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Digimon - Suche nach Bestimmung

Digimon Frontier Alternative [Jetzt auch mit Trailer!]
von

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Einer von Vielen


 

Kapitel 1: Einer von Vielen
 

Glückseeligkeit. Vorfreude. Ein wohliger Schauer. Das war es, was die ungewöhnliche Gestalt angesichts dieses historischen Momentes empfand. Bald würde auch der letzte Stein ins Rollen gebracht werden und eine Lawine von Ereignissen auslösen, welche das Gefüge des bisher Gekannten völlig auseinanderreißen würde.

Die Gestalt lachte leise in sich hinein. Es war ein kaltes Lachen, das nichts von der inneren Freude nach außen tragen konnte.

Der Lachende war nur als Silhouette erkennbar, denn der Raum, in dem er sich befand, war nur in spärliches Licht getaucht. Es wurde deutlich, dass er gut zweieinhalb Meter groß sein musste. Er wirkte menschlich und doch wieder nicht. Ganz anders war es bei den anderen Anwesenden. Etwa 50 Männer in schwarzen Anzügen, die wie edle Abendgaderobe wirkte, standen in Reih und Glied vor ihm und starrten ihn ausdruckslos an. Sie sahen ohne Ausnahme identisch aus. Sie teilten, dass gleiche Gesicht, mochten vielleicht Asiaten sein, doch hatten gleichzeitig etwas europäisches an sich.

Die schwer erkennbare Gestalt wandte sich ihnen zu und sprach mit einer tiefen Stimme, die so durchdringend war, dass sie bis in den letzten Winkel des Raumes zu hallen schien.

"Ihr niederen Wesen, ihr erbärmlichen Kreaturen habt die Ehre, diesen letzten Schritt meines Planes ausführen zu dürfen. Vergesst niemals euren Platz, euren Wert. Ihr seid Sakkakumon und damit ersetzbar. Euresgleichen gibt es wie Sand am Meer*. Aber hütet euch, auch nur mit dem Gedanken zu spielen, mich zu verraten. Ihr wisst was euch erwartet."

Es folgte eine Pause. Niemand aus dem Kreise der Zuhörer rührte sich oder sagte ein Wort. Das kalte Lachen von zuvor erklang.

"Nun geht! Geht und überbringt meine Botschaft. Schon bald wird eine neue Zeit anbrechen."

Im Gleichschritt und ohne zu zögern wandten sich die Männer um und verließen den Raum durch eine gewaltige Pforte aus dunklem Eisen, wobei sie ohne ein Wort zu wechseln eine ordentliche Reihe bildeten. Die Gestalt blickte ihnen hinterher und murmelte leise: "Das Warten hat ein Ende."
 

"Verflucht!" schimpfte Bill verärgert und schlug die Augen auf.

Er lag in einen Schlafsack gewickelt auf einigen zerlumpten Decken in einer schmutzigen Seitengasse und hatte soeben einen Regentropfen auf die Nasenspitze bekommen. Regen! Auch das noch!

Der junge Mann blickte gen Himmel und stellte verdrossen fest, dass dieser von grauen Wolken überzogen war. Weitere Tropfen fielen und benetzten sein verfilztes schwarzes Haar, das bereits über das Kinn reichte und wohl schon länger keinen Kamm mehr gesehen hatte. Heute nachmittag war das Wetter so gut gewesen! Niemals hätte er mit Regen in der Nacht gerechnet.

Eillig sprang er auf und begann seine wenigen Habseeligkeiten in einen großen Beutel aus grauem Stoff zu stopfen. Was er an Kleidung besaß, trug er am Leib: Zwei übereinandergezogene schwarze Kapuzenpullover und eine alte Jeans. Seine Turnschuhe wiesen einige Löcher auf, doch andere hatte er nicht.

Bill warf sich den Beutel schwungvoll auf den Rücken und machte sich in nun strömendem Regen auf den Weg. Er lief aus der Gasse, in der er hatte schlafen wollen und fand sich auf einer wenig befahrenen Straße in der Innenstadt von Chicago wieder, welche er rasch überquerte um unter dem Vorbau einer Bank Schutz vor dem Wetter zu suchen. Die Bank selbst konnte er natürlich nicht betreten. Nicht ohne weiteres und schon gar nicht um diese Uhrzeit. Wie spät es genau war, wusste er nicht, doch es war bis auf die Straßenlaternen stockduster und außer ihm war niemand unterwegs.

Grummelnd setzte Bill sich auf den Boden. Immerhin blieb er hier trocken. Missmutig kramte er in seinem Beutel und förderte einige leere Flaschen zu Tage, die er außerhalb des Vorbaus auf dem Gehweg platzierte. Nicht, dass es viel nütze, aber ein bischen Wasser fing er so in solchen Fällen immer auf und Bill hielt Regenwasser für sauber.

Seufenzd starrte er in die Dunkelheit. Er hasste diese Stadt. Sie war grau und hässlich, die Menschen beachteten ihn und sein hartes Schicksal kaum. Obdachlose waren den Meisten doch nur lästig und wenn es mal ein entsprechendes Heim gab, war dieses immer völlig überfüllt. Er gehörte längst nicht mehr zu den Obdachlosen, die um Geld bettelten. Er sah es nicht ein, um etwas so Selbstverständliches wie Menschlichkeit oder Nächstenliebe auch noch bitten zu müssen. Also nahm er sich was er brauchte und wenn er erwischt wurde genoss er eine warme Pritsche im Knast und gutes Gefängisessen. Er schlug sich eben so durch.

Gedankenverloren, wie er war, hatte Bill den Mann nicht bemerkt, der den Gehweg entlangmarschiert war und nun auf die Bank zusteuerte. Erst als dieser in das Licht einer Straßenlaterne trat, sah Bill ihn. Er trug einen feinen schwarzen Anzug und wirkte eilig. Rasch überwand der Fremde die letzten Meter und blieb vor Bill stehen, welcher noch immer am Boden kauerte. Der Mann war Chinese oder sowas, vermutete Bill. Sein Blick war starr und nichtssagend.

Was wollte der Kerl? Wahrscheinlich so ein Spießer, der ihm jetzt erzählen wollte, wo er sich aufzuhalten hatte und wo nicht.

Erbost sprang Bill auf und sagte präventiv: "Denk was du willst, ich bleib doch nicht da im Regen!"

Bill dutzte jeden, für ihn gab es keine Autorität. Der Mann erwiederte nichts, sondern griff in seine Sackotasche. Er förderte einen braunen Briefumschlag zu Tage und drückte ihn Bill in die Hand. Verdutzt betrachtete Bill den Umschlag. Was sollte das denn?

Noch bevor Bill etwas sagen konnte, drehte der Mann sich um und verschwand so schnell und unerwartet, wie er gekommen war in der Dunkelheit, wobei er Bills fragende Rufe ignorierte.

"Was zur Hölle?" murmelte Bill verwirrt und ließ sich wieder zu Boden sinken. Der Typ war ihm irgendwie unheimlich gewesen. So ausdrucklos. Normalerweise sah er etwas tadelndes, mitfühlendes oder angeekeltes in den Gesichtern seiner Mitmenschen. Dieser jedoch hatte emotionslos gewirkt. Seltsam.

Bill betrachtete den Umschlag. Mit einem Ruck zerriss er das braune Papier und förderte einige merkwürdige Dinge zu Tage. Zunächst erkannte er ein Zugticket. Abfahrtsort war der Bahnhof von Chicago, morgen um 13 Uhr. Ein Zielort war nicht angegeben. Irritiert wendete Bill das Ticket. Es war dunkelrot und wies abgesehen von den Informationen an der Vorderseite keinerlei Merkmale auf. Stirnrunzelnd legte er es auf das zerrissene Umschlagpapier und betrachtete stattdessen ein Gerät, dass entfernt an ein Handy erinnerte. Es war etwa so groß wie seine Handfläche, schwarz und besaß ein kleines quadtratisches Display. Darunter befanden sich einige Knöpfe ohne Hinweis auf ihre Funktion. Wahllos drückte Bill einige von ihnen, doch der Bildschirm blieb leer und auch sonst schien das Gerät nicht zu reagieren. Schließlich blieb ein zusamenngefalteter Brief, den Bill aufhob und las:
 

Bill Cooper. Du hasst diese Welt. Du hasst diese Wesen, die mit dir leben. Diese Botschaft bietet dir eine Alternative an. Eine andere Welt. Andere Wesen. Neue Möglichkeiten und vielleicht auch eine Bestimmung. Suchst du Bestimmung? Suchst du Bestätigung? Es gibt nichts, was du verlieren kannst. Geh auf die Suche oder du wirst eine einmalige Gelegenheit verstreichen lassen.
 

Ein Absender wurde nicht genannt. Bill wurde mulmig. Wer war dieser Kerl, der ihm alle diesen Kram gegeben hatte? Ein Zug ohne Ziel? Ein funktionsuntüchtiges Elektrodings?

Das Ganze wirkte doch sehr eigenartig. Bestimmung, Bestätigung. Eine andere Welt. Eine einmalige Gelegenheit. Wovon sprach der Verfasser da bloß? Ganz gleich was es auch war, Bill war entschlossen genug, es zu ergründen. Er war selbst überrascht, wie schnell er diesen Entschluss gefasst hatte. In einem Punkt hatte er Brief sicherlich Recht. Bill hatte absolut nichts zu verlieren.
 

In dieser Nacht tat er kein Auge zu. Bilder von einem Zug, der in das All flog und einem unförmigen Raumschiff voller glibbriger Außerirdischer hinterherjagte huschten vor seinem inneren Auge vorbei. Er sah sich als gefeierter Held, ein anderes Mal führte er ein normales Leben in einem normalen Haus und hatte eine Familie. Die Anspannung war groß und Bill konnte kaum still sitzen.

In der Morgendämmerung hatte er die Bank verlassen und war Richtung Bahnhof getigert, wo er rasch das richtige Gleis gefunden hatte. Es war laut Beschilderung wegen Schienenwartungsarbeiten außer Betrieb.

Verunsichert hatte er einem Bahnangestellten sein Ticket gezeigt, welcher ihn knurrend abwies und die Echtheit des Tickets in Frage stellte.

Was wenn er Recht hatte und der Unbekannte von gestern nur einen besonders schlechten Spaß mit ihm getrieben hatte? Lachte der Mann sich jetzt irgendwo ins Fäustchen und stellte sich den verwirrten Penner am Bahngleis vor, der verzweifelt auf den Zug in ein besseres Leben wartete? Natürlich so musste es sein! Wie naiv war er gewesen, dem Brief zu glauben? Er war hereingelegt worden. Man hatte ihm Hoffnung gemacht, um diese zu zerschlagen.

Unbändige Wut stieg in ihm auf und er musste eine Träne unterdrücken. Für einige wunderbare Stunden, hatte er einer rosigeren Zukunft entgegengeblickt. Es war ein schönes Gefühl gewesen. Seufzend stand er auf, um zu gehen, da sah er eine andere Person auf das geschlossene Gleis zugehen.

Es war ein junges Mädchen, sie mochte vielleicht 15 sein. Sie hatte wallendes blondes Haar und trug einen neu außsehenden blauen Mantel, der der Farben ihrer Augen glich. Sie war hübsch, stellte Bill fest.

Das Mädchen betrachtete stirnrunzelnd das Gleis und sah dann auf die große Uhr, die am Eingang des Bahnhofs stand und von nahezu überall sichtbar war. Schließlich wandte sie sich um und jetzt sah Bill, dass sie einen rosafarbenen Rollkoffer hinter sich hergezogen hatte, aus welchem sie nun eine Brieftasche fischte. Sie griff in diese und hielt nun ein rotes Zugticket in der Hand, welches sie kritisch in Augenschein nahm. Es sah exakt so aus, wie das, was Bill erhalten hatte. Rasch zog er seines aus den Untiefen seines Stoffbeutels.

Das Mädchen, das bis dato keine Notiz von ihm genommen hatte, nahm die Bewegung wahr und blickte ihn erstaunt an, als sie sein Ticket bemerkte. Sie musterte ihn kritisch. Bill kannte diese Blicke. So sahen die "besseren" Bürger ihn an. Dieses Mädchen war offensichtlich wohlhabend und blickte von oben auf ihn herab, wie auf etwas Unapetitliches. Bill öffnete ein paar Mal den Mund, nur um ihn wieder zu schließen. Er war bald neunzehn Jahre alt und dennoch hatte er stets eine gewisse Scheu gegenüber Frauen nie ablegen können, besonders wenn sie so gut aussahen, wie dieses junge Exemplar. Das wurmte ihn. Er brachte seine geplante hämische Bemerkung nicht herraus. Stattdessen lächelte das Mädchen auf einmal freundlich.

"War also doch kein Scherz, was?" flötete sie fröhlich.

Sie hatte eine glockenklare Stimme und zeigte eine Reihe makellos weißer Zähne. Ihren Koffer hinter sich herziehend hüpfte sie nahezu herbei, wobei ihre Absätze klackerten. Aus der Nähe betrachtete sie interessiert Bills Zugticket und verglich es mit ihrem. Sie waren tatsächlich identisch.

Sie sah ihn neugieig an und fragte: "Wo gehts denn jetzt eigentlich hin?"

Bill schluckte und zuckte dann mit den Schultern. Das Mädchen schien seine Verlegenheit als abwehrende Haltung zu deuten und nahm beleidigt auf einer Bank Platz, wobei sie etwas murmelte, dass wie "Penner" klang.

Erbost wandte Bill sich um, wollte dem Mädchen nun doch die Meinung sagen, da rauschte es mit einem Mal laut und ein Windhauch erfasste ihn, der ihn fast von den Füßen riss. Neben ihm erklang ein Zischen. Von einem Moment auf den nächsten war ein Zug neben ihm aufgetaucht.

Ungläubig starrten er und das Mädchen die roten Wagons an. Synchron sprangen alle Türen auf. Entschlossen packte Bill seinen Beutel und stieg ein. Euphorie übermannte die Überraschung und den Zorn auf das Mädchen.

Der Zug war gekommen! Es war doch kein Scherz gewesen!

Im Wagon saß niemand. Zwei lange Sitzreihen aus schwarzem Polster waren an den Wänden angebracht worden. An beiden Enden des Wagons waren Verbindungstüren. Achselzuckend nahm Bill Platz und sah wie hinter ihm das Mädchen ihren Koffer ächzend in den Zug stemmte, wobei sie ihm einen bösen Blick zuwarf.

"Ein bischen Hilfe wäre nett gewesen!" meinte sie schnippisch und setzte sich ihm gegenüber auf die gepolzterten Sitze.

"Das würde ich am liebsten Allen sagen, wenn ich mal wieder ohne Essen draußen schlafen muss, aber es hilft ja doch nichts" erwiderte Bill mit plötzlich erwachtem Wagemut und blickte das Mädchen herausfordernd an.

Sie schien mit einem Kommentar nicht gerechnet zu haben und schaute ihn nur verdutzt an.

Plötzlich fuhr ein Ruck durch den Wagon und der Zug setzte sich in Bewegung. Niemand war gekommen, um ihre Tickets zu kontrollieren. Nach einiger Zeit des Schweigens sagte das fremde Mädchen:

"Ich bin Celine."

Sie lächelte zaghaft, doch es sah angespannt aus. Bill schürzte die Lippen und versuchte zurückzulächeln, was gründlich misslang.

"Bill" murmelte er.

Beide blickten aus dem Fenster. Der Zug verließ den Bahnhof und beschleunigte noch immer. Die Landschaft flog geradezu an ihnen vorrüber. Bill war sich nicht sicher, ob es normal war, dass ein Zug so schnell fuhr.

War das nicht gefährlich? Auch Celine wirkte besorgt, obgleich sie nichts mehr sagte. Ihre anfängliche Freundlichkeit hatte sich schnell gelegt. Das Rattern des Zuges wurde immer lauter, die Umgebung hinter den Fenstern verschwamm zu einem Farbenmeer ohne Kontur. Dieser Zug fuhr definitiv ungewöhnlich schnell. Mit einem Mal ertönte ein Knall und alles um Bill herum wurde schwarz. Sein Bewusstsein entglitt ihm.
 

Anmerkungen und Sonstiges:
 

* Sakkakumon

Level: Rookie

Art: Geistdigimon

Gruppe: Unknown

Typus: Datei

Attacke: Gestaltwandler
 

Sakkakumon ist ein von mir ausgedachtes Digimon. Generell tauchen derer nur ganz selten welche in der Fanfic auf. Sakkakumon ist ein Illusionist. Es nimmt durch seine Attacke eine bilibige optische Form an, ohne jedoch z.B. Attacken der immitierten Digimon zu beherrschen. Niemand weiß, wie Sakkakumon aussehen, wenn sie ihre Gestalt nicht wandeln.

Die neue Welt


 

Kapitel 2: Die neue Welt
 

Kapitel 2: Die neue Welt
 

Als Bill aufwachte lag er auf dem Boden des Zuges, in dem er das Bewusstsein verloren hatte. Sein Rücken schmerzte und er stöhnte auf, als er sich erhob.

Auf einem der Sitze lag noch immer sein Beutel und auch Celines Rollkoffer konnte er in einer Ecke des Wagons ausmachen, doch das Mädchen selbst war nirgends zu sehen.

Bill merkte, dass der Zug sich nicht mehr bewegte.

Rasch stürmte er zu einem der Fenster und sah hinaus. Der Zug schien mitten in einem Wald angehalten zu haben, fernab eines Bahnhofs. Die Tür stand offen, also schob sich Bill vorsichtig hinaus, um sich umzusehen.

Das Gras wuchs ihm bis zu den Knien. Die Bäume standen an dieser Stelle nicht besonders dicht beieinander, doch sie waren hoch und breit und in Sichtweite verdichtete sich ihre Ansammlung bereits und bildete ein verdunkelndes Blätterdach.

Irgendwie fühlte Bill sich hier auf Anhieb unwohl.

Was für ein Ort war das hier? Wieso hatte der Zug hier mitten in diesem Wald gehalten und warum führten die Schienen überhaupt durch so ein Terrain?

Das konnte doch eigentlich nicht sein, oder?

Bill machte ein paar vorsichtige Schritte vom Wagon weg, aus dem er gekommen war, wobei er sich weiterhin misstrauisch umsah.

Wo in der Nähe von Chicago gab es denn so einen Wald?

Ihm fiel ein, dass er ja bewusstlos gewesen war und dass der Zug sehr schnell gefahren war. Er konnte überall sein, aber nicht in der Nähe seiner Heimat.

Stirnrunzelnd nahm er eines der hohen Grashalme zwischen die Finger und befühlte sie. Natürlich kannte er sich nicht mit Pflanzen aus, aber ihm war die ganze Situation nicht geheuer und er war sich nicht einmal sicher, ob er nicht vielleicht träumte.

Die Pflanze fühlte sich rau an. Noch nie hatte er sich für Gras oder generell für irgendwelchen Naturkram interessiert. Er konnte gar nicht wissen, wie sich Gras anfühlte, wie könnte er sich so etwas also in einem Traum vorstellen?

War dann all das hier echt?

Ihm fiel wieder ein, dass er nicht alleine in dem Zugabteil gesessen hatte. Das blonde Mädchen war schließlich mit ihm gefahren.

"Celine?", rief er unsicher.

Wo mochte das Mädchen ohne ihren Koffer hingegangen sein?

Der Wald blieb still. Keine Spur von ihr.

Bill beobachtete die Umgebung genau. Was konnte Celine dazu gebracht haben das Zugabteil zu Gunsten dieses unübersichtlichen Waldes zu verlassen?

Der Zug stand mitten in der Wildnis und Bill war sich sicher, dass es ein leichtes war sich hier zu verlaufen.

Warum also war Celine ohne ihr Gepäck aufgebrochen und weshalb hatte sie ihn nicht geweckt? Natürlich waren die beiden in der kurzen Zeit nicht unbedingt Freunde geworden, aber Bill hätte an ihrer Stelle zumindest versucht, den einzigen Menschen weit und breit zu unterrichten.

Da fiel Bill ein, dass doch jemand den Zug fahren musste.

Natürlich!

Er musste den Triebwagen finden, sicher konnte man ihm dort wenigstens erklären, wo sie hier waren und warum sie angehalten hatten.

Bill sah sich prüfend um, mit dem Ziel von hier aus zu erspähen, in welche Richtung er gehen musste um an die Spitze des Zuges zu gelangen. Da fiel ihm ein Schatten auf, der urplötzlich einen enormen Teil des Grases um ihn herum vollends verdunkelte.

Die Stille wurde durch ein lautes Flattern durchbrochen, wie bei einem Flügelschlag, was Bill erschrocken zusammenfahren ließ. Verwirrt blickte er hoch und wurde kreidebleich bei dem Anblick, der sich ihm bot.

Auf dem Zugabteil, aus dem er vor wenigen Minuten herausgetreten war, ließ sich nun ein gewaltiges Tier* nieder und faltete seine Flügel zusammen, die wie aufgespannte Zelte wirkten. Das Wesen mochte mindestens drei Meter groß sein und sah aus wie eine skurrile Mischung aus einem Reptil und einem Wiesel. Es wirkte etwas wie ein Dinosaurier, war jedoch von blauem Fell bedeckt. Auf der Stirn trug es eine Art roten Diamanten, der passend zu den rasiermesserscharfen Klauen in selbiger Farbe wirkten. Die riesigen Flügel waren auf der Rückseite ebenfalls fellbedeckt und von einem Muster schwarzer Linien überzogen

Was war das für ein Vieh?

Von so einem Tier hatte er noch nie gehört oder Bilder gesehen.

Wo zur Hölle war er nur gelandet, dass ein solches Monster frei herumfliegen konnte?

Bill verfiel zunächst in Schockstarre, doch dann bemerkte er, dass Blut aus dem Maul des Ungeheuers tropfte.

Angst durchströmte ihn. Dieses Tier war ein Fleischfresser und offenbar gerade auf der Jagd! Er ließ vorsichtig den Blick schweifen, ohne sich zu hektisch zu bewegen. Unter gar keinen Umständen wollte er das Wesen aufschrecken. Noch schien es ihn gar nicht bemerkt zu haben.

Bill suchte die Gegend nach einer geeigneten Fluchtmöglichkeit ab. Da das Wesen fliegen konnte, war es vielleicht am klügsten sich im Dickicht zu verkriechen.

Ganz langsam und darauf bedacht keinen Lärm zu verursachen machte Bill einige Schritte nach hinten, wobei er das Wesen nicht aus den Augen ließ. Es hatte ihn wohl noch immer nicht gesehen und es blickte auch nicht in seine Richtung.

Scheinbar gelangweilt hockte es auf dem Zug und putzte gelassen sein Fell mit seiner riesigen Zunge, wodurch es einige Blutspuren in seinem Haar verteilte.

Bills Blick fiel auf einmal auf eine regungslose Gestalt, die das Monster in seiner hinteren Klaue festhielt und nun wie einen nutzlos oder uninteressant gewordenen Gegenstand zur Seite schob.

Das war ein Mensch!

Vor Schreck wäre Bill beinahe nach hinten umgefallen, doch er konnte das Gleichgewicht mit einiger Mühe halten.

Er hatte erkannt, dass es nicht irgendein Mensch war. Das war Celine.

Bill sah ihr langes blondes Haar und meinte auch den teuren Mantel auf dem Dach des Wagons ausmachen zu können.

Ein Klos bildete sich in seinem Hals und er erstarrte dort wo er stand, obwohl er noch nicht weit genug von dem Monster weg war.

Das war also passiert. Das Monster hatte sie getötet. Wahrscheinlich war sie nur wie er vorhin neugierig nach draußen gegangen und dieses Ungeheuer hatte sie attackiert.

Das Maul und die Pranken des Wesens waren verschmiert von Blut.

Es bestand kein Zweifel. Celine war tot.

Panische Angst ergriff Bill und verdrängte rasch seine Betroffenheit.

Er schwebte in Lebensgefahr!

Hastig drehte er sich um und begann zu rennen. Sein Herz pochte wie wild und der Schweiß trat aus allen Poren aus.

Wo war er hier bloß gelandet? Warum musste so etwas gerade ihm passieren?

Wäre er doch bloß nicht in diesen Zug eingestiegen!

Das überstürzte Loslaufen erwies sich als fataler Fehler. Natürlich nahm das große Tier die panischen Bewegungen wahr und erhob sich zähnefletschend von dem Wagon, wobei seine riesigen Flügel laut durch die Luft peitschten. Mit einem freudigen Brüllen nahm das Ungetüm die Verfolgung auf, während Bill immer panischer wurde.

Irgendwie musste er sich in den dichteren Teil des Waldes retten und dort Schutz suchen.

Doch er kam nicht weit. Schon war das Wesen über ihn hinweg geflogen und griff ihn im Sturzflug an.

Sinnlos um Hilfe schreiend floh Bill in die Richtung zurück aus welcher er gekommen war, während das Tier ihm nun auf dem Boden hinterherhetzte.

Einer Eingebung folgend hetzte er zurück zum Zug, um zumindest außer Reichweite zu gelangen. Ob er wohl den Fahrer dazu bringen konnte weiterzufahren? Konnte dieser das Monster etwa nicht bemerkt haben? War er überhaupt noch hier?

Verzweifelt sprintete Bill durch das hohe Gras und wagte es nicht sich nach seinem furchterregenden Verfolger umzusehen. Mit einem ungeschickten Satz hechtete er durch die noch offen stehenden Tür das Wagons, in dem er hierher gefahren war.

Unsanft prallte er auf dem Boden auf, doch er sprang schnellstmöglich wieder auf die Füße und blickte gehetzt nach draußen.

Das Wesen stoppte vor dem Wagon und blickte interessiert heinein. Es unternahm knurrend einige Versuche seinen Kopf durch den Einlass zu stecken, merkte aber, dass sein Hals zu dick war und blieb draußen.

Zu Bills Überraschung öffnete es auf einmal den Mund und begann mit einer neugierigen Frauenstimme zu sprechen:

"Was seid ihr für Dinger? Kann man euch nicht laden?"

Bill keuchte bestürzt. Das Vieh konnte reden und es klang dabei wie ein Mensch! So weit wie möglich von den Wagontür weggehend suchte Bill nach einer Antwort.

"Laden? Was ... ?", stammelte er verständnislos.

"Laden", erwiderte das Monster "Ich habe das Andere getötet, doch es ist immer noch da und ich kann seine Daten nicht aufnehmen. Was ist da los?"

Ein Schock fuhr Bill durch die Glieder als er an den grausamen Tod der jungen Frau auf dem Wagondach dachte. Dieses sprechende Ungeheuer redete so gleichmütig von seinem Mord, es schien ihm keinesfalls unpassend vorzukommen.

Bill schlug sich selbst ein paar Mal ins Gesicht und schüttelte den Kopf hin und her.

Er musste sich das alles einbilden! Das konnte nie und nimmer wirklich sein.

Ein sprechendes Monster, dass ihn fragte, warum es eine menschliche Leiche nicht "laden" konnte?

Was für ein dämlicher Traum war denn das?

Zu seiner Verzweiflung wachte er nicht auf, sondern spürte den Schmerz der eigenen Schläge auf der Haut brennen.

Nein!

Das konnte ... das durfte nicht sein! Das hier war nicht real!

Bills Körper schlotterte vor Angst. Er schloss seine Augen und hielt sich die Ohren zu.

Er durfte jetzt nicht durchdrehen! Ruhe, das brauchte er jetzt.

Vorsichtig öffnete er ein Auge und erspähte sofort das unübersehbare Monster, das noch immer neugierig in den Wagen blickte und sein Verhalten scheinbar verwirrt zur Kenntnis nahm.

"Wer oder Was bist du?", rief Bill ängstlich, fast schluchzend.

Jetzt fing er auch noch an mit diesem Hirngespinst zu reden! Wurde er nun verrückt? Hatte er Halluzinationen?

Das Monster bewegte seine Schnauze ganz nah an die Tür und beantwortete Bills Frage stolz mit: "Dorugamon!"

Es presste beide Klauen der Vorderbeine an die Seiten der Tür und begann das Metall scheinbar problemlos auseinander zu biegen. Wahrscheinlich war es des Gesprächs überdrüssig geworden und wollte nun endlich seine Beute erlegen.

Erschrocken wollte Bill zurückweichen, stieß jedoch gegen die Wand hinter ihm. Er musste hier raus, bevor Dorugamon sich Zugang verschaffte. Schnell huschte sein Blick durch den Raum und er fand eine Lösung. Er ergriff einen der kleinen Notfallhämmer, die in jedem Zug zu finden waren, und zerschlug damit das größte Fenster. Hastig folgte er den Splittern nach draußen, bereute es aber sogleich, nicht erst alle Teile des Glases herausgeschlagen zu haben, da er sich mehrere Schnittwunden zugezogen hatte.

Blut lief aus den lädierten Stellen und sofort begannen die Verletzungen schmerzhaft zu brennen.

Er spürte seine Wunden! Es war keine Einbildung und auch kein Traum. Das hier passierte wirklich!

Bill biss die Zähne zusammen und nahm die Beine in die Hand. Wenn das alles real war, dann musste er diesem Monster entkommen oder er würde so sterben wie Celine.

Er wusste nicht wohin er laufen sollte, als rannte er einfach in das Blättermeer des Waldes hinein, wie er es bereits zuvor geplant hatte, als Dorugamon ihn noch nicht bemerkt hatte.

Bloß weg! Nur in Sicherheit vor diesem sprechenden Ungetüm!

Während Bill durch das hohe Gras und dichtes Gestrüpp hastete, hörte er bereits hinter sich das bedrohliche Flügelschlagen, das immer näher kam. Im Wald rechnete sich Bill jedoch gute Chancen auf eine Flucht aus, da das Blätterdach ihm Sichtschutz gewährte. Irgendwo weit über sich vernahm er die Stimme Dorugamons.

"Stahlgeschoss!", rief es, woraufhin ganze Baumkronen einfach auseinander gerissen wurden.

Eine Art metallene Kugel war von oben durch die Wipfel gedonnert und hatte gleich mehrere Bäume mit seiner Gewalt bersten lassen.

Splitter der zerrissenen Bäume durchsiebten die Luft und regneten auf den Flüchtenden herab. Panik stieg in Bill auf, während er versuchte dem unwegsamen Gelände zu trotzen und weiter zu rennen. Immer wieder ertönten die Rufe Dorugamons und immer wieder brachen die gefährlichen Geschosse durch das Blättermeer. Es kam Bill so vor, als kämen die Einschläge ihm von mal zu mal näher.

Irgendwie musste Dorugamon diese Kugeln produzieren und abschießen, sie waren ganz offensichtlich Teil seiner Jagdstrategie.

Verzweifelt blickte Bill nach oben und merkte so nicht, wie sein Fuß sich in einer dicken Baumwurzel verfing, sodass er bäuchlings über den Waldboden rutschte.

Als er seinen Kopf hob, erkannte er, dass er auf einer Lichtung gelandet war. Hier gab es keine Deckung!

Bevor er sich ganz aufgerappelt hatte, stürzte Dorugamon bereits mit einem Kampfschrei aus der Luft herab und versuchte ihn mit den Klauen zu erfassen.

In Letzter Sekunde warf er sich nach vorne, sodass das Monster empört aufschreiend gegen einige Bäume prallte. Bill stolperte blind vor Panik über die Lichtung.

Sein Verfolger wandte sich ihm wütend zu und wieder rief Dorugamon "Stahlgeschoss!"

Aus seinem aufgerissenen Maul schoss eine graue Kugel und flog direkt auf Bill zu. Sie schlug knapp hinter ihm im Boden ein und lies den gesamten Untergrund zerbröckeln. Bill verlor den Halt unter den Füßen.

Ein Erdrutsch? Eine unterirdische Höhle, die durch den Einschlag einstürzte? Er wusste es nicht, doch im nächsten Moment fiel er rückwärts in eine unendliche Dunkelheit hinab.

Ein verzweifelter Schrei verließ seine Lippen.

Die Zeit schien langsamer zu vergehen, während er immer weiter in die Tiefe hinabsank.

Um ihn her flogen die Erdbrocken und Steine umher. Er dachte an sein Leben. Es war nie besonders schön gewesen. Immerhin war er ein armer Obdachloser, der in seinem Dasein nie viel Freude gefunden hatte. Doch irgendwie hatte er immer an seinem Leben gehangen. Sollte das jetzt vorbei sein? Würde er hier in der dunklen Tiefe am Boden zerschmettert sterben?

Das alles hier erschien so unwirklich. Sollte sein Tod etwa wirklich eine Kugel aus Metall sein, die dem Maul eines sprechenden Monsters namens Dorugamon entsprungen war und ihn in eine unterirdische Höhle gestoßen hatte? In Gedanken klang diese Geschichte so unglaubwürdig.

Und doch war genau das geschehen und nun würde er seinen letzten Atemzug tun Er schloss die Augen und bereitete sich vor.

Doch der erwartete Aufprall blieb aus. Ein Ruck ging durch seinen Körper und er schien von einer unsichtbaren Macht in der Schwebe gehalten zu werden.

Was geschah hier? Wie konnte das sein?

Vor seinen Augen materialisierte sich etwas aus der Dunkelheit. Es war eine kleine schwarze Statue, die direkt vor seinem Gesicht schwebte. Sie schien einen seltsam gerüsteten Mann mit langen blonden Haaren darzustellen, genaueres konnte er nicht erkennen.

Unwillkürlich fuhr seine Hand in die Tasche seiner Jeans und holte das seltsame Gerät heraus, das er mit seinem Zugticket erhalten hatte. Wieso tat er das?

Ohne zu ahnen warum, wusste er intuitiv, was er zu tun hatte. Er streckte der Statue das Gerät entgegen, woraufhin dieses sich komprimierte und mit dem Apparat verschmolz.

Es war ihm wie die natürlichste Reaktion auf dieses Erlebnis vorgekommen und doch war es so wenig nachzuvollziehen. Fast als hätte ein Teil von ihm schon immer mit diesem Moment gerechnet. Oder war es das Gerät in seiner Hand, das ihn beeinflusst hatte?

Vielleicht mochte sogar die Statue daran Schuld sein. In diesem Moment kümmerte es Bill nicht.

Er spürte, dass ihn eine nie gekannte Macht durchströmte und ihm war klar, dass sie diesem Objekt entsprang. Es hatte ihn gerettet, doch das war nicht alles, was es für ihn tun konnte.

Wie konnte er das wissen? Die Erkenntnis erfüllte ihn wie ein Geist oder ein fremdes Bewusstsein, dass in ihn gefahren war.

Bills freie Hand schnellte hoch, um welche sich Millionen kleiner kreisender Partikel bewegten.

Er schloss die Augen und ließ die fremde Macht durch seinen Körper pulsieren.

Als hätte er es schon dutzende Male getan, betätigte Bill einen bestimmten Knopf des mysteriösen Geräts, das die Statue in sich aufgenommen hatte. Er wusste, dass er die schwebenden Teilchen mit dem Abbild des gerüsteten Kriegers vereinen musste.

Zielstrebig stieß er das Gerät, welches in seiner Hand zu glühen schien in die Wolke aus Partikeln, die seine Hand umkreiste.

Energie durchströmte ihn. Es war ein erhabenes Gefühl. Sein Körper wurde von der unbegreiflichen Macht erfasst. Er spürte wie er sich veränderte. Er wuchs, eine schwarze Rüstung legte sich um ihn, die Dunkelheit schien in ihn zu strömen.

"Spirit Evolution! Duskmon!"

Er war zu etwas Neuem und Unbegreiflichen geworden und seine neue Kraft katapultierte ihn aus dem Loch, in das er gefallen war. Geschickt landete er draußen auf der Lichtung. Ein anderes Bewusstsein hatte ihn erfasst. Er war nicht länger Bill. Er war zu Duskmon geworden*.

Seine Hände waren schwarzen Schädel von Wölfen gewichen, überall auf der pechschwarzen Rüstung öffneten riesige Augen ihre Lider, sodass sein Blickfeld eine völlig andere Dimension annahm. Er konnte alles um sich herum sehen. Und nicht nur das. Er spürte mehr als vorher. Er spürte den Schatten, fühlte sich mit ihm verbunden, wusste, dass er sein Verbündeter war.

Sein Körper war schlank und doch so stark, wie er noch nie in seinem Leben gewesen war. Durch die Rüstung, die wie die Nacht selbst gefärbt war, schimmerte an manchen Stellen blutrotes Material. An Brust, Armen und Beinen bildete sich so eine Art Streifenmuster, das von gefährlicher Anmut war.

Von den Geschehnissen überfordert, blickte Duskmon an sich herab.

Unzählige unbekannte Eindrücke fluteten auf ihn ein. Er sah so viel mehr als zuvor! Und er kannte diesen neuen Körper vom ersten Moment an, als wäre er nie ohne ihn gewesen.

Probehalber fuhr er aus den Mäulern der Wolfsschädel zwei gewellte blutrote Klingen aus.

Er hatte gewusste, dass die Schwerter dort gewesen waren und auch, wie er sie nutzbar machte. Sein neues Bewusstsein half ihm diese unbegreifliche Kraft, die ihn erfasst hatte in Windeseile zu durchschauen.

Duskmon hielt sich die Klinge seines rechten Arms vor das Gesicht und betrachtete die Spiegelung.

Durch den blutroten Schimmer der Waffe sah er einen schwarzen Schädel, der einem Totenkopf ähnlich war. Wie eine Maske bedeckte er die fahle Haut Duskmons, die nur unterhalb der Augen ein bisschen zu sehen war. Jene waren von dem selben dunklen rot, wie Teile des Körpers.

Den Mund konnte man nicht erkennen, denn die schwarzen Zähne des Schädels überdeckten ihn vollends und erzeugten so einen sehr emotionslosen Gesichtsausdruck.

Die Schädelmaske war zum einen durch drei rubinartige ovale Edelsteine verziert, die auf der Stirn angebracht waren und wurde zum anderen durch drei Hörner, jeweils eines zu beiden Seiten und eines nach oben zeigend, komplettiert, die etwa zwanzig Zentimeter lang sein mussten.

Durch die Spiegelung des Schwertes nur ansatzweise zu erkennen, waren lange blonde Haare, die aus dem Schädel wuchsen.

Bill betrachtete sich eindringlich.

Er war zu Duskmon geworden. Aber was bedeutete das? Was genau war er denn nun?

Stark war er, das konnte er deutlich fühlen. Vielleicht konnte man sogar mächtig sagen. Die Energie dieses Körpers schien unerschöpflich zu sein.

Er senkte das Schwert und blickte zu dem Wesen, das ihn beinahe getötet hätte, wäre dieses Wunder nicht geschehen, denn nichts geringeres war diese Verwandlung.

"Versuchs jetzt nochmal", meinte er herausfordernd in Richtung des völlig verdutzten Dorugamon, das bis hierher wie gelähmt zu ihm gesehen hatte. Einem Instinkt folgend schwang es sich in die Lüfte und nahm Kampfhaltung ein, indem es die Zähne fletschte und die Krallen drohend auf seinen so veränderten Feind richtete.

Bill war sich bewusst, was er zu tun im Stande war. Und er nutzte seine neue Kraft umgehend.

Mit einem metallischen Geräusch schnellte ein zweites der gewellten Schwerter aus dem anderen Wolfsmaul, das die Hand ersetzt hatte.

Duskmon kreuzte die Klingen vor dem Gesicht und stieß sie dann ruckartig zu beiden Seiten weg, wobei er unwillkürlich "Untierschlag!" rief.

Einen Moment lang stuzte er, da sich seine Stimme irgendwie anders anhörte. Tiefer und doch seiner so ähnlich.

Aber dann verfolgte er den spektakulären Effekt, den die Aktion mit den Schwertern hervorgerufen hatte.

Wie eine Spur war den Hieben durch die Luft eine lange dünne Linie von schimmerndem Rot gefolgt, die nun den Abstand zwischen Duskmon und Dorugamon überwand und das größere Wesen wie mit einem Hammerschlag traf.

Der Aufprall schleuderte sein Ziel fast zehn Meter weiter in eine Gruppe eng beieinander stehender Bäume, die von dem Gewicht des Monsters umgehend entwurzelt wurden.

Was für eine Kraft!

Er hatte doch bloß die Klingen geschwungen. Und er konnte noch so viel mehr, das wusste er.

Bill brannte darauf seine neuen Fähigkeiten hier und jetzt zu testen.

Er lief los. Seine Füße schienen den Waldboden kaum zu berühren, so schnell überwand er die Distanz zu dem nun knurrend aufstehenden Dorugamon.

Dieses öffnete wie schon so oft zuvor sein Maul und feuerte seine metallene Kugel auf Duskmon ab.

"Stahlgeschoss!"

Mit einem Reflex, den er eigentlich für unmöglich hielt, riss Duskmon seine Schwerter vor die Brust und ließ die Attacke daran aufprallen.

Die Wucht drückte ihn über den Waldboden einige Meter zurück, doch dann fiel die Kugel ohne weiteren Schaden angerichtet zu haben hinab und blieb im Gras liegen.

Erschrocken nahm Dorugamon den gescheiterten Angriff zur Kenntnis und wollte sich schnell wieder in die Luft begeben, wozu es heftig mit den Flügeln schlug, doch Duskmon ließ das nicht zu.

"Eroberung", zischte Bill durch die Schädelmaske und richtete die Mäuler der Wolfshände auf seinen Feind.

Wie hungrige Schlangen schossen dutzende dünner schwarzer Fäden daraus hervor und umwickelten den Hals des fellbedeckten Wesens.

Ein Ruck ging durch das Tier und es stürzte Kopfüber hinab, wo Duskmon es bereits empfing.

Die Schwerter schnellten aus die Tiefen der Wolfsschädel hervor und stachen dem fallenden Monster durch den Brustkorb.

Bis zum Heft sanken die Klingen in den Leib ihres Opfers ein, dessen gesamtes Gewicht nun auf Duskmon lastete.

Er spürte, dass er Dorugamon nicht lange würde stützen können, also fuhr er die Schwerter wieder ein und kappte so die Verbindung.

Mit aller Kraft warf er das Monster von sich, sodass es vor Schmerz schreiend auf dem dem Boden aufschlug.

Etwas überrascht nahm Bill zur Kenntnis, das Dorugamon offenbar nicht blutete, obwohl die gewellten Schwerter doch durch Fell, Haut, Fleisch und Knochen gerammt worden waren.

Verdutzt fuhr er eine der Klingen aus und betrachtete sie. Kein Blut tropfte von der gewellten Waffe.

Bestand dieses Wesen etwa nicht aus Fleisch? Konnte es dann überhaupt sterben?

Zitternd stand Dorugamon auf. Es verzog das Gesicht, wenn man das bei einem solchen Vieh sagen konnte. Es litt offensichtlich Schmerzen.

Duskmon ging langsam zu ihm und stach mit dem ausgefahrenen Schwert in die Flanke des am Boden liegenden Monsters.

Wehleidig jaulte Dorugamon auf und schnappte mit seinen Reißzähnen nach seinem Peiniger.

Mit einem raschen Satz zur Seite brachte Duskmon sich außer Reichweite.

Wieder kein Blut.

"Was bist du für ein Wesen? Wieso blutest du nicht?", rief Duskmon dem verwundeten Tier zu.

Dieses stemmte sich angestrengt wieder auf die Beine und funkelte ihn halb blind vor Schmerz und Wut an.

Schnaufend antwortete die hohe Frauenstimme:

"Was soll ich schon sein? Ist das ein schlechter Scherz?"

Ohne weitere Vorwarnung stürzte es sich mit den Klauen voran auf Duskmon.

In Windeseile entschied sich dieser gegen einen weiteren Hechtsprung, da dafür der Angreifer bereits zu nah war und führte stattdessen erneut die Attacke aus, die Dorugamon zum ersten Mal zu Fall gebracht hatte.

"Untierschlag!"

Die beiden gewellten Schwert durch die Luft schwingend, erzeugte Duskmon wieder zwei rote Striemen, die aus purer Energie zu bestehen schienen und mächtige unsichtbare Wellen schlugen.

Sie rissen den Boden auf und hinterließen eine tiefe Spur, wie von einem Pflug, während die Striemen selbst Dorugamon an der lädierten Brust erwischten und rücklings umkippen ließen.

Was immer dieses Wesen auch war, es war verletzlich und wurde offensichtlich immer schwächer. Er war sich sicher, dass es sterblich war. Und es fehlte garantiert nicht mehr viel bis zu seinem Ende.

Doch wollte er es überhaupt umbringen?

Es war scheinbar intelligent und sich seine Taten vollauf bewusst. Konnte er denn einfach so töten?

Eines seiner größeren beweglichen Augen schwenkte herum und fixierte die Richtung, in der der Zug stehen musste.

Bill dachte an Celine und ihre zerstückelten Überreste.

Nein dieses Wesen war nichts weiter als ein wildes Tier und es hätte ihn genauso umgebracht, ohne zu zögern.

Wut stieg in ihm auf.

Wie konnte er überhaupt erwägen es zu verschonen? Am Ende würde es ihn vielleicht wieder heimsuchen, sobald es wieder bei Kräften war.

Duskmon richtete die Mäuler der Wolfsschädel, sowie alle Augen auf den zuckenden Feind am Boden und rief: "Sengende Augäpfel!"

Rote Energiestrahlen schossen hervor, bündelten sich und schossen auf Dorugamon zu, das nicht mehr in der Lage war etwas zu unternehmen.

Das Monster verschwand in einer Explosion, die die umstehenden Bäume zerfetzte und das Gras am Boden versengte.

Rauchschwaden waberten umher und der Umriss Dorugamons war nur noch als Schemen zu erkennen.

Dann zersprang das Wesen plötzlich in unzählige kleiner Teilchen, die denen ähnlich waren, die um Bills Hand geschwirrt waren, als die Statue ihn vor dem sicheren Tod bewahrt hatte.

Tief einatmend schloss Duskmon all seine Augen und fokusierte sich auf das, was von seinem getöteten Feind übrig geblieben war.

Zielstrebig schwebten all die Partikel auf ihn zu und verschmolzen mit seinem Körper.

Er öffnete die Augen.

Dorugamon war weg. Vernichtet. Es würde niemanden mehr töten.

Bill ließ den Blick mithilfe des erweiterten Sichtfeldes über die Lichtung schweifen.

Die Umgebung glich einem Kriegsschauplatz. Hier und da war die Erde aufgerissen worden. Tiefe Furchen zeichneten die Erde.

Die meisten Bäume waren von Dorugamons Geschossen, seinem Absturz und Duskmons Angriffen nahezu völlig zerstört.

Bei diesem Anblick wurde Bill sich seiner neuen Macht erstmals in vollem ausmaß bewusst.

Er hatte das Monster getötet! Und es war nicht schwer gewesen.

Mit seinen Instinkten und diesem überragenden Körper, hatte er dem Untier nicht den Hauch einer Chance gelassen.

Doch war er überhaupt noch er selbst?

Die leeren Augenhöhlen der Wolfsschädel, die seine Hände ersetzt hatten, schienen ihn höhnisch zu betrachten.

Was war er? War er nicht genauso geworden, wie es Dorugamon gewesen war? Eine Killermaschine?

Nein, er war kein Monster. In ihm steckte der Selbe wie zuvor.

"Ich bin ein Mensch!", schrie er in die fast gespenstische Stille hinein.

Sein Atem ging schwer und er fürchtete sich. Wie konnte er diese Verwandlung bloß rückgängig machen? Würde er für immer so bleiben?

"Ein Mensch! Ein Mensch!", brüllte er weiter verzweifelt und hielt sich den Kopf.

Dort spürte er die unheimliche Schädelmaske.

"Nein ...", flüsterte er nun ängstlich. Das war doch nicht mehr er!

"Kein Monster ... ein Mensch", kam es ihm zitternd, fast schluchzend über die Lippen.

Da fühlte er einen Strom an Energie aus seinem Körper weichend. Es war wie Wasser, das langsam wieder zu seinem Ursprung zurückfloss.

Duskmon leuchtete kurz auf und verschwand dann in einer Wolke aus kleinen Partikeln, die zusammen mit der Kraft, die ihn erfasst hatte, verschwand und in das geheimnisvolle Gerät zurückkehrte.

Einen Herzschlag später war Bill wieder ein Mensch, der keuchend auf den zerfurchten Waldboden sank.

Was war hier geschehen?

In Was hatte er sich verwandelt?

Duskmon? Aber was bedeutete das?

Sein Schädel brummte vor lauter Rätsel und er fühlte sich völlig ausgelaugt.

Bill schloss die Augen und versuchte sich zu konzentrieren.

Er war wieder er selbst. Er hatte seine Gestalt wieder!

Ungläubig betastete er sein Gesicht, fühlte Nase, Ohren und Mund.

Ja, es war vorbei. Was immer ihm widerfahren war, er hatte es überstanden.

Aber konnte man das so denn sagen? War es denn nicht seine Rettung gewesen? Mehr Segen als Fluch?

Dennoch war er überglücklich wieder so zu sein, wie vorher.

"Bist du wirklich ein Mensch?", fragte unerwartet eine Stimme, die von einem Jungen stammen mochte hinter ihm.

In Erwartung eines neuen Feindes blickte Bill rasch zurück und sah in der Tat ein weiteres ungewöhnliches Wesen vor sich.

Es war etwa einen Meter groß, humanoid und von dunklem Violett. Auf seinem Kopf ragten zwei große Ohren nach oben, aus seinem Mund lugten spitze Eckzähne. Um den Hals trug das Wesen ein rotes Halstuch. Ebenfalls rote Handschuhe, ein gelber Smiley auf der weißen Brust und ein violetter Schweif komplettierten das Gesamtbild.

"Ich bin Impmon" sagte es stolz mit der soeben gehörten Jungenstimme*.

Er wirkte frech und nach dem Schrecken von Dorugamon fühlte sich Bill nicht direkt bedroht. "Keine Sorge, mit dir lege ich mich sicher nicht an, bin ja nicht komplett verblödet."

"Ach" meinte Bill matt und starrte Impmon interessiert an.

Was waren das alles für Geschöpfe? Wo war er gelandet?

"Kannst du mir sagen, wo ich hier bin?" fragte er vorsichtig und hievte sich auf die Beine, sodass Impmon nun nach oben schauen musste.

Dieses stemmte belustigt die Fäuste in die Hüften und meinte lachend:

"Dämliche Frage! In der Digiwelt natürlich!"
 

Anmerkungen und Sonstiges:
 

* Dorugamon

Level: Champion

Art: Tierdigimon

Gruppen: Dragons Roar, Nature Spirits

Typus: Datei

Attacke: Stahlgeschoss

http://wikimon.net/Dorugamon
 

* Duskmon

Level: Hybrid

Art: Dämonendigimon

Gruppen: Dark Area ; Nightmare Soldiers

Typus: Variabel

Attacken: Sengende Augäpfel ; Strudel der Finsternis ; Untierschlag ; Eroberung

http://wikimon.net/Duskmon
 

* Impmon

Level: Rookie

Art: Teufeldigimon

Gruppe: Nightmare Soldiers

Typus: Virus

Attacken: Fingerflamme ; Torpedoflamme

http://wikimon.net/Impmon

Eis und Feuer

Kapitel 3: Eis und Feuer


 

Was fragte dieser Kerl so blöd? Sollte das witzig sein?

Impmon war sich nicht sicher, was er von diesem Menschen halten sollte. In der Erwartung, dass Dorugamon den Fremden schnell erledigen würde, hatte Impmon das Geschehen aus einem sicheren Versteck beobachtet. Zu seiner Überraschung war dieser Kerl, der behauptete ein Mensch zu sein, urplötzlich digitiert! Und nun wollte er nichtmal wissen, dass er in der Digiwelt war? Schwachsinn!

"Du verarschst mich doch!", schimpfte Impmon und sah den Menschen herausfordernd an.

"Wieso fragst du sowas?"

Der Fremde zuckte matt mit den Schultern.

"Ist etwas kompliziert. Ich bin nicht von hier."

Impmon grübelte. Nach allem, was er über Menschen gehört hatte, waren sie grundverschieden von den Digimon und lebten in einer anderen Welt, die auf irgendeine mysteriöse Weise mit der Digiwelt verknüpft war. Vielleicht log der Mensch gar nicht und hatte wirklich keine Ahnung.

Impmon kniff die Augen misstrauisch zusammen und fragte:

"Und was machst du hier?"

Der Mensch seufzte.

Nach dem Kampf gegen Dorugamon wirkte er irgendwie erschöpft.

Er strich sein schwarzes Haar aus dem Gesicht und erwiderte:

"Naja, man hat mir versprochen, dass ich hier nützlicher sein könnte, als da wo ich herkomme. Bin ich wirklich in einer anderen Welt?"

Die abschließende Frage hatte unsicher geklungen. Man hatte den Menschen scheinbar hierher gelockt ohne im Genaueres zu erzählen. In diesem Fall war er sicherlich auf Jemanden angewiesen, der sich auskannte.

Impmon grinste.

Er konnte dieser Jemand sein! Wenn der Mensch ihn brauchte, würde er ihn sicher beschützen. Scheinbar konnte er zu einem starken Digimon digitieren, auch wenn Impmon völlig schleierhaft war, wie der Mensch das geschafft hatte.

"Klar bist du in einer anderen Welt. Menschen gibt es hier nicht, glaub mir ruhig. Bist der erste, den ich je gesehen habe."

Impmon verschränkte die Arme vor der Brust und sagte überheblich:

"Und das muss was heißen. Gibt nicht viel, was ich noch nicht gesehen habe. Bin praktisch der Experte der Digiwelt."

Der Mensch schien skeptisch zu sein.

"Ach, wie kommt's?"

Mit langen ausladenen Schritten stolzierte Impmon vor dem verdutzten Menschen auf und ab und berichtete stolz: "Ich bin viel 'rumgekommen, musst du wissen. Ich bleibe nie lange an einem Ort, wäre ja langweilig. Aber wie gesagt ..."

Er zeigte mit einem seiner behandschuhten Finger auf den Menschen.

"... Einen wie dich, habe selbst ich noch nie gesehen."

Tatsächlich hatte Impmon nur wenige Informationen über diese Wesen. Er hatte gehört, dass ihre Welt schon lange vor der Digiwelt existiert hatte. Manche behaupteten sogar, sie wären so etwas wie Götter und hätten die Digiwelt erschaffen.

Impmon kannte jedoch niemanden, der schonmal einen echten Menschen getroffen hatte. Nichtmal eine Beschreibung wie diese Wesen aussahen oder was sie überhaupt groß von den Digimon unterschied existierte.

Nun war er, Impmon, also das erste Digimon, das einem Menschen begegnete! Zumindest hatte dieser Kerl vorhin doch ständig vor sich hin geredet und behauptet ein Mensch zu sein.

Der Fremde begann zu grübeln. Er schien ziemlich verunsichert zu sein. Leise Zweifel machten sich in Impmon breit. Mochte der Kerl vielleicht doch kein nützlicher Verbündeter sein?

"Wie bist du eigentlich digitiert? Wieso kann ein Mensch sowas?" fragte Impmon deshalb. Er musste wissen, wie stark der Mensch als Digimon sein konnte.

Der Angesprochene zuckte bloß kurz mit den Schultern.

"Diese komische Verwandlung? Keinen Schimmer. Es ging alles so schnell."

Großartig. Der Typ wusste nichtmal, was er da eben vollbracht hatte. Ob der Mensch als Beschützer taugte, war also wirklich fragwürdig. Dennoch war Impmon neugierig geworden. Er wollte unbedingt mehr über den Fremden erfahren.

"Wie heißt du überhaupt?"

Der Mensch sah Impmon lange an, so als würde er abwägen, ob er diese Information preisgeben sollte. Schließlich murmelte er: "Bill Cooper."

Was für ein seltsamer Name. Ob wolhl alle Menschenamen mit Cooper endeten?

Impmon würde es bei Zeiten herausfinden, doch zunächst gab es sicher Wichtigeres zu klären.

Das Digimon war wirklich fasziniert von diesem Geschöpf.

Bill war einem Digimon gar nicht mal so unähnlich und doch schien er nicht im Ansatz zu begreifen, dass er eben ein starkes Digimon mit Hilfe einer Digitation besiegt und geladen hatte.

Er musste sicher noch viel neugieriger sein als Impmon.

Und ein Mensch, der völlig ahnungslos durch die Digiwelt stolperte, konnte ihm auch nicht weiterhelfen.

"Hm, also Bill", begann Impmon etwas unsicher, was er dem Menschen zuerst erzählen musste.

Er entschied sich zunächst seinen Wissensstand zu ergründen.

"Wie hast du es geschafft aus deiner Welt hierher zu kommen?"

Bill setzte eine sehr beunruhigte Miene auf.

"Was soll das heißen? Meine Welt?"

Das würde noch lange dauern, soviel stand fest.

Impmon hob zwei kleine Steine auf und hielt sie dem Menschen zur Veranschaulichung vor die Nase. Er konnte es nicht lassen den Schlaumeier raushängen zu lassen. Nun, Impmon war nunmal ein verdammt kleveres Kerlchen.

"Stell dir mal vor, dieser größere Stein wäre deine Welt. Der Ort wo du lebst, da wo alle Menschen sind."

Anschließend wedelte Impmon mit dem anderen, etwas kleineren Stein herum.

"Und das hier ist die Digiwelt. Hier gibt es nur Digimon, keine Menschen. Noch nie war hier ein Mensch."

Achtlos schleuderte Impmon die Steine von sich und stolzierte einem Oberlehrer gleich vor dem sehr verwirrt aussehnden Menschen auf und ab.

"Das weiß hier doch so gut wie jeder! Irgendwie sind die Welten verbunden."

Er deutete schlussfolgernd auf Bill.

"Also, wie hast du es hierher geschafft?"

Der Mensch schien von den Informationen etwas überollt zu werden. Ohne ein Anzeichen von Verständnis im Gesicht, erwiderte er knapp: "In einem Zug."

"Ein Trailmon meinst du?", verbesserte Impmon ihn umgehend.

Bevor Bill etwas sagen konnte, begann das Digimon bereits mit weiteren Ausführungen.

"Du musst wissen, die Digiwelt hat ihren Namen von ihrem kleinsten Element. Der Datei."

Umschweifend zeigte er auf die Gegend, als wäre dies hier sein Reich.

"Alles besteht aus Daten. Was Daten sind, weiß keine so genau, aber man sagt, sie stammen aus der Welt der Menschen, also müsstest du vielleicht schonmal davon gehört haben oder?"

Gebannt erwartete Impmon die Antwort auf diese Frage. Schon ewig hatte sich sein Mentor Taomon mit der Enstehung der Digiwelt auseinandergesetzt und dutzende Theorien aufgestellt.

Die Geschichte mit den Daten war jedoch eine allgemein bekannte Tatsache, die von keinem Digimon hinterfragt wurde.

"Computer", murmelte Bill nur knapp und ein Audruck des Entsetzens trat auf sein Gesicht.

"Ist das hier etwa sowas wie eine Simulation? So ein Cyberkram?"

Energisch schüttelte Impmon den Kopf.

"Quatsch, keine Simulation. Glaub mir ruhig, das alles hier ist real."

Für einen Moment hinterfragte Impmon seine eigene Existenz. Und wenn doch alles nur eine Simulation war? Unsinn! Das konnte nicht sein. Wieso sollte er denn dann ein eigenes Bewusstsein haben und überhaupt die Fähigkeit besitzen nachzudenken? Das war völlig abwegig.

"Woraus besteht denn deine Welt?", wollte Impmon nun wissen.

Eigentlich hatte er sich ja vorgenommen, zunächst den Menschen ausreichend zu informieren, doch die Neugier gewann die Oberhand.

Dieser schien noch immer die bisherigen Eindrücke zu verdauen und antwortete wie immer sehr knapp.

"Atome, glaub ich. Hat mich nie interessiert."

Atome? Was sollte das denn sein?

Vielleicht konnte Taomon sich einen Reim darauf machen.

"Naja, wie auch immer. Wichtig ist, dass natürlich auch alle Digimon aus Daten bestehen. Und wenn wir sterben, dann zerfallen wir wieder zu kleinen Datenpartikeln. In der Regel lädt der Sieger eines Kampfes dann diese Daten um selber stärker zu werden. Ja, die Digiwelt ist ein raues Pflaster, wenn du nicht gerade das Glück hast in einer Stadt zu leben."

Bei Impmons erneuten Ausführungen, hatte Bill etwas beunruhigt geguckt. So richtig schien ihm nicht bewusst gewesen zu sein, dass er Dorugamon gewissermaßen absorbiert hatte.

"Sag mal, wie hast du es denn geschafft zu digitieren? Wo du doch gar kein Digimon bist?"

Wieder obsiegte der Drang nach Wissen. Deshalb hatte Taomon ihn in seine Dienste aufgenommen. Impmon dürstete es ständig nach Informationen.

"Keinen Schimmer, hab ich doch schon gesagt", gab Bill matt zurück.

Impmon seufzte enttäuscht. Natürlich. Das hatte er ja schon gefragt. Vielleicht sollte er mal Taomon um Rat fragen. Sicher kannte er sich auch mit menschlicher Digitation aus.

Wenn nicht Taomon, wer dann?

"So kommen wir hier nicht weiter. Folg' mir, ich kenne da jemanden, der auch die schwierigsten Rätsel lösen kann."

Dem Menschen schien der plötzliche Aufruf zum Aufbruch etwas übereilt zu kommen, doch er ging Impmon ohne Widerworte nach.
 

Eine gute Stunde später konnte der geneigte Beobachter ein ungewöhnliches Paar durch den Wald laufen sehen. An der Seite des voranstolzierenden Impmon schlurfte der übermüdet wirkende Mensch Bill daher. Impmon hatte ihm versprochen, jemanden aufzutreiben, der etwas über diese Digitation sagen konnte. Bill war noch immer völlig schleierhaft, was mit ihm passiert war und zu seiner Schande, wusste Impmon ebenso wenig über die Verwandlung des Menschen.

Auf dem Weg hatte das Digimon ununterbrochen geplappert und nie vergessen damit zu prahlen, wie viel es doch gesehen hatte. Bill war sich nicht sicher, ob er den kleinen Kerl mochte. Wahrscheinlich eher nicht. Er wirkte ziemlich arrogant. Auf der anderen Seite war dies kein Mensch, der ihn wie Unrat ansah und behandelte, sondern nach eigenen Angaben ein Digimon.

Impmon hatte ihm erklärt, dass es in dieser Digiwelt ausschließlich Wesen wie Dorugamon, Impmon oder auch dieses mysteriöse Wesen gab, in das sich Bill zuvor urplötzlich verwandelt hatte. Sie bestanden aus Daten, wie Bill überrascht hatte erfahren müssen. Wenn ein Digimon ein anderes tötete, lud es die Daten des Besiegten, um seine eigenen Stärke zu erhöhen und irgendwann ein neues Level zu erreichen. Laut Impmon spiegelte das Level des Digimon ungefähr seine Stärke wieder. Es war eine Art Klassifikation. Der Sprung von einem Level auf das nächste nannte sich Digitation, also das, was Bill auch getan hatte. Nur hatte er selbst denn ein Level? Ein Mensch? Oder war er an diesem Ort, in dieser Welt, auch nur ein Haufen Daten? Wenn die Digiwelt aus Daten bestand, wie konnte er dann hier sein?

Er erinnerte sich an Celine. Sie war nicht zu Daten zerfallen, wie es Dorugamon getan hatte. Sie hatte eine Leiche hinterlassen. Ein Schaudern durchfuhr Bill. Er hielt nichts von seinen Mitmenschen, aber dieses Schicksal hatte doch wohl niemand verdient.

Vielleicht würde Bill ja früher oder später auch so enden, wie das blonde Mädchen. Nach allem, was Impmon erzählt hatte, waren Angriffe, wie die von Dorugamon, keine Seltenheit hier. Die meisten Digimon lebten nur, um zu kämpfen und um zu digitieren. Eine Ausnahme bildeten wohl Schutzgemeinschaften, also Digimonstädte. In diesen Städten bekämpfte man sich nicht und bot sich gegenseitig Schutz vor außenstehenden Digimon. Impon hatte betont, dass diese Städte wie Enklaven waren. Außerhalb der Städte war jeder Schwache Freiwild.

Nun waren sie also zu so einer Stadt unterwegs. Impmon hatte behauptet, er kenne dort ein weises Digimon, dass sogar mehr als er selbst wüsste und sicherlich auch die verbliebenen Rätsel lösen konnte. Bill hoffte, dass das kleine Wesen Recht behalten würde. Das Alles war doch sehr verstörend.

Sie hatten mittlerweile das Ende des dichten Waldes erreicht. Vor ihnen erstreckte sich eine weite Ebene, die vollkommen leer und verlassen zu sein schien. Einige Felsbrocken lagen herum, aber Pflanzen schien es keine zu geben.

Impmon hielt Bill zurück. Die Gefährten steckten ihre Köpfe aus dem Gestrüpp des Waldes und spähten über die Ebene.

"Hier ist es gefährlich. Man weiß nie, wer hier lauert", wusste Impmon zu berichten. Er zeigte auf die Felsen.

"Dahinter verstecken sich manchmal Digimon und lauern auf Reisende, die in die Stadt wollen. Sie liegt weit in der Ebene, damit man Angreifer schon von weitem sehen kann."

Bill schluckte. Wenn diese Welt so gefährlich war, wie Impmon behauptete, dann konnte er sich Angenehmeres vorstellen, als schutz- und deckungslos durch diese Einöde zu laufen, während überall Wegelagerer lauern konnten.

Scheinbar hatte das Digimon nichts Gefährliches entdecken können, denn auf einmal hüpfte es aus dem Gebüsch und zerrte Bill hinaus auf die Ebene.

Erst jetzt konnte Bill sehen, dass der Wald ungewöhnlich plötzlich endete. Es war, als hätte jemand den Wald direkt an die Einöde geklebt und einen Übergang vergessen. Seltsam.

Impmon spazierte derweil bereits vorneweg und schaute sich dabei misstrauisch um. Bill kam es so vor, als würde das Digimon versuchen gleichzeitig mutig zu wirken und dabei vorsichtig zu bleiben. Komischer Kerl.

Bill folgte ihm vorsichtig. Auch er blickte sich ständig um. Er wollte es nicht zugeben, doch Impmon hatte ihm Angst gemacht. Wenn es noch mehr Digimon vom Schlage Dorugamons gab, wollte er diesen um jeden Preis aus dem Weg gehen.

Die beiden Gefährten näherten sich einer Gruppe kleinerer Felsen. Sie waren nicht hoch genug um ein großes Digimon hinter ihnen zu verbergen, doch Impmon begutachtete sie dennoch wachsam.

Bill fragte sich, ob Impmon sich vielleicht einfach nur aufspielte und ihm Angst zu machen versuchte. Wenn dem so war, dann hatte es definitiv Erfolg damit.

Die erste Reihe von Felsen schien harmlos zu sein, denn Impmon ging weiter und warf seine Blicke auf die nächste Gesteinsformation. Plötzlich fielen ihm und Bill einige ungewöhnliche Steine auf. Sie waren nicht bräunlich wie die anderen, sondern weiß. Als Bill sich einem von ihnen näherte, erkannte er, dass es sich um Eisbrocken handelte. Eis? So kalt war es doch gar nicht?

Vorsichtig streckte er eine Hand aus, um die Temperatur zu fühlen und dadurch zu sehen, ob es sich nicht doch um einen seltsam gefärbten Stein handelte.

"Nein, Finger weg!" schrie Impmon erschrocken, doch es war zu spät.

Bill berührte das Eis. Es war kalt, also handelte es sich tatsächlich um keinen Stein. Doch einen Moment später musste er erkennen, dass es sich auch nicht um Eis handelte.

Die weißen Gebilde erhoben sich auf einmal! Bald waren er und Impmon von Wesen umgeben, die wie kleine Menschen aus weißen Steinen aussahen. Ihre Köpfe waren ungewöhnlich groß und in den Höhlen ruhten große gelb funkelnde Augen. Auf ihren Häuptern wuchsen zwei Hörner mit abgerundeten Enden.

"Verdammt! Das sind Icemon!" fluchte Impmon erschrocken.*

"Icemon?" echote Bill nicht minder ängstlich. "Heißt das, das hier sind Digimon?"

Impmons Kopf ruckte hin und her, scheinbar nach einem Ausweg suchend.

"Klar, was denn sonst?"

Es mochten etwa zehn Icemon sein und sie kamen näher. Einige schnitten ihnen bereits den Rückweg Richtung Wald ab.

"Fingerflamme!" rief Impmon, woraufhin auf jedem seiner Finger eine kleine schwebende Flamme erschien, welche er auf einige der Icemon schleuderte. Diese ließen plötzlich in ihrem Fäusten Brocken aus Schnee oder Eis entstehen und warfen diese den Flammen entgegen.

Impmons Geschosse verdampften in der Luft, worauf es verzweifelt aufschrie.

Das kleine Digimon wandte sich an Bill, der in eine Art Schockstarre verfallen war und fieberhaft nach einem Ausweg suchte.

"Los, du musst digitieren! Mach schon!"

Schnell holte Bill das seltsame Gerät hervor und drückte auf einige Knöpfe. Nichts geschah.

"Ich weiß doch nicht wie!" antwortete er panisch, wobei er weiter vor den näherkommenden Icemon zurückwich. Bald würden er und Impmon eingekesselt sein. Und dann wären sie verloren.

Mit einem Anflug von Todesmut, packte Bill das verdutzte Impmon und spurtete auf eine Lücke in dem Kreis der Icemon zu.

Rasch rückten die Digimon näher zusammen und verschlossen den Fluchtweg.

Mit der Schulter voran versuchte Bill die Wesen aus eisigem Gestein zur Seite zu stoßen, doch vergebens. Es war, als wäre er gegen eine Wand aus Eis gelaufen.

Bill und Impmon prallten zurück und landeten unsanft auf dem Boden. War es jetzt etwa vorbei?

"Rotglühendes Salamanderfeuer!"

Bill hörte eine fremde Stimme rufen, woraufhin einige Salven von flammenden Geschossen die Reihe der Icemon auseinandersprengten. Einige von ihnen fingen Feuer und rannten panisch umher.

Ihre Artgenossen sahen verwundert in die Richtung, aus welcher der Ruf gekommen war. Bill wischte sich Staub aus den Augen, woraufhin er eine große menschenähnliche Gestalt hinter den getroffenen Icemon erkannte. Sie war von einer hauptsächlich roten Plattenpanzerung bedeckt, die an der Brust jedoch weiße Elemente aufwies und auch hier und da schwarz gefärbt war. Der Kopf war durch einen ebenfalls roten Helm geschützt, aus welchem eine blonde Haarmähne hervor sah. Einige Teile des Gesichts waren zu erkennen , welche an einen Menschen mit spitzen Eckzähnen erinnerten. Auf dem Helm waren zwei seitliche und ein mittiges Horn angebracht, welche weiß waren, aber durch rote Streifen verziert wurden. An den Hand- und Fußgelenken waren zusätzliche Panzerungen aus grauem Material angebracht, welche jeweils drei Löcher aufwiesen.*

Das fremde Digimon sprintete auf die noch immer ungeordneten Icemon zu und versetzte einigen von ihnen heftige Tritte und Schläge. Hände und Füße des Kriegers wurden dabei von grellen Flammen umgeben, sodass jeder Treffer eine Verbrennung nach sich zog.

Die bisher nicht angegriffenen Icemon formierten sich nun zum Angriff. Sie riefen synchron:

"Eishieb!", woraufhin sie ihre Fäuste hoben, die sich mit Eis umgaben und das flammende Digimon von allen Seiten angriffen.

Dieses begann sich auf einmal schnell um die eigene Achse zu drehen. Flammen schossen aus den Apparaturen an seinen Füßen und mit einem Mal war das Digimon von einem feurigen Tornado umgeben. Der Wirbelsturm aus Feuer fegte durch die Reihen der Icemon. Schließlich schnellte der Fuß des Feuerdigimons aus dem Tornado hervor und traf eines der Icemon, wobei der Angreifer "Salamanderkick!" schrie. Das Icemon zerfiel augenblicklich zu Daten, welche sofort von dem fremden Digimon geladen wurden.

Bill verfolgte den Kampf mit offenem Mund. Dieses Feuerdigimon war unglaublich stark! Anhand seiner Stimme meinte er erkannte zu haben, dass es sich um ein weibliches Digimon handelte, wenn man das bei Digimon überhaupt so klar sagen konnte.

Es war offensichtlich, dass die Icemon dem Gegner nicht gewachsen waren. Nachdem zwei weitere der eisigen Digimon den Flammen ihres Feindes zum Opfer gefallen waren, traten sie schreiend den Rückzug an. Das Feuerdigimon schickte ihnen einige Salven seiner Geschosse hinterher. Zur Verfolgung setzte es nicht an. Stattdessen blickte es zu Impmon und Bill.

"Alles klar bei euch?" wollte das Digimon wissen. Es wirkte nicht besorgt, sondern eher genervt.

Die Geretteten nickten stumm, während das große Digimon sich ihnen näherte.

"Ihr solltet euch nicht mit solchen Typen anlegen, wenn ihr euch nicht wehren könnt."

Noch bevor Impmon zum Protest ansetzen konnte, wurde das fremde Digimon auf einmal in eine Wolke aus Daten gehüllt, welche ebenso schnell wieder verschwand. An Stelle des Digimons lief nun eine junge Frau zu ihnen.

Sie war groß und schlank, aber nicht mager. Ihre Kleidung bestand größtenteils aus schwarzem, nietenbesetztem Leder, dass hier und da zerrissen war. Die Haare waren nur wenige Zentimeter lang und von stechendem Orange.

Auf Bill wirkte sie wie eine Punkerin. Wie eine äußerst schlecht gelaunte Punkerin.

"Pappnasen" grollte sie und blieb einen Meter vor den beiden stehen. Ihre Augen waren braun. Sie schienen spöttisch zu funkeln.

Bill klappte wieder der Mund auf. War sie etwa das Digimon gewesen? Wo war sie hergekommen?

Impmon motzte sofort zurück.

"Selber Pappnase! Spiel dich mal nicht so auf, niemand hat dich um Hilfe gebeten!"

Der Blick der Frau fiel auf das kleine zeternde Digimon, das wütend die Faust erhoben hatte.

"Hättest dir mal besser ein starkes Digimon als Freund gesucht" meinte sie abfällig, offensichtlich an Bill gewandt. Dieser kam gar nicht zu Wort, denn Impmon kam nun richtig in Fahrt.

"Erstmal habe ich mich eben zurückgehalten. Ich bin nicht schwach! Und Zweitens kann der Kollege hier zu einem starken Digimon digitieren, nur dass du es weißt!"

Die Frau musterte Bill, was ihm Unbehagen einflößte.

Er blickte unwillkürlich zu Boden. Fast hatte er gehofft hier in der Digiwelt auf keine Menschen mehr zu treffen. Impmons unvoreingenommene Art einem armen Schlucker wie Bill gegenüber, hatte ihm irgendwie auf Anhieb besser gefallen als das Verhalten der Menschen, die er kannte.

"Interessant. Zeig mal" forderte sie trocken. Sie schien Impmon sofort zu glauben, wirkte dennoch aber nicht überrascht.

"Kein Schimmer wie das geht."

Bill hatte nicht aufgeblickt.

"Einmal hab ich es irgendwie hingekriegt, aber wie ich das gemacht habe, weiß ich nicht."

Er spürte die herausfordernden Blicke der Frau.

Auf einmal lachte sie auf und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Bill zuckte leicht unter der Berührung weg.

“Das lernst du schon noch, ich hab's ja auch geschafft.”

Sie wirkte plötzlich etwas umgänglicher als zuvor und stelle sich nun auch vor.

“Ich bin Jekaterina Timofejew. Cat. Seit etwa einer Woche in der Digiwelt.”

Bill blickte überrascht auf. Eine Woche? Sie musste taff sein, wenn sie so lange überlebt hatte. Anscheinend hatte sie das Prinzip dieser Digitation begriffen.

“Bill Cooper.”

Beide Menschen runzelten auf einmal synchron die Stirn. Bill hatte, nun da er wusste, dass Cat offensichtlich Russin war, erkannt, dass sie ohne jeden Akzent Englisch sprach. Er konnte sie perfekt verstehen.

“Du bist doch Amerikaner oder? Woher kannst du so gut Russisch?”

Bill entfuhr ein überraschtes “Was?”

Sie hatten sich doch auf Englisch unterhalten! Was redete sie denn da?

“Ich kann überhaupt kein Russisch, wieso sprichst du akzentfrei Englisch?” stammelte er verwirrt.

Irgendwas stimmte hier nicht. Scheinbar hatten sie eine unterschiedliche Wahrnehmung der Konversation.

Nun mischte sich das bisher ungewöhnlich ruhige Impmon ein und fragte: “Englisch? Russisch? Was ist das?”

Das Digimon wirkte sichtlich verständnislos.

Bill erklärte es ihm genervt.

“Das sind Sprachen, du Dummkopf. Sie behauptet, wir würde Russisch sprechen, dabei reden wir auf Englisch.”

Die beiden Menschen sahen sich misstrauisch an.

Impmon blickte dagegen überrascht zu Bill hoch und machte ein ungläubiges Gesicht.

"Sprachen?" fragte es. "Ich dachte das wäre bloß ein Gerücht. Also sprecht ihr Menschen in eurer Welt nicht alle gleich?"

Cat und Bill schüttelten wahrheitsgemäß die Köpfe, woraufhin Impmon lachend fortfuhr:

"Na, dann hat sich das ja geklärt. Hab schonmal von diesem Unfug gehört. Hätte nicht gedacht, dass das echt so ist. Hier in der Digiwelt gibt es sowas wie Sprachen nicht. Wenn ein Digimon mit einem anderen reden will, dann verstehen die Digimon sich auch. Wir sind in einer digitalen Welt, alles wandelt sich automatisch so um, dass der Zuhörer es versteht."

Er musterte die Menschen fachmännisch.

"So muss es bei euch auch sein. Egal was einer von euch sagt, der andere hört es so, wie es für ihn am verständlichsten ist."

Normalerweise hätte Bill dem Digimon misstraut, doch da er bereits lebende Gesteinsbrocken und ein fellbedecktes Ungetüm gesehen, sowie am eigenen Leib eine Digitation mitgemacht hatte, gab es gar nichts mehr, was er nicht glauben würde.

Er und Cat zuckten also akzeptierend mit den Schultern.

Bill fragte: "Wie hast du es denn geschafft zu einem Digimon zu werden?"

Cat holte ein Gerät, ähnlich dem mysteriösen Gegenstand, den Bill in Chicago erhalten hatte, hervor und zeigte es ihm. Im Gegensatz zu Bills Exemplar war es größtenteils rot und dazu hier und da orange eingefärbt.

"Ich war in Gefahr, weil ein paar Digimon mich für einen Datenlieferanten gehalten haben. Da hat das Teil hier angefangen zu leuchten und mich irgendwie unbewusst in eine Höhle geführt, in der es brannte. Ich bin aber komischerweise nicht verbrannt. Drinnen hab ich so eine komische Statue gefunden. Dann ging alles ganz schnell und ich konnte plötzlich zu Agunimon digitieren", berichtete Cat. Das klang alles stark nach Bills eigenen Erlebnissen.

"Zu Agunimon?" hakte Bill nach.

"Jep. Und du? Wie heißt du als Digimon?"

Bill musste kurz nachdenken. Als er zu einem Digimon geworden war, hatte er seinen Namen laut gerufen, ganz unwillkürlich.

"Duskmon" antwortete Impmon für ihn "Ziemlich krasser Typ, wenn du mich fragst."
 

Anmerkungen und Sonstiges:
 

*Icemon

Level: Champion

Art: Eisiges Schneedigimon

Gruppen: Nature Spirits ; Nightmare Soldiers

Typus: Datei

Attacken: Eiskugelbombe ; Eishieb

http://wikimon.net/Icemon
 

*Agunimon

Level: Hybrid

Art: Menschliches Dämonendigimon

Gruppen: Dragons Roar ; Nature Spirits ; Nightmare Soldiers

Typus: Variabel

Attacken: Rotglühendes Salamanderfeuer ; Salamanderkick ; Feuerhagel

http://wikimon.net/Agunimon

Ein neues Ziel


 

Kapitel 4: Ein neues Ziel
 

Bei Impmon war sich Bill noch immer unsicher, ob er Sympathien für das vorlaute Digimon hegte, doch bei Cat hatten wenige Minuten zu einer eindeutigen Meinung völlig ausgereicht. Die Russin war absolut unerträglich.

Jekaterina war wie besessen von der Vorstellung einer gesellschaftsfreien Welt. Sie gehörte zu einer russichen Anarchiebewegung und schien von den Ideen dieser Strömung geradezu fanatisch begeistert zu sein. Die Digiwelt stellte ein Paradies für die junge Erwachsene dar. Sie hatte Bill und Impmon ausführlichst vorgeschwärmt wie frei und unbeschränkt das Leben hier sei.

"Ganz natürlich" hatte sie gesagt "Das Recht des Stärkeren ist das einzige, das es geben sollte."

Daher war es Schock für sie gewesen, als Impmon erklärt hatte, dass er und Bill auf dem Weg in eine Digimonstadt waren, um Information über die menschliche Digitation zu sammeln. Cat hatte zunächst nicht glauben wollen, dass es an einem so wundervollen Ort wie der Digiwelt auch etwas so schreckliches wie Gesellschaft und Zivilisation geben sollte. Schließlich hatte sie beschlossen, den beiden anderen in die Stadt zu folgen und sich ein eigenes Bild davon zu machen. Zudem wollte auch sie gerne mehr über Agunimon erfahren.

Auf dem stundenlangen Fußmarsch hatte sie Bill davon zu überzeugen versucht, ihre Ideale auch als die seinen zu akzeptieren. Ihrer Meinung nach musste doch gerade jemand wie er, der nichts von der Gesellschaft bekommen hatte, die Anarchie anstreben. Doch da war Bill gänzlich anderer Meinung. Für ihn war klar, dass es nicht an dem System, sondern an den Menschen selbst lag. Sie waren egoistisch und grausam. Die völlige Abschaffung von Regeln würde doch für nur noch weniger Gerechtigkeit sorgen.

Dennoch lag Jekaterina ihm ständig mit diesem leidigen Thema in den Ohren. Sie war absolut besessen, schien an nichts anderes denken zu wollen. Oder zu können. Es kam Bill fast krankhaft vor.

Er konnte die Russin also nicht mehr leiden, als all die Egoisten, die er bisher getroffen hatte. Nur war sie einfach wesentlich radikaler und um einiges hartnäckiger, was ihre Bekehrungsversuche anging.

Auch Impmon war von ihr nicht wirklich begeistert. Doch er und Bill standen in Cats Schuld und konnten sie ja nicht einfach wegschicken. Wahrscheinlich würde sie die beiden dann angreifen, denn würden sie denn dadurch nicht in ihre Freiheit eingreifen?

Sie waren bereits seit einer gefühlten Ewigkeit unterwegs und Bills Beine schrien längst vor Schmerzen. Seltsamerweise wurde es nicht dunkel. Ob es in der Digiwelt wohl so etwas wie Tag und Nacht gab?

Er stieß Impmon an.

"Wie lange dauert ein Tag hier so?"

Das Digimon blickte ihn erstaunt an.

"Wir sind in einer Tagregion, hier ist nie Nacht."

Langsam gab es nichts mehr, was Bill schocken konnte. Also gab es Orte an denen es nie Nacht wurde und wiederum andere an denen der Tag nie anbrach?

"Ist das etwa die Stadt?" fragte Cat auf einmal. Bill folgte ihrem Blick. Er konnte absolut nichts erkennen.

"Wo denn bitte?" erwiderte er verständnislos. War er denn blind geworden?

Sie sah zu ihm zurück, da er hinter ihr gegangen war und funkelte ihn böse an.

"Verarsch' mich nicht, klar?"

Impmon schloss derweil gelassen zu der wütenden Russin auf und bestätigte gelassen, ganz so als erkläre weiser Großvater seinen fragenden Kindern etwas äußerst simples, dass es sich bei dem Gesehenen tatsächlich um die Stadt handelte.

Entgeistert blieb Bill stehen, während die anderen beiden weitergingen. Er sah noch immer keine Stadt. Langsam folgte er Impmon und Cat und plötzlich schien er eine unsichtbare Grenze inmitten der leeren Einöde zu überschreiten. Mit einem Mal konnte er sie sehen. Die Digimonstadt lag direkt vor ihm.

Sie war von gewaltigen Mauern aus schneeweißem Stein umgeben, die bis in die Wolken zu reichen schienen. Das Gemäuer umschloss ein riesiges Gebiet. Wie hatte er dieses Monstrum von einer Stadt übersehen können? Sie hätten sie doch schon kilometerweit sehen müssen?

"Kommst du oder was?" rief Cat drängend.

Sie und Impmon hatten bereits ein lächerlich kleines Tor erreicht und sprachen durch ein kleines Fenster mit einem Digimon.

Verwirrt schloss Bill auf. Von dem Punkt, an dem er die Stadt hatte sehen können, bis zu dem Tor waren es nicht einmal dreißig Meter.

"Was zur Hölle ..." stammelte er. Wie konnte das sein?

Das Digimon auf der anderen Seite des Tors schien von ihrer Ungefährlichkeit überzeugt zu sein, denn plötzlich schwangen die Tür aus dickem Stahl nach innen auf und gab den Weg ins Innere der Stadt frei.

Hastig folgte Bill Impmon und Cat und wollte dem Digimon sofort tausend Fragen stellen, doch als er die Stadt betrat, blieben die Worte in seinem Hals stecken und sein Mund klappte entgeistert auf.

Das war keine normale Stadt.

Scheinbar waren die Mauern um eine Art Senke herum errichtet worden, denn Bill, Cat und Impmon blickten von oben auf das hinab, was Impmon als Digimonstadt bezeichnet hatte.

Es war als hätte jedes Digimon seine natürliche Umgebung ins innere der Mauern versetzt. Wie die Felder eines Schachbretts reihten sich völlig verschiedene Gebiete nahtlos aneinander. Hier war ein Wald, dort ein See, an einer anderen Stelle brodelte ein Vulkan und in einer Ecke schien ein Moor zu liegen.

Alles war voller Digimon. Gewaltige Monstren mit Klauen und Reißzähnen, winzige Wesen, die nur aus einem Kopf zu bestehen schienen und undefinierbare Gestalten, die mal geisterhaft und mal fest waren liefen quer durcheinander. Viele hielten an und plauderten mit ihren ungleichen Gegenübern. Ein geschäftiges Treiben herrschte vor allem um das Zentrum der Stadt, welche wie ein Industriegebiet wirkte. Eine Art Markt wurde dort abgehalten und es tummelten sich tausende von Digimon dort.

Bill fand keine Worte. Zu abstrus war das Bild, dass sich ihm dort bot.

Cat schient es kaum besser zu gehen, denn zum ersten Mal, seit Bill sie kannte, blieb sie stumm.

"Na, beeindruckt?" fragte Impmon überflüssigerweise und deutete auf das Geschehen, als sei er der Herrscher dieser Metropole.

Staunend folgten die beiden Menschen dem wichtigtuerisch vorangehenden Impmon, welcher es nicht lassen konnte, sie immer wieder auf besonders Interessante Dinge hinzuweisen.

Bill kam alles interessant vor. Es gab so viele verschiedene Digimon und so lächerlich unterschiedliche Stadtteile. Nichts schien zusammen zu gehören und doch herrschte einheitliche Harmonie innerhalb dieser Stadtmauern. Man half und schützte sich hier. Die großen und starken Digimon verteidigten die kleineren, während diese ihren Mitbürgern bei filigranen Problemen unterstützen.

Impmon erklärte auf ihrem Weg ausgiebig, wie solche Städte gegründet wurden. Digimon, die das ewige Kämpfen satt waren, schlossen sich zusammen, um dem rauen Leben in der Wildnis zu entkommen. Oft nahmen eine Hand voll Digimon auf hohen Leveln eine große Menge schwacher Digimon unter ihre Fittiche. Das System erforderte Zusammenhalt und Vertrauen und es funktionierte. So musste eine Gesellschaft aussehen, befand Bill. Das war ein Ort, an dem er sich zu leben gut vorstellen konnte.

Cat dagegen wurde immer mürrischer. Auch sie war natürlich beeindruckt, doch eher im negativen Sinne. Ihr Bild von der regellosen und freien Digiwelt war vernichtet worden. Sie wollte diesen Ort so schnell wie möglich wieder verlassen.

"Das Digimon, das wir suchen, lebt im Zentrum" verkündete Impmon beschwichtigend "Wir sind jeden Moment da."

Das Stadtzentrum ähnelte einer Menschenstadt. Hier tummelten sich die meisten Digimon. Manchmal versperrten riesige Exemplare ganze Straßenzüge, doch die kleineren Digimon warteten geduldig. Die Harmonie und der natürliche Zusammenhalt begeisterten Bill.

Impmon führte die beiden Menschen in eine weniger belebte Gegend, die von seltsamen Holzhütten dominiert wurde. Sie wirkten auf dem asphaltierten Boden und umgeben von Hochhäusern aus Zement doch irgendwie fehl am Platz. Aber was in dieser Stadt tat das nicht?

Die Hütten waren mit Stroh bedeckt und sahen für Bill alle gleich aus, doch Impmon nahm zielstrebig Kurs auf eines ganz am Rand des Viertels und hämmerte sogleich an dessen Tür.

"Gleich lernt ihr ein wirklich gebildetes Digimon kennen. Nebem dem seh sogar ich wie ein unwissender Dummkopf aus!"

Scheinbar hatte dieses Digimon einen bleibenden Eindruck bei Impmon hinterlassen, denn er schien es nahezu zu verehren.

Zur allgemeinen Überraschung öffnete niemand und es gab auch keinerlei Anzeichen einer Reaktion aus dem Inneren.

"Das kann nicht sein, Taomon ist immer zuhause!" fluchte Impmon verwirrt und umrundete ungläubig die Hütte.

"Ihr sucht Taomon?"

Eine hohe Stimme hatte hinter ihnen die Frage gestellt. Sie gehörte zu einem fuchsartigen Digimon, das eine seltsame rotweiße Maske trug und scheinbar einen geringelten Schaal um den Hals geschlungen hatte. Sein Schweif aus blauem Stahl war unproportional groß und zuckte unabhängig von seinem Besitzer hin und her. An seinem rechten Oberschenkel war das "Taijitu", das Symbol für Ying und Yang zu sehen.*

"Wer will das wissen?" antwortete Impmon wenig freundlich und ballte die Faust.

Das Digimon kam näher und stellte sich vor:

"Mein Name ist Reppamon und ich war lange Zeit ein Nachbar und Freund von Taomon."

Reppamon sah wehmütig in die Ferne.

"Er ist fort. Hier werdet ihr ihn nicht finden."

Ungläubig ließ Impmon die Faust sinken.

"Was? Fort? Wohin denn?"

Reppamon musterte die ungewöhnliche Gruppe eine Weile. Scheinbar wollte das Digimon abschätzen, ob man den Fremden trauen konnte. Letztlich schien es zu keinem eindeutigen Ergebnis gekommen zu sein und es wandte sich erneut an Impmon.

"Du musst einer von Taomons Informanten sein, was hast du zuletzt für ihn getan?"

Bill fragte sich, wer dieser Taomon wohl sein mochte. Nach allem was er erfahren hatte, musste das Digimon sehr gefragt sein und doch hauste es in dieser doch etwas einfachen Gegend und konnte nahezu unbemerkt weggehen, trotz seines offensichtlichen Ruhmes.

Impmon sah betreten zu Boden und verschränkte die Arme hinter dem Rücken.

Dann sagte er unwillig: "Ich sollte für ihn im Wald Dorugamon beobachten, Taomon wollte mehr über die Hackordnung da drüben erfahren."

Scheinbar hatte Impmon ihm nicht ganz die Wahrheit erzählt, als er von seinem Vagabundendasein berichtet hatte. Er war wohl so etwas wie ein Kundschafter für dieses wissensdurstige Taomon.

"Das passt zu ihm" erwiderte Reppamon "Du bist also wirklich einer von Taomons Leuten. Dann kann ich dir wohl vertrauen."

Den langen Schweif etwas abspreizend ließ das Tierdigimon sich auf den Hinterläufen nieder.

"Taomon ist in den Norden gezogen, um eine Stadt zu finden, von der er gehört hat. Reisende haben ihm berichtet, dass dort irgendwo gerade eine neue Siedlung gegründet worden ist und er war wie besessen von der Idee den Aufbau einer Stadt von Anfang an miterleben zu können. Hier wirst du ihn wohl nicht so bald wiedersehen."

Impmon klappte bei dieser Erklärung die Kinnlade herunter. Völlig von der Rolle begann er zusammenhanglose Dinge zu stammeln, die seine offensichtliche Verwirrung malerisch unterstrichen.

Bill empfand Enttäuschung bei dieser Neuigkeit. Taomon war ein Hoffnungsschimmer gewesen. Durch ihn hätte er endlich Antworten finden können. Und nun war dieser Schimmer einfach weitergezogen.

Plötzlich packte Cat, die bis dato recht teilnahmslos gewirkt hatte, Impmon und Bill an den Armen und zerrte sie in die Richtung, aus welcher sie das Viertel betreten hatten.

"Na dann holen wir den Kerl eben ein, keine Zeit zu verlieren" verkündete sie mit einer Stimme, die keinen Widerspruch zulassen wollte.

Bill war sich zunächst nicht sicher, ob er den überstürzten Aufbruch gutheißen wollte, obwohl auch er gerne Antworten haben wollte. Hastig befreite er sich von der Russin.

"Lass uns doch mal eine Pause machen, ich könnte mal was zu essen vertragen."

Impmon setzte daraufhin ein angewidertes Gesicht auf.

"Ohne mich, Essen ist nicht so mein Fall."

Völlig verwundert starrten die beiden Menschen das Digimon an. Wie hatte das Wesen ohne Nahrung denn überleben können? Impmon erkannte ihre Verwirrung rasch und grinste überlegen.

"Muss ich mal wieder aufklären? Ich weiß ja nicht, wie das bei euch läuft, aber Essen braucht hier keiner. Ist mehr freiwillig, aber du hast keinen Nachteil, wenn du es nichts isst."

Bill horchte in sich hinein. Er war doch schon mindestens einen Tag lang hier in der Digiwelt und war kilometerweit gelaufen. Trotzdem verspürte er keinen Hunger. Die Gewohnheit ständig um Essen besorgt zu sein, schien diese Tatsache völlig überdeckt zu haben.

Für Cat war die Neuigkeit wohl ein Grund zur Aufregung, denn sie packte Impmon rüde an dessen Halstuch und brüllte ihm ins Gesicht:

"Das hättest du vielleicht mal früher sagen können! Seit ich hier bin futter ich jeden Tag irgendwelche widerlichen Pilze!"

Vor Wut kochend, obwohl Impmon natürlich bis vor kurzem überhaupt keine Gelegenheit gehabt hatte, der Russin von dieser ungewöhnlichen Tatsache zu berichten, stieß sie das Digimon von sich.

"Ganz ruhig!" rief mit einem Mal Reppamon, das bis hierher geschwiegen hatte.

"Ihr solltet euch nicht streiten. Konflikte werden hier nicht gerne gesehen. Seid meine Gäste und ruht euch aus. Später zeige ich euch gerne den Weg, den Taomon genommen hat."

Bill dankte dem Digimon stumm für sein Eingreifen. Die temperamentvolle Cat hatte ihn ein wenig verunsichert. Für einen Moment hatte sie so ausgesehen, als würde sie auf Impmon losgehen wollen. Und eine Pause kam mehr als recht.
 

Wie Impmon bereits erklärt hatte, gab es in diesem Teil der Digiwelt keine Nacht. Daher konnte man schlecht davon sprechen, dass die Gruppe aus zwei Menschen und einem Digimon erst am nächsten Morgen erwachte. Doch Bill kam es so vor, als wären sie nach einer inneren Uhr aufgestanden, die ihnen vormachte, eine imaginäre Nacht wäre vorüber gegangen.

Reppamon hatte sie in einer weiteren Holzhütte auf Strohlagern ausruhen lassen, was Cat gar nicht gefallen hatte. Letztlich hatte sie dennoch zugestimmt, eine Weile bei dem hilfsbereiten Digimon zu rasten. Nun jedoch drängte sie vehement auf die Weiterreise.

Reppamon erläuterte Impmon, wohin Taomon genau gegangen war und erklärte, dass die Digimonsiedlung an einem Berg namens Fortran* gebaut wurde. Mit diesem Namen wusste das kleinere Digimon offensichtlich etwas anzufangen.

Für Bills Geschmack verließen sie die Digimonstadt viel zu schnell. Er hätte sich stundenlang hier umsehen können. Wahrscheinlich hätte er sie nie mehr verlassen, wenn nicht die Ungewissheit in ihm genagt hätte.

Während er nun also schweren Herzens Cat und Impmon hinterherging, welche ein rasches Tempo vorzogen, versuchte er möglichst viele Eindrücke in sich aufzunehmen. Die Faszination in ihm war gewaltig. Viel zu schnell hatten sie das Zentrum verlassen und durchquerten eine Pforte durch die gewaltigen Mauern.

Den Blick zurückgewandt entfernte sich Bill von diesem wundersamen Ort und mit einem Mal überquerte er die unsichtbare Linie, die wohl einen Verteidigungsmechanismus darstellte und die riesige Digimonstadt war im nächsten Moment wie vom Erdboden verschluckt.

Die anderen beiden hatten schon einen enormen Abstand gewonnen, sodass Bill sich sputen musste, um aufzuschließen. Er warf einen letzten Blick dorthin, wo zuvor noch die Stadt zu sehen gewesen war.

Hierher würde er zurückkehren. Irgendwann. Egal was passieren mochte.
 

Anmerkungen und Sonstiges:
 

*Reppamon

Level: Champion

Art: Heiliges Tierdigimon

Gruppe: Virus Busters

Typus: Serum

Attacke: Rasierwind

http://wikimon.net/Reppamon
 

*Fortran

Fortran ist eine Programmiersprache ; Abkürzung für Formula Translation

Ich habe mich hier an das System aus Adventures angelehnt, wo es z.B. den Kontinent Server gab, also heißt der Berg hier eben Fortran ;)

Jagdfieber


 

Kapitel 5: Jagdfieber
 

Bills Gedanken hingen noch Stunden nach ihrem Aufbruch unaufhörlich an der Digimonstadt. Dieses ungezwungene Miteinander hatte ihn tief beeidruckt und eine Gewissheit in ihm geweckt. Der Brief, der ihn hergelockt hatte, hatte Recht behalten. In dieser Welt gab es andere Geschöpfe und andere Möglichkeiten und sie waren besser, als alles, was Bill je bei den Menschen hätte finden können.

Er warf einen missgelaunten Blick auf Cat, die neben ihm mit steifem Gesichtsausdruck daherlief.

Wenn sie Taomon gefunden und alle Antworten auf ihre Fragen erhalten hatten, würde er so schnell wie möglich so weit wie möglich von dieser Frau Abstand nehmen. Genau genommen, war sie doch noch mieser, als die Leute, die ihn ignorierten oder verachteten. Sie sah sich als gleichgestellt mit ihm, obwohl sie es nicht war. Sie verglich die beiden völlig unterschiedlichen Schicksale ohne Grund miteinander, weil es ihrem fanatischen Weltbild entsprach. Bill hasste sie fast schon dafür.

Impmon lief ein wenig voraus und schwieg ungewöhnlicherweise. Es war schnell klar geworden, dass die Gruppe gewiss nicht durch Harmonie zusammengehalten wurde. Das Digimon sah in den Menschen eher Beobachtungsobjekte und Beschützer, während die Menschen den kleinen Wichtigtuer mehr als Mittel zum Zweck betrachteten.

Bill war sich sicher, dass er im Notfall keinem von den beiden anderen trauen konnte.

Die Gruppe erreichte nun einen breiten Fluss, über den eine steinerne Brücke gespannt war. Das Wasser floss rasch und reißend. Auf der anderen Seite änderte sich die Gegend so unerwartet, wie damals der Wald in die Einöde übergegangen war. Die karge Ebene endete hier mit dem Fluss und ging am anderen Ufer in grüne Wiesen, einige Hügel, Bäume, Sträucher und sogar große Felsbrocken über. Es sah idyllisch aus da drüben.

"Endlich mal was anderes, als dieses Nichts" knurrte Cat und spuckte vor sich in den Staub.

Bill teilte ihre Euphorie. Seine Augen hatten seit Stunden kein Grün mehr gesehen.

Schnellen Schrittes überquerte die Gruppe die Brücke. Unter ihnen rauschte das Wasser daher und Bill wäre zu gerne stehen geblieben, um es sich näher anzusehen, doch Impmon drängte zur Eile. Er fürchtete ein angriffslustiges Digimon in der Tiefe.

Am anderen Ufer beschlossen die Drei eine Pause einzulegen.

Die Sonne strahlte unverändert auf sie hinab, sodass sie es vorzogen, sich im Schatten einiger niedriger Bäume niederzulassen.

Während Impmon augenblicklich eindöste und dabei leise zu schnarchen begann, starrte Cat auf dem Rücken liegend in den wolkenlosen Himmel. Bill lehnte sich dagegen an einen der Baumstämme und holte das schwarze Gerät hervor, das ihn seiner Zeit zu einem Digimon hatte werden lassen.

Was waren diese Dinger? Wieso sah Cats Exemplar anders aus als seines? Und wer hatte es ihnen geschickt?

Hoffentlich war Taomon auch in der Lage eines dieser Rätsel zu lösen.

"Wie wirst du zum Digimon?" fragte Bill spontan an Cat gewandt. Diese blickte weiter nach oben und zuckte kurz mit den Schultern.

"Ist mehr so eine Gefühlssache, oder? Ich spüre halt diese Kraft und dann geht alles ganz schnell."

Sie hob eine Hand nach oben und drehte diese.

"Irgendwie erscheinen Daten um die Hand und ich drücke intuitiv den richtigen Knopf an diesem Dings" fuhr sie fort, woraufhin sie das erwähnte Gerät hervorholte.

"Ich denke da nicht weiter drüber nach, aber es würde mich natürlich interessieren, wie das möglich ist, dass ein Mensch zu einem Vieh aus Daten wird." Sie klang nachdenklich.

Bill betrachtete sein Exemplar gedankenverlorenen. Diese Erklärung hatte ihm nicht wirklich weiter geholfen.

Jekaterina setzte sich aufrecht hin und ließ den Blick schweifen. Etwas harsch fragte sie:

"Meinst du, hier gibt's noch mehr Menschen? Ich meine Überlebende."

Daraufhin wusste Bill keine klare Antwort. Er hatte der Russin bereits von der ermordeten Celine erzählt, was Cat ziemlich kalt gelassen hatte.

"Ein paar bestimmt noch. Ich frage mich, ob jeder Mensch zu einem Digimon werden, kann, wenn er so eine Statue findet, wie wir beide."

Es herrschte Schweigen, denn keiner der beiden konnte mehr als Spekulationen äußern.

Plötzlich sprang Cat wie von der Tarantel gebissen auf und blickte in Richtung des einige hundert Meter entfernten Flusses. Dort lief ein rotes Wesen entlang. Und es war groß.

"Ist das ein Digimon?", spekulierte Cat laut und trat nach Impmon, der fluchend aufsprang und schrie:.

"Du spinnst doch! Was soll der Mist?"

Als er jedoch das rote Etwas erblickte, verstummte er kurz. Dann warf er sich zurück auf den Boden.

"Es hat uns noch nicht gesehen, wir sollten uns versteckt halten, bis es weg ist!"

Auch Bill legte sich flach auf den Bauch, doch Cat blieb, wo sie war. Zur allgemeinen Verwunderung machte sie sich zielstrebig auf den Weg zu dem fremden Digimon.

"Was machst du denn da?" quiekte Impmon panisch, wagte es jedoch nicht zu zurückzuhalten.

Jekaterina drehte sich schelmisch grinsend um.

"Hier draußen kann jeder tun, was er will. Und ich hab Bock, jemandem aufs Maul zu geben!"

Bei diesen Worten lachte sie auf und ballte die Faust um ihr rotes Gerät.

Hatte sie denn völlig den Verstand verloren? Sie konnte doch nicht einfach so irgendein Digimon angreifen, nur weil sie als Agunimon so stark war? War das etwa ihre geliebte Anarchie? Wahllose Angriffe?

"Was soll der Scheiß, bleib hier! Du bist doch gehirnamputiert!" rief er der Russin nach, doch diese hatte ihre Schritte beschleunigt und ignorierte ihn.

Was sollte er jetzt tun? Impmon würde sich nicht bewegen, soviel war klar. Aber konnte er zulassen, dass Cat dieses wohl möglich friedliche Digimon tötete? Er fühlte sich hilflos und sah verzweifelt, wie Cat auf halber Strecke innehielt und das Digimon am Fluss provozierend anschrie.

Ob es die Worte verstanden hatte, blieb ungeklärt, doch das große rote Wesen nahm Kurs auf Jekaterina, wobei seine Schritte den Boden erzittern ließen.

Als es näher kam, erkannten auch Impmon und Bill erste Details seines Äußeren. Es handelte sich um eine Art Dinosaurier. So etwas wie ein Tyrannosaurus. Er war bis auf die weiße Bauchregion komplett rot und besaß grüne Zacken auf dem Rücken. Aus seinem Maul ragten gewaltige Zähne, die nicht minder gefährlich wirkten, als die Klauen an seinen Pranken. Das Digimon musste mindestens sechs Meter hoch sein.*

Impmon erkannte den Dinosaurier.

"Das ist ein Tyrannomon, mit denen ist nicht gut Kirschenessen!" erklärte er verzweifelt.

Cat schien nun, da Tyrannomon so nah gekommen war, etwas weniger selbstbewusst. Sie ging einige Schritte zurück, bevor sie sich ein Herz fasste. Die Russin hob ihre rechte Hand, während sie in der Linken ihr rotes Gerät umklammerte.

Zunächst geschah nichts, doch dann erschienen mit einem Mal unzählige Datenpartikel um Cats erhobene Hand und sie grinste triumphierend. Die junge Frau stieß das Gerät in den Wirbel und verschwand einen Augenblick später selber in einer Wolke aus Datenfragmenten.

"Spirit-Evolution! - Agunimon!", schrie sie laut.

Die Daten verschwanden und an der Stelle, an welcher zuvor noch Cat gestanden hatte, machte sich nun Agunimon in der markanten roten Rüstung zum Kampf bereit.

Tyrannomon machte die plötzliche Verwandlung seines Gegenübers scheinbar keine Angst.

Brüllend stürzte das tonnenschwere Ungetüm sich auf Agunimon.

Mit einem Hechtsprung zur Seite konnte sich das Feuerdigimon aus der Gefahrenzone bringen, sodass der Dinosaurier ins Leere schnappte.

Nun stoben Flammen aus den Apparaten an Aguinmons Handgelenken, die sie sofort auf Tyrannomon abfeuerte.

"Rotglühendes Salamanderfeuer!"

Zum allgemeinen Entsetzen kümmerten die Feuergeschosse das größere Digimon nicht allzu sehr. Stattdessen stieß es einen Kampfschrei aus und hieb mit seinem Schweif nach Agunimon.

Das Feuerdigimon wurde auf Brusthöhe erfasst und gut ein Dutzend Meter weiter zu Boden geschleudert.

"Verdammt, was habe ich gesagt?" stöhnte Impmon verzweifelt. "Gegen so ein Riesenvieh hat sie doch nie eine Chance!"

Bill war ähnlicher Meinung. Es war dumm von Cat gewesen, sich so einen großen Feind ohne Grund zu suchen.

Während er zu dieser Überlegung kam, versuchte es Agunimon mit einer Abfolge von schnellen Tritten und Hieben, die stets von Flammen an Fuß- und Handgelenken begleitet wurden.

Das größere Digimon konnte mit der Geschwindigkeit der Angriffe nicht mithalten, doch störte sich nicht wirklich daran. Stattdessen rammte es seinen Gegner mit der gesamten Masse seines Körpers aus dem Weg, als Agunimon gerade im Sprung zum nächsten Angriff hatte ansetzen wollen.

"Feueratem!" grollte Tyrannomon mit tiefer Stimme und spie eine lange Flamme aus, die das am Boden liegende Digimon einhüllte.

Aus irgendeinem Grund überraschte es Bill nicht, dass Agunimon völlig unversehrt wieder aufstand.

"Feuerattacken gegen mich? Ganz dumme Idee!" kommentierte sie und schien nun an Kraft gewonnen zu haben.

"Salamanderkick!"

Der Feuertornado, den sie schon gegen die Icemon verwendet hatte, bildete sich mit enormer Größe, viel gewaltiger als damals, und rauschte mit Agunimon in seiner Mitte auf Tyrannomon zu.

Der Fuß des Feuerdigimons stieß durch die Flammenwand und hatte wohl auf Tyrannomons Kopf abgezielt. Doch Tyrannomon reagierte schnell und schnappte mit seinen Reißzähnen nach Agunimons Fuß. Sie schrie vor Schmerz auf, als das Dinosaurierdigimon mit aller Kraft zubiss.

Agunimon hing nun mit einem Bein in dem Maul seines Feindes fest und wurde praktisch zermalmt.

"Das reicht" murmelte Bill.

Er konnte Jekaterina nicht mal ansatzweise leiden und sie hatte sich dieses Dilemma selbst zuzuschreiben, aber er konnte sie doch nicht verrecken lassen!

Rasch stand er auf und rannte zu den Kämpfenden.

"Halt! Spinnst du?" rief ihm Impmon hinterher, blieb aber dort wo er war.

Im Laufen zog Bill das schwarze Gerät hervor, das ihm gegen Dorugamon geholfen hatte.
 

"Ist mehr so eine Gefühlssache, oder? Ich spüre halt diese Kraft und dann geht alles ganz schnell."
 

In seinem Kopf hallten Cats Worte nach, der einzige Ansatz, den er besaß. Er hielt inne und schloss die Augen. Vorsichtig horchte er in sich hinein. Tatsächlich! Da war doch etwas!

Tief in sich spürte er, dass ungebändigte Energien nur darauf warteten freigesetzt zu werden.

Er öffnete die Augen und sah Aguinmon, dass nun von Tyrannomon zu Boden geschleudert worden war und nun von den riesigen Hinterläufen zerquetscht wurde.

Er musste helfen, ganz gleich ob sie es verdiente oder nicht! Er war doch dazu bestimmt, oder etwa nicht? Hatte der geheimnisvolle Brief nicht genau das gemeint?

Unwillkürlich schrie Bill aus tiefster Kehle auf und plötzlich erschienen die Daten um seine rechte Hand. Seine freie Linke fand wie von selbst den richtigen Knopf an dem schwarzen Gerät und mit aller Macht führte Bill beide Hände zusammen.

Wie in einem Rausch erfüllte ihn Energie und er fühlte, dass die Daten ihn einhüllten.

"Spirit-Evolution! - Duskmon!"

Er war wieder zu einem Digimon geworden! Er war Duskmon, der Krieger in der schwarzen Rüstung. Die Augenlider seiner überall am Körper verteilten Augen öffneten sich, sodass er wieder, so wie damals gegen Dorugamon viel mehr als nur das Geschehen vor sich wahrnahm. So konnte er hinter sich, den völlig überraschten Impmon erkennen, der die Digitation wohl nicht erwartet hatte.

Berauscht von seiner Kraft sprintete Duskmon los. Pfeilschnell schoss er auf Tyrannomon zu und noch bevor dieses seinen neuen Feind überhaupt wahrnehmen konnte, musste es bereits die Hiebe von Duskmons Schwertern an seiner Flanke spüren.

Die Klingen ließen Tyrannomon aufbrüllen und von Agunimon ablassen. Das große Digimon wandte sich seinem neuen Feind zu.

Rasch sprang Duskmon in die Luft, er wusste instinktiv um eine seiner Angriffstechniken.

Er führte im Sprung eine Klinge zu seinen Füßen und streckte die andere gerade in die Höhe. Während der Bewegung hinterließen die Schwerter rot glühende Striemen.

Als Duskmon die Bewegung vollendet hatte, verschwand er hinter einem roten Mond. Er bestand aus reiner Energie, das konnte Duskmon spüren.

"Strudel der Finsternis!" rief er und aus dem Mond schoss ein breiter roter Energiestrahl, der Tyrannomon in einer Explosion verschwinden ließ. Das getroffene Digimon schlug rücklings auf dem Gras auf.

Nun hatte sich auch Agunimon wieder erhoben. Sie schwankte und die Rüstung sah reichlich ramponiert aus. Das rechte Bein winkelte sie unnatürlich an.

"Was machst du? Das ist mein Kampf!" protestierte sie mit schmerzverzerrter Miene.

Duskmon kam nicht dazu, darauf zu antworten, denn Tyrannomon stemmte sich mit Hilfe seines Schweifes wieder auf die Hinterbeine und ging rasend vor Wut zum Angriff auf Duskmon über.

Viel zu schnell war Tyrannomon bei ihm und schnappte mit seinem Maul nach dem schwarz gerüsteten Krieger. Es blieb keine Zeit zum Ausweichen.

Instinktiv richtete Duskmon seine beiden Wolfsschädelhände auf den Kiefer seines Feindes und schrie: "Eroberung!"

Schlingen, die aus Schatten zu bestehen schienen aus den Tiefen der Schädel zu wachsen und umfassten das aufgesperrte Maul Tyrannomons, sodass es nicht zubeißen konnte.

Jeweils eine Hand hielt mit Hilfe der Schlingen einen Teil des Kiefers fest. Tyrannomon konnte sein Maul so nicht mehr schließen. Es wehrte sich zuckend gegen die Fesseln aus Schatten und Duskomon spürte, dass er der gewaltigen Kraft seines Feindes nicht lange würde standhalten können.

Da kam überraschend Agunimon zur Hilfe. Sie war mit einem Mal an seiner Seite. Feuerbälle loderten an ihren Händen.

"Rotglühendes Salamanderfeuer!" rief sie und katapultierte ihre Geschosse in das offene Maul Tyrannomons.

Mitleiderregend jaulte das Digimon auf und warf vor Schmerz den Kopf zurück. Dabei schleuderte es Duskmon, der noch immer mit den Schattenfesseln an ihm gehangen hatte davon.

Einen Moment verlor Duskom die Orientierung, da ihm alle Augen etwas anderes erzählten, während er sich in der Luft umherdrehte. Dann schlug er unsanft auf dem Boden auf und es war als würde ihm sämtlicher Atem aus der Lunge gepresst.

Doch es blieb keine Zeit zum Verschnaufen.

Ächzend erhob sich Duskmon und sah das wankende Tyrannomon, das von Aguimon beobachtet wurde.

"Jetzt Duskmon! Wir müssen gleichzeitig angreifen! Ziel auf den Kopf!" empfahl die digitierte Cat.

Duskmon rannte auf Tyrannomon zu, während Agunimon erneut Feuerbälle an den Handgelenken bildete. Sie warf die Feuerbälle genau auf den Schädel des großen Digimon. Zeitgleich erhob feuerte Duskmon aus all seinen Augen und den Mäulern seiner Schädelhände rote Energiestrahlen mit dem selben Ziel.

"Rotglühendes Salamanderfeuer!"

"Sengende Augäpfel!"

Beide Attacken trafen ins Schwarze.

Tyrannomon brüllte ein letztes Mal trommelfellzerfetzend und zerfiel dann in zahllose winzige Datenpartikel. In stummer Übereinkunft absorbierten Duskmon und Agunimon die Daten zu gleichen Teilen.

Als der Kampfrausch abflaute, wurde Duskmon wieder bewusst, dass dieser lebensgefährliche Angriffe auf Cats sprich Agunimons Kappe ging. Wütend streckte er seine Wolfsschädelhand aus und packte sie unsanft an der Kehle. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er gut einen halben Meter größer war, wenn beide Menschen ihre Digimongestalt angenommen hatten.

Von oben herab funkelte er sie mit all seinen Augen an und ließ seiner Wut freien Lauf.

"Was sollte der Dreck? Willst du dich umbringen? Und uns am besten noch dazu?"

Vom Kampf gezeichnet versuchte Agunimon kraftlos ihren Hals zu befreien, doch der Griff saß zu fest.

"Du hättest dich nicht einmischen sollen ..." röchelte sie matt, woraufhin Duskmon sie zu Boden fallen ließ. Erschrocken starrte er auf seine Hand und fragte sich bestürzt wie fest er wohl zugedrückt haben mochte. Er konnte doch seine Kraft als Digimon noch gar nicht richtig einschätzen!

"Ohne mich wärst du jetzt tot" bemerkte Duskmon trocken. Sie würde ihm vielleicht irgendwann dafür danken. Wahrscheinlich eher nicht.
 

Anmerkungen und Sonstiges:
 

*Tyrannomon

Level: Champion

Art: Dinosaurierdigimon

Gruppen: Metal Empire, Nature Spritis, Unknown

Typus: Datei

Attacke: Feueratem

Ärger mit Kabuterimon

Kapitel 6: Ärger mit Kabuterimon


 

Klirrend prallten die ungleichen Schwerter aufeinander. Die Wucht des Angriffs ließ Duskmon unwillkürlich in die Knie gehen. Hätte er diesen Hieb nicht pariert, wäre er sicher nicht mehr an einem Stück gewesen.

Sein Feind, ein Digimon, welches Impmon als Snimon identifiziert hatte und welches nach einer riesigen Gottesanbeterin mit gekrümmten Klingen an beiden Armen aussah, war soeben im Sturzflug auf ihn losgegangen. Zum Glück hatte er rechtzeitig die eigenen Schwerter hochgerissen.

Nun drückte er Snimon mit aller Kraft von sich und wich einige Meter zurück.

Über ihm flog ein zweites dieser Ungetüme.

Die beiden Snimon waren etwa zwei Meter groß und von stechendem Grün. Ihre Mäuler quollen vor gefährlich aussehenden Reißzähnen fast über. Sie waren nicht zu unterschätzende Gegner, das hatte Duskmon rasch lernen müssen.*

Sein Auge an der rechten Schulter schwang um einige Grad herum und beobachtete Agunimon.

Cat kämpfte in digitierter Form gegen ein weiteres Insektendigimon mit Namen Kabuterimon.

Es war von der Größe her den beiden Snimon ähnlich und auch sein Gebiss war enorm. Doch damit endeten die Gemeinsamkeiten. Sein Körper war größtenteils blau. An manchen Stellen sahen jedoch graue Muskelpakete hervor und auch sein Schädel, der an einen Samuraihelm angelehnt schien und ein gewaltiges Horn an der Stirn aufwies, war von dieser Farbe. Es besaß zwei paar Flügel und insgesamt vier Arme. Auch mit diesem Vieh war nicht zu spaßen.*

Mit Hilfe des anderen Schulterauges sah Duskmon das zweite Snimon hinter ihm zum Angriff übergehen. Rasch machte er einen Satz zur Seite, sodass der Hieb ins Leere ging.

Er war den beiden Insekten unterlegen, da sie durch ihre Flugfähigkeit viel mobiler waren. Seinen Angriffen waren sie bisher erfolgreich ausgewichen und durch ihre rasanten Sturzflüge hatten sie ihn schon einige Male in Bedrängnis gebracht. Er musste irgendeine Lösung finden.

Seine Augen nahmen die Umgebung genauestens ins Visier.

Einzig ein großer grauer Felsbrocken und einige Bäume boten Deckung. Ansonsten gab es hier nur Gras. Hier ergab sich kein Vorteil für ihn und Agunimon.

Während Duskmon nachgedacht hatte, schienen sich die beiden Snimon abgesprochen zu haben, denn nun nahmen sie ihn von zwei Seiten gleichzeitig in die Mangel.

"Zwillingsschere!" zischten die Insektendigimon, wobei sie aus ihren gekrümmten Klingen dünne und längliche Geschosse von violetter Färbung abfeuerten.

Mit aller Kraft stieß Duskmon sich vom Boden ab, sodass die Angriffe knapp unter seinen Füßen einschlugen.

Noch bevor Duskmon wieder auf dem Boden landete gingen die beiden Snimon zum Nahkampf über. Mit sirrenden Flügeln rasten sie auf ihn zu.

Zum Ausweichen war es zu spät und da die Insektendigimon von zwei Seiten angriffen, wäre ein solches Manöver sowieso nicht von Erfolg gekrönt worden.

Einer Eingebung folgend richtete er seine Hände auf je eines der Snimon und rief:

"Eroberung!"

Aus den Mäulern der Wolfsschädel schossen dutzende schwarze Schlingen, die aus dem Schatten selbst zu bestehen schienen. Sie umwickelten ihre Opfer gnadenlos, umschlangen Kehlen und Gelenke und pressten die Flügel der beiden Snimon ruckartig an ihre Rücken, sodass sie nicht weiter schlagen konnten.

Ein kräftiger Ruck Duskmons mit beiden Armen genügte, um das Werk zu vollenden.

Die beiden Snimon fielen wie Steine aus der Luft herab und schlugen unsanft im Gras auf.

Duskmon schossen dutzende Gedanken durch den Kopf. Ideen, Pläne.

Was konnte er als nächstes tun?

Noch waren die Snimon benommen und er hielt sie mit Hilfe der Eroberungs-Attacke vorerst in Schach, doch er machte sich keine Illusionen , dass er gleich zwei Digimon lange auf diese Weise würde aufhalten können. Dazu fehlte ihm schlicht die körperliche Kraft.

Es war wichtig, dass er die Snimon am Boden behielt. Und er musste sie einzeln bekämpfen, um überhaupt eine Chance zu haben.

Eines der Snimon war mit dem Gesicht voran zu Boden gegangen und seine sichelartigen Vorderbeine waren deshalb tief in der Erde stecken geblieben. Mit etwas Glück würde dieser Umstand ihm einige Sekunden Zeit verschaffen.

Duskmon setzte also alles auf diese Karte und löste die Schlingen um das Snimon, welches hoffentlich auch ohne sie vorerst handlungsunfähig bleiben würde.

Stattdessen wickelten sie sich um das andere Snimon, welches nun vollständig gefangen war.

Nun musste Duskmon all seine Kraft zusammennehmen. Er atmete einmal tief durch und riss dann ruckartig an der Verbindung zwischen seinen Händen und dem gefangenen Snimon.

Sämtliche Muskeln schienen vor Anstrengung zu protestieren, doch letztlich war er tatsächlich stark genug dieses riesige Insekt herrumzuwirbeln.

Nicht zum ersten Mal dachte Bill, dass seine Grenzen als Digimon völlig anders einzuschätzen waren. Ob er sich jemals daran gewöhnen würde?

Duskmon ließ das nun panisch kreischende Snimon einige Male um sich herum kreisen.

Dann löste er die Fesseln im richtigen Moment, sodass das Digimon schwungvoll in den Felsen geschleudert wurde, den Duskmon bei der Sondierung der Umgebung wahrgenommen hatte.

Die Wucht genügte, um das Insektendigimon zunächst regungslos am Boden liegen zu lassen.

Plötzlich nahm Duskmon durch seine Schulteraugen eine Bewegung hinter sich wahr.

Blitzschnell wandte er sich um und hörte eine bekannte Stimme "Torpedoflamme!" rufen.

Hinter ihm hatte sich das zweite Snimon mit erhobenen Sichelarmen aufgebaut, doch nun traf es ein Feuerball von der Größe eines Fussballs genau am Kiefer und ließ es überrascht und schmerzvoll zugleich aufschreien.

Schnell fuhr Duskmon seine Schwerter aus und schwang sie durch die Luft, wobei er "Untierschlag!" rief.

Den Hieben seiner Klingen folgten lange dünne Energiestreifen, die das Snimon aus nächster Nähe erwischten und von den Beinen rissen. Es wurde in einen der umstehenden Bäume katapultiert, entwurzelte diesen mit dem Aufprall und wurde sogleich unter der schweren Eiche begraben.

Duskmon wandte die Augen an seinen Knien in die Richtung aus der der Feuerball gekommen war.

An einen weiteren, etwas kleineren Baum gelehnt stand Impmon und grinste verschmitzt.

"Nichts zu danken, Meister!" kommentierte er seine Rettungstat aus dem Hinterhalt und verschränkte die Arme vor der Brust.

Unwillkürlich musste auch Bill in sich hinein lächeln.

Das hätte er diesem großmäuligen kleinen Feigling nicht zugetraut.

Seine Aufmerksamkeit wandte sich wieder den beiden Snimon zu, die zeitgleich wieder auf die Beine kamen. Sie machten einen reichlich ramponierten Eindruck und waren scheinbar nicht darauf erpicht den Kampf weiterzuführen.

Wie einer stummen Übereinkunft folgend schwangen sie sich wieder in die Luft und traten den Rückzug an.

"Hiergeblieben! Rotglühendes Salamanderfeuer!"

Agunimons Stimme ertönte von der Seite, gefolgt von Feuerbällen, die scheinbar an Kabuterimon adressiert gewesen waren, welches mit brummenden Flügeln ebenfalls floh.

"Die gehen uns durch die Lappen!" schrie sie verzweifelt in Duskmons Richtung. Mit wütendem Gesichtsausdruck beobachtete sie die davonfliegenden Digimon, wobei Kabuterimon deutlich schneller als die bereits verletzten Snimon war und sie rasch überholte.

Zu Duskmons Überraschung drehte das blaue Insektendigimon jedoch kurz drauf in der Luft um und blickte seine lädierten Kameraden direkt an.

"Stromschlag!" rief es, wobei es seine vier Arme zunächst zusammenführte, um sie dann ruckartig auseinander zu reißen. An seiner Brust bildete sich eine gewaltige Kugel aus zuckenden Blitzen, welche sogleich auf die überrumpelten Snimon abgeschossen wurde. Die beiden Digimon gingen schreiend in einer grellen Explosion unter. Als das Sichtfeld klarer wurde, waren von den grünen Digimon nur noch Datenfragmente übrig geblieben.

"Der hat seine eigenen Leute getötet" bemerkte Duskmon verwirrt.

Die drei Insektendigimon hatten sie doch gemeinsam attackiert? Offensichtlich einem eingeübten Muster folgend waren sie in Formation über sie hergefallen. Sie hatten eindeutig gemeinsame Sache gemacht.

Agunimon erkannte den Sinn dieses unerwarteten Angriffs zuerst. Sie deutete mit ausgestrecktem Finger auf die Daten, die von den Snimon übrig geblieben waren.

"Kabuterimon will sie laden! Weil sie ihm nicht mehr helfen können, sind sie nutzlos geworden."

Tatsächlich hatte das blaue Digimon bereits damit begonnen die Daten zu absorbieren.

Impmon trat an seine Weggefährten heran und kommentierte:

"Na, das nenn' ich ein Kameradenschwein!"

Als Kabuterimon sein Werk beendet hatte, stieß es einen triumphierenden Schrei aus und plötzlich begann es grell zu leuchten. Nur noch die weiße Silhouette seines Körpers war noch zu erkennen und dieser Umriss wurde von Datenpartikeln umschwirrt.

"Verdammt!" fluchte Impmon laut.

Kabuterimon wuchs schnell zu mindestens fünfzehn Metern Größe an und wurde deutlich breiter.

"Kabuterimon- digitiert zu - Megakabuterimon!"

Das Licht verschwand und gab die Sicht auf ein riesiges Digimon frei. Es war scheinbar einem Hirschkäfer nachempfunden. Allein sein Horn musste größer sein, als Duskmon insgesamt.

Der Chtitinpanzer war wie schon bei Kabuterimon komplett blau und auch das bedrohliche Gebiss war noch vorhanden, doch alles schien überdimensionierter. Dieses Insekt war ein Berg von einem Digimon.*

"Es ist digitiert!" erklärte Impmon erschrocken. "Megakabuterimon ist auf dem Ultra-Level, das könnt ihr vergessen!"

Wie zur Bestätigung dieser Worte stürzte das monströse Käferdigimon auf seine Feinde zu, wobei die Spitze seines Hornes zu leuchten begann.

"Hornschlag!"

Die drei Gefährten hechteten aus der Gefahrenzone, sodass Megakabuterimon mit seinem Horn in den Boden einschlug und einen Krater von mindestens fünf Metern Radius hinterließ, der nicht gerade flach zu sein schien.

"Rotglühendes Salamanderfeuer!" schrie Agunimon nun und feuerte die brennenden Geschosse von ihren Handgelenken auf das nun am Boden stehende Ungetüm.

Das große Digimon wischte den Angriff mit einem seiner vier Arme wie eine lästige Fliege weg. Die Flammen hatten nicht einen Kratzer hinterlassen.

"Sengende Augäpfel!" versuchte es daraufhin Duskmon mit den gebündelten Energiestrahlen aus all seinen Augen und den Wolfsschädeln, doch auch diese Attacke richtete nichts aus. Die Strahlen schlugen auf den mit blauem Chitin überzogenen Flügeln ein und verursachten keine erkennbaren Verletzungen.

Bill fluchte innerlich. Bis jetzt hatten sie es mit allen Digimon, die sie angegriffen hatten in digitierter Form aufnehmen können. Aber dieses Ungetüm war anders. Megakabuterimon war wesentlich stärker als all die Feinde, die sie in den letzten Tagen bekämpft hatten.

Seit dem Angriff auf Tyrannomon waren sie immer wieder attackiert worden. Laut Impmon war das für diese Gegend ganz normal. Natürlich konnte man in einer Region, in welcher es niemals Nacht wurde schlecht sagen, wie lange man schon unterwegs war, doch Bill war innerlich dazu übergegangen jede längere Ruhepause als Ersatznacht zu werten, sodass er das Gefühl hatte, das sie bereits seit etwas mehr als einer Woche auf der Suche nach Taomon waren.

"Achtung Duskmon!" riss ihn mit einem Mal Agunimon aus der Lethargie, denn Megakabuterimon

hatte mit seinen beiden rechten Armen ausgeholt und nach ihm geschlagen. Einer Klaue konnte er um Haaresbreite entwischen, doch die andere traf ihn an der Brust und presste ihm mit einem Schlagg sämtliche Luft aus der Lunge. Keuchend prallte er mit dem Rücken gegen den Felsbrocken, mit dem zuvor schon eines der Snimon unfreundliche Bekanntschaft hatte machen müssen.

Rasch wandte das Käferdigimon sich Agunimon zu.

"Megablaster!"

An der Spitze seines Hornes entstand ein Ball aus Elektrizität, welcher sich unverzüglich in einem Strahl entlud. Agunimon schrie vor Schmerz auf, als der Stromschlag sie traf und ging stöhnend in die Knie.

Ächzend erhob Duskmon sich, wobei er sich an dem Felsen abstüzte.

Sie hatten keine Chance gegen das größere Digimon. Es blieb bloß eine Option.

"Impmon, Cat, wir müssen abhauen!" rief er zu den anderen, während sich auch Agunimon wieder auf die Beine kämpfte.

"Meine Rede!" kommentierte Impmon sofort und rannte scheinbar ziellos davon. Doch Duskmon erkannte schnell, dass das kleine Digimon einen Waldrand am Horizont erspäht hatte und wohl dorthin fliehen wollte. Das offensichtliche Problem lag in der Entfernung. Bis zu dem Wald waren es mindestens noch drei Kilometer.

Andere Möglichkeiten gab es jedoch nicht.

Also nahm auch Duskmon die Beine in die Hand und machte, dass er wegkam, obwohl er sich ernsthaft Sorgen um ihre Überlebenschancen machte.

Megakabuterimon verfolgte den Fluchtversuch zunächst etwas überrascht. Auch Agunimon hatte mittlerweile murrend den Rückzug angetreten und so war das große Käferdigimon nun ohne erkennbaren Feind. Es gab einen seltsamen Laut von sich, den man vielleicht als triumphierend charakterisieren konnte.

Die gewaltigen Flügel des Ungetüms klappten auf und begannen mit hoher Frequenz zu schlagen, woraufhin sich Megakabuterimon unter dem dröhnenden Brummen seiner Schwingen in die Luft begab, um die Verfolgung seiner Opfer aufzunehmen.

Impmon rannte sehr zielgerichtet und ohne sich umzublicken auf den Wald zu, doch Bill war sich sicher, das dem kleineren Digimon so oder so die geringste Gefahr drohte. Wahrscheinlich hatte ein Digimon auf dem Ultralevel überhaupt keinen Bedarf an so geringen Datenmengen. Bei Duskmon und Agunimon sah das natürlich ganz anders aus.

Letztere verfolgte ihre beiden Gefährten ebenfalls sehr stur, sodass Duskmon als einziger Megakabuterimon im Auge behielt. Es erwies sich natürlich als äußerst praktisch, dass Duskmon über mehr als ein gewöhnliches Augenpaar verfügte. Während er also den Waldrand anvisierte, blickte er zeitgleich über die Schulteraugen zu dem Insektendigimon hinter der Gruppe.

Es flog vergleichsweise langsam.

Vielleicht war es mit seiner neuen Körpermasse noch nicht ausreichend vertraut und noch die Leichtigkeit seines vorigen Levels gewohnt. Oder aber Megakabuterimon konnte einfach nicht schneller fliegen.

Letztlich reichte die Geschwindigkeit dennoch aus, um den knappen Vorsprung, den sie durch die überraschende Flucht gewonnen hatten, rasch schrumpfen zu lassen.

Schon hatte Megakabuterimon Agunimon erreicht, die als letztes losgerannt war und daher das Schlusslicht gebildet hatte.

Mit einem seiner riesigen krallenbestückten Arme packte es das Feuerdigimon und riss sein Opfer mit in die Luft. Dort erdrückte Megakabuterimon Cat scheinbar mühelos, während es weiterhin Duskmon und Impmon hinterhersah.

Bill war sofort klar, dass Agunimon keine Chance hatte ohne Hilfe wieder frei zu kommen, doch er war nicht gewillt diese Hilfe zu geben. Er kannte Cat nun, sie kämpften schließlich nicht zum ersten Mal. Und eines hatte er rasch gelernt: Cat würde ihn und Impmon ohne mit der Wimper zu zucken verrecken lassen. Impmon war für sie nützlich, da er den Weg zu Taomon kannte, doch Bill war ihr völlig egal. Und das beruhte auf Gegenseitigkeit. Wäre Bill nun in den Klauen Megakabuterimons gefangen worden, so hätte Cat sicher nicht angehalten, um ihm zu helfen.

Impmon hatte derweil an der Spitze der Fliehenden den Abstand auf den Waldrand auf weniger als einen Kilometer verkürzen können, Bill war ihm dich auf den Fersen. Da lenkte Megakabuterimon seine Aufmerksamkeit wieder auf das Geschehen in seinem Rücken. Das Insektendigimon holte aus und warf Agunimon gezielt auf Duskmon.

Rasch duckte sich dieser und Cat schlug knapp vor ihm auf dem Boden auf.

“Hornschlag!”

Megakabuterimon ließ keine Zeit zum Durchatmen. Wie schon kurz zuvor leuchtete sein Horn grell auf und es stieß mit der Spitze zu seinen Opfern hinab.

Duskmon fühlte sich, als würde ein tonnenschwerer Hammer ihn zerquetschen. Jeder Zentimer seines digitierten Körpers schmerzte unerträglich. Gequält schrien er und Agunimon vor ihm auf.

Bill spürte, dass seine Kraft schwand. Duskmon löste sich um ihn herum auf und unzählige Datenpartikel schwirrten auf einmal um ihn herum. Er konnte sich nicht rühren. Inmitten des Kraters, den Megakabuterimon wieder einmal gerissen hatte lag er ächzend auf dem Rücken und sah vor sich eine Wand aus Daten vor der plötzlich auch die Statue schwebte, die ihn damals zum ersten Mal zu Duskmon hatte digitierten lassen. Er war wieder ein Mensch und dieses mysteriöse Objekt hatte ihn verlassen.

“Nein ...” presste er matt hervor und wollte die Hand nach der Statue ausstrecken, doch sein Körper gehorchte ihm nicht.

Durch die schwirrenden Daten beobachtete er undeutlich, wie sich Megakabuterimon wieder in die Luft erhoben hatte. Vielleicht hatte das Digimon noch gar nicht erkannt, dass Duskmon besiegt worden war.

“Bill!” rief eine bekannte Stimme von der Seite.

Sie gehörte zu Cat, die auch wieder ihre menschliche Gestalt angenommen hatte, jedoch bereits wieder auf den Beinen war. In der linken Hand hielt sie das rote Gerät umklammert, das ihr zur Digitation verhalf.

“Du musst die Daten bei dir behalten! Und diese Statue!”

Er begriff was sie meinte. Wenn sie digitierten, kamen die Datenfragmente aus diesen Geräten und auch die Statuen waren von den Dingern aufgenommen worden. Irgendwie musste sie wieder dorthin zurück.

Mit ganzer Willenskraft schaffte er es, seine rechte Hand zu bewegen. Langsam, Stück für Stück, fuhr sie in seine Hosentasche und umfasste das schwarze Gerät. Es fühlte sich an, als würde er seine Hand im Wasser bewegen. Ein unsichtbarer Widerstand erschwerte alle Bewegungen. Dennoch schaffte er es das Gerät hervorzuziehen.

“Komm zurück ... mach schon!” flehte Bill die Statue an, obgleich er wusste, dass sie nicht lebendig war. Und doch schien es das richtige Gewesen zu sein, denn sowohl die Daten als auch die Statue flogen auf das Gerät zu und verschmolzen mit ihm.

Als würde die Gravitation von dem zehnfachen des normalen Wertes wieder auf den Ursprungszustand zurückfallen, fiel die bedrückende Last von Bill ab. Noch immer tat ihm alles weh, doch er konnte aufstehen und sich normal bewegen!

“Verdammt, was ist das passiert?” fragte er schwach, doch Cat schüttelte den Kopf und packte ihm an Handgelenk.

“Ist doch egal, Megakabuterimon kapiert's auch nicht!” kommentierte sie eilig und zog ihn mit sich aus dem Krater, den Megakabuterimons Angriff hinterlassen hatte.

Von Impmon war weit und breit nichts zu sehen, wahrscheinlich war er längst in den Wald entkommen.

Megakabuterimon zog über ihren Köpfen verwirrt seine Kreise. Es hatte scheinbar nicht verstanden, warum seine Gegner nicht wie gewöhnlich in Daten zerfallen waren, die es laden konnte.

Doch nun, da Cat und Bill sich stolpernd in den Wald zu retten versuchten und nur noch wenige Meter zu bewältigen hatten, erkannte es wohl ihre Bewegungen und stürzte sich wütend grollend auf sie, während es bedrohlich mit seinem Gebiss klapperte.

Bill verlangte seinem schmerzenden Körper alles ab und lief so schnell er konnte. Seine Gelenke schienen zu protestieren und ihm war, als würde er jeden Augenblick erschöpft zusammenbrechen.

Aber über ihnen wurde das Brummen der Käferflügel immer lauter und die reine Panik und der nackte Überlebenswille peitschten ihn vorwärts. Nur noch ein bischen ...

Da erreichte sie Megakabuterimon erneut. Vor ihnen landete es auf dem Boden und ließ die Erde erzittern. Fast wären die beiden Menschen ihn das Monstrum hineingelaufen, doch sie kamen rechtzeitig zum stehen, wobei sie das Gleichgewicht verloren und zu Boden fielen.

Das wars dann also. So knapp vor der rettenden Deckung würden sie sterben.

In Erwartung des letzten Streichs schloss Bill die Augen und senkte zitternd den Kopf.

Doch der Todesstoß blieb aus. Stattdessen brüllte Megakabuterimon überrascht auf.

Verwirrt blickte Bill hoch und sah, dass dutzende dicke Schlingpflanzen aus dem Boden geschossen kamen und das Insektendigimon von allen Seiten umschlangen. Sie packten nach den Armen, fesselten die Flügel und würgten an der Kehle Megakabuterimons.

Aus den Tiefen des Waldes, der wie üblich nahtlos aus der Wiese hervorging, glühten zwei große rote Augen auf.

Das musste ein anderes Digimon sein, das Megakabuterimon angriff!

Die Gunst der Stunde nutzend kämpfte sich Bill wieder auf die Beine und folgte Cat, die bereits losgerannt war, um das wehrlose Megakabuterimon zu umkurven.

Als Bill den Wald zwischen zwei dicken Baumstämmen betrat, war es als käme er in eine Höhle, so hoch und dicht war das Blätterdach. Das hier war kein gewöhnlicher Wald. Es war ein richtiger Dschungel!

Überall wucherten Pflanzen von kleineren Bäumen über Dornenbüsche bis hin zu allgegenwertigen Ranken und Wurzelstücken, die aus der Erde guckten.

Mehr stolpernd als laufend kämpften sich die beiden Menschen durch das Gestrüpp und hatten sich schnell einige Schnitte und Prellungen zugezogen, an denen nicht zuletzt die unübersichtliche Flora schuld war.

Hinter ihnen hörten sie das Grollen der beiden kämpfenden Digimon, wovon Bill nicht wissen wollte, welches das andere war, wenn es ein so großes Digimon wie Megakabuterimon aufhalten konnte.

“Hier her! Los los los!” rief auf einmal eine hektische Stimme, die irgendwie zwischen panisch und völligem wahnsinnig zu liegen schien.

Sie kam aus einem kleinen Loch im Boden, das von Moos halb überwuchert und deshalb kaum zu sehen war.

Aus Angst und Mangel an Alternativen zögerte Cat nicht lange und sprang ins Ungewisse hinab.

Bill, der sich lieber vorher informiert hätte, wer ihnen da ein Versteck anbot, zuckte verwirrt mit den Schultern und folgte ihr mit geschlossenen Augen hinab.
 

Anmerkungen und Sonstiges:
 

*Snimon

Level: Champion

Art: Insektendigimon

Gruppen: Unknown, Virus Busters

Typus: Serum

Attacke: Zwillingsschere

http://wikimon.net/Snimon
 

*Kabuterimon

Level: Champion

Art: Insektendigimon

Gruppen: Jungle Troopers, Wind Guardians, Nature Spirits

Typus: Serum

Attacke: Stromschlag

http://wikimon.net/Kabuterimon
 

*Megakabuterimon

Level: Ultra

Art: Insektendigimon

Gruppen: Nature Spirits

Typus: Serum

Attacke: Hornschlag, Megablaster

http://wikimon.net/Atlur_Kabuterimon_%28Blue%29

Getrennte Wege

Kapitel 7: Getrennte Wege


 

Impmon hörte die Schmerzensschreie seiner Gefährten hinter sich und zwang sich dazu, nicht zurückzublicken. Er konnte ja doch nichts tun. Hätte er die Möglichkeit, dann hätte er ihnen eventuell geholfen, aber was würde er schon ausrichten können? Ein Rookie-Level? Gegen ein Ultra-Level? Niemals! Schlimm genug, dass die beiden Menschen sterben mussten, da half es doch niemandem, wenn er auch noch das Zeitliche segnete.

Ein nagendes Gefühl machte sich in ihm breit. Impmon ließ die Menschen im Stich. Cat und Bill, die ihn in den letzten Tagen so oft vor gefährlichen Digimon beschützt hatten.

Er schüttelte die Zweifel ab und legte noch einen Zahn zu. Rasch erreichte Impmon den Waldrand.

Mit einem beherzten Satz hüpfte er ins Ungewisse, während hinter ihm das Brüllen Megakabuterimons zu hören war.

Der Wald war atemberaubend. Er war noch nie hier gewesen. Wenn Megakabuterimon nicht gewesen wäre, hätte er einen komplett anderen Weg zu ihrem Ziel eingeschlagen. Einerseits liebte es Impmon, neues zu entdecken und Erfahrungen zu sammeln, doch in diesem Fall wäre es ihm lieber gewesen, auf bekanntes Territorium zu stoßen. Die Bäume waren so hoch, dass er selbst, wenn er den Kopf komplett in den Nacken legte, nicht alle Kronen erblicken konnte.

Staunend hielt er einen Moment inne und nahm die Eindrücke in sich auf.

Überall wucherten Pflanzen, die sich in ihrer Größe gegenseitig übertrumpften. Grün war die vorherrschende Farbe, die ein undurchschaubares Gewirr an Gestrüpp und Bäumen prägte.

Es war düster hier. Kaum einen Sonnenstrahl konnte sich seinen Weg durch das Blätterdach bahnen. Eigentlich war dieser Urwald ein perfekter Ort, um einem feindlichen Digimon zu entkommen.

Also rannte Impmon wieder los. Er wählte keinen spezielle Richtung, sonder lief einfach geradeaus weiter.

Hier und da stieß er auf Hindernisse, wie undurchdringliches Dickicht oder aus dem Boden ragende Baumwurzeln, die höher waren, als er selbst. Dadurch kam er langsam vorwärts.

Es war still um ihn herum. In der Ferne meint er noch immer das große Insektendigimon hören zu können, doch er war sich dabei nicht sicher. War es nicht etwas zu leise?

Musste hier nicht irgendwie Digimon sein? Gerade an einem Ort wie diesem?

Impmon erwartete fast, jeden Augenblick von einem Pflanzendigimon überrascht zu werden.

Dieser Wald war ein perfekter Ort für einen Hinterhalt!

Jetzt könnte er Hilfe brauchen. Schutz. Gerade jetzt.

"Bill ... Cat ..." murmelte Impmon niedergeschlagen und blickte wehmütig zurück.

Wenn sie jetzt bloß hier wären. Er würde sich so viel sicherer fühlen.

Auch wenn er es sich selbst nur ungern eingestand, hatte er längst Gefallen an ihrer kleinen Truppe gefunden. Sie passten so gar nicht zusammen und doch hatten sie sich irgendwie ergänzt.

Niedergeschlagen hockte Impmon sich unter einen niedrigeren Busch und umfasste seine Knie mit den Armen. Traurig sah er zu Boden.

Ja, er gab es zu. Irgendwie hatte ihm doch etwas an den beiden Torfnasen gelegen.

Klar, Bill war meistens sehr still und irgendwie immer so ernst. Er wirkte ständig so hasserfüllt.

Und Cat war definitiv verrückt. Völlig abgedreht und absolut gefährlich. Und doch ...

Er hatte sich einfach an die beiden gewöhnt. An ihre Streitereien. An die langen Märsche in eisernem Schweigen, nur unterbrochen von Impmons Scherzen. An die spektakulären Kämpfe, die die beiden digitierten Menschen irgendwie immer zu ihren Gunsten entschieden hatten, auch wenn es noch so aussichtslos gewirkt hatte. Bis Megakabuterimon gekommen war.

Er hatte sie nicht gerettet. Und er wäre gar nicht dazu in der Lage gewesen.

Impmon fühlte sich so machtlos. Seine eigene Schwäche verzweifelte ihn. Wie sehr wünschte er sich, stärker zu sein!

"Ach was!" sagte er zu sich selbst und hieb mit der Faust auf den Waldboden.

"Ich bin doch immer alleine klar gekommen! Ich brauche niemanden!"

Trotzig erhob sich das kleine Digimon und setzte mit ernster Miene seinen ungewissen Marsch fort.

Alleine. War es nicht immer so gewesen?
 

Unsanft landete Cat auf dem Hinterteil und kippte vorne über. Einen Augenblick später rauschte auch schon Bill herran und fiel überrascht aufschreiend auf sie drauf.

"Pass doch auf!" brauste sie sofort auf und stieß ihn grob von sich.

Wütend sah sie sich um.

Das Loch hatte in eine seltsame Höhle gemündet. Oder was sollte das hier sein?

Genau genommen sah es gar nicht nach einer Höhle aus. Die Wände und der Boden waren von einem stechenden Gelb und schienen aus Gummi zu bestehen.

Irgendwie wirkte das ganze wie ... ja wie eine Gummizelle aus der Irrenanstalt! Sie hatte genug Filme gesehen, in der so etwas vorkam. Was zum Teufel machte eine Gummizelle in einem Urwald?

Es war dunkel in der Zelle und Cat konnte nicht alle Winkel des Raumes erspähen.

So kam es, dass sie erst nach ein paar Sekunden die Gestalt bemerkte, die an einer der Wände gelehnt da saß und sie anstarrte.

Natürlich, war hier jemand. Eine Stimme hatte sie schließlich hier her gelockt.

"Ey du, komm mal aus der Ecke raus!" rief sie fordern hinüber.

"Sei doch nicht direkt so unfreundlich" rügte Bill sie sofort. Der Penner sollte mal schön die Schnauze halten! Er war ihr schon oft genug im Weg gewesen und nervte immer wieder mit seinem Beschwichtigungsmist.

"Fresse!" kommentierte sie ungehalten und stand auf, um zu der Gestalt an der Wand zu gehen.

Fast wäre sie an die ebenfalls gelbe Decke gestoßen, wenn sie auch nur eine paar Zentimeter größer gewesen wäre.

Als sie näher kam, erkannte sie einen Mann um die dreißig mit sehr zerzausten kurzen Haaren, die zumindest in diesem Licht braun wirkten. Er trug einen schwarzen Anzug, der über und über mit Schlamm verschmiert war.

Er sah sie interessiert an und zuckte ab und zu mit dem Kopf. Seine grünen Augen blinzelten nervös.

"Ha-Hallo" stammelte er unsicher und winkte vorsichtig, obwohl Cat nur einen Meter vor ihm stand.

Was war das denn für ein Freak?

"Du hast doch gerufen oder? Was ist das hier? Und er bist du?" bohrte sie erneut nach. Hoffentlich war der Kerl wenigstens zu ein paar klaren Sätzen in der Lage.

Er fuhr sich ein paar Mal mit der Zunge über die Lippen und blinzelte weiterhin hektisch. Dann fuhr seine rechte Hand auf einmal zu seinem rechten Ohr hoch und begann es zu kneten. Derweil sagte er abgehakt: "Ja gerufen, gerufen! Ihr ... seid in Gefahr, nicht? Seid ihr d-doch, oder?"

Erneut ruckte sein Kopf unkontrolliert.

"François, heiß ich, doch doch! Hab euch gesehen! Musste h-helfen!"

Verdammt, auch noch ein Franzose!

"Kannst du uns vielleicht sagen ,woher du wusstest, das wir kommen? Und dass wir in Gefahr sind?" fragte Bill, der mittlerweile auch näher gekommen war, ungewöhnlich freundlich. Für einen Kerl, der ständig betonte, wie wenig er doch mit anderen Menschen auskam, benahm er sich ganz anständig.

"Gewusst? Nein, nein! Gesehen! Er-Erspäht." François kicherte leise und stand dann urplötzlich auf. Zu allem bereit ballte Cat die Fäuste und wich einen Schritt zurück. Bei so einem Kerl konnte man nie wissen!

Doch der Franzose, welcher einen Buckel machen musste, um nicht an die Decke zu stoßen, machte keine Anstalten sie oder Bill, der sich hingesetzt hatte, weil auch er im Stehen zu groß gewesen wäre, anzugreifen. Stattdessen schlurfte er vor sich hin murmelnd weiter in den Raum hinein.

Er blieb an einer Art Becken stehen, das durch die Dunkelheit zunächst nicht sichtbar gewesen war.

Es schien aus grauem Stein zu bestehen und war oval. In ihm schimmerte eine helle Flüssigkeit, die Cat aber nicht wie Wasser vorkam.

"C-Cool? O-oder?" sagte François mit einem Anflug von Stolz in der zittrigen Stimme.

Was sollte daran denn so toll sein?

"Wow, du hast dein eigenes Waschbecken, was für eine Sensation" erwiderte sie deshalb sarkastisch und verschränkte die Arme vor der Brust.

Der Franzose lachte nervös auf und schüttelte dann vehement den Kopf.

"Nein, nein, nein, nein, nein!" rief er auf einmal und drehte sich ruckartig zu Cat um. Er packte die überraschte Russin an den Armen und zerrte sie aufgeregt näher an das Becken.

"Pfoten weg, du Freak!" schrie Cat sofort und stieß François erbost von sich. Was dachte dieser Irre sich?

Doch ihr Zorn verschwand, als sie erkannte, was er ihr hatte zeigen wollen. Diese Flüssigkeit war definitiv kein Wasser. Jetzt da sie geradewegs hinein sah, begann das unbekannte Zeug mit einem Mal zu brodeln. Es warf kleine Blasen und Wellen, das gesamte Becken wurde zu einem Miniaturmeer. So plötzlich wie die Bewegung gekommen war, verschwand sie auch wieder und zurück blieb eine spiegelglatte Oberfläche. Doch nun konnte Cat nicht mehr den steinernen Boden des Beckens durch die Flüssigkeit erkennen, sondern ...

"Der Wald?" fragte sie überrascht. Wie konnte das sein?

Dieses Becken zeigte die Stelle des Urwaldes, an der sie eben noch gewesen waren und die Rufe durch das Loch im Boden gehört hatten.

Auch Bill trat nun an das Becken und ihm klappte vor Überraschung der Mund auf.

Er stammelte: "Was zur Hölle?"

Jetzt fing der auch schon damit an! Reichte den ein stotternder Vollidiot nicht?

Und doch konnte sie ihre eigene Faszination nicht verbergen. Durch dieses Becken konnte man nach draußen sehen! Das war doch völlig unmöglich.

Andererseits befand sie sich in einer Welt, die skurriler nicht hätte sein können. Sie konnte sich in einer Digimon verwandeln und aus dem Nichts Feuer entstehen lassen. Eigentlich sollte sie überhaupt nichts mehr schocken.

"Dadurch hast du uns also gesehen?" fragte Bill überflüssigerweise.

Manchmal fragte sich Cat ob der Kerl eigentlich beschränkt im Kopf war.

"Ja doch, ja!" bejahte François triumphierend. "Ihr seid weggelaufen, h-hab ich gleich erkannt!"

Nervös knetete er erneut sein rechtes Ohr und lächelte vorsichtig.

Unsicher versuchte Bill das Lächeln zu erwidern, was ziemlich dämlich aussah.

"Äh ja, danke jedenfalls."

Cat verließ das Becken und machte ein paar Schritte durch die Gummizelle.

Die Digiwelt war ein ganz schön seltsamer Ort. Fast wirkte es, als hätte man ein paar Kinder eine eigene Welt konzipieren lassen, auch wenn die einzelnen Teile gar nicht zueinander zu passen schienen. Aber welches noch so verrückte Kind kam auf die Idee, eine Gummizelle unterirdisch in einem Urwald zu verstecken?

Derweil bemühte sich Bill sichtlich, das Gespräch mit dem seltsamen Franzosen am laufen zu halten.

"Wie bist du eigentlich hier rein gekommen? Woher wusstest du von dieser ... Zelle?"

François kratze sich zunächst am Kopf und begann einige Male hektisch zu blinzeln, bevor er antwortete.

"Die Stimme hat's mir gesagt. Sollte mich verstecken. W-warten, bis ich n-nützlich sein kann. Ja, nützlich! Wie jetzt, wie jetzt! Hab' euch gerettet, A-Auftrag ausgeführt."

So richtig zufrieden war Bill damit noch nicht. Irgendwie gab jede Antwort dieses Irren nur noch mehr Rätsel auf.

"Die Stimme ..." fuhr François nun flüsternd fort, sodass Cat wieder näher kommen musste, um ihn verstehen zu können.

"H-hat sie auch zu ... zu euch gesprochen? Ihr habt doch ...? Oder n-nicht?"

Scheinbar von seinen eigenen Worten verwirrt, begann François seine Taschen abzusuchen und holte schließlich ein Gerät hervor, das Cat nur allzu gut bekannt war. Es handelte sich um eines der Dinger, die Bill und sie digitieren ließen Es war größtenteils blau, an manchen Stellen jedoch gelb wie die Wände um sie herum.

Mit zitternden Händen zeigte François ihnen das Gerät.

"Ihr habt doch ein - einen D-Tector? O-oder?"

Verwirrt sahen Cat und Bill den Franzosen an.

"Einen was?" fragte erstere stirnrunzelnd und holte nun auch ihr Exemplar hervor.

François wurde ganz aufgeregt, als auch Bill das schwarze Gerät in den Händen hielt.

"D-Tectoren! Schön, ihr h-habt sie a-auch!"

Diese Dinger hießen also D-Tectoren? Woher wusste der Verrückte das denn? Und wer hatte den Teilen denn diesen Namen gegeben?

"Die Stimme hat's gesagt, ja ja!" versicherte François ihnen nun beflissen "D-Tectoren und nicht anders. Alle haben einen ... einen bekommen. Jeder, der in die D-D-Digiwelt gerufen wurde ... wurde ... wurde."

Dieses seltsame Gerede ging Cat langsam auf die Nerven, aber sie war zu gebannt von der Aussicht, endlich etwas mehr über die Umstände dieses mysteriösen Abenteuers zu erfahren, selbst wenn die Informationen von einem Freak wie François stammten.

"Diese Stimme, von der du da immer redest... Wo kommt die her?" wollte die Russin nun wissen.

Hoffentlich entpuppte sie sich nicht als Hirngespinst dieses Irren.

Hektisch begann dieser nun auf seinem blauen D-Tector herumzutippen. Es schien fast, als erwarte er eine Reaktion auf dem kleinen Display.

"W-wenn sie spricht, dann sehe ich ein - ein Auge! Ein Auge auf dem B-Bildschirm! Irgendwie gruselig. Ein M-menschenauge aber, aber, aber ..." Er zuckte kurz mit dem Kopf und fuhr dann fort: "Aber irgendwie auch w-wieder nicht. Gruselig. Die Stimme kommt aus dem D-Tector! Sagt mir, was ich ... wohin ... sie befiehlt mir!"

Ängstlich sah der Franzose die beiden anderen Menschen an. Dann flüsterte er panisch:

"Sie weiß alles, was wir tun! Sie kann uns sehen!"

Zum ersten Mal hatte er klar und ohne Unterbrechungen geredet. Es schien ihm wichtig zu sein, dass sie seine Angst verstanden. Und dass sie die Gefahr, die durch diese Stimme ausging verstanden.

Aber warum hatte sie nur zu dem Franzosen gesprochen? War sie vielleicht doch bloß Einbildung?

"Sicher, dass die Stimme nicht nur deinem Kopf ist?" fragte deshalb Bill ungläubig, der auf einen ähnlichen Gedanken gekommen zu sein schien.

"Nein, nein, nein ... NEIN!"

Zunächst hatte François wieder geflüstert, doch das letzte "Nein" hatte er erbost geschrien.

Als hätte er ihn zutiefst gekränkt, sah er zu Bill, der wieder auf dem Boden saß hinunter und sagte mit ernster Stimme: "I-Ich weiß, dass ich ... dass ich k-krank bin. Aber ich bin nicht v-verrückt, klar? Nicht!"

Eine einsame Träne lief seine Wange hinab.

"Das ist keine ... nicht ... es ist wahr! Ich b-bilde mir n-nichts ein!"

Plötzlich fuhr er wie von der Tarrantel gestoch zu Cat herum und zeigte mit zitternder Hand auf sie.

"Ich k-kenne eure Namen! Die Stimme ... hat sie mir g-gesagt. Du bist Je-Jekaterina. Und du ..." ,er wies auf den Amerikaner, "heißt B-Bill, nicht?"

Das konnte er unmöglich erraten haben. Sie hatten ihre Namen nicht genannt, seid sie hier unter waren. Sagte der Freak also die Wahrheit? War die Stimme also Wirklichkeit?

"Also ... hat diese Stimme dir gesagt, dass du uns helfen sollst? Wieso?" wollte Cat wissen. Zunächst war es vielleicht klüger einfach alles hinzunehmen, was François von sich gab. Was davon Mist war, konnte sie ja später entscheiden.

François blickte verträumt in das Becken vor ihm. Dann sagte er ernst:

"Die Stimme s-sagte, ich soll in das Becken g-gucken. Ich hab euch ... hab euch gesehen und d-dann ... hat sie mir befohlen, euch z-zu rufen."

Bill setzte am Boden eine nachdenkliche Miene auf. Er wandte sich an Cat.

"Ich glaube, er sagt die Wahrheit. Das ergibt doch irgendwie alles auf eine seltsame Art Sinn."

Langsam erhob er sich und betrachtete den schwarzen D-Tector in seiner Hand.

"Die Stimme muss dem Typen gehören, der uns hierher gelockt hat. Ich meine in die Digiwelt. Du hast doch gesagt, dass du auch einen Brief bekommen hast. Und deinen D-Tector. Wer auch immer das ist, er oder sie hat uns allen diese D-Tectoren gegeben."

Cat nickte bloß. Klar, so betrachtet konnte das alles so gewesen sein. Aber letztlich war es doch bloß eine Theorie. Vielleicht hatte der mysteriöse unbekannte aber gerade deshalb, weil er auch Cat und Bill in die Digiwelt gerufen hatte, François dazu gebracht ihnen dieses Versteck zu zeigen. Es konnte ja sein, dass er sie schützen wollte. Was wurde hier eigentlich gespielt?

"Weißt du vielleicht sonst noch irgendwas? Hat die Stimme dir mehr erzählt?" wollte Cat deshalb von dem Franzosen wissen.

Er antwortete betrübt: "Nicht viel, nein, nein. S-sind noch nicht bereit. W-wenn der T-tag gekommen ist, dann will ... wird sie sich melden ... zeigen, s-sagt sie."

Noch ein Rätsel. Verdammt! Mussten sie etwa stärker werden? War es das worauf der Unbekannte wartete? Aber warum konnten sie keinen Hinweis bekommen, worum es hier eigentlich ging?

Wütend durchforstete die Russin ihre Jackentasche und förderte den Brief zutage, den sie damals in ihrer Heimat mitsamt dem D-Tector erhalten hatte.

Darin stand doch, dass sie in einer anderen Welt endlich die Freiheit haben könnte, die sie sich immer gewünscht hatte. Aber die Digiwelt war nicht so. Noch nicht. Vielleicht war sie ja hier, um genau das zu ändern? Hatte sie eine Aufgabe in dieser Welt?

Verdammte Geheimniskrämerei!

In einem Anflug von Tatendrang, wollte sie sofort wieder aufbrechen, irgendetwas musste sie jetzt tun! Doch dann wurde sie schlagartig an ihre Müdigkeit erinnert. Sie musste sich ausruhen. Und Bill sah ebenfalls nicht sehr fit aus, auch wenn er nie einen besonders gesunden Eindruck machte.

"Was dagegen, wenn ich hier mal 'ne Runde penne?"
 

Er konnte nicht mehr. Er wollte nicht mehr.

Dieser Wald nahm gar kein Ende und seine Kräfte verließen Impmon stetig. Aber konnte er sich hier denn irgendwo sicher fühlen? Würde er nicht fast schon mit Garantie im Schlaf getötet werden, sollte er so kühn sein und sich hinlegen?

Aber er musste es doch. Seit Stunden schon irrte er ziellos durch das Dickicht, immer auf der Suche nach einem Weg aus diesem Albtraum. Er hatte Angst. Er konnte sich doch gar nicht wehren, er war Freiwild für jedes Digimon, das nach seinen Daten trachtete.

Nicht zum ersten und erst recht nicht zum letzten Mal wünschte er sich, aus eigener Kraft für seine Sicherheit sorgen zu können. Nicht mehr auf andere angewiesen zu sein. Was er dafür nicht alles gäbe ...

Die Erschöpfung war mittlerweile drückend geworden. Er konnte kaum noch einen Fuß vor den anderen setzten und seine Augenlider wurden immer schwerer.

Es war ein aussichtsloser Kampf gegen die Müdigkeit, den er zu verlieren drohte.

Verzweifelt blickte er sich um. Was sollte er bloß tun?

Das Bild um ihn hatte sich noch nicht merklich verändert. Turmhohe Bäume, Sträucher und Schlingpflanzen wohin er nur blickte. Vielleicht sollte er sich auf einem Baum zur Ruhe begeben?

Die Äste waren so groß, dass er sicher bequem rasten konnte. Und in der Höhe würde er sicherlich viel Sicherer vor vorbeilaufenden Digimon sein.

Entschlossen machte er sich an den Aufstieg. Noch immer mit der Müdigkeit ringend fasste er in Einkerbungen in der Rinde, hielt sich an kleineren Zweigen fest und zog sich Stück für Stück empor.

Nur noch ein paar Meter ...

Plötzlich knackte es unter ihm. Der Zweig, auf dem er gestanden hatte, brach durch und Impmon verlor den Halt.

Schreiend fiel er das kurze Stück hinab, dass er bis dahin geklettert war und landete im weichen Moos.

Es hatte ja doch keinen Zweck. Resignierend gab er sich der Erschöpfung hin und schon im nächsten Augenblick fiel er in einen tiefen, traumlosen Schlaf.

Auf Baggins Spuren

Kapitel 8: Auf Baggins Spuren


 

Für Bill fühlte es sich so an, als wäre er in dem Moment, in dem er eingeschlafen war auch schon wieder aufgewacht. Nichts hatte sich an seiner Müdigkeit geändert, sein Körper fühlte sich geschunden an.

Natürlich würde es noch immer finster im Dschungel sein, denn kaum ein Sonnenstrahl konnte es durch das Blätterdach schaffen. Und letztlich änderte sich die Tageszeit in der Digiwelt ja eh nicht.

Grummelnd rieb sich der junge Amerikaner die verschlafenen Augen und setzte sich an die Wand gelehnt hin.

François und Cat lagen in verschiedenen Ecken des komischen Raumes auf dem Boden und schliefen noch. Sollte er sich vielleicht auch noch einmal hinlegen?

Der Gedanke war verlockend, schließlich konnte er kaum die Augen offen halten und der Gummiartige Boden war äußerst gemütlich. Andererseits ...

Bill hatte das nagende Gefühl, etwas sehr wichtiges vergessen zu haben, doch er wollte einfach nicht darauf kommen was es war. Vielleicht wollte ihn sein Unterbewusstsein zur Weiterreise drängen? Schließlich mussten sie Taomon finden, um endlich Antworten auf so viele Fragen zu erhalten.

Wie konnte es sein, dass sie zu Digimon wurden? Sie als Menschen? Standen diese Digimon, zu denen sie digitieren konnten irgendwie in Verbindung? Wer hatte sie hierher gelockt?

Sein Blick viel auf François. Natürlich, eines wussten sie nun. Dieser Unbekannte, der ihnen die Briefe und die D-Tectoren geschickt hatte, wollte wieder Kontakt mit ihnen aufnehmen und hatte sie sicherlich nicht ohne Grund in die Digiwelt geholt. Vielleicht hatte Taomon sogar eine Vermutung, wer hinter dem Geheimnis stecken könnte. Wenn der Franzose wenigstens die Stimme hätte beschreiben können ...

Seufzend stand Bill auf, nur um sich prompt den Kopf an der niedrigen Decke zu stoßen. Ein leiser Fluch entfuhr ihm und er bewegte sich auf das Steinbecken zu, während er sich den schmerzenden Hinterkopf hielt. Warum musste dieser Raum nur so klein sein?

Ohne besondere Erwartungen warf er einen Blick in das Becken. Die Flüssigkeit begann zu wabern und zeigte bald den düsteren Wald außerhalb dieser deplatzierten Gummizelle.

Bill hatte sich schon gefragt, ob dieser Unbekannte, der durch die D-Tectoren sprach, vielleicht einen komischen Humor hatte, weil er gerade den etwas gestört wirkenden François an diesen Ort gebracht hatte.

Irgendwie hatte Bill ja Mitleid mit dem Franzosen, aber andererseits war es extrem nervenaufreibend ihm zuzuhören. Er musste eine Nervenkrankheit oder so haben. Oder er war wirklich irre.

Solche Gedanken waren gemein, schallt sich Bill selbst und beobachtete genauer, was draußen vor sich ging. Bald wurde er dieser Tätigkeit überdrüssig, denn so wirklich passierte dort gar nichts.

"Na, was spannendes entdeckt?" fragte Cat von hinten.

Sie musste unbemerkt aufgestanden sein und sich ihm genähert haben.

Bill schüttelte gelangweilt den Kopf.

"Nichts besonderes."

Der Amerikaner trat von dem Becken weg und setzte sich zur Bequemlichkeit wieder hin, damit er keinen krummen Rücken mehr machen musste.

"Sag mal, Cat" begann er daraufhin "Ich bin mir ganz sicher, dass ich etwas echt wichtiges vergessen habe. Fällt dir vielleicht was ein? Das beschäftigt mich die ganze Zeit."

Etwas desinteressiert rümpfte Cat die Nase, doch dann begann sie überraschenderweise doch zu grübeln.

"Kein Plan" meinte sie schließlich und ergänzte dann mit boshaftem Spott:

"Du hast zumindest nichts verloren, was denn auch?."

Das ließ Bill von sich abprallen. Solche Sprüche kannte er in- und auswendig, sodass sie ihm längst egal geworden waren.

Was zur Hölle hatte er wichtiges vergessen?

Er beschloss Impmon zu fragen. Das kleine Digimon hielt sich doch für so oberschlau und wusste immer alles besser. Bestimmt würde er auch von ihm eine komische Antwort erhalten, aber das war nebensächlich.

Plötzlich erstarrte er.

Impmon!

Hektisch sah er sich um. Tatsächlich war das kleine Großmaul nicht da.

Er hatte Impmon vergessen!

"Wo ist Impmon?" fragte Bill so laut, dass François erschrocken aus dem Schlaf hochfuhr, mit dem Kopf gegen die Wand prallte und dann benommen zurück auf den Boden sank.

Auch Cat schaute sich einige Male um und auch sie schien sich dumm vorzukommen.

"Verdammt, wie konnte das denn passieren? Wann war er zuletzt bei uns?" fluchte sie und trat wütend gegen die gepolzterte Wand.

Bill begann nachzudenken. Ja, wann war Impmon eigentlich bei ihnen gewesen? Er war sich gar nicht mehr sicher, ob Impmon überhaupt in den Wald mitgekommen war. Vielleicht war er ja schon von Megakabuterimon geladen worden, bevor die beiden Menschen wieder zur Besinnung gekommen waren. Oder hatte er es vor ihnen in den Wald geschafft?

"So ein Scheißdreck" schimpfte Cat noch immer ungehalten "Wie sollen wir den denn jemals wiederfinden, falls er überhaupt noch lebt?"

Darauf wusste Bill auch keine Antwort und der etwas verstört dreinblickende François traute sich scheinbar nicht etwas zum Thema beizutragen, wobei er so oder so wenig über Impmon wissen konnte.

Entschlossen lief Bill geduckt zu dem Ausgang der seltsamen Gummizelle.

"Bringt jedenfalls nicht hier rumzusitzen. Wir müssen ihn finden, sonst schaffen wir es niemals zu diesem Taomon."

Cat zuckte resigniert mit den Schultern und folgte ihm.

Als wäre das Vergessen anderer mittlerweile zur Gewohnheit geworden, ließen sie François wortlos zurück, während sie nacheinander durch das Loch schlüpften, das sowohl Ein- als auch Ausgang darstellte.

Der Franzose starrte noch eine Weile an die Stelle, wo die beiden anderen Menschen zuletzt gewesen waren und schüttelte dann unwillkürlich heftig den Kopf.

"W-w-wartet!"
 


 

Weit weniger gemütlich erwachte Impmon auf dem mit Moos bedeckten Waldboden. Sein Rücken schmerzte. Scheinbar hatte er teilweise auf einer Wurzel gelegen.

Stöhnend erhob sich das Rookie-Digimon und sah sich unsicher um.

Es war also doch kein verrückter Traum gewesen. Er steckte tatsächlich alleine in einem unbekannten Wald fest und hatte keine Ahnung wie er hier wieder rauskommen konnte.

Die einzige Lösung für das Problem war, sich einfach in Bewegung zu setzen. Irgendwann würde er schon automatisch aus dem Wald kommen oder aber unterwegs getötet werden, was weitaus wahrscheinlicher war. Gerade in solchen abgelegenen Wäldern, die weit von jeder Stadt entfernt lagen, wimmelte es nur so von angriffslustigen Digimon. Das Leben an solchen Orten war ein unerbittlicher Überlebenskampf.

"Oh verdammt, hätte ich doch damals nicht diesen Menschen angesprochen! Ich könnte wie immer auf Erkundungstour sein und mir aussuchen, wo es hingeht. Aber nein ..." Er seufzte schwer.

Das alles nur für diese beiden blöden Menschen, die ihm jetzt auch nichts mehr nützten.

Mit einem Ultralevel legte man sich halt nicht an, das sagte einem doch der gesunden Digimonverstand.

Mit sich und seinem Schicksal hadernd bahnte sich Impmon seinen beschwerlichen Weg durch das dichte Gestrüpp, das ihn schon auf Kopfhöhe ständig behinderte, da er so klein war.

Gerade schob er mit seiner rechten Hand ein besonders hartnächkiges Blatt von sich weg, als er mit einem Mal in etwas Klebriges hineinstolperte.

Eine dünne und zugleich widerstandsfähige Barriere war vor ihm. Sie bestand scheinbar aus mehreren weißen Fäden.

Verwundert wollte Impmon einen Schritt zurückmachen, doch seine Hand blieb an dem fremden Objekt haften und ließ sich einfach nicht lösen.

Leicht panisch begann Impmon mit aller Kraft zu ziehen und zu zerren, doch es half nichts, seine Hand blieb wo sie war.

"Was ist das denn für ein Zeug?" fragte sich Impmon laut und unternahm immer verzweifeltere Versuche sich von der klebirgen Substanz zu befreien.

Seine Beine begannen auf dem unebenen Untergrund des Waldbodens den Halt zu verlieren und er stolperte unwillkürlich nach vorne.

Es kam, wie es kommen musste: Nun hing er mit dem Gesicht vorran in dem Wirrwarr aus klebrigen Fäden. Scheinbar handelte es sich um eine Art Netz.

"Oh nein, Hilfe!" brüllte das Digimon ohne nachzudenken und besann sich dann eines besseren. Dieses Netz war doch offensichtlich eine Falle. Natürlich!

Wenn er jetzt weiter Lärm machte, würde er vielleicht das Digimon anlocken, dass dieses Netz gesponnen hatte.

Zappelnd versuchte er sich von den Fäden zu lösen, doch er hatte das Gefühl, dass er sich eher weiter in ihnen verfing.

Was sollte er bloß tun?

Angst machte sich in ihm breit.

"Na, ganz alleine?" säuselte plötzlich eine gehässige und sehr hohe Stimme von oben.

So weit es ging, folgte Impmon dem Geräusch mit seinem Blick und erspähte ein spinnenähnliches Digimon, dass sich an einem Faden von einem nahestehenden Baum heruntergleiten ließ.

Es war etwas kleiner als Impmon selbst, und besaß einen schwarz-gelb gestreiften Rumpf. Die acht Beine waren von schwarzem Haar bedeckt, nur die Spitzen waren blutrot.

Der Schädel bestand aus einer Art gelben Maske, welche mit mehreren smaragdgrünen Augen versehen war und aus welcher im Nacken braunes Haar hervorsah.

Am bedrohlichsten wirkte der mit vielen spitzen Zähnen versehene Kiefer.

Impmon kannte dieses Digimon. Das war ein Kodokugumon.*

Es war zwar nur auf dem Ausbildungs-Level, doch Impmon war sicherlich nicht in der Verfassung sich gegen das Spinnendigimon zu wehren, das sich nun über das gesponnene Netz bewegte und knapp über seiner Beute innehielt.

"Sehr sehr mutig für so einen kleinen Burschen wie dich."

Eine weitere, sehr ähnliche Stimme gesellte sich dazu und bald war die Luft von dem gehässigen Gesäusel dutzender Kodokugumon erfüllt, die über das Netz zu ihrem Artgenossen krabbelten und Impmon umzingelten.

Manche verließen das Netz und positionierten sich im Rücken des gefangenen Digimons.

"Lasst mich!" rief Impmon ängstlich, auch wenn es klar war, dass es keinen Sinn hatte zu betteln.

Sein letztes Stündlein hatte geschlagen. Jetzt würde er sterben.
 


 

Das grüne Meer schien überhaupt kein Ende zu nehmen. Schon nach etwa einer Stunde Fussmarsch konnte Bill nicht einmal mehr sagen, aus welcher Richtung sie gekommen waren und ob sie sich tiefer in den Wald hinein oder eher wieder heraus bewegten.

Irgendwie sah doch alles so gleich aus hier.

Überall die gewaltigen Farngewächse und fast hüfthohe Gräser, die sich neben dichten Büschen aneinandereihten und das Vorankommen erschwerten. Erschwerend kamen die zahllosen Wurzeln hinzu, die man erst sah, wenn man über sie gestolpert war.

Bill hatte den Wald schon recht früh satt.

Mittlerweile war auch die winzige Hoffnung, Impmon noch zu finden, geschwunden.

Er für seinen Teil wäre schon froh, wenn sie überhaupt lebend aus diesem Gestrüpp wieder rauskämen.

Cat hielt auf einmal inne und drehte sich zu ihm um. Die ganze Zeit über war sie vorangegangen, obwohl Bill zunächst die Führung hatte übernehmen wollen. Irgendwie hatte es ihr nicht gepasst ihm zu folgen, auch wenn es völlig irrelevant war, da keiner von beiden genau wusste, wo sie langgehen sollten.

"Wir finden ihn nicht" sagte Jekaterina trocken. Sie zeigte keine emotionale Regung, die verraten könnte, ob es ihr etwas ausmachte, das Digimon endgültig aufzugeben.

Bill nickte bloß.

Natürlich hatte er den selben Gedanken schon lange gehabt. Sie hatten sich doch etwas vorgemacht. Dieser Wald war unüberschaubar. Wie hätten sie Impmon hier jemals wieder sehen sollen?

"Am besten, wir sehen zu, dass wir hier raus kommen. Aus diesem Wald meine ich."

Mit einer wagen Geste deutete Cat auf all die mittlerweile verhassten Pflanzen um sie herum.

Diesmal brummte Bill bloß seine Zustimmung.

Wenn er ehrlich zu sich selbst war, dann war ihm der Verlust Impmons nicht völlig egal. Auch wenn er ihn für einige Stunden komplett vergessen hatte.

Seit er hier in der Digiwelt war, hatte das Digimon ihm stets mehr oder weniger hilfreich zur Seite gestanden. Zwar weniger aus Freundlichkeit als aus reiner Neugier, aber Impmon hatte ihn unterstützt. Der Gedanken, ihn nie mehr wiederzusehen und ihm vielleicht so gar einfach danken zu können, wurmte Bill.

So wirklich in sein Herz geschlossen hatte er Impmon nie. Aber irgendwie hatte die gemeinsame Zeit doch ihre Spuren hinterlassen.

"Wie..." begann er seufzend "Wie sollen wir denn jemals dieses Taomon finden? Wir wissen doch nichtmal wo dieser Berg Fortran liegt. Und aus diesem Wald müssen wir auch erstmal raus kommen."

Cat setzte ein verärgertes Gesicht auf.

"Wer sagt, denn, dass wir es unbedingt finden müssen? Vielleicht lassen sich ein paar unserer Fragen auch durch andere Digimon beantworten. Kann ja nicht sein, dass es hier nur einen Kerl mit Grips gibt."

Sie blickte ihm direkt in die Augen und setzte dann ein schiefes Lächeln auf.

"Im Übrigen sind wir doch eigentlich ein gutes Team, auch wenn du nervst. Als Duskmon hast du echt was auf dem Kasten. Irgendwie werden wir schon zurechtkommen."

Bill war erstaunt. Das war mit Abstand das freundlichste, was er jemals von der Russin gehört hatte.

So richtig kamen sie ja noch immer nicht miteinander aus, aber jetzt wo sie es sagte ...

Sie hatten doch alle Digimon besiegt, die sie getroffen hatten. Bis auf Megakabuterimon natürlich.

Und es waren nicht unbedingt wenige Feinde gewesen.

Er erwiderte das Lächeln zaghaft und meinte: "Vielleicht kein optimales Team, aber ein besseres soll erstmal gefunden werden!"

"Sehr putzig!" zischte plötzlich eine seltsam hohe Stimme aus einem der zahllosen Baumwipfel.

Erschrocken zuckten die beiden Menschen zusammen und versuchten die Quelle des Geräusches ausfindig zu machen.

Ehe sie sich wappnen konnten, sprang eine riesige Spinne von den Ausmaßen eines kleinen Busses aus den Tiefen der Blätter hervor und stürzte aus über dreißig Metern auf sie herab.

"Giftiges Spinnennetz!" rief das Ungeheuer und ließ noch in der Luft aus seinem Hinterteil mehrere lange dünne Fäden schießen, die Bill und Cat umschlangen.

Innerhalb weniger Herzschläge waren sie bis auf den Kopf komplett von der klebrigen weißen Fesseln eingewickelt und fielen überrascht aufschreien zu Boden.

Kurz darauf landete das monströse Digimon, das einer riesigen Vogelspinne glich, neben ihnen im Gras, wobei ein dumpfer Aufschlag zu hören war.

"Na ihr seid ja ein paar unvorsichtige Digimon. Rookie-Level nehme ich an?" säuselte es mit seiner seltsamen Stimme, die auf ihre Art unangenehm zu hören war.

Bevor Bill oder Cat etwas erwidern konnten, spie es eine farblose Wolke aus seinem Maul aus, die die beiden Menschen einhüllte.

Verzweifelt versuchte Bill das unbekannte Gas nicht einzuatmen, doch schon nach wenigen Augenblicken schnappte er refelxartig nach Luft. Seine Augenlider wurden schlagartig schwer.

Er konnte noch erkennen, wie neben ihm Cat regungslos liegen blieb, dann umhüllte auch ihn traumlose Schwärze.
 


 

Als Cat erwachte, kam sie sich vor, als seien alle ihre Sinne leicht betäubt.

Alles sah verschwommen aus und sie hörte gedämpfte Geräusche, als würde Watte ihre Ohren verstopfen.

Vorsichtig wollte sie sich rühren, doch ihr Körper war von festen weißen Fesseln eingeschnürt und sie konnte weder Arme noch Beine bewegen.

Panik machte sich in ihr breit.

Was war denn hier los?

Fieberhaft versuchte sie sich an das letzte zu erinnern, was geschehen war.

Das Spinnendigimon!

Jetzt wusste sie es wieder.

Hastig sah sie sich um. Zwar konnte sie noch immer nicht alles ganz genau erkennen, doch sie meinte sich auf einer Lichtung zu befinden, in deren Mitte ein riesiger Baum stand, der sogar die vielen Exemplare aus dem Urwald selbst überragte.

Ein Blick nach oben verriet ihr, dass die Fäden, die sie festhielten an einen der Äste der großen Pflanzen angebracht worden war und sie etwa drei Meter in der Luft hing.

Auf dem Waldboden tummelten sich hunderte Spinnen, von der Größe eines Schäferhundes. Oder vielleicht waren sie auch ein wenig kleiner, sie konnte es noch immer nicht klar erkennen, obwohl die Betäubung des großen Spinnendigimons langsam nachzulassen schien.

Von Bill war weit und breit keine Spur.

Offenbar hatte man sie gefangen genommen, aber wozu?

Auch das große Digimon war nirgends zu erkennen. Vielleicht wollte es sich seine Opfer ja für später aufbewahren, oder Bill war bereits getötet worden und nur sie war übrig.

Aber dann mussten sie doch erkannt haben, dass sie keine Digimon, sondern Menschen waren und man sie nicht laden konnte!

Verzweifelt schwang Cat hin und her. Sie versuchte sich irgendwie von den Fesseln zu befreien.

Vergebens. Die Fäden waren zu fest und klebten außerdem noch.

Die Situation schien aussichtslos.

In die Masse an kleineren Spinnendigimon kam nun eine koordinierte gemeinsame Bewegung. Sie bildeten eine breite Gasse und schon bald trat das größere Exemplar aus dem Schatten des Waldes auf die etwas hellere Lichtung und marschierte mit klappernden Zähnen auf den hohen Baum in der Mitte zu.

Nun hatte Cat Zeit es etwas genauer in Augenschein zu nehmen.

Es war dick und schwarz. Auf seinem enormen Körper prangte ein unheilvoller Totenschädel, der fast wie eine Tätowierung oder Kriegsbemalung wirkte.

Der Kopf glich einer gelben Maske, mit zwei zur Seite zeigenden Hörnern, rostrotem Haar im Nacken, sowie neun funkelnd grüner Augen.

Das Digimon machte keinen freundlichen Eindruck*.

Den hässlichen Kopf in den Nacken legend blickte es zu seiner Gefangenen hinauf. Mit der bereits bekannten, unangenehm zischenden Stimme, rief es:

"Du hast die Ehre, von unserer erhabenen Königin höchst persönlich geladen zu werden, wenn sie von ihrer Jagd zurückkehrt! Freu dich."

Die Worte klangen gehässig und gar nicht so, als wäre dieses Schicksal besonders wünschenswert, was im Übrigen auch Cats Meinung entsprach.

Mit der ihr eigenen Direkt- und an Leichtsinn grenzenden Furchtlosigkeit erwiderte sie laut schreiend:

"Ich bin nicht mal ein Digimon, du fettes Riesenvieh!"

Wenn sie doch nur an ihren D-Tector käme. Sie würde diesen Spinnen schon Feuer unter ihren haarigen Hintern machen! Doch leider waren ihr die Hände buchstäblich gebunden.

Das Spinnendigimon ignorierte ihren Protest vorsätzlich und wandte sich ab.

Es ging mit einigen der kleineren Digimon davon und die anderen schienen ebenfalls einer Tätigkeit nachzugehen, auch wenn Cat nicht erkennen konnte, was sie genau taten.

Es mussten hunderte der Kleinen sein.

Selbst wenn sie digitieren könnte, wäre sie gnadenlos in Unterzahl.

Sie seufzte.

Mit Bill würde sie es vielleicht schaffen. Sie gab es nicht gerne zu, aber der nachdenkliche Obdachlose war zweifellos der bessere Kämpfer. Er handelte stets durchdacht und schien generell ein sehr cleveres Bürschchen zu sein.

Sympathischer machte ihn das für sie keinesfalls, doch ihr wurde in diesem Moment klar, dass ihre Worte im Wald ernst gemeint gewesen waren. Um zu überleben sollten sie unbedingt weiter zusammenbleiben, mit oder ohne ein Digimon, das ihnen den Weg wies.

Falls sie überhaupt jemals wieder irgendeinen Weg beschreiten würden, denn aktuell sah ihre Zukunft alles andere als rosig aus und sie wusste nicht mal ob Bill überhaupt noch lebte.

"C-cat!" stammelte eine bekannte Stimme von oben und ließ sie aufschrecken.

"François?" fragte die Russin verblüfft, als sie den nervös zuckenden Mann über sich auf dem Ast sitzen sah, an dem sie gefesselt hing.

"Was machst du denn hier?"

Sie hatte harscher geklungen als geplant.

Er versuchte wohl zu lächeln, scheiterte aber und kratze sich stattdessen intensiv am Kopf, was nicht geplant aussah.

"B-bin euch gefolgt, ja ja. Großer V-v-v ... Vorsprung. Konnte n-nicht helfen!"

Natürlich! Sie waren überstürzt aufgebrochen, um Impmon zu suchen und hatten den Franzosen dabei in seiner unterirdischen Zelle zurückgelassen.

Der Kerl war zwar scheinbar ziemlich kaputt im Kopf, aber er war drauf und dran ihr bereits zum zweiten Mal nicht unerheblich zu helfen. Äußerst selbstlos von ihm.

"Die S-stimme hat sich nicht gemeldet, a-aber ich wusste ... wusste, dass ich euch r-retten muss."

"Uns?" echote Cat.

François sah sie überrascht an.

"B-bill hängt auf der anderen Seite des B-Baums."

Dann hatte er also überlebt! Wenn François sie beide befreien konnte, würden sie vielleicht eine Chance gegen diese Viecher dort unten haben.

Zwar fragte sie sich, wie François es überhaupt geschafft hatte, unbemerkt hierher zu kommen und warum er Bill noch nicht geholfen hatten, wenn er ihn doch bereits gesehen hatte, doch sie wollte keine Zeit verschwenden und den Franzosen unnötig zulabern.

Dieser hatte sich derweil bereits an dem Faden zu schaffen gemacht, der sie an dem Ast festhielt.

Er zog mit aller Kraft an ihm und versuchte Cat auf den recht breiten Ast zu holen, um sich ihrer Fesseln annehmen zu können.

Zunächst sah das nach einem guten Plan aus, doch schon bald musste François sich eingestehen, dass er nicht stark genug war, auch wenn Cat keinesfalls viel wog.

"T-tut mir leid, ich b-bin zu schwach!" entschuldigte er sich überflüssigerweise und begann zu grübeln, wie er ihr sonst helfen konnte.

Unglücklicherweise hatte es nun eine Gruppe der kleinen Spinnendigimon für angebracht gehalten nach der Gefangenen zu sehen und so entdeckten sie unweigerlich auch François bei seinen Befreiungsversuchen.

Rasch stoben sie auseinander, einige um wohl das große Digimon zu alarmieren, andere , um den Baum hochzukrabbeln. Wahrscheinlich würden sie François gleich an Ort und Stelle ebenfalls gefangenen nehmen.

"Verdammt, mach dass du wegkommst, Idiot!" befahl Cat aufgebracht, da ihr nervöser Helfer keine Anstalten machte sich vor den von allen Seiten auf ihn zu krabbelnden Wesen in Sicherheit zu bringen.

Erschrocken machte er sich daran weiter den Baum hinaufzuklettern, was an sich eine schlechte Idee war, denn schließlich würde er dort unweigerlich in der Klemme sitzen.

Es kam wie es kommen musste.

Er hatte es gerade einmal zum nächstgelegenen Ast geschafft, als ihn die ersten Digimon erreichten.

Hastig stolperte der Franzose zurück, erkannte dann aber, dass er umzingelt war.

Cat war unwillkürlich wütend auf ihn.

Natürlich hatte er Mut bewiesen, überhaupt einen Rettungsversuch zu starten, aber dieser Fluchtversuch war doch wohl die dämlichste Variante von allen möglichen gewesen.

Eines der Spinnendigimon setzte gehässig grinsend zum Sprung auf sein in die Enge getriebenes Opfer, da ertönte auf einmal ein gewaltiger Knall und das Splittern von Holz war zu hören.

In der Nähe des Astes, auf dem François festsaß, war ein etwa vier Quadratmeter großes Loch aus dem Stamm des riesigen Baumes gesprengt worden und gleißendes Licht strömte aus der Öffnung.

Staunend beobachteten alle Anwesenden, wie etwas kleines schwebend aus der Rinde geflogen kam und auf den verdutzten François zuschwebte.

Dann verschwand das Objekt aus Cats Sichtfeld und der mit Spinnendigimon überrannte Ast war auf einmal von umherschwebenden Datenfragmenten umgeben. Schließlich ertönte François Stimme, die ungewöhnlich entschlossen klang.

"François - H-Spirit-Digitation zu - Beetlemon!"

Blitze zuckten über den als Schauplatz dienenden Ast und dutzende der kleinen Spinnendigimon fielen wie paralysiert vom Baum herunter.

Schon flog ein unbekanntes Digimon von dem Baum herunter und tauchte in Cats Blickfeld auf.

Es war etwas größer als Agunimon oder Duskmon und besaß breite Schultern. Dennoch hatte es einiges mit den beiden Digimon gemeinsam, zu denen Bill und Cat digitieren konnten. Es wirkte humanoid und doch irgendwie einem Käfer ähnlich.

Sein muskulöser Körper war einer blauen Panzerung bedeckt, die teilweise von gelben Elementen durchsetzt war. Auf dem Kopf ragte ein langes und breites Horn in die Höhe, das zusammen mit den sirrenden Flügeln auf dem Rücken den Eindruck eines Insekts verstärkte.

Die Unterarme waren sehr dick und mündeten in Handgelenken, die von grauen Ringen umschlossen waren. Auf den Ringen war jeweils ein Pluszeichen und ein Minuszeichen zu erkennen.*

"Ich bin ein Digimon!" ertönte François begeisterte Stimme aus dem Mund des Unbekannten.

"Beetlemon!" schrie er sinnbefreit und flog unkontrolliert durch die Lüfte.

Cat fiel die Kinnlade herunter.

François hatte eine von diesen Statuen gefunden! Oder hatte nicht die Statue vielmehr ihn gefunden? Es spielte keine Rolle, was genau geschehen war, doch nun hatten sie vielleicht eine Chance diese Lichtung lebend wieder zu verlassen.

Wichtig wäre dafür zunächst, dass Beetlemon sich besann und mit diesem Unfug aufhörte. François war schließlich wesentlich älter als sie oder Bill und die beiden Jüngeren hatten sich nicht so bescheuert aufgeführt, als sie zum ersten Mal digitiert waren.

"Ganz toll, jetzt befrei' mich endlich und Bill am besten auch!" forderte sie deshalb genervt, da Beetlemon zunächst seine Zeit damit verbracht hatte, die restlichen Spinnendigimon von dem Baum zu schuppsen.

"Ach äh, j-ja klar!" stammelte Beetlemon in gewohnter Weise, sich scheinbar etwas besinnend und flog zu der gefangenen Russin.

Beinahe mühelos zerriss er die klebrigen Fäden mit bloßen Händen und setzte Cat am Boden ab, der von panisch umherkrabbelnden Spinnendigimon überfüllt war.

Entschlossen holte Cat ihren D-Tector hervor.

"Jetzt seid ihr Drecksviecher fällig!"
 

Anmerkungen und Sonstiges:
 

* Kodokugumon

Level: Ausbildung

Art: Insektendigimon

Gruppen: (unbekannt)

Typus: Virus

Attacke: (unbekannt)

http://wikimon.net/Kodokugumon
 

*Dokugumon

Level: Champion

Art: Insektendigimon

Gruppen: Jungle Troopers ; Nature Spirits

Typus: Virus

Attacken: Giftiges Spinnennetz ; Giftfaden

http://wikimon.net/Dokugumon
 

*Beetlemon

Level: Hybrid

Art: Cyborgdigimon

Gruppen: Metal Empire

Typus: Variabel

Attacken: Blitzbombe ; Thors Hammer ; Gewitterfaust

http://wikimon.net/Blitzmon
 

Zum Titel des Kapitels:

Die Meisten werden es auf Anhieb verstehen, aber für den Rest erkläre ichs nochmal. Eine recht ähnliche Szene mit Riesenspinnen in einem dichten Wald und einem wagemutigen Retter findet man auch in Tolkiens "The Hobbit or There and Back Again", das seit ich es vor etwa fünf Jahren zum ersten Mal gelesen habe, zu meinen absoluten Lieblingsbüchern gehört, auch wenn es oft einen starken Kinderbuchcharakter hat. Die Verfilmung hab ich mir noch nicht angesehen, muss ich aber wohl mal^^

Naja, jedenfalls heißt der Held dieses Buches Bilbo Baggins. Da in diesem Kapitel meine Figuren eine recht ähnliche Situation durchmachen müssen, habe ich es mir erlaubt mit dem Titel auf das Vorbild zu verweisen.

:)

Audienz bei ihrer Majestät

Kapitel 9: Audienz bei seiner Majestät


 

Irgendetwas ging auf der für Bill nicht sichtbaren Seite des großen Baumes vor.

Noch immer war er gefesselt an einen der Äste gebunden und konnte das laute Geschehen außerhalb seines Sichtfeldes nicht verfolgen.

Scheinbar wurde dort gekämpft, denn er hatte die Schreie der kleinen Spinnendigimon, die wohl Kodokugumon hießen, wenn er die größeren Spinnen richtig verstanden hatte, welche die kleineren wie Untergebene hin und her schickten.

Nun krabbelten hunderte dieser Digimon auf die Quelle des Tumults zu und Bill hätte einiges dafür gegeben zu wissen, was überhaupt vor sich ging.

Ein erster Hinweis ließ nicht lange auf sich warten, denn er hörte den mittlerweile doch sehr bekannten Ruf "Salamanderkick!" und den Aufschrei eines Digimons.

Cat war offensichtlich zu Agunimon digitiert und heizte den Spinnendigimon nun wahrscheinlich ordentlich ein. Wenn Bill an ihr auch unter normaleren Umständen sehr hitziges Temperament dachte, wollte er lieber nicht mit den Digimon tauschen, die Cats Zorn durch diese Entführung auf sich gezogen hatten.

Doch wie war sie überhaupt frei gekommen?

Die Spinnenfäden, die ihn fesselten waren äußerst stabil und fest gezurrt. Ohne Hilfe hätte sie sich niemals befreien können.

Einen kurzen Moment lang dachte Bill an Impmon. War das Digimon etwa gekommen um sie zu retten? So viel Wagemut traute er dem kleinen Großmaul eigentlich überhaupt nicht zu, aber Wunder gab es doch immer wieder, besonders hier in der Digiwelt, wo doch eigentlich noch kein Tag ohne ungewöhnliche Vorkommnisse vergangen war.

Rasch wurde er jedoch eines besseren belehrt, denn auf einmal kam ein ihm unbekanntes Digimon von der Seite her angeflogen und hielt mit surrenden Käferflügeln vor ihm in der Luft inne.

Es war humanoid und zugleich auch einem Insekt sehr ähnlich. Mit Käfern kannte sich Bill nicht aus, daher konnte er das Wesen nicht genauer einordnen. Es war von einem blauen Panzer geschützt, der hier und da auch gelb gefärbt war. Auf dem Kopf ruhte ein großes stumpfes Horn.

"H-hi Bill! Ich b-bin's François!", stammelte das unbekannte Digimon zu Bills Überraschung und setzte eine Grimasse auf, die wohl ein zuversichtliches Lächeln darstellen sollte.

"Ge-gestatten Beetlemon!"

Stolz posierte François in seiner digitierten Form.

Bill konnte sich nicht erinnern, dass der Franzose irgendwann einmal seine Fähigkeit zu digitieren erwähnt hätte, doch in diesem Moment war es ihm schlichtweg egal.

"Los, befrei' mich schon!", drängte er ungehalten, da Beetlemon einfach nur fasziniert von sich selbst zu sein schien und die unzähligen haarigen Beine am Boden und die dazugehörigen klappernden Gebisse unten am Boden völlig ignorierte.

Hastig unterbrach Beetlemon sein Getue und machte sich ans Werk, was im Klartext hieß, dass er die Fäden, die Bill festhielten, mit bloßen Händen einfach außeinanderriss.

Scheinbar mühelos hob er den befreiten Menschen hoch und setzte ihn auf den Ast, an welchem er kur zuvor noch gehangen hatte.

"Danke, ab hier komme ich alleine klar!", rief Bill, woraufhin sich François jubelnd in die Masse der Kodokugumon am Boden stürzte.

"Thors Hammer!"

Blitze zuckten um seine Fäuste, die er zusammenhielt und in die Menge an Gegnern fahren ließ.

Ein halbes Dutzend Digimon wurde augenblicklich zu Datenstaub pulverisiert.

Bill schenkte dem Treiben noch ein müdes Lächeln. Irgendwie lustig den ängstlichen Franzosen an vorderster Front kämpfen zu sehen.

Schließlich entschloss Bill sich dem Kampf anzuschließen und ließ mittlerweile routiniert die in ihm schlummernden Energien frei, die ihn wie ein warmer Strom erfüllten. Es war doch jedes Mal aufs Neue ein erhabenes Gefühl.

"Spirit Evolution! - Duskmon!"

Das Nachtschwarze Digimon sprang von dem in gut zehn Metern Höhe wachsenden Ast hinab, fuhr im Sprung die gewellten Schwerter aus und durchstach zwei der Kodokugumon am Boden noch bei der Landung. Sie zerfielen sofort in Daten.

Rasch schwangen Duskmons Augen umher und analysierten die Situation.

In der Nähe war keines der großen Spinnendigimon zu sehen, was bedeutete, dass sie wahrscheinlich alle auf der anderen Seite des Baumes gegen Agunimon kämpften.

Mit einem Seitenblick auf Beetlemon, der gut gelaunt durch die Reihe der Kodokugumon pflügte und ihre Zahl kontinuierlich reduzierte, entschloss Duskmon, dass das Käferdigimon alleine klar kommen würde und sprintete deshalb los.

Im Lauf schwang er blitzschnell die Schwerter, die wie unheilvolle Boten durch die Luft peitschten und eine Schneise durch das Gewusel aus Spinnen am Boden schlugen.

Es waren so viele! Und überall krabbelten mehr von ihnen herbei.

Aus den Tiefen des Waldes, von der Krone des großen Baumes und sogar aus der Erde strömten immer weitere der Kodokugumon und unterstützten ihre Kameraden.

Tatsächlich schienen sie keine allzu große Gefahr darzustellen, solange Duskmon in Bewegung war. Die wirkliche Bedrohung ging von ihren Anführern aus.

Wie vermutet hatten diese Agunimon in einen erbitterten Kampf verwickelt. Es waren ein halbes Dutzend der großen Spinnendigimon, die Jekaterina von allen Seiten attackierten.

Sie spuckten violette Wolken aus und schossen klebrige Fäden nach ihr, während Agunimon die Angriffe mit Feuerbällen parierte und Haken schlagend auswich. Langsam wurde sie in die Enge gedrängt, wobei sie Acht geben musste, nicht auch noch von den hunderten Kodokugumon eingekesselt zu werden, welche sie immer wieder mit Tritten und Hieben auf Distanz halten musste.

Nicht wenige der kleineren Spinnendigimon fielen den Angriffen ihrer großen Verbündeten zum Opfer, denen Kollateralschäden scheinbar nichts ausmachten.

Mit einem weiteren Gegner hatte jedoch keines der Digimon gerechnet.

Duskmon spurtete heran und sprang dann mit aller Kraft in die Höhe. Dort führte er eines der Schwerter senkrecht gen Himmel, während das andere zum Boden zeigte.

Er verwandt hinter einem blutroten Mond, der mit einem Mal auf eines der großen Spinnendigimon hinabfiel. Der Mond zerbarst in tausende kleine Splitter, die ebenso auf ihr Ziel zuflogen wie Duskmon, der mit beiden Klingen nach dem Feind stieß.

Der Aufprall der Schwerter auf dem feindlichen Digimon setzte eine Detonation an roter, wabernder Energie frei, welche ihre Ziel komplett verschlang.

Mit einer seltsamen Mischung aus Kreischen und Stöhnen sackte das getroffene Spinnendigimon in sich zusammen, was augenblicklich die Aufmerksamkeit seiner Artgenossen auf sich zog.

Duskmons Schwerter glühten bedrohlich auf und hieb aus nächster Nähe auf das am Boden liegenden Digimon ein.

"Untierschlag!"

Den Schlägen folgten lang gezogene Wellen aus reiner Energie, die ihr Ziel weit weg schleuderten.

Noch in der Luft löste sich das Digimon in Datenfragmente auf, die sofort zielstrebig auf Duskmon zuflogen und von dem siegreichen Digimon absorbiert wurden.

"Dokugumon!", fiepten einige der Kodokugumon erschrocken und fixierten den neuen Feind bösartig mit ihren giftgrünen Augen.

Es kam Bewegung in die Masse der Spinnen und bald stürzten sich die ersten der Kodokugumon todesmutig auf Duskmon, welcher seine liebe Not hatte sie alle abzuwehren.

Die Schwerter schwangen in alle Richtungen und brachten dutzenden der Digimon den raschen Tod, doch die Welle an Feinden wollte einfach nicht abreißen.

"Rotglühendes Salamanderfeuer!", rief nun Agunimon und schleuderte einige Feuerbälle auf ein weiteres der großen Dokugumon, das sich mit aufgerissenem Maul hatte auf sie stürzen wollen.

Mit versengtem Haar wich es zurück. Dennoch schenkten die Spinnendigimon den beiden digitierten Menschen keine Atempause.

Noch immer riss der Strom an Kodokugumon nicht ab.

Bill überlegte fieberhaft, wie sie der Situation Herr werden konnten. Früher oder später würden sie einfach unter der Masse begraben werden und das wäre ihr sicherer Tod.

Irgendwie mussten sie die kleinen Drecksviecher erledigen oder zumindest so weit dezimieren, dass sie sich um die wirklich gefährlichen Dokugumon kümmern konnten.

"Agunimon! Flächenangriffe!", schrie er deshalb einer Eingebung folgend und sprang seinerseits in die Lüfte. Er fixierte den von Spinnenleibern überquellenden Boden mit seinen gewaltigen Augäpfeln und den Mäulern der Schädelhände und feuerte eine Salve an roten Energiestrahlen in das Getümmel ab.

"Sengende Augäpfel!"

Agunimon begriff scheinbar die Intention, denn auch sie versuchte die kleineren Spinnen gleich zu mehreren auszuschalten.

Sie verschwand in einem Wirbel aus Flammen und fegte in ihrer Mitte durch das Meer an Feinden.

Duskmon landete derweil wieder auf seinen Füßen und ließ erneut seine Augen die Umgebung rundum sondieren.

Es hatte durchaus funktioniert. In die Masse der Feinde war eine Bresche geschlagen worden.

Doch genau diese Lücke nutzten nun zwei der Dokugumon, um sich um Duskmon zu kümmern.

"Giftiges Spinnennetz!", fauchten sie und sprühten einige dünne klebrige Fäden aus ihren Mäulern in Richtung ihres Gegners.

Einem Reflex folgend warf sich Bill zu Boden, sodass die Fäden über seinem Kopf hinweg ins Leere gingen.

Ihm kam eine Idee, wie er seine Untierschlag-Attacke von hier aus sogar nützlicher einsetzen konnte als im Stehen. Einen Versuch war es in jedem Fall wert.

Er stieß mit aller Kraft die beiden gewellten Schwerter in den Erdboden und riss sie dann ruckartig in Richtung seiner Feinde.

"Untierschlag!"

Wie erhofft rasten die erzeugten Wellen durch den Boden pflügend auf die Dokugumon zu und rissen dabei das Erdreich in winzige Klumpen, die umhergeschleudert wurde.

Als die Spinnendigimon von den Wellen erfasst wurden, schlug die Wucht sie nieder.

Rasch stand Duskmon wieder auf. Leider blieb kein Zeit zum Verschnaufen, denn schon waren weitere Spinnendigimon zur Verstärkung angerückt.

Nahm das denn gar kein Ende mehr?

Noch vor wenigen Augenblicken hatten er und Agunimon doch so viele dieser kleinen Biester erledigt und jetzt waren sie schon wieder überall!

Cat beendete ihre Attacke in mitten der wirbelnden Flammen nun, indem sie eines der vom Untierschlag getroffenen Dokugumon einen wuchtigen Tritt aus der Drehung verpasste.

Das Feuer des Salamanderkicks sprang auf das Monster über und ließ es unter qualvollen Schreien verenden.

Agunimon lud seine Daten, während sie mit Feuerbällen um sich warf, wodurch sie Duskmon eine kleine Atempause verschaffen konnte.

Im Moment waren nur noch vier weitere der größeren Spinnendigimon in unmittelbarer Nähe.

Wenn sie diese eleminieren könnten, würden sich die Kodokugumon vielleicht zurückziehen.

Doch sie konnten nur schwer ungestört gegen die Dokugumon kämpfen, wenn überall diese Ungeziefer herumkrabbelte.

Es war wahrlich ein Dilemma.
 

Cat schlug wild um sich und befreite sich so von einigen wagemutigen Kodokugumon, die sich von hinten auf sie gestürzt hatten. Mit einem Satz nach vorne sprang sie über einige der Spinnen hinüber und landete neben Duskmon, der mit seiner Attacke "Sengende Augäpfel" soeben eine weitere Gruppe ausgeschaltet hatte.

Wegen der Schädelmaske war es immer schwer zu sagen, was Bill gerade dachte, wenn er digitiert war. Das Gesicht des schwarzen Digimons zeigte keinerlei Regung.

Wortlos positionierten sich die beiden Rücken an Rücken und wehrten den unaufhörlichen Strom an nicht aufgebenden Digimon ab, der sich ihnen kontinuierlich entgegen warf.

Lange würden sie das sicher nicht mehr durchstehen, zumal die Dokugumon, die sich zur Zeit etwas im Hintergrund hielten und ihre kleinen Untergebenden weiter auf ihre Feinde hetzten, sich früher oder später wieder in den Kampf einmischen würden.

Bevor Duskmon aufgetaucht war, hatten die großen fetten Biester ihr schon einige recht empfindliche Treffer verpasst. Diese Zähne waren verflucht spitz!

Zu gerne hätte Cat gewusst, was Bill plante. Oder ob er etwas plante. In der Regel war er doch derjenige, der lieber ein bisschen zu viel nachdachte.

Sie gab es sicher nicht gerne zu, doch sie vertraute darauf, dass er einen Weg aus der Misere finden würde. Und sei es eine intelligente Kampfstrategie.

Doch statt eines frischen Planes, kam ihnen der Franzose zur Hilfe, der wohl auf der anderen Seite des Baumes seinen Kampf gefochten hatte.

Beetlemon hatte den nicht zu unterschätzenden Vorteil fliegen zu können, was ihn für die Spinnendigimon nahezu unangreifbar machte.

Agunimon bezweifelte jedoch stark, dass François es fertig bringen würde, diesen Vorteil effektiv zu nutzen.

Blitze zuckten um das Horn Beetlemons und das Digimon ließ sich wie ein Stein mit dem Horn voran in die Menge der Spinnen fallen.

"Donnerbombe!"

Der Stromschlag schien sich durch den Boden auf nahezu alle umstehenden Digimon auszubreiten und tötete rasch eine beträchtliche Anzahl an Feinden.

Schwungvoll stemmte sich Beetlemon auf die Füße und setzte seinen Kampf unbeirrt fort.

"Gewitterfaust!", rief er und rammte eine Faust in den nun doch schon äußerst mitgenommen Boden.

Ein Blitz zuckte durch den Boden und traf eines der Dokugumon, das wütend aufschrie.

Als wäre dies ein Signal gewesen, stürmten nun auch die großen Spinnendigimon auf die drei digitierten Menschen zu. Ihre Zahl war auf sechs gewachsen, wo die Verstärkung hergekommen war, ließ Cat in diesem Augenblick ziemlich kalt.

Sie spurtete den angreifenden Spinnen entgegen. Feuer stob aus den Apparaten an ihren Fuß- und Handgelenken und hüllte ihren Körper in Flammen.

Agunimon erreichte das erste Dokogumon und verpasste ihm einen Kinnhaken, der das Digimon auf den Rücken schleuderte und lodernd in Flammen aufgehen ließ.

Cat beachtete es nicht weiter und verschwand stattdessen in einem Wirbel aus Feuer.

Das nächste Dokugumon erhielt einen Tritt in die Schläfe und quittierte den Treffer mit einer Art Grunzen.

Aus den Augenwinkeln nahm sie wahr, wie Duskmon eines der Spinnendigimon mit den schwarzen Fesseln gepackt hatte, die er aus den Mäulern seiner Schädelhände schießen lassen konnte, und es mit es hoch in Luft hob. Mit einem schnellen Schlag rammte er eines seiner Schwerter durch den dicken Leib des Digimons, sodass sich dieses in Daten auflöste.

Beetlemon dagegen hatte viel mehr Probleme. Einige Spinnenfäden klebten an seinem Leib und hielten ihn am Boden. Ein Dokugumon versuchte ihn zu beißen und François hatte große Mühe den gewaltigen Kiefer mit beiden Händen von sich zu drücken.

Klar, dass dieser stammelnde Trottel nicht alleine zurecht kam!

"Rotglühendes Salamanderfeuer!", schrie Agunimon und verpasste dem angriffslustigen Dokugumon eine Salve ihrer flammenden Geschosse, die es einige Meter zurücktrieben.

Dort wartete bereits Duskmon und vernichtete das Spinnendigimon mit einigen gezielten Hieben seiner blutroten Klingen.

Es sah gut für sie aus.

Die Kodokugumon hatten sich bis auf einige Dutzend Exemplare aus dem Kampf zurückgezogen. Oder waren sie einfach alle gestorben?

Cat hoffte auf letzteres, denn sie wünschte diesem krabbelnden Haufen nichts anderes als den Tod.

Wie zur Bestätigung ihrer Gedanken pulverisierte Beetlemon eine Gruppe der kleineren Digimon mit seiner Gewitterfaust und befreite sich dann von den Resten der Fäden, die noch immer an ihm klebten.

Langsam schienen die Dokugomon und ihre Lakaien einzusehen, dass sie diesen Kampf nicht mehr gewinnen konnten. Ein Großteil ihrer Kameraden war den drei Menschen bereits zum Opfer gefallen und alle drei waren noch immer kampfbereit.

Die verbliebenen Digimon sammelten sich alle am Fuße ihres Baumes und starrten Agunimon, Duskmon und Beetlemon bösartig an.

Für Cat kam die Verschnaufpause mehr als Recht.

Sie konnte den langen Kampf bereits am ganzen Leib spüren und auch Beetlemon wirkte reichlich mitgenommen. Wer konnte schon sagen gegen wie viele Feinde er vorhin alleine hatte kämpfen müssen?

Nur Duskmon machte einen ruhigen Eindruck, auch wenn das in seinem Fall nicht viel Aussagekraft hatte.

"Habt ihr genug?", blaffte Cat die Meute an Spinnendigimon an und hob drohend die Fäuste, wobei ihr Atem schwer ging. Klar war sie müde, aber diese paar Viecher würden sie doch wohl auch schaffen!

Statt einer Antwort knickten die vielen haarigen Beine der Dokugumon und Kodokugumon auf einmal ein und sie senkten ihre grässlichen Häupter. Das Bild war so grotesk, dass Cat eine Weile brauchte um zu verstehen, dass es sich hierbei wohl um das Äquivalent zu einer Verbeugung handeln musste.

Auch François schien das erkannt zu haben, denn er lachte auf einmal unsicher.

Hieß das, sie unterwarfen sich ihrem Besieger oder wie?

"Ja, werft euch ruhig hin, das nützt euch auch nichts!", schrie Cat mit sich überschlagender Stimme.

"Wir machen sie alle platt, oder?"

Die Frage war an Duskmon adressiert gewesen, welcher die Augen, zumindest die im Gesicht, zu Schlitzen verengt hatte.

"Das passt überhaupt nicht", antwortete er überraschenderweise.

"Ich glaube nicht, dass das eine Kapitulation ist."

Die Augen an seinem Körper ließen den Blick schweifen und fixierten dann plötzlich etwas direkt hinter den drei digitierten Menschen.

Beetlemon und Agunimon fuhren überrascht herum und sahen sich einem unbekannten Digimon gegenüber.

Entfernt ähnelte es auch einer Spinne, aber es besaß nur sechs Beine, welche allesamt aus vielen gebündelten grauen Kabeln zu bestehen schienen und in seltsame Füße mündeten, die eigentlich nur aus einem roten Ring bestanden, an dem jeweils drei lange gelbe Krallen wuchsen.

Die dünnen Kabelbeine waren sehr lang, sodass der eigentliche Körper des Digimons erst ab etwa eineinhalb Metern begann. Der Torso war seltsam rund geformt und von teilweise grauer und teilweise roter Färbung. An einer Stelle wölbte der Körper sich besonders nach oben, wo drei weitere der Krallen oder Stacheln wuchsen. Auch am Bauch fanden sich drei dieser Auswüchse.

Am hintersten Teil des Körpers sah Cat einen weiteren Stachel, der ein bisschen wie ein verkümmerter Schweif wirkte.

Von diesem seltsamen Körper aus wuchs ein grauer Hals, der den Beinen in dickerer und kürzerer Form sehr ähnlich sah. Er mündete in einen Kopf, der mehr wie eine Maske aus einem Gruselkabinett wirkte.

Er war grau und von einem sehr dünnen Schlitz durchzogen, der vermutlich der Mund war.

Ein gelbes Augenpaar funkelte aus dem Gebilde hervor, ein rotes Horn auf der Stirn komplettierte die wahrlich verstörende Erscheinung dieses Digimons, dessen Größe schwer zu schätzen war.

Es maß jedoch mindestens drei Meter in der Höhe und sehr viel mehr in der Länge.*

"Was ist das denn?", entfuhr es Cat angeekelt und unwillkürlich erschrocken zugleich.

Das Wesen näherte sich mit langsamen und zuckenden Bewegungen seiner langen Beine und öffnete seinen Mund.

Zum Vorschein kam eine Art kleine Kanone aus welcher das Digimon nun kleine gelbliche Geschosse auf die drei humanoiden Digimon abfeuerte.

Geistesgegenwärtig packte Beetlemon seine Kampfgefährten und schoss mit Surrenden Flügeln empor. Er hatte keine Sekunde zu früh reagiert, denn schon schlugen die Projektile an der Stelle ein, an der sie eben noch gestanden hatten und hinterließen einen beachtlichen Krater.

"Königin Infermon! Endlich seid ihr hier!", kam es ehrfurchtsvoll von den noch immer knienden Spinnendigimon.

Ihre Königin war das also. Infermon. Das Vieh sah nicht so aus, als würde es das Abschlachten seiner Untertanen auf die leichte Schulter nehmen.

Cat war sich sicher, dass es in dieser Hinsicht keinen Spaß verstand.

Sie sah nun auch ihren Denkfehler ein. Natürlich hatten sich die Dokugumon und Kodokugumon nicht als Zeichen des Aufgebens verbeugt, sondern weil Infermon erschienen war.

Eben noch hatte sich Infermon sehr bedächtig bewegt, doch nun zeigte es seine wahre Geschwindikeit. Viel schneller als erwartet lief es mit Hilfe seiner sechs grotesken Beine auf den Stamm des riesigen Baumes in der Mitte der Lichtung zu und kletterte scheinbar ohne jede Mühe an diesem hoch.

Irgendetwas an seinen Füßen musste ihm dabei helfen; es erinnerte bei dieser Aktion doch sehr an eine Spinne.

Infermon kletterte auf die Höhe in welcher Beetlemon seine beiden Gefährten noch immer festhielt.

Die Königin der Spinnendigimon stieß sich mit Wucht von dem Stamm ab und flog ihnen nun entgegen. Dabei flatterten die Kabelbeine in der Luft hinter ihm her.

Rasch ließ der Franzose Cat und Bill fallen und ging seinerseits in den Steigflug um dem erneuten Angriff zu entkommen, doch eines der Beine Infermons schnellte ruckartig hoch und schon war Beetlemon von seiner Kralle umklammert.

Mit einem dumpfen Geräusch fiel Infermon nach Agunimon und Duskmon zurück auf den Boden und fixierte sie.

Cat hatte es unwillkürlich mit der Angst zu tun. Dieses Digimon war wesentlich stärker als seine Untergebenen und es sah nicht danach aus, als wollte es halbe Sachen machen. Blieb also nur die Flucht in die Offensive.

"Rotglühendes Salamanderfeuer!"

Agunimon schleuderte einige Feuerbälle auf Infermon. Dieses ruckte mit seinen Beinen und hielt plötzlich den gefangenen Beetlemon vor sich, um den Angriff abzuwehren. Das Salamanderfeuer traf Beetlemon an der Brust und Cat konnte den Schrei des Franzosen hören, als die oberste Schicht seiner Panzerung dahinschmolz.

Kaum war der letzte Feuerball an Beetlemon aufgeschlagen, da holte Infermon aus und warf sein Opfer auf Agunimon.

Beetlemon war äußerst schwer und begrub Cat unter sich.

Ihre Schulter pochte schmerzhaft, da wo Beetlemons Horn sie getroffen hatte.

Verzweifelt versuchte sie das größere Digimon von sich zu schieben, doch ihre Kräfte reichten dafür einfach nicht mehr. Sie kämpfte nun schon so lange und dieses Infermon war viel schneller und viel stärker als sie.

"Verdammte Scheiße!" fluchte Cat und setzte den Versuch fort, sich von Beetlemons drückendem Gewicht zu befreien.

Das Insektendigimon gab seinerseits keinerlei Geräusche und rührte sich auch nicht.

Ob François wohl das Bewusstsein verloren hatte?
 

Bill sah, wie Agunimon unter dem kräftigen Körper Beetlemons verschwand, doch es blieb keine Zeit ihnen zu helfen.

Infermon hatte ihn wohl als akuteste Bedrohung ausgemacht und sprang nun mit geöffnetem Maul auf ihn zu.

Die Geschwindikeit des Digimons überraschte Duskmon sehr. Seine Bewegungen waren hektisch und abgehackt und doch so effektiv und zielgerichtet.

Im Sprung nahm Infermon sein Ziel erneut unter Beschuss, doch diesmal war Bill auf den Angriff vorbereitet. Er richtete die großen Augäpfel und die Mäuler seiner Schädelhände auf Infermon und rief: "Sengende Augäpfel!"

Die Energiestrahlen trafen mit den Geschossen aus Infermons Maul zusammen und detonierten.

Aus der entsteheden Rauchwolke stürzte das größere Digimon hinab und versuchte Duskmon mit mit einem seiner seltsamen Füßen zu erwischen.

Duskmon konnte sich jedoch mit einem Hechtsprung zur Seite vor dem Angriff retten.

Er schwang die roten Schwerter durch die Lufte und sandte die roten Energiewellen in Richtung seines Feindes aus.

"Untierschlag!"

Infermon war gerade erst am Boden aufgekommen und konnte trotz seiner unglaublichen Bewegungsfähigkeit nicht mehr ausweichen.

Die Wellen trafen es unterhalb des Kopfes und ließen das seltsame Digimon einige Meter über den Boden schlittern, ehe es den Schmerz abschüttelnd mit dem Kopf wackelte und sich erneut seinem Feind zuwandte.

Der direkte Treffer schien nicht wirklich viel Schaden angerichtet zu haben.

"Sollten wir vielleicht abhauen?"

Duskmon musste gar nicht erst sein erweitertes Sichtfeld benutzen, um zu wissen, dass Agunimon hinter ihm stand, wie auch immer sie sich von Beetlemons Last befreit haben mochte.

"Weglaufen? Schon wieder?", murmelte Bill etwas überrascht.

Einen solchen Vorschlag hätte er von Cat nicht erwartet. Hatte sie sich nicht damals gegen Megakabuterimon so darüber beschwert, dass sie den Rückzug angetreten waren?

"Kannst du vergessen, Infermon ist viel zu schnell für uns.", verneinte er dann, mit einem Blick auf ihren Feind, der wieder auf sie zulief.

Angriff war wohl die beste Verteidigung in dieser Situation, daher stürmten Duskmon und Agunimon dem größeren Digimon entgegen.

"Rotglühendes Salamanderfeuer!"

Agunimon schien sämtliche Kraftreserven zu mobiliseren und die Feuerbälle, die sich um ihre Arme bildeten waren größere als je zuvor.

Mit aller Macht wuchtete sie die flammenden Geschosse in Richtung Infermon und traf das Digimon an der Brust.

Seine Geschwindikeit war Infermon in diesem Moment keine Hilfe gewesen, denn im Vollsprint war eine Richtungsänderung nahezu aussichtslos.

Die Flammen leckten über den seltsamen Torso und schienen einen Teil der Panzerung zerstört zu haben.

Der Aufprall hemmte Infermons Attacke, doch es ließ sich nicht beirren und hieb mit den vorderen zwei Beinen nach Agunimon und Duskmon.

Letzterer duckte sich erfolgreich unter dem Schlag weg, sodass die drei Spitzen an Infermons Fuß in den Boden gerammt wurden und dort einen Moment stecken blieben.

Das war die Gelegenheit!

Duskmon holte weit aus und ließ beide Schwerter mit aller Kraft auf das vor ihm zuckende Kabelbein niedersausen.

Erstaunlich leicht fuhren die Klingen durch die Extremität und durchtrennte das Bein kurz oberhalb des roten Ringes, der den Fuß darstellte.

Infermon blickte ihn finster an, machte jedoch keinerlei Geräusch. Es schien den Verlust eher beiläufig wahrzunehmen.

Es mochte ihm keinen sichtbaren Schmerz zugefügt haben, aber dieser kleine Sieg hatte Bill klargemacht, dass Infermon zwar sehr schnell und stark war, jedoch Schwächen in der Defensive hatte. Es war offenbar recht verletzlich, was die Wunde an der Brust und der Stumpf am Bein bezeugten. Das war vielleicht eine entscheidende Erkenntnis.

Agunimon schrie in diesem Moment auf.

Das andere vordere Bein hatte sie im Gegensatz zu Duskmon erwischt und drückte sie Fest auf den Boden. Infermons Kopf schwang rasch herum und ließ eine Salve der gelben Geschosse aus seinem Maul auf das wehrlose Feuerdigimon niedergehen.

Agunimon verschwand in einer Rauchwolke.

Duskmon blieb allerdings keine Zeit nach Cat zu sehen, denn Infermon richtete seine Aufmerksamkeit umgehend wieder auf ihn.

Das Maul öffnete sich und Bill meinte bereits das erste Projektil in den Tiefen des Digimonhalses erkennen zu können. Aus so kurzer Distanz würde er keine Chance haben dem Angriff zu entkommen!

"Thors Hammer!"

Völlig unerwartet attackierte Beetlemon, den alle Kämpfenden für außer Gefecht gesetzt gehalten hatten, Infermon aus der Luft.

Mit unter Strom stehenden Fäusten hieb er von oben auf den drahtigen Hals Infermons.

Dessen Kopf ruckte unter der Wucht nach unten und feurte die bereit gehaltene Attacke kurz vor sich in den Boden.

Duskmon musste schnell handeln, dass wusste er.

Alle Augen schwangen umher und fixierten dann die bereits lädierte Brust.

"Sengende Augäpfel!"

Aus nächster Nähe feuerte Duskmon die Energiestrahlen ab, welche Infermon an der verletzten Stelle trafen und den Körper zum splittern brachten.

Unter der Panzerung meinte Bill etwas Pulsierendes auszumachen. Das war mit Sicherheit Infermons Schwachpunkt!

Mit aller Kraft stieß sich Duskmon vom Boden ab und führte jeweils eine Klinge steil nach oben und nach oben.

Der Blutmond schimmerte wieder und Duskmon raste in Mitten des Gebildes direkt ins Zentrum seines Feindes.

"Strudel der Finsternis!"

Duskmon jagte seinen Körper zu einer einzigen Linie gestreckt, wie bei einem Kopfsprung, wobei er die Schwerter gleich der Spitze eines Speers voran hielt, durch den Leib Infermons hindurch und brach an der anderen Seite des Körpers erneut durch das Gewebe.

Geschickt landete er mit dem Rücken zum Feind hinter Infermon.

Er war wie ein spitzes Geschoss quer durch seinen Gegner hindurch geschossen.

Bill schwenkte die Augen an seinen Schulter herum.

Infermon blickte mit einer Art Entsetzen im Gesicht zu Duskmon in seinem Rücken, dann löste es sich ausgehend von dem Loch in seinem Torso von einem Moment auf den anderen in Millionen kleiner Datenfragmente auf.

Bill schloss alle Augen und genoss den Strom der Daten die zu ihm flossen und ihm das Gefühl wachsender Kraft gaben. Es war als atme er die Energie des besiegten Gegners ein.

Infermon war vernichtet. Sie hatten es tatsächlich geschafft!

Sehr erschöpft und doch gleichzeitig von einem tiefen Gefühl der Befriedigung erfüllt wandte Bill sich um und ging zu Beetlemon.

Der digitiere Franzose kniete am Boden und half in diesem Augenblick Jekaterina auf die Beine.

Die Russin hatte wieder ihre menschliche Form angenommen, wahrscheinlich in Folge der Attacke Infermons und machte einen sehr mitgenommenen Eindruck.

Dennoch reckte sie eine Grimasse schneidend den Daumen und krächzte:

"Sauber!"
 

Sie fühlte sich völlig zerschmettert.

Es war wieder so wie damals gegen Megakabuterimon gewesen, als dieses sie und Bill gewaltsam aus ihrer digitierten Form gerissen hatte.

Die Statue Agunimons hatte vor ihr geschwebt und nur unter Aufwendung all ihrer Willenskraft hatte sie die bleiernde Schwere, die ihren Körper erdrückt hatte, ablegen und die Statue wieder an sich nehmen können.

Es wurmte sie, dass sie als einzige von Infermon ausgeschaltet worden war.

Bedeutete das etwa, dass sie schwächer war als dieser Penner und der stotternde Franzose?

Nein! Ohne ihre Hilfe hätten die beiden anderen es auch nicht fertig gebracht gegen das Monster zu bestehen. Sie war nicht schwach, sie brauchte niemanden!

Duskmon kam wortlos auf sie und Beetlemon zu, der ihr einige ungeschickte Aufmunterungen stammelnd stütze.

"Die A-an ... übrigen Sp-spinnen sind f-fort!", stellte das Käferdigimon erfreut fest, als die drei Kampfgefährten den Blick über die Lichtung schweifen ließen.

In der Tat war es mit dem Tod Infermons ziemlich ruhig geworden. Es war schon fast unheimlich.

Die Umgebung hatte unter den Kämpfen deutlich gelitten.

Bis auf den großen Baum in der Mitte, der nur einige Äste eingebüßt hatte, waren die meisten Pflanzen in der Nähe geradezu vernichtet worden. Zerfetzte Baumstämme und in kleinste Teile zerteilte Büsche zierten den Rand der Lichtung.

Am Schlimmsten sah der Boden aus. Es hätte ebenso gut ein zerbombtes Schlachtfeld aus dem ersten Weltkrieg sein können. Der schlimmste Acker wirkte fast aufgeräumt im Gegensatz zu der durchwühlten, aufgeplatzten und stellenweise mit tiefen Kratern übersäten Erde.

Hier und da konnte man den Spuren der Energiewellen Duskmons folgen, die Furchen in den Boden gerissen hatten. An manchen Stellen loderten sogar noch einige wahrscheinlich von Cat selbst verursachte Feuer.

"Verdammt, so einen Kampf brauche ich sicher nicht noch einmal!", entfuhr es der Russin.

Ihre anfängliche Begeisterung für Kämpfe gegen Digimon hatte hier und heute einen starken Dämpfer erhalten. Sie wären beinahe draufgegangen und das an unzähligen Gelegenheiten.

"W-wir sind Sur-Sur ... Überlebensk- ... Künstler!", jubelte François aufheiternd und probierte es mit einem optimistischen Lächeln.

Duskmon legte eine Hand auf die Schulter Beetlemons, was nicht zu Unrecht einen kleinen Schreck bei dem digitierten Franzosen auslöste. Duskmons Schädelhände waren nun wirklich kein beruhigender Anblick. Die gewaltigen, niemals blinzelnden Augen an seinen Schultern halfen dabei auch nicht wirklich weiter.

"Das haben wir dir zu verdanken. Du hast uns gerettet. Das ist schon das zweite Mal, dass du uns hilfst.", stellte Bill dann sachlich, aber doch mit sichtlichem Dank in der Stimme fest.

Sie hatte schon gelernt, dass er von Menschen allgemein kein gutes Bild hatte, doch zu stolz um einzusehen, dass sie ohne François sicherlich nicht mehr leben würden, war er dann doch nicht.

Ganz im Gegenteil zu Cat, die lieber schwieg. Sie wollte sich nicht bedanken. Es kam ihr selbst ein wenig albern vor, doch innerlich sträubte sie sich bei dem Gedanken.

"Üb-übrigens habe ich w-was ... jemand interessantes gefunden", fiel Beetlemon nach einigen stillen Momenten ein.

Er deutete auf einen Ast weiter oben an dem großen Baum.

"Da oben hängt n-noch ein W- Digimon."

Ohne weitere Erklärungen flog er los und steuerte auf die Stelle zu, die sich vom Boden aus nicht genau erkennen ließ. Er musste den zusätzlichen Gefangenen entdeckt haben, als er abseits von Bill und Cat gegen die Kodokugumon gekämpft und vielleicht ein paar Mal in der Luft eine Verschnaufpause eingelegt hatte.

Nach einer Weile, in der Duskmon sich wieder in einem Wirbel von Daten zurück zu Bill in menschlicher Gestalt verwandelte, kehrte Beetlemon mit surrenden Flügeln zurück und setzte zu Cats großem Überraschen ein reichlich ramponiertes Digimon ab, das ihr nur allzu gut bekannt war.

"Impmon!", riefen Bill und Cat synchron und völlig ungläubig.

Das kleine Digimon wirkte nicht weniger verwundert.

Mit großen Glubschaugen sah es zwischen den Beiden hin und her und warf dann einen Blick auf François der hinter Impmon wieder zum Menschen geworden war.

"Ich ... Ich dachte ihr wärt tot!", stotterte Impmon dann fast entschuldigend.

"Das gleiche dachte wir von dir auch", erwiderte Cat sofort "Und wir wollten eigentlich schon ohne dich weiter ziehen. Verdammter Idiot, du bist doch alleine völlig hilflos, wohin wolltest du denn fliehen?"

Unwillkürlich war sie wieder in einen herablassenden Tonfall verfallen und ihr war bewusst, dass ihre Worte Impmon wahrscheinlich verletzt hatten.

Trotzig blickte dieser zu Boden.

"So ein Unfug. Ich brauche niemanden."

Daraufhin herrschte Stille.

Mit einem Räuspern unterbrach Bill diese.

"Äh ja, jetzt haben wir uns ja wieder gefunden. Vielleicht könnten wir einfach erstmal aus diesem beschissenen Wald raus und dann klären, wer hier wen braucht, einverstanden?"

Impmon erwiderte nichts und knurrte nur widerwillig, was man mit viel Fantasie auch als Zustimmung auslegen konnte.

Cat winkte genervt ab. Klar brauchten sie den Pimpf, wenn sie jemals dieses Taomon finden wollten, kein Grund es diesem lange verschollenen Wichtigtuer auch noch auf die Nase zu binden!

"Von mir aus", bejahte sie dann dennoch.

Bill nahm den Waffenstillstand nickend zur Kenntnis.

"W-was ist mit mir? K-kann ich mit euch k-kommen?", fragte François nach einigen weiteren stillen Sekunden unsicher.

Cat und Bill tauschten schnelle Blicke.

So sehr sie ihm auch ihr Leben verdankten, er würde zu ihrem ohnehin instabilen Gruppengefüge sicher nichts gutes beitragen.

"Nein, tut uns leid", blaffte Cat den Franzosen aggressiver an, als sie es vorgehabt hatte in einem Tonfall der ihren Worten Lügen strafte.

Hilfe suchend sah François zu Bill, der jedoch abweisend zurückstarrte.

Da trat ein weinerlicher Ausdruck auf das Gesicht des Ältesten.

"U-und ich d-dachte, wir w-wären F-fr...", schluchzte er und rannte dann auf einmal in eine unbestimmte Richtung in die Tiefen des Waldes davon.

Cat sah ihm hinterher.

Vielleicht hätten sie ein wenig freundlicher sein sollen. Doch was spielte das nun für eine Rolle?

Freundlichkeit hatte noch nie jemanden geholfen.

Die Stimmung der drei zurückgebliebenen und nun mehr oder weniger glücklich wieder vereinten Weggefährten blieb dennoch gedrückt. Keiner würde François vermissen, doch sie alle, inklusive Impmon, der den Franzosen nicht einmal gekannt hatte, fühlten sich nicht ganz wohl bei der Sache.

Cat hoffte bloß, dass sie diesen Tag nicht noch einmal bereuen würden.
 


 

Anmerkungen und Sonstiges:
 

*Infermon

Level: Ultra

Art: unbekanntes Digimon

Typus: Unbekannt

Gruppen: Dark Area; Nightmare Soldiers

Attacken: Spinnenkanone ; Höllengranate

http://wikimon.net/Infermon
 

An diesem Kapitel habe ich echt lange gearbeitet. Der Kampf ist ja auch verdammt lange ;)

Nebenbei habe ich auch die Kapitel 2 und 3 überarbeitet und werde auch Kapitel 4 noch etwas pimpen. Kapitel 2 hat jetzt mehr als doppelt so viele Wörter wie vorher und ist wesentlich besser als in der Erstfassung. Ich kann nur empfehlen die neue Version nachzulesen :)

Des weiteren habe ich zwei Verbesserungsvorschläge in die Tat umgesetzt. Zum einen verwende ich nun den Text aus dem japanischen Original, wenn ein Mensch digitiert.

Also heißt es nun "Spirit Evolution! - Duskmon!" statt "Bill! H-Spirit Digitation zu - Duskmon!"

Klingt einfach einen Hauch weniger bescheuert :D

Zum anderen werde ich zukünftig auch Attacken übersetzen zu denen es keine offiziellen Namen gibt. In Kapitel 2 habe ich Dorugamon mit "Power Metal" angreifen lassen, was ich nun in "Stahlgeschoss" geändert habe. Nur damit alles genormt ist ;)

Außerdem wurden die Steckbriefe ein wenig ausführlicher gestaltet.

Nachtschwärmer


 

Kapitel 10: Nachtschwärmer
 

Es war dunkel. Trotz dreier Monde, einer rot, einer gelb und einer von tiefem Blau, die vergeblich gegen die Finsternis ankämpften. Ihre Mühe war umsonst, denn dichte schwarze Wolken verhingen den Himmel und überdeckten den Schein der Trabanten.

Nur wenig Licht drang durch diese Decke hindurch.

Bill fühlte sich trotzdem nicht unbehaglich. Aber vielleicht würde sich das ja noch ändern, wenn er begann die Sonne zu vermissen.

Impmon hatte erkannt, dass sie wohl in eine Nachtregion geraten waren.

Schon im dichten Wald war es finster gewesen. Umso enttäuschender war es gewesen, ihn nach schier endloser Wanderung zu verlassen und trotzdem in der Dunkelheit zu bleiben.

Nun mussten sie sich durch zerklüftete Bergtäler arbeiten. Es schien sich um eine Art Vorgebirge zu handeln, denn es ging ständig auf und ab und das lose Geröll war allgegenwärtig. Große Felsbrocken, in der Dunkelheit Brocken von getrockneter Tinte gleich, erschwerten den Weg und nicht selten wurde der Weg von hohen Klippen gesäumt. Mehrere Male waren sie bereits an tiefen Abhängen und zerfurchteten Schluchten stehen geblieben und hatten einsehen müssen, dass sie einen anderen Weg suchen mussten.

Das Vorankommen war mühsam, das fehlende Licht half dabei wenig und die Stimmung der kleinen Gruppe stand schon länger nicht zum Besten.

Während sie marschierten, schwiegen die drei Reisenden in der Regel. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach.

Zumindest Bill musste sich immer wieder fragen, ob sie François nicht doch hätten mitnehmen sollen. Sie waren ihm schließlich etwas schuldig.

Er hatte sein Leben riskiert, um das ihre zu retten und das obwohl sie ihm gegenüber, ganz besonders Cat natürlich, alles andere als freundlich gewesen waren.

François hatte einen hilflosen Eindruck gemacht. Und obwohl er mindesten dreißig Jahre alt sein musste, war es Bill so vorgekommen, als wäre er bloß ein Kind und Cat und er die überlegenen Erwachsenen.

Ob der Franzose alleine überhaupt in diesem Wald überleben konnte?

Bill musste sich eingestehen, dass er sich für sein eigenes Verhalten schämte.

Hasste er denn nicht diese Menschen, die niemandem halfen, nur an sich selbst dachten und sich anderen gegenüber unverzeihlich aufführten? Waren er und Cat nicht in dem Moment, in dem sie ihn abgewiesen hatten, zu genau solchen Leuten geworden?

Wobei Cat nie einen anderen Eindruck erweckt hatte, oder?

Da war nur dieser seltene Vertrauensbeweis gewesen. Kurz bevor die Spinnendigimon sie beide geschnappt hatten, hatte sie ihm eröffnet, dass die Russin sie für ein gutes Team hielt.

Vielleicht würde er niemals aus ihr schlau werden.

Impmon machte längst nicht mehr den selbstsicheren und besserwisserischen Eindruck, den er üblicherweise an den Tag legte. Er hatte sich eingestehen müssen, dass er ebenfalls keine Ahnung hatte wo sie waren.

Da sie keinerlei Anhaltspunkte hatten, konnte sie schlecht sagen, ob sie überhaupt Fortschritte machten. Ihr Ziel zu finden war beinahe unmöglich.

"Vielleicht", unterbrach Bill nun endlich nach gefühlten Stunden die Stille "sollten wir erstmal eine Pause machen. Solange diese Monde hinter den Wolken sind, können wir doch eh nicht genug sehen."

Zwei müde und unmotivierte Gesichter sahen ihn durch die Finsternis an und nickten stumm.

Es dauerte nicht lange, ein geeignetes Lager für die Rast zu finden.

Sie ließen sich in einer Einkerbung in einer natürlichen, sehr hohen grauen Felsmauer nieder.

Es musste von oben betrachtet wie ein kreisrundes Loch aussehen, dass jemand in den Stein geschlagen hatte.

Der Boden der von dem Felsen umrandeten Fläche, die etwa zwanzig Quadratmeter groß sein mochte, war sandig und von Löchern übersät.

Ganz nahe der Wand schichteten sie ein wenig trockenes Holz auf, das sie von den kargen Sträuchern und dünnen Bäumen, die hier und da den harten Umweltbedingungen trotzten, abgetrennt hatten.

Impmon setzte den Holzhaufen mit Hilfe einer Flamme von seinem Finger in Brand und schon bald prasselte ein angenehm wärmendes Feuer.

Es war kühl in dieser Region, wo keine Sonne schien und Bill kam es fast vor, als würden die Felsen Kälte absondern.

Fröstelnd schlang er die Arme um den Oberkörper. Als sie noch in Bewegung gewesen waren, hatte er nicht so gefroren.

In diesem Moment wünschte er sich, dass er damals, als er im Wald aus dem Zug gestiegen und vor Dorugamon geflohen war, seinen Beutel mitgenommen hätte. Doch dieser lag wohl noch immer in dem reichlich ramponierten Abteil des Zuges und die Decken darin konnten ihn jetzt nicht wärmen.

Jetzt wo er darüber nachdachte, kam es ihm so unwirklich vor, dass der Tag, an dem er zum ersten Mal zu Duskmon geworden war, schon so lange zurücklag. Irgendwie verging die Zeit in der Digiwelt anders, was sicher auch dem Umstand geschuldet war, dass es keinen echten Tag-Nacht-Rhythmus gab. Doch er war sicherlich schon fast zwei Wochen hier.

Er sah die Bilder der zahlreichen unfassbaren Ereignisse an sich vorüber ziehen.

Der Kampf gegen Dorugamon und seine Digitation zu Duskmon.

Cat, wie sie Impmon und ihn vor den Icemon rettete.

Die Digimonstadt in ihrer unbeschreiblichen Pracht und sein Wunsch für immer dort zu bleiben.

Der Angriff auf Tyrannomon und all die Kämpfe die er zusammen mit Cat seit dem hatte bestreiten müssen. Bis sie auf Kabuterimon gestoßen waren, hatten sie sicherlich gegen ein gutes Dutzend feindseliger Digimon antreten müssen. Und doch hatten sie immer wieder die Oberhand behalten.

Dann natürlich das Debakel gegen Megakabuterimon und der abenteuerliche Ausflug in den unheimlichen Wald.

Und François. Ohne ihn wären sie wohl nicht hier. Wie es ihm wohl ergehen mochte?

So viele Ereignisse und doch schien die Zeit so schnell vergangen zu sein.

Was es wohl war, dass er hier tun musste?

Der Brief damals hatte doch von einer Bestimmung gesprochen. Es gab eine Aufgabe für ihn.

Es musste einfach so sein.

Schließlich wollte er nicht für immer mit Cat und Impmon durch die Digiwelt streifen und um sein Leben kämpfen.

Obwohl ...

Bill sah kurz zu seinen Begleitern.

Beide waren bereits eingeschlafen. Impmon hatte sich nahe des Feuers zusammengekauert und lag wie eine skurrile Katze vor den Flammen. Cat dagegen lehnte an die Felsmauer. Ihre Arme waren verschränkt und das Kinn auf die Brust gesunken.

Wenn Bill ehrlich zu sich war, dann hatten diese Kämpfe doch etwas für sich.

Er war nicht so begeistert davon wie die Russin, aber dennoch konnte er nicht leugnen, dass er Gefallen daran gefunden hatte. Eigentlich waren es weniger die Kämpfe selbst, als seine Verwandlung. Seine Digitation.

Duskmon.

Wenn er zu dem schwarzen Krieger wurde, fühlte er sich so anders. So erhaben. So stark.

War es vielleicht das gewesen, was ihn hierher gebracht hatte? War es seine Bestimmung Duskmon zu sein und sich endlich wehren zu können?

Das war ein schöner Gedanke. Als hätte diese Statue, die ihn digitieren ließ, bloß auf ihn gewartet.

Nur auf ihn allein.

Bill zog seinen D-Tector hervor und betrachtete ihn versonnen.

Wer auch immer ihm dieses Ding geschickt hatte, musste es gewusst haben. Oder geahnt.

Hatte er es also diesem Unbekannten zu verdanken, dass er die Statue gefunden hatte?

Genau genommen hatte sie ja eher ihn gefunden, aber das spielte sich keine Rolle.

François hatte davon gesprochen, dass die Stimme des Unbekannten versprochen hatte, Kontakt mit ihnen aufzunehmen, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen war. Wann das wohl sein mochte?

Cat hatte vermutet, dass sie noch stärker werden musste.

Bill hatte schon so einige Digimon geladen, seit er zu Duskmon zu werden gelernt hatte.

Dadurch wurde er doch stärker, oder?

Impmon hatte erzählt, dass Digimon sich töteten und luden, nur um auf ein höheres Level zu gelangen und dadurch stärker zu werden.

Musste er das etwa auch?

Bill erinnerte sich an Infermon. Wie er es getötet hatte. Wie er es geladen hatte.

Es war auf dem Ultra-Level gewesen. Nominell so stark wie Megakabuterimon, nur eben nicht so gut gepanzert und mit einigem Pech, weil François als Beetlemon das Kräfteverhältnis auf drei gegen eins geändert hatte. Das war gegen das große Käferdigimon so nicht gewesen.

Ob er Megakabuterimon wohl nun gewachsen wäre?

Die Daten Infermons waren wie ein warmer Strom in ihn geflossen und hatten ihn ein unbeschreibliches Gefühl der Macht gegeben. Es war ein erhabener Moment gewesen.

So hatte er es bei den anderen Digimon auf dem Champion-Level nie erlebt.

Und doch ... wenn er es alleine mit einem Ultradigimon aufnehmen könnte...

Dann wäre er sicher stark genug, wofür auch immer.

Bei dem Gedanken an das Laden fremder Daten, überkam ihn mit einem Mal ein seltsames Verlangen. Er wollte mehr. Und er wollte es jetzt.

Bill merkte, dass er aufgestanden war und seinen D-Tector fest umklammert hielt.

Etwas hatte ihn auf dem langen Marsch durch dieses Vorgebirge unruhig gemacht. Es machte ihn auch jetzt noch rastlos. Und nun glaubte er zu wissen, was es war.

Hunger.

Keine Sehnsucht nach etwas Essbaren. Nein.

Infermon zu laden war wie das Kosten eines leckeren, aber seltenen Gerichts gewesen. Er wollte einen weiteren Bissen davon. Jetzt.

Bill machte sich mit entschlossenen Schritten in die Dunkelheit auf.

Kurz bevor er den Schein des Feuers verließ, blinzelte Impmon plötzlich, da ein Funke auf sein Ohr geflogen war. Das Digimon sah nur noch überrascht wie Bill am Rande seines Sichtfeldes in einem Wirbel aus Daten verschwand und dann mit der Finsternis verschmolz.
 

Das Feuer war fast erloschen, als Cat die Augen öffnete. Die Glut glomm nur noch schwach, denn das Holz war längst aufgebraucht.

Fröstelnd rieb die Russin sich die Oberarme und sah nach ihren Begleitern.

Sie musste feststellen, dass sie alleine war.

Noch etwas schläfrig und leicht verwirrt stand sie auf und blickte sich überrascht um.

Ihre Laune hatte bereits Sekunden nach dem Aufwachen einen Tiefpunkt erreicht.

Wo konnten die beiden denn nun schon wieder hingegangen sein? Dass irgendein Digimon sie hätte im Schlaf attackieren können war scheinbar niemandem in den Sinn gekommen.

Zwar hatte Impmon vermutet, dass die meisten Digimon in dieser Region nur um Vorschein kamen, wenn die Monde sichtbar waren, doch man konnte ja nie wissen.

Bei diesem Gedanken fiel ihr auf, dass es wesentlich heller war als noch vor dem Einschlafen.

Sie blickte in den Himmel und sah dort die seltsame Ansammlung von verschieden großen und farbigen Monden, welche die Umgebung in ein dumpfes Licht tauchten. Die Wolkendecke war verschwunden.

Sauer auf Bill und Impmon und schlecht gelaunt, weil ihr so kalt war, machte Cat sich auf und rupfte einige Äste von einem kargen Baum ab, der ganz in der Nähe schräg aus dem Gestein zu wachsen schien. Wie auch immer das möglich sein mochte.

Sie ließ das Geäst in die Glut fallen und pustete energisch, sodass schon bald wieder ein kleines Feuer prasselte, an dem sie sich wärmen konnte.

Ihr nächstes Problem war offensichtlich. Wie konnte sie erfahren, wo ihre Begleiter steckten, ohne von hier wegzugehen? Wenn sie diesen Platz verließe, würden Impmon und Bill sie im Zweifelsfall sicher nicht finden können.

In Cat brodelte es mal wieder.

Konnten diese beide Idioten nicht wenigstens einmal im Leben nachdenken, bevor sie etwas taten?

Unerwartet tauchte ein Schatten im Schein des Feuers auf.

Sein Besitzer musste an der Felswand entlang gehen und würde sicher bald auf die Einkerbung und das provisorische Nachtlager stoßen.

Der Schatten sah aus, als gehöre er einem Tier. Einer Katze vielleicht.

Cat sprang sofort auf die Füße und sah angespannt zu der Kante, an der das Wesen wohl bald auftauchen musste.

Ein zweiter Schatten gesellte sich mit einem Mal dazu. Er war größer, aber dem vorigen ähnlich.

Ob es wohl zwei feindselige Digimon waren?

Cat war in jedem Fall bereit.

Schon hielt sie den D-Tector in der Hand. Der Daumen schwebte geradezu über dem Knopf, der ihre Gestalt schlagartig verändern konnte.

Die Schatten wurden kürzer und dann traten zwei Digimon hinter dem Felsen hervor.

Überrascht blickten sie auf das Feuer und auf Cat, die angespannt zu ihnen starrte.

Das eine Digimon sah aus wie ein schlanker Löwe, der trotz seines eher geringen Gewichtes dicke Muskeln besaß.

Sein Fell war orange und von einigen Narben überzogen. Auffällig war vor allem, dass der Löwe zwei Schweife besaß, die in gelben Borsten mündeten.

Seine Mähne war gezackt und am Hals zu einigen Zöpfen gebunden, wie sie nordische Krieger in der Antike getragen hatten.

Durch die Ohren waren jeweils große Ringe gezogen worden.

Das Löwendigimon wirkte bedrohlich, doch in diesem Moment war seine Miene unsicher*.

Sein Begleiter war ein Digimon, dass an einen großen Wolf mit bläulichem Fell erinnerte An seinen Flanken waren einige orange Muster zu erkennen, sowie auch auf seinem Schweif, der kurz und buschig war.

Seine Brust zierte ein graues Fell. Viel auffälliger waren jedoch diverse Panzerungen und Klingen, die überall am Körper des Wolfs angebracht waren. Um seinen Kopf bildeten zwei violette Schützer eine Art Scheuklappe, wie bei Pferden üblich. Aus ihnen ragten zwei Hörner heraus, wobei nicht klar war, ob sie aus dem Kopf wuchsen oder mit den Klappen verbunden waren.

Die Pfoten und Schienbeine waren übersät mit diversen abgerundeten Klingen. Jedes Bein wirkte wie ein umfunktioniertes Waffenarsenal aus dem Mittelalter. Dadurch wirkten die Klauen um einiges gefährlicher als bei einem gewöhnlichen Wolf*.

Beide Digimon waren ein gutes Stück größer als die Tier, an die sie erinnerten.

Das Löwendigimon machte vorsichtig einen Schritt auf Cat zu und trat so weiter in den Schein des lodernden Feuers.

"Kein Grund zur Panik, wir suchen sicher keinen Streit."

Seine Stimme war tief aber irgendwie sehr ruhig und bestimmt. Seine Worte schienen ehrlich zu sein.

Doch Cat hatte in der Digiwelt schon genug erlebt, um einem Digimon, dass sich als harmlos darstellte, erst recht nicht zu trauen.

"Na dann könnt ihr zwei euch ja auch gleich wieder verpissen. Meine ... Ich bin nicht alleine."

Der Nachsatz hatte wenig überzeugend geklungen. Cat war für einen Moment dabei gewesen, Bill und Impmon ihre "Freunde" zu nennen. So ein Blödsinn!

Das Wolfsdigimon bleckte höhnisch die Lefzen und entblößte eine Reihe furchterregender Zähne.

Der Löwe reagierte gelassen.

"Ich bin sicher an diesem Feuer ist noch Platz für zwei Reisende, meinst du nicht?"

Ohne auf eine Antwort der Russin zu warten, gingen die beiden Tierdigimon auf das Feuer zu und setzten sich synchron auf die Hinterläufe.

"Keiner tut dir was, versprochen. Ich bin Liamon und das ist mein Gefährte Sangloupmon."

Letzterer knurrte nur zustimmend. Er schien kein besonders gesprächiger Zeitgenosse zu sein.

Cat blieb weiter misstrauisch und stand noch immer mit dem D-Tector in der Hand vor den Flammen. Sie war sich nicht sicher, wie sie auf die zwei reagieren sollte. Ein Instinkt riet ihr, sofort zu digitieren und die Fremden in die Flucht zu schlagen. Doch irgendetwas hinderte sie daran.

Dieses Liamon. Es kam ihr so gar nicht aggressiv vor, auch wenn es gefährlich aussah, ganz zu schweigen von Sangloupmon. Vielleicht waren das ziviliserte Digimon, so wie Impmon.

Und wenn schon!

Innerlich musste sie sich selbst zurechtweisen.

"Und ich bin Haut-endlich-ab-mon! Wird's bald!"

Jekaterina funkelte die unliebsamen Gäste abwechselnd an, doch die beiden schienen eher belustigt als eingeschüchtert.

Von Sangloupmon kam ein drohendes Knurren und das Wolfsdigimon ließ eine seiner klingenbewährten Pfoten über den Boden gleiten, sodass ein unangenehmes Geräusch entstand, ganz so als kratze jemand mit einem Dutzend Messer über einen Teller.

Liamon verengte die Augen und musterte Cat nun weitaus weniger freundlich als zuvor.

"Ich glaube kaum, dass du uns zwingen kannst zu gehen. Wir bleiben, ob es dir passt oder nicht."

Das reichte jetzt. Klar waren die beiden Fremden nicht unbedingt angriffslustig, doch ihre Hartnäckigkeit ging ihr gegen den Strich. Denen war mit Sicherheit nicht zu trauen.

Rasch drückte Cat routiniert den Knopf an ihrem D-Tector und ging vor den überraschten Tierdigimon in einer Wolke aus Daten unter.

"Spirit Evolution! - Agunimon!"

In digitierter Form ballte sie die Fäuste und ließ Flammen aus den Apparaturen an ihren Handgelenken schießen.

Instinktiv sprang Liamon auf und ging einen Schritt zurück, doch Sangloupmon hatte Cats Digitation wohl eher als Startsignal gewertet und fiel mit gebleckten Zähnen über sie her.

Mit einem Satz war er bei ihr und riss sie mit seinem schieren Körpergewicht einfach um. Die scharfen Zähne verkeilten sich in ihrer Schulterpanzerung und die ungewöhnlichen Klauen drückten sie gewaltsam zu Boden.

Agunimon lag nun mit auf dem Rücken und wurde durch Sangloupmon effektiv am Aufstehen gehindert.

Fluchend versuchte sie sich von dem Wolfsdigimon zu befreien, doch die Klingen bohrten sich nur noch tiefer in ihre Rüstung. Knurrend blickte Sangloupmon von oben auf sie herab.

Liamon näherte sich von der Seite und bemerkte etwas verwundert: "Du kannst nach Belieben digitieren? Nur mit diesem komischen Ding, das du da eben hattest?"

Prüfend beschnupperte der Löwe das wehrlose Feuerdigimon, das sich vergeblich am Boden wand und das Gewicht Sangloupmons abzuschütteln versuchte.

"Das ändert so einiges, was meinst du?", fuhr Liamon fort und die Frage war offensichtlich an seinen Gefährten gerichtet, der wieder nichts sagte, sondern nur zustimmend knurrte, wobei ein Speicheltropfen auf Agunimons Stirn fiel.

"Verpisst euch endlich! Ich warne euch!", schrie Cat aus voller Kehle und versuchte erneut frei zu kommen. Ergebnislos.

"Gib uns das Ding freiwillig, dann lassen wir dich am Leben."

Liamon hatte sehr ruhig und bestimmt gesprochen und ließ dadurch keinen Zweifel daran, dass es ihm ernst war.

Die wollten tatsächlich ihren D-Tector haben! Konnten sie den überhaupt benutzen?

Cat verfluchte sich nicht zum letzten Mal selbst und vor allem ihr Temperament. Wäre sie doch bloß ruhig geblieben und wäre nicht digitiert. Doch für solche Gedanken war es nun zu spät.

"Niemals!", brüllte sie deshalb und ging lichterloh in Flammen auf.

Überall aus allen Nischen der Rüstung und den Vorrichtungen an den Gelenken strömte das Feuer und hüllte sie komplett ein. Rasch sprangen die Flammen auch auf Sangloupmon über, das jaulend zur Seite sprang und sich panisch auf dem Steinboden wälzte, um das Feuer in seinem Fell zu ersticken.

"Kritischer Treffer!"

Nicht eben unerwartet aber zu schnell um auszuweichen griff nun Liamon in den Kampf ein. Die Krallen an seinen vorderen Pfoten leuchteten weiß auf und das Löwendigimon hieb mit ihnen gegen Agunimons Brust.

Die Wucht ließ Cat gegen den Felsen hinter ihr prallen, welcher sogar zu bröckeln begann.

Nun war sie an der Reihe.

"Salamanderkick!"

In einem Tornado aus Feuer attackierte sie Liamon, doch das Tierdigimon konnte mit einem beherzten Sprung ausweichen und rief mit seiner tiefen Stimme: "Königsdonner!"

Sein gesamter Körper wurde erst von Funken überzogen und war dann komplett von zuckenden Blitzen bedeckt, die in den Feuerwirbel stießen und Agunimon gleich dutzendfach trafen.

Aufschreiend fiel sie zu Boden und das Feuer verschwand.

Sangloupmon kam derweil wieder auf die Beine und schien vor Zorn zu beben. Das Fell an seiner Brust war vollkommen versengt und roch seltsam verkohlt.

An der Stelle, an dem sich das Wolfsdigimon eben noch panisch gewälzt hatte, war das Gestein von tiefen Kratzern überzogen, die seine gefährlichen Klauen hinterlassen haben musste.

Agunimon stand mit dem Rücken zur Wand, als sie sich aufrappelte.

Liamon und Sangloupmon versperrten gemeinsam den Weg aus dem Einkerbung im Fels und musterten sie mit angespannten Muskeln.

"Letzte Chance für dich, gib uns dein Digitations- ... helfer und wir werden dich vielleicht verschonen."

Liamons Atem ging schwer und dennoch behielt es seinen bedachten Tonfall bei, der Cat mittlerweile ganz schön auf die Nerven ging.

Was waren das für Typen, die umherwanderten, sich anderen aufdrängten und sie dann bedrohten?

Es hörte sich nicht so an, als wären die Positionen verhandelbar. Cat war eh nie der Typ für umständliche Gespräche gewesen.

"Dann zeigt mal, was ihr könnt!", erwiderte sie weitaus zuversichtlicher als sie tatsächlich war.
 

Impmon hatte genug gesehen. So etwas hätte er dem Menschen niemals zugetraut.

Er beobachtete Bill nun seit geraumer Zeit und war sich sicher, dass dieser in nächster Zeit nicht aufhören würde. Impmon musste eingreifen.

Es hatte ihn überrascht, wie viele Digimon nun hier umherstreiften. Als die Monde hinter den Wolken verschwunden waren, hatte die kleine Reisegruppe stundenlang kein Lebenszeichen gesehen und nun, da die Monde wieder sichtbar waren, schienen die Digimon überall zu sein.

In dieser Gegend war er dummerweise erst einmal gewesen und hatte sich nur flüchtig die Gegebenheiten eingeprägt. Damals hatte er in Taomons Auftrag die Grenzen der sogenannten "Grünen Weite" ausgelotet. So bezeichneten die Digimon in der Nähe das große Areal, das hinter dem Fluss nahe der Digimonstadt lag, wo es hauptsächlich Gras und vereinzelte Bäume gab.

Er hatte diese Weite mit Bill und Cat erst kürzlich wieder durchquert, doch er hatte nicht vorgehabt in diesen unheimlichen Wald zu gehen, den kein Digimon, das ganz bei Verstand war je betreten würde. Und nun waren sie in diesem Vorgebirge ohne das Impmon sich groß auskannte. Sehr schön.

Er schüttelte sich kurz, um seine Aufmerksamkeit wieder auf die Geschehnisse vor seinen Augen zu konzentrieren.

Aus der Sicherheit eines für diese Gegend recht üppigen Busches beobachtete er, wie die Zähne von Duskmons Schädelhand um die Kehle des bedauernswerten Butterflamon schloss und der Krieger das Insektendigimon vor sich auf Kopfhöhe hielt.

Dieses Exemplar war das letzte seines Schwarms von Digimon, die wie eine skurrile Kreuzung aus einer Art Kobold und einer Hornisse aussahen. Sie waren nur ein kleines Stück größer als Impmon, doch dafür auf dem Championlevel, das wusste Impmon genau.*

Dennoch hatten sie selbst in der Gruppe keine Chance gegen Duskmon gehabt, der schließlich in der Grünen Weite und vor allem im Wald weitaus gefährlichere Gegner besiegt hatte.

Duskmon war unerwartet und wie ein dämonischer Schatten über die Insektendigimon gekommen und sie waren eines nach dem anderen seinen gewellten Schwertern zum Opfer gefallen.

So eine Blutrünstigkeit hätte Impmon Bill nicht zugetraut.

Er hatte immer den Eindruck gemacht, nur zur Selbstverteidigung zu kämpfen. Meist war es doch Cat, die den Streit suchte und nicht er.

So war es doch sehr verwunderlich gewesen, dass Bill sich einfach davongemacht hatte, mit dem offensichtlichen Ziel wahllos Digimon zu töten.

Ein wenige hatte Impmon gefürchtet, dass Duskmon ihn angreifen könnte, sollte er sich in den Kampf einmischen. Auch wenn diese Angst sicher unbegründet war, so hatte Bills Verhalten ihm doch allen Grund zur Vorsicht gegeben. Nun da der Kampf vorbei war, würde er den Menschen zur Rede stellen.

Das Butterflamon zappelte vergeblich und konnte sich doch nicht von Duskmons unerbittlichem Griff befreien. Zu fest waren die Zähne des Schädels um seinen Hals geschlossen.

Plötzlich stieß Duskmons Schwert aus dem Rachen der Schädelhand hervor und durchbohrte die Kehle des hilflosen Butterflamon. Es starb mit einem erstickten Röcheln und Duskmon lud seine Daten. Irgendwie wirkte er dabei genussvoll. Ob das ein schlechtes Zeichen war?

Etwas ängstlich, aber dennoch fest entschlossen kam Impmon aus seinem Versteck hervor und stellte sich mit verschränkten Armen hinter Duskmon, der noch immer regungslos an Ort und Stelle stand, eine Wand aus Fels vor sich.

"Na, bist du stolz auf dich? Hast ganz heldenhaft ein paar Schwächlinge abgeschlachtet?", rief Impmon provokativ. Er war enttäuscht von Bill.

Dieser drehte sich zunächst gar nicht um, sondern ließ bloß die Augen an seinen Schultern herumschwenken, um das Digimon hinter ihm zu mustern.

Impmon fühlte sich unwohl. Man konnte nie sagen, was in Bill vorging, wenn er Duskmon war, schon gar nicht wenn man bloß in diese riesigen, ausdruckslosen Augen blicken konnte, die niemals blinzelten.

"Das hätte ich nie von dir erwartet, ich dachte, du bist einer von uns."

Noch immer wandte sich Duskmon nicht um und erwiderte auch nichts.

Wütend hob Impmon einen Stein auf und warf ihn dem größeren Digimon gegen den Hinterkopf.

"Ich dachte, du wärst ein anständiger Kerl, wie ein zivilisiertes Digimon! Aber du benimmst dich wie einer von diesen Streunern, wie ein wildes Digimon!"

Nun drehte sich Duskmon doch um. Aus seiner Maske blickte er auf Impmon herab, der ihn böse ansah.

Sie schwiegen sich eine Weile lang an.

Impmon befand, das er genug gesagt hatte.

Er wollte nicht zwangsweise die Stimme der Vernunft spielen, aber für einen Kerl, der von einer Digimonstadt so begeistert gewesen war, als hätte er das Paradies betreten, benahm Bill sich ganz schön unzivilisiert.

Selbstverteidigung war ja schön und gut und natürlich auch notwendig. Aber loszuziehen, nur um aus einer Laune heraus andere Digimon zu laden? Das war barbarisch!

"Schäm' dich gefälligst!", schrie Impmon Bill an.

Da hatten sie sich gerade erst wieder gefunden und jetzt zweifelte Impmon daran, ob es nicht doch falsch war, mit diesen beiden Menschen zu reisen.

Andererseits würde er es ohne sie wesentlich schwerer haben, lebendig nach Fortran zu kommen und Taomon zu finden. Ohne seinen Mentor hätte er doch gar keine neuen Aufträge! Und ohne die Aufgaben von Taomon wäre sein Leben nicht mehr das Selbe. Obwohl es das natürlich seit dem Auftauchen Bills längst nicht mehr war.

Dieser schwieg noch immer beharrlich, setzte sich nun aber in Bewegung. Scheinbar wollte er zu ihrem Lager zurückkehren, wo Cat wahrscheinlich einen gewaltigen Aufstand machen würde, weil sie ohne die Russin gegangen waren. Vorausgesetzt natürlich, das sie bereits aufgewacht war.

"Verdammt, jetzt sag' doch mal was!", zeterte Impmon ungehalten und folgte dem stillen Duskmon schimpfend.
 

Mit aller Kraft stieß Agunimon Sangloupmon von sich. Das Wolfsdigimon hatte sich einmal mehr in ihr verbissen und einen Teil ihrer Schulterpanzerung abgerissen.

Knurrend zog sich Sangloupmon wieder einige Schritte zurück und begann sie erneut zu umkreisen.

So ging es nun schon eine Weile. Ihr würde sicher bald die Puste ausgehen, wenn ihr nicht schleunigst etwas einfiel, um das Blatt zu wenden.

Liamon und Sangloupmon ließen sie nie zu Atem kommen. Sie setzten schmerzhafte Nadelstiche ohne sich dabei selbst zu sehr zu gefährden.

Die Klingen, die die Krallen bei Sangloupmon ersetzten, lösten sich nun von seiner Pfote und prasselten auf Agunimon nieder.

Rasch sprang sie zur Seite, doch musste einen Treffer an der ungeschützten Schulter hinnehmen. Ein recht kleines Stück des geschärften Metalls fuhr ihr in die Haut und verursachte einen pochenden Schmerz.

Mit brennenden Fäusten wollte sie sich auf das Wolfsdigimon stürzen, da rauschte Liamon heran und warf sie mit seinem Körpergewicht zu Boden.

Cat fluchte. Das Ganze verlief nicht gut. Diese beiden Digimon waren stark und intelligent. Eine gefährliche Mischung.

Schon wuchsen Sangloupmons Krallen nach und das Digimon nahm erneut Kampfhaltung ein.

Agunimon biss die Zähne aufeinander und kämpfte sich mal wieder auf die Beine.

Doch sie konnte nur einen Schritt auf das mittlerweile nur noch leicht glühende Lagerfeuer zumachen, das im Moment zwischen ihr und ihren Feinden war.

Liamon rief: "Königsdonner!"

Spannung baute sich auf und entlud sich in krachenden Stromschlägen, die auf Agunimon niederprasselten und sie in die Knie gehen ließ.

Cat kniff die Augen zusammen.

Sie sollte sich selber keine Illusionen machen. Sie hatte seit drei Tagen nicht mehr ordentlich geschlafen und diese beiden Digimon hatten sie an einem wirklich ungünstigen Zeitpunkt erwischt.

In diesem Zustand hatte sie einfach keine reelle Chance.

"Du hattest mehr als einmal die Gelegenheit einfach aufzugeben", belehrte sie Liamon und schritt mit seinem Gefährten Sangloupmon auf das geschlagene Feuerdigimon zu.

Sie würden ihr den D-Tector nehmen. Und was wäre sie dann? Nur wieder ein gewöhnlicher Mensch. Keine Kraft, keine Besonderheit, keine Freiheit.

Als Agunimon konnte sie sich behaupten. Ob sie jemals wieder ohne diese Statue leben konnte?

Wahrscheinlich würde sie eh im Anschluss sterben, wenn Sangloupmon und Liamon versuchten sie zu laden. Und dann würde einer der beiden zu Agunimon werden. Oder? Konnten auch Digimon mit Hilfe dieses Geräts und der Statue digitieren?

"Das wird nicht passieren", murmelte sie mehr zu sich selbst als zu ihren Feinden.

Liamon machte ein belustigtes Geräusch.

"Niemals!"

Es war zwar nur ein Flüstern, aber Cat hatte eine Wut und eine Entschlossenheit ergriffen, die ihr neue Kraft zu geben schienen.

Das war doch wohl so gar nicht ihre Art, hier einfach zu verrecken!

Sie brauchte Duskmon nicht, mit solchen Viechern kam sie doch auch alleine klar. Es durfte noch nicht vorbei sein!

Schlagartig öffnete Agunimon die zuvor zusammengekniffenen Augen und blickte in die matt glimmende Glut des erloschenen Feuers.

Mit einem Mal loderte das Lagerfeuer grell auf und züngelte über zwei Meter hoch. Es breitete sich in einem Radius von einem Meter aus und zischte laut.

Es war ganz so als hätte auf einmal jemand eine ganze Flasche Spiritus auf die Glut gegossen und das Feuer wieder zum Leben erweckt.

Nein, sie hatte noch nicht verloren.

Das Feuer war ihr zur Hilfe geeilt!

Es klang selbst in ihren Gedanken so dumm, dass es stimmen musste. Das war die Digiwelt, hier passierten seltsame Dinge. Sie war Agunimon, ein Feuerdigimon.

Vielleicht das Feuerdigimon.

Etwas leuchtete innerhalb der Flammen und zog Cat zu sich.

Gebannt trat sie in das Feuer, während Liamon und Sangloupmon unsicher zurückgewichen waren und nicht recht wussten, was vor sich ging.

Vor ihren Augen verschwand Agunimon in den Flammen und mit einem Mal weitete sich das Feuer noch weiter aus, während ein animalisches Brüllen erklang.

"Agunimon! - Slide Evolution! - Burninggreymon!"

Als hätte ein starker Wind die Flammen zu allen Seiten weggepustet, stoben sie plötzlich davon und das Feuer erlosch.

Agunimon war verschwunden.

Stattdessen stand ein Digimon in Mitten des verkohlten Lagers, das fast dreimal so hoch wie Agunimon war.

Es ähnelte entfernt einem Drachen, der aufrecht auf seinen starken Hinterläufen stand. Sein Kopf war von einem weißen, hornbestückten Schädel bedeckt, auf welchem einige rote Striemen zu erkennen waren.

Glühend rote Augen sahen aus den Sehschlitzen hervor und bildeten zusammen mit dem gut bestückten Gebiss an scharfen Reißzähnen ein bedrohliches Gesamtbild.

Der Körper war wie der Agunimons von einer roten Panzerung bedeckt, die an den Gelenken besonders ausgeprägt war. Über Brust, Rücken und Unterleib zog sich zudem eine Art gelber Wirbelpanzer. Am Bauch zeigte sich tiefschwarze Haut.

Die ebenfalls rot gepanzerten Arme mündeten in drei dicke und spitze Klauen.

An den Unterarmen waren lange gelbe Gerätschaften angebracht, die ein wenig wie ein Schild aussahen.

Auch die Beine waren passend ausgestattet, doch sie waren wesentlich dicker als die Arme und die Füße waren von enormen Krallen gezeichnet, zwei vorne und eine hinten, sodass das Digimon einen festen Stand hatte.

Auf seinem Rücken wuchsen zwei riesige orange gefiederte Schwingen.

Komplettiert wurde die Erscheinung durch einen langen kräftigen Schweif, der vom gleichen Rot war die Panzerung und zudem von orangefarbenen Kringeln verziert wurde.

Burninggreymon war eine imposante Erscheinung.*

Unsicher blickten Liamon und Sangloupmon sich gegenseitig an.

Diese Wendung hatten sie definitiv nicht erwartet.
 

Impmon hatte den Kampflärm schon von Weitem gehört und auch die Flammen gesehen, die hier und da in den Nachthimmel gestoben waren. Duskmon und er legten einen Zahn zu, was im Klartext bedeutete, dass Bill das kleine Digimon auf seine Schulter hob und dann mit langen Schritten auf das Lager zulief.

Kurz bevor sie die Einkerbung im Felsen erreichten, hallte ein Schrei, wie von einem Untier in Rage an den Steinen wieder und ließ sie beide unwillkürlich zusammenzucken.

Das Geräusch schwoll zu einem stetigen Brüllen an und schon bald sahen sie wie Flammen in alle Himmelsrichtungen schossen.

Rasch überwandt Duskmon die letzten Meter und dann konnte Impmon endlich einen Blick auf die Szenerie werfen.

Er erkannte zwei Tierdigimon, ein Liamon und ein Sangloupmon, die beide verunsichert auf ein über drei Meter hohes Ungetüm starrten, das am ganzen Leib zu brennen schien.

Dieses Monstrum war Impmon völlig unbekannt.

Keiner der drei Digimon schien die Neuankömmlinge zu beachten. Vielleicht waren sie noch unentdeckt.

Duskmon war mit seiner schwarzen Rüstung in der Dunkelheit generell schwer auszumachen und Impmon konnte sich hinter einen kleinen Felsen ducken und so einen guten Blick auf das Schauspiel am Lagerplatz werfen.

Cat war nicht da.

Hatte etwa eines dieser Digimon sie getötet?

Aber dann müsste doch irgendwo ihr lebloser Körper sein? Bill hatte ihm doch erklärt, dass man Menschen nicht laden konnte.

Oder war die Russin als Agunimon noch immer irgendwo in der Nähe und hatte sich wie ihre beiden Gefährten versteckt?

Das große Drachendigimon sprang brüllend auf die beiden anderen Digimon zu und bekam Sangloupmon mit seiner Klaue an der Kehle zu fassen.

Es spannte die orangefarbenen Flügel und erhob sich mit kräftigen Schlägen in die Luft. Liamon konnte bloß tatenlos zusehen, als Sangloupmon in Richtung Boden geworfen wurde und krachend auf dem Gestein aufschlug.

Der Aufprall hinterließ sogar einige Risse im Fels, so schwungvoll war das Wolfsdigimon aufgekommen.

Das unbekannte Digimon folgte seinem Gegner im Sturzflug und auf einmal drehten sich die seltsamen Vorrichtungen an seinem Unterarm um 180 Grad, um mit dem spitzesten Ende auf Liamon und Sangloupmon zu zeigen.

Schussgeräusche wie von einem Maschinengewehr ertönten, als unzählige rote Geschosse die gelben Apparate verließen und die beiden Tierdigimon in Flammen aufgehen ließen.

Jeder Treffer detonierte in einer kleinen, feurigen Explosion und entzündete den Pelz beider Digimon unverzüglich.

Sangloupmon blieb nach dem Beschuss reglos liegen, doch Liamon kämpfte sich zähneknirschend wieder auf die Beine und sprang dem großen Digimon, das im Sturzflug und mit voranggestreckten Klauen auf ihn zuraste, fauchend entgegen.

"Kritischer Treffer!"

Kurz vor dem Aufprall stoben aus allen Poren des größeren Digimons Flammen und hüllten es vollkommen ein.

Dann stießen Liamon und das Drachendigimon zusammen.

Schreiend fiel Liamon zu Boden.

Es stand selbst nun in Flammen und die Kralle seines Gegners war durch seinen Bauch gestoßen worden, sodass sie nun im Felsboden unter dem Löwendigimon steckte.

Animalisch brüllend hob das Drachendigimon sein mächtiges Bein an und trat kräftig mit seinem Fuß auf Liamons Kopf.

Ein ekelerregendes Geräusch entstand, als das Haupt des Löwendigimons zerquetscht wurde.

Es zerfiel in Daten, die das siegreiche Digimon absorbierte.

Dann blickte es zu Sangloupmon, das noch immer am Boden lag, aber sich nun zuckend regte.

Impmon blickte in die Augen dieses fremden Digimons.

Sie glühten rot und funkelten vor ungebändigtem Blutrausch und Zerstörungswahn. Und doch erkannte Impmon etwas Vertrautes darin.

Unsicher sah das kleine Digimon zu Duskmon, der jetzt langsam aus dem Schatten trat und sich dem brutalen Digimon näherte.

Der wollte doch wohl nicht ernsthaft gegen dieses Monster kämpfen?

"Lass uns abhauen!", zischte Impmon hinter seinem Felsen hervor, in der Hoffnung, dass das fremde Digimon nur Augen für Sangloupmon hatte.

Duskmon wandte sich langsam zu ihm um.

"Das können wir nicht", sagte er bedacht.

"Dieses Digimon ... es ist Cat."
 


 

Anmerkungen und Sonstiges:
 

*Liamon

Level: Champion

Art: Heiliges Tierdigimon

Typus: Serum

Gruppe: Nature Spirits

Attacken: Kritischer Treffer ; Königsdonner

http://wikimon.net/liamon
 

*Sangloupmon

Level: Champion

Art: Dämonisches Tierdigimon

Typus: Virus

Gruppe: Nightmare Soldiers

Attacke: Klingensturm

http://wikimon.net/sangloupmon
 

*Butterflamon

Level: Champion

Art: Insektendigimon

Typus: Serum

Gruppe: Nature Spirits

Attacke: Süße Pheromone

http://wikimon.net/Butterflamon
 

*Burninggreymon

Level: Variabel

Art: Dämonisches Drachendigimon

Typus: Variabel

Gruppen: Dragons Roar ; Nightmare Soldiers ; Nature Spirits

Attacken: Flammenkanone ; Feuerwalze ; Flammentornado

http://wikimon.net/Vritramon
 

Noch ein Hinweis: Ich hab inspiriert von dem tollen Video bei der Fanstory "Shards" einen Trailer erstellt. Zu finden im Überblick oder auf Youtube unter "Suche nach Bestimmung".



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Kommentare zu dieser Fanfic (9)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  fahnm
2013-03-16T21:58:07+00:00 16.03.2013 22:58
Spitzen Kapi^^
Von:  Selma
2013-03-16T16:35:28+00:00 16.03.2013 17:35
Hm, nach dem lesen des ersten Abschnittes hätte man den Eindruck bekommen können, dass Bill eine neue Art von Kick angedichtet werden soll, das man vielleicht auch als entwickelnde Sucht klassifizieren könnte? Eine Sucht nach mehr Daten.

Und Cat?... Ich würde sagen manchmal hilft Hirn einschalten. Ein echt hitziges Gemütchen. So weckt sie Begehrlichkeiten bei Anderen und darf sich nicht wundern, dass sie grad mächtig eins über bekommt.
Aber dafür ist sie ja jetzt ein wenig weiter als Billy ;)
Von:  Selma
2013-02-19T16:48:46+00:00 19.02.2013 17:48
Heidenei, jetzt bin ich endlich durch und ich muss sagen Hut ab vor dem Kampf. Ich hätte sowas bestimmt nicht so gut schreiben können.
Nur hat mir am ende François ein wenig Leid getan. so abserviert zu werden. Ok, ich hatte zwar auch n paar Probleme mit dem Sprachfehler von dem, aber ich glaub das liegt wohl eher am fehlenden Selbstbewusstsein.
Auf jeden Fall bin ich mal gespannt wies weitergeht und denke doch, dass wir François früher oder später wiedersehen werden.
Antwort von:  Velgremon
20.02.2013 14:03
Hi und danke fürs Kommentieren!
Ich liebe es Kämpfe zu beschreiben :D Manchmal kommt mir das ganze dann selbst zuuu lange vor, aber solange sich keiner beschwert^^
Ja der liebe Franzose wird auf jeden Fall noch seinen Auftritt haben. Er tat mir schon beim Schreiben ein wenig leid^^ aber es hätte weder zu Bill noch zu Cat gepasst ihn zu mögen oder zu akzeptieren. Er hätte sich in dieser Gruppe auch sicherlich nicht besonders wohl gefühlt ;)
Von:  fahnm
2013-02-17T00:02:32+00:00 17.02.2013 01:02
Klasse Kapi^^
Die Story ist genial^^
Antwort von:  Velgremon
20.02.2013 14:00
Danke! :D
Von:  Selma
2013-02-15T19:29:41+00:00 15.02.2013 20:29
So, und da ist dann leider das letzte Kapitel erstmal vorbei. Sehr interessante Entwicklung, auch wenn ich irgendwie das böse Gefühl habe, dass man mit diesem Franzosen wohl oder übel noch einige Problemchen auftun könnte.
Bin auf jeden Fall mal gespannt, wie es weitergeht.
Ein letzter Satz noch zum Schluss: "Wie gut durch hätten sie ihr Spinnenvieh gerne?"
So Long
Selma
Von:  Selma
2013-02-15T06:32:56+00:00 15.02.2013 07:32
Seruvs,

ich hab jetzt auch mal durch Zufall diese Story gefunden und da ich Frontiers eigentlich auch ganz nett fand, mal angefangen zu lesen.
Ich bin jetzt bei Kapitel 3 und finde es gar nicht mal so schlecht. Also mit den Digitationsmischmasch stimme ich Alaiya ein wenig zu. Eine einheitliche Linie ist bestimmt übersichtlicher.
Aber ich muss sagen, dass du z. B. den Menschen, der über Agnimons Kräfte gebietet, weiblich gemacht hast, sehr lustig finde. Auch wenn ich mit diesem Spirit ebenfalls erst später gerechnet hatte.
Hatte eigentlich auch vermutet, dass erst Duskmon, Grottomon, Arbormon,etc. durchgenommen werden und dann erst die 'altbekannten' Spirits auftauchen.
Naja, ich meld mich dann wieder, wenn ich die Story soweit durch hab.
So long
Selma
Antwort von:  Velgremon
15.02.2013 14:39
Hallo :D
Danke fürs Lesen und Kommentieren!
Das mit dem Mischmasch habe ich nun angefangen zu beheben. Nach langer Übelegung bin ich zu dem Schluss gekommen alles auf die originale Version umzuschreiben, also änder ich alles auf "Spirit Evolution - XYZmon" um.
Auf der anderen Seite nehme ich nur noch deutsche Namen für Attacken und füge zur Not eine eigene Übersetzung ein, falls es keine offizielle Variante gibt.
Jaaa mit der Wahl Agunimons als Spirit für Cat hab ich wohl für Überraschung gesorgt :P Hoffentlich ist das nicht negativ^^
Ansonsten kann ich nur viel Freude mit den restlichen Kapiteln wünschen und darauf hinweisen, dass ich die Kapitel 2 (ganz besonders 2!), 3 und 4 noch einmal überarbeitet habe. Die neue Version von 4 ist noch nicht online. Falls du also vor dem 6.2.13 Kapitel 2 gelesen haben solltest und es zu knapp fandest, kann ich dir nur empfehlen die aktualiserte Variante zu lesen.
Bis denne!
Von:  Alaiya
2013-01-23T13:35:20+00:00 23.01.2013 14:35
Nun ist also der nächste Mensch dazu gestoßen. Interessant.
Auch wenn ich es zugegebener Maßen etwas schade finde, dass du sie zu Agnimon werden lässt, wo doch die Charaktere hier angeblich auf der bösen Seite stehen und sie - so nebenbei - auch noch weiblich ist ^^"

Allerdings klingt Cat nach einem recht interessanten Charakter soweit. Mal gespannt, was sie noch so machen wird.
Antwort von:  Velgremon
23.01.2013 19:15
Also ich finde, dass Agunimon nicht eindeutig männlich oder weiblich aussieht und habe es daher zweckdienlich zu einem weiblichen Digimon deklariert.
Der Spirit sagt an sich, zumindest bei mit (so wie ich es verstanden habe in Frontier auch) nichts über die Gesinnung aus.
Es geht darum, wer den Spirit benutzt und wofür und nicht darum welchen Spirit derjenige findet.
Wer hier eigentlich für was kämpft wird im übrigen nicht direkt klar, sondern wieder einmal etwas später.
Ich hoffe Cat wird dir auch noch in den folgenden Kapiteln zusagen ;)
Von:  Alaiya
2013-01-23T13:13:54+00:00 23.01.2013 14:13
Zu diesem Kapitel muss ich sagen, dass es mir das alles schon fast etwas zu schnell geht. Kaum ist er da, wird er schon angegriffen, bevor er auch nur angemessene Verwunderung über seine Umgebung entwickeln kann. Gut, so sitzt natürlich der Schock über Celines Tod tiefer, trotzdem ging es mir von der Ankunft zur Spirit Evolution einfach zu schnell. Mit ein wenig mehr "herauszögern", ein wenig mehr Verzweiflung wäre es spannender gewesen, wenn du verstehst, was ich meine.
Selbes gilt für den Kampf, der doch sehr fix vorbei war.

Was mich nun persönlich sehr gestört hat, war der sprachliche Mischmasch bei der Spirit Evolution. Ja, an sich könnte man sagen "künstlerische Freiheit", aber... Nun, ich sage immer: Entweder oder.
Japanisch: Spirit Evolution! Duskmon!
US-Fassung: Execute! Spirit Evolution! Duskmon!
Deutsch: Bill! H-Spirit Digitation zu Duskmon!
Ich möchte an dieser Stelle anmerken, dass ich sowohl die Unterscheidung in H und BSpirit der deutschen Fassung, also auch - vor allem - das "Name - Digitation zu" unglaublich albern fand. Das ist ein Mensch und kein Digimon. Das haben bei Frontier sogar die Amis verstanden...
Immerhin digitieren Menschen auch nicht, sondern verwandeln sich.

Übrigens sieht es ähnlich mit den Attacken aus. Für mich ist der Hauptgrund - Neben der Gewohnheit - die japanischen Attacken zu verwenden, dass viele Digimon nie Synchronosiert wurden und man bei diesen entweder die japanischen Attacken hat oder sich selbst etwas ausdenken muss. Wenn man für diese Monster die japanischen, ansonsten aber die deutsch übersetzten nimmt, wirkt das ganze sehr nach groben Mischmasch, wenn du verstehst, was ich meine.
Ich finde, man sollte sich für eine Sprache entscheiden, bei so etwas.

Ansonsten bin ich außerdem etwas verwirrt, dass du offenbar die Welt von Frontier als Orientierung nimmst, das Datenladen aber wie in Tamers funktioniert.

Ich bin allerdings gespannt, was es hier nun mit den Spirits auf sich hat und was nun dieses Impmon macht ;)

Werde mal gleich weiterlesen.


PS.: Da fehlten ganz viele Kommata. Zwischen "Blablabla!" und sagte/meinte/rief kommt ein Komma. Also "blablabla", meinte er.
Antwort von:  Velgremon
23.01.2013 19:02
Hi und danke fürs Kommentieren!
Das zweite Kapitel hatte mir beim erneuten Durchlesen selber nicht mehr ganz so gefallen wie damals beim Verfassen, aber ich war nicht ganz sicher, woran es denn nun lag. Ich denke, dass es vor allem die von dir angesprochene Geschwindigkeit ist, die stört.
Es war schon beabsichtigt das Szenario möglichst hektisch wirken zu lassen, damit man das Gefühl bekommt, dass Bill wirklich von den Ereignissen überrrollt wird, aber vielleicht hätte ich das nicht das ganze Kapitel so durchziehen sollen.
Vor allem den Kampf werde ich nochmal überarbeiten.

Zu der Sache mit den Begriffen bzw. der Übersetzung. Da hat wohl die Autokorrektur zugeschlagen, die das Wort "Digitation nicht" kennt. In den folgenden Kapiteln habe ich immer so wie in der deutschen Animefassung geschrieben.
Allerdings hast du irgendwie recht mit deiner Kritik an eben dieser Übersetzung. Ich überlege mir, ob ich nicht einfach noch auf das Original wechsle.

Was die Attacken angeht, bin ich nicht ganz sicher, ob es da besser klänge komplett die originalen Attacken zu nehmen oder alles zu übersetzen. Aber Recht hast du natürlich, einheitlich klänge das sicher schöner. Das du die Dubversionen nicht leiden kannst, weiß ich ja schon^^

Was das Mischen der "Staffelgesetze" angeht: Ich habe ja Eingangs, also bei der allgemeinen Beschreibung der Fanstory, erwähnt, dass ich mich in einigen Dingen an Tamers anlehnen werde. Grade dieser ganze D-Code-Kram hat mich bei Frontier immer sehr genervt.

Antworten zu den Spirits gibt erst sehr viel später, das kann ich schonmal verraten^^

Also abschließend nochmal Danke für die Verbesserungsvorschläge!
Von:  Alaiya
2013-01-14T19:28:23+00:00 14.01.2013 20:28
Ich habe mich entschlossen dir hier auch einmal einen Kommentar zu hinterlassen. ;) Auch wenn es bisher noch wenig zu sagen gibt.

Vielleicht einmal zum "Prolog", beziehungsweise zum Einleitungstext. Hier finde ich das Wort "Gestalt" im Kontext weniger schön gewählt. "Wesen" oder "Kreatur" hätte besser gepasst, da man bei "Gestalt" immer auf genauere Beschreibungen wartet und direkt an einen Menschen denkt und weniger an... Eine Kreatur.

Nett finde ich an sich die Idee einen so untypischen Hauptcharakter zu wählen. Klingt schon einmal sehr nach Antihelden.
Wobei ich es komisch fand, dass gar niemand unterwegs war in einer so großen Stand, wie Chicago. Selbst in den "kleineren" Deutschen Großstädten sieht man Nachts gerade bei so zentralen Punkten wie Banken immer Menschen. ;)
Das mit den Briefen ist eine gute Idee, um die SMS zu umgehen.
Wobei ich mich nun frage, da du Celine in den Charaktersteckbriefen nicht erwähnst, was aus ihr wird...

Werde in den nächsten Tagen mal weiterlesen.
Antwort von:  Velgremon
17.01.2013 19:31
Hey vielen Dank für deinen Kommentar :D Ist auf dieser Seite ja leider mein einziger.
Weißt du vielleicht woran dieses seltsame Format bei meiner FF liegen könnte? Irgendwie sind manche Zeilen ein wenig eingerückt, wenn ich aber editiere ist alles einheitlich.

Naja erstmal zu deinem Kommentar :)
Wesen kommt in dem Satz vielleicht wirklich besser, ich überlegs mir gleich mal.

Ich liebe es einfach Antihelden zu schreiben. Einen wirklich "guten" Helden finde ich einfach persönlich viel schwieriger interessant wirken zu lassen. Da hab ich das Gefühl, dass sie schnell mal 08/15 werden.
Hm das mit den Großstädten stimmt wohl. Es hat einfach besser zur Situation gepasst, dass niemand da war. Da kann man die Realität auch mal ein bischen zurechtbiegen :P
Was Celine angeht wird das zweite Kapitel sicher alles klären ;)

Nochmal danke, dass du was hierzu geschrieben hast. Verbesserungsvorschläge sind schließlich immer willkommen :)


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