindeutete das Hajime seine Frage merkwürdig fand.

Stattdessen, so ruhig wie immer:
 

„Ist dir kalt? Du hattest heute Abend eine Zeit lang starken Schüttelfrost...“
 

„Hm...nein, das ist es nicht...“
 

Es war nichts worüber man sprach...schon gar nicht mit jemanden den man erst seit ein paar Monaten kannte. Doch der Nebel in seinem Kopf und die schützende Dunkelheit der Herbstnacht liess ihn aussprechen, worüber er am Tag nicht einmal zu denken gewagt hätte.
 

„Ich...ich möchte dein Herz schlagen hören...“
 

Diesmal setzte Hajimes Atem kurz aus.
 

„Wieso?“
 

Es klang nicht vorwurfsvoll oder abwertend, sondern einfach nur verwundert.
 

„Ehmm...also...“ druckste Souji verlegen und unsicher wie er seine Gefühle in Worte fassen sollte.
 

„Weil es schön war...heute Abend...es war schön dein Herz zu hören...so...so beruhigend.“ versuchte er zu erklären was in ihm vorging.

Oh je...das hörte sich selbst in seinen eigenen Ohren nicht normal an...Souji seufzte innerlich.Er musste wirklich noch mehr neben sich stehen als er sich eingestehen wollte.

Dennoch liess sich das Gefühl in seinem Herzen nicht leugnen.
 

Hajime antwortete nichts. Wieder nur der gleichmäßige Atmen, das Rauschen des Windes und Soujis eigenes Herz, das die übrigen Geräusche überdeckte und in seinem Kopf so laut wie eine Taiko-Trommel klang.

Dann, nach einer gefühlten Ewigkeit, ein Rascheln von Stoff.

Souji wandte seinen Blick zu Hajime. Der Hauch eines Lächelns im Mondschein, eine

angehobene Bettdecke. Eine Einladung.

Mit einem verschmitzten Grinsen schälte sich Souji aus der Wärme seines Futons. Erst jetz fiel ihm auf, das er keinen Yukata anhatte. Augenblicklich begann er zu frösteln und beeilte sich zu Hajime zu kommen.

Dankbar kroch er unter die Decke. Es folgte ein kurzer, verschämter Moment des Unbehagens, dann schmiegte er sich an Hajime und legte den Kopf auf seine Brust. Das Geraschel der Decke verstummte und da war es wieder. Das Schlagen eines anderen Herzens.

Zufrieden schloß Souji die Augen, das unbehagliche Gefühl verschwand langsam als Hajime vorsichtig den Arm um ihn legte. Sein eigener Herzschlag schien sich zu verlangsamen, sich dem von Hajime anzupassen. Souji war glücklich. Der warme Nebel empfing ihn wieder, hüllte ihn ein in schlichtes Wohlgefühl. So simpel, so komplex, so schwer mit Worten zu fassen. Hatte er so etwas überhaupt schon einmal gefühlt?

Souji schob den Gedanken beiseite, wollte den Moment genießen bevor die Müdigkeit ihn zurück in den Schlaf holen würde.
 

„Souji.....hast du Erfahrung mit Nanshoku...?
 

„Hm...“nuschelte Souji schläfrig. Wie kam Hajime jetzt darauf...dachte er etwa...
 

„Nein...nein, habe ich nicht...und du, Hajime-kun?“
 

Obwohl er kurz vorm einschlafen war, entging ihm das kurze Zögern seines Freundes nicht.
 

„Nein...“ lautete die Antwort dann schließlich.
 

Souji wollte fragen, warum das wichtig war. Doch noch ehe ein Wort über seine Lippen kam, triftete er zurück in die warme Umarmung des Schlafes.
 

Als er wieder aufwachte, war es taghell in dem kleinen Zimmer. Ein Vogel sang im Garten sein Lied und durchbrach die Stille. Kein anderer Atem, keine Pochen eines anderen Herzens.

Blinzelnd setzte er sich auf und sah sich um.

Hajime war weg.
 

tbc

Hajime war gleich nach dem Frühstück gegangen, so jedenfalls erzählten es die anderen. Inzwischen war es schon Mittag und obwohl Souji keinen Hunger hatte, bestand Hijikata-san darauf das er wenigstens etwas Suppe aß. Wie schon erwartet hielt er Souji auch gleich noch einen Vortrag über Verantwortung für sich selbst und andere, wie wichtig es war seine persönlichen Grenzen zu kennen und eine Vielzahl anderer Dinge, die Souji ausnahmsweise kommentarlos hinnahm – aber nur weil er noch viel zu erschöpft war um gegen Hijikata an zu reden.

Erst als Kondo-san aus dem Dojo kam wurde er von seinem Elend erlöst.
 

„Toshi, das reicht jetzt aber. Ich bin mir sicher, Souji hat was aus der Sache gelernt und es wird nicht wieder vorgekommen. Nicht wahr, Souji?“
 

Souji nickte brav, wie es von ihm erwartet wurde und zog sich dann dankbar wieder zurück in das Gästezimmer. Er öffnete die Shoji-Tür um das warme Herbstlicht hereinzulassen und schob den Futon so vor das Fenster, das die Sonne direkt auf das Kissen und sein Gesicht schien.
 

Er dachte an die gestrige Nacht, eine verschwommene Erinnerung, die ihn mit Wärme füllte. Es war schön gewesen, so viel wusste er noch. Plötzlich fiel ihm wieder Hajimes sonderbare Frage ein.
 

Nanshoku...
 

Klar hatte er davon gehört, aber mehr auch nicht.

Er wusste, das Sano vor ein paar Wochen ein neues Buch voller erotischer Bilder gekauft hatte (er und Shinpachi hatten es jedem gezeigt der nicht schnell genug das weite gesucht hatten). Souji hatte die doofen Sprüche der beiden ignoriert und sich verkrümelt. Solche Dinge interessierten ihn nun wirklich überhaupt nicht. Das ausgerechnet Hajime ihn nach so etwas gefragt hatte, fand er mehr als merkwürdig. Er hätte nicht gedacht, das Hajime auf so was stand. Andererseits konnte er sich Hajime auch nicht mit einem Mädchen vorstellen...
 

Souji schälte sich wieder aus seinem Futon und setzte sich raus auf die Engawa, deren Holzdielen durch die Sonne schön warm waren. Schlafen würde er jetzt sowieso nicht mehr, dazu hatte er jetzt viel zu viele Gedanken im Kopf. Wenn er es genau nahm, wusste er eigentlich doch nicht so viel über Nanshoku...

Den Rufen aus dem Dojo nach waren Sano und Shinpachi gerade mitten in einem Kampf, was die perfekte Gelegenheit für ihn bot sich heimlich das besagte Buch doch mal anzuschauen.

Leise ging er in die Küche und von da aus in das Zimmer das sich Shinpachi, Sano und Heisuke teilten. Das Gegröle aus dem Dojo wurde lauter, über dem restliche Haus lag eine verheißungsvolle Stille. Souji sah sich noch mal um und schlüpfte dann ungesehen in das Zimmer. Das Buch lag wie eine Einladung offen auf dem kleinen Tisch in der Mitte des Raumes.

Wahllos schlug Souji eine Seite auf und begann die Bilder zu überfliegen. Verschlungene Körper, Mann mit Frau, Mann mit mehreren Frauen und dann...

Souji starrte auf das erste Bild das einen Mann mit einem jugendlichen Prostituierten in einem Teehaus zeigten. Wenn ihn die anderen Bilder schon nicht gerade begeistert hatten, so fand er das noch seltsamer. Er konnte sich nicht vorstellen, das jemand solche Sachen zum Vergnügen machen würde...lustlos blätterte er weiter, überflog die restlichen Seiten und legte das Buch dann wieder zurück an seinen Platz.

Auf die Bilder hätte er gut und gerne verzichten können.
 

***
 

Hajime kam in der nächsten Woche vorbei und alles war wie immer. Er fragte Souji kurz ob er wieder vollkommen gesund war, dann begannen sie mit ihrem Übungskampf ohne jede Regeln.

Es dämmerte bereits als sie Stunden später den Garten hinter dem Haus durchquerten um sich am Brunnen zu waschen. Hajime hatte das Training diesmal frühzeitig beendet, bevor einer von ihnen sich zu sehr verausgabt hatte. Er wollte Hijikata-san nicht noch einmal enttäuschen und hatte sich vorgenommen, in Zukunft lieber einen Kampf abzubrechen als zu riskieren das Souji aufgrund seiner Dickköpfigkeit wieder bis zum äußersten ging.
 

Die kühle Abendluft tat gut und Hajime spürte wie das Adrenalin aus seinem Körper langsam verschwand.

Souji hatte gerade den ersten Eimer aus dem Brunnen hochgezogen, als Heisuke die Engawa entlang kam, die nassen Haare mit einem Handtuch umwickelt.

„Hey ihr beiden, wollt ihr nicht ein Bad nehmen? Das Wasser ist noch schön heiß.“

Souji blickte fragend zu Hajime, welcher nur zustimmend nickte.
 

Der kleine Anbau mit der Wanne wurde nur vom schwachen Schein einzelnen Laterne erleuchtet.

Souji hatte den Eimer mit Wasser zum waschen mitgebracht, Tücher lagen schon bereit. Leichter Dampf entstieg aus der Wanne und in dem ganzen Raum war es wollig warm.

Schweigend zogen sie sich im Halbdunklen aus.

Hajime löste sein Haarband und begann seine Haare mit einem Tuch hochzustecken. Sie waren viel zu lang um sie nur zu einem Pferdeschwanz hoch zunehmen, die Spitzen würden doch im Wasser landen. Und da er nicht unhöflich sein wollte und er nicht wusste, ob nach ihnen noch jemand das Bad benutzen wollte, achtete er penibel darauf das er keine Strähne vergaß.
 

„Was ist?“ fragte er Souji, dessen Grinsen er in dem dämmrigen Licht trotzdem noch gut genug wahrnehmen konnte.
 

„Du siehst lustig aus!“ stichelte Souji, der inzwischen begonnen hatte sich zu waschen.

Hajime schüttelte kaum merklich den Kopf. Als er mit seinen Haaren fertig war und sich ebenfalls gewaschen hatte, stieg er er voller Vorfreude in das heiße Wasser, legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen.
 

Souji stieß einen wolligen Seufzer aus als er ihm in die Wanne folgte, die gerade groß genug für sie beide war. Als er sich hingesetzt hatte, stießen ihre Knie fast aneinander, aber Hajime schien das nicht zu stören und bewegte sich keinen Millimeter.

Er fühlte wie sich jeder Muskel seines Körpers dank der Wärme entspannte. Durch das schmale Fenster konnte er den letzten Streifen Tageslicht ausmachen. Außer dem Knistern des Feuers und dem Singsang einer Nachtigall im Garten lag eine angenehme Stille in der Herbstnacht.

Er liess sich tiefer in das Wasser sinken, stieß nun endgültig an Hajimes Knie, doch dieser bewegte sich wieder nicht.

Die Wärme lullte ihn ein, machte ihn müde und träge. Die Augen fielen ihm zu, er lauschte Hajimes gleichmäßigen Atem und genoß das noch so ungewohnte Gefühl der großen, bedingungslosen Vertrautheit die zwischen ihnen beide herrschte.

Er verlor jegliches Zeitgefühl. Als er die Augen wieder öffnete, war das letzte Abendrot längst verschwunden.

Sein Gefühl sagte ihm, der Moment für seine Frage war gekommen. Wenn er jetzt nicht diese Sache ansprach, mit der er sich die vergangenen Tage gequält hatte, dann würde es vielleicht nie dazu kommen. Irgendwann würde es zu lange her sein, nur eine verblasste Erinnerung.
 

„Nee, Hajime-kun...“ begann er leise. „Warum hast du mich eigentlich letzte Woche gefragt ob ich Erfahrung mit Nanshoku habe?“
 

Ein leichtes Zucken, kaum merkbar, dann ein Seufzen. Hajime hatte gehofft das Souji seine Frage im Fieberwahn gleich wieder vergessen hätte...

Er öffnete Augen, Soujis Blick war ausnahmsweise mal nicht spöttisch, im Gegenteil, Hajime konnte darin nur ehrliche Verwunderung erblicken.
 

„Tut mir leid, das war wirklich unangemessen.“ entschuldigte er sich bei Souji. Er wusste ja selbst nicht genau, warum um alles in der Welt er mit dieser Frage herausgeplatzt war.
 

Souji zuckte mit den Achseln.
 

„Ich hab mich jetzt nicht beleidigt gefühlt oder so...“ stellte er klar.

„Aber ich bin neugierig, warum du das wissen wolltest. Hab ich denn bei dir den Eindruck erweckt, das...“
 

Hajime wusste nicht, was er sagen sollte. Souji sah ihn an, als erwartete er von ihm ein eindeutiges „Nein, natürlich nicht!!!“ - doch das Gegenteil war der Fall.
 

Du bist nachts halbnackt in mein Bett gekommen, was genau soll das denn sonst für ein Eindruck machen...
 

„Sag schon, Hajime-kun.“ bohrte Souji weiter.
 

„Also...ich dachte...“ Hajime versuchte verzweifelt die richtigen Worte zu finden und fragte sich gleichzeitig warum Souji ausgerechnet jetzt mit der Sache ankam, wo sie zusammen in dieser engen Badewanne saßen.
 

„Ja, ich dachte du hättest schon Erfahrung damit.“ gab er schließlich zu.
 

Souji sah ihn mit skeptischen Blick an und verschränkte die Arme.
 

„Wieso sollte ich?“
 

„Souji...ich weiss nicht an wieviel du dich noch von letzter Woche erinnerst. Aber da du noch weißt, das ich dich nach Nanshoku gefragt habe, weißt du sicherlich auch noch, das du unbedingt bei mir in meinem Futon schlafen wolltest. Da dachte ich eben...“
 

„Woher sollte ich denn mit so was Erfahrung haben???“ unterbrach Souji ihn aufgebracht, Hajimes Erklärungsversuche völlig ignorierend. “Wie kommst du nur auf so was, Hajime-kun?“
 

Hajime seufzte. Er war sich nicht ganz sicher, ob Souji wirklich so schwer von Begriff war oder ob er ihn nur ärgern wollte.
 

„Wie bereits gesagt, du bist nachts in mein Bett gekommen.“ begann er von neuem. Als wenn das nicht eindeutig genug wäre, aber Hajime hatte das Gefühl er müsste das ganze etwas ausführlicher erklären.

„Es war nur eine logische Schlußfolgerung.“ sprach er weiter.

„Außerdem ist mir aufgefallen, das du und Kondo-san-“
 

„Kondo-san würde niemals so etwas machen!“ rief Souji empört und setzte sich so abrupt aufrecht hin, das ein Schwall Wasser aus der Wanne schwabte. Sein ganzer Körper war angespannt, die Fäuste geballt, wie als wollte er gleich auf Hajime losgehen.
 

Soujis Verhalten und sein herausfordernder Blick sagten Hajime das er völlig falsch gelegen hatte. Es war ihm schon bei ihrer allerersten Begegnung aufgefallen, dass die Beziehung zwischen Kondo-san und Souji anders war als zwischen den anderen Bewohnern des Dojo. Und als Souji letzte Woche nicht mehr ansprechbar gewesen war, hatte Kondo-san ihn so liebevoll in den Arm genommen und später, als Hijikata immer wieder nach ihm gesehen hatte, um seine Temperatur zu prüfen oder das nasse Tuch auf seiner Stirn zu wechseln, hatte Souji öfters Kondos Namen gemurmelt..
 

„Bitte entschuldige meine falsche Vermutung. Ich hoffe, du kannst mir verzeihen.“ meinte Hajime nach einem Moment angespannter Stille.
 

Souji zögerte ein paar Augenblicke, schien nachzudenken und liess sich dann wieder zurück ins Wasser sinken.

„Okay...“
 

Die unangenehme Stille zwischen ihnen blieb, Hajime schloss wieder die Augen, konnte aber trotzdem spüren wie Souji ihn immer noch aufgewühlt anstarrte. Schließlich fasste er sich ein Herz.

Er öffnete die Augen und sah seinen Freund direkt an.
 

„Souji...warum wolltest du unbedingt bei mir schlafen?“
 

Es war ja immerhin so, das Soujis Verhalten der Auslöser für ihr jetziges Gespräch gewesen war. Zugegeben, er war noch benommen und schläfrig gewesen in jener Nacht, dennoch konnte Hajime nicht aufhören an seine Worte zu denken.
 

Weil es schön war dein Herz schlagen zu hören...“ hatte Souji gesagt. Aber das konnte unmöglich alles sein, oder?
 

Soujis Gesicht blieb regungslos, doch sein Körper verspannte sich wieder.

Auf diese Frage hatte er selbst noch keine Antwort gefunden und sie hatte ihn ebenfalls jede Nacht beschäftigt. Es war nicht so, das er diese Dinge mit Hajime machen wollte, die in dem Buch gewesen waren. Ganz bestimmt nicht. Aber trotzdem...es war so schön gewesen.

Er rang mit sich, wusste nicht was er sagen wollte. Letzte Woche, im Nebel des Fiebers und der Erschöpfung war alles einfacher gewesen, es hatte nur dieses eine Verlangen gegeben, sonst nichts. Dieser Zustand zwischen Wachsein und Traum war nun vorbei und mit jeden Tag der vergangen war, war Souji sein Verhalten unangemessener und kindischer vorgekommen.Gleichzeitig sehnte er sich nach diesem beruhigenden Gefühl zurück, welches Hajimes Nähe in ihm hervorgerufen hatte.
 

„Ich ...ich weiß es nicht...“ bekannte er zögerlich und zum zweiten mal diesen Abend hörte Hajime nur absolute Ehrlichkeit und Unsicherheit bei seinem Freund.

Souji drehte den Kopf von Hajime weg und blickte wieder durch das schmale Fenster nach draußen, einzelne Sterne hatten inzwischen den Nachthimmel durchzogen.
 

„Es war schön...“ ergänzte er und spürte gleichzeitig das er rot wurde, etwas das ihm sonst nie passierte. Er hoffte, das Hajime es in dem dämmrigen Licht nicht sah, falls es bei seinem überhitzen Körper überhaupt auffallen würde.
 

Er spürte Hajimes Blick auf sich ruhen, traute sich nicht seinen Kopf wieder zu seinem Freund zu wenden und starrte daher weiter auf die hellen Sterne, hoffte das das beklemmende Gefühl in seiner Brust wieder verschwinden würde. Er hatte eine Grenze überschritten, schon wieder. Nur diesmal gab es kein Fieber, keinen erschöpften Zustand mit dem er sich herausreden konnte.
 

„Souji...“ Hajimes sanfter, aber auch fordernder Ton brachte ihn doch dazu, ihm wieder in die Augen zu sehen. Ein leichtes Lächeln umspielte die Lippen des anderen und Souji spürte wie das unangenehme Gefühl wieder verschwand.
 

„Ist schon in Ordnung...“ eröffnete Hajime ihm. „Du musst wissen...“
 

Er hielt kurz Inne, wollte sich zügeln, doch sein Herz liess es nicht zu.
 

„Mir hat es auch gefallen...“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Oh je...jetzt sind sie beide endgültig OOC ( vor allem Souji). Ist einfach so passiert^^°
Nanshoku bezeichnet die Liebe zwischen zwei Männern.
Eigentlich sollte das nur ein Oneshot werden, aber irgendwie spinnt mein Kopf die Geschichte immer weiter... Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Orooo...nun ja...das Bad verlief etwas unspektakulär^^° Tut mit leid für alle die etwas mehr Action erwartet haben. Nachdem ich das Kapitel fertig hatte und nochmal ein wenig über Baden in der Edo-Zeit recherchiert habe, habe ich gelesen das Privathäuser in Edo aus Brandschutzgründen gar kein Bad haben durften^^° Nun ja, aber da das Gespräch auch nix für ein öffentliches Badehaus gewesen wäre, habe ich es auch nicht mehr umgeschrieben, hihi. Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (5)

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Von:  -Darkness-
2018-03-10T21:56:48+00:00 10.03.2018 22:56
Ich finde den Prolog schon mal sehr interessant, du hast die Kampf Szene der beiden sehr gut beschrieben. Auch dein Schreibstil ist sehr gut, flüssig und super gut zu lesen.
Mach weiter so 😊
Von:  Kyo_aka_Ne-chan
2017-06-28T14:43:29+00:00 28.06.2017 16:43
Sehr schöner Auftakt *.* Ich mag das Pairing und auch deinen Schreibstil, außerdem stellst du die Charaktere sehr originalgetreu dar, das finde ich toll :) Weiter so~

Für mehr Kommentare auf Animexx
Von:  Ruki-Vocal122
2015-04-23T16:48:19+00:00 23.04.2015 18:48
Toll mach weiter so
Von:  Guren-Akai
2015-02-11T10:14:51+00:00 11.02.2015 11:14
Whooah armer Souji!
Kriegt der erstmal ne Ladung Wasser ab in seinen Zustand XD
Wie nett Hijikata mal wieder ist~
Aber ganz anders Saitou *~* Er's so lieb zu ihm~
Stille Wasser sind tief passt hier aber mal voll bei der Frage XD
Und nu is der gute wieder allein oo
OOC oder kein Oneshot hin oder her~ ich finds gut so wie's is **
Bin gespannt aufs nä. Kapi!
Von:  Guren-Akai
2015-01-28T13:21:51+00:00 28.01.2015 14:21
Souji kriegt irgendwie immer was ab
Haha!
ich mag dein Schreibstil und bin gespannt wie's weitergeht...
Bei den netten Cliffhanger xD
Hijikataaa!


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