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Der Chaot der Wellen

Naruto mal anders
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Diese Art von Fanfic, die ich hiermit hoffentlich hinbekommen werde, hatte mich ursprünglich dazu gebracht, überhaupt Fanfictions zu lesen. Da eine solche Form von Was-wäre-wenn Geschichten um ein Verlassen Konohas von Naruto im Jugendalter sich allerdings in letzter Zeit keiner all zu großen Beliebtheit erfreut hat (zumindest sind mir fast keine Fanfics in dieser Richtung begegnet), fand ich, es wäre doch mal an der Zeit, selber eine darüber zu schreiben. Lange Rede, wenig Sinn: Viel Spaß beim Lesen! :D Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
An meine werten Leserinnen und Leser;
Betrachtet dieses Kapitel als ein Versprechen meinerseits, dass bald weitere folgen werden. =)
Ich hatte eine leichte Schaffenskrise, dazu noch Streß und, als könnte es schlimmer konnten, für meinen Geschmack zu viel Reallife. xD
Aber genug von mir, ich wünsche viel Vergnügen beim Lesen. =) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Verzeiht, dass dieses relativ kurze Kapitel so lange gedauert hat, aber ich habe im Moment Klausurstreß. Der nächste Teil dürfte in ein bis zwei Wochen fertig sein, also nur Geduld. ;)
Ich dachte mir aber, lieber zwei kleine Kapitel häppchenweise zu präsentieren, als ganze zwei Monate gar nichts hochzuladen. ;)
In diesem Sinne, viel Spaß mit Kapitel 18 :D Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Ich glaube zwar nicht, daß es jemandem auffallen würde, wenn ich es nicht hier erwähnte, aber ich hab das kleine Fischerdorf in den vorherigen Kapiteln als eindeutig zu klein beschrieben. Also nicht wundern, das ist jetzt "plötzlich" eine ganze Ecke gewachsen ^^" Komplett anzeigen

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Prolog

Prolog
 

Es herrschte tiefste Nacht. Leise rauschte der Wind durch die Blätter nahe gelegener Bäume. Außer ihm hörte Naruto nichts. Und das war gut so. Vorsichtig sprang er von seinem Aussichtspunkt auf das nächste Dach. Den rechten Fuß bereits aufgesetzt wollte er den linken nachziehen, übte dabei aber zu viel Druck auf sein Standbein aus. Die Kacheln unter ihm lösten sich. In letzter Sekunde konnte der Junge sich an der Dachrinne festklammern. Die Ziegeln jedoch krachten mit einem lauten Scheppern auf den Boden unter ihm. Naruto verfluchte sich für dieses Missgeschick und zog sich blitzesartig auf das Dach. Dort verharrte er und lauschte. Einige Meter weiter hatte ein Hund begonnen zu bellen. Sonst blieb seine Umgebung still. Erleichtert atmete er aus und machte sich zum nächsten Sprung bereit. Es war noch ein langer Weg für den Elfjährigen bis zum Tor von Konoha.

Sieben Dächer weiter gönnte sich Naruto eine kurze Pause. Vor ihm war die große Mauer des Dorfes zu erkennen. Über diesen Wall musste er irgendwie gelangen. Sonst würde dieser Albtraum nie ein Ende finden. Narutos Welt war in den letzten Tagen einem Scherbenhaufen gewichen, doch wollte er sich davon nun nicht ablenken lassen. Wichtig war, diesem Gefängnis zu entkommen. Kurz dehnte er sich noch einmal, bevor er zum hoffentlich letzten Sprung ansetzte. Der Hokage hatte ihm eine Stelle genannt, an der in dieser Nacht speziell für ihn keine Wache aufgestellt worden war. Er setzte all seine Kraft in diesen einen Versuch. Seine Beinmuskulatur spannte sich bis zum Letzten an, während er sich vom Dach abstieß. Mit den Armen rudernd flog er auf den Wall zu. Zu spät realisierte er, dass er nicht hoch genug kam. Wie in Zeitlupe näherte sich das Gestein seinem Gesicht. Angsterfüllt kniff er die Augen zu, denn er wusste, ein Sturz aus dieser Höhe würde ihn für längere Zeit in Konohas Krankenhaus befördern. Und seine Flucht wäre gescheitert.

Plötzlich riss jemand an seinem Arm. Zwar knallte er gegen die Mauer, doch er wurde festgehalten und stürzte so nicht in die Tiefe. Unter Ächzen zog ihn sein Retter hoch. Naruto erkannte die Stimme seines Senseis, Iruka. Tränen bildeten sich in seinen Augen. Er hatte es wohl doch vermasselt. Derweil hatte ihn der Jonin über die Kante des Gemäuers gehieft. „Bist ganz schön schwer geworden, Naruto.“ Selbiger starrte ausdruckslos auf seinen Mentor. „Ehemaliger Mentor...“, verbesserte sich der Junge leise flüsternd, doch Iruka hatte ihn gehört. „Ja, ehemaliger Mentor, aber das heißt nicht, ich würde dir nicht mehr helfen wollen.“, sagte er und ließ Naruto verwundert den Kopf heben. „Du hast mich ganz richtig gehört, Kleiner, ich bin hier, damit du es über diese blöde Mauer schaffst!“, fuhr Iruka fort und zwinkerte Naruto zu, „Dafür sind Freunde schließlich da, oder?“ Erneut kullerten Tränen Narutos Wange hinunter. Weinend fiel er dem Jonin um den Hals.

„Sensei Iruka...Alles so ungerecht...will doch nur Ninja werden...“, schluchzte er, während Iruka ihn zu beruhigen versuchte. „Psst, Kleiner, ist ja gut.“, flüsterte er, „Ich weiß, ich weiß. Ich bin auch unzufrieden mit dieser Entscheidung und genau deshalb hat mich der Hokage hergeschickt. Irgendwie wusste er, dass du den Sprung nicht hinbekommen würdest.“ Immer noch bebend und schniefend löste sich Naruto langsam aus der Umarmung. „Opa Hokage ist einfach der Beste...“, murmelte er und ein kleines Lächeln stahl sich auf sein Gesicht, während er an all die Male dachte, in denen der alte Sarutobi ihn besuchen gekommen war. Aufmunternd klopfte ihm Iruka auf den Rücken und zeigte auf ein kleines Bündel ein Stück neben ihm. „Siehst du das, Naruto? Da drin sind Sachen vom Hokage für dich.“ Eifrig nickte der Junge, schnappte sich das Bündel und entknotete es.

Zum Vorschein kamen zwei Kunai, eines davon mit einem merkwürdigen Siegel versehen, sowie mehrere kleine Schriftrollen. Nach einander erklärte sein ehemaliger Sensei die Gegenstände. „In der ersten Rolle steht, wie man Wild fängt, ausnimmt und brät. Das haben wir zwei zwar schon geübt, aber eine Erinnerung kann nie schaden.“ Leicht verzog Naruto sein Gesicht. Das Ausnehmen von Tieren fand er einfach nur noch eklig. ´Nun ja´, dachte er sich, ´Der Hunger treibts rein.´ „Die zweite Rolle ist für die Mizukage bestimmt. Mit ihr wirst du des weiteren freien Eintritt in Kirigakure bekommen. Ich hoffe wirklich, dass die Gerüchte stimmen und diese Mei Terumi die Politik ihres Vorgängers nicht fortgesetzt hat.“ „Und was ist in der dritten Rolle?“, wurde er von Naruto unterbrochen. „Du wirst dich an die eine geheime und verbotene Schriftrolle aus den Archiven des Hokage erinnern, oder?“ Traurig nickte der Junge. Mit der hatte dieses ganze Schlamassel angefangen. „Nun, dieses hübsche Teil ist eine Abschrift davon. Sie enthält alle Jutsus, mit denen du dich zumindest nicht auf der Stelle selbst umbringen würdest.“ Aufgeregt klärte sich Narutos Miene wieder auf. So etwas vertraute ihm der Hokage echt an?

„Und jetzt seh zu, dass du hier wegkommst, Naruto.“, sprach ihn sein ehemaliger Sensei an und nahm ihn noch einmal in die Arme, „Ich bin stolz auf dich, vergiss das nie.“ Naruto schluckte. Das bedeutete ihm alles. Er musste zwar aus Konoha fliehen, um Ninja zu werden. Der Rest des Dorfes sah in ihm ein Monster. Er war ein unerträglicher Chaot und ein mieserabler Schüler. Aber trotz allem....trotz allem war Iruka für ihn da. „Los, geh!“, forderte Iruka den Jungen auf und drückte ihn so sanft wie möglich weg. Entschlossen streckte der Junge den Daumen aus und sagte: „Ich bin bald ein echter Ninja, ich schaffe das, echt jetzt!“ Daraufhin lachte Iruka und wuschelte dem Blondschopf durch die Haare. „Versprich mir eines, Naruto.“ „Hm?“ „Wenn du Chunin bist, komm mich mal besuchen.“ Verschwörerisch lächelte der Junge, schnappte sich sein Bündel und sprang über die Mauer. „Da zieht er von dannen...Mein tapferer, kleiner Naruto.“, murmelte Iruka, während er die Silhouette seines ehemaligen Schülers langsam aus den Augen verlor.
 

Eine ganze Weile war Naruto nun schon durch den Wald gerannt. Er wusste, der Weg nach Kirigakure würde lange dauern, aber er hatte sich ja auch selbst vorbereitet. Unter einem kleinen Felsvorsprung machte er Halt und zog etwas aus seiner Beintasche. Zum Vorschein kam eine Packung Fertigramen. Hätte er die Anleitung gelesen, wäre ihm möglicherweise aufgefallen, dass er die Nudeln kochen musste. Stattdessen guckte er ein paar Sekunden verwirrt auf diese merkwürdig harten Nudeln, zuckte mit den Schultern und kippte sich den Inhalt der Tüte in den Rachen. „Gar nich´ übel.“, murmelte er mit vollem Mund, während er auf den Ramen herumkaute. Mehr oder minder gesättigt schichtete der Junge etwas Laub auf, legte sich hin und glitt sanft in das Reich der Träume.

Ein lautes Knurren ließ ihn hochfahren. Aus dem Tiefschlaf heraus saß er kerzengerade auf dem unbequemen Boden. Er merkte richtig, wie ihm alles weh tat. Ein erneutes Knurren erinnerte ihn an den Grund seines Aufwachens. Er schaute sich panisch um. Wer weiß, vielleicht lauerte ihm ein Raubtier auf? Beinahe eine geschlagene Minute benötigte der Junge, um zu realisieren, dass es sich bei der Quelle des bedrohlichen Geräusches um seinen eigenen Magen handelte. „Dabei halten Ramen sonst viel länger.“, grummelte er, „Und ich hatte nur diese eine Packung...muss ich wohl doch jagen gehen.“

Ein ganzes Stück tiefer im Wald hatte sich Naruto auf die Lauer gelegt. Mit seinem Kunai in der Hand hockte er auf einem stabilen Ast und wartete auf Beute, die, wie er hoffte, bald auftauchen würde. Halt machen lassen hatten ihn eine Unmenge kleine Hufabdrücke im Waldboden und seinem Ratgeber zu Folge wäre dies ein sicheres Indiz auf eine Ansammlung von Wildschweinen. Auch wenn für ihn eigentlich alle Fußabdrücke gleich aussahen. Seine nicht sonderlch große Geduld neigte sich langsam dem Ende. „Wann kommt denn endlich so ein verdammtes Schwein vorbei?“, murmelte er wütend. Wie auf ein Signal hin hörte er es in den Büschen rascheln. Hohes, fiepiges Grunzen drang an Narutos Ohr, als eine kleine Bande Frischlinge neugierig das Laub durchwühlte. Eines der Schweinchen war direkt unter Narutos Baum stehen geblieben. Der Junge peilte, spannte sich an und sprang auf sein ahnungsloses Opfer hinab.

Ganz so einfach, wie Naruto sich das ganze vorgestellt hatte, lief es leider nicht. Das Ferkel schien ihn bemerkt zu haben, denn im selben Augenblick stürmte es laut fiepend den Weg entlang, auf den es bereits hergekommen war. Die restlichen Frischlinge stoben auseinander, aber Naruto hatte sich so oder so an die Versen des ersten Schweinchens geheftet. Während er durch die Büsche rannte, blieb er immer wieder hängen und konnte das wendige Ferkel so nicht einholen. Plötzlich verschwand es hinter einer Biegung und bevor Naruto sich umdrehen konnte, erklang hinter der Kurve ein tiefes, bedrohliches Grunzen. Angsterfüllt blieb Naruto auf der Stelle stehen. Langsam drehte er den Kopf. Der Frischling war nicht mehr zu sehen. An seiner Statt nahm eine große, sehr erbost dreinschauende Bache Narutos Blickfeld ein. Das Tier war wirklich groß, gerade aus der Sicht des Jungen. Braunes, borstiges Fell bedeckte den gesamten Körper und zwei große Hauer ragten aus dem Unterkiefer des Tieres. Sie schien die Mutter der kleinen Ferkel und alles andere als glücklich über Narutos Verhalten zu sein. Wütend stampfte und scharrte sie mit den Hufen. Den Kopf zum Angriff geneigt stürmte sie auf Naruto zu. Schreiend machte selbiger kehrt und rannte von der Bache gehetzt durch den Wald.
 

Auf einmal machte Naruto abrupt halt. Das Wildschwein hatte sich schon seit längerer Zeit wieder auf den Rückweg gemacht, aber dem Jungen war es bis zu diesem Augenblick gar nicht aufgefallen. Grund für diese Erkenntnis war die Lichtung vor ihm. Er war quasi über sie gestolpert und das ungewohnt intensive Sonnenlicht hatte ihn aus seiner Panik gerissen. Am anderen Ende der Wiesenfläche konnte er eine Hütte erkennen. Daran angebaut war ein kleiner Garten, in dem eine ältere Dame hockte. Vorsichtig näherte Naruto sich der Fremden. „Hallo!“, rief er aus einiger Entfernung herüber. Überrascht hob die Frau ihren Kopf. Kurz musterte sie den Jungen, bevor sie scheinbar wissend lächelte. „Du bist ja ganz schön früh, kleiner Naruto.“, murmelte sie, bevor sie die Hand zum Gruß hob. „Guten Tag, mein lieber Junge, komm doch näher!“, erwiderte sie. Naruto zögerte. Auf der Akademie hatte man ihm beigebracht, stets misstrauisch gegenüber Fremden zu sein. Doch sein knurrender Magen überzeugte ihn, also folgte er schließlich der Aufforderung.

Kapitel 1

Kapitel 1
 

Naruto hatte selten so gut gegessen. Das alte Großmütterchen, Chikako hieß sie, hatte ihn in ihr Haus geführt und ihm etwas zu Essen gemacht. Nun saßen sie zusammen am Tisch und plauderten.

„Oma Chikako?“, fragte Naruto neugierig, „Du hast echt mal in Konoha gelebt?“ Sie nickte bestätigend und ein leicht glasiger Ausdruck machte sich in ihrem Gesicht breit. „Oh ja, kleiner Naruto, aber das ist schon sehr lange her.“, begann sie zu erzählen, „Das war noch lange vor deiner Geburt, würde ich sagen.“ Interessiert beugte sich Naruto vor. Er wollte unbedingt wissen, was diese merkwürdige Frau erlebt hatte. „Damals hatte ich als Kunoichi gearbeitet. Ich hatte keinen hohen Rang, wusste auch, dass ich mein Leben lang Chunin bleiben würde, aber es gab da jemanden, in den ich mich verliebt hatte.“ Verträumt spielte sie mit einer Locke ihres ergrauten Haares. Melancholisch seufzte sie. „Er war für mich unerreichbar und schlussendlich heiratete er eine andere.“, schloss sie ihre Erzählung. „Und deshalb bist du hier in den Wald gezogen?“, fragte Nauto erstaunt. Er als kleiner Junge konnte weder mit dem Begriff Liebe noch mit der Ruhe des idyllischen Waldes viel anfangen, das war beides etwas für Mädchen und total langweilig. Als hätte Chikako seine Gedanken gelesen, lachte sie und schüttelte den Kopf. „Nein, nicht ganz.“, versuchte sie sich zu erklären, „Ich hatte noch andere Gründe, aber die sind geheim.“ Verschwörerisch zwinkerte sie.
 

Chikako hockte noch immer am Esstisch. Das Flackern einer einzelnen Kerze erhellte ihre Umgebung notdürftig. Vor ihr auf der Holzplatte hatte sie einen kleinen Dreifuß positioniert. Auf ihm lag eine runde, mit Kanji bedeckte Kugel. Langsam ließ sie ihr Chakra in den Gegenstand sickern. Der kleine Naruto lag bereits in seinem Schlafzimmer; sie konnte sein Schnarchen sogar durch mehrere Holzwände vernehmen. Es war möglicherweise auch ganz gut so, dass er sie nicht hören konnte. Endlich spürte sie diesen altvertrauten Sog von Energie. Sie hatte Kontakt aufnehmen können. „Ist der Junge bei ihnen angekommen, verehrte Chikako?“, erklang eine verzerrte Männerstimme aus der Kugel. „Ja, wie sie es gesagt haben.“, bestätigte die alte Frau, „Er hat es tatsächlich geschafft, die genau entgegen gesetzte Richtung einzuschlagen.“ Diese Antwort entlockte dem Unbekannten ein leises Lachen. „Fast genauso schlimm wie der Vater...Wie auch immer, geb ihm die Karte, wenn er morgen aufbricht.“ „Natürlich, Hiruzen.“
 

Desorientiert schaute sich Naruto um. Er war definitiv nicht mehr in Konoha, soviel wusste er selbst in seinem schlaftrunkenen Zustand. War er etwa gestern schon in Kirigakure angekommen? Langsam dämmerte die Erinnerung in seinem Verstand. Er war in einer Hütte, mitten im Wald. Sie gehörte einer netten alten Frau, die ihm reichlich zu essen und einen Schlafplatz gegeben hatte. Gähnend streckte sich der Junge, zog sich an und wollte gerade das Zimmer verlassen, als er das Bersten von Holz hörte. Nervös zückte Naruto sein Kunai, bevor er leise die Tür aufstieß.

     Die Küche, welche auch dne Eingangsbereich der Hütte einnahm, sah aus wie ein Schlachtfeld. Bewaffnete Männer, unrasiert und nach billigem Sake stinkend, wie Chikako auffiel, durchkämmten den gesamten Raum nach Wertgegenständen. „Ey Boss, die alte Schachtel hat uns belogen!“, rief plötzlich einer der Banditen, „Hier is gar kein Schatz!“. Der Anführer der Bande, ein vollkommen verlauster Riese von einem Mann, zückte wütend seine schartige Axt. Bedrohlich schwenkend stapfte er auf die gefesselte Chikako zu. „Du wolltest mich also verarschen, ja?!?“, grollte er und holte mit der klobigen Waffe aus.

Geschockt stand Naruto an der Treppe. Er sah den Banditen zum Schlag ansetzen. In Zeitlupe raste das Mordinstrument auf die alte Frau zu. Der Junge war wie versteinert. Am Rande seines Blickfeldes nahm er die Bewegungen weiterer Eindringlinge wahr, die ihn zu bemerkt haben schienen. Langsam, ganz langsam durchbrach die Waffe Chikakos Schädel. Es gab ein widerwärtiges Geräusch, ein Knacken gefolgt von etwas, was wie das Zermatschen faulen Obstes klang. Ein tiefes Schmatzen ertönte, als der Unbekannte seine Axt wieder aus der Wunde zog und dabei Blut auf dem Küchenboden verteilte. Wie angewurzelt starrte Naruto auf diese Szene. Er hatte noch nie jemanden sterben sehen. Er hatte die alte Frau, deren Leichnam gerade leblos in den Stuhl sackte, nicht gekannt, aber sie war ein netter Mensch gewesen. Und dieses...dieses Monster hatte sie einfach umgebracht! Und er lächelte dabei auch noch hämisch! Unbändige Wut durchflutete Naruto. „Dieses Grinsen!“, brüllte er und der Zorn übermannte ihn. Dunkles Rot bedeckte seine Sicht und er verlor das Bewusstsein.

Derweil hatten sich mehrere der Banditen dem Jungen genähert. Der Kleine rief etwas, die Räuber befürchteten bereits, entdeckt worden zu sein, dann stand er auf einmal vollkommen still da. Mit mehrmaligem Nicken bestätigt sprangen sie gemeinsam und mit erhobenen Waffen auf den Jungen zu.

Naruto jedoch war auf einmal verschwunden. Die rostigen Schwerter trafen statt den Jungen nur Luft. Verwirrte schauten sich die Banditen um. „Seid ihr zu einfältig, ein Kind abzumurksen?“, rief ihr Boss die Treppe hoch. Verschämt versuchten sie sich herauszureden: „Aber Chef, der Kerl is einfach weg!“ Doch auf einmal tauchte Naruto mitten in der zerstörten Küche auf. Er hatte den Kopf gesenkt und sein Kunai locker hängend in der rechten Hand. Langsam hob er das Gesicht und starrte den Banditenanführer an. Seine Augen hatten sich pechschwarz gefärbt, nur seine Iris war scharlachrot. Ebenso rotes Chakra umkreiste seine Füße und erzeugte einen leichten Wirbel. Es knisterte unheimlich.

„Was zur Hölle...?“, murmelte der Mann und wich einige Schritte zurück.  Geschmeidig setzte Naruto zum Sprung an. Das rote Glühen zeichnete jede Regung seines Körpers nach. In einer einzigen fließenden Bewegung überbrückte der Junge die Distanz zwischen ihm und seinem Gegner und rammte selbigem das Kunai unter das Schlüsselbein hindurch direkt in sein Herz. Dem Räuber blieb nicht einmal Zeit genug zu zucken. Blut quoll aus seinem Mund, während er röchelnd zu Boden ging. Gerade wollte der Junge sein Kunai wieder aus der Wunde ziehen, als einer der Untergebenen des toten Scheusals ein Beil nach dem Jungen warf. Er hatte genau zwischen die Schulterblätter gezielt, ein perfekter Wurf also. Naruto wäre dadurch tödlich verwundet worden. Hätte die Waffe getroffen. Das Chakra zu Füßen des Jungen entwickelte ein Eigenleben. Zuckend formte es einen kleinen Schild um Narutos Rücken. An der blutroten Energie prallte die verrostete Wurfaxt ab und fiel scheppernd zu Boden.

Naruto drehte sich um. Ein irres Funkeln in den Augen musterte er die restlichen Gegner. Sie standen versprengt in dem gesamten Eingangsbereich, einer von ihnen klammerte sich noch immer gelähmt an das Treppengeländer. Mit atemberaubender Geschwindigkeit metzelte er einen nach dem anderen nieder. Den ersten beiden schlitzte er mit einem einzigen Schwinger des Kunais die Kehlen auf. Dann sprang er mit Step zu dem Kerl auf der Treppe und versengte seine Waffe in dessen Magengrube. Dort ließ er das Kunai stecken und stürzte sich von der Treppe hinab auf den letzten Feind. Er warf ihn trotz des Gewichtunterschiedes um und rammte seinen Kopf mehrfach auf den Küchenboden. Schließlich hörte der Bandit auf zu zucken und Naruto ließ von ihm ab.

Langsam, als hätte ihn all dies eine Unmenge Kraft gekostet, schlurfte er zu seinem ersten Opfer zurück. Er drehte den Leichnam des Anführers dieser Banditenbande auf den Rücken und platzierte seine linke Hand auf dem Brostkorb des Toten. Rotes Chakra umschloss den Arm und sickerte langsam hinab auf Narutos Hand. Bedächtig begann er, etwas aus der Brust des Banditen zu ziehen. Mit einem Ruck hielt Naruto eine schimmernde, durchsichtig Kugel in der Hand. Langsam legte er den Kopf in den Nacken, öffnete den Mund und ließ den merkwürdigen Gegenstand den Rachen hinunterrollen.
 

Erschrocken richtete sich Naruto auf. Er hatte einen schrecklichen Traum gehabt, wie mehrere Unbekannte die Holzhütte gestürmt hatten. Und wie sie die alte Frau umgebracht hatten. Und wie er daraufhin....Ein stechender Geruch riss ihn aus seinen Gedanken. Es roch irgendwie salzig, etwas metallisch und merkwürdig abgestanden. Er öffnete die Augen. Naruto saß mitten in den Überresten der Küche. Um ihn herum lagen Leichen verstreut, genau wie in seinem Traum. Ihm wurde spei übel. Er konnte kaum atmen, mit letzter Kraft schleppte er sich an die frische Luft.

Nachdem er sein Abendessen der Hecke um den Kräutergarten herum anvertraut hatte, ging es ihm bereits besser. Er hatte es irgendwie geschafft, die Erlebnisse vorerst zu verdrängen. Traurig blickte er auf das Holzhaus. Naruto hatte irgendwo einmal gelernt, es sei eine gute Art und Weise, sich von Toten zu verabschieden, indem man sie verbrannte, also zückte er die verbotene Rolle aus seiner Tasche. Er hoffte wirklich, dass der vierte Hokage, der ja diese Rolle ursprünglich verfasst hatte, auch für seine Zwecke etwas passendes erfunden hatte. Aus den meisten Jutsus wurde der Junge nicht schlau. Alles sah so kompliziert aus. Dann entdeckte er eine Randnotiz, etwas über einfache Siegel für große Briefbomben. Von Briefbomben hatte er bereits auf der Akademie gehört gehabt. Das waren meist an Kunais oder Drähte angebrachte Siegel, welche bei leichter Erschütterung in die Luft gingen. Eifrig machte er sich ans Werk. Zuerst schnitt er mit seinem Kunai einige Streifen aus dem Jagdratgeber, welcher ihm bisher keine guten Dienste geleistet hatte. Dann ritzte er mit der Waffe die angegebenen Linien und Symbole auf das Pergament und befestigte das Siegel an der Häuserwand.

Er platzierte sich ein gutes Stück entfernt und warf einen Stein gegen die Briefbombe. Es gab einen lauten Knall. Das Haus fiel in sich zusammen, einzelne Schuttteile flogen durch die Gegend. Darunter befand sich auch ein Buch. Es landete direkt vor Narutos Füßen. Verblüfft hob der Junge den Gegenstand auf, die Lektüre war vollkommen unversehrt. Neugierig klappte er es auf. „Almanach und Karte der Wälder des Feuerreiches..“, las er leise. Einige Seiten weiter legte Naruto verwundert den Kopf schief. Wenn er das richtig erkennen konnte, war er bisher in die komplett falsche Richtung gelaufen! "Och nö.“, stöhnte er und ließ die Lichtung hinter sich, fort von diesem für den Jungen schrecklichen Ort.
 

In mitten der Überreste der Holzhütte regte sich etwas. Einer der schweren Querbalken bewegte sich langsam aber sicher zur Seite. Mit einem Ruck landete er etwas entfernt. Zum Vorschein kam eine mit Ruß bedeckte, aber ansonsten unversehrte Chikako. „Ich wusste ja, dass der Junge nicht ohne ist, aber dass er gleich mein Haus in die Luft sprengt...“, grummelte sie verstimmt. Sie versuchte sich aufzurichten, doch in der Bewegung verharrte sie plötzlich. Ein lautes Knacken war zu vernehmen. „Ouuuh, ich werde zu alt dafür!“, fluchte sie schmerzverzehrt und rieb sich den Rücken.  

Kapitel 2

Kapitel 2
 

Hungrig sah Naruto seinem Abendessen dabei zu, wie es langsam über dem kleinen Lagerfeuer geröstet wurde. Ab und an drehte er das Fleisch, damit keine der Seiten verbrannte. Nachdem er zwei Tage ohne Essen auskommen musste, war es ihm am dritten Tage seiner Wanderschaft gelungen, einen Hasen zu erlegen. Irgendwie hatte ihm das Tier leid getan, aber wenn er die Wahl zwischen sich und dem Nager hatte...Kurze Zeit später schnitt er das Fleisch vorsichtig an. Es war von außen saftig braun und auch von innen endlich richtig durch. Er nahm den Spieß vom Feuer, legte seine Mahlzeit auf einen flachen Stein und riss vorsichtig eine Keule ab. Neugierig biss er zu. Naruto hatte noch nie Hase probiert. Enttäuscht stellte er fest, dass es wie Hühnchen schmeckte.
 

Konohagakure war in Aufruhr. Am Vortage war zum zwölften Mal die Rettung vor Kyubi no Yoko, dem Neunschwänzigen Fuchsungeheuer, durch das tapfere Opfer des vierten Hokages gefeiert worden. Wie jedes Jahr hatte sich ein Teil der feiernden Menge abgeseilt und waren auf die Suche nach dem Jinchuruki des Kyubi gegangen. Nur dass dieser nirgends aufzufinden war. Überall hatten sie gesucht, sogar die Kanalisation und alle öffentlichen Gebäude durchkämmt, doch Naruto war spurlos verschwunden. Dafür wartete ein sehr wütender Hokage in Narutos ehemaligen Zuhause auf sie. Und er hatte mehrere Entlassungsschreiben bei sich.

Nun stand das ganze Dorf auf dem großen Platz vor dem Hokagegebäude. Wütend forderten sie eine Hetzjagd auf „das Monster“, schließlich sei „es“ brandgefährlich. Langsam bewegte sich Sarutobi auf das in aller Eile aufgebaute Podium zu. Er fühlte sich mehr wie ein zum Tode Verurteilter denn der Hokage das Dorfes, während er die sieben Stufen auf die Holzbühne hinaufstieg. Er spürte den Zorn der Menge, er brannte geradezu auf seiner Haut. Tiefe Sorge und ein wenig Abscheu regten sich in seinem Bauch. Und sowas sollte er beschützen? Nun, dachte Sarutobi bei sich, ich habe geschworen, mein Leben dem Schutze von Konoha zu widmen und jetzt gerade muss ich das Volk vor sich selbst schützen.

Tief holte der Feuerschatten Luft, ließ Chakra durch seine Stimmbänder sickern. „Liebe Mitbürger, Menschen von Konoha, hört mir zu!“, begann er seine Rede mit zusätzlich verstärkter Stimme, „Ich weiß, ihr seid wütend, aber ich werde eurer Bitte nicht statt geben. Es wird KEINE Hetzjagd geben!“ Proteste brandeten auf. Buhrufe schallten hoch zum Podest, doch Sarutobi übertönte den Lärm einfach. „Ihr alle wisst ganz genau, warum Naruto das Dorf verlassen hat. Ihr habt habt ihn dazu getrieben! Mit eurem Hass hättet ihr ihn fast getötet, eure Intoleranz hat ihn seiner Kindheit beraubt!“, rief er, während sich Bedauern in seinen Tonfall mischte, „Ihr habt die Gesetze Konohas und noch viel schlimmer, das Andenken Minato Namikazes, des vierten Hokage, mit Füßen getreten! War es nicht sein Wille, dass der nächste Jinchuruki des Kyubi als Held gefeiert wird? Er hat sein Leben für euch geopfert und dieses Kind, und genau das ist Naruto, dazu verpflichtet, eine derartige Bürde zu tragen!“

Erneut wallte der Mob vor der Bühne auf, noch lange nicht beruhigt und immer noch gierig nach dem Blut des Kindes. „Aber er ist ein verdammtes Monster, er hat bei seiner Abschlussprüfung den armen Mizuki ermordet!!!“, rief einer der Schaulustigen. Ein Raunen ging durch die Menge. Es hatte zwar Gerüchte gegeben, aber wirklich offiziell verkündet wurde es nicht. Angeblich soll Naruto nach einer weiteren misslungenen Abschlussprüfung im Archiv des Hokage eingebrochen sein und eine geheime Rolle gestohlen haben. Mizuki und Iruka hatten ihn daran hindern wollen, doch unterlag Mizuki im Kampf dem Jinchuruki und starb an seinen Verletzungen. Dies würde auch erklären, warum Naruto nicht zu einer weiteren Abschlussprüfung zugelassen worden war.

Der Hokage schluckte. Ihm war klar, seine nächsten Worte mussten unbedingt diese verdammte Aussage entkräften, sonst stünde er auf verlorenem Posten. Er ließ seinen Blick über die Menge schweifen. Wo war der Unruhestifter? Es wunderte Sarutobi kaum, dass, als er ihn schließlich fixieren konnte, er in ihm einen Handlanger von Danzo wiedererkannte. Danzo war ein Usurpator und notorischer Kriegstreiber. Außerdem wollte er schon immer Hokage werden, weshalb er seit langem mit Sarutobi in Konkurrenz stand. Demonstrativ hob er die Arme. „Volk von Konoha! Ihr, die ich zu schützen geschworen habe! Ihr redet von Mord?!?“, begann er von Neuem, „Warum glaubt ihr, Naruto hätte im Alleingang gehandelt? Schließlich war Mizuki ein Jonin und Naruto auch trotz des Kyubis nur ein kleines Kind! Ein Junge, den ihr, liebe Leute, jedes Jahr durch die Gassen treiben konntet! Nein, Mizuki ist ihm nicht zum Opfer gefallen, Mizuki war der Verbrecher! Er hat Naruto angestiftet, die Rolle zu stehlen, nur um sie dann an seinen Meister zu übermitteln. Und wisst ihr, wer dieser Meister gewesen ist? Habt ihr eine Ahnung? Ganz genau, Orochimaru!!!“

Entsetzte Blicke zuckten durch das Publikum. Dem Unruhestifter wurde allmählich mulmig zu Mute, besonders, da der Hokage ihn direkt anstarrte, während er redete. „Und wer hat ihn dann getötet?“, versuchte sich Danzos Handlanger herauszureden. Um diesen Fakt würde Sarutobi nicht herumkommen. Der Hokage stockte. Was sollte er den Leuten erzählen? Plötzlich entstand eine Rauchwolke vor dem Mann. Eilig wich die Menge zurück. „Das war ich.“, ertönte eine eiskalte Stimme aus dem Nebelvorhang.
 

Vor dem Haupttor Konohas war von dem ganzen Trubel nicht viel zu hören. Gelangweilt lehnte sich einer der beiden Wachposten in die Lehne seines Stuhls zurück. Kotetsu Hagane war bereits seit längerem Jonin und wurde doch meist mit eher trivialen Aufgaben wie dem Bewachen des Eingangs zu Konoha beauftragt. Als ob dort viel passieren würde... „Ist das öde.“, maulte sein Partner Izumo. In diesem Moment klopfte jemand gegen das Tor. „Hallo, ist da wer?“, erklang eine Frauenstimme. „Endlich Beschäftigung...“, murmelte er, stand auf und streckte sich ausgiebig. Dann schlurfte er zum Tor und guckte durch den Sehschlitz. Eine alte Frau stand fast direkt davor und versuchte ebenfalls durch die kleine Lücke im Holz zu starren. „Mach mal auf, Kotetsu, nur ein altes Großmütterchen." Schulterzuckend folgte sein Kollege der Aufforderung und quietschend bewegten sich die beiden Türflügel.

Erbost stemmte Chikako ihre Arme in die Seiten. Großmütterchen hatte dieser junge Bengel sie genannt, das würde ihm noch teuer zu stehen kommen. Derweil näherte sich Izumo der resoluten alten Dame. „Sie möchten also nach Konoha, gnädige Frau?“, fragte er betont höflich. Izumo Kamitsuki war eigentlich ein netter Mensch und konnte, von Leuten mit Waffen in den Händen einmal abgesehen, keiner Fliege etwas zu Leide tun. Nur an diesem einen Tage hatte er ziemlich schlechte Laune. Und natürlich unglaubliche Langeweile. „Nein, du Spaßvogel, ich wollt nur nach der Uhrzeit fragen, natürlich will ich nach Konoha!“, fuhr Chikako den Jonin an, doch selbiger ließ sich nicht beunruhigen. „Ähm, Izumo...?“, wollte Kotetsu seinen Partner ablenken, doch der schien ihn zu ignorieren. „Wie heißen sie denn, Großmütterchen?“, fragte er fies grinsend. „Du, Izumo, ich glaube es wäre keine so gute Idee...“, setzte Kotetsu erneut an, doch der Jonin wurde durch Chikako unterbrochen. „Wer ICH bin?“, fragte sie stocksauer. „Ja ganz geanu, wer sie sind, Großmütterchen.“ „Izumo! Das ist-“ „Du kleiner Wurm fragst, wer ICH bin?!?“ „Die Pazifistin!!!“, beendete Kotetsu kreidebleich seinen Satz.

Plötzlich wurden Izumos Beine ganz weich. Er erinnerte sich noch an die Geschichten über die so genannte Pazifistin von Konoha. Sie war angeblich eine sehr talentierte junge Kunoichi aus Sarutobis Generation. Sie hätte es locker bis zum Anbukapitän geschafft, vielleicht wäre sie sogar der erste weibliche Hokage Konohas geworden. Doch sie hatte eine starke Abneigung gegen das Töten. Auf all ihren Missionen hatte sie nicht einen Gegner getötet, was ihr diesen Spitznamen eingebracht hatte. Bei einer sehr heiklen Mission wurde ihr dies zum Verhängnis. Ein ausgeschaltet geglaubter Feind hatte es geschafft, ihr ganzes Team auszulöschen, nur weil sie ihm nicht den Gnadenstoß gegeben hatte. Daraufhin war sie vom aktiven Dienst zurückgetreten und hatte Konoha verlassen.„Ganz genau, DIE bin ich, Chikako Ito, und glaube mir, mein Junge, es gibt weit schlimmeres als zu sterben!“

Wütend baute sie sich vor dem etwa ein Meter siebzig großen Jonin auf und allein durch ihre bedrohliche Ausstrahlung wirkte sie glatt zwei Köpfe größer als er. „Ich weiß noch ganz genau, wie ihr beiden damals zusammen im Sandkasten gespielt habt! Und wie du immer geweint hast, wenn Kotetsu dir dein Schüppchen geklaut hat!“ Man sah richtig, wie der Shinobi immer mehr in sich zusammenschrumpfte. Sein Kollege rettete ihn jedoch. „Ito-sama, soll ich sie zum Hokage geleiten? Sie wollen sicherlich umgehend mit ihm sprechen, nehme ich an.“ Sanft lächelte Chikako den Jonin an und zwickte ihn ganz großmutterhaft in die Wange. „Kotetsu, du sollst mich doch mit Vornamen ansprechen.“, maulte sie gespielt und schüttelte dann den Kopf, „Nein, bleibt ihr mal hier. Die alte Frau möchte sich ein wenig das Dorf anschauen, bevor sie mit Hiruzen ein Pläuschchen hält.“ Prompt ließ sie das Tor hinter sich, eilig verbeugten sich die beiden Ninja in ihre Richtung.
 

Aus der Rauchwolke schälte sich die Gestalt eines jungen Mannes heraus. Er trug einen weiten, dunkelblauen Mantel, welcher den ganzen Körper bedeckte. Schwarze Haare wallten hinter seinem Rücken, zwei markante Falten durchzogen sein Gesicht. Auf der Stirn trug er ein Konohastirnband. Nur dass das Zeichen des Dorfes sauber durchgeritzt war. „Itachi Uchiha...“, raunte die Menge erschrocken. Langsam drehte sich der berühmte Nukenin zum Hokage um. „Wo ist Naruto?“, fragte er mit einer vollkommen neutralen, motonen Stimme. „Du bekommst ihn nicht, Itachi!“, erwiderte Sarutobi lediglich, „Du hast ihn nicht bekommen, als du nebenbei Mizuki umgebracht hast und du wirst seiner auch heute nicht habhaft werden!“ Auf ein unsichtbares Kommando hin wurde Itachi von mehreren Anbu umstellt. „Das werden wir noch sehen, Sarutobi...“, murmelte der Uchiha und löste sich in einem Schwarm Krähen auf.

Jemand tippte ihm auf die Schulter. Itachi hatte seinen richtigen Körper mehrere Blocks weiter in einer leeren Gasse geparkt. „Na, Kleiner, wie ist es dir die letzten Tage ergangen.“, sprach ihn Chikako an. Sie lächelte freundlich. „Ganz gut, Oma Chikako.“, erwiderte der Nukenin höflich, „Ich habe gerade deiner Bitte entsprochen und Sarutobi-sama aus der Patsche geholfen.“ Aufmunternd klopfte die alte Frau ihm auf die Schulter und erwiderte lobend: „Hast du wunderbar hinbekommen, mein Junge. Und dass, obwohl du doch so ein schlechter Lügner bist.“ Itachis Mundwinkel zuckten. Es erinnerte stark an den Ansatz eines Lächelns. „Niemand kennt mich halt so gut wie du, Oma Chikako.“ „Und niemand außer mir weiß, dass du zur Tatzeit in meiner Holzhütte gesessen und Tee getrunken hast.“, schloss Chikako lachend.

Kapitel 3

Kapitel 3
 

Naruto wanderte seit Stunden die Dünen entlang. Er hatte am Vortag den Wald hinter sich gelassen und suchte nun nach einer Fähre oder einem Fischkutter, um nach Kirigakure überzusetzen. Es war noch früher Morgen, dichter Nebel hing über dem Meer. Eine salzige Brise wehte ihm in die Nase. All das war für Naruto Neuland. Er war sein ganzes Leben lang nie außerhalb Konohas gewesen und langsam nahm er seine Reise nicht als Flucht sondern als ein großes Abenteuer wahr. Was er noch alles erleben würde? Ein anderes Dorf erkunden, sogar ein ganzes ihm unbekanntes Reich würde er zu Gesicht bekommen. Er würde fremde Leute kennen lernen. Vielleicht sogar Freunde finden und ein großer Ninja werden können! Die Vorfreude ließ ihn seine Schritte beschleunigen.

 Nach etwa einer halben Stunde wurde der Junge wieder langsamer. Er hatte Sand in den Schuhen, ihm war kalt und zu allem Überfluss knurrte sein Magen. Gerade wollte er sich frustriert auf den kargen Strand fallen lassen, da sah er in der Ferne mehrere kleine Häuser. „Wuhuuu, Menschen!!!“, rief er und stürmte in die angepeilte Richtung.
 

Hier hat sich in all der Zeit nichts verändert, dachte Chikako bei sich, während sie im Büro des Hokage saß und Tee trank. Nachdem sie sich von Itachi verabschiedet hatte, war sie direkt zum Hokagegebäude gegangen. Zu ihrer Überraschung hatten die dort positionierten Wachen die alte Frau sofort erkannt. Hektisch hatten sie sich verbeugt und mit Höflichkeitsfloskeln um sich geworfen, bis Chikako das Lachen nicht mehr zurückhalten konnte.

„Also, alter Freund, wie sieht es aus? Hast du noch Platz in deinem Dorf für eine arme, alte Frau?“, fragte sie den Hokage. Sarutobi antwortete nicht gleich. Sorgfältig stopfte er seine Pfeife, zündete sie mit einem kleinen Jutsu an und nahm einen Zug. Innerlich wog er Chikakos Angebot ab. Es klang ohne Frage verlockend, doch brachte es einige Probleme mit sich.Wie sollte er nun Itachi Nachrichten zukommen lassen? Würde er die sowieso schon angespannten Beziehungen zu den anderen versteckten Dörfer dadurch zusätzlich erschweren? Und was hätte seine Frau wohl dazu gesagt? Zwar war sie bereits vor einigen Jahren verstorben, doch das machte für den Feuerschatten nur geringen Unterschied. Ganz im Gegenteil, er erinnerte sich noch zu gut an die Antipathien der beiden Frauen. Auch wenn er den Grund bis heute nicht in Erfahrung gebracht hatte...

„Ich bin einverstanden, Chikako.“, willigte er schließlich ein und wedelte dem Einstellungsvertrag vor ihrer Nase,„Aber nur unter einer Bedingung werde ich dich zum Jonin ernennen.“ Neugierig legte Chikako den Kopf schief. Was, fragte sie sich, könnte Hiruzen von ihr wollen? „Da du für den Außeneinsatz nur...bedingt geeignet bist, wirst du als Lehrkraft an der Akademie eingesetzt. Falls es dir noch nicht zu Ohren gekommen sein sollte, haben wir seit kurzem eine freie Stelle.“ Ein freches Grinsen stahl sich in Chikakos Gesicht, als sie ihm das Formular aus den Händen riss, einen Stift zückte und fragte: „Wo soll ich unterschreiben?“
 

Für ein kleines Fischerdorf war es sehr lebhaft, fand Naruto, während er den Kai ansteuerte. Eine Bande Kinder spielte auf der einzigen schlammigen Straße des Dorfes. Johlend jagten sie einander und warfen sich mit vergnügten Gesichtern gegenseitig in jede der Schlammfützen auf ihrem Weg. Wehmütig schaute Naruto ihnen dabei zu. Er war zwar selber nur zwölf Jahre alt, nicht viel älter als die Jungen und Mädchen dort auf dem Trampelpfad, aber er spürte einen deutlichen Unterschied zwischen sich und ihnen. Und das tat irgendwie weh.

Nach einigen Minuten hatten die Kinder ihn schließlich ebenso bemerkt und stürmten neugierig zu ihm. „Mama, komm mal! Ein Fremder!“, rief einer von ihnen, während der Rest Naruto umschwärmte. „Wie heißt du? Woher kommst du? Magst du auch mitspielen?“, fragten sie ihn wild durcheinander, ließen ihm dadurch nicht einmal Zeit zu antworten. Naruto war vollkommen überfordert. In Konoha hatte fast nie jemand mit ihm gesprochen, erst recht nicht die anderen Kinder in seinem Alter. Er wusste einfach nicht, wie er antworten sollte. Das Schlucken fiel schon schwer genug.

Plötzlich spürte er einen Zug an seiner linken Hand. Ein junges Mädchen hatte sie ergriffen und zog ihn aus der Traube neugieriger Kindern heraus. „Komm mal mit, du wirkst ja ganz verschreckt!“, sagte sie und zerrte ihn energisch weiter. Naruto betrachtete das Mädchen. Sie war zwischen zehn und zwölf Jahre alt, hatte braunes, leicht gekräuseltes Haar, welches sie in einen losen Zopf gesteckt hatte und war genauso von oben bis unten mit Schlamm bedeckt wie ihre restlichen Spielkameraden. Sie lächelte den Jungen aufmunternd an. „Ich heiße Kira und du?“ „Naruto...“, murmelte er schüchtern.
 

Von den Menschen unbemerkt hatten sich zwei Fremde auf einem der flachen Dächer niedergelassen. Beide waren sie in schwarze Roben gehüllt. Eine mit silbernen Stickereien verzierte Kapuze verdeckte ihre Gesichter. Die beiden unterschied einzig und allein ihr Größenunterschied. Während der Eine etwa einen Meter sechzig groß war, maß der Andere beinahe zwei Meter. Soweit man dies unter ihrer Kleidung erkennen konnte, waren beide eher schlacksig. Gelangweilt robbte der Kleinere an die Dachkante und ließ seine Füße über den Rand baumeln. Sein Begleiter verharrte in einer starren Meditationshaltung und schien keine Kenntnis von seiner Umgebung zu nehmen. Nicht einmal ein leichtes Heben und Senken des Brustkorbes war zu erkennen.

„Sag mal, Raijin?“, fragte der Kleinere, „Das soll unser Bruder sein?“ Auffordernd, ja fast anklagend zeigte er in Narutos Richtung. Sein Begleiter schwieg. „Raijin?“ Wütend stand er auf und trottete zu dem noch immer meditierenden Riesen hin. „Raijin. Raijin! RAIJIN!!!“, brüllte er, während er den weit größeren Mann kräftig durchschüttelte. Ein plötzlicher Stromschlag fuhr in seine Arme. Fluchend zog er sich von seinem schweigsamen Begleiter zurück.. „Du sollst mich doch nicht immer aufwecken, Kura.“, grollte Raijin, „Da habe ich gerade davon geträumt, wie ich dich beim Würfeln schlage...“ Kura erwiderte lachend: „Ach, du würfelst eh nur Sechsen, mein Guter!“
 

Naruto fühlte sich für einen kurzen Moment beobachtet. Nervös drehte er sich um und suchte die Dächer ab, doch er konnte niemanden entdecken. „Was hast du?“, fragte Kira. Der Blondschopf schüttelte den Kopf. „Ach nichts, lass uns weitergehen...“, nuschelte er verlegen. Dabei war sich der angehende Genin absolut sicher, jemanden wahrgenommen zu haben. Ein leichtes Ziehen an seiner Hand unterbrach seine Gedanken. „Komm schon, Naru.“, forderte ihn das Mädchen am anderen Ende seines Armes auf, „Meine Eltern machen sich sicher tierische Sorgen um mich. Und ich muss ihnen doch meinen neuen Freund vorstellen!“

Einige Meter weiter kamen die beiden Kinder am Kai des Dorfes an. Mehrere kleine Fischerboote lagen vor Anker, in einigen standen Leute und gingen ihrem Tagwerk nach. „Papa, ich bin wieder da!“, rief Kira aufgeregt. Einer von ihnen hob seinen Kopf und schaute die beiden Ankömmlinge an. Er hatte die gleichen krausen Haare wie sie, ansonsten konnte Naruto keine Ähnlichkeit zwischen beiden erkennen. „Da bist du ja endlich, Kleines!“, antwortete der Mann lächelnd, während er sein Boot verließ „Und wen hast du mir denn da mitgebracht?“

Kira hob Naurtos Hand, welche sie noch immer in Beschlag genommen hatte, hoch und antwortete: „Das ist Naruto. Er ist neu hier und total schüchtern, aber ich glaub ich mag ihn irgendwie. Und er ist mein Freund!“ Die Männer und Frauen einschließlich ihres Vaters brachen in herzhaftes Gelächter aus. „Sieh mal einer an, Kentas Tochter ist erst zwölf, aber hat schon ihren ersten Freund!“, rief einer von ihnen, während er sich die Seiten vor Lachen hielt. „So...So hab ich das nicht gemeint! Ihr seid doch doof!“, erwiderte Kira eingeschnappt, während sie im Gesicht rot anlief. Naruto stand derweil daneben und verstand nicht das Geringste.

Derweil war Kiras Vater bei den beiden angekommen. „Hallo, Naruto, mein Name ist Kenta. Freut mich sehr, deine Bekanntschaft zu machen, junger Mann.“, begrüßte er Naruto, „Du scheinst ja einen sehr guten Eindruck auf meine Tochter gemacht zu haben. Normalerweise kann sie Jungs überhaupt nicht ausstehen.“ „Ey“, beschwerte sich Kira. Dabei lief sie weiter an, was den Erwachsenen noch einen Lachanfall entlockte.

Kapitel 4

Kapitel 4
 

Naruto war spei übel. Früh morgens waren sie in See gestochen, die Nacht hatte er bei Kiras Familie verbracht. Nach ihrem Gespräch am Kai wurde Naruto zu Kentas Hütte geführt. Auf dem Weg dorthin hatten ihn erneut neugierige Kinder umschwärmt, doch Kira hatte sie unter dem amüsierten Blick ihres Vaters vehement verscheucht.

Das Häuschen war rustikal eingerichtet, ein Hauptraum mit Kochstelle und zwei Schlafzimmer. Der Junge wurde Kiras Mutter, Hisa hieß sie, vorgestellt und sofort zum Esstisch bugsiert. Als hätte die Dame des Hauses es geahnt, köchelte bereits seit längerem ein großer Eintopf in dem Kessel über den knisternden Holzscheiten. Für die Familie alleine wäre er vermutlich zu viel gewesen, aber bei vier Personen war genug da, um selbst Naruto satt zu bekommen. Die besondere Überraschung für Naruto war der Geschmack. Der Eintopf aus Gemüse, Reis und geräuchertem Lachs schmeckte fast so gut wie Ramen. Kein Vergleich zu beispielsweise seinem erlegten Hasen.

Nach der Mahlzeit wurde er von seiner ziemlich neugierigen neuen Freundin aufgefordert, von seinem bisherigen Leben zu erzählen. Naruto versuchte möglichst nicht zu erwähnen, wie die Leute mit ihm umgegangen waren, sondern konzentrierte sich vor allem auf Dinge wie die Akademie, seiner alten Wohnung oder dem Marktplatz. Da fiel ihm erneut Ichirukas Ramen ein, der Ramenstand Nummer eins in Konoha, zumindest wenn es nach dem Blondschopf ging. „Aber mein Essen schmeckt hoffentlich besser, oder?“, unterbrach ihn Kiras Mutter. Sie lächelte, doch ein kleines Funkeln in den Augen ließ Naruto frösteln. „Ja, ja, klar doch, natürlich!“, beeilte er sich zu bestätigen, woraufhin Hisa wohlwollend nickte. „Kira Schatz? Ich glaube, wir haben einen passenden Schwiegersohn gefunden!“, zog sie ihre Tochter auf. Verwirrt pendelte Narutos Blick zwischen der erröteten Kira und ihrer Mutter hin und her. ´Schwiegersohn?´, fragte er sich gedanklich, ´Dabei will ich gar nicht adoptiert werden. Hier könnte ich niemals Ninja werden!´

Lange nachdem die Sonne untergegangen war, legte sich die Familie schlafen. Für Naruto legten sie einen Futon aus, auch wenn Kenta scherzte, der Junge könnte doch in Kiras Zimmer schlafen, quasitativ zum Eingewöhnen. Erneut färbte sich das Gesicht des Mädchens puterrot, wütend stapfte sie in ihr Zimmer und knallte die Tür zu. Langsam machte sich Naruto um sie Sorgen. Könnte sie etwa krank sein oder so?

Seine Sorge schien, wie er feststellen musste, vollkommen unbegründet zu sein. Kira hockte kerngesund und putzmunter neben dem Blondschopf in dem kleinen Fischerkutter und versuchte, ihm Mut zuzusprechen. „Mach dir nichts draus, Naru, du schlägst dich richtig gut!“ „Ach ja, wirklich?“, fragte er skeptisch, kurz nachdem eine weitere der kleinen Wellen das Boot zum Schaukeln brachte. „Ja, total!“, erwiderte Kira und lächelte, „Ich hab schon ganz oft gesehen, wie sich Leute direkt nach Verlassen des Kais über die Reling übergeben haben!“ Bei dem Gedanken an Erbrochenes wurde Naruto noch etwas grüner im Gesicht. Kenta unterbrach die beiden. „Freu dich, Kleiner, wenn alles gut läuft, bist du heute Nachmittag in Kirigakure!“, rief er. Erleichtert seufzte Naruto. Die paar Stunden würde er schon noch überstehen....irgendwie.
 

„Muss das wirklich sein, Hiruzen?“, fragte Chikako amüsiert. Sie stand zusammen mit dem Hokage und einem ihr unbekannten Jonin auf Trainingsgelände vierundzwanzig. Es handelte sich hierbei um eine große Lichtung im Wald, ein offenes Gelände also, in dem man sich richtig austoben konnte. Der junge Mann ihr gegenüber war etwa einen Meter achtzig groß und relativ schmächtig. Seine Körperhaltung und auch seine grauen Haare erinnerten Chikako an jemanden aus ihrer Generation, aber sie konnte sich beim besten Willen nicht mehr an ihn oder sie erinnern.

„Ja, Chikako, das muss sein, sonst kann ich dich nicht zum Jonin ernennen lassen.“, erwiderte Sarutobi geduldig, „Sei aber bitte nicht zu hart zum armen Kakashi, schließlich hat er sich als einziger getraut, dir gegenüberzutreten.“ Erneut zupfte eine Erinnerung an den grauen Zellen der alten Dame. „Kakashi...Kakashi...Woher kenn ich den Namen...“, murmelte sie und runzelte mit der Stirn, „Ach ja genau! Ich weiß es, du bist Sakumos Sohn, oder?“ Höflich verbeugte sich Kakashi. „Vollkommen korrekt, Ito-sama. Mein Name ist Kakashi Hatake, es ist mir eine Ehre, gegen sie kämpfen zu dürfen.“ „Die Ehre ist ganz meinerseits, Bürschchen. Schreckliche Sache, das mit deinem Vater. Hab das ganze nie so recht verstanden...Nun ja vorbei ist vorbei.“, erwiderte Chikako und wandte sich wieder dem Hokage zu, „Können wir dann endlich anfangen?“ Sarutobi nickte und entfernte sich mit Step von den beiden Kontrahenten. Geräuschvoll ließ Chikako ihre Fingerknöchel knacken. „Ich habe lange nicht mehr kämpfen müssen, kann also sein, dass ich dich etwas zu sehr lädiere, Jüngelchen!“ Statt zu antworten zückte Kakashi ein Kunai und wartete schweigend auf einen Angriff. Er wusste, trotz ihres Alters waren ihre Worte keine Pralerei. Auch ihre pazifistische Grundhaltung beruhigte ihn nicht wirklich, denn ihm war klar, wie schmerzhaft gebrochene Knochen sein konnten. Es gab Verletzungen, bei denen wünscht man sich, doch lieber gestorben zu sein...

Doton: Irdene Faust!“, erklang es plötzlich in seinem Rücken. Ein großer Klumpen Felsen in Form einer geballten Faust raste auf den Jonin zu. In letzter Sekunde rettete er sich mit einem Hechtsprung zur Seite. Wie konnte die alte Frau nur so verdammt schnell sein? Nicht einmal sein Sharingan hatte der Bewegung folgen können. Plötzlich merkte er, wie sich unter seinen Füßen die Erde verformte. Sicherheitshalber benutzte er sein Tauschjutsu. Das schien sich als eine gute Idee erwiesen zu haben, denn im selben Moment flüsterte Chikako: „Doton: Stalagmit.“ An der Stelle, an welcher Kakashi sich noch Sekunden vorher befunden hatte, schnellte wie aus dem Nichts eine Felsnadel in die Luft. Soweit zu ihrer Aussage, niemanden umbringen zu wollen, dachte sich der Kopierninja geschockt, während er außerhalb der Lichtung auf einem Baum hockte, dafür kenne ich nun ihre Chakranatur: Erde. Kurz überlegte er. Gegen Doton war Raiton effektiv. Sein einziges brauchbares Raitonjutsu war allerdings Raikiri. Er musste also in den Nahkampf gehen, was gegen einen Dotonnutzer unbekannter Stärke Selbstmord glich. Dann kam ihm die rettende Idee. Schnell formte er die passenden Fingerzeichen und schmiedete Chakra.

Chikako wartete derweil auf ihren Gegner. Sie hatte sich mehr erhofft vom Sohn ihres alten Freundes. Ja, Sakumo und sie waren einst Freunde gewesen. Sie hatte jedoch lange vor seinem Suizid das Dorf verlassen, Sarutobi hatte ihr die Geschichte erzählen müssen. Dann spürte sie plötzlich Kakashis Chakra aufwallen. „Na, wurde ja auch Zeit.“, sagte sie vergnügt und beobachtete die riesige Rauchwolke, welche am Rande der Lichtung entstand. Aus ihr heraus sprangen eine Unzahl von Kakashis Bunshin. Auf den ersten Blick erkannte die alte Frau in ihnen Raitonkagebunshin, eine erweiterte Form des Kagebunshin. Die auf Chikako zurennenden Schattendoppelgänger waren mit Raitonchakra aufgeladen und würden die meisten Dotonjutsus einfach abprallen lassen oder sie durchstoßen. Nach all ihren Jahren als mehr oder minder aktive Kunoichi hatte Chikako jedoch gelernt, mit solchen Tricks umzugehen. Fies lächelnd führte sie eine ganze Reihe Fingerzeichen aus, sammelte eine enorme Menge Chakra und verschränkte die Arme vor der Brust. "Jetzt geht’s dir an den Kragen, Junge.“, sagte sie, „Doton: Strato!“ Eine riesige Schockwelle breitete sich kreisförmig um Chikako aus. Alles, was von ihr erfasst wurde, stand plötzlich still. Auch Kakashis Doppelgänger schwebten einfach in der Luft. Ihr Raitonchakra jedoch rebellierte gegen die dotonbasierte Stasis und ließ einen nach dem anderen explodieren.
 

Chikako keuchte schwer. Schweiß tropfte ihre Stirn hinab. Dieses Jutsu hatte einen Großteil ihrer Reserven verschlungen. Gerade wollte die alte Frau zufrieden mit ihrem Werke wieder zu Atem kommen, als sie plötzlich ein merkwürdiges Pfeifen hinter sich hörte. Kakashi hatte sich mit einem Erdversteck unter ihr durch und in ihren Rücken geschlichen. Ihr kurzes Atemschöpfen hatte er gnadenlos ausgenutzt und formte sein Raikiri. Mit einem kräftigen Stoß rammte er es in ihre rechte Schulter. Zumindest versuchte er das. Im letzten Moment wechselte Chikako doch tatsächlich ihre Position mit einem mit Siegeln umwickelten Stein. Kakashi durchschnitt ihn sauber in der Mitte, doch dem Konter konnte er nicht mehr ausweichen. „Doton: Schmetterschlag!“, rief Chikako laut und rammte ihre Faust gegen seinen Rücken. Ihr Hieb zog dabei eine blaue Aureole aus Chakra hinter sich her. Mit enormer Wucht wurde Kakashi von seiner Gegnerin weggeschleudert.  Ein ohrenbetäubenes Krachen kündigte seine unsanfte Landung an. „Auch eine wunderbare Möglichkeit, Wälder zu roden.“, murmelte Chikako und kicherte hämisch, während sie das Werk ihrer Zerstörung betrachtete.

Vollkommen ausgelaugt stemmte sie die Arme auf die Knie. Wenn sie ihn dieses mal nicht erwischt haben sollte, wäre das ihr Ende, denn zu einem weiteren Jutsu fehlte ihr dir Kraft. Plötzlich spürte sie direkt unter ihr ein enormes Anschwellen von Chakra. „Das kann doch nicht-“, murmelte sie geschockt, bevor sie plötzlich in ihrer Bewegung erstarrte. „Doton: Strato!“, brüllte Kakashi, dessen Kopf etwa einen halben Meter vor ihr aus dem Boden ragte. Eine deutlich schwächere aber trotzdem effektive Version ihres eigenen Jutsus überrollte die alte Frau. Gravitaionskräfte drückten sie zusammen und presste sie an Ort und Stelle fest. Der Schmerz war unbeschreiblich.

Der Kopierninja war bereits am Ende seiner Kräfte angelangt, als er seine Stellung mit einem unter der Erde versteckten Baumstamm tauschte. Ganz knapp entkam er so dem höllischen Taijutsu seiner Gegnerin. Gleichzeitig begann er, die zuvor abgeguckten Fingerzeichen zu imitieren Im letzt möglichen Moment sammelte er das nötige Chakra zur Aktivierung dieses sehr anspruchsvollen Dotonjutsus. Es überraschte ihn anfangs nicht, dass sich seine Chakrareserven langsam dem Nullpunkt näherten, doch nach und nach begann er zu realisieren, wie viel Chakra Chikako besitzen musste. Ihm selbst hatte es bald all seine Reserven gekostet. Und noch immer zerrte das Jutsu an ihm. Langsam aber sicher wurde ihm schwarz vor Augen. Kakashi machte sich bereits darauf gefasst, dass sein nächstes Erwachen im Krankenhaus des Dorfes stattfinden würde.

Chikako erging es derweil nicht besser. Mit all ihren verbleibenden Kräften kämpfte sie gegen die Paralyse an, ohne Erfolg. Ihr wurde schwarz vor Augen. Ein letztes Aufwallen von Chakra ging von ihr aus. Selbst wenn es mich tötet, dachte Chikako bei sich, Ich werde dein Jutsu sprengen! Ihr Gesicht verzerrte sich zu einer Fratze, Schmerz zog durch jede einzelne Muskelfaser. Schließlich wurde es zu viel für die alte Frau und sie fiel in Ohnmacht.

Kapitel 5

Kapitel 5
 

Konzentriert beugte sich Sarutobi über seine Kristallkugel. Es kostete ihn stets eine nicht unerhebliche Menge Chakra, sein kleines Spielzeug zu benutzen, aber trotz allem liebte er ihre Eigenschaften. So konnte er damit jede Person, der er im Leben einmal begegnet war, beobachten. Die Entfernung, oder gar ob diese Person noch lebte, spielte dabei keine Rolle. Nur in abgeschirmte Gebiete, wie etwa das Büro eines Kages, konnte er nicht blicken. Aus ihm unverständlichen Gründen gehörten auch Badeanstalten und Onsen dazu. Wer auch immer diese Siegel angebracht hatte...

Gerade beobachtete er seinen Schützling Naruto. Der Junge stand vor Kirigakures Toren. Zögerlich klopfte er an und einer der Wachleute lugte über die Holzbarrikade. Es folgte ein Wortwechsel, den Sarutobi leider nicht verstehen konnte, dann wurde Naruto das Tor geöffnet und der Junge betrat Kirigakure.

Ein Klopfen riss den Hokage aus seiner Konzentration. „Herein?“, brummte er, während er sich angestrengt die Schläfen rieb. Dieses Beobachtungsjutsu unvorbereitet zu unterbrechen sorgte beim Benutzer leider für Kopfschmerzen. Ein Makel, den er nach all den Jahren der Benutzung noch nicht entfernen konnte. Einer seiner Sekretäre trat ein und schloss die Tür wieder hinter sich. Leicht verbeugte er sich vor seinem Arbeitgeber, bevor er einen Stapel Papiere auf dem großen Schreibtisch ab lud.

Sarutobi ächzte. Dafür hasste er seinen Job über alle Maßen. „Das sind die Missionsberichte und die Ersteindrücke der neuen Genin-Teamleiter.“, sagte der Angestellte auf die Unterlagen deutend, verließ mit einer weiteren Verbeugung das Büro wieder und ließ seinen Kage mit dem Bürokram allein zurück. Unmotiviert fischt er sich den ersten Bericht aus dem Haufen und begann zu lesen. Er war von Kakashi. Dieser hatte ein sehr merkwürdiges Team gebildet. Es bestand nicht wie sonst aus drei, sondern aus zwei Genin.

Zum Einen war da die nicht wirklich talentierte Sakura Haruno. Sie gehörte keinem der Ninjaclans an, ihre Eltern waren Zivilisten. Ihre Chakrakontrolle war gut, aber ihre Reserven niedrig, genauso wie ihre Kampfkraft. Auch zeigte sie kein sonderlich strategisches Potential wie etwa andere Genin des Jahrgangs. Vielleicht könnte man sie zu einem späteren Zeitpunkt zu einem Iryonin ausbilden, überlegte Sarutobi, aber dafür muss sie erst einmal Chunin werden.

Zum Anderen war da Sasuke Uchiha. Er war eigentlich der Grund, warum dieses kleine Team überhaupt Missionen antreten durfte. Auf der Akademie galt er als Genie und Naturtalent, fast so vielversprechend wie sein großer Bruder Itachi.

Unter dem Bericht war angemerkt, dass Kakashi eine C-Rang Mission anforderte. Kurz überlegte der Hokage. Was könnte er dem Team zumuten? Einer Eingebung folgend zog er ein weiteres Stück Papier aus dem Stapel. „Eine Transportmission...Eskorte mit drei Mann geht genauso gut wie mit Vieren, würde ich sagen.“, murmelte er und legte es zur Akte von Team Sieben.
 

Narutos Blick wanderte neugierig von einer Seite zur anderen und wieder zurück. Er hatte gerade erst seine neue Heimat Kirigakure betreten und war total neugierig. Ob es hier wohl auch einen Ramenstand geben würde, genau wie in Konoha? Wie sah die Akademie aus? Und wie das Gebäude der Mizukage? Gerade folgte er der Hauptstraße in Richtung Marktplatz. Überall rechts und links waren Läden geöffnet, die alles Mögliche verkauften.

Einer der Verkäufer sah den Jungen die Straße entlang gehen und hielt ihn an. „Guten Tag, mein lieber Junge, bist du neu hier?“, fragte er, „Und wo sind deine Eltern?“ Naruto schaute zu dem Mann hoch. Er war etwa Mitte dreißig bis Anfang vierzig, nicht direkt korpulent, aber auch nicht schlank und war auch nicht sonderlich groß. Zumindest für einen Erwachsenen, denn er überragte immer noch bei weitem den kleinen Naruto. Er hatte ein freundliches Lächeln im Gesicht und die Hände in den Taschen seiner Schürze verschränkt. Er hatte etwas vertrauenswertes an sich.

„Hallo.“, antwortete der Junge also, „Ich bin Naruto und komme aus Konoha.“ Verwundert legte der Verkäufer den Kopf schief und fragte: „Aus Konohagakure? Das ist aber ein weiter Weg. Den bist du doch sicherlich nicht ganz alleine gelaufen, oder? Deine Kleidung ist ja ganz zerschlissen.“ Naruto schaute an sich herunter. Der Verkäufer hatte recht. Sein orangener Pulli und seine Hose hatten viele Risse und Macken, größtenteils durch das Unterholz des Waldes verursacht. Außerdem war alles voller Sand. „Meine Eltern kenne ich gar nicht, aber Opa Hokage meinte, ich sollte nach Kirigakure, um hier Ninja zu werden.“ Der Händler nickte, überlegte kurz und führte Naruto dann zu seinem Geschäft.

Es war ein Laden für Ninjabedarf. Über dem Glastresen an der Wand hingen mehrere Waffen, in dem Tisch selber lagen dutzende Pakete Shuriken, Briefbomben und ähnliche Mordwerkzeuge. Der Rest des Ladens wurde von Kleidungsständern ausgefüllt. Von einzelnen Rüstungsteilen bis zu stabilem Schuhwerk war alles enthalten. „Tob dich aus, Kleiner.“, forderte der Verkäufer Naruto auf, „Nehm es als Willkommensgeschenk. Ich packe auch ein paar Shuriken dazu, schließlich muss ein Ninja immer gut ausgerüstet sein.“ Narutos Augen bekamen einen feuchten Glanz. Kaum im Dorf drin und schon half ihm jemand. „A-ber ich ka-kann doch nich.. Hab do-doch gar kein Geld.“, stotterte der Junge, doch der Händler bestand hartnäckig darauf und kramte am Ende sogar Sachen für ihn heraus. Unterwegs entfernte er das Etikett und behauptete, es handle sich um aussortierte Ware, damit der Kleine die Sachen auch ja annehme.

Nach etwa einer halben Stunde war Naruto voll ausgerüstet. Der Verkäufer hatte es tatsächlich geschafft, eine orangene Jacke aufzutreiben, die sogar praktische Seitentaschen für Shuriken oder Ähnliches beinhaltete. Darunter trug er ein schwarzes T-Shirt mit einem Ramenschüssel-Aufdruck und eine schwarze Hose. Seine Fliegerbrille hatte der Junge unterwegs verloren gehabt, aber der Verkäufer meinte nur, dass das nicht schlimm sein, schließlich müsse er ja noch Platz für sein Stirnband haben. Eifrig stopfte er sich die Shuriken in eine der Taschen, bedankte sich mehrfach beim Verkäufer und rannte aus dem Laden.

Wenige Augenblicke später kam Naruto wieder angerannt. „Ähm, wo geht es denn überhaupt zum Mizukagegebäube?“, fragte er grinsend. Der Mann guckte verdutzt. Anscheinend war Kirigakures neuester Ninja ein echter Chaot, dachte er sich, während er nur mühsam ein Lachen unterdrückte. „Einfach weiter geradeaus, wirst es nicht verfehlen.“, gluckste er. „Danke!“, rief Naruto über die Schulter hinweg und rannte los. Kaum war Naruto außer Sicht, begann das Gesicht des Händlers zu erschlaffen. „Was ist passiert?“, fragte er sich verwirrt und schaute sich im Laden um. Nichts schien zu fehlen, also zuckte er die Schultern und versuchte, seinen Blackout zu vergessen.
 

Gelangweilt hockte Kura auf einer Bank und drehte Däumchen. „Wenn Raijin nich bald zurück kommt, überflute ich einfach dieses ganze doofe Dorf.“, grummelte er und verscheuchte eine Möwe, die sich auf seiner Kapuze niedergelassen hatte. Während ihn Menschen gar nicht bemerken konnten, nahmen ihn Tiere als lebloses Objekt wahr. Er war quasi ein großer Felsklotz und reizvoller Nistplatz.

Er wartete bereits viel zu lange auf seinen großen Bruder. Dieser wollte ihren kleinen Bruder beschatten. Außerdem schien der Junge neue Kleidung zu brauchen. Kura war hin und hergerissen. Einerseits sagte Raijin zwar, er wäre einer von ihnen, aber Naruto konnte sie andererseits ja nicht einmal sehen! Und das für ihre Art so typische Chakra fehlte auch. Nur einmal, als der Junge in dieser Holzhütte im Wald gewesen war, hatte Kura es kurz spüren können, aber sicher war er sich dabei nicht. Schließlich war da noch diese alte Frau, welche unangenehme Erinnerungen weckte.

Plötzlich hob Kura den Kopf. War da gerade Naruto lang gerannt? „Das ist er ja wirklich.“, stellte der Vermummte erstaunt fest, stand auf und nahm prompt die Verfolgung auf. Er musste dabei nicht einmal wem ausweichen, er rannte einfach durch jeden durch, den er berührte. Auf halbem Wege zum Hauptgebäude des Dorfes schloss Raijin zu ihm auf. „Und?“, fragte Kura neugierig, „Hast du ihm die Sachen besorgt?“ Der schweigsame Riese nickte kurz. Mehr war Kura von ihm auch nicht gewohnt. Sein großer Bruder war noch nie dafür bekannt gewesen, viel zu reden.
 

Naruto fühlte sich irgendwie beobachtet, während er die Straße entlang auf das große Gebäude vor ihm zu rannte. Vermutlich die Dorfbewohner, weil ich noch neu hier bin, dachte sich der Junge und beschleunigte noch einmal. Er wollte schnellst möglich zur Mizukage, um Ninja zu werden. Schließlich kam er an seinem Zielort an. Vor dem Eingang standen zwei Wachen, welche dem Jungen auch prompt den Weg versperrten. Beide trugen Joninwesten, die Naruto eher an einen kleinen Panzer erinnerten.

„Hey, Kleiner, halt mal an! Du bist keiner von hier, oder? Ohne Grund kommste hier nicht rein.“, sagte der Eine und trat ein paar Schritte vor. Naruto stoppte sofort. Nervös begann er, in seinem Rucksack zu kramen. Kenta hatte ihm den Gegenstand gegeben, damit die Schriftrollen auf der Schifffahrt nicht durchnässt wurden. „Schriftrolle. Nein...Lunchbox? Wie kommt die da rein? Egal...“, murmelte er, während er das Innere seines kleinen Gepäcks durchforstete, „Ah hier!“ Stolz grinsend hielt er dem Jonin eine Schriftrolle hin. „Die soll ich vorzeigen, meinte Opa Hokage.“, rief er fröhlich. Neugierig nahm der Shinobi das Schriftstück entgegen, scannte es oberflächlich nach Fallen und öffnete es dann. Kurz überflog er den Text. Der Junge vor ihm hieß Naruto Uzumaki, war zwölf Jahre alt und stammte aus Konohagakure. Aus Gründen, die nur die Mizukage erfahren durfte, hatte ihn der Hokage nach Kirigakure geschickt, damit er dort Ninja wird. Darunter prangte Sarutobis Siegel und seine Unterschrift.

Zufrieden nickte der Jonin. Der Junge sah diese Bewegung allerdings nicht. Unsicher trat er von einem Bein auf das Andere. „O-opa Hokage meinte, i-ich soll mit der Mizukage sprechen.“, stotterte Naruto nervös. Beschämt kratzte sich der Wächter am Hinterkopf. „Ich fürchte, Mizukage-sama ist gerade mal wieder auf Männerfang.“ „Hä?“, kam die wenig intelligente Antwort. Der andere Jonin, welcher die ganze Zeit geschwiegen hatte, brach in schallendes Gelächter aus. Glucksend versuchte er, die Äußerung seines Partners kindgerecht zu erklären: „Weißt du, unsere Hokage ist eine wundervolle Anführerin, aber sie hat weder festen Freund noch Familie und deshalb sucht sie ab und an nach einem geeigneten Heiratskandidaten.“

Naruto nickte einfach. Er wusste, für Erwachsene war Heiraten was total Wichtiges, aber ihn kümmerte es wenig. Er wollte einfach nur wissen, wo er hin musste. „Kommen wir zum Thema zurück.“, übernahm der Erste wieder das Gespräch, während auf der anderen Seite des Dorfes plötzlich Qualm aufstieg. Sein Partner kicherte erneut. Diese hämische Ader an ihm hatte er noch nie so ganz verstanden. „Du willst zur Mizukage? Gut, dann pass mal auf. Siehst du den Rauch da hinten?“ Der Jonin zeigte in die entsprechende Richtung. Kurz suchte Naruto nach besagter Rauchfahne, bis er sie schließlich zwischen all den Dächern ausmachen konnte. „Da hinten dürfte sie sein. Wenn du ganz schnell losrennst, erwischst du sie vielleicht noch. Wenn nicht, komm einfach wieder hierher.“

Kapitel 6

Kapitel 6
 

Mei Terumi stand in Mitten einer zerstörten Bar. Ihr gegenüber auf dem Boden versuchte gerade ein junger Shinobi in Sicherheit zu krabbeln. Was ihm nicht so ganz gelingen wollte. Sein Name war Kiri, benannt nach seinem eigenen Heimatdorf. Er war seit kurzem Jonin, ein Iryonin genau genommen. So, wie es gerade aussah, würde er sich bald selbst verarzten müssen. Dabei hatte der Abend so harmonisch angefangen. Nach Dienstschluss war er zusammen mit zwei seiner Kollegen in ihr Stammlokal gegangen, um den Tag ausklingen zu lassen. Er war ledig, niemand wartete daheim auf ihn, also konnte er sich diesen Luxus leisten.

Gemütlich saß er mit seinen Freunden an einem der runden Tische und war bereits leicht angeheitert, als das Unheil über die Bar hereinbrach. Ihre hochgeschätzte und wohlgemerkt durchaus attraktive Mizukage betrat nämlich ebenfalls das Lokal. Ein wirklich bezauberndes Lächeln aufgesetzt bestellte sie sich ebenfalls ein Getränk und gesellte sich zu ihnen. Wie sich herausstellte, hatte die Mizukage eine neue Mission für Kiri parat und da sie ihn nicht mehr auf der Arbeit angetroffen hatte, war sie ihm gefolgt. Es schien sich um etwas wirklich Wichtiges zu handeln. Seine Saufkumpanen nutzten diese Gelegenheit und flüchteten äußerst diskret aus der Bar.

Kiris Kopf begann derweil ob der Menge an Sake leicht zu schwimmen. Nach Beendigung der Missionsbesprechung, es ging, soweit der Iryonin sich erinnern konnte, um das Ausheben eines Mafiarings im Reich de Wellen, begannen die beiden eine ungezwungene Unterhaltung. Dabei vergaß Kiri immer mehr die Eigenarten seiner Kage und in den Vordergrund rückten zwei schlagende Argumente. Nach einer Weile beging er dann die zwei größten Fehler seines Lebens. Zum Einen gab er zu, weder Frau noch feste Freundin zu haben. Zum Anderen machte er Mei Terumi ein Kompliment.

„Das hab ich nun davon“, murmelte er kreidebleich und robbte weiter Richtung Ausgang. Ein Gutes hatte seine Situation: Er war wieder stocknüchtern. Gerade wünschte er sich allerdings, es wäre anders, denn bei einem weiteren Zug nach hinten spürte er plötzlich etwas Hartes in seinem Rücken. Der Jonin drehte seinen Kopf. Hinter ihm lag einer der umgefallenen Tische! Herzhaft fluchte er, während die Mizukage wütend auf ihn zustapfte. Sein bisheriges Leben raste im Schnelldurchgang an seinem geistigen Auge vorbei. Das war das Ende...

„Hallo, ist da wer?!?“, rief plötzlich jemand vom Eingang her, „Oma Mizukage, bist du dahaaa?“ Kiri stutzte. Diese Stimme kannte er gar nicht. Doch der unbekannte Junge, es war ganz sicher eine Jungenstimme, hatte dem Jonin gerade das Leben gerettet, denn die Mizukage drehte sich ruckartig um. „Großmutter?“, keifte sie, „Erst kriege ich einen Korb und dann nennt man mich Großmutter? Wer wagt-?“ Mei brach mitten im Satz ab. Naruto stand die Arme hinter dem Kopf verschränkt in der Tür und grinste über beide Ohren.

„Oh, bist du aber niedlich!“, entfuhr es der Mizukage, während sie auf den Jungen zuging, „Du bist bestimmt Naruto, oder? Lass dich knuddeln! Du darfst mich ruhig Tante Mei nennen!“ Sie überfiel den armen Naruto regelrecht, wuschelte ihm durch die Haare, kniff ihm in die Wange und redete immer weiter auf ihn ein. Vollkommen vergessen war der Grund für ihren Wutausbruch. Schnell stand Kiri auf und sprang mit Step durch eines der Löcher im Dach.

„Du bist ja überhaupt nicht so alt, wie ich gedacht habe.“, stellte Naruto überrascht fest, nachdem er wieder zu Atem kommen durfte. Die ganzen Liebkosungen waren ihm zwar schon peinlich gewesen, aber auch wenn Naruto nie Eltern gehabt hatte, so wie die Mizukage stellte er sich eine richtige Mutter vor. „Wie kommst du denn darauf, dass ich alt wäre?“, fragte Mei neugierig. Sie hatte bereits vor zwei Tagen eine Nachricht vom Hokage erhalten gehabt, in der Naruto eingehend beschrieben worden war, aber ihn direkt vor sich stehen zu sehen, weckte ungeahnte Mutterinstinkte in ihr. Ein weiterer Grund, möglichst schnell unter die Haube zu kommen, wie sie fand.

„Naja, Opa Hokage ist echt alt und der Kage eines Dorfes muss ja auch immer total weise und so sein.“, begann Naruto zu erklären, „Also dachte ich, alle Kage wären so alt wie Opa Hokage.“ Mei lachte. Ihr gefiel der Junge. Er war ehrlich und direkt, obwohl er, unbekannt im Dorf, bereits der Mizukage gegenüberstand. Vielleicht sollte sie ihn adoptieren, wenn er die Aufnahme als Genin bestanden hatte. Ob das auch ihren Erfolg auf dem Hereitsmarkt erhöhen würde? Bestimmt, überlegte sie, schließlich kann ich dann zeigen, dass ich nicht nur eine fähige Anführerin sondern auch eine treusorgende Ehefrau bin!

Während ihres Tagtraums betrachtete Naruto die Kunoichi. Sie war etwa Mitte zwanzig, hatte langes, kastanienbraunes Haar und war zumindest für Narutos Begriffe sehr gut aussehend. Ihr Körper war schlank, hatte aber deutliche feminine Rundungen. Betont wurde ihre Figur durch ihr blaues Kleid, das ziemlich eng anlag. Es war schulterfrei und ließ einen deutlichen Blick auf ihren Ausschnitt frei. Das Kleid ging links fast bis zu ihren Knien, am rechten Bein befand sich ein Gehschlitz. Unter dem Kleidungsstück trug sie blaue Shorts, außerdem halbdurchsichtige Leggins, die in den Schienbeinschützern ihrer Sandalen endeten.

„Tante Mei?“, fragte er zögerlich, „Kann ich hier überhaupt Ninja werden? Das ist mein größter Traum überhaupt, echt jetzt!“ Gütig lächelnd tätschelte die Mizukage ihrem neuen Schützling auf den Kopf. „Aber natürlich kannst du das, Naru.“, antwortete sie, während sie sich auf Augenhöhe des Jungen kniete, „Es gibt nur ein klitzekleines Problem.“ Naruto horchte auf. Was könne es sein? Wäre er das Problem? Weil er angeblich ein Monster war? Mei lachte. „Guck nicht so entsetzt, es ist wirklich nur eine Kleinigkeit. Du musst mich auf eine Mission begleiten, bevor du Genin werden kannst. Wir haben nämlich gerade keinen Jonin zur Verfügung.“
 

Raijin und Kura beobachteten die Szene einige Meter über dem Boden schwebend. Ihren kleinen Bruder zu beschatten erwies sich als eine langweilige Hetzpartie. Dem schweigsamen Raijin machte das relativ wenig aus. Er hatte Zeit. Die hatte er schon immer gehabt. Kura hingegen war deutlich hibbeliger. Er drehte schwebend kleine Runden um den stoischen Riesen und löcherte ihn mit Fragen.

„Raijin, woher wissen wir überhaupt, dass das unser kleiner Bruder ist?“, setzte er erneut zu seinem Lieblingsthema an. „Weil sie es uns gesagt haben.“, entgegnete Raijin entnervt. Er war das jetzt schon bestimmt zehn mal mit Kura durchgegangen. Wenn die anderen sagten, dies sei ihr kleiner Bruder, dann war er auch ihr kleiner Bruder. Ende der Diskussion. Wobei ihm langsam selber Zweifel kamen. Schließlich hatte Naruto bisher keine Anzeichen ihrer Kraft gezeigt.

Ein Einfall traf ihn wie der Blitz. „Kura?“, fragte er mit seiner tiefen, brummenden Stimme, „Du willst den Jungen testen?“ Eifrig nickte der Kleinere und stoppte mitten in der Rotation. „Dann ruf doch eines deiner Kreaturen. Wenn er es überlebt,muss er einer von uns sein.“ Kurz überlegte Kura. Was könnte er Naruto vorsetzen?

Ganz in der Nähe schlummerte in den Tiefen des Meeres eines seiner Lieblingskreaturen. Ein großes, intelligentes Reptil mit einer Unmenge Chakra. Es war eines seiner Meisterwerke, leider vor Urzeiten besiegt und in lichtlose Tiefen gebannt. Kura schüttelte den Kopf. Nein dieses Wesen war noch zu mächtig für Naruto. Außerdem war es anstrengend zu wecken.

Er könnte noch einen kleinen Drachen rufen. Der Lindwurm war etwa so lang wie eine Kriegsgaleere und so hoch wie ein Haus, aber relativ träge und im Gegensatz zu seinen realen Vorbildern konnte er kein Feuer spucken. Trotzdem zu groß, beschloss Kura, außerdem stinkt es immer so nach Aas.

Er brauchte etwas harmloseres, etwas, was Raijin und er mit einem Fingerschnipsen vernichten konnten. Da fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. „Die Chimära!“, entfuhr es ihm voller Aufregung. Kura hatte dieses Wesen vor geraumer Zeit aus verschiedenen mutierten Lebewesen zusammengemischt. Eigentlich wollte er es abrichten, damit es Kunststückchen machte, doch es hatte eine ungesunde Neigung zu Menschenfleisch entwickelt. Und es sah einfach nicht niedlich aus. Eifrig zeichnete er ein Siegel in die Luft. Die schwebenden Zeichen aus purem Chakra begannen, sich zu drehen und dem Boden zu nähern. Dabei wurden sie immer größer.

Von den Menschen ungesehen legten sie sich auf den Marktplatz des Dorfes. Vom Zentrum aus zog sich langsam eine schwarze Substanz kreisförmig nach außen. Als der gesamte Kreis ausgefüllt war, detonierte plötzlich der Beton. Aus dem Rauch schälten sich die Umrisse einer gewaltigen Kreatur. Die Passanten stürmten geradezu von der Straße in Richtung ihrer Häuser. Ein markerschütterndes Brüllen riss selbst die letzten Zivilisten aus ihrer Starre.

Kapitel 7

Kapitel 7
 

Eine gewaltige Staubwolke bedeckte den Marktplatz von Kirigakure. Mehrere Shinobi positionierten sich auf den angrenzenden Dächern, alarmiert durch die Explosion. Weder wussten sie, wer der Feind war, noch ob es sich überhaupt um einen Angriff handelte, aber sicherzugehen war eindeutig besser. Angespannt warteten sie darauf, dass sich die Sicht bessern würde.

Plötzlich zischte etwas aus dem Rauch heraus. Es war ein großer Schlangenkopf und er hielt genau auf zwei der Ninjas zu! In letzter Sekunde retteten sich die beiden außer Reichweite. Das Dach, auf dem sie gestanden hatten, wurde jedoch von der Schlange zertrümmert. Einen Holzbalken im Maul zog sie sich in die Wolke zurück.

„Was ist hier los?“, rief jemand über den Lärm hinweg. Sein Name war Ao. Er war ein Shinobi Kirigakures und Kriegsveteran. Sein Markenzeichen war neben seinen blauen, nach oben abstehenden Haaren eine Augenklappe über seinem rechten Auge. Darunter trug er ein Byakugan, welches er vor langer Zeit erbeutet hatte. Zwei Siegelpapiere waren an seinen Ohren zum Schutz dieses kostbaren Dojutsus befestigt, denn es war das einzige im Besitz von Kirigakure befindliche Byakugan. „Wissen wir nicht, Ao-sama.“, entgegnete einer der Jonin und zeigte bibbernd auf den Platz, „Aber wir glauben, es handelt sich um irgendein Monster! Aus der Staubwolke kam gerade eine große Schlange geschossen und hat eines der Häuser einfach zerbissen!“

„Und wo befindet sich gerade Terumi-sama?“, hakte der ehemalige Anbu nach. Seit er seine Karriere als Oinin, die Spezialeinheit der ranghöchsten Ninjas von Kirigakure, aufgegeben hatte, war er eine Art Sekretär und auch oft Leibwächter der Mizukage geworden. Er wusste, die Mizukage müsste schon lange Dienstschluss haben, aber wo blieb sie? Schließlich hatte man die Explosion im ganzen Dorf gehört. Gerade jetzt zur Abendzeit, wo die meisten Geschäfte langsam ihre Läden schlossen, müsste jeder Mensch innerhalb des Dorfes aufgeschreckt worden sein.

„Noch nicht da, fürchte ich.“, antwortete der Jonin und zog ein Kunai, „Sollen wir einen Angriff wagen?“ Ao schüttelte den Kopf. „Wartet, wir wissen immer noch nicht, wer oder was uns da gerade attackiert hat.“ Konzentriert sammelte er Chakra. „Byakugan.“, murmelte er. Auf der Stelle verschob sich sein Sichtfeld. Er hatte das Dojutsu seines rechten Auges aktiviert. Damit verschärfte sich nicht nur seine Sicht ungemein, was ziemlich irritierend mit nur einem Auge war, sondern er sah auch noch Chakra.

Langsam ließ er den Blick über die Dächer schweifen. Knapp zwanzig Shinobi hatten sich rund um den Platz versammelt, knapp die Hälfte davon Jonin. Zwei weitere waren Oinin, ihre Masken konnte er zwar nicht zuordnen, aber sie kamen ihm zumindest bekannt vor. Auf dem Nachbardach hockte ein junger Genin, der vor Angst zitterte. Mit einem Wink forderte er den Jonin, mit dem er gerade noch geredet hatte, auf den Jungen wegzubringen. Er war noch zu jung für sowas.

Schließlich spähte er in die Wolke. Er konnte die Chakranaturen von drei Tieren erkennen, aber merkwürdigerweise in einem Körper! Ao schaute noch einmal genauer hin. Es blieb bei dieser Feststellung. Ihr Gegner schien eine Kreuzung aus Tiger, Ziege und Schlange zu sein. Der alte Veteran dachte nach. Es gab Mythen über ähnliche Bestien, Nue oder auch Chimäre genannt. Es handelte sich um Fabelwesen bestehend aus mehreren Tieren, meist eine Mischung aus Affe, Tenuki, Tiger und Schlange. Abhängig von ihren einzelnen Bestandteilen waren sie mal relativ scheu, andernorts sehr aggressiv gegenüber Menschen. Und dieses Wesen schien wohl zu Letzteren zu gehören.

Erneut raste der peitschenartige Schlangenkopf aus der Wolke, die sich bereits begann zu lichten heraus. Sein Ziel war der vor Angst wie festgefrorene Genin. „Verflucht!“, entfuhr es Ao, während er auf den Jungen zueilte. Mit einem Sprung landete er direkt vor dem anrasenden Reptilienmaul. Mit aller Kraft fing er die beiden Kiefer ab und stemmte sich gegen das Gewicht des Monsters. Fauliger Atem kam ihm entgegen, er hätte fast husten müssen. Schließlich gab die Schlange nach und zog sich wieder zurück. „Renn, Kleiner!“, rief Ao über die Schulter und sprang unten auf den Asphalt. Es war Zeit für den Nahkampf.

Mit einem weiteren Brüllen vertrieb die Chimäre den Staub um sich herum und entblößte ihren gesamten Körper. Das Wesen war weit größer als die Tiere, aus denen es zu bestehen schien. Es hatte den Kopf und den Rumpf eines Tigers. Geifer tropfte aus seinem Maul. Die Pranken der Kreatur waren etwa so groß wie Aos Brustkorb. Das Tigerfell endete auf dem Rücken und ging nahtlos in ein struppiges, grauschwarzes Ziegenfell über. Der Kopf eines Geißbocks war wie auf den Körper geklebt und starrte mit einer unbeschreiblichen Mordlust auf die Shinobi. Anstatt eines Schwanzes hatte das Nue eine übergroße Schlange, die bedrohlich zischte. Sie fuhr immer wieder ihre Zunge aus, um ein potentielles Opfer zu orten.

Entsetzt starrte Ao das Monstrum an. Wenn er sich nicht vertat, hatte der Ziegenkopf das Chakrazentrum eines Menschen und konnte demnach Jutsus anwenden! Sie mussten das Wesen so schnell wie möglich ausschalten. Zeit für weitere Überlegungen blieb ihm jedoch nicht, denn die Chimäre jagte auf ihn zu. Mit ihren Pranken holte sie nach dem ehemaligen Oinin aus. Ao schloss die Augen. Das würde sehr schmerzhaft werden.
 

Naruto und Mei stürmten der Rauchwolke entgegen. Nervös zückte der Junge im Rennen sein Kunai. Gleich würde er seinen ersten richtigen Kampf erleben. Die Begegnung mit den Räubern zählte er nicht, da war der Junge schließlich nicht einmal bei Bewusstsein gewesen. Er zitterte regelrecht vor Anspannung. „Ganz ruhig, Naru, ich bin doch bei dir.“, versuchte ihn die Mizukage zu beruhigen, doch das half nicht viel. Eher hatte es die gegenteilige Wirkung, schließlich wollte sich Naruto der Mizukage gegenüber beweisen.

Kurz bevor sie den Schauplatz des Kampfes erreichten, ertönte noch ein beängstigendes Brüllen. Es vibrierte in Narutos gesamten Körper. Vorsichtshalber schuf Naruto einen Schattendoppelgänger. Schattendoppelgänger, oder auch Kagebunshin, waren Narutos erste richtige Technik, die er aus der Schriftrolle des Vierten erlernt hatte. Überrascht betrachtete Mei das Jutsu ihres Schützlings. Es war eindeutig anspruchsvoll, denn es erzeugte nicht nur eine Illusion sondern einen richtigen Doppelgänger. Der durch Chakra aufrecht erhaltene Körper verpuffte zwar bei einem letalen Treffer, war aber trotzdem relativ robust. Außerdem konnte man ihn wunderbar für andere Jutsus weiterverwenden. 

Endlich kamen die Beiden auf dem Marktplatz an, gerade rechtzeitig, um mit anzusehen, wie die Chimäre nach Ao schlug. Mei packte Narutos Bunshin. „Ich leih mir den mal eben aus.“, rief sie lediglich, „Kawarimi no Jutsu!“ Der Doppelgänger verschwand und an seiner Stelle tauchte Ao neben der Mizukage auf. Dafür wurde Narutos Klon von der Chimäre zerfetzt und verpuffte. Erst verwirrt, dann langsam immer wütender werdend schaute sich das Monster nach ihrem vermeintlichen Opfer um.

Der ehemalige Oinin atmete derweil dankbar aus. Aufgeregt fragte Naruto: „Tante Mei, was war denn das für ein Jutsu?“ Mei licherte leise, doch bevor sie zu einer Erklärung ansetzen konnte, übernahm Ao diesen Part. „Das Kawarimi no Jutsu, oder auch Jutsu des Tausches, dient, wie der Name sagt, zum Tausch einer Person mit einem Objekt.“, legte er detailliert da, „Eigentlich gehört es zu den Grundjutsus, da es weder viel Können noch eine große Menge Chakra benötigt, also wundert es mich, dass du es nicht kennst, junger Mann.“ Die letzten zwei Worte betonte er eindeutig herablassend, weshalb Naruto fast die Schamesröte in sein Gesicht stieg. „Nun hack nicht so auf dem armen kleinen Naru rum, Ao, er ist doch noch so jung!“, fuhr ihn die Mizukage an. Ao schluckte. Er war wohl mal wieder in irgendein ihm unbekanntes Fettnäpfchen getreten. „Und überhaupt, er ist ja noch nicht einmal Genin! Außerdem warst selbst du einmal genauso unbedarft und unwissend! Und wenn du noch einmal meinen kleinen Naru zur Schnecke machst, dann kannst du aber was erleben!“

Meis Schimpftirade ließ den mehr oder minder pensionierten Shinobi immer kleiner werden. Er war zwar weit älter als seine Mizukage, aber Mei Terumi war unter den Shinobi als ein Monster bekannt und gefürchtet! Leider war ein echtes Monster ebenfalls auf die laute Stimme der Mizukage aufmerksam geworden. Wütend schnaubte der Ziegenkopf auf dem Rücken der Chimäre und begann, Chakra zwischen den beiden Hörnern zu sammeln. In einer riesigen Entladung raste ein Blitzstrahl auf die Gruppe zu. Gerade noch rechtzeitig sprangen die Ninja auseinander.

Durch diesen Angriff angestachelt ging die Mizukage zur Gegenoffensive über. Sie führte einige Fingerzeichen aus, sammelte Chakra in ihrem Mund und spie mit den Worten: „Yoton: Lavabecken!“ einen gewaltigen Magmastrahl aus. Dieser sammelte sich um die Pranken der Chimäre, doch statt das Monstrum zu verletzen, verlangsamte es lediglich ihre Bewegungen. Geistesgegenwärtig sprang Ao ihr zur Hilfe. „Suiton: Große Flut!“, erklang es aus seinem Mund. Eine Wasserwelle türmte vor dem Shinobi auf und raste auf die Lava zu. Mit einem Zischen verdampfte das Wasser und ließ getrocknetes Gestein an Stelle der brüllend heißen Lava zurück.

„Das Fell einer Chimäre kann man nicht durchdringen, Mizukage-sama.“, erklärte Ao, während Mei frustriert feststellte, wie wenig ihr Jutsu bewirkt hatte, „Also muss man das Untier fesseln.“ Zornig brüllte das Nue und zerrte an seinen steinernen Fesseln. Erneut sammelte es Chakra. Was hat es diesmal vor?, fragte sich Ao und machte sich auf das schlimmste gefasst. Doch kein Angriff kam. Kein Blitzschlag raste auf sie zu. Stattdessen löste sich das Wesen in einem schwarzen Nebel auf.

„Es versucht zu entkommen!“, rief Naruto, der die ganze Zeit daneben gestanden und der Mizukage beim Kampf zugesehen hatte. Er wusste, er wäre nur im Weg gewesen, doch jetzt schien seine Stunde zu schlagen. Der Junge stürmte auf die Wolke zu. "Naruto, tu das nicht!", rief die Mizukage ihm hinterher, doch zu spät. Aufs Geratewohl heraus sprang er hinein und schlug zu. Tatsächlich schien er etwas getroffen zu haben. Er glaubte ein erbostes Fauchen zu hören. Sehen konnte er leider nichts. Mit dem Kopf voran knallte er direkt auf das aufgerissene Pflaster. Ihm wurde schwarz vor Augen.

Etwas oder jemand fuhr mit einem nassen, rauen Gegenstand durch sein Gesicht. Außerdem kitzelte etwas an seiner Seite und er glaubte, einen leichten Zug an seiner Jacke zu spüren. Erschrocken öffnete er die Augen. Genau in diesem Moment fuhr eine lange, klebrige Zunge über sein Gesicht. „Urks..“, entfuhr es dem Jungen, während er sich den Seiber aus dem Gesicht wischte. Er blickte direkt in die Augen eines kleinen Tigers.

Naruto richtete sich auf. Oder versuchte es zumindest. Überrascht stellte er fest, dass eine kleine Version der gewaltigen und bedrohlichen Chimäre auf seinem Oberkörper hockte und sich schnurrend an ihn schmiegte. Der Ziegenkopf kaute glücklich an seiner neuen, orangenen Jacke herum, während sich die nun stark geschrumpfte Schlange unterhalb seines T-Shirts befand und seinen Körper neugierig nach Nahrung absuchte.

„Er scheint dich zu mögen.“, erklang von irgendwoher Meis Stimme, „Aber du musst mit ihm Gassi gehen, ihn füttern und auch waschen, wenn er draußen durch den Dreck gestromert ist!“ Glucksend hockte sie sich neben ihren Schützling und kraulte den Tigerkopf. „Ansonsten würde ich sagen: Herzlichen Glückwunsch zu diesem tollen, neuen Haustier, Naru!“ Naruto wusste nicht so genau, ob das etwas Gutes war oder nicht, aber irgendwie fand er das Nue auch wieder niedlich.
 

Wütend stampfte Kura auf. „Es mag ihn!“, maulte er beleidigt, während er sein ehemaliges Spielzeug unten auf dem Boden betrachtete, „Schau dir das an, Raijin, es mag ihn!“ „Damit wäre zumindest bewiesen, dass er unser kleiner Bruder ist.“, erwiderte der Riese gelangweilt und zog seine Kapuze etwas tiefer ins Gesicht. Auch wenn ihr kleiner Bruder relativ wenig gekämpft hatte, die unverfälschte Zuneigung der Kreatur war Beweis genug für ihn.

 „Wenn er jetzt Sitz macht....Guck, Raijin, er macht Sitz!“, ereiferte sich Kura, „Ich habe Jahrzehnte versucht, diesem dummen Viech beizubringen, Sitz zu machen und dann kommt dieser Bengel daher und plötzlich gehorcht es einfach! Es wedelt sogar mit dem Schwanz!“ „Kura?“, unterbrach Raijin seinen Bruder, „Das ist eine Schlange, die wedelt nicht, die sucht was zu fressen.“ „Ist mir egal! Und überhaupt!“, redete sich Kura weiter in Rage, doch plötzlich wurde er von einem dunklen Portal verschluckt. „Endlich Stille.“, seufzte Raijin.

Kapitel 8

Kapitel 8
 

Es war ein schöner Tag in den Wäldern nahe Konohagakure. Der Wind wehte sanft durch das Geäst und ließ saftig grüne Blätter leise rascheln. Die Sonne schien durch das Blattwerk auf den Weg vor ihnen. Team Sieben war auf einer der Handelsstraßen unterwegs, nicht viel mehr als ein platt getrampelte, unasphaltierter Pfad, auf denen der Wagen ihres Klienten aber trotz alledem gut vorankam. Nach geraumer Zeit des langsamen, aber stetigen Wanderns waren sie allerdings in einen Hinterhalt geraten. Zwei fies dreinschauende Nukenin hatte das Drei-Mann-Team versucht auszuschalten, doch Kakashi, der Sensei dieses Geninteams, hatte ihre Gegner rechtzeitig bemerkt und ausgeschaltet.

Unschlüssig hockte er vor den beiden bewusstlosen Shinobi. Er hatte sie sicherheitshalber an einen Baum gefesselt und ihre Chakraknoten weitestgehend blockiert. Leich legte er den Kopf schief, als sein Blick auf ihre durchgestrichenen Stirnbänder fiel. „Kirinins...“, murmelte er leise, „Ob das gut gehen wir?.“ Er warf einen kurzen Seitenblick auf seine Schützlinge.

Einerseits hatte sich ihre vermeintliche C-Rang Mission wohl als eine B oder sogar A-Rang Aufgabe entpuppt. Eigentlich müsste er sich mit seinem Team zurückziehen. Andererseits waren solche Vorkommnisse nichts Ungewöhnliches. Außerdem hatte er auf eine schwierigere Mission bestanden, also müsste er nun auch mit den Konsequenzen leben. „Ich könnte aber auch...“, grübelte er und rieb sich das von seiner Halbmaske verdeckte Kinn.

„Sakura? Sasuke? Kommt ihr mal kurz her?“, rief er den beiden Genin zu, „Ich habe da eine Frage an euch.“ Eilig folgten die beiden dieser Aufforderung. „Was gibt es denn, Sensei?“, fragte Sakura neugierig. Sie war ein junges, schlankes Mädchen und zwar keine begabte aber dennoch gewillte Kunoichi. Vor allem wenn es um Sasuke, ihren Schwarm und Teammitglied ging, war sie ganz Feuer und Flamme. Das Auffälligste an ihr waren ihre pinkfarbenen Haare und ihre markante Stirnpartie.

„Machen wir es kurz, unsere Mission ist für unser Team alleine nicht mehr erfüllbar.“, stellte Kakashi gleich zu Beginn des Gespräches klar. Enttäuscht wurde der Kopierninja von seinen Schülern aus großen Kulleraugen angeguckt. „Aber, wie ich es mir schon gedacht habe, wollt ihr sicherlich unsere Reise fortsetzen, richtig?“ Eifrig nickten die beiden. „Gut, wenn das so ist, schicken wir nach Verstärkung und ziehen derweil in unserem relativ langsamen Tempo Richtung Küste weiter.“, legte Kakashi seinen Plan da und zückte ein Kunai. Betont dramatisch, um ihren Klienten, aber auch die Genin zu beeindrucken, ritzte er sich in den Daumen, führte Fingerzeichen aus und rammte seine blutende Hand auf den Boden. „Kuchiyose no Jutsu!“
 

Über einer Schriftrolle gebeugt saß Naruto an Deck des relativ großen Fischkutters. Manchmal musste er sich ducken, wenn eines der Segel vom Wind gepeitscht durch die Luft sauste. Er suchte bereits seit etwa einer Stunde nach einem neuen, coolen Jutsu. Schließlich hatte der Vierte Hokage davon eine Unmenge erfunden oder verbessert, also würde Naruto schon irgendwann fündig werden. Der Junge rollte einen weiteren Teil der Schriftrolle aus. Er hatte nie ganz verstanden, wie so viel Papier in eine kleine Schriftrolle passte, vermutlich irgendein merkwürdiges, aber praktisches Jutsu.

„Fuinjutsu.“, las Naruto laut. „Ich glaube, die sind noch zu schwer für dich, junger Mann.“, ertönte es direkt hinter dem Blondschopf. Ao hatte sich zu dem Jungen an Deck gesellt. Die Mizukage war, so verrückt das angesichts ihres Postens auch klingen mag, auf längeren Schiffsfahrten immer seekrank. Da sie dies aber nicht zeigen wollte, verrammelte sie sich meist in ihrer Kabine und genau von dort kam der ehemalige Oinin gerade. Eilig wollte Naruto die Rolle wieder verstecken, doch mit einem Lachen gebot Ao ihm Einhalt. „Nicht nötig, Naruto, Mizukage-sama hat mir bereits strickt untersagt, auch nur einen Blick auf dieses Schriftstück zu werfen.“, sagte er lächelnd und setzte sich direkt neben den Jungen.

Ein Zahnstocher klemmte zwischen seinen Zähnen. Naruto sprach ihn darauf an, weshalb Ao verlegen mit den Schultern zuckte. „Weißt du, ich versuche mir gerade das Rauchen abzugewöhnen.“, erklärte er und betrachtete nachdenklich das Meer. Da kam ihm eine Idee. „Du willst also deine ersten Fuin erlernen, Naruto?“, fragte er deshalb und schielte zu dem Blondschopf hinüber. Dieser nickte ganz aufgeregt. „Dann pass mal ganz genau auf!“ Mit einem Kunai ritzte der alte Kriegsveteran vorsichtig zwei kleine Kanji in den Zahnstocher und flippte ihn über Bord. Als das kleine Holzstäbchen die Wasseroberfläche berührte, gab es eine laute Explosion. Der Fischerkutter geriet für einige Sekunden heftig ins Schwanken, bevor es sich schließlich wieder fing.

„Wow, was war das denn?“, rief Naruto erstaunt. Am Rande registrierten einige der Fischer, dass sich eine Art Delle im Meer gebildet hatte, die nur ganz langsam wieder ausgeglichen wurde. Ein äußerst merkwürdiges Jutsu. „Das, junger Mann, wird dein erstes Fuinjutsu werden. Ich nenne es Fuin: Falle der Wasservernichtung.“, erwiderte Ao und kramte in einer seiner Hosentaschen herum. Zum Vorschein kam eine ganze Packung Zahnstocher. „Probier mal.“
 

Mei ging es übel. Das ganze Schiff schwankte und bereitete ihr Unbehagen. Sie hasste Schiffsfahrten wie die Pest. „Wäre ich doch Kazekage und nicht Mizukage geworden.“, murmelte sie missmutig, „Mitten in der Wüste wäre ich vermutlich in meinem ganzen Leben nicht einmal Schiff gefahren.“ Ein weiteres, starkes Schaukeln erzeugte neue Wellen der Übelkeit in ihr.

Endlich betrat Kiri ihre Kabine. Sie hatte den jungen Iryonin extra für diese Mission rekrutiert, damit er ihr gegen diese verfluchte Seekrankheit helfen würde. Drei mal am Tag kam er unter Deck und behandelte die Mizukage, damit sie sich zumindest ab und an auf Deck blicken lassen konnte. Außerdem fand sie ihn ziemlich niedlich, auch wenn er sich in dieser einen Bar so daneben benommen hatte. Während er seine Hände auf der Stirn der Mizukage anlegte und grünes Chakra durch ihren Körper zirkulieren ließ, erzählte er im Plauderton: „Für diese richtig schlimmen Schwankungen sind übrigens Ao und Naruto verantwortlich. Keine Ahnung, was die beiden da oben treiben, aber der Kapitän ist stink sauer.“

Ruckartig richtete sich die Mizukage auf. Diese zwei Rabauken trugen also Schuld an ihrem Leiden? Von dieser ruckartigen Bewegung überrascht konnte Kiri seine Hände nicht rechtzeitig zurückziehen, weshalb sie in Meis Ausschnitt hängen blieben. Der junge Iryonin bekam es mit der Angst zutun, als er etwas weiche Haut an seinen Handflächen spürte und wurde kreidebleich. Das war der zweite Fauxpas in unter einer Woche. Die Mizukage hingegen lief knallrot an. Schüchtern, aber auch ein wenig verlangend schaute sie Kiri in die Augen. Zu spät bemerkte dieser, dass er weiterhin Heilchakra abgegeben hatte. Vielleicht würde diese Stimulation sein Leben retten. Oder auch nicht.

Genüsslich schmiegte sich Mei an den Jonin an. „Ein böser Junge bist du. Magst es wohl auf die direkte Art.“, hauchte sie ihm ins Ohr. Kiri musste sich arg zusammenreißen. Wenn er auf die Mizukage einging, würde er als Wasserleiche enden, so viel war gewisss. Wenn er sie jedoch zu direkt abblockte, wäre er auch nicht besser dran. „Mi-mizukage-sama, ich ähm, das war ein Versehen, verstehen sie?“, versuchte er sich herauszureden und hielt dabei den Chakrastrom aufrecht. Viel Erfolg erzielte seine Taktik jedoch nicht. Mei schlang ihre Arme um seinen Nacken und näherte sich gefährlich seinem Mund. „Du willst mir doch nicht etwa erneut einen Korb geben, oder?“, schnurrte sie verführerisch. Der Abstand von ihren vollen, roten Lippen zu den seinen wurde immer geringer. Es fiel dem Iryonin zunehmend schwerer, klar zu denken. Dieser Mund war einfach zu verlockend...

Ein weiteres Rumpeln riss die beiden aus ihrer Starre. Mei wäre fast gegen die Holzwand ihrer Kabine gekracht, hätte Kiri sie nicht aufgefangen. Der Medicnin nutzte die Gunst der Stunde, um sich aus der Affäre zu ziehen. „Das waren bestimmt wieder Ao und Naruto. Sie müssen dringend an Deck, bevor die Situation eskaliert!“, rief er ihr zu, zog sie hoch und buchsierte sie aus der engen Kammer heraus. „Oh, ja, stimmt, das Schaukeln...“, murmelte sie verwirrt, während sie dem schmalen Gang zur Treppe folgte. Erleichtert atmete Kiri aus. Was auch immer diese beiden Chaoten da oben treiben, dachte er sich mit einem leichten Grinsen im Gesicht, es hat mir gerade das Leben gerettet.
 

Pakkun flitzte durch die Straßen Konohas. In seinem Maul hatte er eine Notiz für den Hokage. Seine kleinen und , wie er sich gedanklich beeilte hinzuzufügen, samtigen Pfoten trugen ihn geschwind durch die Gassen des friedlichen Dorfes. Pakkun war ein Mops. Sein Fell war beige, sein Körper ziemlich klein und kompakt und seine Schnauze so platt wie die einer Bulldogge. Ein niedlicher, beharrter Ringelschwanz zierte sein Hinterteil. Außerdem war er ein Ninken, ein Ninjahund, der von Shinobis beschworen werden konnte. Die Familie Hatake hatte allerdings im Moment als einzige das Recht, ihn und seine Brüder zu beschwören, weshalb er eigentlich nur mit Kakashi Hatake, dem jüngsten und einzigen Mitglied des einst so zahlreichen Clans, zutun hatte.

So auch heute. Der Kopierninja hatte den resoluten Ninjamops beschworen, um den Hokage um Verstärkung für seine Mission zu bitten. Was eine für Kakashi sehr untypische Handlungsweise war, fand Pakkun zumindest. Normalerweise war der Sohn des weißen Fangzahns immer in der Lage, eine Mission zur Not alleine zu absolvieren.

Ein schmerzhaftes Zusammentreffen mit einem Fenster beendete seine Grübelei. Er rieb sich die noch ein Stück plattere Schnauze, während ihm Sarutobi lachend öffnete. „Ich wette, deinen Vorfahren muss es genauso ergangen sein, lieber Pakkun.“, begrüßte ihn der Hokage, „Was sonst hätte dafür gesorgt, dass deine Nase so platt ist?“ „Haha, nicht lustig.“, grummelte der kleine Hund undeutlich, als er schließlich im Büro stand. Neugierig setzte sich Sarutobi wieder in seinen Bürosessel, da er den Notizzettel in der Schnauze des Mopses erblickte. Pakkun sprang direkt vor ihn auf seinen Schreibtisch und ließ die Nachricht aus seinem Mund fallen. Ein wenig Hundesabber klebte daran, aber Sarutobi störte das nicht wirklich.

Nachdem der Feuerschatten die Botschaft durchgelesen hatte, kramte er in seinen Akten. Schließlich zog er einen kleinen Ordner heraus und schlug ihn auf. „Pakkun? Ich fürchte ich muss dich um einen kleinen Gefallen bitten.“, sagte er zu dem Ninken. Dieser seufzte theatralisch und antwortete: „Als ob das etwas Neues für mich wäre. Immer wollt ihr Menschen etwas von mir.“ Sarutobi hielt ihm die aufgeschlagene Seite hin. „Siehst du diese drei Personen? Such sie bitte für mich auf. Ihr Sensei hatte leider einen Trainingsunfall. Deshalb hat dieses Team gerade frei.“ Pakkun nickte. Das würde einfach werden. Gerade diesen Inuzukasprößling würde er sehr schnell finden können, aber was die junge Hyuga anging, hatte der Ninjamops einige Bedenken. Wegen einer gewissen Pudeldame hatte der Ninken seit jeher Hausverbot im Clananwesen.

„Und wer soll der Jonin dieser Truppe werden? Schließlich sind das alles noch kleine Grünschnäbel.“, fragte Pakkun neugierig, „Soll ich ihn oder sie auch aufsuchen?“ Außerdem, fügte der Mops gedanklich hinzu, bin ich stolz darauf, zu faul zu sein, zwei mal hin und her zulaufen. „Nicht nötig.“, erwiderte der Hokage und grinste Richtung Tür, „Chikako hat alles mitgehört. Du wolltest doch einen Außeneinsatz, oder?“ Die letzte Frage war an die alte Frau in der Tür gerichtet. Grinsend betrat sie das Büro. „Aber natürlich. In meinem Alter will man schließlich auch auf seine Kosten kommen!“

Kapitel 9

Kapitel 9
 

Kura und Raijin standen in einer Art Thronsaal. Ihre Schritte hallten besorgniserregend auf dem kalten Mamorboden und ihre Blicke fingen sich an den knochenbleichen Mamorsäulen, welche die unnatürlich hohe Decke stützten. Schummrige Dunkelheit verschlang den Großteil des Saals. Nur vereinzelt hingen Fackeln an den Wänden, viel zu weit vom Mittelgang entfernt, um ausreichend Licht zu spenden. Langsam näherten sie sich einer weiteren Lichtquelle. Elf Kerzen standen auf den Rückenlehnen von elf Thronsesseln, aufgestellt in einem Halbkreis am Ende der düsteren Halle. Die majästetischen Stühle waren allerdings zu einem Großteil unbesetzt. Nur auf fünfen der elf Stühle saßen in Kuttten, ähnlich denen von Kura und Raijin, gehüllte Gestalten. Ihre Stühle leuchteten in den unterschiedlichsten Nuancen von ein und derselben Farbe. Einer pendelte von einem Neidgrün zu einem Wiesengrün, nur um wieder bei einem Giftgrün anzukommen. 

 Einem sterblichen Wesen hätte dieser ständige Wandel wohl verrückt gemacht, aber nicht die beiden Geschwister. „Da seid ihr ja wieder.“, ertönte es von einem sündig violetten Thron. Das Licht der Kerze beleuchtete spärlich eine sich über den Armlehnen räkelnde Gestalt und ließ einen verheißungsvollen, weiblichen Körper erahnen. „Natürlich, Schwester.“, grollte Raijin und setzte sich neben sie auf einen matt gelblichen Herrschersitz. Er flammte in einem zornigen Orange auf, als Raijins Gesäß das darauf platzierte Kissen berührte. „Oder zweifelst du an unseren Fähigkeiten?“ Auf der anderen Seite, direkt neben dem wieder neidgrünen, kleineren Thron, ließ sich Kura ebenfalls nieder. Sein Königssessel leuchtete in einem abgestandenen Wässrigblau.

Eine brüchige, pfeifende Stimme erklang von einem aschpfahlen Sitz fast in der Mitte des Halbkreises: „Und? Ist er es?“ Bedächtig nickte Raijin, während Kura missmutig die Arme vor der Brust verschränkte. „Dieser kleine, freche Rotzlöffel hat mir meine Chimäre geklaut!“, grummelte er erbost, während sich sein Thron dunkelblau färbte. „Was kann der Junge dafür, wenn du ein so mieserabler Dompteur bist?“, fragte sein Sitznachbar stichelnd. Kura wurde zunehmend wütender. Das Gesicht unter seiner Kapuze verzerrte sich zu einer Grimasse. Die Farbe seines Sitzes begann langsam zu schäumen wie Wellen, die sich an einer Felsenküste brechen. „Lass dich doch nicht immer von ihm aus der Ruhe bringen, mein süßer, kleiner Bruder“, flötete Raijins Sitznachbarin von ihrem nun unschuldig pinken Stuhl aus. „Du bist nicht viel älter als ich, Schwester!“ „Genug!“, fuhr die röchelnde Stimme mit einer Kraft dazwischen, welche man ihr kaum zugetraut hätte, und brachte alle Anwesenden schlagartig zum Schweigen, „Es wird Zeit, unsere nächsten Schritte zu planen.“
 

Am Abend des gleichen Tages ging ihr Schiff an einem kleinen Fischerdorf vor Anker. Naruto rieb sich noch immer die Stelle, wo sein Hinterkopf mit Meis Faust Bekanntschaft gemacht hatte. Während ihres Streits mit dem Kapitän war die Mizukage urplötzlich auf Deck aufgetaucht und hatte die beiden zusammengestaucht. Wobei, wie Naruto mit einem Seitenblick auf Ao zugeben musste, er selber noch gut davongekommen war. Der Leibwächter hatte viel mehr einstecken müssen, wie man unschwer an seinem Feilchen um das linke Auge herum erkennen konnte. Er hatte den Großteil der Schimpftirade seitens Mei nicht verstanden, irgendwas von pädagogischer Auftrag. Erwachsenenkram halt.

Ein leichtes Ziehen an seiner Jacke unterbrach seine Gedanken. Ein tiefes, kräftiges Schnurren erklang, während sich die kleine Chimäre an seinem rechten Bein rieb. Dafür, dass sie nicht einmal einen halben Meter Schulterhöhe besaß, hatte sein neues Haustier ganz schön Gewicht. „Ist ja gut, Kleiner“, murmelte er, während er den Tigerkopf mit der einen Hand unter dem Kinn kraulte. Mit der anderen Hand schob er behutsam die Ziege von seiner Kleidung weg und wurde dafür mit Chimärenseiber belohnt. „Hey, ich bin doch kein Leckstein!“, rief er, da der Raubkatzenschädel ebenfalls begann, Naruto abzuschlecken. Als dann auch noch die Schlange mitmischen wollte, wurde es dem Jungen zu bunt. Ein entsetztes „Miau!“ ertönte, während er sich auf die Chimäre stürzte und ihr Fell gründlich durchbalkte.

„Sind die beiden nicht niedlich?“, flüsterte Mei hinter vorgehaltener Hand Kiri zu. Der Iryonin wusste nicht genau, was er darauf nun antworten sollte, also nickte er einfach nur. Langsam bekam er es mit der Angst zutun. Nachdem Mei an Deck für Ordnung gesorgt hatte, war sie mit einem zufriedenen Grinsen in ihre Kabine zurückgestapft. Kurz vor ihrer Ankunft in diesem kleinen, anscheinend namenslosen Kaff musste er sie noch einmal behandeln. Dabei war sie so puterrot im Gesicht gewesen, dass er fast gedacht hätte, sie hätte sich eine schwere Erkältung zugezogen. Da sie aber weder erhöhte Temperatur noch Husten oder einen Schnupfen gehabt zu haben schien, hatte er es einfach bei einer leicht erhöhten Dosis Chakra belassen. Ansonsten befürchtete er das Schlimmste.

„Naruuutoooo!!!“, rief ein junges Mädchen vom Kai aus und winkte in Richtung des Schiffes. Neben ihr stand ein älterer Herr, vermutlich ihr Vater. „Sieh mal an, Klein-Naru hat ja schon eine Freundin.“, zog Mei den Jungen auf, während dieser sich gerade wieder von seinem Haustier löste, „Muss ich etwa eifersüchtig werden?“ Neugierig schielte Naruto über die Reling. „Das ist ja Kira!“, stellte er erstaunt fest. Noch bevor das Schiff vertäut und die Planke ausgefahren war, sprang Naruto bereits über Bord und landete direkt vor seinem Begrüßungskomitee. „Was macht ihr denn hier?“, fragte der Junge neugierig. Kenta lachte. „Das ist immerhin unser Dorf, Naruto.“, antwortete er glucksend und schlug ihm väterlich auf die Schulter, „Meine Frau hatte bereits geahnt, dass wir heute etwas mehr Gäste bekommen werden.“ An Narutos anderer Seite hakte sich Kira unter. „Komm mit, Naru.“, forderte sie ihren Freund auf, „Ihr könnt heute Nacht im Gemeindehaus schlafen.“
 

Hinata taten die Füße weh. Mit Pakkun vorne weg war ihr Team nun schon den ganzen Tag ohne eine Pause unterwegs. Besonders erstaunlich fand die junge Kunoichi, wie ihre momentane Teamleiterin dieses Tempo halten konnte. Immerhin war sie sicher uralt, bestimmt über fünfzig! Sie hatte sich als Chikako Ito vorgestellt, ein Name, der Hinata nur wenig sagte. Ihr Vater hatte einmal von ihr erzählt gehabt. Sie soll ein Ausnahmetalent gewesen sein, das allerdings vor langer Zeit den Dienst quittiert und Konoha verlassen haben soll. Wo die junge Hiyuga die Jonin so betrachtete, konnte sie diese Geschichte sogar glauben.

Außerdem war Hiashi noch nie bekannt dafür gewesen, ausgeschmückte Geschichten zu erzählen. Ganz im Gegenteil, ihr Vater war Hinata gegenüber immer sehr ernst und förmlich. Man könnte auch kalt oder emotionslos sagen. Hinata wusste, sie war für ihn eine Enttäuschung. Eigentlich hatte sich Hiashi einen Sohn als Nachfolger gewünscht. Er war nämlich Clanoberhaupt und Hinata seine Erstgeborene. Hinzu kam, dass sie bei weitem kein Genie war. Ihr Clan war besonders stolz auf sein Byakugan und die damit einhergehenden Techniken. Dazu gehörte, mit Hilfe des sogenannten Juken die Chakrapunkte eines Gegners, welche sie mit ihrem Dojutsu orten konnten, zu verschließen.

Aber besonders im Vergleich zu ihrem gleich alten Cousin Neji war Hinata eine Niete in den Hiden der Familie, zumindest hatte Hiashi das seiner Tochter immer und immer wieder vor Augen geführt. Inzwischen hegte Hinata sogar die Befürchtung, eine Belastung für ihr Team zu sein. Der Hokage wusste davon natürlich und hatte dies auch Chikako gegenüber erwähnt . Da er aber selbst nicht auf sonderlich guten Fuß mit den Hiyugas stand, war er bisher noch nicht dazu gekommen, etwas gegen diese Baustelle zu unternehmen.

Ihre restliche Reisetruppe war in diesem Punkt weit leichter zu handhaben. Die beiden Jungen waren typische Vertreter ihrer Clans. Während Shino Aburame nicht viel Aufsehen erregte in seiner weiten, den ganzen Körper verdeckenden Kleidung und der tiefschwarzen Sonnenbrille, sprühte Kiba Inuzuka geradezu vor Leben. Sein kleiner Ninken, Akamaru hieß er, hockte freudig mit dem Schwanz wedelnd auf dem Kopf des jungen Genin und bellte ab und an, wenn sein Besitzer etwas sagte. Wenn Chikako sich recht entsann, konnten die Inuzuka sogar aus den Lauten ihrer Hunde schlau werden. Vermutlich unterhielten sich Hund und Herrchen die ganze Zeit und Chikako hätte es kaum mitbekommen.

Ein erneuter schüchterner Blick seitens Hinata ließ die Jonin fast innehalten. Irgendwie tat ihr das Mädchen leid. Vielleicht könnte sie Kurenai überreden, die junge Kunoichi für ein oder zwei Jährchen unter ihre Fittiche zu nehmen. Außerdem schwebte Chikako sowieso eine Reise vor. Sie hatte sich zwar immer davor gedrückt, doch sie wollte schon seit Ewigkeiten die Geheimnisse ihres alten Senseis ausgraben. Dieser war leider vor Urzeiten verstorben und sein verstecktes Dojo lag am Rande des Wasserreiches. Das hat noch Zeit bis nach der Mission, befand die Pazifistin und legte einen Zahn zu. Gegen Abend wollte sie Kakashis Gruppe erreicht haben.
 

Gemütlich knisterten die Holzscheite im Karmin. Ao und Mei hatten sich nach einer üppigen Mahlzeit an die prasselnde Feuerstätte zurückgezogen und beobachteten nun schweigsam, wie Naruto und dieses Mädchen mit der Chimäre spielten. Ao hatte bereits wieder vergessen, wie die kleine Freundin ihres Schützlings hieß. Kisa, oder so etwas in der Art, dachte er sich, während er gemächlich eine Pfeife stopfte. Plötzlich flog ihm der kleine Holzgegenstand aus der Hand. „Du wolltest doch aufhören, Ao!“, maßregelte ihn die Mizukage kichernd.

Entspannt lehnte sie sich in ihren Sessel zurück. „Ao?“, fragte sie, nachdem sich ihr Leibwächter wieder gefasst hatte, „Denkst du, es war eine gute Idee, ihm dieses Fuin beizubringen?“ Der alte Kriegsveteran lächelte in sich hinein. Vermutlich war es keine gute Idee gewesen. Einerseits waren solche Fuins viel zu anspruchsvoll für einen kleinen Jungen. Im Falle eines Falles könnte es sogar gefährlich für einen noch nicht ausreichend versierten Anwender sein. Andererseits war er ein Uzumaki. Siegel lagen ihm quasi im Blut und genau das sagte er auch der Mizukage.

„Hoffen wir mal, dass du Recht behältst.“, entgegnete sie, „Wenn ja, dann haben wir endlich unseren ersten Siegelmeister in der Geschichte unseres Dorfes gefunden.“ „Und wenn nicht?“, hakte der ehemalige Anbu nach. Verschwörerisch beugte sich die Mizukage vor. Ein triumphierendes Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie antwortete: „Wenn nicht, dann habe ich immer noch einen Adoptivsohn. Ich kann also nur dabei gewinnen!“

Kapitel 10

Kapitel 10
 

Schweigend ruderte ihr Fährmann über das Binnenmeer zwischen dem Reich des Feuers und dem des Strudels. Es war nur eine kleines Boot, für die neun Personen samt zwei Hunden also kaum genug Platz. Vorne am Bug hatte sich Team Sieben hingehockt und starrten missmutig ihren Klienten an. Schließlich war er ja irgendwie an alle dem Schuld. Hätte er von vornherein eine B-Mission beordert, wäre es nie soweit gekommen, zumindest für Kakashi und seine Genin. Team Acht hingegen saß eng gequetscht am Heck des Bootes und unterhielt sich leise. Chikako war immer noch nicht ganz warm mit den Kindern geworden und bevor es ernst wurde, wollte sie lieber noch etwas mehr über ihre Schützlinge wissen.

„Kiba, kannst du denn bereits das Lieblingsjutsu deines Großvaters? Gatsuga, oder so ähnlich.“, fragte sie gerade neugierig. Mit vor Stolz angeschwollener Brust bestätigte der Inuzuka. Auch Akamaru schien die alte Frau verstanden zu haben, denn er bellte eifrig. Sofort zuckte der Rest der Mannschaft zusammen. „Psst, wir wollen noch lebend ankommen.“, merkte der Fährmann an und zeigte in den Nebel, „Gleich passieren wir schon die Brücke. Wenn wir Pech haben, hat dieser Schuft Gatou dort seine Männer positioniert.“

In gespielter Beleidigung verschränkte Chikako ihre Arme vor der Brust. „Ist ja gut, ist ja gut.“, murrte sie leise, zwinkerte aber, nachdem keiner mehr hinsah, ihrem Team verschwörerisch zu. Gelangweilt stirrte sie in den Nebel. Das hasste sie so an Missionen. Das stille Warten und Schleichen zerrte so unglaublich an ihrer kaum vorhandenen Geduld. Sollten ihre Häscher doch auf sie aufmerksam werden. Dann hatte sie zumindest etwas zutun.

Ihr Auftrag war ihr einerlei, deshalb war sie nicht mitgekommen. Sie hatte andere Gründe, mehr persöhnlicherer Natur. Ihrer kleinen Kristallkugel zu Folge war Naruto genauso wie sie in das Reich der Wellen unterwegs. Es lastete immer noch ein wenig auf ihr, den Kleinen glauben gemacht zu haben, sie sei gestorben. Schuldbewusst rieb sie sich die Stirn, an der das Axtblatt ihren Schädel gespalten hatte. Inzwischen war selbst der hauchdünne Strich verblasst, den sie als Narbe davon getragen hatte. Wobei sie fand, dass die Banditen ihr Ende vollkommen verdient hatten, auch wenn sie nicht gestorben war. Das hatte höllisch weh getan.

Apropos Kristallkugel, fiel ihr bei diesem Stichwort ein. Ich muss ja noch jemanden benachrichtigen. Akribisch kramte sie in ihrem Beutel herum. Misstrauisch beäugte sie der Fährmann. Diese alte Frau kam ihm nicht ganz koscher vor. Er war zwar genauso wie der Rest seiner Familie nur ein einfacher Fischer, aber zumindest soweit er wusste, quittierten Ninjas weit vor dem Alter dieser Dame ihren Dienst. Körperliche Belastbarkeit gehörte zu den wenigen Dingen, die seine Arbeit mit denen eines Shinobi verband. Dafür respektierte er auch die Ninja auf seinem Boot, selbst die noch jungen Genin. Jeder von ihnen wäre zumindest von der Konstitution her in der Lage, genauso hart zu schuften wie er. Was er dieser Chikako jedoch nicht zutraute.

In dem Moment, als sie die Steinpfeiler der Brücke passierten, warf Chikako ein kleines Blatt in die Luft. Fast hätte sie den Moment verpasst, so dicht war der Nebel. Dem Rest schien die Geste entgangen zu sein, genauso wie der leise, knisternde Flügelschlag, welcher sich rasch in Fahrtrichtung entfernte. Langsam schipperten sie nur von der seichten Strömung getrieben unter dem halb fertigen Konstrukt daher und schwiegen beharrlich. Der kleinste Mucks könnte sie verraten. Plötzlich kitzelte etwas Kakashis Nase. Krampfhaft versuchte er, gegen seinen Niesreflex anzukämpfen. Zum Erschrecken der restlichen Besatzung verlor er seinen Wettstreit. Ein kleines, graues Hundehaar segelte mit seinem laut hallenden „Hatschiii!“ davon.

Die Genin zückten nervös ihre Kunai, bereit ihr Boot vor jedem zu verteidigen, welcher durch Kakashis Ausrutscher auf sie aufmerksam geworden sein könnte. „`Tschuldigung...“, nuschelte der Kopierninja verlegen. Statt dem Beispiel seiner Schüler zu folgen, vertiefte er sich lieber wieder in sein Buch. Auch Chikako machte einen gelassenen Eindruck. Tazuna, ihr Klient, war im Gegensatz dazu genauso angespannt wie der Fährmann, sprich kurz vor einem Herzinfakt. Würde er damit nicht selbst Gefahr laufen, ihre Feinde zu alarmieren, hätte er Kakashi nun am liebsten zur Schnecke gemacht. Verbal versteht sich, auch wenn der alte Brückenbauer gerade vieles war, vor allem wütend, aber lebensmüde gehörte nicht dazu.

„Nun entspannt euch mal.“, flüsterte Pakkun amüsiert, „In einem Radius von gut 3 Kilometern ist keine Menschensseele.“ Entsetzt wurde der Ninjamops angestarrt. Protestierendes Gemurmel brandete auf. Eine wütende Sakura baute sich vor Pakkun auf. „Warum hast du das nicht gleich gesagt!?!“, brüllte sie mit einer beachtlichen Zornesader auf der großen Stirn, bevor sie von Kakashi weggezogen wurde. Eine Hand auf ihrem Mund haltend flüsterte er ihr ins Ohr: „Nicht so laut, unsere Stimmen hallen in diesem Nebel ziemlich weit. Und willst du von feindlichen Ninjas entdeckt werden?“ Das pinkhaarige Mädchen schluckte hörbar und schüttelte den Kopf. Mit zitternden Knien rutschte sie auf ihren Platz zurück.

Derweil hatte Kiba neugierig in der Luft geschnüffelt. Hinata und Shino beobachteten ihn dabei. Schließlich schüttelte der Inuzuka seinen Kopf. „Ich riech´ auch nichts.“, murmelte er verdrossen. Leicht genervt hielt ich Shino die Hand vor die Sonnenbrille. „Natürlich riechst du nichts, Kiba, der Nebel schluckt ja auch alle Gerüche.“, entgegnete sein Teamkamerad und wandte sich Hinata zu. „Versuch du es mal mit deinem Byakugan.“ Verunsichert ob der Aufmerksamkeit aller Anwesenden, der Rest hatte sich ebenfalls dem Gespräch der Genin zugewandt, lief sie rot an, während sie zögerlich nickte und Fingerzeichen formte.

„Byakugan.“, flüsterte sie und aktivierte ihr Dojutsu. Pulsierende Adern wurden rund um ihre Augen sichtbar. Ein dünner, schwarzer Kreis formte sich in den sonst vollständig weißen Augen der Hyuga. Ihre Sicht verschob sich. Der Nebel fehlte vollständig in ihrem Blickfeld, ihren Augen nach war es hellichter Tag. Die Chakraaureolen ihrer Reisegefährten brannten wie Leuchtfeuer. Erstaunt musterte sie Kakashi und Chikako. Die beiden waren nicht umsonst Jonin. Ihre Chakranetze waren viel komplizierte und ausgeprägter als ihr eigenes oder das ihrer Teamkameraden. Besonders irritierend waren die vier kugelförmigen Chakrazentren, welche um Chikako herumsurrten. Wenn Chakra Farbe hätte, so wären diese Bälle von der Farbe frischer Wiese und hartem Granit. Eine merkwürdige Mischung. Eine der Kugeln schwirrte kurz um Hinatas Kopf herum und kitzelte sie ein wenig unter der Nase. „Wie süß.“, hauchte sie ganz und gar mädchenhaft. Sie musste Chikako dringend fragen, was es damit auf sich hatte.

Hinata riss sich von diesem Schauspiel los und richtete den Blick auf die Brücke. Sie war tatsächlich verlassen. Es schien so, als hätten die Arbeiter einfach alles stehen und liegen gelassen und wären Hals über Kopf geflohen. Genau das sprach sie auch aus. Gütig nickte Kakashi. „Vollkommen korrekte Schlussfolgerung, junge Dame. Kurenai wird zufrieden sein, das von mir zu hören.“, lobte auch Chikako sie. Generell war sie erstaunt über das ihr zugewiesene Team. Ihre Zusammenspiel war bereits sehr gut, die Aufstellung ausgeglichen. Die zurückhaltende Hinata, dazu der anscheinend koordinierende, taktisch begabte Shino und dann Kiba als Brachialgewalt. Um die zerstörerischen Fähigkeiten der einzelnen Hidens ihrer Clans wusste die alte Frau genug, um der Meinung zu sein, dass nur wenige Aufgaben zu schwer für dieses Team sein würden. Aber das war Zukunftsmusik.

Nur von Sasuke erklang ein genervtes „Tze“, während er missmutig in seiner Ecke hockte. „Tze nicht so, Sasuke, hättest du das mit deinem Sharingan nicht auch gekonnt?“, zog ihn Kiba auf. Er konnte den jungen Uchiha sowieso nicht leiden, kein Junge ihres Jahrgangs konnte das. Er war überheblich und alle waren sich inzwischen einig, dass sein Verhalten Schuld an Narutos Verschwinden trug. Mit selbigem hatten sie zwar auch nie wirklich etwas zutun gehabt, aber er war wenigstens unterhaltsam gewesen, im Gegensatz zu diesem arroganten Schnösel. Wie falsch sie lagen, würden sie noch bald genug herausfinden können.
 

Gelangweilt hockte Naruto an Deck und kraulte seine Nue. Er sollte der kleinen Chimäre bald mal einen Namen geben, fiel ihm gerade ein, als Kiri sich auf einmal zu ihm gesellte. „Na, Kleiner, Langeweile?“, fragte er ihn überflüssigerweise. Naruto nickte verdrossen. „Ich darf nicht mehr mit den Streichhölzern üben, meinte Mei...Und weil Kira nicht mitkommen durfte und nicht genug Platz ist, um mit meinem Haustier zu spielen, hab´ ich nichts zutun.“, grummelte er verdrossen. Streichelbedürftig hatte derweil der Schlangenkopf der Chimäre sich zu dem Iryonin geschlängelt und verlangte unmissverständlich nach Zärtlichkeit. „Ist ja gut, ich kraule dich ja.“, murmelte Kiri ergeben.

Lange Zeit saßen sie einfach nur da und starrten über die Reling. Langsam zog Nebel auf. Sie näherten sich also ihrem Ziel. „Sage mal, Naruto.“, sprach Kiri den angehenden Genin an, „Hast du denn schon einen Namen für deine kleine Nue?“ Nachdenklich schüttelte Naruto den Kopf. „Ich weiß nichtmal, ob es ein Er oder eine Sie ist. Ao meinte, das ließe sich nicht feststellen.“ Neugierig hob der Iryonin das Hinterteil der Chimäre an, was sie mit einem leisen Schnauben quittierte. Tatsächlich fehlte jedwedes Geschlechtsmerkmal. Irgendwie wunderte es Kiri auch nicht wirklich. Mit welchem Tier sollte sich die Chimäre schon paaren können?

„Also ich würde sagen, weil es ja die Chimäre heißt und sie dich so gerne mag, gehen wir einfach davon aus, dass es sich hierbei um eine Sie handelt.“, führte Kiri aus und setzte die Hauskreatur wieder ab. „Dann nenn´ ich sie Kira, echt jetzt!“, sagte Naruto zufrieden grinsend und kraulte den Tigerkopf durch. Ein tiefes Schnurren war sein Lohn. „Ach, genauso wie deine kleine Freundin aus dem Fischerdorf?“, hakte der Iryonin neugierig nach. Naruto nickte. „Wenn sie schon nicht mitkommen kann, damit wir spielen können, nehm´ ich halt meine Chimäre mit.“ Kiri überkam plötzlich der Drang, Naruto durch die blonden Haare zu wuscheln. Wenn der Junge einmal älter war, würden die Mädchen reihenweise auf ihn fliegen, da war er sich sicher.

„Land in Sicht!“, erklang es auf einmal. Sofort stand Kiri auf. „Ich muss mal schnell zur Mizukage. Ao dürfte gleich hier sein, klink dich einfach bei ihm unter.“, sagte er noch, bevor er unter Deck verschwand. Es wurde Zeit für eine weitere Kurbehandlung. „Diesmal hoffentlich ohne einen Patzer...“, grummelte Kiri verlegen. Seit seinem einen Ausrutscher waren seine Besuche bei Mei sehr angespannt verlaufen. Kaum ein Wort hatten sie gewechselt und die Mizukage hatte ihn mit so einem merkwürdigen Blick bedacht, dass ihm das Blut in den Adern gefror...

Mit langen Schritten eilte er zu ihrer Kabine und klopfte an. „Kiri, bist du das?“, hörte er Meis Stimme von der anderen Seite der Tür. Er bejahte und trat auf ihre Aufforderung hin ein. Dort saß die Mizukage auf ihrem Bett mit dem Rücken zur Tür, nur in Unterwäsche bekleidet und gerade dabei, ein Mieder festzuschnüren. „Hilf mir schnell, das hier fest zu ziehen, dann kannst du mit der Heilung anfangen.“, beorderte sie ihn, ohne sich nach Kiri umzudrehen. Der Shinobi schluckte. Das könnte ja noch heiter werden.

Kapitel 11

Kapitel 11
 

Ungeduldig stand Ao mit vor der Brust verschränkten Armen am Bug und starrte auf das offene Binnenmeer. Der Nebel hatte sich vor einer guten Stunde gelichtet, lange nachdem er an Deck gerufen worden war. Aufgeregt balancierte Naruto auf der Bordkante neben ihm hin und her. Bald würden sie anlegen. Wo bei allen Kami seines Pantheons blieb die Mizukage? Dabei war ihm Kiri doch noch auf halbem Wege zu Meis Kabine über den Weg gelaufen.

Plötzlich fiel es dem ehemaligen Oinin wie Schuppen von den Augen. Bei jenem leutseligen Gelage im Fischerdorf, nachdem die Kinder bereits lange in ihre Betten gescheucht worden waren, hatte er sich zusammen mit diesem Fischer Genta und der Mizukage des Alkohols gütig getan. Nach der einen oder anderen Flasche Sake hatte sie verlauten lassen, bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit Kiri zu erobern. Mit schwerem Kopf und vollem Magen hatte sich ihr Vorhaben wunderbar und total vernünftig angehört, weshalb die drei euphorisch auf das zukünftige Traumpaar Kirigakures angestoßen hatten.

Ao befürchtete bereits das Schlimmste, malte sich aus, was dem armen Kiri zustoßen könnte, würde er der Mizukage einen Korb geben. Nun, zumindest die Bestattung war auf hoher See recht einfach, dachte der Veteran zynisch, als wie auf ein unsichtbares Kommando hin Kiri an Deck stolperte. Also war er noch am Leben, registrierte Ao erleichtert. Erst bemerkte er nur das leutselige Lächeln auf den Lippen des Iryonin. Dann sah er Mei. Sie hatte einen ähnlich befriedigten Gesichtsausdruck. Ihr Haar war nur notdürftig gekämmt und floss ihr mehr wild denn geordnet den Rücken hinab. Im Gegensatz zu sonst trug sie keine Zöpfe. Auch Lippenstift oder sonstiges Make-up war nicht aufgetragen. Trotzdem leuchteten Lippen wie Wangen rötlich.

Zufrieden gurrend schmiegte die Mizukage ihren Kopf an Kiris Schulter, während sie seinen Arm in ihrer Gewalt hielt. „Du, Ao?“, murmelte Naruto fragend dem total verdutzten Mann zu. „Hm?“ „Warum schnurrt Tante Mei denn jetzt genauso wie meine Kira? Ist sie etwa auch eine Chimäre?“ Diese kindliche Frage brach den Bann. Laut schallendes Lachen entrang sich Aos Kehle, als sich Unglaube in Erleichterung verwandelte. Von Lachkrämpfen geschüttelt sank er langsam gegen die Reling und gesellte sich zu der am Boden leise schnarchenden Chimäre. Meckernd beschwerte sich der Ziegenkopf über den Lärm, beließ es aber bei seinem verbalen Protest. Alle Anspannung fiel von dem Leibwächter der jungen Kage ab. Gerade hatte er noch durchkalkuliert, wie er eine Ermordung Kiras verschleiern könnte und im nächsten Moment stellt sich heraus, dass die beiden sich nicht umgebracht, sondern geliebt hatten. Scheinbar sogar sehr ausgiebig, wenn er daran dachte, wie lange Kiri dort unten gewesen war.

Besorgt gesellten sich die beiden zum Rest ihres Teams. „Geht es dir gut, Ao?“, fragte Mei ahnungslos und beugte sich zu dem Veteranen herunter. Dabei ließ sie natürlich nicht Kiris Hand los. Selbiger wollte bereits medizinische Hilfe anbieten, doch Ao schlug das Angebot lachend aus. Er hievte sich wieder auf die Beine und räusperte sich. „Ich bitte vielmals um Verzeihung, das hoheitliche Pärchen in Aufregung versetzt zu haben, nachdem es bereits derartige körperliche Betüchtigung hinter sich gebracht hat.“, antwortete er vollkommen monoton und machte eine tiefe, ausladende Verbeugung. Mei lief tiefrot an und auch Kiri war sichtlich anzumerken, wie peinlich ihm diese Situation war.

Naruto gab ihnen, ohne darüber nachzudenken, den Gnadenstoß. „Wie körperliche Betüchtigung? Ihr habt ohne mich trainiert? Aber Tante Mei, ich will auch trainieren!“, sagte er und plusterte beleidigt seine Wangen auf. Während Ao erneut in Gelächter ausbrach, brachte Mei nur ein gestottertes: „A-aber i-ich...Wi-ir....A-also...Öhm.“ zustande. Ausgerechnet der Kapitan des Segelschiffes rettete die Situation. „Siehst, du, mien Jung, Tante Mizukage hat sich den jungen Burschen hier geschnappt und zu deinem Onkel erkoren. Wenn du einmal groß bist, wird dir das hoffentlich auch passieren.“, polterte er lachend.

Inzwischen hatte sich Mei wieder fassen können und wandte sich, immer noch händehaltend, aber nicht mehr stotternd sondern in ihrem gewohnt autoritären Befehlston, dem bärenhaften Seemann zu. „Sie sind sicher nicht nur zu uns gekommen, um ein wenig zu plaudern, was gibt es also?“, fragte sie, begierig das Thema wechseln zu können. „Ich hab´ne gute und ´ne schlechte Nachricht.“, führte der Kapitän aus und zeigte auf den Kai, welchen sie ansteuern würden. Das dazugehörige Dorf grenzte an eine Klippe, von der aus eine Brücke herüber zum Festland zu führen schien. „Die gute Nachricht ist: Wir können gleich schon vor Anker gehen.“ „Und die Schlechte?“, unterbrach Ao ungeduldig. „Unserem Ausguck nach tobt direkt am Ufer ein heftiger Kampf zwischen mehreren Shinobi.“, fuhr der Seemann ungerührt fort. „Würde es ihnen etwas ausmachen, die letzten Meter über das Wasser zu laufen, Mizukage-sama? Ich will mein Schiff nicht verlieren.“ Nachdenklich betrachtete die Mizukage ihren Zielort. Sie war kein sensorischer Ninja und war sich deshalb nicht ganz sicher, ob der Kapitan log, aber sie schuldete ihm etwas für sein mehr als willkommenes Einschreiten.

Dann wechselte ihr Blick zu Naruto hinüber. Der Junge konnte sicher noch nicht auf fließendem Wasser laufen. Als Kiri aufmunternd ihre Hand drückte, kam ihr auch dafür eine Lösung. Der Iryonin könnte Naruto Huckepack nehmen. Schließlich wäre er ja bald Narutos Onkel, da sollten sie am besten schon früh mit einer Eingewöhnung anfangen. „Schatz?“, hauchte Mei ihrem Geliebten ins Ohr, „Kannst du bitte Naruto mitnehmen? Der Kleine kann das sicher noch nicht.“ Treuselig nickte Kiri einfach und löste sich nach einem Kuss auf die Wange von Mei. Derweil nickte die Mizukage dem Kapitän zu. „Einverstanden, aber kommt nach, sobald es sicher geworden ist.“
 

Angespannt beobachteten Hinata und ihr Team den Kampf. Chikako hatte sie angewiesen, nicht in Erscheinung zu treten, bis es wirklich nötig wäre, also blieben die drei Genin alarmbereit in ihrem Gebüsch hocken. Ihrem Gegner, Shino hatte ihn als einen Nukenin namens Zabuza Momochi identifiziert, war es gerade gelungen, Kakashi auszuschalten. Der Kopierninja war in einer Wasserkugel gefangen, welche an Zabuzas linker Hand baumelte. Mit der Rechten stützte er einen schweren Bihänder ab.

Die beiden Seiten tauschten kurz einige Worte aus, doch nicht einmal Kiba konnte etwas auf diese Entfernung verstehen. Ein weiterer Schlagabtausch folgte. Zabuza beschwor einige seiner merkwürdigen Doppelgänger und jagte sie der Dreiergruppe entgegen. Sasuke wurde in einen heftigen Nahkampf verwickelt, bei dem er augenscheinlich verlieren musste. Diese komischen Bunshin lösten sich bei einem Treffer nämlich nicht in Rauch auf, sondern flossen auseinander, nur um sich direkt wieder zusammenzusetzen. Ein heftiger Tritt schleuderte den Uchiha gegen seine Teampartnerin Sakura und warf das Mädchen mit sich um. Doch wo er eigentlich hätte liegen müssen, entstand nur eine Rauchwolke.

Selbst Hinata, die bis dahin den Atem angehalten hatte, war entgangen, dass Sasuke seinen Platz mit einem Doppelgänger getauscht hatte. So guckte Zabuzas Bunshin ziemlich dämlich, als ihm plötzlich ein Kunai aus der Brust ragte. Sofort löste er sich auf, doch nützte ihm dieses Vorgehen auch nur wenig. Seine noch nicht ganz verflüssigten Ohren hörten nur ein leises Knistern, dann fegte eine Explosion seine restlichen Sinneseindrücke weg. Sasuke trug einige Schrammen davon, war aber ansonsten unverletzt. Allerdings hatte er jetzt seine letzte Briefbombe aufgebraucht.

Chikako stand derweil gleich zwei Bunshin gegenüber. Fies grinsend stürtzten sich die Zabuzaklone auf die alte Frau und deckten sie mit einer Reihe Taijutsu ein. Der Vordere nutzte seinen Schwung für einen Drehtritt gegen ihr Gesicht, doch Chikako gelang es, das Bein abzufangen. Gleichzeitig bildete sich um ihr rechte Faust eine Steinschicht, welche sie gleich für einen kräftigen Schwinger in den Magen des Doppelgängers nutzte. Doch ihr Gegner konnte sich noch rechtzeitig in Wasser verwandeln und entging dem Angriff.

Der zweite Bunshin durchbrach die verflüssigte Gestalt seines Kameraden und stach gezielt nach Chikakos Kehle. Gerade rechtzeitig duckte sich die alte Dame unter dem Angriff hindurch und holte den Bunshin von den Beinen.. Zu Atem kam sie trotzdem nicht, weil gleichzeitig das Original aus einiger Entfernung ein Suitonjutsu auf sie schleuderte. Mehrere Wasserküglchen rasten in ihre Richtung. Im letzten Moment schaffte sie es noch, einen kleinen Erdwall zu erschaffen. Einige Tropfen Flüssigkeit rieselten ihr in den Nacken. Das Jutsu war derartig mit Chakra aufgeladen gewesen, dass es sogar die Mauer perforiert hatte. Die Ablenkung nutzend hatten sich beide Doppelgänger wieder zusammengesetzt und umkreisten nun die alte Frau.

Einer zu ihrer Rechten und einer zu ihrer Linken positioniert, hielten sie an und formten Fingerzeichen. „Oh nein, das lasst ihr schön bleiben!“, rief Chikako und warf zu beiden Seiten etwas in die Luft. Es schien sich um zwei kleine Zweige zu handeln. „Doton: Knospe.“, flüsterte sie, kurz bevor die Holzstücke die Bunshin berührten. Etwas schien sich an den Zweigen zu verändern, sie wirkten spitzer, fester, gefährlicher. Sicherheitshalber lösten sich die Doppelgänger auf. Kleine Kanji glühten für Hinatas Byakugan erkennbar auf den Oberflächen der Zweige, als sie mit der chakradurchtränkten Flüssigkeit in Berührung kamen. Es gab zwei heftige Schockwellen, die Chikako in die Knie zwangen und den Erdwall hinter ihr zum Einsturz brachten. Kein einziger Wassertropfen war von Zabuzas Doppelgängern übrig geblieben.

Mit einem schnell ausgeführten Erdversteckjutsu verschmolz Chikako mit ihrem Untergrund. Sie war zwar heil froh, dass sie es geschafft hatte, mit ihrer Technik ganze zwei Kanji auf jedem dieser Zweige zu formen, doch fürchtete sie, diesen Streich nicht noch einmal ausführen zu können. Zum Einen hatte sie auf ihrem Weg nicht gezielt Zweige von Bäumen abgerissen, sondern waren die kleinen Holzstücke bei ihrem Hetzmarsch durch Konohas Wälder an ihren weiten Ärmeln hängen geblieben. Chikako hatt sie einfach ohne darüber nachzudenken eingesteckt, ihrem Bauchgefühl trauend. Zum Anderen war Zabuza mit Sicherheit nicht dumm. Er würde kein zweites mal auf die selbe Technik hereinfallen. Hinzu kam, dass sie gegen die Zeit spielte. Auch wenn Ninja ihre Lungen weit besser unter Kontrolle hatten als Zivilisten, dem armen Kakashi würde in seinem Wassergefängnis derbald die Luft ausgehen.

Während sie sich durch die Erde grub, dankte sie in einem stummen Gebet den Göttern, dass sie dieses Land so unwirtlich gestaltet hatten. Statt einem Sandstrand zog sich nämlich karges, von einzelnen Büschen durchzogenes Gestein bis zum Ufer und ermöglichte ihr so, sich an Zabuza anzupirschen. Jener suchte derweil mit seinen Blicken akribisch die Gegend nach der alten Frau ab. Seine Sicht war durch den eingestürzten Felswall versperrt gewesen. Auch die Genin, sei es Team Sieben oder Team Acht, wussten nicht, was mit Chikako geschehen war.

Plötzlich nahm Hinata ein kurzes Aufflackern von Chakra unterhalb von Zabuzas Füßen war. Der Nukenin schien es ebenfalls bemerkt zu haben, oder aber sein Instinkt warnte ihn. Was auch immer ihn dazu veranlasste, seine Hand von Kakashis Gefängnis zu nehmen und einen Schritt zurückzutreten, sicherte ihm das Leben, denn direkt aus der Erde heraus brach, ein „Doton: Schmetterschlag“ auf den Lippen, Chikako und hätte dem Nukenin bei einem Treffer mindestens den Kiefer gebrochen. Ein irres Funkeln stand in Zabuzas Augen, als er sein Ausweichmanöver nutzte, um mit dem Bihänder Schwung zu hohlen. Entsetzt schnappte Hinata nach Luft, als sie sah, wie Zabuza seine Waffe aus der Drehung heraus in Chikakos Magengrube versenkte.
 

Die Zeit schien still zu stehen. Leise tröpfelte Blut aus der brachialen Wunde zu Boden. Die schwere Klinge hatte Chikako glatt durchbohrt. Mit glasigen Augen starrte sie erst ihren Gegner, dann die Waffe in ihrem Magen an. Langsam rieselte die Erkenntnis ihrer tödlichen Verwundung in ihr Gehirn. Der Schmerz folgte auf dem Fuße, spülte all ihr Denken weg. Langsam verdunkelte sich ihre Sicht. Ein plötzlicher Ruck ließ sie vor Pein aufschrein, als ihr Mörder, Zabuza Momoichi, seinen Bihänder wieder aus ihrem Körper zog. Verzweifelt hielt sie mit einer Hand ihre inneren Organe davon ab, aus der viel zu großen und viel zu tiefen Wunde zu fallen. Schwach murmelte Chikako etwas, bevor ihr Lebensfunke erlosch und sie tot auf den steinigen, kalten Boden fiel. Kakashi, welcher neben ihr stand, vermeinte das Wort „Quarz.“ verstanden zu haben.

Kalte, berechnende Mordlust stand in Kakashis Augen geschrieben, als er langsam seine Halbmaske herabzog. Ein stechend rotes Sharingan starrte zornentbrannt seinen Gegner an. In einer fließenden Bewegung hielt er seine gerade ausgestreckte rechte Hand direkt vor sein Gesicht. Leise knisternd begann sich Chakra seine Finger entlang auszubreiten. „Man nennt mich Kakashi, den Kopierninja.“, grollte er mit wütend verzerrter Stimme, „Lass mich dir das einzige Jutsu zeigen, welches ich nicht kopiert habe.“ Zabuza wich einige Schritte zurück und auf die leichte Wellen schlagende Meeresoberfläche. Nervös formte er Fingerzeichen. Das Salzwasser schäumte auf, schoss in die Höhe und umgab den Nukenin wie ein Schild.

„RAIKIRI!“, brüllte Kakashi zornig, während er auf Zabuza zurstürmte. Das leise Knistern war inzwischen zu einem ohrenbetäubenden Zwitschern angeschwollen, als würden tausende Kanarienvögel um die lauteste Stimme wetteifern. Der Schock des Aufpralls brach Kakashi fast den Arm, als sein Raitonjutsu auf den Wasserschild des Gegners traf und ihn glatt durchschlug. Mit einem ekelerregenden Geräusch perforierte seine Hand die linke Brust des Nukenin und zerschnitt auf ihrem Weg mehrere Muskelstränge. Zabuzas Arm baumelte nutzlos an der Seite des Schwertkämpfers herab, Kakashis Angriff hatte einen Großteil der benötigten Muskulatur zerfetzt. Damit war Zabuza mehr oder minder wehrlos, da er seinen schweren Bihänder unmöglich einhändig führen konnte, genauso wie die meisten seiner Ninjutsu beide Hände benötigten. Wenigstens hatte die eilig beschworene Barriere ihren Zweck erfüllt. Wäre sie nicht gewesen, daran bestand kein Zweifel, hätte Kakashi sein Herz getroffen.

Der Nukenin überlegte, ob er sich nicht besser zurückziehen sollte. Seine Chancen standen nicht besonders gut. Seine Gedankengänge wurden durch ein erschrockendes Aufkeuchen unterbrochen. Weitere Genin waren wie aus dem Nichts aufgetaucht und hatten sich über die Leiche dieser alten Frau gebeugt, die Zabuza noch Augenblicke zuvor auf sehr brutale Weise in das Jenseits befördert hatte. Zumindest hatten das alle Anwesenden gedacht.

Kein Blut floss mehr aus der Wunde, auf die gerade ein junges Mädchen mit blauschwarzem Gesicht die Sicht versperrte. Langsam, fast nicht wahrnehmbar, zuckte eine Hand der Leiche. Das konnte nicht stimmen. Hatte der zugegeben letale Treffer seines Gegners Zabuzas Verstand umnebelt? Er biss vor Schmerz die Zähne zusammen, als er sich von Kakashi losriss und mit einem Sprung weiter vom Ufer entfernte. Er musste dringend wieder einen klaren Kopf bekommen.

Fasziniert betrachtete Hinata das goldene Leuchten, welches Chikakos Wunde umspielte. Sie war zusammen mit ihrem Team sofort aus ihrer Deckung gesprungen, als sie ihre vorläufige Mentorin hatten fallen sehen. Als erstes war der jungen Hyuga die um Chikako schwirrenden Kugeln aufgefallen. Eine der vier, welche die Kunoichi auf ihrer Bootsfahrt bemerkt hatte, war verblasst und schimmerte in einem matten grau. Zwei weitere irrten ziellos in der Luft über Chikakos Leiche herum. Der Letzte hingegen verschmolz langsam mit Chikakos Körper. Ein schimmerndes Licht drang glimmend aus der tödlichen Wunde. Sofort stoppte der Blutfluss. „Das kann nicht sein...“, hauchte Hinata, kaum in der Lage zu sprechen, als sie das kurze Aufflackern einer Chakrasignatur im Zentrum des Chakranetzes der alten Frau wahrnahm. Da Tote kein Chakra besaßen, musste das bedeuten...

Ein lautes Platschen unterbrach ihren Gedankengang. Verängstigt drehte sie sich in Richtung des Geräusches um. Sie hatte vollkommen vergessen, in welcher Gefahr sie alle schwebten. Langsam begannen die Hände der jungen Kunoichi zu schwitzen, als ein weiterer unbekannter Ninja auf der Bildfläche erschien. Er war weder groß noch muskulös, aber die blaue Maske und seine Anbuausrüstung wirkten auf ihre Art und Weise bedrohlicher als Zabuzas Blutdurst. Mit einer Hand fischte der Unbekannte Zabuzas reglosen Körper aus dem Wasser, mit der anderen nahm er den mörderischen Bihänder des Nukenins an sich.

Nicht ganz fähig, einen klaren Gedanken zu fassen, nickte Kakashi einfach, während die Person vor ihm sich als einen Oinin aus Kirigakure vorstellte, welcher Zabuzas Eleminierung zum Auftrag gehabt hatte. Es schien zwar nicht unbedingt logisch, doch der Kopierninja war hundemüde und immer noch neben sich vom vermeintlichen Verlust Chikakos. Außerdem musste er sich nun alleine um das Wohl und die Sicherheit zweier Geninteams kümmern, ein hartes Stück Arbeit. Er wollte einfach glauben, dass der Fremde nicht einfach nur Zabuzas Rückendeckung war und unternahm deshalb nichts, als sich der Maskierte zum Gehen wandte. Eine laute Frauenstimme ließ den angeblichen Shinobi aus Kirigakure jedoch mitten im Schritt verharren. „Niemand, absolut niemand, gibt sich ungestraft als einer meiner Oinin aus, ohne dafür zu bezahlen!“

Kapitel 12

Kapitel 12
 

Endlich wieder auf den eigenen zwei Beinen stehend streckte sich Naruto ausgiebig, bevor er seinen Blick über die Truppe vor ihm schweifen ließ. Ein Kloß bildete sich in seinem Hals, als er das Zeichen ihrer Stirnbänder erkannte. Es handelte sich um Konohanins. Einige kannte er noch aus der Akademie, auch wenn sie nicht so wirklich Freunde gewesen waren. Vorsichtig stupste ihn Kiras Tigerkopf an. Die Chimäre schien zu spüren, dass es ihrem Herrchen nicht gut ging. Dankbar bückte sich Naruto zu seinem Haustier hinab und kraulte es hinter den Ohren. So stand er da für einen kurzen Augenblick, fuhr mit seinen Fingern durch das samtige Fell des Mischwesens und beruhigte sich langsam wieder.

Gefasst ließ er schließlich wieder von Kira ab und straffte die Schultern. Er gehörte jetzt zu Kirigakure. Er war kein Bürger Konohas mehr. Zwar erinnerte er sich an seine Zeit im Dorf versteckt hinter den Blättern, doch er hatte damit abgeschlossen oder wollte es zumindest schnellst möglich. Langsam näherte er sich, die Nue bei Fuß haltend, den drei Genin, die ihm am Nächsten waren. Shino bemerkte ihn als Erstes. Als könnte er nicht wirklich glauben, was er sah, rückte er seine Sonnenbrille ein wenig herunter, sodass er darüber schielen konnte, sagte aber nichts. Kiba und ein Mädchen, an das sich Naruto nicht mehr erinnern konnte, hockten derweil über einer dritten am Boden liegenden Person.

Zwei Schritte später stockte Naruto erneut. Ungläubig starrte er erst auf das ganze Blut, dann auf den Menschen darunter. „Oma Chikako...“, flüsterte er entsetzt. Wie gebannt hing sein Blick auf einer üblen Bauchwunde, vermutlich der Quell all des verronnenen Lebenssaftes. Wie konnte das sein? Er erinnerte sich noch an die Banditen, als wäre es erst gestern gewesen. Das schmatzende Geräusch der verrosteten Axt, der leere Blick ihrer Leiche, das Gemetzel, dass er im Anschluss angerichtet hatte und die Hitze seiner Briefbombe. Es war schlichtweg unmöglich, dass die alte Frau noch am Leben war.

Und doch lag sie da, erneut tödlich verwundet. Bedächtig näherte sich Naruto weiter den drei Genin, stellte sich direkt hinter das Mädchen der Gruppe. „I-ist sie...tot?“, fragte er mit bebender Stimme. Die Antwort schien offensichtlich, aber er musste es einfach wissen. Die Spitzen ihrer kurzen, blauen Haare wippten, als das Mädchen verneinend den Kopf schüttelte. „Ich weiß nicht, warum, aber sie heilt...“, murmelte sie und drehte sich langsam zu Naruto um. Der Blondschopf konnte gar nicht fassen, was er da gerade gehört hatte. „Wirklich? Echt jetzt, sie lebt?!“, hakte er aufgeregt nach.

Überrascht stellte Hinata wenige Sekunden später fest, wie nah sie ihrem Gesprächspartner war. Plötzlich füllten zwei hellblaue Augen ihr Gesichtsfeld aus. Und nicht nur irgendwelche Seelenspiegel, sie kannte ihren Besitzer sogar, hatte ihn auf der Akademie immer beobachtet, zu schüchtern um ihn anzusprechen. „J-ja...I.ich m-meine...a-also i-ich glaube..“, stotterte sie erschrocken. Ein breites Grinsen machte sich auf Narutos Gesicht breit. „Juhuuuu!“, rief er und umarmte Hinata, ohne weiter darüber nachzudenken. Für die junge Kunoichi war das alles zu viel. Dunkelrot im Gesicht brachte sie nicht mehr heraus als ein gehauchtes „Na...ruto...“.

Shino, der das schon fast hatte kommen sehen, rettete seine Teamkollegin direkt aus ihrer misslichen Lage. „Naruto, du erdrückst sie.“, log er monoton. Sofort ließ der Junge von Hinata ab und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Naruto?!?“, kam es erstaunt von Kiba. Er hatte den Blondschopf bis jetzt nicht einmal bemerkt gehabt, weil er wie gebannt zugesehen hatte, wie sich Chikakos Wunde nach und nach von selbst schloss. „Wir dachten, du wärst tot, das haben uns unsere Senseis erzählt! Kommst du jetzt wieder mit nach Konoha?“, überrannte der Inuzukasprößling Naruto geradezu.

Sofort wurde der Mund des jungen Uzumakis wieder trocken. Sein Blick wanderte hinüber zu Mei, Kiri und Ao, die sich zusammen mit Kakashi gerade daran machten, den inzwischen gefesselten Fremden auszufragen. Soweit Naruto es mitbekommen hatte, hieß der Junge Haku und war nicht viel älter als er selbst. Er hatte den falschen Oinin zuerst für ein Mädchen gehalten, weil das Gesicht unter seiner Maske sehr feminin war. Zusammen mit den langen, braunen Haaren musste man wirklich zwei mal hinsehen, um überhaupt etwas männliches an ihm zu bemerken. „Ich, öhm...“, murmelte er unsicher.

„Sag mal, Naruto, ist einer deiner Begleiter Medicnin?“, unterbrach Shino. Dem Sonnenbrillenträger war klar, dass sie keine weitere Antwort aus Naruto herausbekommen würden. Außerdem hatte die Gesundheit ihrer Teamanführerin Vorrang. „Oh ja, sicher, ich hol ihn eben.“, entgegnete der Blondschopf. „Onkel Kiri, wir haben hier eine Verwundete!“, rief er quer über den Platz. „Komme sofort!“, kam prompt die Antwort.
 

Blitze zuckten durch den dicht bewölkten Himmel. Missmutig lehnte sich Raijin gegen die knochenbleiche Brüstung. Nach all den Jahrhunderten wirkte der Marmor, aus dem ihr Schloß erbaut worden war, als wäre er gerade erst verbaut worden. Keine der unzähligen Belagerungen hatte auch nur einen Kratzer im Gestein hinterlassen. Ganz im Gegensatz zu seinen Bewohnern. Sie waren nur noch so wenige, seit dieser Sterbliche es gewagt hatte, sie herauszufordern....

Wehmütig schüttelte der schweigsame Riese den Kopf und betrachtete das düstere Spektakel über ihm. Seit Amaterasu verschwunden war, herrschte ewige Dunkelheit über dem Gemäuer. Nicht einmal der Mond schaffte es, die Gewitterwolken zu durchdringen. Raijin sollte es nur recht sein. Er liebte Gewitter. Jede Entladung stärkte ihn ein wenig, jeder paukenartige Donnerschlag erfüllte ihn und solange Kura abwesend war, regnete es auch nicht.

Der Duft von moschusgetränktem Parfüm stieg Raijin plötzlich in die Nase. Es war nicht unangenehm, ganz im Gegenteil sogar auf eine befremdliche Art und Weise sehr verführerisch. Ein erneuter Blitz brachte ihn schlagartig zur Vernunft. Ein ironisches Lächeln schlich sich auf seine von der Kapuze verdeckten Züge. Selbst für ihn war es immer noch schwer, seiner Schwester zu widerstehen. Der Hall hochhackiger Schuhe erklang, als sie sich gemächlich ihrem Bruder näherte. Jeder ihrer Schritte jagte Adern violetter Energie durch das Gestein.

„Was willst du, Yokubo?“, grollte Raijin und leitete demonstrativ einen Blitz nur wenige Zentimeter neben ihr in den Marmorboden. „Da ist aber einer heute geladen.“, kommentierte sie lediglich kichernd und schloss die letzten Meter zu ihrem Bruder auf. Lässig schwang sie sich auf die Brüstung und legte in einer lasziven Geste ein Bein über das Andere. Raijin verschränkte die Arme vor der Brust und hüllte sich wie so oft in Schweigen.

„Unser kleiner Nachwuchsbruder wird bald Besuch bekommen.“, merkte Yokubo nach einigen Minuten des Schweigens beiläufig an, „Wie nennen ihn noch gleich die Menschen? Menma?“ „Naruto.“, entgegnete Raijin knapp, ohne dabei wirklich den Sprachfluss seiner Schwester zu unterbrechen. „Ist doch so ähnlich. Wie auch immer, der Neidhammel ist losgezogen um einen seiner Seelensklaven an seine Schuld zu erinnern. Du weißt doch noch, was ein Seelensklave ist, oder Bruderherz?“, neckte sie ihr finsteres Gegenüber.

Natürlich wusste Raijin, wovon sie sprach. Im Gegensatz zu Kura und ihm konnten viele ihrer Geschwister Menschen, deren Seele durch ein bestimmtes Laster verseucht waren, zwangsrekrutieren. Das reichte je nach Zustand der Seele von einfachen Aufträgen bis zu vollständiger Kontrolle auf Lebzeiten des Individuums. Yokubo beispielsweise hatte Macht über alle, die der Wollust erlagen. Drogensüchtige gehörten, so weit er wusste, ebenso zu ihrem Domizil, auch wenn Raijin sich nicht weiter darum hatte kümmern wollen. Allein der Gedanke an seine Schwester konnte unter Umständen selbst für ihn fatal werden.

Schließlich gab er Yokubos Bedürfnis nach Konversation nach. Er brauchte dringend Informationen und solange das Gewitter über ihren Köpfen tobte, war er stärker als sie. „Und wofür braucht er dann Kura, wenn er doch bereits willige Marionetten um sich versammelt hat? Schließlich ist sein Klientel meist reich genug, um ganze Söldnerheere anzuheuern.“ Belustigt funkelten violette Augen unter Yokubos Kapuze, als sie Raijin ihre Rechte entgegenstreckte. „Lust auf eine kleine Traumreise, Bruderherz?“, gurrte sie verführerisch, „Was soll es sein: Mein Räucherwerk oder ein Kuss?“.

Raijin seufzte. Schlagartig wurde ihm wieder bewusst, warum er sich sonst so verschwiegen gab; eine einzige Frage konnte fatale Folgen haben. „Wir bleiben draußen.“, entgegnete er möglichst einsilbig mit einem vielsagenden Blick zum wolkenverhangenen Nachthimmel, ergriff ihre Hand und zog sie an sich. „Wie gut dass wir nur Geschwister sind, Bruderherz.“, schnurrte Yokubo leise, während sich ihr Kopf dem seinen langsam näherte, „Als Liebhaber wärst du mir viel zu grob.“. In dem Moment, als sich ihre Lippen berührten, hätte sich Raijin fast gekrümmt vor Pein. Bilder rasten durch seinen Verstand, jedes Nervenende brannte wund vor Überstrapazierung. Erst unklar und zufällig, dann immer genauer wurden die Sequenzen, bis er schließlich das Gefühl hatte, in eines der Portraits zu fallen. Im Vertrauen darauf, später wieder aufwachen zu können, ließ er sich seinem Ziel entgegen treiben.

Kapitel 13

Kapitel 13
 

Während die Sonne langsam hinter dem Horizont verschwand, kehrte Ruhe ein in Konohagakure. Die letzten Marktstände beendeten ihr Tagesgeschäft, verliebte Pärchen schlenderten von der Abendsonne gebadet durch die Gassen und nur vereinzelt bellte ein Hund oder maunzte eine Katze in die Stille hinein. Sarutobi stand an einem der großen Fenster seines Büros und genoss Pfeife paffend den Sonnenuntergang. Gemächlich ließ er seine Gedanken schweifen. Wie es wohl Chikako ergehen mochte? Sie hatte sich freiwillig gemeldet gehabt, um etwas bezüglich Naruto herauszufinden.

„Wenn man vom Teufel spricht.“, murmelte er belustigt, als er ein leises Klopfen an der Scheibe wahrnahm. Vorsichtig öffnete der dritte Hokage das Fenster und prompt flatterte etwas an seinem Ohr vorbei. Bedachtsam hob Sarutobi die Hand mit der Handfläche nach oben. Ein winziger Papierschmetterling landete auf der dargebotenen Plattform. „Du bist entlassen, Knospe.“, sprach er die Entbindungsworte für das Wesen, welches das Blatt belebte. Prompt verlor das Gebilde seine Struktur. Übrig blieb lediglich ein Zettel mit einer kurzen Nachricht.

Nach einem kurzen Blick zerknüllte der Hokage die Botschaft und warf sie in den Karmin, während er sich eifrig seinem Schreibtisch näherte. Aus einer der Schubladen zog er eine unscheinbare Schriftrolle herauf, schnitt sich mit einem Kunai in den Daumen und entsiegelte den in der Rolle enthaltenen Gegenstand mit seinem Blut. Zum Vorschein kam seine geliebte Kristallkugel. Mit geübter Leichtigkeit tröpfelte er weitere Tropfen seines Blutes auf die eigens dafür in die Holzplatte eingeritzten Siegel, positionierte den mit Kanji bedeckten Gegenstand in der Mitte und legte seine alten, faltigen Hände auf den Kristall.

Langsam nährte er den pulsierenden Ball mit seinem Chakra. Wenn Chikako recht behalten sollte, was Sarutobi nicht ignorieren konnte, würde Konoha, nein die ganze bekannte Welt in Gefahr schweben. Nach und nach bekam er tatsächlich ein Bild. Die Hände des Hokages begannen zu zittern. Lediglich von zuckenden Blitzen erhellte Mauern aus knochenbleichem Mamor ragten vor ihm zum wolkenverhangenen Himmel empor. Wie ein Monument des Todes dominierte die Zitadelle die plateau-artige Felsspitze eines großen, kahlen Berges. Die Tatsache, dass Sarutobi überhaupt in der Lage war, seine Kristallkugel auf diesen Ort zu richten, konnte nur eines bedeuten.

„Die Siegel sind gefallen!“, ächzte er entsetzt und machte sich gleich daran, seinen Geist wieder zurückzuziehen. Er hatte es fast geschafft gehabt, als er plötzlich eine Präsenz um sich herum spürte. Für seine verschobene Wahrnehmung hatte es auf den Hokage den Eindruck, als würde direkt vor ihm eine grünlich-grau leuchtende Chakramasse aus dem Boden hervorsteigen. Sie hatte weder Form noch Substanz im eigentlichen Sinne, aber dennoch wusste Sarutobi sofort, wer ihm gegenüberstand.

„Dir ist es nicht bestimmt, diesen Anblick zu genießen, Sterblicher.“, sprach die Wesenheit mit pfeifender Stimme. Zielsicher formte es aus seiner Chakramasse einen Arm und legte ihn um die Präsenz des Hokage. Fäulnisgeruch stieg ihm in die Nase und er musste husten. Mit jeder Unze seines Chakras stemmte Sarutobi sich gegen seinen Gegner, wehrte sich gegen den überwältigenden Einfluss der Pestilenz, doch vergeblich. Erst langsam, dann immer schneller spürte er seine Kräfte schwinden. Der Geschmack verwesenden Unrats schlug gegen seinen Gaumen, als einer der Ausläufe des Chakraarmes in seinen Mund drangen. Krankheitserregende, verderbte Kräfte rasten durch seine Adern und brannten wie flüssiges Feuer. Als das Chakra sein Gehirn erreichte, wurde dem Hokage schwarz vor Augen. Der Anblick eines grinsenden Totenschädels war sein letzter Sinneseindruck, bevor er in selige Ohnmacht abdriftete.
 

Raijins Sinne gewannen langsam wieder ihre normale Betriebsfähigkeit zurück. Lediglich ein leichter Pinkstich verzerrte die Farbwahrnehmung. Fasziniert schaute er sich um. Er war in dem Empfangsbereich eines großen, luxeriös gestalteten Hauses. An allen Wänden und Türen standen Wachen mit gezogenen Klingen mit Blick auf die Szene in der Mitte des Foyers. Raijin erkannte sofort seine zwei Brüder wieder, wie sie sich mit einem beleibten, kleinwüchsigen Mafiosi unterhielten. „Wir kommen gerade rechtzeitig, Bruderherz.“, gurrte ihm Yokubos Stimme ins Ohr, während eine ihrer filigranen Hände an seiner rechten Seite vorbei in Richtung der Unterhaltung zeigte. „Netami erntet gleich die Seele dieses Ganoven da. Gateau heißt er, glaube ich.“

Besagter Kriminelle hatte sich gerade vor ihrem „Buder Neidhammel“, wie Raijin ihn gerne betitelte, niedergelassen und starrte mit ausdruckslosem Blick auf den sündhaft teuren Teppich. Netami streckte ihm die Rechte entgegen und legte seine Hand auf die Stirn des Mafiosi. Ein neidgrünes Pentagramm zog sich zu seinen Füßen und schloss beide ein. Selbst Raijin konnte die Worte des folgenden Ritus verstehen. „Ich, Netami o Kami, Gott des Neides und der Habgier, fordere Seele und Willen des Sterblichen Gateuau als Preis für ein Leben unter meiner Herrschaft ein."

Das letzte Wort war noch nicht ganz in der Empfangshalle verhallt, da begann der Kreis zu rotieren. Immer mehr zog er sich zusammen, bis er schließlich zu Gateaus Füßen verschwand, nur um auf seiner Stirn wieder aufzutreten. „Erhebe dich, geringster meiner Diener.“, vollendete Netami seinen Bann und ließ Gateau wie eine Marionette an den Fäden ihres Puppenspielers mechanisch aufstehen. Raijin verzog angewidert sein Gesicht, während er all das Wohlhaben dieses Sterblichen mit seinem schwachen Charakter verglich. Nur Menschen konnten so tief sinken, durch einen einfachen Wink mit der Hand versklavt zu werden. „Was ist dein Begehr, Meister?“, fragte der wie hypnotisiert klingende Gateau monoton. „Sammle deine Truppen, Diener. Mein Bruder hier wird dir weitere Befehle zukommen lassen, wenn es soweit ist.“
 

Ao hockte auf dem Dach ihrer Unterkunft und stopfte seine Pfeife. Es lief nicht alles wie geplant, musste der ehemalige Oinin zugeben. Die größten Sorgen bereiteten ihm die beiden Nukenins, die sie quasi aufgelesen hatten. Bei dem Ersten handelte es sich um Zabuza Momochi, der in der gesamten Ninjawelt mit einem hohen Kopfgeld gesucht wurde. Dank seiner Verletzungen und der versuchten Rettung durch seinen Partner lag er jedoch immer noch in Stasis und würde in den nächsten Tagen nicht aufwachen. Kiri hatte seine Erholungsphase auf über ein bis zwei Wochen geschätzt.

Sein Begleiter hingegen hatte sich freiwillig ergeben. Sein Name war Haku, er war etwa dreizehn Jahre alt und Zabuza absolut treu ergeben. Der Nukenin hatte ihn anscheinend unter seine Fittiche genommen und ihm beigebracht, wie ein Oinin zu kämpfen. Sein Wissen über die menschliche Anatomie war beeindruckend. Das allein jedoch war nicht, was Ao so störte, denn der Junge war mit mehreren chakrahemmenden Siegeln gefesselt. Viel mehr waren es die Blicke der Mizukage. Sie heckte wieder irgendetwas aus, was diese beiden Nukenin betraf und das gefiel Ao ganz und gar nicht.

Dabei hatten sie noch andere Probleme. Ihre Truppe war mit dem Ziel in das Reich der Wellen gekommen, es sich wieder anzueignen, da der Daimyo des Reiches von einem Mafiaring abgesetzt worden war. Nun stellte sich jedoch heraus, dass genau dieser Ganove Zabuza und Haku beauftragt hatte, den Bau jener Brücke, wegen der auch die Konohanins vor Ort waren, zu vereiteln. Da die beiden Nukenin jedoch versagt hatten, würde er bald mit einer kleinen Armee von Söldnern aufmarschieren, um mit Brachialgewalt seine Ziele zu erreichen, befürchtete Ao.

Gleichzeitig war er froh über ihre Verstärkung durch die zusätzlichen Ninja. Konoha hatte gleich zwei Geninteams mit dazugehörigen Jonin für eine ursprünglich als Transportmission ausgeschriebene Aufgabe ausgesandt. Die Voraussicht des dritten Hokage war wirklich furchterregend genau, denn so, wie es schien, würden sie jeden einzelnen Mann brauchen.

Besonders erleichternd war die Anwesenheit der noch immer in Genesung befindlichen Chikako. Die alte Dame hatte Ao damals kurz nach dem Krieg beigebracht, mit seinem Byakugan umzugehen, weshalb er einen unglaublichen Respekt vor ihr entwickelt hatte. Ihre Fähigkeit zur Selbstheilung nach einem eigentlich tödlichen Treffer verwunderte den ehemaligen Oinin nicht, schließlich hatte sie ihm an einem der unzähligen Abende in ihrer Holzhütte davon erzählt.

Außerdem konnte er mit seinem Byakugan die für das menschliche Auge unsichtbaren Energiekugeln sehen, die Chikako umschwirrten. Wenn er alles richtig verstanden hatte, handelte es sich bei diesen Gebilden nicht um Gegenstände, sondern um so genannte Dschinn, Lebewesen aus purem Naturchakra. Chikako besaß vier von ihnen, alle dem Element der Erde geweiht. Ao hatte auch einmal versucht, den Umgang mit ihnen zu erlernen, aber entweder war er wirklich zu dämlich, wie Chikako angemerkt hatte, oder einfach nicht kompatibel genug. Denn um sie zu nutzen, musste man auch ihrem Element gegenüber affin sein. Sie besaß zwar auch einen Wasserdschinn, der wollte aber nichts mit dem ehemaligen Oinin zutun haben.

„Sei´s drum.“, murmelte er, während er gemächlich nach seiner Packung Zahnstocher griff, um mit vollkommener Gelassenheit jeden einzelnen mit Kanji zu beschriften. Dieses kleine Fuin war die einzige Entlohnung gewesen, die Chikako für ihre Dienste hatte haben wollen. Natürlich nebst seiner Anwesenheit, die alte Frau konnte nämlich, wenn ihr danach war, wie ein Wasserfall reden. Und weder die Kräuter in ihrem Garten, noch die Wände ihrer Holzhütte waren sonderlich gute Zuhörer.

Kapitel 14

Kapitel 14
 

Dichter Wald umgab den kleinen, verwaisten Schrein, der, von der Menschheit vergessen, als einziges Relikt der Götteranbetung im Reich der Wellen übrig geblieben war. Zwischen den Bäumen waren noch manche der Torii zu erkennen, die zinoberrote Farbe zum Großteil abgeblättert und die Schriftzeichen verblasst. Ein alter Mann näherte sich gemächlich dem Schrein. Er trug einen schweren Filzsack auf dem Rücken, schien sich jedoch nicht an seiner Last zu stören. Auch die zwei weißen Füchse, die um seine Füße herumtollten, kümmerten ihn nicht weiter. Melancholisch betrachtete er die Szenerie, bevor er sich schließlich direkt vor den verwitterten Altar setzte. Ergeben bezogen die beiden Albino rechts und links von ihm Stellung.

Und wieder ein Jahr ohne Opfergaben...“, murmelte der Greis enttäuscht, „Was ist nur aus dieser Welt geworden?“ Mit einem Fingerschnippsen beschwor er erst eine, dann zwei, dann drei blaue Flammen, bis ihn schließlich ganze neun brennende Kugeln umgaben. Langsam umkreisten sie den alten Mann, zogen immer engere Kreise um ihn. Je näher sie ihm kamen, desto mehr verloren er und seine tierischen Begleiter an Substanz. Als sie ihn schlussendlich berührten, tauchte eine Explosion das entlegene Waldstück in ein grelles, blaues Licht.

Nur einen Augenblick später war das Lichterspektakel vorbei. Alles sah noch genauso aus wie zuvor, nur der alte Mann und die beiden schneeweißen Kitsune waren spurlos verschwunden. An ihrer Stelle stand eine schöne, junge Frau in einem unberührt weißen Kimono vor dem Schrein. Sehr langes, rotes Haar wallte ihren Rücken herab. Aus tiefschwarzen, pupillenlosen Augen schaute sie an sich herab. Ein zufriedenes Nicken schien ihr Einverständnis mit diesem Anblick zu verdeutlichen, denn im nächsten Moment formte sie bereits ihre Hände zu einem Trichter vor dem Mund und rief laut in den Wald hinein.
 

Kurama, du elendiges Fellknäuel, wach auf!“ Erschrocken fuhr Naruto kerzengerade in die Höhe. Hatte ihn jemand gerufen? „Komischer Traum...“, brummelte er und rieb sich verschlafen die Augen. Sein blondes Haar war in totaler Unordnung, die vom ihm so innig geliebte Schlafmütze saß schief auf seinem Kopf. Neben seinem Bett lag, noch immer aufgeschlagen, die Schriftrolle des vierten Hokage. Der Blondschopf wusste noch ganz genau, dass er in die Beschreibung eines Jutsus vertieft gewesen war, bevor er dann doch von seiner Müdigkeit überwältigt wurde. Warum musste das auch alles so furchtbar kompliziert sein? Die übergroße Briefbombe für Oma Chikakos Hütte hatte er schließlich auch beim ersten Versuch hinbekommen gehabt.

Dieser Gedanke erinnerte ihn wieder daran, welcher Tag heute war. Nicht nur würden die Bauarbeiten an der Brücke vermutlich fertig sein, laut Kiri würde auch die alte Dame wieder aufwachen! In aller Eile sprang Naruto geradezu aus seinem Bett, fuhr sich behelfsmäßig durch die strubbeligen Haare und zog sich um. Kurze Zeit später stürmte er bereits aus seinem kleinen Zimmer und die Treppe zur Tür hinab. Unten begegnete ihm auch prompt Ao, der sich angeregt mit dem Brückenbauer Tazuna unterhielt. Ihre kleine Vier-Mann-Truppe hatte sich bei ihm und seiner Tochter einquartiert, während die Shinobi aus Konoha zwei der inzwischen leerstehenden Häuser bewohnten.

Auch Haku und der inzwischen halbwegs genesene Zabuza waren in einem dieser Gebäude untergebracht. Mei hatte ihnen bereits das Angebot unterbreitet, erneut Kirigakure beizutreten, wenn sie sich vor dem Strick retten wollten, doch bisher war das Duo zu keiner Entscheidung gekommen. Erst wollten sie Gateau zur Strecke bringen. Dieser ließ sich erstaunlich viel Zeit. Eigentlich hatten sie noch am Abend nach der Festnahme der beiden Nukenin mit einem Angriff seinerseits gerechnet, doch so war es nicht gekommen. Also hieß es abwarten und sich in Geduld üben. Beides Dinge, die Naruto absolut nicht konnte. Mit jedem vergehenden Tag wurde er hibbeliger. Zwar hatten die Erwachsenen ab und an mit ihm und auch den Genin aus Konoha trainiert, aber er wollte endlich einen richtigen Kampf haben, um sich zu testen.

„So früh schon auf, Naruto?“, fragte ihn Ao verwundert, „Wie kommt´s?“ „Keine Zeit, muss zu Oma Chikako!“, erwiderte der Chaot gehetzt und drängelte sich an dem ehemaligen Oinin vorbei. „Ach ja, stimmt, die soll ja heute wieder zu Bewusstsein kommen...“, fiel es ihm wie Schuppen von den Augen, „Tut mir Leid, Tazuna, ich muss los. Naruto, warte gefälligst!“ Mit seinem letzten Satz rannte er Naruto hinterher und ließ den völlig verdutzten Brückenbauer einfach im Eingangsbereich stehen. Irritiert kratzte dieser sich am Hinterkopf. „Manche Leute bleiben ewig jung...“, murmelte er, während er durch die offene Tür hindurch die Beiden beobachtete. Nach einer Weile hörte er auf, sich über seine unorthodoxen Gäste zu wundern, und schlurfte in die Küche. Im Vorratsschrank wähnte er noch zwei Flaschen Sake, eine davon gedachte er, jetzt erst einmal zu leeren.

Voller Vorfreude öffnete Tazuna den Schrank. Dann, nach nicht ganz zehn Sekunden betretenen Schweigens, knallte der Brückenbauer die kleine Holztür wieder zu. Jemand hatte seinen Sake getrunken! Genau in diesem Moment hörte er die etwas unbeholfenen Schritte zweier Personen, die langsam die Treppe heruntergingen. „Morg´n.“, nuschelte eine verschlafene Mei Terumi dem alten Mann entgegen, während der nicht minder durch die Mangel gezogene Medicnin Kiri fragte: „Hast du Orangensaft im Kühlschrank? Oder zumindest ´ne Aspirin irgendwo?“ Langsam aber sicher platzte Tazuna der Kragen. „Raus aus meinem Haus!!!“, brüllte er mit puterroten Wangen. Das Pärchen hielt sich schmerzerfüllt die Ohren zu. „Schrei nich´ so, wir ham´ ´nen Kater...“, murmelten die Beiden, „Wir geh´n ja schon, wir geh´n ja schon.“

Als die Beiden ebenfalls aus dem Haus waren, wandte sich Tazuna wieder seiner Küche zu. Noch immer unzufrieden, aber wenigstens etwas erleichtert kramte er aus den Schubladen und dem Vorratsschrank ein kleines Holzbrett, ein scharfes Messer und einen Laib Brot heraus. Zumindest ein gutes Frühstück würde man ihm jawohl noch gönnen, dachte er. Fast wieder beschwingt öffnete er den Kühlschrank. Doch statt dem Anblick von frischer Nahrung guckten ihm die drei Augenpaare einer ziemlich angepieselten und vor allem frierenden Chimäre entgegen. „Ich hasse diesen Tag!!!“
 

Fellknäuel, wach auf!“, hallte das Echo eines Appells durch den leeren Korridor einer großen, finsteren Kanalisation. Wasser tröpfelte unaufhörlich von der Decke und schlug mit einem leisen Pling auf dem Boden auf. Dort bildeten sich kleine, vollkommen symmetrische Kreise auf der etwa knöchelhohen Wasseroberfläche. In regelmäßigen Abständen wurde die Decke durch vollkommen ebenmäßige Pfeiler gestemmt, die genauso wie die restliche Umgebung in einem bläulichen Mattgrau gehalten waren. Fackeln gab es keine, genauso warfen auch die Säulen keinen Schatten. Die Kanalisation schien leer zu sein, nicht einmal Ratten huschten durch das seichte Wasser.

Plötzlich erglomm ein rotes Leuchten am hinteren Ende des unendlich langen Tunnels. Hinter gigantischen Gitterstäben eingesperrt schlief ein riesiger Fuchs. Sein Fell glänzte trotz seiner schlechten Umgebung in einem tiefen Karmesin. Neun Schweife hatten sich über den Torso gelegt, als wären sie eine Art Decke.

Langsam und bedrohlich öffnete das Untier eines seiner beiden Augen. „Wer wagt es, meinen Schlaf zu stören?“, grollte es, doch die kargen Wände blieben ihm eine Antwort schuldig. Hatte er sich etwa vertan? Oder war er in seinem eigenen Traum gefangen? Nein, das konnte nicht stimmen, beschloss das Wesen bei sich. Schließlich war er das große Fuchsungeheuer, seit Beginn seiner Existenz gefürchtet unter den Menschen. Er war das Kyubi no Yoko, das mächtigste lebende Biju. Nur eine einzige Wesenheit würde auch nur im Ansatz auf die Idee kommen, ihn „Fellknäuel“ zu nennen.

Genau dieser Gedanke bereitete dem Biju Sorgen. Nur ein Gott konnte ihn in seinem Gefängnis erreichen. Selbst dem Rikudo-Sennin wäre es äußerst schwer gefallen. Wenn jedoch erneut Kami auf Erden wandelten, bedeutete das nichts Gutes für den Kitsune. Immerhin war sein Container ein Mensch, dazu noch ein Unwissender. Starb sein Wirt, würde auch das potentiell unendliche Leben des Kyubi vergehen. Was natürlich nicht im Interesse des überdimensionalen Fuchses lag. Sollte er vielleicht Kontakt mit seinem Träger aufnehmen?

Einerseits könnte er ihn so vorwarnen, natürlich gegeben dem Falle, dass der Junge überhaupt zuhörte. Außerdem wäre das Biju möglicherweise in der Lage, einen Kontrakt mit seinem Container abzuschließen. Andererseits spürte das Fuchsungeheuer eine weitere mächtige und abgrundtief bösartige Kraft im Geist seines Wirtes. Im Moment war sie zwar inaktiv, aber noch vor nicht all zu langer Zeit hatte sie eruptionsartig den Körper des Jungen übernommen. Dem Kyubi war sie seltsam vertraut vorgekommen und hatte ihn gleichzeitig eingeschüchtert. So viel geballtes, vor Blutdurst triefendes Chakra konnte nicht einmal er selbst vorweisen.

Ergeben schloss das Fuchsungeheuer erneut seine Augen. Der Junge würde schon auf sich selbst aufpassen können. Was sollte ihm schon groß passieren, solange in ihm derartige Kräfte schlummerten? Außerdem war Morgen auch noch ein Tag. Falls es nötig sein würde, könnte sich das Kyubi immer noch einmischen. Erst einmal ein ausgedehntes Nickerchen...

Kapitel 15

Kapitel 15
 

Wach auf!“, hallte der Weckruf über eine idyllische Graslandschaft. Auf dem Weg, den sich die Schallwellen bahnten, blieb wie in einem Traum die Zeit stehen. Schmetterlinge froren im Flug ein, einzelne Halme blieben in bizarrer Stellung stehen, ja selbst der Wind hielt an, geschockt von diesem Eindringen. In mitten der unendlich scheinenden Wiese saß Chikako und meditierte. Um sie herum zogen sieben glimmende Kugeln ihre Bahn. Vier von ihnen leuchteten in den verschiedensten Schattierung der Farbe Braun, von den restlichen Dreien war je eine zinoberrot, azurblau und fliederfarben gefärbt.

Als das Echo die alte Frau schließlich erreichte, wirbelten die Energiebälle in heller Aufregung durch die Gegend. Langsam öffnete Chikako ihre Augen. „Beruhigt euch, meine Freunde.“, flüsterte sie und sofort kehrten die Kugeln in ihre ursprünglichen Positionen zurück. „Wer war das, Meisterin?“, summte eine der braunen Kugeln und blinkte dabei kurz auf, „Und wieso bist du schon wach?“ Kurz überlegte Chikako, wie sie ihrem Dschinn antworten sollte. „Das war ein Gott, spezifischer eine Göttin.“, entgegnete Chikako schließlich, „Und ich glaube nicht, dass ich direkt gemeint war. Sie hat mich vermutlich aus Versehen aus meiner Trance geholt.“

Gut, dass du endlich wieder da bist, Meisterin.“, wisperte der fliederne Dschinn wie der Hauch des Herbstwindes, „Ich habe jemanden gefunden, wie du es gewünscht hast.“ „Das freut mich, Milan. Wie steht es mit dem Rest? Tau, Lohe? Wir sollten das besser jetzt klären.“ „Auch ich bin fündig geworden“, perlte die volle Stimme des blauen Energieballs in Chikakos Ohr. „Genauso wie meine Wenigkeit, Meisterin.“, schloß sich knisternd die rote Kugel an. Erfreut lächelte die alte Frau und beschloss kurzer Hand: „Wenn ihr drei euch sicher seid, dann kehre ich am Besten zu den Lebenden zurück. Quarz, löse bitte die Trance.“ Nach und nach zerfiel das Traumgefilde. Von außen bis in das Zentrum hinein löste sich die Grasfläche auf und verschwand im Nichts.
 

Missmutig hockte Kakashi auf einem Flachdach am Rande der Siedlung. Ziellos schweifte sein Blick über die karge Szenerie. Ein düsterer Wald aus abweisenden Nadelbäumen umrahmte das Dorf landeinwärts. Aussagen Tazunas zu Folge wäre das Innere des Waldes jedoch von seiner Flora und Fauna her vollkommen anders. Die Frage nach der Ursache für dieses Phänomen hatte der Brückenbauer jedoch mit einem Schulterzucken quittiert, also buchte Kakashi diese Information als Tatsache ab. Die Höhlen entlang eines Felsmassives, zu dessen Füßen die Siedlung endete, wären in Zeiten eines möglichen Krieges hingegen viel interessanter. Zusammen mit seinem Team hatte er sie erkundet und festgestellt, dass zumindest ein Großteil dieser natürlichen Behausungen mit einander über Tunnel verbunden waren. Sollte also Konoha je gezwungen sein, das Reich der Wellen einzunehmen, mussten sie mit kleinen, unterirdischen Scharmützeln rechnen.

Gerade wollte er es sich bequem machen und sich sein momentanes Lieblingsbuch der Icha-Icha-Reihe zu Gemüte führen, da nahm sein unverdecktes Auge eine schemenhafte Bewegung zwischen den Bäumen wahr. Sofort stieß er einen leisen Pfiff aus, der Pakkun zu verstehen geben würde, den Rest ihres „Wanderzirkuses“, wie die Dorfbewohner sie manchmal spaßeshalber nannten, zusammen zu trommeln. Er selbst hingegen stand auf, verstaute sorgfältig sein Buch und sprang vom Dach. Mit seinem Jutsu des Erdverstecks tauchte er im Boden unter und bewegte sich auf ihre angehenden Gegner zu. Das, was er von Gateaus Männern bisher gehört hatte, schreckte ihn keinesfalls. Der Mafiaboss musste also ein weiteres Ass im Ärmel haben, um einen Frontalangriff zu wagen.
 

Fast die gesamte Truppe hatte sich um Chikakos Bett versammelt. Neugierig drängelten sich Naruto und Kiba nach vorne und warteten ganz angespannt darauf, dass die alte Dame wieder aufwachen würde. Ao, Hinata, Sasuke und Shino hingegen standen etwas weiter hinten, der alte Mann und die beiden Jungs an die Wand gelehnt, als würde es sie der ganze Trubel nicht im Geringsten interessieren. „Kiba, Naruto, Komapatienten sind keine Jahrmarktsattraktion!“, schimpfte Kiri sichtlich genervt und verscheuchte die Strolche, so gut es ihm möglich war. Wie bei einem Streich ertappt, senkten beide den Kopf, murmelten ein „´Tschuldigung...“ und machten verlegen einen Schritt nach hinten.

Hinata konnte sich ein leises Kichern nicht verkneifen. In den letzten zwei Wochen hatten sich Kiba und Naruto einen wahren Wettstreit im Unsinn-anstellen geliefert und oft genug das schüchterne Mädchen – meist gegen ihren Willen – mit hineingezogen. Was ihr Vater dazu wohl sagen würde? Bestimmt hatte auch das strenge Clanoberhaupt in ihrem Alter sich mit anderen jungen gebalgt und seinen Sensei zur Weißglut getrieben. Die Vorstellung allein, Hiashi würde über beide Ohren grinsend aus einem Heuballen heraus springen, stimmte Hinata fröhlich. Vielleicht sollte sie sich das nächste mal nicht so zieren, wenn die beiden Chaoten erneut etwas ausheckten. Selbst Shino und dieser merkwürdig feminine Haku ließen sich inzwischen für irgendwelche Streiche rekrutieren. Und wenn sogar Shino mitlachte, würde Hinata sicher keinen Ärger bekommen. Oder?

„Da rührt sich etwas.“, unterbrach Aos Stimme ihren Gedankengang. „Ich seh´ nichts.“, erwiderte Sasuke gelassen und verschränkte die Arme vor der Brust. Neugierig hielt auch Hinata Ausschau nach einem Lebenszeichen der alten Dame, doch Fehlanzeige. „Dann aktiviere doch einmal dein Dojutsu, Grünschnabel.“, schoß der ehemalige Oinin belustigt zurück, „Kannst du mit deinem Sharingan überhaupt Chakraströme im Körper eines Menschen erkennen?“ Beleidigt grummelte Sasuke ein leises „Nein.“ und drückte sich gegen die Wand, als wolle er durch sie hindurch treten.

Während die junge Hyuga ihr Byakugan aktivierte und verwundert den Wirbel verschiedenfarbigen Chakras verfolgte, der unsichtbar für die meisten Shinobi um Chikakos Körper tobte und sich keinen Reim darauf machen konnte, wusste Ao ganz genau, was vor sich ging. Die Dschinn hatten sich neue Meister gewählt. Was das für Chikako bedeuten mochte, konnte er nur erahnen.

Kaum blinzelte er einmal kurz, raste bereits die erste Chakrakugel an ihm vorbei, schwirrte einmal um seinen Kopf und zischte durch die offene Holztür nach draußen. Sein Gesicht war von leichtem Sprühregen bedeckt; es musste sich um den Wasserdschinn Tau gehandelt haben. Als nächstes brauste eine Windböe direkt auf Hinata zu und plusterte ihre blauen Haare auf. Erschrocken wollte das Mädchen vor dem Windgeist – es musste sich demnach um Milan handeln – zurückweichen, doch der Dschinn war schneller und verschmolz kurzerhand mit ihr. Zuletzt wurde es unerträglich warm im Raum. Der feurig rote Energieball namens Lohe umschloss den vollkommen ahnungslosen Naruto und schmorte dabei leicht die Kleidung des angehenden Genin an. Als der Dschinn in ihm verschwunden war, wurde es direkt wieder kühler. „Cool, können wir das nochmal machen?“, riefen Naruto und Kiba im Chor.

Allgemeine Verwirrung machte sich im Raum breit. Fragen danach, was gerade geschehen war, machten die Runde, aber Ao zog es vor zu schweigen. Sollte die alte Frau, welche gerade unbemerkt vom Rest ihre Augen aufschlug, das Schlamassel erklären. Es war schließlich ihre Verantwortung. „Ein … Schluck Wasser.“, flüsterte Chikako heiser und sofort kehrte Stille ein. Behutsam reichte Kiri ihr einen kleinen Tonkrug und wartete, bis sie ihn wieder absetzte, bevor er zu fragen wagte: „Wie geht es ihnen, Frau Ito?“ Statt zu antworten, starrte Chikako nachdenklich auf ihr Bettlaken. Dann, als schon keiner mehr mit einer Antwort gerechnet hatte, sagte sie leise: „Gut … Nein, egal … Gateau kommt!“
 

Geduldig saß Haku im Schneidersitz auf seinem Futon und wachte über den schlafenden Zabusa. Der muskulöse Nukenin hatte sich noch immer nicht ganz von seinem letzten Kampf erholt. Zwar konnte er bereits wieder gehen und zur Not sogar seinen Bihänder schwingen, aber wirklich auf der Höhe war er noch nicht. Wenn es nur eine Möglichkeit gab, seine Heilung zu beschleunigen! Der bedrohliche Schwertkämpfer war nicht nur Hakus Sensei, sein Wohl war gleichzeitig der Lebensinhalt des jungen Shinobi. Hätte er doch nicht nur gelernt, wie man tötete...

Haku schüttelte den Kopf. Das war Wunschdenken. Sein Meister hatte ihm nicht beigebracht zu heilen. Er würde sich schon etwas dabei gedacht haben, überlegte Haku verzweifelt. Seinem Meister zu vertrauen, war für Haku inzwischen die leichteste Übung. Zabuzas Wort war für ihn Gesetz und wenn genau dieser ihm nicht beibringen wollte, wie man Leben rettet, dann hatte das schon seine Bewandnis. Außerdem war sein Meister stark und unerschütterlich. Wenn sich einer von diesen Wunden erholen konnte, dann er. Immerhin hatte Haku die Senbon so platziert, dass der vorgegaukelte Scheintod möglichst kurz ausfiel. Zabuza hatte es ihm diesen Trick höchstpersönlich beigebracht. Der dahinter steckende Gedanke war, dass Haku dem Schwertkämpfer als Rückendeckung dienen sollte. Falls der Nukenin auf unerwartete Gegenwehr stieße und kurz vor einer Niederlage stände, war Haku in der Lage, einen solchen Scheintod aus der Ferne herbeizuführen und Zabuzas reglosen Körper vom Feld zu schaffen. Das wäre ihm auch diesmal gelungen, wenn er nicht enttarnt worden wäre.

Von der Mizukage, genau genommen. Haku war mehr als überrascht gewesen, als er ihre befehlsgewohnte Stimme hinter sich hörte. In diesem Moment war sie eisiger als seine eigenen Künste gewesen. Keine halbe Minute hatte der angebliche Oinin gebraucht, um zu realisieren, dass er auf verlorenem Posten stand. Nachdem er sich ergeben hatte, wurde er gefesselt und in das kleine Dorf gebracht. Und immer noch hatte sie ihn mit einer Intensität angestarrt, die das Wort Mordlust nicht einmal ganz greifen konnte. Dann, als hätte die Mizukage es sich plötzlich anders überlegt, war sie kurz nach dem eingehenden Verhör zu ihm gekommen und hatte ihm ein Angebot unterbreitet. Sie sollten Kirigakure beitreten, wenn sie sich vor dem Strick bewahren wollten.

Haku hatte keine Antwort geben können. Wer war er schon, für sich und seinen Meister zu sprechen? Auch wenn die Idee für sich genommen verlockend klang. Nicht mehr gejagt zu werden, würde für seinen Meister eine zusätzliche Sicherheit bedeuten und das alleine hätte Haku schon fast dazu bewogen, zuzustimmen. Gleichzeitig war sich der Junge sicher, dass Zabuza nach Kirigakure zurückkehren wollte. Tief in dem kalten, durch Blut Anderer versteinertem Herzen des Schwertkämpfers steckte eine urtümliche Wurzel von Patriotismus. Als sie damals die Nachricht erreicht hatte, der alte Mizukage wäre abgesetzt worden, hatte Haku Zabuza dabei ertappt, wie er in der Stille der Nacht leise Tränen der Freude vergossen hatte. Wenn auch nicht viele, wie sich Haku schnell bemühte zu denken, vielleicht nur zwei oder drei kleine Tropfen.

„Apropos Tropfen ...“, murmelte der junge Shinobi irritiert, als er plötzlich das Geräusch fließenden Wassers von außerhalb des spärlichen Raumes vernahm. Unsicher stand er auf und zückte drei seiner Senbon. Ob das Gateau war? Hatte sich der Mafioso weitere Nukenin erkauft? Plötzlich perforierte eine Art leuchtende Wasserkugel die Holztür und raste auf Haku zu. Bevor er reagieren konnte, traf das pulsierende Etwas bereits sein Schlüsselbein. Haku keuchte auf und ließ seine Mordinstrumente fallen. Pures Chakra raste durch seine Adern, perlte sein Chakrasystem entlang und brachte seinen gesamten Körper zum Schwingen. Eine Stimme, rauschend wie Meereswellen, hallte in seinem Kopf wieder. „Hallo, Haku!“

Kapitel 16

Kapitel 16
 

In kürzester Zeit hatten die Shinobi die gesamte Zivilbevölkerung zusammengetrommelt. Aufgeschreckte Familien sammelten sich auf dem Dorfplatz und redeten wild gestikulierend durcheinander, bis die Mizukage schließlich ihre Stimmgewalt nutzte, um für Ruhe zu sorgen. „Alle einmal herhören!“, übertönte sie gekonnt den Lärm, „Zu eurer Sicherheit werdet ihr alle samt und sonders evakuiert!“ Erste Proteste kamen auf. „Was ist denn passiert?“, erscholl es aus der Menge. „Wohin werden wir denn gebracht?“, fragte ein Anderer. Beschwichtigend hob Mei die Arme.

„Gateau ist auf dem Weg hierher! Wir wollen euch lediglich aus der Schussbahn bringen, damit wir Shinobi frei agieren können.“, setzte sie ihre Rede fort, „Diese drei Genin hier werden euch zu den Höhlen eskortieren, um für eure Sicherheit zu sorgen.“ Bei besagten Genin handelte es sich um Hinatas Team, das aus dem einen oder anderen Grund nicht sonderlich begeistert von ihrer Aufgabe war. Während Hinata vor all der Aufmerksamkeit zurückschreckte und Kiba beleidigt darüber war, nicht wie die restlichen Ninja ihrer Truppe kämpfen zu dürfen, kalkulierte Shino bereits durch, wie sie all die Leute im Blick behalten sollten. Seine Überlegungen hatten schon seit mehreren Minuten die Stufe einer üblen Migräne überschritten.

Nachdem Mei ihre Ansprache beendet hatte, überließ sie den Rest dem Geninteam und wandte sich ihrer eigenen Gruppe zu. Kiri lächelte ihr aufmunternd zu und inspizierte beiläufig seine Shuriken. Dem Iryonin war überraschenderweise keinerlei Nervösität anzumerken. Er hatte der jungen Frau kurz vor ihrem Aufbruch aus Chikakos Krankenhütte anvertraut gehabt, dass ihn, seit er das erste mal eine Notfallamputation hatte durchführen müssen, nichts mehr schrecken würde. Mei faszinierte die Facettenreichheit ihres Geliebten. Dankbar stahl sie sich sogleich einen Kuss, bevor sie ihren Blick über den Rest der Truppe streifen ließ.

Ao und Chikako waren währenddessen in ein anscheinend ernstes Gespräch vertieft, bei dem es um den aufgedrehten Naruto ging. Selbiger bekam all die Aufmerksamkeit gar nicht mit, während er vergeblich versuchte, Sakura und Sasuke von der Handzahmheit seiner Chimäre zu überzeugen. Der gut gelaunte Stubentiger versuchte abwechselnd von einem der Genin ein Leckerchen abzugreifen, indem er mit allen drei Köpfen gleichzeitig seinen Dackelblick aufsetzte. Dass keiner der Kinder etwas für Kira dabei hatte, war noch nicht so ganz bei dem Mischwesen angekommen.

Vollkommen unerwartet seilte sich Tazuna von der Menschenmenge ab, die gerade mehr oder minder geordnet in die entgegengesetzte Richtung das Dorf verließ, und gesellte sich zu der Mizukage. „Ich komme mit euch.“, verkündete der betagte Brückenbauer ernst und forderte die verdutzte Mei geradezu mit Blicken heraus, „Dieser Gauner ist hinter mir her. Solang ich bei euch bin, wird er sich nicht für die restlichen Dorfbewohner interessieren.“ Verunsichert suchte die Mizukage den Blickkontakt der Anderen.

„Können wir überhaupt jemanden entbehren, um auf Tazuna aufzupassen?“, fragte sie in die Runde. Im Grunde hatte sie ja nichts dagegen, dass der alte Mann sie begleitete, aber jeder Shinobi, der auf ihn aufpassen sollte, würde dann in der Offensive fehlen. Zaghaft meldete sich Sakura zu Wort: „Ich würde auf ihn Acht geben … Bin eh noch nicht so stark wie Sie, Mizukage-sama.“ Begeistert nickte der Brückenbauer, doch Mei zögerte noch. Eigentlich wurde jeder Ninja gebraucht.

„Wir nehmen den Platz der jungen Dame ein … Mizukage-sama.“, erklang plötzlich eine tiefe Reibeisenstimme hinter ihr. Überrascht drehte sich die Gruppe um. Ein kleines Stück hinter der Mizukage stand ein vollkommen erholter Zabuza und sein zufrieden wirkender Schüler Haku. Der bedrohlich aussehende Nukenin hatte seinen Bihänder kampfbereit geschultert, das durchgeschlitzte Kirigakurestirnband in der linken Hand. „Also natürlich nur, wenn Ihr Angebot noch steht.“ Langsam trat er näher, beugte das Haupt vor der Mizukage und hielt ihr das Stirnband hin. Mit einem erfreuten Lächeln nahm Mei es entgegen und erwiderte: „Willkommen zurück in Kirigakure, Jonin Zabusa Momochi.“
 

Schwer verletzt humpelte Kakshi immer tiefer in den Kiefernwald. Er war mit Gateaus Truppe zusammen gestoßen und übel zugerichtet worden. Eine tiefe Fleischwunde erstreckte sich über seinen linken Oberschenkel, an zahlreichen Stellen war seine Joninweste zerfetzt. Wer hätte auch gedacht, dass der Mafiaboss einen derart starken Shinobi hatte auftreiben können. Der Unbekannte hatte ihn bemerkt, als der Kopierninja unter ihm durch den Boden geglitten war. Mit einem dem Jonin unbekannten Suitonjutsu hatte der Kuttenträger den Erboden aufgespalten und ihn eiskalt überrascht. Dann waren ohne Vorwarnung Gateaus Schläger über Kakashi hergefallen; der Fremde hatte belustigt zugeschaut. Am Ende seiner Kräfte hatte er es irgendwie geschafft zu entkommen und versuchte jetzt, einen großen Bogen um das Söldnerheer zu machen.

Kakashi wurde kurz schwarz vor Augen. Die Wunde am Bein hätte bei weitem nicht so stark bluten dürfen, schließlich war sie eigentlich harmlos. Aber aller Regeln der Natur zum Trotz rann immer mehr Lebenssaft sein Bein herunter. So bemerkte Kakashi auch gar nicht, dass sich die Flora um ihn allmählich änderte. Kiefern wichen Laubbäumen und dicke Wurzeln wucherten über die Trampelpfade vor ihm. An einer dieser Wurzeln blieb der Kopierninja prompt hängen. Erschrocken riss er die Augen auf, als er den Waldboden immer näher kommen sah. Mit einem dumpfen Knall landete seine Stirn auf der Erde.

Aufwachen, Kakashi.“, flüsterte ihm eine Frauenstimme in sein Ohr. Wie betäubt öffnete der Kopierninja zögerlich die Lider. Er fühlte sich wie von einem Stier getreten. Nur zögerlich nahmen seine Pupillen seine Umgebung wahr. Nach und nach kristallisierte sich ein Bild vor seinen Augen. Eine Frau beugte sich über ihn, strich mütterlich mit der Hand über seine Wange. Ein Lächeln lag auf ihren Lippen. Verwirrt starrte er die Rothaarige an. „Kushina?“
 

Gehetzt flitzte Pakkun durch das inzwischen menschenleere Dorf. Hatten die Einwohner bereits Warnung bekommen? Und wenn ja, von wem? Verwirrt schnüffelte der Ninken. Er roch bereits verwehte Unsicherheit und Angst. Die Menschen waren in Richtung Dorfplatz geeilt. Entschlossen folgte Pakkun der Spur. Fast wäre er in Naruto reingerannt, so sehr hatte sich der Ninjamops auf seine platte Nase konzentriert. Kira hingegen hatte ihn vorher bemerkt gehabt. Mit einem erbosten Fauchen begrüßte sie den Hund. Instinktiv schien besonders ihr Tigerkopf zu wissen, dass sie Hunde nicht zu leiden hatte und folgte ihrer Eingebung buchstabengetreu.

„Ruhig, Kira, es ist doch nur Pakkun.“, versuchte Sakura das Mischwesen zu beruhigen und streckte die Hand aus, um es hinter den Ohren zu streicheln. Erbost drehte sich der Stubentiger um und hätte beinahe die Hand der jungen Genin in Streifen gezogen. Erschrocken entfuhr dem Mädchen ein kleiner Schrei. „Ich hasse dieses Vieh!“, rief sie und zeigte anklagend auf die Chimäre. Beschützend stellte sich Naruto vor sein Haustier. „Lass meine Kira in Ruhe, die ist total lieb!“, erwiderte er und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust. Innerlich war er ein wenig enttäuscht. Der Chaot hatte Sakura ganz anders im Gedächtnis. So konnten Erinnerungen täuschen.

„Ruhe, ihr zwei!“, rief Pakkun dazwischen, den es nicht im Geringsten kümmerte, was ein bloßes Haustier von ihm hielt. Schließlich war die Chimäre ja nicht einmal weiblich. „Dieser Mafiosi Gateau hat sich ein kleines Söldnerheer erkauft und ist auf dem Weg hierher.“ Desinteressiert legte Naruto den Kopf schief und kraulte beiläufig die immer noch etwas angespannte Chimäre. „Wissen wir doch schon, Pakkun.“, ließ Sasuke leicht angespannt verlauten, „Viel wichtiger: Wo bleibt Sensei Kakashi?“ „Keine Ahnung.“, erwiderte der Ninjamops, „Er wollte den Feind ein wenig ausspähen und ist bisher noch nicht zurückgekehrt.“ „Dann würde ich sagen, wir kommen ihm einfach entgegen.“, schloss sich die Mizukage dem Gespräch an. Ein gefährlicher Unterton schwankte in ihrer Stimme mit, die Augen blitzend vor Gewaltbereitschaft.

Wie auf Kommando sprangen Ao und Chikako über die Köpfe der Gruppe hinweg. Die beiden Veteranen wollten den Weg vor ihnen mit allen möglichen Fuin spicken, damit es Gateaus Privatarmee möglichst schwer hatte. Der Rest eilte derweil zur großen Brücke. Dort hatten sie vor, den Hauptkampf auszutragen. Das Bauwerk war weit stabiler als die Holzhütten innerhalb des Ortes; selbst Mei würde mit ihrem Yoton keine gravierenden Schäden anrichten. Als hätte die Chimäre die kommende Gefahr gespürt , begann sich ihr Fell zu sträuben. Chakra pulsierte zwischen den Hörnern des Ziegenkopfes. „Was hast du, Kira?“, fragte Naruto besorgt. Zur Antwort bekam er ein tapferes Brüllen, dass viel zu laut für den kleinen Tigerkopf klang. Plötzlich raste ein Blitz aus dem wolkenlosen Himmel auf die Chimäre hinab. Geblendet schloßen die Shinobi ihre Augen. Als sie nach kurzem Zögern die Lider wieder hoben, stellten sie fest, dass Kira die Größe wiedererlangt hatte, die sie bei ihrem ersten Aufeinandertreffen innegehabt hatte. Aufgeregt mit einem schelmischen Grinsen auf dem Gesicht kletterte Naruto flink wie ein Affe an seinem Haustier empor und hockte sich direkt in den Nacken des Tigerkopfes. „Auf in den Kampf!“, rief er enthusiastisch und strahlte wie ein Honigkuchenpferd. Verwundert konnte Pakkun einfach nur seinen Kopf schütteln. Was eine elendige Angeberin, diese Chimäre.

Kapitel 17

Kapitel 17
 

Dichter Nebel hing über der großen Stahlbrücke, die das Reich der Wellen mit dem Festland verband. Kälte sickerte schleichend in die Glieder der wartenden Shinobi, der hohen Luftfeuchtigkeit wegen fühlte sich ihre Kleidung klamm und nass an und klebte an den Leibern. Gleichzeitig ließ das Salz der Meeresluft die Stoffe allmählich steif werden. Alles in allem fühlten sich die Ninja absolut unwohl. Nur die Detonationen, welche verzerrt vom Dorf herüberhallten, erfühlte die Gruppe mit grimmiger Befriedigung.

Das Schlimmste an einer Schlacht war immer das Warten auf den Kampf, nicht der Kampf selbst, so hatte es Ao einmal gelernt. Nach all den Jahren des Dienstes konnte der Veteran diese Binsenweisheit aus tiefstem Herzen bestätigen. Angestrengt fokussierte er sein Byakugan in Richtung der anrückenden Feinde. Gateau hatte anscheinend eine richtige kleine Streitmacht auf die Beine gestellt bekommen, so viele Fallen gingen da in die Luft. Sein Magen krampfte sich zusammen, als er hochzurechnen versuchte, wie wohl das Zahlenverhältnis am Ende aussehen würde. Einzelne Schweißtropfen bildeten sich auf seiner Stirn, die Finger schloßen sich fester um die Griffe seiner Kunai.

„Ruhig, alter Mann.“, sprach er leise zu sich selbst. Konzentriert löste er den Griff um seine Waffen, begann ruhiger zu atmen und versuchte, sich an bereits vergangene Auseinandersetzungen zu erinnern. Nervösität war etwas vollkommen Normales, rief er sich ins Gedächtnis, wenn es dann einmal losging, machte sie dem Adrenalin platz und würde den Oinin nicht weiter behelligen. Neben ihm stand Chikako, ein weise anmutendes Schmunzeln im Gesicht tragend, und schien sich mit ihren aufgewühlten Dschinns zu unterhalten. Die quirligen Kugeln schwirrten zumindest wirr um sie herum und pulsierten abwechselnd in ihren unterschiedlichen Brauntönen. Seit sie drei ihrer Energiebälle an die Kinder abgegeben hatte, wirkte sie etwas weniger fit, doch Ao wusste, dass dieser Effekt mehr mit einer temporären Entzugserscheinung zu vergleichen war. Der menschliche Körper war eigentlich nicht für eine Dauernutzung so großer und vor allem unterschiedlicher Chakramengen gemacht; Chikako hingegen widersprach der Theorie bereits seit Jahrzehnten.

Sein neuester Schützling hingegen trug seine Aufregung offen zur Schau. Unruhig kraulte er abwechselnd die Mähne seiner fast haushohen Chimäre oder ging an ihrer Flanke auf und ab. Auch Kira schien die Unausgeglichenheit ihres Herrchens zu spüren; mindestens eines der drei Köpfe fixierte stets den Jungen. Dass ein derartiges Monstrum so gut als Haustier geeignet sein könnte, hätte der ehemalige Oinin niemals für möglich gehalten.

Auch hatte er durch seine alte Meisterin, aber vor allem von Kakashi viel über den Jungen erfahren. So war er beispielsweise wirklich ein Uzumaki und nicht nur das, in ihm hatte man das Kyubi no Yoko versiegelt. Nach Meis Vorgänger, einem Tyrann sondergleichen, hatte Kirigakure keinen Jinchuriki mehr sein eigen nennen können. Allein dies wäre bereits Grund genug, die senilen Ältesten von einer Aufnahme Narutos zu überzeugen. Natürlich nur im Notfall, verbesserte sich Ao gedanklich, nach Möglichkeit sollten die Reptilien überhaupt nichts von Naruto erfahren. Mit einem leichten Kopfschütteln, eine Angewohnheit des Veterans, um seine Gedanken zu ordnen, wandte er den Blick von Naruto ab und wieder der Nebelwand zu.
 

Voller Vorfreude schwebte Kura einige Meter oberhalb der Brücke. Sein Blick, verborgen unter der weiten Kapuze, durchdrang den Nebel, als wäre er gar nicht vorhanden. Schließlich war er ein Gott; für menschliche Augen undurchdringlich, war Nebel für ihn reinste Banalität. Langsam sammelte er Chakra und ließ es durch seine Hände fließen. Schließlich wollte sich der Gott nicht den eigenen Spaß verderben. Menschen waren zwar nur Ungeziefer, aber eine ganze Horde Insekten konnte ganz schön zwicken. Und nichts bereitete mehr Freude, als wenn ein Plan gelang. Zu besonderer Vorsicht ermahnte ihn der Anblick dieser alten Frau, der er bereits zuvor mehr als einmal begegnet gewesen war. In den letzten Jahren ihrer kümmerlichen Lebenszeit könnte sie sich noch zu einem ernsthaften Problem entwickeln. Wer sonst außer ihr wusste überhaupt noch, wie man Götter tötete?

Niemand, beantwortete er sich die rhetorische Frage selbst, außer diesen verräterischen Dschinn. Die quirligen Naturgeister waren selbst kleine, untergeordnete Kami. Einst hatten sie mehr Macht besessen, doch das war weit vor Kuras Zeit gewesen. Heute fristeten die Dschinn ein Schattendasein, eingesperrt in kleine Astralleiber, die Menschen kaum von Kugeln unterscheiden konnten und in etwa der Macht eines ein-achtelschwänzigen Biju in der Vorpubertät. Nur einige wenige Kami hatten sich mit den ausgebrannten Wesenheiten beschäftigt, vertragen eigentlich nur eine: Die Verräterin Inari. Wobei bei der Gottheit der Fruchtbarkeit immer noch nicht ganz geklärt war, ob man wirklich zwischen männlich oder weiblich unterscheiden konnte. Sie trug schuld am Wirken des Rikudo-Sennin, hatte zahlreiche Male ein erneutes Erstarken seiner Brüder und Schwestern vereitelt und auch das Erwachen der Dschinn ging vermutlich auf ihr Konto.

Aber etwas Gutes hatte ihre Existenz ja doch. Dank ihr konnten Götter wiedergeboren werden. Die Linie des Rikudo-Sennin, der immerhin ihr leiblicher Sohn gewesen war, hatte bereits ihn selbst und zwei seiner Geschwister wiedergebracht: Yokubo, die nicht nur mit ihrer göttlichen Affinität sondern auch mit ihren Sharingan betören konnte, und den Jungen, den die Menschen bisher „Naruto“ nannten. Genau auf diesen Rotzbängel, der sich gerade als neuer Besitzer seiner Chimäre aufspielte, hatte es Kura abgesehen. Erneut kochte die Wut in ihm hoch, als er sah, wie unterwürfig sich dieses dämliche Vieh seinem kleinen Bruder gegenüber benahm. Seit zweihundertdreiundsiebzig Jahren saß der Gott bereits daran, dieser Kreatur mit unterschiedlichsten Methoden Benehmen oder zumindest das Kommando „Sitz!“ beizubringen, doch NICHTS fruchtete. Dann kam dieser Lausbube daher mit seiner armseligen, quasi nicht vorhandenen Lebenserfahrungen und auf einmal hatte man das Gefühl, die Chimäre wäre für jeden Wettbewerb gewappnet!

All diese Wut, seinen ganzen unterschwelligen Hass fokussierte Kura in den Spitzen seiner langen, kalkweißen Finger, die, obgleich sie keine Nagelbetten besaßen, den Eindruck vermittelten, sogar mit krallenartigen Fingernägeln ausgestattet zu sein. Sein ganzer Körper begann vor unterdrückter Energie zu flimmern, Runen äußerster Verderbtheit glommen bedrohlich auf seiner langen, schwarzen Robe auf. Wie in Trance zeichnete er glühende Kanji in die Luft, wie aufgewühlte Wellen peitschte das Chakra durch seine göttlichen Adern. Kurz bevor er fertig war, durchbrach fast der bohrende Blick einer entsetzten Chikako seine Konzentration. Der altersschwache Wurm hatte ihn entdeckt! Kurz bevor ihn Panik übermannen konnte, vollendete Kura das rituelle Jutsu und feuerte es mit einer heftigen Abwärtsbewegung gegen seinen kleinen Bruder.
 

Ein jähes Gefühl ließ das Kyubi no Yoko die bedrohlichen Augen öffnen. Das leuchtend rote Fell des Kitsune sträubte sich, die langen Fuchsohren stellten sich alarmiert auf. Ein Kami war in unmittelbarer Nähe! Und er hatte seinen Container im Fokus. Geschmeidig richtete sich das Fuchsungeheuer auf und sammelte sein Chakra. Menschen bezeichneten es auch gerne als Yokai, was so viel wie dämonischer Chakra bedeuten sollte, weil die Sterblichen davon ausgingen, sein Chakra sei ganz anders als ihres, aber im Endeffekt war diese Unterscheidung Unsinn. Alles auf der Welt bestand aus Chakra, Götter und ähnliche Naturmächte besaßen einfach eine höhere Konzentration selbigens im Blut. Deshalb war er sich sicher, noch rechtzeitig sein Chakra mit dem des Jungen verschmelzen lassen zu können, um das Schlimmste zu verhindern. „Was auch immer der Gegner plant.“, grummelte das Kyubi no Yoko verbissen.

Plötzlich riss eine Schockwelle den Kitsune von den Pfoten. Das feindliche Jutsu war selbst für ihn erdrückend. Mit zitternden Beinen stemmte sich das Fuchsungeheuer dagegen und versuchte kurz, in das Chakrasystem seines Containers hineinzuhorchen. Die ersten Sekunden waren bereits derart schmerzhaft, dass das Kyubi fast aufgegeben hätte. Dieser Kami hatte puren Hass durch den Menschenkörper geschleust. Zorn und der Drang zu töten pulsierten in jedem Knotenpunkt. Mit einer schaurigen Ahnung merkte das Fuchsungeheuer, wie etwas anderes in dem Jungen erwachte, etwas Älteres als das Kyubi; etwas vermutlich Mächtigeres.

Mit aller Kraft stemmte sich das Fuchsungeheuer gegen dieses Etwas. Was immer es war, es durfte nicht die Kontrolle übernehmen. Wenn es jetzt ausbrach, würde sein Container vermutlich nie wieder erwachen; der Kami hätte gewonnen und das Kyubi würde absorbiert werden. Und wenn seine Herrin ihm nicht zur Hilfe eilen wollte, so musste das Biju halt selbst Pfote anlegen. Wie durch zähen Sirup drang der Geist des Kyubi durch die aggressive Chakramasse. In Schwerstarbeit kämpfte es sich Schritt für Schritt zum Gehirn seines Containers durch. Von dort aus müsste er den Jungen kontrollieren können. In der Hoffnung, keiner der Shinobi, die seinen Wirt umgaben, würde sein Vorhaben fehlinterpretieren, setzte Kurama seinen Weg fort.
 

„Weg von Naruto!“, brüllte Chikako alarmiert und stellte sich zwischen den Jungen und die Gruppe. Fast zu spät kam ihre Warnung, denn plötzlich implodierte das Chakra des angehenden Genins und brachte die Brücke zum Schwanken. Die alte Frau hatte so ihre Vermutungen, wer oder was dafür verantwortlich war und was vor sich ging. Schließlich hatte sie damals in ihrer alten Hütte miterlebt, wie Naruto eine ganz ähnliche Verwandlung durchgemacht und im Anschluss eine ganze Truppe Banditen im Bruchteil eines Wimpernschlages niedergemetzelt hatte. Obgleich diese Räuber eine derartige Behandlung durchaus verdient gehabt hatten, hatte sich selbst Chikakos Magen beim Anblick des seelenraubenden Narutos der Magen umgedreht. Und wenn der Junge nun von außerhalb zu dieser Metamorphose gezwungen wurde, konnte das nichts Gutes für ihre Gruppe bedeuten.

Über den Urheber dieses Schauspiels konnte Chikako nur Vermutungen anstellen, aber sie hatte die leise Vorahnung, dass niemand geringeres als ein Kami dahinter steckte; wenn sie sich nicht vertat, war sie ihm sogar schon einmal begegnet. Außerdem schwebte er immer noch einige Meter über ihnen. So, wie die alte Frau ihn einschätzte, würde er das folgende Schauspiel genüßlich beobachten und dann seiner Wege ziehen. Wenn sie ihn je in die Finger bekam, würde er sein unsterbliches Leben aushauchen.

Der Anblick des von blutrotem Chakra umströmten Narutos lenkte Chikako allerdings wieder von ihren Racheplänen ab. „Was ist mit ihm?“, fragte Haku unsicher in Richtung seines Meisters, doch der ehemalige Nukenin wusste darauf keine Antwort. Stattdessen zückte er seinen Bihänder und gab die Frage an Chikako weiter, ohne den Blick von dem Jungen zu lassen. „Blutrausch.“, erwiderte sie knapp und zückte ebenfalls ein Kunai. Während Zabuza und Ao diese Information einfach abnickten, schaute sich der Rest der Truppe verwirrt an. Was meinte die alte Frau?

Fast zu schnell für das menschliche Auge nutzte der besessene Naruto die Ablenkung der Shinobi aus, bewegte sich auf Zabuza zu und zielte mit einem Kunai auf die von Bandagen bedeckte Kehle des Schwertkämpfers. In letzter Sekunde schaffte es der kräftige Mann, diesen Überraschungsangriff mit der flachen Seite seiner Klinge zu blockieren, doch trotz des Größenunterschiedes wurde er zurückgedrängt. Woher nahm der Winzling diese Kraft? Die Gesetze der Schwerkraft ausnutzend lenkte er Narutos Schwung um, indem er seine Führhand packte, und schleuderte ihn fast von der Brücke.

Unsanft krachte der Junge gegen einen der Stahlpfeiler. Schwankend richtete er sich wieder auf. Zur Verwunderung aller Anwesenden hatte er nicht den geringsten Kratzer abbekommen. Plötzlich brach eine zweite Art Chakra aus dem Jungen heraus. Es war ebenfalls rot, aber in einem helleren Ton, wie eine brennende Flamme. Schmerzverzerrt kratzten Narutos zu Krallen verformten Finger über seine Stirn, während sich dieses andere Chakra langsam über seinen gesamten Körper hin ausbreitete und seinen dunkleren Gegenpart vertrieb. Nach und nach bildeten sich Fuchsohren aus Chakra um Narutos Kopf herum aus; ein einzelner ätherischer Fuchsschweif tanzte hinter ihm in imaginären Windböen.

Du … Bekommst … Den Jungen … NICHT!“, brüllte Naruto mit furchtbar verzerrter, viel zu tiefer und merkwürdig hallender Stimme in die Meeresluft hinaus. Vorsichtig näherte sich Chikako dem sich noch immer windenden Jungen. „Kurama, bist du das?“, fragte sie aufgeregt und sammelte Chakra, um die Bemühungen des Fuchsgeistes zu unterstützen. Als ihre linke Hand, in der sie das grün glimmende Chakra gesammelt hatte, sich Naruto näherte, sah sie zu ihrem Erschrecken plötzliche Anzeichen einer Verbrennung auf ihrer Hand. Eine unbändige Hitze wallte ihr entgegen. Sie wusste, wenn die alte Frau Naruto berührte, würde sie ihre Hand die nächsten Tage nicht mehr benutzen können. Mit resignierter Miene vollendete Chikako ihre Bewegung und legte trotz der Schmerzen Naruto ihre Hand auf.

Fast sofort beruhigte sich der Körper des Jungen. Das Chakra seines Bijus übernahm vollständig die Kontrolle. Aus geschlitzten Augen blickte das Fuchsungeheuer anerkennend seine Gegenüber an. „Als wir uns das letzte mal trafen, Ningen, warst du noch ein kleines Kind.“, sprach das Kyubi sie unter Zuhilfenahme von Narutos Stimmbändern an. Eine einzelne Träne kullerte Chikakos Wange hinab. „Ich dachte, du wärst tot.“, erwiderte sie mit belegter Stimme. Vorsichtig wischte das Kyubi die Träne der alten Frau ab. Für einen Außenstehenden musste das sehr surreal aussehen, wie der kleine Junge einer Person, die locker seine Großmutter sein könnte, sanft in die Arme zog und wie ein Kleinkind tröstete. Ein jäher Aufprall beendete abrupt die intime Szene. „Ich tilge dich diesmal endgültig von diesem Planeten, du alte Vettel!“, schrie eine vor rasender Wut berstende Stimme aus der entstandenen Staubwolke, die sich im Rücken der ershcrockenen Shinobitruppe ausbreitete.

Kapitel 18

Kapitel 18
 

Naruto driftete in tiefer Dunkelheit umher. Glühend heißer Zorn hatte ihn übermannt, sein Bewusstsein verdrängt und die Kontrolle übernommen. Zu schwach, um sich zu regen, ließ er sich einfach treiben, unternahm nichts gegen diesen brodelnden Hass. All die schlechten Erfahrungen gleißten vor seinem inneren Auge, zogen wie ein schrecklicher Horrorfilm vor ihm ab. Ob er sterben würde? Ein tiefes Grollen rollte durch seinen Geist, beantwortete seine Frage voller gieriger Vorfreude auf die nächste Mahlzeit. Naruto war es gleich. Diese Wut war so erdrückend, die gesamte Welt könnte sie verschlingen. Der Junge war nur ein kleiner Schritt für das große Monster.

Du … bekommst … den Jungen … NICHT!“, hallte das Brüllen des Kyubi durch Narutos Verstand. Für ihn klang es verzehrt, wie aus weiter Ferne und hatte trotz der eindeutig tierischen Quelle einen Hauch von Weiblichkeit an sich. Vielleicht ein großer Ninken? Kakashi hatte ja angeblich ein ganzes Rudel von ihnen, da wäre sicherlich auch eine Hündin dabei. Was es auch war, mit Sicherheit meinte das Tier ihn. Gab es also doch noch jemanden da draußen, der sich um ihn kümmerte? Für den es sich zu kämpfen lohnte?

Wie ein orangenes Meer flutete Chakra durch die Finsternis. Entschlossen ließ sich Naruto mit reißen. Orange war seine Farbe, wie könnte er sich da verweigern? Namen von den wenigen Freunden, die der Junge in seinem kurzen Leben gehabt hatte, rauschten durch seinen Verstand. Sensei Iruka, Opa Hokage und Oma Chikako. Tante Mei, Kiri, Ao und seine Chimäre. Das Mädchen, nachdem er sein Haustier benannt hatte, hielt ihm lächelnd die Hand hin. Naruto schlug ein, Tränen der Freude schimmerten in den blauen Kulleraugen. Er war nicht mehr allein. Hokage zu werden war sein Ziel und mit so viel Hilfe würde er es auch erreichen können, echt jetzt!

Nach einer gefühlten Ewigkeit konnte Naruto wieder etwas sehen. Wie von weiter Ferne schaute er durch seine eigenen Augen. Die Perspektive war komisch. Ein Rotschleier übertünchte die Farben der Umgebung, hob Kontraste hervor, aber schwächte Farben ab. Er fühlte sich fremd im eigenen Körper, konnte seinen Bewegungen nicht steuern. Als Sätze, die er gar nicht hatte sagen wollen, seine Kehle verließen, hallten sie, als wäre der Junge dreimal so groß. Irgendetwas erinnerte ihn an die Stimme, welche ihn aus seiner Lethargie geweckt hatte. Träumte er etwa immer noch?

Endlich aufgewacht?“, wurde Naruto gefragt. Diese neue Stimme kam von gefühlt hinter dem angehenden Genin, also drehte er sich um. Oder versuchte es zumindest. Alles, was er erreichte, war ein Wechsel der Sicht. Wieder guckte der Junge in tiefe Dunkelheit. Vor ihm glomm hell wie die untergehende Sonne eine rote Kugel. „W-was bist du?“, fragte der Junge unsicher. Seit wann konnten Bälle sprechen? „Ein Freund.“, erwiderte das Etwas schlicht, „Man nennt mich Lohe.“. In Narutos nicht vorhandenen Ohren klangen die Worte des Wesens wie knisternde Holzscheite. Der Name passte eindeutig, selbst er würde sich ihn merken können.

Instinktiv näherte sich der angehende Genin der Feuerkugel, oder sie näherte sich ihm, das war schwer zu unterscheiden. Nach und nach konnte Naruto Einzelheiten ausmachen und stellte zu seinem Erstaunen fest, dass sein Gegenüber einen wirklichen Körper hatte. Er war feurig rot, leuchtete und hatte sich zu einer annähernden Kugel zusammengerollt. Nach Narutos Verständnis hatte dieses Ding in etwa die Form eines Schrimps mit Augen – Hätte er gewusst, was ein Embryo war, so würde er Lohe zweifelsohne damit vergleichen. Aber so blieb er bei Schrimps und sprach das auch aus.

Ich bin keine Mahlzeit!“, erwiderte Lohe beleidigt, bremste sich aber sofort. Chikako hatte ihn ja gewarnt, dass dieser Junge unberechenbar war. „Du siehst halt aus wie eine sprechende Garnele …“, entschuldigte sich Naruto verunsichert. Im Besitz seines Körpers würde er jetzt mit Sicherheit die Arme hinter dem Kopf verschränken und entschuldigend grinsen. Auch ohne diese Geste schien der Dschinn ihn zu verstehen, denn er milderte den Lichtschein, der von seinem Körper abstrahlte. „Da das jetzt geklärt ist -“, setzte Lohe an, doch Naruto unterbrach ihn direkt mit der nächsten Frage. „Wo bin ich?“ „Das wollte ich dir doch gerade sagen!“, erwiderte der Dschinn gereizt, „Also, da das jetzt geklärt ist, erkläre ich dir gleich einmal, wo wir hier sind und warum du bei mir und nicht da draußen bist.“
 

Geschickt wich Ao dem mit Chakra getränkten Wasserarm aus. Zweifelsohne hätte das Jutsu ihn sonst durchbohrt. Durch sein Byakugan sah er unglaubliche Mengen von Chakra, welches in und um ihren plötzlich aufgetauchten Gegner brodelte. Langsam umkreiste der ehemalige Oinin zusammen mit Chikako, Mei und Naruto den Fremden. Dass der angehende Genin von merkwürdigem Chakra umgeben war, sich ganz anders bewegte und redete als vorher und geschlitzte, rot gefärbte Pupillen besaß, nahm er einfach hin. Solang er nicht wieder versuchte, sie anzugreifen, konnte es nichts all zu schlimmes sein. Fragen konnte man immer noch hinterher.

Der Rest der Truppe hatte sich der anstürmenden Söldnerarmee zugewandt. Die ersten Reihen brandeten gegen die Shinobi und wurden niedergemacht, doch der dichte Nebel verwehrte ihnen den Blick auf die nachkommenden Feinde. Mit brachialer Gewalt schleuderte Kira einen der Söldner über seine drei Köpfe dem Kuttenträger entgegen. Blitzesartig baute sich ein Wasserschild um ihn auf; das rotierende Nass zerfetzte den schreienden Mann wie ein Schwarm hungriger Piranhas. „Rennt, ihr kümmerlichen Menschen!“, geiferte er und schoss erneut mit Wasserdornen um sich. Chikako, Naruto und Ao schafften es gerade noch so, auszuweichen, aber Meis Reaktion kam einen winzigen Moment zu spät. Seinem Bauchgefühl vertrauend schleuderte der ehemalige Oinin einen seiner Zahnstocher gegen den Wasserarm. Mit einer erschütternden Schockwelle zerbarst die Flüssigkeit.

Was zur..?“, stotterte der Unbekannte irritiert und vernachlässigte einen Moment seine Deckung. „Du unterschätzt uns, Kami!“, erwiderte Chikako und sprang mit einem wilden Kampfschrei auf den Lippen den Kuttenträger an, „Doton: Schmetterschlag!“ Das von einem Erddschinn verstärkte Jutsu pfefferte mit voller Wucht gegen den Kopf des Fremden und schleuderte ihn von der Brücke. „Nett.“, kommentierte Ao anerkennend und wollte sich gerade den anderen Shinobi anschließen, als der besessene Naruto ein lautes Knurren vernehmen ließ. „Bleibt wachsam. So einfach wird er es uns nicht machen.“, forderte er die Anderen auf. Ein bedrohliches Wasserbeben unterstrich nur wenige Sekunden später seine Worte.

Plötzlich perforierte ein gigantischer Geysir die Brücke. „Jetzt bin ich wirklich wütend!“, gellte ein Schrei aus der hochhausgroßen Fontäne. „Euer Tod heißt Kura o Kami!“ Peitschengleich schossen Wasserstrahlen aus der Wassersäule und verheerten die Brücke. Während Naruto und Mei gerade noch so dem wilden Angriff ausweichen konnten, erwischten die durch Chakra geschaffenen Tentakel Ao, rissen eine tiefe Fleischwunde in seine Brust und schleuderten ihn davon. Chikako erging es sogar noch schlimmer, denn sie erlitt einen Treffer am Kopf. Mit einem unappetitlichen Schmatzen riss ihr Gesicht auf. Die alte Frau wurde ohnmächtig, bevor sie überhaupt reagieren konnte. Ein manisches Lachen ertönte aus dem Geysir. Siegessicher stand Kura in der Wasserfontäne und betrachtete aus fieberhaft glühenden Augen sein Werk. Sein Geschwister würden stolz auf die Zerstörung sein, die er gerade anrichtete.

Apropos Verwandschaft...“, kicherte er wahnsinnig und fokussierte Naruto. Die Tentakel ließen von Mei und der Brücke ab und zielten geschlossen auf den Jungen. Der Kleine war flink, wie der Kami neidlos zugestehen musste. Immer wieder entglitt er dem Ansturm seines Gegners, wand sich geradezu akrobatisch um die Fühler seines göttlichen Jutsus herum. „Zwecklos, kleiner Bruder, zwecklos!“, rief Kura schließlich voller gehässiger Freude, als seine Tentakel den Flüchtenden nach wilder Hetzjagd einfangen konnten. Der Junge war eindeutig nicht für, sondern gegen sie, beschloss der Kami in einem Wink des Augenblickes und gab seinem Jutsu den Befehl, zuzuschlagen. Vor seinem geistigen Auge malte sich Kura bereits aus, wie sich Narutos blutige Innereien auf den Brückenboden ergossen.

Das laute Blöken einer Ziege unterbrach seine Machtphantasien. Auf einmal lag ein elektrisches Knistern in der Luft. „Blödes Mistvi-“, wollte Kura der Chimäre noch entgegenrufen, als sie einen mächtigen Blitz auf den Kami abfeuerte, doch gingen seine Worte in einem Schmerzensschrei unter. Gepeinigt wand sich Kura in seiner Wassersäule, die vorher ein undurchdringlicher Schutzwall, jetzt aber ein schmerzhaftes Gefängnis darstellte. Die Naruto umgebenden Tentakel platzten wie überreife Melonen und benässten den besessenen Genin mit faulig stinkendem Meerwasser. Erleichtert atmete der Jinchuriki auf. Das war kurz vor knapp gewesen. Dem Geysir erging es nicht besser; unter ohrenbetäubendem Rauschen zerfiel die Fontäne und ergoss sich über die Brücke. Gerade wollte sich das Kyubi entspannen, da spürte er plötzlich eine scharfe Klinge an seiner Kehle. „Dafür wirst du zahlen, Bruderherz.“
 

Flink wie der Wind rannte Kakashi durch die teils verwüsteten, teils intakt gebliebenen Gassen des Fischerdorfes. Blauglühendes Fuchsfeuer stob bei jedem Schritt von seinen Füßen. Der Kopierninja wusste nicht, warum er wieder laufen konnte, oder wo er herkam. Eine Stimme in ihm befahl ihm einfach, weiterzugehen. Und sich zu beeilen. Jemand war in Gefahr, glaubte Kakashi zu ahnen, jemand sehr wichtiges. Von den mystischen Flammen nahm er keine Kenntnis, sah sie nicht, kümmerte sich auch nicht um sie. Warum sollte er auch an sich herabschauen, wenn sein Ziel doch vor ihm lag. Geschmeidig sprang er über einen Trümmerhaufen und setzte über umgefallene Mülltonnen. Er war auch schon auf die eine oder andere Leiche gestoßen, doch seine Anwesenheit hatte die leblosen Körper in Sekundenschnelle zu Asche verbrannt, ohne dass Kakashi es überhaupt bemerkt hätte.

Auch den dichten Nebel nahm der Jonin nicht zur Kenntnis. Sein Blick reichte weiter, ließ ihn das gesamte Areal überblicken. So sah er auch den Söldner kommen, der aus dem Nebel heraus auf ihn zusprang. Sein brachiales Breitschwert hatte er zum Schlag erhoben, das schäbige Gesicht zu einer hasserfüllten Fratze verzogen. Kakashi drehte sich um den plumpen Angriff herum und rammte dem Söldner seine Faust in die Magengrube. Elmsfeuer umgab die Hand, sprang auf den Körper seines Gegners über und äscherte ihn ein. Nicht einmal Zeit für einen Schrei blieb ihm, bevor er zu Staub zerfiel und sich im Wind verstreute. Der Kopierninja würdigte ihn keines zweiten Blickes. Wichtigeres lag vor ihm.

Kapitel 19

Kapitel 19

 

Erschöpft parierte Haku den behebigen Axthieb seines Gegners und rammte ihm sein Senbon direkt in den Hals. Er hasste es zwar zu töten, aber bei solch einer gegnerischen Übermacht blieb ihm einfach keine Zeit, auf derartige Feinheiten zu achten. Flink drehte er sich unter einem Schwertstreich hindurch, ließ seine Handkante den Kehlkopf des bärtigen Angreifers zertrümmern und nutzte den Schwung der schartigen Stichwaffe, um selbige in der Magengrube des nächsten Söldners zu versenken. Kurz registrierte er, von einem seiner vorläufigen Kameraden, ein schwarzhaariger Junge mit verbissenem, kalten Blick, als Sprungbrett benutzt zu werden. Der Genin, Sasuke war sein Name, soweit sich Haku entsinnen konnte, katapultierte sich noch weiter in die Söldnerhorde. Ob er wohl wusste, wo er hinwollte? Haku zumindest verlor langsam den Überblick. Wie viele hatte er bereits getötet? Welche Unmengen an Menschen beherbergte das Söldnerheer noch? Und wo war sein Meister? Zumindest die letzte Frage konnte er sich relativ schnell beantworten. Zabuza tauchte nur wenige Minuten später neben ihm auf, von Kopf bis Fuß mit Blut bedeckt. Es schien dem kräftigen Myrmedonen aus jeder Pore zu tropfen, als würde er Lebenssaft statt Schweiß schwitzen.

Haku war sich sicher, dass all dieses Blut von den Gegnern stammte. Sein Meister würde niemals gegen einen unkoordinierten Haufen Ronin verlieren. Wortlos dirigierte Zabuza ihn zurück zur Brücke. Er schien wohl zu weit von seiner eigentlichen Position abgekommen zu sein. Welch Schande, durchzuckte es Haku. Beschämt lief der junge Shinobi rot an. All die Jahre des Trainings und ihm unterliefen noch immer solche Anfängerfehler. Während sich Zabuza mit seinem riesigen Bihänder einen Weg durch ihre Feinde bahnte, war Haku seine Rückendeckung. Er hielt sich links hinter seinem Meister, wie er es ihm beigebracht hatte, und wann immer ein Feind aus Zabuzas totem Winkel nahte, schaltete ihn der Junge mit einem seiner Senbon aus.

Einige Tote später, inzwischen war selbst Haku mit geronnenem Lebenssaft bedeckt, erreichten die beiden Shinobi ihr Ziel. Die große Chimäre, welche den Brückenkopf bewachte, erkannte sie glücklicherweise und ließ sie passieren, bevor sie ihr brutales Tun fortsetzte. Allerdings schien irgendetwas nicht mit ihr zu stimmen. Nur der Tigerkopf fokussierte das Söldnerheer, die beiden anderen Tiere beobachteten die Brücke. Nur wenige Sekunden später erfuhr Haku auch warum. Das gesamte Betonkonstrukt war von Wasser bedeckt. Die Shinobi ihres gemeinsamen Teams umkreisten, soweit sie überhaupt noch auf den Beinen waren, eine unbekannte Person, welche ein Kunai an Narutos Kehle hielt.

Vorsicht, Haku.“, ermahnte eine plätschernde Stimme in seinem Kopf den Jungen, „Das ist ein Kami.“ Verwirrt schaute sich Haku um. Wer hatte da zu ihm gesprochen. Er benötigte einige Sekunden, um zu realisieren, dass es Tau gewesen sein musste, diese merkwürdige Wesen, welches Zabusa geheilt hatte. Bei all dem Töten hatte er die blaue Energiekugel beinahe vergessen gehabt. „Und was ist ein Kami?“, fragte der Shinobi misstrauisch, erst gar nicht realisierend, dass er laut sprach. Schnell schaute er sich zu seinem Meister um, ob selbiger ihn vernommen hatte, doch Zabuza war, zeitgleich mit den restlichen Shinobi, auf den Unbekannten zugestürmt. Haku wollte sich gerade ebenfalls dem Frontalangriff anschließen, als ihn Tau erneut mit einem herrischen „Nicht!“ stoppte.

Der Schwarzhaarige konnte gar nicht einmal den Atem anhalten, so schnell gingen die folgenden Ereignisse von statten. Dieser Kami begann, sein Kunai wie verrückt an Narutos Kehle zu wetzen, ohne Schaden anzurichten. Eine rote Feueraureole hatte sich um den Jungen gebildet. Dann registrierte er seine nahenden Angreifer. Wahn stand in seinem Augen geschrieben, als er das Wasser um ihn herum sich zu einer Kuppel auftürmen ließ, an der die Shinobi abprallten. Er selbst schien keine Probleme haben, in diesen Wassermassen zu atmen, aber Naruto begann, zu röcheln. Langsam aber sicher verblasste das rötliche Leuchten, die Augen des angehenden Genin veroren allmählich ihren Glanz.

Du musst ihm helfen!“, forderte Tau energisch. Haku überlegte. Wieso sollte er? Er war sich sicher, Zabuza würde diesen Kami, was auch immer das war, schon besiegen. Welchen Grund gab es also, sein Chakra auf einen selbstmörderischen Versuch zu verschwenden, diesen chaotischen, vorlauten Bengel zu retten. „Erstens ist dieser Bengel fast so alt wie du, Haku!“, wies ihn der Dschinn zurecht, welcher die Gedanken seines Wirtes mithören musste, „Und zweitens schuldest du mir noch etwas. Oder glaubst du, einen gesuchten Mörder zu heilen wäre mir eine Freude gewesen, Bengel~?“ „Töten ist sein Beruf!“, konterte Haku entrüstet, doch im Grunde seines Herzens wusste er, dass er dieses Argument nicht wegdiskutieren konnte. Er schuldete dem Dschinn wirklich noch etwas.

Konzentriert sammelte der Junge Chakra, stimmte sich auf das Wasser zu seinen Füßen ein. Es war anders, lebendig. Immer wieder entglitt es Hakus Kontrolle. Unaufgefordert griff ihm Tau unter die Arme. Schlagartig wurde es für den jungen Shinobi leichter, dieses merkwürdige Meereswasser zu kontrollieren. Langsam breitete er seinen Willen bis zur Wasserkuppel aus. Dann riss er die Augen wieder auf und setzte in einem Schrei das angesammelte Chakra frei. „Hyoton: Eisige Kristallkuppel!“, erscholl seine Stimme über der gesamten Brücke und ließ das Wasser zu Eis erstarren. Selbst der Gegner fror mit seiner Schöpfung ein. Plätschernder Jubel erklang in Hakus Kopf, doch selbiger hockte sich einfach erschöpft hin. E hatte all sein Chakra benötigt, um dieses Jutsu zu erschaffen. Die Mizukage, welche das Kekkai Genkai „Yoton“ beherrschte, würde Naruto aus dem Eis befreien müssen. Gerade wollte Haku erschöpft die Augen schließen, da spürte er plötzlich einen sengenden Schmerz in seiner Brust. Geschockt riss er die Augen auf. Ein Eisspeer ragte aus seiner Brust. Haku wurde schwarz vor Augen. Er hatte seinen Gegner unterschätzt.

 

Mühselig kämpften sich Sasuke, seine Teampartnerin und der Brückenbauer ihren Weg durch das Söldnerheer. Merkwürdigerweise war keiner ihrer Gegner auch nur in der Lage, im Ansatz auf ihre Angriffe zu reagieren. Sie stürzten einfach nur blindlings nach vorne und hieben und stachen mehr schlecht denn recht nach den Genin. Oft verletzten die Söldner mit ihrem leeren, schlafwandlerischen Blick sogar ihre eigenen Kumpanen, ohne es zur Kenntnis zu nehmen. Sie mussten unter einer Art Massenhypnose stehen, vielleicht ein sehr mächtiges Genjutsu.Woran es auch immer liegen mochte, befand Sakura und beförderte einen besonders verpeilten Banditen mit einem Tritt in die Magengrube zurück in die plumpe Masse seiner Gefolgsleute, es konnte ihnen nur zum Vorteil gereichen. Obwohl sie natürlich der felsenfesten Überzeugung war, ihr Teampartner würde auch ohne diesen kleinen, eigentlich unerheblichen Vorteil genauso gut bestehen können.

Eben jener hatte sich seit Beginn ihres Kampfes in Schweigen gehüllt und nutzte seine Stimmbänder höchstens, um das ein oder andere Katonjutsu zu wirken. Sasuke grübelte nämlich erheblich intensiver über dieses sonderbare Genjutsu nach. Der junge Uchiha wusste nämlich sehrwohl jemanden, der zu solch einer Kunst in der Lage war. Itachi. Sein Bruder. Aber das war nicht sein Stil. Trotzdem wallte so etwas wie Vorfreude in ihm auf. Vielleicht kannte er seinen Bruder ja gar nicht gut genug. Vielleicht … würde er ihn heute töten können. Dafür hatte Sasuke trainiert. Für diesen einen Tag. Er wusste, er war noch nicht stark genug, aber vielleicht war Itachi ja von solch einem aufwendigen Jutsu geschwächt und ließ sich überraschen.

Schließlich, nach einer gefühlten Endlosigkeit, lichteten sich die Söldner Reihen zusehendst. Nur noch vereinzelte Ronin stolperten in die grobe Richtung der Brücke, teils stark verletzt und eindeutig Opfer der wirklich bösartigen Fallen, welche extra für sie platziert worden waren. Ein Krüppel, dessen gesamte linke Körperhälfte nur noch aus verbrannten Überresten bestand, kroch von diesem unheimlichen, ja geradezu unmenschlichen Kontrolljutsu angetrieben auf sie zu. Sowohl Sakura wie auch Sasuke hielten geschockt inne und starrten den Mann an. Es war eine Sache, die Wirkung verschiedener Fuinjutsus zu kennen, aber wiederum eine völlig Andere, ihre Folgen leibhaftig vor sich zu sehen. Übelkeit stieg in den Dreien hoch. Sie waren hin- und hergerissen zwischen dem Gedanken, diese arme Kreatur zu erlösen, oder sie mit einer morbiden Faszination weiter zu betrachten.

Eine jäh aufblitzende Stichflamme nahm ihnen ihre Entscheidung ab und verwandelte den Ronin in wenigen Sekunden zu Asche. „Was zur...“, schaffte es Tazuna als Erster, seine Schockstarre abzuschütteln und hob seinen Blick, nur um zu seiner erneuten Überraschung Kakashi Hatake zu erblicken. Oder jemanden, den der Brückenbauer wohl für Kakashi halten musste, denn der Kopierninja vor ihm war … anders. Elmsfeuer umspielte seine Füße, sein Kopf war von einer Aureole chakragetränkter Flammen umgeben. Er strahlte etwas majestätisches, unwirkliches aus. Mit einem Blick, als würde er die beiden Genin nicht an, sondern direkt in ihre Herzen sehen, musterte er seine Schüler. Als er schließlich sprach, hallte seine Stimme merkwürdig wieder, schien aus zwei Kehlen gleichzeitig zu stammen und bescherte selbst dem Uchiha eine Gänsehaut. „Bringt Tazuna in Sicherheit.“, wies er die Genin an, „Und dann bleibt dort, bis ich euch hole. Überlasst den Kampf mir.“ Mit diesen Worten setzte er einfach über die Köpfe der Genin hinweg. „Was war das?“, fragte Sakura zitternd, doch ihr Teamkamerad hatte sich bereits, ohne wirklich bewusst darüber nachzudenken in Bewegung gesetzt. „Komm, weiter!“, rief er lediglich über die Schulter hinweg. Was immer hier vorgehen mochte, Sasuke wusste mit absoluter Gewissheit, dass er im folgenden Kampf keinen Platz hatte. Noch nicht.

 

Schaurig pfiff eine Böe durch die Windungen der Höhle, in denen sich die Einwohner des beschaulichen Fischerdorfes um kleine Feuer scharten und auf das Signal warteten, endlich wieder in ihre Häuser zurückkehren zu dürfen. Doch nicht nur der Zivilbevölkerung war das Ausharren alles andere als recht. „Ich will kämpfen!“, maulte Kiba aufgebracht, während sein tierischer Begleiter Akamaru zustimmend bellte, „Ich höre die Explosionen von hier aus, lasst mich gehen!“ „Wir sollen auf die Menschen hier aufpassen, Kiba.“, hielt Shino kühl dagegen. Würde er keine Sonnenbrille tragen, sein Blick würde Kiba vermutlich zu Eis erstarren lassen.

Innerlich seufzend pendelten Hinatas Augen zwischen diesen beiden so unterschiedlichen Streithähnen hin und her. Die Debatte verlief bereits seit Stunden so. In regelmäßigen Abständen versuchte der impulsive Sprößling des Inuzuka-Clans mit einem neuen „Argument“, aus der Höhle zu flüchten und sich Naruto und den Anderen anzuschließen. Was Shino natürlich verhinderte. Immerhin waren sie für diese Leute hier verantwortlich. Nicht auszudenken, was wohl geschähe, wenn die Fischerfamilien in die Gewalt des Feindes gelangen würden. Ein Geiseldrama war um jeden Preis zu verhindern! Andererseits verstand sie Kiba nur zu gut. Auch sie wollte sich dem Kampf anschließen, sich irgendwie nützlich machen. Hier in der dunklen, feuchten Höhle fühlte sie sich einfach ohnmächtig, hilflos, dem Schicksal ausgeliefert. Ihre Gedanken kreisten immer wieder um die bereits tobende Schlacht. Um Naruto...

Solang du dich hier verkriechst, wird Kleinnaru dich so oder so nicht bemerken.“, kommentierte eine laute Stimme in ihrem Kopf, „Also hör auf, Löcher in die Höhlendecke zu starren, und zeig, dass auch in dir das Zeug zur Kunoichi steckt!“ „Aber was, wenn ich im Weg bin...?“, entgegnete Hinata leise flüsternd. Sie schreckte schon gar nicht mehr zurück, wenn sich das Wesen zu Wort meldete, das sich in ihrem Verstand eingenistet hatte. Milan hieß es und behauptete, eine Art Naturgott oder so etwas zu sein. Die junge Hyuga hatte sich nach dem dritten oder vierten Erklärungsversuch einfach damit abgefunden, es nicht zu verstehen, und vertraute schlichtweg darauf, dass dieser Dschinn ihr schon nichts Schlechtes wollte. Außerdem hatte sie ähnliche Wesen um ihre Teamleiterin Chikako und um Naruto gesehen. Und was Naruto keine Probleme bereitete...

„Sagtest du etwas, Hinata?“, unterbrach Shino ihren Gedankengang. Der so unterkühlt wirkende Sprößling des Aburame-Clans hatte schon immer die Neigung gehabt, sich um Hinata zu sorgen. Genauso wie Kiba, wenn sie so darüber nachdachte. Irgendwo war es ihr peinlich, schließlich wollte sie nicht hinter ihren Teamkollegen hinterherhinken, keine Last sein, die man stets im Auge behalten musste. In einem anderen, mehr instinktivem Bereich ihres Bewusstseins verspürte sie aber auch Dankbarkeit ihren Jungs gegenüber, gab sich jedes mal das Versprechen, stärker zu werden, um ihren Erwartungen gerecht zu werden. Eines Tages die zu sein, die beschützte. Etwas erschrocken spürte Hinata den kalten Blick ihres Teamkollegen auf sich. Er wartete wohl immer noch auf eine Antwort. Da fiel ihr erst auf, dass Kiba wohl die durch sie entstandene Ablenkung genutzt haben musste, um sich aus dem Staub zu machen.

Angst klammerte sich um das schüchterne Herz der Kunoichi. Was, wenn Kiba etwas zustieße? Sollte sie Shino direkt darauf aufmerksam machen, damit er mit seinen Insekten den wilden Hundenarr wieder einfing?. Ein telepathischer Zungenschnalzer ließ die blauhaarige Kunoichi erschrocken zusammenzucken. „Du wolltest doch aus der Höhle raus, Hinata.“, fegte Milans aufbrausende Stimme förmlich durch ihren Verstand, ließ ihr Blut in Wallung geraten, als würde der Dschinn ihr Chakra irgendwie manipulieren, „Das ist deine Chance! Los, Kleines, trau dich!“

Ein kleiner, wenn auch improvisierter Plan wurde ihr über die telepathische Verbindung vermittelt. Doch könnte sie wirklich? „W-was su-sucht Kiba denn tiefer in der Höhle?“, log die junge Kunoichi schließlich leise stotternd. Die Verunsicherung über diese glatte Lüge wurde einfach von ihrer generellen Schüchternheit überspielt; Shino wandte sich überrascht in die Richtung, die Hinata ihm angedeutet hatte. Bevor der vermummte Genin überhaupt reagieren konnte, war Hinata bereits aus der Höhle geprescht und verschwand im dichten Küstennebel.

 

Mit Leibeskräften wehrte sich Kurama gegen die Klinge am Hals seines Wirtes. Er wusste, lange würde er sich dem wahnsinnigen Gott nicht widersetzen können. Aber warum nannte er Naruto „Bruder“? Plötzlich fiel es dem Fuchsgeist wie Schuppen von den Chakraaugen. Diese mordlüsterne Energie, das war der Grund, warum der Kami solches Interesse an seinem Träger zeigte. Der Blondschopf war selbst ein Gott! Wenn auch in Ausbildung. Oder besser gesagt, am Anfang der Aufnahmeprüfung zur Ausbildung selbst. An sich störte das Kurama wenig. Seine Herrin war selbst eine Gottheit. Allerdings bedeuteten Kami immer Ärger. Naturgeistern wie ihm maßen sie meist nicht mehr Wert zu denn einem Spielzeug. Und wenn das mächtige Kyubi no Yoko eines absolut nicht ausstehen konnte, dann war es Geringschätzung seiner eigenen formidablen Persönlichkeit.

Allerdings war es auch ein Teil besagter Persönlichkeit, seinem Gegner zugestehen zu können, dass er dem neunschwänzigen Fuchs gegenüber doch ein klitzekleines bischen im Vorteil war. Darüber nachsinnend, wie er das Blatt wohl wieder zu seinen Gunsten wenden konnte, spürte Kurama plötzlich, wie der Kami sein widerlich stinkendes Chakra durch die Wasserlachen auf der Brücke pumpte. Prompt türmte sich das lebendige Nass auf und umschloss die beiden Kontrahenten. Kurama selbst benötigte keine Luft; es war eine äußerst faszinierende Feststellung, dass Ertrinken kein schönes Gefühl war. Instinktiv beging er den Fehler, Narutos Körper Luft holen zu lassen. Wasser drang in Mund und Nase des Genin, erstickte den Atmungsversuch. Kurama versuchte, es hinauszuwürgen, doch sein Versuch scheiterte und noch mehr Flüssigkeit drang in die Atemwege des Jungen ein. Ihm wurde schwarz vor Augen. Die Kontrolle über sein Chakra ließ rapide nach. Kurama gestand es sich nur ungern ein, aber er stand kurz davor, in seelige Ohnmacht abzudriften. Innerlich vermerkte er für sich, dass, sollte er diesen Kampf überleben, er nie wieder mit seinem Wirtskörper schwimmen gehen würde.

 

Wie eine Dampfwalze wühlte sich Kakashi durch die hirnlosen Gegnermassen. Wenn der Kopierninja einen von ihnen berührte, löste er sich einfach zu Asche auf. Seine Kameraden störten sich an diesem Anblick jedoch nicht, schlurften stumpf vorwärts und auch der Kopierninja hielt sich mit derartigen Kleinigkeiten nicht auf. Er wusste, er war beinahe zu spät. Wie immer, vermutete der Teil seines Verstandes, der noch wirklich Kakashi gehörte und in einen tiefen Teil seines Unterbewusstseins verdrängt worden war. Er war nun auch Sie, ein etwas verwirrendes Konzept. Auch wenn Sie ihm versichert hatte, bald wieder diesen Körper zu verlassen und keine bleibenden Schäden zu hinterlassen. Der Jonin hatte sich, kaum bei Bewusstsein vor Schmerz, auf diesen Handel eingelassen, wie ihm langsam wieder dämmerte. Ihr ging es, genauso wie ihm, um den Schutz einer ganz bestimmten Person. Zumindest wenn er dem Wesen vertrauen konnte, welches sich seiner bemächtigt hatte. Auch wenn ihn langsam das Gefühl beshclich, die etwas schwülstige Sprechweise seiner neuen geistigen Mitbewohnerin würde ein wenig auf seinen eigenen Sprachgebrauch abfärben, so fand er trotzdem keinen Grund zur Beschwerde. Sein zerstörter Körper, kaum mehr als ein funktionierender Automat, vom Trotz und der schieren Willenskraft aufrecht gehalten, wäre so oder so dem Untergang geweiht gewesen. Da machte ihm die kleine Fortbildung in gedruckstem Denken nicht viel aus.

Diese beinah eigenständigen Gedanken, die sich wie Blasen in Kakashis abgedunkelten Bewusstsein bildeten, ließ Sie ihren Blick nach innen wenden. Glitzernde Rubine streiften sein klein gedrücktes Ich, ein mütterlicher Blick perforierte die kläglichen Überreste seiner Seele. Oder wie auch immer er dieses absolute Gefühl der Minderwertigkeit gegenüber Ihr beschreiben sollte. „Du wirst wach.“, hallte das sanfte Flüstern des Wesens durch seinen Verstand. Es war keine Frage, mehr eine Feststellung. Ergeben versuchte sich sein Bewusstsein an einem Nicken, doch sein Körper reagierte natürlich nicht, wich dafür aber ohne sein Zutun einem grobschlächtig geführten Axthieb aus. Doch Sie verstand den Wink scheinbar, ein warmes Gefühl durchströmte sein Bewusstsein, erfüllte ihn mit Kraft und Zuversicht. „Ich bin dir dankbar, Sterblicher.“, vermittelte das Wesen eine weitere Botschaft, die wie glühendes Eisen durch die kalten Gedankenglieder des Jonin rasten, „Ich will dich für deine Dienste reich entlohnen.“ In mehr oder minder zusammenhängenden Bildern projezierte Kakashi seine Antwort, er wolle einfach nur leben, um seine Genin und die der anderen beiden Teams zu beschützen.

Ein leises Lachen war die Entgegnung des uralt scheinenden Bewusstseins, ein derart reiner Laut, dass er selbst dem Körper des Jonin eine Träne der Rührung abgefordert hätte. Ja, er wurde eindeutig theatralisch. „Das ist ein hehrer Wunsch. Er erinnert mich an deinen Vater, Sohn des weißen Reißzahns.“, echote ihre Stimme, „Auch wenn ich es nicht sehr zu schätzen weiß, wie du meine Ausdrucksweise kritisierst. Das geziemt sich nicht für einen Sterblichen.“ Doch auf seine mentale Beteuerung, er würde sich nicht noch einmal eine derartige Überheblichkeit anmaßen, kicherte Sie lediglich amüsiert und erwiderte: „Keine Sorge, Kakashi, zuweilen neige auch ich zu kleinerem Schabernack, ich werde dich für eine derartige Kleinigkeit schon nicht umbringen. Ganz im Gegenteil, ich brauche dich noch. Sieh hin.“

Augenblicklich erschien ein Bild vor Kakashis innerem Auge, oder besser gesagt mehrere, dreidimensionale Bilder in Folge, die einen Kampf darstellten. Nein, korrigierte er sich irritiert, ddie Darstellungen waren vierdimensional, ließen sich, in Grenzen, durch die Zeit bewegen. Vermutlich hätte der Kopierninja bei dem Versuch, diese Art der Wahrnehmung zu verstehen oder auch nur zu akzeptieren den Verstand verloren, doch bevor das passieren konnte, griff Sie ein und vereinfachte die Projektion. Der sich ihm bietende Anblick war alls andere als rosig. Er sah mehrere aus seinem Trupp schwer verletzt am Boden liegen, einschließlich eines von einem Eisspeer perforierten Hakus, den nur noch Sekunden und das ein oder andere Wunder vom Tod trennten. Direkt vor ihm befand sich eine große, gefroene Kugel, in der zwei Menschen gefangen waren.

Da war zum Einen ein ihm vollkommen unbekannter Mann. Er war irgendwie dem Wesen ähnlich, dass Kakashis Körper übernommen hatte, doch wirkte er weit bösartiger. Sein Chakra wirbelte in schäumenden Wellen durch und um seinen Körper, wirkte verschmutzt, korrumpiert. Zum Anderen stand dort Naruto, der irgendwie anders aussah als sonst. Tiefrot umbrodelte extrem dichtes Chakra den Genin, schmolz sich regelrecht seinen Weg aus dem Eis heraus. Das musste das Chakra des Kyubi no Yoko sein. Bald würden sich die beiden ungleichen Kontrahenten aus ihrem Gefängnis befreit haben und wieder aufeinander losgehen. Obwohl Kakashi wusste, wie mächtig der neunschwänzige Fuchs war, hielt er den ausstehenden Kampf mindestens für ausgeglichen, denn das Chakra dieses Unbekannten glich schon fast einer Naturgewalt. Wenn der Kopierninja zwischen die Fronten geraten würde, bleibe von ihm nicht mehr viel über, da machte er sich keine Illusionen.

Stell dein Licht nicht so unter den Scheffel, Sterblicher.“, rügte ihn das Wesen und steuerte seinen Körper direkt auf den bald tobenden Kampf zu, „Du trägst mehr Potential in dir, als du denkst. Du würdest ein gutes Oberhaupt abgeben, so wie dein Meister vor dir.“ Diesmal konnte Kakashi nicht anders. Vor Neugierde brennend versuchte er dem Wesen zu signalisieren, dass er wissen wollte, wer oder was Sie war. „Ich bin, um es, wie du so schön sagtest, theatralisch auszudrücken, das Erste und das Letzte, was ein Lebewesen in seiner Existenz sieht. Mehr musst du nicht wissen, Sterblicher.“, befand das Wesen nach einigem Zögern und lenkte Kraft ihrer unendlich erscheinenden Chakrareserven Kakashis Interesse wieder dem Kampf zu.

Der Unbekannte, Kura, zuckte ihm der Name duch den Kopf, hatte es zuerst vollbracht, sich aus dem Eis zu befreien. Naruto war nur Sekundenbruchteile langsamer, doch der Blondschopf würde wohl trotz allem zu langsam sein. Der Kopierninja sah bereits das blutdürstige Funkeln im Auge des Mannes, der gerade drauf und dran war, ein Kind zu töten, denn viel mehr war Naruto in den Augen des Kopierninjas nicht, trotz des Biju. Unbändiger Zorn packte seinen Körper, als Kakashi nach vorne stürmte. Das Elmsfeuer zu seinen Füßen fauchte wütend, als er instinktiv sein bevorzugtes Jutsu, das Raikiri, verwendete, um Kuras Brust zu perforieren. Wie Butter schnitt seine Hand durch Kuras Brust, trennte feinsäuberlich Fleisch- und Muskelstränge von einander. Schreiend wand sich Kura am Arm des Kopierninjas baumelnd, während seine Wunde Blasen zu schlagen schien. Etwas verwundert registrierte Kakashi aus seiner Beobachtungsposition heraus, dass dieser Kura gar kein Herz zu besitzen schien, doch bevor er weiter darüber nachdenken konnte, stellten sich plötzlich seine Nackenhaare auf. Entsetzt hob der besessene Kopierninja den Kopf. Wieso raste da plötzlich ein echter Blitz auf ihn herab? Ihm blieb gerade ncoh genug Zeit, sich von seinem gepfählten Gegner zu lösen, bevor dieser auch schon von der elektrischen Entladung verschluckt wurde. Den besessenen Jonin hatte diese kleine Überraschung zwar geblendet, doch das Wesen in ihm schien trotzdem der Meinung zu sein, damit seie wohl die unmittelbare Gefahr gebannt, und zog sich aus seinem Körper zurück. Seelige Ohnmacht umfing Kakashi, zusammen mit dem Duft einer Blumenwiese.

 

Mit immer nagenderer Verzweiflung durchsuchten Hinatas Byakugan den dichten Küstennebel nach Kibas Chakrasignatur. Sie konnte weder ihn noch Akamaru ausfindig machen. Sie wäre vermutlich schon drei oder vier mal umgedreht, wären da nicht Milans ermutigende Worte gewesen, die ihr Bewusstsein streichelten wie eine sanfte Herbstbrise die Wipfel der Wälder Konohas. Genauso spürte sie auch jetzt die mentale Anwesenheit des Dschinn. „Lass doch nicht schon den Kopf hängen, Kleine.“, forderte er die junge Hyuga geduldig auf , „Du bist schon so weit gekommen, bald müsstest du das Dorf erreicht haben.“ „U-und was dann?“, entgegnete Hinata schüchtern, „W-was i-ist mit de-den Fallen?“ „Wofür hast du denn dein Byakugan?“, konterte Milan mit der belustigten Strenge, die ihr auch Chikako und Kurenai das ein oder andere Mal hatten angedeihen lassen, „Außerdem, was würde wohl Naruto tun an deiner Stelle? Umdrehen oder weitergehen?“

Sich innerlich von dieser simplen Logik breitschlagen lassend hob Hinata wieder den Kopf und sprintete weiter. Was hatte sie diesem Argument schon entgegenzusetzen? „D-das ist unfair...“, murmelte sie dennoch mit hochrotem Kopf ihren leisen Protest. „Wie wäre es mit einem Handel, Kleine?“, erwiderte Milan noch immer amüsiert. Neugierig horchte Hinata in sich hinein, spitzte die mentalen Ohren. „Ich verrate dir meine größte Schwäche, wenn...“ „Wenn?“ „Wenn du es schaffst, Naruto einen Kuss zu stehlen!“

Erschrocken kam die hochrot angelaufene Hyuga aus dem Tritt. „Aber, aber, aber...“, stammelte sie immer wieder, vollkommen damit beschäftigt, bei diesem Gedanken nicht einfach in selige Ohnmacht abzudriften, wie sie es so oft schon getan hatte. Doch bevor sie dazu kam, sich weiter zu sammeln, hörte sie plözlich eine fern erscheinende Stimme. „Sakura! Sasuke!“, hörte sie Kibas panisches Rufen durch den Nebel dringen. Augenblicklich beschleunigte Hinata ihre Schritte, Angst machte sich in ihr breit. Kiba war nie panisch. Wild, ja, überschwänglich und manchmal verdammt wütend, aber nie panisch. Außer seinem Ningen war etwas passiert.

Bange Minuten sprintete die junge Kunoichi durch den Nebel, bis sie schließlich bei ihrem Teamkameraden angelangt war. Tatsächlich sah es nicht gut um ihn aus. Akamaru lag verletzt zu seinen Füßen, rührte sich nicht mehr. Ihr Byakugan offenbarte ihr jedoch, dass der Hund noch lebte und lediglich ohnmächtig geworden war. Kiba hingegen schien unverletzt, wenn auch sehr erschöpft. Rechts und links von ihm stand Team Sieben, allerdings ohne ihren Sensei, der vermutlich an der Brücke geblieben war. In einem Halbkreis um sie herum hatten sich gut dreißig Banditen aufgebaut, die kruden Waffen schweigend in den schmutzigen Pranken haltend.

„Hinata?“, begrüßte ihn die verwirrt aussehende Sakura. Ihr pinkes Haar hatte sie für den Kampf zu einem Zopf zusammen gebunden, ihr Konohastirnband hielt die Haarpracht zusammen. Nervös kaute die junge Genin auf ihrer Unterlippe, während ihr Blick immer wieder zwischen den Feinden und Sasuke hin und her pendelte. Letzterer war beinah so emotionslos wie ihre Feinde. Seine Augen strahlten eine kalte Mordlust aus, als würde er mit jedem einzelnen der Schufte eine persönliche Rechnung begleichen müssen. Das Kunai in seiner Hand tanzte unruhig, vorfreudig zwischen seinen Fingern hin und her.

Hinate nickte lediglich zur Bestätigung und stellte sich vor Kiba. „Du bist erschöpft.“, stellte sie schlicht fest, als sich der wilde Hundenarr vor seine Teamkollegin schieben wollte. Dass sie nicht gestottert hatte, bemerkte Hinata kaum, war viel zu sehr mit einem inneren Disput beschäftigt, den Milan angestoßen hatte. Mal wieder unterbreitete der Dschinn Hinata einen Vorschlag. Zögernd nickte die junge Kunoichi und ergriff auf Anweisung der quirligen Energiekugel die Schultern der beiden noch kampffähigen Genin. „Fuuton: Milan!“, hallte ihre von Milans Macht durchdrungene Stimme durch die Luft, ließ sie regelrecht beben, während sich die Banditen auf ein unsichtbares Kommando wie ein Mann in Bewegung setzten.

Plötzlich schien die Zeit still zu stehen. Erschrocken blieb Hinata kurz die Luft weg. Was war das? Dann begriff sie plötzlich. Nicht die Zeit war stehen geblieben, ihr Körper und auch ihr Verstand waren einfach nur viel schneller geworden! Während in der Realität die Banditen in einen holprigen Lauf verfallen waren, bewegten sie sich für Hinata wie Schnecken. Kurze Blicke in die ebenso ungläubigen Gesichter ihrer momentanen Gefährten bestätigte ihr, dass die Beiden das Gleiche erlebten. Es war Sasuke, der diesen Umstand als Erster nutzte und seinerseits zum Angriff ausholte. Das von ihm geworfene Kunai war derart schnell, dass es gleich drei Banditen hintereinander aufspießte. Fast zeitgleich entfesselte er ein Katonjutsu, welches durch die Geschwindigkeitsveränderung von einem kleinen Feuerball zu einer kleinen Miniatursonne anwuchs und einen Großteil der Gegner unter sich begrub. Auch Sakura war in der Zwischenzeit nicht untätig gewesen, hatte die Distanz zwischen ihren Feinden und ihr überbrückt und deckte sie nun mit ziemlich schmerzhaft aussehenden Schlägen und Tritten ein. Nur Hinata hielt sich zurück, spürte sie doch, dass jede Bewegung das Ende ihres Jutsus bedeuten würde. Gerade war der letzte der Banditen gefallen, da löste sie sogleich das Jutsu auf. Im Stillen bedankte sie sich bei Milan, der merkwürdig weit weg erschien, bevor sie auch schon umkippte und das Bewusstsein verlor.

Kapitel 20

Kapitel 20

 

„Wann sind wir endlich da?“, fragte Nauto zum gefühlt zehntausendsiebenhundertfünfundsechzigsten Mal. Er hockte auf seiner neuen Lieblingsstelle auf der Reling direkt neben dem Steuer. „Bald.“, erwiderte der Kapitän lediglich monoton und schenkte dem Chaoten keine weitere Beachtung. Er war ein alter, erfahrener Seebär, der sich auch von einem hibbeligen Genin nicht aus der Ruhe bringen ließ. Außerdem mochte er den aufgedrehten Blondschopf. Er erinnerte ihn an seinen eigenen Sohn, daheim in Kirigakure. Anfangs hatte er noch versucht, Naruto möglichst genau zu antworten, doch er merkte schnell, dass der Bursche einfach nur Langeweile hatte und an der Antwort nicht im Geringsten interessiert war. Kein Wunder, hatte die verehrte Mizukage ihm doch verboten, weiter mit seinem Fuin „herumzualbern“, nachdem sie vor einigen Tagen wieder in See gestochen waren. Der Kapitän, selbst nie Ninja gewesen, war schon immer davon beeindruckt, welche Kunststücke man alles mit ein wenig Chakra bewerkstelligen konnte.

Außer Naruto und ihm befand sich keiner mehr an Deck. Mizukage-sama hatte sich, wie schon auf der Hinfahrt, zusammen mit ihrem Geliebten in ihrer Kabine eingeschloßen. Ein wenig beneidete der alte Graubart die Beiden. Es war eine gefühlte Ewigkeit her, dass er seine Frau in die Arme hatte schließen können. „Noch einmal so jung sein...“, murmelte er träumerisch. „Und dann?“, unterbrach Naruto neugierig die Phantasien des Seebären. „Würd´ich dich durch die Takelage hetzen und anschließend den Hals umdrehen, du Nervensäge.“, knurrte der Kapitän, verfiel gen Ende hin jedoch in sein bollerndes, tiefes Lachen. Der blonde Genin grinste lediglich und wiederholte seine inzwischen sehr gut eingeübte Frage, nur um kurzerhand der in gespielter Wut geführten Faust auszuweichen. Wie ein Äffchen hielt sich der Genin dabei an der Reling fest, schien beinah von Bord zu fallen, wie er da kopfüber an der Schiffsaußenwand hing. Lediglich seine Füße berührten noch das Holz. Anfangs hatte dieses Manöver dem Kapitän Herzrasen beschert, aber Ao-sama, der Leibwächter der verehrten Mizukage, hatte den Zivilisten schnell aufgeklärt, dass Naruto sein Chakra dazu nutzte, an den glitschigen Holzplanken kleben zu bleiben. Dass er das unbedingt dadurch hatte demonstrieren müssen, den Hauptmast hochzuschlendern...

Doch auch der ehemalige Oinin hatte sich in seine Kabine zurückgezogen, um einigen Papierkram zu erledigen. Narutos Chimäre schlummerte zufrieden schnarchend oben im unbesetzten Ausguck und ließ die Sonne auf ihr Fell brutzeln. Seit der Schlacht, die der Kapitän mit Hilfe eines Fernglases beobachtet hatte, war die mythische Mischkreatur ziemlich ausgelaugt gewesen und schien nun durch exzessives Nickerchenabhalten die Reserven wieder aufzufrischen. Selbst Naruto hatte nicht versucht, sein Haustier zu wecken, das sagte eigentlich schon alles. Die zwei neu dazu gekommenen Passagiere, ein finster dreinblickender Schwertkämpfer mit einem gewaltigen Bihänder und Bandagen am ganzen Körper, und ein junger Shinobi etwa in Narutos Alter, den der Seebär anfangs für ein Mädchen gehalten hatte, waren, genauso wie die verehrte Mizukage, nur zur Essenszeit aus ihrer Kabine gekrochen. Wofür der alte Graubart nur dankbar sein konnte. Jedes Mal, wenn der eiskalte Blick des Myrmedonen den seinen streifte, durchfuhr ihn ein unwillkürlicher Schauer. Eine Aura des Todes umgab diesen Zabusa, er war ihm wirklich nicht geheuer. Doch zumindest die restlichen Ninjas schienen sich nicht an ihm zu stören, also schluckte auch der alte Seemann seine Angst herunter.

„Wenn man gerade vom Teufel spricht. Guck mal, Naruto, da ist jemand, den du nerven kannst.“, stellte der Kapitän überrascht fest, als besagter Schwertkämpfer unüblicherweise an Deck trat. Voller vorfreudiger Erwartung folgte Naruto dem Blick des Seebären. „Wann sind wir da, Kapitän?“, hallte Zabusas Stimme derweil zum Steuer hinüber, während sein eisiger Blick den des alten Mannes durchbohrte. Einen Moment wurde sein Mund trocken, während sich die Schlange namens Angst um sein Herz zusammenzog. Dann dämmerte ihm, dass der ach so gefährliche Schwertkämpfer gerade die gleiche Frage gestellt hatte, mit der ihm dieser rotzfreche Genin seit Stunden schon in den Ohren hing. Da verblasste die Furcht auf einmal, machte Platz für ein wohlweislich unterdrücktes Schmunzeln. „Wär der verflixte Nebel nicht, ich könnt´s dir sagen!“, rief der Kapitän zurück und zeigte auf die dichten Schwaden, auf die sie zusteuerten. Es konnte durchaus sein, dass der Fischerhafen, den sie bereits auf der Hinfahrt als Zwischenstopp genutzt hatten, hinter dieser Nebelbank lag, oder noch etliche Seemeilen entfernt. Im Mi no Kuni kam es nicht darauf an, Entfernungen zu kennen, sondern lediglich Richtungen beizubehalten. Früher oder später kam man immer an, gefährliche Stellen gab es im Reich der Wellen keine.

Zabusa nickte lediglich und vollführte eine blitzschnelle Reihe Fingerzeichen. Plötzlich kam Bewegung in den Nebel. Schockiert riss der Seebär seine alten Augen auf, als die dichten Schwaden zur Seite wanderten, als wären ihnen Füße gewachsen. Dahinter kam ein sandiger Küstenstreifen in Sicht. Genau in Fahrtrichtung erblickte er durch das Fernrohr, welches er immer neben sich liegen hatte, auch schon ihr Ziel. „Eine, vielleicht zwei Stunden, bis wir vor Anker gehen!“, rief der alte Mann schließlich nach einigem Kopfrechnen, „Verdammt praktisch, was ihr Ninjas alles könnt!“ Zabusa schnaubte lediglich und verschwand wieder im Bauch des Schiffes.

 

Es war ihr äußerlich zwar nicht anzumerken, doch Inari war mit der Gesamtsituation gelinde gesagt unzufrieden. Die Auseinandersetzung mit Kura und seinen Schergen, welche die kurz vor ihrer Vollendung stehende „Große Naruto-Brücke“ fast wieder zerstört hätte, lag nun gut eine Woche zurück. Zuerst hatte es zur Debatte gestanden, dieses Bauwerk nach der anwesenden Kami zu benennen, doch selbige hatte mit einem Wink abgelehnt. Sie würde zwar niemals behaupten, so etwas ähnliches wie bescheiden zu sein, immerhin war sie eine Gottheit, aber wenn sie ehrlich war, hatte nicht sie den Tag gerettet und dazu konnte sie sehr gut stehen. Immerhin war dieser chaotische Blondschopf mehr als nur ein wenig außergewöhnlich. Was ja auch klar zu erwarten war, immerhin trug Naruto etwas in sich, dass...

Inari seufzte. Eine menschliche Präsenz in einigen Metern Entfernung wagte es, ihre Gedankengänge zu stören. Der Sterbliche, ein noch recht junger Shinobi wie es schien, hatte sich für die Maßstäbe seiner Art durchaus ausreichend getarnt, doch weder die in der Farbe des dichten Waldes gefärbte Kleidung, noch seine Camouflage-Jutsus schützten ihn vor den übermenschlichen Sinnen der Göttin. Zumal die zwei albinoweißen Füchse zu ihren Füßen ein heiseres Knurren von sich gaben, dass vom Wind aufgenommen bedrohlich durch die Blätter pfiff. Ihre nächsten Schritte abwägend ließ Inari den Reissack auf ihren Schultern zu Boden gleiten. Sie hatte, wie es auf Reisen für sie üblich war, die Gestalt des alten Mannes angenommen, ein rüstiger Wanderer mit kurzem grauen Haar und einem von der Sonne gebräunten Gesicht, das einfach für ein großväterliches Lächeln prädestiniert war. Sowohl der etwa mannshohe Wanderstab aus stabiler Eiche wie auch die abgewetzte, unauffällige Waidmannskluft wirkten mehr als authentisch, doch die Göttin hatte bis heute nicht begriffen, warum Sterbliche sie sich mit diesem dämlichen Reissack vorstellten. Nicht nur war dieses Ding frustrierend sperrig, sondern auch im gleichen Maße auffällig. Doch genauso wie Menschen kannten auch Götter Grenzen, vor allem in ihrer Kleidungswahl.

Doch der eigentliche Grund für ihre eingangs erwähnte Unzufriedenheit stellte eigentlich ihr Reiseziel dar. Irgendwo in diesem viel zu dichten und viel zu großen Wald befand sich der Unterschlupf einer ihrer sterblichen Untertanen, oder, wie sie zu sagen pflegte, „Kinder“. An und für sich würde ihr auch die Vegetation sehr gefallen, als Göttin der Fruchtbarkeit lag ihr die Natur sehr am Herzen, nur könnte ihr ach so heiß geliebtes Kind nicht zumindest für seine eigene Schutzgottheit ein kleines, unscheinbares Wegschild aufstellen? Waren kleinste Hinweise etwa zu viel verlangt? Der Sinn eines Geheimversteckes entging ihr dabei natürlich völlig, was sie in ihrer göttlichen Überlegenheit über alle menschlichen Begriffshorizonte aber reichlich egal war.

Entsprechend schlecht gestimmt wog Inari das Leben dieses jungen Shinobis ab. Einerseits neigte auch sie von Zeit zu Zeit zu etwas … gewalttätigerem Verhalten. Zumal sie sich nicht hatte ausreichend an diesem Feigling Kura austoben können. Dieser Tunichtgut von einem Kami hatte sich mal wieder von seinem Bruder Raijin aus der misslichen Lage retten lassen, die er sich selbst zuzuschreiben hatte. Andererseits hatte Inari trotzdem ihren Stolz. Sie war nicht so willkürlich blutrünstig wie ihre Geschwister, das arme Menschending, dass inzwischen zu begreifen schien entdeckt worden zu sein, hatte ihr im Grunde nichts getan und an den Unzulänglichkeiten seines Meisters – denn Inari zweifelte keine Sekunde daran, dass der junge Shinobi zu ihrem Schützling gehörte - trug er mit Sicherheit auch keine Schuld.

Schnaubend entschied sich Inari für einen Kompromiss. Kurzerhand sammelte sie ein wenig Chakra – was den bereits nervös gewordenen Shinobi ein Kunai ziehen ließ - und verschwand dann einfach. Zumindest schien das der junge Mann zu glauben, denn in seiner offenkundigen Verwirrung ließ er kurz sowohl Tarnung wie auch Deckung fallen. Dabei hätte die Fuchsgöttin angenommen, die Anhänger eines ihrer Schützlinge würden sich von derlei einfachem Blendwerk nicht täuschen lassen. Umso einfacher fiel es der Kami allerdings auch, kurzerhand im Rücken des Ninjas wieder aufzutauchen und selbigen mit einer der kräftigen Pranken ihres Körpers grob in den Nacken zu packen, als wäre er ein gefangenes Kaninchen. „Verzeih die Störung, mein Junge, aber hättest du die Güte, mir den Weg zu deinem Herren zu weisen? Er erwartet mich.“ Dem jungen Shinobi würde es wohl nicht einmal im Traum einfallen, diesen Befehl mit so etwas wie einer freundlichen Bitte zu verwechseln.

 

„Niemand da, Terumi-sama.“, stellte Ao misstrauisch fest und zückte um seine Aussage zu unterstreichen ein Kunai. Grabesstille hing über dem Fischerdorf, welches ihnen eigentlich als Nachtlager dienen sollte. Besonders im Vergleich zur Hinfahrt gab das Verhalten der Fischer, oder besser gesagt ihr Fehlen, der Gruppe Rätsel auf. Es war früher Nachmittag, die Sonne befand sich schräg über ihren Köpfen und glänzte auf den seichten Wellen des Binnenmeeres. Normalerweise würde um diese Uhrzeit rege Betriebsamkeit auf den kleinen, schlammigen Straßen herrschen, Kinder würden durch die Gassen tollen, während ihre Eltern ihr Tagwerk verrichteten. Genauso verwaist lagen die kleinen Nussschalen am Bootssteg vertäut, mit denen die Männer des Dorfes zu fischen pflegten.

„Die gesamte Ortschaft ist leer?“, hakte die Mizukage nach und runzelte ungläubig die Stirn. Ao schürzte nachdenklich die Lippen und versuchte noch einmal, jedes noch so kleine Chakrasignal aufzufangen. Er war auch nach all den Jahren noch kein Meister des Byakugan. Die Augenkunst war nicht zur Gänze kompatibel mit ihm, ein Manko, das in Fällen wie diesen immer wieder zum Tragen kam. Ein Erbe dieser Augenkunst wäre mit Sicherheit in der Lage, selbst die hinterste Holzhütte zu erblicken. Aber dazu war er nicht in der Lage und sich etwas zu wünschen, was man nicht haben konnte, würde ihn auch nicht weiterbringen

„Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen, Terumi-sama.“, erwiderte der ehemalige Oinin also kopfschüttelnd, „Unsere nähere Umgebung ist jedenfalls sicher. Wie lautet unsere weitere Vorgehensweise?“ „Wir könnten weiterfahren und auch die folgende Nacht auf dem Schiff verbringen.“, schlug Kiri vor, dem die ganze Situation nicht zu behagen schien. Natürlich, auch er war ein Shinobi, aber kein sonderlich versierter Kämpfer, der Konflikte tendenziell eher zu meiden suchte. Sein Meister hatte ihm immer und wieder eingebläut, dass kein Risiko es wert war, den Kopf zu verlieren. Sollten andere Abenteurer nach Schätzen in tödlichen Höhlen suchen, man konnte sie immer noch hinterher um ihre Habe erleichtern. Naruto hingegen hielt absolut gar nichts von dieser Idee. „Aber ich will zu Kira!“, protestierte er lautstark und verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust, „Sie ist meine Freundin und wenn ihr was passiert sein sollte, dann will ich da sein, um sie zu beschützen, echt jetzt!“ „Das ist keine gute Idee, Naruto-san.“, entgegnete Haku, der trotz der Schiffsfahrt, auf der er unter anderem auch mit Naruto einige Zeit hatte verbringen müssen, sich nicht das förmlichere Suffix abgewöhnt hatte, „Viele sind am Kopf einer Kage interessiert. Was ist, wenn es sich um eine Falle handelt?“ „Wen kümmert´s, ich muss zu Kira...“, grummelte der Blondschopf pikiert, konnte das Argument aber nicht von der Hand weisen. Er wollte schließlich auch nicht, dass Tante Mei etwas zustieß. Auch der Rest der Gruppe schien dem nicht viel mehr hinzufügen zu können, denn sie hüllten sich in nachdenkliches Schweigen.

Erst der Kapitän, welcher zuvor in einigen Metern Abstand gestanden und den Ninja ihrer Diskussion überlassen hatte, durchbrach die Stille. „Wir müssen heute aber an Land.“, merkte er leicht besorgt an, „Wir brauchen Vorräte. Also, ihr könnt vielleicht drei, vier Tage ohne Essen auskommen, aber meine alten Knochen hallten das nich´ mehr aus.“ „Und wenn wir tot sind, müssen wir uns um unseren Verdauungskreislauf auch keine Sorgen mehr machen.“, konterte Haku lediglich, während sein ausdrucksloser Blick den alten Seebären traktierte. Das ließ auch den Kapitän verstummen, der nur mühsam ein nervöses Schlucken unterdrücken konnte. Dieser Junge war ihm echt nicht geheuer. Die meiste Zeit wirkte er so friedlich, genau genommen hatte ihn der Kapitän anfangs für ein Mädchen gehalten, und war auch nicht sonderlich gesprächig, aber wenn er einmal seine Meinung vertreten wollte...

„Hast du etwa Angst, Schüler?“, ließ überraschenderweise Zabusa verlauten, welcher sich bislang ebenfalls nicht am Gespräch beteiligt hatte. Drohend ragte er über seinem schwarzhaarigen Schutzbefohlenen auf, die Arme vor der Brust verschränkt und die Augen funkelnd vor kalter Wut. „Natürlich nicht... Ich, also, niemals, Sensei.“, stotterte der junge Shinobi völlig aus dem Tritt gebracht. Es war bislang nur sehr selten vorgekommen, dass sich Zabusa freiwillig einem unkalkulierbaren Risiko aussetzte, deshalb hatte Haku angenommen, auch nach seinen Wünschen zu handeln. Doch bereits seit Ende der Schlacht auf der großen Brücke war sein Meister irgendwie anders geworden. Also, er war noch immer er selbst, wie man ganz klar an dem knappen Nicken merkte, dass Haku für seine Verneinung erntete. Doch wann immer Naruto etwas wirklich wollte … Nun, der angsteinflößende Schwertkämpfer parierte nicht direkt wie ein dressiertes Haustier, aber er war dem angehenden Genin auf verwunderliche Weise doch sehr gewogen. Ob es an dieser Gottheit, Inari o Kami hieß sie, lag, die ihnen in letzter Sekunde zu Hilfe geeilt war? Tau hatte angedeutet gehabt, die fast vollständige Genesung ihrer Gruppe nach diesem mehr als harten Kampf war ihr zu verdanken gewesen, doch da der junge Shinobi zu dieser Zeit bewusstlos gewesen war, waren ihm natürlich die Details entgangen.

„Ich halte auch nicht viel davon, die Füße still zu halten und wieder abzufahren.“, schloß sich die Mizukage schlussendlich Naruto an, „Wir befinden uns hier in Kirigakure, ich bin als Mizukage mitverantwortlich für dieses kleine Fischerdorf und mag es noch so unbedeutend sein, wenn sich ein mögliches Verbrechen abspielt, dann werde ich nicht tatenlos zusehen, nur weil ich Angst vor ein paar Kratzern habe!“ Entschloßen ließ Mei ihren Blick durch die Runde wandern, bevor sie demonstrativ einen Fuß auf die Reling setzte. „Und jetzt runter von Bord, es liegt Arbeit vor uns!“, befahl sie entschlossen und sprang auf den verwaisten Bootssteg.

 

„Warum noch einmal sind wir hier, Partner?“, fragte eine große, vermummte Gestalt seinen ebenfalls vermummten Stehnachbar und starrte derweil genervt auf die Fassade des Hokagegebäudes. Eigentlich hätten die Beiden in der Menschenmenge herausstechen müssen wie Paradiesvögel in einem Fischbecken, doch niemand nahm sie zur Kenntnis. Der Kleinere ließ seine rechte Hand lediglich in der Seitentasche seines schwarzblauen Mantels verschwinden, sodass niemand den Ring an selbiger erkannte, und enthielt sich jedweder Antwort. Er wusste es selbst nicht genau. Ihr Anführer hatte ihnen den Auftrag gegeben, in Konoha nach „dem Rechten zu sehen“. In anderen Worten, es stand ein Machtwechsel bevor. Der dritte Hokage hatte vor wenigen Tagen das Zeitliche gesegnet, so lauteten zumindest die Gerüchte. Itachi konnte und wollte das nicht glauben. Die von Sautobi-sama gewirkten Fuin hielten noch immer, also konnte er gar nicht tot sein.

Trotzdem war bereits eine Beerdigung abgehalten worden, in allen Ehren war der alte Mann verabschiedet worden. Doch der Sarg hatte die Leiche eines Fremden enthalten, das wusste der Sharingannutzer nur zu genau. Sein Partner Kisame, ein Hüne mit Kiemen und einem sehr … fischigen Aussehen, zog seinen Strohhut ein Stück tiefer in sein Gesicht. Es stand zu befürchten, dass Danzo nun nach der Macht greifen würde. Was Akatsuki unbedingt verhindern musste. Ein Krieg der einzelnen Nationen stand einfach nicht zur Debatte. Außerdem wusste der verbissene, alte Mann von der geheimen Organisation, der Itachi angehörte. Niemals würden sie diesen verbitterten Teufel überraschen können.

Als hätte Danzo die Gedanken des Uchihasprößling erahnt, trat er auf die extra für ihn aufgebaute Bühne vor dem Hokagegebäude. Stille kehrte in die Menschenmenge ein. Unter ihnen waren zweifelsohne viele Untergebene des Usurpators, die die Leute bei passender Gelegenheit aufheizen würden. Auf Anhieb erkannte Itachi lediglich einen jungen Anbu-Nee mit schwarzen Haaren und ausdruckslosem, gestellten Dauerlächeln. Sai war sein Name, er gehörte zu denjenigen, die Danzo gerne als Unterhändler nutzte, um Orochimaru zu kontaktieren. Nicht, dass je eine Nachricht bei diesem Verräter ankam, ohne vorher gründlich durchgelesen und umgeändert worden zu sein.

Vereinzelte Buhrufe wurden laut, als sich der Usurpator schließlich an das Rednerpult stellte. Doch noch bevor sich die Schmähungen in der Menge ausbreiten konnten, erklang ein sehr feines, leises Geräusch, so dezent, dass selbst Itachi sie fast überhört hätte. Ein kollektives Schaudern ging durch den Pulk, als auch dem Letzten dämmerte, dass in diesem Augenblick einige ihrer Mitbürger ihr Leben gelassen hatten.

„Konohagakure!“, begann Danzo schließlich seine Rede, ließ seinen Blick über die eingeschüchterte Masse schweifen, „Vor einigen Tagen ging eine Ära zu Ende. Mein alter Freund Sarutobi ...“ Kisame konnte sich ein leises Kichern nicht verkneifen. „Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr, nicht wahr?“, flüsterte er glucksend, erntete jedoch nur einen kalten, ja geradezu vernichtenden Blick von seinem Teampartner. „Ist ja gut...“, murmelte der Kuttenträger und verschränkte verstimmt die Arme vor der Brust, während Danzo inzwischen über die Heucheleien hinaus gekommen war. „ … Und deshalb, Konohagakure, beginnt ab dem heutigen Tage eine neue Ära!“ Bei diesem Stichwort warfen die Anbu-Nee, welche sich unter die Menschenmenge gemischt hatten, Hochrufe aus, die die noch immer verschreckten Leute nur sehr zögerlich aufnahmen. „ … Schluß mit der falschen Freundlichkeit, mit dem Buckeln. Wir sind Konoha! In uns brennt das Feuer unseres stolzen Dorfes! Ich sage, lasst uns die anderen Nationen dieses Feuer spüren!“ Inzwischen hatte er die Menschenmenge mitgerissen, ob aus ehrlicher Begeisterung oder simplen Überlebenswillen heraus ließ sich schwer sagen. „Wir müssen etwas unternehmen.“, stellte Itachi fest und wandte sich, den Strohhut tief in sein Gesicht gezogen, vom Anblick des mehr oder minder gefeierten Usurpator ab. Kisame zuckte lediglich die Achseln und folgte seinem Partner. „Dabei fing seine Rede so gut an, mit ein paar Leichen und so.“

 

Kapitel 21

Kapitel 21

 

Gemächlich wanderten Kakashi, Chikako und ihre zwei Geninteams die große Handelsstraße entlang, welche das Reich des Feuers mit dem der Wellen verband. Nachdem sie die Landesgrenze überschritten hatten, schlugen die beiden Jonin ein etwas gemütlicheres Reisetempo an und blieben bislang auch dabei. Hinter seiner Halbmaske schmunzelte der Kopierninja leicht, während er die Genin dabei beobachtete, wie sie um Pakkuns Gunst – und vor allem um das Privileg, seine samtig weichen Pfoten zu streicheln – stritten. Im Moment wechselte dieses Vorrecht zwischen Hinata und Sakura hin und her. Die beiden Kunoichi hatten sich, nach einigen Anfangsschwierigkeiten, gegenüber den Jungen auf einen Waffenstillstand geeinigt, was ihn positiv überraschte. Zum Einen zeigte Hinata damit ein wenig Durchsetzungsvermögen, für sich genommen schon ein kleines Wunder aber für ihn nicht so interessant. Zum Anderen vermittelte Sakura damit aber auch Kooperationsbereitschaft, was ihm als Leiter von Team sieben natürlich sehr erfreute. Bislang hatte sich seine Schülerin eher dickköpfig gegeben – zumindest wenn es nicht gerade um Sasuke ging.

Nach geraumer Zeit wurde es Pakkun allerdings zu viel. Er nieste einmal hingebungsvoll in Hinatas Richtung, nuschelte ein nicht ganz ernst gemeintes „´Tschuldigung“ und sprang wieder zu Boden. „Schade“, murmelte die Hyuga leicht bedröppelt. Die Flauschigkeit von Pakkuns Pfoten konnte geradezu süchtig machen. Generell mochte Hinata Hunde sehr gerne, was es teils sehr einfach, teils aber auch sehr schwer machte, mit Kiba ein Team zu bilden. Einerseits war es toll, mit seinem Ninken spielen zu können, wenn sie gerade nichts zu tun hatten. Andererseits fiel es ihr aber auch schwer, dem jungen Sproß des Inuzuka-Clans wegen einer seiner Streiche böse zu sein. Kiba musste ihr einfach nur Akamaru unter die Nase halten und schon war ihre Wut verraucht. Absolut unfair, wie sie fand. „Sicher, daß du nicht eher deine Teamkameraden um den Finger gewickelt hast?“, erklang Milan in ihren Gedanken. „W-wie kommst du denn darauf?“, flüsterte die junge Kunoichi, bevor sie sich erschrocken an den Mund fasste, weil sie laut mit ihrem Dschinn gesprochen hatte. Dabei wollte sie sich doch angewöhnen, ihrem geistigen Untermieter nur telepathisch zu antworten. „Sagtest du etwas, Hinata?“, kam prompt die leicht besorgte Frage ihrer beiden Teamkollegen. Während die Hyuga haspelnd versuchte, das Missverständnis zu klären, kicherte Milan lediglich schadenfroh vor sich hin. Oh ja, er würde noch viel Vergnügen mit seiner neuen Besitzerin haben. Und wenn es ihr dann irgendwann gelang, selbstbewusster aufzutreten, konnte aus der Kleinen eine verdammt gute Kunoichi werden. Bis dahin würde der Dschinn sie einfach weiter ärgern, nur zu ihrem eigenen Besten natürlich.

So verging auch dieser Tag ereignislos. Am Abend erreichte die Gruppe die ersten Ausläufer des großen Waldes, der Konoha weiträumig umschloß. Kakashi hatte eigentlich eingeplant gehabt, an dieser Stelle ein Lagerfeuer zu errichten, doch Chikako hatte darum gebeten, dem Weg noch ein Stück zu folgen. „Meine Hütte steht zwar nicht mehr, aber ich würde gerne versuchen, noch einige Dinge aus den Trümmern zu bergen“, erklärte sie nun den Genin, die sich neugierig ob der Planänderung an sie wandten. „Wieso Trümmer, Ito-sensei?“, fragte Kiba neugierig, „Hat die jemand in Brand gesteckt?“ „So ähnlich“, erwiderte Chikako lediglich ausweichend mit einem schiefen Lächeln im Gesicht. Unerklärlicherweise durchzuckte ihn beim Anblick dieses Gesichtsausdruck die Vermutung, dass ein gewisser Chaot, der erst kürzlich von Konoha nach Kiri gezogen war, nicht ganz unbeteiligt an diesen Ereignissen gewesen war. Auch wenn er Naruto sehr mochte, traute Kiba ihm so ziemlich alles zu. Wenn irgendetwas in die Luft ging, war der Chaot meist nicht weit und irgendwoher musste er ja Ito-sensei gekannt haben.

Als der kleine Wanderzirkus schließlich an den Ruinen besagter Hütte angelangt waren, stellten sie überrascht fest, nicht die Einzigen auf der Lichtung zu sein. Ein Anbu, eindeutig aus Konoha, stand vor den verkohlten Überresten und starrte die Neuankömmlinge an. Zumindest sah es so aus; durch seine Maske war das nämlich nur schwer zu erkennen. Der Fremde war etwa so groß wie Kakashi und wirkte auf Grund seiner etwas gebeugten Körperhaltung schmächtiger, als er eigentlich war. Hinter seiner Rabenmaske wallte langes, schwarzes Haar seinen Rücken hinab. Wäre da nicht die Tatsache, daß Sasukes Clan ausgelöscht worden war, man könnte den Shinobi glatt für einen Uchiha halten.

„Wow, ein echter Anbu!“, entfuhr es Kiba schließlich. Er glotzte ehrfürchtig in Richtung des Maskierten, nicht ganz sicher, ob er träumte oder wachte. Den restlichen Genin schien es ähnlich zu ergehen, einem Angehörigen von Konohas Elitetruppe begegnete man – zumindest bewusst – nicht alle Tage. Nur Sasuke tanzte ein wenig aus der Reihe; er wirkte verängstigt. Auf seiner Stirn bildeten sich Schweißtropfen, die sein Gesicht herunterrannen, welches noch bleicher als sonst war. Nervös knabberte er an der Unterlippe, die Knie zitterten ein wenig und seine Hände ballte er mechanisch zu Fäusten. Er wusste, wer da vor ihnen stand, war sich zumindest sehr sicher, und das war definitiv kein Anbu. Nicht mehr. Diese Stimme hätte er aus tausenden anderen heraus erkannt. Dieser Fremde war niemand anderes als Itachi Uchiha, sein Bruder. Und Mörder seines gesamten Clans.

Nur mühsam konnte Sasuke das Bedürfnis unterdrücken, seinen älteren Bruder auf der Stelle anzugreifen. Er wusste, er war noch nicht stark genug, um es mit dem Nukenin in einem fairen Kampf aufzunehmen. Aber wenn er dafür sorgen konnte, dass sich Itachi ihm so weit näherte, dass er mit einem schnell gezückten Kunai … Nun, am Ende war auch sein Bruder nur ein Mensch und würde genauso bluten wie jeder andere auch. Dafür durfte sich der junge Uchihasprößling allerdings nicht zu irgendeiner Dummheit hinreißen lassen.

Zumal ihn seine Gruppe sicher versuchen würde aufzuhalten. Für sie war das ja nur irgendein Anbu.

Es verwunderte Sasuke schon ein wenig, dass keiner irgendeinen Verdacht zu schöpfen schien. Selbst Sensei Kakashi ließ sich zumindest nichts anmerken. Er beobachtete lediglich schmunzelnd das Funkeln in den Augen der anderen Genin. Wobei er auch ein wenig beleidigt zu sein schien. Immerhin war er auch bis vor Kurzem noch Anbu gewesen, aber ihm gegenüber verhielten sich die Kinder viel respektloser. Was er durchaus verdient hatte, wenn er nicht einmal einen Anbu von einem ihm sicher gut bekannten Nukenin unterscheiden konnte.

Zumindest zeigte er sich nicht im Mindesten beunruhigt, als der Fremde mit Step zu ihnen sprang und etwa eine Armlänge vor Chikako stoppte. Er hielt einen kleinen Zettel in Händen, den er mit den Worten „Grüße vom Sandaime Hokage“ der alten Kunoichi überreichte. Seine Stimme verursachte Sasuke Gänsehaut und zwar auf eine sehr, sehr unangenehme Art und Weise. Sie erinnerte ihn an seine letzte Begegnung mit Itachi. In der Nacht, als seine Eltern durch seine Hand starben. Der feige Mörder war jetzt so nah, Sasuke konnte fast nach ihm greifen. Ob er noch ein kleines Stück näher kommen würde? Oder sollte der junge Uchiha es einfach wagen? So eine Chance bot sich vielleicht nie wieder!

Entschloßen umfasste Sasuke den Griff eines Kunais. Er konnte, wollte und würde nicht länger warten. Den Namen seines Bruders schreiend stürmte er auf den Fremden zu. Weder Kakashi noch einer der anderen machte Anstalten, ihn aufzuhalten; selbst der vermeintliche Anbu wirkte zu perplex, um zu reagieren. Erst in letzter Sekunde wich der Unbekannte dem auf seine Kehle gezielten Stich nach hinten aus und versuchte, mit einem wohl platzierten Schlag gegen das Handgelenk des Genins, seinen Gegner zu entwaffnen. Doch Sasuke, der instinktiv sein Sharingan aktiviert hatte, sah den Konter natürlich kommen und zog den Arm zurück. Das Kekkei Genkai seines Clans erlaubte dessen Nutzern unter Anderem, Bewegungen nachzuvollziehen, die für normale Menschen viel zu schnell erfolgten.

Leider musste der Körper des Nutzers trotzdem in der Lage sein, mit der Geschwindigkeit des Angreifers mitzuhalten, um das Potential dieses mächtigen Dojutsu voll auszuschöpfen. Diese Lektion musste Sasuke nun auf die harte Tour lernen, als sein Gegner nach vorne schnellte, seine Hand mit dem Kunai doch noch zu packen bekam und seinen Größenunterschied für eine simple, aber wirksame Wurftechnik nutzte. Mit der rechten Schulter voran knallte Sasuke auf den Waldboden und verlor seine Waffe. Der Griff um seine Hand war hart wie Stahl, es gab für den Genin also keine Möglichkeit, zu entkommen. Erneut stellte sich das unwillkommene Gefühl der Angst in dem jungen Uchiha ein. Er hatte versagt, weil er sich nicht hatte beherrschen können. Diesmal würde Itachi ihn sicherlich nicht verschonen, ihn genauso töten wie seine restliche Familie. Aber Sasuke wäre kein Uchiha, wenn er seinem Tod nicht wenigstens in die Augen sehen würde, oh nein. Mit dem letzten Quäntchen seines erlöschenden Mutes hob er den Kopf.

Nur um in das Gesicht eines vollkommen Fremden zu blicken. Während des kleinen Kampfes war die Maske des Unbekannten verrutscht – vielleicht hatte er sie auch absichtlich fallen lassen – und offenbarte tiefblaue Augen, zwischen denen eine lange, hässliche Narbe vom Haaransatz gerade runter bis zur Nase verlief. Erst jetzt bemerkte Sasuke, dass die Haare seines Gegenübers gefärbt sein mussten, denn es wuchs bereits ein dunkelblonder Ansatz nach. Ein distanziertes Schmunzeln umspielte die Mundwinkel des Anbu, der wohl wirklich das war, was er zu sein schien.

„Da hast du mir ja einen echten Schrecken eingejagt, Bursche.“, stellte er fest und ließ die Hand des Genin wieder fahren. „I-ich, ähm, du, gar nicht, also, ich meine.“, gelang es Sasuke lediglich zu stottern, doch der Anbu hatte sich bereits wieder von ihm abgewandt und rückte seine Maske zurecht. „Ich empfehle mich.“, brummte der Shinobi mit einer angedeuteten Verbeugung in Chikakos Richtung und löste sich vor den verblüfften Augen der Genin in einen Schwarm Raben auf.

Währenddessen betrachteten die beiden Jonin der Gruppe misstrauisch die kleine Nachricht des Anbu. „´Hiruzen lebt.´ Klingt so, als wäre irgendwer der Meinung, dass dem nicht so wäre.“, murmelte Chikako und reichte das Stück Papier schnaubend an Kakashi weiter. Dieser untersuchte es mit seinem Sharingan, konnte allerdings keine möglicherweise geheime Botschaft entdecken. Es war einfach nur ein kleiner Zettel, nicht mehr, nicht weniger. „Nun“, erwiderte Kakashi schließlich und senkte bewusst die Stimme, damit die Genin, die gerade Sasuke auszufragen versuchten, warum er denn diesen „total voll coolen“ Anbu angegriffen hatte, seine Worte nicht doch aufschnappten,

„Ich frage mich eher, ob wir diesem Fremden überhaupt trauen können. Das war eindeutig kein Anbu.“ Wenn sein Sharingan nicht plötzlich den Dienst quittiert hatte, wusste Kakashi auch ganz genau, um wen es sich bei dem Unbekannten gehandelt hatte, doch er wollte diesbezüglich lieber kein Risiko eingehen. Chikako schien ihn gekannt zu haben und der Jonin würde sie danach noch ausgiebig befragen, doch nicht hier und jetzt. Später, unter vier Augen und ohne neugierige Genin, die noch zu jung für politische Ränkespiele waren.

„Sensei, was steht denn eigentlich auf dem Zettel?“, erklang plötzlich Kibas Stimme in seinem Nacken, doch bevor dieser einen Blick auf die Nachricht werfen konnte, verbrannte sie Kakashi schnell mit einem kleinen Katonjutsu. „Daß wir uns beeilen müssen.“, erwiderte der Jonin lediglich, befahl seinen Genin trotzdem, erst einmal ein Nachtlager aufzuschlagen. Ab dem morgigen tag würden sie einen Gewaltmarsch einlegen, bis sie Konoha erreicht hatten, doch dafür mussten die Kinder ausgeruht sein.

 

„Irgendwie hatte ich das Dorf kleiner in Erinnerung“, stellte Naruto fest, während er zusammen mit seiner Chimäre und der Mizukage dem schlammigen Hauptweg in Richtung des Dorfplatzes entlang ging. Ihre Gruppe hatte sich aufgeteilt, um getrennt nach Anwohnern – oder feindlichen Shinobi – zu suchen. Zabuza und Haku durchforsteten die Hafenanlagen einschließlich der kleinen Kneipe und dem Lagerhaus, während Kiri gemeinsam mit Ao die Wohnhäuser in den Seitengassen abklapperte. Ursprünglich hatte der ehemalige Oinin seine Vorgesetzte begleiten wollen, immerhin war er ihr Leibwächter, doch Mei war bezüglich der Aufteilung ihrer Gruppe sehr bestimmt aufgetreten.

Der eher einseitige Disput zwischen den Beiden ließ sich in etwa auf die folgenden Sätze reduzieren: „Kiri und Naruto durchsuchen die Häuser, während ich mit euch zum Dorfplatz gehe, Mizukage-sama.“, begann Ao. „Nein.“, erwiderte Mei lediglich bündig.„Aber-“ „Nein! Ich bleibe bei unserem süßen, kleinen Naruto.“ „Aber-“ In diesem Stil setzte sich das Gespräch fort, bis es der Dame schließlich zu viel wurde. „Ao~?“, fragte sie so bedrohlich, daß sich selbst Kiras Fell aufstellte. Darauf wagte ihr Leibwächter schließlich nichts mehr zu erwidern und ergab sich seinem Schicksal.

„Die letzten Male warst du auch erst spät abends hier, Naru.“, erwiderte Mei lächelnd und schob sich diesen eigenwilligen Pony aus dem Gesicht, der sie beim Kampf immer ein wenig ablenkte. Sie war aber auch nicht gewillt, ihn sich herauswachsen zu lassen, denn Kiri hatte letztens erst angemerkt, wie gut selbiger ihr stehen würde. Da war das Bedürfnis, zum Friseur zu gehen, naturgemäß eher gering. Außerdem war sie ja nicht umsonst ein Kage; selbst mit diesem minimalen Handicap würde sie schon mit allem fertig werden, was ihr oder ihrem neuen Ziehsohn an den Kragen wollte. Bei diesem Gedanken wirkte ihr Lächeln für einen kurzen Moment fast dümmlich. Kaum ein Jahr im Amt und schon hatte sie Ehemann und Kind! Gut, Kiri und sie hatten natürlich noch nicht geheiratet, aber wenn es nach ihr ginge, gab es da keine Debatte. Als ob Mei ihrem Liebsten da eine Wahl ließe.

„Erde an Tante Mei, Erde an Tante Mei!“, riss Naruto sie schließlich aus ihren Phantasien, „Hast du das gerade gehört? Von da vorne hab´ ich Stimmen gehört, echt jetzt!“ Und prompt stürmte der junge Chaot vor. „Naru, warte doch!“, rief die Mizukage ihm hinterher, aber vergeblich. Nervös auf der Unterlippe kauend machte sie sich prompt an die Verfolgung. Eigentlich liebte sie ja den Enthusiasmus des Blondschopfes – so wie eigentlich alles an ihm, er war halt ihr kleiner Naruto – doch für einen kurzen, wirklich ganz kurzen Moment spielte sie mit dem Gedanken, ihn bei Gelegenheit äußerst mütterlich zu erwürgen.

 

Zabuza und Haku standen derweil vor der kleinen Hafenkneipe. Lagerhaus und Werft waren verwaist gewesen, doch es sah so aus, als würden sie hier fündig werden. Die eigentlich recht stabil wirkende Eingangstür, die eher untypisch für diese Art von Wirtshaus war, hatte jemand oder etwas aus den Angeln gerissen und beiseite geworfen. Den beiden Shinobi fielen sofort die Kratzspuren an ihr sowie an den Wänden auf. „Kuchiyose vielleicht?“, mutmaßte Haku, während er versuchte, den penetranten Fischgestank zu ignorieren, der sich seit ihrem Besuch in der Lagerhalle in seinem Riechorganen festgesetzt hatte. „Für die olle Bruchbude? Unwahrscheinlich“, erwiderte Zabuza mürrisch und rollte seinen Bihänder ein wenig auf seiner Schulter hin und her, bis er ohne irgendwo anzustoßen das Wirtshaus betreten konnte. Er liebte ja sein Markenzeichen, aber in so seltenen Fällen wie diesem waren die knapp zwei Meter massiven Stahls ein wenig unpraktisch. „Jetzt komm. Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.“

Mit diesen Worten schritt er in den Schankraum hinein. Er brauchte einen kurzen Augenblick, um seine Augen an Halbdunkel um Inneren zu gewöhnen, denn jemand hatte die Fensterläden geschloßen. Vermutlich in dem Versuch, das Ding, dass die Eingangstür als Kratzbaum missbraucht hatte, auszusperren, was sich wohl als nicht sehr vielversprechend herausgestellt hatte. Wie ein Tsunami waren die Angreifer – auf den morschen Holzdielen waren mehrere Klauenspuren zu sehen – über diese Kneipe gekommen und hatten die gesamte Inneneinrichtung zu Kleinholz verarbeitet. Die Leiche eines jungen Mannes lehnte an den Überresten der zertrümmerten Theke. Etwas Scharfes hatte seine Kehle säuberlich durchtrennt. Der Tote hielt noch immer ein langes Brotmesser in Händen, an der eine zähe, lilane Flüssigkeit klebte.

Misstrauisch den Rest des Raumes im Auge behaltend ging Haku an seinem Meister vorbei und kniete sich zu dem Leichnam hinab. Er war zwar kein Forensiker, aber hatte schon genügend Tote gesehen, um sicher zu wissen, daß der Tod dieses Mannes noch nicht all zu lange her war. Als Nächstes begutachtete er neugierig die improvisierte Waffe. „Riecht wie … Fischtran“, stellte er überrascht fest, „Nur irgendwie unangenehmer. Ich wüsste ad hoc kein Jutsu, das mit so etwas arbeitet.“ Erst da fiel ihm auf, daß sich eine dünne Spur eben dieser merkwürdigen Substanz direkt zu der kleinen, ebenfalls zertrümmerten Hintertür zog, welche in die Küche der Taverne führen musste. Entschloßen zückte Haku ein Senbon und schlich zum Türrahmen. Er vernahm keine Geräusche aus dem Nachbarraum, aber das bedeutete wenig. Sollte sich ein Ninja darin befinden, würde der seine Anwesenheit sicher nicht so leicht preisgeben.

Also erschuf Haku einen Bunshin und schickte diesen durch die Tür. Die Vorsicht sollte sich als angebracht erweisen, denn kaum hatte sich der Doppelgänger aus der Sicherheit des Türrahmens herausgewagt, stürzte sich ein dunkler Schemen auf ihn. Dem Klon blieb keine Zeit zu reagieren, bevor ihn auch schon eine bedrohlich lange Klaue enthauptete. Aus der Dunstwolke des sich auflösenden Bunshin schälte sich eine gedrungene, annähernd menschliche Gestalt. Ein floßenartiger Kamm ragte über seinem Hinterkopf in die Luft wie eine Haarsichel. Stechend gelbe Augen funkelten die beiden Shinobi bedrohlich an. Mordlüstern grinste das Wesen und entblößte dabei eine lange Reihe spitzer Haifischzähne, während es ein unheimliches Zischen von sich gab.

Ohne zu zögern warf Haku sein Senbon nach dem Monster und versenkte die Wurfnadel in dessen Stirn. Lautlos kippte es um und löste sich binnen weniger Augenblicke in eine große Pfütze dieser widerwärtigen Flüssigkeit auf. „Was war das für ein Ding?“, entfuhr es Haku, seiner sonst so emotionslosen Fassade beraubt. „Keine Ahnung“, erwiderte sein Meister lediglich schulterzuckend, „Aber man kann es töten.“

 

Inzwischen war Naruto im Zentrum des Dorfes angekommen. Der kleine, leicht ovale Platz sah so aus, als hätte dort ein heftiger Kampf getobt. Überall lagen Kunais und Shuriken in Pfützen lila Schleims verteilt. Das Zeug stank schlimmer als alles, was der Chaot in seinem kurzen Leben bislang hatte riechen müssen. Doch der strenge Geruch trat sofort in den Hintergrund, als er in dem ganzen Durcheinander eine Leiche entdeckte. Der Tote war von zahlreichen Kratz- und Schürfwunden übersät; in einer letzten vergeblichen Bemühung hatte er mit der linken Hand versucht, das Loch in seinem Bauch vor seinem Ableben zu bedecken. Seine andere Hand umklammerte noch immer eine Harpune, an der mehr dieser ekel erregenden Substanz klebte. Panik machte sich in Naruto breit. Was, wenn alle anderen Dorfbewohner genauso tot waren wie dieser hier? Was, wenn es Kira-

Tränen rannen Narutos Kinn hinab und tropften auf die Schleim bedeckte Erde. Sanft legte sich eine Hand auf seine Schulter. „Sie lebt noch, ganz bestimmt“, sprach Mei so überzeugt wie möglich. „Sicher?“ Schniefend starrte er weiterhin auf die Leiche vor ihm. „Ganz sicher. Guck doch mal genau hin, Naru, jemand hat dem armen Mann die Augen geschloßen.“, erwiderte die Mizukage und deutete auf das Gesicht des Leichnams. Naruto brauchte einen Moment, um diese Information zu verarbeiten, dann hellte sich seine Miene schlagartig auf. Prompt wandte er den Blick vom Toten ab und strahlte seine neue Ziehmutter an.

„Dann werd´ ich jetzt mal Kira suchen, echt jetzt!“, beschloß er, sprang auf das kleine, schiefe Dach des Brunnens und rief laut den Namen seiner Freundin. „Naru, das ist eine ganz dämliche Idee!“, wollte Mei ihn schelten, doch bevor sie sich Gehör bei dem Blondschopf verschaffen konnte, hörten sie beide plötzlich lautes Rumpeln aus dem an den Platz angrenzenden Gemeindehaus. „Kira?“, gab Naruto aufgeregt von sich und wollte schon auf das Gebäude zustürmen, da packte ihn die Mizukage gerade noch rechtzeitig am Kragen. „Ein Ninja stürzt sich nicht Hals über Kopf ins Unbekannte.“ „Aber-“, wollte der Chaot protestieren, doch Meis Blick erstickte jedweden weiteren Protest.

Nachdem sie sich sicher war, Naruto vorerst unter Kontrolle zu haben, peilte sie die Stelle der Häuserwand an, aus deren Richtung sie die Geräusche vernommen hatte und sammelte ein wenig Chakra in ihrem Mund. Sie wollte es nicht übertreiben, denn ihr Kekkei Genkai konnte eine verheerende Wirkung erzielen. In einer einzigen, fließenden Bewegung schloß sie die nötigen Fingerzeichen ab und spuckte ein kleines Yoton-Jutsu aus. Der etwa faustgroße Klumpen Lava schmolz sich innerhalb weniger Herzschläge durch die Wand des Gemeindehauses und verhärtete dann, bevor er noch etwas in Brand stecken konnte. „Wow, kannst du mir das beibringen, Tante Mei?“, fragte Naruto mit leuchtenden Augen. „Vielleicht. Wenn du Chunin bist“, entgegnete Mei abwesend, während sie konzentriert den Stimmen lauschte, die von innerhalb des Gebäudes ertönten. Nach einigen Sekunden nickte sie zufrieden.

„So, Naru“, stellte sie fest, „Jetzt darfst du zur Tür rennen. Deine Freundin ist da drin. Aber pass bloß auf, daß-“ Eigentlich wollte sie ihren Ziehsohn noch ermahnen, sich nicht von den zu Tode erschrockenen Fischern abstechen zu lassen, wenn er die Eingangstür öffnete, doch da war er auch schon weg. Tatsächlich öffnete sich diese genau in dem Moment, als der Blondschopf nach der Klinke greifen wollte, und eine lange Mähne roten Haares nahm plötzlich sein Sichtfeld ein. „Oh Naruto.“, schluchzte das Mädchen, das ihm da stürmisch in die Arme gerannt war.

Er war zutiefst verwirrt. Wer war das? Naruto konnte nicht leugnen, diese Stimme irgendwoher zu kennen und ganz unangenehm war diese Umarmung auch nicht, aber er konnte sich beim besten Willen an kein rothaariges Mädchen erinnern. Während er weiter überlegte, streichelte er sichtlich verlegen ihren Rücken, bis sich die ihm merkwürdig bekannt Vorkommende schließlich beruhigt hatte. Errötend ließ sie Naruto los und ging einen kleinen Schritt weit auf Abstand. Schüchtern hob sie den Blick. „Aber bild´ dir ja nichts drauf ein“, brummte sie, doch ihr strahlendes Lächeln strafte ihre Worte Lügen. „Kira!“, begriff Naruto da endlich und erwiderte das Grinsen, „Seit wann hast du denn so lange, rote Haare? Die sind voll hübsch, echt jetzt!“ „Ähm, das ist, naja...“

„Bei unserem letzten Besuch hat sie ihre Haare mit einem einfachen Henge getarnt“, unterbrach Aos Stimme dozierend Kiras gestotterten Erklärungsversuche, „Deine kleine Freundin scheint eine recht gute Chakrakontrolle für ihr Alter zu haben. Trotzdem ein Wunder, dass du es nicht selbst bemerkt hast, junger Mann.“ Der Leibwächter der Mizukage war gerade auf dem Dorfplatz angekommen und noch ein wenig außer Atem. Seine Kleidung wirkte reichlich mitgenommen. Eine Schnittwunde an der Wange blutete noch immer ein wenig vor sich hin. Außerdem waren Spritzer dieser stinkenden lila Flüssigkeit auf seiner Hose verteilt. Kiri, der nur wenige Sekunden später hinter ihm auftauchte, sah nicht viel besser aus. Frische Narben zierten seine linke Hand, doch die eigentliche Verletzung hatte der Iryonin bereits auf dem Weg geheilt.

Die beiden Shinobi hatten gerade eine der vielen Hütten durchsucht, als Narutos Ruf durch das Dorf hallte. Auch dort war die klägliche Einrichtung zu Kleinholz verarbeitet worden und teils mit diesem ekligen lila Schleim überzogen. Ao war schon vorher sichtlich unzufrieden damit gewesen, Kiri statt der Mizukage begleiten, doch seit sie auf die erste Leiche gestoßen waren, erstarkte sein Bedürfnis, an die Seite seines Dorfoberhauptes zu eilen, immer mehr.

Gleichzeitig wusste er natürlich, daß er bei dem Iryonin bleiben musste. Zum Einen musste dieser in einem möglichen Ernstfall noch am Leben sein, um das der Mizukage zu retten, zum Anderen sah es im Moment ganz so aus, als würde Terumi-sama in ihm einen geeigneten Heiratskandidaten sehen. Nicht daß Ao dem zustimmen würde – Kiri war bei allem nötigen Respekt viel zu durchschnittlich, um mit einer Kage mithalten zu können – doch manchmal nahm die Liebe gar seltsame Formen an. Der ehemalige Oinin musste sich also mit der Tatsache abfinden, daß er vorerst auch Kiri beschützen musste. Und wehe, der Bursche brach Mei das Herz. Aber so blöd würde er nicht sein. Die Konsequenzen konnte er sich sicherlich gut genug selbst ausmalen.

Da war Ao das Geschrei des Blondschopfes selbstredend nicht ganz unrecht gewesen. Sofort verließen die beiden Shinobi das kleine Haus. Kaum setzten sie jedoch einen Fuß auf die schlammige Seitengasse vor der Hütte, da erweckte eine jähe Bewegung in Kiris Augenwinkel dessen Aufmerksamkeit. Reflexartig hob er den Arm zur Parade, als sich ein Schatten über ihn legte. Etwas Schweres landete auf ihm und warf ihn um. Krallen schlugen in seinen Arm; stechend gelbe Augen mit geschlitzter Pupille starrten in seine und schienen wohl zu überlegen, ob sich der junge Mann als Mahlzeit eignen würde. Die Antwort fiel anscheinend positiv aus, denn das Wesen bleckte zischend die beängstigend spitzen Zähne. Bevor es jedoch ein Stück von Kiri abbeißen konnte, schleuderte Ao das Monster mit einem herzhaften Tritt in die Seite gegen die nächste Häuserwand.

Das Zischen des Ungetüms nahm einen klagenden Tonfall an. Bevor es sich noch würde erholen können, zückte Ao lieber ein Kunai und setzte ihm nach. Das Wesen war gerade dabei, sich aufzurappeln, als der Shinobi ihm die Waffe in die Kehle rammte. Es war nicht ganz ersichtlich, ob es das schon vorab geplant hatte oder aus Reflex handelte, doch während das Wesen bereits begann, sich in lila Grütze zu verwandeln, öffnete es das Maul unglaublich weit und spuckte einen Zahn auf seinen Mörder. Das kleine Geschoß besaß überraschend viel Schwung; der Shinobi konnte nicht verhindern, daß es seine Wange streifte. Die Wunde begann prompt zu bluten, obwohl sie eigentlich harmlos wirkte, doch Ao hatte keinen weiteren Gedanken darauf verschwendet. Ihm war es eindeutig wichtiger gewesen, zur Mizukage zu gelangen, also hatte er Kiris Angebot einer Heilung abgelehnt und sich beeilt, den Dorfplatz zu erreichen.

Dort stand er nun und stellte erleichtert fest, daß es seiner Schutzbefohlenen gut ging. „Terumi-sama, wir-“, wollte er sich gerade an sie wenden und ihr von der unheimlichen Kreatur berichten, auf die sie gestoßen waren, als ihm plötzlich schwarz vor Augen wurde. Sein Körper verweigerte den Dienst, die Beine gaben unter ihm nach und hätte Kiri ihn nicht aufgefangen, der Leibwächter wäre einfach umgefallen wie ein Sack Reis. Seine Wange pochte dumpf. Seine Zunge fühlte sich an wie aus Watte, während er versuchte, weitere Worte zu formulieren. Zu seiner Frustration musste er feststellen, daß er nur noch ein Lallen von sich geben konnte.

„Mist“, erklang Kiras erschrockener Ausruf, „Die Fischmenschen haben ihn vergiftet.“ Es folgte ein kurzes Gespräch, doch Ao bekam nicht mehr ganz mit, was besprochen wurde. Er schaffte es lediglich aufzuschnappen, daß „Kira“ gar nicht der richtige Name des kleinen Rotschopfes war. „Hab ich´s doch gewusst...“, wollte er murmeln, was aber niemand so richtig mitbekam. Selige Ohnmacht umfing Ao, während man ihn in das Gemeindehaus trug. Sein letzter Gedanke galt einer gewissen Chimärenzunge, die ihm besorgt über die Wange schleckte.

 

Zufrieden räkelte sich Inari auf dem steinernen Thron, der die große, unterirdische Kammer dominierte, in der sich die Kami befand. Sie hatte wieder ihre weibliche Gestalt angenommen, wie sie es meistens tat, wenn sie mit Sterblichen sprach. „Schön hast du es dir hier aber nicht gerade eingerichtet, Orochimaru“, stellte sie gerade fest, während sie den Blick über die spartanische Inneneinrichtung schweifen ließ, „Für meinen Geschmack viel zu leblos. Aber es ist ja deine Höhle, nicht meine, also will ich mal nicht so sein.“ „Natürlich, Inari-sama.“, erwiderte der amüsiert wirkende Mensch, der vor ihr kniete. Er war nicht sonderlich groß, aber schlank, fast dürr. Sein glattes, rabenschwarzes Haar reichte ihm weit den Rücken hinab und umrahmte sein bleiches Gesicht. Lila Make-Up umringte seine bernsteinfarbenen Augen; außer einem Paar blauer Ohrringe trug er lediglich einen weißen Kimono und schwarze Hosen, die mit einem dicken lila Seil am Rücken zusammengeknotet waren.

„Ich habe ehrlich gesagt nicht mehr mit eurem Kommen gerechnet“, fügte Orochimaru schließlich hintan und hob den Blick, um der Göttin in die Augen zu sehen, „Nach menschlichen Maßstäben ist unser letztes Treffen Ewigkeiten her.“ Gelangweilt winkte Inari ab. „Angesichts deiner ganzen … bizarren Experimente habe ich mir wahrhaftig keine Sorgen machen müssen, du würdest alsbald das Zeitliche segnen. Experimente wohlgemerkt, die ich nicht begrüße“, betonte die Kami mahnend. Nun war es an Orochimaru, ablehnend zu reagieren, doch er unterdrückte den Impuls meisterhaft. Wenn die Göttin Wort hielt, würde er seine Forschungen nicht länger benötigen. Ja, wenn alles nach Plan verlief, konnte er sogar in naher Zukunft dieses elendige Versteckspiel aufgeben! Natürlich nur, wenn Inari-sama ihm kein leeres Versprechen gegeben hatte.

Wird da etwa jemand ungeduldig?“, erriet Inari amüsiert die Gedanken ihres Gegenübers. Kurz überlegte Orochimaru, das höflich zu verneinen, entschied sich aber schließlich für die Wahrheit und bejahte. Er konnte die Kami noch nicht richtig einschätzen, aber er war sich sicher, daß Ehrlichkeit bei ihr hoch im Kurs stand. Sie besaß etwas, was er begehrte und ihr nicht einfach rauben konnte, also war er gezwungen, sich ihr gegenüber unterwürfig zu zeigen. Eine ungewohnte Situation für einen der drei berühmten Sannin, der ein ganzes Heer von Dienern um sich geschart hatte und gerade dabei war, im Land der Reisfelder ein eigenes verstecktes Dorf zu gründen. Deshalb hatte er auch alle, selbst seinen treuesten Untergebenen Kabuto, aus seinem kleinen Thronsaal verbannt, bevor er sich mit der Kami getroffen hatte. Nachher interpretierte jemand sein diplomatisches Kalkül noch als ein Zeichen von Schwäche.

Wie steht es denn mit deinem Versprechen, Ningen?“, wechselte Inari plötzlich das Thema, während sie Interesse an ihren Fingernägeln vorgaukelte. „Es geschieht alles so, wie ich es euch geschworen habe, Inari-sama“, erwiderte Orochimaru, „Ich habe einige meiner fähigsten Untergebenen entsandt, um über euer Sorgenkind zu wachen. Einschließlich der jungen Kunoichi, von der ihr mir damals prophezeit hattet.“ „Sehr schön, die wird Klein-Naru sicher gut gefallen“, befand Inari lächelnd, „Dann hast du dir jetzt deine Belohnung verdient, Ningen. Und denk dran, keine Experimente mehr, sonst bist du mein Geschenk ganz schnell wieder los. Niemand betrügt Inari o Kami und kommt ungeschoren davon.“ Beiläufig schnippte sie mit den Fingern und vor Orochimarus Füßen materialisierte sich eine kleine Schriftrolle. Mit vor Aufregung zitternden Händen nahm der Sannin diese an sich. „Ihr habt mein Wort, Inari-sama“, sprach er vollkommen aufrichtig, entrollte das Pergament, biss sich den Daumen auf und schrieb seinen Namen mit seinem Blut auf selbige.

 

Kapitel 22

Kapitel 22

 

Erschöpft wischte sich Naruto mit seinem T-Shirt den Schweiß von der Stirn und starrte einige Augenblicke in den Himmel. Inzwischen war es später Nachmittag. Sie hatten sich, nachdem sie Ao in einem der Gästezimmer einquartiert hatten, mit Kenta über ihre weitere Vorgehensweise beraten und sich darauf geeinigt, erst einmal die Verstorbenen zu begraben und dann gemeinsam in See zu stechen, bevor die Nacht hereinbrach. Zum Glück besaß Kentas Frau Hisa eine Erdaffinität, was ihnen das Buddeln ersparte. Trotzdem mussten die Leichen noch in das ausgehobene Massengrab getragen werden, womit sie die letzten ein oder zwei Stunden beschäftigt gewesen waren.

Seufzend lockerte Naruto die Schultern und wandte sich der nächsten und, hoffentlich, letzten Leiche zu, ein Kind von vielleicht drei oder vier Jahren. Es musste aus einem der Häuser nahe des Platzes gerannt sein, doch einer der Fischmenschen hatte es gepackt und seinen Hinterkopf geknackt wie eine überreife Melone. Übelkeit rang mit Wut im Bauch des jungen Chaoten. Was immer diese Viecher waren, die sollten ihm oder Kira oder irgendeinem anderen seiner neuen Freunde bloß nicht zu nahe kommen, sonst gab´s Sushi, aber echt jetzt! Wobei Kira natürlich gar nicht wirklich Kira hieß, sondern … ja, wie hieß sie denn noch gleich?

Peinlich berührt versuchte Naruto, sich an den eigentlichen Namen seiner Freundin zu erinnern. Kenta hatte ihn mehrmals genannt, nachdem er gestanden hatte, daß er und seine Familie Flüchtlinge aus Otogakure waren, die mit den dortigen Verhältnissen unzufrieden waren. Über den ganzen politischen Kram, der darauf folgte und für ihn total uninteressant klang, hatte der Blondschopf jedoch wieder Kiras Namen vergessen. War es Taiyaki? Tanuki? Irgendetwas mit T, da war der Junge sich sicher. Zumindest lenkte ihn die Grübelei von dem Leichnahm ab, den er in der Zwischenzeit hochgehoben hatte. Wobei der Gestank nur schwer zu ignorieren war. Es war nicht einmal der Tote selbst, der so furchtbar stank, sondern mehr dieser lila Schleim, der ihn bedeckte. Er würde in nächster Zeit bestimmt keinen Fisch essen können.

„Achja, Tayuya war´s, echt jetzt!“, erinnerte Naruto sich schließlich, als er die Leiche des Kindes zum Massengrab gebracht hatte. „Was war ich, Naru?“ Dem Blondschopf war gar nicht aufgefallen, daß seine Freundin nur wenige Schritte neben ihm stand und sich die mit Fischmenschenseim beschmierten Hände an ihrer Hose abwischte. „Ich meine, ehm, also, ich hab´ ganz sicher nicht vergessen, wie du- ehm, g-gar nichts Tayuya, echt jetzt“, versuchte sich Naruto verzweifelt herauszureden, da ihm das Ganze ziemlich peinlich war, und merkte dabei erst zu spät, daß er sich verplappert hatte. „Du hast was vergessen?“ Eine kleine Wutader zeichnete sich auf der Stirn des Mädchens ab. „Öhm, nichts, wirklich.“ Statt etwas zu erwidern, funkelte Tayuya ihn lediglich wütend an. Es war das gleiche Funkeln, das auch Tante Mei ab und an aufsetzte, wenn sie sehr, sehr sauer war. Naruto schluckte und friemelte nervös an seinen Fingernägeln herum, unter die etwas von dem lila Schleim gesickert war.

„Also?“, hakte Tayuya nach. Sie stand inzwischen direkt vor Naruto, der zwar eigentlich größer war als sie, sich aber im Moment viel kleiner vorkam. Das lag bestimmt am Altersunterschied. „Ich, ehm, hab´ nur darüber nachgedacht, wie ...“, Naruto hielt einen Moment inne, um sich diesmal eine vernünftige Ausrede auszudenken, „Genau, wie hübsch ich deine neue Haarfarbe finde, echt jetzt!“ Damit schien Tayuya nicht gerechnet zu haben, denn statt ihn weiter in Grund und Boden zu starren, wurde sie plötzlich puterrot im Gesicht. „F-findest du wirk- Ich meine, das lass ich dir durchgehen. Diesmal zumindest“, grummelte sie verlegen. Erleichtert atmete Naruto aus. Er verstand das mit den Frauen zwar immer noch nicht so wirklich, aber Ao schien wohl recht gehabt zu haben: Komplimente konnten Leben retten. „Dann ist ja gut. Ich versprech´ auch, deinen Namen niiie wieder zu vergessen, echt jetzt!“

„Wenn es den Jungspunden dann wohl genehm wäre, die Totenruhe nicht weiter mit ihrem albernen Gezank zu stören?“, wurden sie gerade rechtzeitig unterbrochen, bevor Tayuya den jungen Chaoten doch noch ordnungsgemäß würgen konnte. Der Sprecher, ein Mann mittleren Alters und einer irritierend gestelzten Ausdrucksweise, gehörte zu den wenigen überlebenden Dorfbewohnern und wenn man ihn sich genauer besah, war das nicht weiter verwunderlich. Tetsuo, so hatte Kenta ihn vorgestellt, trug ein langes Katana an der Hüfte und seinem Gang nach zu urteilen wusste er auch damit umzugehen. Ihm fehlte ein Auge, das er wohl schon vor Jahren verloren haben musste, was ihm ein noch bedrohlicheres Auftreten verlieh. Er hatte nicht viel über sich erzählt, vor allem weil er im Moment gedanklich eher bei seine Tochter Aika war, die von einem der Fischmenschen verletzt worden war. Sie war die einzige Verwundete neben Ao, die noch nicht am Gift gestorben war, und wurde nun ebenfalls von Kiri behandelt. Leider nur mit mäßigem Erfolg, weshalb sich Tetsuo, der eigentlich lieber bei seiner Tochter geblieben wäre, schließlich dazu entschieden hatte, dem Rest unten auf dem Dorfplatz auszuhelfen. „Um dem Medi-Nin in seinem Schaffen nicht im Wege zu stehen.“, wie er es formuliert hatte.

Besonders Naruto schien er wenig gewogen zu sein und der Blondschopf verstand auch irgendwie, warum. Er hatte, nachdem die ersten Versuche Kiris, das Gift zu neutralisieren gescheitert waren, seinen Dschinn gefragt, ob der etwas wüsste. Lohe hatte jedoch verneinen müssen, meinte aber, er würde mal versuchen, das Kyubi wachzurütteln. Natürlich hatte Naruto, geistesungegenwärtig wie er nun einmal war, seinen Teil des Gespräches laut geführt. Für Tetsuo hatte es sicher so klingen müssen, als wüsste der Blondschopf irgendetwas, würde aber nichts tun wollen. Naruto hatte zwar versucht, sich zu erklären, aber den Samurai – Tante Mei hatte ihn als solchen bezeichnet, auch wenn Naruto nicht wusste, was das jetzt wieder bedeutete – schien die Wahrheit eher weniger überzeugt zu haben.

Zugegeben, Stimmen im Kopf waren nicht gerade glaubwürdig, aber zumindest der angehende Genin fand, daß es merkwürdigere Dinge auf der Welt gab, echt jetzt! Außerdem hatte Tante Mei seine Aussagen bestätigt und die war immerhin Kage! Doch auch das hatte Tetsuo nicht wirklich zufrieden gestellt. Überhaupt hatte Naruto das Gefühl, daß der Schwertkämpfer nicht viel von seiner Adoptivmutter hielt. Tayuya hatte irgendetwas von einem antiquierten Weltbild gemurmelt, es Naruto aber nicht weiter erklären wollen.

„Das dürften die Letzten gewesen sein“, wurden sie schließlich erneut unterbrochen, diesmal von Zabuza. Der ehemalige Nukenin hatte sich gleich zwei Leichen über je eine Schulter gewuchtet und warf sie eine nach der anderen in das große Loch. „Wie respektlos“, kommentierte Tetsuo diese Vorgehensweise mit hochgezogener Augenbraue, doch Zabuza ließ sich davon nicht provozieren und stapfte schweigend in Richtung Gemeindehaus, um Hisa Bescheid zu geben. Wenn Naruto so recht überlegte, ähnelten sich die beiden Schwertkämpfer. Beide hatten diese bedrohliche Aura, die Andere auf Abstand halten sollte. Nicht daß sich der Blondschopf von so etwas abschrecken ließe; das war eine viel unpersönlichere Art von Ablehnung als die, die er noch aus Konoha gewohnt war, also im Grunde harmlos.

Erschöpft ließ sich Naruto neben das Loch auf den Boden plumpsen. Ihm war jetzt eigentlich nach einem Bad, aber da würde die nächsten Stunden eh nichts draus werden, also konnte er sich genauso gut ausruhen. Tayuya war dem ehemaligen Nukenin auf der Suche nach einigen Handtüchern, Waschlappen oder irgendetwas Anderem, mit dem sie sich den Schleim zumindest oberflächlich abschrubben konnten, gefolgt und mit Tetsuo wollte er sich auch nicht unterhalten. Lohe hatte sich ebenso nicht wieder gemeldet, was den Blondschopf ein wenig verunsicherte. Immerhin war er doch in seinem Kopf, da sollte das doch schnell gehen. Oder? Kurzerhand entschied sich Naruto, nach dem Dschinn zu suchen. Er würde ihn sicher finden, wenn er einfach die Augen schloß und sich ganz fest vorstellte, wieder in dieser schwarzen Leere zu schweben, von wo aus er dem Kyubi das letzte Mal zugesehen hatte.

Einige Minuten später öffnete Naruto frustriert seine Augen. So richtig wollte das einfach nicht funktionieren. Dabei war das doch sein eigener Kopf, da sollte er doch wohl reingucken können, wenn er das wollte, echt jetzt! Bevor er es jedoch nochmal versuchen konnte, ließ ihn ein jähes Kratzgeräusch auf die Beine springen. „Was war das?“, fragten Naruto und Tetsuo, der, seine Hand bereits am Griff des Katanas, ebenfalls etwas gehört zu haben schien, gleichzeitig. Sie beobachteten misstrauisch die umliegenden Häuserdächer, konnten aber keine Bewegungen ausmachen.

Es dauerte einige Minuten, in denen Naruto sich beinahe wieder entspannt hatte, da erklang das Schaben erneut. Der Genin konnte nicht genau sagen, woher es stammte; das ganze Dorf lag in gespenstischer Stille und Geräusche hallten nur diffus über den verlassenen Platz. Trotzdem könnte er schwören, daß, was auch immer sich da bewegt hatte, schon ganz nah war. Tetsuo schien da ähnlicher Meinung zu sein, wie das leise Zischen eines Schwertes verriet, das aus seiner Scheide glitt.

„Du solltest in´s Gemeindehaus gehen, Junge.“ Es war keine Frage, die in Tetsuos eiserner Stimme mitschwang, sondern ein Befehl. Naruto reagierte, wie er es immer tat, wenn Erwachsene, die er nicht kannte oder mochte, ihn zu Dingen aufforderten, die er nicht wollte: mit unumstößlicher Dickköpfigkeit. „Ein Shinobi Kirigakures rennt vor keinem Kampf weg“, erwiderte der angehende Genin stur und vielleicht eine Spur zu pathetisch, um authentisch zu klingen, „Und nur weil ich noch kein richtiger Ninja bin, heißt das nicht, daß ich mich nicht wie einer verhalten sollte, echt jetzt!“ Aus kalten, grauen Augen musterte ihn der Samurai. Nervös hielt Naruto den Atem an und erwiderte den Blick mit so viel Trotz, wie er nur aufbringen konnte. Was eine ganze Menge war, immerhin ist hier von Naruto die Rede.

Erneutes Kratzen, gefolgt von einem leisen Pfeifton, erklang. Ssssssh hallte es im Wind, wie ein Teekessel, nur irgendwie gluckernder. Eine jähe Übelkeit überkam Naruto. Ob das die Aufregung vor dem bevorstehenden Kampf war? Er kannte diese Fischmenschen bislang nur aus den knappen Schilderungen Kentas und Tayuyas; selber einen gesehen hatte er noch nicht. Außerdem war das ja sein erster echter Kampf; sein zweiter, wie er sich verbessern musste, als er an die Auseinandersetzung mit Mizuki dachte. Den Rest hatten all diese … Wesen in seinem Kopf übernommen: Kurama und dieses andere Ding, das, nachdem es die Banditen abgeschlachtet hatte, nicht noch einmal aufgetaucht war.

Woran es auch immer liegen mochte, sein Magen begehrte plötzlich auf, ballte sich zusammen und krampfte. Einen Moment glaubte Naruto, seine Inneres würde zerquetscht werden wie von einer riesigen, unnachgiebigen Hand; trotzdem hielt er Blickkontakt mit seinem Gegenüber, wollte nicht nachgeben. Wenn er jetzt einknickte, da war der Genin sich ganz sicher, würde Tetsuo ihn nie ernst nehmen. Und wenn Naruto eines auf den Tod nicht leiden konnte, dann nicht ernst genommen zu werden.

Ssssssh, ertönte es diesmal aus Richtung Grube. Tetsuo drehte sich, das Katana in Ausgangshaltung, um und unterbrach so den Blickkontakt. „Wie du meinst“, sprach er lediglich zu Naruto und näherte sich vorsichtigen Schrittes der Grube, „Dann lass zumindest mich die Metzgerarbeit erledigen. Du deckst meinen Rücken, kleiner ´Shinobi´“ Es klang schon ein wenig spöttisch, doch Naruto war viel zu aufgeregt, um etwas Freches zu erwidern. Auch seine Übelkeit war wie verschwunden; zumindest reichte Narutos Aufmerksamkeit einfach nicht aus, um sie neben dem heftigen Pochen seines Herzens, das ihm in den Ohren dröhnte, und dieser unangenehmen Gänsehaut, die das Pfeifen ausgelöst hatte, noch zur Kenntnis zu nehmen.

"Feuer an Naru, bitte kommen, Feuer an Naru!", erklang Lohes Stimme plötzlich. Vor Überraschung hätte Naruto fast das Kunai fallen lassen, das er gerade hatte zücken wollen. Einen bangen Augenblick tanzte es über seine bebenden Finger, bevor der Blondschopf dann doch noch gegriffen bekam. „Jetzt nicht, Lohe“, antwortete Naruto flüsternd, während er dem Samurai folgte, der schon fast am Rand des Massengrabes stand, „Außerdem heißt es Erde, nicht Feuer.“ Wie um seine Worte zu bestätigen, kam wieder ein Sssssh aus dem Loch, diesmal lauter, als wäre da mehr als ein Teekessel, zusammen mit weiterem Schaben. "Aber es ist wichtig!" Lohe wirkte irgendwie aufgeregt, fast panisch. Doch das war Tetsuo auch, denn dem sonst so wortgewandten Schwertkämpfer entschlüpfte ein heiserer Fluch, als er über den Grubenrand lugte. Er war kreidebleich, als hätte er einen Geist oder schlimmeres gesehen, und stolperte ein, zwei Schritte rückwärts.

Lohe, der seinen Wirt bereits einige Tage kannte, erahnte natürlich sofort, was Naruto nun tun würde. Doch ein eiliges "Nein, Naru, nicht!" konnte den Chaoten nicht aufhalten. Statt auf den Dschinn zu hören – oder auch nur darüber nachzudenken – stellte er sich ebenfalls direkt an das Massengrab, blickte hinunter – und kippte vor Schock beinah vornüber. Die blauen, vor Unverständnis und nackter Angst aufgerissenen Seelenspiegel des Genin wurden aus mehreren, milchig weißen Augen erwidert, die langsam im Begriff waren, sich stechend gelb zu färben. Eine stinkende, von vereinzelten Schuppen bedeckte Kinderhand griff nach Narutos Bein. Sssssh pfiff es aus dem leicht geöffneten Mund des Jungen, dessen Leiche Naruto zuvor noch in das Grab geworfen hatte und der wohl doch nicht so tot war, wie es den Anschein gehabt hatte.

Zu allem Übel war auch noch die Übelkeit zurückgekehrt, nur stärker diesmal. Das Letzte, das Naruto wahrnahm, bevor er zwischen Angst und Brechreiz hin und hergerissen das Bewusstsein verlor, war ein schmerzhaftes Gefühl des Zerrissenwerdens in seinem Inneren, als würde sich etwas gewaltsam in ihm Bahn brechen und seine Knochen auseinander schieben, um in dem kleinen Körper des Genin genügend Platz zu haben. Ein Paar riesiger Augen, die Pupillen golden und gespalten wie die einer Katze, beobachteten Naruto, während er in Ohnmacht fiel. Oder wie die eines Fuchses.

 

Seufzend verließ Kakashi das Büro des neuen Hokage. Es war eine lange, anstrengende Sitzung gewesen, auch wenn er nur seinen Missionsbericht hatte abgeben wollen. Danzo hatte ihm allerhand Fragen bezüglich der Kirinin gestellt, auf die sie gestoßen waren. Besonders an Naruto hatte er, vermutlich verständlicherweise, Interesse gezeigt und war besonders wütend darüber gewesen zu erfahren, daß Kakashi gar nicht erst versucht hatte, den Jinchuriki zurück nach Konoha zu bringen. Es war sogar das Wort Insubordination gefallen, doch der Kopierninja hatte sich nicht provozieren lassen und in einem ruhigen und sachlichem Tonfall seine recht mageren Chancen in einem möglichen Kampf gegen eine Kage und mehrere Jonin dargelegt – auch wenn er da in Bezug auf Haku und Kiri vielleicht ein wenig übertrieben hatte.

Also hatte Danzo ihn schließlich wieder gehen lassen, wenn auch widerwillig. Nun stand Kakashi etwas verloren auf dem großen Dorfplatz vor dem Hokagegebäude und starrte in den wolkenlosen Himmel. Es war bereits früher Abend, die Sonne war vor einigen Minuten untergegangen und ihr Licht von schummrig leuchtenden Straßenlaternen ersetzt worden. Eine kühle Brise wehte dem Jonin entgegen und entlockte ihm einen Seufzer der Erleichterung. „Endlich raus“, murmelte er bei sich und schlenderte zwischen den bereits vor Stunden geschloßenen Marktständen hindurch. Dabei fiel ihm auf, daß einige Stände fehlten. Da war der Delikatessenwagen aus Iwagakure, der trotz der seit dem letzten Krieg noch immer angespannten Beziehungen zwischen Iwa und Konoha jedes Jahr die weite und beschwerliche Reise bis ins Reich des Feuers gemacht hatte, der Sakestand aus einem kleinem Dorf an der Grenze zum Reich der Blitze, das, wie so viel andere Orte in dieser Gegend, für seine ausgezeichneten Onsen bekannt war, und ein Fischhändler aus dem Reich der Wellen. Bei Letzterem war allerdings anzunehmen, daß er einfach bankrott gegangen war – ein Großteil seiner Kunden hatte sich nach seinem letzten Besuch eine Lebensmittelvergiftung zugezogen. Frischer Fisch, direkt aus Kirigakure, wer´s glaubt...

Plötzlich flatterte ein großes Insekt gegen Kakashis Stirn. „Huch“, entschlüpfte es ihm überrascht. Der Jonin war so in seine Überlegungen vertieft gewesen, daß er den Schmetterling, der ihn auch nach der Kollision weiter umschwirrte, gar nicht bemerkt hatte. Er wollte schon weitergehen, was kümmerte ihn schon so ein dämliches Insekt, da hielt er jäh inne. Irgendetwas störte Kakashi. Vielleicht war es der Fakt, daß Nachtfalter eindeutig kompakter gebaut waren denn dieses Exemplar. Möglicherweise war es auch das merkwürdige Knistern, daß bei jedem winzigen Flügelschlag entstand.

Doch der Falter war zu schnell, um ihn in dem leblosen, elektronischen Licht der Laternen eingehend zu betrachten. Also wartete Kakashi einen günstigen Moment ab und fischte den Schmetterling aus der Luft. Fasziniert betrachtete er seinen Fang. Tatsächlich hatte das „Insekt“, wenn man es denn so nennen wollte, gar keinen richtigen Körper, denn es bestand aus Papier. Kleine Buchstaben waren auf den Falter gekritzelt worden, doch solang sich dieser wand und zappelte würde Kakashi sie nicht richtig lesen können. Kurz überlegte Kakashi, ob es sich um eine Falle handeln könnte, tat den Gedanken für den Augenblick jedoch ab. Selbst Danzo würde es nicht wagen, einen Jonin auf offener Straße anzugreifen. Vielleicht war es ja eine Botschaft von einem der Ratsmitglieder? Der Kopierninja genoß es nicht unbedingt, aber zumindest bei den Klanoberhäuptern stand er recht hoch im Ansehen. Hoch genug jedenfalls, um ihm besonders anstrengende Missionen in seiner Zeit als Anbu aufzuhalsen. Obwohl er zumindest mit dem Oberhaupt des Hyugaclans im Klinsch lag, seit sich ein gewisser Ninken tierisch daneben benommen hatte.

Eine Bewegung am Rande seiner Wahrnehmung ließ Kakashi innehalten. Sofort stopfte er den protestierend flatternden Papierfalter in eine der Seitentaschen seiner Joninweste. Vielleicht war es keine gute Idee, sich dieser mysteriösen Botschaft in der Öffentlichkeit zu widmen. Immerhin könnten Danzos Schergen überall herumlungern. Auch wenn er nicht glaubte, aktiv beschattet zu werden. Als Jonin gehörte er zwar zur Elite des Dorfes, war aber kein politisches Schwergewicht und wollte mit Sicherheit auch keines sein. Ihm fehlte es sowohl an Ambitionen wie auch an Anhängern, um sich gegen den neuen Hokage zu stellen. Trotzdem beschlich ihn das leise Gefühl, nicht mehr allein zu sein, auch wenn der Dorfplatz verlassen schien. Es würde Kakashi nicht überraschen, wenn sich hinter einigen der leeren Stände Anbu-Ne verborgen hätten. Einfach nur, um „die öffentliche Ordnung“ aufrecht zu halten – oder besser gesagt, um die Bevölkerung mit Angst bei der Stange zu halten.

Also machte sich Kakashi, mit neuem Argwohn seine Umgebung beobachtend, auf den Weg zu seiner kleinen Wohnung nicht unweit der Dorfmitte. Er hätte sich zwar schon lange ein eigenes kleines Haus am Rande Konohas leisten können, denn besonders in seiner Zeit als Anbu hatte er viel Geld angespart, doch da er alleinstehend war und durch seine Missionen nur selten längere Zeit daheim verbrachte, hatte er bislang nicht das Bedürfnis gehabt, Eigentum zu erwerben. Es dauerte nicht lange, bis er vor seiner Haustür stand, obwohl er sich des Anscheins wegen nicht sonderlich beeilt hatte. Noch einmal sah er sich sicherheitshalber um, ob ihm auch wirklich niemand folgte, dann schloß er auf und ging rein.

Kakashi machte sich nicht die Mühe, seine Schuhe auszuziehen, sondern schritt direkt in sein kleines, leicht verstaubtes Wohnzimmer. Er hatte vergessen, vor Missionsbeginn eine Putzfrau anzuheuern, wie er es sonst immer tat, also öffnete er zuerst alle Fenster zum Lüften. Dann schaltete er seinen kleinen Fernseher an, um eventuellen Lauschangriffen mit einer angemessenen Geräuschkulisse zu begegnen, setzte sich auf die etwas verwaiste Couch und holte den Schmetterling aus seiner Weste heraus. Eingehend betrachtete der Kopierninja sein neues Haustier. Ein Flügel des Papierfalters war ein wenig in Mitleidenschaft gezogen worden; ansonsten flatterte er so geschäftig wie zuvor. Kein Anzeichen davon, daß das Jutsu, mit dem er belegt worden war, von selbst endete.

Kakashi seufzte und ging alle gängigen Zeichen- und Lautkombinationen durch, die Ninja benutzten, um Jutsus jedweder Art zu lösen, allerdings ohne Erfolg zu haben.Von wem auch immer der Schmetterling stammte, er schien nicht gewillt zu sein, seine Geheimnisse kampflos preiszugeben. Also ging Kakashi dazu über, die Namen derer aufzuzählen, von denen der Schmetterling stammen könnte. Doch weder auf Vor- noch Nachnamen aller Ratsmitglieder, der Ratsältesten, Danzo – man wusste ja schließlich nie – noch aller anderen Personen, die ihm noch so einfielen, erhielt er eine Reaktion.

„Versuchen wir es mit etwas rabiateren Mitteln“, beschloß Kakashi frustriert knurrend. Einige wenig komplizierte Fingerzeichen mit der freien Linken ausgeführt und schon entsprang seinem Zeigefinger eine kleine Stichflamme. Einen Moment war der Kopierninja froh, gerade nicht von seinen Genin beobachtet zu werden, denn falls das, was er zu tun beabsichtigte, schiefging, wäre das furchtbar peinlich geworden. Er hatte da nämlich eine Vermutung: Zu Kakashis Akademiezeiten hatte man ihm und seinem Jahrgang eingeprägt, geheime Nachrichten lieber zu zerstören, wenn man sie nicht entschlüsseln konnte, als sie möglicherweise an den Feind zu verlieren. Mit der fortschreitenden Entwicklung der Dechiffrierung hatte man diese Praxis zwar für nicht länger zeitgemäß erklärt und ad acta gelegt, doch wer immer der Absender dieser kleinen Nachricht war, würde um die Ausbildung des Jonins wissen.

Dieser Logik folgend, vor allem weil ihm die Alternativen ausgegangen waren, führte Kakashi sein Katonjutsu zum zappelnden Papierschmetterling. Und tatsächlich, wie erhofft setzte er den Papierfalter nicht in Brand. Stattdessen entstand mit einem leisen pufff eine Rauchwolke. Zurück blieb ein kleiner, unbelebter Zettel. Der Kopierninja wollte sich schon zu seiner grandiosen Schlußfolgerung gratulieren, da entschwebte dem Papier plötzlich eine etwa kieselgroße, braun-grün gefärbte Kugel und wuselte wütend vor Kakashis Gesicht herum.

Das war jetzt aber nicht nett, Ningen“, erklang eine erboste Stimme im Kopf des Jonin, „Einfach angreifen, alle Achtung! Schon schaurig, ihr Shinobi.“ Es dauerte einige Augenblicke angestrengten Blinzelns, bis der Jonin begriff, was überhaupt vor sich ging. Dann erst ging ihm auf, daß die Nachricht von Chikako stammen musste. Und er gerade von einem ihrer Dschinn angeschnauzt wurde, der zu allem Übel auch noch eine, gelinde gesagt, verstörende Ausdrucksweise besaß. Ob alle Dschinn so sprachen? Das würde erklären, warum die alte Frau als Einsiedlerin lebte. Das musste einen ja verrückt machen. Aber zurück zu den gegenwärtigen Problemen, mahnte er sich selbst.

„Was hätt´ ich sonst tun sollen?“, erwiderte Kakashi nicht gerade höflich. Er hatte beschloßen, sich nicht von einem leuchtenden Ball herumschubsen zu lassen. Bälle waren da, um durch die Gegend getreten und geworfen zu werden, nicht anders herum. Die kleine Leuchtkugel plusterte sich förmlich auf vor Wut. „Was wohl, Wicht, weißte´s nicht? Namen nennen, Ningen, nicht mich in die Luft jagen!“ „Und der wäre?“ „Knospe, du Klappspaten, Knospe nennt man mich“, erwiderte der Dschinn und flog, erbost blinkend, von dannen, ohne Kakashi wieder zu Wort kommen zu lassen. Seufzend sah ihm der Jonin hinterher. Bei Chikako sollte ihn eigentlich nichts mehr wundern und doch gelang es ihr jedes Mal aufs Neue.

Über die kurze Unterhaltung hätte Kakashi fast den Zettel vergessen, der nun in seiner Hand lag. Neugierig entfaltete er das Papier und las die darauf notierte Botschaft. Dann las er sie noch einmal, als könne er nicht glauben, was da stand, bevor er den Zettel kurzerhand verbrannte und förmlich von der Couch sprang. Hektisch riss er die Balkontür auf und scherte sich nicht darum, daß er sie aus Versehen aus den Angeln gerissen hatte. Ihm blieb keine Zeit für so etwas unwichtiges. Während er mit Step auf das nächste Häuserdach sprang, verfluchte er sich für seine Blauäugigkeit. Wieso hatte er da nicht von selbst dran gedacht? Nun, beschloß er kurzerhand und legte noch einen Zahn zu, war er nicht und daran ließ sich jetzt auch nichts mehr ändern. Viel wichtiger war es jetzt, so schnell wie möglich zu Sasuke zu kommen. Denn wenn Chikako recht hatte, hatte es der neue Hokage auf seinen Schüler abgesehen. „Nur über meine Leiche“, grollte Kakashi, während ihn jeder Sprung näher zur Wohnung seines Schülers brachte.

 

 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Bevor die Frage aufkommt, ich werde Chikako natürlich NICHT in jedem Kampf sterben lassen, in dem sie mitmischt. Ich hätte sie selbst bei diesem Kampf nicht über die Klinge springen lassen, wenn es nicht als Einleitung dient, um die ominösen Lichtkugeln zu erklären (Fans einer bestimmten Spielereihe, die ich der Dramaturgik wegen erst im Disclaimer erwähnen werde, wenn ich mich wirklich am Gut der Reihe "bediene", werden es vermutlich schon erraten haben). Schließlich habe ich diesen OC inzwischen fast so lieb gewonnen, wie die faule, kleine Chimäre. ;) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ein Hoch auf Langenscheidt! :D
Ich hoffe zumindest, dass "yokubo" wirklich Begierde heißt... Naja, wenn es das Wörterbuch behauptet, wird es schon stimmen, oder? :D Wirklich schade ist eher, dass es im Japanischen den Begriff der Wollust nicht gibt... Man sind die prüde -_- Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Wenn ich es bis Neujahr nicht zum Folgekapitel mehr schaffe, wünsche ich hiermit all meinen Leserinnen und Lesern frohe Weihnachten und ´n guten Rutsch! :D Komplett anzeigen

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Von:  CCtheundeadWitch
2016-09-17T20:45:58+00:00 17.09.2016 22:45
Schönes Kapitel ,freu mich auf s nächste
Von:  Scorbion1984
2016-09-17T05:30:12+00:00 17.09.2016 07:30
Schön wieder was von Dir zu lesen !
Spannend ,bin gespannt wie es weiter geht !
Von:  fahnm
2016-06-03T06:08:57+00:00 03.06.2016 08:08
Ein Tolles Kapitel
Freue mich aufs nächste kapitel
Von:  Yuki1992
2015-10-04T21:27:07+00:00 04.10.2015 23:27
Tolles Kapitel!
Bitte schreib schnell weiter, deine Fanfic ist echt spannend und ich möchte zu gerne wissen, wie es weitergeht bei Naruto und seinen Freunden, aber auch bei Itachi und Kisame möchte ich wissen, was sie planen.

LG Yuki1992
Antwort von:  fayt_leingod-
05.10.2015 21:00
Yes, Sir and/or Madam, wird erledigt! :> ... Würde ich gerne sagen, aber im Moment hab ich noch ne Hausarbeit an den Hacken bis zum Vorlesungsbeginn, kann sich also noch so um 2-3 Wochen verzögern mit dem nächsten Kapitel :(
Von:  fahnm
2015-09-30T01:01:51+00:00 30.09.2015 03:01
Spitzen Kapitel
Mach weiter so
Von:  fahnm
2015-09-23T21:54:35+00:00 23.09.2015 23:54
Spitzen Kapitel
Mach weiter so
Von:  Sakura_Luna
2014-11-17T20:27:56+00:00 17.11.2014 21:27
Ahahahaha, das mit den Schlägen auf den Hinterkopf sagt meine Ma auch immer! Allerdings nicht zu mir, sondern zu meinem kleinen bruder XD
Antwort von:  fayt_leingod-
18.11.2014 20:05
Klappt auch mit Garantie :D Musst nur fest genug zu hauen ;)
Antwort von:  Sakura_Luna
18.11.2014 21:37
Nee, nur,bei manchen personen! Mein kleiner Bruder ist immer noch nicht klüger geworden! ╮(╯_╰)╭
Antwort von:  fayt_leingod-
18.11.2014 21:39
Dann haust du noch nicht fest genug :D Vlt mal zwischendrin zur Abwechslung treten? ;)
Antwort von:  Sakura_Luna
18.11.2014 21:44
Gute Idee! Probier ich mal aus! (*¯︶¯*) wobei ich ne ziemliche "schlagkraft" hab...nix im vergleich zu saku, aber er rennt schon weg, wenn ich ihn nur böse angucke...hat vor-und nachteile
Haha ≧﹏≦
Antwort von:  fayt_leingod-
18.11.2014 21:45
Jetzt weiß ich, warum ich nie ´ne Schwester wollte <.< Nun Sakus Schlagkraft ist zumindest in meinen FFs nicht so berauschend, da mahc ich mir weniger Sorgen drum :P
Antwort von:  Sakura_Luna
18.11.2014 21:51
Oha!!!*fake-schmoll* das war jetzt aber fies XD aber,er ist selbst schuld!,sein dämliches grinsen provoziert so übelst!!! Und dann tur er einen auf oberschlau und lacht jemanden aus, wenn man etwas nicht versteht...dabei ist er jünger als ich!!! -_-#
Antwort von:  fayt_leingod-
18.11.2014 22:05
Hehe, ich würde zu dieser Thematik ja die Xanth-Reihe von Pierce Anthony empfehlen, besonders Himmelstaler und Weltenreise^^ Vlt kannste dir ja da noch ein paar Kniffe abgucken, sind auf jeden Fall lesenswert ;)
Antwort von:  Sakura_Luna
18.11.2014 22:07
Thank yu! Mach ich auf jeden fall! Die jugend muss ja schließlich Respekt vor den Älteren haben (sagte die 15-jährige umd sah ihren 6-jahre jüngeren Bruder streng an)
Von:  MikaelVinT
2014-04-23T14:11:30+00:00 23.04.2014 16:11
bisher bin ich mehr als begeister von deiner Geschichte
ich kann es kaum erwarten mehr davon zu lesen :)

lg yuki
Antwort von:  fayt_leingod-
23.04.2014 16:31
Danke, danke, ich fühle mich geschmeichelt :3
Von:  fahnm
2014-04-23T00:12:50+00:00 23.04.2014 02:12
Naruto soll ein Gott sein?
Wow das ist überraschend.
Bin mal gespannt wie es weitergehen wird.
Antwort von:  fayt_leingod-
23.04.2014 13:32
Echt?ö.ö Habe Narutos göttliche andere Hälfte doch schon vor, ich glaube, 4 Kapiteln oder so angekündigt. :)
Von:  fahnm
2014-02-05T21:34:33+00:00 05.02.2014 22:34
Hammer Kapi^^

Jetzt wird es richtig rund.
Mach weiter so.


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