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Via Inquisitoris - Kurzgeschichten

Aus der Welt der Geschichten um den Inquisitor
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Manchmal holt einen die Vergangenheit ein. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Es wird immer noch zu wenig wahrgenommen, dass die Geschichte, die wir lesen, genaugenommen nicht so sehr Tatsachen entspricht, obwohl sie sich auf Tatsachen gründet, als eine Reihe angenommener Meinungen.

G. Barraclough 1957, zitiert nach P. Janosi, Giza Komplett anzeigen

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Die Iden des März

She lives a lonely live...
 

Ace of base: All that she wants 1993
 

Der Anführer der vier bewaffneten Männer ließ die dunkelhaarige Frau nicht aus den Augen, als sie sich vor der Götterstatue der Wegkreuzung verneigte und ihre Blumen niederlegte. Er war seinem Herrn für das Wohlergehen und die Sicherheit von dessen Gemahlin verantwortlich. Sicher, zunächst hatte es einiges Getuschel gegeben, als der ehrenwerte Senator aus dem Asienfeldzug nicht nur eine weibliche Beute mitbrachte sondern sie auch noch geheiratet hatte. Selbstverständlich in einer anerkannten Ehe, da sie das römische Bürgerrecht besaß. Niemand jedoch im Haus, nicht einmal der älteste Sohn Gaius, hätte etwas gegen sie vorbringen können. Innana war nicht nur schön, sondern besaß einen reizenden Charakter, sanft, klug und...nein, hier sollte er besser aufhören auch nur zu denken. Die domina war für ihn tabu.
 

Innana winkte ihrer gallischen Sklavin die Blumen in der Schale anzuzünden. Es war das Fest der Angehörigen und so opferten überall in Rom die Matronen den Ahnen der Familien. Sie zog ein wenig den Schal um sich. Es war kühl in diesem letzten Monat des römischen Jahres. Schon in wenigen Tagen würde ein Neues beginnen, die Konsuln der Republik ihr Amt antreten. Wieder ein Jahr in Rom....Und sie wäre so gern in ihrer Heimat, in Mesopotamien, aber das Zweistromland war schon lange nicht mehr das Land, das sie einst gekannt hatte. Waren es zweitausend Jahre? Nun, gleich. Sie lebte und jagte jetzt in der Hauptstadt des Imperiums und sie musste die Regel der Unauffälligkeit wahren, wie es jeder Vampir tat. So gesehen hatte sie wirklich Glück gehabt, dass Marcus sie geheiratet hatte. Als Sklavin wäre es weitaus schwieriger geworden unentdeckt zu bleiben, das wusste sie aus Erfahrung. Natürlich gab es auch dort Möglichkeiten.

Auf jeden Fall verhalf ihr die Gabe aller Vampire Menschen beeinflussen zu können dazu, dass sie im Haus, aber auch unter den anderen Matronen Roms jeder schätzte. Früher, als sie kaum verwandelt worden war, hatte sie geglaubt, diese Fähigkeit diene der Jagd, aber nur zu bald hatte sie verstanden, dass sie hauptsächlich dazu diente verborgen unter Menschen zu leben. Es war manchmal nicht einfach, gerade mit ihrem Geschlecht. zumal auch in Ägypten nun zu einem gut Teil griechisches Recht galt, Frauen weniger zu sagen hatten als vor Jahrhunderten, als sie und ihre Meisterin eine Handelsfirma betreiben konnten.
 

Innana verneigte sich noch einmal vor der Statue. So, das war erledigt und sie würde sich zurück in die Stadt in ihrer Sänfte tragen lassen....Irritiert hob sie den Kopf. Dort, hinter den Büschen, die die Felder hier trennten, spürte sie etwas Unerwartetes – den Bannkreis eines Artgenossen. Hatte sich hier etwa ein Vampir zur Ruhe gesetzt? Sie konnte sich jedoch nicht entsinnen diese unglaubliche Magie zuvor wahrgenommen zu haben. Ja, da war jemand. Und ganz offenkundig war er um ihretwillen hier. So sah sie zu ihrer Sklavin: „Geh zu den Männern. Ich folge gleich nach, sobald ich ein wenig....Erleichterung fand.“

„Soll ich dich nicht begleiten, domina?“

Rubia war ebenso wie die Wachen vermutlich besorgt, was sie dem Senator sagen sollten, wenn ihr etwas zustieß – als ob ihr ein Mensch etwas anhaben konnte. Aber es war nett gemeint: „Nein. Geh nur. Und sage Kriton, dass er nur kurz auf mich warten muss. Geh.“ Damit wandte sich Innana auch bereits um und ging auf die Hecke zu. In der Tat, ein Bannkreis, und was für einer. Sie war nun schon weit über zweitausend Jahre alt, aber das hätte sie nicht hinbekommen – und das, obwohl sie eine Einladung erhalten hatte der nächsten Tagung des Hohen Rates beizuwohnen, womöglich dort hinein berufen zu werden. Sie wandte rasch den Kopf, ehe sie für ihre Begleitung in dem dichten Grün verschwand – und sich in einem Bannkreis wiederfand. Ein wenig irritiert betrachtete sie den schwarzen Mann vor sich. Seine Haut war so dunkel wie die eines Nubiers oder Numidiers – aber dennoch sah er ganz anders aus. Seine schwarzen Haare kräuselten sich, wie sie es noch nie gesehen hatte, auch die Nase, der Gesichtsschnitt war fremdartig. Seine Kleidung war freilich die eines römischen Bauern.

„Innana,“ sagte er als Begrüßung: „Ich hörte bereits, dass du bei der Ratsversammlung anwesend sein wirst. - Dennoch, ich rate dir in den nächsten Tagen Rom zu verlassen. Das erfordert die Regel der Unauffälligkeit. Ich warne alle, die sich hier befinden,“ ergänzte er.

„Soweit ich weiß sind wir zu acht, mit den Schülern der anderen achtzehn, in der Hauptstadt des Imperiums, aber es mag auch der eine oder andere zufällige Gast hier sein.....Nun, du scheinst mit Ratsangelegenheiten vertraut. Darf ich nach deinem Namen fragen?“ Er musste ein sehr alter Vampir sein, vielleicht der Älteste, der sich noch nicht zurückgezogen hatte. Vermutlich ein Ratsmitglied, nein, sicher. Es war daher ein wenig unhöflich, aber sie wollte wissen, warum er sie warnte.

Ein spöttisches Lächeln: „Mein Name würde dir kaum etwas sagen. Aber man nennt mich im Allgemeinen den Kadash.“ Er beobachtete ihre Reaktion genau.

Sie zuckte unwillkürlich zutiefst erschreckt zusammen. Der Kadash, der einzige Vampir der seinesgleichen zu töten vermochte, dies auch tat, wenn gegen die Regeln verstoßen wurde. Ermittler, Richter und Henker in Personalunion. Kein Wunder, dass er eine derartige Magie besaß. Zweifel an dieser Aussage waren für sie wie für jeden ihres Volkes ausgeschlossen – damit scherzte niemand. Dann beruhigte sie sich mühsam.. Er warnte – das hieß ja wohl, dass er keinerlei Interesse daran hatte sie oder einen der anderen Vampire hier in Rom zu töten. „Danke für die Mahnung, Kadash. Ich vermute, du weißt, dass ich momentan die Ehefrau eines Senators bin?“ Und damit kaum einfach mal eben die Stadt verlassen konnte.

„Ja. Hübsche Tarnung in einem Land, in dem Frauen keine Rechte haben.“ Fast alle weiblichen Vampire suchten die Fürsorge eines sterblichen Mannes oder einer Religion zur Täuschung, fast immer um den Preis einen Teil von sich zumindest vorübergehend aufgeben zu müssen. Es gab einen guten Grund, warum weniger weibliche als männliche Vampire existierten. Kein verantwortungsvoller Vampir sähe es gern, wenn seine Schüler gegen ihren Willen Intimitäten mit Sterblichen austauschen mussten, nur um verborgen zu bleiben: „Dennoch – geh auf euer Landgut und von dort aus aus dem Blick der Mächtigen.“

„Wir haben allerdings Frieden hier,“ gab sie zurück, noch immer bemüht den Grund für diese Warnung zu erfahren: „Und der Diktator wird vermutlich zu einem neuen Krieg nach Asien gegen die Parther aufbrechen. - Ist es das? Ich habe durchaus mitbekommen, dass nicht alle Senatoren mit ihm und seiner Stellung glücklich sind. Aber der letzte Bürgerkrieg kostete so viele Menschenleben....“

„Ja. Gaius Julius Cäsar wird an den Iden des März, in keinen drei Wochen, nicht nur den Antrag stellen diesen Krieg zu führen...Du hast selbst als Frau, die kaum je von der Politik erfährt, mitbekommen, dass es im Senat gegen ihn Widerstand gibt. Glaubst du, er weiß es nicht selbst?“

Jahrtausendelange Erfahrung ließ sie erwidern: „Er sollte gute Spione haben.“ Sonst wäre er nie an die Macht gekommen oder hätte sie behalten.

Der so dunkel aussehende Mann nickte: „Und dennoch hat er heute seine Leibwache entlassen.“

Sie starrte zu ihm auf: „Das ist mehr als töricht,“ stellte sie dann sachlich fest.

Er war erstaunt über diese Reaktion, aber auch angetan. Intelligente Unterhaltungen hatte er selten. Und meist nur mit Ratsmitgliedern, deren Furcht vor ihm geringer war. Doch, Innana würde gut in den Rat passen, er konnte eine Empfehlung aussprechen, um die ihn Amunnefer, der Sprecher des Rates, gebeten hatte. Der Hohe Rat wurde älter und müsste sich verjüngen, damit sich der Ein oder Andere wie ersehnt zurückziehen konnte. Er allein musste warten, bis jemand bereit war und fähig seine Bürde zu tragen. Und er harrte jetzt bereits jahrtausendelang in diesem schweren Amt aus: „Überdies: er trägt jetzt immer die rote Toga des Triumphators. Oder auch, wie es manche sehen, des Königs. Denke an das Lupercusfest.“

Innana nickte: „Er will sterben. Und danach wird es Bürgerkrieg geben. Danke für die Warnung, Kadash. Ich werde verschwinden, ehe jemand bemerkt, dass ich kein Mensch bin.“

„Wir sehen uns in vierzig Jahren sowieso wieder hier am Kapitol. Du hast die kleine Höhle dort für die nächste Versammlung des Hohen Rates beschrieben bekommen. - Danke, übrigens.“

„Wofür?“ Sie sah ihn ehrlich irritiert an.

Er lächelte und sie fand ihn plötzlich trotz seines ungewöhnlichen Aussehens nett: „Nun, es geschieht nicht oft, dass sich jemand mit mir einfach unterhält. Das Leben als Jäger der Jäger ist nicht immer angenehm.“

Daran hatte sie noch nie gedacht. Aber sie konnte es einigermaßen nachvollziehen, war sie doch einst als Hohepriesterin, ja, Gemahlin, des Mondgottes auch abgeschottet von allem Irdischen: „Das tut mir Leid.“

Erneut ein Lächeln des wohl mächtigsten Vampirs unter allen Nicht-Zurückgezogenen: „Ich glaube es dir sogar. - Du musst gehen. Oh, und geh Richtung Griechenland. Womöglich triffst du auf einen reichen phönizischen Händler.“

„Dich?“

„Sehr aufmerksam. Ja. Ich werde aber über Griechenland nach Tyros gehen. Es steht wieder sehr gut da, seit es Alexander von Makedonien so verwüstet hatte.“

Ach ja, Tyros... „Näher werde ich kaum mehr ins Zweistromland gelangen. Nun, wer weiß, was später wird. Danke für das Angebot, Kadash.“

„Geh, deine Wächter werden unruhig....Klage über Bauchschmerzen, dann lässt dich der Senator doch reisen.....“

Sie gehorchte. Als sie sich umwandte entdeckte sie nur mehr einen alten Bauern, dessen weißes Haar im Wind wehte, als er sich langsam entfernte.

Jetzt müsste sie ihrem Ehemann klar machen, dass sie in den nächsten Tagen, zu einer zugegeben ungewöhnlichen Zeit, auf das Land reisen wollte, weil sie krank sei. Das würde ihr ohne Zweifel gelingen. Menschen waren leicht zu beeinflussen. Aber ihr war bewusst, dass sie den wahrlich freundlichen und gütigen Mann, der ihr über die letzten zehn Jahre geholfen hatte, wohl kaum je wieder sehen würde. Und, dass sie das ein wenig bedauerte. Immer wieder diese Trennungen von netten Menschen – allerdings auch von solchen, bei denen sie bedauert hatte ihnen nicht die Regel der überlegenen Art zeigen zu dürfen: Mord war einem Vampir verboten.

Dennoch: der Schutz des verborgenen Volkes hatte Vorrang. Immerhin hatte sie den Trost, dass sie den Kadash spätestens in vierzig Jahren wiedersehen würde. Vielleicht kämen sie dort wieder zu einem Gespräch. Und nebenbei sollte sie überlegen ob sie die Berufung in den Hohen Rat wirklich annehmen wollte.

Lord John und Richard der Dritte

Lord John Buxton saß in seiner holzgetäfelten Bibliothek in seinem Londoner Haus, das er Anfang des 18. Jahrhunderts gebaut hatte. Er schien ein Mann Mitte der Vierzig zu sein, aber das war nur das Alter, in dem er einst die Art gewechselt hatte, verwandelt worden war. Er streckte gemächlich die Beine gegen das Kaminfeuer. Eine schöne Nacht. Eine nette Touristin aus der Schweiz hatte ihm heute einen halben Liter Blut gegeben, genug für einen Vampir seines Alters um Monate nicht mehr jagen zu müssen. Nun ja, die junge Dame wusste nichts davon. Sie würde sich morgen eben ein wenig schwächer fühlen, aber das war es schon. Ein Vampir tötete nicht, weder seine Opfer, noch, wenn es sich irgend vermeiden ließ, einen anderen Menschen.

Er hörte, dass die Tür geöffnet wurde. „Thomas?“ Sarah war schließlich in Australien um weiter für ihr Amt als Inquisitorin ausgebildet zu werden.

„Ja, Mylord.“ Sein „Kind“ seit 1666, kam heran: „Ich bitte um Entschuldigung, aber soll ich Zimmer für März in Leicester buchen?“ Er spielte gern den Butler, was ihn mit seinen mehr als fünfzig Jahren – so alt war er bei der Umwandlung gewesen – auch jeder abnahm.

„Wieso Leicester?“ fragte Seine Lordschaft irritiert zurück.

„Die Beerdigung des Königs findet am 26.3.2015 in der Kathedrale von Leicester statt. Euer Lordschaft haben bislang an allen Bestattungen englischer Könige teilgenommen, solange ich bei Ihnen bin, daher nahm ich an....“

„Des Königs?“ Lord John war wirklich verwundert, dachte er doch zur Zeit hätte Großbritannien eine Königin - und das seit Jahrzehnten.

„Richard des Dritten.“

„Plantagenet?“

„Ja. Ist Ihnen das entgangen?“

„Offenkundig. - Hast du die Zeitungsartikel?“

„Ja. - Aber eine kurze Zusammenfassung: unter einem Parkplatz, der sich heute an der Stelle der Kirche eines früheren Franziskanerklosters befindet, wurden 2012 menschliche Überreste gefunden, die aus der Zeit von 1455 bis 1500 stammten. Einer DNA-Analyse zufolge, in der die Knochen mit heute noch lebenden Nachfahren von Cecily Neville, verheiratete Herzogin von York, verglichen wurden, wurde der Tote als Richard der Dritte identifiziert. Schwere Verletzungen, offenbar aus einer Schlacht, und eine Skoliose deuteten schon früher darauf hin. Er wurde wohl um die Dreißig. Sie haben auch Isotopenanalysen gemacht: Kindheit in Wales, am Lebensende die...Diät des englischen Königshofes. - Äh, Mylord?“

John Buxton schreckte ein wenig auf: „Ja. Danke, Thomas. Cecily...die Rose von Raby. Ich habe in meinem Leben das Blut vieler Menschen getrunken, Thomas, aber ihres war bemerkenswert gesund. Du weißt schon, dieser Geschmack, an den man sich erinnert. Nun gut. Es überrascht mich wirklich, dass sie die Gebeine fanden. Soweit ich mich entsinne hat Heinrich der Siebente dann doch noch ein Grabmal für seinen Vorgänger gestiftet, ja, in Leicester, aber während der Cromwell-Revolution wurde das Grab geplündert und die Leiche in die Soar geworfen...“

„Es wird vermutet, dass es die falschen Gebeine waren. In solch einer Kirche wurden viele Leute bestattet. Möchten Sie an der Wiederbestattung teilnehmen?“

„Ich bin ein wenig überrascht und muss darüber nachdenken, Thomas. Damals war ich zugegeben nicht dabei. Es wäre töricht gewesen den Tudor auf sich aufmerksam zu machen. Ich werde es dir morgen früh sagen.“

„Sehr wohl, Mylord. Soll ich die Zeitungsausschnitte bringen?“

„Nein. Ich möchte nur an damals denken.“

„Ja, Mylord. - Soll ich Ihnen CSI dann aufnehmen?“

„Ja, danke Thomas.“
 

Alleingelassen sah Seine Lordschaft in das Feuer.

Um ungefähr zweitausendsechshundert vor der heutigen Zeitrechnung war er als Mensch nach England gekommen. Seither lebte er hier auf der Insel. Vierhausendsechshundert Jahre, in denen er viele Leute kennengelernt hatte, viel erlebt hatte, immer wieder darum bemüht nicht als Vampir aufzufallen, die Regel der Unauffälligkeit nicht zu verletzen – und zu zeigen, dass man eben nicht alterte. Das war gerade im Mittelalter schwerer gewesen als man sagen konnte. Es war eine gute Idee von ihm gewesen einen sehr rangniedrigen, aber doch Adeligen, darzustellen. So hatte er sich aus dem raushalten können, was Warwick als das Königsspiel bezeichnet hatte – das Spiel um die Krone oder den Kopf. Andererseits hatte ihn der Adelstitel durchaus davor bewahrt den Nöten der Bauern ausgesetzt zu sein, stattdessen Reichtum und seine innig geliebte Bibliothek ansammeln zu können. Er hatte sich, gerade in der Zeit der Rosenkriege als Verwalter durchgeschlagen, wichtig für jeden neuen Warden of the cinq portes, die militärischen Oberbefehlshaber Südenglands, die oft genug wechselten, aber keine Ahnung von der praktischen Durchführung der Steuererhebungen hatten. Rosenkriege – welche Beschönigung. Die königliche Familie und in deren Folge der gesamte Hochadel Englands hatte sich gegenseitig zerfleischt. Auf den unzähligen Schlachtfeldern oder bei Hinrichtungen. Nun ja, Heinrich der Siebente hatte wirklich etwas von Propaganda verstanden und die Rosen als Symbol der verfeindeten, durch Heirat befriedeten Familienteile gewählt. Die rote Rose stand für Lancaster, die weiße für York.
 

Und jetzt tauchte Richard wieder auf, der letzte Plantagenet- König.

Wenn er an der Wiederbestattung teilnehmen würde, wäre er mit fast an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Einzige, der ihn je lebend zu Gesicht bekommen hatte.

Richard der Dritte, Shakespeares Schurke par excellence.
 

Lord John gab zu, dass die Plantagenets insgesamt nicht wirklich eine kleine, glückliche Familie gewesen waren. Schon in der Normandie hatte es Bruderzwist gegeben, Wilhelm der Eroberer hatte Krieg mit seiner Verwandtschaft geführt, sein Sohn war durch einen vermeintlichen Jagdunfall umgekommen, die anderen Beiden bekriegten sich, die Söhne Heinrich des Zweiten hatten ohne Ausnahme alle ihn verraten und Aufstände geführt, auch der so gut dargestellte Richard Löwenherz, dessen Bruder John hatte seinen Neffen erwürgt...Nein, keine reine Freude in diese Familie geboren zu werden.

Und, das musste man auch gerechterweise bedenken, im restlichen Europa lief es ähnlich ab. In Italien waren Meuchelmörder zugange, in Paris gab es ebenso mysteriöse „Unfälle“ in der königlichen Familie

Auch Richards Nachfolger, die Tudors lieferten mit ihren Taten nicht unbedingt Stoff für erbauliche Geschichten. Es waren raue Zeiten, in denen man als König oder auch nur Königssohn, und -tochter schnell lernen musste schlau oder skrupellos zu sein, am besten beides, wollte man überleben.
 

Und einiges, was Shakespeare erzählte, konnte man tatsächlich Richard nicht in die Schuhe schieben.

Er ließ seinen Bruder in einem Fass Malvasier-Wein ertränken?
 

Nun gut. Ja, das war vermutlich das Ende George of Clarence gewesen, aber Richard trug daran deutlich wenig Schuld. Am meisten wohl George selbst und dann natürlich Edward, der älteste der Brüder, der König.

Wie war das doch gewesen? Diese Schlacht bei....bei....1463 als der König gewann und ihm irgendwann klar wurde, dass er Glück gehabt hatte, dass weder sein mittlerer Bruder noch sein Onkel mit ihren Männern auf dem Schlachtfeld erschienen waren. Deren Unterstützung hätte sicher nicht ihm gegolten. Warwick hatte George überredet die Seiten zu wechseln, ins Lancaster-Lager umzuschwenken.

Warwick, weil er Edward die heimliche Hochzeit mit Elizabeth Woodville nicht verzieh, da dieser ihn offiziell weiterhin Verhandlungen mit Frankreich hatte führen lassen – und ihn so blamiert hatte. George....nun ja. Irgendwann musste ihm klar geworden sein, dass er immer nur der Zweite sein würde hinter seinem Bruder, nie selbst herrschen würde können. So nahm er dankend das Angebot an und heiratete Isabella, die ältere der beiden überlebenden Töchter Warwicks – und damit den Anspruch auf dessen riesige Ländereien. Die Nevilles, und dazu zählte eben auch der Earl of Warwick, waren die größten Landeigentümer Englands.

Mit diesem Aufstand gelang es auch Warwick und damit George, Edward gefangen zu setzen, zumindest bis der kleine Bruder Richard mit einem Heer erschien, dann allerdings beide Brüder nach Belgien ins Exil zu schicken, und wieder Edward VI, den Lancaster-König, auf den Thron zu setzen. Irgendwann damals musste es George gedämmert sein, dass er auf diese Art auch nicht König von England werden würde, da Edwaard VI. über einen Sohn verfügte, und als seine Brüder mit einem von Burgund bezahlten Heer in England einfielen, war er eilig auf ihrer Seite, erbat und erhielt die Verzeihung des Königs.

Kaum war dieser wieder fest im Sattel, gab es den nächsten familieninternen Zwist. Bei der Schlacht von Tewksbury, die den erneuten und gründlichen Sieg der Yorkisten bedeutete, war auch der Lancaster-Erbe Edward, der Prinz von Wales, gefallen – und der war mit Anne Neville verheiratet, Georges Schwägerin. Dieser beanspruchte sofort sämtliche Ländereien Warwicks – und war unangenehm überrascht, als sein kleiner Bruder Richard die junge Dame heiraten wollte. Richard und Anne kannten sich aus gemeinsamen Jahren an Warwicks Hof, als er dort als Knappe ausgebildet worden war, er war neunzehn, sie sechzehn. Leider, so beschloss George, konnte er seinen Bruder – und damit den Bruder des Königs - nicht einfach beiseite schieben und die Güter einkassieren, wie es bei einem einfachen Landedelmann möglich gewesen wäre. So stellte er sich gegen diesen Heiratsplan. Er – und damit der König – stimmten erst zu, als der allergrößte Teil der Ländereien an George fiel, dazu Einkünfte aus diversen Ehrentiteln. Richard bekam Anne – und den Titel des Warden of the North, die militärische Befehlsgewalt über den Norden, York, trotz des Namens eine Lancaster-Hochburg, als Hauptsitz und den Titel eines Constable. Das war nicht viel und man konnte daraus nur schließen, dass Anne ihm das wert war, aber George hatte etwas übersehen. Das Amt des Constable bedeutete damals eine Art Polizeiminister, die Rechtsprechung im Militär, der Titel des Warden den militärischen Kommandeursposten in Nordengland, an der Grenze zu dem ewig unruhigen Schottland. Richard war in Warwick im Norden aufgewachsen, dort Page gewesen, und kannte die Mentalität der Nordleute, hinzu kam, dass er, ebenso wie Edward, das Talent ihres Vaters als fähiger Verwalter geerbt hatte. Der jüngste Bruder baute sich im Norden eine solide Machtbasis auf, während George mit Ehrentiteln überhäuft, in London saß, stets unter den wachsamen Augen des Königs. Er benahm, sich allerdings fortan auch tadellos.

Bis zu jenen Tagen Ende 1477.

Seine Ehefrau Isabella war kurz davor im Kindbett gestorben, als Karl der Kühne von Burgund auf dem Schlachtfeld fiel. Damit stand das reichste Land Europas an der Hand der erst zwanzigjährigen Maria von Burgund. Wer sie heiratete, bekam es. Und George wollte endlich seinen eigenen Titel, sein eigenes Königreich, und sandte Boten. Edward untersagte jedoch eine Bewerbung. Immerhin waren die anderen Interessenten der König von Frankreich und mit Maximilian der Sohn des deutschen Kaisers. England konnte sich weder einen Zweifrontenkrieg auf dem Kontinent leisten noch die niederländischen Städte, die zu Burgund gehörten, verärgern. Darüber lief der Handel. Das hatte George nicht bedacht, vermutlich.
 

Lord John blickte ins Feuer. Selbst nach Dover kamen die Nachrichten rasch und er hatte, natürlich hinter vorgehaltener Hand, gehört, dass George das gar nicht verkraftet hatte, ja, manche sprachen sogar von Verfolgungswahn, weil er sich weigerte am Hof auch nur noch zu essen oder zu trinken.

Dann kam die Neuigkeit im November 1477, dass der Herzog von Clarence eine ehemalige Magd seiner verstorbenen Frau, Ankerette Tynyhwo, nach Warwick hatte entführen lassen, wo ihm die Rechtsprechung oblag und sie wegen Mordes an Isabella hatte hängen lassen. Es handelte sich eindeutig um ein Justizverbrechen, nicht einmal der Vergiftungstag und der Todestag stimmten annähernd überein. Der König ließ die Unterlagen nach London kommen und die Zofe und ihr Mitangeklagter wurden posthum freigesprochen, was ihnen wenig half, aber George endgültig hätte warnen sollen. Stattdessen gab es einen Aufstand in Huntigdonshire, in der ein „Graf Oxford“ für die Lancaster-Sache rebellierte. Das war natürlich ein Hochstapler, aber als man ihn fasste, fanden sich erneut Verbindungen zu George. Hinzu kam, dass bei seinen Sachen ein Brief des, inzwischen verstorbenen letzten Lancaster-Königs gefunden wurde, dass er, wenn alle Lancaster-Erben ausscheiden sollten, nach dem Testament der neue König sei, der die Lancaster-Linie beerben sollte. George hatte ihn seinem Bruder unterschlagen – das war schlicht wieder Hochverrat. Im Juni wurde er dann verhaftet und in dem Bowyer-Turm, einem Wohnturm im Tower von London, der ja immer noch königliches Schloss war, untergebracht, aber recht lange keine Verhandlung angesetzt. Edward ließ sich Zeit, wohl immer noch in der Hoffnung, etwas Positives für seinen Bruder zu finden.
 

Am 15. Januar 1478 heiratete der jüngere Königssohn Richard mit acht Jahren die neunjährige Anne Mowbray, eine reiche Erbin. König und Onkel Richard, der Herzog von Gloucester, waren dabei anwesend. Zu jung für eine Heirat, nach heutigen Maßstäben, aber wenn man daran dachte, dass Richard mit elf von seinem neunzehnjährigen Königsbruder losgeschickt worden war um ein Heer auszuheben...

Es waren andere Zeiten. Das Mittelalter war eine Zeit der Jugend, in der Kinder keine Schonzeit hatten, auch nicht im juristischen Sinn. Schon Kleinkinder unterlagen der Sippenhaft oder der vollen Verantwortung für ihre Taten. Kaum verwunderlich bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung von dreißig.

Am folgenden Tag allerdings erhob der König vor dem Parlament Anklage gegen seinen Bruder George, Herzog von Clarence, dabei durchaus auch den Hochverrat, die Heirat ohne königliche Zustimmung von 1468, die er so großzügig vergessen hätte, erwähnend. Mit der Anklage durch ihn selbst hatte er eine Verurteilung praktisch unausweichlich gemacht. Der Herzog von Buckingham, ein Lancaster-Spross in yorkschen Diensten, verlas den Schuldspruch. Das Parlament hatte die härteste Tortur für mehrfachen Hochverrat als Todesurteil ausgesprochen.

Dann geschah erst einmal nichts. Der König ließ sich wieder Zeit.
 

Es ist möglich und wahrscheinlich, dass Richard Gloucester an der Verhandlung teilnahm, das war auch sein Amt als Constable und einer der reichsten Landeigentümer, Hüter des Nordens. Aber war er deswegen Schuld am Tod seines mittleren Bruders?
 

Erst, als der Sprecher des Unterhauses den Vollzug des Todesurteils anforderte, rang sich der König dazu durch. Allerdings wählte er eine andere Todesart, nach manchen Sagen ließ er sie sich George selbst aussuchen. Jedenfalls wurde dieser, unter Ausschluss der Öffentlichkeit, was zur damaligen Zeit selten war, die Grausamkeit und Schauspiel gleichermaßen schätzte, am 18. Februar in einem Fass Malvasierwein ertränkt.
 

In Anbetracht der Tatsache, dass Fässer diesen Weines, wie durchaus üblich, als Geschenke brüderlicher Liebe galten, könnten beide Möglichkeiten zutreffen. Georges Tochter jedenfalls trug bis an ihr Lebensende an einem Armband ein silbernes Fässchen mit sich.
 

Nun, gleich.

Es ging um Richard. Und der trug an dem ganzen Drama um George sicher die wenigste Schuld.

Seine Frau vergiftet?

Nun ja, wenn man bedachte, was er rein finanziell für diese Heirat aufgegeben hatte, dass die Ehe laut Zeitzeugen durchaus harmonisch war, die Risiken durch Schwangerschaften, Fehlgeburten für Frauen......eher weniger.
 

Aber, da waren die Sache mit den Prinzen im Tower, die Söhne des älteren Bruders....verschwunden, bis die Skelette unter einer Treppe 1675 wiederentdeckt wurden.

Ein ungeklärter Mord.

Vielleicht sollte er einmal die Sache so angehen, wie es Sarah bei ihrer Aufgabe als Inquisitorin tun musste.

Sachlich.

Genau. Er sollte einmal versuchen sich gründlich zu erinnern – auf der Suche nach einem sechshundertjährigen Mordfall.

Lord John und Richard der Dritte, Teil 2

Die Prinzen im Tower, genau.

Lord John erhob sich und ging zur Tür seiner Bibliothek, öffnete: „Thomas?“ rief er nach seinem Butler: „Bringst du mir bitte einen Whiskey?“

Seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert liebte Seine Lordschaft dieses Getränk zum Ins-Feuer-Gucken, genauer, seit Königin Viktoria damals derart für Schottland schwärmte und jeder englische Adelige, der auf sich hielt, dieser Mode folgte. Nicht, dass er den Whiskey getrunken hätte. Er roch nur an ihm, vertrugen Vampire doch Alkohol sehr schlecht, erinnerte sich jedoch dabei an brennende Torffeuer, Moorhuhnjagden und die Einsamkeit der Highlands. Damals hatte er auch Sir Angus, einen schottischen Meistervampir, kennengelernt und trotz der bekannten Feindschaft ihrer beiden Völker schätzen gelernt.

Er setzte sich wieder, blickte in das Kaminfeuer und wartete, bis sein „Kind“ das gewünschte Getränk fast lautlos neben ihn stellte: „Danke, Thomas.“

„Bitte sehr, Mylord. Ich habe CSI für Sie programmiert.“

„Dann werde ich es mir morgen ansehen.“ Er nahm das Glas und roch ein wenig an dem Whiskey.

So, also die Prinzen im Tower.

Er wollte sachlich darangehen. Wie würde ein Staatsanwalt, wie ein Verteidiger vorgehen? Und wie Sarah als Inquisitorin?
 

Zunächst einmal wäre wohl zu klären, ob Richard überhaupt das Recht hatte Königskinder, respektive den Erben der Krone, einsperren zu lassen.

Was war 1483 denn eigentlich passiert?

König Edward war erkrankt, sehr schwer, und innerhalb einer Woche gestorben, am 9. April. Nicht einmal der italienische Gesandte hatte Giftmord vermutet. Je nach eigener Ansicht hieß es, es sei die Erschöpfung aus einem Leben in Völlerei und Luxus – oder eine Lungenentzündung, die er sich beim Angeln im kalten Frühjahr zugezogen hatte. Jedenfalls musste dem König auf dem Totenbett einiges bewusst geworden sein – die Familie seiner Ehefrau, die Woodvilles, die unter ihm in reiche und mächtige Positionen gelangt waren, waren im Land selbst nicht sonderlich beliebt, aber sie waren und blieben ehrgeizig. Auch seine eigenen mächtigsten Anhänger, der Herzog von Buckingham und Lord Hastings, als Kämmerer des Königs Herr dessen Finanzen, und als Befehlshaber der Festung Calais auch militärisch abgesichert, würden sich nie mit Elizabeth Woodville und ihrer Familie verstehen. Das konnte nur etwas Arges für seinen jungen Nachfolger bedeuten. So ließ der Sterbende an seinem Bett sich von ihnen, so sie in London waren, Frieden schwören und gegenseitige Verzeihung – es waren genug Familienangehörige gestorben, hingerichtet worden, an denen jeweils die andere Seite Schuld trug oder es so gesehen wurde. Wichtiger und nachhaltiger als dies war jedoch eine formelle Änderung seines Testaments. Im Gegensatz zu seinem letzten setzte er seinen Bruder Richard als Lordprotektor für den minderjährigen König neben dem Regentschaftsrat ein, in dem auch die oben Erwähnten saßen. Nur hatte damit sein Bruder die dominante Stelle.

Warum nicht früher?

Nun, als Edward sein letztes Testament machte, vor dem Frankreichfeldzug, waren seine Brüder noch zerstritten gewesen und er hatte keinen von ihnen als Regenten einsetzen wollen. Clarence war jetzt tot und der jüngere Bruder im Norden engagiert – und das zu seinen, des Königs Gunsten. Richard Wahlspruch war: Loyalite me lie, Treue bindet mich, und er hatte Edward nie einen Zweifel daran gelassen. Überdies hatte er sich in militärischen Kommandos behauptet, war ein ordentlicher Verwalter – und ein nüchterner Denker. Der König hoffte, dass die Streitigkeiten unter dessen Protekorat zumindest verbal bleiben würden.
 

Gut. Dann war Edward tot und wo waren die streitenden Parteien?

Richard war in York, offenkundig ahnungslos, dass er jetzt der Reichsprotektor war, denn er ließ Messen zu Gunsten seines Bruders lesen, unternahm jedoch erst einmal nichts um nach London zu gelangen. Man musste bedenken, dass ein schneller Bote fünf Tage von London nach York benötigte. Dass die Messe schon einen Tag nach Edwards Tod gelesen wurde, war ein Treppenwitz – die Falschmeldung hatte die richtige um Tage überholt.

Auf der Seite der Woodvilles sah die Sache anders aus: in der Familie der Königin hatten ihre Brüder, Onkel und Vater wichtige Positionen eingenommen: einer kontrollierte die Flotte, einer den Tower von London und damit den Staatsschatz und die Waffenvorräte und einige andere waren in Wales um den Thronfolger, der seit seinem siebenten Lebensjahr in Ludlow als Prince of Wales Hof hielt, zu erziehen. Dazu gehörte auch das Recht zu dessen Schutz Truppen auszuheben und das Recht seinen Aufenthaltsort zu bestimmen. Eine der ersten Amtshandlungen war es denn auch, Abschriften dieser Königspatente nach Ludlow bringen zu lassen, ehe der junge König nach London gebracht werden sollte.
 

Lord John roch erneut am Whiskey. Ihn selbst hatte die Todesnachricht in Buxton erreicht und er war nicht nach London gefahren. Das war ihm ein zu heißes Pflaster. Buckingham, Hastings, die Woodvilles, die jeweiligen bewaffneten Anhänger... Wenn ihn sein langes Leben eines gelehrt hatte, dann, wann es klüger war aus der Sicht der Mächtigen zu verschwinden.

Der Plan der Woodvilles war klar – sie konnten keinen Lordprotektor gebrauchen. Der junge König kannte seine Mutter und deren Verwandtschaft, war von ihnen großgezogen worden, den Onkel aus dem damals für unzivilisiert gehaltenen Norden hatte er ab und an gesehen. Kunststück, auf wessen Seite er sich stellen würde, wäre er erwachsen. Und genau darum sollte er nach London: um gekrönt zu werden. Zwar galt damals die Regel, dass man nur König sein konnte aus eigenem Recht, wenn man auch ein Schwert führen durfte, aber es gab gerade in der letzten Zeit einige Präzedenzbeispiele, nach denen ein gekrönter König keiner Regentschaft mehr unterlag.

Allerdings musste irgendwer das dann auch Richard gesteckt haben, denn er begab sich mit einem eilig ausgehobenen Heer aus York nach Süden.

Formell waren beide Familienseiten befreundet und so wurde ein Treffen bei Stony Stratford verabredet. Der designierte Lordprotektor, aus Süden Regentschaftsratsmitglied und Cousin Buckingham, beide jeweils mit zwei-, dreihundert Männern und aus Wales, samt dem jungen König, dessen Erzieher Rivers, der Bruder der Königin, und deren zweiter Sohn aus erster Ehe, Grey, der Kämmerer – mit zweitausend Bogenschützen aus Wales.

Nun, wozu viele Gedanken verschwenden. Die hohen Herren, natürlich ausgenommen des zwölfjährigen Königs, aßen, redeten miteinander, die bewaffneten Heere wohlweislich auseinander gehalten, in einer Gaststätte. Als Rivers und Grey aufwachten, saßen sie gefangen in der Wirtschaft, während Buckingham und Richard in ihr Lager gingen und sich dem kleinen König vorstellten, ihn mehr oder weniger überzeugten mit ihnen nach London zu gehen. Die zweitausend Waliser Bogenschützen reisten ab...

Schon aus dieser Szene, die eher einem Staatsstreich glich, konnte man ablesen, was das alte Blut der Buckingshams und auch gerade der Yorks gegen die Woodvilles im Land vermochte. In London brach Panik aus. Königinwitwe Elizabeth floh mit ihrem jüngsten Sohn Richard und ihren Töchtern in das Kirchenasyl nach Westminsterabtei. Zu ihrem Nachteil befand sich Edward Woodville mit der Flotte gerade auf Piratenjagd und hatte keine Ahnung von den Vorfällen zuhause.
 

Kurz und gut. Die beiden Herzöge – Richard von Gloucester und Harry von Buckingham - hatten ihren Neffen, den König, in der Hand, und die Woodvilles ziemlich ausgeschaltet. Sie zogen nach London, um ihre Stellung auch vom Parlament bestätigen zu lassen. Schon aus der Tatsache, dass es ein Parlament gab, ließ sich erkennen, dass es auch einen König gab – Edward. Der Engere Rat, Privy Council, und das Parlament bestätigten die Rolle Richards als „Protector und Defensour“ des jungen Königs, wenn auch nicht ohne Schwierigkeiten, denn es gab genügend Leute, die durch die Woodvilles in Stellung gekommen waren. Bislang war jedoch bei der ganzen Sache kein Blut geflossen, überaus bemerkenswert.
 

Allerdings beschloss das Parlament, dass der junge König seinen Hof bis zur Krönung Räume im Tower beziehen sollte – durchaus eine kluge Entscheidung. Westminster, der einzige sonst standesgemäße Palast, lag zu nahe an der Abtei, in der seine Mutter und ihre andere Verwandtschaft Asyl gefunden hatte. Seinem älteren Halbbruder, dem Marquis von Dorset, war daraus die Flucht nach Frankreich gelungen – mit einem Teil des Staatsschatzes, den die vorausdenkende Elizabeth mit sich genommen hatte. Das sollte sich nicht wiederholen.

Der Tower von London damals glich einer Burg – mit Mauern und Wachen, gegen allfällige Aufstände in London, Wohntürmen, Gärten. Hier wurde der Staatsschatz aufbewahrt, von hier aus zogen seit Jahrhunderten die englischen Könige zu ihrer Krönung in die Westminster Abtei.

Keine Schande für einen König hier einzuziehen.

Richard selbst zog nach Baynards Castle an der Themse, in das Haus seiner Mutter Cecily, ehe er ein eigenes Haus baute, das später Thomas Morus kaufte...ach ja. Zufälle der Geschichte.
 

Lord John stellte das Glas auf den Tisch.

Richard Gloucester war sicher kein Narr – und er kannte die Familiengeschichte. Zwei Mal war sein Vater Protektor gewesen, zweimal hatte er anschließend nach der Machtübergabe fliehen müssen und war mit knapper Not entkommen. Er selbst musste, um nicht den Kopf zu verlieren, die Woodvilles komplett ausschalten. Schon jetzt saßen sie im Kirchenasyl, im Gefängnis oder waren nach Burgund geflohen, wo Henry Tudor sich als einer der letzten Lancasterabkömmlinge Hoffnung auf die englische Krone machte.

Reichte das?

Offenkundig beschloss der Protektor nein, denn in einer überraschenden Aktion wurden Grey und Rivers, die Gefangenen von Stony Stratford, hingerichtet.

Hatte Richard das Recht dazu? Ja, er war der Protektor und, nicht zu vergessen, seit Clarences Tagen, der Constable. Es gab allerdings keine offizielle Verhandlung. Kunststück – Hochverrat, weil sie den König begleiteten?

Aber das waren die ersten beiden Toten.

Sie schienen es ihm nicht übel genommen zu haben, dachte Lord John zynisch. Immerhin setzte Rivers in seinem Testament, geschrieben direkt vor der Hinrichtung, Richard als Testamentsvollstrecker ein, um die ganzen Spenden und Legate zu verteilen. Was dieser auch tat. Wer in das Spiel um die Macht eingriff, wusste, was ihn das kosten mochte, ein Schicksalsdenken, das heutzutage ausgestorben war.
 

Eine Woche oder zwei Wochen später war der Kämmerer an der Reihe. Hastings, der damals auch schon gut über fünfzig Jahre alt war, hatte die Regentschaft der beiden Herzöge und das Protektorat begrüßt – jetzt, kaum einen Monat später, sah er sich enttäuscht. Er hätte Kämmerer auch des neuen Königs werden wollen, in dessen Umfeld aufsteigen – stattdessen musste er zusehen, dass die hochrangigen Beamten, Adelige und Bürger, immer mehr zum Protektor und nicht zum König gingen, ja, dessen Umgebung mit Richards Dienern ausgetauscht wurde. So schwenkte er um und versuchte mit der Königinwitwe im Kirchenasyl Kontakt zu bekommen. Das war für jemanden in seiner Position kein Problem – allerdings konnte das für Richard nichts Gutes bedeuten.

Und der schlug prompt zurück.

Bei einem Treffen wurde der Lordkämmerer wegen Verrates verhaftet, angeblich sollte er Richard verhext haben, eine beliebte Anklage um Gegner auszuschalten, und hingerichtet.
 

Hastings Tod, wiewohl feststehend, ist fast so mysteriös wie das Rätsel der Prinzen im Tower, dachte Seine Lordschaft.

Ja, er wurde geköpft, aber nicht einmal der Todestag ist sicher. Die damaligen Berichtschreiber bieten gleich zwei Freitage an.

Nun ja. Die einen schrieben Jahre, Jahrzehnte später, da konnte man sich schon irren, die Briefe, die vorliegen sind mehr als zweideutig – nicht verwunderlich in einer derart unübersichtlichen politischen Lage, und zum dritten: einen Chronisten hat man im Verdacht damals der Kanzler gewesen zu sein. Der würde kaum in seiner eigenen Rechtfertigungsschrift eine Mitschuld zugeben.

Spricht schon dieses Überlieferungswirrwarr gegen Shakespeares: „Oh, erledigt schnell die Hinrichtung, ich muss noch Mittag essen“, so auch der Fakt: Richard ließ Hastings neben seinem Bruder beisetzen, so wie der es gewünscht hatte. Hastings Vermögen wurde nicht eingezogen, Witwe und Kinder behielten Rang, Namen und Erbe. Selbst Thomas More, durchaus kein Verteidiger Richards, gab zu, dass dieser Hastings eigentlich gemocht hatte. Was den Tod des Kämmerers umso mehr als Notwehr ansehen ließe.
 

Kurz und gut, das damalige Chaos in London, von dem er selbst ja nur Berichte hörte, musste überwältigend gewesen sein. Lords mit ihren bewaffneten Männern, keiner wusste, wer wo auf welcher Seite stand. Immerhin wurde ein Termin für die Krönung des kleinen Königs angesetzt.

Und das war...überraschend?

Lord John suchte ein passendes Wort, als er erneut am Whiskey roch. Schottischer Whiskey. Im 15. Jahrhundert bezeichnete man in London und Südengland auch die im Norden lebenden Engländer als Schotten. Schottische Mafia nannte man die Umgebung Richards, die der mit nach London gebracht hatte. Nun ja, damals natürlich nicht Mafia, aber der Sinn war das.

Richard musste klar sein, dass er in Lebensgefahr war, in dem Moment, in dem er die Macht abgab. Der junge König war in der Lage – und mit Mama und der Woodville-Verwandtschaft gleich dazu – ihn hinrichten zu lassen. Aber das Parlament und die Londoner Bevölkerung wollten wieder ordnungsgemäß einen König haben und drängten auf eine Krönung.

Aber die Zeit....

Es waren wohl mit die turbulentesten sieben Wochen der englischen Geschichte.

Am 19.4. war König Edward gestorben.

Am 10. 5. agierte Richard zum ersten Mal als Lordprotektor: er tauschte den Kanzler und Teile der Regierung aus, vollkommen normales Vorgehen bei einem Regierungswechsel. Briefe des Königs wurden stets betitelt: unter dem Protektorat meins Onkels...Unterschrift: Edward. Alles so weit legal.

Am 11. 6 .schickte Richard jedoch einen Brief nach York – als Lord, nicht als Protektor, weil er sein Privatsiegel benutzte, dass er in Gefahr sei und Männer bräuchte.

Am 13. 6.wurde Hastings verhaftet.

Am 15.6. wurde Königinwitwe Elizabeth unter Androhung von Gewalt gezwungen ihren Jüngsten Richard of York aus dem Kirchenasyl zu lassen, er kam zu seinem Bruder in den Tower.

Die Krönung Edwards wurde für den 22. Juni vorgesehen - und irgendwann um den zwanzigsten herum abgesagt.

Am 24. wurde in einer Kirchenpredigt, der Presse und Public Relations der damaligen Zeit, das erste Mal erwähnt, dass der verstorbenen König Edward mit Elizabeth Woodville nicht rechtmäßig verheiratet wäre – und die Kinder damit nicht erbfähig, Bastarde.
 

Natürlich war das ein Schachzug, das glaubte in London kaum jemand, aber....

Ja, aber.

Die Woodvilles waren nicht sonderlich beliebt, um das noch freundlich auszudrücken, ein Kind als König bedeutete Ärger, das hatten die Engländer in den Jahren der Rosenkriege seit Richard II gelernt, es gab in Frankreich den Thronprätendenten der Tudors....ein erwachsener Mann als König, zumal der Bruder des letzten Königs, mit militärischer Erfahrung und verwaltungserfahren erschien durchaus einigen Leuten als Alternative. Hinzu kam, dass er faktisch die Macht besaß, auch die Flotte inzwischen....Keine Schlacht war dazu nötig gewesen.

Lord John musste grinsen.

Vertraue nie einem Kaufmann. Außer Woodvilles eigenen zwei Schiffen waren die anderen fünf mit Genueser Geld bezahlt und hatten deren Vertreter an Bord. Als die Kaufleute mitbekamen, dass sie in England unter Hochverrat gestellt wurden, Schiffe und Handel und Geld weg sein konnten, machten sie die englische Besatzung betrunken und fuhren sie nach Dover....

Woodville entkam mit seinen zwei Schiffen nach Frankreich.

Es war damals die Zeit zwischen Mittelalter und Renaissance, auch im Denken. Manches, was geschah war noch an Ehre, Moral und Höflichkeit – natürlich nur in der Öffentlichkeit – gebunden, aber die Listen und Hinterlisten eines Macciavellschen Fürsten kamen bereits um die Ecke gebogen. Die Frage war nur, wann was passierte.
 

Nun gut. Am 5. Juli wurde Richard gekrönt.

Als Usurpator?

Er hatte die Blutlinie, die juristische Argumentation der illegitimen Geburt Edwards Kindern konnte man gelten lassen oder auch nicht – Tatsache ist, dass Richard nicht ohne die Zustimmung der Londoner, des Parlaments und eines gut Teil der Lords hätte gekrönt werden können. Es war ein Königsspiel. Zu viele Adelige waren in den letzten Jahren und Jahrzehnten gestorben, in der Schlacht oder auf dem Schafott, die Bürger versuchten sich herauszuhalten. Wenn es Ruhe geben würde, Frieden und Handel war es eigentlich gleich, wer die Krone trug. Hauptsache, der Träger war gesalbt, gekrönt und damit allein rechtmäßig

Allerdings musste jedem, der dieser Krönung zustimmte, auch bewusst sein, dass es jetzt praktisch zwei Könige in England gab – und dass einer von beiden kaum überleben dürfte.
 

Richard selbst begab sich auf die übliche Huldigungsreise durch England und wurde im Oktober 1483 im Norden von einem Aufstand in Kent überrascht. Die Mutter Henry Tudors, Margarete, das Gerücht, die Prinzen im Tower seien tot, hatte Woodville-Anhänger und Lancasterianer zusammengebracht, Henry Tudor selbst wollte mit einer Flotte kommen. Zu allem Überfluss machte der Herzog von Buckingham mit, der seit der Machtübernahme Richards nach Titeln einer der mächtigsten Männer im Lande war. Warum der?
 

Selbst Schreiber der Tudorzeit sagten ihm übermäßigen Ehrgeiz nach. Tatsache ist, dass der Aufstand in sich zusammenbrach, Buckingham in der Hütte eines einfachen Bauern gefangengenommen und dann hingerichtet wurde. Tudor kehrte auf das Festland zurück. Seiner Mutter wurden von Richard ihre Güter und ihr Einkommen entzogen – und ihrem Ehemann übergeben, sie auch diesem „zur Bewachung“. Nur ein Bruchteil der Beteiligten starb, alle anderen wurden begnadigt oder flohen nach Frankreich.
 

Das Gerücht, die Prinzen seien tot, war im Oktober definitiv übertrieben, und wurde sicher bewusst ausgestreut, sehr wahrscheinlich von der Lancaster-Seite aus.

Im März 1484 erreichten ihn dann selbst in Dover Gerüchte, dass die Prinzen ermordet worden wären – zu einem Zeitpunkt, als sie Leute, die er kannte, noch im Winter im Garten des Tower beim Ballspielen gesehen hatten. Jedenfalls waren sie verschwunden – bis 1675 in einer Truhe unter den Stufen des Tower zwei Kinderskelette gefunden hatten, die sie für die Prinzen hielten und auf Befehl König Charles II. begraben. 1933 wurden sie erneut exhumiert, nach den wissenschaftlichen Lehren dieser Zeit untersucht.
 

Wer konnte die Schuld an ihrem Tod tragen?
 

Hm. Vielleicht sollte er bei einem der unverdächtigsten Verdächtigen anfangen. Lord Mowbray. Wie war das? Motiv, Gelegenheit, Mittel. Nun ja, Mittel waren für keinen Adeligen in dieser Zeit schwer zu finden – im Tower, der zu dieser Zeit ja noch immer als Königswohnsitz galt, gab es zwar Wachen aber auch Dienstboten, Gärtner, Köche, Zimmermädchen, Lakaien... Jemanden zu bestechen war möglich.

Gelegenheit – siehe oben.

Motiv? Lord Mowbray war nicht sonderlich begeistert gewesen als die kleine Anne Mowbray den jüngeren Königssohn Richard von York heiratete. Damit ging die Vormundschaft über die reiche Erbin auf ihren Mann, respektive natürlich ihren Schwiegervater, über – König Edward. Anne starb mit acht und ihr neunjähriger Witwer erbte. Die Vormundschaft und damit auch das Einkommen blieb bei der Krone.

Und genau da lag der Hase im Pfeffer – Mowbray war kein Idiot. Er musste wissen, dass eben die Krone die Verwaltung über die Güter hatte, völlig gleich, wer der König war, gleich ob Edward, Richard oder Henry. Die Krone rückte nichts mehr raus, was sie einmal hatte. Derartige Kronländer waren zu wichtig um die Erträge für die Staatskasse zu verwenden und gegebenenfalls ein Heer zu finanzieren – und keiner der drei Genannten war ein derartiger Narr die Verwaltung und deren Finanzen aus dem Blick zu lassen.

Motiv?

Eher weniger. Es hätte Mowbray nichts genutzt die Prinzen umzubringen, an die Ländereien kam er nicht mehr.
 

Hm.

Einer, der gern als Verdächtiger genannt wurde, war Henry Stafford, Herzog von Buckingham. Er war aus der Lancaster-Linie, stand sogar im Blut König Richard dem Zweiten näher als Henry Tudor, aber die Lancaster-Anhänger wollten eben den als König. Buckingham galt nicht umsonst als Yorkist, hatte er doch schon seit Jahren für diesen Familienzweig gearbeitet. Nicht zuletzt als Belohnung war er von dem verstorbenen König Edward in den Regentschaftsrat berufen worden. Auch Richard setzte auf den Cousin – bis der sich der Lancasterseite zuwandte.

Dafür gab es zwei Gründe, die plausibel erschienen. Buckingham war in seinem Ehrgeiz beleidigt, da ihm Richard nicht den Titel von Hereford verlieh – unmöglich, das würde praktisch die Anerkennung als Thronfolger dr Lancasters bedeuten, - und Bischof Morton hatte seine Seele massiert: Lancasterblut zu Lancaster.

Motiv?

Ja. Einmal, um Richard zu zeigen, dass er ihm treu ergeben war – oder das Gleiche nach seinem Sinneswandel für Henry Tudor. Wobei, bei Buckingham, der als ehrgeizig verschrien war, bestand durchaus auch die Möglichkeit, dass er für sich selbst eine Chance auf die Krone gesehen hatte.

Mittel und Gelegenheit?

Mittel ja, aber die Gelegenheit hing nicht zuletzt davon ab, wann genau die Prinzen verschwunden waren.

Immerhin wurde Cousin Buckingham am 2. November nach dem misslungenen Aufstand gegen Richard hingerichtet. Waren die Prinzen vorher tot kam er als Täter in Betracht. Starben sie später...nun ja. Der Tod war ein unanfechtbares Alibi.

Lord John und Richard III, Teil 3

3.Lord John und Richard III
 

Nachdenken, beschwor sich Lord John. Er hatte sich damals durchaus dafür interessiert...

Im März 1483 hatte es bereits geheißen, die Jungen wären tot, aber da lebten sie definitiv noch, einige Leute sahen sie beim Spazierengehen oder Ballspielen im Garten des Tower bis in den Herbst.

Im November hatte König Richard. John Giles vierzig Pfund überwiesen. Dieser Mann war seit Jahren der Grammatiklehrer der Prinzen. Zahlte man einen Lehrer damals im Voraus oder im Nachhinein? Jedenfalls war das ein Indiz, dass die Prinzen zu dieser Zeit noch einen Lehrer hatten, ergo lebten.

Damit war Cousin Buckingham wohl aus dem Schneider.

Interessanter jedoch war das Verhalten ihrer Mutter Elizabeth Woodville im März des folgenden Jahres, also, 1484. Auf Druck des Parlaments und einiger Drohungen ließ sie ihre fünf Töchter aus dem Asyl von Westminster zu ihrem Onkel gehen, bestand aber darauf, dass König Richard mit einem feierlichen Eid die Sicherheit der Mädchen garantierte. Darunter befand sich auch ihre Älteste, Elizabeth, die sie im vergangenen Sommer mit Heinrich Tudor in Distanz verlobt hatte – vielleicht in dem Glauben ihre jüngsten Söhne wären tot. Der Tudor hatte Weihnachten öffentlich gelobt Elizabeth zur Frau zu nehmen. Sollte Richard sie jetzt anders verheiraten, wären die Woodvilles um einen wichtigen Verbündeten ärmer.

Was also hatte die Königinwitwe zum Umdenken bewogen? Wusste sie inzwischen, dass ihre Söhne doch lebten? Sie war eine nachdenkende, gut informierte Frau. Gleichzeitig schickte sie auch an ihren Ältesten aus erster Ehe, dass er zurück nach England kommen solle. Heinrich Tudor konnte Dorset überzeugen in Frankreich zu bleiben – aber man rief doch nicht das einzige Kind, das sich in Sicherheit befand, zu dem Mann zurück, der seine Halbbrüder ermordet hatte?

Überdies war Richards einziger Sohn und Thronerbe im März gestorben, Königin Anne kränkelnd. Womöglich rechnete sich die Königswitwe Chancen aus doch ihren Edward auf den Thron als Nachfolger zu bekommen? Der Sohn von Clarence galt als nicht sonderlich intelligent und auch Richard bevorzugte einen Sohn seiner Schwester, einen de la Pole, dessen Erbansprüche allerdings geringer waren als die der Prinzen im Tower, falls deren Ehelichkeit bestätigt wurde.
 

Das sprach nach seiner, Lord Johns, Meinung dafür, dass die Prinzen entweder noch lebten oder aber ihre Mutter wusste, dass sie tot waren und wusste, dass ihr Schwager nicht daran schuld war. Immerhin hatte er selbst auch in Dover zu diesem Zeitpunkt Gerüchte vom Verschwinden der Prinzen gehört, nun, zugegeben, die ersten bereits ein Jahr zuvor.

War es doch Buckingham?

Wieso jedoch erschien das dann nicht in der Hochverratsanklage? Wieso wurden die Leichen nicht in der Öffentlichkeit gezeigt – immerhin gab es in dieser Zeit und auch den nächsten Jahren noch genug Aufstände im Namen der Beiden, die angeblich dem Tower entkommen waren? Warum zeigen sich die ausführlichen Briefschreiber der damaligen Zeit so schweigsam über das Schicksal der Prinzen?

Antwort: sie lebten sogar im März noch und sowohl Richard, als ihre Mutter, als auch andere Leute in London wussten es. Buckingham war da schon Monate tot.
 

Dann zu den beiden Hauptverdächtigen: Henry Tudor und vor allem Richard III.

Beide Könige hatten guten Grund die Prinzen im Tower als Konkurrenten zu beseitigen. Ein anderes Parlament mochte die Unehelichkeitserklärung rasch wieder aufheben – was dann ja auch prompt geschah, als Henry Tudor Elizabeth von York heiratete, denn sonst hätte sie das Yorksche Erbe nicht einbringen können.

Was das Problem der Prinzen im Tower anging, so verhielt sich König Heinrich ziemlich...eigentümlich, dachte Seine Lordschaft. Waren sie tot, warum zeigte er nicht ihre Leichen vor und klagte Richard posthum an? Er ließ ihn durch seine Schreiber ja alles mögliche unterbreiten, inklusive Mord an seiner eigenen Ehefrau, – wieso das also nicht? Weil er die Leichen gar nicht hatte? Das würde auch erklären, warum er...oh, wann war das nur gewesen...einen gewissen Tyrell, einen Kammerherrn, verhaften ließ und des Mordes an den Prinzen im Auftrag Richards anklagte. Tyrell gestand unter Folter - prompt wurde das Geständnis von keinem, gleich ob Lord oder Commoner, geglaubt. Interessanter war das, was nun folgte: Tyrell, und das erschien sogar in dessen Prozessakten, gestand den Mord an den Jungen – aber er beteuerte nicht zu wissen, wo sie vergraben waren. War das schon erstaunlich genug für einen Mörder, so war es mindestens ebenso verwunderlich, dass König Heinrich ihn anschließend nicht zum Tode verurteilte sondern laufen ließ.

Hatte der Tudor etwa kein Geständnis erhofft sondern die Leichen? Er schlug sich immerhin mit diversen Aufständen herum, die immer im Namen des Jüngeren, Richard of York, geführt wurden. Davor hätte er Ruhe, könnte er beweisen, dass beide Prinzen tot waren.

Wäre der Tudor selbst der Auftraggeber, würde er doch wohl wissen, wo die beiden Jungen begraben lägen. Außerdem: der Tower war ein königliches Schloss mit jeder Menge Menschen – warum diente sich niemand dem neuen Herrn an und verriet, was der wissen wollte?

Hinzu kam, dass nach dem Knochenbefund für die beiden Skelette aus dem Tower mit ihren Altersangaben kein späteres Todesjahr als 1484 möglich war.
 

Lord John stellte sein Whiskeyglas ab und stand auf.
 

Buckingham: unmöglich, der Tudor: unwahrscheinlich, zumal der ja auch keine Skrupel hatte Clarences Sohn, den er seit seiner Machtübernahme gefangen hielt, auf das Schafott zu schicken, weil er sich gegen ihn verschworen hätte....der Junge war achtzehn, Neffe seiner Frau und seit Jahren gefangen. Es wäre für ihn nur von Vorteil gewesen die beiden Prinzen aus dem Tower tot vorzuweisen – was er offenbar nicht konnte.

Das lenkte den Blick wieder zurück auf Richard.

Auch hier die Frage – warum zeigte er die Leichen nicht? Menschen gerade der damaligen Zeit glaubten nur was sie sahen. Die Antwort konnte nur lauten: es ging nicht.

Gar nicht oder nur zu einem bestimmten Zeitpunkt?

Die Tatsache, dass niemand später dem Tudor seine Frage nach den Leichen beantwortete, bedeutete doch auch, dass niemand den Ort der provisorischen Beerdigung wusste, es sich also um eine wahre Nacht-und Nebelaktion gehandelt hatte.

Warum?

Der heimliche Tod der Prinzen nutzte Richard nichts, er musste ihn öffentlich machen – und überdies, sie waren defacto die geringere Bedrohung als Heinrich Tudor, der eine Armee gesammelt hatte und zum wiederholten Mal in England einzufallen drohte.

Lag genau da das Problem?
 

Nachdenklich trat John Buxton zu seiner Bibliothek, ohne die Menge an Büchern überhaupt wahrzunehmen.

Was wäre wenn....

Ja, das wäre eine Idee.

Sie löste nicht alle Fragen, aber sie erklärte den Mord an den Prinzen im Tower, an Edward und Richard...

Denn, sie erklärte den Mord weg, es hatte ihn nie gegeben.

Jetzt sollte er diese Theorie noch einmal überprüfen, gründlich nachdenken.
 

Die Prinzen lebten beide zumindest bis in den Winter hinein, eher noch im März. Sonst hätte ihre Mutter die Mädchen mit weitaus mehr Theater gehen lassen, was damals in der Politik gang und gäbe war, zumindest sich und ihrer Töchter an den Altar geklammert oder sonst etwas. Und schon gar nicht Dorset zurück nach England zitiert, damit er sich König Richard anschließe. Mit dieser, ihrer Entscheidung, die sicher auf dem Tod des kleinen Thronfolgers ihres Schwagers und dem absehbaren der Königin Anne beruhte, schwenkten auch alle Woodville-Anhänger im Land auf die York-Seite. Es gab nicht viele, aber die militärischen Positionen waren nicht zu verachten.

Diese Wendung musste also Henry Tudor ärgern und Richard Gloucester freuen.

So.

Die vergrabenen Skelette im Tower zeigten bei dem Älteren einen verkammerten Abzeß im Kiefer – schmerzhaft und zur damaligen Zeit mit Sicherheit zum Tode führend. War genau das passiert, der junge Ex-König an einer Blutvergiftung gestorben? Im März, April? Zu einem Zeitpunkt, an dem es Richard es sich bestimmt nicht leisten konnte, dass die Königinwitwe erneut umschwenkte, da der Tudor mit der Landung in England drohte?

Das würde ebenfalls die späteren Gerüchte erklären, dass die Prinzen vergiftet worden waren.

Was aber war mit dem Elfjährigen passiert?

Hatte der auch geglaubt sein großer Bruder sei vergiftet worden und einen Fluchtversuch unternommen? Er wäre nicht der Letzte, der in die Themse stürzte und dort ertrank, vielleicht noch in der Nacht, die seines Bruders Ableben folgte.

Es hatte auch genug Gerüchte gegeben, die Jungen seien ertränkt worden.
 

Zwei tote Kinder zu einem für den König denkbar ungünstigen Moment – er war im Begriff, dem in England eingefallenen Tudor auf dem Schlachtfeld zu begegnen. Was, wenn die hektische Bestattung unter der Treppe nur von zwei oder drei Vertrauten gemacht worden wäre – immerhin kannte Thomas More noch vage Gerüchte darüber, obwohl niemand nachgrub? In der Absicht, sobald der Thron gerettet war, die Jungen ordentlich und mit offiziellem Wissen ihrer Mutter zu beerdigen?

Richard fiel in der Schlacht von Bosworth, als letzter König Englands, und mit ihm auch einige seiner engsten Vertrauten. Gab es darum niemanden mehr, der Heinrich sagen konnte, wo genau die Jungen lagen? Und der hatte wohl weder groß Zeit noch Geld den halben Tower umgraben zu lassen um zu erfahren unter welcher Treppe die Beiden nach irgendwelchen Küchengerüchten beerdigt waren.
 

Für eine später geplante offizielle Beisetzung sprach die Kiste, in der die beiden gemeinsam lagen, der eigentlich recht leicht wiederzufindende und doch schnell zu verbergende Ort – die Treppe des Garden Tower, des Wohnturmes, in dem sie zuletzt untergebracht worden waren.

Und nicht zuletzt Richards Wahlspruch. Loyalite me lie, Treue bindet mich.

Er hatte nie ein Hehl daraus gemacht, dass das seinem großen Bruder galt, war mit ihm ins Exil gegangen, hatte stets für diesen gearbeitet – kaum davon auszugehen, dass er ausgerechnet dessen Kindern bewusst schaden wollte.
 

John Buxton streckte sich ein wenig, ehe er zu seinem Tisch trat und das Whiskeyglas nahm, einem Unsichtbaren zutrank: „Ich werde zu deiner Beerdigung gehen,“ sagte er: „Diesmal werde ich es tun.“

Kadash und Inquisitor, Teil 1

Rom, Juni 1165
 

Die nur scheinbar fast fünfzigjähirge Frau verriet durch nichts ihre Nervosität, als ihre Zofe ihr die lange, blaue Tunika mit den bis zu den Gelenken eng anliegenden Ärmeln überstreifte. Dieser Zwischenfall ausgerechnet in der englischen Gesandtschaft gestern Abend...

Und ihre so genannter Ehemann, ihr Lebensgefährte seit mehr als tausend Jahren, war nicht hier in Rom, sondern irgendwo im Norden im Auftrag des Papstes, um den Hoftag zu Würzburg zu begutachten...

Sie vermisste nicht nur ihren so langjährigen Freund und die philosophischen Gespräche, sondern auch den Ratgeber, wenn es darum ging als Vampir unter Menschen zu leben. Sicher, sie tat das seit Jahrtausenden, genauer, seit sie im Zweistromland einst verwandelt worden war, aber es war doch etwas anderes, selbst für sie als Mitglied des Hohen Rates, den Kadash um Rat fragen zu können. Er war jedoch nicht da und so musste sich Marianna di Cissano, wie sie sich momentan nannte, ihr wahrer Name war Inanna, eben damit zufrieden geben zu hoffen, dass der Eklat keine zu großen Wellen schlug.

Musste es denn ausgerechnet bei diesem Empfang in der englischen Gesandtschaft passieren? Musste es denn überhaupt passieren?

Oh, sie sollte sich wohl entscheiden: „Die rote Surcotte, Bianca."

Obwohl es durchaus schicklich war im eigenen Haus nur mit der langen Tunika herumzulaufen, neigte sie doch dazu sich stets korrekt anzuziehen, zumal, wenn ihr Ehemann nicht da war und sie gegebenenfalls die Gäste empfangen musste. Nach der herrschenden Mode war das Obergewand kürzer, ließ die Tunika sehen. Die auch hier anliegenden Ärmel weiteten sich an den Handgelenken bis fast zum Boden. Nun ja, gestern, auf dem unglückseligen Empfang, hatten ihre Ärmel wirklich den Boden berührt. Aber da hatte sie auch Besätze aus Seide getragen, an allen Säumen. Diese musste aufwendig aus Byzanz importiert werden und kostete wirklich viel. Der Kadash hatte da freilich seine Verbindungen...

Gleich. Sie sollte sich etwas einfallen lassen, falls es doch zu größeren Problemen kam.
 

Warum nur hatte sie geglaubt, dass Ruhe herrschen würde, seit seit zwei Jahren der Papst und der Kaiser wieder miteinander verhandelten? Inzwischen war es dem kaiserlichen Kanzler, einem gewissen....äh...Raimund von Dassel...gelungen Paschalis III. als Gegenpapst einzusetzen. Ihr Gefährte hatte vermutet sogar ohne Einwilligung des Kaisers, der ja mit Alexander III. verhandelte. So oder so gab es jedoch wieder zwei Päpste und es blieb abzuwarten, für wen sich der kaiserliche Hoftag in Würzburg, also der Kaiser Friedrich und die Fürsten des Reiches, jetzt entscheiden würden. Überdies, und das war ihr Hauptproblem, waren auch Gesandte aus England dort gemeldet.

Erst vor wenigen Wochen war ein gewisser Thomas Beckett, ein Bischof aus England, hier in Rom eingetroffen, der sich mit König Heinrich Kurzmantel überworfen hatte. Dieser ließ ihn nun als Verräter verfolgen. Der Papst, Alexander, stimmte aber wohl der Auslegung des Bischofs zu, dass kriminelle Kleriker auch nur vor Kirchengerichten verurteilt werden dürften und selbst bei Mord nie der weltlichen Gerichtsbarkeit unterlagen.

Nun ja. Leider war der Mann, der sich im Augenblick Marco di Cissano nannte, seit Monaten schon unterwegs im Auftrag der Kurie. Natürlich offiziell im Namen des Papstes, aber da es zwei gab , hatte der wichtigste Mann der Kurie eben das Kommando übernommen. Insgesamt kam es jetzt, in den vergangenen hundert Jahren, viel zu Streitigkeiten zwischen den Königen und den Päpsten, seit diese auch den weltlichen Herrschaftsanspruch forderten. Und das nicht nur in dem eigenen Gebiet, dem so genannten Patrimonium Petri, das Mittelitalien umfasste, sondern auch überall auf der Welt, als Stellvertreter Christi.

Kein Wunder, dachte die Vampirin, dass sich das die Könige nicht gefallen lassen wollten. Immerhin hatten die sich zu diesem Kreuzzug nach Jerusalem breitschlagen lassen, aber das war wohl auch nur ein vorübergehender Erfolg – jedenfalls in den Augen einer Frau, die ihr Leben in Jahrtausenden rechnete.

Hoffentlich kam er bald....Sie wandte den Kopf. Ihre Zofe legte gerade den weißen, quadratischen Schleier zurecht auf ihr Bett, der ihr hochgestecktes Haar verhüllen sollte. Darüber kam dann nur ein Kranz aus Stoffen oder auch Metallen, das chapel. - Auf der Straße jedoch...

„Bianca, sieh doch zum Fenster. Ist drüben was bei den Colonnas oder kommt der Herr zurück?" Er war immerhin schon fast eine Woche überfällig, aber auf einer solchen Reise musste er auch über die Alpen. Zu viel Schneefall würde auch einen so mächtigen Vampir behindern, zumal, wenn er in Begleitung war und seine Magie nicht zeigen durfte.

Die Zofe gehorchte – und fuhr herum: „Sie halten hier vor dem Haus, ma donna....Eine Sänfte mit dem päpstlichen Wappen, ein Priester steigt aus, und vier Reisige."

Reisige, Kriegsknechte, also. Das konnte nur bedeuten, dass das ihr galt. Ihr und diesem Verrückten, der sie gestern Abend vor versammelter Menge beschuldigt hatte sein Blut getrunken zu haben. Nun, sie hatte es nicht getan, sie trank nie von Kranken, aber allein das konnte ihr schon Ärger mit ihrem Lebensgefährten einbringen. Der Kadash richtete schließlich auch über Vampire, die gegen die Oberste Regel der Unauffälligkeit verstießen. Und er hatte von Anfang an klar gemacht, dass er seine Pflicht höher ansetzen würde als seine Freundschaft mit ihr, so sehr er sie auch schätzte. „Keinen Schleier, Bianca," befahl sie rasch: „Das Gebende!"

Sie hasste diese eng gewickelten Leinenstreifen um Kopf und Kinn, damit Haar und Hals verhüllend, aber auch Sprechen und vor allem Essen erschwerend, es war jedoch die schicklichere Methode. Und mit einem Inquisitor der Kurie im Haus sollte man demonstrieren, dass man die Regeln der Kirche einhielt: „Hat er eine Stola um?" Das wäre fatal. Die Stola, ein weißes ,mit Kreuzen besticktes Band um Genick und Schultern zeigte an, dass der Priester in religiöser Aufgabe unterwegs war. Das bedeutete in diesem Zusammenhang mindestens die Anklage als Ketzer oder gar Hexer. Sicher, sie verstand es Bannkreise zu weben, mit denen sie aus jedem menschlichen Gefängnis herauskam, aber das würde der Jäger der Jäger sie spüren lassen, ihr Lebensgefährte, der Richter des verborgenen Volkes.

„Nein, ma donna.“

Immerhin etwas. „Beeile dich. Er wird sich gleich melden lassen.“

„Ein anderer Mann ist dabei, in Hosen und kurzer Tunika, Mantel, offenbar auch ein Krieger, wenngleich höherrangig.“ Aber die Zofe beeilte sich.
 

So trat Inanna nur kurze Zeit später in den Empfangsraum. Zu ihrer gewissen Erleichterung befanden sich dort nur der Priester und der Unbekannte, nicht jedoch die Reisigen. Also war sie noch nicht verhaftet, würde es noch um ein Verhör gehen. Der Inquisitor trug die übliche Tonsur, die seinen geistlichen Stand anzeigte, und bodenlange Garderobe, wie es bei Klerus und Adel gebräuchlich war. Unter dem schwarzen Obergewand und seinen weiten Falten zeigte sich eine weiße Tunika. Beides war ohne jeden Schmuck. Er neigte höflich den Kopf. Für einen Augenblick war sie beruhigt, ehe sie bemerkte, dass der Krieger, in halbhohen Stiefeln, Hose und kurzer Tunika, den Mantel mit einer Spange über der Schulter gehalten, ein Mitglied ihres Volkes war. Ein Vampir. Und dass sie ihn gestern auf dem Empfang gesehen hatte. Ein englischer Vampir. War das nun gut oder schlecht für sie? Sie zwang sich jedoch höflich zu bleiben: „Ich möchte Euch begrüßen. Mein Gemahl ist momentan bedauerlicherweise noch nicht zurück, aber ich vermute, dass Ihr sowieso mit mir zu sprechen wünscht.“ Ehefrauen hatten züchtig im Haus zu sitzen und ohne Ehemann herzlich wenig zu sagen. Nun, schon mehr als noch im römischen Reich, aber das war – neben privater Sympathie - auch der Grund, warum sie mit dem Kadash zusammengezogen war. Ohne Mann konnte das Leben sehr unangenehm sein, schon in juristischen Dingen, da eine Frau immer einen Vormund benötigte.

„In der Tat, ma donna,“ erwiderte der Priester: „Ich bin Pater Thomas, Inquisitor im Auftrag des Heiligen Vaters. - Dies ist Sir John Buxton. Der englische Gesandte, Sir William, bat die Kurie seinen verantwortlichen Offizier anwesend sein zu lassen. Nun, Ihr könnt Euch denken, was uns herführt.“

„Dieser Zwischenfall gestern auf dem Empfang,“ seufzte Inanna: „Dieser arme betrunkene Junge.“ Sie sah zu ihrem Artgenossen: „Da Ihr wohl für die Sicherheit des Gesandten verantwortlich zeichnet: hat dieser Junge noch etwas angestellt oder war das alles? Es war schon...unangenehm.“

Der englische Adelige nickte und der Inquisitor hob die Hand: „Vielleicht berichtet Ihr kurz, donna Marianna, diesen unglücklichen Zwischenfall aus Eurer Sicht.“

„Ich nahm an dem Empfang auf Einladung teil, die selbstverständlich auch meinem Gemahl galt, aber dieser ist noch nicht wieder aus dem Reich zurück. Um dennoch die Familie zu vertreten ging ich hin.“

„Ihr habt keine Kinder.“

„Nein.“ Sie hoffte, dass sie glaubhaft errötete. Kein Vampir konnte wirklich Kinder bekommen. Mit dem Wissen um das eigene, ewige, Leben erlosch auch jedes Bedürfnis danach. „Es war alles wie üblich, man schlenderte ein wenig herum, ich natürlich mehr mit Ehepaaren sprechend, das andere wäre unschicklich....Plötzlich stürmte dieser Junge in den Raum. Ich schätzte ihn auf deutlich unter Zwanzig...“ Sie blickte unwillkürlich zu Sir John. Dieser nickte. „Nun, er schien mir sehr verwirrt, hektisch. Und er kam direkt auf mich zu, was mich etwas beunruhigte, das gebe ich zu. Seine Augen sahen so....trunken aus. Er brüllte mich an, zuerst verstand ich es nicht, wörtlich, aber dann schrie er deutlich, dass ich sein Blut getrunken hätte.“ Sie hob die Hand: „Wirklich, Inquisitor, mir fehlten die Worte. Das war nicht nur kein Benehmen, das war....Unsinn. Und es ist bedauerlich, dass Ihr Euch nun genötigt seht wegen dieses dummen Jungen ein Verfahren zu eröffnen. Ich bin ihm nicht beleidigt und ich hoffe, er ist heute wieder nüchtern. - Oh, der Gesandte, Sir William, kam dann und schickte ihn auf sein Zimmer, dann bat er mich auch zu gehen, um keinen weiteren Zwischenfall zu provozieren. Das war mir natürlich sehr unangenehm, aber ich befolgte diese Weisung und kam her.“

„Euer Dienstpersonal kann das gewiss bestätigen,“ stellte Pater Thomas nur fest.

„Natürlich.“ Aber Inanna wurde hellhörig. Das klang nach mehr als Ärger: „Die Sänftenträger, auch meine Zofe, ja, wohl sogar jemand in der Küche, denn ich ließ mir aufgrund der Aufregung noch einen heißen Wein machen. - Ich denke, Pater, Sir John, es wäre an der Zeit mir zu sagen, warum sich so noble Herren um ein halbes Kind kümmern, das zu viel getrunken hatte.Ja, es war peinlich, aber ich sehe darüber hinweg. - Und, nein, ich vermute nicht, dass Ihr, dass irgendjemand, diese völlig irrationale Anschuldigung glauben würde..“ Sie warf dennoch einen Blick auf ihren Artgenossen. Ein Vampir, der in aller Öffentlichkeit beschuldigt wurde Blut getrunken zu haben, war ein Fall für den Kadash.
 

Sir John nickte. Ja, sie war nicht nur eine Artgenossin, sie besaß lange Erfahrung und Macht. Sie war möglicherweise gar ein Mitglied im Hohen Rat, jedenfalls auch sonst älter als er, nicht allzuviel viel, aber doch. Niemand, der sich solch einen törichten Fehler leisten würde. Oder sollte. Hatte dieser ahnungslose Junge aus reinem Zufall genau die Richtige erwischt? Oder war es doch ein Fehler gewesen? Er blickte zu dem menschlichen Inquisitor, der die Leitung der Ermittlungen hatte. „Ich bin sicher, Ihr wollt mit dem Personal sprechen....“

„Natürlich,“ bestätigte Pater Thomas sachlich, ehe er die Dame genau betrachtete: „Donna Marianna, ich hoffe um Euretwillen, dass das Personal sich noch genau erinnern kann, wann Ihr hier wart, und kaum allein. Roger Maerie, der törichte Junge, wie Ihr ihn nennt, wurde heute morgen ohne Anzeichen einer Todesursache in seinem Bett gefunden.“

Beide Gäste beobachteten genau die Reaktion der Verdächtigen.

Inannas Hand zuckte unwillkürlich dorthin, wo einst ihr Herz geschlagen hatte, das nun so ruhig in ihrer Brust lag, da es kein Blut mehr zu transportieren hatte. Es ging nicht nur um einen Verstoß gegen die Regel der Unauffälligkeit, es ging um Mord. Und, das wusste sie besser als sonst jemand, da verstand der Kadash der Vampire keinen Spaß. Es ging um ihr ewiges Leben. Aber nur einer der beiden Männer vor ihr würde das nachvollziehen.

Kadash und Inquisitor Teil 2

Inanna rang nach Luft, eine alte, menschliche Gewohnheit, die sie nicht ablegt hatte, auch, wenn schon lange ihre Lungen keinen Sauerstoff mehr benötigten. „Er ist tot?“

„So ist es,“ bestätigte Pater Thomas sachlich: „Ich werde nun mit Eurem Personal sprechen, Sir John wird Euch gewiss ein wenig Gesellschaft leisten. Sollten alle Eure Aussage bestätigen, würden Euch meine Männer nach Santa Maria Dell Crocere bringen....“

Das war ein Kloster, etwas außerhalb der Stadt, dachte die Vampirin. Sie könnte entkommen, aber...Auf jeden Fall stand sie unter Mordverdacht, und das würde ER nicht gern hören. Ganz sicher nicht. Und IHM zu entkommen....nein, so schon nicht und nach mehr als tausend Jahren kannte er sie zu gut...

Sir John merkte, dass sie hektisch wurde: „Nun, Ihr werdet sicher verstehen, ma donna, dass ein Inquisitor objektiv alles prüfen soll, ja, muss. Er ist Ermittler. Und Euch dürfte klar sein, dass einige Tage im Kloster weniger arg sind als gewisse Räume in der Vatikanfeste....“

„Ja, natürlich,“ murmelte die so genannte Marianna di Cissano: „Es ist nur alles so überraschend und aufregend..“ Ja. Sie sollte sich zusammennehmen. Klosteraufenthalt hin oder her – besser als die Kerker der Engelsburg. Und dieser Engländer wusste wohl auch, was sie eigentlich fürchtete. Immerhin verstand er sie.

Als sie allein waren, sah sich John Buxton kurz um, ehe er meinte: „Eine üble Lage....“ Er spürte noch einmal ihrer Magie nach, ehe er hinzufügte: „Zumal für ein Mitglied des Hohen Rates, nicht wahr?“

„In der Tat,“ gab sie zu. Er konnte auch auf Jahrtausende zurückblicken und konnte sie richtig einschätzen, ja, überschätzte sie vermutlich sogar. Immerhin hatten sie ihre Meditationsübungen mit ihrem deutlich älteren Lebensgefährten weit gebracht, weiter, als es ihr Alter eigentlich erlaubte: „Was nämlich nicht bedeutet, dass man sich keine Schwierigkeiten mit dem Kadash einhandelt.“

„Ich habe Sir William, also, den englischen Gesandten, gebeten zu diesem Fall geschickt zu werden, da ich in Euch bereits gestern eine....verwandte Seele entdeckte. Natürlich mit einem Vorwand. Ich glaube kaum, dass ein Ratsmitglied derart töricht und offen vorgehen würde. Nun gut, Fehler passieren, aber kaum solche.“ Das würde an Selbstmord grenzen und man erwartete das von Jungvampiren, höchstens noch solchen in den kritischen Jahren, die nicht umsonst so genannt wurden, aber nicht von einem so alten Meistervampir. Und das war sie, wenn er ihre Fähigkeiten auch nur annähernd richtig einschätzte. Sie übertraf ihn, musste folglich deutlich älter sein. Alter erforderte unter Vampiren Respekt, aber galt auch für eine gewisse Lebensweisheit.

„Sir John, Eure Aussage ist die erste positive an diesem Morgen. Ihr seid sehr freundlich.“ Sie dachte kurz nach: „Dann kann ich wohl nur hoffen, dass der Inquisitor sowohl von meinem Personal mein Alibi bestätigt bekommt als auch herausfindet was die Todesursache des armen Jungen war.“

„Ihr habt ihn nie zuvor gesehen.“

Da das eine reine Feststellung war, nickte Inanna: „Er kam wohl erst vor kurzem von England nach Rom?“

„Vor zwei Wochen.“ In der Tat, Leute mit ihrer Lebenserfahrung wussten wo die Haken lagen. Für ein Ratsmitglied wäre ein Kloster kein Hindernis auszubrechen – aber ein Verstoß gegen die Regel der Unauffälligkeit oder gar Mord an einem Menschen würde ihr den Kadash auf den Hals hetzen, üblicherweise nichts, nach dem sich ein Vampir sehnte. Er selbst hatte diesen natürlich noch nie gesehen, aber das besagte nichts. Seit langem lebte er eigentlich in England, wo es, wenn man Schottland und Irland dazu rechnete, um die fünfzehn Vampire gab, davon noch einige Schüler unter der Anleitung ihres Meisters. Da passierte in aller Regel nichts. Er selbst hatte noch keine „Kinder“ aufgenommen, ihm wog die Verantwortung zu schwer, den richtigen Menschen auszuwählen, ihn anzuleiten mit dem ewigen Leben und der Magie, aber auch der Jagd und ihren Techniken umzugehen. Man konnte auch als erfahrener Vampir viel falsch machen. Aber auch das Ratsmitglied schien keine Schüler zu besitzen...Hm. „Soll ich irgendjemanden von Euren Schwierigkeiten berichten? Besitzt Ihr ein „Kind“?“ Das vielleicht außerhalb Roms oder in einem anderen Land lebte. Schüler waren nur bis zum Ende der kritischen Jahre an ihren Meister gebunden, auch, wenn die meisten von ihnen aus Zuneigung länger blieben.

Oh, dachte Inanna. Natürlich, das musste er annehmen, das war in ihrem Alter eigentlich üblich. Aber da der Kadash keine Schüler aufnehmen wollte oder durfte, hatte auch sie davon Abstand genommen. Es war jedoch nett gemeint von diesem Engländer: „Nein, danke der Nachfrage. Natürlich meinem Gemahl, wenn er endlich wieder eintrifft.“

„Ich bin sicher, das wird der Inquisitor der Kurie tun.“

Er glaubte wirklich, sie lebe zur Tarnung mit einem Menschen zusammen. Nun ja, es war ein guter Grund, warum es so viel weniger weibliche Vampire gab. Sie unterlagen den Gesetzen der Menschen, um unauffällig zu bleiben, und da hatten in aller Regel Frauen wenig bis nichts zu sagen, sie musste nur an Griechenland oder Rom denken, natürlich auch Ugarit und andere Gegenden. Als weiblicher Vampir musste sie sich unter den Schutz eines Mannes stellen – und sie hatte wirklich Glück gehabt, dass sie seit mehr als tausend Jahren einen Vampir als so genannten Ehemann vorweisen konnte. Früher hatte sie sich auch als Priesterin oder Ehefrau eines Menschen ausgegeben, aber so war es ihr deutlich lieber. Nicht zuletzt, da menschliche Männer doch in aller Regel auf den ehelichen Pflichten bestanden, die einer Vampirin fremd geworden waren, ja unangenehm. Begehren kannte niemand ihres Volkes mehr. „Natürlich. Falls es zu einer Gerichtsverhandlung kommen sollte, benötige ich einen Vormund.“

Sir John nickte etwas. Sie mochte Mitglied im Hohen Rat der Vampire sein, der Institution, deren zwölf Mitglieder quasi die Weltregierung dieses Volkes bildeten, die ältesten und erfahrensten Vampire, die sich noch nicht zurückgezogen hatten, aber sie unterlag als Frau auch den menschlichen Gesetzen, um der Unauffälligkeit genüge zu tun. Es musste recht frustrierend sein, einmal in der Regierung zu sitzen und zum anderen sich nicht einmal selbst vor Gericht vertreten zu können. Dass Frauen weniger galten, dafür bot die so genannte Kaiserin, Mathilde, in England den besten Beweis. Ihr Vater hatte sie als Erbin eingesetzt, aber statt sie zur Königin auszurufen hatte ihr Cousin Stephen nach der Krone gegriffen. Das hatte zu einem heftigen Bürgerkrieg geführt, den Mathilde soweit verloren hatte. Immerhin hatte sie allein Truppen ausheben können. Allerdings war nun ihr Sohn Heinrich König – nicht unbedingt wegen ihr, sondern weil er unter Berufung auf sein indirektes Erbrecht gegen Stephen zu Feld gezogen war und diesen so oft besiegt hatte, bis der ihn als Erben einsetzte. Ein guter Grund aus England erst einmal zu verschwinden, solange man nicht wusste, welcher König an der Rolle war. Er nahm an, dass ihm dergleichen noch öfter widerfahren würde. Politik war immer ein heikles Geschäft. Nun, er wusste, warum er nur einen kleinen Landadeligen darstellte, keinen Baron. In der zweiten Reihe lebte es sich merklich ruhiger. „Ich vermute, er wird sich bei Pater Thomas melden sobald er in Rom ist und weiß, was passiert ist. - Wann erwartet Ihr ihn zurück?“

„Bereits vor Tagen, aber da sind die Alpen...“

„Es ist Sommer,“ beruhigte der Engländer, dessen ursprüngliche Heimat vor Jahrtausenden dort gelegen hatte: „Die allermeisten Pässe müssten frei sein, auch, wenn natürlich es auch immer wieder zu Schneefällen kommt. - Ich denke, Pater Thomas kommt bereits zurück.“

Inanna nickte. Das würde doch wohl heißen, dass ihre Bediensteten die Wahrheit gesagt hatten.

Der Inquisitor trat ein: „Ich würde Euch bitten, ma donna, mit mir zu meiner Sänfte zu gehen. Meine Männer werden Euch nach Santa Maria delle Crocere bringen und warten, bis Ihr die Pforte durchschritten habt. Die Schwestern dort wissen Bescheid und werden Euch in die Klausur aufnehmen. Dieser Schritt ist notwendig, damit Ihr keinerlei....sagen wir, Absprachen treffen könnt. - Sir John, ich möchte mit Euch dann in die englische Gesandtschaft gehen, auch das Zimmer des Toten ansehen, und mehr über ihn hören.“

„Selbstverständlich, Pater Thomas,“ erwiderte der englische Vampir.

„Wie Ihr wünscht, Inquisitor,“ sagte die Verdächtige höflich. „Ich möchte Euch nur bitten meinen Gemahl davon in Kenntnis setzen zu lassen sobald er hier ist.“

„Selbstverständlich, ma donna.“ Der Geistliche blieb freundlich: „Ihr seid verdächtig, aber nicht überführt. Es ist nur eine reine Vorsichtsmaßnahme. - Darf ich Euch nun bitten? Sir John, kommt nur, wir gehen gleich weiter zur Gesandtschaft.“ Diese lag kaum zwei Straßen weiter am Tiber. Das hier war das Viertel gleich gegenüber des Vatikan. Die große und reichen Familien Roms lebten hier, aber auch Gesandte, einige Klöster. Es war eine durchaus angenehme Wohngegend, entfernt von dem Lärm der einfacheren Viertel, den Märkten und deren Lieferwägen, die nachts durch die stillen Straßen der Metropole ratterten.
 

Die englische Gesandtschaft befand sich in einem kleinen, ehemaligen Adelspalazzo. Heinrich, der als englischer König, Herzog der Normandie und von Anjou und durch seine Heirat mit Eleonore von Aquitanien auch dessen Herzog, einer der mächtigsten Männer Europas war, hatte sich nicht lumpen lassen und seinem Gesandten ein repräsentatives Bauwerk besorgt.

Sir John bat den Inquisitor höflich in sein Arbeitszimmer, das ihm als Leiter der Wachen und, wenn man ehrlich war, als Leiter der Spionage, zur Verfügung stand: „Bitte, nehmt Platz, Pater Thomas. Darf ich Euch etwas zu trinken anbieten?“

„Ja, danke. Etwas Wasser?“

„Aus dem Tiber, gar? Ihr solltet es nicht übertreiben. Wie wäre es mit einem Wein?“ Als ob nicht jeder wusste, dass gerade im Sommer der Tiber nicht nur eine Brutstätte von Mücken war. Auch Ruhr und Cholera kamen immer wieder vor, zumal in den einfacheren Vierteln, die sich kein anderes Getränk leisten konnten.

„Ja, danke...“ Pater Thomas setzte sich auf einen Wink seines Gastgebers auf einen Hocker vor dessen hölzernen Schreibtisch: „Danke für Eure Gastfreundschaft. Nun, wenn wir beide sitzen, berichtet mir doch über Roger Mairie. Das ist kein englischer Name, er stammt also von den Besitzungen des Königs auf dem Festland.“

„Ja. - Kleinen Moment.“ Sir John trat auf den Gang und befahl ihm und seinem Gast Wein zu bringen, ehe er selbst Platz nahm. „Nun, allzu viel weiß ich nicht über ihn. Er kam erst vor zwei Wochen mit einem Schiff aus England. Er brachte Nachricht vom König an Sir William, also, unseren Gesandten. Welche, weiß ich nicht. Es war ein Brief, aber ich vermute, dass es um Thomas Beckett geht, und dass man da mit dem Heiligen Vater verhandeln soll.“

„Ein wenig jung für einen königlichen Boten.“

„Ich glaube nicht, dass etwas weltbewegendes drin stand, ehrlich gesagt, aber das müsstet Ihr Sir William fragen. - Nun, Roger war ein erwachsener Mann, ein ausgebildeter Krieger. Jung, ja, aber die Familie der Maerie stammt aus Anjou und war König Heinrich treu ergeben. Überdies: bei den Aufständen, die Heinrich von den Baronen niederschlagen muss, dem Zwist mit dem König von Frankreich – er kann auf keine erfahrenen Leute in seiner Umgebung verzichten, denke ich.“

„Möglich, Sir John. - Roger kam also hier an, gab den Brief ab, und wurde Euch unterstellt? Sollte er länger hier in Rom bleiben?“

„Ja. Er sollte zum einen das Ergebnis der Verhandlungen wieder zu König Heinrich bringen, als auch ein wenig...nun, internationale Luft schnuppern, wenn Ihr wisst, was ich meine. Er hatte wohl eine glänzende Karriere als Gesandter vor sich.“

„Könnte dann auch jemand eifersüchtig auf diese Karriere gewesen sein?“

„Seien wir ehrlich, Pater Thomas: ein König mit dieser Landmasse benötigt jede Menge Boten und Gesandte. Einer mehr oder weniger....“ Er brach ab, denn die Tür wurde aufgerissen – nicht gerade das übliche Verfahren in diesem Haus.

Auch der Inquisitor war herumgefahren.

Ein Mann trat ein, in der bodenlangen Tunika und dem kürzeren Übergewand des Adels und Klerus, allerdings ohne Tonsur seiner weißen Haare: „Mein Name ist Marco di Cissano,“ sagte er kalt: „Ich komme von einer monatelangen Reise nach Hause und höre, dass vor wenigen Minuten meine Gemahlin verhaftet wurde.“

Sir John hätte fast sinnloserweise für einen Vampir Atem geholt. Der so genannte Gemahl donna Mariannas war eindeutig ein Artgenosse. Und hatte ihn die magische Macht des Ratsmitgliedes schon überrascht, so konnte er nun etwas feststellen, dass ihn an jenen Respekt erinnerte, den er als neugeborener Vampir seinem Meister entgegengebracht hatte: eine Macht, die man selbst praktisch nie erreichen konnte. Keine Chance, dachte er, auch nur durch den Bannkreis zu blicken, in dem dieser bestimmt uralte Vampir seine Tarnung wahrte. Keine Chance, wenn der Ernst machte. Das war mit Sicherheit ein Ratsmitglied, wahrscheinlich der älteste Vampir der sich noch nicht zurückgezogen hatte – und die beiden ranghohen Vampire hatten sich zusammengetan, um donna Marianna das Leben in der Unauffälligkeit zu erleichtern. So hob er ein wenig die Hand: „Ich heiße Euch in meinem Büro willkommen, don Marco di Cissano – Dies ist der Inquisitor, Pater Thomas.“

„Ich verstehe Eure Empörung durchaus,“ sagte der Geistliche ruhig, der allerdings wusste, wie hoch dieser Mann von der Kurie als sachlicher Diplomat geschätzt wurde: „Aber falls Ihr Platz nehmt, werden wir Euch berichten. Ich vermute, dass Ihr Eure reizende Gemahlin im Notfall auch vor Gericht verteidigen wollt. Darum mache ich Euch einen Vorschlag: wir drei ermitteln gemeinsam, als Ermittler, Ankläger und Hauptzeuge – jeder weiß, was die Anderen wissen. Und wir klären diese unselige Angelegenheit. Don Marco, ich möchte versichern, dass mir an der Wahrheit und nur an ihr gelegen ist.“

Der scheinbar sechzigjährige Mann nahm Platz, eine Geste, die Sir John, wenn auch nur ein inneres, erleichtertes Aufseufzen entlockte.

Kadash und Inquisitor Teil 3

Tatsächlich scheint Ihr ein recht neutraler Mann zu sei,, Pater Thomas“ ergänzte Marco di Cissano, wie sich der Kadash der Vampire im Augenblick nennen ließ.

„Ich bin ein Ermittler und sollte daher schon von Berufs wegen an Gerechtigkeit interessiert sein. Natürlich auch als Priester. - Sir John, vielleicht wäret Ihr so freundlich und fasst den Zwischenfall gestern noch einmal für Don Marco zusammen.“

„Natürlich,“ erwiderte der englische Vampir höflich. Doch, der Fremde war mit Sicherheit im Rat, ein unglaublich alter und mächtiger Artgenosse, dem der Respekt eines jeden zustand. Überdies schien er auch in seinem momentanen Leben Erfolg zu haben: er reiste im Auftrag der Kurie durch Europa, aber auf seinem Gewand zeigten sich nur scheinbar willkürlich verteilte bunte Aufnäher. Soweit er wusste nannte man das clavelli und galten als Auszeichnungen, die nur durch den Kaiser in Byzanz verliehen werden konnten. Er berichtete den Zwischenfall, das, was er bereits über den Toten erzählt hatte, und ergänzte: „Sir William, der englische Gesandte, schickte sowohl Roger Mairie auf sein Zimmer, als auch Eure Gemahlin nach Hause. Er wollte einen weiteren Eklat verhindern, zumal er nicht wusste, was geschehen war. Als man Roger heute morgen tot auffand, alarmierte er natürlich die Behörden.“

„Und es gibt keine sichtbare Todesursache?“ erkundigte sich der Kadash.

„Nein,“ antwortete der Inquisitor sofort: „Worauf natürlich schon einige törichte Leute leider in meiner Abteilung von Hexerei redeten. Was ich persönlich weniger glaube. Aber schon aus diesem Grund erschien es mir ratsam Eure Gemahlin ..nennen wir es in Schutzhaft zu nehmen. Ihr kennt die einfachen Bürger Roms. Sie sind leicht anzustacheln. - Bezüglich einer möglichen Todesursache hoffe ich bald mehr zu erfahren. Ich ließ den Verstorbenen zu einem medicus bringen, der sich auf Gifte spezialisiert hat.“

Der Kadash warf seinem menschlichen Kollegen einen raschen Blick zu: „Ihr habt ohne Zweifel interessante Bekannte für einen Mann der Kirche.“

„Es ist sehr nützlich, Don Marco, wissenschaftliche Methoden auch bei Kriminalfällen anzuwenden.“ Pater Thomas beschloss lieber zu verschweigen, dass es auch noch ein jüdischer Arzt war. Er wollte einen Fall klären, mit diesem einflussreichen Mann nicht in Streit geraten, da das schlecht für seine eigene Karriere gewesen wäre – und nicht selbst Probleme bekommen. Dass seine Art und Methode der Falllösung ungewöhnlich war, wusste er. Aber seine Vorgesetzten deckten ihn. Er war erfolgreich – und berief sich immerhin auf die logischen Lehren des Aristoteles.

Zu seiner Überraschung nickte Marco di Cissano: „Ich erkenne mit Freuden jemanden, der griechische Philosophen studiert hat, in diesem Fall wohl Aristoteles. Ich nehme an, Ihr meintet, Ihr klärt nicht nur wissenschaftliche sondern auch kriminalistische Fragen nach dessen Logik?“

„Ja, Don Marco.“ Der Pater war fast begeistert: „Was in der Wissenschaft richtig ist, kann bei Ermittlungen nicht falsch sein, nicht wahr? - Verzeiht, Sir John.“ Denn dieser dachte sichtlich nach. Der Inquisitor vermutete kaum bei einem englischen Krieger derartige Kenntnisse und erklärte hilfsbereit: „Man untersucht eine Behauptung, indem zuerst die für und die gegen sie sprechenden Argumente nacheinander dargelegt werden. Dann wird eine Entscheidung getroffen, welches Argument richtig oder falsch ist. Natürlich, mit Begründung.“ Er zögerte, da er nicht wusste, in wie weit er womöglich einen Mann, der nicht lesen und schreiben konnte, damit überforderte, aber der Kadash, der seinen Jahrtausende alten Artgenossen eher einschätzen konnte und sogar vermutete, dass dieser nicht nur Latein sondern auch Griechisch beherrschte, ergänzte mit einem leisen Lächeln:

„Behauptungen werden widerlegt, indem sie entweder als unlogisch oder als Ergebnis einer begrifflichen Unklarheit erwiesen werden oder indem gezeigt wird, dass sie mit offensichtlichen oder bereits bewiesenen Tatsachen unvereinbar sind.“

„Ich verstehe,“ sagte Sir John, ein wenig überrascht. Er hatte schon manchmal mit Toten zu tun gehabt in seinem langen Leben, sei es als Zenturio der römischen Armee oder auch als Landbesitzer in England, aber bislang war für ihn logische Philosophie und Ermittlungen eigentlich getrennt gewesen. Das war wohl eine neue kirchliche Schule der Wissenschaft. Nun ja, wenn Menschen logisch wurden, wäre das nicht schlecht: „Aber es wäre dennoch hilfreich, wenn wir uns Rogers Zimmer ansehen, nicht wahr? Ich befahl, dass Wachen davor bleiben, nachdem Eure Männer den armen Jungen herausgebracht haben. Es sollte also noch alles unberührt sein.“

„Ein vernünftiger Vorschlag,“ meinte der Kadash, wartete jedoch das Nicken des menschlichen Inquisitors ab, ehe er sich erhob.

So standen die drei Männer zweier unterschiedlicher Arten nur Minuten später in der kleinen Dachkammer, die man dem jungen Mann aus England zur Verfügung gestellt hatte.

Sir John erklärte: „Da Roger Mairie ein Bote des Königs war und auch wieder an den Königshof zurück sollte, erhielt er hier ein Einzelraum. Gewöhnlich schlafen unsere Wachen doch zu mehreren.“

Die Kammer war fünf Schritte breit und vielleicht acht lang. Auf der der Tür gegenüberliegenden Seite befand sich ein schmales Fenster, wie üblich offen, das Licht und Luft hereinließ. Auf der linken Seite des Raumes befand sich ein Strohsack, mit einem Leintuch abgedeckt, darüber eine Wolldecke, die am Fußende verknäult war. Auch das Laken verriet, dass der hier Schlafende von anderen aus dem Bett gezerrt worden war. Die persönlichen Habseligkeiten befanden sich in einer Truhe mit zwei Griffen unter dem Fenster.

„Kein Blut auf dem Lager,“ murmelte der Kadash vor sich hin, ehe er zu dem menschlichen Kollegen sah: „Es gibt Gifte, bei denen man Blut verliert, nicht wahr?“

„Ja.“ Der Pater sah sich um: „Offenbar ging Roger schlafen, nach dem Zwischenfall, und vermutete nicht, nie mehr aufzuwachen. Vielleicht doch ein natürlicher Tod. Obwohl er recht jung war. Aber das muss ich..müssen wir selbstverständlich beweisen.“

„Natürlich. - Sir John, habt Ihr schon die anderen Männer hier befragt?“

„Soweit ja,“ erwiderte der englische Vampir höflich: „Niemand sah einen Fremden oder eine Fremde. Allerdings bestätigen die Posten vor dem Saal die Bemerkung Eurer Gemahlin, dass Roger ein wenig wie betrunken wirkte. Nicht so auffällig, dass sie ihn aufgehalten hätten, freilich. Und als Königsbote war er zu diesem Fest zugelassen.“

„Die Aussagen entstanden im Nachhinein,“ wandte Pater Thomas prompt ein: „Und niemand gibt gern einen Fehler zu.“

„Nun,“ sagte John Buxton ein wenig gereizt, dass ihm von einem Menschen missliche Arbeit unterstellt wurde: „Ich sehe überdies auch hier im Raum weder Becher noch Karaffe. Essen und Trinken der Männer geschieht gemeinsam. Roger hatte an diesem Abend keinen Dienst also mag es sein, dass er Wein trank. Oder Bier.“

„Dennoch könnte es ein Hinweis sein,“ meinte Marco di Cissano ruhig: „Roger war – zumindest nach dem äußeren Anschein – nicht ganz nüchtern, als er in die Halle kam. Es sollte sich herausfinden lassen, was er zuvor gegessen und getrunken hat. Wenn das alles auszuschließen ist, muss er etwas anderes zu sich genommen haben, das eine solche Reaktion auslöste. Da sind wir uns alle einig.“

Inquisitor und Vampir nickten nur. Sir John wandte sich um: „Ich werde es abklären.“

Der Kadash unterdrückte in Lächeln. Ach ja, diese temperamentvolle Jugend seines Volkes. Wie alt mochte Sir John sein? Viertausend Jahre, dreieinhalb? Etwas jünger als Inanna schätzte er. Aber jedenfalls ein unauffälliger Mann mit offensichtlichem Wissen, denn er hatte mit Aristoteles ebenso etwas anfangen können wie mit seiner eigenen Stellung. Nun, er hielt ihn sicher für ein Ratsmitglied, würde aber wohl, wie alle, erschrecken, erführe er seine wahre Berufung als Ermittler, Richter und wenn nötig Henker aller Vampire.

„Ihr habt Recht, Don Marco,“ murmelte der Inquisitor: „Logisch vorgehen, ja. Und ich sollte Sir John nicht verprellen. Er gibt sich sicher Mühe, soweit ein Krieger solche Ermittlungen beherrscht. Ob er wohl Lesen kann?“

„Sicher, wenn er hier der Leiter der Wachen ist. Und er ist adelig. Oh, ich weiß, dass so mancher König nicht die Feder beherrscht, aber Sir John sollte ja vertrauliche Berichte schreiben können...nicht alles kann und mag man einem Schreiber sagen.“

„Da habt Ihr wiederum Recht, ja. Ein bedauerliches Vorurteil meinerseits gegenüber Kriegern. - Hm. Angenommen, Roger trank etwas zum Abendessen, nur das Übliche. Hier im Raum ist nichts, außer seiner Truhe. Sehen wir uns diese einmal an. Vielleicht hat er eine Medizin genommen, von der keiner etwas wissen sollte....Schlafmittel oder ähnliches.“

„Kann dies Euer medicus herausfinden?“

„Ich muss mich diesbezüglich auf sein Wissen verlassen. Aber falls man ihm einen Hinweis geben könnte...Manches findet nur, wer danach sucht.“

„Wie wahr.“ Der Kadash trat zu der Truhe und öffnete: „Kleidung...“

„Und das hier ist gewiss die Botentasche...das ist das Wappen der Plantagenet.“ Der Inquisitor nahm sie: „Sie sollte leer sein, da er den Königsbrief doch Sir William abgegeben hat....Ein Schreiben.“ Er nahm es: „Englisch, vermute ich. Eine weibliche Handschrift.“

„Das wird uns Sir John sicher ins Lateinische übersetzen können.“ Don Marco suchte rasch in den wenigen Kleidungsstücken: „Ein Dolch, kein Schwert....Sie werden es unten eingesammelt haben.“

Pater Thomas behielt den Brief in der Hand und musterte die Truhe: „Keinerlei Beutelchen, oder?“

„Nur der hier...und das sind Münzen.“ Der Kadash öffnete diesen: „Ja. Übrigens Geld des Patrimonium Petri. Roger scheint englisches Geld bereits getauscht zu haben.“ Es gab Händler, die das durchaus geschäftstüchtig an ihren Banco genannten Tischen taten. „Das hier ist eine Anweisung des englischen Königs...Nichts auffälliges. Er brauchte sicher Geld für seinen Aufenthalt hier.“

„Er kam vor zwei Wochen und wird sich sicher bereits etwas gekauft haben. Es sind doch Wochen der Reise. Womöglich ein Barbierbesuch, andere Annehmlichkeiten.Die Kleidung ist auch nichts ungewöhnliches für einen jungen Krieger, soweit ich sehe.“

„Hier eine Petschaft...aber das ist das Zeichen des Herzogs von Anjou, sicher sein Beleg der Königsbote zu sein. Nein, nichts ist verdächtig. Was seinen plötzlichen Tod nur um so rätselhafter macht.“

„Dann bleibt uns wohl nichts übrig als auf Sir John zu warten.“

„Ja. Denn die Männer werden ihm als ihrem Vorgesetzten sicher Auskunft geben, zumal sie sich mit ihm eher als mit uns verständigen können. Ich spreche kein englisch oder französisch.“

„Ich auch nicht,“ gab der Pater zu.

Kadash und Inquisitor Teil 4

Sir John war ein wenig beunruhigt durch die Gesandtschaft gestreift, auf der Suche nach einigen Männern, die ihm überaus vertrauenswürdig erschienen. Er wollte sich weder vor dem ranghohen Ratsmitglied und schon gar nicht vor dem menschlichen Pater blamieren.

Dabei bedachte er, dass sein Ärger über den Inquisitor wohl etwas übertrieben gewesen war. Zum einen musste Pater Thomas ermitteln, das war sein Auftrag, zum anderen hatte sich der Inquisitor als fair erwiesen. Zu allem Überfluss sollte er bedenken, dass der anscheinend in Italien geboren und aufgewachsen war, nur dort gelebt hatte, und dem schon die aquitanischen, geschweige denn englischen, Sitten mehr als eigen vorkommen mussten. Und es war nur ein Mensch, der in seinen vierzig oder maximal fünfzig Lebensjahren nicht so viel erlebt haben mochte – obwohl, wenn er praktisch für die Polizei des Patrimonium Petri arbeitete, mochte es durchaus sein, dass dem nichts Menschliches mehr fremd war.

Ah, da war ja Hunold, ein Mann aus dem südlichen Frankreich, der Gascogne, die zum Herzogtum Aquitanien gehörte. Heinrich von England war dort der nominelle Herzog, aber die Lehenseide waren alle auf seine Ehefrau Eleonore geleistet worden, die die letzte Erbin der Herzogsfamilie war. Sir John verstand die langue d´oc, die alte Spreche des Südens, einigermaßen, sprach sie jedoch nicht. Dennoch hatte ihm allein das einen gewissen Respekt der Krieger eingebracht, die von dort stammten und sich oft genug von den Engländern missachtet fühlten. Er gab sich Mühe, hieß es. „Hunold, komm doch einmal mit mir.“ In seinem Zimmer drehte sich der englische Vampir um: „Bleib nur stehen, wir sind Krieger und unter uns .- Du weißt, es gab einen Toten. Darum haben wir einen Inquisitor des Papstes im Haus, der natürlich wissen will, ob Roger ermordet wurde. Ein junger Mann,der plötzlich starb..Naja. Routine. - War Roger gestern bei euch beim Abendessen?“

„Oh, Schwierigkeiten für Euch? - Äh, ja. Er war ganz normal da. Ich hörte schon, er hat ein bisschen rumgemacht, da in der Halle?“

„Beim Abendessen war er noch...normal? Oder trank er mehr als alle?“

„Nein, wir hatten alle Bier...Ihr wisst ja, das kommt in diesen großen Krügen aus der Küche und wird auf den Tisch gestellt.“

Ja, und damit war es unmöglich nur eine Person zu vergiften, ohne dass mindestens drei oder vier andere soweit eingeweiht waren, dass sie an einen Streich glaubten. Unwahrscheinlich, dass dann bislang keiner davon etwas erzählt hätte. Immerhin war Roger tot.

„Äh, ich weiß nicht, ob das für Euch von Bedeutung ist, Sir John, oder ob ich mich auch irre...aber ich denke, Roger hat kein Fleisch gegessen, sondern etwas anderes. Aber ich bin mir nicht sicher, ich saß ein Stück weg. Ich hörte nur, dass William sich in der langue d´oc über ihn deswegen lustig machte – und die konnte der Roger ja nicht verstehen, er war aus Anjou.“ Für einen gesitteten Aquitanier fast das Ende der Welt – nun ja, des Kontinents. England war noch einmal schlimmer.

„Dann muss ich wohl mal mit William reden. Hat er Dienst?“ Sonst müsste er nachsehen.

„Nein, er hatte gestern Nacht Dienst und dürfte noch schlafen. Soll ich ihn herschicken?“

„Ja, so schnell wie möglich. Ich will den Römer aus der Gesandtschaft haben.“ Er wusste nur zu gut, dass alle Untertanen König Heinrichs trotz aller Animositäten untereinander Misstrauen gegen Welsche, wie man Italiener nannte, hegten.

„Schon klar.“

Kaum allein ließ John Buxton mittels eines Dieners den Inquisitor und das Ratsmitglied in sein Zimmer bitten, um sie auf den neuesten Stand zu bringen.

„Dann sehen wir mal, was er gegessen hat,“ erklärte Pater Thomas. „Und ich hoffe, ich bekomme bald Nachricht vom medicus.“ Den Brief behielt er einstweilen in der Hand. Sie sollten unvoreingenommen die Berichte hören.

Nur wenige Minuten später kam der Krieger namens Wilhelm oder William, selbstverständlich unbewaffnet, und neigte höflich den Kopf – sichtlich nur vor seinem Befehlshaber.

„Es geht um Roger, wie du sicher schon gehört hast,“ sagte Sir John daher auch nur auf englisch: „Du hast dich über ihn gestern beim Abendessen lustig gemacht, weil er etwas anderes aß als du?“

„Naja, Sir John, nicht deswegen....“ Der Gascogner war froh auf englisch reden zu können, auch, wenn er es mit schwerem Akzent sprach. Immerhin verstand der Mönch und der andere unheimliche Kerl das dann nicht, so wie die guckten. „Ich meine, wir bekamen Hähnchen und Brot. Die Küche hier ist in Ordnung, wisst Ihr. Und er brachte so eine Schüssel mit. Bohnen mit. Oder Linsen oder so ein Eintopf, wie ihn nur arme Bauern essen.“ Und er war stolz drauf etwas Besseres geworden zu sein, fast so wie die Adeligen essen zu können.

„Er brachte ihn selbst mit?“ erkundigte sich John Buxton verwundert.

„Ja, er sagte, nachdem er wohl merkte, dass ihn alle anguckten, er habe sich das von zuhause mitgebracht und hier in der Küche machen lassen. Sehr eigenartig.“

„In der Tat, William. Aber das war wohl auch Rogers Sache. Ein Eintopf, also. Dazu trank er Bier?“

„Ja, klar. Alle vier aus einem Krug....“

„Gut.“ Sir John drehte sich um und dolmetschte das Ergebnis: „Ich denke, Wilhelm, William, kann gehen und wir reden einmal mit dem Koch.“

Der Inquisitor nickte: „Ich verstehe nur nicht....was will Roger sich aus England zu essen mitgebracht haben? Und wozu?“

„Das werden wir wohl in der Küche erfahren,“ erwiderte der Mann, der sich momentan Marco di Cissano nennen ließ. „Immerhin dauert allein die Überfahrt zwei Wochen. - Wie heißt der Küchenchef?“

„Mortimer,“ antwortete Lord John sofort, um entschuldigend zu ergänzen: „Es arbeiten aber eine Menge Leute im Haus, die aus Rom stammen.“ Nur, wer in diesen Zeiten, würde sich eine italienischen Küchenchef beschaffen? Das hieße ja Gifte förmlich ins Haus zu ziehen. Nun gut. Offenbar war etwas so oder so schief gelaufen und er hoffte nur, dass er Sir William als Gesandtem berichten konnte, dass der Inquisitor nach einer routinemäßigen Überprüfung wieder abgezogen sei. Immerhin war er hier für die Sicherheit verantwortlich.
 

Mortimer war alles andere als begeistert gleich drei vornehme Herren wegen eines Todesfalls sprechen zu sollen, einer davon immerhin Engländer.

Er bestätigte, dass Roger zu ihm in die Küche gekommen sei: „Er bat mich, das für ihn zu kochen und reichte mir einen Beutel. Es waren Pilze, getrocknete Pilze. Ich war ein wenig verwundert, aber er meinte, seine Mutter habe die ihm mitgegeben und er wolle was englisches haben. Also, als ob meine Küche nicht sehr gut wäre! - Aber er war wohl noch nie weg von zu Hause...“

„Unwahrscheinlich,“ meinte Sir John: „Adelige Jungs kommen in andere Familien, sobald sie sieben sind, um dort erzogen zu werden.“

„Mag sein, ich bin kein Vornehmer. Äh, ja, entschuldigt, Sir John...“

Der ignorierte auch den letzten Satz, übersetzte jedoch für die Italiener ins Latein.

„Getrocknete Pilze?“ Pater Thomas hob die Brauen: „Aus England? Nun ja, sie mögen das aushalten, aber fragt ihn doch, ob sie in Ordnung aussahen. Es war eine Reise über das Meer und es ist dort sicher auch Feuchtigkeit...“

Der englische Vampir fragte den Koch und erklärte dann: „Sie waren trocken, sahen ordnungsgemäß aus und rochen auch einwandfrei. Mortimer meint, dass er sie sonst nicht verarbeitet hätte. Seiner Meinung nach handelte es sich um Perlpilze. Sie wachsen nicht hier, eher im Norden, England oder im Kaiserreich.“

Der Inquisitor strich nachdenklich über seine Tonsur: „Gibt es Verwechslungsmöglichkeiten?“

„Ja,“ erwiderten beide Vampire aus einem Mund, ehe John fortfuhr: „Soweit ich weiß gibt es da einen Katzenpilz, nein, Pantherpilz. Aber der führt nur zu Übelkeit, nicht zum Tode.“

„Dosis facit venenum,“ erklärte der Priester unverzüglich: „Die Dosis macht das Gift. Fragt doch den Koch.“

Aber auch Mortimer gab an, dass seines Wissens diese Pilze nur krank machen würden. Außerdem habe er darauf geachtet, dass alle gleich aussahen. Sie waren in Ordnung. Und überhaupt, Roger hatte ja angegeben, sie seien von seiner Mutter und die müsse das doch gewusst haben.
 

„Fragt doch Euren Arzt, Inquisitor,“ schlug der Kadash vor: „Es ist immerhin ein Hinweis und manche Pilze verursachen auch Halluzinationen,“

„Ja. Sobald er kommt....oh, Sir John, Ihr solltet vielleicht den Wachen am Tor Bescheid geben, dass ein Mitarbeiter meinerseits kommt. Er besitzt einen Passierschein, dass er für die Kurie arbeitet.“

„Das werde ich sofort veranlassen. - Mortimer ist entlassen? Gut. Dann darf ich die Herren in mein Arbeitszimmer bitten.“

„Wenn Ihr die Wachen informiert habt, übersetzt uns doch diesen Brief. Er ist vielleicht von Rogers Mutter und könnte Licht in diese Pilzsache bringen. - Perl- und Pantherpilze, also.“ Pater Thomas klang nachdenklich.

„Domini canis...“ meinte der Kadash und der Inquisitor fuhr zu ihm herum:

„Was soll das heißen?“

„Sir John sieht ein wenig überrascht aus,“ erklärte der Mann, der sich Marco di Cissano nennen ließ: „Es ist ein italienischer...Scherz. Pater Thomas, wie die meisten Inquisitoren der Kurie, ist Dominikanermönch. Darum nennt man sie auch domini canis – die Hunde des Herrn.“ Und fast ein wenig entschuldigend fuhr er fort: „Es ist eigentlich ein Lob, denn sie suchen jeden Verbrecher. Aber mir will scheinen, dass das die Dominikaner selbst anders sehen.“

Pater Thomas atmete tief durch: „Nun, ich will annehmen, dass Ihr das als Lob meintet. Manche sehen es in der Tat anders. - Sir John, wenn ich bitten darf...“

Der ging eilig seine Wachen informieren. Der so ranghohe Vampir hatte den so genannten Scherz nicht umsonst gemacht und den Inquisitor ärgern wollen. Nur, warum? Und – was hatte das für ihn und vor allem seine Männer zu bedeuten?

Kadash und Inquisitor Teil 5

Pater Thomas setzte sich langsam, dabei einen, wie er hoffte, unauffälligen Blick auf den Mann werfend, den er als Marco di Cissano kannte. Er mochte Mitglied der Inquisition sein, Dominikanerpater, aber er wusste nur zu gut um die politischen Fallstricke, die in Rom auf übereifrige Leute warteten. Schon darum hatte er sich sorgfältig und unter der Hand nach dem Gatten der Frau erkundigt, die an diesem Zwischenfall beteiligt gewesen war. Was er gehört hatte, hatte ihn nicht gerade beruhigt. Di Cissano galt als politischer, diplomatischer Vertreter der Kurie. Natürlich war das offiziell immer ein Nuntius, ein geistlicher Gesandter, auch dessen engstes Gefolge, aber jetzt zum Reichstag nach Würzburg oder vor allem in Verhandlungen nach Byzanz, wurde di Cissano stets mitgeschickt. Es hieß, er hätte hervorragende Kontakte am Kaiserhof zu Byzanz, ja, genoss das Wohlwollen des Kaisers. Nun, das konnte er bezeugen. Diese Kleideraufnäher, clavelli, erhielt man nur mit Wissen und Zustimmung des Byzantiners. Überdies hatte ihm sein Gewährsmann berichtet, gäbe es Gerüchte, di Cissano habe aus erste Ehe einen Sohn in Byzanz, angeblich von einer illegitimen Kaisertochter. Nun, ein Sohn aus erster Ehe würde erklären, warum er an donna Marianna festhielt, obwohl sie ihm keine Nachkommen geschenkt hatte, ja, er hatte nicht einmal Geliebte. Kurz, das war ein einflussreicher Mann. Die Kurie, aber auch jeder Papst, gleich, ob´sich nun Alexander oder Paschalis durchsetzen würde, würde ihn Ärger mit dem Schwiegersohn des oströmischen Kaisers spüren lassen.

Pater Thomas begegnete dem Blick des Anderen. Ja, der wusste, was er dachte: „Ich vermute, Ihr habt diesen...Scherz nicht umsonst gemacht.“

Ah, er suchte den Grund. Sehr gut, dachte der Kadash, erwiderte jedoch: „Ihr spracht von Aristoteles.“

Der Pater neigte den Kopf, Dank und Entschuldigung: „Natürlich. Ihr wolltet sehen, ob ich es nur rede sondern auch entsprechend handele.“

„In der Tat. Ihr seid ein sehr fähiger Mann, Pater Thomas.“

„Nun, ich frage mich, ob Ihr noch immer dieser für mich überaus schmeichelhaften Meinung wäret, würde ich Eure Gemahlin überführen.“

„Letzteres halte ich doch für überaus unwahrscheinlich, Inquisitor. Jedoch müsste ich auch in diesem Fall Eure Neutralität und Sachkunde schätzen. Fähigkeit bleibt Fähigkeit, auch, wenn sie sich gegen einen selbst richtet.“

„Das ist wahr. - Ihr sprecht wohl recht fließend griechisch?“

„Nun, ebenso wie Latein.“ Wie alle Vampire lernte auch der Kadash die jeweilige Sprache seines neuen Heimatlandes, in diesem Fall Latein und nun Italienisch, früher griechisch, phönizisch und viele andere Sprachen, die inzwischen im Dunkel der Geschichte verschwunden waren. Donna Innana war glücklich, wenn sie in Momenten, in denen sie sich sicher unbelauscht wussten, mit ihm die alte Sprache von Uruk sprechen konnte. Sie hing noch immer sehr an ihrer Heimat Mesopotamien. Nun, er wusste nur zu gut, dass er seit Jahrtausenden die seine nicht erreichen konnte. Erst in einiger Zeit würde er wieder dorthin gelangen können. Es lag einfach zu weit abseits und seit sich vor mehr als zehntausend Jahren der Meeresspiegel derart gehoben hatte, waren die Wege über die See verbaut. Erst bessere Schiffe würden es wieder ermöglichen. Es war ein schlichtes Wunder gewesen, dass er es weg bis zu den Inseln nördlich geschafft hatte – und die Strömungen würden ihm bei der Heimfahrt nicht helfen. Immerhin wusste er, dass es dort keine Vampire gab. Sein Meister hatte nur ihn ausgewählt und ausgebildet, als er feststellen musste, dass er auf dieser, wenngleich großen, Insel quasi gefangen saß. Unmöglich für den Kadash der Vampire, dessen Aufgabe ja die Sicherheit des verborgenen Volkes und damit der Regel der Unauffälligkeit war. So hatte er ihn ausgebildet und auf eine Fahrt geschickt, die im besten Fall bedeutete, dass es wieder einen Kadash gab – im schlimmsten Fall jedoch, dass es eben keinen Vampir mehr gab, der die alten Fähigkeiten besaß und kannte. Es hatte soweit funktioniert, aber er selbst suchte schon lange einen würdigen Nachfolger. Und dazu gehörten eben auch Fähigkeiten, die niemand erwerben konnte. Das musste angeboren sein. Und leider hatte er weder unter Menschen noch Vampiren bislang jemanden gefunden. Obwohl er des Lebens müde wurde, sich gern zurückgezogen hätte. Aber, das war ihm versagt. Kadash der Vampire zu sein war ein hartes Los.
 

Sir John kam zurück, ein wenig erleichtert, dass die beiden Männer nur schweigend beisammen waren: „Die Wachen wissen Bescheid,“ meldete er: „Soll ich nun den Brief übersetzen?“

„Ja, bitte.“ Der Pater reichte ihm ihn: „Von einer Frau.“

„Ja. Moment.“ Der englische Vampir überflog die Zeilen, ehe er aus dem Normannischen in Latein zu übersetzen begann: „Von seiner Mutter. Lieber Roger, ich hoffe, dass dich dieser Bote noch vor deiner Einschiffung erreicht. Ich habe mit Freude gehört, dass dich der König unter seine Boten aufgenommen hat. Das beutetet ein großes Vertrauen in dich. Wenn du es rechtfertigst, steht dir gewiss eine große Karriere offen. Dein Vater und deine Brüder wären stolz auf dich.“

„Moment, Sir John,“ unterbrach der Kadash: „Wären?“

„Ja, sie verwendet den Konjunktiv.“

„Das bedeutet,“ meinte der Inquisitor: „Sowohl sein Vater als auch mindestens zwei Brüder, mutmaßlich älter, sind tot.“

„Ja,“ gab der englische Vampir zu: „Hier heißt es weiter: Bitte, mach dir keine Sorgen um mich und Adelaide...das scheint die Schwester zu sein. Ich bin finanziell zwar nicht besonders gut gestellt, wie du weißt, musste ich fast alle Dienstboten bis auf Mary, meine alte Zofe, entlassen, aber das wird sicher besser. Adelaide hat eine Stellung als Ehrendame der Prinzessin Joanna zugesagt bekommen, damit ist sie ebenfalls am Hofe und gut untergebracht. Ich hoffe, sie wird eine gute Partie machen und so auch für sich selbst und ein wenig für mich sorgen können. Überdies hoffe ich auch, dass du, wenn du aus diesem Italien zurück bist, auch mich ein wenig unterstützen kannst. Dir ist ja bekannt, dass ich schon lange, sobald mich keine Pflichten mehr hindern, mich in ein Kloster zurück ziehen möchte. Aber dazu muss ich mich einkaufen. Anbei schicke ich dir getrocknete Pilze aus dem Wald hier direkt vor der Tür, wie du sie immer so gern gegessen hast. Falls du in diesem fernen Rom Sehnsucht nach Anjou oder auch nur England bekommst, kannst du sie dir sicher zubereiten lassen. Es sind Perlpilze, ganz feine, und ich weiß, dass sie dir schmecken werden.“ Sir John sah auf: „Wenn mir die Herren zustimmen...die Mutter hat sie wohl selbst gepflückt, wenn sie alle Diener entlassen musste.“

„Hm. Sie könnte einen Fehler gemacht haben,“ erwiderte der Inquisitor: „Aber der Koch hier bestätigte, dass es sich um Perlpilze handelte.“

„Überdies: einen Fehler, ja.“ Der uralte Vampir dachte nach: „Aber wir waren uns doch alle einig, dass selbst, wenn sich eine Verwechslung eingeschlichen hat, diese nicht tödlich wäre. Wenn Euer medicus kommt, Pater Thomas, fragt ihn doch einmal genau danach.“

Der Inquisitor nickte: „In der Tat. Diese Pilze sind bislang die einzige Spur was passiert sein könnte – falls man von dem unwahrscheinlichen Fall absieht, dass Eure Gemahlin sein Blut getrunken hat und ihn anschließend verhexte. Wie erwähnt glaube ich nicht an so etwas. Das tun nur Dummköpfe. Aber, das muss man leider sagen, haben auch die Dummköpfe des einfachen Volkes von der Straße eine gewisse Macht.“ Die Päpste hatten die Vatikanfestung, die Engelsburg, ja hauptsächlich wegen der aufrührerischen Römer gebaut, nicht wegen auswärtiger Feinde. „Weiter, Sir John.“

„Nur noch beste Wünsche, eine Gruß wohl von einem Pater...das war es. Außer, dass wir den Beweis haben, dass die Mutter die Pilze wohl selbst pflückte und kaum ihren einzigen überlebenden Sohn vergiften wollte....“ Sir John sah auf: „Ich glaube auch, dass der medicus hier weiterhelfen kann. Wenn er denn bald kommt.“

„Das wird er. Und er wird auch den Toten wieder mitbringen, so dass Ihr veranlassen könnt, dass er begraben wird.“ Pater Thomas nickte etwas: „Perl- und Pantherpilze waren mögliche Verwechselungskandidaten. Nun, wir werden sehen.“

Sir John lächelte ein wenig: „Ich beginne da Bezeichnung Inquisitor als Lob zu sehen, Pater Thomas.“

„Danke,“ sagte der Dominikaner schlicht.

Aber Sir John erkannte bei dem sogenannten Marco di Cissano, diesem so alten Vampir, dass er in ihm ein Ratsmitglied mehr als vermutete, ein seltsames Lächeln. Was dachte der – oder genauer, was war der? Er warf ihm einen forschenden Blick zu – und dessen Lächeln verstärkte sich. John war mit seinen viertausendfünfhundert Jahren alt genug um zu spüren, wann etwas falsch lief. Und das tat es in Bezug auf diesen Mann eindeutig. Donna Marianna war eine alte Vampirin, älter als er selbst...aber das hier...wie alt war dieser Unbekannte? Fünftausend, siebentausend, zehntausend Jahre? Was hatte der alles gesehen und erlebt? Aber es wäre nach der Sitte aller Vampire mehr als unhöflich gewesen das zu fragen. Überdies war ja immer noch der Inquisitor, der Mensch, anwesend.

Kadash und Inquisitor Teil 6

John Buxton stand nachdenklich bei den beiden anderen Männern, ehe er meinte: „Ich habe eine Idee, wenn Ihr nichts dagegen habt, Pater Thomas.“

„Nein,“ antwortete der Inquisitor sofort, wenngleich mehr ehrlich als taktisch klug: „Ich kann sie ja noch immer ablehnen...“

Der Vampir ignorierte das: „Ich habe bereits die Wachen befragt, die an der Halle standen und sie bestätigten ja auch, dass Roger...wie betrunken gewirkt habe. Umgekehrt erschien er den Anderen bei Tisch vollkommen normal. Ich könnte versuchen jemanden zu finden, der ihn dazwischen gesehen hat Oder auch danach, nachdem ihn Sir William des Saales verwies, ehe er heute morgen gefunden wurde. Sicher, es hat sich niemand gemeldet, aber womöglich hält derjenige seine Beobachtung auch für vollkommen nebensächlich.“

„Ja, tut das. Zu Euch haben Eure Männer doch mehr Vertrauen als wenn ich sie befrage,“ erwiderte der Ermittler der Kurie: „Überdies – ich spreche kein Englisch oder Normannisch.“

Der Engländer warf einen raschen Blick auf das mutmaßliche Mitglied des Hohen Rates. Der Kadash nickte ebenfalls, schwieg jedoch. So ging Sir John.

„Es können eigentlich nur die Pilze gewesen sein,“ sagte Pater Thomas nachdenklich: „Aber das wäre unmöglich. Darum muss es eine andere Lösung geben. Und die Idee Sir Johns ist gut. Er denkt mehr, als ich es von Kriegern gewohnt bin. Nun, ich erwähnte bereits, dass es wohl ein Vorurteil meinerseits ist.“

„Vorurteile schleichen sich immer wieder ein, bei jedem,“ sagte der Kadash aus wahrlich langer Erfahrung. „Das ist gewöhnlich. Ungewöhnlich an Euch, Pater, ist es, dass Ihr sie an Euch selbst erkennt und, nennen wir es, über Bord werfen könnt. Ein Grund Euch zu schätzen.“

„Das Kompliment kann ich zurückgeben. Während wir auf den medicus und Sir John warten könnten wir uns ein wenig mit Aristoteles beschäftigen....“

„Nur zu gern.“
 

Als Sir John zurückkehrte fand er sein Zimmer leer, jedoch einen Diener davor, der ihm mitteilte, dass vor wenigen Minuten die Herren zur Pforte gebeten worden waren, da der medicus eingetroffen sei. So beeilte er sich hinab zu kommen. Zu seiner gewissen Überraschung war der medicus in einen braunen Umhang mit Kapuze gehüllt, der ihn einem Mönch ähnlich sehen ließ. Den Grund konnte er sich freilich vorstellen, als er unter dem Ärmel etwas Gelbes aufblitzen sah. Gelb trug kein ehrlicher Bürger oder gar Adeliger. Es musste sich also um jemanden handeln, der aus der Gesellschaft ausgeschlossen waren. Medicus, ja? Dann konnte es nur ein jüdischer Arzt oder auch ein Henker mit medizinischen Kenntnissen sein.

Pater Thomas nickte ihm zu: „Ah, Sir John. Hört nur mit. - Weiter.“

Der Arzt nickte, ehe er sachlich fortfuhr, obwohl ihm die Lage nicht sonderlich gefiel. Der Umgang mit einem Inquisitor war stets heikel, aber auch noch in einer fremden Gesandtschaft...Er hatte jedoch wenig Wahl. Pater Thomas schätzte und schützte ihn: „Wie bereits erwähnt fand ich Nachweise, dass dem Toten übel war, er wohl auch Durchfall hatte. Pilzvergiftung mag das durchaus auslösen...Perlpilze, sagtet Ihr, Pater.“

„Pantherpilze sehen ihnen sehr ähnlich,“ warf der so genannte Don Marco di Cissano ein: „Nach meinem Wissen führen sie zu solchen Folgen, aber nicht zum Tod.“

„Dosis facit venenum, edler don. Die Dosis macht das Gift. Allerdings,“ gab der medicus zu: „Es müsste schon eine Reihe an Pantherpilzen gewesen sein, bei einem so jungen Mann.“

„Seine Mutter pflückte und trocknete sie. Er war ihr einziger überlebender Sohn.“ Der Inquisitor nickte: „Gibt es andere Pilze, die zu solchen Verwechslungen führen können?“

„Keine, die sich wirklich so ähnlich sehen,“ sagte der medicus sofort: „Es sei denn in England oder der Normandie wachsen welche, die ich nicht kenne.“

„Nein,“ erwiderte John Buxton augenblicklich: „Keine, die ich je sah. Und Pilze sind bei uns häufig.“

„Oh, Sir John..in dieser Truhe ist der Tote. Ihr könnt die Beerdigung vorbereiten lassen.“ Pater Thomas wusste, dass niemand Tote in seinem Haus schätzte: „Ich fürchte, mit dem Bericht des medicus haben wir alles von Roger Mairie erfahren, was man noch erfahren konnte. Habt Ihr noch Neuigkeiten?“ Er sah zu dem Engländer.

„Passend zu der ärztlichen Diagnose, ja. Jemand sah Roger gestern Abend im Hof bei dem gewissen Häuschen. Wenn er Durchfall und Erbrechen zeigte war das wohl die Ursache. Danach ging er in sein Zimmer, wo er dann auch starb.“

„Gift also, und die Pilze sehen als die Hauptverdächtigen aus. Nur, wieso? Seine Mutter wollte ihn kaum vergiften. Könnte der Koch eine fehlerhafte Zubereitung begangen haben?“

„Mortimer ist seit Jahren hier. Und er ist wirklich erfahren.“

„Nun gut, lasst den Toten beerdigen. Danke,“ wandte er sich an den Arzt: „Ich kümmere mich um den Schutzbrief.“

„Danke, Pater.“ Der medicus verließ den Raum in der Hoffnung, dass sein Schutzherr auch die anderen beiden Männer davon abhalten könnte ihn verfolgen zu lassen. Ärzte lebten durchaus gefährlich – sie kamen mit Toten in Verbindung und mancher warf ihnen vor die Verursacher zu sein. Und jüdische Ärzte waren noch einfachere Ziele. Sich mit einem Inquisitor gut zu stellen war nicht nur für einen selbst lebenserhaltend sondern für die gesamte Gemeinde.
 

„Die Pilze.“ Der Kadash klang nachdenklich.

Der Inquisitor zuckte die Achseln: „Wir sind uns einig, dass Perlpilze nicht gefährlich sind und Pantherpilze nicht tödlich.“

„Ja. Aber der medicus hatte recht. Die Dosis macht das Gift. Pantherpilze verursachen Erbrechen und Durchfall, dazu auch Halluzinationen. Nicht den Tod...und das meine ich mit Fragezeichen.“

„Die Dosis...“ Pater Thomas richtete sich auf: „Kann sich eine Mutter so irren?“

„Ah, Ihr versteht. Nun, fragen wir den guten John, wenn er zurück kommt. Er macht auf mich einen sehr vernünftigen Eindruck, auch ohne Aristoteles – und damit wohl auch etwas lebensnaher.“ Und ein mehr als viertausend Jahre alter Vampir besaß Lebenserfahrung. Es war sowieso erstaunlich, dass er selbst von John noch nie gehört hatte – der verstand es anscheinend in der Tat seine Tarnung zu wahren.

„Als unsereins? Möglich, don Marco. Und es gilt noch immer der alte Rechtsgrundsatz: Keine Schuld ohne Bewusstsein der Schuld. Unfälle passieren. Aber das würde auf jeden Fall die Unschuld Eurer Gemahlin bedeuten. Nun, nicht, dass ich das nicht sowieso vermutete.“

„Danke, Pater. Jedoch....Ihr benötigt eine Erklärung.“

„Ja. Aber ein Unfall würde genügen, wenn er glaubhaft ist. Wer auch immer der Papst in einem Jahr ist, wird gegenüber dem englischen König nicht neben diesem Beckett einen zweiten Streitpunkt vom Zaun brechen wollen.“

„Das ist wahr. Und es sollte eben auch eine plausible Untersuchung stattgefunden haben. Sir John wird Euch da sicher behilflich sein.“

Ja, dachte Pater Thomas. Marco di Cissano war ein geschulter Diplomat. Und er hatte recht. Er selbst hatte sich durchaus Unterstützung erhofft, als er den englischen Sicherheitsbeauftragten gestattete mit ihm zu kommen. Natürlich wäre es taktisch unklug gewesen, einer Bitte des Gesandten nicht zu folgen, aber er hatte sich auch absichern wollen. Nun, dieser John Buxton schien intelligenter zu sein, als er auch nur erwarten konnte. Und das würde den Fall so oder so sicher abschließen lassen, zumal wenn der Ehemann der Beschuldigten der Inquisition keine weiteren Probleme wegen der falschen Verdächtigung machen wollte.
 

John Buxton gab nur den Befehl den Toten zum zuständigen Friedhof außerhalb des Viertels zu bringen und dem Gesandten Mitteilung zu machen, ehe er zu den anderen Beiden zurückkehrte. Zum Einen war er neugierig auf den fremden Vampir, zum Zweiten hatte er durchaus der Gefühl die Sache nähere sich dem Ende und er wollte das nicht verpassen – schon um gegebenenfalls seiner Pflicht nachzukommen Sir William und die gesamte Gesandtschaft zu schützen. So kam es nicht ganz unerwartet, dass der Inquisitor ihn ansprach, sobald er zurückkehrte:

„Ihr kennt diese Pilze auch aus eigener Anschauung.“

„Ja. Sie wachsen im Reich, aber eben auch in England. Und es passierte einmal ein Zwischenfall, als einer meiner Männer damals Pantherpilz aß. Er zeigte die Symptome von Übelkeit und Erbrechen, erholte sich jedoch rasch wieder.“

„Sagen wir, es war ein Korb Pilze, und zwei falsche darunter?“

„Möglich. Es ist Jahre her, das weiß ich nicht mehr so genau.“ Er musste ja nicht erwähnen, dass diese Vergiftung sich im Rheinland zugetragen hatte, als er mit seiner Legion in Colonia Agrippina stationiert gewesen war, ehe sie an die Nordgrenze des Imperiums nach England zurückkehrten, um den Hadrianswall zu bauen und zu bewachen – der Beginn einer gewissen Zuneigung für dieses raue Land um York. Er bemerkte den etwas amüsierten Blick des möglichen Ratsmitgliedes. Konnte der sich das denken? Zumindest, dass das nicht erst ein oder zwei Jahre zurücklag? Bestimmt. Das war ein alter und mächtiger Vampir, älter als er selbst, viel älter – vielleicht der Älteste unter allen, die sich noch nicht zurückgezogen hatten. Der konnte ihn und sein Alter bestimmt einschätzen. Aber da war etwas anderes wichtiger: „Ihr glaubt an eine Verwechslung? Durch Rogers Mutter? Warum hätte er daran sterben sollen? Er war jung und offenbar gesund.“

Inquisitor und Kadash sahen sich an, ehe Pater Thomas meinte: „Ja, eine Verwechslung. Aber eben nicht ein Pantherpilz und dreißig Perlpilze, sondern praktisch andersherum. Darum ist auch dem Koch nichts aufgefallen. Sie sehen sich, gerade getrocknet, wohl sehr ähnlich.“

„Bedenkt,“ ergänzte Marco di Cissano: „Die Dame hat ihr Personal entlassen und kannte sich wohl nur einigermaßen aus. Wenn sie im Wald nun eine Lichtung mit identischen Pilzen findet, wird sie sie für essbar gehalten haben, eben für Perlpilze. Die wenigen, die ähnlich aussahen, ließ sie stehen....Versteht Ihr? Menschen lassen sich leicht durch die größere Zahl in die Irre führen.“

John Buxton nickte: „Und ein ganzer Topf Pantherpilze würde eben auch durch Erbrechen und Durchfall einen Körper belasten. Ein Unfall – über tausende von Meilen hinweg. In jedem Fall hat dann Eure Gemahlin nichts mit der Sache zu tun. Pantherpilze verursachen ja auch Halluzinationen.“

„Gut.“ Der Inquisitor neigte den Kopf. „Wenn wir uns einig sind, werde ich meinen Bericht entsprechend abfassen – und natürlich eine Sänfte schicken, die donna Marianna nach Hause holt. Sir John, Ihr unternehmt es freundlicherweise den Gesandten ins Bild zu setzen? Bei Bedarf kann ich ihm auch eine Abschrift meines Berichtes zukommen lassen.“

„Das wäre freundlich, ja, Pater Thomas. Roger war immerhin Bote unseres Königs, das sollte offiziell werden.“ Der englische Vampir öffnete höflich die Tür, wartete, bis der Dominikaner an ihm vorbei war und sie wieder geschlossen, ehe er sich umblickte: „Ich glaube, damit ist die Sache auch erledigt, don Marco.“

„Ja. Ich glaube nicht, dass der Rat davon erfahren muss.“

„Dennoch: ein sehr einfacher Schluss...Eine Deutung, ja, aber es gäbe auch andere.“

„Pater Thomas ist zufrieden, denn er hat eine ordentliche Ermittlung und einen Abschlussbericht, der medicus ist zufrieden, denn er hat seine Aufgabe gelöst und ich denke, er genießt weiterhin den Schutz der Kurie, Euer Koch dürfte zufrieden sein, dass er nicht das Bauernopfer wird, Euer Gesandter ist zufrieden, denn er hat keinen Fehler begangen, Euer König ist zufrieden, denn es wurde durch eine ordentliche Ermittlung ein Unfall nachgewiesen, dem man niemandem verübeln kann, ich, wir sind zufrieden, dass Inanna als Mitglied des Hohen Rates nicht mehr kompromittiert ist und so die Regel der Unauffälligkeit gewahrt wird...Besser so als jemand falsch verdächtigt, nicht wahr, Sir John? Es mag ein wenig...voreilig sein, ja, unmoralisch, nicht die komplette Wahrheit herausfinden zu wollen, aber manchmal ist der Schritt vor der absoluten Wahrheit der bessere. - Ich würde Euch dennoch gern einmal zu uns bitten. Ihr seid ein recht alter Vampir und mich wundert, dass Ihr bislang keine Einladung in den Hohen Rat erhalten habt.“

„Kein Interesse. Ich schätze meine Bücher und lerne gern dazu. Mehr nicht.“

„Einen so sachlichen und nüchternen Mann könnte man gut gebrauchen, zumal sich einige des Rates zurückziehen wollen. Nun, ein wenig plaudern wäre auf jeden Fall angenehm für alle drei von uns. Inanna...ich meine, Marianna, lernt ebenfalls gern.“

„Ihr nicht?“ Nun, er konnte ihn unmöglich nach seinem Alter fragen.

„Ich bin kein Ratsmitglied, Sir John, was Ihr höflicherweise nicht fragen wollt. Sagen wir, ich bin unser Inquisitor.“ Er bemerkte, dass der Andere leicht erstarrte. „In der Tat. So reagieren die meisten Vampire.“

Er hatte es sich fast schon gedacht: „Verzeiht, Kadash. - Obwohl ich zugebe, dass Inquisitor netter klingt. Neutraler.“

„Man könnte es dem Rat ja einmal vorschlagen, das als zweiten Titel in Umlauf zu bringen“

Das klang fast erheitert und so erkundigte sich John: „Darf ich fragen, aus welcher Sprache eigentlich der Titel Kadash kommt?“

Dieser lächelte: „Fragen dürft Ihr, aber das weiß ich nicht und wusste auch mein Meister nicht. Es ist ein Wort aus einer einst menschlichen...hm..Sprache, lange ehe es richtige Sprachen gab. Womöglich sogar noch aus der Zeit, als sich unsere Linie der Jäger von der der Menschen trennte. Jahrhunderttausende alt. - Seht doch wirklich einmal Abends bei uns vorbei.“

„Gern.“ Und beileibe nicht nur, weil man dem Kadash nichts abschlagen konnte. Das würden sehr interessante Gespräche werden und sehr lehrreich.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich werde wohl demnächst doch noch eine Kurzgeschichte um Lord John bringen.
In den Kurzgeschichten soll das Leben der Vampire ausserhalb der Krimis gezeigt werden - und, dass das ncith immer einfach war.

Frohe Weihnachten

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Dann sehen wir mal, wie sich Seine Lordschaft schlägt...

Das bringt das nächste Kapitel.
Bei den historischen Fakten beziehe ich mich hauptsächlich auf das Buch von Andreas Kalckhoff: Richard III. , ISBN 3-7857-0253-1 und meine eigene Facharbeit dazu.

bye

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Das nächste Kapitel soll in Italien im 14. Jahrhundert spielen. Donna Innana lernt interessante Personen kennen - und schmecken.... Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Donna Inanna steckt in der Klemme. Immerhin ist John Buxton dabei. - Wir werden sehen, was passiert, wenn der Kadash auf einen Inquisitor trifft. Und auf John. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Wen es interessiert: ich plane eine längere Heschichte über Lady Sarah udn Lord John bzw. Sarahs Vergangenheit, aber das wird noch dauern.

bye

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Kommentare zu dieser Fanfic (6)

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Von:  MissVegeta
2018-11-22T05:53:21+00:00 22.11.2018 06:53
Den Teil fand ich angenehmer zu lesen und musste grinsen.
Klasse, wie logisch an Ende alles ist. Sehr gelungene Sidestories! Hat Spaß gemacht die Gedankengänge anderer zu verfolgen. Vor allem mag ich den alten Kadash sehr. Finde ihn einfach genial.
Ich liebe deine Geschichten!!

Von:  MissVegeta
2018-11-22T05:07:28+00:00 22.11.2018 06:07
Wow. Sehr verworren aber gut zu lesen.
Musste es zwar teilweise lesen. Wieder nach oben und wieder nachlesen weil ich gedanklich doch Namen vertauscht hatte...aber wow :D war echt interessant wie chaotisch das war!
Von:  Teilchenzoo
2015-09-06T20:41:47+00:00 06.09.2015 22:41
Hu. Viel zu bedenken. So hat Sir John also Lady Inanna und den Kadash kennen gelernt. Ich bin gespannt, wie sich der Fall weiter entwickelt.
Ob es wirklich harmlose Pilze waren, versehentlich falsch gepflückte oder ob da jemand einen Rausch haben wollte ...? Spannend bleibt es.
Von:  Teilchenzoo
2015-09-06T13:27:26+00:00 06.09.2015 15:27
Meine Güte, verworren. Ich finde es auch nach dem zweiten, dritten Mal lesen auch noch kompliziert, da durchzusteigen. So viele Leute, so viele Ungewissheiten ... Geschichte birgt immer noch die härtesten Nüsse zum Knacken. Aber wenigstens hast du da mal etwas Ordnung in das Chaos gebracht :).
Von:  00schnepel8
2015-04-05T13:48:10+00:00 05.04.2015 15:48
Oh wie schön!!
Endlich wieder etwas zu den Vampieren...

Interessant, ich habe mich ehrlich gesagt schon immer gefragt, wie sich Innana und der Kadash anfreundeten. Schließlich ist ja in den anderen Geschichten die allgemeine Reaktion auf ihn bzw. sie durchaus bekannt geworden.
So dann mache ich mich mal an die nächsten Kapitel... :)
Antwort von:  00schnepel8
05.04.2015 15:49
Und die Idee das Ceasar sterben wollte finde ich sehr interessant. Einmal eine ganz andere Auslegung der Tatsachen...
Antwort von:  Hotepneith
05.04.2015 15:51
Na so was:) Netter Zufall.
Danke für den Kommentar.


Ich habe gerade geguckt, wie viele Kapitel vor mir sind, da ich den dritten Teil der zweiten Kurzgeschichte zu Lord John morgen hochladen will.

Danach soll es wieder etwas um Inanna und den Kadash geben, im 14. Jahrhundert in Italien, aber diese Geschichten hier sind nicht alle fertig und so kommen sie, wenn ich es bin....

bye

hotep
Antwort von:  Hotepneith
05.04.2015 15:53
Nun ja, wie nennt man es, wenn jemand Morddrohungen erhält und seine Leibwache entlässt, alle warnungen fröhnlich ignoriert, ja, immer in rot gekleidet herumläuft...Er war ja nciht gesund und wollte womöglich lieber als "Held" in die Geschichte eingehen, denn als todkrank im Bett liegender Mann.
Jedenfalls bemühe ich mich hier historische Fakten aus der Sicht von seeehr langlebigen Wesen zu beschreiben, die manchmal auch ihre Sicht der Vergangenehti mit der gegenwart mixen und so.


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