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Regen

Elijah x Helena
von

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Der letzte Tag

Kapitel 1: Der letzte Tag
 


 

„Ich erinnere mich daran, wie sie einmal gesagt hat, dass alles andere egal sei, wenn man verliebt ist, und wie sie dabei klang, als meinte sie das ernst. Ich habe darauf etwas Lustiges entgegnet, natürlich, aber eigentlich gedacht, dass das ein sehr guter Gedanke ist, den man nur nicht laut aussprechen sollte.“ (Mark Lindquist - Sad Movies)
 

Elijahs Sicht:

Ich versuchte mich zusammenzureißen und nicht daran zu denken, was heute für ein Tag war.

Es war leichter für mich, wenn ich Helena ansah.

Ich wollte jede Minute heute mit ihr verbringen, noch mehr als sonst.

„Was willst du heute machen?“, fragte ich sie und sie sah mich neugierig an, zuckte dann aber lächelnd mit den Schultern.

Anscheinend war es ihr egal.

„Irgendwas, einfach nur mit dir zusammen sein“, sprach sie genau das aus, was ich auch gedacht hatte.

Das war es auch, was ich wollte.

Einfach nur mit ihr zusammen sein.

„Wollen wir zusammen picknicken?“, fragte sie mich fröhlich, anscheinend gefiel ihr die Idee.

Lächelnd nickte ich und glücklich nahm sie meine Hand.

Ich wollte heute alles tun, was sie zufrieden und froh machte.
 

Wir gingen in die Küche und suchten etwas Essen zusammen, das wir mitnahmen.

Als wir alles zusammen hatten, nahm sie meine Hand und wir gingen nach draußen.

Etwas weiter weg, aber immer noch auf dem Grundstück war ein Teich, der künstlich angelegt wurden war.

Man konnte auf einen Steg darüber gehen und auf der Mitte hielten wir an, legten eine Decke hin und setzten uns.

Helena ließ ihre Beine baumeln und streckte ihre Hand hinunter um das Wasser zu berühren.

Schnell zog sie ihre Hand zurück, als ihre Fingerspitzen die Wasseroberfläche berührt hatten.

„Es ist kalt“, meinte sie lächelnd und ich setzte mich neben sie.

Sie legte ihre Finger in meinen Nacken und ich spürte die kalte Feuchtigkeit.

Allerdings hinterließ es keinen kalten Schauder, sondern ein Brennen von ihrer Berührung.

Lächelnd legte sie den Kopf schief.

„Stimmt“, gab ich ihr recht und nahm die Hand in meine, mit der sie mich berührt hatte.

Ich strich über ihre Finger, als könnte ich so die Feuchtigkeit davon lösen.
 

Leicht kicherte sie und legte dann ihren Kopf auf meine Schulter.

Ich mochte es, wenn sie mir so nahe war.

Mehr als bei jeden anderen fühlte ich mich bei ihr menschlich.

„Gefällt es dir hier?“, fragte ich und sah dann zu ihr hinunter, ihr Blick schweifte in die Ferne und ich wusste nicht, ob sie wirklich mit ihren Gedanken anwesend war.

Manchmal war sie wirklich schwer zu lesen, sodass ich nicht wusste was genau in ihr vor ging.

„Meinst du diesen Ort hier?

Oder vielleicht allgemein hier bei euch?“, fragte sie nach.

Ich antwortete ihr nicht, aber wenn sie so fragte, dann hätte ich tatsächlich auf beides gerne eine Antwort gehabt.

„Es ist wunderschön hier, Elijah.

Der Ort ist toll und generell, naja… du bist hier, das macht jeden Ort schön.

Allerdings regnet es sehr oft hier, das ist nicht wirklich toll.

Wenigsten regnet es heute nicht“, meinte sie und brachte mich dazu zu lächeln, auch wenn ich nicht genau wusste wieso.

Vielleicht war es diese, nicht wirklich wichtige, Aussage, dieses unwichtige Thema Wetter.

Alles Belanglose und eigentlich unwichtige, schien durch sie interessant zu sein, ich wusste auch nicht wie sie das machte.
 

„Hier kann es wirklich manchmal ziemlich öde sein, besonders durch dieses schreckliche Wetter“, stimmte ich ihr zu und streichelte ihr, durch ihr langes Haar.

Ich küsste sie auf den Kopf.

„Ist doch egal.

Es ist alles egal“, meinte sie heiter.

Amüsiert runzelte ich die Stirn.

„Alles ist egal?“, fragte ich amüsiert nach.

Das war keine typische Aussage von ihr, ihr waren viele Dinge wichtig.

„Wusstest du das nicht, Elijah?

Alles ist egal, wenn man verliebt ist.

Das ist so eine Art Gesetz.“

Ich konnte nicht anders als auf ihre fröhliche Aussage zu lachen und küsste sie noch einmal auf den Kopf.

„Das klingt gut, dann können wir uns das schöne Wetter einfach denken“, schlug ich vor und ich sah wie sie sofort darauf die Augen schloss.

„Sie Sonne strahlt auf uns herab.

Der Steg auf dem wir hier sitzen führt mitten auf den weiten Ozean hinaus.

Dieser ist so weit, das man das Ende gar nicht sehen kann und wenn wir zurückblicken sehen wir den weißen Sand, der so warm ist, das er die Füße nach dem Eisbaden erwärmen könnte“, malte sie sich aus und lächelnd schloss ich wie sie die Augen und stellte es mir vor.
 

Wenn ich mich stark hineinversetzte, konnte ich die Wärme fast spüren.

„Du läufst herum und ziehst mich mit, wir fallen in den Sand und lachen.

Du schließt die Augen, weil die Sonne dich blendet und ich wünsche mir das der Augenblick nie vergeht“, spinne ich die Geschichte weiter.

„Dann werde ich dich im Sand vergraben, weil du so ruhig liegen bleibst und bau eine Sandburg über dir“, meinte sie erheitert und die Vorstellung war irgendwie verrückt und peinlich.

Ich runzelte die Stirn, konnte mir aber das Lächeln nicht verkneifen.

„Wieso?“, fragte ich leicht empört.

„Naja, weil du das bei mir nicht machen würdest.“

Sie sagte so als wäre es selbstverständlich und als würde es tatsächlich eine logische Antwort auf meine Frage geben.

Natürlich hatte sie recht, ich würde sowas niemals machen.

Ich verschlang ihre Finger mit meinen und sah auf unsere Hände.

Ich spürte die Wärme ihres Körpers gegen meinen und wünschte mir, dass ich sie so vor allen Dingen des Lebens beschützen könnte.
 

Ich verbot mir alle Gedanken an die Zukunft, weil der heutige Abend noch nicht geschrieben war.

Er stand noch in den Sternen und obwohl Klaus einen konkreten Plan hatte, wusste ich nicht, ob ich in der Lage war mich daran zu halten.

Wie konnte ich Helena, den Menschen nehmen, der sie ein Leben begleitet hatte und der ihr so wichtig war?

Ich konnte ihr nicht die Erinnerung an ihre Schwester nehmen, das wäre einfach nur grausam.

Als ich spürte wie Helena mir ins Ohr pustete, wachte ich wieder aus meinen Gedanken und schon wieder brachte sie mich so zum lächeln.

Wie schaffte sie das nur?

„Hast du Hunger?

Ich schon“, flüsterte sie fröhlich und ich ließ mich mit ihr nach hinten fallen.

Helena schaffte es den Korb zu greifen, ohne aufzustehen, aber sie strengte sich sichtlich an, ihn mit ihren ausgestreckten Arm zu erreichen.

Als wollte sie sich lieber unnötig anstrengen, als aufzustehen und von mir los zu kommen.

Sie fischte ein belegtes Brot heraus und reichte es mir, so wie sie für sich eines herausholte.
 

Ohne auf Manieren zu achten, aßen wir im liegen und sahen hinauf in den Himmel, der ziemlich grau aussah, aber wenn ich die Augen schloss, dann konnte ich mir die Sonne vorstellen, die wir uns beide ausgemalt hatten.

Ob es so einen Ort wirklich gab?

Ob wir ihn irgendwann sehen würden?

Ich stellte mir vor wie Helena lachend durch den Sand lief, wie ihre Haare und ihr Kleid im Wind wehten, wie sie zurück zu mir sah und mich anlächelte.

Nichts konnte schöner und friedvoller sein, als so ein Augenblick.

„Wieso seid ihr hier nach London gereist?“, fragte ich sie.

Schon lange fragte ich mich, welcher schicksalhafte Gedanke sie auf diesen Ort gebracht hatte.

„Unsere Mutter ist doch hier in England aufgewachsen und hier in London hat sie zwar nicht gelebt, aber unsere Eltern hatten hier geheiratet und lebten hier ein paar Wochen, bis sie zurück in die Heimat meines Vaters reisten“, erklärte sie mir.

Ich sah zu ihr, wie sie nachdenklich auf ihr Brot schaute.

„Meine Eltern haben nicht aus Liebe geheiratet, aber meine Mutter hat gesagt, wenn es eine Zeit gab, zu der sie glücklich war, mehr als sonst und wohl mit ihm, dann meinte sie, dass es hier war, am Anfang“, präzisierte sie ihre Erklärung.
 

Kein Wunder warum Helena sich mehr wünschte, wenn ihre Eltern sich nicht wirklich geliebt hatten, wünschte sie sich das natürlich.

Sie musste wohl sehen, wie unglücklich ihre Mutter war, vielleicht auch ihr Vater.

Sie aß ihr Brot auf, wie auch ich meines und wir vermieden den Blick in den düsteren Himmel, sahen uns lieber gegenseitig an.

„Weißt du, das ist unser Vorteil.

Wir werden an jedem Ort glücklich sein“, meinte sie dann irgendwann und sah zu mir herüber.

Unsere Finger hatten wir wieder ineinander verflochten und schaukelten jetzt unsere Arme zwischen uns hin und her.

„Weil wir uns lieben und so alles egal ist“, erwiderte ich und sie nickte lächelnd, als freute sie sich, dass ich es verstanden hatte.

Ich hoffte so sehr das sie recht hatte.

Aber das würde sich leider erst nach dem heutigen Tag zeigen und ich hatte irgendwie Angst, dass etwas Schlimmes passieren würde.

Auf einmal sah ich schreckliche Bilder, wenn ich die Augen schloss, wie ich sie verlor.

Deswegen hielt ich meine Augen offen, sah sie an, aus Angst sie zu verlieren, dass sie verschwinden würde.

Das sie mir vielleicht entgleiten konnte, wenn ich nur einmal nicht hinsah.

Ich durfte sie nicht verlieren, ich konnte das nicht.

Ich würde es nicht überleben.

Sie war alles was gut in mir war, sie machte mich menschlich, sie machte mich glücklich.

Das Schlamassel

Kapitel 2: Das Schlamassel
 


 

„Ich weiß nicht für alles eine Lösung. Ich versuche bloß, unter den gegebenen Umständen das Beste draus zu machen.“ (Sarah Dessen)
 

Helenas Sicht:

Es klopfte an der Tür und verwundert legte ich mein Buch weg.

Eigentlich war es zu spät für Besuch.

Es war bereits dunkel und Katerina würde nicht klopfen, aber es war auch merkwürdig, dass sie noch nicht da war.

Als ich die Tür aufmachte, stand da Elijah und ich blinzelte verwirrt mit den Augen, auf die Gefahr hin, dass ich mich vielleicht täuschte.

„Elijah, was…“, wollte ich anfangen zu fragen, warum er mich zu so später Stunde besuchte, aber ich wollte eigentlich keinen Grund.

Ich freute mich, dass er da war, weswegen ich ihn einladend anlächelte und zur Seite trat, damit er hereinkommen konnte.

„Weißt du, wo Katerina ist?

Sie ist verschwunden“, erzählte er mir und kompletter Schock breitete sich in mir aus.

Oh nein, sie wusste es.

Irgendwie musste sie es herausgefunden haben und dann war sie weggelaufen.

Natürlich.

Schnell schüttelte ich den Kopf, mir wieder bewusst, von Elijahs Anwesenheit.
 

Er lächelte mich an und schon ging es mir besser, besonders als er zu mir trat und mir über die Wange strich.

„Keine Sorge, alles wird gut, Helena.“

Seine Stimme klang so überzeugend, dass ich ihn einfach nur glauben konnte.

„Ich werde sie finden“, versprach er mir und ich hoffte, dass es nicht so war, damit ich das Problem selbst unterschwellig so schnell es ging lösen konnte.

Alles könnte zerstört werden, ich spürte wie der Plan in sich zusammenbrach, wie alles scheitern würde.

Meine Augen brannten und ich bemerkte die Tränen in meinen Augen, schnell versuchte ich es mit einem Lächeln zu überspielen, um zu zeigen, dass es mir gut ging.

Ich griff nach Elijahs Hand und drückte sie fest.

Alles würde gut werden.

Ich musste nur darauf vertrauen.

Elijah beugte sich zu mir und federleicht trafen seine Lippen auf meine, schnell wollte ich den Kuss erwidern, mich an ihm fest halten, da zog er sich schon wieder weg.

„Ich muss los, pass auf dich auf und bitte tu mir einen Gefallen und geh nicht raus“, bat er mich eindringlich.
 

Ich musste lügen und es tat mir in der Seele weh.

Doch irgendwie schaffte ich es wohl zu lächeln und ihm zuzunicken, auch wenn ich nicht genau sagen konnte wie.

„Ich liebe dich, Elijah“, sprach ich sanft die einzige Wahrheit aus, die es gab und die es immer geben würde.

Mein Herz schlug so schnell und das schlechte Gewissen breitete sich in mir aus.

Aber bald konnten wir für immer ohne Lügen zusammen sein, in Frieden, sobald Klaus sterben würde.

Es beruhigte mich, als er mir durch mein Haar strich.

„Ich liebe dich auch, Helena“, versicherte er mir und küsste mich auf die Stirn, bevor er hinaus aus dem Raum eilte.
 

Ich zählte innerlich bis zehn, dann lief ich schnell zum Fenster.

Katerina würde nicht gegangen sein ohne mir eine Nachricht zu hinterlassen und es gab nur eine Möglichkeit, wie sie die gemacht hatte, ohne, dass jemand anderes sie ebenfalls entdecken konnte.

Ich hauchte meinen Atem gegen die Scheibe und nach und nach konnte ich die Worte darauf entziffern, auch wenn sie schnell wieder verblassen wollten.
 

Erinnerst du dich an den kleinen Wald, an dem wir stehen geblieben sind und tief durchgeatmet haben, bevor wir in den Vorort von London gegangen sind?

Vertrau mir, Helena, und komm dorthin, sobald die Nacht anbricht.

Schleich dich hinaus, es sollten keine Wachen mehr da sein.
 

Oh nein.

Sie musste es tatsächlich wissen.

Ich schaute hinaus, es war bereits dunkel.

Schnell zog ich mir einen einfachen schwarzen Umhang über und schlich mich aus der Burg heraus, was tatsächlich einfacher war als die letzten Male.

Außerdem hatte ich dank der Treffen mit Mikael, darin schon ein wenig Übung.

Ich lief so schnell ich konnte.

Es war ein ziemlich weiter Weg von hier aus, aber ich musste meine Schwester unbedingt aufhalten, denn sie war gerade dabei alles zu vermasseln.

Ich musste es ihr erklären.

Als der Tag anbrach, machte ich in den Wäldern eine Pause und suchte mir Wasser zum trinken.

Ich schlief nicht sehr lange, zumindest hoffte ich das, bevor ich dann weiter lief.

Gerade rechtzeitig, zur nächsten Nacht, kam ich an den Ort an, den meine Schwester beschrieben hatte.

Ich war vollkommen erschöpft, aber daran durfte ich jetzt nicht denken.
 

Ich sah meine Schwester schon von weiten und lief einfach noch schneller, obwohl ich nicht wusste, woher ich die Kraft nahm.

Aus der Panik heraus?

Fördert Angst den Körper so sehr?

Schockiert und auch fragend sah ich meine Schwester an, denn ich wusste nicht, wie sie die Wahrheit herausgefunden hatte.

„Katerina, was hast du nur getan?“, fragte ich sie fassungslos, denn ich hoffte nicht, dass sie wirklich alles zunichte gemacht hatte.

Bitte nicht.

Katerina kam auf mich zu und schloss mich in ihre Arme.

Sie war doch nicht einfach nur weggelaufen.

Was hatte sie noch getan?

„Ich wusste, dass du es schaffst, Helena.

Ich wusste, dass du meine Nachricht findest, du bist einfach so verdammt klug“, befand sie und ihr liefen dabei Tränen herunter.
 

Dafür hatten wir keine Zeit.

Ich musste an den Plan denken, weswegen ich an ihrem Arm zog, um ihre Aufmerksamkeit zu erlangen.

„Wir müssen zurück, Katerina. Wieso musstest du nur fliehen? Wieso?“, fragte ich und wollte sie mit zurückziehen.

So schneller wir wieder da waren, umso besser.

Vielleicht konnte ich Elijah irgendeine Lüge erzählen.

Er würde mir glauben, das hoffte ich zumindest.

Aber Katerina hielt dagegen und irgendwie hatte ich keine Chance, sie auch nur einen Millimeter zu bewegen.

„Nein, Helena.

Wir können nicht zurück.

Wir können nie mehr zurück.

Man kann Klaus und Elijah nicht vertrauen, sie haben uns die ganze Zeit angelogen.

Heute Nacht wollten sie mich opfern und auch wenn ich ihnen jetzt nichts mehr nutze, dann gibt es immer noch dich und sie würden dich opfern wollen.“
 

Sie wusste es wirklich!

So präzise genau.

Wer hatte ihr das gesagt?

Wie hatte sie es herausgefunden?

„Sie sind Vampire, Helena.

Vampire!

Es gibt sie wirklich und sie wollten mich opfern, jetzt sicher dich, weil sie unser Blut brauchen, für ein lächerliches Ritual.

Aber ich hab eine Lösung gefunden.

Eine, durch die wir beide leben können.“
 

Meine Güte.

Was sollte ich jetzt tun?

Sie wusste es.

Dann musste ich zurück, mich unwissend stellen und mich opfern lassen.

Irgendwie musste ich Mikael von der Planänderung Bescheid geben.

Irgendwie…

Ich kam erst wirklich wieder in die Realität zurück, als ich merkte, wie Katerina mich ziemlich kräftig schüttelte.

Schnell sprudelten die Worte aus mir heraus.

„Wir müssen zurück, Katerina.

Du musst mir vertrauen, wir müssen zurück!

Ich kann mich opfern, das ist nicht so schlimm…“

Katerinas Hände bohrten sich schmerzhaft in meiner Schulter und sie schüttelte mich noch viel mehr, mein Kopf tat davon weh.

„Bist du verrückt geworden, Helena?

Wir können nicht zurück!

Auf keinen Fall, das bedeutet unser Tod und auch deiner und das geht auf keinen Fall in Ordnung!

Ich sagte dir doch, du brauchst dir keine Sorgen zu machen.

Ich hab einen Plan!“

Ihr Plan?

Weglaufen?

Das würde niemals klappen und wenn doch, sollten wir für immer weglaufen?

Das wollte ich nicht.

Ich wollte mit ihr in Frieden leben und mit Elijah zusammen glücklich werden.

„Nein, Katerina.

Du musst mir vertrauen.

Ich hab einen Plan und…“

Doch dann biss sie sich auf einmal ins Handgelenk und drückte es mir im nächsten Moment auf den Mund.

Oh mein Gott!

Sie war ein Vampir?
 

Entsetzt sah ich meine Schwester an.

Was hatte sie getan?

Sofort sprach ich meine Frage aus.

„Was hast du nur getan?“

Ich sah ihre Tränen und irgendwie wusste ich in dem Moment, das alles verloren war.

„Es tut mir leid, Helena.

Aber du wirst es noch verstehen“, versprach sie mir, dabei war sie es doch, die gar nichts verstanden hatte.

Ich hatte doch alles unter Kontrolle gehabt.

Wie hatte sie es nur geschafft alles zu vermasseln.

Sie nahm meinen Kopf und ich versank in Finsternis.

Katerina, was hast du nur getan?

Entronnen

Kapitel 3: Entronnen
 


 

„Die Wahrheit ist eine schöne und schreckliche Sache und sollte daher mit Vorsicht behandelt werden.“ (J. K. Rowling)
 

Elijahs Sicht:

Wir hatten Katerina überall gesucht, sie allerdings nicht gefunden und bevor der Morgen einbrach, mussten wir die Suche aufgeben, da die meisten Vampire sich nicht im Sonnenlicht bewegen konnten.

Ich wollte so schnell wie möglich zurück.

Zu Helena und versuchen sie vor Klaus' Zorn zu beschützen.

Ich musste ihr alles erklären und darauf hoffen, dass Klaus mit sich verhandeln ließ.

Ich konnte Helena mein Blut geben, dann würde sie das Opfer zumindest überleben, wenn auch als Vampir und wenn Klaus es nicht zulassen würde, musste ich sie irgendwie von hier wegschaffen, mit ihr zusammen fliehen.

Hauptsache sie würde leben, irgendwie.
 

Ich meldete mich gar nicht erst bei Klaus, sondern eilte sofort in Helenas Zimmer, um sie dort aufzusuchen.

Doch als ich an der Tür klopfen wollte, fiel es mir auf.

Kein Herzschlag.

Sofort riss ich die Tür auf, aber sie war nirgendwo.

Sie war nicht da, aber all ihre Sachen waren noch da.

Oh nein.

Klaus.

Bitte, tu mir das nicht an.

Nicht sie.
 

Ich wollte umkehren, doch bevor ich die Räume verlassen konnte, sah ich Klaus auch schon im Türrahmen stehen, mit wutverzerrtem Gesicht.

Helena.

Ich packte ihn an der Kehle und warf ihn in den Flur hinaus, stürzte mich auf ihn und trat ihn.

Doch bevor ich zu einem weiteren Schlag ansetzen konnte, schlug er gegen meine Brust und ich stürzte gegen die nächste Wand.

Egal, wie sehr es schmerzte, das war unwichtig.

„Wo ist sie?

Wo ist Helena?“, fauchte ich ihn wütend an.

Hatte er sie in einen der Kerker gesperrt oder noch schlimmer, irgendwo an einem unerreichbares Ort für mich?
 

Klaus legte den Kopf schief und schien mich genau zu mustern, bevor sich seine Augen erkennend weiteten.

Was?

„Sie ist weggelaufen, Elijah.“, erklärte er mir dann zähneknirschend.

Was sagte er da?

Sie war weggelaufen?

Wollte er mir damit sagen, dass er nichts mit ihrem Verschwinden zu tun haben wollte?

Denn das würde ich ihm keinesfalls glauben.

„Wieso sollte sie weggelaufen sein?

Dafür gibt es keinen Grund.“, zischte ich.

Helena wusste nichts.

Wieso also sollte sie jetzt weggelaufen sein?

Das ergab keinen Sinn.
 

Klaus hielt mir etwas hin und misstrauisch sah ich ihn an, nahm das Stück Papier dann aber doch entgegen.

Skeptisch las ich die Worte darauf.
 

Das Spiel ist vorbei, Klaus.

Ich hab dich durchschaut und bin bereits weg.

Du wirst ganz verloren haben, bevor du dir dessen überhaupt bewusst bist.
 

Katerina
 

Katerina.

Sie hatte die Wahrheit irgendwie herausgefunden und es Helena gesagt.

Helena war weggelaufen.

Wieso war sie nicht geblieben?

Wieso hatte sie mir nicht vertraut?

Wieso hatte sie mich nur verlassen?

„Sie wussten es und haben nur auf die Gelegenheit gewartet wegzulaufen.

Sie haben das geplant.“

Nein.

NEIN!

Helena würde mich nicht anlügen, wenn sie log, dann schlug ihr Herz schneller.

Ihr Herz schlug schneller…

Oh mein Gott.

Ihr Herz schlug schneller, als ich sie fragte, ob sie wüsste, wo Katerina war.

Ihr Herz schlug damals schneller, als ich sie fragte, was sie draußen allein im Wald machte.
 

Nein, nein, nein, nein, nein.

Bitte nicht.

Sie liebt mich.

Sie hatte es mir gesagt.

Sie konnte nicht gelogen haben, oder doch?

Einen Moment ließ ich diesen Gedanken zu und er zerriss mein Herz, das doch erst durch sie wieder angefangen hatte zu leben, zu schlagen.

Gestern noch hatten wir darüber gesprochen, wie gut alles war, das wir uns liebten.

Unsere einzige Sorge war das schlechte Wetter.
 

Jetzt war sie weg.

Dabei hatte ich mir gestern doch noch mehr als alles andere gewünscht, dass sie bei mir bleiben würde.

Das ich nicht wollte, dass sie verschwand.

Doch jetzt war sie mir entglitten.

Sie war mir entronnen und anscheinend konnte ich nicht einmal meinen Bruder die Schuld dafür geben.

Wut kam in mir auf und ich wusste nicht, wohin damit.

„Katerina hast du also nicht gefunden.

Aber ich bin sicher, wenn wir sie erwischen, dann finden wir auch Helena.

Ich bin sicher, die beiden sind zusammen.“
 

Helena. Hast du das geplant? Wusstest du das alles? Wieso hast du mich angelogen? War das nötig?

Welchen Sinn hatte es, mir zu sagen, das du mich liebst?

Ich wollte es nicht glauben, aber der Gedanke vergiftete mich und irgendwie ergab alles jetzt so viel Sinn.

Alles verschlang sich miteinander und ergab ein großes Geflecht, das einfach nur logisch schien.

Die Momente mit ihr, drängten sich mir auf, wollten dagegen ankämpfen, gegen meinen Zorn, was für eine verlorene Schlacht.
 

Wir gingen in die Halle, wo die anderen vom Suchtrupp sich versammelt hatten und Klaus schrie.

Er konnte seinen Zorn an ihnen auslassen und er war mehr als einfach nur wütend, eher vollkommen außer Kontrolle.

Irgendjemand sagte etwas und verlor dafür sogleich seinen Kopf.

„Aber sie ist jetzt ein Vampir.

Das ist nicht mehr so einfach“, sagte jemand und ich schreckte auf.

Vampir?

Wer?

Katerina?

Aber wenn sie einer war, dann hatte sie Helena ebenfalls in einen verwandelt.

Doch es schien logisch, eine gute Erklärung für das, was geschehen war und damit würden sie sich von dem Schatten der Opferung befreien können.

„Das ist mir egal!

Ihr seid älter als sie!

Also findet sie gefälligst, bringt mir sie, genauso wie ihre verlogene Schwester“, zischte Klaus wütend und ich bemühte mich nicht zusammen zu zucken.
 

Ich versuchte mir Helena als Vampir vorzustellen, doch es gelang mir kaum.

Sie wirkte so unschuldig und rein, dass ich es kaum glauben konnte, dennoch hatte auch ich sie verwandeln wollen.

Klaus las den Brief noch einmal vor, zerknüllte ihn und warf ihn zu Boden.

„Die beiden haben das geplant, seit irgendwer ihnen davon erzählt hat, haben sie das geplant.

Diese verräterischen kleinen Biester.

Sie haben uns reingelegt und seitdem sie es wussten etwas vorgespielt.“

Meine Kehle schnürte sich zu, ich wollte es nicht glauben, doch es wurde mir immer mehr bewusst.

Sie hatte mich verraten.

Das Mädchen, das ich liebte und von dem ich geglaubt hatte, dass sie mich liebte, war weggelaufen ohne sich einmal umzusehen.

„Ja, anscheinend hat dich deine Liebe blind und schwach gemacht.

Ich hatte es gewusst!

Ich hab es dir gesagt!

Sieh es ein, dieses Mädchen hat dich zum Narren gehalten!“, schleuderte Klaus mir entgegen und ich sah Helenas lächelndes Gesicht vor mir.

Wie konnte das sein?

Wie konnte ich mich so geirrt haben?

Wieso sollte sie das getan haben, sie schien doch immer so gut zu sein.
 

„Sobald ich Katerina finde, werde ich sie spüren lassen, wie töricht und dumm ihr Verhalten gewesen war.

Sie wird nie wieder so etwas wie Freude in ihrem Leben empfinden.

Anfangen werde ich mit ihrer Familie.

Ich werde jeden einzelnen davon töten und wenn ich ihre Schwester in die Hände bekomme, wird sie einen Vorgeschmack auf das bekommen, was ich mit ihr anstellen werde.

Sie wird um den Tod noch betteln“, hörte ich Klaus kalten Worte und Panik breitete sich in mir aus.

Ich sah Helenas leidendes Gesicht vor mir und wusste, dass ich es nicht ertragen konnte sie so zu sehen.

„Nein!“, sprach ich wie von selbst und Klaus wandte sich abrupt zu mir.

„Was?“, fragte er nach, als hätte er sich verhört.

Helena hatte mich verraten, wenn ich es irgendwie über mich bringen konnte sie dafür büßen zu lassen, dann würde ich es selbst tun wollen.

Nicht durch Klaus.

Sie war mein Mädchen.

„Überlass Helena mir.“
 

Ich wusste, dass er nicht nein sagen würde, es war ein altes Gesetz von uns.

Zwar hatte es niemand aufgeschrieben, doch es hatte in unserer Welt Tradition.

„Von mir aus.

Machen wir es so aus.

Wer von uns die beiden findet, überlässt die eine Schwester dem anderen für seine Rache.

Du bekommst deine an Helena und ich meine an Katerina“, schlug er vor und ich nickte zustimmend.

Wir schüttelten unsere Hände und meine Gedanken waren nur bei Helena.

„Wir machen als erstes einen Ausflug nach Bulgarien, dort werde ich ihre Familie suchen und töten.

Es ist auch gut möglich, dass die beiden dahin zurückkehren werden.“

Ich interessierte mich wenig für seine Rache, ich wollte nur Helena wiederhaben.

Sie fragen wieso?

Und dann…

Ich wusste es nicht.

Ich hatte keine Ahnung, was ich mit ihr tun sollte.

Sie einsperren?

Jeder ihrer Qualen, schienen auch meine zu sein.

„Ich werde mich darum kümmern, dass wir mit dem nächsten Schiff ablegen können“, sprach ich kalt aus und wandte mich von ihm ab.

Ich wollte die Wahrheit wissen.

Wieso, Helena?

Die gut platzierten Zweifel

Kapitel 4: Die gut platzierten Zweifel
 


 

„Vertrauen ist das Gefühl, einem Menschen sogar dann glauben zu können, wenn man weiß, dass man an seiner Stelle lügen würde.“ (Henry Louis Mencken)
 

Helenas Sicht:

Mein Kopf schmerzte und ich glaubte gestorben zu sein, bevor ich die Augen wieder aufschlug.

Auf einmal war meine Schwester neben mir und bei ihr, irgendein Mann, den ich nicht kannte.

Ich roch etwas verlockendes, etwas wunderschönes.

„Du musst das hier trinken, Helena.

Sonst stirbst du“, erklärte sie mir und hielt mir das Handgelenk des Mannes unter die Nase.

Oh nein, Blut.

Jetzt wusste ich wieder, was geschehen war.

Ich war gestorben.

Meine Schwester hatte mich umgebracht!

Sie wollte mich in einen Vampir verwandeln.

Aber es roch so gut, so verlockend, nur ein Bissen, das konnte doch nicht so schlimm sein und ich gab mich dem hin und bevor ich mich versah, trank ich das beste Mittel meines Lebens.

Alles verlor daneben seine Bedeutung und ich wusste, dass darin der Fluch bestand.
 

Nein, das durfte ich nicht!

Ich konnte mich dem nicht so hingeben.

Ich zwang mich dazu loszulassen und meine Augen brannten, als ich zu meiner Schwester sah, die mir das angetan hatte.

Nein, so durfte ich nicht denken.

Sie wollte nicht allein sein.

Ich musste verständnisvoll sein, doch es fiel mir so unendlich schwer.

Ich wischte mir mit meinen Ärmel über den Mund und konnte kaum glauben, was ich da angerichtet hatte.

Verzweifelt schüttelte ich den Kopf.

Wie hatte das alles nur geschehen können?

Ich hatte doch einen Plan gehabt, mit dem alles gut werden sollte.

„Was hast du nur getan, Katerina?“, fragte ich schockiert und auch den Vorwurf konnte ich aus meiner Stimme nicht verbannen.
 

Ich durfte nicht wütend auf sie sein, wenn ich ihr nur die Wahrheit gesagt hätte, dann wäre das alles nicht geschehen.

Dann wären wir jetzt tatsächlich frei.

„Es tut mir leid, Helena.

Aber ich musste das tun.

Ich konnte dich nicht einfach verlieren.

Erinnerst du dich?

Wir haben geschworen immer füreinander da zu sein und aufeinander aufzupassen.

Wir bleiben zusammen, das haben wir doch gesagt“, erinnerte sie mich an unser Versprechen, das uns für immer aneinander Binden sollen und die Tränen schienen in Fluten über mein Gesicht zu rollen.
 

Es tat so sehr weh.

Ich sollte bei ihr sein und doch, ich glaube es gab etwas Wichtigeres in meinem Leben als sie und das tat weh.

Nichts sollte mir wichtiger sein, als sie.

Wir waren Zwillinge.

Trotzdem stand ich auf und drehte mich um, denn mein Herz zog mich woanders hin und vielleicht sollte ich ihm endlich mal folgen.

„Wo willst du hin?“, fragte Katerina verwirrt und ich konnte hören, wie sie ebenfalls aufstand.

Wie konnte ich das hören?

Sowas sollte ich nicht können.
 

Mein Herz zog sich zusammen, wenn ich daran dachte, dass ich alles mich zu ihm zog.

Sogar die Worte meiner Schwester konnten nicht dagegen ankommen.

„Ich will zu Elijah zurück, Katerina.

Wir können doch jetzt da bleiben, wenn wir nicht mehr von nutzen sind oder er kann mit uns kommen.“

Schließlich waren wir jetzt vollkommen unnütz für Klaus und ich wollte einfach nur bei Elijah sein.

„Bist du wahnsinnig?

Klaus wird sich an uns rächen, genauso wie Elijah!“

Wieso sollte sich Elijah an mir rächen wollen, das war vollkommen unlogisch.

Ich schüttelte den Kopf.

„Das glaubte ich nicht.

Elijah liebt mich!“, rief ich laut und übertrumpfte damit jeglichen Zweifel, der in mir entstehen könnte.

Katerina wollte nur nicht, dass ich zu ihm zurück ging, weil sie mich dann teilen musste.

„Er liebt dich nicht, Helena.

Zumindest nicht so wie es sein sollte und nicht so, wie du ihn.“
 

Ungläubig wandte ich mir zu, konnte nicht glauben, was sie mir da sagte.

Was redete sie da nur?

Katerina begann zu erzählen, das was sie wusste, das was sie gehört hatte, das Elijah mich verwandeln sollte und mir einfach die Erinnerung an sie nehmen würde.

Das würde er nie tun.

Oder doch?

Würde mich meine eigene Schwester vergessen lassen?

„Verstehst du das, Helena?

Er kann dich nicht so sehr lieben, wie du ihn, sonst hätte er das nicht getan.

Er hätte dir alles erzählt und dich gefragt.

Aber das hat er nicht getan.“

Hatte er wirklich nicht.

Ich hatte mich oft gefragt, warum er mir nicht sagte, was er war.

Ich wusste es, aber ich konnte von meiner Seite nicht mit ihm darüber reden und er hatte das Thema nie angeschlagen.
 

Aber es war doch immer noch Elijah.

Er war gut, zumindest hatte er sich um mich gekümmert.

Er war ein Vampir, aber ich hatte mich trotzdem in ihn verliebt.

Unentschlossen sah ich meine Schwester in die Augen.

Würde sie mich anlügen?

Aber wir logen einander nicht an.

Wir sagten uns immer die Wahrheit.

Ich wollte allerdings, dass sie log, denn anderenfalls würde das bedeuten…

Ich fasste an mein Herz, das sich aus meiner Brust hinausziehen wollte.

Allerdings, warum sollte Katerina lügen?

Nur weil ich das getan hatte, weil ich unseren Schwur gebrochen hatte, konnte ich nicht gleich von meinen Fehlern auf ihren schließen.

Sie würde das nicht tun, sie hatte doch auch keinen Grund dazu.
 

Ich wusste nicht wie viele Tränen über meinen Wangen gelaufen waren, bis ich an Katerina vorbei lief.

Nicht Richtung Elijah.

Wieso?

Wie hatte ich mich so irren können?

War das wirklich alles eine Lüge gewesen?

Aber es ging doch nur so, entweder log Elijah oder Katerina.

Und Katerina würde nicht lügen.

Sie würde mir niemals vorsätzlich weh tun.

Außerdem hatten wir uns geschworen, uns selbst dann nicht anzulügen, wenn wir den anderen nicht weh tun wollten.
 

Ich hatte gelogen.

Um sie zu beschützen.

Es war schiefgegangen.

Die ganzen Lügen hatten keinen Sinn gehabt.

Aber nur weil ich uns verraten hatte, hieß das gar nichts.

Es bedeutete nicht, dass sie dasselbe tun würde und welchen Grund hätte sie nur dazu?

Wir liebten einander, niemals würden wir wollen, dass der andere litt oder Schmerzen hatte.

Aber das bedeutete, dass es nicht echt war, das Elijah gelogen hatte und das gab mir einen Schmerz, den ich bisher noch nie gefühlt hatte.

Mein Herz zersprang und ich konnte nur noch weinen.

Entdeckung

Kapitel 5: Entdeckung
 


 

„Wenn die Hoffnung erwacht, dann legt sich die Verzweiflung schlafen.“ (Asiatische Weisheit)
 

Elijahs Sicht:

Ich war in ihrem Zimmer und konnte förmlich spüren, wie auch sie hier war.

Ich roch ihren einzigartigen Duft und malte mir Fantasien aus, wie sie durch die Tür hinein kommen würde und verdutzt fragen würde, was ich denn in ihrem Zimmer machte.

Aber egal wie sehr es gegen den Anstand sprach, sie wäre froh, dass ich hier bei ihr wäre und würde mich umarmen.

Dann könnte ich ihr ins Ohr flüstern wie sehr ich sie liebte und sie würde es erwidern.

Lüge!

Alles war nur eine gottverdammte Lüge!

Sie war nicht hier, sie war einfach abgehauen und hatte alles zurückgelassen.

Sie war nicht mehr hier und sie würde auch nicht mehr zurückkommen, egal wie sehr ich es mir auch wünschte.

Was wäre, wenn sie es tun würde?

Wenn sie einfach wieder hier auftauchen würde?

Egal wie sehr ich mir einzureden versuchte, dass ich wütend auf sie wäre, vielleicht würde ich sie einfach nur in die Arme schließen und nie wieder gehen lassen.

Ich schaute zu der Kommode, an der sie sicher jeden Tag ein oder zweimal gesessen hatte.
 

Erinnerung

Zögernd klopfte ich an die Tür und es erklang ein „Herein“.

Sofort kam ich der Aufforderung entgegen und trat in das Zimmer von Helena ein.

Sie saß an der Kommode und kämmte sich die Haare. Sie sah so schön aus in diesem Moment, das ich es nicht beschreiben mochte, da ich Angst hatte, das Bild so zu zerstören.

Als sie aufblickte und mich durch den Spiegel entdeckte, legte sie ihre Bürste weg und drehte sich freudig zu mir um.

Ihr Gesicht erstrahlte fröhlich und das wegen mir.

„Elijah“, sagte sie glücklich und stand auf.

Ich liebte es wenn sie meinen Namen aussprach und wie sie es tat. Aus ihrem Mund klang es einfach unvergesslich.

Sie schien auf mich zuzulaufen zu wollen, stoppte dann aber und trat zögernd mit einem Fuß auf den anderen, was ich mich dazu brachte, über ihre Schüchternheit zu lächeln.

Ich hielt ihr meine Hand hin.

„Verzeih dass ich dich zu dieser Stunde störe, aber ich möchte dir gern etwas zeigen und das geht nur um diese Uhrzeit“, erklärte ich ihr und sie legte ihre kleine zierliche Hand in meine.

Ich spürte das Vertrauen das sie in mich hatte und war ihr dafür dankbar.

Ich konnte es nicht fassen dass ich so einen Engel verdient hatte.

Erinnerung Ende
 

Ich hatte ihr in dieser Nacht, die Sterne gezeigt, die man nur zu dieser Jahreszeit hatte sehen können und sie hatte mir aufmerksam und interessiert zugehört.

Bei Helena wusste ich, dass es echt war, das sie nicht nur einfach ein Mädchen war, das so tat, als würde sie es interessieren, sondern das sie es wirklich so meinte.

Aber jetzt war ich mir nicht mehr so sicher.

Welchen meinen Erinnerungen konnte ich noch Glauben schenken?

In welchen hatte sie gelogen?

Sie konnte mich nicht geliebt haben, nicht so sehr wie ich es tat zumindest, sonst wäre sie noch hier.

Ich wollte das alles nicht mehr, ich wollte das alles nicht mehr sehen.

Aber jede Kleinigkeit erinnerte mich nun an sie und egal wie weit die Handlung von der Ursprünglichkeit entfernt war, irgendwie fand ich Helena in allem was ich tat und es war wie, als würde sie mich verfolgen.
 

Ich schloss meine Augen und versuchte zu vergessen, was sie gesagt hatte, denn es schmerzte nur, wenn ich mir vor Augen führte, dass es sowieso nicht wahr war.

‚Ich liebe dich, Elijah‘, hörte ich ihre Stimme und es brachte mich um.

Ich wollte etwas umschmeißen, etwas zerstören, wie Klaus es getan hatte.

Aber ich konnte es nicht, ich konnte ihr Zimmer nicht verwüsten, wie es bei Klaus bei Katerina und vielen anderen Dingen getan hatte.

Irgendwie erinnerte mich immer alles wieder daran, wie sehr sie es liebte und schöne Erinnerungen stiegen meinen Kopf, ohne dass ich es verhindern konnte und auch nur wollte.
 

Erinnerung

„Gefällt dir überhaupt das Zimmer?“, fragte ich das nach, weil mir auffiel das ich sie das noch nicht gefragt hatte.

Eigentlich war das ja eine Standardfrage, aber wir beide hatten es nicht so mit Floskeln.

Wir unterhielten uns wirklich viel, keine Frage, aber immer über ernsthafte Themen und nicht etwas unwichtiges, was im Grunde genommen sowieso niemanden interessierte und man die Frage nur aussprach, weil es sich so gehörte.

Sie drehte sich zu mir und lächelte mich glücklich an.

„Natürlich, es ist wunderschön.

Ich mag alles daran, besonders die Fenster und der Ausblick nach draußen“, erzählte sie mir und ich erwiderte ihr Lächeln automatisch.

Alles was sie glücklich machte, das machte mich nun automatisch auch glücklich.

Es war wie verhext.

Eine eigenartige Sache.

Ich bot ihr meinen Arm an und sie harkte sich bei mir unter.

„Dann wollen wir uns mal zum Essen begeben und unsere Geschwister nicht allzu lange warten lassen“, meinte ich.

Sie hatte noch etwas auf ihr Zimmer bringen wollen, vor dem Essen, da wir den ganzen Tag draußen gewesen waren und so hatte ich sie begleitet.

Die Wahrheit war natürlich, dass ich jede Ausrede benutzte, um bei ihr sein zu können.

Erinnerung Ende
 

Dumm, dumm, dumm.

Das war eine lächerliche blöde Erinnerung, die vollkommen unwichtig und nicht wirklich bedeutungsvoll, markant oder wichtig war.

Es war einfach nur eine langweilige Erinnerung, eine von vielen.

Es gab viel schönere, wieso musste ich mich an sowas banales erinnern?

Wieso musste ich mich überhaupt an sie erinnern?

Ich öffnete meine Augen wieder, wusste nicht wann ich sie geschlossen hatten und sah aus dem Fenster, dessen Aussicht sie so genossen hatte.

Ich bemerkte etwas.

Eine Zeichnung?

Die Scheibe war leicht beschlagen, allerdings ließ es bereits wieder nach.

Aber irgendwer hatte darin was gemalt.

Ich ging näher dran, wollte wissen, was Helena da hinein gemalt hatte.

Nur noch der Rand, war übrig geblieben und dass waren… Worte!

Da war ein Fragezeichen und ein „Vertrau“.

Ich pustete gegen die Scheibe, einfach aus Neugier, doch ich entdeckte darin eine ganze Nachricht, die ich mehrmals hervorzurufen und auch lesen musste, um sie zu begreifen, verinnerlichen.
 

Erinnerst du dich an den kleinen Wald, an dem wir stehen geblieben sind und tief durchgeatmet haben, bevor wir in den Vorort von London gegangen sind?

Vertrau mir Helena und komm dorthin, sobald die Nacht anbricht.

Schleich dich hinaus, es sollten keinen Wachen mehr da sein.
 

Eine Nachricht von Katerina.

Es sollten keine Wachen mehr da sein?

Dann hatte sie diese weggelockt, sie hatte es bewusst getan.

Aber wieso schrieb sie, vertrau mir?

Hatten sie das nicht gemeinsam getan?
 

Eine Hoffnung drängte sich mir auf, die sich nicht mehr wegschieben ließ.

Konnte es sein, das Helena von nichts gewusst hatte?

Wenn sie unwissend gewesen war, bis zum Erreichen diese Nachricht, wo Katerina schon weg war, dann bedeutete das…

Sofort lief ich los, ohne irgendwen etwas zu sagen.

Auf keinen Fall wollte ich mit meinen Bruder darüber reden, der mich wieder einen Narr schimpfen würde.

Lieber würde ich selbst erfahren, was für ein Dummkopf ich war und das ich falsch lag.

Aber selbst wenn es so war, ich wusste wo die Stelle war, die Katerina beschrieben hatte und wenn ich Glück hatte, dann waren die beiden noch da.

Dann war Helen noch dort.

Zwischen den Fronten

Kapitel 6: Zwischen den Fronten
 


 

„Eine schmerzliche Wahrheit ist besser als eine Lüge.“ (Thomas Mann)
 

Helenas Sicht:

Tränen flossen über mein Gesicht und immer wieder versuchte ich sie mir wegzuwischen.

Ich hatte mein Gesicht und mein Kleid waschen wollen, um es von dem Blut zu befreien, doch jetzt hatte ich mir wohl schon so oft unter meinen Augen gerieben, dass es schmerzen würde und entzündet wäre, wenn ich noch ein Mensch gewesen wäre.

Aber das war ich nun nicht mehr.

Ich war ein Vampir, ein grausames, abstoßendes, widerwärtiges Monster, das sich von Blut ernährte, nur um weiterzuleben.

Ich nahm das kostbarste des Menschen, sein Lebenselixier, nur um selbst zu leben.

Das war einfach nur grausam und schrecklich von mir.

Ich wollte kein Vampir sein, ich wollte kein Monster sein und ich verabscheute dieses Leben, das was es aus mir machte.

Natürlich wusste ich, dass es kein Zurück mehr gab, dass es nichts war, das man einfach rückgängig machen konnte.

Trotzdem konnte ich mein bedauern nicht verbergen.
 

Doch es gab etwas, das noch erheblich viel schlimmer war, als nur das ich kein Mensch mehr war.

Der Schmerz in meinem Herzen, der so tausendfach pumpte, dass es glaubte mich zu zerstören.

Ich fühlte so viel auf einmal.

Schmerz, Enttäuschung, Hilflosigkeit, Trauer, Verwirrung, Unglaube und noch so viel mehr.

Alles in mir stand Kopf und diese Gefühle durchwühlten mein Innerstes, kämpften um die Vorherrschaft, doch alles daran wollte mich zerstören.

Ich war verzweifelt und ich wünschte mir Hilfe bei all dem.

Natürlich wusste ich, dass ich Katerina hatte, ich hatte meine Schwester, an die ich mich wenden konnte.

Aber ich wollte Elijahs Hilfe.

Doch das war etwas, das nie wieder möglich sein sollte.

Elijah war nicht hier und ich fühlte mich trotz der Anwesenheit meiner Schwester, so allein wie noch nie zuvor in meinem Leben.

Es war so schwer zu begreifen, dass er nicht mehr bei mir war.

Vor allem aber, dass all unsere Zeit eine Lüge gewesen sein sollte.

Es hatte sich doch alles so echt angefühlt, wie konnte es jetzt nur so sein?
 

„Helena?“, hörte ich Katerinas Stimme hinter mir und auch wenn mir sonst ihre Anwesenheit immer half, war das der erste Augenblick in meinem Leben, in dem ich sie nicht sehen wollte.

Noch nie war so etwas vorgekommen.

Aber ich sagte natürlich nichts, sondern schwieg und schaute in das Wasser, das durch den abnehmenden Mond leuchtete und mir mein Spiegelbild zeigte.

„Ich weiß, es ist schwer.

Ich hab Klaus auch geliebt, aber wir sind verraten worden.

Sie haben uns nun einmal nicht so geliebt, wie wir sie.

Das ist nicht unsere Schuld.

Sie sind die Monster.“

Katerinas Worte halfen nicht, nicht eine Sekunde, was eigenartig war, da sie sonst immer halfen.

Nichts wollte meine Qualen lindern, ich fühlte mich einfach so elend.

Meine Brust schmerzte mehr denn je.
 

Ich spürte, wie sich die Arme meiner Schwester um meinen Bauch legten und sie sich von hinten an mich schmiegte.

„Elijah war meine große Liebe, Katerina.

Ich weiß es.

Ich hab ihn mehr als alles andere geliebt.

Ich dachte, er ist der richtige.

Wie in den Geschichten, die erzählt werden, wo die wahre Liebe am Ende immer siegt, so fühle ich für ihn.

Er war meine wahre Liebe.

Ich werde nie wieder so für eine Person fühlen können.“

Da war ich mir sicher.

Mein Herz hatte sich so fest an ihn gekettet, dass etwas anderes gar nicht mehr möglich war und eigentlich hatte ich gedacht, dass er genauso fühlen würde, wie auch ich.

Das ich nicht allein mit meinen Gefühlen war.

„Ich weiß, ich…“

„Hast du auch so gefühlt?“, fragte ich Katerina, weil ich mir bei ihr nicht sicher war.

Klar war sie in Klaus verliebt gewesen, nichts das ich bestreiten mochte, aber sie war schon öfters verliebt gewesen und hatte immer geglaubt, er sei derjenige, der für sie bestimmt war.

Aber ich hatte immer geglaubt, dass sie nur Mika richtig geliebt hatte.
 

Wir schwiegen und sie legte ihren Kopf auf meine Schulter.

Die Nacht hatte etwas tröstliches, aber sie bewahrte uns nicht vor Schaden, man konnte sich zwar darin verstecken, doch endgültig entkommen war trotzdem keine Möglichkeit.

„Weißt du, Helena, ich glaube es gibt keinen Menschen auf der Welt, der so sehr lieben kann wie du“, antwortete sie schließlich und ich hatte das Gefühl, wenn das stimmen mochte, es meine Verdammnis war und ich nie wieder von Elijah loskommen würde.

Ich spürte, wie sie mir über die Arme strich und sich bei mir eine Gänsehaut bildete.

Die Kälte schien mir jetzt nichts mehr auszumachen.

Es gab viel Schlimmeres als Wetterumstände, dagegen war das doch ziemlich nebensächlich.

„Was machen wir jetzt?“, fragte sie und ich hatte ehrlich keine Ahnung.

Meine Pläne für die Zukunft hatten ganz anders ausgesehen, doch jetzt hatten sie sich in Schall und Rauch aufgelöst.

„Ich weiß nicht“, antwortete ich unentschlossen.

Eigentlich wollte ich am liebsten nur hier sein und sitzen und warten.

Darauf, dass Elijah kam und mich entweder tötete oder mir sagte, dass all das nur ein schrecklicher Irrtum war und er mich liebte.

Ich wusste, dass das nicht geschehen würde, aber es war ein schöner Gedanke.
 

Sie vergrub ihr Gesicht in meiner Schulter.

„Vielleicht… vielleicht ist es an der Zeit nach Hause zu fahren, zu Vater und Mutter, zu unseren Brüdern.

Wir könnten sie zumindest besuchen, wenn sie uns schon nicht wieder haben wollen“, meinte Katerina und ich dachte an Zuhause.

„Davon wird schon bald nichts mehr übrig sein, Katerina.

Klaus hat nämlich vor alle zu töten, um sich an dir zu rächen.“

Erschrocken zuckte ich durch diese bekannte Stimme zusammen und stand mit Katerina zusammen auf.

Ungläubig sah ich zu Elijah, der einfach nur ein paar Meter vor uns stand und uns voller Wut bedachte.

Nein, nicht uns.

Nur Katerina.

Verwirrt schaute ich von ihm zu Katerina.
 

Dann kam für mich der Schockmoment der Stunde, denn den größten des Tages und Jahres hatte ich bereits durch.

Elijah hielt mir auffordernd seine Hand entgegen.

„Helena“, meinte er sanft, doch ich bemerkte, wie er versuchte sich zu beherrschen.

Ich stolperte ein paar Schritte nach vorne, wollte einfach nur auf ihn zu laufen und ihn in die Arme schließen, bevor ich mich erinnerte, dass ich so nicht mehr fühlen sollte.

Deswegen blieb ich stehen, schaute zurück zu meiner Schwester und dann wieder zu Elijah.

Ich hatte das Gefühl zwischen ihnen zu stehen.

Zwischen meiner Schwester und meiner Liebe.
 

Katerina sah vollkommen entsetzt aus, als würde sich die Hölle vor uns auftun und Elijah sah so aus, als wünschte er ihr die Hölle.

„Helena, geh mit mir zurück.

Bleib bei mir“, bat mich Elijah und ich wollte bei ihm sein.

Ich trat einen Schritt auf ihn zu und blickte zu Katerina zurück, deren Gesicht schmerzverzerrt war.

Doch wenn Elijah hier war und mit mir zusammen sein wollte, bedeutete das dann nicht, dass Katerina gelogen hatte?

Aber wenn sie es nicht war…

Musste ich mich jetzt etwa entscheiden, wer von beiden log?

„Katerina?“, fragte ich hilflos und ich sah wie ihr Tränen über die Augen liefen.

Sie war meine Schwester, mein Zwilling, mein anderer Teil.

Ich musste doch zu ihr halten, ihr bedingungslos vertrauen, wie sie es bei mir tat.

„Sie hat gelogen, Helena.

Ich liebe dich“, erklärte mir Elijah und ich wollte so sehr, dass es wahr war.

Doch wenn es so wäre, dann hätte Katerina gelogen und das konnte doch nicht sein.
 

Stur schüttelte ich den Kopf.

„Nein!“, sagte ich verzweifelt. „Katerina und ich haben uns geschworen, uns niemals anzulügen.“

Das würde sie nicht tun.

Sie würde mir niemals so bewusst wehtun.

Ich sah zu Katerina, flehend, um die Wahrheit zu erfahren.

Ihr Gesicht war schmerzvoll verzogen.

Ich wusste nicht, was ich mir erhoffte.

Wie die Wirklichkeit auch aussah, sie würde mich verletzen.

„Ich hab gelogen“, offenbarte sie mir und die Realität wollte sich gar nicht bei mir festsetzen.

Fassungslos sah ich sie an, konnte es nicht glauben.
 

„Wieso?“, flüsterte ich hilflos.

Ich verstand nicht, warum sie mir so weh getan hatte, wieso sie mich mit diesen Schmerz leiden lassen wollte.

„Ich wollte dich nicht verlieren“, antwortete sie schwach und mit so leiser, zerbrechlicher Stimme, das es mich wunderte, das ich ihre Worte überhaupt hören konnte. „Du wärst gegangen und hättest ihn mir vorgezogen.“

Tränen rannten uns beide herunter und wir sahen uns schmerzvoll an.

Ich schlug die Augen nieder.

Das hätte ich getan.

Das hatte ich getan.

Ich hatte einen Mann meiner Schwester vorgezogen.

Arme schlangen sich um mich und ich drehte mich in Elijahs Umarmung und vergrub mein Gesicht in seiner Halsbeule, da ich wusste, dass ich meiner Schwester gerade nicht in die Augen blicken konnte.

Ich fühlte mich so gebrochen und schutzlos.

Ich hatte meine Schwester angelogen und das war meine Strafe gewesen.
 

„Das nennen wir dann wohl eine interessante Wendung der Ereignisse“, erklärte eine Stimme, die mir mehr denn je Angst einjagte.

Beunruhigendes Geständnis

Kapitel 7: Beunruhigendes Geständnis
 


 

„Angst haben wir alle. Der Unterschied liegt in der Frage wovor.“ (Frank Thiess)
 

Elijahs Sicht:

„Das nennen wir dann wohl eine interessante Wendung der Ereignisse“, erklärte mein Bruder, der zu uns trat.

Er warf einen kurzen Blick auf mich und Helena, bevor er sich an Katerina wandte.

Er packte sie an der Kehle.

„Du manipulatives, verräterisches Miststück“, zischte er und ich wusste, dass Katerina nie wieder glücklich werden würde.

Helena versuchte sich umzudrehen, doch ich hielt sie fest, sodass sie es nicht sehen konnte.

Klaus würde sich ab sofort nicht mehr von seiner besten Seite zeigen, auch nicht ihnen gegenüber.

„Wie…?“, fragte ich verständnislos, da ich ihn nichts davon gesagt hatte, dass ich gehen wollte.

Für mich war alles so vage gewesen und das Gespräch zwischen Katerina und Helena hatte meine Wut auf Katerina gerichtet, aber Glück zurück in mein Herz geholt.

So einfach schien es von Leid zu Glückseligkeit zu wechseln.

Aber jetzt wusste ich, dass Helena mich genauso liebte wie ich sie.

Sie hatte mich nicht verraten, sie war selbst das Opfer gewesen.
 

„Du bist auf einmal voller Eile aus der Burg gerannt ohne ein erkennbares Zeichen, dass ich dem nachgehen wollte.“

Er war misstrauisch gewesen.

Er hatte geglaubt, dass ich doch da mit drin hing.

„Dann hab ich eigentlich all das gehört, was auch du mitbekommen hast.

Ehrlich gesagt, bin ich fast schon beeindruckt.

So jung und schon so verdorben“, meinte er zu Katerina, die wie Helena vor Angst zitterte.
 

Helena wollte sich aus meinem Griff befreien, doch ich packte sie am Arm und zog sie weg von diesem Ort.

„Nein! Katerina!

Er wird sie umbringen!“, rief Helena panisch aus, als ich sie mitziehen wollte.

Ich sah zögernd von ihr zu Klaus und Katerina.

„Ich halte mich an unsere Abmachung, Elijah.

Du auch?“, fragte er nach und ich nahm Helena hoch.

Auch wenn sie sich wehrte, sie war immer noch nicht stark genug und ich trug sie mit Vampir-Geschwindigkeit weg von diesem Ort, zurück zur Burg.

Es dauerte einige Minuten, in denen Helena versuchte sich zu befreien, was ihr nicht ansatzweise gelang.

Als ich sie herunter ließ, trommelten sie mit ihren Fäusten gegen meine Brust.

„Nein, nein, nein!

Wir müssen zurück.

Er wird Katerina töten!“

Tränen rannen ihr übers Gesicht und ich wusste, dass sie ihrer Schwester irgendwann für den Schmerz, den diese ihr bereitet hatte, vergeben würde.
 

„Er wird sie nicht töten.“

Sofort hörte sie auf und sah verwundert zu mir hoch, konnte anscheinend nicht glauben was ich gesagt hatte.

Oder sie hatte bemerkt, dass meine Worte nicht beruhigend waren, sondern sogar traurig.

Es war nicht, dass ich den Tod ihrer Schwester wünschte, nicht für sie, nicht wenn es ihr so weh tun würde.

Aber es wäre das Beste für sie.

„Klaus wird sie nicht töten.

Das wäre viel zu einfach.

Sie wird sich den Tod allerdings noch wünschen.“
 

Sie weinte schon wieder und ich konnte nichts tun um ihre Schmerzen zu lindern.

Ich nahm ihr Gesicht in meine Hände und küsste sie unter ihre Augen, spürte das Salzwasser an meinen Lippen.

„Es tut mir leid.

Ich kann nichts für sie tun.

Es ist eines unserer Gesetze.“

Gerade kam mir dieses Gesetz äußerst dumm vor, aber eigentlich hatte es schon immer seinen Sinn.

Ohne dieses würde Helena vielleicht nicht bei mir sein und Klaus würde sie womöglich benutzen, nur um Katerina weh zu tun.

Er würde sie vielleicht genauso foltern, wie er es mit Katerina vor hatte.

Das würde mich umbringen.

„Was ist mit meiner Familie?

Du hast gesagt, Klaus will sie töten.“

Oh ja, Klaus Racheakt.

Vielleicht konnte ich ihn dazu überreden, jetzt da er Katerina hatte, davon abzusehen.

„Ich werde versuchen…“

Elenas Blick war zweifelnd und schmerzerfüllt.

Verdammt, Klaus!

Du schaffst es mein Mädchen trotzdem leiden zu lassen, ohne, dass du sie überhaupt anrührst.
 

Sie flüchtete sich in meine Arme und ich konnte nicht umhin, glücklich darüber zu sein, dass es so war.

Auf der anderen Seite, dachte ich an ihr Leid und wollte, dass es aufhörte.

Doch ich hatte keine Möglichkeit ihre Schwester aus dieser Situation wieder zu befreien.

„Es ist alles meine Schuld.

Bitte verzeih mir.“

„Es ist nicht deine Schuld.

Es gibt nichts zu verzeihen.

Du hast nichts getan“, redete ich ihr ihre unnötigen Schuldgefühle aus.

Sie sollte sich doch nicht noch schlechter fühlen, als sowieso schon.

„Ich hätte es ihr sagen müssen.“

Was?

Ich sah Helena an, aber sie schien vollkommen in Trance zu sein.

„Was hättest du ihr sagen müssen?“, fragte ich, doch sie schien mich gar nicht zu hören.

Nicht einmal wirklich wahrzunehmen.

„Wenn ich ihr gesagt hätte, dass alles gut werden würde, vielleicht wäre es dann anders gewesen.

Ich hab sie angelogen und das ist jetzt die Strafe.

Ich hab meine Schwester dazu verdammt unglücklich zu sein.“
 

Ich packte sie an den Schultern und schüttelte sie leicht.

Nicht so, dass es sie verletzte, aber dennoch aufmerksam machte.

Aber ich hatte vergessen, dass sie jetzt kein Mensch mehr war und deswegen schien es nicht genug zu sein, um sie aus ihrer Trance wieder aufzuwecken.

„Sprich mit mir, Helena!

Sag mir, wo du sie angelogen hast!“, rief ich sie an und ihr geschockter Blick wanderte zu mir.

Ich dachte, dass ich zu hart mit ihr gewesen war, aber zumindest redete sie jetzt mit mir.

„Ich hab alles gewusst.

Ich hab es von Anfang an gewusst.“

Wie bitte?

Dachte ich gerade wirklich in die richtige Richtung oder irrte ich mich.

Konnte es sein… das…?
 

„Ich wusste, was passieren würde.

Ich hätte es ihr sagen müssen, doch Mikael hat gesagt, dass ich es nicht dürfte.“

Schock breitete sich in mir aus und eine Angst packte mich, das Gefühl verloren zu sein, wenn nicht schnell etwas geschah.

Ich nahm Helenas Gesicht in meine Hände und zwang sie mir in die Augen zu sehen.

Ich manipulierte sie nicht, doch es war wichtig, dass sie mir jetzt schnell und präzise antwortete.

„Helena, bitte!

Das ist jetzt verdammt wichtig!

Was. Weißt. Du. Über. Mikael?!“, fragte und forderte ich sie auf zusprechen.

Verständnislos sah sie mich an, doch dann schien sie auf einmal aus ihrem Zustand zu erwachen, als übertrug sich meine Panik auf sie.

„Er war auf diesem Schiff.

Er erzählte mir eine Geschichte über die Entstehung von Vampiren.

Dann von Klaus und was passieren würde.

Ich glaubte es nicht, aber sobald wir nach London kamen, schien sich alles nach und nach zu bewahrheiten.

Klaus fand uns und ich wusste es.

Ich wusste, dass du ein Vampir warst und konnte mich dennoch nicht wehren.

Ich hab mich in dich verliebt, obwohl ich alles gewusst habe!“
 

Sie klang so verzweifelt und hilflos.

Sie machte sich Vorwürfe und wenn ich an Mikael dachte, dann konnte ich erahnen, wie die Geschichte aussah, die er ihr von uns erzählt hatte.

Eine wirkliche Zwickmühle.

„Ganz ruhig, Helena.

Ich liebe dich ebenso.

Aber bitte, sag mir was Mikael vorhat.

Er hat dir das doch sicher nicht alles ohne Grund erzählt.

Was hatte er vor?“

Mikael hatte immer Pläne, aber es war erstaunlich, nein, beängstigend wie tief unsere Umgebung darin verstrickt war.

Er hatte Helena und somit auch Katerina manipuliert, sie geschickt in die Höhle des Löwen geworfen, mit den richtigen Informationen hineingeschmuggelt.

„Der Mondstein.

Er hatte ihn und jetzt hat ihn Katerina.

Sie hat ihn gestohlen, er war wichtig, für das Ritual.“

„Warte, Helena!

Zurück!

Mikael hatte den Mondstein?“, fragte ich nach.

Wir hatten solange danach gesucht.

Waren Gerüchten auf der Spur gewesen und hatten ihn letztendlich von den Werwölfen gewinnen können.

Wie konnte Mikael dort hinein passen?
 

Helena aber nickte schnell.

„Er hatte ihn.

Er wollte ihn den Werwölfen geben und hat gesagt, dass ihr irgendwelchen Gerüchten folgen würdet, die euch den Aufenthalt verraten würden.“

Oh mein Gott.

Mikael hatte die Gerüchte gestreut.

Wir waren die ganze Zeit seiner Spur gefolgt.

Er hatte alles geplant, von vorn bis hinten.

„Welche Rolle spielst du darin?

Was wollte er das du tust, Helena?“, fragte ich sie.

Ihre Augen spiegelten meinen Schock wider oder hatte sie ihre eigenen Befürchtungen?

„Er wollte Klaus herauslocken.

Ich sollte ihm den Standpunkt des Rituals geben, damit er Klaus mit irgendeiner Waffe töten konnte.

Einen Pfahl glaub ich, er war weiß.“

Die Weißeiche.

Er hatte eine Möglichkeit uns zu töten.

Er war hier und er wollte Klaus töten.

Eine weitere Lüge

Kapitel 8: Eine weitere Lüge
 


 

„Wenn wir durch eigene Hand oder durch die Hände anderer verwundet sind, sollte uns Liebe heilen – was hätte Liebe sonst überhaupt für einen Sinn?“ (Oscar Wilde)
 

Helenas Sicht:

Elijah hatte mich zu meinem Zimmer gebracht und wollte das ich dort blieb, aber bei dem ersten Geräusch war ich aufgesprungen und zum Eingang der Burg gerannt, nur um festzustellen, dass dort nichts war.

Aber ich war nicht mehr zurückgegangen, sondern wartete nun einfach hier oben auf der Treppe.

Ich hatte Angst, was passieren würde.

Was würde Elijah jetzt tun?

Eigentlich hatte ich keine Ahnung, wozu er in der Lage war.

Was würde Klaus jetzt tun?

Würde er wütend auf mich sein?

Würde er es zeigen oder es an meiner Schwester auslassen?

Was würde Mikael jetzt tun?

Ich nahm an, dass der Deal geplatzt war, wer oder was auch immer dafür verantwortlich, dass er nicht vollzogen werden konnte.

Sicher war er wütend deswegen.
 

Alles war auf einmal so unberechenbar und ich war mir der Gefahr auf einmal so deutlich bewusst.

Die Tür, oder auch das Tor, ging unten auf und endlich trat Elijah hindurch.

Aber auch Klaus und hinter ihnen Katerina, die zerstört aussah.

Nicht äußerlich, aber sobald ich ihr ins Gesicht sah, wusste ich, das, was immer jetzt bereits passiert war, es etwas war, dass sie nie mehr loslassen würde.

Klaus sah zu mir hoch und etwas schien meine Kehle zu ersticken, dabei war sein Blick nicht einmal bösartig, wie ich es geglaubt hatte.

Kaum eine Sekunde später stand er direkt vor mir.

„Wie würdest du mit Mikael in Kontakt treten?“, fragte er eindringlich.

„Ein Brief unter einem Stein bei den Felsen auf einem Feld nicht weit nördlich von hier“, antwortete ich schnell und ohne zu zögern, dass es mich selbst verwirrte, weswegen ich die Stirn runzelte.

Hatte er mich manipuliert?

Urvampire konnten normale Vampire manipulieren, soweit ich das wusste.
 

„Wir müssen hier verschwinden.“

„Wir brauchen ein Ablenkungsmanöver.“

„Darauf wird er niemals hereinfallen.“

„Was haben wir für eine Wahl? Wir müssen fliehen!“

„Einfach so? Er wird uns sogleich wieder folgen.“
 

Klaus und Elijah sprachen so schnell, aber merkwürdiger Weise konnte ich die Fetzen tatsächlich aufschnappen und verstehen.

„Ich hab eine Idee“, schoss es aus mir heraus und sofort drehten sich ihre Köpfe zu mir.

Klaus fixierte mich mit seinen Blick, sodass ich mich automatisch wieder unwohl fühlte.

„Nur, wenn du meine Schwester freilässt.“

Klaus Augen verengten sich, aber bevor er auf mich zuschreiten konnte, hielt Elijah ihn am Arm fest.

Trotzdem knurrte mich Klaus an.

„Kleines, dir sollte bewusst sein, dass ich dich einfach zu allem zwingen kann.

Also sag es!“, befahl er mir und die Angst schien mich vollkommen zu lähmen.

Dennoch wollte ich auf keinen Fall so etwas sagen.
 

Wütend wollte Klaus wieder auf mich zutreten, doch dann stand Elijah auf einmal zwischen uns und legte seine Hand auf die Schulter von Klaus.

„Bruder!

Beruhig dich!“, bat er ihn und man konnte den Kampf in Klaus Augen beobachten, der hin- und herfocht.

Er sah zur Seite und schien zu überlegen.

„Wenn, was auch immer du sagst, nützlich ist, dann werde ich deine Schwester dennoch nicht freilassen.

Aber du kannst sie sehen und mit ihr reden, von mir aus jeden Tag“, gestand er mir nach einem weiteren Blick von Elijah zu.

Keine Freilassung.

Ich zögerte und diesmal schaute Elijah zu mir und sein Blick sagte mir, dass es meine einzige Option war.

Ich blickte zu meiner Schwester, die dort unten immer noch stand, wie ein Puppe, so verloren, als konnte sie sich nur bewegen, wenn man ihr befehle erteilte.
 

Ohne zu Klaus oder Elijah zu sehen, sagte ich: „Der Deal mit Mikael sagte aus, dass ich deinen Standpunkt verraten sollte, wenn du allein oder so gut wie unterwegs bist.

Im Gegenzug wollte er alle, die ich liebe, beschützen.

Meine Familie, meine Schwester, Elijah.“

Ich wandte meinen Blick von meiner Schwester ab und sah ernst zu Klaus, der mich aufmerksam beobachtete.

„Ich könnte einen Brief schreiben und ihn dort hinterlassen, dass du nach Bulgarien willst, um dort meine Familie zu töten, als Rache.

Du müsstest es nur so aussehen lassen, dass es wahr ist.“

Elijah und Klaus teilten sich einen Blick und ich wusste, dass es eine gute Idee war.

„Mikael sagte, er vertraut mir und er weiß, wie wichtig mir meine Familie ist.“

Ich würde schon wieder lügen, nur um die Lage meiner Schwester ein wenig zu verbessern.
 

Klaus gab mir einen feurigen Blick, dass er dieses Vertrauen nicht in mich hatte.

„Ich will diesen Brief lesen“, sagte er, bevor er sich an Elijah wandte. „Positionier die Wachen neu. Es muss so aussehen, als würde Helena rausschleichen.

Such nach dem nächsten Schiff, das nach Bulgarien fährt und pack die Dinge ein, die ich mitnehmen würde.“

Dann verschwand Klaus und als ich nach unten guckte, bemerkte ich auch, dass Katerina ebenso verschwunden war.

Elijah nahm meine Hand und sobald ich sie spürte, überkam mich das Gefühl von Sicherheit wieder.

Erneut vergrub ich mich in seiner Umarmung, wusste nicht wie oft an diesem Tag es schon geschah.

„Das war eine gute Idee, Helena“, bestätigte er mich und dennoch war für mich alles noch so ungewiss.
 

Ich fürchtete mich vor Ungewissheit, spätestens nachdem unser Vater Katerina und mich verbannt hatte.

Meine Zukunft lag vielleicht einigermaßen in gesicherte Bahnen, aber meine Schwester schien verdammt zu sein, egal was ich auch tat.

Sie hatte mich verletzt, aber einen Augenblick später packte mich bereits die Angst, dass ich sie für immer verloren hatte.

Wie schlimm es auch war, was sie getan hatte, was sie hatte tun wollen, sie war meine Schwester, mein Zwilling und ich würde mich immer um sie sorgen.
 

Elijah begleitete mich auf mein Zimmer, wo ich den Brief verfasste, was mir nicht wirklich schwer fiel.

Meine Panik war einfach viel zu real, als dass ich sie verbergen konnte.

Ich reichte ihn Elijah, damit er ihn zu Klaus bringen konnte, bevor ich ihn versiegeln würde, doch er legte ihn erst einmal nur zur Seite.

Er saß neben mir, nahm meine Hände und hielt sie sicher in seinen.

„Helena, bitte sieh mich an“, bat er mich und ich schaute zu ihm.

In seine braunen Augen, die mich voller Liebe ansahen und wodurch ich wusste, dass ich nicht allein war.

Aus diesem Grund konnte ich Zuversicht, selbst in einer solchen Situation spüren.
 

Er strich eine Strähne aus meinem Gesicht und ich sah ihn ruhig an.

„Ich weiß, es ist gerade schwer und vielleicht nicht passend, aber ich bin froh, dass du wieder hier bei mir bist.

Ich dachte für einen Moment, dich für immer verloren zu haben.“

Das hatte ich auch gedacht und wusste von dem Schmerz, den er zu der Zeit verspürt haben musste.

Er war zu gewaltig, um ihn jemand zu beschreiben.

„Nur für den Fall.

Ich liebe dich, Helena und ich bitte dich, das nie wieder zu vergessen oder etwas anderes zu glauben.

Selbst wenn es von einer Person kommen würde, die so aussieht wie ich“, fügte er hinzu und ich konnte nicht anders als leicht deswegen zu kichern, wie ernst alles auch gerade war.

„Ich hab an deiner Liebe gezweifelt, wie du auch und ich bitte dich, dass wir das nie wieder tun.“
 

Ich nickte sogleich, erinnerte mich daran, dass Katerina und ich uns versprochen hatten, uns nie anzulügen.

Aber ich durfte nicht so denken.

Ich musste Vertrauen haben und durfte nicht mehr zweifeln.

Es tat zu sehr weh und machte mich schlussendlich kaputt.

„Ich verspreche es“, antwortete ich ihm aus tiefstem Herzen und er drückte einen Kuss auf meine Hände. „Ich verspreche es“, erwiderte er.

Ich hatte keine Ahnung, wie lange wir hier beide noch saßen, aber ich hatte das Gefühl, das die Wunden meines Herzens, allein durch seine Anwesenheit wieder zu heilen begannen.

Unmöglich

Kapitel 9: Unmöglich
 


 

„Menschen die oft verletzt wurden, sind gefährlich, denn sie wissen wie man überlebt.“ (Autor unbekannt)
 

Klaus Sicht:

Ein Bote wurde geschickt, um unsere Schwester und unseren Bruder zu warnen, dass die Lage mit Mikael mal wieder äußerst ernst war.

Die Flucht würde also weitergehen, genau das, was ich versucht hatte loszuwerden.

Nur wenige Sachen wurden verpackt, sodass es nicht auffiel, wenn wir verschwinden würden.

Ich segnete Helenas Brief ab und beobachtete skeptisch, wie sie nach draußen verschwand.

Elijah vertraute ihr, ich nicht, aber dennoch musste ich auf Grund, unserer Gesetzte, seine Entscheidung respektieren.

Wir durften auch keine Wachen mitschicken, da es sonst auffallen würde.

Elijah machte sich Sorgen, allerdings aus anderen Gründen als ich.

Er hatte wohl Angst, dass Mikael seiner Freundin schaden würde und wenn man es recht bedachte, war diese Furcht nicht einmal ganz unbegründet.

Es war tatsächlich wahrscheinlich, denn sicher ärgerte er sich auch darüber, dass er mich bei der Opferung nicht hatte töten können und dass so sein Plan ins Wasser gefallen war.
 

Allerdings kam Helena unbeschadet wieder und wurde sogleich von Elijah in die Arme geschlossen, der sie jetzt mehr denn je behütete.

Ohne auf die üblichen Richtlinien dieser Zeit zu achten, zeigte er nun offen seine Zuneigung.

„Ich weiß nicht, ob er überhaupt noch da ist und den Brief abholt“, erzählte sie Elijah, aber das war wohl eine der unwahrscheinlichsten Möglichkeiten, was passieren konnte.

Die Chance auf meinen Tod würde er sich sicherlich nicht entgehen lassen.

„Das wird er auf jedenfall.

Er wird nicht ohne die Chance verschwinden, mich zu töten.

Wir können uns dem also gewiss sein.“

Ich wandte mich von Helena wieder ab und drehte mich zu meinem Bruder Elijah.

„Du weißt was zu tun ist.

Wir müssen schnell handeln, um ihn zu entkommen.“

Mein älterer Bruder nickte mir zu.

„Wie immer Bruder.

Eine ewige Flucht.“
 

Das war in der Tat ein nicht wegzuwischender Bestandteil unserer Ewigkeit.

Schon seit fünfhundert Jahren waren wir vor unserem Vater auf der Flucht und er ließ uns keine Ruhe.

Auch wenn er vielleicht nur meinen Tod wollte, so verfolgte er auch meine Geschwister wie Tiere.

Wie fühlten uns oft, wie bei einer Treibjagd, nur das wir die Tiere waren, die dabei gejagt wurden.

Ich ging in mein Zimmer und packte ein paar Dinge zusammen, die ich bei mir haben wollte.

Den Mondstein, wie nutzlos er ab jetzt auch sein würde.

Meine Zeichenmappe, die ich aufblätterte.

Gesichter meiner Familie blickten mir entgegen, aber eigentlich noch viel öfter, ein anderes Gesicht.

Nein, eigentlich war es nicht nur eines, auch wenn es sich natürlich in den äußeren Details ähnelte, nur der Ausdruck war anders.
 

Auf manchen Bildern war Tatia, meine geliebte Tatia, deren Liebe ich mir immer gewünscht hatte.

Auf anderen Bildern war Katerina, wie sie lachte und fröhlich war.

Ich hatte ihren Geschichten gelauscht und erst jetzt herausgefunden, was für eine gute Schauspielerin sie doch gewesen war.

Auf einigen Bildern war Helena.

Auch wenn sie die Freundin meines Bruders war, so kam ich doch nicht umhin zu sehen, wer sie war.

Irgendwie hatte sie Ähnlichkeit mit Tatia, in ihrer Sanftheit und dann war sie wieder ganz anders, ruhiger, belesener und auch stärker, obwohl nicht unbedingt selbstbewusster.

Jede von ihnen war offensichtlich schön, aber nun erkannte ich die Wahrheit.

Tatia hatte zu mir gehört, doch sie wurde mir entrissen.

Helena gehörte zu Elijah, dessen Auseinanderreißen gerade noch verhindert werden konnte.

Katerina war einfach eine Verräterin, eine Illusion, eine Manipulatorin in dem ganzen.
 

Ich steckte die Mappe, so wie andere Kleinigkeiten weg, würde sie mit mir nehmen.

Vorher aber würde ich noch einen Besuch bei meiner neuen Spielgefährtin machen.

Katerina hatte ich in ein neues Zimmer gebracht, näher an meinem, weiter weg von Helenas und bewacht durch Vampire, die älter waren.

Sie würde nicht weglaufen, dazu hatte ich sie manipuliert, aber ich wollte auch nicht, dass sie von irgendjemand befreit wurde.

Auch wenn Elijah sich an die Regeln hielt, hieß das nicht, dass es auch Helena tat.

Sie war gerade erst ein Vampir geworden und außerdem waren die beiden Zwillingsschwestern.

Selbst jetzt, wo Helena sauer auf sie war, so war ihr Band dennoch immer noch sehr stark und ich würde keine der beiden mehr unterschätzen.

Beide hatten gezeigt, dass mehr in ihnen steckte, als man vermuten mochte.

Katerina hatte eine Intrige gesponnen, in kürzester Zeit, wo allein sie die Gewinneren gewesen wäre und Helena hatte das Vertrauen unseres mächtigsten Feindes bekommen und hätte für meinen Tod gesorgt, wenn ich Katerina hatte opfern wollen.

Keine von ihnen war wirklich schwach oder wehrlos.

Ihre Geheimnisse waren tödlich, deswegen würde ich ihnen weder vertrauen, noch sie noch einmal unterschätzen.
 

Allerdings genoss Helena Elijahs Vertrauen und da konnte ich mich nur wenig einmischen.

War zu hoffen, dass das nicht schief ging, aber zumindest konnte ich mir ihrer Liebe zu meinem Bruder gewiss sein.

Wenn sie ihn nicht schaden würde, dann konnte sie mir auch wenig anhaben.

Zumindest hoffte ich, dass ich damit tatsächlich richtig lag, aber in dem Fall konnte ich nichts anderes tun, als abzuwarten.
 

Ich öffnete die Tür zu Katerinas Zimmer, die weinend an ihrem Fenster sah, wahrscheinlich ihrer Freiheit hinterher trauerte.

Sie wusste dass ich da war, dennoch sah sie nicht zu mir.

In Vampir-Geschwindigkeit stand ich vor ihr, nahm ihr Kinn zwischen meinen Fingern und zwang sie mich anzusehen.

Angst spiegelte sich in ihren Augen wider und sie tat gut darin, dieses Gefühl zu haben.

„Du hast die Erlaubnis die Burg zu verlassen, wenn Elijah kommt und sagt es ist Zeit dafür.

Du wirst mit niemanden aus ihm und deiner Schwester sprechen.

Diese wirst du nicht versuchen zu beeinflussen und du wirst jeglichen Fluchtversuch unterlassen“, manipulierte ich sie, damit sie die Möglichkeit hatte, die Burg zu verlassen.

Sonst würde ich es den anderen nur unnötig schwer machen.
 

Katerina sah mir Traurig entgegen, doch ihre Gefühlswelt kümmerte mich nicht mehr annähernd.

Jeglicher Sympathie, die ich ihr gegenüber vielleicht gehegt hatte, war mit ihrem Verrat verschwunden und meine Verachtung ihr gegenüber wuchs, als ich herausfand zu was sie fähig war.

Das einzige was sie auf dieser Welt noch verdiente, war Bestrafung.

Durch sie würde ich ewig mit meinen Fluch leben müssen, der mich gefangen hielt und mir verdeutlichte, wie sehr mich meine Mutter verachtet hatte, so sehr, dass sie mich mit diesen Bann vor allen leugnete.

Ein ewiger Beweis, der mir so vor Augen gehalten wurde und ich hatte keine Möglichkeit mehr ihn loszuwerden.

Ohne einen weiteren Blick auf Katerina zu werfen, verließ ich den Raum und bald auch die Burg.

Nun war es an der Zeit Mikael wegzulocken, nur um dann in eine andere Richtung davon zu laufen.

Ich hasste das, diese ständige Flucht.

Auch von dieser hätte ich mich befreien können, doch nun war dies unmöglich.

Jetzt war ich dazu endgültig verdammt für immer mit meinen Geschwistern vor dem Monster zu fliehen, das sich unser Vater schimpfte.

Hunger

Kapitel 10: Hunger
 


 

„Versuchung ist ein Parfum, das man so lange riecht, bis man die Flasche haben möchte.“ (Jean-Paul Belmondo)
 

Helenas Sicht:

Ich hatte einen Umhang an, der mein Gesicht verdeckte.

Es war Tag, nicht Nacht, als wir flohen.

Nur zwei weitere Vampire begleiteten uns und wo Klaus war wusste ich nicht, schon vor Stunden war er verschwunden.

Wir alle gingen einzeln.

Nunja… bis auf Katerina, die von einen der Vampire geführt wurde.

Sie hatte etwas bekommen, das sie vor der Sonne schützte, einen Lapislazuli-Stein, wie ich ihn schon vor einer Weile von Elijah bekommen hatte.

Solange hatte er also schon vorgehabt mich zu verwandeln, das ich bei ihm blieb, für immer.

Sonst gingen wir aber mit Abstand voneinander auf das Schiff, zwischen uns immer viele Leute, sodass wir zusammen nicht auffielen.

Dennoch konnte ich Elijahs Blick auf mir spüren und irgendwie schaffte er es so, mich zu beruhigen und gleichzeitig nervös zu machen.

„Miss?

Miss, ihre Ticket, bitte!“, sagte jemand und ein wenig erschrocken blickte ich auf, obwohl mein Herz nicht wie sonst schnell schlug.
 

Fragend sah er mich an, doch mein Blick wanderte nur von seinen Augen, zu seinem Hals.

Irgendwie konnte ich das Blut durch seine Adern pulsieren sehen.

Ich wusste genau, wo ich ihn beißen musste.

Oh Gott!

Ich wollte ihn beißen, ihn töten und das Blut aussaugen.

Schnell schüttelte ich den Kopf, kniff meine Augen zusammen und reichte ihm das Schiffsticket, das ich von Elijah bekommen hatte.

Ich versuchte zu schlucken, das brennende Gefühl in meiner Kehle zu ignorieren, doch es war so verdammt stark.

Es wollte mich überwältigen.

„Miss?“, fragte er wieder und ein wenig geschockt von mir selbst, sah ich ihm in die Augen.

„Ich wünsche ihnen eine angenehme Überfahrt“, sagte er mir und schnell nickte ich, versuchte so eilig wie möglich von ihm wegzukommen, hoch aufs Schiff.
 

Sofort lief ich nach hinten, wo weniger Menschen waren und lehnte mich übers Geländer, atmete tief ein und aus.

„Miss, geht es ihnen gut?“, fragte wieder jemand und abrupt drehte ich mich zu ihm um.

So schnell, das ich selbst davon überrascht war, das ich zu so etwas in der Lage war.

Mir war schwindelig und ich hatte Hunger, auf einmal war es mir mehr denn je bewusst und hypnotisiert sah ich ihn an.

„Miss, kann ihnen jemand helfen?

Sind sie allein unterwegs?“, fragte er weiter besorgt nach, doch ich sah einzig allein auf seine Kehle.

Ich ging einen Schritt auf ihn zu, vielleicht auch zwei, so genau wusste ich das nicht.

Ich wusste nur, dass ich das haben wollte, was er hatte.

Das was in ihm war.

„Ich… ich…“

Ich musste ihn erreichen, ihn beißen, ihn leer trinken, damit ich mich endlich besser fühlen konnte.
 

„Helena, Liebste“, hörte ich eine Stimme und sofort horchte ich auf.

Elijah kam auf mich zu und nahm meine Hand, küsste sie sanft, bevor er sich an den Mann wandte, den ich eben noch austrinken wollte.

Oh mein Gott, ich hatte ihn töten wollen.

Was war nur los mit mir?

„Vielen Dank, das sie sich um meine Frau gekümmert haben.

Sie hat Angst vor Schifffahrten und verfällt bereits in Panik bevor das Schiff überhaupt abgelegt hat.“

Der Mann nickte verstehend und sah mich zögerlich an.

Beschämt sah sich zu Boden, dachte daran, was ich diesem armen unschuldigen Mann eben noch antun wollte.
 

Ich konnte hören wie er wegging und Elijah nahm meine beiden Hände in seine.

Vorsichtig sag ich ihn an, immer noch voller Scham, für das was ich tun wollte, es war einfach schrecklich.

„Es tut mir leid.

Es brannte so sehr in meinem Hals und dann wusste ich nicht mehr was ich tat.

Ich… ich…“

Ich spürte Elijahs Hand auf meiner Wange, zärtlich streichelte er mich und ich sah zu ihn, in seine Augen und fühlte mich seltsam ruhig.

„Ist schon gut, Helena.

Ich versteh das und ich bin dir nicht böse.

Es war mein Fehler, ich hätte wissen müssen, dass du noch keine Zeit hattest, um deinen Durst zu kontrollieren.

Es war unüberlegt von mir, dich allein unter Menschen zu schicken, ohne jemand der dich aufhält“, erklärte er mir. „Aber es ist nichts passiert.

Niemand wurde verletzt oder hat etwas bemerkt.“
 

Seine Stimme beruhigte mich und ich konnte mich an ihn lehnen, so ging es mir besser.

„Komm mit, Helena.

Ich zeig dir wie man etwas trinken kann, ohne jemand zu verletzten.“

Wir suchten einen Menschen, einen Küchenjungen und Elijah zeigte mir, wie man ihn manipulierte und wir brachten ihn in einen abgelegenen Lagerraum, wo uns niemand bemerken würde.

Es fiel mir schwer von ihm zu trinken, es tun zu wollen, aber nachdem er eine Weile vor mir stand, konnte ich gar nicht anders.

Mein Durst überwältigte mich und ich bis ihm in seine Kehle.

Elijah sprach mir zu, das ich darauf hören sollte, wann mein Verlangen besänftigt war, zumindest oberflächlich.

Dann sollte ich auf den Herzschlag des Menschen hören, damit ich bemerkte, dass ich ihm nicht zu viel Blut wegtrank, ich ihm nicht mehr abverlangte, als er aushielt.

Es war so schwer, ich wollte es nicht, aber ich erinnerte mich daran, dass ich niemanden töten wollte, deswegen zwang ich mich, ihn wieder loszulassen.

Wieder manipulierte ich ihn und er verschwand dann.
 

Ich warf mich in Elijahs Arme und weinte.

Ich war froh, dass ich dazu noch im Stande war, aber diesmal weinte ich vor allem aus Schuld und aus der Trauer, die daraus resultierte.

Es fiel mir so schwer.

Es war schrecklich jetzt dieses Monster zu sein, auch wenn es mir die einzige Möglichkeit gab, mit Elijah zusammen zu sein.

Dennoch es tat so weh.

Ich wollte keinen Menschen verletzten, ihn töten und auch verabscheute ich es überhaupt zu wollen, dieses Verlangen in mir zu haben.
 

Elijah führte mich zu einer Kabine, die besser aussah, als die in der ich das letzte mal zusammen mit Katerina gewohnt hatte.

Ich fragte mich wo meine Schwester war.

Man hielt uns voneinander getrennt.

Klaus wollte das so, das hatte mir Elijah gesagt.

Ich dürfte sie nur mit Absegnung von Klaus zu ihr, aber er war nicht da, um mir jetzt eine Genehmigung zu verschaffen.

Ich fragte mich, wie es meiner Schwester ging.

Ich wollte dass es ihr gut ging, auch wenn sie mir Schmerzen zugefügt hatte, indem sie mich belogen hatte.

Aber vielleicht war das die Strafe dafür, dass ich ebenfalls unehrlich gewesen war.

Vielleicht hatte ich das verdient.

Wie, das ich jetzt ein Monster war.

Dennoch tat es weh, wenn ich daran dachte, das sie mich eine Ewigkeit hätte aushalten lassen, ohne Elijah an meiner Seite.

Sie hatte mich meiner Liebe berauben wollen.

Es fiel mir so schwer, ihr das zu verzeihen.
 

Verwundert blickte ich auf, als ich etwas an meinen Händen spürte.

Elijah hatte sie wieder umfasst.

Er kniete vor mir und sah mich leiderfüllt an.

„Bitte, Liebste.

Bitte, quäl dich selbst nicht so“, bat er mich eindringlich und es tat mir leid, dass ich ihn mit meinem Verhalten weh tat.

Sah ich so verloren aus, auf diesen Stuhl?

Es war nicht fair von mir, ihm solche Sorgen zu bereiten, wo er doch sicher schon welche, wegen seinem Bruder hegte, auf den wir warteten.

Er musste da sein, bevor das Schiff ablegte und am besten auch noch ohne Mikael.

„Ich… ich versuche es“, stotterte ich etwas unbeholfen vor mich hin und versuchte wirklich nicht wieder in Trübsal zu versinken.

Elijah küsste mich auf die Lippen und ich ließ mich in meinen Gefühlen für ihn versinken.

Kaputt

Kapitel 11: Kaputt
 


 

„Der Körper ist das Grab der Seele.“ (Platon)
 

Katerinas Sicht:

Ich hörte wie sich die Tür zu meiner Kammer bewegte, sie knarrte ganz leicht und verkündete für mich immer Unheil.

Meist war es Klaus und der Gedanke daran, versetzte mich in Panik.

Eine nicht ganz so schlimme Möglichkeit, nein sogar eine angenehme, war wenn jemand mit etwas zu Essen vorbei kam.

Blut.

Das kam nicht oft vor, nicht wirklich regelmäßig.

Zumindest war es nicht genug, um das Brennen in meiner Kehle ausreichend zu befriedigend.

Vorsichtig schielte ich zur Tür, hoffte dass ein Wachmann war.

Da standen immer zwei Wächter vor der Tür, natürlich wechselten diese sich ab, aber es waren immer zwei.

Dabei konnte ich gar nicht weglaufen, Klaus hatte gesagt, dass ich das nicht durfte.

Ich tat es nicht.
 

Hinein ins Zimmer kam allerdings, ich.

Das war ich.

Mein Spiegelbild kam hinein.

„Katerina?“, fragte eine sanfte Stimme.

Das war meine Stimme!

Ich hatte diese Stimme, sie klang genauso wie meine, nur noch viel melodischer, feiner, rücksichtsvoller, vorsichtiger.

Ich blinzelte sie verwirrt an, denn ich hatte das Gefühl sie kennen zu müssen.

Doch dann fiel es mir ein.

Natürlich kannte ich dieses Mädchen.

Sie kam jeden Tag vorbei und blickte mich traurig an.

Ihr Name war… „Helena, schön das du da bist!“, meinte ich vergnügt, denn ihr Auftauchen war immer etwas Gutes.
 

Helena war sehr lieb zu mir, freundlich und höflich.

Sie war ganz anders als Klaus.

Sie war nett und mitfühlend.

Helena setzte sich zu mir, mir gegenüber und reichte mir etwas.

Es roch so gut.

„Ich hab dir etwas mitgebracht“, meinte sie und reichte mir einen Krug, der so verführerisch war.

Blut.

Gierig trank ich es leer, so schnell ich konnte und konnte spüren, wie es durch meinen Körper lief, meine Knochen in jeder Einzelheit durch drang.

Mein Kopf klärte sich.

„Du bist meine Schwester.

Wir sind Zwillinge!“, erkannte ich und Helenas Gesicht erstrahlte förmlich, als ich das sagte.

„Ja, das sind wir.

Ich bin deine jüngere Zwillingsschwester“, bestätigte sie mir.

„Deswegen sehen wir auch gleich aus.

Aber wir sind sehr verschieden“, fiel es mir wieder ein.
 

Helena und ich waren ganz und gar nicht gleich, zumindest nicht vom Charakter her.

Jetzt wusste ich es wieder, mir fiel alles wieder ein und stürmisch ergriff ich die Hände meiner Schwester.

„Helena, du bist hier!

Ich erinnere mich, ich weiß es wieder“, sagte ich ihr und sie lächelte mich an, doch es begleitete sie wieder traurig und ich wusste ganz genau wieso.

Ich würde es schon bald wieder vergessen.

Ich vergaß immer alles.

Klaus quälte mich und mein Gehirn wollte das anscheinend verdrängen, irgendwie überwinden und so wusste ich eigentlich gar nichts mehr.

Ich erkannte niemand mehr und erinnerte mich selten an etwas.

„Hast du Elijah gebeten, dir den Schmerz wegen mir zu nehmen, damit du nicht immer an mich denken musst?“, fragte ich besorgt, denn das hatte ich unbedingt gewollt.

Ich wollte nicht dass Helena mit mir zusammen litt.
 

Meine Schwester nickte leicht und das erleichterte mich.

„Ja, das hab ich.

Aber… wenn ich dich sehe, dann hab ich Mitleid mit dir“, gestand sie mir und ich beugte mich zu ihr.

Lehnte meine Stirn an ihre und fühlte mich mit ihr auf einzigartige Weise verbunden.

„Ich weiß, es tut mir leid.

Das was ich getan habe“, flüsterte ich und sie wusste genau was ich meinte, denn ich würde mich nur für das entschuldigen, was ich bei ihr verschuldet hatte.

Ich empfand keine Reue, für den Verrat an Klaus, wie er es nannte, auch wenn er versuchte, dass ich es immer wieder zugab, das ich etwas Falsches getan hatte.

„Das ist schon in Ordnung“, meinte sie und schluckte.

Entschieden schüttelte ich den Kopf.

„Nein, das war es nicht.

Wir sind Schwestern und ich hab dich verraten.

Es tut mir leid, für das was ich dir antun wollte.“
 

Ich wusste dass sie mir verziehen hatte.

Meine Schwester war so und ich hatte es eigentlich bereits gewusst, als sie mich das erste Mal hier besuchen kam.

Wie viel Zeit seitdem vergangen war, wusste ich nicht.

Alles war so verschwommen und verlor immer mehr an Bedeutung.

„Ich bin du und du bist ich.

Wenn du nicht da bist, bin ich nicht ich.

Wenn ich nicht da bin, bist du nicht du.

Wir gehören zusammen.

Ohne einander gibt es keinen einzelnen“, murmelte ich vor mich hin.

So hatte ich immer gedacht.

Helena und ich.

Wir beide.

Schwestern für die Ewigkeit.
 

Schwestern…

Zwillinge…
 

Meine Hände wurden umfasst und fragend sah ich in braune Augen.

Augen die wie meine waren.

„Ich bin bei dir“, versicherte mir das Mädchen, das mir gegenüber saß.

Mein Gesicht hellte sich auf, denn sie war wirklich freundlich zu mir, sehr nett.

„Du siehst ja aus wie ich!

Mein Name ist Katerina und wer bist du?“, fragte ich und irgendwie musste ich was Böses gesagt haben, denn dem Mädchen liefen Tränen über die das Gesicht.

„Ich bin Helena“, antwortete sie mir.

Helena.

„Ich hab eine Schwester, die heißt ebenfalls Helena“, erzählte ich ihr aufgeregt, denn sowas war wirklich ein großer Zufall.

Helena nickte leicht und wischte sich die Tränen aus den Augen.

„Ich weiß, das hast du mir schon einmal erzählt“, verriet sie mir.

Dann kam sie mich also öfters hier besuchen?

Das war aber wirklich lieb von ihr.
 

„Ich mag Pferde, wusstest du das?

Sie sind so schön und ich liebe es zu reiten, das hab ich sehr lange nicht mehr gemacht.

Ich frag mich wieso.“

Hmm… ich hatte wirklich keine Ahnung.

Aber das Mädchen, das mich besuchte war sehr nett zu mir und ich konnte ihr stundenlang etwas erzählen, sie hörte mir aufmerksam zu.

Die Tür ging auf und ein Mann stand dort, weswegen ich ganz automatisch zitterte.

Ich glaubte, es war kein gutes Zeichen, das er hier war.

„Helena, ich denke es ist Zeit, dass du zu meinem Bruder zurückkehrst“, sagte er ernst zu dem Mädchen, aber sehr höflich.

Helena küsste mich auf die Stirn und nickte dem Mann zu, bevor sie ging.

„Katerina, weißt du wer ich bin?“, fragte er mich und seine Stimme klang so dunkel.

Angst erfasste meinen Körper und dann wusste ich auch wieder wieso.

„Klaus.“

Er grinste.

Ein wahrgewordener Traum

Kapitel 12: Ein wahrgewordener Traum
 


 

„Unser Leben ist kein Traum – aber es soll einer werden.“ (Novalis)
 

Elijahs Sicht:

Sie Sonne strahlte auf uns herab.

Der Steg auf dem wir saßen, führte mitten auf den weiten Ozean hinaus.

Dieser ist so weit, das man das Ende gar nicht sehen kann.

Helena nimmt meine Hand und zog mich mit hoch, wir liefen den Steg zurück, zum weißen Sand, der von der Sonne erwärmt ist, sodass er unsere Füße erwärmt, die wir eben noch ins kühle Wasser baumeln lassen hatten.

Wir liefen über den Strand, Helena zog mich mit sich und dann ein wenig zu fest, sodass wir zusammen in den Sand fielen und gar nicht anders konnten, als zu lachen.

Helena schloss die Augen, weil die Sonne sie blendete und ich wandte mein Gesicht zu ihr, sah sie allein an.

Ich wünschte mir, dass dieser Augenblick nie vergehen würde, dass es immer nur wir zwei sein würden und nichts uns trennte.

Immer war das wichtigste in meiner Existenz meine Familie für mich gewesen, aber das hatte sich durch Helenas Auftauchen geändert.

Nun war sie es, die mein Leben bestimmte, sie war mein Traum, für den ich alles tat.

Sie war mein Engel, mein Herz, meine Seele, meine Unsterblichkeit, meine Familie.
 

Ich strich ihr über die Wange, ganz sanft, da ich immer noch Angst hatte sie zu zerbrechen, auch wenn sie jetzt kein Mensch mehr war.

Helena lächelte davon selig und allein das ließ mein Herz anders schlagen, wenn auch nur schwach, aber dennoch und das obwohl ich ein Vampir war.

Sie drehte sich auf mich und stützte sich neben mir ab.

Ihre Augen funkelten, obwohl die Sonne doch gerade eher auf ihren Rücken strahle.

Bei dem Kuss, den sie mir schenkte, spürte ich, dass sie genauso glücklich war, wie ich.

Ihre Lippen schmeckten süß, immer wieder von neuem und der Geschmack wurde mir nie langweilig, nicht einmal überdrüssig.

Es schürte nur das Verlangen in mir, mehr von ihr zu wollen.

Aber den Gefallen tat sie mir nicht.
 

Dafür spürte ich die Wärme und Weichheit des Sandes, der sich auf meinen Armen verteilte, auf meinen Körper.

Ich beobachtete Helena, wie sie eine Sandburg auf mir errichtete und dabei einen verträumten Blick auf ihrem Gesicht trug.

Ich blieb einfach ruhig liegen.

Ihre sanften braunen Locken bekamen einen goldenen Glanz durch die Sonne und ihre Augen wirkten noch wärmer als sonst.

Ihr Wesen war noch immer so schön, wie vor ihrer Verwandlung.

Die Sanftheit, die in ihr inne wohnte, hatte sich nur noch verstärkt und ihre Schönheit glänzte hell, von außen wie auch von innen.

Wenn ich sie ansah, fragte ich mich, womit ich das verdient hatte, denn mein Glück schien durch sie allgegenwertig.
 

Helena ging zum Wasser, um etwas davon zu holen, wobei ihr dünnes weißes Kleid ein wenig von dem leichten Wind hin und her geweht wurde.

Ihre Füße waren nackt und wir waren beide eindeutig nicht dafür gekleidet, um von anderen gesehen zu werden, aber das wollten wir auch nicht.

Wir waren hier ganz allein.

Eine kleine Holzhütte an einem weißen Strand, weit weg von allem.

Sie kam zu mir zurück und baute die Burg fertig, wobei sie ein Blatt oben an den höchsten Turm steckte, das wie eine Fahne ein wenig hin und her wehte.

Sanft drückte sie ihre Lippen wieder auf meine, aber legte eine Hand auf meine Brust, als ich mich aufrichtete, um den Kuss zu vertiefen.

Sie hielt mich zurück und grinste mich fröhlich, aber auch ein bisschen frech an.

„Jetzt darfst du nicht mehr aufstehen, weil du sonst das zerstören würdest, was ich errichtet habe“, meinte sie und gab mir das Gefühl, mich wirklich schuldig fühlen zu müssen, wenn ich ihr Werk kaputt machte.
 

Lächelnd legte ich meinen Kopf schief.

„Und wie bekomme ich dann mehr als einen Kuss?“, fragte ich sie und ihr Kichern ließ mein Herz flattern.

Sie zuckte mit den Schultern, als wäre es ihr wirklich egal, doch ihr Grinsen verriet sie.

„Hmm… Ich weiß nicht.

Gar nicht wahrscheinlich“, neckte sie mich und strich mir über den Kopf, durch meine Haare.

Wir sahen uns in die Augen und ich meinte mich zu verlieren.

Das schönste Mädchen der Welt war bei mir, war mein und würde für immer bei mir bleiben.
 

Sie stand wieder auf und lief davon, zum Wasser und dann daran entlang.

Ich konnte nicht länger liegen bleiben und lief ihr hinterher, was sie dazu brachte hinter sich zu sehen und zu lächeln.

Trotzdem lief sie weiter.

„Du musst mich jagen!“, rief sie mir zu und ich erinnerte mich daran, wie sie sich mich öfters dazu aufgefordert hatte, als wir zusammen im Garten gewesen waren.

Diesmal tat ich es, ich lief ihr hinterher, durch das Wasser, das so in die Luft geschleudert wurde.

Wir waren knietief im Wasser und ihr Kleid wurde Nass, sowie auch meine Hose, doch das war irgendwie vollkommen egal.

Wie sie einmal zu mir gesagt hatte, alles war egal, wenn man ineinander verliebt war und das war ich noch immer.
 

Ich umarmte Helena von hinten, hielt sie fest an mich und strich ihr Haar zurück, sodass ich ihren Nacken küssen konnte.

„Du hast mich ja zum ersten Mal gefangen!“, stellte sie erstaunt fröhlich fest und drehte sich in meiner Umarmung zu mir herum.

Das Wasser bewegte sich um uns herum, glitzerte durch die Sonne und schien so mehr weiß als blau zu sein.

„Ich mag dich auch nicht mehr loslassen“, flüsterte ich gegen ihre Lippen.

Nie wieder wollte ich von ihr wegkommen, immer bei ihr bleiben, für den Rest der Ewigkeit, die mir jetzt gar nicht mehr wirklich lang erschien.

All die Zeit mit ihr war mir willkommen.

„Das will ich auch gar nicht“, erwiderte sie leise und zog mich dann zurück, sodass wir beide ins Wasser fielen und ich gar nicht mehr die Möglichkeit hatte, sie aufzufangen, uns davon abzuhalten zu stürzen.
 

Helena fand das anscheinend sehr witzig, denn sie drehte mich dabei um und drückte mich nach unten.

Sie kreischte als ich sie an den Armen packte und nach oben, aus dem Wasser hob, allerdings lachte sie gleich darauf wieder, als ich mich mit ihr zusammen im Kreis drehte.

Ohne Probleme schaffte sie es mich mit ihren Lachen anzustecken und ich fühlte mich so unbeschwert, wie zuletzt als Mensch, obwohl nicht mal diese Zeit kam dem Gefühl jetzt gleich.

Ich hatte das Gefühl, das alles richtig war.

Irgendwann stellte ich sie wieder vor mich ab, ließ ihre Hände aber nicht in einer Sekunde los.

Unsere Kleidung war vollkommen durchnässt und klebte an unseren Körpern.

Bei Helena konnte ich ihre Haut unter ihrem Kleid sehen, das jetzt mehr durchsichtig als alles andere war.

Sie stellte sich anscheinend auf Zehenspitzen und kam mir immer näher.

„Lieb mich“, flüsterte sie gegen meine Lippen.

„Für immer und ewig“, versprach ich ihr, bevor ich meine Lippen mit ihren verschloss.

Sie zog sich an mir hoch und ihre Beine schlangen sich um meine Hüfte.
 

Meine Helena.

Mein Grund zu leben, mein Grund zu sterben, mein Grund zu kämpfen.

Mein Beweggrund für all meine Entscheidungen und mein Handeln.



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