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When Even Heaven Cries

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo, hier nach einer Woche das nächste Kapitel zu dieser Geschichte.
Seht es an als Entschuldigung für die lange Wartezeit zum vorigen.
Es hat mir viel Spaß gemacht es zu schreiben und war echt eine zeitaufwändige Angelegenheit, also viel Spaß amit und bis zum nächsten Mal. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hier das neueste Kapitel für euch. Hatte leider wegen eines Umzuges nicht so viel Zeit, daher die etwas längere Wartezeit als sonst. Das Kapitel wird in den nächsten Tagen von mir wahrscheinlich noch ein wenig verbessert, also schaut ruhig jederzeit rein.
Viel Spaß beim Lesen. :) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Ein freundliches Hallo, liebe Leser.
Hier ist mal wieder ein neues Kapitel von mir.
Ich habe mir wie immer sehr viel Mühe gegeben und hoffe, dass es euch gefallen wird.
Da ich momentan in einer Phase bin, in der ich entscheide, wie die Geschichte nun weitergehen wird, bin ich für Kritik und Anregungen besonders offen, also immer raus damit.
und nun viel Spaß. :) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallihallo und willkommen, lieber Leser. :)
Endlich hab ich es geschafft ein neues Kapitel zu schreiben und hier ist das gute Stück. ;)
Es dauert momentan alles ein wenig länger, da ich nun Student bin und einiges um die Ohren habe, aber die Geschichte wird weitergehen, also viel Spaß mit diesem neuen Teil hier.
Ich freue mich über jegliches Feedback, also scheut euch nicht davor, Kritik zu üben. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Ein frohes neues Jahr und ein herzliches Willkommen zum allerneuesten Kapitel von "When Even Heaven Cries".
Nach langer Pause habe ich es nun doch noch schaffen können, zum Schreiben zu kommen.
Da ich die letzten Monate eigentlich nur noch mit Lernen für meine anstehenden Prüfungen beschäftigt war, hoffe ich, dass euch dieses Kapitel umso besser gefällt und ihr mir weiterhin so treu bleibt.
Und natürlich würde ich mich freuen wenn ihr die Geschichte verbreitet oder euch auch meine anderen Werke anschaut.
"Tales of Naruto" wird übrigens auch bald wieder neue Kapitel bekommen, allerdings dann, wenn ich wieder etwas mehr Zeit zum Schreiben habe.
Ansonsten wie immer viel Spaß beim Lesen. ;) Komplett anzeigen

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Prolog

Hey,

freut mich, dass du zu dieser FF gefunden hast und sie hoffentlich auch lesen wirst.

Ich hab die Geschichte schon eine Weile im Kopf gehabt und möchte sie nun endlich mal umsetzen, also wünsche ich viel Spaß beim Lesen.
 


 

When Even Heaven Cries
 

Prolog
 

Jemand sagte mir einst: “Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen: Man weiß nie, was man bekommt.”

Diese Weisheit ist nicht besonders schwierig zu verstehen und enthält eine simple Wahrheit des Lebens, aber dennoch hasse und liebe ich sie gleichermaßen aus vollem Herzen.

Wenn man in die Schachtel greift, dann gibt es eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder erhält man eine leckere Praline mit süßer Vollmilchschokolade und Nüssen, die einem das Herz aufgehen lässt und den Tag zu versüßen vermag. Auf der anderen Seite allerdings kann man auch eine Marzipan-Praline bekommen, deren Geschmack man, sobald man beherzt reinbeißt, am liebsten mit aller Gewalt ausspucken will.

Genau so verhält es sich im Leben: Es gibt wunderschöne Momente, die man sich für immer bewahren und nie wieder hergeben möchte, da sie kostbar sind und man sich gerne an sie erinnert. Allerdings gibt es auch niederschmetternde Ereignisse, die das Leben nur verkomplizieren und verschlechtern… und es manchmal beenden.

Doch ganz selten greift man in die Pralinenschachtel und bekommt an einem einzigen Tag beide Arten der verführerischen Süßigkeit… genau darüber handelt diese Geschichte.
 

Darf ich mich vorstellen? Mein Name ist Naruto, Naruto Uzumaki. Ich bin 27 Jahre alt, 1,81m groß, habe blondes, mittellanges Haar und blaue Augen. Vom Beruf bin ich Architekt. Ich möchte euch eine Geschichte erzählen, eine Geschichte voll Trauer, Liebe, Freundschaft und Tränen.

Taucht mit mir ein in die 3 schönsten und dennoch auch schlimmsten Wochen meines Lebens… 3 Wochen, die mit dem Tag begannen, an dem ich in eine Marzipan- Praline biss und deren ekelhafter Geschmack nur durch die süßeste Praline der Welt vertrieben werden konnte… 3 Wochen, in denen ich die große Liebe fand und wieder verlor…
 

Alles begann an einem warmen Juli-Tag im Wartezimmer eines Krankenhauses in New York, in dem ich wartete, bis mich Dr. Tsunade hereinbitten würde. Ich hatte mich einige Tage zuvor wegen ständigen, heftigen Kopfschmerzen von ihr untersuchen lassen, musste aber schnell zu einem wichtigen Termin, weshalb sie mir nun die Ergebnisse mitteilen wollte. Die Klimaanlage surrte leise vor sich hin und kühlte den mit Sonnenlicht durchfluteten Raum, während ich leicht angespannt in der neuesten Ausgabe einer medizinisch- ausgelegten Fachzeitschrift blätterte. Die ganzen Informationen interessierten mich nicht, nur die Ergebnisse waren mir wichtig, da die Kopfschmerzen, die mich ab und an klagten, einfach unerträglich wurden.

Als ich mich gerade schon über die lange Wartezeit beschweren wollte, ertönte plötzlich die lange erwartete Stimme, die mich hereinrief. Ich legte die Zeitschrift weg und begab mich in den 2. Behandlungsraum. Dr. Tsunade saß schon da. Sie war eine blonde Frau in ihren Fünfzigern, die sich aber, zugegebenermaßen, sehr gut gehalten hatte und mit ihrem weißen Kittel und dem dazugehörigen Stethoskop äußerst professionell wirkte. Sie schien eigentlich eine nette und hilfsbereite Person zu sein, aber ihr ernster Blick, der mich nahezu zu durchbohren schien, ließ nichts Gutes erahnen.

Hatte ich nun eine leichte Krankheit oder doch eine extreme Form von Migräne? Hatte ich mir irgendwo auf schlimme Art und Weise den Kopf gestoßen? Ich wusste es nicht.

Mit einer Handbewegung deutete sie auf den Stuhl ihrem gegenüber. Zwischen uns stand ein recht gewöhnlicher Schreibtisch, der die typischen medizinischen Geräte aufwies. Pinzetten, Nadeln, Ohrspekula und einige Holzstäbe sowie einige Tabletts lagen bunt verteilt auf dem Tisch; zusammen mit meinem Untersuchungsergebnis.

Allgemein war der Raum sehr steril und kahl eingerichtet, weiße Wände, blauer Teppich, ansonsten viel grau, aber ich musste hier ja auch nicht wohnen, von daher kümmerte ich mich nicht darum. Ich setzte mich. Ihre Augen trafen meine. Wir starrten uns kurz an, bevor sie dann die Ergebnisse nahm und sie erneut prüfte, als wüsste sie nicht, was sie enthielten.

“Herr Uzumaki,”, setzte sie an und starrte mich wieder mit einem ernsten Blick an, “Ihre Untersuchungsergebnisse sind nun hier.” Sie legte das Klemmbrett weg, bevor sie weitersprach. “Atmen Sie einmal tief ein und aus, denn ich habe leider schlechte Nachrichten für sie.” In meinem Bauch breitete sich auf der Stelle ein ungutes Gefühl aus. Schlechte Neuigkeiten?! War es wirklich die Migräne?! Oder war es noch schlimmer?! Das mulmige Gefühl hatte schnell meinen ganzen Körper eingenommen, aber mein blinder Optimismus redete mir dann doch ein, dass es nichts Schlimmes sein würde, dass ich bestimmt schon wieder fit werden würde. Ich tat, was sie mir aufgetragen hatte.  

Langsam saugte ich die Luft tief in meine Lunge und atmete sie wieder hinaus in das sterile Zimmer, bevor sie nun endlich das Ergebnis verkündete.

“Herr Uzumaki… Sie haben einen bösartigen, nur schwer operablen Hirntumor. Es tut mir Leid.”, sagte sie mit einem aufrichtig gemeint traurigem Ton in der Stimme. KABUMM!!! Ihre Worte waren wie eine Bombe, die die schöne Wolke namens “Leben”, auf der ich mir einen gemütlichen Platz gemietet hatte, gnadenlos in Stücke riss. Selbst ihr nett gemeintes “Es tut mir Leid” würde den Aufprall nicht dämpfen können, nichts würde dies tun können. Ich starrte sie fassungslos an. Meine Hände krallten sich brutal in meine Jeans und ich atmete schwer. Der Druck schnürte mir die Kehle zu und ich hatte das Gefühl, dass ich heulen würde. Dr. Tsunades Blick hatte sich von einem ernsten in einen besorgten verwandelt, doch ich war zu verwirrt, um etwas zu sagen. Die Worte gingen mir langsam durch den Kopf, noch immer unrealistisch, aber immer wieder. Es war, als hätte ich sie kaum vernommen, nicht gehört und noch immer versuchte ich, mich an die Hoffnung zu klammern, dass ich sie nun doch falsch verstanden hätte oder sie einen dummen Scherz mit mir spielte und ich glücklich wieder auf meine kuschelige Wolke zurückklettern könnte, aber die Reaktion meines Körpers ließ keine Zweifel zu: Ich hatte sie vollkommen richtig verstanden und ihr war es absolut ernst.
 

Als ich die Aufnahmen des Computertomographen sah und Dr. Tsunade mit dem Finger den Tumor anzeigte,  schwirrten mir etliche Fragen im Kopf. Wie konnte es dazu kommen? Was würde nun mit mir passieren? Ich bombardierte mich selbst mit Fragen und mein Verstand schien nicht allzu blöd zu sein, da sich mir die Antwort direkt aufdrängte: Das kann ich doch gar nicht überleben, oder?! Doch eine Frage vertrieb alle anderen gekonnt und kroch langsam aus meinem Magen die Speiseröhre hoch, um dann kläglich meinen Mund mit einem fiesen Nachgeschmack zu verlassen. ”Wie lange noch?”, presste ich unter größter Mühe hinaus. Es war so leise und genuschelt gewesen, dass sie es nie hätte verstanden haben können. “Wie bitte?”, fragte sie mich, hatte mich erwartungsgemäß nicht richtig gehört.

Zum Glück hatte die Frage das imaginäre Band um meine Kehle gelockert, sodass es mir umso gewaltiger herausplatzte. “Wie lange!? Wie viel Zeit habe ich noch?”, fragte ich sie schon fast schreiend und packte hysterisch ihre beiden Schultern. Ihr mitleidiger Blick ruhte weiterhin auf mir, während sie seufzte und mir die Wahrheit wie einen eisigen Luftzug direkt um die Ohren schlug. “2 Wochen, mit etwas Glück eine mehr. Mit einer entsprechenden Operation können wir den Tod vielleicht ein wenig hinauszögern, allerdings nicht lange. Zudem ist sie ohnehin lebensgefährlich.” antwortete sie und öffnete schon den Mund, damit sie mir die Operation anbieten konnte, aber sie kam nicht dazu, da ich sie ruckartig losließ, aufstand und die Tür mit einem lauten Krachen verließ.

Ich stand mit dem Rücken zur Tür der Ärztin. Kurz schlich sich der Gedanke in meinen Schädel, ob ich die Operation vielleicht doch annehmen sollte, ob ich den Versuch wagen würde, damit ich noch etwas vom Leben hätte. Meine Hand schlich kümmerlich zur Türklinke, doch ich hielt mich mit ganzer Kraft davon ab, sie herunterzudrücken. Stattdessen liefen plötzlich warme, salzige Tränen meine Wangen hinunter und ich begann, jämmerlich zu schluchzen.

Was würde mir eine Operation schon bringen!? Ein paar Wochen mehr? Die würden doch auch nichts verändern, zumal der Eingriff lebensgefährlich sein würde. Ich wollte sie nicht! Ich wollte keine Operation! Ich wollte stattdessen noch so viele Dinge tun, hatte noch so viel vor, doch das würde ich nicht mehr schaffen.

Es war zu spät… Ich würde sterben, weg sein… für immer.

Das Mädchen mit den grünen Augen

Hier ist es.

Da als nächstes das neue Kapitel zu "Tales of Naurto" geschrieben wird, werdet ihr auf das nächste Kapitel dieser Geschichte vielleicht etwas warten müssen.

Bis dahin viel Spaß beim Lesen.
 

Das Mädchen mit den grünen Augen
 

Da stand ich also. Meine Lippen zitterten und ich weinte noch immer, jämmerlich, bitterlich. Meine Hand ruhte auf der Türklinke, bevor sie schlaff an meine Seite rutschte. Glücklicherweise war niemand in der Nähe; niemand sollte mich so sehen, nicht einmal die mir wichtigsten Menschen. Ich schämte mich, fühlte mich schrecklich einsam und verloren, als ob ich alleine in der Wüste ausgesetzt worden war und nicht mehr wusste, wohin ich gehen musste. Ich wusste es wirklich nicht, konnte auch kaum daran denken. Ein dunkler Schleier hatte sich um meine Gedanken gehüllt, verdarb sie, beschmutzte sie auf furchtbare Art und Weise.

3 Wochen… sie schwirrten mir ununterbrochen im Kopf umher. Ich würde nicht mehr lange leben, einfach sterben, ohne Erbarmen, ohne die geringste Chance.

3 Wochen… 21 Tage; sie verflogen unheimlich schnell, unbemerkt, und dann würden sie mich mit sich reißen. Ich würde im Fluss der Zeit versinken, einfach abtauchen und verschwinden, gnadenlos weggespült. Ich hatte Angst… die Angst, vergessen zu werden, ohne Vorwarnung. Mir wurde ungewollt bewusst, wie klein, wie unbedeutend ich doch war, wir alle waren. Ich hatte nichts in meinem Leben vollbracht, nichts, was beeindruckend oder wichtig war, nichts, was mich von anderen Menschen unterschied. Ich hatte vor mich hin gelebt und war fröhlich durch die Welt gelaufen, doch wurde ich getäuscht, von niemand anderem als mir selbst. Ich war nie wirklich glücklich gewesen; das war die bittere Wahrheit und sie schmeckte nach dieser Erkenntnis noch viel bitterer als zuvor.

Ich wollte nicht mehr. Ich wollte nicht nachdenken, wollte nicht sterben, wollte nicht weinen und doch konnte ich es nicht verhindern. Ich sah mich selbst, wie ich in ein tiefes, dunkles Loch fiel und schrie und zappelte, doch ich wurde eingesaugt und konnte mich nicht befreien, selbst mit ganzer Kraft. Dann war ich weg, einfach so.
 

Meine düsteren Gedanken zogen immer weiter an mir, gleich einer kalten Hand des Todes, und in mir machte sich langsam eine tiefe Depression breit, so wie ein furchtbarer Virus, der meinen Körper verseuchen wollte. Das Krankenhaus machte mich krank, machte mich wütend, aber doch auch so schwach und traurig. Ich wollte weg, nur weg. Meine Hände ballten sich zu Fäusten und ich drückte so fest, dass meine Fingernägel mir ins eigene Fleisch schnitten, doch ich ignorierte das Blut und rannte los, meinen Kopf gesenkt. Ich schrie, schrie alles aus mir heraus und diesmal waren da Leute, deren verwirrte Blicke ich auf mir spürte. Es störte mich nicht.

Ich rannte unbeabsichtigt eine Krankenschwester um, doch ich entschuldigte mich nicht, wozu auch? Die Entschuldigung eines Todgeweihten war unbedeutend. Meine Beine trugen mich, immer weiter. Die Anstrengung spürte ich nicht, meine Gedanken verdrängten sie. Als nächstes fühlte ich das warme Sonnenlicht auf meiner Haut, das mich herzlich empfing, als ich das teuflische Krankenhaus verließ, doch ich rannte weiter. Noch immer schrie ich, schrie mir die gesamte Luft aus den Lungen, ich konnte das Rennen nicht stoppen, wollte es auch nicht.

Mein Blick galt nur dem Boden… dem schmutzigen, mit Kaugummis beklebten Boden New Yorks. Ich hörte Autohupen und wütende Schreie, als ich über die Straße raste, während die Ampel scheinbar “Rot” angezeigt hatte. Ich lächelte, doch wusste nicht einmal, warum ich das tat.

10 Minuten später konnte ich nicht mehr und blieb abrupt stehen, während mich einige Leute seltsam anstarrten. Meine Arme stützten sich auf meinen Knien ab und ich atmete tief ein und aus, immer wieder, bis mein Puls sich normalisiert hatte. Der Schweiß lief mir an der Stirn entlang und mein weißes T- Shirt klebte leicht an meinem Körper, doch trotzdem fühlte ich mich befreiter, viel besser als im Krankenhaus. Meine Tränen waren versiegt.

Ich blickte auf… und sah den Eingang zum New York Zoo. Meine Beine hatten mich hierher getragen, unbeabsichtigt? War es vielleicht doch Schicksal gewesen? Ich wusste selbst nicht weshalb, aber ich kaufte mir eine Eintrittskarte und ignorierte den mich besorgt musternden Blick der hübschen Kartenverkäuferin. Dann betrat ich die riesige Fläche, auf der allerlei Tiere zur Schau gestellt waren. Überall liefen glückliche Familien herum und sahen sich die Vögel, Säugetiere, Insekten und Fische an, doch mir wurde wieder irgendwie unwohl. Diese Leute… sie hatten alle so viel Zeit, so viel zu tun, aber ich… ich nicht.

Die Gedanken an mich selbst verdrängte ich dann irgendwie für den Moment; ich dachte an die Tiere. Sie wurden gefangen, aus ihrem natürlichen Lebensraum einfach so herausgerissen und täglich kommen Menschen und schauen sie sich an, wie Objekte in einem Schaufenster. Alles wirkte so friedlich und doch hatte ich das Gefühl, dass es grausam war. Sie waren nicht freiwillig da, sie waren für so ein Leben nicht vorgesehen. Ich war mir recht sicher, dass die Affen viel lieber in einem richtigen Dschungel herumgeklettert wären, als in einem jämmerlich kleinen Häuschen, was vortäuschte, etwas zu sein, an das es nicht annähernd herankommen konnte. Auch die ganzen Fische hätten wahrscheinlich das Leben im Ozean bevorzugt als in einem kleinen Aquarium, fernab von ihrem eigentlichen Lebensraum.

Doch merkten diese Wesen das überhaupt? Warum fragte ich mich das überhaupt? Hatte ich mich wirklich innerhalb von einer halben Stunde in jemanden verwandelt, der anfing, Dinge zu hinterfragen, die niemand beantworten konnte und die ihm sonst eigentlich egal gewesen wären? Machte die Angst vor dem Tod wirklich so nachdenklich? Hatte ich überhaupt das Recht, über das Leben dieser Tiere zu urteilen, wo doch mein eigenes bald beendet sein würde?

Fragen über Fragen, auf die ich keine Antwort fand und schon wieder kam mir mein eigener Tod in den Sinn. Erneut hatten sich die Gedanken eingeschlichen, wie Ninjas, unbemerkt, und wollten mich fertigmachen.

Lustlos schlenderte ich weiter durch den Zoo, sah mich um, doch das interessierte mich eigentlich nicht mehr, warum sollte es auch? In 3 Wochen würde ich eh sterben. Ich fühlte, dass sich die Gedanken um mein Ableben langsam wieder aufzubauen versuchten, also setzte ich meine Sonnenbrille auf, damit niemand meine Tränen sehen konnte, sollte ich wieder zu weinen beginnen. Gerade wollte mir schon die erste Träne entweichen, als ein markerschütternder Schrei mich gewaltsam aus meinen Tagträumen riss. Ruckartig drehte ich mich in die Richtung, aus der der Schrei gekommen war und noch bevor ich darüber nachdachte, trugen mich meine Beine auch schon zum Ursprung allen Übels. Ich stand plötzlich am Geländer zum Tigergehege und schaute auf eine junge, rosahaarige Frau herab, die sich mit schmerzverzerrtem Gesicht das Fußgelenk hielt und schockiert dem sich ihr langsam nähernden Tiger in die Augen blickte.

Eine kleine Menschentraube hatte sich bereits am Geländer gebildet und kommentierte die Situation. “Oh mein Gott, sie ist über das Geländer gestürzt. Jemand muss ihr helfen!!”, rief eine ältere Frau mit einem kleinen Kind an der Hand. “Ruft die Zoowärter!”, “Holt die Polizei!”, riefen die Leute panisch durcheinander, doch ich versuchte, sie komplett auszublenden, ignorierte sie einfach. Etwas tief in mir wollte ihr helfen, ganz dringend. War es meine neue, lebensmüde Art? Wollte ich noch etwas Nützliches tun, bevor ich den Löffel abgab? Ich wusste es nicht, aber dann dachte ich auch schon nicht mehr wirklich, ich funktionierte nur noch.

Bis zum Boden waren es nur 4 Meter und dann noch einmal 10 Meter bis zu ihr. Mir blieb nicht viel Zeit. Ich machte mir keine Sorgen oder malte mir irgendwelche Worst- Case- Szenarien aus, sondern ergriff das Geländer und sprang mit voller Kraft drüber. Der Aufprall auf dem Boden war härter gewesen als gedacht und meine Füße schmerzten, doch ich sprang auf und rannte auf die junge Frau zu. Meine Sonnenbrille war mir nach dem Sprung von der Nase gefallen und an einem herumliegenden Stein in 20 Stücke zersplittert worden. Glücklicherweise waren die anderen Tiger durch einen recht breiten, künstlich angelegten Bach von mir getrennt, sodass sie keinerlei Interesse hatten, den nur für mich zu überqueren.

Von außen hörte ich wieder die Zuschauer rufen. “Seht, da ist jemand!”, “Ist das ein Wärter!? Hoffentlich kann er ihr helfen!”, schrien sie wieder wild in alle Richtungen, aber so langsam fragte auch ich mich, wo denn die Zoowärter geblieben waren. Der Weg war nicht allzu lang, sodass ich schnell an der Seite der rosahaarigen Frau war.

Sie drehte ihren Kopf in meine Richtung und ich erstarrte. Ihre Augen, die so grün strahlten wie die saftigen Wiesen Irlands bei Sonnenschein, hatten mich erfasst und wollten mich nicht mehr loslassen, so wie Ketten, aber definitiv die schönste Art von Ketten.

“Helfen Sie mir bitte.”, sagte sie mit ihrer engelsgleichen Stimme, während ich die Bewegungen ihrer zarten Lippen beobachtete. Mehr brachte sie unter ihrer Angst nicht heraus. Ihre Haut war weder zu blass noch zu braun und die rosa Haare, die so schön leuchteten wie Kirschblüten im Frühling, ließen sie nur irgendwie noch mehr strahlen. Ähnlich wie die Knospen der Kirschblüten ging auch mein Herz plötzlich auf. Andere Menschen hätten sie wohl für hübsch, aber nicht wunderschön, gehalten, doch für mich war sie war die wohl schönste Frau, die ich jemals in meinem Leben gesehen hatte und es fiel mir unheimlich schwer, mich auf mein eigentliches Vorhaben zu konzentrieren.

Ich rüttelte mich selbst wach, indem ich tief ein- und ausatmete und legte meinen Arm um ihren Rücken, während ich mit dem anderen vorsichtig unter ihre Beine griff, bevor ich sie dann schließlich hochhob. Sie war leicht, sodass mir das Tragen nicht schwerfallen würde. Ich schaute ihr ins Gesicht und sah ihren ängstlichen Ausdruck in den Augen, der sich plötzlich verschlimmerte. Ich konnte es mir schon denken und drehte mich ruckartig um, sodass ich das Unheil erblicken konnte: der Tiger stand direkt vor uns, etwa einen einzigen Meter entfernt. Das Tier war mit seinen 1, 7 Metern gewaltig und konnte mich mit einem simplen Schlag seiner Tatze außer Gefecht setzen… und dann wäre alles vorbei.

Ich war nervös, hatte Angst - eine gewöhnliche Reaktion. Das Mädchen in meinen Armen zitterte vor Todesangst und drohte, in Ohnmacht zu fallen, während sie wohl ihr ganzes Leben vor ihrem inneren Auge ablaufen sah. Sie traute sich letztendlich dann nicht mehr, in die Augen des Tigers zu blicken Mir ging es nicht so schlimm wie ihr. Ich hatte mein Leben schon vor mir ablaufen sehen, nicht allzu lange davor. Ich würde eh sterben, würde eh bald den Engeln die Hände schütteln, von daher konnte es mir egal sein.

Die riesige, orange- schwarz gestreifte Raubkatze starrte mit seinen hellen, animalischen Augen böse in meine und fletschte die riesigen Zähne, die mir ganz schön viel Respekt in die Knochen einflößten. Ich hatte keinen Zweifel: eine falsche Bewegung, und ich wäre tot gewesen. Ich erwiderte den Blick und versuchte viel Selbstvertrauen vorzutäuschen, doch es wollte mir nicht recht gelingen. Natürlich, denn schließlich mussten meine Augen bestimmt einen lebensmüden, Mitleid erregenden Ausdruck aufweisen, der das Tier einfach nur langweilte.

Die Spannung in der Luft knisterte und jagte mir einen Schauer über den Rücken. Langsam begann wieder das Schwitzen. Die Augen des Tigers blickten mir noch immer starr in meine. Es versuchte, meine Gedanken und Gefühle zu lesen, zu erkennen und entsprechen zu handeln. Das störte mich nicht. Ich dachte nur an meinen bevorstehenden Tod, den ich nicht verhindern konnte, ob nun hier oder später. Ich hatte mich selbst aufgegeben und das konnte dieser Tiger auch ruhig wissen. Plötzlich vernahm ich die erste Bewegung der Raubkatze. Ich blieb stehen, wollte sie nicht provozieren. Sie machte zwei Schritte in meine Richtung und knurrte, bevor sie sich schließlich desinteressiert umdrehte und zurück zu ihren Artgenossen schlich. Ich hatte das Gefühl, dass mir der Tiger eine Beleidigung wie “Weichei!“ oder “Memme!” and den Kopf geworden hatte, aber ich war trotzdem froh. Das Glück war auf meiner Seite gewesen.

Meine Erscheinung musste wohl im Endeffekt so jämmerlich gewesen sein, dass nicht einmal der Tiger noch auf mein Fleisch Lust hatte. War das nun gut oder schlecht? Ich atmete tief ein und aus, bevor ich schließlich die noch immer nicht ansprechbare, rosahaarige Frau über eine den Tigern unzugängliche Treppe aus dem Gehege trug.

Auf sicherem Boden angelangt setzte ich sie ab und hörte den lauten Beifall der Zuschauer, die mir lobende und feierliche Worte zuriefen, während ich auch schon die Zoowärter kommen sah.

Mir war die Situation reichlich unangenehm, sodass ich mich schnell wegschleichen wollte.

Ich machte den ersten Schritt Richtung Ausgang, als ich auf einmal fühlte, wie eine zarte Hand mich am Handgelenk packend vorm Abhauen hinderte.

Ich drehte mich um… und blickte erneut in grüne Augen.

Sommerregen

Sommerregen
 

Erneut war sie direkt vor mir, sagte nichts, tat nichts. Ich kam mir irgendwie hilflos vor, wusste nichts zu sagen, so als hätte mir jemand den Mund mit Klebeband zugeklebt. Ich fühlte mich idiotisch, wollte mich zu irgendwelchen Worten zwingen, aber es kam einfach nichts. Mir blieb nichts anderes übrig als sie anzuschauen. Außerdem wollte ich dringend weg, ich spürte schon, wie sich einige weitere Menschen in meine Richtung bewegten.

Völlig überraschend ergriff sie das Wort. “Du kannst noch nicht gehen. Ich will mich revanchieren.”, sagte sie und versuchte zu lächeln, aber ich konnte den Schock in ihren Augen noch deutlich sehen und fühlte das Zittern ihres Körpers fast schon über die kurze Distanz zwischen uns, also ignorierte ich mal wieder gekonnt meinen Verstand und zog sie “Dann komm mit!” sagend mit mir weg. Noch im Laufen spürte ich meine Intuition, die mich schulterklopfend fragte: Was nun?

Zunächst hoffte ich inständig, dass man uns in Ruhe lassen würde und entschied 5 Minuten später, dass die Entfernung groß genug sein dürfte. Ich kam mir fast schon vor wie in einer Verfolgungsjagd, nur dass ich keine Ahnung hatte, wohin ich eigentlich abhauen soll. Dann kamen wir letztendlich zum Stehen. Ich war verschwitzt und sie schien sich in ihrem beschmutzten gelben Sommerkleid auch nicht unbedingt wohl zu fühlen. Ich ließ ihre Hand los und keuchte ein wenig. So viel Sport konnte nur ungesund sein. Mein klebriges Shirt und mein leicht rasendes Herz bestätigten dies.

Überraschend fuhr die rechte Hand des Mädchens an meine Wange, bevor sie mir schnell etwas Schweiß wegwischte. Dann fixierte sie etwas verwirrt einen Punkt an meinem Gesicht an. Irgendwie fühlte ich mich wie im Schaufenster, so ähnlich wie eine Kleiderpuppe. “Nanu, ich kann mich gar nicht dran erinnern, dich weinen gesehen zu haben.”, sagte sie etwas irritiert und zeigte mit ihrem Finger auf die Spuren in meinem Gesicht, die den Beweis für meine Tränen von einer halben Stunde zuvor darstellten.

Und schon hatte sie mich mit einem einfachen Satz komplett in die Ecke gedrängt. Ich bemühte mich verzweifelt um eine gute Ausrede, die plausibel und möglichst glaubwürdig war. Mein Gehirn sprang langsam an wie ein schlecht geölter Motor und begann mit langsamen Drehzahlen Antworten durchzuspielen. Also begann ich zu stottern wie ein Blödmann: “Ä- ähh, da- das muss sicherlich v-v- vom Schweiß sein”

Sie nickte, aber ich hatte dennoch das unbequeme Gefühl im Magen, dass sie mir nicht geglaubt hatte. Wäre bei meiner schlechten Lüge ja durchaus zu erwarten gewesen. Ich fixierte einen Punkt am Horizont und traute mich nicht mehr, sie anzuschauen, da ich nicht wie ein Weichei dastehen wollte. Ich wechselte das Thema wieder. “Du musst dich nicht bei mir bedanken, ähh - ähh”, sagte ich und bemerkte, dass ich nicht einmal ihren Namen wusste. Trotzdem duzten wir uns bereits. “Sakura Haruno”, fügte sie ein und löste somit meine Unwissenheit auf. “Und wie heißt du?”, fragte sie lächelnd, was ihr diesmal schon deutlich besser gelang. “Ich bin Naruto. Naruto Uzumaki”, antwortete ich.

“Na dann, Naruto Uzumaki, wir werden jetzt einen schönen Kaffee zur Beruhigung trinken, ist doch das Mindeste, was ich nach deiner Rettungsaktion tun kann.” Mein Mund setzte alle Mittel daran, “JA” zu sagen, doch ich schob ihm einen Riegel vor und dachte erst ruhig darüber nach; eine Fähigkeit, von der ich geglaubt hatte, sie vor wenigen Minuten verloren zu haben.

Normalerweise hätte ich nicht lange gezögert. Eine wunderschöne Frau lud mich auf einen Kaffee ein, doch meine Situation hatte sich gewaltig geändert. Ich würde bald sterben, daher konnte ich nicht einfach so zusagen. Die wenige Zeit, die mir noch blieb, konnte ich doch nicht einfach mit Kaffeetrinken verschwenden, oder!?

Ich winkte ab. “Nicht nötig.”, sagte ich so höflich wie möglich und ging Richtung Ausgang, aber sie war hartnäckig. Sakura stellte sich mir in den Weg und verschränkte die Arme vor ihrer Brust. “Ich akzeptiere kein ‘Nein‘.”, sagte sie energisch und machte einen eingeschnappten Gesichtsausdruck. Ich hätte an ihr vorbeigehen können, aber ich tat es aus einem mir nicht bekannten Grund nicht.
 

Stattdessen kratzte ich mich am Kopf, vielleicht in der Hoffnung, da hinten einen Schalter zu finden, den Kopf abzustellen und die Sache einfach hinter mich zu bringen… es klappte nicht. “Ich kann nicht, sorry.”, sagte ich, doch dann bemerkte ich den traurigen Ausdruck in ihrem Gesicht. Sie sagte zwar nichts, aber ich durchschaute es recht gut. Fast schon wie ein junger Sherlock Holmes kombinierte ich, dass sie eine Person war, die nicht gerne eine Rechnung offen hatte oder sich eben schlecht fühlte wenn sie sich für einen Gefallen nicht revanchieren konnte. In mir tobte der Kampf um die Entscheidung, doch wie ein Weichei ließ ich mich breittreten. “Ach, was soll’s. Dann trinken wir eben einen Kaffee.”, sagte ich und sah, wie ihr Gesicht plötzlich strahlte. So gefiel sie mir gleich viel besser.

Nur wenige Augenblicke später standen wir vor dem “Sunshine Café”, wo es, so Sakura, den besten Kaffee weit und breit gab. Das Begrüßungsschild mit der lächelnden Sonne schien mich schon fast höhnisch zu verspotten als mich ihm näherte, und schon bereute ich meine Zusage ein wenig.

Wir gingen rein und mich begrüßte die angenehme Kaltluft einer Klimaanlage, die mir unterm T-Shirt durchwehte. Ja, das tat gut! Aus der prallen Sonne in ein gemütlich eingerichtetes Café, so mochte ich das schon eher. Vergessen war der Schweiß, vergessen waren die Sorgen, wenn auch nur kurz. Die roten Sitzsofas, die orangenen Wände, die gelben Bodenfliesen, alles sagte: “Heute ist ein wunderschöner Tag, also lasst ihn uns in vollen Zügen genießen”. Und genau das wollte ich versuchen, Ausgang ungewiss. Wir setzten uns an einen der Tische und warteten auf die Bedienung, die uns mit einem strahlenden Lächeln begrüßte. Es handelte sich dabei um eine gut gebaute, blonde Dame mit blauen Augen. Mann, die bekam sicher mächtig Trinkgeld! “Ah, hallo Sakura. Was kann ich dir denn heute bringen?”, fragte sie mit einer freundlichen Stimme, die, und das musste ich zugeben, nicht wie sonst in solchen Läden aufgesetzt klang, sondern ehrlich und mit gutem Gewissen. “Das Gleiche wie immer, Ino.”, antwortete Sakura, bevor sie sich an mich wandte. “Und was möchtest du, Naruto?”.

“Einen normalen, schwarzen Kaffee. Bitte ohne Zucker”, sagte ich und lächelte verlegen als mich Ino von oben bis unten musterte. “Na wer ist denn der süße Kerl da?”, fragte sie absichtlich laut mit einem verschmitzten Grinsen auf den Lippen. “Das ist Naruto Uzumaki. Er hat mir heute sozusagen das Leben gerettet, daher mach den Kaffe so gut wie du nur kannst.”, gab Sakura mit einem Augenzwinkern zurück und Ino salutierte gespielt, bevor sie mit einem lauten “Jawoll!” davonzog. “Entschuldige, sie ist ein wenig verrückt, aber echt nett.”, sagte Sakura mir und machte dabei einige kleine Kreisbewegungen mit ihrem rechten Zeigefinger.

Ich schaute sie an. “Du bist wohl öfters hier.”, bemerkte ich dann beiläufig, so als wüsste ich es nicht, obwohl es doch auf der Hand lag wie die Butter auf dem Brot. Aber ich wollte wenigstens ein wenig Small-Talk betreiben, sodass es nicht langweilig wurde. Sie nickte. “Ja, fast täglich. Der Kaffee hier ist echt super und mir gefällt die Atmosphäre, man ist hier wie in einer eigenen kleinen Welt, und kann einfach nur mal nachdenken, für sich sein oder Zeit mit jemand Anderem verbringen.”

Und sie hatte Recht. Man hörte kaum etwas von der Hektik der Stadt, alles war friedlich, angenehm, und das brauchte ich ja vielleicht auch. Im Laden war nicht sehr viel los. Ein paar Gäste saßen an ihren Tischen, lasen Zeitung, hörten Musik, unterhielten sich. Alle hatten ihre eigenen Gedanken, Geschichten… Probleme. Ich war Einer von vielen, bald verschwunden, und doch genoss ich gerade und wusste nicht ob ich es als gut oder schlecht empfinden sollte, als Geschenk an mein Leben oder als Verrat an ihm.

Fast wie von selbst kamen Sakura und ich besser ins Gespräch. Am Anfang war es das typische Vorstellen, also Alter, Beruf, Hobbies, Familie und solchen Kram eben. Ich hörte interessiert zu und bemerkte den Kaffee, den Ino uns gebracht hatte, kaum. Das Mädchen, das vor mir saß, war Sakura Haruno. Sie war 24 Jahre alt, von Beruf Kindergärtnerin. Ich erfuhr, dass sie ursprünglich aus einer ländlichen Gegend kam und ihr der Einstieg in das Stadtleben sehr schwer gefallen war, aber sie hatte sich doch irgendwie einleben können. Sie erzählte mir außerdem von ihren Erinnerungen an die schöne Heimat, von bunt blühenden Blumenfeldern, frischer Luft, dem Gefühl von frisch gemähtem Rasen unter den Füßen und hausgemachtem Essen. Aus ihrem Munde klang es nahezu perfekt und ich hätte ihren Erzählungen ewig lauschen können. Und ich denke, dass es zu ihr passte, sie irgendwie widerspiegelte. Als sie mich fragte, wie es bei mir war, da machte ich nur eine wegwerfende Handbewegung: das ultimative Zeichen dafür, dass ich nicht drüber reden wollte.

Und das zu Recht, wie ich fand. Meine Kindheit war nicht schön gewesen. Meine Eltern starben kurz nach meiner Geburt und ich wuchs in einem Waisenhaus in New York auf, wo ich mir täglich unter größten Anstrengungen das Überleben sichern musste, durch Diebstahl und Betrug. Der Geruch von Asphalt und dreckigem Müll stand mir noch immer in der Nase.

Irgendwann wurde ich von meinem Patenonkel Jiraiya aufgenommen, der allerdings verstarb und mich wieder alleine ließ. Dank etwas von ihm geerbtem Geld konnte ich mir wenigstens eine gute Schulbildung finanzieren und erfüllte mir den Traum, ein Architekt zu sein. In dem Moment schwebte genau das Bild vor mir, wie ich am Hudson River sitzend die Sky Line von New York betrachtete und sagte: “Irgendwann wird ein von mir entworfenes Gebäude auch dort stehen.”

Und genau das war auch passiert. Stolz wie ein kleiner Junge, der am Strand seinen Eltern seine frisch gebaute Sandburg präsentierte, erzählte ich Sakura von dem von mir entworfenen Gebäude, welches die Sky Line von New York um ein kleines Stückchen beeindruckender machte und sah zu wie sie mir mit leuchtenden Augen aufmerksam zuhörte und schon voller Vorfreude darauf brannte, es selbst begutachten zu dürfen. Ich vertröstete sie auf einen anderen Tag, dachte ich doch, dass es diesen Tag nicht geben würde.

Dann redeten wir über Gott und die Welt und die Zeit um uns herum verflog wie im Zeitraffer. Ehe wir uns versahen waren wir die letzten Gäste im Café und wunderten uns amüsiert, wie uns das denn passieren konnte. Ich wusste die Antwort darauf: die Chemie zwischen uns stimmte. Sie war ein fröhlicher, temperamentvoller Mensch, vielleicht ein wenig naiv, aber dennoch liebenswert. Mir gefiel das. Ich konnte mich gut mit ihr unterhalten und hatte viel Spaß gehabt, doch ständig schlich sich der Gedanke in meinen Kopf, dass diese Bekanntschaft nur von kurzer Dauer sein würde. Eigentlich schade, ich mochte sie wirklich.

Wir verließen das Café, pünktlich zur Schließungszeit. Schon befanden wir uns wieder im Trubel der Stadt, überall hupten Autos, man hörte die lauten Schritte der Schuhsohlen auf dem Betonboden und die Lichter der Stadt tauchten uns in ein buntes Meer aus Hektik und Schönheit. Ich hielt ein Taxi an und ließ Sakura einsteigen. Dann stieg auch ich ein. Sie hatte mich gebeten, sie nach Hause zu bringen. Ich hatte dieses Mal, ohne Zögern, “ja” gesagt und redete mir ein, dass sich das als Gentleman so gehörte. Wir bogen um einige Ecken und zehn Minuten und 7,50$ pro Person später standen wir in ihrer Straße und liefen die restlichen 50 Meter bis zu ihrer Wohnungstür. Die Gegend war relativ ruhig, ich hörte nur von irgendwo her einen Hund bellen und verfluchte den Köter trotzdem für sein nerviges Gejaule.

Wir kamen zum Stehen und sie drehte sich zu mir um, die Haustürschlüssel bereits in der rechten Hand. Plötzlich war Stille, keine peinlich berührte, sondern eine angenehme, so wie sie immer in irgendwelchen Liebesromanen beschrieben wird. “Danke für den schönen Tag.”, begann sie, irgendwie verlegen. “Und entschuldige bitte die Unannehmlichkeit im Zoo.” Ich dachte zurück. Eine “Unannehmlichkeit”, ein tödlicher , 1,70 Meter hoher Tiger, die Bedeutung war dieselbe.

Auch ich wurde verlegen. Warum eigentlich? Wir hatten uns die ganze Zeit gut unterhalten, doch irgendetwas war anders geworden. Es lag eine Spannung in der Luft, eine romantische vielleicht? Ich sagte nur “Keine Ursache” und schaute sie an. Ihr Kopf war leicht gesenkt, während ihre Hände nervös mit dem Schlüsselbund spielten. Dann blickte sie mich an. Ihre Lippen glänzten leicht. “Ich weiß gar nicht, wie ich mich vernünftig bei dir revanchieren soll.”, wisperte sie leise und kam mir näher und auch ich hatte mein Gesicht schon gefährlich nahe an ihres bewegt. Der Wind blies leicht zwischen unseren Köpfen hindurch, während sich der Abstand zwischen unseren Mündern stark dezimierte.

Man hätte uns getrost in einen kitschigen Hollywoodstreifen mit Julia Roberts und Hugh Grant in den Hauptrollen stecken können und es wäre wohl keinem aufgefallen; und es war nur allzu bekannt, was in solch einer Szene passierte. Ich spürte, dass es zum Kuss kommen würde, auf jeden Fall. Ich fühlte fast schon ihre seidenzarten Lippen auf meinen, als mir plötzlich ein stechender Schmerz in den Kopf fuhr, so als hätte mir jemand einen Nagel hineingehämmert. Plop, und die Blase um uns herum, in der die Stimmung eingeschlossen war. wurde zerstört. Ich wich irritiert zurück, flüsterte kaum hörbar “Ich muss gehen” und rannte, mir den schmerzenden Kopf haltend, davon in die Nacht, immer dem Licht der nächsten Laterne folgend. Übrig blieb eine irritiert dreinblickende Sakura und ein mich ständig “Idiot” schimpfendes Gehirn.

Gefühlte 5 Straßen weiter blieb ich im schwachen Lichtkegel einer Laterne stehen und ließ die Hand an meine Seite sacken. Wie in einem schlechten Drehbuch begann ein plötzlicher Sommerregen und prasselte still auf mich hernieder. Ich holte Luft und schrie. Ich durchbrach die Stille der Nacht und hoffte, dass mich durch die Regentropfen hindurch niemand hörte.

Die Oase der Ruhe

Die Oase der Ruhe
 

Die nächsten Minuten verblieb ich in meiner Position, ließ die Regentropfen auf mich fallen und glaubte fest daran, dass sie mich wegspülen würden; wegspülen dorthin, wo es keine Sorgen gab, keinen Ärger, keine Angst. Obwohl es nicht kalt war, zitterte mein Körper leicht. Noch immer verfluchte ich mich selbst für den dämlichen Mist, den ich gebaut hatte. Ich hatte alles falsch gemacht, was ich hätte falsch machen können. Ich hätte nicht zum Kaffee zusagen dürfen, ich hätte Sakura nicht nach Hause begleiten dürfen, ich hätte sie nicht fast küssen dürfen, aber vor allem hätte ich sie nicht so schnell in mein Herz schließen dürfen und sie dann auf die hässlichste Art und Weise verletzen - ohne Erklärung, ohne für sie ersichtlichen Grund.

Ich hatte Sakura enttäuscht, ich hatte mich enttäuscht, aus Blödheit, Ignoranz, vielleicht auch aus Verzweiflung? Mein Verstand raste vor Wut auf mich selbst, mein Herz schlief, meine Augen ruhten. Ich warf mir alles vor, empfand Schuld, Scham, hatte dieses schlechte Gefühl im Magen, welches sich immer als Gewissen auszugeben versuchte.

Für eine Entschuldigung war es zu spät, eine Erklärung würde Sakura nicht bekommen, vielleicht war das auch besser für sie und auch besser für mich… das redete ich mir zumindest ein. Ich tröstete mich mit dem Gedanken, für sie eine flüchtige Bekanntschaft gewesen zu sein, eine wage Silhouette, ein Sandkorn in einem Strand aus Erinnerungen.

Ich hatte ihr Leben gerettet, das würde reichen; zumindest ging es mir mit diesem Gedanken besser, doch meine Mauer war schwach und ließ genügend Öffnungen für die aufkommenden Schuldgefühle. In mir tobte erneut der Kampf, und mein Körper war als Schlachtfeld schon verwüstet genug.

Der Regen hörte auf, die Laterne flackerte leicht. Es herrschte völlige Windstille - doch der Sturm in meinem Herzen hatte gerade erst begonnen.
 

Mühsam schleppte ich mich mit einer imaginären Eisenkugel am Fuß einige Straßen weiter und rief ein vorbeifahrendes Taxi heran. Vorsichtig sank ich auf den Rücksitz des Autos und fühlte wie die Müdigkeit langsam meine Muskeln lähmte. Auch wenn ich tropfte wie ein Wasserhahn, kam keinerlei Beschwerde. Ich nannte dem Fahrer, auf dessen Fahrerlizenz der Name Jim Young eingestanzt war, meine Adresse; er nickte, trat aufs Gas und fuhr geschmeidig um die Kurven des verspielten Straßennetzes. Wenn man etwas selten antraf, dann war das wohl eine derart angenehme Fahrweise bei einem New Yorker Taxifahrer und mein gesamter Körper dankte Jim aus ganzem Herzen.

Noch ehe meine Augen gänzlich von der Müdigkeit in den Klammergriff genommen wurden, hielt das Taxi plötzlich an und weckte mich ruckartig aus meinem heilenden Halbschlaf. Noch leicht benommen reichte ich dem guten Jim das Geld und stieg aus. Das Getöse der Stadt ignorierend schleppte ich mich zum Eingangsbereich des Wohnhauses, in dem sich meine geliebte Wohnung befand, steckte den Schlüssel ins Loch und trat ein. Ein Nachbar, der 2 Stockwerke über mir wohnte, schlich sich vorsichtig an mir vorbei und warf mir einen Blick zu, der wohl so etwas wie “Was ist denn mit dir passiert!?” bedeutete. Peinlich berührt versuchte ich so wenig Augenkontakt wie möglich zu halten und lief schnell hoch in den 2. Stock, wo ich voller Erleichterung meine Wohnungstür erblickte. Meine Kleidung war klatschnass vom Regen und ich wollte erst gar nicht daran denken, wie sehr ich das Taxi und das Treppenhaus hier nassgemacht hatte.

So schnell wie möglich betrat ich das Zentrum meiner inneren Ruhe, sozusagen den Tempel “Naruto”. Nirgendwo anders war ich so willkommen wie hier, nirgendwo anders fühlte ich mich so sicher und behütet. Ich zog schnell meine Sachen aus, schmiss sie achtlos in den Wäschekorb und erfreute mich meiner unbeschwerten Nacktheit. Ein wenig munterer spazierte ich in mein Badezimmer, stellte mich unter die Dusche und drehte das heiße Wasser auf. Sofort fielen die Tropfen aus dem Duschkopf auf mich und befreiten mich von jeglicher Anspannung, die ich über den Tag aufgebaut hatte, ähnlich einer Massage. Eine Dusche hatte bisher immer alles erträglicher gemacht; schon traurig, dass dies wohl eine der wenigen Konstanten in meinem Leben war. Allmählich kam ich zur Ruhe, ließ meine Seele ein wenig baumeln. Ich fühlte mich plötzlich komplett leer, wollte keine Gedanken mehr verschwenden, weder an Sakura noch an den Tod, schließlich war doch beides vollkommen vergebens. Nichts davon würde das Unvermeidbare aufhalten können oder es in irgendeiner Weise erträglicher machen. Den Kreislauf des Lebens konnte man nicht unterbrechen. Ich würde sterben und für mich würde jemand Anderes kommen, so war das Gesetz und es war absolut.

Ich stellte das Wasser ab, schnappte mir ein Handtuch aus dem kleinen Schrank in der Badezimmerecke und trocknete mich ordentlich ab. An diesem Abend würde ich nichts mehr schaffen, das war mir bewusst. Daher schlug ich den einzig richtigen Weg ein: den in mein Schlafzimmer. Und als mein Bett mich nahezu verführerisch zu sich zog und ich mich auf die weiche Matratze warf, da bereute ich meine Entscheidung kein Stück. Wie auf Wolken gebettet lag ich da, schloss die Augen und versuchte, in die fantastische Welt der Träume einzutauchen; eine Welt, in der ich tun und lassen konnte, wonach mir der Sinn stand: ich konnte Drachen besiegen, ich konnte fliegen, ich konnte ein freier, lebendiger Mensch sein, fernab von der bösen realen Welt, in der so viel Kummer, so viele Enttäuschungen warteten. Ich gab mir die größte Mühe, meinen Verstand zu besänftigen, ihn an nichts denken zu lassen, und zwar indem ich mir nämlich überhaupt keine Mühe gab; Welch Ironie. Es schien mir zu gelingen, meine Gedanken verselbstständigten sich , ich wurde schwerelos, dann war alles schwarz und ein tiefer Schlaf setzte ein.
 

Am nächsten Morgen weckte mich ein Sonnenstrahl, der sich an den Vorhängen vorbeigeschlichen hatte und mit seiner Wärme meine Nase kitzelte. Nur ungern öffnete ich meine Augen und spürte, wie die magnetisch anmutende Anziehung meines Bettes mich zu sich zog. Dem Effekt nicht nachgebend lenkte ich meinen Blick auf den Wecker auf dem Nachttisch zu meiner Rechten. 8:39, nicht zu spät, nicht zu früh, also im Normalfall ein guter Start in den Tag. Ich richtete mich auf, gähnte und sprang gekonnt aus meinem Bett. So einen Morgen begann ich am liebsten mit Spiegeleiern und schön gebratenem Speck; eine weitere dieser jämmerlichen Konstanten, wie ich feststellte. Also ging ich zuerst ins Badezimmer, wusch mich und schlurfte noch leicht schlaftrunken in meine Küche. Ich war stolz auf jedes einzelne Zimmer in dieser Wohnung. Fein säuberlich hatte ich mir alles so eingerichtet wie ich es brauchte und mochte. Die schönen, leuchtenden Farben an meinen Wänden gaben mir das Gefühl von Sicherheit und Wärme, vor allem das Grün meines Schlafzimmers.

Auch für meine Küche hatte ich mir ein schönes Orange ausgesucht. Die Küchenzeile auf der rechten Seite hatte alles, was ein Single-Mann in New York benötigte: Einen Herd, eine Spüle, eine Spülmaschine sowie mehrere kleine und große Schränke für meine Küchengeräte und natürlich das Besteck. Schnell schnappte ich mir eine kleine Gießkanne und begoss die Pflanzen auf dem Fenstebrett. Ich fragte mich, wer sich wohl nach meinem Abtritt um die Pflanzen kümmern würde und entschied, sie der freundlichen alten Dame aus dem Erdgeschoss zu überlassen. Ich wollte, dass jemand gut auf meine kleinen Babies aufpasste.

Ich öffnete den Kühlschrank zu meiner Linken und durchsuchte ihn nach den benötigten Zutaten. Die Eier fand ich zwar, doch der Speck war mir ausgegangen. Ich fluchte laut. Schlimmer konnte ein Tag nicht beginnen. Ich war wütend: erst die Sache mit dem Tumor, dann das mit Sakura und jetzt noch mein Frühstück!? Es war zwar nur eine Kleinigkeit, aber wenigstens ein Frühstück konnte man einem Todgeweihten noch gönnen, oder nicht!? Ich wusste nicht warum, aber mich packte eine ungeheure Wut, die ganz tief aus meinem Innersten heraus wollte und sich plötzlich entlud, auch wenn ich das eigentlich nicht wollte.

Sauer schnappte ich mir den Käse und warf ihn mit ganzer Kraft gegen das Fenster auf der anderen Seite, aber das reichte mir nicht annähernd. Dann tat ich dasselbe mit den Eiern, Stück für Stück. Ich konnte es nicht mehr aufhalten; ein Lebensmittel nach dem Anderen flog durch die Küche, es schepperte und krachte, dann war alles aufgebraucht. Ich schrie laut, dann fiel ich auch die Knie als hätte mir jemand die Beine unverfroren weggezogen. Warme Tränen liefen meine Wangen entlang, ich weinte wieder bitterlich. Ich konnte nicht wirklich sagen, weshalb ich das getan hatte, aber ich hatte es definitiv gebraucht.

Ernüchternd musste ich feststellen, dass ich nicht stark war. Ich konnte mir nicht einreden, dass ich die nächsten Wochen noch vollkommen auskosten würde, dass ich auch glücklich sein konnte trotz meines bevorstehenden Todes, dass ich nur durch ein gutes Frühstück gute Laune haben würde. Das alles war bedeutungslos geworden, einfach alles. Und bald würde ich selbst bedeutungslos werden, das war der traurige Gedanke, der mich niedergestreckt hatte. Noch nie hatte ich mich so gefühlt wie in diesem Moment.

Niedergeschlagen stand ich auf, wischte mir übers Gesicht und holte den Mopp aus dem Badezimmer. Ich wusste nicht ob die kalte Kühlschrankluft mein Gemüt abgekühlt hatte oder einfach sämtliche Wut nun aus mir gewichen war, aber ich hatte mich definitiv beruhigt. Jedenfalls begann ich, die Küche zu putzen, einfach so; ich hatte nichts Besseres zu tun. Nebenbei schaltete ich das Radio ein und begann, den Mopp routiniert über die weißen Bodenfließen zu führen. Der gut gelaunte Radiosprecher erzählte irgendwas von gutem Wetter und von den tollen Hits, die mich die nächsten Stunden erwarten würden.
 

Er kotzte mich an mit seiner guten Laune, aber ich konnte mich auch nicht so recht darüber aufregen. Trüb schaute ich den Bewegungen des Mopps zu als er leicht über den Boden glitt und das Chaos zu bereinigen versuchte. Nach einer Stunde hatte ich die Küche vollständig sauber bekommen und konnte endlich entspannen, doch mein Magen hatte andere Dinge für mich geplant. Wie ein hungriger Löwe knurrte er vor sich hin und bereitete mir Bauchschmerzen, doch ich hatte nichts mehr Essbares im Haus.

Ich hatte keine andere Wahl: einkaufen war angesagt. Ich zog mir eine Jeans an und schnappte mir ein rotes Shirt mit V-Ausschnitt aus meinem Schrank. Mein Porte Monnaie lag auf der Kommode im Flur, so wie mein Telefon auch. Ich bemerkte, dass auf dem AB zwei Nachrichten waren. Ich drückte auf den Schalter zum Abhören.

Die erste war von meiner Sekretärin TenTen:

“Herr Uzumaki,

Ich möchte sie noch einmal an die Besprechung am Montag bezüglich der Entwürfe zu dem neuen Bürogebäude erinnern. Seien Sie bitte pünktlich und vergessen Sie die Präsentation nicht wieder.”

Ich schmunzelte. Was würde ich nur ohne sie tun? Bereits seit 3 Jahren erinnerte sie mich immer wieder an Termine, Baupläne und alles, was ich so gern vergaß. Ich war eben kein besonders organisierter Mensch, ganz im Gegensatz zu ihr. Sie war mir sehr ans Herz gewachsen und war immer äußerst engagiert bei der Arbeit. Sie würde sich aber wohl bald einen neuen Chef suchen müssen.

Die zweite war von Kiba, meinem besten Freund:

“Hey Alter,

was läuft so? Du hattest doch versprochen, dass du mir sofort sagst, was die Ärztin dir nun diagnostiziert hatte!? Meld dich, damit ich mir keine Sorgen mehr mache.

Übrigens: hast du am Wochenende Lust zu feiern? Im “Bar13” soll wieder richtig was los sein, also sag Bescheid.

Halt die Ohren steif.”

Ich seufzte. Kiba; er war mir von allen Menschen am wichtigsten, aber er wusste noch nichts von meinem Tumor. Ich kannte ihn schon seit einigen Jahren, wir hatten uns in einer Bar angefreundet, als wir beide, damals noch Studenten, leicht angetrunken dieselbe schöne Dame mit verführerischen Blicken auf unsere Seite ziehen wollten. Wir kamen ins Gespräch und verstanden uns auf Anhieb perfekt, wie das bei zwei Freunden eben so war. Zu dieser Zeit waren wir beide ständig auf Achse, doch mit dem Einstieg in das Berufsleben kam unweigerlich mehr Routine in unser Leben, und dennoch wussten wir unsere tiefe Männerfreundschaft immer wieder mit Partybesuchen oder guten Männerabenden zu pflegen. Als Tierarzt hatte er viel Kontakt zu anderen Menschen und war genau der gesellige Typ, den man auf jeder Feier gerne dabei hatte. Ja, die Zeit mit ihm war immer ein ganz besonderes Erlebnis

Mir wurde bei seiner Nachricht unwohl. Ich hatte noch nicht wirklich darüber nachgedacht, doch ich würde es ihm sagen müssen, die Sache mit dem Tumor. Ich vermisste ihn bereits wie verrückt und hatte keine Ahnung, wie man ihm hätte schonend beibringen sollen, dass ich bald sterben würde. Ich wusste nicht genau, wie er reagieren würde. Er würde es mir, so vermutete ich, wahrscheinlich nicht glauben und es für einen Scherz halten und dann würde er unheimlich sauer werden, sauer auf alles und jeden. Sein Temperament war eben unberechenbar, aber das war auch eine seiner guten Seiten.

Gedankenverloren öffnete ich die Tür und nahm mir vor, die beiden Nachrichten im späteren Verlauf des Tages zu beantworten. Niemals hätte ich ahnen können, was mir an diesem Donnerstag allerdings noch passieren sollte. Ich trat heraus und wurde von warmen Sonnenstrahlen umarmt, die mich mit ihrer ekelhaften Fröhlichkeit einzunehmen versuchten. Ablehnend zeigte ich ihnen die kalte Schulter und genoss stattdessen die frische Brise, die durch die Straßen zog und die Hitze am frühen Morgen erträglich zu machen versuchte. Es war eigentlich ein schöner Tag, doch ich wusste trotzdem nicht, was ich mit ihm anfangen sollte. Theoretisch hätte ich alles tun können: Fallschirm springen, Bungee Jumping, das Empire State Building erklimmen, einen Spontanflug nach Las Vegas buchen und meine ganze Kohle verpulvern; das alles war möglich und der Ausgang würde im Endeffekt egal sein, vollkommen unwichtig. Theoretisch hätte mir das unglaubliche Freiheit verleihen müssen, aber das tat es nicht. Ganz im Gegenteil, ich fühlte mich irgendwie leer, ausgelaugt. Es gab so viele Dinge, die ich noch eingeplant hatte für mein Leben, doch die Zeit würde nicht reichen für alle.

Ich hatte keine Lust zum Einkaufen. Ich hatte im Grunde auf gar nichts Lust. Und worauf ich keine Lust hatte, das musste ich auch nicht mehr tun, ich war der Welt nichts schuldig. Ich wollte einfach nur entspannen, ein wenig für mich sein und darüber entscheiden, wie ich Kiba meine Situation erklären würde. Mir fiel nur ein einziger Ort in New York ein, wo ich die Art von Ruhe finden würde, die ich brauchte: den Central Park. Also stieg ich in die U-Bahn und saß stillschweigend auf meinem Platz, während ich die Menschen im Wagon beobachtete. Es war schon seltsam: wenn man jemandem direkt in die Augen schaute, so wandte die Person ihren Blick sofort woanders hin, so als griff man tief in ihre Privatsphäre ein. Jeder Platz war besetzt, jeder Fleck Boden war aufgebraucht. Wir waren viele und doch waren wir allein, jeder für sich. Ich fühlte mich plötzlich unwohl, fühlte mich eingeengt von allen Seiten und doch so einsam. Ein kleines Kind schaute mich mit ehrlichem Blick an, der einzige Mensch, der mir hier in die Augen schaute. Es lachte leise und ich lächelte, versuchte es zumindest, doch seine Mutter ermahnte es leicht genervt und zog es beschützend an sich. Sie würdigte mich nur eines kurzen Blickes

Wirkte ich denn wirklich gefährlich?
 

Kurz darauf hielt die Bahn und ich rannte eilig heraus an die frische Luft. Als hätte ich mehrere Tage unterirdisch verbracht, atmete ich mehrere Male tief ein und aus und fühlte mich gleich ein wenig besser. Vor mir erstreckte sich bereits die Grenze zum Central Park und grüne Bäume empfingen mich mit offenen Ästen. Ich trat erleichtert ein und genoss all den Raum, der sich mir bot. Meine Schuhe wurde ich schnell los und bewegte mich barfuss auf dem Gras fort. Überall um mich herum blühte das Leben. Der Sommer hatte seine sonnigen Arme nach New York City ausgestreckt und tauchte den Central Park in satte Farbtöne. Die Blätter der starken Bäume um mich herum strahlten in einem sanften Grün-Ton, der mein Herz angenehm höher schlagen ließ. Das saftige Graß unter meinen Füßen kitzelte leicht meine Haut, als ich, von der Szenerie berührt, an etlichen Menschen vorbeizog, die sich des schönen Tages bedienten um zu entspannen.

Paare lagen glücklich verliebt nebeneinander, einige Leute spielten Frisbee, Touristen machten Fotos ohne Ende und vergaßen dabei komplett, diese Momente zu genießen. Erneut atmete ich tief ein und aus und versuchte, so viel von dieser Lebensenergie aufzunehmen wie möglich, auch wenn meine eigene bald verschwinden würde. So langsam schlenderte ich meinem Lieblingsplatz entgegen und hörte den Vögeln beim Zwitschern zu. Meine unguten Gefühle hatten Sendepause, mein Herz und Gehirn hatten kurzzeitig Waffenstillstand geschlossen und mir etwas Zeit zum Ausruhen geschenkt. Ich dankte es ihnen innig.

Schon aus 50 Metern Entfernung sah ich meinen geliebten Ort sehnsüchtig auf mich warten. Automatisch wurde mein Gang schneller, ich hatte das Ziel genau vor Augen. Es handelte sich um einen seltsam gewachsenen Baum in der Nähe einer mit Pflanzen bewachsenen Steinbrücke, die sich über einen schönen Teich erstreckte. Der Baumwipfel neigte sich in Richtung des Wassers und wirkte wie ein Haube, die sich schützend um den kleinen Fleck am Boden aufgebaut hatte, auf den ich mich gleich setzen würde. Noch vollkommen entspannt lehnte ich mich an den Baumstamm und brachte mich in eine angenehme, halb sitzende, halb liegende, Position.

Es fühlte sich so surreal an. Ich hatte meine schattige Oase der Ruhe in einer der geschäftigsten Städte der Welt gefunden. Die Stadt schien so weit weg, die riesigen Wolkenkratzer, der Trubel der Stadt, die Hektik all dieser Menschen, auch wenn es nur wenige hundert Meter Abstand waren. Ich fühlte mich abgeschottet, blendete alles aus, was ich nicht brauchte. Mein Gedanken bekamen Flügel und stiegen in den Himmel, ich verlor aus den Augen, worüber ich eigentlich nachdenken wollte. Die zarte Brise auf meiner Haut, die leise Bewegung des Wassers, das Rauschen der Blätter, alle hatten sich zusammengetan und wiegten mich behutsam in einen leichten Halbschlaf. Meine Augen fielen langsam zu und die Menschen, die auf dem Weg einige Meter hinter mir wanderten, hatten meine Aufmerksamkeit schon längst verloren. Meine Ohren filterten jeden Störfaktor einfach weg.

“Ich habe dir doch schon hundert Mal gesagt, dass du mich in Ruhe lassen sollst! Es ist vorbei mit uns!”, ertönte plötzlich eine laute Frauenstimme von der Steinbrücke und riss mich gewaltsam aus dem Schlaf, so als wenn ein Fisch mit einem einzigen starken Ruck von der Angel aus dem Wasser gezogen wurde. Ich setzte mich ruckartig auf und schaute mich noch leicht verschlafen um. Mein Blick wanderte zur Brücke und ich verfluchte mich selbst als beim Anblick der dort stehenden Personen mein Herz und mein Verstand die Waffen ergriffen und in die nächste verheerende Schlacht zogen

Der erste Kuss!?

Der erste Kuss!?
 

    Ich blickte zähneknirschend auf die Szene, die sich mir, unfreiwillig, bot. Dort stand doch tatsächlich Sakura! Ich konnte es nicht glauben. 8 Millionen Menschen in dieser gottverdammten Stadt und ich begegnete ausgerechnet ihr 2 Mal innerhalb von 2 Tagen!? Das war doch ein reines Ding der Unmöglichkeit! 

    Sollte ich sie vielleicht ansprechen? Nein, nein, ganz blöde Idee. Außerdem war sie nicht alleine. Ihr gegenüber stand ein großgewachsener, dunkelhaariger Kerl, der sie halb-interessiert mit einer Hand in der Hosentasche anschaute und gleichgültig mit den Schultern zuckte. Er war zugegebenermaßen ziemlich gutaussehend, doch sein arroganter Gesichtsausdruck war so unglaublich unsympathisch, dass ich mich selbst “Arschloch” flüstern hörte. 

   Das ging mich alles aber eigentlich gar nichts an. Ich hätte nicht lauschen dürfen, ich hätte nicht dort bleiben sollen, ich hätte mich leise und unbemerkt aus dem Staub machen sollen, aber… ich wollte nicht. Ich war neugierig, aber so richtig. Gespannt sah ich ihnen weiter zu und versteckte mit sicherheitshalber ein wenig hinter dem Baumstamm, sodass mich niemand sehen würde. “Sei nicht so stur. So schlimm war es doch gar nicht..”, sagte er vermeintlich beschwichtigend, aber man konnte deutlich hören, dass er es nicht im Entferntesten ernst meinte. “Nicht so schlimm!?”, fuhr Sakura aus der Haut. “Du hast während unserer Beziehung mit zwei anderen Mädchen geschlafen innerhalb von 6 Monaten, du Schwein! Es gibt nichts Schlimmeres als das!”, schrie sie ihn wütend an und ihr hochroter Kopf mutete nur an wie kurz sie vor einer Explosion stand. 

    Er seufzte und fuhr sich leicht genervt mit den Fingern ganz lässig durch die Haare. “Was kann ich denn dafür, dass die alle was von mir wollen? Ich bin eben ein belie..”, fing er an mit seiner Erklärung, als ich auch schon Sakuras Hand auf ihn zufliegen sah, die mit voller Wucht auf seiner Wange einschlug. Ich hörte das Klatschen deutlich in meinen Ohren. Mann, was für eine Ohrfeige! Das war ja spannender als jede Soap im Fernsehen. Ein wenig Popcorn und es wäre optimal geworden. Und ich hoffte, dass die Show noch weitergehen würde. “Es reicht!”, sagte sie bestimmt, drehte sich um und verließ den Ort des Geschehens in kompletter Raserei. Ich fand ihre Aktion auf eine seltsame Weise mutig als auch verdammt sexy. 

    Übrig geblieben war dieser Kerl, der sich mit der linken Hand über die schmerzende Wange rieb. Er sah ihr kurz nach, zuckte mit den Schultern und zog ab. Schade, Vorstellung vorbei, aber ich hatte schon irgendwie Lust, Sakura für diese, zugegebenermaßen verdient ausgeteilte Ohrfeige ein High Five zu geben... nur ging das nach meiner Fluchtaktion vom Vorabend nicht. 

    “Aber wo ist Sakura jetzt überhaupt hin!?”, wunderte ich mich und bereute die Frage im nächsten Moment auch schon, da ich plötzlich eine wild fluchende Stimme vernahm, die sich langsam in meine Richtung bewegte. Kein Zweifel: sie war es. Ich geriet in Panik. Würde sie mich sehen, wäre ich wohl verloren gewesen und hätte mir vielleicht auch noch so eine Mörder-Ohrfeige gefangen, also entschied ich mich für die Option, die mir am männlichsten schien: sich feige verstecken!

Vorsichtig versuchte ich, ihre Position auszuloten und mich so am Baum entlang zu schleichen, dass sie mich nicht entdecken würde. Gaaaanz vorsichtig, einen Schritt nach dem anderen. Es lief gut, sie war fast gänzlich vorbeigelaufen, doch wie vorprogrammiert setzte die nächste Katastrophe ein. Ich wusste nicht, wer das Drehbuch schrieb, welches mein Leben war, aber ich verspürte die dringende Lust, ihn mit einem Knüppel zu verprügeln, da derjenige es sich wohl nicht verkneifen konnte, mich ausgerechnet in so einem wichtigen Moment über eine Baumwurzel stolpern zu lassen. Ich fiel nach hinten um und landete, wie sollte es auch anders sein, direkt im Wasser. Verdammt, verdammt, verdammt. Die ganze Geschichte entwickelte sich mehr und mehr zu einem schlechten Hollywood-Streifen und ich war nicht sonderlich scharf darauf, den Hauptcharakter zu spielen.. Ich war nun also nass, leicht verärgert und, so stellte ich nach dem Auftauchen fest, keine besonders guter Versteck-Spieler.

    Sakura starrte mich mit einer Mischung aus Verwunderung und Sorge an. “Naruto, bist du das?”, fragte sie in einem, glücklicherweise, ziemlich ruhigen Ton. Ihre Wut war scheinbar schneller gewichen als gedacht. “Oh Sa-Sakura, hey, was machst du denn hier?”, stotterte ich sie an, während ich zwischendurch ab und zu verlegen ein wenig lachte. Mein gesunder Menschenverstand meldete sich wieder mal. “Lauf, lauf um dein Leben!”, schrie es in meinem Kopf, aber wie so oft in den letzten Tagen hatte mein Kopf die Kontrolle über meinen Körper aufgegeben und ließ mich dabei zuschauen, wie Sakura plötzlich bewusst wurde, dass ich sie gesehen haben könnte. Sie schlug sich verlegen die Hände vor den Mund. “Bitte sag mir, dass du das gerade mit Sasuke nicht gesehen hast”, sagte sie fast schon bettelnd und erhöhte ihre Stimme zum Ende des Satzes auf ein lustiges Quieken. Ich fand das süß.

    “W-was gesehen?”, fragte ich gespielt unwissend und zog eiskalt diese Sache mit dem verlegenen Ahnungslosen durch. Wow, ich war echt ein beschissener Lügner und das hatte sie sofort gemerkt. Sich in Grund und Boden schämend sank sie noch weiter in sich zusammen und ich alter Esel fand das auch noch total anziehend. Sie trug wieder ein verspieltes Sommerkleid, dieses Mal in blau , welches knapp über den Knien schon ein Ende fand. Waren ihre Beine eigentlich am Tag zuvor auch schon so hübsch und lang gewesen? Kurzum, sie sah einfach fantastisch aus. Wie konnte dieser Sasuke nur ein so tolles Mädchen betrügen? Dieser Idiot!

    “A-ach, es war doch nichts Schlimmes, zumindest von deiner Seite aus”, versicherte ich ihr und lächelte aufmunternd.” Sie blickte mich scheu an. “Normalerweise schlage ich nicht einfach so zu, aber er hat mich einfach total aufgeregt.”, erklärte sie etwas nervös und das glaubte ich ihr auch so. Ich stieg aus dem Wasser und quetschte meine klitschnasse Kleidung aus. “Was machst du eigentlich hier?”, fragte sie und meine Konzentration galt wieder ihr. “Ach, ich wollte eigentlich nur ein wenig entspannen. Das hier ist einer meiner Lieblingsplätze in New York, meine Wohlfühloase sozusagen.”, erzählte ich ihr bereitwillig und sie nickte. Ihre Stimmung schien sich gebessert zu haben und irgendwie machte das auch mich froh, doch erneut zerschlug sie alles mit einer einzigen Frage. “Warum bist du gestern weggerannt?” Volltreffer! Direkt war sie, das musste ich ihr schon lassen. Ich wusste nicht, was mir besser gefallen hätte: diese Frage oder direkt eine Ohrfeige von ihr. Ihr leicht enttäuschter Gesichtsausdruck machte es mir nicht einfach, sie anzulügen. Ich wollte ja auch gar nicht lügen. Ich wollte ihr viel lieber die Wahrheit sagen, ihr alles erklären und den ganzen Spuk beenden, aber das konnte ich einfach nicht. 

   Stattdessen durchforstete ich mal wieder eifrig mein Hirn nach möglichen Ausreden, aber so recht wollte mir nichts einfallen. “Naja… also… ich… ähm… wie soll ich sagen… ich musste..”, plapperte ich sinnlos vor mich hin und klang wie der größte Volltrottel auf der Erde. Sie merkte, dass ich das nicht erklären konnte oder wollte, aber ich machte deutlich, dass nicht sie der Grund für meinen vorzeitigen Abgang gewesen war. Sie wirkte beruhigt und sagte plötzlich etwas, dass mich noch mehr überraschte. “Tja, dann musst du jetzt eben Wiedergutmachung leisten, aber ein Kaffee wird mir nicht reichen.”, ließ sie grinsend verlauten und mir schwante schon Böses. “Du musst mich heute zum Essen einladen, und zwar bei dir zu Hause.”, erklärte sie in fröhlichem Sing-Sang und ließ mir nicht einmal die Möglichkeit, diesen Vorschlag abzulehnen. Für sie war es nun beschlossene Sache und irgendetwas sagte mir, dass ich daran nichts ändern würde. Ich startete trotzdem einen Versuch. “A- aber ich hab gar nichts Essbares da.”, sagte ich und hoffte inständig, dass sie einfach lockerlassen würde… ich Amateur. “Kein Problem, wir gehen erstmal einkaufen.”, trällerte sie mit einer süßen Stimme und zog mich auch schon in Richtung der U-Bahn.

    Ich erfühlte das nasse Portmonnaie in meiner rechten Gesäßtasche und seufzte kaum hörbar. 

In was für eine Sache hatte ich mich denn jetzt schon wieder reingeritten?
 

    Eine Stunde später standen wir vor meiner Haustür. Meine Kleidung war in der kochenden Sommerhitze schon ganz gut getrocknet, doch das machte die verstörten Blicke der Verkäuferin im Supermarkt nicht wett, die sie meinen nassen Sachen zugeworfen hatte. Geduldig hatte ich gewartet, dass sie, dem langweiligen Alltagstrott verfallen, die Waren über die Kasse zog und auch die bizarre Stimmung überstanden, die entstanden war, als ich ihr mehrere feuchte Scheine zum Bezahlen entgegenhielt. Sakura hatte nur amüsiert zugeschaut und leise gekichert. 

Bis zu mir waren es dann nur noch wenige hundert Meter. Wir hatten zahlreiche Zutaten gekauft und noch keinerlei Gedanken daran verschwendet, was wir eigentlich kochen wollten, aber ich konnte mich gut mit dem Gedanken anfreunden, einfach auf gut Glück irgendetwas in die Pfanne zu schmeißen und zu sehen, was dabei herauskommen würde. Mühsam schleppte ich die schweren Einkaufstüten nach oben und kramte den Schlüssel aus meiner feuchten Hosentasche.

    Ich öffnete die Tür und Sakura begann wie ein Detektiv direkt mit einer gründlichen Inspektion des gesamten Areals. “Schön hast du es hier. Und sauber ist es auch.”, sagte sie aufrichtig lächelnd und brachte mich durch dieses Kompliment zum Schmunzeln. Wie ein kleines Kind untersuchte sie jede Ecke, stellte tausende von Fragen und schuf eine heimelige Atmosphäre, die ich in diesen Wänden zuvor nie gespürt hatte, obwohl ich diese Wohnung liebte.. Ich fühlte mich geborgen und ruhig in ihrer Nähe, und auch wenn meine Nerven eigentlich schon am Ende waren, so störte mich das kaum. 

    Ich begann so langsam, mich in sie zu verlieben und das war nicht gut. Eine Beziehung mit ihr würde keine Chance haben. Ich würde sie nur verletzen und das wollte ich nicht, auf gar keinen Fall. Es gab nur eine Möglichkeit: Ich musste das Essen schnell erledigen und dann den Kontakt zu ihr möglichst abbrechen. So war es besser, so war es sicherer… auch wenn es wehtat. Eine Sache war mir klar: sollte es zu einer ähnlichen Situation wie am Vorabend kommen, würde ich nicht mehr widerstehen können, Schmerz hin oder her.

Gedankenverloren schnürte ich mir meine Schürze um und sammelte die Kochutensilien zusammen. Unter größter Mühe versuchte ich, die Konzentration aufrecht zu halten und endlich meinem Verstand wieder die Kontrolle zurückzugeben. Sakura tippte mich von hinten an. “Naruto?” “Ja?”, fragte ich, während ich mich zu ihr umdrehte und im nächsten Augenblick von ihr in einen leidenschaftlichen Kuss gezogen wurde.

Die Gefühle eines Träumers

Die Gefühle eines Träumers
 

Ich war vollkommen überrumpelt. Ihr weichen Lippen legten sich stürmisch auf meine und verführten sie innerhalb von nur wenigen Sekunden. Ich war ihr hilflos ausgeliefert und es fühlte sich zugegebenermaßen verdammt toll an. Mein Herz feierte eine riesige Party und übertönte gekonnt die kleine nervige Stimme im Hinterkopf, die mir irgendetwas von Moral einzureden versuchte.

Sie legte ihre Arme um meinen Hals und zog mich etwas weiter zu sich herunter. Nun musste sie nicht mehr auf Zehenspitzen stehen und hatte mich umso stabiler im Griff. Ich wehrte mich kein Stück, gehörte gänzlich ihr. Was für ein Kuss! Mein Körper spielte verrückt, ich zitterte ein wenig vor Nervosität. Sakura war nicht das erste Mädchen, dass ich bis zu diesem Zeitpunkt geküsst hatte, und doch fühlte ich mich als wäre es mein erster richtiger Kuss gewesen.

Ich legte meine Hände an ihre Taille und hob sie auf den massiven Küchentisch. Sie fühlte sich unglaublich leicht an, doch vielleicht spürte ich in diesem tollen Moment euch einfach keine Schwere. Wir ließen kurz voneinander ab, grinsten fast schon verlegen und bevor ich auch nur annähernd einen klaren Gedanken fassen konnte, begann diese unglaubliche Sensation von Neuem. Es wirkte kein Stück aufdringlich; sie ließ mir jederzeit die Möglichkeit den Kuss zu beenden, aber das lag nicht in meiner Absicht. Ich wollte nicht, dass es aufhörte, ich wollte sie nicht gehen lassen, ich wollte einfach alles vergessen und die Sorgen beiseite schieben. Nur für einen Moment wollte ich wissen wie sehr ich das Leben noch immer genießen konnte. Sie ließ es zu.
 

Wie sagt man so schön: Die schönsten Dinge gehen vorbei; und so auch dieser Kuss. Wir atmeten schnell ein und aus, im Grunde nach frischem Sauerstoff schnappend, und schauten uns gegenseitig in die Augen. Ich weiß nicht, ob sie schon die ganze Zeit dort gewesen waren, aber kleine Schuldgefühle überkamen mich und ließen einen kalten, unangenehmen Schauer über meinen Rücken wandern wie ein Eiswürfel, den man als Streich jemandem einfach unters T-Shirt steckt. Bisher hatte ich sie jedenfalls gut ignoriert. Dennoch: Mal wieder hatte ich Scheiße gebaut. Mal wieder hatte mich hinreißen lassen, dann bei ihr womöglich Hoffnungen geweckt und denen würde ich nicht entsprechen können. “3 Wochen”, hallte es in meinem Kopf wider und die Menge an Glücksgefühlen, die ich noch einen Moment zuvor empfunden hatte, ebbte deutlich ab. Ich würde Sakura enttäuschen, so oder so, und das tat mir Leid. Sie hatte so etwas nicht verdient, aber dennoch bereute ich keine Sekunde von dem, was wir miteinander getan hatten.

Ich warf ihr einen leicht fragenden Blick zu. Warum hatte sie mich geküsst? Was erhoffte sie sich davon? Wir waren praktisch Fremde; sie verstand auf Anhieb, ohne ein einziges Wort meinerseits. “Es fühlte sich einfach richtig an. Irgendetwas in mir wollte dich ganz unbedingt küssen, ich kann es auch nicht erklären.”, sagte sie mir sanft und setzte ein leichtes Lächeln auf. Ich nickte. Sollte ich ihr sagen, dass es mir ähnlich ging? Dass auch ich eine unheimliche Anziehungskraft verspürte, die es scheinbar zwischen uns gab? Dass auch ich sie küssen wollte und ein Gefühl bei ihr entwickelte, welches mir so vertraut, aber dennoch so fremd schien? Ich ließ es. Sie wusste es bereits, da war ich mir sicher.

Innerlich seufzte ich. Da stand ich also mal wieder zwischen zwei Stühlen. Ich hatte die Qual der Wahl, es standen zwei Entscheidungen zur Auswahl: Ich konnte Sakura die Wahrheit sagen oder den Kontakt einfach abbrechen. Dass ich in beiden Dingen nicht sonderlich talentiert war, wusste ich ja schon aus guter Erfahrung. Letztendlich würde es aber darauf hinauslaufen, dass ich sie verletzen würde, doch welche Variante war schlimmer? Ihre fragenden Augen musterten mich, sie lächelte noch immer. Ich musste mich entscheiden, ganz dringend. Die Zahnräder in meinem Kopf liefen auf Hochtouren, mein Gehirn suchte und suchte und schien endlich eine Antwort gefunden zu haben. Meine Lippen öffneten sich, Worte bahnten sich quälend langsam einen Weg nach draußen. Gleich würde ich es sagen, auf gut Glück.

“Komm, lass uns etwas essen.”, schlug ich plötzlich vor. Was war denn jetzt passiert!? War ich tatsächlich so feige, dass ich nicht einmal solch eine Entscheidung treffen konnte!? Warum hatte ich jetzt so einen Schwachsinn gesagt? Verflucht seiest du, Hirn! Sakura bemerkte nichts. Kichernd sprang sie vom Tisch und begann, ein Lied summend, etwas Gemüse zu zerkleinern. Ich hingegen stand wie angewurzelt da und schaute ihr zu. Sie hatte mich vollkommen verführt, Punkt. Jeglicher klarer Gedanke, jegliche Logik, jeglicher Menschenverstand, alles blendete ich einfach in ihrer Gegenwart aus. Ich konnte es ihr nicht sagen, mein Körper wehrte sich. Ich konnte sie weder gehen lassen noch enttäuschen, doch das war eigentlich nicht zu ändern. Der Tod würde mich holen, und spätestens da würde alles ein Ende haben. Ich handelte egoistisch und das war ihr gegenüber nicht fair, aber so viele Dinge im Leben waren unfair, und dieses gute Gefühl, das sie mir gab, wollte ich noch etwas länger haben, auch wenn das bedeutete, dass ich meine Moral ein wenig zurückstellen musste… es war töricht, es war albern, aber es waren meine Gefühle; die Gefühle eines Träumers.

Ich stellte mich ganz nah an sie heran und half ihr beim Kochen. Ihre Wärme überbrückte die kurze Distanz zwischen uns sofort und schenkte mir das Gefühl von Sicherheit und Zweisamkeit. Dieser liebenswerte Gesichtsausdruck, den sie mir schon die ganze Zeit zeigte, brachte mich sofort zum Lächeln. Es nützte nichts zu lügen: Ich mochte dieses Mädchen, sehr sogar. Ich kannte sie zwar kaum, aber mein klopfendes Herz versicherte mir, dass dies auch überhaupt nicht nötig war. Wir schwiegen eine Weile in einer angenehmen Stille, doch plötzlich spürte ich ihre zarte Hand an meinen Fingern und blickte in ein verschmitztes Grinsen ihrerseits, welches sich in einen Kussmund verwandelte, der sich schnell meiner Wange näherte. Ihre weichen Lippen berührten meine Haut. Es war nur eine kurze Sekunde gewesen und hinterließ trotzdem ein angenehmes Kribbeln an der soeben berührten Stelle.
 

“So, und jetzt wird so richtig gekocht!”, verkündete sie in fast schon heroischer Haltung und erklärte der Herausforderung “Mahlzeit” den Krieg. Sich imaginär die Ärmel hochgekrempelt begann Sakura die Zutaten nacheinander in eine Pfanne zu werfen und zu braten. Ihre Waffe: ein Holzlöffel. Dann holte sie einige Gewürze und tat sie in das Gericht, wie es ihr beliebte. Eines war mir auf Anhieb klar: sie hatte absolut keine Ahnung vom Kochen. Herausforderung nicht bestanden.

Ich reagierte und kam ihr ritterlich zur Hilfe; ich nahm ihr alles aus der Hand und bat sie darum die Nudeln zu kochen, die wir gekauft hatten. Dann probierte ich ein wenig von dem Zeug, welches sie bereits wahllos zusammengeschustert hatte. Es schmeckte grauenhaft und meine Geschmacksnerven schimpften mich schon einen Schwachkopf, doch als sie mich anschaute tat ich so als ob es sehr lecker gewesen wäre. Unter Einsatz all meiner Kochfertigkeiten rettete ich, was zu retten war und stellte erleichtert fest, dass sie wenigstens ihre jetzige Aufgabe zufriedenstellend erledigte. Welch Glück. Nach einigen Minuten nahmen wir alles von den Herdplatten. Ich ging hinüber zum Schrank und griff nach der Tür. Erleichtert stellte ich fest, dass nach meinem kleinen Ausraster vom Morgen keine Teller zerstört worden waren. Ich schnappte mir zwei von ihnen und servierte das leckere Nudelgericht so ansehnlich wie möglich darauf.

“Kochst du oft?”, fragte sie auf ihrem Stuhl wartend und schien jede meiner Bewegungen genau zu studieren. Ich balancierte die beiden Teller zum Tisch und stellte sie vorsichtig ab. “Ja, aber im Normalfall nur für mich. Ich musste oft für mich selbst sorgen, also war das irgendwie immer selbstverständlich.”, erklärte ich ihr und versuchte, die Bilder, die in mir aufkeimten, zu verdrängen. Die Erinnerungen an etliche Abende, an denen ich alleine in meiner kleinen damaligen Wohnung erste Kochversuche startete, während ich mich die Jahre zuvor nur von Fertignudeln und den Reispfannen vom Chinesen um die Ecke ernährt hatte, waren plötzlich so präsent, dass ich den Geruch der fettigen Imbissluft deutlich in meiner Nase roch. Es waren einsame Tage meines Lebens gewesen. Ich schüttelte meinen Kopf und suchte verzweifelt nach der Konzentration auf das, was sich in der Gegenwart abspielte. Sakura wirkte verwundert. Ein leicht verwirrtes Nicken verriet mir, dass sie nicht tiefer bohren würde. Ich dankte es ihr zutiefst.

Das Essen verlief fantastisch. Wie bereits am Tag zuvor unterhielten wir uns bestens und bemerkten nicht, dass die Zeit wie im Flug verstrich. Schon lange waren wir über ein einfaches gemeinsames Dinner hinaus. Der Abend neigte sich dem Ende, die Zeiger zeigte 00:30 Uhr an. Ich brachte Sakura zur Tür. Sie drehte sich zu mir um und suchte direkt Augenkontakt. Ich konnte noch immer kaum glauben wie schön sie war und wie sehr ich sie begehrte, obwohl wir uns nur so kurz kannten. Ihre Lippen suchten erneut meine und befriedigten die Sehnsucht nach Fürsorge und Wärme. Mein Kopf bewegte sich ein Stück in ihre Richtung als sie ihn unterbrach.

Unsere Nasenspitzen berührten sich, ihr warmer Atem zog verspielt an meinen Wangen vorbei. “Ich muss gehen.”, flüsterte sie leise. Ich hielt ihre Hand fest. “Warte noch kurz.” Ich strich sanft über ihren Arm und legte meine Handfläche an ihre Wange. Sie glühte leicht. “Wie soll es jetzt weitergehen?”, fragte ich leicht zögerlich und fixierte ihre grüne Iris. Ich versuchte, etwas darin zu lesen, war aber zum Scheitern verurteilt. Sie war definitiv kein offenes Buch für mich. Das einzige, was ich wusste, war, dass diese Augen wunderschön waren und dass ich nicht wirklich erleben wollte wie Sakura meine Wohnung verließ.

“Das wirst du schon noch sehen.”, antwortete sie kichernd und tippte mir frech an die Stirn. Dann gab sie mir einen Kuss auf die Wange und verschwand. Ich schaute noch minutenlang die Tür an. Meine Hand fuhr die Linien der hölzernen Maserung nach. Ich vermisste dieses Mädchen bereits, doch jetzt, da sie weg war, wurde mir bewusst, was ich mal wieder angerichtet hatte. Es war alles noch viel komplizierter geworden als ohnehin schon. Die Schlinge würde sich weiter und weiter schließen und irgendwann würde es vorbei sein, der Vorhang würde fallen und alles enthüllen, was ich zu verschweigen hatte.

Ich trat einen Schritt nach hinten und fühlte plötzlich erneut einen Schmerz im Kopf. Wie eine Welle bäumte er sich langsam auf und durchfuhr dann meinen gesamten Körper. Mein Schädel schmerzte so unglaublich stark, dass ich mich nicht halten konnte. Ich hatte das Gefühl, dass er gleich explodieren würde. “Scheiße.”, fluchte ich und verlor die Balance; mir wurde schwarz vor Augen, ich stolperte und fiel nach hinten um. Das Letzte, was ich sah bevor ich in die Dunkelheit fiel, war die spärliche Beleuchtung meiner Flurdecke.

Die Suche nach dem richtigen Moment

Die Suche nach dem richtigen Moment

 Ich öffnete die Augen. Meine Lider hingen schwer auf meinem Blick; mein Kopf dröhnte ein wenig. Der Boden unter mir war hart und kalt und mein Rücken schmerzte höllisch, als hätte ich hier über Jahre gelegen. Fast schon in Zeitlupe erhob ich mich und schaute mich zunächst um. Es herrschte Finsternis.Vor mir tat sich ein kleiner, kurviger Weg auf, der nur sehr spärlich durch eine mir unbekannte Lichtquelle erleuchtet wurde. Alles war so ungenau zu erkennen als würde ich durch einen dicken Schleier schauen. Trotzdem war es ein Leichtes, selbst hastigen Schrittes  seinem Verlauf zu folgen, obwohl sich selbst in weiter Entfernung kein Ende zu ergeben schien.

Meine Beine wurden langsam schwerer und schwerer und die Kälte zog in sämtliche Glieder. Stumm lief ich weiter; meine Kehle vermochte wahrscheinlich gar nicht zu schreien. Eher weniger über meine Augen, sondern vielmehr über meine Intuition erkannte ich, dass in der Nähe etwas auf dem Boden lag. Mein Schritt beschleunigte sich noch etwas und sobald ich das dort liegende Ding als Menschen enttarnt hatte, war ich schon am Rennen. Endlich ein Lichtblick in dieser riesigen Einöde; endlich Gesellschaft. 

Als ich die Person erreichte, schmiss ich mich auf die Knie und schüttelte wild ihren Körper. Der Schleier über meinen Augen hob sich und ermöglichte mir endlich eine genaue Einschätzung. Es war ein Mann mit blonden Haaren. War er etwas bewusstlos? Eilig drehte ich ihn auf den Rücken und fiel erschrocken zurück, als ich den größten Schock meines Lebens erfuhr: die Person war ich. Was zum Teufel war denn los? Das, was passierte, entzog sich jeglicher Logik.War das etwa ein Klon? Alles wirkte irgendwie realistisch und doch zu fantastisch um wahr zu sein. Doch noch während ich versuchte, mir einen Überblick über meine Lage zu verschaffen, liefen plötzlich mehrere Menschen in schwarzer Kleidung an mir vorbei und versammelten sich um mein liegendes Ich.
 

 All die Personen waren mir bekannt: es waren alle Freunde und Bekannte, die ich hatte. Kiba, TenTen, sogar Sakura und einige andere hatten sich zu einem Halbkreis um mich herum aufgestellt. Wie aus dem nichts trat ein Kulissenwechsel ein; wir standen auf einem Friedhof und die Sonne schickte wärmende Strahlen zum Boden hinab. Kleine Vögel zwitscherten aus der Ferne und eine leichte Brise versprühte angenehme Kühle. Nun stand direkt hinter mir ein Sarg und ein Pfarrer schlug seine Bibel auf, bevor er schließlich zu sprechen begann. „Sehr geehrte Trauergäste, wir haben uns heute hier versammelt um Abschied zu nehmen von einem Mann, der viel zu früh von dieser Welt gehen musste. Naruto Uzumaki...“, sprach er, doch ich blendete ihn irgendwann aus. Es war also meine Beerdigung; aber: ich war doch noch gar nicht tot! Das konnte doch nur ein blöder Scherz sein! Wild mit den Armen fuchtelnd schrie ich und versuchte mit irgendjemandem Kontakt aufzunehmen, doch niemand sah oder hörte mich. Stattdessen blickten alle meinen toten Klon an ignorierten mein tatsächliches Ich. Enttäuscht gab ich auf.

 Ich schaute in ihre Gesichter; keiner wirkte unglücklich. Vielmehr hatte ich das Gefühl, bei allen ein Lächeln auf den Lippen zu erblicken. Waren sie etwa froh, dass ich weg war? War ich denn tatsächlich so ein schlechter Mensch gewesen, weil ich ihnen nicht von meiner Krankheit erzählt hatte? Die Erkenntnis traf mich. Ich hätte viel ehrlicher sein sollen. Mein Körper gab nach und fiel erneut auf die Knie. „Vergebt mir doch“, flehte ich weinend und klammerte mich an Kibas Bein, in der Hoffnung vielleicht doch noch mit ihm reden zu können, aber er beachtete mich nicht. Dann trat Sakura an seine Seite. „Er hat mich nur belogen und ausgenutzt, dieser Mistkerl. Zum Glück wartet nur die Hölle auf ihn.“, höhnte sie abfällig, machte auf dem Absatz kehrt und verließ die Beerdigung. Ich schaute ihr mit gebrochenem Herzen nach. Hatte ich sie wirklich so sehr verletzt? Etliche salzige Tränen rasten meine Wangen hinab und ich schlug wütend auf den Boden; wütend auf mich selbst. 

 Alle anderen taten es Sakura gleich und gingen ebenfalls. Nicht einer von ihnen hatte etwas Freundliches über mich zu sagen. Nur der Pfarrer stand noch dort und sprach weiter seinen vorgeschriebenen Text, doch man hörte nur unschwer heraus, dass ihm jegliche Lust fehlte und nicht ein einziges seiner Worte aus dem Herzen kam.

 Ich schluchzte; so sah also meine Beerdigung aus. Ich wollte wenigstens noch einen letzten Blick auf mein blödes, totes Ich werfen und raffte mich irgendwie auf. Meine Hand griff nach ihm, doch noch ehe ich ihn erreichte, verschwand der Boden unter meinen Füßen und ich fiel einfach nach unten. Zunächst schien es, wie der Weg vorhin, kein Ende zu besitzen. Ich hatte keinerlei Angst, ich war ja schließlich tot. Langsam schloss ich die Augen wieder; ich hatte den Boden doch noch erblickt. Nun zählte ich nur noch die Sekunden, bis es vorbei sein würde. „3, 2, 1, Ende“
 

 Ich riss meine Augen auf. Panisch schaute ich mich um. Mein gesamter Körper bebte. Wo zum Teufel war ich!?

 Meine Gedanken flogen wirr in meinem Kopf herum und ordneten sich nur sehr langsam wieder ein. Ich beruhigte mich allmählich; ich saß aufrecht auf meinem Flurboden und hörte dem monotonen Ticken der Uhr im Wohnzimmer zu. Langsam machte sich wieder Stille in meinem Körper breit. Es war nur ein Albtraum gewesen. 

 Also lebte ich noch; war das gut oder schlecht? Ich dachte an das eben Geträumte. Noch immer lief es vor meinem inneren Auge ab, ich hatte absolut nichts davon vergessen. Vielleicht wäre es für alle das Beste gewesen wenn ich wirklich verstorben wäre, dachte ich.

 Noch immer war mir etwas schwindelig und mein Kopf pochte wie verrückt, doch die Tür bot mir den nötigen Halt. Sie fühlte sich fast wie ein Mensch an, der mir zu helfen versuchte. Ich lehnte meinen Rücken dankbar an sie und rutschte an ihr entlang auf den Boden. So fühlte es sich halbwegs komfortabel an. Mal wieder seufzte ich; es war einfach alles scheiße. Ich wollte einfach nicht mehr so weitermachen und ich hatte eigentlich auch nicht die Kraft dazu. Selbst die Stimmungsschwankungen, die ich die gesamte Zeit verspürte, gingen mir absolut gegen den Strich. In einem Moment wollte ich die Freiheit spüren und einfach alles noch ein letztes Mal genießen, im nächsten wiederum war mir alles egal und ich wollte nur noch abschalten, mich im Bett verkriechen und nie wieder hinausgehen. Als war ich in einem Labyrinth gefangen suchte ich einfach um jeden Preis einen Ausweg aus meinem Kummer. Und noch schlimmer: ich konnte mich nicht entscheiden wie ich meine letzten Tage  verbringen wollte.

 Und dann war da ja noch Sakura. Spätestens nach diesem Traum war mir klar, dass ich sie nicht ewig anlügen konnte. Mir war es lieber, dass sie mich hasste während ich noch lebte, als dass sie es erst nach meinem Ableben erfuhr. Und dann gab es da ja noch jemanden, dem ich es würde sagen müssen...
 

 Mühselig zog ich mich hoch und ging lustlos und mit schmerzendem Schädel Richtung Küche, als mich plötzlich ein stürmisches Klopfen an der Wohnungstür überraschte. Wer auch immer es war, die Person schlug praktisch auf die Tür ein und verstärkte das Brummen in meinem Kopf, so als übertrug er es direkt auf meine Knochen. „Ich komm ja schon! Meine Güte.“, fluchte ich ungebremst und öffnete gereizt die Tür. 

 Das grinsende Lächeln, welches mir entgegenstrahlte, konnte nur einer Person gehören. „ Kiba!?“

Mein bester Freund, lässig wie immer, stützte sich im Türrahmen ab und klopfte noch einmal ganz leise an die Tür. „So besser?“, fragte er verschmitzt. Ich nickte, noch komplett überrascht.

 Dann gab er mir einen leichten Klaps auf die Wange, trat ein und zog sich die Schuhe aus. „Bist du etwa überrascht mich zu sehen?“, fragte er leicht irritiert und gespielt beleidigt. Ich folgte ihm ins Wohnzimmer. „Naja, eigentlich schon. Was treibst du so früh hier?“ Sein fragender Blick zwang mich, auf die Uhr zu blicken. Ich fiel aus allen Wolken. „Was!? Schon 16 Uhr!?“, brüllte ich durch die Wohnung und ignorierte Kibas herzhaftes Lachen. Die Ohnmacht war also stärker gewesen als gedacht. Die Folgen des Tumors wurden also immer stärker.

 Kibas Lachen aber munterte mich ein wenig auf; es war fast ansteckend. Ich würde es unheimlich vermissen, so wie ihn selbst auch. Sich eine Träne aus dem Auge wischend schmiss er sich auf die Couch und starrte mich an. Er wollte gar nicht wissen, weshalb ich so lange geschlafen hatte... gu für mich. „Ich hab dich angerufen, aber du hast nicht geantwortet; da hab ich mir Sorgen gemacht. Ist irgendetwas nicht in Ordnung?“,  fragte er und spielte nebenbei mit der Fernbedienung herum. Das tat er immer wenn er nervös war. 

 Sollte ich es ihm sagen? Wie würde er wohl reagieren? Ich entschied, noch ein wenig abzuwarten. Noch war es nicht der richtige Moment. Ich winkte also ab und tat ganz locker, obwohl meine Knie zitterten wie Blumenvasen bei einem Erdbeben. „Nein nein, alles bestens. Ich wollte mich melden, aber habs ganz vergessen bei dem Stress wegen diesem neuen Auftrag.“, log ich und lächelte verlegen. Meine Lügen waren also noch immer total schlecht. Und nun, schnell eine Ablenkung. „Und was ist mit dir los? Du zitterst ja fast.“, sagte ich grinsend und freute mich; scheinbar hatte mein Ablenkungsmanöver funktioniert.

 Kiba musterte mich mit einem kurzen Blick und schaute dann wieder zurück auf die Fernbedienung. Er war wohl wirklich ziemlich nervös. „Ich muss dir da was sagen.“, begann er und atmete tief ein und aus. Ich blickte ihn fragend an. Was war es wohl? Hatte er wieder peinliche Party-Bilder von mir im Internet veröffentlicht? Ich war gespannt. „Naja, also, ähm, Hinata und ich... wir, öhm, a- also, wir..“, stotterte er vor sich hin zerlegte nahezu die verdammte Fernbedienung. Ich schüttelte nur schmunzelnd den Kopf. Wenn er es mir schon sagen wollte, dann doch bitte verständlich.  „Nun sag schon.“, forderte ich ihn auf und tippelte absichtlich theatralisch mit dem Fuß auf dem Boden herum. 

 Er seufzte. „Also, ich will um Hinatas Hand anhalten.“, sagte er und holte aus seiner Tasche einen goldenen Ring heraus, an dessen oberer Seite ein glänzender Diamant befestigt war. Ich schaute ihn nur verdutzt an und ließ die Worte erst einmal sacken. Hinata und Kiba waren nun schon seit etwas mehr als einem Jahr ein Paar und es lief prächtig zwischen ihnen. Auch wenn er ein absoluter Party-Mensch war, so war er doch auch jemand, der mit der richtigen Person auch eine fantastische Beziehung führen konnte, ohne viel an seinem Lebensstil ändern zu müssen. Sie dagegen war schüchtern und holte ihn immer auf den Boden der Tatsachen zurück, sobald er abzuheben begann.   Dennoch realisierte ich nur langsam, was ich da gerade gehört hatte; als mein Hirn es dann jedoch verdaut hatte, fiel ich Kiba um den Hals und schrie fast wie ein kleines Schulmädchen, das gerade seinen ersten Liebesbrief erhalten hatte. Kiba tat so als hätte er das nicht gehört. „Das ist ja super!“, jubelte ich und klopfte ihm herzlich auf den Rücken. „Wann möchtest du ihr den Heiratsantrag denn machen?“ 

 Mein Freund kratzte sich verlegen am Kopf. „Naja, ich fahre morgen mit ihr an einen See und wir bleiben ein paar Tage, daher wird’s wohl auch nichts mit dem Besuch in der Bar13. Und da will ich ihr dann den Antrag machen. Es ist eigentlich alles sehr spontan, aber ich kann nicht anders“, erklärte er und entschuldigte sich noch nebenbei für die Partyabsage. Er wusste, dass ich ihm das nicht übelnehmen konnte und gratulierte ihm.

 Wir unterhielten und noch ein wenig, bevor er schließlich aufstand. „Hey, Naruto?“, begann er, wieder mit ziemlich nervösem Zittern in der Stimme. „Wenn sie ja sagt, dann ist dir doch hoffentlich klar, dass du der Trauzeuge auf meiner Hochzeit sein wirst, oder?“, fragte er und brachte irgendwie ein seltsam verzerrtes Lächeln zu Stande. Ich lachte leicht und wuschelte ihm durch das dichte, braune Haar. „Natürlich weiß ich das, du Depp.“, sagte ich schmunzelnd und schubste ihn leicht in Richtung Ausgang. Ich wollte ihn eigentlich nicht loswerden, aber er hatte wichtigeres zu tun; das wusste ich ja jetzt.

 Noch im Türrahmen stehend drehte er sich plötzlich zu mir um. „Ach übrigens: was hat jetzt eigentlich Doktor Tsunade wegen deinen Kopfschmerzen gesagt?“, fragte er fast schon beiläufig und bemerkte nicht, wie sehr seine Frage mich aus dem Konzept brachte. Noch vor wenigen Sekunden hatte ich mich so sehr über seine anstehende Verlobung gefreut, da war auch schon alles wieder vorbei. Verdammt; wieder eine Ausrede und mein Gehirn arbeitete wie immer auf der minimalen Leistung.

„Ach das; es ist wohl nur zu viel Stress. Ich soll mir ein wenig Ruhe gönnen und vielleicht mal in den Urlaub fahren und schon wird alles besser.“, erzählte ich, ganz der Lügner, zu dem ich mich entwickelt hatte. Wow, die war sogar ganz okay. Kiba nickte nur vorsichtig, so als hätte er irgendwelche Zweifel an meiner Erklärung. Hatte er mich wirklich schon durchschaut?

„Naja, wenn du es sagst. Halt die Ohren Steif, Kumpel. Ich ruf dich an sobald es etwas Neues gibt.“, sagte er und klatschte mit mir zum Abschied ein. Dann verschwand er einfach.

 Ich konnte es ihm einfach nicht erzählen, nicht so kurz vor seinem Heiratsantrag bei Hinata. Das hätte ihn nur grundlos komplett niedergeschlagen; ich wollte es nicht verantworten. Es war nicht der richtige Moment.

Ich würde es ihm ein andermal sagen... hoffentlich.

Zwischen Blumenwiese und Sternenhimmel

 Da stand ich also nun, mal wieder, einsam in meinem Wohnzimmer. Warum nur wirkte die Wohnung so viel leerer als jemals zuvor? War es schon immer so gewesen, ohne dass ich es bemerkte hatte? Kiba war gegangen, doch die Bombe, die er hatte platzen lassen, teilte mich wieder, wie so oft in den vergangenen Tagen, in zwei Lager. Auf der einen Seite freute ich mich sehr, dass er und Hinata bald heiraten würden, doch da war diese andere Sache. „Dein Trauzeuge, hm?“, seufzte ich und fuhr mit dem Daumen vorsichtig über das Bild von uns beiden, welches wir beim Wandern in den Bergen aufgenommen hatten. Unsere lachenden Gesichter strahlten mir fröhlich entgegen und machten mir noch deutlicher bewusst, was ich nun bald verlieren würde; was wir beide verlieren würden. Meine Händen hielten den Rahmen wie einen zerbrechlichen Teller aus Porzellan, der bei der kleinsten Erschütterung zu zerfallen drohte; als würde die Erinnerung für immer verblassen, sobald er auch nur den kleinsten Kratzer erfahren würde. Mit aller Kraft versuchte ich, die Fassung zu bewahren und die Tränen möglichst zurückzudrängen.

 Wie sollte ich es ihm nur sagen? Alles war plötzlich so viel komplizierter geworden, obwohl ich doch zuvor so töricht geglaubt hatte, dass es schlimmer nicht mehr gehen konnte. Gab es denn überhaupt einen richtigen Zeitpunkt, um ihm von meinem baldigen Ableben zu berichten? Er würde es in jedem Fall nicht gut aufnehmen können, doch direkt vor seinem Antrag hätte ich ihm nur grundlos jegliches Selbstbewusstsein geraubt. Er war mir doch die wichtigste Person und ihn vor so einem bedeutenden Moment so zu verletzen, lag nicht in meiner Absicht.

 Es half ja alles nichts; irgendwann würde er es erfahren. Wenigsten hatte er mir einige Tage zum Nachdenken eingeräumt. Irgendwie würde ich es ihm schon verständlich machen, da war ich mir sicher... nun, sicher war ich mir schon seit Tagen in Bezug auf nichts mehr, aber ihr wisst ja, wie ich das meine.

 Meinen noch leicht schmerzenden Kopf reibend schlich ich durch die Wohnung und suchte nach Beschäftigung. Schon traurig: da hatte ich schon nur noch so wenig Zeit übrig und es gab so viele Dinge, die ich nur zu gerne ausprobiert hätte und doch tat ich nichts davon. Aber ging es uns allen nicht irgendwie so? Verschwendeten wir nicht alle so viel von unserer wertvollen Zeit, ohne überhaupt zu ahnen, was uns da aus den Händen rann? Und ja, ich verspürte, ganz tief in mir, die Lust nach Neuem, die Lust nach Abenteuer und nach Adrenalin, doch mein Körper machte nicht mit. War ich etwa zu so einem faulen Menschen verkommen?
 

 Tatsache war, dass ich eindeutig nicht schlafen konnte und auch keine Lust hatte, einfach nur sinnlos herumzuliegen. Ich fühlte mich wie eines von diesen Küchengeräten, die man sich in dem Glauben kaufte, sie noch häufig zu benutzen und sie am Ende nur im Keller herumlagen und nicht mehr gebraucht worden; eine sinnlose Investition. So ähnlich war ja auch mein Leben. Ich war geboren worden, hatte viele Jahre meines Lebens geschuftet und hart gearbeitet und nun würde ich bald sterben, ohne jemals etwas erreicht zu haben. Was für ein Schicksal.

 Und so führte ich, um mich besser zu fühlen, die Rebellion gegen meinen eigenen Körper an und quälte mich irgendwie aus meiner unangenehm-komfortablen Lage heraus. Draußen schien noch die Sonne, sodass ich mir schnell meine blauen Shorts, ein dunkelgrünes Shirt und dünne, graue Schuhe schnappte um mich auf den Weg zu machen... aber wohin? Ich hatte eigentlich gar kein Ziel. Doch noch ehe ich alles im Kopf durchspielen konnte, zündete eine Idee im selben Moment und ich wusste, wohin ich gehen wollte. Sakura hatte erzählt, dass sie im Kindergarten arbeitete und noch bis zum frühen Abend bleiben würde. Zum Glück fiel mir noch ein, wie der Kindergarten hieß und wo er zu finden war, also machte ich mich, teils voll Vorfreude, zum größten Teil jedoch unsicher, auf den Weg. Was würde Sakura wohl sagen wenn ich da plötzlich bei ihr auftauchte? Würde sie froh sein oder eher genervt? Es war ja eigentlich egal. Ich versuchte sogar mir einzureden, dass ich endlich die Gelegenheit ergreifen und ihr die Wahrheit gestehen könnte, aber ein flaues Gefühl in meinem Hinterstübchen verriet mir jedoch, dass ich wohl wieder ein ziemlicher Feigling sein würde. Wow, ich hatte in den letzten Tagen echt viel über mich selbst gelernt!

Ich schloss also die Wohnungstür ab, sprach mir vorher vor dem Spiegel noch ein wenig Mut zu und versuchte, aus meinen fürchterlich aussehenden Haaren noch etwas halbwegs Ordentliches zu formen, und machte mich schließlich auf den Weg.
 

 Es hatte tatsächlich nicht allzu lange gedauert, als ich schon vor Sakuras Arbeitsplatz stand. Es war ein kleiner Kindergarten, an dessen hübscher gelber Wand in bunter Schrift „Blumenwiese“ geschrieben stand. Irgendwie machte mich der Anblick des Gebäudes sehr glücklich und gab mir ein warmes Gefühl. Mit schlotternden Knien bewegte ich mich auf den Haupteingang zu und betrat die „Blumenwiese“ etwas schüchtern dreinblickend. Der recht breite Spielflur, zu dessen Seiten je ein Raum abging, war hübsch dekoriert und komplett mit Spielzeug und Malbüchern übersät. Wie durch ein Minenfeld versuchte ich mich an dem gesamten Krempel vorbei zu schleichen, als mich plötzlich eine Frauenstimme aus dem Konzept riss und ich rückwärts auf den Hintern plumpste.  „Nanu, sie hab ich hier ja noch nie gesehen. Ist ihr Kind etwa bei uns in Betreuung?“, fragte mich eine etwas ältere Lady und begutachtete mich gründlich mit ihren Blicken. Ich erhob mich eilig, kratzte mich verlegen am Nacken und räusperte mich kurz. Oh Mann, peinlicher hätte es nun wirklich nicht beginnen können! „A- also, ich bin Naruto Uzumaki und ich bin ein Freund von Sakura Haruno. Sie arbeitet doch hier, richtig?“, erkundigte ich mich möglichst höflich und reichte ihr zur Begrüßung die Hand. Sie erwiderte den Händedruck freundlich und nickte. Ich hatte die Situation gekonnt heruntergespielt; welche Glück!

„Ah, ein Freund von Sakura. Na das ist aber lieb, dass sie sie besuchen kommen.“, sagte sie und zeigte auf die Tür auf der rechten Seite. „Na dann folgen Sie mir mal. Übrigens: ich bin Jodie Brown und hier die Leiterin des Kindergartens.“ Sie wirkte unheimlich nett und war die Art von Frau, die man sich als typisches Großmütterchen wünschen würde. Es war ihr anzusehen, dass sie unheimlich viel Erfahrung besaß und genau die strahlte sie auch aus.

 Ich ging ihr hinterher und fand mich in einem schönen Raum wider, dessen große Fenster viel Lichteinfall ermöglichten und dessen leuchtende Wandfarben meine Stimmung gleich ein wenig aufhellten. Doch was mein Herz erst wirklich zum Kochen brachte, das war die schöne Frau, die dort mit einigen Kindern saß und ihnen beim Malen zuschaute. Ihr leicht verträumter Blick raubte mir sogar aus der Entfernung den Verstand. „Sakura, hier ist jemand, der dich besuchen will.“ Jodie hatte es wohl in einer normalen Stimmlage gesagt, aber für mich hörte es sich so an, als hätte sie es laut geschrien und dazu ein riesiges Leuchtschild in die Luft gehalten, welches unmissverständlich auf mich zeigte, sodass jeder im Raum mich gleich bemerken würde. Ich fühlte mich nicht ganz wohl. Sakura blickte auf und erschrak. War das nun gut oder schlecht? „Na- Naruto, was machst du denn hier?“, stotterte sie vor sich hin, stand eilig auf und zupfte sich noch schnell ihre Kleidung zurecht und richtete ihre Haare ein wenig. Hatte sie etwa noch immer nicht erkannt, dass sie mich damit nur noch wuschiger machte?

 Ich schmunzelte. „Du hast mir neulich so begeistert von deiner Arbeit erzählt, also wollte ich dich einfach mal besuchen.“, erwiderte ich bemüht gelassen und verschwieg ganz nebenbei den Punkt, dass ich sie tatsächlich einfach nur ganz dringend sehen wollte.

Sakura errötete leicht. „Das ist lieb.“, flüsterte sie und spielte mit ihrer linken Hand in ihrem Haar. Machte ich sie etwa nervös?

 Einige der Kinder hatten uns schon längst bemerkt und ließen sich nicht davon abhalten, alles zu kommentieren. „Frau Haruno, ist das ihr Freund?“, fragte ein blondes Mädchen und setzte ein so breites Grinsen auf, dass ihre Schadenfreude ihr nahezu aus dem Gesicht sprang. „Wie heißt er denn?“, „Wollen sie den heiraten?“ und noch lauter solcher Fragen wurden plötzlich wild durch den Raum geworfen. Dann kamen noch weitere Kinder dazu und sprangen um uns herum, wobei sie im Chor sangen. „Frau Haruno und ihr Lover sitzen auf nem Baum, knutschen rum, man glaubt es kaum!“, hallte es durch den gesamten Raum und Sakuras Gesicht hatte schließlich doch noch die Farbe einer Tomate angenommen. Sie war nun endgültig überfordert mit der Situation, und ich konnte nicht anders als zu lachen und das ganze nicht so ernst zu nehmen. Nach zwei Minuten hatte Sakura aber die Nase voll und verteilte ein paar leichte und schmerzfreie Kopfnüsse. Die Kinder rannten laut lachend in alle Richtungen weg und beschäftigten sich wieder mit ihren Spielsachen.

„Tut mir leid wegen der Kids.“, entschuldigte sich Sakura bei mir mit noch immer hochrotem Kopf. Ich beschwichtigte sie. „Das macht nichts. Sie sind wirklich süß.“, versicherte ich ihr und lächelte sie freundlich an. Doch die Kinder hatten mich zum Nachdenken gebracht. Was war ich denn eigentlich? Was wollte Sakura von mir? War ich etwa wirklich ihr Lover? Ich unterdrückte die aufkeimenden Fragen einfach so gut wie möglich.

„Naja, ich muss jedenfalls noch zwei Stunden hierbleiben, bevor ich fertig bin. Aber wenn du möchtest, kannst du uns ja gerne Gesellschaft leisten.“, bot sie mir an und ich willigte ein. Ich setzte mich zu den Kindern, las ihnen vor und beantwortete ihre frechen und neugierigen Fragen, bevor sie schließlich nacheinander abgeholt wurden und am Ende nur noch Sakura und ich übrig geblieben waren. Erst jetzt, da ich wusste, dass ich niemals welche haben werde, wurde mir bewusst, wie toll es sein musste, ein Vater zu sein. Aber der Zug war für mich wohl endgültig abgefahren.

 Ich fiel rücklings auf den Boden und machte es mir bequem. Sie lachte wieder mit ihrer süßen Stimme und setzte sich neben mich. „Danke, dass du hergekommen bist. Heute waren es mehr Kinder als sonst um diese Uhrzeit, also kam die Hilfe uns ganz recht.“, sagte sie und zwinkerte mir zu. Ich grinste, auch wenn ich mich innerlich nicht allzu toll fühlte. Ob Sakura selbst wohl schon je über eigene Kinder nachgedacht hatte? „Keine Ursache. Die Kinder sind wirklich toll. Es muss Spaß machen, hier zu arbeiten.“, entgegnete ich und bemerkte wie ihr Blick sehr wehmütig wurde. „Ja, aber allzu lange werde ich hier wohl nicht mehr sein können.“ Ich stockte. Was hatte sie da gerade gesagt? Aber warum?

 Ohne dass ich es aussprechen musste, begann sie zu erzählen. „Nun, wie du schon gesehen hast, sind wir ein ziemlich kleiner Kindergarten und können daher nur begrenzt Kinder betreuen. Unser Platz und unser Personal reichen schlichtweg nicht aus. Auf der anderen Seite können wir mit dem, was wir einnehmen, unsere gesamten Kosten nicht decken und haben leider auch nicht das nötige Geld, um uns zu vergrößern. Auf kurz oder lang werden wir wohl also schließen müssen.“, erzählte sie und von Satz zu Satz vergoss sie immer mehr Tränen. Ich wollte etwas sagen, doch was hätten meine Worte schon genutzt? Stattdessen richtete ich mich auf und nahm sie vorsichtig in den Arm. Sie krallte sich mit den Händen an mein T-Shirt und brachte mich damit in eine Hilflosigkeit, die mich einfach nur herunterzog. Meine Finger strichen ihr vorsichtig durch die Haare, während ich nach etwas suchte, um sie aufzumuntern; zur Abwechslung enttäuschte mich mein Gehirn nicht und brütete schon zum zweiten mal an einem Tag eine fantastische Idee aus.

Ich stand auf und zog sie mit mir hoch. Sie schaute mich verdutzt an, doch ich hielt meinen Finger auf ihre Lippen und zwinkerte ihr zu. Ein Tuch in der Ecke diente mir dazu, ihre Augen zuzubinden. Dann nahm ich sie bei der Hand und führte sie mit mir weg. Es war ein weiter Weg, doch nach einer halben Stunde hatten wir unser Ziel erreicht.
 

 Eine kühle Brise wehte uns um die Ohren und verriet mir, dass ich endlich ihre Augenbinde abnehmen konnte. Vor ihr erstreckte sich ein Ausblick, der New York in seiner leuchtendsten Pracht zeigte. Die ersten Sterne waren am Himmel schon zu sehen und der Mond machte den Anschein, als ob er nur für uns glänzen würde. Die Lichter der Stadt begrüßten uns mit einer warmen Umarmung und tauchten uns in eine Welt, in der es nur Träume gab; die Realität verschwamm am Horizont zu einer ungreifbaren Idee, an die wir uns nicht klammern wollten. Hier oben gab es nur uns, die Sorgen waren weit unten am Boden. Ob sie wohl schon erkannt hatte, wo wir uns hier befanden?

Sakura streckte die Hand in die Luft, so als versuchte sie, die Sterne zu ergreifen und zu uns zu holen. Ich stellte mich ans Geländer und ließ den Blick einfach nur schweifen. Da unten wirkte alles so hektisch, so schnell, so beschäftigt. Was taten all diese Menschen da wohl?

Da spürte ich, wie sich von hinten zwei Arme um meine Taille legten. „Danke.“, flüsterte Sakura nur und lehnte ihren Kopf an meinen Rücken. Ich schwieg. Weitere Worte waren jetzt fehl am Platz; der Moment war für uns perfekt.

Ich drehte mich letztlich um blickte ihr tief in die Augen. So in der Nacht waren sie nicht mehr als grün zu identifizieren, aber das war mir egal, denn sie brachten mich trotzdem zum Schmelzen. Wie schon am Abend zuvor konnte ich ihr nicht verstehen. Erneut küssten wir uns und es fühlte sie noch besser an als zuvor. Was war nur mit mir geschehen? Doch gleichzeitig drängten sich mir so viele Fragen auf. Ich musste es jetzt einfach wissen. Ich brauchte endlich eine Atwort auf das, was ich mich bereits wenige Stunden zuvor gefragt hatte. „A- also, ich..“, begann ich und wusste: das, was ich gleich fragen würde, würde einiges zwischen uns verändern.



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Kommentare zu dieser Fanfic (25)
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Von:  ItachiUchih4
2017-01-11T00:20:05+00:00 11.01.2017 01:20
Oh man wie toll du schreiben kannst! Die Situationen zwischen den Beiden sind so toll und Naruto tut mir so Leid!

Ich hab echt Angst davor was passiert, wie sich die Wahrheit da noch auswirken wird. Ich glaub zwar nicht, dass Sakura böse sein wird, da Naruto ja stirbt, aber sie wird echt zerbrechen wenn sie erfährt dass er schon dem Tode geweiht ist.

Auf der anderen Seite bin ich ein Freund von Happy Ends! Ich hoffe, dass Tsunade vllt doch was findet, eine neue Methode oder so den Hirntumor zu operieren....
Wenn nicht, omg, das wird ja so traurig! :(

Ich finde sie echt toll, die Story, mal sehen ob sie noch irgendwann mal fertig gestellt wird.

Grüße
Von:  Li-sakura
2014-01-20T23:27:34+00:00 21.01.2014 00:27
Sehr gutes Kapitel ich war voll im Kindergarten drin. Es hat Spaß gemacht es zulegen und ich hoffe du schreibst schnellst möglich weiter
Von:  fahnm
2014-01-20T22:30:35+00:00 20.01.2014 23:30
Geniales Kapi
Mach weiter so^^
Von:  narutofa
2014-01-19T18:17:35+00:00 19.01.2014 19:17
das war ein sehr gutes kapitel. ich hatte spaß es zu lesen.
man das waren ja sehr gute ideen von naruto. er konnte sakura aufheitern. ich bin gespannt was sich so verändert. ich bin gespannt was noch so kommt. mach weiter so
Von:  Li-sakura
2013-11-12T18:07:42+00:00 12.11.2013 19:07
super ich freu mich schon auf das nächste ich hoffe ich finde schneller die zeit es zu lesen
Von:  narutofa
2013-10-21T21:49:08+00:00 21.10.2013 23:49
das war ein gutes kapitel. ich hatte spaß es zu lesen. mach weiter so
Von:  fahnm
2013-10-21T19:57:45+00:00 21.10.2013 21:57
Klasse Kapi^^
Von:  Li-sakura
2013-08-16T19:01:19+00:00 16.08.2013 21:01
Gefällt mir sehr gut mach weiter so und vorallem schreib schnell weiter ;-)
Von:  Akami_
2013-08-10T19:52:23+00:00 10.08.2013 21:52
Super Kapi =3
*smile*
Hoffentlich gehts gut aus nach dem anfall ^^"
Von:  fahnm
2013-08-09T10:16:11+00:00 09.08.2013 12:16
Spitzen Kapi^^
Oh je ein anfall.
Hoffentlich geht das gut.


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