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Von Zeit zu Zeit

(usaxmamo)
von

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Prolog

Prolog
 

Es waren die warmen Strahlen der späten Herbstsonne auf ihrem Gesicht, durch die sie wach wurde. Dabei hatte sie gerade so schön geträumt. Von Schokoladenbergen und Sahnewolken, Erdbeerflüssen und Blumenfeldern aus Zuckerwatte. Ein Hauch von Vanille lag überall in der Luft. Wie gemein, sie nun aus diesem Zuckerparadies zu holen. Was dachte sich die doofe Sonne eigentlich dabei? Konnte sie nicht woanders ins Zimmer scheinen und jemand anderen bei seinen Träumen stören? Das war nicht fair. Immer sie. Und seit wann schien die späte Nachmittagssonne überhaupt in ihr Zimmer? Das tat sie bestimmt nur um sie zu ärgern.

Vorsichtig blinzelte sie mit einem Auge. Das warme Licht blendete unerwartet grell und sie schloss das Auge sofort wieder. So was von gemein aber auch. Sie sollte sich demnächst angewöhnen ihre Vorhänge zu schließen, wenn sie ein Nickerchen hielt.

Die Augen fest zusammengepresst, drehte sie sich auf die andere Seite. Jetzt aber. Sie öffnete langsam die Augen und hätte beinahe laut gequiekt vor Überraschung als sie auf das Gesicht direkt neben ihrem blickte. Sie blinzelte ein paar Mal, doch er lag immer noch da. Ist wohl wirklich kein Traum. Nase an Nase lag er nun neben ihr und schlief ruhig. Ein Lächeln huschte über ihre Lippen als ihr klar wurde, dass sie nicht in ihrem eigenen Bett lag.

Sie war wie so oft zu ihm gegangen nach der Schule. Sie aßen dann zusammen und er half ihr bei den Hausaufgaben während er an seinen Arbeiten saß. Er war streng mit ihr und ließ sich nie erweichen auch nur eine Aufgabe für sie zu lösen. Egal wie sehr sie quengelte. Aber eigentlich wusste sie dies auch vorher schon. Und sie liebte ihn dafür.

Und manchmal, so wie heute, wenn sie mit ihren Aufgaben schon fertig war und er noch viel zu tun hatte, machte sie es sich auf seinem Bett gemütlich, las Comics, sah etwas fern oder beobachtete ihn einfach, wie er konzentriert durch seine Bücher und Notizen blätterte. Er sah immer so ernst aus wenn er arbeitete, so erwachsen, aber schließlich war er das ja auch. Ab und zu erwischte sie ihn dabei wie er gedankenversunken auf seiner Lippe herumkaute und sich abwesend durch die Haare fuhr, so dass sie ganz zerzaust waren. Dann wusste sie, dass er gerade sehr angestrengt über ein Problem grübelte. Richtig süß sah das aus. Noch süßer war er nur, wenn er merkte, dass sie ihn beobachtete. Er räusperte sich dann immer und seine Wangen nahmen einen leichten Rot-Ton an während er zu ihr auf blickte und etwas unsicher fragte: „Ist irgendwas?“. Und sie würde nur lächeln und antworten: „Nein. Was soll sein?“. Woraufhin er verlegen erwidern würde: „Ich dachte nur....“ und sich, wohl wissend, dass sie ihn immer noch anschaute, wieder seiner Arbeit widmen. Doch sie sah ihm dann genau an, dass er sich nicht mehr konzentrieren konnte. Er fuhr sich ständig durch die Haare, einige Strähnen hingen ihm dann locker ins Gesicht. Er räusperte sich auffallend oft, sein Blick huschte ständig zu ihr rüber, musterte sie, wie er hoffte, unauffällig. Lächelte verlegen, wenn ihre Blicke sich trafen, und sie lächelte noch zuckersüßer zurück. Dann schien ihm immer warm zu werden, er öffnete einen Knopf seines Hemdes, balancierte den Stift zwischen den Fingern nervös hin und her und starrte anschließend Minuten lang angestrengt auf seine Notizen ohne jedoch einmal die Seite umzublättern oder etwas aufzuschreiben. Zum Schluss würde er mit einem resignierenden Seufzer und immer noch roten Wangen, seine Sachen beiseite legen, einmal tief durchatmen, aufstehen und in die Küche gehen, um sich einen Tee zu kochen. Sie liebte es, ihn nervös zu machen.

Heute war sie eingeschlafen, bevor sie ihn beobachten konnte. Das kam auch vor. Er weckte sie dann immer, wenn es Zeit war für sie nach Hause zu gehen. Oh wie hasste sie es doch nach Hause zu müssen, wo sie doch viel lieber bei ihm bleiben würde. Doch noch nie war es passiert, dass sie aufgewacht war und er hatte neben ihr gelegen und ebenfalls geschlafen. Das war neu. Und schön. Sehr schön sogar.

Sie lag nun ganz dicht neben ihm. So nah kamen sie sich eigentlich recht selten. Er war immer eher zurückhaltend. Das konnte nerven, aber so war er nun mal. Doch jetzt lag er da, so nah.

Sie beobachtete ihn genau. Wie seine Haare ihm ins Gesicht fielen und bei jedem seiner gleichmäßigen Atemzüge kaum merklich zu wippen schienen. Sie hinterließen tänzelnde Schatten auf seinem Gesicht. Er hatte ein schönes Gesicht. Sie hatte noch keinen Mann gesehen, der ein schöneres hatte. Nicht in ihren Augen.

Sein Mund war leicht geöffnet und während sie ihn atmen hörte, machte er ab und zu leise Schmatzgeräusche. Sie lächelte. Er schlief wie ein Baby.

Eine ganze Weile lag sie nur so da und sah zu wie er friedlich schlief. Sie fragte sich, ob er sich schon öfters, von ihr unbemerkt, einfach zu ihr gelegt hatte. Das kannte sie gar nicht von ihm. Doch der Gedanke gefiel ihr. Dann, ohne weiter darüber nachzudenken, drückte sie ihm einen sanften Kuss auf die Lippen. Er schmeckte so süß. Süßer als alle Süßigkeiten auf der Welt. Sie rutschte, darauf bedacht ihn nicht zu wecken, weiter nach unten, legte ihren Kopf an seine Brust und hörte auf seinen Herzschlag. So beruhigend. Ihre Augen fielen ihr zu. Ein Arm legte sich um sie, hielt sie fest und sie betrat selig das süßeste Traumland von allen.

Die Zeit schien stehen geblieben zu sein.

- Verschwunden -

So, das erste Kapitel ist doch tatsächlich schon fertig *freu*. Der Anfang hat mir etwas Probleme bereitet, aber nach zwei Stunden hatte ich endlich einen der mich überzeugte und dannach flutsche es nur so.

Ich weiß, das Kapitel passt so gar nicht zum Prolog, aber dass hatte ich ja auch erwähnt, dass er Prolog nichts direkt mit der Story zu tun hat.

Das erste Kappi ist recht düster, die ganze Geschichte wird recht düster aber immer wieder durchbrochen duch so schöne Szenen wie im Prolog :D

Ich hoffe es gefällt euch so gut wie mir XD und ihr schreibt mir viele Kommis
 

<3
 

Kapitel 1

- Verschwunden -
 

Ein kalter Hauch streifte ihren Nacken. Sie fröstelte und zog, ohne den Blick vom Computerbildschirm abzuwenden, ihre schwarze Strickjacke von der Stuhllehne hinter ihr. Noch 13 Tabellen, dann war sie durch mit dem Monat September. Blieb nur noch der Oktober und die ersten Tage des gerade angefangenen Novembers. Es waren viele Daten gewesen. Mehr als gewöhnlich. Jede Tabelle befasste sich mit einem astronomischen Ereignis, nahe oder innerhalb des Sonnensystems, an den jeweiligen Tagen der letzten Monate. Allein der August hatte 676 Tabellen hervorgebracht. Normal waren um die 200. Das Meiste waren unwichtige Kleinigkeiten. Kleine Meteoriten, die nicht mal ansatzweise das Sonnensystem streiften oder es waren irgendwelche Stürme auf Jupiter oder Mars. Die Professoren des Astronomie-Instituts hatten die Tabellen längst aussortiert. Zu unwichtig. Zu weit weg. Doch sie brauchte diese Tabellen und holte sie immer aus den Archiven im Keller wieder hoch. Man belächelte sie dafür. Es gab schließlich wesentlich spannenderes im All zu entdecken. Und wäre zwischen den Tabellen etwas Wichtiges gewesen, hätten sie es schließlich sofort bemerkt. Aber man hielt sie nicht davon ab. Sollte sie doch ihre Zeit damit verschwenden.

Ihr machte das Unverständnis nichts. Und eigentlich war es ihr auch lieber so. So gab es wenigstens keine aufdringlichen Fragen, die sie eh nicht aufrichtig beantworten könnte. Sie wusste warum sie die Tabellen brauchte. Und das reichte. Es waren gerade die Kleinigkeiten, der sie die größte Beachtung schenken musste. Denn gerade diese 'Kleinigkeiten' waren oftmals die größte Bedrohung. Sie wusste das aus Erfahrung.

Bisher hatte sie noch nichts auffälliges entdeckt. Nur die hohe Anzahl machte sie stutzig. Sie war nicht besorgniserregend hoch. Es gab Jahre, da war so was normal. Aber seit sie das erste Mal im Mai die erhöhte Anzahl wahrgenommen hatte, kribbelte es ungut in ihrem Bauch. Und das war nie ein gutes Zeichen. Sie konnte nur hoffen, dass sie nicht Recht behielt.

Wieder fröstelte sie. Kalt war es geworden. Die Bäume trugen so gut wie keine Blätter mehr und der Duft vom ersten Schnee lag in der Luft. Konnte nicht mehr lange dauern.

Sie löste sie sich von ihren Zahlen, es war wirklich kalt hier, und blickte sich um. Zu ihrer Überraschung musste sie feststellen, dass einzig ihr Bildschirm noch Licht in den sonst komplett dunklen Raum warf. Wie lange hatte sie gearbeitet? Sie streckte sich einmal, stand auf und ging zum Fenster. Die Vorhänge waren zugezogen. Das Sonnenlicht hatte sie vorhin erbarmungslos geblendet. Sie zog sie wieder auf. Der Blick nach draußen verriet ihr, dass es schon nach 18 Uhr sein musste. Das Tageslicht war gänzlich verschwunden und die Straßenbeleuchtung tauchte alles in ein gelbliches Licht.

Ihre Arbeit hatte sie ganz die Zeit vergessen lassen. Sie lächelte. Das hatte schon was ironisches.

Plötzlich ging die Deckenbeleuchtung des kleinen Raumes an und sie blickte erschrocken in ihr eigenes Spiegelbild im Fenster. Ihr Lächeln erstarb.

„Oh mein Gott, Meioh! Hast du mich erschreckt!!!“ Eine ältere Frau betrat das kleine Büro, in dem Setsuna Meioh ihrer Arbeit nachging. Sie hielt sich die Hand vor die Brust und schnappte nach Luft, lächelte aber. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass jemand im Zimmer sein könnte. „Was machst du denn noch hier? Sitzt hier ganz allein im Dunkeln...Gott ist das kalt hier drinnen...ist deine Heizung defekt? Huh... Hast wohl wieder Stundenlang die Sinnlos-Akten durchgegangen, was? Ich frag mich ernsthaft, warum du dir das antust?“

Setsuna reagierte nicht. Sie nahm die Frau gar nicht wahr. Starrte nur mit finsterer Miene in die Spiegelung im Fenster.

Das konnte nicht sein. Das war nur eine Einbildung.

„Meioh? Ist alles in Ordnung?“ Die ältere Frau war näher gekommen und blickte Setsuna verwirrt an. Merkte sie gar nicht, dass sie direkt neben ihr stand? „Setsuna?“ sie legte eine Hand auf Setsunas Schulter. Diese schrack augenblicklich zusammen und wirbelte herum. „Oh mein Gott! Tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken, Meioh!“ Sie ließ ihre Akten, die sie in der Hand hielt, fallen und wich einen Satz zurück. Sie hatte wirklich nicht mitbekommen, dass jemand im Raum war. Nun blickte sie sie an. Setsuna schien verwirrt und irgendetwas in ihrem durchbohrenden Blick hatte etwas sehr bedrohliches.

Eigentlich war Setsuna Meioh eine sehr nette Person. Freundlich, hilfsbereit und sehr intelligent. Vielen war klar, dass sie mehr auf dem Kasten hatte, als alle Professoren hier gemeinsam. Sie ließ dies aber nie jemanden spüren und hielt sich möglichst aus allen Streitgesprächen der sogenannten 'klugen Köpfe' raus.

Sie war ein Einzelgänger. Ab und zu aß sie zwar mit den Anderen und plauderte auch gerne mal mit ihnen über Belangloses, aber näher ließ sie nie jemanden an sich heran. Niemand im Institut wusste etwas Privates von ihr. Ob sie alleine lebte oder einen Freund hatte. Wer ihre Familie war, was sie gern aß, was für Musik sie hörte, welche Bücher sie las. Nicht einmal ihr Geburtsdatum kannte einer. Geschweige denn ihr Alter. Vom Aussehen her schien sie nicht älter zu sein als Anfang bis Mitte Zwanzig. Doch ihrer Art, ihrem ganzen Wesen und besonders ihrem Blick schien eine Weisheit und Reife inne zu wohnen, die man erst nach unzähligen Lebenszyklen erlangen konnte. Sie war geheimnisvoll durch und durch. Und manchmal auch etwas zum fürchten. So wie jetzt. Wenn sie einen so durchdringend ansah mit ihren dunklen Augen und man das Gefühl hatte, sie würde einem direkt in die Seele blicken.

„Ich wollte dich wirklich nicht erschrecken!“ Sie zitterte leicht. Setsuna machte ihr wirklich etwas Angst. Doch dann lichtete sich Setsunas Blick plötzlich. So als wäre ein dunkler Schleier von ihr genommen worden und sie lächelte verlegen. „Yamada-San?“ Setsuna sah sich kurz verwirrt im Raum um. Dann bückte sie sich um die heruntergefallenen Akten wieder einzusammeln: „Tut mir leid, ich habe dich wirklich nicht gesehen!“ „Oh, schon gut. Ist ja nichts passiert. Ich habe mich bloß erschrocken.“ „Ja,...ich mich auch.“ Setsuna blickte hoch zum Fenster. Yamada hatte nicht den Eindruck, als ob Setsuna das zu ihr gesagt hatte. „Ist Alles in Ordnung?“ Überrascht schaute Setsuna zurück zu Yamada: „Ehm...ja. Ja, es ist Alles in bester Ordnung. Ich war nur in Gedanken. Tut mir leid!“ Jetzt lächelte Setsuna. Sie hatte wirklich ein bezauberndes Lächeln. „Wenn du in Gedanken bist könnte ja die Welt untergehen und du würdest es nicht einmal merken!“ lachte Yamada. Ihr war immer noch mulmig zu Mute. Irgendetwas war mit dieser Frau. „Ja da hast du wohl recht!“ auch Setsuna lachte, auch wenn ihr gar nicht danach zu Mute war. Sie schien Yamada schon genug verschreckt zu haben, da wollte sie es nicht noch schlimmer machen. Doch in Setsunas Innerem brodelte es nur so vor schlimmen Vorahnungen. Sie musste sich gerade geirrt haben. Sie musste einfach!

„Ehm, kann ich die Akten wieder haben?“ fragte Yamada und legte den Kopf schief. In bester Ordnung sah für sie anders aus. „Oh, ja natürlich!“ Setsuna übergab ihr die Akten, die sie vom Boden gesammelt hatte. „Was wolltest du eigentlich, Yamada-San?“ „Nun,“ Yamada schien etwas verlegen, „Ich wollte mir eigentlich nur deinen Tacker ausleihen! Wer kann denn ahnen, dass wir uns beide fast zu Tode erschrecken!“ lachte sie laut und legte dabei verlegen ihre Hand hinter den Kopf.

Yamada sah niedlich aus, wenn sie das tat. Bunny tat das auch immer, wenn ihr etwas peinlich war. Setsuna schenkte Yamada ein warmes Lächeln und überreichte ihr den Tacker. Wie konnte sie eben auch nur in Erwägung ziehen, Yamada würde Unheil bringen?

„Danke Meioh-San!“ „Nichts zu danken!“ „Bleibst du noch lange? Es ist schon bald halb neun. Normalerweise gehst du doch immer um fünf.“ „Was? So spät schon?“ Sie hatte allen ernstes fast 10 Stunden an den Tabellen gesessen. Was war nur mit ihrem Zeitgefühl los?

Sie blickte auf ihren Bildschirm. Noch 734 Tabellen mussten gesichtet werden. 734. Eine ganze Menge. Setsuna spürte plötzlich die Erschöpfung der stundenlangen Arbeit und fühlte sich matt, müde und leer. Sie konnte nicht mehr. Nicht heute. „Nein, ich werd jetzt nach Hause gehen. Genug für heute!“ „Du siehst auch sehr müde aus. Geh nach Hause, ruh dich aus und lass dir von deinem Freund den Rücken massieren.“ Setsuna lächelte nur. Sie speicherte kurz ihre Arbeit, fuhr den PC runter und schnappte sich ihre Sachen. „Wir sehen uns dann morgen, ja?“ Yamada stand schon vor der Tür. „Ja, wir sehen uns morgen! Gute Nacht.“ „Gute Nacht. Und vergiss morgen nicht die Heizung zu überprüfen. Ist ja eisig bei dir!“ Yamada verbeugte sich lächelnd und verschwand den Gang runter. Ihr mulmiges Gefühl war noch da.

Setsuna schaltete das Licht wieder aus. Sie drehte sich um und starrte in das fast dunkle Zimmer. Ihr Blick ging zum Fenster. Der Schein der Straßenlaternen schien nun herein. Sie konnte ihr Spiegelbild nicht sehen. Bitte, lass es nur eine Einbildung gewesen sein!

Dann drehte sie sich um und verließ das Zimmer.
 

Draußen war es wärmer als sie gedacht hätte. Zwar war der nahende Winter doch schon zu spüren, aber man fror noch nicht. Nicht so, wie in ihrem Arbeitszimmer. Ob ihre Heizung kaputt war? Sie war sich eigentlich sicher gewesen, dass die Heizungen schon eingeschaltet wurden. Das war intern von einem Computer geregelt. Ab einer gewissen Außentemperatur ging in den Arbeitsräumen die Heizungen an. Und kalt genug war es dafür schon. Aber warum hatte sie dann vorhin so gefroren? Sollte sie noch mal zurück gehen und die Heizung überprüfen? Nein, das wäre Schwachsinn. Das könnte sie genauso gut morgen früh machen. Aber merkwürdig war es schon. Vielleicht hing diese Kälte ja auch mit dem unguten Gefühl in ihrem Innern zusammen. Ein unbehaglicher Gedanke.

Plötzlich wurde sich Setsuna der Tatsache bewusst, dass sie vollkommen allein war. Im Institut waren zwar noch Leute, es wurde rund um die Uhr hier gearbeitet. Schließlich hatte man Nachts immer noch den Besten Blick gen Himmel. Aber hier draußen auf dem Gelände war keine Menschenseele. Normalerweise störte es sie nicht allein zu sein. Sie war es gewöhnt wie nichts anderes auf der Welt. Eigentlich fürchtete sie sich eher vor Menschenmassen. Das war ihr zu surreal. Aber jetzt hier allein mit diesem stetig wachsendem Gefühl der Gefahr in sich, fühlte sie sich unwohl. Das Gelände war gut zu überschauen. Ein kleiner Parkplatz, ein paar schmucklose Nebengebäude und viel freies Feld durch das ein schmaler Weg führte. Nur auf der anderen Seite des Instituts, da wo ihr Arbeitsraum war, gab es eine etwas belebtere Straße. Doch der Ausgang war auf dieser Seite. Laternen gab es hier auch kaum. Je weniger künstliches Licht man beim Beobachten der Sterne vor sich hat, umso besser. Allerdings war das mit dem künstlichen Licht in einer Metropole wie Tokio leichter gesagt als getan. Deswegen lag das Institut auch etwas außerhalb der Stadt. Aber es gab eine eigene Buslinie die stündlich ins Zentrum fuhr. Doch die Bushaltestelle lag an der Straße. Und um dorthin zu gelangen musste man einmal um das ganze Gelände herum gehen. Und das Gelände war groß. Sie hätte es einfacher, wenn sie aus dem Fenster klettern würde. Wären ja nur zwei Stockwerke. Setsuna seufzte. Welcher Vollidiot hatte sich diese Planung einfallen lassen?

Unschlüssig stand sie nun vor der großen Eingangstür. Der Gedanke jetzt ganz allein das Gelände zu überqueren gefiel ihr nicht. Sie war eindeutig allein und doch.... seit sie die Reflektion im Fenster gesehen hatte, konnte sie sich des Gefühls nicht verwehren beobachtet zu werden. Inständig hoffte sie, sie möge sich geirrt haben, aber je länger sie hier stand, umso mehr wurde ihr bewusst, dass sie sich nicht geirrt hatte.

Das war nicht gut. Das war ganz und gar nicht gut.

Es war totenstill. Was sollte sie jetzt tun? Setsuna überlegte kurz, ob sie Haruka anrufen sollte, damit diese sie abholen kommt. Aber was würde das bringen? Wenn er wirklich da war, dann würde Haruka auch nichts ausrichten können. Die einzige, die vielleicht etwas tun könnte war sie selbst.

Sie verließ den Bereich vor der Eingangtür und ging zur Treppe, die hinunter zum Weg führte. Wenigstens gab es an der Treppe etwas Licht. Die 40 Stufen waren glitschig vom Laub und konnten sehr gefährlich werden. Komisch eigentlich. Es gab hier keine Bäume, aber Laub lag überall. Der Wind leistete ganze Arbeit.

Sie machte sich vorsichtig auf den Weg die Stufen hinab. Ein Geländer gab es nicht, also musste sie Fuß für Fuß die Stufen nehmen, um nicht auszurutschen. Es war einfach zu glitschig. Verdammte Bauplanung.

Sie war in der Mitte der Treppe angekommen als wie aus dem Nichts ein starker, eiskalter Wind sie streifte. Wie angewurzelt blieb sie stehen. Die plötzliche Kälte verschaffte ihr eine Gänsehaut und sie fing merklich an zu zittern. Nicht gut. Gar nicht gut. Setsuna beschleunigte so gut es ging ihre Schritte. Ein Gefühl der Angst fing an sich in ihr breit zu machen.

Unten an der Treppe angekommen drehte sie sich um. Die Kälte war nun überall und umschloss sie, wie eine eisige Decke. Sie blickte hoch. Stand da jemand an der Treppe? Sie konnte es nicht genau sagen. Beim zweiten Blick war nichts mehr zu sehen. Sie sollte sich beeilen. Ihre Schritte beschleunigten sich. Sie wollte ihm nicht hier begegnen. Der bloße Gedanke an eine Begegnung war schon erschreckend genug. Da wollte sie wenigstens an einem Ort sein, an dem sie sich geborgen fühlte. Was zum Teufel wollte er hier überhaupt? Er hatte hier nichts zu suchen. Gar nichts. Doch eigentlich wusste sie, weswegen er hier war. Sie hatte es immer gewusst. In ihrem Bauch wütete es nun vor Alarmglocken. Alarmglocken, die sie den ganzen Sommer über versucht hatte zu ignorieren. Es konnte schließlich nicht sein..... aber es war so und sie hatte es gewusst. Seit Mai hatte sie es gewusst. Warum sonst war sie so verzweifelt auf der Suche nach den sichtbaren Anzeichen gewesen. Sie hatte es sich nur nicht eingestehen wollen: „Du bist echt zu naiv gewesen!“ Bis zum Schluss hatte sie gehofft sich zu irren. Hatte gehofft, dass ihr Bauchgefühl einmal falsch wäre. Aber es war nicht falsch. Setsuna irrte sich nie. Das wurde ihr schmerzlich bewusst, als sie seine Reflektion im Fenster gesehen hatte. Er war hier. Er war die ganze Zeit schon hier gewesen und hatte sie beobachtet. Vermutlich fand er es amüsant. Sicherlich fand er das. Setsuna schnaubte verächtlich. Wie konnte sie nur so naiv sein? Sie hätte es vom ersten Tag an jemandem erzählen sollen. Haruka oder Michiru. Sie hätten gemeinsam etwas unternehmen können. Zumindest hätten sie es versuchen können. Nun war es zu spät.

Unvermittelt blieb Setsuna stehen. Sie kramte in ihrer Tasche und suchte ihr Handy. Eine Minute. Mehr bräuchte sie nicht. Die beiden würden verstehen und sie könnten zumindest die Prinzessin in Sicherheit bringen. Sie klappte das kleine schwarze Telefon auf und drückte die 1. Es klingelte. Bitte geh ran! BITTE! Es tat sich nichts. „VERDAMMT HARUKA GEH ANS TELEFON!“ Es tutete immer noch.

Die Kälte wurde schlimmer. Sehr viel schlimmer. Setsuna zitterte am ganzen Körper. Noch immer klingelte es. Sie legte auf und drückte die 2. Michiru. Bitte! Es klingelte wieder. Dann knallte es plötzlich. Erschrocken drehte Setsuna sich um. Die Glühbirne der obersten Laterne war zersprungen. Nein! Bitte! Geh ran Michiru, BITTE!!! Es knallte auf der anderen Seite. Eine Glühbirne am Ende des Weges zersprang. Dann die nächste an der Treppe. Und die nächste auf dem Gehweg. Nach und nach zersprang eine Glühbirne nach der anderen bis nur noch 2 auf jeder Seite übrig waren. Die Kälte zwang Setsuna in die Knie. Tausend kleine Nadel schienen ihr in den Körper zu stechen. Das war nicht fair. Absolut nicht fair. Noch immer klingelte es. Zitternd legte sie erneut auf und drückte wieder die 1. Bitte!

Die nächste Birne zersprang. „WAS WILLST DU VON MIR?“ Setsuna war verzweifelt: „ NA LOS ZEIG DICH DU FEIGLING! DU WIRST SIE IN RUHE LASSEN! HÖRST DU!“ Die nächste Birne. Nur noch zwei. Es war ihre Schuld. Ganz allein ihre Schuld. Sie hätte handeln müssen. Sie hatte doch gewusst. Wieder ein Knall. Noch eine. Setsuna sank komplett zu Boden. Ihr Körper zitterte furchtbar. Das Telefon lag neben ihr und tutete weiter. Sie konnte nicht mehr. Dann plötzlich ein Knacken. „Hallo, Setsuna? Was gibt’s denn?“ Haruka.

Setsuna versuchte etwas zu sagen, versuchte das Telefon zu greifen, aber das Zittern und die unerträgliche Kälte ließen sie nicht. „Hallo? Setsuna? HALLO? Bist du noch dran?“

Die letzte Birne zersprang und Setsuna lag in völliger Dunkelheit. Es war zu spät.



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Kommentare zu dieser Fanfic (5)

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Von:  Usagi-Mamoru
2012-11-21T12:12:33+00:00 21.11.2012 13:12
Hach da kann man ja nur schmelzen. Wie süß und dein schreibstiel 1a

Freue mich auf dein nächstes.

LG
Usagi-Mamoru
Von:  Dragonohzora
2012-11-09T23:22:14+00:00 10.11.2012 00:22
Wow,
ich bin immer noch vollkommen von deinem Schreibstil gebannt. Du hast wirklich eine hervorragende Ausdrucksweise udn du schreibst wirklich sehr fesselnd. Das erste Kapitel wirft mehr Fragen auf, als es beantwortet. Wer ist dieser Kerl, der Setsuna in Angst und Schrecken versetzt?

Wer will der Prinzessin drohen udn was hat es mit der Kälte auf sich?
Zuerst dachte ich ja, dases etwas mit der Erde zu tun hat, also das die Erde einfriert, aber nun bin ich mir nicht mehr so sicher? Und was ist mit der anderen Wissenschaftlerin? Wie passt sie ins Bild?

Wird Setsuna die Prinzessin retten können und was ist mit Mamoru?

Ich bin wirklich gespannt,wie du die romantischen Apekte mit dieser doch eher Düsteren Erzählweise verbinden wirst. Irgendetwas scheint aber dennoch mit der Erde zu passieren, anhand der wissenschaftlichen Daten.

Ich bin schon gespannt wie es weiter gehen wird:)

Hau in die Tasten

*wink*
:)
Von:  Kaninchensklave
2012-11-09T20:57:26+00:00 09.11.2012 21:57
ein Klasse Kap

Oh man Setsuna hätte es den anderen sagen müssen
man kann nur hoffen das hr nichts allzu schlimmes passiert
und sie mit Blauen Auge davon kommt

doch jetzt wissen die anderen das was nicht stimmt vorallem Haruka

Bin schon gespannt wie es weiter geht

GVLG
Von:  Dragonohzora
2012-11-07T22:44:27+00:00 07.11.2012 23:44
Hach, dieser Prolog ist wirklich zum träumen:)
So wunderschön beschreiben, um wen es sich dabei handelt ist ja klar:)
So wunderbar, einfach süß geschildert:)
Du hast so einen tollen Schreibstil und ich freue mich mal wieder etwas von dir lesen zu können:) Seine Gedankengänge würden mich auch mal interessieren.

Ein wunderbarer Anfang, mit sehr viel Potential:), da schmilzt jedes Mädchenherz höher bei diesem hübschen Kerl:) ;)

Nur weiter so, ich hoffe das erste Kapitel folgt bald:)

Liebe Grüße
:)
Von:  Kaninchensklave
2012-11-07T16:21:14+00:00 07.11.2012 17:21
Ein Wunderschöner Anfang

na da sind dann wohl zwei eingeschalfen
und Bunny dann nochmal durch seiner herzschlag

Es ist auchs chön zu lesen das kein Transen Trio (Three Ligths) vorkommt :D

GVLG


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