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Conspiracy

Verschwörung
von

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Nur ein Prolog

Lungrais, 23:37 Uhr...
 

Ein heftiger Schneesturm zog durch die Stadt und der eisige Wind ergriff jeden, der sich zu jener Zeit auf der Straße befand. Die Sonne war untergegangen, und für gewöhnlich stellt sich um diese Uhrzeit jegliche Aktivität in der Umgebung ein. Jegliche... außer eines der vielen Geschäfte, welches noch geöffnet zu haben scheint.
 

Eine mittelgroße Bar, die sich nahe des Stadtrandes befand, hatte seine Pforten stets geöffnet, selbst zu so später Zeit. Im generellen sogar sehr gut besucht, befanden sich zu dieser Zeit nur drei Gesichter im Hause: der stramm gebaute Barkeeper, der sein Lächeln immer unter seinem Schnurrbart versteckte. Immer bereit, das Glas erneut zu füllen... so schien es zumindest. Doch etwas hielt ihn heute davon ab, seine beiden Gäste weiter zu bedienen... Die Gäste, die am Tresen Platz genommen haben - zwei Männer in Uniform, einer jünger mit rotem Haar, der andere älter mit bereits grauem Haar. Genüsslich tranken sie ihre Gläser leer.
 

Plötzlich schlug der ältere Herr auf den hölzernen Tresen und rief: "Nachf-f-f-fülln..." - deutlich angeschwipst in der Tonlage, hob er langsam seinen Kopf und starrte den Barkeeper an. "Mach schon, Maddin..." folgten stark genuschelte Worte.

Martin Williams, der Inhaber der Bar, seufzte leise und schloss die Augen, als er klar und deutlich, in tadelnder Stimme gar sagte: "Du hast genug für heute, Walther. Lass es gut sein."

Er nahm das leere Bierglas und reinigte es sogleich. Walther, der grauhaarige Soldat, stand kurz davor, etwas zu sagen, da hielt der jüngere gezielt ein: "Martin hat Recht. Vielleicht solltest du es wirklich für heute sein lassen." und schaute kurz darauf auf seine Armbanduhr. "Ich bringe dich H-"

"Lass mich in Ruhe..." unterbrach Walther ihn, noch bevor der andere seinen Satz beenden konnte. Er versuchte, aufzustehen und taumelte langsam den Ausgang der Bar entgegen. Und obwohl das Tänzeln anfänglich lustig anzusehen war, endete es bald damit, dass der Alte auf die Nase flog, als er die Tür öffnen wollte.

Martin warf das Handtuch über die Schulter und kam vor dem Tresen hervor. Kopfschüttelnd näherte er sich seinem Gast und kniete sich zu ihm. "Komm schon, Lee!" forderte er den anderen Soldaten auf. Lee reagierte sofort und sprang vom Hocker. Gemeinsam gelang es ihnen, Walther auf die Beine zu helfen.
 

"Bist du sicher, dass du klar kommst? Er ist ziemlich massiv, und es stürmt draußen." sagte Martin besorgt. Lee nickte dennoch entschlossen. "Ja, ich bringe ihn nach Hause. Der Weg ist nicht weit..." war er sich sicher. Doch als er die Tür öffnete, fiel bereits die erste Ladung Schnee ins Häuschen. Martin sah Lee an. "Sicher?" und hatte dabei sogar ein leicht verschmitztes Grinsen, das unter seinem Bart kaum sichtbar war. "Alleine laufen kann er jedenfalls nicht..." erwiderte Lee, und setzte einen Fuß nach draußen in die klirrende Kälte.
 

Mittlerweile war es nach Mitternacht, und der Soldat machte sich auf den Heimweg...

Der schroffe, alte Soldat

Lee hatte seinen Kameraden sicher nach Hause gebracht und wich ihm bis zum Morgen kaum von der Seite. Denn auch wenn Walther zu schlafen schien wie ein Baby, in Lee's Augen spiegelte sich jedes mal aufs Neue die Sorge wider. Er wusste genau, dass sein Freund so nicht weitermachen konnte, doch dieser Sturkopf hat es sich zur Gewohnheit gemacht, selten auf Freunde und Kameraden zu hören. Dies machte die Umstände nicht leichter.
 

Lee saß nahe der Couch, auf der Walther schlief, und hob den Kopf, als es an der Tür klopfte. Eine sanfte, leicht schüchterne Stimme ertönte: "Sir...?" - zunächst kaum hörbar, doch dann deutlicher. "Sir...? Sind Sie da...?"

Lee öffnete die Tür und ließ einen jüngeren, rothaarigen Burschen in die Wohnung. Auch er trug für das Militär typische Uniform, für sein Spezialgebiet jedoch leicht modifiziert. Der Junge hob seine Kappe, und grüßte freundlich. "Guten Tag, Sir Lee."

"Lee genügt völlig. Du musst nicht so formell sein. " antwortete er im freundlichen Ton und lächelte sogar dabei. Sein Lächeln jedoch änderte sich, als er die Lage erklärte. "Das Problem... liegt da vorn." sagte er, und nickte auf die schlafende Person, die Lee und dem Sanitäter mittlerweile seinen Rücken zugewandt hatte.
 

"Sir Walther..." der Bursche sprach deutlich besorgt und eilte zur Couch. Als er seinen Koffer öffnete und mit der Untersuchung beginnen wollte, wachte der alte jedoch auf und schlug gar um sich. "Verzieh dich, Mücke..." deutlich schläfrig, drehte er sich wieder weg.

"Aber Sir..." der junge Sanitäter ließ fast seine Geräte fallen, als er dem Rundumschlag auswich. Ein wenig verschreckt, kratzte er sich an die Stirn. "Und was tun wir jetzt...?"

"Tut mir Leid. Wie gesagt, er hat gestern ein wenig zu viel getrunken und ich brachte ihn nach Hause, sonst hätte er an der eiskalten Türschwelle geschlafen." Lee war es leicht unangenehm, davon zu sprechen. Fast jeder wusste, dass Walther gerne einen über den Durst trinkt, doch nur wenige machten sich wirklich Gedanken darüber, und um Walther als Person.
 

Einige Stunden vergingen, und endlich wachte auch der alte Mann aus seinem Tiefschlaf auf. Sichtlich verwirrt und mit unklarem Blick, sah er sich um und erspähte zwei ihm bekannte Gesichter.

"...Was ist hier los?" fragte er grummelig, als sein Blick zuerst zu seinem Kumpel wanderte, und letztlich auch zum Sanitäter. "Lee...? James...? Was zum Teufel macht ihr hier?" - Walther schien nicht gerade erfreut. Nüchtern, aber nicht erfreut.

"Du hast getrunken und ich brachte dich nach Hause. Heute Morgen hatte ich dann James kontaktiert und gefragt, ob er..." Erneut konnte Lee seinen Satz nicht beenden, da Walther ihm durch seinen Blick allein ganz deutlich machte, was er von dieser Idee hielt.

"Du bist ja nicht mehr ganz beisammen..." der Soldat rieb sich das Gesicht und erhob sich von der Couch - stolperte dabei ein weiteres mal, fing sich aber wieder. "Ich brauche keine Hilfe, Lee." der Alte klang sichtlich schroffer als zuvor. Und um der Situation zu entkommen, ging er ins Badezimmer.
 

Lee und James kreuzten ihre Blicke, und es war, als würden beide das selbe sagen wollen.

"Tut mir sehr Leid, dass ich deine Zeit in Anspruch genommen habe. Ich hätte wissen sollen, dass er keine Hilfe will..." Lee fühlte sich schuldig, und das, obwohl ihm einzig die Gesundheit seines Freundes wichtig war. "Es ist immerhin nicht das erste Mal, dass er das tut."

"Ja, ich weiß... Sir..." James war betrübt. Zu gern hätte auch er Walther geholfen. Er kennt diese schroffe Art und Weise, hatte diese aber nie persönlich genommen. Nur heute spürte er, dass diese Breitseite auch ihn weh tat.
 

Es dauerte nicht lange, und Walther wieder aus dem Badezimmer heraus. Er wirkte sogar ein wenig frischer, reagierte jedoch verdutzt, als er Lee und James weiterhin in seinem Wohnzimmer vorfand.

"Dachte, ihr wärt gegangen." sagte er, als er an den beiden vorbei ging und sich erneut auf die Couch packte - dieses mal im Sitzen. Ohne auch nur in die Richtung der beiden zu schauen, fragte er: "Was ist los? Will der General schon wieder was?"

"Nun, bisher jedenfalls nicht..." antwortete Lee in kurzer Manier, um seinen Freund nicht unnötig zu verärgern. James hingegen, konnte seinen besorgten Blick nicht von Walther abwenden, und provozierte damit unabsichtlich eine Reaktion.

"Was ist, Kleiner?" Aus dem Augenwinkel, oder allein aus reinem Gefühl heraus, spürte er, dass er angestarrt wurde. Und es gefiel ihm nicht wirklich. James hingegen begann, in seinem Koffer zu wühlen und holte schließlich ein Medikament heraus. Kleine Pillen in grün, kaum größer als so manche Süßigkeiten... James händigte sie aus.

"Die Popel-Pillen hab ich noch." sagte Walther. Und als James davor war, die Pillen wieder einzustecken, streckte Walther seufzend die Hand aus und nahm die Medikamente an. "Naja. Meinst es ja nur gut..." - diese Worte zauberten ein erleichtertes Lächeln auf das Gesicht des Sanitäters.
 

Vermutlich aus reiner Langeweile, oder einfach aus Reflex, schaltete der Alte schließlich den Fernseher ein - und verzog sogleich noch mehr das Gesicht: denn egal, auf welchen Kanal er schaltete, nirgends war auch nur ansatzweise ein Programm oder Bild zu sehen. Verärgert schlug er die Fernbedienung auf den Tisch vor ihm. James erschreckte deutlich, danach auch Lee.

"Der Schneesturm hat vermutlich deine Antenne vereist..." war Lee's Vermutung. Er konnte sich nur schwer ein kleines Grinsen verkneifen - Walther hingegen war sichtlich genervt. Seit geraumer Zeit schien ihm das Pech wortwörtlich an der Schuhsohle zu kleben. Egal, ob es große oder kleine Sachen waren, die schief gingen.

"Irgendein Scheiß passiert echt immer." grummelte Walther und schaltete den TV im selben Zug wieder aus. "Rauf klettern werde ich jedenfalls nicht..."

"Wäre vielleicht besser, wenn du erst einmal etwas isst." schlug Lee daraufhin vor. "Leider... scheinen deine Vorräte ziemlich knapp zu sein."

"Nun, wenn wir Sir Martin fragen..." schlug daraufhin James vor, da er wusste, dass der Inhaber der Bar, Martin, neben seinen Getränken auch leckere Speisen zubereitete. "Ich bin mir sicher, wenn wir ihn fragen, bereitet er was zu."

Walther wollte einlenken, da stand Lee bereits auf. Von der Idee deutlich angetan, willigte er ein, und ging sofort los. "Dann wartest du hier bei Walther." und schwupps, war er schon verschwunden. James hatte keine Chance, auch nur ansatzweise etwas zu sagen.
 

Und so saßen der junge Sanitäter, und der alte Soldat, gemeinsam im Wohnzimmer und schwiegen sich an. Obwohl James einige male vorsichtig zum alten Herren schaute, senkte er ziemlich schnell wieder seinen Blick, um ihn nicht zu verärgern. Letztlich jedoch, brach Walther selbst das Schweigen.

"...Du solltest lernen, dir nicht alles gefallen zu lassen, Junge." lehrte er ihn plötzlich, mit schroffer Stimme jedoch. James war so überrascht, dass er fast auf dem Stuhl nach hinten fiel.

"Was meinen Sie, Sir...?" fragte er unsicher, und rieb ein wenig nervös die Zeigefinger aneinander.

"Du weißt, wovon ich spreche." erwiderte Walther, strenger als zuvor. Ihm waren die Schikanen, die sich gegen James richten, aufgefallen - und das nicht nur in seiner Einheit, sondern auch außerhalb. "Du bist jung, nimmst aber einen wichtigen Platz im Militär ein, auch wenn du selbst nicht kämpfst. Lass dich von den anderen nicht auslachen, nur weil du noch zu lernen hast."

James spürte, wie es ihm langsam die Tränen in die Augen trieb. "S-Sir..." er sprach unsicher, zitterte sogar dabei. Walther hatte die Situation schon früh erkannt, und ihm ist leider auch bewusst, dass viele seiner Mit-Soldaten aus Ignoranten bestehen. "Setze dich zur Wehr, Kleiner."
 

Während Lee auf dem Weg zu Martin war, spielte sich, unweit von Walther's Haus, eine Szene ab. Normalerweise würde Lee die Situation ignorieren, doch hatte er die Worte der Soldaten auch aus der Ferne wahrgenommen. Sie hallten durch die Luft, genau wie das darauf folgende Gelächter der Soldaten. Lee beschloss, ihnen langsam zu folgen, da er ein sehr ungutes Gefühl bei der Sache hatte...
 

Er bekam letztlich die Gelegenheit, hinter einem kleinen Schuppen in Deckung zu gehen, und den Trupp zu belauschen. Und mit jedem Wort das fiel, zuckte sein Körper immer mehr zusammen. Er konnte einfach nicht fassen, was er da hörte - und ohne jeden Umweg machte er sich auf, um schnell Walther's Zuhause zu erreichen. Er stürmte durch die Tür und fiel dabei fast auf die Nase.
 

"Wo ist mein Essen?" fragte Walther trocken, als Lee ihm regelrecht vor die Füße fiel. Doch er bemerkte ebenfalls, dass etwas nicht zu stimmen schien.

"Was ist los, SIr Lee...? Sie sind ganz bleich..." James war erschrocken.

Lee versuchte, einen kühlen Kopf zu wahren und sammelte seine Worte. Doch leider fiel es ihm sichtlich schwer, von dem zu erzählen, was er gehört hatte.

"Ich war auf dem Weg zu Martin, als ich einer Soldaten Einheit begegnete... Zuerst ignorierte ich sie, doch als sie so hämisch lachten, wusste ich, dass sie nichts Gutes vor haben... also folgte ich ihnen..."

"Und dabei hast du mein Essen vergessen..." es war offensichtlich, dass Walther trocken zu scherzen versuchte.

"D-das ist nicht der Punkt, Walther! Die haben Übles vor... wir müssen sie aufhalten... oder es dem General sagen..." Lee war sichtlich erschüttert. Er selbst war nur ein Soldat dritter Klasse - was hätte er schon ausrichten können?

"Sir, d-das ist schrecklich..." stotterte James dazwischen. Walther hingegen ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.

"Ich verstehe, dass du dir Sorgen machst, Lee. Auf der anderen Seite jedoch, geht es uns nichts an." - diese Worte schockierten Lee sichtlich.

"Du willst einfach nur dabei zusehen, wie..."

"Das habe ich nicht gesagt." Wie immer hatte Walther mehr zu sagen, als man eigentlich annahm. "Doch es zu überstürzen, bricht dir nur das Genick. Bevor wir also irgendwie eingreifen..."

"Sir Walther hat einen Plan!" James war sichtlich aufgeregt und erleichtert, dass Walther sich der Sache annehmen würde.

"Beruhige dich, Kleiner! Sonst überlege ich es mir gleich anders."
 

Walther ließ sich jedes kleinste Detail von seinem Freund erzählen und überlegte scharf, wie man die Situation am besten angehen und lösen könnte. Viele Stunden vergingen... bis in den späten Abend, und die Sonne ward erneut verschwunden...

Durch die Nacht

"3... 2... 1...!"
 

Mit einem heftigen Knall öffnete sich die Tür von Walther's Zuhause. Ein Trupp Soldaten stürmte lautstark in die Wohnung und drang immer weiter in die verschiedenen Zimmer vor, auf der Suche nach Etwas... oder Jemanden. Sie teilten sich auf und suchten unermüdlich, doch nach geraumer Zeit bereits stellten sie fest, dass die bereits so karg eingerichtete Wohnung verlassen war...
 

Die Nacht war hereingebrochen, und obwohl der Schneesturm sich gelegt hatte, war es für jeden Menschen lebensgefährlich, sich zu dieser Zeit draußen auf den Straßen aufzuhalten. Walther wusste dies, hatte er doch zwei Kameraden im Schlepptau. Aus der Ferne konnten sie das Schauspiel bezeugen, vor dem Lee seinen Freund gewarnt hatte.

"Sie sind einfach hinein gestürmt, ohne jenen Skrupel..." Lee schüttelte den Kopf, und warf damit den Schnee von seinem Haar, welchen er aufgefangen hatte, als er sich unter einem Ast duckte. "Von unseren eigenen Truppen hätte ich dies nicht erwartet."

Walther, ausgerüstet mit seinem Speer, nahm einen langen Zug von seiner Zigarette, paffte den Rauch aus, und schwieg.

"Warum nur... machen sie so etwas?" fragte James unsicher, der sich vor der Kälte leicht zusammen gekauert hatte. Walther sah zu ihm und wusste, dass sie hier nicht bleiben können. Das Risiko, entweder entdeckt zu werden, oder in der klirrenden Kälte zu erfrieren, war zu groß, denn die Temperaturen fielen gewaltig unter die Minusgrade.

"Bewegung!" forderte Walther die beiden auf und ging voraus. Erfahren, wie er war, kannte er selbst im Schnee die besten Routen, um versteckt zu bleiben. Ihm ist bewusst, dass die Trupps vermutlich auch Lee's Wohnung durchsuchen werden, und Martin's Bar mit dazu, weshalb diese Orte keine Option für Schutz sind. Der alte Krieger war sich zwar nicht sicher, warum die Truppen plötzlich nach ihm suchten, doch vermutlich war es ihm im selben Moment auch egal.

"Hier können wir nicht bleiben. Und wenn diese Truppen auch nur einen kleinen Teil ihres Gehirns benutzen, dann suchen sie bereits an anderen Orten." Walther war sich dessen sicher.

"Ahm... und was machen wir jetzt? ...Die Stadt verlassen?" James wurde mit jedem Satz, den er sprach, unsicherer. Trotzdem war er überzeugt, dass der Veteran eine Lösung für das Problem bereit hielt. Doch noch bevor er die nächste Frage stellen konnte, war der Alte bereits voraus gelaufen, und Lee und James trotteten hinterher.
 

"Hier ist niemand, Sir." - die Soldaten, die in Walther's Wohnung eingebrochen waren, erstatteten bei ihrem Lieutenant Bericht. Mit erhabener Pose und stolzer Brust, stellten sie sich vor ihm auf. Der Lieutenant, ein rothaariger, noch jung wirkender Mann mit stechendem Blick, sah sich langsam selbst in der Wohnung um, um sich von der Situation zu überzeugen. Er durchsuchte langsam die wenigen Besitztümer, die bei Walther noch vorzufinden waren, doch die Suche blieb erfolglos. Der alte Soldat war nirgends zu finden... Wütend trat der Lieutenant gegen eine leere Bierflasche und schoss sie gegen die Wand, woraufhin sie in Scherben zerschellte. "...Lasst ihn nicht entkommen!" befahl er seinem Trupp und schickte sie auf die Suche, bevor er selbst, zornig von seinem Misserfolg, die Wohnung verließ. "Teilt euch auf! Sucht jeden Winkel ab! Er muss sich noch in der Stadt aufhalten!"

Als die Soldaten sich in alle Himmelsrichtungen verstreuten, gab es einen jüngeren Soldaten, der dies nicht tat, und stattdessen auf den rothaarigen zuging. Er tippte ihm auf die Schulter, und sprach ihn an.

"Äh... Pops... ich meine, Sir... äh..." der Junge klang ein wenig unsicher bei seiner Wortwahl, doch er hatte die Aufmerksamkeit des Älteren ergattert. "Findest du nicht, dass das ein bisschen bescheuert ist?"

Der rothaarige seufzte kurz, und erläuterte sich. "Es geht hier um das Prinzip, mein Junge."

"Ist doch nur ein Gerücht..." der Junge zuckte ein wenig desinteressiert mit den Schultern und lächelte sogar leicht verschmitzt. "Müssen wir jedem verdammten Gerücht nachgehen?"

"Ja, das ist unsere Pflicht." erwiderte der Erwachsene. "Und hiermit sind alle weiteren Diskussionen beendet. Mach dich auf den Weg und finde Charles Walther Douglas!" - die letzten Worte waren harscher ausgesprochen als gewöhnlich, und zeigten, wie verbissen er war.

"Wie Ihr wünscht... Lieutenant Pierre..." der Junge verbeugte sich, wirkte in seiner Wortwahl aber plötzlich sarkastisch. Als er sich ein Stück entfernt hatte, grummelte er aufgewühlt und fluchte "Ich hasse es, wenn er das tut!" und zeigte seine Abneigung.
 

Walther, Lee und James hatten mittlerweile eine verlassene Fabrik betreten. Da diese aber sehr zerfallen und gefährlich ist, wussten sie, dass sie hier weder lange bleiben, noch tiefer hinein gehen könnten. Allein der Schnee drang hier von allen Seiten hinein und die Kälte hielt dieses zerfallene Gebäude nicht ab.

"Da werden Erinnerungen wach." sprach Lee aus heiterem Himmel, und begann, zu erzählen. "Bevor ich in die Armee gekommen bin, hatte ich hier eine Ausbildung. Nunja, zunächst ein Praktikum. Ich hatte großen Spaß an der Arbeit, und..."

Walther schien nur wenig Interesse and der Hintergrundgeschichte zu hegen, und lief einfach weiter. Lee war ein wenig irritiert. "Hab ich was falsches gesagt...?"

"Nein. Sag einfach, wenn du fertig bist." erwiderte Walther. James hingegen wirkte sehr interessiert daran, Lee's Geschichte zu hören. Der alte Soldat jedoch, war nicht in Stimmung für Geschichten - und noch dazu hatten sie absolut keine Zeit dafür.

"Erzählen Sie bitte weiter, Sir Lee!" sprach James begeistert, und Lee ließ sich überzeugen, fortzufahren.

"Im Prinzip war diese Fabrik wirklich ein großartiger Ort. Ich hatte mich schon immer sehr für Maschinen interessiert, und wenn es etwas in dieser Fabrik gab, dann waren dies Maschinen..."

"...Die mittlerweile alle verrostet, alt und nutzlos geworden sind." hakte Walther ein, und strich dabei über eine der Maschinen, an denen er vorbei ging.

"Ja, das mag stimmen..." Lee's Worte ließen James neugierig werden. Sein Blick allein sagte bereits mehr als tausend Worte. "Nach dem Tod des Firmenchefs, hat sich die Situation leider zum schlechteren verändert. Der Nachfolger schien eine Fehlentscheidung nach der anderen zu tätigen, und es endete damit, dass viele Arbeiter ihre Stelle verloren - und ich gehöre mit dazu."

"Das ist ja grausam..." James war sich nicht bewusst, was da passiert war. Vermutlich war er auch zu jung dafür, mit seinen zarten zwanzig Jahren. Als diese Dinge geschehen sind, war er noch klein und lebte in seiner Heimat.
 

Noch im selben Moment, als Lee fortfahren wollte, schreckte James auf, als er ein Geräusch hörte. Walther hielt ihm den Mund zu, da sein Geschrei laut genug war, um die Soldaten hier her zu locken.

"Hmhmhmhmhm!" James konnte nur Gebrabbel von sich geben, doch Walther wusste, was er sagen wollte.

"Ich habe das Geräusch auch gehört. Aber mit deinem Geschrei lockst du nur die Truppen an!" Walther reagierte streng. Sehr streng. "Ich will keinen Mucks mehr hören..." warnte er den Jungen, und nahm erst seine Hand von dessen Mund weg, als er nickte und zustimmte, leise zu sein. "Die Fabrik ist verlassen. Vermutlich haben sich hier Katzen oder Ratten eingenistet - es gibt keinen Grund, durchzudrehen." erklärte er sachlich und lief weiter.

"J-ja... Sie haben vermutlich Recht..."

Doch es dauerte nicht lange, und die Geräusche wurden intensiver.

"S-siiiiir...?" James stotterte unaufhörlich und verkroch sich dabei direkt hinter Walther. Dieser drehte sich herum. Und obwohl er sich selbst bewusst war, dass es hier Katzen und Ratten gibt, klang dieses Geräusch nach keines von beidem. Er hörte Schritte - und sie kamen sehr langsam auf ihn zu.
 

Aus der Dunkelheit, kaum sichtbar, sprach wenig später eine männliche, noch jüngere Stimme: "Sucht ihr Unterschlupf?" - die Gruppe zögerte mit der Antwort, und Walther machte seinen Speer bereit. Als er in Kampfstellung ging, erwiderte die Stimme. "Ich bin kein Feind, und unbewaffnet." und trat schließlich in das Licht, das sich durch die Lücke des Daches, und des Bodens schien. Vor ihnen stand ein junger Mann, vielleicht nicht viel älter als James. Doch durch sein schwarzes Haar und die dunkle Kleidung, war er noch schwerer zu erkennen.

"Und du bist der Meinung, dass wir dir trauen können, weil...?" Walther zeigte tiefes Misstrauen und senkte seine Waffe nicht.

"Mein Name ist Matthew." stellte sich der Junge schließlich vor, streckte dabei sogar seine Hand aus, die von Bandagen umwickelt war. Walther jedoch war weiterhin vorsichtig und erwiderte den Handschlag vorerst nicht. "...Flieht ihr vor den Soldaten?"

"Woher...?" selbst Lee wurde nun misstrauisch, und trat näher an Walther heran.

"Ich erzähle es euch, wenn ihr mit rein kommt." sagte Matthew, senkte die Hand und ging voran, tiefer in die verlassene Fabrik. James kam langsam wieder vor Walther hervor, und konnte sogar ohne zu Stottern sprechen. "Ist es gerade viel wärmer geworden?" wunderte er sich.

"Ich habe eine Feuerstelle." Matthew hörte klar und deutlich, was der Bursche flüsterte, und antwortete mit einem Grinsen. "Na los, das wärmt euch auf."

"Können wir ihm trauen?" Lee war sichtlich unentschlossen und verließ sich auf das Urteil seines Freundes. James hingegen, selbstlos wie er ist, sprang plötzlich auf. "Er sah verletzt aus..."

"Es ist stockdunkel! Woher willst du das sehen, Kleiner?" doch James rannte bereits voraus. Walther war leicht verärgert darüber. "Dieser naive Jungspund...! Eines Tages bricht er sich noch das Genick..."
 

Nach einem kürzeren Fußmarsch, fand sich die Gruppe an einer Feuerstelle wieder. Matthew setzte sich sogleich davor und lud den Rest ein, sich zu ihm zu setzen. Walther und Lee machten dies nur widerwillig. Viel mehr betrachtete Walther die Feuerstelle skeptisch.

"Du zündest hier oben also ein Feuer an-" begann der alte Soldat, den Jungen zu tadeln, doch James redete dazwischen, und stellte sich freundlich vor.

"Mein Name ist James. Und das hier sind meine Freunde, Lee und Walther!" er lächelte sogar dabei, als er seine Freunde vorstellte. Matthew richtete seinen Blick zum Grauhaar und fragte nochmals genauer nach.

"Charles Walther Douglas?"

Walther drehte sich leicht gereizt um. "Und wenn dem so wäre?"

"Diese Uniformen... sind das nicht eigentlich Soldaten Uniformen? Desertiert ihr? Flieht ihr vor euren eigenen Truppen??" Matthew bombardierte die Gruppe mit Fragen über Fragen.

"Jetzt mach mal halblang, Junge! Niemand hat dir erlaubt, deine Nase in die Angelegenheit zu stecken." Walther reagierte nun sichtlich erzürnt. Denn wenn es etwas gab, das ihn auf die Palme brachte, dann war es unangebrachte Neugier von Fremden.

"Schon gut, schon gut, Alter... War ja nicht böse gemeint..."

Walther zog den Speer und hielt ihn geschwind an Matthew's Brust.

"Hey hey hey, nicht bewegen... du tust sonst jemandem weh damit..." er tippte die Spitze an und versuchte, sie beiseite zu bewegen. Doch vergebens.

James war verwundert, doch um Welten freundlicher zum Fremdling und fragte, woher er all diese Details weiß. Matthew war bereit, die Informationen herzugeben, wenn Walther den Speer senkt - dies tat er letztlich, wenn auch widerwillig.
 

"Ich bin seit einigen Tagen hier und streife durch die Gegend... da habe ich einige Soldaten belauscht, die sich nahe der Fabrik stationiert hatten." erklärte er.

"Du hast Soldaten belauscht?" Lee schien nicht überzeugt.

"Es war Zufall. Ich hatte das nicht beabsichtigt, oder so. Jedenfalls... da fiel dein Name. Und der Typ schien nichts Gutes vor zu haben. War so n Knallkopf mit rotem Haar, Schwert und Umhang, mehr habe ich leider nicht erkannt."

Walther konnte seinen Ohren nicht trauen. Die Beschreibung passt nur zu gut auf einen Kollegen, mit dem er vor Jahren mal befreundet war... bis etwas geschah, das er ihm jahrelang nie verziehen hatte und ihm wohl weiterhin nachträgt. Auch Lee wusste, auf wem diese Beschreibung zu gut passte, denn es gibt nicht sehr viele, die eine solche Ausrüstung tragen wie er.

"Könnte es sein...?" Lee fragte dennoch verunsichert, und wandte seinen Blick zu Walther. Dieser schwieg jedoch wie ein Grab.

"Kennt ihr den Typen vielleicht? Hab ja schon viele schräge Vögel gesehen, aber das..."

"Ähm... bist du verletzt?" James deutete auf die Bandagen, die Matthew um beide Arme trug. Matthew jedoch lächelte. "Keine Wunden, alles gut. Es wäre nur besser, wenn es wärmer wäre."

"Leider wirst du hier keinen Erfolg damit haben. Lungrais ist fast das ganze Jahr verschneit." erklärte Lee.

"Fast das ganze Jahr?!" Matthew stand empört auf, und stolperte in diesem Moment über etwas unbekanntes. James schreckte sofort mit auf, als er glaubte, eine Schlange zu sehen - doch im selben Atemzug war diese verschwunden, und Walther beruhigte den jungen Sanitäter.

"Das war keine Schlange. Tut mir leid." Obwohl er unsanft auf seinem Hintern gelandet war, lächelte er mit einem breiten Grinsen. "Aber heck... wie könnt ihr leben? Geschweigedenn... was macht das Militär in einer solch vereisten Gegend?"

"Der General schweigt über solcherlei Details. Und selbst wenn wir sie wüssten, könnten wir sie wohl nicht mit dir teilen. Tut uns sehr Leid." Lee wärmte sich vorsichtig am Feuer, während er sprach.

"Ein General, der über alles schweigt? Klingt nicht gerade verlässlich."

"Du hast kein Recht, ihn in Frage zu stellen." Walther wirkte grantig und schmetterte Matthew's Versuche weiterhin ab. James unterbrach das Gespräch mit einem langen Gähnen - was nicht verwunderlich war, denn es war bereits sehr spät.
 

"Ich habe eine Idee. Ihr legt euch aufs Ohr... und ich halte Wache." Matthew schien sich seiner Sache sicher zu sein. Walther jedoch zeigte weiterhin gesundes Misstrauen. "Nichts da, Junge. Das kommt nicht in Frage."

"Was denn, willst du etwa die Nachtschicht übernehmen? Gut, Alter. Dann bekomme ich eben meine Mütze Schlaf..." antwortete Matthew regelrecht frech und ging zur Feuerstelle zurück, rollte seinen Körper leicht zusammen und machte die Augen zu. James hatte sich bereits auf die andere Seite gelegt und schlief bald ein.
 

Walther gefiel die Situation überhaupt nicht, und erneut stellte er sich die Frage, in was er hier nur hinein geraten ist. Er hat sichtlich keine Lust, den Babysitter zu spielen, und ist sich bewusst, dass er vor allem Lee und James in die Sache nicht mit reinziehen kann.

Als Matthew und James eingeschlafen waren, entfernten sich Walther und Lee, um ein Gespräch zu führen und die Lage erneut zu analysieren.

"Wird dir jetzt sicher nicht in den Kram passen, was ich nun sage, aber..."

Lee ahnte bereits, was Walther zu sagen versuchte, doch er ließ ihn aussprechen.

"Sie suchen MICH, Lee. Und ich kann weder dich, noch James, da mit hinein ziehen. Es wäre ein großes Risiko und ihr könntet dabei unweigerlich zu Schaden kommen."

"Und was schlägst du vor, Walther? Dass wir einfach zurück in die Einheit gehen und so tun, als wäre nie etwas geschehen?" Lee war sich ebenfalls bewusst, dass dies keine Möglichkeit war. "Auch wenn ich einige unserer Kameraden persönlich kenne und überzeugt bin, dass sie gute Menschen sind, ist es ein Risiko, einfach zurück zu kehren. Denn wenn die Soldaten jetzt nach dir suchen, gibt es bestimmt einige von ihnen, die alles tun würden, um eine Information an deinen Aufenthaltsort zu erzwingen."

"Ich sage es nur ungern, aber du hast Recht damit." Die Gruppe steckte in einer Zwickmühle. "Und dennoch können wir hier nicht bleiben."

"Walther... ich bin ehrlich mit dir. Sollte es zu einem Kampf kommen... ich wäre nicht in der Lage, Gewalt gegen unsere Kameraden anzuwenden. Du weißt..."

"Ja, ich weiß. Du schießt nur in Notfällen. Kann ich auch nachvollziehen. Doch leider gibt es im Krieg... schon immer nur die eine Lösung: Du... oder ich. Das wurde uns damals klar gemacht."
 

Lee ist verzweifelt. Er weiß, dass Walther Recht hat mit dieser Tatsache. Und wenn er selbst nicht zur Waffe greift, könnte es jemand anderes tun und damit weitere Leben gefährden. Doch was sollen sie tun? Aus der Stadt flüchten? Würden die Soldaten ihnen folgen? Wo wären sie noch sicher?
 

Als Walther gedankenversunken an einer Maschine lehnte, nahm er ein kurzes Mauzen wahr. Zuerst ignorierte er es, doch als es lauter wurde, rückte er ein paar Kartons beiseite... und heraus kam eine kleine, schwarz-weiße Katze, die sich schnurrend um Walther's Bein wickelte, und anschließend zu Lee hinüber tapste.

"Du hattest schon wieder Recht. Hier leben Katzen..." Lee war erstaunt und streichelte das kleine Tier.

"Sie leben hier bereits eine ganze Weile..."
 

Einige Stunden später...

Walther war eingeschlafen, doch erwachte, als er spürte, dass sich jemand über seinen Körper stieg. Er stellte fest, dass es Matthew war, der sich nahe der Kante des Dachbodens setzte, um zu spähen.
 

"Was wird das jetzt schon wieder für ein Scheiß?" Walther war nicht erfreut. Matthew jedoch gab ihm das Zeichen, still zu sein.

"Ich befürchte, wir bekommen Besuch..." sagte er nur wenig später. Walther stand langsam auf und folgte Matthew an seinem Platz, um einen Blick zu erhaschen. Und tatsächlich... auch dieses Gesicht war dem Veteran nicht unbekannt.

"Nicht der selbe Typ von letztens, aber... kennst du den?"

Walther nickte. "Sind vom selben Blut. Allerdings ist das hier nur der Sprössling."

"Also keinen Grund, Angst zu haben. Mit dem werden wir locker fertig!" Matthew war sich selbstsicher, und wollte sich in den Kampf stürzen. Walther jedoch hielt ihn zurück.
 

Währenddessen, einige Etagen tiefer, hatte der fremde Soldat die Fabrik mit einigen Kameraden betreten und machte sich langsam auf den Weg durch die Trümmer...
 

Walther weckte Lee und James, und wies sie an, zu fliehen. Da er jedoch Zeuge war, wie der Suchtrupp bereits unten eindrang, gab es keinen Fluchtweg mehr nach unten.

"Gut, wenn du nicht kämpfen willst, dann steigen wir eben aufs Dach und fliehen darüber!" Schlug Matthew im selben Zuge vor. Geschwind sprang er auf dem Dachboden entlang und mit einer beeindruckenden Akrobatik, erkletterte er die Wand und stieg ratzfatz aufs Dach - das ließ die Gruppe mit einem Staunen zurück.

"Der Junge ist nicht normal..." Walther klingelte es so langsam, doch es war keine Zeit, darüber nachzudenken. Zusammen mit seinen Kameraden, kletterte er auf das Dach und benutzte den Fluchtweg, den Matthew geschlagen hatte, um von der Fabrik zu entkommen...
 

Walther jedoch war bewusst, dass es keine große Verschnaufpause geben würde.

Konfrontation

Trotz des Schnees sprang Matthew voran und wies den anderen den Weg. Während James und Lee ein wenig Schwierigkeiten hatten, durch den Schnee zu stapfen, blieb Walther eher in den hinteren Reihen. "Ich bilde die Vorhut." sagte Matthew mit erhobenem Finger und übernahm so die Führung.
 

Das wichtigste Ziel war nun, unnötigen Konfrontationen aus dem Weg zu gehen. Da jedoch der Morgen bereits anbrach und es langsam hell wurde, entwickelte sich das unentdeckt bleiben zu einer Herausforderung.

"Weißt du überhaupt, wo du hingehst, Bursche?" Walther grummelte und holte, trotz des tiefen Schnees, schnell mit der Gruppe auf und lief auf Augenhöhe.

"...Ja?" Ein wenig Unsicherheit war in seinen Worten zu hören, und er schaute sich immerzu um - nur um festzustellen, dass aufgrund des Schneefalls die Umgebung fast so gut wie gleich aussah. "Hier gibts ne Menge verlassener Häuser..."

"Wir können uns nicht ewig vor ihnen verstecken." Auch wenn Walther es vorzog, nicht unnötig in den Kampf zu ziehen, blieb er realistisch. "Wenn sie uns an der Fabrik gefunden haben, werden sie dies woanders ebenfalls."

"Und was schlägst du vor?" Matthew fuhr seine Schwanzspitze unter die Nase, und... ließ die Gruppe kurzzeitig erstarren. "Was ist denn?" Matthew hatte überhaupt nicht bemerkt, dass seine Gewohnheit ihn mal wieder überrumpelt hatte. Als er es realisierte, versuchte er, das Körperteil erneut in seiner Kleidung zu verstecken. Doch es war zu spät: die drei Charaktere starrten Matthew mit gemischten Gefühlen an.

"...Was zum Henker BIST du?" Walther wurde noch misstrauischer als sonst schon. Matthew jedoch entgegnete ihm. "Das spielt nun keine Rolle, wir müssen hier-"
 

"Stehen geblieben, Verräter!" rief es plötzlich aus der Ferne. Und mit langsamen Schritten, näherte sich eine noch recht jung wirkende Person mit einer Gruppe an Soldaten. Er selbst trug ein bemerkenswert aussehendes Breitschwert, sowie einen Umhang, der im kalten Wind wehte. Ein Paar blauer Augen, braunes, struppiges Haar und ein fieses Grinsen auf dem Gesicht.

In dem Moment, als sich die Gruppe zu diesem Jungspund herumdrehte, zog Walther reflexartig seinen Speer und blockte damit den Schwerthieb seines Gegenübers geschickt ab.

"Versuch's gar nicht erst, Kleiner." Walthers genereller, ernster Gesichtsausdruck wurde noch ein Stück ernster, als er den jungen Soldaten zurückdrängte. Er war sich seinen Fähigkeiten bewusst - und den des jungen Kämpfers ebenfalls.

"Ich bin nicht klein!" schrie er zurück. Er schien ziemlich leicht reizbar zu sein, und beantwortete weitere Provokationen mit weiteren Schwerthieben - welche Walther erneut problemlos abwehren konnte. Speer und Breitschwert trafen immer wieder aufeinander, und jeder Schlag, den Walther blockte, versetzte seinen Gegner in Frustration.
 

Währenddessen hatte Matthew die anderen beiden in Sicherheit gebracht, ohne dass es jemand gemerkt hat, dass er überhaupt verschwunden war.

"Kennt ihr den Typen?"

"Ja. Das ist Sir Kyle..." antwortete James eher leise. "Soweit ich weiß, sind er und Sir Walther in der selben ersten Einheit."

"Macht sie das nicht eigentlich zu Kameraden... ah, vergiss es." Matthew drehte sich herum und beobachtete das Geschehen aus der Ferne. "Euer Kumpel scheint Schwierigkeiten zu haben." Glücklicherweise schienen die restlichen Truppenmitglieder nicht in den Kampf einzugreifen. Kyle und Walther fochten ihr Duell eins gegen eins aus.

"Er mag ja begabt sein, aber wenn das so weiter geht, sitzen wir hier morgen noch fest." und noch bevor James oder Lee etwas sagen konnte, war Matthew in einem naheliegenden Baum verschwunden. Er sprang leise auf das Dach eines Hauses und beobachtete weiterhin das Geschehen. Der Schlagabtausch dauerte so lange an, bis Walther plötzlich zu Boden sank, und sich an die linke Brust griff.

Ein hämisches Lachen ertönte...

"Hast dich wohl zu sehr übernommen, was, Alter??" Kyle setzte zu einem weiteren Schlag an - und genau in diesem Moment sprang Matthew aus seinem Versteck, peilte genau den Kopf seines Gegners an und landete in hockender Haltung auf seinen Schultern! Ein kurzer Austausch der Blicke folgte... kurz darauf hob Matthew seine Arme und begann, wie verrückt das Gesicht des Soldaten zu zerkratzen. Mehrere Attacken folgten aufeinander, und zu guter letzt sogar ein Feuerstoß aus seinen Händen - bevor er sich mit den Füßen von ihn abstieß. Die Kraft der Flammen sorgte dafür, dass Kyle einige Meter flog und im Schnee landete. Sein Trupp eilte sogleich zu ihm.
 

Matthew landete direkt neben Walther und versuchte, ihn zu packen, während die Soldaten sich um Kyle sorgten. "Das ist unsere Chance!" Etwas schwerfällig, mit dem alten Mann an seiner Schulter, lief er voran. Doch Hilfe war nicht weit entfernt. Lee und James kam den beiden entgegen und packten mit an.

"Sir Walther, was ist geschehen?!" James griff panisch in seinen Koffer und suchte mit seinen erfrorenen Händen nach der richtigen Medizin. Walther konnte kaum noch antworten, doch glücklicherweise waren die Pillen schnell gefunden und er nahm sie ein. Matthew brachte die Gruppe zu einem nahe liegenden Ort, wo sie sich ausruhen konnte. Dies war vor allem für den Veteranen wichtig.

"Ich halte die Stellung." und schon nahm Matthew eine erhöhte Position ein, um die Umgebung im Blick zu behalten. Schon nach wenigen Minuten, begann die Medizin zu wirken, und Walther erholte sich stetig.

"Ich möchte ja nichts Falsches sagen, aber manchmal glaube ich, dass der komplette Ruhestand für dich besser wäre."

"Erzähle mir nichts von Ruhestand..." Walther wirkte verbissen. Auch wenn er wusste, dass Lee sich nur Sorgen machte. "Er hat seine Lektion erhalten, und jetzt ist wieder Ruhe im Schiff!"

"Du meinst, er hat dich nur verfolgt, um dich herauszufordern?"

"Ist nicht das erste Mal, dass er mich einen Verräter schimpft. Der Junge hat sie nicht mehr alle, und sucht nur Mücken... nichts weiter."
 

Es dauerte nicht lange, da schlief Walther ein - und wachte erst wenige Stunden wieder auf. Es war bereits kurz vor Mittagszeit, und er entschloss, zur Einheit und Basis zurück zu kehren, da er sich sicher war, dass alles in Ordnung wäre. Als er mit James und Lee die Basis erreichte, grüßte ihn sogar der General aufrichtig. Das Vormittags-Programm lief, als wäre nie etwas geschehen und schon bald ging es in die Mittagspause. Walther saß allein an einem Tisch, und überhörte so manches Getuschel von den Truppen...

Als er das Glas hob, um einen Schluck zu nehmen, kam plötzlich jemand auf ihn zu, stemmte seine Arme auf Walther's Tisch und suchte den direkten Augenkontakt. Sein Blick zeigte, dass er absolut nicht erfreut war.

"Kann man nicht mal in Ruhe speisen?" Walther grummelte, und warf den bösen Blick, den er bekam, sogleich zurück. "Was willst du, Pierre?"

Pierre, ebenfalls Soldat erster Klasse, und in der selben Einheit wie Walther, formte seine Hände zur Faust. "...Dies wird Konsequenzen haben, mein Freund." drohte er. Und man erkannte, dass das Wort "Freund" eher sarkastisch gemeint war. Walther zuckte mit den Schultern. "Was auch immer du meinst..."

Pierre hatte schnell von diesem Dickkopf genug und verschwand so fix, wie er gekommen war. Die anderen Soldaten blickten ihm mit Ehrfurcht nach. Walther ließ sich nicht beirren und wollte weiter speisen, bevor die Pause endete - da unterbrach ihn erneut jemand.

"Psssst, hey." rief es... von wo? Der Veteran verleierte seine Augen und ignorierte die flüsternde Stimme. Doch sie wiederholte sich. "Hey... Walther, hier drüben!"

"Ich habe keine Lust..." murmelte er und biss in seine Mahlzeit. In just diesem Moment schaute am Fenster eine schwarze Schwanzspitze hervor. Walther bemerkte dies aus dem Augenwinkel und konnte seinen Augen kaum trauen. "Ich fasse es nicht!" beschwerte er sich, als er aufstand und zum Fenster ging. "Was zum Teufel machst du da eigentlich?!"

Matthew balancierte auf dem noch so schmalen Fenstersims, hoch oben an der Basis. Ein falscher Schritt, und er würde abstürzen - ein normaler Mensch käme hier niemals hin, außer er ist lebensmüde. Und mit seinem Verhalten fiel es ihm unglaublich leicht, Walther auf die Palme zu bringen.

"Hab alles nach dir abgesucht... Also, dieser Typ da, von heute morgen... Kyle?" Matthew wollte frei aus dem Bauch heraus erzählen, da wurde Walther wütend.

"Zu deiner Information..." unterbrach er ihn. "Alles hier wird Videoüberwacht." und ging zu seinem Platz zurück. Er war überzeugt, dass seine Worte genug Warnung sein sollten, doch Matthew schien die Gefahr überhaupt nicht wahrzunehmen. Er ignorierte Walther sogar und fuhr einfach mit seiner Erzählung fort.

"Jedenfalls, dieser Kyle liegt auf der Krankenstation... Hab gehört, wie die Ärzte sagten, dass sein rechtes Auge, äh... verloren ist."

//Verloren...?// Walther dachte sich seinen Teil. Er erinnerte sich, dass die beiden ein Duell ausgetragen hatten, doch dann sank er zu Boden und ab da hatte er einen Filmriss. Allerdings... wenn Kyle etwas zugestoßen ist, macht es plötzlich Sinn, dass Pierre vorhin auf ihn zukam, um ihm zu drohen. Walther war sich nicht sicher, ob es nicht er war, der Kyle massiven Schaden zufügte und sich nun nicht mehr erinnern kann.

"Ja, also... ich geh dann mal lieber..." Matthew kletterte geschwind das Gebäude hinab und war wieder verschwunden. Walther hingegen stand vor einer Entscheidung. Er könnte auf die Station gehen und sich ein Bild von der Situation machen. Auf der anderen Seite, ist es den Aufwand sicher nicht wert und mit Ärger verbunden, wenn er den Verletzten aufsucht. Ein wenig gedankenversunken, trank er seinen Kaffee und kehrte nach der Pause zu seiner Einheit zurück...

Ein Stück Vergangenheit

"..."

"Ein wahrlich bemerkenswerter Mann, findest du nicht, Matthew?"

"-!!"
 

Zum späten Abend hin befand sich Matthew erneut auf einer Wanderschaft durch die Stadt. Spät wie es war, war kaum noch jemand unterwegs - großes Glück für ihn. Doch sein Magen begann bald, zu knurren. Wann war es das letzte Mal, dass er eine gute Mahlzeit hatte? Für gewöhnlich wäre er nicht abgeneigt, sich an Obstbäumen und Feldern zu bedienen, doch verschneit wie die Stadt ist, schien es hier keine wirklichen Vorräte zu geben.

Als Matthew von Gebäude zu Gebäude ging, fiel ihm in der Ferne bald ein Licht auf, das durch breite Fenster schien. Mit einem weiten Satz nach vorne, steuerte er es an und fand sich bald vor einer Bar wieder. Vorsichtig schlich er ans Fenster und wagte einen Blick hinein - stellte dann fest, dass diese Bar gerade von einigen bekannten Gesichtern besucht wurde. Matthew zögerte nicht lang, und trat ein.
 

"Was kann ich für Sie...-" der Besitzer des Ladens drehte sich sofort zur sich öffnenden Tür. "...Oh, nur ein Kind."

"Ich bin kein Kind." grummelte Matthew und kratzte sich am Kopf. Kurz darauf ging er direkt auf den Tresen zu und setzte sich... neben die bekannten Gesichter. Als Reaktion folgte sofort ein altes, genervtes Grummeln.

"Was willst du hier?" ...Eigentlich wollte Walther dies gar nicht erst wissen, und würdigte ihm nicht mal einen Blick. Er hob sein Glas Bier und nahm einen Schluck. Doch Matthew schwieg, und seufzte sogar.

"Hör mal, Kleiner. Bevor du hier eintrittst, solltest du deine Eltern um Erlaubnis fragen." Barkeeper Martin hob die Augenbraue und runzelte mit seinem Bart. Dabei entging ihm nicht, dass Matthew's Mimik und Gestik sich schlagartig änderte. Er drehte sich zur Seite, und senkte den Kopf. Die Schelte wurde durch sein Magenknurren unterbrochen. Martin schmunzelte ein wenig, und zögerte nicht lange, da ging er in die Küche und kam in wenigen Minuten mit einem warmen Gericht zurück. "Hier. Fürs erste geht das aufs Haus."

Matthew hatte seinen Blick weiterhin abgewandt, da stieg der appetitliche Geruch in seine Nase. "...Im ernst?" fragte er deutlich verunsichert, doch ein erleichtertes Lächeln kletterte bald auf seine Lippen. Er wandte sich wieder den Mitmenschen zu, und begann dankbar, zu essen.
 

"Verwöhne ihn nicht zu sehr. Sonst wirst du ihn nicht mehr los."

Auch bei dieser Aussage musste Martin sehr schmunzeln. "Na, du musst es ja wissen, mein Freund." Walther räusperte und trank sein Bier aus. "Heute mache ich jedenfalls eine Ausnahme." Er nahm ihm das leere Glas weg und entschied sich, dass sein Freund für heute genug getrunken hatte.
 

Matthew hatte seine Mahlzeit kaum beendet, da stand Walther bereits auf und wankte leicht zur Tür. Lee ging ihm nach und gab ihm Stütze, doch glücklicherweise schien er nüchtern genug, um nicht erneut umzufallen.

"Warte!" rief er ihm hinterher und stand von seinem Platz auf. "Da ist noch etwas, das ich dich..."

"Nicht heute, kleiner. Mach, dass du nach Hause kommst..." Walther grummelte und verließ mit Lee die Bar. Er ließ Matthew einfach stehen.

"Hey, ich war noch nicht fertig! ..." Ungeduld war in seiner Stimme zu hören und er stampfte sogar auf, doch der Soldat antwortete nicht mehr. Matthew schien regelrecht verzweifelt, und setzte sich an Ort und Stelle auf den Holzboden. Martin, der Barkeeper, beobachtete das Geschehen und ging langsam auf ihn zu.

"Wenn du Walther etwas fragen möchtest, musst du vorsichtiger sein." erklärte er ihm freundlich. "Sagen wir einfach, dass er nicht sehr umgänglich ist, und seine Gründe dafür hat."

"Was soll ich jetzt tun...?" zitternde Worte entsprangen seinen Lippen.

"Du solltest seinem Rat folgen und nach Hause gehen. Er war zwar leicht angetrunken, und dennoch sagte er die Wahrheit."
 

Matthew zog seine Beine nah an seinen Körper und "umarmte" sich selbst. Der erfahrene Barkeeper hatte eine leise Vorahnung, und entschied sich, ihm entgegen zu kommen.

"Wenn du keine Bleibe hast, dann darfst du hier übernachten. Ich nehme allerdings an, dass du kein Geld hast - also müsstest du deinen Aufenthalt abarbeiten. Das sollte kein Problem für dich darstellen. ...Gute Nacht."

"...Das ist nett." Matthew murmelte die Buchstaben und war so kaum hörbar. Er stand langsam wieder auf und folgte Martin zu den Gästezimmern. Sie waren zwar nicht sehr geräumig und eher klein, doch für die Nacht sollte es reichen. Matthew war dankbar, und ein Teil seiner Furcht genommen. Er legte sich aufs Bett, und begann, nachzudenken. Dabei schloss er schon bald seine Augen.
 

Es dauerte nicht allzu lang, da hallte eine Stimme in seinem Kopf...

"Nimm es dir nicht so zu Herzen, Matthew. Sie verstehen die Situation noch nicht, es ist zu früh."

Er drehte sich auf die Seite, und flüsterte zurück. Es wirkte, als würde er mit sich selbst reden.

"Ich bin mir nicht sicher, ob es überhaupt noch Sinn macht... Ob überhaupt noch irgendetwas Sinn macht..." Er kratzte sich nervös am Körper. "Vielleicht hätte ich nicht herkommen sollen. Weder in diese Bar, noch in diese Stadt an sich..." Und erneut nahm er eine ängstliche Position ein, rollte sich leicht zusammen. "Mir ist klar, dass sie nicht wissen, was los ist. Er hat mir ja nicht einmal eine Chance gegeben..."

"Gib jetzt nicht auf, Matthew." Die Stimme in seinem Kopf sprach ihm Mut zu und schien sehr weise zu sein, beruhigend gar. "Du hast den Inhaber der Bar gehört. Dieser Walther scheint seine Gründe für sein abweisendes Verhalten zu haben, gerade deshalb solltest du seine Reaktion nicht persönlich nehmen."

"Vielleicht ist er auch einfach nur ein sturer Bock... oder ein Arsch."

"Das würde ich nicht behaupten, Matthew. Du kennst diesen Mann nicht genau, also wäre es eine falsche Angehensweise, nun Vorurteile zu bilden. Vergiss nicht, warum du hier bist. Wenn du nun überschnappst, war die Reise umsonst."

"...Wenn du das sagst..."

Matthew schien sich geschlagen zu geben und zog die Decke über den Kopf. Er spürte jedoch weiterhin, dass er zitterte wie Laub. Die Gedanken, die ihm durch den Kopf gingen, schienen ihm Angst zu bereiten.
 

"Versuche nun, zu schlafen. Morgen sehen die Dinge bestimmt wieder anders aus."

"Hmhm..."

"Und wer weiß, wenn du dir beim Aushelfen morgen Mühe gibst, bringt dich das deinem Ziel gleich näher."
 

Wenige Stunden später, exakt 05:00 AM...
 

"Aufstehen, Junge. Mach dich fertig." tönte eine Stimme durch die Tür. Nur wenig später öffnete sie sich und schlug gar an die Wand des Gästezimmers. Matthew, der noch immer unter der Decke versteckt war, sprang erschrocken auf und grummelte dabei. Wenn es etwas gab, dass er absolut nicht mochte, dann war es, unsanft und verfrüht geweckt zu werden!

"Was soll denn der Quatsch..." murmelte er müde.

"Dieser 'Quatsch' weist dich darauf hin, dass deine Aushilfsstunden nun beginnen. Und jetzt, hör auf, zu trödeln." Martin ließ die Tür weit offen stehen und stapfte davon. Matthew kam nur sehr mühselig aus dem Bett. Als er es geschafft hatte, hatte er eigentlich vor, auf die Toilette zu gehen - doch auf dem Weg dorthin hallte die Stimme des Barkeepers durch die Gänge, und ermahnte ihn, nicht zu trödeln.

"Verflucht... In was bin ich da nur hinein geraten?" murmelte er und eilte ins Badezimmer.
 

Minuten vergingen und Martin wurde langsam ungeduldig. Als er kurz davor stand, nach Matthew zu sehen, brauste der Junge um die Ecke - und das erste, was Martin auffiel, war der Hosenstall, der noch offen stand. Er räusperte schwer und deutete nach unten, bis Matthew bemerkte, was Sache war.

"Sorry, aber du hast gedrängelt..."

"An die Arbeit mit dir, und mach bloß keinen Ärger." er warnte Matthew ausgiebig. Die freundliche Persönlichkeit des Inhabers schien wie verflogen. Es dauerte nicht lange, da kamen schon einige Gäste. Matthew verzog sich in eines der hinteren Zimmer und beobachtete vorsichtig - er kannte diese Leute zwar nicht, doch diese Uniform... die hat er nicht vergessen. Die Gäste bestanden aus einer kleinen Soldaten-Truppe, die wohl aus der selben Basis kamen, wo Walther tagsüber arbeitet.

"Was machen die denn hier...?" Matthew griff sich unter die Jacke und tippte den pechschwarzen Edelstein an, der an einer Kette um seinen Hals hing. Es klirrte kurz. "Hey, hörst du mich überhaupt?"

"Klar und deutlich, du musst nicht klopfen." antwortete die selbe, weise Stimme vom Abend zuvor.

"Wenn das die Typen sind, die bei diesem... Kyle rumgelaufen sind, dürfen sie mich nicht sehen." Zu blöd nur, dass Matthew sich die Gesichter beim Vorfall nicht gemerkt hat. Abgesehen davon, dass es noch zu dunkel war und Gesichter schwer zu erkennen.

Es dauerte nicht lange, da stapfte Martin in das Hinterzimmer.

"Geh wieder an die Arbeit!" forderte er ihn auf. "Ich habe dich gewarnt, hier nicht rumzutrödeln!" Er nahm sich einige Teller, um die Kundschaft zu bedienen. Matthew hingegen bewegte sich zur Spüle und hoffte, nicht gesehen zu werden - geschweigedenn, nach draußen gehen zu müssen.
 

Da er aber weiterhin trödelte, dauerte es nicht lange, und Martin kam erneut. Verwundert über sein Verhalten, stellte er ihn zu Rede, wenn auch kurz und schroff.

"Was ist jetzt schon wieder los? Sag nicht, du hast Angst, da raus zu gehen!"

Seine Stimme brachte Matthew ins Schweigen. Innerlich jedoch stammelte er, auf der Suche nach den richtigen Worten. "Also... so direkt ist es das nicht." Seine Mimik verriet, dass sich mehr hinter seinen Worten verbarg.

"Bei der Arbeit wird nicht getrödelt. Zeit ist Geld, und die Kundschaft wird ungeduldig, wenn man zu lange braucht. Das kann ich mir nicht leisten! Also..."

Matthew stampfte schließlich auf den Boden. "Ich habe keine Angst... doch es... widert mich an, was sie gemacht haben... könnten." Er verspürte Wut, ballte gar die Fäuste und zitterte leicht. Nur langsam hebte er den Kopf und suchte den Augenkontakt. Martin wusste zwar nicht, um was es genau ging, doch Matthew's Mimik und Gestik war eindeutig und leicht lesbar. Der Junge schien es ernst zu meinen.

"Du hast was angestellt..."

"Tut mir Leid, ich kann es dir nicht völlig erklären." Aktuell war es wichtig, über die Situation gutes Schweigen zu bewahren. "Ich kann dir nur sagen... dass es auch Walther betrifft."

Martin runzelte erneut den Bart. Obwohl er sich nicht ganz sicher war, ob der Junge die Wahrheit sagte, entschied er sich, nicht weiter zu fragen. Er wandte sich ab und war wieder auf dem Weg nach draußen. Matthew sank kurz zu Boden.

"Mein Freund, das war ganz schön knapp." hallte die Stimme in seinem Kopf.

"Ich weiß..." er seufzte, doch wusste, dass er sich wieder aufraffen musste, um nicht weiter in Schwierigkeiten zu geraten.
 

Trotz aller Schwierigkeiten, verging die Zeit wie im Fluge. Matthew folgte den Anweisungen des Chefs, und gab sich sichtbar Mühe, sie fehlerfrei zu erfüllen. Nach einigen Stunden kehrte Ruhe im Geschäft ein, und Matthew sank zu Boden, als er bemerkte, dass der Laden komplett leer war.

"Und nun fegst du aus." - Martin dachte nicht einmal daran, Matthew eine Verschnaufpause zu geben und obwohl der Junge zu Boden gesunken war, drückte er ihm Besen, Handfeger und Kehrschaufel in die Hand.

"Nicht dein Ernst, Alter-"

"Zügel deine Zunge!" - nicht nur, dass diese Worte in seinem Kopf hallten, sondern zeitgleich auch von Martin selbst ausgesprochen, wurde Matthew regelrecht doppelt ermahnt. Er hatte keine Wahl - er nahm die Putz-Utensilien und begann, den Laden auszufegen, so gut es ging.
 

Als er halb fertig mit der Arbeit war, öffnete sich die Tür erneut - und der alte Soldat Walther stand ein wenig starr am Eingang. "Du bist ja immernoch hier..." Er war sichtlich nicht erfreut. Matthew stand kurz davor, ihn in ein Gespräch zu verwickeln und seine Frage von gestern zu stellen - da rief eine Stimme aus der Küche. "Während man putzt, redet man nicht mit den Kunden. Man putzt!"

//Er geht mir langsam echt auf den Geist mit seiner Strenge...//

"Beweg deinen Arsch..." Walther grummelte und stieß Matthew sogar zur Seite, als er im Weg stand. Kurzum setzte er sich an seinen Stammplatz. Es war unschwer zu erkennen, dass er mal wieder eine nicht so gute Laune hatte. Matthew klammerte seine Hände stärker um den Besenstiel - so sehr, dass dieser gar drohte, entzwei zu brechen.

"Beruhige dich, Matthew." hallte die innere Stimme.

Ihm entkam ein Seufzen, als er versuchte, sich zu beruhigen und mit der Arbeit fortzufahren...
 

"Hat er dir schön den Tag vermiest?" Walther griff nach seinem alltäglichen Bier und nahm einen Schluck. Martin ließ seinen Blick umher schweifen, und sagte schließlich

"Nun... wenn er will, kann er arbeiten. Vier Hände sind manchmal eben doch vorteilhafter als nur zwei."

"Haut mich ja vom Hocker..." seine Worte beinhalteten einen Hauch von Sarkasmus, das war nicht zu überhören.
 

"Siehst du? Verlief doch noch alles gut."

"Sagst du so leicht..." Matthew flüsterte erschöpft, doch war endlich mit Ausfegen fertig. Und obwohl er sich Mühe gab, sein nicht-menschliches Körperteil zu verbergen - als er sich hinkniete, um die Geräte aufzuheben, schlüpfte er heraus, ohne dass Matthew es bemerkte.

Der Barkeeper jedoch bemerkte es sobald... Er hob sogar seine Augenklappe, weil er befürchtete, er würde sich etwas einbilden. Auch Walther drehte sich herum, schließlich folgten beide Matthew mit ihren Blicken, als dieser in die Küche verschwand.

"Du hast es auch gesehen."

Walther nickte und nahm einen weiteren Schluck. "Mir ist schon klar, dass der Junge nicht normal ist..."
 

Wieder in der Küche angekommen, seufzte Matthew und lehnte sich dabei an die Wand.

"Ist echt anstrengend, das Ding zu verstecken." er strich sich durch das schwarze Fell seiner Rute. "Ja, ich weiß. Es geht nicht anders..."

"Ich würde vorschlagen, dass du nicht mit der Tür ins Haus stürmst und Walther noch ein wenig Zeit gibst, bevor du ihn erneut versuchst, zu fragen."

"...Das nervt. Ganz egal, wie wichtig es ist... er würde mich vermutlich nicht ernst nehmen."

"Dann musst du dir seinen Respekt verdienen. Nun, wahrlich, ich sage dir, in diesem Veteranen steckt etwas Besonderes."

"Das hast du letztens schon einmal gesagt. Kann dir nicht folgen, Kumpel. Der Typ ist einfach nur schroff und abweisend... so wie scheinbar jeder hier. Was soll daran denn besonders sein?"
 

"Redest du mit dir selbst?"

Martin hatte nur stückchenweise eine Stimme aus der Küche gehört und trat schließlich ein. Dabei erwischte er Matthew, wie er weiterhin durch das Fell seiner Rute strich. Erschrocken versuchte er, es zu verstecken.

"Du wirst mich jetzt hoffentlich nicht raus...?" Matthew ging einige Schritte zurück, als Martin auf ihm zukam.

"Jeder Mann hat nen Schwanz..." als Martin weiter redete, begann Matthew plötzlich, zu lachen. "...aber nicht so einen! Und du findest das auch noch amüsant."

"Ich, äh... so ist das nicht.. pfff..." er hatte sichtlich Schwierigkeiten, sein Lachen aufzuhalten.

"Du kannst mir ja ne Menge vom Pferd erzählen, aber das da... das ist nicht normal. Vermutlich bist du nicht einmal ein Mensch... Will nicht wissen, wie viele Haare da noch versteckt sind."

"Ich bin ein Mensch! Aber... ich kann es dir leider nicht erklären..."

"Ja, das hattest du vorhin schon einmal gesagt. Und so langsam zieht es nicht mehr."
 

Matthew sank erneut zu Boden und zog seine Beine eng an seinen Körper.

"Ist es wirklich so schlimm, dass ich dieses Ding habe? Verurteilst du mich jetzt deswegen...?" seine Stimme wurde immer leiser. Er klang regelrecht entmutigt. Martin blieb vor ihm stehen und schwieg.

"...Schon als kleines Kind hatte ich dieses Ding, und wurde von anderen Kindern und Erwachsenen gemieden, wie die Pest. Weil ich nicht so war, wie sie. Weil ich etwas hatte, das sie nicht hatten... Nur meine eigene Familie verstand mich. Doch meine Eltern... kamen bei einem Vorfall ums Leben, und der einzige, der mir noch blieb, war mein Bruder... der ebenfalls verschwunden ist." Matthew gab sich Mühe, Tränen zu unterdrücken, doch Verzweiflung war in seiner Stimme klar zu hören. "Ich reise schon lange, und habe an vielen Orten nach ihm gesucht... doch bisher ohne Spur. Und niemand wollte wirklich helfen... Dann kam ich hierher..."

Matthew schüttete aus Verzweiflung sein ganzes Herz aus, und ahnte dabei nicht, dass noch jemand zuhörte.

"Ich hatte gehofft, Hinweise oder Hilfe zu finden... doch in jeder Stadt ist es das selbe. Die Menschen lehnen mich ab und meiden mich, genau wie damals schon." er stand langsam auf und senkte den Kopf. "Wenn du mich also auch nicht hier haben, und rauswerfen willst, kann ich das verstehen..."
 

"Junge!" Martin legte seine kräftigen Hände auf Matthew's Schultern und rüttelte ihn kurz durch. "Warum hast du das nicht gleich gesagt? Anstatt dich immerzu herauszureden mit 'Ich kann es dir nicht erklären' hättest du gleich mit der Sprache rausrücken können..."

"Das...habe...ich...versucht!" Matthew stampfte erneut auf. "Aber mir wollte niemand zuhören! ...Und jetzt kann ich es wohl auch nicht mehr ändern."

"Hört ihr nun endlich auf, zu Quatschen?! Wir haben Besuch!"

Walther, der die ganze Zeit an der Tür stand und allen Worten lauschte, rief dazwischen. Matthew erstarrte. Er hatte den alten nicht gesehen, da seine Sicht blockiert war.

"Scheiße, man... du hast das jetzt nicht alles gehört, oder?"
 

Walther wandte sich ab, und Martin verließ ebenfalls die Küche. Irgendetwas war in der Luft... und es roch nach Ärger.

"Ich spüre Gefahr, Matthew." meldete sich die innere Stimme. Matthew ging vorsichtig an die Tür der Küche und wagte einen Blick hinaus. Walther hatte die Bar verlassen - und mit einem Schrecken stellte Matthew fest, dass sich eine Soldaten Truppe vor der Bar gesammelt hatte. Ihr Anführer? Niemand anderes als Pierre Steward in Person...
 

"Walther ist nach draußen. Er hat das unter Kontrolle." Martin war sich dessen sicher.

//Nein... hat er nicht.// Matthew blieb versteckt hinter dem Tresen und beobachtete die Situation. Falls er eingreifen muss, muss dies schnell gehen... also machte er sich innerlich bereit für eine mögliche Konfrontation.

Dämonen

Walther und Pierre standen sich gegenüber und tauschten still eiskalte Blicke aus. Die Soldaten angriffsbereit ihre Waffen gehoben, ging Pierre schließlich einige Schritte auf Walther zu und konfrontierte ihn.

"Ich habe dich gewarnt..." sprach er mit erzürnter Stimme. Seine Hand zu einer Faust geballt, hob er sie, und hielt seine Klinge griffbereit.

Walther versuchte, die Situation zu entschärfen. Obwohl sein ernster Blick auf seinem Gesicht verblieb, sprach er relativ ruhig, doch streng.

"Hab nicht den blassesten Schimmer, warum du mich dafür verantwortlich machst, deinem Sohn was angetan zu haben."

"Du wagst es...!"

Pierre zog sein Schwert und hielt die Spitze der Klinge an Walther's Kehle.

"...Mal wieder zu heißblütig. Überrascht mich irgendwie wenig, liegt wohl in der Familie."

Walther nahm entspannt einen Zug von seiner Zigarette und blies den Rauch in die Luft. Dann versuchte er, sich erneut zu erklären.

"Muss wohl deutlicher werden, wenn dein Dickschädel es nicht versteht. Ich habe deinem Sohn nichts angetan. Um genau zu sein, war er es, der mir auflauerte..."

Als Walther in die Details gehen wollte, verfiel er ins Schweigen und verdrehte die Augen. Hartnäckig versuchte er, sich an den Vorfall der vergangenen Nacht zu erinnern, doch jeder Versuch scheiterte kläglich.
 

In diesem Moment verließ Matthew die Bar und rannte auf die Menge zu. Doch Walther bemerkte dies, und hielt ihn auf.

"Keinen Schritt weiter, Junge. Das geht dich nichts an."

Pierre's Blick wanderte langsam umher, und blieb letztlich bei Matthew stehen. Das Schwert jedoch weiterhin auf Walther gerichtet, der Lieutenant wirkte schwer angespannt und erzürnt.

"Du... erinnerst dich nicht mehr daran, was letzte Nacht passiert ist?"

Matthew bemerkte Walther's Filmriss, und versuchte, ihm auf die Sprünge zu helfen. Dies fiel ihm allerdings schwer, auch wenn er wusste, die Wahrheit musste gesagt werden - er war sehr zögerlich.

"Wenn du noch ein einziges Mal dazwischen funkst, versohle ich dir so deinen Arsch, dass du Sterne siehst und nicht mehr weißt, wo vorne und hinten ist!"

Walther machte deutlich, dass das Eingreifen von Matthew's Seite unerwünscht war. Seine Stimme wurde mit jedem Wort rauer. Vermutlich fühlte er sich gar beleidigt, weil er dachte, Matthew hält ihn für senil und alt.
 

"Und jetzt zu dir..." sagte er, als er sich wieder zu Pierre drehte, und die Klinge vorsichtig senkte. "Dein Junge kam an diesem Abend auf mich zu und provozierte ein Duell, eins gegen eins." - doch Walther schwieg bald erneut. Auch, wenn er es nicht zugeben wollte, er konnte sich partout nicht erinnern.

"Du hast es also doch getan!" Pierre holte mit dem Schwert aus und stand kurz davor, zuzuschlagen, doch in diesem Moment schrie Matthew dazwischen.
 

"Dein Sohn wollte Walther über den Jordan jagen!"
 

...

Pierre zog sein Schwert zurück und steckte es wieder in die Scheide. Sowie er, als auch Walther, starrten Matthew bedrohlich an.

"Ich weiß... das wird dir nicht gefallen, dass ich das sage... Aber du hattest im Duell einen Zusammenbruch und konntest dich nicht bewegen..." sagte er, als er Walther ansah. Dann wechselte sein Blick zu Pierre. "Dein Sohn zeigte keinen Skrupel und ging auf Walther los wie eine Furie..."

Für einen Moment verfiel er ins Schweigen, holte dann Luft und sprach.

"...Ich war es."
 

Walther hielt sich die Hand an die Stirn, und wie ein Blitz fiel ihm plötzlich jedes Detail, das an diesem Abend passiert war, wieder ein. Er realisierte, Matthew hat die Wahrheit gesagt, und erinnerte sich, wie Matthew in den Kampf eingriff.

Doch in dem Moment, als Matthew sagte, dass er es war, griff Pierre mit gewaltiger Kraft nach Matthew's Hals, presste ihn an die steinerne Mauer und setzte ihn unter Druck und Schmerz.

"Du hast meinen Sohn...!"

"Er hat es... nicht anders... verdient..." Matthew keuchte und griff mit seinen Händen an Pierre's Unterarm, versuchte verzweifelt, den Griff zu lösen. "Ich konnte... nicht zulassen... dass er Walther umbringt..."
 

Walther hatte genug gehört. Als seine Erinnerungen vollständig wieder da waren und er realisierte, dass Matthew ihm vermutlich das Leben gerettet hatte, forderte er Pierre dazu auf, den Griff zu lösen.

"Du bist kein besserer Mensch, wenn du nun ihm etwas antust. Lass ihn runter."

Pierre reagierte nur wütender und griff sogar fester zu - doch wenige Sekunden später musste er den Griff plötzlich lösen. Denn Matthew, der seine Hände weiterhin um die fremden Unterarme gepackt hatte, löste aus Verzweiflung Flammen aus, die aus seinen Händen schossen und den Lieutenant mehr als nur einen Schreckmoment eingejagt hatten! Das Feuer bahnte sich seinen Weg durch die Bandagen und die Haut des Lieutenants und ließen markante Wunden zurück. Pierre schrie auf und versuchte, die Wunden im Schnee zu kühlen - Matthew rutschte mit seinem Rücken die Mauer hinunter und schnappte nach Luft. Doch noch bevor er einen klaren Gedanken fassen konnte, packte Walther ihn und warf ihn in die Bar hinein.
 

Pierre versuchte bald, aufzustehen und nach seinem Schwert zu greifen. Wütend, wie er nun war, versuchte er, Walther zu attackieren - dieser aber blockte den Angriff fast zu leicht mit seinem Speer ab. Als die beiden erneut eiskalte Blicke austauschten, wurden sie plötzlich vom eisigen Wind erfasst. Ihre Blicke wanderten, und ihre Kampfstellung löste sich, als sie sich auf die Umgebung fokussierten. Beide spürten, dass etwas nicht stimmte. Einige Soldaten, die mit Pierre gekommen waren, zogen sogar den Rücktritt an.

"Schätze, wir bekommen ungebetene Gäste..." murmelte Walther.
 

Währenddessen ruhte Matthew weiterhin auf dem blanken Boden der Bar. Martin hatte mit angesehen, wie Walther ihn hinein geworfen hatte, und kam bald mit einem Glas Wasser - doch nicht, damit Matthew es trinken konnte - sondern, um es ihm über das Gesicht zu kippen.

"Nicht hilfreich!" japste Matthew und setzte sich aufrecht hin. "Nicht... hilfreich."

"Was macht ihr da draußen nur für Scheiß? Martin's Stimme war rau, wie immer. Matthew jedoch seufzte.

"...Die Wahrheit sagen. Fällt dann wohl auch unter 'Scheiße', was?" er ließ den Kopf hängen.
 

Als es draußen immer lauter wurde und der Himmel sich gar rötlich färbte, rannte Matthew zum Fenster und warf einen Blick nach draußen. Er erstarrte, als er Zeuge eines massiven Gemetzel wurde - und Walther, Pierre, sowie verbliebene Soldaten, befanden sich direkt darunter.

"Dieser Himmel..." murmelte er zu sich selbst. Der Himmel erweckte böse Erinnerungen an etwas, das er lange Zeit verdrängt hatte. Matthew wurde erst aus seinen Gedanken gerissen, als etwas mit voller Wucht gegen das Fenster knallte und einen riesigen Blutfleck am Fenster hinterließ. Langsam bewegte er sich rückwärts vom Fenster weg, warf sich dann auf dem Boden und schlug die Hände über den Kopf, während er murmelte und wimmerte.

"Nein... nicht schon wieder... nicht schon wieder... ich will das nicht..."

Martin beobachtete ihn und wusste sofort, dass etwas nicht stimmte. Matthew war nicht mehr er selbst, und murmelte und jammerte immer weiter. Selbst, als er angesprochen wurde, reagierte er nicht. Das Geschrei der Menschen und Bestien, sowie der Klang von Schüssen und Waffen, trug nicht gerade dazu bei, dass Matthew sich beruhigte. Im Gegenteil, denn es machte die Situation nur schlimmer.

"Jetzt reiß dich doch zusammen, Junge..."

Martin rief ihm erneut zu, kniete sich gar zu ihm und schüttelte seinen Körper leicht, doch Matthew setzte sein Jammern fort. Außerhalb der Bar schien der Kampf nicht abzunehmen, Martin ballte die Fäuste, und entschied sich dann dazu, das Gebäude zu verlassen.
 

Als Matthew allein war, erhallte die sanfte, kluge Stimme in seiner Seele...

"Ich verstehe durchaus, dass dir die Situation Angst macht."

Die Stimme versuchte, durch Matthew zu dringen und seinen Verstand zu erreichen.

"Ich fühle den Schmerz, den du spürst, Matthew. Und dennoch... wir müssen etwas unternehmen, mein Freund."

"...Was kann ich schon tun..." sprach er mit zitternder Stimme. "Was kann ein Klotz am Bein, wie ich es bin, schon tun...?!" seine Stimme zeigte tiefe Verzweiflung.

"Der erste Schritt wäre, dass du dir aufhörst, einzureden, du könntest nichts unternehmen."

Sein Seelenstein, den er um den Hals trug, leuchtete plötzlich auf, und vor ihm erschien eine animalische Kreatur in Gestalt eines Affen, Fell in schwarz, Augen klar und grün, mit roten Zeichnungen auf dem Körper. Sanft legte er seine Hand auf Matthew's Schulter. Es fühlte sich warm und angenehm an.

"Lehrte ich es dir nicht besser?"

Matthew hob langsam seinen Kopf und, wenn auch zögerlich, sah er seinem tierischen Freund in die Augen. Dieser antwortete mit einem kurzen, doch intensivem Lächeln, nahm dann seine Hand von der Schulter und sprach.

"Gemeinsam werden wir in der Lage sein, etwas zu unternehmen. Vergiss nicht, dass du nicht alleine kämpfst - erhebe dich, mein Freund."

Matthew seufzte, versuchte, trotz zitternden Körpers Fuß zu fassen und konnte sich letztlich in eine sitzende Pose begeben.

"Ich bin mir nicht sicher, ob..."

Der Affe unterbrach Matthew, indem er seinen Finger über dessen Lippen legte. Er lächelte erneut.

"Früher oder später müssen wir uns allen unseren Dämonen stellen."

Dann hüpfte er zu einer naheliegenden Abstellkammer, öffnete die Tür und hob eine Sichel auf, welche sich gut als Waffe eignete - der einzige Nachteil war, dass der Stiel ziemlich kurz war.

"Du willst, dass ich damit in den Kampf ziehe? Äffchen!" Empörung war in seinem Gesicht zu sehen. Er ging zur Kammer und wühlte eine Weile selbst, stellte aber bald fest, dass die Sichel wohl die besser Wahl war, als ein Besen oder ein Wischmop.

"Dein Wille scheint zurückzukehren." lobte er seinen Freund, und hielt ihm die Sichel entgegen. Ergänzte dann jedoch. "Der Kampf wird immer intensiver. Lass uns keine Zeit verlieren." und mit diesen Worten hüpfte er zur Tür, Matthew folgte ihm und verließ das Gebäude, erstarrte jedoch sofort wieder, als er Zeuge des Massakers vor ihm wurde. Der blutrote Himmel färbte den Schnee so sehr, dass die leblosen Körper sichtbar wurden - einige von ihnen waren menschlich, andere waren tierisch. Zumindest schien es so.
 

"Da vorne, Matthew!"

Sein Affenfreund erspähte Walther und Martin in der Ferne. Zwischen ihnen hockte Pierre, der aufgrund der Verbrennungen sein Schwert kaum heben konnte. Selbst Lee und James waren erschienen - und letzterer kam sogleich auf Matthew zugestürmt.

"Bitte, Matthew, tun Sie etwas!" rief er panisch. Er selbst war kein Kämpfer, nur Sanitäter, und schien aus reiner Notwehr eine Schusswaffe zu besitzen. James kommte vor Angst kaum stehen, schien aber unverletzt. Neigte sich schließlich Matthew's Körper entgegen und krallte ihm in die Kleidung. Matthew war weiterhin paralysiert, schüttelte dann den Kopf und kam zu sich.

"Du gehst am besten rein und bleibst dort!" sagte er, und schob ihn in die Bar. "Hier kommt keiner rein, also beruhige dich..." - diese Worte fühlen sich seltsam an. War er doch derjenige, der bis vor kurzem noch in Panik war.

Als hinter ihm Affengeschrei ertönte, drehte er sich herum und wurde Zeuge, wie sein Freund gegen die Dämonen kämpfte, die Matthew anzugreifen versuchten. Mit Feuer und Klauen streckte der Affe seine Gegner nieder, wich gezielt und geschickt mit Sprüngen und Geschwindigkeit aus und zeigte so sein Kampfpotenzial.

"Gehen wir!" sagte er, als alle Gegner vor ihm erledigt waren, und rannte dann in Richtung Walther's Gruppe voraus. Auf den Weg dorthin wurden Matthew und sein Freund weiterhin von Dämonen attackiert - sie tauchten einfach aus dem Nichts auf und schienen in der Zahl nicht weniger zu werden. Schließlich jedoch konnten sie Walther und die anderen erreichen.
 

"Was machst DU hier?!"

Walther schien nicht erfreut, legte seinen Speer jedoch nicht nieder, während er Matthew eine verbale Breitseite verpasste. "Wage es nicht, uns im Weg zu stehen!"

"Ich werde mitkämpfen..." erwiderte Matthew, und schien dabei entschlossener als zuvor. "...und ich akzeptiere kein Nein!" mit einem Schrei stürzte er sich auf die Gegner vor ihm, kombinierte verschiedene Attacken elegant mit seinem heißen Element. Durch die Kraft, die ihm sein feuriger Freund verlieh, wurde Matthew stärker und konnte der Gegnerwelle trotzen. Viele von ihnen fielen seinen wütenden Flammen zum Opfer, Matthew entfachte regelrecht ein Funken-Feuerwerk - und Walther, Lee, Martin sowie Pierre, trauten ihren Augen nicht. Sie hatten keine Erklärung dafür, wie Matthew in der Lage war, Feuer zu erzeugen und somit den Gegnern den Gar aus zu machen. Matthew hingegen war so sehr in seine Wut verfallen, dass es ihm egal schien, seine feurigen Fähigkeiten zu demonstrieren - auch wenn diese für andere Menschen befremdlich erschienen.

Vereinzelte Gegner, die Verbrennungen erlitten, doch diese überlebten, traten knurrend und jaulend den Rückzug an. Je mehr von ihnen verschwanden, desto schneller verlor der blutrote Himmel seine Färbung und erstrahlte bald im beruhigenden Blau.

Matthew hechelte deutlich. Nach all den Angriffen hatte er sich massiv verausgabt.

"Nun, fürs erste ist es vorüber." sprach sein Affenfreund und lobte Matthew für seinen Einsatz. "Du hast großartig gekämpft. Bist wohl doch nicht so schwach, wie du immer denkst."
 

Noch bevor Matthew antworten konnte, kam Walther auf ihn zu und drehte ihn mit einem harschen Handgriff herum, um Augenkontakt aufzubauen.

"Ich habe keine Ahnung, wer oder was du bist oder warum du diese Feuertricks drauf hast... Vermutlich will ichs auch gar nicht wissen..."

"Wenn du das sagst..." japste Matthew. "Klingt es so, als ob du es doch wissen wolltest, und nur nicht zugeben willst..."

"Hoffe, dir ist klar, dass du ne Menge Aufsehen erregt hast..." Walther deutete auf die wenigen Soldaten, die noch überlebt haben, sowie den Rest der Gruppe. Matthew richtete seinen Blick auf Pierre - dieser erwiderte ihn still, dann stand er auf und ging zu den Überlebenden seiner Einheit. Es waren nicht viele übrig geblieben...

"Rückzug." forderte Pierre die Überlebenden auf, und ohne einen Dank, verließ er das Geschehen, wenn auch zögerlich. Er blieb oft stehen und ließ den Blick umher schweifen. Die vielen, toten Körper. Seine Kameraden von Früher... ein großer Verlust für den Lieutenant. Man merkte, wie er versuchte, die Fassung zu bewahren und es sich nicht nahe gehen zu lassen. Nach wenigen Minuten war er mit den restlichen Soldaten verschwunden.
 

"Irgendwie... tut er mir Leid." sagte Matthew plötzlich und seine Mimik veränderte sich dementsprechend. "Muss ziemlich hart sein, so derbe Verluste zu machen..."

"Als Soldat muss man damit rechnen." erwiderte Walther mit eher kühler stimme. "Er wusste, worauf er sich einließ, als er der Einheit beitrat und Lieutenant wurde."

"Wart ihr nicht mal Freunde...?"

Walther reagierte nicht auf Matthew's Frage, und ging stattdessen davon.

"Ich nehme an, dass der Status 'Freund' für die beiden nicht mehr viel Wert hat." sprach der Affe. Er stand noch immer neben Matthew, und begann, sich ein wenig zu putzen.

"Mich wundert es, dass er mir die verbale Keule gibt, aber gegen dich nichts sagt..." erwiderte Matthew.
 

"Nun, das ist die Zeit vielleicht noch nicht reif..."

Abschied und Aufbruch

Einige Tage vergingen, und im Namen aller Soldaten und Krieger, die im Kampf gegen den Dämonen ihr Leben ließen, bereitete General Swanson eine große Zeremonie und Abschiedsrede vor. Der Friedhof, auf dem das Massenbegräbnis statt fand, war erfüllt von leiser Betrübnis, und Tränen der Trauer, Respekt und Anerkennung für die gefallenen Kameraden.
 

Während der General seine Rede hielt, hielt Matthew sich in einer Baumkrone versteckt und lauschte heimlich seinen Worten. Er beobachtete das Geschehen. Walther saß einige Plätze von seinem früheren Freund Pierre entfernt, und wagte gar einige Blicke. Pierre, der mit dem Leben davon kam und nur einen Verband um seinen Arm trug, erwiderte den Blick mit gesenkten Kopf und klaren, aber stillen Mimiken sowie Gestiken, um den General nicht bei seiner Abschiedsrede zu stören. Sie nahm einige Zeit in Anspruch, und schloss schließlich mit Trompeten und Getrommel ab, während die verbliebenen Soldaten respektvoll salutierten.
 

Doch schon kurz darauf entfernte sich Walther von seinen Mitstreitern. Es wirkte heimlich genug, sodass man bemerkte, er wollte dort unbedingt fort. Matthew fiel es auf und folgte ihm auf Schritt und Tritt. Als er den Mund aufmachen wollte, um etwas zu sagen, hielt er sich doch im letzten Moment zurück.
 

"...Leben geht weiter." sagte Walther nur, und kehrte in sein trautes, kühles Heim zurück. Matthew verblieb an der Eingangstür, und es dauerte nicht lang, da tauchten auch der junge James, und Lee bei ihm auf. Sie beobachteten den Veteran dabei, wie er einige wenige Sachen zu packen schien - und nur wenig später schweigend an den dreien vorbei ging, sein Haus verließ.
 

"Wo gehst du hin, Walther?" fragte Lee schließlich, und brach damit das Schweigen. Walther zuckte mit den Schultern und ging einfach weiter. Er ließ die drei in Verwirrung zurück, doch Matthew nahm den Mut zusammen und folgte Walther den ganzen Weg, egal wohin er ging. Er sagte dabei kein Wort, und beobachtete einfach die Situation, und wohin der Weg sie führen würde. Zu seiner Überraschung kamen die beiden letztlich an der Stadtgrenze an.
 

Da stand großes Staunen in Matthew's Gesicht. Und er spürte, jetzt musste er etwas sagen.

"...Du verlässt die Stadt?" fragte er überrascht. Er hatte alles Mögliche erwartet, aber nicht, dass Walther einen solchen Rückzieher macht. Der Veteran drehte seinen Kopf halb zu ihm, und gab ihm einen kühlen Blick. Er ließ die Zigarette fallen, welche im Schnee mit einem Zischen erlosch, und sprach: "Kann dir egal sein." - so kühl, wie er sich immer gab, und ging weitere Schritte voran, über die Stadtgrenze, den noch knapp verschneiten Weg entlang, bis der Schnee letztlich taute, und ein Hauch von saftigen, grünen Gras zum Vorschein kam.

"Ist es mir aber nicht!" antwortete Matthew fast frech. Er stand eigentlich kurz davor, ihn zu fragen, ob er ihn auf seiner Suche nach seinem Bruder begleiteten würde... doch er traute sich dann doch nicht so recht. "Es ist nur sehr ungewöhnlich, dass du... so den Schwanz einziehst."

Walther blieb stehen und schaute Matthew regelrecht mit einem Todesblick an. "Wenn du das noch einmal sagst, ...zieh ich ihn dir so lang, dass du ihn dir mehrfach um den Körper wickeln und damit Seil springen kannst!" - er machte seinen Standpunkt klar. Matthew hatte einen Punkt überschritten. Doch bevor er etwas erwidern konnte, zeigte er auf ein Häufchen Schnee, welches inmitten des Grases lag, und seine Aufmerksamkeit erregt hatte.
 

"Wills nicht wissen, was da liegt." sagte er und ging einfach weiter. Matthew jedoch war aus irgendeinem Grund von diesem kleinen Schneehügel angezogen, und ging auf diesen zu. Er betrachtete ihn von allen Seiten... und entschloss sich dazu, den Schnee davon zu schieben. Der Junge staunte nicht schlecht. als sich unter dem Schnee ein kleines, schwarz-weiß getigertes Kätzchen entpuppte, welches den Kopf hob und Matthew mit seinen roten Augen anstarrte. Damit war es jedoch nicht genug - denn das Kitten drehte seinen Kopf, mauzte lautstark und rannte dann schnurstraks auf Walther zu - und begann, ihm an Bein zu kleben und zu schnurren. Der alte Mann war davon nicht begeistert und versuchte, das Tierchen vom Bein abzuschütteln - doch es blieb ziemlich standhaft, und verspielt zugleich.

"Hehe, es scheint grummelige alte Männer zu mögen!" lachte Matthew amüsiert, und fing sich damit einen weiteren Todesblick von Walther ein. Man spürte - nicht mehr lange, und er mache seine Drohung wahr. Das einzige, was ihn davon abhielt, war seine Aufmerksamkeit, die vom Kätzchen zu den vielen schnellen Schritten, die immer näher kamen, wechselte. Es dauerte nicht lange, und Lee und James standen keuchend vor den beiden.
 

"Sir Walther, Sie wollen doch nicht wirklich... desertieren?" Schrecken stand in James' Gesicht geschrieben. Der kleine Sanitäter konnte es nicht fassen. Walther schüttelte weiterhin sein Bein, griff das Kätzchen sogar am Nacken, und warf es einige Meter ins Gras.

"Geht es Ihnen nicht gut?" fragte James erneut, denn er war von den Zuckungen und Bewegungen, die der Veteran vollführte, verwirrt.

"Nur so ne dumme Katze..." Walther ging entnervt weiter. Kaum hatte er die Stadt verlassen, fühlten sich seine Nerven schon wieder an, als hätten zigtausend Leute darauf herumgetrampelt.
 

"Lass das Kätzchen nicht im Stich, Matthew." hallte eine vertraute Stimme plötzlich in seinem Kopf.

"Hätte ich sowieso nicht gemacht. Aber wenn du das sagst..." Matthew hob das Kätzchen auf und folgte Walther. James und Lee blieben ratlos zurück. Sie wussten, was es bedeutet, wenn ein Soldat desertiert - und das vor allem, ohne es dem General zu sagen. Solche Vergehen fielen unter Hochverrat und würden dafür sorgen, dass Walther nie wieder Ruhe in seinem Leben finden würde - außer, er würde sterben.

"Das Viech kommt nicht mit!" tadelte er Matthew, als er das Tier in dessen Armen erspähte. "Reicht mir schon, dass ich dich babysitten muss - auch noch eine dumme Katze? Nicht mit mir!"

"Aber, sie ist wichtig..." - Matthew konnte seinen Satz nicht beenden, da wurde er erneut mit einem Todesblick bedroht. Der dritte am Tag - das muss großes Pech bedeuten... Sollte er auf Walther hören? Oder auf seinen lebenslangen Affenfreund? Für Matthew war die Antwort klar.

"Okay, wir machen das so. Schere, Stein, Papier. Gewinne ich, darf das Kitten mit. Gewinnst du, lasse ich es hier..." schlug er enthusiastisch vor. Walther wirkte vorerst nicht begeistert von der Idee... doch letztlich willigte er ein, siegessicher bei einem solchen Kinderspiel.
 

Schere, Stein, Papier...

...Als Matthew mit seiner Hand das Papier formte, und den Stein von Walther schlug, war Entsetzen in seinem Gesicht zu sehen. Er war sich sicher, Matthew hatte betrogen.

"Nichts da. Nochmal!" - der Veteran forderte Revanche. Und das nicht nur ein mal. Als es zum Gleichstand kommt, war er sich sicher, dass die nächste Runde ihm gehören würde - aber er wurde geschlagen. Bei einem Kinderspiel...

"Das Kitten kommt mit!"

"Nichts da! Noch einmal..." - und erneut forderte Walther Revanche. Doch es schien wie verflucht. Matthew gewann einfach immer wieder und er wurde sich immer sicherer, dass sein Gegenüber schummelt. Er konnte es nicht begreifen, und blieb unglaublich stur.

"Jetzt reichts aber, Walther! Das Kätzchen kommt mit, und Schluss!"

"Dann lasse ich eben dich stehen. Und tschüss." Walther ging davon - doch Matthew blieb ihm trotzdem auf den Fersen. Was für ein Schlamassel... Der Veteran hätte nie gedacht, in solch eine Situation zu geraten.
 

Der Tag war noch jung, das Kitten kam mit auf Reisen und versuchte die ganze Zeit, Walther's Aufmerksamkeit zu bekommen. Matthew trug es mal auf seinen Armen, mal auf seinem Kopf, und mal auf den Schultern. Das Kleine schien unglaublich anhänglich. Matthew wunderte sich, wer es wohl ausgesetzt hat. Er spielte ausgelassen mit ihm, selbst während sie unterwegs waren. Und bisauf sein Lachen, herrschte Stille und Schweigen zwischen ihm und Walther. Jedenfalls... bis der Soldat das Schweigen brach.
 

"Und wo genau wolltest du hin?" - seine Worte klangen so, als wolle er Matthew schnellstmöglich loswerden. Dieser jedoch ließ sich nicht irritieren. "Wie ich schon sagte.. ich suche meinen Bruder. ...Allerdings..."

"Allerdings, was?"

"...Ich habe keine Ahnung, wo er stecken könnte..." - Walther starrte Matthew mit einem 'Das ist jetzt nicht dein Ernst!'-Blick an, und stand kurz davor, sich die Hand ins Gesicht zu klatschen. "Aber genau deswegen brauche ich deine Hilfe!"

"Warum meine? Dir könnte sicher jeder andere auf der lieben Welt helfen... vor allem, wenn du schon länger auf Reisen bist." - Walther gab einige gute Argumente. Matthew jedoch senkte den Kopf und blickte schließlich zu Boden.

"So einfach ist das nicht..."

"Drück dich klarer aus, Junge!" - der Veteran begann, seine Geduld zu verlieren.

"Nunja, also... ich sag es mal so... ich bin nicht normal?" er sprach diese Worte ausgesprochen nervös aus. "Ich meine, nicht nur mein Schwänzchen hier." - er wedelte damit herum, während er sich erklärte. "Ich meine, auch im Allgemeinen, ähm... du hast es doch gesehen!" - er beschwor eine kleine Flamme aus seinem Finger heraus, und erschreckte damit ungewollt das Kitten, welches sich zu Walther auf den Rücken flüchtete. "Oh, tut mir Leid..."

"Ja... hast Recht." sagte Walther schließlich. "Du bist nicht normal. Aber wenn du nicht vor jedem deine Feuerspielchen vorführst, ... ...tu mir einfach den Gefallen, und lass es sein!" - er klang so streng wie immer, als er den Jungen tadelte, und ging dann wortlos weiter - mit dem Kätzchen an seinem Rücken gekrallt.
 

Es war nur einen kleineren Fußmarsch entfernt, da entfaltete sich das saftige Grün mehr und mehr, und schon bald erstreckte sich vor ihnen der Eingang eines Waldes. Zunächst wirkte er bedrohlich - trotzdem schritten die beiden voran, und ließen sich nicht beirren.

"Der verlorene Wald..." murmelte Matthew vor sich hin. "Der wird doch auch nur so genannt, weil alle munkeln, dass man sich hier andauernd verläuft!" er schien selbstsicher, dass das bei ihnen nicht passieren würde. Walther hörte ihm gar nicht zu, und lief einfach weiter, behielt die Umgebung aber im Blick. So friedlich und lebhaft wie der Wald auch wirkte, hier könnten sich allerlei Feinde versteckt halten.

"Können wir nicht mal Pause machen?" hielt Matthew ein.

"Du spinnst wohl." antwortete Walther genervt. Doch dann folgte sobald der zweite Gedankengang. "...wobei, wenn du so unbedingt eine Pause brauchst..." schon wieder hatte der Soldat eine Gelegenheit gesehen, den Jungen abzuschütteln. Matthew jedoch durchschaute seine Strategie und ließ sich nicht darauf ein.

"Du bist echt fies, weißt du das?"

"Uuuund, das wars." Linie überschritten, schon wieder. Der Veteran machte sich auf und davon. Das Kitten schien dabei vergnügt zu mauzen, als stimme es ihm zu.

"Hey, du kannst mich doch nicht hier zurücklassen!"

"Kann ich doch, siehst du doch." er ging einfach weiter.

"Nein, warte-!" - ...
 

...Mit einem Schreck schnappte eine Bärenfalle zu, welche sich fast in das Bein des Soldaten gebissen hätte, wenn Matthew ihn nicht gestoßen hätte. Beide kamen mit dem Schrecken davon.

"Auch das noch..." grummelte Walther. "War ja wohl klar, zu einem Wald gehören auch Tierfallen..."

"Das war mächtig knapp, man..." ...

"...Lass mich raten: du erwartest Dank."

"T-tu ich das? Ich meine..." für Matthew war es selbstverständlich, geholfen zu haben. Auch wenn Walther ihn hart rannimmt und schon mehrfach mit dem Todesblick belohnt hat.

"...Was auch immer."
 

"Was auch immer..."

Erwachen

Walther und Matthew setzten ihre Reise fort.
 

Als die beiden an einem Fluss vorbei liefen, ertönte ein lautstarkes Magenknurren. Matthew hielt sich den Bauch, und erspähte im Flussbett einige Fische die umher schwommen.

"Ist es schon Mittag?"

Er grinste frech, und kam sobald auf die Idee, nach Walther's Speer zu greifen, um diesen zum Fischen zu benutzen. Der alte bemerkte dies jedoch, und verhinderte das Vorhaben mit einem gezielten Ausweich-Schritt.

"Du lässt deine Pfoten davon, das ist kein Spielzeug!"

"Schon klar, aber damit könnte man doch prima Fische fangen, findest du nicht?"

In Matthew's Gesicht spiegelte sich eine Mimik wieder, als wollte er versuchen, zu betteln, und Walther mit einer gewissen Niedlichkeit zu bestechen. "Soll natürlich nicht nur für mich sein. Für dich auch und... für das Kitten."

Walther's Blick wanderte von Matthew zum Kätzchen, und er wurde mit einem lauten Mauzen begrüßt. Das Kitten saß noch immer auf seiner Schulter. Es war ein Wunder, dass es noch nicht abgeschüttelt wurde.

"Oder ist es dir lieber, wenn ich den Speer zu einer Angel-"

Walther griff nach seinem Speer und verpasste Matthew mehrfache Hiebe - die ihn fast getroffen hätte, wäre der Junge nicht zu Boden gefallen. Der Soldat ging an ihm vorbei, stellte sich auf einen erhöhten Felsen und hob den Speer gezielt. Jetzt war Geduld gefragt - Matthew saß am Ufer des Flusses und beobachtete Walther beim Fischfang. Leider waren die Fische nicht dumm, und wichen den Stichen und Hieben geschickt aus.

"Hast du einen?" brüllte er aufgeregt dazwischen, woraufhin der Soldat den Fokus verlor. Matthew nahm an, dass er etwas gefangen hätte, das nun zu entkommen versuchte, und stürmte ins Wasser. Natürlich hatte dieser Platscher zur Folge, dass seine ganze Kleidung durchnässt war - und er am Ende dennoch mit leeren Händen da stand. Walther erzürnte dies.

"Du bist wirklich unmöglich!" - in der Wut war seine Stimme ausgesprochen gruselig. "Kannst du nicht einmal auf deinem Arsch sitzen bleiben und die Füße still halten?!"

"Bwoahahaha... kaaaaaaaaaalt..." Matthew bemerkte die Schelte nicht einmal. Das kalte Wasser hat ihn völlig überrumpelt, und er trottete mit tropfender Kleidung nach draußen.

"Was hast du erwartet?? Dass das Flusswasser warm ist??"

"Zumindest angenehm, und nicht SO kalt!"

"Du kannst dich doch hier jetzt nicht ausziehen, lass den Scheiß!"

Doch es zwar zu spät. Matthew hatte den Großteil seiner Kleidung abgelegt und stand nur noch in Unterwäsche da. Als er seine Hose über den Arm legte, fiel jedoch etwas heraus - und platschte vor seinen Füßen hin und her. Es war ein Fisch, der sich in Matthew's Kleidung verirrt haben musste, als er ins Wasser sprang.

"Sieht aus, als hätten wir doch ein wenig Glück!" grinste er und hob das Tier auf. Mit ein wenig Feuer, welches er aus seinen Fingerspitzen schießen ließ, grillte er den Fisch auf der Stelle.

"Den werde ich garantiert nicht essen..." murmelte es hinter Matthew's Rücken.
 

...

Einige Zeit vergang, und die beiden richteten eine Lagerfeuerstelle her. Es war noch hell am Tag, vermutlich Mittagszeit. Würden sie nicht unter den Bäumen sitzen, wären sie von der Sonne nun selbst gebraten - denn es war unglaublich warm im Wald.
 

"Macht das Trocknen der Klamotten nur schneller. Und angenehmer, so zu sitzen!" Matthew schien zufrieden und grinste gar dabei. Er verlor jedoch sein Grinsen, als Walther aus seiner Tasche eine Flasche Bier hervor holte, sie öffnete und zu trinknen begann.

"Hey, Alter. Was soll das denn jetzt werden?"

"Geht dich ein Scheißdreck an." - im Prinzip stimmte das auch. Was das Trinken von Alkohol betraf, da ließ sich der Soldat definitiv nichts sagen. Matthew hatte heimlich gehofft, dass eine Flasche Bier ihn vielleicht doch besänftigt, und wartete still und leise.

"Was glotzt du so?"

"Äh, nichts..." - das war wohl nichts. Da war der Affenjunge sich nun sicher. Er sah sich ein wenig um, ohne seinen Platz zu verlassen, und spitzte die Ohren. Aus irgendwelchen Gründen wirkte er plötzlich verunsichert.

Als Walther zur zweiten, und schließlich dritten Flasche Bier griff, schien die Sache jedoch eng zu werden. Der Soldat begann, lautstark zu lachen, und warf eine Flasche direkt neben dem Baum. Es war schon einige Zeit vergangen, und der Alkohol zeigte seinen Effekt.

"So, Bursche... wer bistn du überhaupt... und wo kjommst du her?" fragte er mit stark angesäuselter Stimme. Er mied nicht einmal den Augenkontakt, seine Sprache aber war hörbar eingeschränkt. Matthew hustete, entschied sich aber dazu, dem eine Chance zu geben.

"Ich bin Matthew Scott, kannst mich ruhig Matt nennen."

Er ließ eine kurze Pause, und überlegte seine Wortwahl.

"Kurz n knapp, weeste. Nur so'n bissl..." er lächelte verzerrt.

"Meinen genauen Geburtsort weiß ich nicht. Aber aufgewachsen bin ich in einer Stadt namens... Fart... Furz... Firti... Findi... Fuchsi..." Matthew grübelte nach dem Namen der Stadt, doch sie fiel ihm absolut nicht ein.

"Fortuna." hallte die vertraute Stimme seines affigen Partners wider.

"Richtig, Fortuna." bestätigte Matthew. "Mein Bruder Ron und ich wuchsen dort auf."

"Aaaaah, Fortuna, nech?" Walther säuselte weiter und hob seinen Finger. "Dasch... dasch ja am Arsch der Welt..."

"Ja, ist ziemlich weit weg..."

"Wie'n dasch... kommstn langen Weg hierher nach Lungretian... und findescht nicht ma deinen Bruda." er rammte die leere Bierflasche in den Boden. "Toller Mensch bissu... taugscht nischt..."

Matthew wusste, dass Walther es vermutlich so gar nicht meinte - aber die Worte taten schon irgendwo weh.

"Vielleicht solltest du dich lieber ausruhen... und nochmal mit mir reden, wenn du nüchtern bist." - Matthew hatte sich das Gespräch wirklich anders vorgestellt. Obwohl er es zu schätzen weiß, dass Walther Interesse zeigte... in diesem Zustand war er definitiv nicht aufnahmefähig. Offen und Besoffen passt nunmal nicht zusammen.
 

Er entfernte sich einige Schritte vom Lagerfeuer - doch dies tat er nur unter einem sehr mulmigen Gefühl: nämlich dem Gefühl, beobachtet zu werden.

"Spürst du das auch?"

"Ja, Matthew. Ich fühle mich genauso beobachtet, wie du." bestätigte das Äffchen telepathisch. Das schwarze Amulett leuchtete dabei auf. "Vielleicht sollten wir nicht zu weit fort gehen. Walther kann in diesem Zustand bestimmt nicht kämpfen. Und du solltest deine Kleidung trocknen und dich anziehen. Du holst dir noch Mückenstiche, oder eine Erkältung... Pass auf!!"

"Hng!"

...Matthew konnte gerade so noch ausweichen, da schlug direkt im Baum hinter ihm blitzschnell ein Pfeil ins Holz. Er versuchte, der Richtung zu folgen, doch da schoss direkt der nächste Pfeil auf ihn zu.

"Oh, das ist nicht gut... das ist gar nicht gut!" Matthew rannte zum Lagerfeuer zurück, versuchte, mit einem Mal seine Kleidung, Walther, und das wenige Hab und Gut zu ergreifen, das der Soldat mitgenommen hatte - doch ein weiterer Pfeil hinderte ihn daran. Und die Angriffe hörten so schnell nicht auf.

"Walther, wir müssen hier weg!"

"Fassch misch nischt an..." säuselte er, und kippte direkt zur Seite. Matthew befürchtete, dass der Alte nun ohnmächtig geworden war. Als er versuchte, ihn wieder aufzuheben, sprang eine düstere Figur aus dem Gebüsch, holte mit seinen kräftigen Armen aus und schwang eine Axt brüllend in Matthew's Richtung - und verfehlte ihn nur knapp!

"Hääääääh...?" der Soldat hob langsam seinen Kopf, doch schien so duselig zu sein, dass er kein klares Bild bekam.
 

"Wer bist du, und was willst du hier? Warum greifst du uns an?!" - die fremde Gestalt rückte näher ins Licht. Ein kräftig gebauter Körper, braune Haut, blondes Haar und orangefarbene Augen; den Bogen auf den Rücken tragend und die Axt kampfbereit, stürmte der Fremde lautstark brüllend erneut auf Matthew zu.

"Hey, ich hab dich was gefragt! Wir sind keine Feinde!" - er versuchte, jedem Schlag seines Gegenübers auszuweichen, was glücklicherweise kein Problem war. Matthew sprang in die Baumkronen, und obwohl er es nicht darauf ankommen lassen wollte, zu kämpfen, bereitete er eine Flamme in seiner Hand vor. Das sich bildende Feuer schien den Fremdling nur noch wütender zu machen - und er schleuderte kurzerhand seine Axt, gefolgt von einem geschickten Schuss mit seinem Bogen. Dafür, dass dieser Mann so bullig wirkte, war er doch ausgesprochen wendig. Matthew wich beiden Attacken nur knapp aus und sprang dann auf ihn zu - mit der Absicht, ihn zu Boden zu drücken. Doch der Gewichtunterschied der beiden, ließ Matthew regelrecht von ihm abprallen... und als der Junge am Boden lag, verfing sich sein Bein in einer Schlinge und zog ihn direkt am nächsten Baum herauf.

"Okay okay, du hast gewonnen!" rief Matthew ihm zu. "Ich geb auf, aber lass mich runter! Lass mich wenigstens erklären, verdammt!" - doch der Fremde schüttelte nur langsam den Kopf, richtete seinen Bogen ein weiteres Mal auf Matthew... und wurde durch ein grelles Licht, das wie aus dem Nichts erschien, unterbrochen...
 

Das grelle Licht erleuchtete fast den ganzen Wald und eine Weile lang schien nichts weiter zu passieren, doch der Fremde senkte seinen Bogen und richtete seine Augen darauf. Auch Matthew war, trotz der kritischen Situation, neugierig geworden. Als Walther, der sich sehr nahe am Licht befand, wieder auf die Beine stellen wollte, trat aus dem Licht eine wundersame Gestalt hervor. Mit langsamen Schritten näherte er sich der Gruppe. Er trug ein reines, blau-weißes Gewand, welches das Licht hinter sich her zog, wie ein Schleier. Dann stand er einfach nur da, und ließ seinen Blick umher schweifen. Der Mann trug eine außergewöhnliche Maske, welche wirkte, als wäre sie der Teil eines Drachenkopfes - in jeglicher Hinsicht war sie furcht- und respekteinflößend.

Die Zeit schien fast still zu stehen... da senkte der den Kopf und blickte auf das kleine Kätzchen, welches sich an seine Beine schmiegte. Und als würde er die Situation verstehen, ging er schweigend auf Walther zu. Dieser hatte sich mittlerweile aufgerichtet und starrte den seltsamen Fremden an. Der Drachenjunge öffnete seine Hand, und übergab Walther ein Amulett.

"Will isch nisch habn." sagte er ablehnend, doch das hielt den Drachen nicht auf. Das Amulett gehörte ihm, und er überreichte es. Danach schnitt er geschwind die Schlinge durch, die sich um Matthew's Bein gewickelt hatte, und der Junge flog zu Boden.

Als Walther das Amulett um seinen Hals band, wenn auch mühselig, begann es, zu glühen. Es reagierte auf das Kitten, welches ununterbrochen zu mauzen begann - als würde es spüren, dass die Zeit nun gekommen war, wuchs das Kätzchen plötzlich zu einer enormen Größe heran und änderte seine Gestalt. Im gleichen Moment verschwand der mysteriöse Fremde, und das Licht war verschwunden.
 

Die ausgewachsene Großkatze wirkte bedrohlich und das harmlose Mauzen verwandelte sich in ein kampflustiges Gebrüll - nur Momente später sprang es den fremden Bogenschützen an und presste ihn mit aller Kraft zu Boden.

"Verstehst du nun, warum ich dir gesagt habe, das Kätzchen mitzunehmen?" hallte die Stimme des Äffchens in Matthew's Kopf. "Das kieine Wesen ist ein Diener - der Diener des Eises!"

"Ja, ja. Du hast natürlich all das gewusst..." merkte Matthew an.

"Natürlich habe ich das!"

Der Diener des Eises schien unerbittlich und drohte, den fremden Bogenschützen unter seinen Klauen zu zermalmen...

"Walther, du musst ihn unter Kontrolle haben!" rief Matthew ihm zu, ergriff dabei seine Kleidung und zog sich endlich an.

"Wieso ich? Was ist das für ein Vieh?!" - der Soldat klang plötzlich klarer im Kopf, und so auch seine Sprache. "Wo kommt das Ding her?! Ich will es nicht!"

"Du hast keine Wahl! Der gehört jetzt zu dir!" Matthew versuchte, ihm klarzumachen, dass ein Ausweg nun unmöglich sei. "Du musst ihm sagen, dass er aufhören soll! ...Moment mal, eigentlich... soll er doch weitermachen. Immerhin hat der Typ versucht, mich umzubringen..." - für einen Moment schien er das vergessen zu haben.
 

In diesem Moment gelang es dem Kämpfer, den Diener des Eises von sich zu werfen und trat den Rückzug an. Zum Wohle aller... vermutlich.

Die Großkatze schüttelte sein Fell durch, brüllte erneut, und drehte sich dann herum, um auf Walther zuzugehen. Zwischen den Beiden entstand der erste, richtige Augenkontakt.

"Ahem... Gestatten, dass ich mich vorstelle..."

"Das... Vieh... spricht!!" Walther griff seinen Speer und wollte nach dem Diener schlagen, doch die Katze wich geschickt aus.

"Okay, du bist vermutlich verwirrt und irritiert, das kann ich nachvollziehen..." er versuchte, das Gespräch fortzusetzen, und wich dabei immer wieder den Hieben des Speers aus. "...aber ich bin kein Feind!"

"Hau ab!" Walther schlug erneut zu, und traf die Mieze direkt am Kopf. Der Diener schüttelte sich erneut. Das war höchst unsanft. Matthew verspürte den Drang, zwischen den beiden zu vermitteln, und ging dazwischen.

"Hör mal, Walther... dieses wundervolle Tierchen hier..."

"Dankeschön!" erwiderte der Diener deutlich dankbar und mit freudiger Stimme. Er verbeugte sich sogar.

"...das, das ist dein Diener. Vielleicht verstehst du es jetzt noch nicht, aber du wirst es verstehen, mit der Zeit. Fakt ist... dass der Diener hier zu dir gehört und ihr nun verbunden seid."

In diesem Moment zeigte sich auch das Äffchen und trat aus dem Amulett hervor, das Matthew um seinen Hals trägt.

"Er hat Recht, Walther. Ihr seid nun verbunden, und er wird dir ein lebenslanger Begleiter und Partner sein, ein Unterstützer in jeder Lage, wenn es brenzlig wird, oder oder oder..." erklärte der Affe - und heimste dafür ein paar zweifelhafte Blicke des Soldaten ein, der sich zu ihm hinab beugte.

"Wer ist das? Werd ich jetzt bekloppt?"

"Nein, du wirst nicht bekloppt. Doch dieser affige Typ hier... ist mein Diener. Wir kennen uns schon sehr lange, aber... ich konnte es dir bisher nicht erklären. Du hättest mich ja doch für verrückt erklärt."

"Das habe ich auch so schon, Idiot..."

"Na, besten Dank auch... jedenfalls... hast du nun keine Wahl mehr. Du bist auserwählt worden, genau wie ich, einen Diener zu haben. Und damit kommst du am besten klar..."
 

Matthew hoffte, dass er sich deutlich genug ausdrückte. Der Diener des Eises wagte es, erneut näher zu kommen, und gab Walther schließlich einen Kopfstoß.

"Ich habe genauso lange auf dich gewartet, Charles Walther Douglas."

"Woher... kennst du meinen Namen? Und dann auch noch meinen vollen?!"

"Vielleicht ist es dir noch nicht aufgefallen. Aber bevor Matthew mich aus dem Schnee aufhob, hatten wir uns schon einige Male getroffen. Eigentlich sogar, vor vielen Jahren bereits, wenn ich ehrlich bin. Aber... vorerst sollte das warten. Wir sollten hier erst einmal weg, es riecht mir noch zu sehr nach Gefahr." Der Diener lief voraus, als würde er den Weg kennen, und Matthew und sein Diener folgten ihm. Nur Walther blieb eine Weile baff im Dickicht zurück - bis er endlich einen Schritt vorwärts wagte. In Unglauben, was am heutigen Tage alles geschehen war. Zu allem Überfluss: eine sprechende Großkatze und ein sprechender Affe...
 

...

Auf ihren Weg zu einem Rastplatz für die Nacht, hielten die Diener eifrig Ausschau nach Essbarem. Der Vorrat war zur Neige gegangen - wobei man sich hier vermutlich fragte: welcher Vorrat genau? Walther hatte bisher nur eins gezeigt: dass er Bier im Schlepptau hatte.
 

Matthew's Äffchen schwang sich von Ast zu Ast, und erspähte schließlich saftige Früchte, die im Sonnenlicht des Nachmittags glänzten. "Matthew, fang!" rief er seinem Partner zu, und pflückte Frucht für Frucht ab. Der Diener des Eises hingegen war kurzzeitig damit beschäftigt, sich um Walther's Beine zu schmiegen und dabei lautstark zu schnurren. Dem Alten gefiel das jedoch nicht sonderlich, und stieß die Großkatze einige Male weg. Matthew streckte die Hand aus und bot Walther einen leckeren Apfel an, doch auch da zeigte er sich abweisend und ignorierte ihn.

"Hast du eine Ahnung, wie groß dieser Wald ist? Kommen wir hier bald raus?" adressierte Matthew den Kater. Er lefzte ein wenig die Zähne.

"Ich gebe zu, dass ich lange nicht mehr hier war. Über die Jahre hinweg ist der Wald gewachsen und hat an Schönheit gewonnen... und vermutlich auch an Gefahren und Wilderern."

"Nun, das letzte Mal als wir hier waren, hatte Matthew sich verlaufen." lachte das Äffchen, als es höher in die Baumkronen kletterte. Matthew war nicht danach, geneckt zu werden, und warf einen klitzekleinen Kieselstein nach ihm - doch er lächelte dabei.

"Daneben, mein Freund." neckte das Äffchen ihn weiter, und verlor auch sein Lächeln nicht. "Oh? Nanu?" er kletterte noch höher in die Baumkronen, und Matthew machte es ihm nach. Als sie oben angekommen waren, erspähten sie eine größere Lichtung, die frei von Gefahren und sehr friedlich erschien. Das Licht reflektierte in der Sonne, doch der Fußmarsch dorthin nahm einen großen Teil an Zeit in Anspruch, was zur Folge hatte, dass die Sonne bei ihrer Ankunft bereits untergegangen war...

Es beginnt...

Währenddessen, in Lungrais...

General Swanson ließ einige Truppenmitglieder zu sich rufen. Gemeinsam versammelten sie sich in seinem Büro - niemand wusste wirklich, was der Grund für dieses Treffen war, doch die Soldaten, die er zu sich kommen ließ, waren nicht wenige. Auch der verletzte Pierre, sowie Lee, waren darunter. Der General forderte zur Ruhe auf... und danach ging alles ganz schnell: das Treffen, das anfänglich so unscheinbar wirkte, verwandelte sich in ein Verhör. Walther's Verschwinden war nicht unentdeckt geblieben, und der General forderte durch harte Maßnahmen, Antworten über Walther's Verbleib. Keiner der Soldaten konnte wirklich darüber Auskunft geben, weshalb alle Augen letztlich auf Pierre und Lee fielen...
 

James, der glücklicherweise von solcherlei Treffen ausgeschlossen war, hielt sich in der Nähe versteckt und sah aus der Ferne nur durch ein Fenster, wie der General langsam um Lee und Pierre herum lief. Sehr langsam, mit den Händen auf den Rücken und der Brust nach vorne - James erkannte, dass dies nichts Gutes bedeutete, und fackelte nicht lange: er nahm die Beine in die Hand und verließ das Militär Gelände.
 

"Ein geheimes Treffen, um diese Zeit? ...Ich muss Sir Walther warnen!"
 

...
 

Es war bereits stockdunkel geworden. Einzig die Lichtung, auf der Walther und Matthew Rast machten, und das Lagerfeuer, das sie entfacht hatten, brachte Licht und Wärme herbei. Matthew war bereits eingeschlafen - seinen Körper dicht an seinen affigen Freund gelehnt, schlief er wie ein Baby. Walther hingegen beobachtete das Geschehen am Lagerfeuer herum argwöhnisch. Sein Blick schweifte langsam umher, und blieb letztlich bei seinem Diener stehen - der sofort den Blick erwiderte, seine Lefzen zeigte, und ausgiebig lächelte.

"Hallöchen, Walther!" begrüßte er ihn freudig. "Na, hast du dich schon an dein Shapeshifter-Dasein gewöhnt?"

Der Soldat wandte seinen Blick ab... nur um die Großkatze Momente später erneut anzusehen. Deutlich verwirrt.

"Shape- was für ein Ding?"

"Shapeshifter! Das sind Menschen, die ein Bündnis zu einem Diener aufgebaut haben, und dadurch sogar noch mehr Sachen können, als uns nur herbei zu rufen. Und genau das bist du!" Der Kater erklärte ausgiebig und freudig. Walther jedoch wirkte nicht gerade begeistert. Erneut wandte er den Blick ab, drehte sich sogar mit dem Rücken zum Diener.

"Verstehe. Tut mir Leid." Der Kater senkte seine Ohren und entschuldigte sich. "Ist wohl noch zu früh..." Er wirkte plötzlich nicht mehr so euphorisch.
 

Einige Zeit verging, und letztlich schlief auch der Veteran ein - unter den wachsamen Auge seines Dieners...
 

...
 

James hingegen hatte keine Zeit zu verlieren, und eilte in der tiefen Nacht der Spur hinterher, die Walther hinterlassen hatte. In der Dunkelheit der Nacht konnte man sich schnell verlaufen, und der dichte Schneefall, von der Kälte und Tiefe des Schnees abgesehen, machte ein Vorankommen nicht einfach. James bahnte sich einen Weg, stolperte dabei jedoch öfter, als es ihm lieb war. Auch die Angst, dass jemand ihm folgen würde, übermannte ihn, sodass er sich mehrfach hilflos umsah. Doch was sollte man zu dieser Zeit, in einem Schneesturm, schon entdecken? Nicht einmal Silhouetten wären erkennbar...
 

Erst als die wenigen Sonnenstrahlen durch den Himmel schossen, wurde der Weg klarer, und James fand sich bald am Stadtende wieder.
 

...
 

Aufgeweckt durch ein lautes Schnurren, schlug Walther reflexartig um sich, und traf dabei seinen Diener auf die Nase, der sich zu ihm gebeugt hatte um zu prüfen, ob alles in Ordnung war.

"Aua, miau!" schrie er, und rieb sich die Pfote über seine Schnauze.

"Mach nicht solchen Scheiß." warnte ihn Walther, und richtete sich auf. Ein Blick in die Umgebung und ihm wurde bald klar, dass Matthew vom Lager verschwunden war. "Wo steckt der Kerl denn schon wieder? Hab ihm doch gesagt, er soll nicht rumstreunern!"

"Er ist bestimmt nicht weit. Er hat gesagt, er muss pipi." grinste der Kater. Walther starrte ihn an, und seufzte dann. "So genau wollte ich es nicht wissen..."

"Aber du sagtest doch...-"
 

"Hey, Walther!" rief es plötzlich aus der Ferne, und die Stimme war nicht unbekannt. "Komm mal her, ich muss dir was zeigen. Das musst du sehen!"

Walther nahm Matthew die Wortwahl krumm, und rief zurück. "DAS schaue ich mir ganz bestimmt nicht an!" - der Diener des Eises begann daraufhin, deutlich zu lachen. Doch ein Blick von Walther reichte aus, um ihn wieder zu verstummen.

"Es ist aber niedlich! Komm schon, ich kann hier nicht weg..."

Walther grummelte und verdrehte seine Augen, bis er sich letztlich doch dazu entschloss, dem nachzugehen, was Matthew so beschäftigte und gar aufhielt... Es war ein guter, kleiner Fußmarsch entfernt - doch bald erspähte er den Jungen, und nicht nur ihn allein: denn Matthew schien ganz entzückt von drei kleinen Fuchswelpen zu sein, die nicht einmal scheu zu sein schienen. Sie ließen sich streicheln, hoch heben und sogar füttern - Matthew hatte kleine Reste vom Fisch dabei, und die Füchschen bedienten sich eifrig.
 

"Ihr habt ja ganz schön Hunger. Wo ist denn eure Mutter?"

"Sag mal... hast du sie eigentlich noch alle?" Walther hielt sich nicht zurück, Matthew erneut zu tadeln. "Wilde Tiere lässt man in Ruhe - und wenn sie auch noch zahm sind, haben wie für gewöhnlich Tollwut!"

Matthew jedoch streichelte die kleinen Tierchen weiter. "Nein, Walther. Das sind Babies... Ich hab sie hier auf der Lichtung gefunden, sie waren nicht einmal von ihrer Mutter versteckt, oder im Bau... und sie sind hungrig... Vielleicht kümmert sich schon niemand mehr um sie..."

Für Walther war es ungewohnt, Matthew so emotional zu sehen. Eines der Füchschen wagte sogar, sich dem Veteran zu nähern, und stubste sein Bein vorsichtig mit der Vorderpfote an, bevor er wieder auf den Po fiel.

"Der Bau ist sicher in der Nähe. Man fässt dennoch nicht einfach so wilde Tiere an, Matthew!"
 

-!
 

Plötzlich hallte ein lauter Knall durch die Lichtung - und Matthew spürte regelrecht, wie eine Kugel an seinem Oberarm vorbei schoss und ihn nur knapp verfehlte. Er griff die Welpen und sah sich hastig um.

"Entweder schießt jemand auf uns, oder jemand will die Babies...!" Matthew war wütend. Doch um die Tierbabies nicht in Gefahr zu bringen, suchte er sich ein Versteck im nahen Buschwerk, und beschützte die Kleinen so gut es ging.

"Bist du verletzt, Matthew?" der affige Freund beschwörte sich selbst aus seinem Amulett, und überprüfte ihn auf mögliche Wunden.

"Nein, alles gut. Ich habe aber gespürt, wie es an meinem Oberarm vorbei sauste..." - als der Diener ihn untersuchte, war ein Riss im Ärmel zu sehen. Doch glücklicherweise befand sich darunter keine Wunde. Und während das Äffchen seinen Freund und die Füchse unterstützte, nahm der Kater sehr schnell die Fährte auf und erspähte ausgesprochen schnell den Täter, der sich im Gebüsch versteckte. Ohne mit der Wimper zu zucken, machte er mit ihm und seiner Waffe kurzen Prozess - Walther stand nur da und beobachtete ihn dabei, wie er den Wilderer mit einem kräftigen, eisigen Strahl zu einem dicken, festen Eisblock einfror - und obwohl der Soldat keine Miene verzog, schien er doch beeindruckt zu sein. Oder verwirrt.
 

"Was war das...?" mit den Füchschen im Arm, blickte er aus dem Gebüsch hervor und erspähte den massiven Eisblock, der den Täter gefangen hielt. "Wooooow..."

"Tut mir Leid, ist wohl über mich gekommen." entschuldigte sich der Diener und verbeugte sich dabei. Matthew klopfte gegen das Eis, und zuckte dann mit den Schultern. "Ich wette, wenn er da noch länger drin bleibt, überlebt er das wohl nicht."

"Vermutlich nicht." bestätigte der Kater. "Und ich finde, dass die Strafe gerechtfertigt ist..."
 

Der Diener stellte die Ohren auf, als aus dem Gebüsch ein weiteres Geraschel kam. Kampfbereit stellten die vier sich auf - mehr oder weniger. Sie hatten angenommen, noch mehr Wilderer würden nun kommen, doch aus dem Blattwerk trat ein ihnen bekanntes Gesicht hervor: es ist der große, bullige Mann mit der Axt und dem Bogen. Der Mann, der sie noch am Tag zuvor angegriffen hatte.

"Orrrr, nicht der schon wieder!" grummelte Matthew und setzte eine ernste Miene auf. Der Mann jedoch stand nur still und schaute zuerst auf die Fuchsbabies - dann zum Eisblock, der fast neben ihm stand. Die Fuchsbabies reagierten und versuchten, aus Matthews Armen zu springen, als sie den tierischen Ruf hörten, den der Mann von sich gab. Die kleinen eilten zu ihm und sprangen ihm ans Bein hoch, als wären sie schon lange mit ihm und seiner Präsenz vertraut. Nur Momente später trat ein weiterer, größerer Fuchs aus dem Gebüsch hervor - er unterschied sich in Körpergröße, und auch in Gestalt seiner tierischen Artgenossen, doch hieß die kleinen Welpen fröhlich willkommen, ging dann sogar selbstbewusst auf die Gruppe zu.
 

Affe und Kater reagierten auf die Geste des Fuchses, und gingen einige Schritte auf ihn zu. In Stille schienen sie Informationen miteinander auszutauschen.

"Ob das ihre Mami ist?" fragte sich Matthew, und wagte es sogar, seine Deckung fallen zu lassen. "Hör auf, so dumm zu sein!" tadelte Walther zurück, und blieb weiterhin in Alarmbereitschaft, wenn auch eher passiv. Erst, als die Diener wieder zu ihnen kamen und die Situation erklärten, wurde auch Walther ein klein wenig lockerer.

"Sie bedanken sich für unseren Einsatz; dass wir die Baby Füchse beschützt und den Wilderer unschädlich gemacht haben." sagte das Äffchen.

"Und es tut ihnen Leid für das, was am Vortag passiert ist. Es war ein dummes Missverständnis." fügte der Kater hinzu.

"Ein dummes... Missverständnis?" Walther rieb sich die Stirn.

"Kann der Dicke uns das nicht ins Gesicht sagen?" - das Äffchen sprang Matthew aufgrund seiner Wortwahl fast ins Gesicht. Er ermahnte ihn, vorsichtiger zu sein, um nicht unnötig zu provizieren. Der Mann jedoch schien über die Tatsache, zumindest für den Zeitpunkt, hinwegzusehen - er griff sich dann den massiven Eisblock, hob ihn hoch und bewegte ihn mühelos - sehr zum Erstaunen der Gruppe. Der Fuchs lächelte, und zog sich mit den Welpen in die Büsche zurück.
 

"Ich begreife... gar nichts mehr." Matthew fiel überwältigt zu Boden. Sein Affenfreund gab ihm einige Patscher auf den Rücken. "Alles wird gut." er zeigte sich zuversichtlich.
 

...
 

James hatte mittlerweile den Wald erreicht und gab sich alle Mühe, seine Freunde zu finden. Doch wo sollte er anfangen? Das Gebiet war riesig, und die Spuren, die sie hinterlassen hatten, nicht mehr frisch. Und obwohl ihn eine alte Spur zum Fluss führte, an den Matthew und Walther gerastet hatten, befanden sie sich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr dort.
 

"Wo könnten sie nur hingegangen sein? ...Wenn ich Pech habe, sind sie schon gar nicht mehr im Wald, sondern sehr viel weiter!" In James' Kopf entwickelte sich Panik, und er sank sobald in die Knie. Er wusste, je länger er wartete, desto mehr würden sich die Spuren und Anhaltspunkte verwischen, doch aktuell hatte er keine Kraft mehr, um weiter zu gehen - war er doch die ganze Nacht unterwegs. An einem Baum lehnte er sich letztlich zurück... er seufzte, doch die Wärme des Waldes war sichtbar angenehm und half ihm dabei ein wenig, sich zu beruhigen. Dabei stieg ihm sobald der Duft von Lavendel in die Nase. Einige Kräuter und Pflanzen wuchsen direkt in der Nähe und zeigten ihren positiven Effekt, als wollte die Natur auf das Leid antworten und James dabei helfen, die Panik aufzulösen. Er beruhigte sich langsam, Schritt für Schritt, immer mehr, bis er es gar wagte, die Augen für einen Moment zu schließen. Je mehr er in die Ruhe driftete, desto weniger wunderte er sich über die Tatsache, dass er eine weibliche Stimme wahrnahm, die sanft und zart ihre Lieder sang. James spürte, dass die Stimme näher kam und somit ein wenig lauter wurde, und öffnete schließlich seine Augen. Neben ihm hatte sich eine wunderschöne Dame gesetzt, leuchtend dunkelrotes Haar, das zu einem Pferdeschwanz gebunden war und im Wind spielte, genau wie ihr weißes Kleid; naturbraune, glitzernde Augen und ein sanftes Lächeln auf den Lippen, beugte sie sich zu James und strich ihm vorsichtig über sein Gesicht. Dabei purzelte James' Dienstmütze ins Gras, und als die Frau seine Strähnen strich, wurden James' Narben deutlich sichtbar.
 

"Bist du in Ordnung?" fragte sie, sichtbar besorgt über seinen Zustand. Obwohl die Narben nicht frisch waren, schien sie zu spüren, dass dem jungen Sanitäter etwas auf dem Herzen lag. "Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken. Mein Name ist Jillian, und als ich dich hier liegen sah, habe ich mir Gedanken gemacht."

Ihre Stimme und Worte waren fürsorglich und freundlich. Es fiel James dadurch viel leichter, die Ruhe zu bewahren. Er setzte sich hin, legte allerdings seine Arme um seine Knie und blickte zum Fluss. "...Ich suche jemanden." sagte er schließlich, ließ dabei aber eine längere Pause. "...allerdings bin ich mir nicht mehr so sicher, ob sie überhaupt noch hier sind."

"Du bist also ganz allein hier im Wald?"

"Ja. Ich muss meine Freunde finden... Es ist wichtig." Er stand auf, setzte seine Mütze wieder auf und blickte ihr ins Gesicht. "Ein älterer Herr mit längerem, grauen Haar, Narbe im Gesicht und blauen Augen, einem Speer auf dem Rücken... und einen jüngeren Mann, schwarzes, kurzes Haar, einen Affenschwanz und blaue Kleidung. Haben Sie sie gesehen?"

"Oh bitte, du brauchst mit mir nicht formal sprechen." beantwortete sie mit einem Lächeln, und dachte nacht. "Mal sehen... Bei meinem heutigen Spaziergang habe ich sehr viele Menschen gesehen..."

"Wirklich?"

Sie nickte, und stand dann ebenfalls auf. "Ich möchte dir keine Angst machen, aber dir ist sicher selbst bewusst, so wunderschön wie der Wald auch ist - hier treiben sich leider viele Wilderer herum. Deswegen wäre es sicherer, wenn du mich ein Stück begleitest."

"Begleiten, wohin denn?" fragte James mit verwunderter Stimme.

"Ich würde vorschlagen, dass du mit mir in meine Heimatstadt kommst. Sie ist von ihrer Größe und Einwohnerzahl sehr überschaubar - deine Freunde könnten dort sein."

"Und Sie nehmen mich da einfach mit? Ich bin doch ein Fremdling..."

Sie lächelte ihn erneut an und nahm sogar sanft seine Hand. "Ich bin überzeugt, dass du ganz anders bist als diese Wilderer und keinesfalls zu ihnen gehörst."
 

James war erstaunt. Dass er einer solch freundlichen Person begegnet ist, ist bereits eine Weile her und er ist es gewohnt, weggestoßen zu werden. Doch schließlich nickte er, und nahm Jillian's Angebot an. Sie machten sich auf in ihre Heimat, die angrenzede Ruinenstadt, die tief im Wald versteckt war...
 

"Ich bin übrigens James. Freut mich wirklich sehr, Miss Jillian!" - der Junge legte seine fröhliche Persönlichkeit schon bald offen, was Jillian nur umso mehr freute. Die Stadt war ein längerer Fußmarsch entfernt, doch Jillian kannte viele Abkürzungen, die die beiden vor Gefahr schützen würden.

Die Ruinenstadt

Die letzten Lichtstrahlen der untergehenden Sonne, durchbrachen die Baumkronen des Waldes und erfüllten ihn mit der angenehmsten Wärme der Tageszeit, bevor sie langsam wieder sank und die Umgebung in ein dunkles Blau hüllte. Matthew und Walther hatten sich auf den Weg gemacht und folgten ihren tierischen Dienern, die selbstsicher die Führung übernahmen. Das Knistern und Rascheln des Grases zwischen ihren Füßen klang sehr angenehm und war vorerst alles, was sie wahrnahmen - bis Matthew's Magengrummeln die Ruhe brach, und am Fleck stehen blieb.
 

"Du hattest vorhin erst etwas."

Wie immer war Walther weniger amüsiert über die Unterbrechungen. Es hatte eher den Anschein als wollte er den Wald so schnell wie möglich verlassen - und das, obwohl er keine sichtbaren Zeichen von sich gab, als würde er drängeln.

"Hier entlang. Es ist sicher nicht mehr weit." sagte der Diener des Eises und schritt weiter voran. Und Tatsächlich hatte er mit seiner Vorahnung recht: vor ihnen erstreckten sich bald mehrere kleinere Felsmassive. Auf dem ersten Blick wirkten sie natürlich, auf den zweiten Blick jedoch wurde klar, dass es sich hier um mehr handelte. Selbst der Boden veränderte sich - die Vegetation wurde sichtbar weniger und sobald liefen sie auf blanken Steinen, einige gar zersplittert.

"Und wo sind wir hier?"

In dem Moment, als Matthew sich umsah, raschelte es in der näheren Umgebung, und schon bald sprang ein Gestalt hervor, die ihnen nicht ganz unbekannt war: es handelte sich um den fremden Fuchs, den sie zuvor getroffen hatten.
 

"Yip yip."

Matthew begann zu kichern, als der Fuchs witzige Geräusche von sich gab.

"Yip yip dich selbst." sagte er amüsiert. "Was nun?"

"Er möchte, dass wir ihm folgen." antwortete das Äffchen, und ging voran. Er schien Vertrauen in den Fuchs zu haben, obwohl es doch so gern heißt, sie sind listig und führen Menschen gern hinters Licht.
 

Nach einem längeren Fußmarsch hielt der Fuchs schließlich vor einem Tor an, welches durch einen Mechanismus verschlossen schien. Matthew seufzte und stand kurz davor, sich wieder zu beschweren; lehnte sich dabei an eine der Säulen und drückte aus Versehen einen versteckten Schalter, der dafür sorgte, dass die Tür sich öffnete.

"Oho, Sesam öffne dich!" sagte er mit einem verschmitzten Grinsen.

"Hör auf, rum zu trödeln." Walther und die Diener waren bereits an Matthew vorbei gelaufen, und betraten die Ruinen, während Matthew still seine Klugheit feierte.
 

Alles hätten sie erwartet... doch inmitten des Waldes eine Ruinenstadt zu finden? Niemals. Der Wald schien mehr Geheimnisse zu verbergen, als ihnen bewusst war. Die Gruppe sah sich um. Zu dieser Tageszeit schien die kleine Stadt wie ausgestorben. Es gab eine Fontäne, und mehrere Flüsse, die die Stadt umgaben. Kleinere Stände waren aufgebaut, sie gaben den Anschein, dass es hier einige Händler zu geben scheint.

"Yip."

Der Fuchs rannte voraus und erklomm eine steinerne Treppe, die zu einem größeren Gebäude führte, die einem antiken Haus ähnelte. Links und rechts des Eingangs befanden sich leuchtende Fackeln, eine der wenigen Lichtquellen, und dennoch gaben sie keinen Einblick ins Innere des Hauses. Doch obwohl es pechschwarz war, ging der Fuchs hinein.

"Sollen wir ihm immernoch folgen?"

Matthew verschränkte die Arme, doch hielt sich bald den Bauch, als ein weiteres, lautes Grummeln ertönte. Als Walther dabei war, etwas zu sagen, kam der Fuchs zurück - und hatte sogar eine Begleitung dabei: jener große, dunkelhäutige Mann, dem sie nun mehr als einmal im Wald begegnet waren.
 

"Chris."

Der Fuchs nickte, und der Mann sah jeden einzelnen an, bevor er sich herum drehte und wieder hinein ging.

"Der Typ macht mir immernoch ne Gänsehaut..." murmelte Matthew.

"Chris." wiederholte sich der Fuchs, und lächelte sogar dabei. "Willkommen."

Trotz aller Einladungen, wagte sich die Gruppe nur sehr vorsichtig in das Haus - doch waren sobald positiv überrascht, als sich der Unterschlupf als recht gemütlich entpuppte. Trotz der massiven Steinwände, war es hier angenehm warm. Und der bullige Mann saß nahe einer Feuerstelle auf dem Boden, und polierte seine Waffen, um sie einsatzbereit zu machen. Die Gruppe wusste nicht so recht, wie sie reagieren sollte, doch als die Diener einen Platz einnahmen, setzten sich auch Matthew und Walther.

"Yip yip!"

Der Fuchs schien ausgesprochen glücklich und rannte sogar im Kreis, bevor er sich ebenfalls setzte.

"Chris."

"Hmhm." Der Mann nickte, wenn auch eher still, und schien allgemein passiv und zurückhaltend zu reagieren. Dennoch bestätigte er damit auch seinen Namen.

"Ähm, freut uns?" Matthew kratzte sich verlegen am Kopf, hielt ihm aber dann seine Hand hin. "Ich bin Matthew, und das ist Walther. Wir sind..."
 

Trotz des Willkommens, schien Chris nicht gerade gesellig zu sein. Er schaute auf Matthew's Hand, fuhr aber dennoch damit fort, seine Waffen vorzubereiten, anstatt die Geste zu beantworten.

"Ähm, okay..." Matthew zog die Hand vorsichtig zurück. Walther sagte nichts. Er beobachtete die Situation und Reaktionen aufmerksam, verlor dabei aber kein Wort. Insgesamt konnte man diese Atmosphäre als leicht unangenehm, wenn nicht sogar peinlich, bezeichnen.

Matthew's Aufmerksamkeit wandte sich bald einem Thema zu: der leckere Geruch kochenden und bratenden Essens, der aus einem kleinen Raum zu kommen schien. Er vermutete dahinter die Küche, und sein Magen reagierte umso intensiver auf den Geruch der Nahrung. Nach einer Weile trat eine Frau hervor - Matthew und Walther hatten die rothaarige Dame noch nie zuvor gesehen, doch sie begrüßte die Gruppe mit einem Lächeln . und mit einem größeren Tablett in der Hand.
 

"Wie es aussieht, haben wir tatsächlich Gäste heute Abend." sagte sie mit freundlicher Stimme und setzte sich bald dazu. Sie bot jedem ihr zubereitetes Essen an, und brachte freundliche Atmosphäre in die Runde, die die peinliche Situation durchbrach.

"Chris hatte euch bereits angekündigt. Freut mich sehr, mein Name ist Jillian!"

"Matthew. Und das ist Walther. Sehr erfreut!" erneut gab Matthew seine Hand und freute sich auf den Handschlag, den Jillian beantwortete.

"Bitte, greift zu." lud sie die Gruppe ein, und dies ließ sich Matthew nicht zwei mal sagen.
 

Während sie aßen, stellte Jillian ihnen neugierig einige Fragen.

"Ich habe davon gehört, wie ihr Chris geholfen habt, Wilderer zu überwältigen. Das war wirklich mutig von euch."

Matthew verschluckte sich fast an einem Brötchen.

"Eigentlich haben wir nicht viel gemacht..."

"Yiiiiiip!"

Der Fuchs schien einige Einwände zu haben.

"Da sagt das Füchschen aber etwas anderes." Sie zwinkerte dabei, behielt aber ihr Lächeln. "Gerade du hast den Fuchsbabies ihr noch so junges Leben gerettet."

"Nun... ich gebe zu, ich habe mir Sorgen gemacht. Aber wenn Kitty nicht gehandelt hätte..."

"Oh, miau! Ich bin erwachsen, Matthew!" der Kater schien ein wenig beleidigt zu sein nach dieser Bemerkung.
 

"Es ist traurig, was aus dem Wald geworden ist. Einst war es hier friedlicher."

Jillian's Worte hatten einen bitteren Nachgeschmack.

"Doch seit einiger Zeit fallen hier immer wieder Wilderer ein. Und jedes Mal wenn wir hoffen, wir hätten sie vertrieben, kommen sie wieder." Sie blickt in die Runde. "Chris verteidigt den Wald mit seinem Leben und ist sehr bemüht, den Anführer zu finden. Bisher jedoch leider ohne Erfolg. Der Wald ist groß, die Verstecke zahlreich und so auch die Gefahren."

"Das klingt echt hart. Tut mir leid, Dicker." Walther gab Matthew einen Stoß - und erinnerte ihn so erneut daran, Chris nicht zu provozieren.

"Aua!"

"Er ist nicht dick, nur kräftig gebaut. Äußert kräftig sogar." erzählte Jillian stolz.

"Ja, haben wir gesehen." Matthew erinnerte sich, wie Chris den Eisblock einfach so angehoben und fortgetragen hatte - und das trotz des Gewichts und der Kälte des Elements. Matthew's Affenschwanz wanderte bald zu seinem Ohr und kitzelte es im Inneren. Als Jillian dies sah, traf es sie plötzlich wie ein Blitz. Sie erkannte, dass die Beschreibungen, die sie von einem jungen Mann hörte, wie die Faust aufs Auge passte.

"Stimmt etwas nicht?" Walther bemerkte die Veränderung, und Jillian zögerte nicht.

"Es gibt da möglicherweise jemanden, der nach euch sucht. Aktuell schläft er allerdings im Gästebett und ich würde vorschlagen, ihr macht es ihm bald gleich."

"Na großartig." Walther ahnte Schlimmes, stand auf und machte sich auf den Weg nach draußen. Matthew blieb zurück, sah ihm aber hinterher. Der Diener des Eises hingegen ließ seinen Partner nicht im Stich und folgte ihm vor die Tür.
 

"Was hat er denn auf einmal?"

Matthew erklärte auf ihre Frage, dass die beiden eigentlich nur auf Durchreise sind. Zumindest könnte man es so bezeichnen. Und für einen kleinen Moment baute sich die Hoffnung auf, dass es sich bei der Person, die nach ihm suchte, um seinen Bruder handeln könnte. "...Könnte es sein?" - er stand von seinem Platz auf und durchsuchte die naheliegenden Räume auf der Suche nach der Person, und dem Gästezimmer. Sein Diener folgte ihm genauso aufgeregt, und bald folgte auch Jillian.

Je weiter Matthew suchte, desto öfter rief er, wenn auch leise, den Namen seines Bruders. Und als er das Gästezimmer fand, und die Person, die in einen der Betten lag, näher untersuchte, verschwand die Aufregung von seinem Gesicht - und Enttäuschung und Trauer machte sich langsam breit.

"...Du bist es nicht." Matthew biss sich auf die Lippen und versuchte, die Tränen zu unterdrücken. Sein Diener kletterte ihm den Rücken hinauf und versuchte, ihm Trost zu spenden. Matthew setzte sich bald auf eines der steinernen Betten, welches mit Stroh ausgeschmückt war, und schüttelte enttäuscht den Kopf.
 

"Was ist denn los, Matthew? Ist er nicht euer Freund?"

Jillian klang plötzlich unsicher. Sie wusste nicht, warum Matthew so reagierte. Doch bevor er sich zu erklären versuchte, schlug der Diener vor, es für heute bleiben zu lassen. Nach einer Mütze Schlaf würde es ihm hoffentlich besser gehen und die Dinge sich klären...
 

Doch die darauffolgende Nacht verging alles andere als ruhig. Matthew hatte Schwierigkeiten, einzuschlafen - und wenn er es schaffte, verfolgten ihn intensive Alpträume und Erinnerungen, die ihn belasteten. Hin und wieder wachte er schreiend, oder gar leise weinend auf. Auch Walther, der zwar einige Betten entfernt von ihm lag, bekam dies mit. Der Diener blieb die ganze Nacht bei Matthew und hoffte, die Alpträume würden sich legen - doch er schien sich wohl zu viel Hoffnung gemacht zu haben, die dann zerstört wurde...

"Yiiiiip..."

Von der Tür des Gästezimmers ertönte der allbekannte Ruf des Fuchses. Er beobachtete die Situation aus der Ferne, schien aber Mitgefühl für Matthew zu zeigen. Der Affe legte seine Hand auf die Schulter seines Partners, und wich weiterhin nicht von seiner Seite.
 

"...Was mache ich mir eigentlich vor?" sprach Matthew schließlich mit zitternder, enttäuschter Stimme. "Ich hätte mir gleich denken können, dass er es nicht ist... so große Glücksfälle passieren einem Pechvogel wie mir doch nie..."

"Du darfst nicht aufgeben, Matthew. Unsere Suche hat doch erst begonnen - und die Möglichkeit, dass wir ihm früher begegnen, als es uns lieb ist, besteht weiterhin."

Der Diener versuchte, seinen Freund aufzumuntern und aufzubauen. Er blieb positiv und setzte ein Lächeln auf.

"Er lebt. Und wir werden ihn finden. Egal, was es kostet."
 

Obwohl die Nacht alles andere als ruhig verlief, versammelte sich bei Tagesanbruch die Gruppe zum Frühstück. Doch trotz des intensiven Hungergefühls, hielt Matthew sich mit dem Essen zurück. Er sah deutlich mitgenommen aus, und sagte kein Wort.

"Ich bin so froh!"

James hingegen drückte seine Freude und Erleichterung aus, seine Kameraden gefunden zu haben. Im gleichen Zug jedoch wollte er Walther vor der drohenden Gefahr warnen - wurde dabei jedoch unterbrochen.

"Du hast vielleicht Nerven, hier aufzukreuzen." scheltete er ihn.

"Aber Walther, so redet man doch nicht mit einem Freund! Vor allem nicht nach allem, was er sich aufgelastet hat, um euch zu finden." Jillian wies den Veteran zurecht, und motivierte James dazu, frei zu sprechen.

Und obwohl der Junge anfangs noch zögerte, schossen sobald seine Worte hervor - im Wechsel vom Stottern, und zu schnell reden.

"Sir Walther, s-s-sie... nach Ihnen wird gefahndet! Sie suchen nach Ihnen!"

"Langsam. Wer sucht nach mir?" Walther zog die Zügel definitiv kürzer.

"Die Einheit! Und... und Officer Swanson... und die Einheit... und er hat..!"

"Langsam!"
 

James schluckte und versuchte, seine Worte zu sammeln. Es fiel ihm sichtbar schwer, nicht in Panik zu sprechen.

"Ich habe gesehen, wie Officer Swanson die Einheit zusammengerufen hat... Er hatte Sir Lee... und Sir Pierre... einzeln aufgerufen und im Verhör..."

"Und woher weißt du, dass sie nach mir suchen?"

"Es kam mir ungewöhnlich vor... Der Officer macht nie solche Zusammenkünfte zu solch später Zeit... Ich befürchte, dass da etwas im Gange ist..."

"Aber du kannst es nicht bestätigen. Woher sollen wir also wissen, ob du jetzt nicht nur Panik schiebst?"

Der Veteran bliebt sichtbar kühl und rational. Obwohl er verstehen konnte, dass James sich Sorgen machte, war ihm bewusst, Panik ist unangebracht. Es vernebelt nur den Geist.
 

"Sie sind also... Soldat?" fragte Jillian neugierig.

"Korrekt."

"Aber Sie sind nur auf der Durchreise?" - Irgendetwas schien keinen Sinn zu machen. Zumindest nicht für Jillian. Sie wusste, es fehlen gewisse Elemente.

Walther ließ seinen Blick zu Matthew schweifen und nickte zu den beiden noch Unwissenden. "Erklär du es ihnen."

Matthew reagierte vorerst nicht. Er war damit beschäftigt, im Essen herumzustochern... hörte nach einer Weile jedoch endlich auf damit. Er seufzte lang und laut, und suchte keinen einzigen Blick Kontakt.

"Ich suche meinen verschollenen Bruder..." murmelte er schließlich. "Bin schon ne Weile unterwegs... habe ihn aber nicht gefunden und kam vor einiger Zeit in Lungrais an."

"Lungrais, aha. In dieser Stadt schneit es doch so häufig..."

Matthew seufzte erneut.

"Dachte, ich hätte eine Spur gefunden... die verwischte sich aber. Und am Ende traf ich auf Walther, und..." - Matthew hatte kaum Kraft, sich zu erklären. Seine Worte verliefen sich regelrecht im Sande.

"So wird das nichts, Junge. Sprich deutlicher, und mach den Mund auf!"

"Halt's Maul!" Matthew war für seine Verhältnisse unglaublich laut und stand sogar vom Platz auf. In seinen Augen spiegelte sich die Wut wieder.

"B-bitte beruhigt euch..." James flehte die beiden an, nicht miteinander zu streiten. "S-so kommen wir nicht weiter..."
 

Für eine Weile herrschte Stille im Zimmer. Nur das Feuer knisterte langsam vor sich in.
 

"Ich suche ihn schon so verdammt lange..." sagte Matthew schließlich, seine Stimme außerordentlich verbittert.

"Wo hast du ihn denn das letzte Mal gesehen?"

"...In Fortuna." antwortete Matthew zögerlich. "Ich weiß... ...das ist sehr weit weg..."

"Es ist so gut wie am anderen Ende von... ...ah..." Jillian rieb sich die Stirn. "Ja, das ist wirklich ziemlich weit weg..."

"Der einzige Anhaltspunkt, den ich je hatte, ist fort. Und jetzt fängt meine Suche von vorn an..."

"...Es tut mir Leid, dass ich dir falsche Hoffnungen gemacht habe." sagte James und versuchte, sich aufrichtig zu entschuldigen. Matthew jedoch schüttelte nur den Kopf.

"Es ist nicht deine Schuld..."
 

"Yip!"

Wie aus dem Nichts trat der Fuchs hervor, und hielt eine Karte im Maul. Chris nahm sie ihm ab, schlug die Karte auf den Boden auf und presste seinen Finger auf den südwestlichen Teil.

"Wir befinden uns hier." erklärte Jillian. "Die Karte mag aktuell sein, aber unsere Ruinenstadt befindet sich auch hier nicht eingezeichnet. Das liegt daran, dass nur wenige davon wissen und sie im generellen nie gefunden wurde."

"Also uns fiel es... ziemlich leicht." sagte Matthew mit verschränkten Armen.

"Weil der Diener der Erde euch hergeführt hat." erwiderte Jillian mit einem Lächeln, und strich dem Fuchs durchs Fell.

"Diener der...-?" Noch bevor Matthew seinen Satz beenden konnte, trat sein Affe hervor.

"Du bist wirklich ein Blitzmerker, mein Freund..."

"Tut uns Leid, dass wir euch nicht aufgeklärt haben. Das Leben als Shapeshifter ist nicht gerade ungefährlich. Es gibt viele Leute, die nach uns jagen, wenn wir diese Fähigkeit offen legen. Deshalb halten wir es geheim." Jillian fühlte sich ein wenig schlecht deswegen, doch sie hielt Matthew, Walther und James für vertrauenswürdig.

"Ihr seid also beide...?" Matthew ließ seinen Blick umher schweifen. "Du auch, Großer?"

Chris erwiderte die Geste mit einem ernsten Blick, nickte nach einer Weile jedoch ebenfalls.

"Du bist ganz schön wortkarg. Kannst dich ja mit Walther einreihen..."

"Auf jeden Fall..." Bevor Jillian in der Lage war, die Stadt Fortuna auf der Karte zu finden, war Chris bereits schneller und deutete auf das große Gebiet, weit oben auf der Karte. Matthew nickte. "Yep, das ist Fortuna." bestätigte er. "Ich kam den Weg von hier... nach hier... durch die Wüste... und dann hier... und dann landete ich irgendwann in Lungrais."

"Das bedeutet, du hast nicht alle Orte abgesucht, oder?"

"Nein, das war mir nicht möglich. Das ist auch ein Grund, weshalb ich immernoch suche..." Matthew kratzte sich nervös am Genick. Dann zog er aus seiner Jackentasche ein Foto hervor, und zeigte es in die Runde. "Hier, das ist mein Bruder Ronald. Wir sind keine Zwillinge, sehen uns aber recht ähnlich..."

Alle bisauf Walther sahen sich das Foto interessiert an. Erst als Matthew es ihm regelrecht vor die Nase hielt, schenkte er ihm Aufmerksamkeit.

"Wenn du schon Fotos herumzeigst, warum fängst du dann nicht ganz von vorn an?" Walther war sichtbar kratzig. "Nicht, dass es mich interessieren würde... aber es macht keine Sinn, wenn du in der Mitte oder am Ende deiner Geschichte anfängst..."
 

Matthew stand kurz davor, erneut mit ihm zu streiten, sah letztlich aber ein, dass er schon Recht hatte. Er holte tief Luft, und setzte sich wieder auf seinen Platz.

"An alles kann ich mich leider nicht erinnern, da Ron und ich sehr jung waren... Wir waren vielleicht 5 oder 6 Jahre alt, als wir vom Königshaus im Fortuna aufgenommen wurden."

"Heißt das, du bist ein Prinz?" rief James dazwischen, doch Walther hielt ihm den Mund zu.

"Nein, ich bin kein Prinz." verneinte er. "Man hat uns sozusagen dort aufgenommen, wie auch einige andere Kinder, die durch den Krieg zu Waisen geworden waren..."

Walther schloss die Augen, während er zuhörte. Bedeutete das etwa...? Matthew legte absichtlich eine Pause ein und schaute sogar in die Runde.

"Bevor ihr euch fragt... ich bin mir nicht sicher, ob unsere Eltern tot sind, oder noch am Leben. Es wurde uns nie gesagt, vermutlich weil man uns auch keine Angst machen wollte. Als Ron und ich älter wurden, stiegen wir langsam dahinter, dass man uns etwas verheimlichte, aber wir wollten nie wirklich glauben, dass unsere Eltern wirklich nicht mehr da waren. Stattdessen hatten wir uns... angepasst, und lebten geschützt im Königshaus mit den anderen Kindern. Der damalige Prinz musste immer auf uns aufpassen, und ich habe mich nur zu gerne aus dem Schloss geschlichen, obwohl es mir nicht erlaubt war."

"Hehe, du Schlingel." Jillian lachte sanft, doch ließ Matthew dann weiter erzählen.

"Ron hingegen war viel umgänglicher und machte für gewöhnlich keinen Ärger. Wir hatten uns auch untereinander ab und zu gezankt, aber das gehört wohl unter Brüdern einfach dazu. Eines Tages jedoch war es anders... Nach einem Streit verließ Ron das Schloß und kam nicht wieder. Zunächst habe ich mir keine Sorgen gemacht, da er ja nur ungefähr eine Stunde weg war. Als es jedoch mehr wurden, begann ich, mir Sorgen zu machen und schlich mich aus dem Schloss, ohne es jemanden zu sagen. Wir hatten außerhalb des Schlosses einige Verstecke, die nur wir kannten - ich suchte also jedes einzelne Versteck ab, jedoch ohne ihn zu finden..."

"Fortuna ist riesig. Er könnte immernoch in der Stadt sein, und du könntest ihn verpasst haben." lenkte Walther letztlich ein. Matthew jedoch schüttelte mit dem Kopf.

"Es war ganz anders. Ich spürte, dass etwas nicht stimmte... Abgesehen davon, dass Ron nicht nachtragend ist und so lange niemals fortlaufen würde, hatte ich einfach dieses ungute Gefühl, dass etwas vorgefallen ist. Ich ging sogar so weit, die Wachen aus der Stadt zu fragen, ob sie etwas gesehen hätten. Ob sie Ron gesehen hätten... aber sie konnten mir nicht weiterhelfen. Sie versprachen, die Augen offen zu halten, doch ich hatte dafür keine Geduld. Deswegen packte ich nur wenige Vorräte, und verließ Fortuna auf der Suche nach ihn."

Er schüttelte den Kopf.

"Doch egal, wohin ich ging - keine Spur von Ron. Mittlerweile sind sogar Jahre vergangen, und ich weiß noch immer nicht, wo er ist..."

"Schon viele Jahre?" James bekam ein wenig Angst bei dieser Aussage.

"Er geht nicht einfach weg!" Matthew's Stimme nahm eine wütende Form an, und er stand dabei sogar auf. "Egal, wie sehr wir uns gestritten haben, wir haben uns immer wieder schnell versöhnt und er wäre nicht einfach abgehauen, nur wegen eines Streits... Da ist was passiert. Da ist was passiert, wovon ich nicht weiß... aber ich weiß, er ist nicht mehr in Fortuna gewesen!"

"Meinst du, er ist entführt worden, Matthew?" fragte Jillian neugierig. "Wenn du sagst, dass in ganz Fortuna Wachen stationiert sind, ist dies zwar nicht sehr wahrscheinlich, aber..."

"Ich weiß es nicht, Jillian. Es kann sein, es kann aber auch nicht sein. Fakt ist, er ist fort. Und ich habe keine Spur mehr..."

"Und woher hattest du diese... Spur, dass er in Lungrais sein könnte?" fragte Walther.

"Von einem Reisenden... Ich habe mich in Städten umgesehen und habe gehört, dass es jemanden gibt, der viel um die Welt reist und daher viel weiß. Als ich ihm das Foto zeigte, meinte er, er hätte diesen jungen Mann gesehen... in Lungrais..."

"Und du hast ihm geglaubt..."

"Was hätte ich sonst tun sollen?!" Matthew schlug seine Faust auf den harten Boden. "Es geht um meinen Bruder! Wenn du einen Bruder hättest, den du aus den Augen verloren hast und suchen würdest, würdest du sicher das selbe tun und darauf vertrauen, dass dir die Wahrheit gesagt wird!"

"So einfach läuft es in dieser Welt aber nicht, Matthew. Du kannst nicht blind jedem vertrauen, den du triffst. Sonst bereust du dies eines Tages."
 

Matthew flammte vor Wut die Schwanzspitze auf und er ließ einen lauten, markerschütternden Schrei los. Walther blieb unbeeindruckt sitzen.

"...Kinder." Genervt rieb er sich die Stirn. "Immer das gleiche..."

Bevor Matthew in der Lage war, zu reagieren, beruhige Jillian ihn.

"Wir könnten auch hier herum fragen, ob jemand Ron gesehen hat. Auch hier leben Menschen, die früher viel um die Welt gekommen sind - vielleicht erinnert sich ja jemand."

Walther stand es bis zum Hals. Es kam ihm vor, als wollte niemand seinen Ratschlag folgen...

"Auch wenn es danach wirkt, als würde es nicht viel Hoffnung geben, muss man es versuchen." Jillian war überzeugt, dass jeder Versuch zählt. Sie nahm Matthew mit sich und begleitete ihn durch die Ruinenstadt auf der Suche nach Antworten...

Stadt Tenguuna

Die Gruppe verbrachte einige Zeit damit, um nach Ron's Verbleib zu fragen, doch die Suche blieb leider vergebens. Ohne jegliche Anhaltspunkte, machten sich Matthew, Walther und James auf den Weg, den Wald zu durchqueren. Die letzten Worte, die Jillian ihnen mitgab, war "dem Fuchs und dem Reh zu folgen", sie würden sie sicher aus dem Wald geleiten. Auf die Frage, ob sie sich der Gruppe anschließen würden, mussten die beiden jedoch dankend ablehnen. Mit einer neuen Karte und einigen Vorräten im Gepäck, führten sie ihre Reise zu dritt fort...
 

"Tja, du Schlaumeier... dann leg mal los. Wohin soll diese Irrfahrt als nächstes gehen?"

Matthew knirschte leise, als Walther ihn zu sticheln begann. Als wäre er so nicht schon enttäuscht genug davon, weder seinen Bruder, noch Anhaltspunkte gefunden zu haben, hackte nun auch noch der alte Sack auf ihm herum. Matthew antwortete mit einem bösen Blick, James hingegen versuchte, mit einigen Gesten die Situation zu beruhigen.

"Wie kommst du eigentlich darauf, ohne eine Karte zu reisen? Glaubst du wirklich, dass du auf gut Glück dort hin kommst, wo dein Bruder aktuell ist? Dass dir einfach, alles so, wie aus dem Nichts, vor die Füße fällt??"

"Hör auf!" Matthew schrie Walther an. Er konnte keine Schelte gebrauchen.

"Dummkopf."

"B-beruhigen wir uns erst einmal... Es bring nichts, wenn wir streiten..." James zitterte allein bei der Vorstellung.
 

Im Stillschweigen gingen sie weiter und würdigten sich keines Blickes... Bis zum Moment, wo Matthew mit einem Seufzer das Schweigen brach. "Sie ist mir verbrannt." murmelte er unklar. Walther blickte ihn an, ohne den Kopf zu bewegen. "Hm?"

"Ich sagte, sie ist mir verbrannt!" Matthew sprach nun lauter und klarer, und vor allem, wütender. "In der Wüste... ich habs vergeigt, okay??"

Fehler zuzugeben sorgte immer für einen bitteren Beigeschmack. Matthew wusste das zu gut, Walther aber auch.

"Wir haben jetzt eine neue... und fertig." - für Matthew war das Thema abgeschlossen.
 

"Miau, sei doch nicht so streng mit ihm..." - Walther hielt sich den Kopf, als die Stimme in seinem Gedächtnis hallte.

"Geh aus meinem Kopf raus!" schimpfte er lautstark und verärgert.

"Miau, schrei mich doch jetzt nicht so an... So kommunizieren wir, wenn wir in unseren Seelensteinen ruhen. Entweder also ich laufe neben dir und rede normal, oder aber ich bleibe hier drin, weil du von mir schon wieder genervt bist, und bereite dir Kopfschmerzen!"

Der Kater schien Walther auf eine gemeine Art zu necken. Und heimlich schien Matthew dafür dankbar zu sein. Auch wenn er die beiden nicht hören konnte, machte Walther mit seiner Gestik klar, dass er sich ärgerte und sein Fett ab bekam.

"Karma kann böse sein." flüsterte er zu sich selbst, ein Grinsen auf dem Gesicht.

"Walther... hey, Walther!" - erneut versuchte der Kater, Aufmerksamkeit zu erregen. "Da kommt jemand!"
 

Als es in den Büschen raschelte, sprang der Soldat reflexartig zur Seite. Wer hatte es nun schon wieder auf sie abgesehen? War da wieder ein Wilderer? Oder nur ein Tier...? Nein, keins von beidem: mit hastigen Bewegungen trat eine Person hervor, die der Gruppe nicht unbekannt war.

"Sir Lee!" rief James fast erleichtert und ließ sich auf den Boden fallen. Denn es war niemand anderes als Lee, der auf die Gruppe zu ging.

"Lee, was machst du denn hier?" Walther schien leicht erfreut, wenn auch er es nicht so deutlich machte. Die beiden gaben sich einen Kumpel-Handschlag - doch die Freude hielt nicht lang. Lee schien in Eile.

"Bin ich froh, dass ich euch gefunden habe! Wir haben nicht viel Zeit." erklärte er.

"Was ist los? Ist dir jemand gefolgt?"

"Noch nicht... Aber es wird wohl nicht mehr lange dauern. Sie sind hinter dir her, Walther."

"Wer ist hinter mir her?"

"Hmmmm, das habe ich doch versucht, die ganze Zeit zu sagen!" rief James dazwischen. "Die Einheit von Officer Swanson sucht nach Ihnen, Sir!"

"Das ist leider wahr." bestätigte Lee. "Er hat Pierre und mich verhört und ausgequetscht, und dann die Truppen losgeschickt... Ich war in der Lage, sie durch Umwege zu umgehen, aber es ist sehr wahrscheinlich, dass sie nicht weit entfernt sind..."

Matthew lehnte sich an einen Baum. "Sollen wir sie in Empfang nehmen?"

"Keine gute Idee." Lee schüttelte mit dem Kopf. "Ihr müsst hier ganz schnell weg, sonst kriegen sie euch, und wer weiß, was sie dann mit euch tun..."

"Und was werden sie mit dir tun, wenn sie mitkriegen, dass du uns hilfst und sie damit verrätst?" Matthew hatte einen guten Punkt.

"Geht! Ich halte sie auf..."

"Du bist ein Spinner..." Matthew war von der Idee nicht angetan, Walther jedoch hörte auf seinen Freund, griff Matthew am Oberarm und zerrte ihn vom Baum. In diesem Moment tauchte auch der Diener des Feuers auf - der listige Fuchs, und rannte voraus, um ihnen den Weg zu zeigen.

"Mich machst du fertig, weil ich Fremden vertraue... aber wenn dein Freund sich opfert, ist das natürlich okay?!" Matthew hatte starke Einwände.

"Er weiß, was er tut." Walther war sich dessen sicher. Egal, wie selbstsüchtig die Entscheidung schien, fürs erste zu fliehen und nicht zurück zu schauen. Doch ein plötzlicher Schuss zwang Matthew dazu, still zu stehen und sich umzusehen. Die Angst stand ihm in den Augen, Walther jedoch griff nach dem Affenschwanz und zog Matthew davon. "...Was verstehst du eigentlich nicht, wenn man dir sagt, nicht stehen zu bleiben??" Er handelte sehr schroff und ließ Matthew keine Gelegenheit des Widerstands...
 

Als sie dachten, einen guten Abstand gewonnen zu haben, hielten sie kurz an. Matthew war sichtlich angeschlagen und es fiel ihm schwer, den Schock zu verarbeiten. Für einen Moment war ihm sogar schlecht. James bemerkte dies und gab ihm rasch einen Schluck Medizin. "Hier, damit fühlst du dich bestimmt besser..."

Als Matthew nach der Medizin griff, fiel ihm die Karte aus der Jacke. Walther griff danach und schimpfte erneut. "Verlier sie nicht schon wieder, wir brauchen sie noch!"

"Ja, ja..." Matthew konnte kaum antworten. Und leider überraschte es ihn langsam nicht mehr, dass er keine Rücksicht darauf zu nehmen schien, wie es ihm erging. "Was bist du nur für ein Soldat, der seinen Kameraden zurück lässt und dann auch noch auf Jüngere herumhackt... Ganz große Klasse bist du..." Obwohl Matthew keinen Streit anfangen wollte, hatte er sichtlich die Schnauze voll - als Antwort bekam er jedoch einen Schlag in die Magengrube, und sank zu Boden.

"Hng... du bist ein Arschloch, Walther..." - seine letzten Worte, bevor er entgültig im Gras lag.

"Und du solltest lernen, Entscheidungen von Erwachsenen zu respektieren! Wenn ich sage 'Lauf' dann läufst du! Und wenn ich sage, 'ich weiß, was ich tue' dann gibst du verdammt nochmal keine Widerworte!"

James kümmerte sich weiterhin um Matthew und stellte sicher, dass sich seine Gesundheit stabilisierte. Dabei flüsterte er ihm zu... "Tut mir sehr leid, dass Sir Walther so schroff zu dir ist... aber ich bin mir sicher, dass er sich nur Sorgen um dich macht..."

"James!" - die tadelnde Stimme richtete sich nun an den Sanitäter. Walther's Blick war furchteinflößend, und er wusste das genau.

"Geht es wieder...?" James half Matthew, als er versuchte, sich aufzusetzen. Den einen Arm noch um seinen Bauch haltend, griff er mit der anderen Hand nach der Karte. Der listige Fuchs hatte sie Walther wieder aus der Hosentasche stibizt.
 

"Also... Sobald wir aus dem Wald raus kommen, gibt es zwei Routen. Sie führt über einen Gebirgsweg, und teilt sich dann auf..."

"Yip yip!" Der Fuchs nickte eifrig.

"Wenn ich einen Vorschlag machen darf..." Matthew senkte die Karte, als James vorsichtig fragte. "Eine der Routen führt direkt nach... ähm... Tenguuna, richtig?"

"Ja, das ist richtig. Eine kleine Stadt, weit im Südwesten... aber ich glaube nicht, dass Ron..." Je mehr Matthew sprach, desto mehr senkte James seinen Kopf. Als Matthew das bemerkte, verwarf er seine Worte. Allein schon um sich dankbar zu zeigen und zu revanchieren.

"Ich meine... du kennst diese Stadt?"

"Wie meine Westentasche, ja!" - und plötzlich war James wieder fröhlicher. "Nun... ehrlich gesagt würde ich gerne meine Eltern besuchen gehen. Ich... habe sie schon lange nicht mehr gesehen."

"Du kommst aus Tenguuna? Ich dachte du lebst in Lungrais..."

"Tue ich auch, aber..."

"Könnt ihr jetzt mal aufhören, zu quatschen?" Walther stand es schon wieder bis hier, und der Smalltalk machte es nicht besser. Er griff die Karte und entschied spontan. "Suchen wir Tenguuna auf. Dort sollten wir eine Weile Ruhe haben."

"Ja... ja, das sollten wir!" James war ganz aufgeregt, er konnte seine Füße kaum still halten.

"Ruhe... als ob es irgendwo noch ruhig wäre..." Matthew versuchte, aufzustehen, und war sich all dem gar nicht mehr sicher.

"Aber ja, und ich werde dir liebend gerne zeigen, wieso!"
 

Die Gruppe folgte dem Fuchs den langen Weg, der sie schließlich aus dem Wald hinaus führte. So schnell sich die Umgebung auch änderte - die viele Vegetation, Flora und Fauna, verwandelten sich bald in karge Felslandschaft. Je weiter sie schritten, desto mehr wurden Pflanzen durch Dreck und Steine ersetzt. Außerdem war es hier ausgesprochen windig. Matthew winkte dem Fuchs zu, als dieser mit einem Yip Yip wieder in den Wald verschwand, und weiter ging die Reise in der Mittagshitze...
 

Glücklicherweise machte die Route den Anschein, als gäbe es aktuell keine Hindernisse. Es waren keine Menschen unterwegs, es gab keine Wilderer, die irgendwo lauern konnten. Es war angenehm ruhig. James ging voraus, um der Gruppe den Weg zu zeigen. Doch Matthew hatte das Gefühl, dass dennoch irgendetwas nicht stimmte. Er fühlte sich beobachtet, konnte aber nicht herausfinden, wieso.
 

"Hier entlang. Dieser Weg ist sogar kürzer!" rief er, und sprang fröhlich voraus - nur um wenig später festzustellen, dass sie in einer Sackgasse angekommen waren.

"Geht hier wohl doch nicht lang." meinte Walther, und schüttelte den Kopf.

"Das ist merkwürdig. Früher konnte ich hier immer lang... seit wann ist der Weg blockiert?"

James wollte der Sache auf den Grund gehen. Und obwohl er für gewöhnlich vorsichtig war und sich ungern Gefahr aussetzte, kletterte er dieses Mal mutig den Hang hinauf - zumindest versuchte er es, scheiterte aber kläglich und rutschte wieder herunter. Matthew hingegen sprang an ihm vorbei und kletterte den Hang hinauf. Seine Schmerzen schienen langsam nachzulassen, weshalb ihn das Klettern wieder leichter fiel. Kurz darauf zog er James zu sich hoch.

"Da haben wir das Problem."

Matthew deutete auf die Felsmassen vor ihnen. Vor kurzem scheint es einen Erdrutsch gegeben zu haben - die Abkürzung ist verschüttet, und es sieht nicht danach aus, als würde es Arbeiter geben, die den Weg in Zukunft frei räumen.

"Sieht aus, als müssen wir den langen Weg gehen. Am Erdrutsch kommen wir nicht vorbei."

"Ich hoffe nur, da liegt niemand drunter..." James war besorgt. Als Sanitäter umso mehr, und es trieb ihn sogar dazu, näher ran zu gehen. "...Whoa!" - doch ein falscher Schritt sorgte dafür, dass er seinen Halt verlor und fast in die Tiefe stürzte - wäre Matthew nicht gewesen, der schnell genug reagierte und nach ihm griff.

"Ich verstehe, dass du dir Sorgen machst. Aber pass auf, wo du hin trittst..."

"Tut mir Leid!"

Obwohl Matthew nicht sehr angetan davon war, aktuell mit Walther zu reden, blieb ihm keine große Wahl. "Wir sehen uns das mal an. Kommst du mit?" rief er von dem Vorsprung herunter. Walther jedoch verschränkte die Arme.

"Ja, klar. Geht nur ohne mich weiter..."

"In Ordnung." Matthew nahm die Antwort für bare Münze, drehte sich schnell herum und ging voraus. Ohne einen zweiten Gedanken daran zu verschwenden, wie der Soldat seine Wortwahl gemeint haben könnte.

"Matthew, ich bin mir sicher, er war sarkastisch." lenkte sein animalischer Freund schließlich ein.

"War er das? Ich kann das bei ihm nie unterscheiden, ob es sich um Ernst oder Sarkasmus handelt... WHOA!" - und im selben Moment stand Walther direkt hinter ihm.

"Dir ist echt nicht mehr zu helfen..."

"Wie ist der hier rauf gekommen? Er ist alt!" wunderte sich Matthew und murmelte vor sich hin, kaum hörbar. Er war immernoch sauer. Und ein Teil von ihm hätte Walther wohl gerne unten stehen gelassen.

"Und er ist ein Soldat. Findest du nicht, das gehört mit zu seinem Training, egal wie alt er ist?" - und wieder hatte der Affe einen Punkt mehr. Matthew hingegen seufzte.

"Damit muss er nicht angeben... und allgemein wäre es einfach... angenehmer, wenn er nicht so schroff wäre..."

"Ich gebe zu, dass der Schlag in die Magengrube nicht gerechtfertigt war. Auf der anderen Seite schimpfe ich ebenfalls oft mit dir. Du hast ihn um Hilfe gebeten, und man kann sich seinen Partner nicht immer aussuchen - zumindest hat er markante Fähigkeiten. Oder wäre es dir lieber, wenn jemand mit seiner Kraft und Können prahlen würde, aber nichts dahinter steckt, wie zum Beispiel bei diesem Kyle?"

Matthew runzelte verärgert die Stirn. "Ja... irgendwo hast du ja Recht... Trotzdem, ist es so schwer... einfach mal netter zu sein?"

"Du bist auch nicht immer nett zu ihm. Und jedes Verhalten hat für gewöhnlich seinen Grund. Wir wissen nicht, warum er so ist, wie er ist, aber in der heutigen Welt muss man sich eben damit arrangieren, Matthew. Und im Grunde gilt: Aktion und Reaktion."
 

James war weiterhin damit beschäftigt, an der Erdrutsch Stelle nach Vermissten zu suchen. Er versuchte sogar, tiefer zu graben, kam damit aber nicht sehr weit.

"Aus reiner Logik her kann man schließen, dass hier niemand begraben liegt, Junge." Walther lenkte ein, und hielt den jungen Sanitäter davon ab, seine Kräfte zu verschwenden. "Wenn du sagst, dieser Weg ist eine Abkürzung, die kaum jemand nimmt, dann werden hier wohl nur wenige Leute entlang gehen."

"Woher willst du das schon wieder wissen?!" Matthew hegte große Zweifel, und da er immernoch angefressen war, war es ausgesprochen leicht, ihn zum explodieren zu bringen. "Hier könnten trotzdem Menschen begraben sein, egal wie unbekannt dieser Weg ist! Deine Logik interessiert niemanden!"

"Hast du's immernoch nicht begriffen, was passiert, wenn du Widerworte-"

"Bitte nicht schon wieder streiten!" - James war bewusst, dass die beiden wie Pulverfässer sind, und trotzdem wollte er den Frieden bewahren. "So geht das nicht... Wenn ihr euch ständig streitet, kommen wir nicht weiter..."

Er drehte sich zu Matthew. "Ja, Sir Walther ist schroff, das stimmt... Aber er sagt diese Dinge nicht, weil er herzlos ist..."

"James, Ruhe-"

Dann drehte er sich zu Walther um, und wenn auch zögerlich, und sehr respektvoll, sprach er ihn ebenfalls an. "U-und Matthew... denkt nunmal emotionaler über das Leben anderer... das heißt aber nicht... das ihr beide nicht Recht haben könntet..." Er nahm seine Mütze ab und hielt sie sich vor die Brust. "Aber das ist doch kein Grund, sich ständig zu zanken... Vielleicht liegen hier Menschen begraben, vielleicht aber auch nicht. Der Erdrutsch scheint frisch zu sein, und einen Erdrutsch hört man von der Stadt aus... Ich sehe keine Rettungs Teams... aber..."

"Schon gut, James." Zur Überraschung aller, ging Walther auf seine Worte ein. Er verstand, was der Sanitäter versuchte, zu sagen. Dann rief er seinen Diener herbei, und der Kater begann, an verschiedenen Stellen zu graben.

"Miau... ich spüre... ich spüre.." als der Diener seine Augen öffnete, sprang er hervor und stellte sich knurrend vor die Gruppe. "Da kommt jemand!"
 

...Mit langsamen Schritten kam eine Person auf sie zu. Der Umhang flatterte im Wind, die Klingen glänzten im Sonnenlicht - und doch bewegte er sich deutlich langsamer, angeschlagen und verletzt. Die Gruppe machte sich kampfbereit, als sich herausstellte, dass es sich um niemand anderes als Pierre Steward handelte, der sie verfolgt hatte.

"Das Spiel ist aus, Walther!" konfrontierte er den Soldaten und zog mit seiner rechten Hand die Klinge. Aufgrund seiner Verletzung, die er an der anderen Schulter hatte, fiel es ihm allerdings deutlich schwerer, das Schwert zu ziehen oder gar zu halten. Für gewöhnlich kämpfte er mit beiden Klingen. Doch bei jeder Bewegung klaffte die Wunde mehr.

"Wenn ich du wäre, würde ich in diesem Zustand nicht kämpfen." warnte ihn Walther, der bereits seinen Speer gezogen hatte. Sein Diener reagierte aggressiv und griff Pierre sofort an - doch zur Überraschung aller wich er dem Angriff aus!

"Er kann mich sehen??" wunderte sich der Kater. Für gewöhnlich war dies für normale Menschen nicht möglich.

"Pech gehabt, Mistvieh...!" Pierre holte zu einem Schlag aus, der Diener jedoch besaß ausgesprochen gute Reflexe, die im Kampf umso mehr glänzten, da sein Gegenüber angeschlagen war. Der Kater stieß ein hitziges Kampfgebrüll aus, Pierre beantwortete es mit einem eigenen Kampfschrei, als wäre er wie wild besessen.

"Deinen Affen hat er beim letzten Mal nicht gesehen, richtig?" fragte Walther ihn. Matthew nickte. "Wer kein Shapeshifter ist, sieht auch die Diener nicht. Und ich finde das arg merkwürdig...!"

"A-aber ich sehe sie doch auch..." stotterte James dazwischen. "Und ich bin nicht..."

"Hört auf, zu quatschen!" Obwohl es Walther gewaltig gegen den Strich ging, gegen Pierre in diesem Zustand anzutreten, unterstützte er seinen Diener im Kampf und griff ein.

"Zwei gegen einer ist nicht ehrenhaft, Walther..." warnte ihn Pierre, als er den Speer mit seinem Breitschwert parierte. Er versuchte, Pierre von seinem Diener abzulenken und selbst die Führung im Kampf zu übernehmen.

"Aus dem Hinterhalt anzugreifen ist genauso wenig ehrenhaft!" schlug Walther zurück und drängte Pierre damit fast den Hang hinunter. Als er fast über die Kante taumelte, hielt er mit seinem Schwert die Balance - und tauschte geschickt die Plätze mit seinem Gegner. "...Dann läuft es wohl wieder auf uns zwei hinaus..." grinste Pierre, als er seinen Gegenüber in die Ecke gedrängt hatte. Jetzt drohte Walther, zu fallen! Die beiden bewegten sich so knapp an der Klippe, dass vor allem James nicht hinsehen konnte. Die beiden Kontrahenten teilten weiterhin Hiebe und Schläge aus, der Kampf wurde immer intensiver, selbst als sie an der Kante der Klippe tänzelten. Matthew stand davor, mit einem flammenden Faustschlag einzugreifen - doch Walther warnte ihn davor, einzugreifen und wies ihn und seinen Diener dazu an, sich nicht einzumischen. Walther bestand auf ein Duell, eins gegen eins - der Diener des Eises jedoch beobachtete das Geschehen mit großem Bangen, und entschied sich letztlich dazu, Walther's Befehl zu ignorieren. Mit einem kräftigen Körperstoß, Kopf voran, griff er Pierre an und stieß sich mit ihm die Klippe hinab... Walther war zunächst irritiert, hockte sich dann aber nahe der Klippe und wagte einen Blick nach unten. Dort sah er das Geschehen...

Unter ihnen: ein reißender Fluss, der drohte, sie mitzunehmen. Von hier an ging es nur noch abwärts... Der Kater krallte sich ins Gestein, doch Pierre hatte ihn fest an den Hinterbeinen gepackt. Je mehr der Diener versuchte, hochzuklettern, desto mehr Geröll fiel hinab. Pierre ließ nicht locker, ob aus Angst, abzustürzen oder aus Rachsucht, den Diener mit sich zu reißen. Eines der Schwerter, welches er noch in der Hand hielt, fiel als erstes hinab... dennoch blieb er für den Diener eine schwere Last, die sich kaum abwerfen ließ. In letzter Hoffnung versuchte der Kater ihn abzuschütteln, indem er ihn mit krallenden Hinterläufen versuchte, zu treten! Anfänglich nur in den Bauchereich, doch sein Plan ging auf und er spürte, dass Pierre immer lockerer ließ - bis er ihn schließlich mit einen letzten Tritt in die Tiefe beförderte und dann in der Lage war, die Klippe hinauf zu klettern. Walther sah dem fallenden Pierre hinterher, mit gemischten Gefühlen. Es ging so tief hinunter, dass man weder das Platschen des Flusses hörte, noch sehen konnte, wo er aufschlug...
 

"Schreck, lass nach. Das war ganz schön knapp, Walther! ...Walther?" Der Diener stubste ihn mit der Pfote. "Bist du okay?"

Walther schüttelte den Kopf. "Fängst du jetzt auch noch an, meine Befehle zu ignorieren?! Ich habe dir gesagt, misch dich nicht ein!"

"Aber Walther, mau..." der Diener wich zurück, da ging Matthew dazwischen.

"Zumindest haben wir jetzt... Ruhe vor ihm...?" Matthew hatte zwar Schwierigkeiten, die richtigen Worte zu finden, wusste aber, dass er Walther zurückhalten musste. "Du empfindest doch nicht etwa Reue? ER hat UNS angegriffen... nicht umgekehrt!"

"...Halt einfach die Klappe." Walther sparte sich die Mühe, sich zu erklären, und wehrte ab. Er wusste, dieser Angriff würde bald Aufmerksamkeit erregen, weshalb es nun wichtiger war, weiter zu ziehen. "Die Stadt ist nicht mehr weit. Doch wenn du noch einmal meine Befehle ignorierst..."

"Ja, von hier nur noch ein Katzensprung!" bestätigte James aufgeregt. "Ähm... tut mir Leid."

"Mrrrrrrr..." Der Diener knurrte regelrecht traurig und zog sich in seinen Seelenstein zurück.

"Jetzt mal im Ernst, er rettet dir das Leben und du schreist ihn an? Ist dir Ehre zu einem Zweikampf wichtiger, als zu überleben??"

Walther ignorierte Matthew's Standpauke und ging einfach an ihm vorbei.

"Hey, ich rede mit dir!"

"L-lass gut sein, Matthew... Sonst streitet ihr euch nur wieder..."

Er seufzte tief. "Ich würde einfach nur... dieses Verhalten begreifen können. Das ist alles."

"Nun... wenn ich das so sagen darf... Als ich damals in der Einheit angefangen habe... da schienen Sir Walther und Sir Pierre noch Freunde zu sein." James erklärte vorsichtig und flüsterte fast, damit der Veteran es nicht mitbekam. Er war sowieso bereits ein Stück voraus gegangen.

"...Sie waren Freunde?"

"Zumindest haben sie sich generell gut vertragen, kamen miteinander aus und soweit ich mich erinnere, absolvierten sie auch gemeinsam Training und einige Missionen. ...Aber irgendetwas ist passiert." James runzelte die Stirn. "Ich weiß nur nicht, was... doch ich kann mir denken, dass auch Sir Walther's Soldatenstolz einen Anteil hat an seinem Verhalten."

"Er und Stolz...? Tch..."

"Das war aber nicht sehr nett, Matthew. Natürlich besitzt er..."
 

James unterbrach seine Erzählung, als Walther die beiden aus der Ferne anstarrte und wortlos dazu aufforderte, sich endlich zu beeilen. James schluckte und hoffte nur, dass er sie nicht gehört hatte.
 

"...Hattest du vorhin nicht erwähnt, dass du unsere Diener ebenfalls sehen kannst?" Fragen über Fragen. Matthew konnte sich einfach keinen Reim darauf bilden, wie Pierre in der Lage war, den Diener des Eises zu sehen.

"Ja."

"Und warum sagst du uns das nicht früher?"

"Ich war zu der Zeit noch im Wald, und wusste überhaupt nichts!" James' Stimme erhöhte sich aus Nervosität. "Ich war dabei, euch zu suchen... doch dann fand mich Lady Jillian, und..."

"Und seitdem kannst du sie sehen?"

James war sich unsicher und gestikulierte mit seinen Händen. "Ich kann mich nicht erinnern, dass im Wald irgendetwas Besonderes passiert ist, das Einfluss darauf hatte, ob ich sie sehen kann oder nicht..."

Matthew klopfte schließlich an seinen Seelenstein. "Was sagst du dazu, Äffchen?"

"Ach, wird man hier auch mal gefragt?" Der Affe sprach dieses mal deutlich durch das Juwel, sodass es für alle drei hörbar war. "Sehr schön."

"Ist Eure Hoheit von Affigkeit nun beleidigt, weil ich nicht mit Euch geredet habe? Asche über mein Haupt..." Matthew und sein Diener schienen sich sarkastisch zu necken.

"Euch sei vergeben. Schon in Ordnung." antwortete der Diener gelassen. "Zu deiner Frage... Ich kann es mir ehrlich gesagt auch nicht so ganz erklären. Ich könnte mir allerdings durchaus vorstellen, dass es sich um eine 'Ausnahmen bestätigen die Regeln' Situation handelt. Das heißt so viel wie... auch wenn generell nur potenzielle Shapeshifter uns sehen und erkennen können, gibt es sicher auch Menschen, die dies können, ohne das Potenzial zum Shapeshifter zu haben."

"Und du meinst, dieser Pierre besitzt so etwas?"

"Er besitzt ein ausgesprochen hohes Kampfgeschick und Fähigkeiten, aber daran kann man den Grund, weshalb er uns wahrnehmen kann, nicht festlegen. Ich nehme an, dass es etwas Anderes sein könnte, aber bitte verlange keine sofortigen Antworten von mir. Ich muss dies selbst noch beobachten und analysieren. Vielleicht komme ich dann auf eine Antwort."

"Alles klar. Dann danke ich dir für einen... Input."
 

Von ihrer jetzigen Position aus, war es nicht mehr weit bis zur Stadt. James konnte aus der Ferne einige Wachtürme wahrnehmen. Aufgeregt rannte er voraus, und wurde sobald von zwei männlichen Wachen begrüßt, die den Eingang zur Stadt bewachten.

"Na, wenn das nicht der kleine James ist!"

"Hallo! Ähm... freut mich, euch wieder zu sehen." James reagierte erfreut, aber schüchtern.

"Haben dich ja lange nicht mehr gesehen. Das gibt bestimmt eine große Überraschung."

"Ja, b-bestimmt..."

Eine der Wachen richtete seinen Blick auf Walther und Matthew.

"Freunde von dir?"

James nickte eifrig. "Ja!" Dann drehte er sich zu ihnen. "Gehen wir! Um diese Zeit sind meine Eltern sicher daheim."
 

Tenguuna schien eine ruhige, kleiine Stadt. Obwohl sie von Felsmassiv umgeben ist, befand sich innerhalb der Mauern eine rege Vegetation. Alles wirkte freundlich und lebendig. In alle Himmelsrichtungen verteilt befanden sich Wachtürme, aus Hartholz gebaut. Wachen waren hier rege stationiert. Sie garantierten die Ruhe in der Stadt. Viele Häuser waren eher klein, doch das größte Gebäude dieser Gegend war ein Amt, von Wachen und Polizei besetzt.
 

"Kommt mir so vor, als gäbe es hier mehr Wachen als in Lungrais... und Lungrais ist um einiges größer..." Matthew gab verwunderte Anmerkungen von sich.

"So war es hier schon immer. Aber wenigstens konnte man sich darauf verlassen, dass es hier immer sicher war. Kein Dieb traute sich je hier rein." James rannte zu einem Haus, das ein wenig größer war als die anderen Häuser, und dennoch schien es unscheinbar. Ein kleiner Garten in der Nähe, umringt von einem Zaun...

"Und dies... ist mein Zuhause!"

"Gemütlich." sagte Walther trocken, während James die Tür aufschloss. Doch schon beim ersten Schließen runzelte der mit der Stirn, und trat schließlich mit seinen Freunden ein.
 

Von innen wirkte das Haus nur umso freundlicher. Es war angenehm warm, als hätte jemand vor kurzem eine Feuerstelle angeheizt. James sah sich um. Alles war sauber und schien unberührt, daher ging er in die Küche, um zu prüfen, ob dort jemand ist... doch die Küche war ebenfalls leer.

"Oh..."

"Sind wohl doch noch nicht zu Hause, hm?" Matthew lächelte sanft über diese Ironie. James ging an ihm vorbei, war aber weiterhin aufgeregt. "Vielleicht ist Papa oben." sagte er, und rannte die Treppe hoch. Er ging auf ein Zimmer zu und versuchte, die Tür zu öffnen - diese war aber ebenfalls abgeschlossen.

"...Dad?" ...James rief, aber keine Antwort kam zurück. Dies machte ihn schon irgendwie traurig.

"Scheint wohl wirklich niemand zu Hause." Walther hatte das Treppensteigen bereits satt, und trottete ein wenig erschöpft hinterher. Als er die letzte Stufe erreichte, bemerkte er in seinem Augenwinkel einen Schatten, der sich langsam näherte. James war noch immer damit beschäftigt, seinen Papa zu finden und klopfte noch einige Male an die Tür - bekam aber weiterhin keine Antwort. Der fremde Schatten hingegen kam näher... und mit einem geschickten Manöver, griff er sich James von hinten und nahm ihn regelrecht in den Schwitzkasten.
 

"Nanu, wen haben wir denn hier?" die Person flüsterte fast, und beugte ihren Kopf nahe zu James. Kurz darauf entfernte sie seine Kappe, und während James sich zu befreien versuchte, bekam er einen süßen Schmatzer auf die Stirn gedrückt, und fiel direkt in die Schockstarre. Unglaubwürdig sah er der Person in die Augen, die ihn sanft anlächelte.

"M-Mom...?" schließlich war er doch in der Lage, etwas zu sagen, und der schockierte Blick änderte sich sobald. James fiel der schwarzhaarigen Frau in die Arme und drückte sie lieblich. Ihm kamen sogar fast die Tränen dabei.

"Wir haben uns lange nicht gesehen, mein Kind..." sagte sie mit warmer Stimme. "Was denkst du dir nur dabei, ewig nichts von dir hören zu lassen?"

"Ewig?" James lockerte die Umarmung, und sah seine Mutter mit einem schiefen blick an. "Aber ich schicke doch Briefe..."

"Das ist ebenfalls schon eine Weile her." sagte sie mit verschränkten Armen. Dann sah sie zuerst Matthew, danach Walther an. "Deine Freunde, hm?" lächelte sie.

"Ja, verzeih! Dies ist Sir Walther, ich habe dir bereits von ihm erzählt. Ein sehr talentierter Veteran, die Nummer Eins!"

Walther seufzte ein wenig, blieb aber höflich. "Erfreut."

"Und das ist Matthew! Ich habe ihn erst vor kurzem kennengelernt... aber er hat mir schon sehr viel geholfen, in dieser kurzen Zeit!"

Matthew lächelte und winkte James' Mutter fröhlich mit der Hand zu. "Nett, Sie kennen zu lernen!"
 

Die Mutter behielt ihr verschmitztes Lächeln auf den Lippen, und die Arme blieben verschränkt, als sie sagte. "Mein Name ist Beatrice. Ihr müsst müde sein von der Reise, bitte folgt mir." Sie ging voraus und leitete die drei ins Esszimmer zurück. "Hätte mein Sohn euer Kommen angekündigt, gäbe es nun etwas zu Essen..."

"Aber Mama..."

"Ich hoffe, er hat euch keinen Ärger bereitet? Es ist ungewöhnlich, meinen kleinen James spontan handeln zu sehen." sie behielt ihr lächeln, während sie redete.

"Hielt sich in Grenzen." sagte Walther auf ihre Frage über den Ärger. Matthew hatte eine genauere Meinung und ergänzte. "Er war uns sogar sehr hilfreich!"

"Tut mir Leid, dass ich nicht sagen konnte, dass wir herkommen... Ich mache es wieder gut..." James klang mit seiner 'Reue' schon fast niedlich. Seine Mutter ging auf ihn zu und strich ihm durchs Haar. "Ist schon in Ordnung, Schatz."

Aber eine Frage brannte ihm dennoch auf der Seele... "Sag mal, wo ist denn Papa?"
 

Bei Beatrice veränderte sich ihre Mimik merklich. Leichte Sorge schien ihr ins Gesicht geschrieben. "Er ist noch auf Arbeit. In letzter Zeit gab es mehr zutun. Und eigentlich drängt auch für mich die Zeit, da ich ihm bei seiner Arbeit unterstützen muss."

"Können wir etwas tun?" Matthew bot seine Hilfe an, ohne zwei mal zu überlegen. Beatrice jedoch zögerte. "Das ist wirklich lieb von euch gemeint, aber es ist und bleibt Polizeisache. Daher kann ich euch mit dieser Aufgabe nicht belasten. Auch, wenn ihr es gut meint."

"Wo liegt denn das Problem, Mama?"

Obwohl die Mutter weiterhin zögerte, ins Detail zu gehen, wurde sie immer weicher, je länger ihr Sohn sie fragend ansah. Schließlich ließ sie sich breitschlagen, blieb aber mit den Details doch bedeckt. "Es ist hier in letzter Zeit sehr unruhig geworden und wir haben mit Dieben zu kämpfen. Wir dachten, der Erdrutsch, der vor einigen Tagen hier passiert ist, würde abschreckend wirken... doch leider haben wir uns geirrt."

"Diebe, hier?" James war das überhaupt nicht gewohnt. Seine Heimat war immer sicher, das wusste er genau. Zu hören, dass sich hier nun Diebe herumtreiben würden, machte ihn irgendwie wütend. Und es war nicht einfach, ihn wütend zu machen.

"Versprich mir, dass du dich aus der Sache raus hältst, mein Sohn. Es ist gefährlich genug."

"...Hör auf deine Mutti." Walther war dabei, sich eine Zigarette anzuzünden, Beatrice jedoch reagierte unglaublich reflexartig und nahm ihm den Glimmstängel weg.

"Nicht hier drinnen, Herr Veteran." warnte sie ihn.

"...Dann geh ich eben raus." - und mit diesen Worten verließ Walther das Haus.

Diebe der Nacht

Walther vertrieb sich eine Weile allein die Zeit.

Er sah sich aufmerksam in der kleinen Stadt um und achtete auf jedes Detail, das verdächtig schien. Zur aktuellen Tageszeit jedoch schien alles normal. Mit einem Seufzer stieß er eine Rauchwolke seiner Zigarette aus, und setzte sich auf die nächstgelegene Bordsteinkante, abseits der lebhaften Häuser. Nur eine kleine Verschnaufpause für den alten Mann - er schloss seine Augen und dachte über so einiges nach, was irgendwann dazu führte, dass alte Erinnerungen in ihn aufstiegen, und er bald von seinem Sitzplatz aufschreckte.

"Alles in Ordnung, Walther?" - unsicher sprach die Stimme in seinem Kopf. Sie stammte von niemand anderes als seinem Diener. Der alte Walther jedoch reagierte nicht auf diese Frage.
 

Währenddessen vertrieben sich auch Matthew und James die Zeit. James lud ihn in sein Zimmer ein, und Matthew machte es sich prompt auf dem Bett bequem.

"Ich bin gleich wieder da. Warte hier!" mit diesen Worten verschwand James aus dem Zimmer. Man hörte nur noch, wie er die Treppen hinunter eilte. Matthew grinste. Irgendwie war es ja schon niedlich, wie er reagierte. Er sah sich im Zimmer um, während er auf dem Bett liegen blieb. Das Zimmer war typisch für Jungs eingerichtet - Sammelkarten, Sticker, in der Ecke lag sogar ein Fußball. An den Wänden hingen sogar einige Poster, und ein Regal war bestückt mit Büchern über Ärzte und Sanitäterwissen, aber auch Krimis und Polizeigeschichten fanden sich dort wieder.

"Er kann sich glücklich schätzen." sagte Matthew zu sich selbst. Selbstverständlich hatte er einen heimlichen Zuhörer, der auch sobald durch seinen Seelenstein sprach.

"Du klingst leicht verbittert, Matthew."

"Nicht doch." Matthew schüttelte den Kopf. "Ich kann nur von mir sprechen, ich hatte damals nicht so viele Freiheiten. Immerhin standen wir ständig unter Schutz und Aufsicht. Wir haben alle ein großes Zimmer geteilt, da blieb nicht viel Zeit für... eigene Hobbies. Aber das weißt du ja, oder?"

"Ich erinnere mich daran, als wärst du erst heute erwachsen geworden, mein Freund."

"Ja... Bei uns gab es damals keine Sammelkarten. Keine Poster... Wir hatten zwar Spielzeug, aber irgendwie war es trotzdem nicht das selbe. Vor allem... wenn mein Bruder nicht da war." Matthew schloss seine Augen, und seufzte. "...Die anderen Kinder haben mich gemieden wie die Pest. Während einigen von ihnen mein Affenschwanz nicht geheuer war, machten sich andere darüber lustig. Und auch wenn unser persönlicher Aufpasser sehr darum bemüht war, den Frieden zu bewahren, ich habe oft bemerkt, wie überfordert er war."

"Sehr aufmerksam von dir." lachte der Affe.

"Neckst du mich schon wieder? Komm schon..." Noch bevor Matthew weiter erzählen konnte, betrat James aufgeregt das Zimmer.
 

"Ich muss etwas erledigen... ich kann leider nicht sagen, wie lange das dauert, aber..."

"Du verhältst dich merkwürdig. Hast du Geheimnisse vor mir?" Matthew neckte ihn vorsichtig.

"Was? Oh, nein. Ich wollte Papa besuchen, aber da er noch im Büro ist, ähm... habe ich mich angemeldet. Ich geh dann gleich los."

"Darf ich denn nicht mitkommen?" Matthew war verwirrt.

"Doch, natürlich! Aber ich möchte, dass jemand auf Sir Walther wartet, wenn er zurück kommt... und ihr könnt dann nachkommen. Das Büro ist unschwer zu übersehen, ihr werdet es finden! Ist das okay?"

Matthew kratzte sich an die Wange, und lachte dann. "Na gut. Ganz wie du meinst."

"Danke! Ich geh dann jetzt!" und hinaus verschwand er, aus seinem Zimmer. Matthew war verdutzt, und doch verstand er das Verhalten. "Er ist glücklich, hm? Sehr sogar."

"Genau das glaube ich auch. Definitiv."

"Ja... Muss sich schön anfühlen, nach Hause zu kommen. Nach Hause... wo die Eltern warten..."

"Matthew..."
 

...

Währenddessen hatte Walther seinen Rundgang in der Stadt fast beendet. Still beobachtete und analysierte er die Situation. Als er in die Nähe des Stadtausgangs kam, aus der man regulär in die Stadt gelangt, bemerkte er ein reges Treiben. Mehrere Arbeiter liefen die Route auf und ab. Der Veteran hielt sich zurück, direkt zu fragen, doch eine der Wachen sprach bereits, als Walther in seine Nähe kam.

"Es hat in den letzten Nächten mehrere Erdrutsche gegeben." erklärte die Wache. "Die Arbeiter schuften Tag und Nacht, um den Weg wieder freizulegen. Doch es ist eine anstrengende, körperliche Tätigkeit..."

//Noch mehr Erdrutsche...?// Walther's Augenbrauen erhoben sich. "Kommt das öfter vor?" fragte er schließlich.

"Einerseits gab es schon ruhigere Zeiten." erklärte die Wache. "Andererseits hingegen... Tenguuna ist von einem Canyon umgeben. Dass hier Erdrutsche passieren, sollte theoretisch an der Tagesordnung gehören, doch ich vermute, wir haben aktuell nur Pech."

"Verstehe." Walther zeigte sich wenig beeindruckt, und entschloss sich dazu, zum Haus von James' Eltern zurückzukehren.
 

Dort angekommen, fand er vorerst niemanden vor, und alles war ruhig.

"Sind wohl ohne mich abgehauen." sagte der Veteran leicht ironisch. Der Diener jedoch hielt ein.

"Ich nehme ein leichtes Schnarchen aus dem ersten Stockwerk wahr, Walther."

"...Ein Schnarchen?" Walther seufzte, entschied sich jedoch, nachzusehen. Und schon bald konnte er die Geräuschquelle mit eigenen Ohren hören, und ausfindig machen. Er betrat das Zimmer von James, und sah sich langsam um - erspähte dann das Bett, und die darauf schlafende Person. Matthew war weggetreten und schnarchte vor sich hin.

"Matthew!" - Walther schrief mit scharfer Stimme, und sorgte dafür, dass der Junge prompt aufwachte und auf der Matratze saß.

"...Ich ruhe nur meine Augen aus. Was soll denn das Geschrei? Oh."

"Was ist hier eigentlich los? Niemand im Haus und du pennst in fremden Betten."

Matthew hob den Finger, als er kurz davor stand, sich zu erklären. Doch ihm entwich vorerst nur ein Gähnen. "Also... James is weg und ich sollte auf dich warten."

"James ist weg?"

"Er hat gesagt, er geht zu seinem Papa... und ich soll auf dich warten, damit wir hinterher kommen." er sprang vom Bett auf, streckte sich und kratzte sich am Po. "Bin dann soweit. Kommst du?" Er lief an Walther vorbei, aus dem Zimmer und die Treppe hinunter. Walther folgte ihm nur widerwillig. Er hielt es für einen leicht beknackten Plan.
 

"Es war James' Idee. Also beschwere dich nicht."

"Und wo liegt dieses Polizei Präsidium, Herr Schlaumeier?"

"James sagte, man kann es nicht verfehlen."

"Mau, ich weiß, wo es ist." sprach der Kater aus dem Seelenstein.

"Du hältst die Schnute." ermahnte ihn Walther. Er und Matthew verließen das Haus und machten sich auf den Weg. So langsam brach der Nachmittag an, und die knallende Sonne sorgte für ordentliche Hitze.
 

Die beiden kamen an einigen Arbeitern vorbei, die inmitten der Stadt Rast machten. Matthew beobachtete sie für einige Sekunden und fragte sich, was los ist. Das Gedränge wurde immer dichter, und mehr Helfer tauchten auf.

"Hey, Walther. Wir sollten uns das ansehen..."

"Es geht uns nichts an." erwiderte er und lief einfach weiter. "Misch dich nicht in die Angelegenheiten anderer."

"Es könnte aber wichtig sein..."

Walther blieb stehen und drehte sich herum, ging dann einige Schritte auf Matthew zu - nur, um ihn am Kragen zu packen und vom Fleck zu ziehen.

"Misch-dich-nicht-ein!" Wie so oft, zeigte er seine kühle Seite. "Diskussion Ende!"
 

Matthew gefiel die Behandlung nicht, doch folgte ihm, auch wenn er angesäuert war.

"Wir hätten sie auch nach dem Weg fragen können, weißt du..."

"Wozu? Du warst vorhin überzeugt, dass wir es auch ohne Hilfe finden würden..."

"Du weißt schon, dass du gerade echt fies bist? ...Hey, Walther! Ich rede mit dir!"

"Ihr verhaltet euch manchmal wie ein altes Ehepaar." merkte der Affe an, und kicherte sogar.

"Ruhe auf den billigen Plätzen!" schrie Matthew zurück. Walther sah ihn an, als hätte er genau gehört, was der Affe sprach.

"Du hast das jetzt nicht gehört, nein?" fragte Matthew zur Sicherheit nach. Walther ging dann einfach voraus... Er wusste, wo sie lang mussten, da er das Gebäude bei seinem Spaziergang bereits erhascht hatte. Sie erreichten es in wenigen Minuten und traten ein.
 

Im Büro war es angenehm kühl. Die steinernen Mauern, aus denen das Gebäude gefertigt war, wirkten jedoch leicht befremdlich. Die Wände waren nur wenig dekoriert, einige Fotos, Ausschnitte von Zeitungsreporten und sogar Urkunden hingen dort. Nicht weit von ihnen entfernt, vielleicht einige Meter stand ein Tisch mit mehreren Geräten drauf. Walther und Matthew konnten aus der Ferne beobachten... wie James freudig am Tisch stand und auf und ab sprang.

"Er ist immernoch echt happy, was?" merkte Matthew an. Schon bald jedoch unterbrach ihn eine Stimme. Und hinter den Geräten stand ein rothaariger, groß gebauter Mann auf, der hinter den Geräten nicht zu sehen war. Die Zigarette im Mund, setzte er ein selbstbewusstes Lächeln auf und hieß die beiden willkommen.

"Und ihr seid dann wohl Walther und Matthew, nehme ich an?" sprach er, als die beiden näher kamen, streckte dann die Hand aus und stellte sich vor. "Ich bin Officer Cromwell, sehr erfreut."

"E-ebenso..." Matthew erstarrte ein wenig. Er konnte irgendwie kaum glauben, dass dieser Mann mit James blutsverwand war - der Officer wirkte durchtrainiert und solide. James hingegen... eher zart.

"Mein Sohn hat mir bereits viel von euch berichtet. Ich danke euch aufrichtig dafür, dass ihr euch um ihn kümmert. Er macht doch hoffentlich keine Umstände?"

James wollte regelrecht im Boden versinken. Hatte seine Mutter nicht die selbe Frage gestellt?

"Papa... bitte..." raunzte er eher leise - und wurde prompt durchs Haar gewuschelt.

"Nein, er macht uns keine Umstände. Eigentlich war er sogar richtig mutig, da er uns den ganzen Weg von Lungrais, in den Wald gefolgt ist, nur um uns zu finden..." erzählte Matthew spontan - und kassierte dafür fast einen Tritt auf die Füße. Officer Cromwell lachte hingegen. "Ja... mein Junge hat viel Mumm, wenn es drauf ankommt." und zeigte offen seinen Stolz.

Nur wenige Sekunden später ertönte ein Piepton, und sein Vater drehte sich zum Bildschirm des Gerätes, von dem es kam.

"Öhm... was ist das für ein Ding?" fragte Matthew verwirrt. Der Officer sah ihn daraufhin verblüfft an. Wusste er wirklich nicht, was das hier für ein Gerät ist?

"Lebt dein Freund ein wenig... hinterm Mond, James?"

"Ähm... nein?" James war sich nicht sicher. "Aber, das ist ein Computer, Matthew! Papa benutzt ihn für die Arbeit, zum Kommunizieren... und für vieles mehr..." erklärte er ihm.

"Computer? Aha... Nein, so ein Ding habe ich noch nie gesehen, tut mir Leid."

"Von woher kommst du, Matthew?" fragte er, und lächelte dabei aber. Vermutlich, damit ihm die Zigarette nicht aus dem Mund fiel.

"Von... weit her. Ähm... Es ist kompliziert."
 

Der Polizist bemerkte, dass Matthew nicht weit ausholte, und schüttelte den Kopf, verständnisvoll.

"Mach dir nichts draus. Diese Art von Technologie ist nicht überall verbreitet. Es ist in Ordnung, wenn du noch nie zuvor einen Computer gesehen oder bedient hast." dann drehte er sich zu seinem Sohn. "Hör zu, James. Ich habe gerade eine E-Mail von einem Freund erhalten. Die Lage ist, wie folgt... Durch die Erdrutsche in der letzten Zeit, sind die meisten Wege in und aus unserer Stadt verschüttet."

"Verschüttet?" rief Matthew dazwischen. Walther trat ihm nun wirklich auf die Füße - autsch!

"Wenn der Kuchen redet, haben die Krümel nix zu melden."

Officer Cromwell nahm es gelassen, und führte fort.

"Durch die Verschüttungen der Wege, werden in der Stadt die Ressourcen knapp. Gerade eben jedoch ist eine Lieferung eingetroffen, und ich möchte, dass du sie abholst. Denn ich muss hier die Stellung halten." Er legte dann seine Hände auf die Schultern seines Sohnes. "Ich verlasse mich auf dich, mein Sohn."

James strahlte regelrecht, und nickte stark, als sein Vater ihm diese Aufgabe überließ. "Ich werde dich nicht enttäuschen, Papa!"

"Wunderbar. Du wirst ihn sofort erkennen. Gib ihm dies..." er händigte seinem Sohn einen Zettel aus. "Und sag ihm, dass Lucas Cromwell dich schickt. Er wird es dann verstehen."

"Bin schon weg!" James war Feuer und Flamme und verließ das Büro geschwind. Sein Vater sah ihm mit einem Lächeln hinterher, bis die Eingangstür sich wieder schloss. Dann setzte er sich.
 

"Im Namen von meiner Frau und mir, möchte ich nochmals größten Dank ausdrücken, dass ihr euch um ihn gekümmert habt. Er ist jung, kann aber hart arbeiten. Und dennoch verhindert es nicht, dass man sich als Elternteil Sorgen macht."

"Ja, verständlich, denke ich..." sagte Matthew, während er sich am Kopf kratzte.

"Wenn ich etwas für euch tun kann, dann sagt dies bitte. Es wäre das Mindeste."

Bald trat auch die Mutter hervor, die sich in einem anderen Büro befand, und kam der Gruppe entgegen.

"Wir stehen wirklich in eurer Schuld." sagte sie.

Walther schüttelte leicht den Kopf. "Das ist zu viel Dank."

Matthew jedoch, der Lucas Cromwell bei der Arbeit beobachtet hat, wurde neugieriger.

"Also, was genau nochmal konnte man mit diesem Ding...?"

Lucas schmunzelte, erklärte es ihm aber nochmals gern. "Ohne dieses Ding könnte ich jedenfalls nicht so effektiv arbeiten. Der Computer hält meine Daten bereit, er dient zur Kommunikation, und hilft mir auch beim Fahnden von Menschen. Näheres jedoch ist Polizei-Geheimnis..."

"Man kann damit Menschen... fahnden?"

"Unter gewissen Umständen..."
 

Als Lucas sich weiter erläutern wollte, stürmte ein kleines Team an Männern ins Büro. Sie schienen ein wenig panisch, und trugen eine verletzte Person bei sich. Bedeckt mit Tüchern und Laken, konnte man die Person nicht erkennen, doch sie sah schwer verwundet aus.

"Officer Cromwell, wir haben ein Problem. Wir haben diesen Mann bewusstlos am Flussbett gefunden, er braucht dringend Wundversorgung..."

Lucas stand auf und sah den Ernst der Lage. Er nickte und sagte.

"Bringt ihn auf die Station. Die Vorräte sind knapp, aber mit etwas Glück kriegen wir ihn wieder auf die Beine. Los!"

Das Team eilte zu einem separaten Bereich, die Tür schloss sich hinter ihnen. Auch Lucas begleitete sie.

"...So geht das schon Tag ein, Tag aus..." seufzte hingegen Beatrice. "Wir haben hier leider kein Krankenhaus, wir haben nur kleinere Quarantäne Bereiche und Ärztestationen. Aber wie mein Mann schon sagte, die Vorräte werden immer knapper. Und leider... schaffen es viele Menschen nicht."
 

Als sie von der Lage erzählte, verfiel die Gruppe für einige Zeit ins Schweigen...

"Wir haben viele Verletzte durch die Erdrutsche, aber auch durch die Diebe, die hier mehr und mehr einfallen. Und leider... muss ich gestehen, dass auch wir aktuell sehr unterbesetzt sind." mit diesen Worten ging sie umher und begann, die Stationen zu kontrollieren.

"He, ähm..." Matthew unterbrach die Stille. Walther starrte kühl zurück.

"Ich weiß, was du jetzt sagen willst. Wir sollen mit anpacken. Du mischst dich also schon wieder ein..."

"Ja, n-nein, so meinte ich das nicht! Aber... uns sind doch irgendwo auch die Hände gebunden, oder?" Matthew setzte sich auf einen der Stühle und schlug die Beine übereinander. "Durch die Erdrutsche kommen wir hier nur schwer weg. Es käme also jedem zugute, wenn wir mit anpacken würden... und... der Verletzte von eben..."

"Ja, ich ahne schon, wer unter diesen Tüchern lag."

"Er wird nicht gerade happy sein, wenn er aufwacht und uns sieht. Auf der anderen Seite..." Matthew kratzte sich am Kinn.

"Es gibt keine andere Seite. Aber mit einer Sache hast du zumindest einen Punkt... und das sind die Erdrutsche." Walther gab dies zu. "Wir sitzen also unfreiwillig fest. Es sei denn, wir gehen die selbe Route zurück, die wir gekommen waren. Dies ist aber auch nicht ganz ungefährlich..."

"Meinst du, wir werden weiterhin...?"

"Ich schließe zumindest nicht aus." Walther wusste, worauf Matthew hinaus wollte. Doch plötzlich ließ er seinen Kopf hängen. "...Was ist denn jetzt schon wieder?"

"...Als James' Vater erzählt hat, dass man mit dem Ding hier... Menschen finden kann, dachte ich, er könnte mir bei der Suche meines Bruders helfen." Matthew schien traurig, und so klang auch seine Stimme. Nur langsam sah er wieder auf, schaute zum Computer, und dann zu der Tür, hinter der Lucas verschwunden war, um dem Patienten zu helfen. "Für einen Moment hatte ich Hoffnung... doch jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher."
 

Noch bevor Matthew weiter erzählen konnte, öffnete sich die Tür des Polizei-Amtes. Dick beladen, traten zwei Personen ein - einer davon war James, das Gesicht des anderen wurde durch die Kisten, die er trug, verdeckt.

"Tut mir Leid, dass ihr warten musstet!" rief James, und ging auf die beiden zu. "Wir haben alles dabei."

"Dein Vater ist vorhin mit einem Patienten...-" doch erneut wurde Matthew unterbrochen, da Lucas geschwind aus dem Zimmer kam.

"Dein Timing ist perfekt. Wir brauchen deine helfenden Hände, mein Sohn." Er nahm ihm die Ladung ab, und ging voraus. Matthew jedoch hielt James kurz auf.

"Warte mal nen Moment... Wir glauben, dass der Verletzte, der vorhin eingeliefert wurde... Pierre ist."

In James' Augen war sofortige Angst zu erkennen, als der Name fiel. Er zögerte sichtlich.

"Wir wollen dich nicht davon abhalten, ihm zu helfen... falls er es ist. Aber es kann gut sein, dass er uns die Sache von vorhin immernoch übel nimmt." Matthew flüsterte. Immerhin war der andere Mann noch im Raum und hörte zu, auch wenn er bepackt war. "Sei einfach vorsichtig."
 

"James, beeil dich bitte!" rief es aus dem Zimmer. Lucas forderte seinen Sohn nun strenger auf, und James nahm die Beine in die Hand.

"...Da geht er."

"Können wir jetzt auch nicht ändern." Walther schien es mittlerweile gleichgültig zu sein. "Und was ist mit dir, Lieferjunge?"

"Ich bin kein Lieferjunge! Ich heiße George!" der junge Mann stellte nun endlich die Ladung ab. Zum Vorschein kam ein eher... ungewöhnliches Gesicht. Violettes Haar, von einem Kopftuch bedeckt. Leichte, helle Kleidung... und gar einen Säbel am Rücken! Matthew bemerkte sogar noch ein weiteres Detail, das ihn aufmerksam werden ließ.

"Also gut... Seemann. Du kannst jetzt gehen." Walther blieb distanziert und schickte den Knaben so schnell wie möglich weg. Dann nahm er die Ladung und brachte sie schweigend in die Quarantäne Station.

"...Du bist ein Seemann?" fragte Matthew neugierig. George jedoch hatte ihm bereits den Rücken zugedreht und war auf dem Weg nach draußen.

"Bin ich. Und ich besitze ein riesiges Schiff!" George grinste regelrecht frech. "Für heute jedoch bin ich nur eine Begleitung für..."

"Für die Lieferung."

"Für die Lieferung, genau. Aber... vielleicht lade ich dich eines Tages auf eine Fahrt ein, wie wärs?" George zwinkerte ihm zu, und Matthew wusste auf einmal nicht mehr, ob er ihm die Sache mit dem Schiff abkaufen kann. Der junge Mann wirkte... als hätte er eine ziemlich lose Zunge, und Prahlen schien zu seinen besten Eigenschaften zu zählen.

"Ich muss jetzt aber los. Wir sehen uns, vielleicht." Und mit diesen Worten war er schon verschwunden.

"...Verdammt." Matthew runzelte die Stirn. Das verlief nicht so, wie geplant.

"Was hast du, Matthew?" die Affenstimme ertönte. Er hatte alles beobachtet, so gut wie es aus dem Seelenstein heraus ging.

"...Vergiss es, ist nicht so wichtig."
 

Nach einiger Zeit kam auch Walther zurück. Er zeigte sich wenig beeindruckt, als er Matthew allein vorfand.

"Und hier dachte ich, du haust zwischendurch ab, um den Arbeitern zu helfen..."

"...Ouh, verflixt." Genau das hatte Matthew eigentlich vor. Doch der Tratsch mit George lenkte ihn ab. Als dann auch noch James aus dem Zimmer geflitzt kam und von einem Zimmer zum nächsten rannte, ahnte der Veteran, dass es hier länger dauern würde.

"Wir treffen uns später wieder hier, James." sagte er ihm, als er ein weiteres mal vorbei rannte.

"Ist gut!" antwortete der Sanitäter, ohne Walther anzusehen. Er schien wirklich sehr beschäftigt und vor allem, eifrig.

"Wie jetzt... du meinst, wir...?" Matthew legte den Kopf schief, doch Walther lief bereits los und verließ das Polizei-Amt. Matthew trottete hinterher, war jedoch schon verdutzt. "Wie kommt's denn mit der Meinungsänderung?"

"Geht dich nichts an."
 

Da der Weg zum Ort, wo einer der Erdrutsche geschehen ist, noch weiter entfernt war, begann Matthew unterwegs, zu grübeln. Die Arbeiter werden sicherlich erschöpft sein. Und zu allem Überfluss wurde es langsam auch dunkel.

"Wir übernehmen also die Nachtschicht, ja?"

Walther beantwortete die Frage mit einem strengen Blick.

"Ich... werte das als ein Ja..."

"Es wird nicht einfach, die Felsmassen zu bewegen." erklärte der affige Freund. "Und das Risiko auf neue Einschläge ist ebenfalls nicht gering."

"Was schlägst du vor?"

"Miau, wir sollten den Diener der Erde fragen." antwortete das Kätzchen spontan. Walther klopfte an seinen Seelenstein.

"Halt die Schnute."

"Aber Walther, das ist die einfachste Lösung." der Kater gab Widerworte.

"Und wo finden wir diesen Diener?" Matthew war neugierig geworden. Viele Diener hatte er auf seine Reise noch nicht gesehen. Er wusste eigentlich ziemlich wenig.

"Wir sind ihm bereits begegnet, schon vergessen? Wenn er nicht zu beschäftigt ist, könnten wir versuchen, ihn zu rufen."

"Das könnt ihr??" Matthew war erstaunt.

"Miau, können wir. Wenn wir zu den Dienern Bindung aufgebaut haben, reagieren sie viel eher auf unsere Anfragen nach Hilfe."

"Ich bin wirklich beeindruckt. Das wusste ich gar nicht. Äffchen, wieso hast du mir noch nicht davon erzählt?"

"...Könnt ihr jetzt mal aufhören, zu quatschen? Mir platzt der Schädel!"
 

Für einen Moment verstummte Matthew, doch dann konfrontierter er Walther.

"Was ist denn mit dir los?"

"Was mit mir los ist...?!" Walther war sichtlich wütend. "Ich höre Stimmen in meinem Kopf, und das ist zum kotzen!"

"Beruhige dich, Mann. Daran gewöhnst du dich... aber, halt, warte... wie viele Stimmen hörst du?" Walther konnte auf diese Frage nur wütend stöhnen. Er ging weiter voraus, und murmelte vor sich hin.

"Kinder... Immer das selbe Theater..."
 

...

Es wurde Nacht.

Die Gruppe fand sich an dem Ort ein, wo der letzte Erdrutsch stattgefunden hatte. Als die Luft rein war und kein weiterer Arbeiter mehr in der Nähe zu sehen, übernahm der Diener des Eises die Anrufung des Dieners der Erde. Walther hielt sich fern, als wolle er nicht involviert werden.

"...Manchmal wünschte ich mir, er wäre nicht so schroff." seufzte Matthew. "Er behandelt mich wie ein dummes Kind."

"Hast du dir nicht ausgesucht, mit ihm zu reisen, miau?"

"Ich habe ihn um Hilfe gebeten, weil er von allen Soldaten... zugänglicher und vor allem talentierter, geschickter wirkte. Er gab mir diese Zuversicht, dass... wir meinen Bruder zusammen finden könnten. Das war zumindest mein erster Eindruck."

"Talentiert ist er, miau. Aber mit mir ist er ja ebenfalls noch nicht wirklich warm geworden. Ich nehme an, er braucht einfach mehr Zeit. Manchmal kann man auch einem alten Esel noch Tricks beibringen."

"...Geht das Sprichwort nicht anders?"

"Egal, miau. Ich werde jetzt rufen."
 

Der Diener des Eises stieß ein markerschütterndes Geheul aus. Matthew hielt sich die Ohren zu, und selbst Walther trieb es aus seinem 'Versteck' hervor.

"Bist du denn des Wahnsinns?!" er packte seinen Diener am plüschigen Schwanz und zog daran.

"Miauuuuuuuuu, Wally, hör auf, zu ziehen!"

"WIE hast du mich eben genannt...?" Walther wirkte, als würde er jeden Moment explodieren. Da kam aus der Ferne ein leuchtendes Licht auf die Gruppe zu. Und schon bald offenbahrte sich der Diener.

"Yip yip yip!" rief es gar aufgeregt - und der Fuchs, der ihnen bereits im Wald begegnet war, setzte sich sogleich auf das Geröll.

"Ach, der Fuchs ist... ja... so sieht man sich wieder, yip yip!" Matthew war es ein wenig peinlich, dass er den Diener bereits vergessen zu haben schien.

"Miau." Als Walther endlich den Schwanz des Dieners los ließ, begann er, mit dem Fuchs zu reden. Die beiden wandten eine Sprache an, für das menschliche Wesen unverständlich.

"Hey, Äffchen." flüsterte Matthew. "Weißt du, wovon sie reden?"

Doch keine Antwort kam. Aus dem Seelenstein entwich ein sanftes Schnarchen - der Diener schien ein Nickerchen zu halten. Was zu dieser Tageszeit nicht ungewöhnlich war.
 

"Er sagt, die Erdrutsche der letzten Zeit waren nicht alle natürlicher Basis, miau."

"Yip yip!" der Diener der Erde schlug mit der Rute auf den Boden.

"Er habe beobachtet, dass sich Arbeiter auf dem Weg in den Tiefen der örtlichen Minen gemacht haben. Auf der Suche nach... Mineralien, Juwelen und vor allem wertvollen Diamanten und Ressourcen... hat man mit Dynamit Explosionen freigesetzt. Diese waren aus sehr weiter Entfernung wahrzunehmen."

"Hier gibt es eine Mine?"

"Hat den Anschein, als hätte Herr Polizist uns nicht alles gesagt." Walther zog an seiner Zigarette. "Ich nehme an, dass er weiß, dass es hier eine Mine gibt. Und Explosionen dieser Art sind so gewaltig, dass man sie nicht überhören... oder leugnen kann."

"Yip yip yop."

"Miau, wir sollten ihn vermutlich nochmal fragen. Aber er sagt, dass in der Mine... ebenfalls Menschen verschüttet liegen könnten." Er drehte sich zum Fuchs, und fragte weiter.

"Yiiiiiiip..." Der Fuchs wirkte verstört und stellte die Ohren auf.

"Er sagt, Diebe gehen eine gewisse Schleichroute, die allerdings sehr gefährlich geworden ist. Direkt... unten am Fluss entlang."

"Das muss der gleiche Weg sein, den die Männer vorhin gekommen sind, als sie P-"

"...Sie nehmen also den gleichen Weg." Walther unterbrach Matthew.

"Er sagte auch, dass er sich für gewöhnlich nicht einmischt, aber da wir die Fuchsbabies gerettet haben und nett zu Chris und Jillian waren, schuldet er uns theoretisch einen Gefallen."

"Du kannst die Diebe schnappen oder aufhalten?" Matthew drängelte sich nach vorn und ging auf Augenhöhe mit dem Fuchs. Dieser nickte langsam. "Ist ja doll! Dann könnten wir sie zusammen schnappen und dem Polizisten vorführen, und ihn dann wegen der Mine befragen!"

"...Du willst ihn also bestechen."

"Nein, bestechen ist das falsche Wort. Wir schnappen die Diebe, und er schuldet uns für den Gefallen, einen Gefallen!"

Walther verleierte die Augen.

"Hast du ne bessere Idee? Wenn es immer die selben Diebe sind, dann bringt es nur Vorteile, sie zu schnappen. Das Städtchen hätte dann auch wieder Ruhe, findest du nicht?"

"Yip."

"Er hat Matthew zugestimmt und legt sich auf die Lauer. Wir sollen folgen, miau."
 

...

Sie machten sich auf den Weg, und nahmen bald Stellung nahe des schmalen Weges am Fluss ein. Nur das Rauschen des Flusses war wahrzunehmen. Von Menschen und Dieben - keine Spur.
 

"Bist du sicher, dass sie diese Nacht hier entlang kommen?"

"Yip."

"Miau, er ist sich sicher." Der Diener des Eises senkte den Kopf und begann, die Spuren aufzunehmen. "...Mrrrrr. Die Spuren sind keine 24 Stunden alt. Allerdings sind hier so einige Menschen vorbei gekommen..."

"Du kannst es nicht genauer spähen?"

"Matthew." eine müde Stimme erklang aus dem Seelenstein. "Wir haben alle unsere Stärken und Schwächen. Vergiss das nicht."

"Tut mir Leid, ich wollte dich nicht wecken."

...

"Miau, da kommt jemand!"
 

In jenem Moment zog eine kleine Gruppe an Menschen vorbei. Sie waren in Kleidung verhüllt, die teilweise ihr Gesicht verdeckte, und es schien, als wären mehrere Altersgruppen vertreten. Einer der Personen, vermutlich ein Mann, trug ein dunkelgrünes Gewand, und einen orangefarbenen Schal, der sanft im Wind wehte. Das Gesicht war verdeckt, doch die gelben Augen, sowie scharlachrote Haarsträhnen, schauten hervor. Als er stehen blieb, blieb auch der Rest der Gruppe stehen.

Als Matthew seine Chance sah, sprang er aus dem Versteck hervor.

"Stehen geblieben!" rief er, und kam dem vermummten gefährlich nahe. Doch als er ihn ergreifen wollte, rempelte er direkt zurück und rannte ihn wortlos über den Haufen. Die zweite, vermummte Person ergriff mit der restlichen Gruppe sofort die Flucht - zurück in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Der Diener der Erde und der Diener des Eises stürmten hinterher und trieben ihn in die Enge, Matthew hingegen konfrontierte den verbliebenen Dieb. Als dieser ein Messer zückte und nach Matthew schlug, konnte er gerade so ausweichen - bekam aber mit der anderen Faust direkt einen Schlag in den Magen versetzt. Als Walther den Moment abwartete, um einzugreifen, schlug Matthew den Dieb gezielt in den Nacken. Dieser ging sofort zu Boden... und Matthew machte es ihm gleich.

"Bär! BÄR!!" schrie es aus der Ferne. "Großer Bär, miau!"

Walter war dabei, den Dieb zu fesseln, und konnte dabei beobachten, wie Fuchs und Großkatze von einem Bären davongejagt wurden. Von dem Rest der Gruppe fehlte bald jede Spur.

"Zumindest haben wir einen von ihnen. ...Und nun, zu dir-"

"Ja ja... ich hab mir... den Zugriff... gut überlegt..." stammelte Matthew vor sich hin. Er schaffte zumindest, sich hinzusetzen. "Ah... was ein Schlag..."
 

Walther packte den Dieb so fest er konnte und nahm ihn mit sich. Matthew kauerte ihm hinterher. Sie machten sich auf den Weg zur Polizei Station, um den Verdächtigen auszuhändigen. Auf den Weg dorthin vereinten sie sich auch wieder mit den Dienern.

"Miau, tut mir Leid. Ein riesiger Bär..."

"Yip." - da es bald Morgen wurde, zog der Diener der Erde sich zurück in den Wald, woher er gekommen war.
 

Kaum die Polzei Station betreten, stand Officer Cromwell von seinem Platz auf.

"Kann ich euch helfen?" fragte er, vor allem, als er Matthew sah. Er nickte zu seiner Frau herüber, und die brachte ihn zur Station.

"Wir haben einen der Diebe. Leider ist der Rest entkommen."

"Ihr habt einen der...?" der Officer staunte nicht schlecht und nahm den vermummten an sich. Er war noch immer bewusstlos - als er ihm letztlich die Haube vom Kopf zog, zeigte sich die volle Pracht seines scharlachroten Haares und auch der Rest seines Gesichts kam zum Vorschein.

"Sieh an, sieh an... Wen haben wir denn hier?"

"Kennen Sie ihn?"

"Nein, aber ein Dieb ist besser als keiner." Lucas wagte gar, ein wenig zufrieden zu schmunzeln. Er vertraute darauf, dass sie zumindest einen Verdächtigen hatten. "Sieht so aus, als würde ich erneut in eurer Schuld stehen. Gute Arbeit, Soldat."

"Ex-Soldat."

"Papa!" rief es aus den Gängen, und bald kam James angerannt. "Was ist passiert?"

"Sir Walther und Matthew haben einen der Diebe gefangen. Wir werden ihn in Gewahrsam halten und uns um ihn kümmern." geschwind nahm er dem Dieb das rostige Messer ab, und brachte ihn in einer Zelle unter. Danach wandte er sich zu einem Raum und lud Walther ein, ihm jegliche Details zu erzählen.

"Wir haben sie dabei ertappt, wie sie auf den Weg in die Stadt waren. Sie nahmen den schmalen Schleichweg am Flussbett, woher vermutlich auch deine Männer gekommen waren."

"Der gleiche Schleichweg? Das ist schlecht." Lucas machte sich zu allem Notizen. "Wie viele waren es?"

"2 Jugendliche, mindestens. Und scheinbar auch ein paar jüngere Kinder."

"Entführer...?" der Polizist murmelte besorgt vor sich hin.

"Vermutlich haben sie in der Nähe ein Versteck. Gibt es dort unten am Flussbett etwas, wo sie sich möglicherweise verstecken könnten?" Walther lenkte das Gesprächsthema geschickt. Lucas überlegte, und nickte dann.

"Ja, da gibt es tatsächlich einen Ort. Eine Mine, die vor Jahren stillgelegt wurde. Es ist sehr eng und gefährlich dort, man kommt nicht einfach rein, und auch nicht einfach wieder raus. Es hat damals zu viele Unfälle gegeben, weshalb sie geschlossen wurde."
 

...

Währenddessen kümmerten sich James und Beatrice um Matthew's Wunden.

"Du scheinst wohl öfter Schläge in den Magen zu bekommen." sagte sie nach einer Untersuchung. "Das sieht echt nicht gut aus hier unten."

Matthew konnte nur erschöpft husten. Beatrice's Blick fiel auf das Amulett, das um seinen Hals hing und schwach zu blinken schien.

"Kannst du das mal ablegen? Es stört ein wenig bei der Untersuchung."

Matthew legte seine Hand schützend über den Seelenstein und weigerte sich, es abzulegen.

...

"Du hast Glück, dass der Seemann gestern die richtige Medizin mitgeliefert hat. Damit sollte es dir besser gehen, wenn du dich ausruhst."

"...Wir können uns nicht ausruhen." erwiderte er. "Wir müssen weiter, und jemand wichtiges finden..."

"Wenn du dich nicht ausruhst, wirst du bald niemanden mehr finden. Nimm dir die Zeit."

"J-ja, bitte hör auf meine Mutti. S-sie weiß das am besten."

Beatrice nahm James' Mütze ab und wuschelte ihm durchs Haar.

"Das gilt auch für dich. Du hast wunderbar mitgeholfen, aber du benötigst ebenfalls Schlaf."

"Und was ist mit Papa und dir?"

"Uns geht es gut, mein Sohn. Und jetzt, wo es den Anschein hat, dass die Diebe sich erst einmal zurückgezogen haben, können wir ein wenig aufatmen und planen."

"Bist du sicher, dass sie...?"

"Ah... ...ich bin mir nicht sicher. Der eine Kerl... mit den Kiddos, ist zwar abgehauen, aber... ob wir ihn eingeschüchtert haben, keine Ahnung..." Matthew murmelte vor sich hin und dachte dabei an die Szenerie, die vorgefallen war. Er hörte, wie die Diener riefen, ein Bär hätte sie verfolgt und verjagt. "Hmmmmm..."

"Du bleibst hier auf der Station. Es ist vielleicht nicht schön, aber notwendig." mit diesen Worten verließ Beatrice das kleine Zimmer, und bald auch James.

"...Ein Bär..." murmelte Matthew und schloss die Augen.
 

...

Währenddessen hatte Walther ausgiebig erzählt, was in der Nacht vorgefallen war. Als er die Mutmaßung äußerte, dass jemand in der Mine sein, und die Erdrutsche gar durch Explosionen ausgelöst worden wären, horchte der Polizist erneut auf. Aller Gefahren zum Trotze, überlegte er den nächsten Schritt. Er wusste, dass man der Sache auf dem Grund gehen müsste.

"Ich werde einen Trupp zusammenstellen, der die Sache untersucht. Das Bedarf einer größeren Suchaktion, vor allem, wenn es verschüttete Opfer geben könnte. ...Es tut mir Leid, aber fürs Erste müsst ihr wohl ein paar Tage in der Stadt bleiben."

"Dem stimme ich zu." sagte Beatrice, als sie auf ihren Mann zuging. "Dein Freund benötigt ebenfalls noch Ruhe. Wenn er sich nun übernimmt, kann das schwere Folgen mit sich ziehen."

"...Er kann von Glück reden, dass der Kerl ihn nicht mit dem Messer erwischt hat. Wer weiß, wie unberechenbar der andere ist." kein Anzeichen von Mitgefühl war in seinen Worten zu finden.

"Die Situation ist ernst, Soldat. Deinem Freund geht es wirklich schlecht." Beatrice bemerkte, wie Walther bei dem Wort 'Freund' die Augenbraue hob. "Es wird euch nicht umbringen, ein paar Tage mehr hier zu bleiben."

"...Was diese Frau alles zu wissen scheint." merkte Walther sarkastisch an. Immer im Hintergedanken, dass Truppen weiterhin hinter ihnen her sein könnten, und werden. Und einer von ihnen verweilt gar genau am selben Ort...

"Wenn dir die Gesundheit von ihm zumindest ansatzweise wichtig ist..."
 

...

"Ist ja schon gut!" - der Veteran ließ sich überreden.

Matthew wurde die darauffolgenden Tage ausgiebig versorgt und für die weitere Reise gestärkt...
 

Eines Nachts wachte er abrupt aus seinem Schlaf auf. Obwohl das Zimmer klein war und nicht viel zuließ, fühlte er sich beobachtet. Unsicher drehte er sich zur Tür - in der Dunkelheit war jedoch nichts zu sehen.

"Äffchen, ist da jemand...?" flüsterte er. "Ich fühle mich beobachtet."

...Äffchen antwortete mit einem zarten Schnarcher.

"War klar. Entschuldige." ... Matthew stand auf und ging zur Tür. Sie war nicht verschlossen, was ihn zuerst verwunderte. Er verließ das Zimmer und sah sich langsam auf dem Gang um. Als er das Licht anschalten wollte, funktionierte es nicht, und mit dem bloßen Auge kam er nicht sehr weit. Als er sich rumdrehte und wieder in sein Zimmer zurück wollte, wurde er gepackt und an die Wand gedrückt. Die Person war nicht zu erkennen, verhinderte aber durch das Bedecken von Matthew's Mund den Hilfeschrei.

"...Jetzt habe ich dich genau da, wo ich dich haben wollte..." Die Stimme klang anfänglich zwar ruhig, doch in ihr ruhte ebenso der Zorn. "Wenn du nicht gewesen wärst..." mit fast jedem Wort schien er aggressiver zu werden - Matthew jedoch reagierte hinterhältig, und bevor er keine Luft mehr kam, trat er sein Gegenüber direkt in den Schritt! Effektiv wie es war, nutzte er die Gelegenheit zur Flucht. Im Treppenhaus schien glücklicherweise das Mondlicht durch die Fenster, sodass er die Stufen gut erkennen konnte. Er eilte hinunter, dem Ausgang der Polizeistation entgegen, und lief direkt in Walther hinein.

"Was ist jetzt schon wieder los...?"

Matthew hustete und keuchte bei dem Versuch, klar zu antworten. Er musste nach der Aktion erstmal Luft holen.

"Verschwinden wir von hier, flotti!" rief er letztlich, und verließ das Gebäude.

"Miau, da kommt wirklich jemand..." meldete sich der Diener, und daraufhin ging auch Walther. Wenige Schritte vom Gebäude entfernt, fand er Matthew.

"Was ist eigentlich los??"

"Der Kerl ist hinter mir her... Er hat... mir aufgelauert... er wollte sich bestimmt rächen..."

"Der Kerl sitzt in der Zelle und kann niemandem was tun..." als Walther dies aussprach, dachte er, Matthew würde den Dieb meinen, den sie geschnappt haben. Dann fiel ihm jedoch ein, dass er gar nicht den Dieb meinen könnte. Der Soldat nahm Stellung ein und versteckte sich, mit einem guten Blick auf die Station. Und es dauerte nicht lange, da verließ jemand das Gebäude. Ausgerüstet mit Schwert und seinem Hab und Gut, flatterte sein Umhang im Wind. Er sah sich um, und ging dann in eine andere Richtung als die beiden gegangen waren.

"Dein... Freund?"

Walther schwieg. Er packte Matthew am Oberarm und schliff ihn einige Meter entlang.

"Wir verschwinden von hier."

"Ja, gut, aber... wie sollen wir hier weg kommen? Lucas hat doch gesagt, dass die Wege verschüttet sind. Und was wird aus James?"

"Seine Eltern haben darum gebeten, dass er hier bleiben soll. Und genau das wird er."

"Aber, er ist ein essentielles Mitglied und kann Leben retten!"

"Nicht, wenn er dabei selbst umkommt!"

Schon bald entbrannte die Diskussion zwischen den beiden. Sie gaben sich Pro und Contra...

"Er wird nicht umkommen, wir beschützen ihn doch! Außerdem, er hat es ganz alleine durch den Wald geschafft!"

"Er wird hier bleiben, bei seinen Eltern! Schluss, aus!"

"Du verdankst ihm selbst dein Leben, und dankst ihm das, indem du ihn zurück lässt?!"

"Er ist hier sicherer! Ende!"

"Miau, Walther, pass auf!"
 

...

Schritte kamen immer näher, und aus der Dunkelheit trat eine Person hervor. Das Großschwert lässig über der Schulter tragend, ging er auf die beiden zu. Als er ins Licht trat, wurde die Gestalt sichtbar: es war Pierre.

"Ein weiteres Mal entkommt ihr mir nicht...!"

Es war klar, dass der Soldat auf einen Kampf aus war.

"Hast du schon vergessen, was beim letzten Kampf geschehen war? Du hast verloren! Mach nen Abflug!" Matthew provozierte ihn mit seiner großkotzigen Wortwahl.

"...Ich werde niemals aufgeben... nicht, bevor ich habe, was ich will..." Obwohl er versuchte, keine Schwäche zu zeigen, war er noch sichtbar angeschlagen. Nach dem Sturz in die Tiefen, war das nicht verwunderlich.

"...Ich bekämpfe niemanden, der geschwächt ist." Walther stieß mit dem Speer am Boden auf. "Unter diesen Bedingungen wäre es kein ehrenhafter Kampf. Sei nicht so stur."

"Oh, wenn es um Sturheit geht, da kenne ich noch jemanden..." sagte Matthew mit verschränkten Armen.

"Halt dich da raus!" schimpfte Walther zurück. Pierre versuchte, auf beiden Beinen zu stehen, ging aber nach wenigen Minuten zu Boden und stützte sich am Schwert auf.

"Aber er will doch mich haben, und nicht dich!" Er drehte sich zu Pierre. "Keine Ahnung ob du die Situation mitbekommen hast, aber du rächst dich für etwas, von dem du keine Ahnung hast...!"

"...Du hast meinen Sohn schwere Verbrennungen zugefügt, und wagst es, zu sagen, ich hätte keine Ahnung?!"

"Er hat angefangen! Es war Kyle, der Walther angreifen wollte, und das, obwohl er in dem Moment selbst geschwächt war! Das hatte auch nichts mit Ehre zutun! Dein Sohn wollte Walther töten, und es war nur fair, das zu verhindern!"

In aller Wut versuchte Pierre, aufzustehen und hob sein Schwert ein weiteres Mal. Matthew sprang zurück, und wurde zusätzlich von Walther gestoßen. "-Hey!"

"Abmarsch!" er schob ihn ein weiteres Mal und brachte ihn dazu, das Feld zu räumen. Matthew gab schließlich nach und rannte in Richtung Hafen.
 

Beide Soldaten tauschten Minutenlang stille Blicke aus. Sie beide waren selbstsicher, und keiner schien weichen zu wollen.

"...Du hast schon immer die Konfrontation gesucht. Das sieht dir ähnlich."

"..."

"Doch in diesem Zustand nehme ich keine Herausforderung an. Das solltest du wissen, Pierre." Walther hielt inne. "Der Junge sagt die Wahrheit. Auch wenn du es fürs erste nicht wahrhaben willst. Es war dein Sohn, der es auf mich abgesehen hatte. Er und weitere Soldaten, die er jenen Abend angeführt hatte. Was ich zu diesem Zeitpunkt verbrochen hatte, weiß ich selbst noch nicht - aber dein Sohn hat keinen Skrupel gezeigt." mit diesen Worten verschwand auch Walther in Richtung Hafen. Zu dieser späten Zeit jedoch legte kein Schiff an, und so fand er nur Matthew und einen leeren Hafen vor.
 

"...Was nun?"

Der Soldat bemerkte, wie Matthew nervös am Steg herumtänzelte. Nach wenigem Suchen fand er ein kleines Fischerboot, das scheinbar zurückgelassen wurde, aber noch intakt schien. Er schob es ins Wasser hinein.

"In das Boot? Oh, nein, nein, nein, nicht das Boot!"

"Der Weg über das Wasser ist der einzige, der uns aktuell bleibt. Beweg dich, oder ich lasse dich hier stehen!" Er warf ihm gar die Paddel zu und forderte ihn auf, zu paddeln. Er betrat nur sehr zögerlich das Boot und kniff sogar die Augen zusammen, als er sich setzte.

"Miau, ich kann ihn verstehen. Ich mag Boote auch nicht sonderlich."

"Dann muss er sich eben mal zusammen reißen!"
 

Matthew wirbelte die Paddel mit geschlossenen Augen im Wasser herum, das Boot jedoch konnte er damit nicht zum Bewegen bringen. Walther verlor letztlich die Geduld und riss sie ihm aus der Hand. Dann ging es endlich voran. Und eins, und zwei...

(K)eine lustige Schifffahrt

Das weite Meer...

Mitten auf hoher See.

Dort trieb das kleine Fischerboot vor sich hin.

Der Morgen war bereits angebrochen, und der Himmel strahlte in einem gleißend hellen Licht. Leider war dies nicht das einzige, das 'gebrochen' war...
 

"Warum hast du schon wieder nichts gesagt?"

Matthew hing wie ein Schluck Wasser über den Rand des Bootes, und musste erneut Kritik einstecken. Sein Gesicht war kreidebleich, und ein Blick in seine Augen verriet, dass er im Geiste alles andere als anwesend war. Das offene, weite Meer machte die Situation nicht besser, denn es war fast unmöglich, auszumachen, wo die beiden sich befanden.

"...Isses noch weit...?" hörte man Matthew stöhnend klagen. Da rollte der Veteran mit seinen Augen. "Ich habe keine Ahnung." raunzte er.

Die strahlend helle Sonne, die bald hoch am Himmel stand, ließ die Temperaturen in sommerliche Höhen steigen. Matthew's versuch, sich in den wenig vorhandenen Schatten zu bewegen, endete fast mit einem Platscher im Wasser.

"Sei vorsichtig, mein Freund. Bei dir dreht sich ja alles." war der Diener besorgt. "In deiner Tasche befindet sich nicht zufällig ein bisschen Medizin dafür?"

Matthew schüttelte den Kopf. "Ich habe... die Tasche vorhin bereits durchsucht... Nichts."

"Dann versuch wenigstens, was zu trinken." Walther hielt ihm die Wasserflasche vor die Nase, und Matthew kippte hastig das Wasser seine Kehle hinunter.

"Übertreib's nicht, Junge!"

Nach einem lautem Rülpser, legte er sich wieder über die Kante des Bootes. Sein Magen machte deutlich, dass er eigentlich Hunger hätte... Erkennbar am lautstarken Grummeln. Langsam begann er, sich ein Stück mehr über die Bootskante zu beugen - und letztlich kam ihm eine Idee.

"Mit etwas Glück... könnten wir vielleicht etwas zu Beißen bekommen." Er setzte sich vorsichtig hin, versuchte, die Balance zu halten und befreite schließlich seinen plüschigen Affenschwanz, den er immer vor der Öffentlichkeit so gut wie möglich unter der Kleidung versteckt. Ohne zu zögern, ließ er das Körperteil wie eine Angelrute ins Wasser gleiten, und wedelte vorsichtig damit umher.

"Das halte ich für keine sonderlich gute Idee..."

"Willst du lieber verhungern? Ich habe jedenfalls keinen Proviant in der Tasche entdeckt. Nur deine Pillen, Zigaretten und eine Wasserflasche..."

"..."

"Und falls du dir seltsamerweise Gedanken um mein Wohl machst... ich hab das schon öfter so gemacht und es hat funktioniert, ohne Schaden."

"...Bis ein Hai kommt."

"Hier gibt's keine Haie, so ein Blödsinn! Und jetzt sei ruhig, du verscheuchst die Fische..."
 

...

Es verging einige Zeit, doch egal wie lange Matthew die Rute im Wasser hielt, es schien einfach nichts anzubeißen.

"Nicht einmal ein klitzekleines Knabbern..." Matthew war schon fast eingenickt, da schreckte er wieder hoch.

"Nur, weil es einmal klappt, heißt es nicht, dass es immer klappt."

"Das war nicht nur ein mal... Ich habe damit früher bereits Fische, Krabben und andere Wesen gefangen!"

"Du hast Krabben gefangen..."

"Ja, hab ich!"

"Und das tat dir überhaupt nicht weh, in den Schwanz gekniffen zu werden?"

In diesem Moment schreckte Matthew ein weiteres Mal auf - was auch immer da an seiner Rute zog, es war in der Lage, ihn ins Wanken zu bringen und ins Wasser zu ziehen! Auch nach mehren Sekunden tauchte er nicht wieder an der Oberfläche auf... Als Walther kurz davor stand, ins Wasser zu springen, schäumten Blasen an der Wasseroberfläche. Der Soldat streckte sich, je näher diese Blasen kamen, und packte blind zu...

"...Was bist du denn?"

Walther hielt ein pelziges Tier am Nacken fest, und dieses Tier hatte sich an Matthew's Jacke geklammert. Glücklicherweise tauchte er so ebenfalls wieder an der Oberfläche auf und Walther konnte ihn ins Boot ziehen. Nachdem Matthew einiges an Wasser spuckte, tief Luft holte und sich zu beruhigen versuchte, wandte er den Blick ab, beschämt.

"...Lass mich raten. Schwimmen kannst du also auch nicht?!"

"Ich bin ein Feuer-Elementar... Große Massen an Wasser bereiten mir für gewöhnlich Probleme, ja... Vor allem, wenn ich unbewusst hinein falle..." Er schüttelte den Kopf. "Na los, lach mich doch aus! Ich bin ein Nicht-Schwimmer."

"Dafür ist nun wirklich keine Zeit, Matthew." sprach der Affe. "Beruhige dich."
 

Den Kopf gesenkt, bemerkte der den blinden Passagier nicht, den Walther in seiner Hand hielt.

"Mrrrrrrr!" das Tier gab einige unzufriedene Geräusche von sich, und schüttelte sich schließlich frei.

"...Wer ist das?" wunderte sich Matthew, als das Tier in seinen Blickwinkel geriet. "...Ein Waschbär?"

"Jedenfalls kein Kappa. ...Das Ding hat an deiner Jacke geklebt, und vielleicht sogar versucht, dich heraus zu ziehen... doch das würde ich mit großer Vorsicht genießen."

Der Waschbär kletterte an die Front des Fischerbootes und stieß murrende Laute aus.

"Miau, wenn ich auch einmal was sagen dürfte?"

"Was denn?"

"Das ist kein gewöhnlicher Waschbär! Der kleine ist ein Diener!"

Matthew war verwundert. "Was machen Waschbären... oder, Waschbärdiener, so weit draußen auf dem Meer?"

"Mrrrrrr!" der Diener kratzte sich am frustriert am Kopf, sprang dann auf Matthew's Schoß und versuchte, zu kommunizieren. "Mrrrr, mrr mrrrrrr!"

"Tut mir Leid, ich verstehe deine Sprache nicht, Kleiner." er wandte sich an seinen eigenen Diener. "Verstehst du ihn?"

"Leider nicht gänzlich. Aber es kann gut möglich sein, dass er weiß, wo wir sind. Und, wo wir lang müssen, eventuell auch."

"Das weißt du? ...Und, du hast nicht zufällig... ...ähm, Essen? Fisch? Nomnom? Du weißt schon?"

Der Diener schien zu verstehen, da er freundlich nickte, und sogleich ins Wasser sprang.

"Meint er das nun ernst...?"

"Er scheint noch ein relativ junger Diener zu sein. Das ist irgendwie niedlich." sagte der Affe. "Er muss noch viel lernen, scheint aber sehr enthusiastisch."

"Wenn er gar so nett ist, uns etwas zu Essen zu fangen... Wow."
 

Nach wenigen Minuten tauchte der Diener wieder aus dem Wasser auf, und trug kleinere Fische in das Boot, ließ sie dort fallen und sprang noch einige Male mehr ins Wasser. Er fing einen mittelgroßen Fisch, und sogar einen Krebs. Erschöpft kletterte er ins Boot zurück, hob einen kleineren Fisch auf und begann selbst, zu futtern. Matthew streichelte das Wesen und stand kurz davor, freudig in den Fisch zu beißen... da legte der Diener die Ohren an und sah angsterfüllt hinauf: ein riesiger Schatten warf sich bald über das Boot!

"In Deckung!" rief Walther, schnappte seine Tasche und griff nach Matthew, um ihn ins Wasser zu zerren. In diesem Moment rammte ein riesiges Schiff das kleine Fischerboot, und zerkleinerte es laut knarksend in mehrere Einzelteile... Das war knapp!

"Ich will nicht absaufen, ich will nicht absaufen!" schrie Matthew, als er panisch an der Wasseroberfläche paddelte. Der kleine Waschbär schwamm unter seine Brust, um ihn wie ein Rettungsring über Wasser zu halten, und auch Walther gab ihm Stütze, wenn Matthew nicht gerade nach ihm schlug.
 

Langsam hielt letztlich auch das große Schiff an. Der Zusammenstoß und die Schreie, die zu vernehmen waren, blieben nicht unbemerkt: der Captain des Schiffs ging der Sache nach, packte sein Fernrohr und erspähte letztlich die beiden.

"Aiyoha, Schiffsbrüchige!" rief er, und ließ die Leiter an seinem Schiff herunter. Walther schwamm direkt darauf zu, und kletterte die Leiter hinauf, während er Matthew halbwegs hinter sich her zog. Der Diener kletterte ihm auf die Schulter.

"Ist bei euch alles in Ordnung?"

"Es wird schon gehen." antwortete Walther, und klopfte Matthew etwas härter auf den Rücken. Als er endlich zu sich kam, und seine Panik sich beruhigte, fand er den Augenkontakt zum Captain. Dieser lächelte ihn sogar an.

"So sieht man sich wieder!" begrüßte er ihn. "Und dann auch noch so schnell."

"George, richtig...?"

"Genau! Der Captain, der Seemann, der Lieferungen nach Tenguuna und zurück bringt. Vor wenigen Tagen, alle Tage die Woche! Nennt mich gerne Captain P!"

Matthew antwortete mit einem schwachen Lächeln, und ging dann wieder zu Boden.

"Was ein Glück, dass ich euch gefunden habe!"

"Glück? ...Du hast uns gerammt, 'Captain'..." raunzte Walther genervt. "Wir waren zwar nur in einem Fischerboot unterwegs, aber wir wären fast draufgegangen. Wegen dir."

"Wegen... mir? Oh man." George kratze sich verlegen am Nacken. "Wie unangenehm. Ich schwöre, sowas passiert mir äußerst selten... und ich bin froh, dass es euch trotz allem gut geht!" Er überlegte scharf. "Ich mache es wieder gut. Ihr seid auf meinem Schiff herzlich willkommen, wo immer es auch hingehen soll!"

"Wo immer es auch hingehen soll?"

"Die Muscmaloire kann fast überall hin segeln! Allerdings... pendeln wir vor allem zwischen den verschiedenen Häfen hin und her."

"Sie ist also mehr ein Handelsschiff..."

"Hauptsächlich... Aber sie kann noch mehr!" George schien ziemlich aufgeregt. Er versuchte, Matthew auf die Beine zu bringen. "Du ruhst dich am besten in eine unserer Kabinen aus. Du wirkst ziemlich blass. Drinnen schwankt es nicht so sehr wie draußen. Und Essen gibt es hier auch! Ich sage der Dame gleich Bescheid."

George tapste davon...

"Na, der ist ja witzig..." murmelte Walther.

"Ja... ...Moment, wie war das?"

"Vergiss es." Der Veteran ging davon.
 

"Mrrrr. Mrrrrrr..."

Der Diener begann erneut, unzufrieden zu knurren.

"Ja, tut mir Leid. Das war wohl leider nichts mit dem Essen. Aber wenn Captain P sagt, dass es Essen gibt, sehe ich keinen Grund, warum du nichts abhaben dürftest." mit diesen Worten schwankte er ins Innere des Schiffs. Walther blieb draußen.

Vom ersten Eindruck her, wirkte das Schiff einladend. Zwar nicht allzu modern, aber wenigstens nicht verkommen oder gar verschimmelt. Hölzerne, braune Planken, kleine und größere Kabinen und Räume, mal mit Hängematten, mal mit gewöhnlichen Betten ausgestattet... und sogar ein größerer Raum mit einer Bar, perfekt um zu Speisen. Matthew staunte nicht schlecht.

"Das darf Walther nicht sehen, sonst fängt er an, zu trinken." sagte er mit einem Schmunzeln. George lehnte sich an die Theke. "Er darf was nicht wissen?"

"Er trinkt gerne einen über den Durst, habe ich das Gefühl. Und dann ist er erst recht für nichts zu gebrauchen."

"Na, wenn das so ist. ...Darf ich vorstellen?" George verneigte sich vor der blonden Dame mit den bernsteinfarbenen Augen. "Dies ist Amber, unsere Barkeeperin, Köchin und Kellnerin! Die süßeste im ganzen Schiff!"

"Ach, Captain P... Das ist nicht notwendig." sie schmunzelte, und lächelte dann auch Matthew an. "Freut mich sehr. Bitte sag mir Bescheid, wenn du etwas brauchst."

"Alles klar!" hochmotiviert verließ George den Raum wieder. "Ich muss zurück an meine Position, und dann fahren wir erstmal zur Hafenstadt ein, wenns recht ist!"

"Ja, ich denke, das geht in Ordnung..." stimmte Matthew zu.
 

"Aiyohah! Volle Kraft voraus!" rief der Captain als er wieder das Steuer übernahm und die Muscmaloire stach sobald in See...
 

"Sag mal, kann es sein, dass der Captain gerne Süßholz raspelt?" fragte Matthew amüsiert, als er seine Arme an der Theke aufstützte.

"Ja, er ist tatsächlich nicht auf den Mund gefallen." bestätigte Amber, allerdings mit einem Lächeln. "Was darf ich dir bringen, ähm..."

"Matthew."

"Matthew, alles klar."

"Du hast nicht zufällig Medizin da, die gegen Seekrankheit hilft? Ich habe zwar Hunger, aber ich vertrage Schifffahrten eigentlich nicht wirklich."

"Mrrrrrr!" der Waschbär saß weiterhin auf Matthews Schulter und gab Töne von sich.

"Ach ja, und bitte was Fischiges für den kleinen Kerl hier, wenn es keine Umstände macht."

"Eigentlich sind Tiere an der Theke aus hygienischen Gründen nicht erlaubt..." lenkte Amber ein. "...Allerdings muss ich gestehen, dass der Kleine äußerst niedlich ist."

"Wenn er nicht an die Theke darf, gehen wir woanders hin. Das ist kein Problem."

Matthew schien Glück im Unglück zu haben, denn er bekam sowie die Medizin, als auch die Speise. Er nahm dankend an und verschwand aus dem Speisenraum.

"Und... welche Kabine ist nun meine?" wunderte er sich. Doch ein Matrose, der nahe einer Kabine stand, wies ihm den Weg. Es war angenehm ruhig und die Schwankungen waren definitiv weniger zu verspüren. Es war schon fast perfekt. Matthew konnte endlich entspannen, und sogar einen Happen essen.
 

"Moment mal... Warum konnte Amber dich eigentlich sehen? Das können doch eigentlich nur..."

Der Diener sah Matthew mit großen Augen an.

"Ahem... Nun, das ist so... Wenn die Diener noch jung und unerfahren sind, können sie sich noch nicht richtig tarnen." erklärte der Affe, und sprach aus seinem Seelenstein. "Für Amber muss er ausgesehen haben wie ein ganz normaler, junger Waschbär. Ohne die ganzen auffälligen Fellmuster, die ihn von seinen Artgenossen unterscheiden."

"Also ist er für jegliches Menschenauge nur ein gewöhnliches, wildes Tier?"

"Ganz genau."

"Das klingt merkwürdig, aber du musst es ja wissen. ...Oder?"

"Stellst du mein Wissen infrage, Matthew?"

"Nein, nein, absolut nicht. Ich war nur... neugierig, nichts weiter..."

"Mrrrrrr!" der Diener gab glückliche Laute von sich.

"Und dir verdanke ich auch mein Leben. Vermutlich sogar 2 mal, nicht wahr?"

Der Waschbär nickte. "Mrrrrr."

"Ja, ist gut. Du hast was gut bei mir, du Lebensretter."
 

In kurzer Zeit war der Teller leer geputzt, und der Diener satt. Er rollte sich in eine Hängematte zusammen, und schlief sehr schnell ein.

"Wie niedlich. ...Hey, sag mal, was meinst du, wo sein Zuhause ist?"

"Waschbären sind anpassungsfähig. Wer weiß, ob er überhaupt eine feste Heimat hat, oder ob er immer unterwegs ist."

"...Und meinst du, er hat einen... Shapeshifter Partner?"

"Auch das kann ich leider nicht beantworten, Matthew. Da er jung ist, nehme ich an, dass dies nicht der Fall ist. Aber ich kann mich auch irren. Doch leider, trotz meines Wissensstandes, verstehe ich ihn nicht. Wenn er spricht, kommt alles bei mir in einem Kauderwelsch an, das ich nicht in der Lage bin, zu übersetzen. Nicht einmal für mich selbst."

Matthew stand auf, und lief mit dem Teller zur Tür.

"Das ist echt schade... Nun, ich bring das mal eben weg. Er wird ja nicht verschwinden, hoffentlich..."
 

Als Matthew den Speiseraum erreichte, dauerte es nicht lange, und er erspähte Walther an der Theke. Mit einem kleinen Glas neben sich... Der Veteran konnte sich nicht zurückhalten. Matthew war entsetzt und schaute Amber an, da er sie gewarnt hatte, Walther nichts starkes zu geben - die Barkeeperin jedoch zwinkerte mit einem Lächeln zurück, als wolle sie sagen, er soll sich keine Sorgen machen.

"Danke, es war sehr lecker." sagte er, und brachte den Teller, wo er hin gehörte. Dann setzte er sich zu Walther. "...Was trinkst du da?"

"Geht dich... nichts an, Kiddo."

Matthew seufzte, war aber nicht auf einen Streit aus. Er stand wieder auf und ging in seine Kabine zurück... Auf den Weg dorthin, nahm er jedoch Stimmen in der Kabine gegenüber wahr. Interessiert begann er letztlich, ein bisschen zu lauschen...
 

Bald wurde klar, dass sich in der Kabine mehrere Personen aufhielten. Einer schien eine Geschichte zu erzählen, hin und wieder waren auch Kinderstimmen zu hören. Als Matthew Schritte näher kommen hörte, wollte er in seine Kabine zurück - doch das Schwanken des Schiffes sorgte dafür, dass er die Balance verlor. Als die Tür der anderen Kabine sich öffnete, fiel Matthew der Person rückwärts entgegen und beide rollten ins Zimmer zurück, direkt an die Wand. Einige Kinder schreckten auf...
 

"Oh man, das tut mir jetzt furchtbar Leid..." versuchte Matthew, sich zu entschuldigen. Er war direkt auf die Person geknallt und drückte sie an die Wand. Schon bald jedoch wurde er kräftig runtergestoßen - wenig später sahen sich die beiden in die Augen.

"Was, DU?!"

Vor ihm lag eine vermummte Person, die ihm nicht mehr unbekannt war. Matthew war sich sicher: das ist der Dieb, der ihnen in jener Nacht entkommen war! Und genau das selbe versuchte er nun erneut. Er nahm Reißaus, an Matthew vorbei, und begann, durch die Gänge zu rasen. Matthew wollte das nicht auf sich sitzen lassen, und nahm die Verfolgung auf.

"Stehen geblieben!" rief er, immer wenn der Dieb in seinem Sichtfeld war. Doch das Schiff war groß und es gab viele Möglichkeiten, sich zu verstecken. Obwohl viele Gänge miteinander verbunden waren, gelang es dem Flüchtigen immer wieder, einen Schlupfwinkel zu finden.

"Pass auf, Matthew! Der scheint mir nicht ohne!"

"Ja, ich weiß!"

Dem Dieb gelang es, einen guten Abstand zu gewinnen... Erst, als die Tür, die zum Äußeren des Schiffs führte, sich öffnete und wieder zuschlug, wusste Matthew, wo er hin musste. Als er aufs Außendeck kam, wurde er von einem Platzregen überrascht - und der Grund, warum die Wellen hoch schlugen und das Schiff wankte. Er verfolgte den Dieb weiterhin, doch die Oberfläche war ausgesprochen rutschig geworden. Das machte die Jagd umso wilder. Weder Matthew, noch sein Gegenüber, wollte aufgeben. Beide warfen sich mit verschiedensten Manövern in die Luft, hangelten an den Pfeilern, Masten, Segeln und Netzen entlang - nur, um von dort wieder genauso hastig herunterzuspringen und zu klettern, als gäbe es keinen Morgen mehr. Schließlich rannte der Verdächtige auf den Lagerraum zu und stürzte hinein.

"Jetzt sitzt du in der Falle..." Matthew war sich nun sicher, dass er den Dieb schnappen würde. Mit einem lauten Knall flog die Tür zu - doch das Schwanken sorgte nur erneut dafür, dass die beiden mehr durch die Gegend stolperten, als sicher Fuß zu fassen.

"Was willst du eigentlich von mir?! Bleib weg!" drohte er Matthew. Mittlerweile war sogar sein Gewand gefallen, und seine komplette Erscheinung sichtbar geworden. Ein jugendlicher Bursche mit dunkelblondem Haar, das zu einem Zopf zusammengebunden war, und rote Spitzen vereinzelt als Strähnen. Die Augen blau wie das Meer, ein schwarzes Tuch um den Hals, und Ohrringe. Er wirkte wild, und schien sich nicht so einfach einschüchtern zu lassen - zu Matthews Glück jedoch schien er unbewaffnet. Zumindest dachte er das...

"Ich warne dich... ein letztes Mal..." Obwohl die beiden einen gewissen Abstand zueinander hatten, war er weiterhin in hoher Alarmbereitschaft. Aus seiner Hosentasche begann es schließlich, grell zu leuchten - und vor Matthew bäumte sich ein riesiger Bär auf, der mit einem bedrohlichen Brüllen jeden einschüchterte, der es wagte, seinem Freund näher zu kommen.

"Matthew, das ist der Bär, von dem uns Kätzchen und Füchschen erzählt haben!"

Doch Matthew war für den Moment wie festgefroren. Der Bär ging sofort auf ihn los - nur im letzten Moment schaffte er noch den Sprung beiseite.

"Bist du des Wahnsinns, hier einen Bären freizulassen?!"

"Du lässt mir keine Wahl!" Aggressiv begann auch er nun, auf Matthew loszugehen. Als die beiden sich zu prügeln begann, Faust um Faust, fanden sie den Weg wieder nach draußen.

"Hey, was macht ihr denn da?!" schimpfte George vom Steuerrad aus, doch er und die Crew war zu fokussiert auf den Sturm, als dass sie den Streit schlichten konnten. Das Wanken des Schiffes führte weiterhin dazu, dass die beiden mehrfach unfreiwillig hin und her geworfen wurden. Als Matthew letztlich an eine Brüstung stieß, näherte sich der Bär erneut bedrohlich, bäumte sich ein weiteres Mal auf und brüllte! Er konnte sich kaum halten und verfiel in Panik - entweder, der Bär kriegt ihn, oder der würde über die Brüstung fallen...

"Äffchen, bitte...!"
 

...

Doch da stellte sich jemand ganz anderes in den Weg...

"Mrrrrraaaawr!" knurrte es plötzlich, als der Diener des Wassers sich vor Matthew warf und den großen Bären anknurrte. Klein, aber oho - der Waschbär wirkte bedrohlich, und zur Überraschung aller, hielt der Bär inne. In Windeseile verlor er seine Aggression. Und auch der Sturm legte sich langsam, und die Wolken brachen auf. Der Regen nahm ab, und die Sonne kam langsam wieder hervor.

"Mraaaaa!" ...Der kleine Waschbär quiekte und quiekte. Da setzte der große Bär sich vor ihm hin, ließ sich einfach plumpsen. Dann gab er ihm sogar ein paar Pfotenpatscher auf den Kopf.

"Sieh an, die beiden scheinen sich zu verstehen." sagte der Affe schließlich, und kam auch endlich aus seinem Seelenstein hervor. "Tut mir sehr Leid, dass ich nicht eingegriffen habe. Gewalt ist keine Lösung, auch wenn es gegensätzlich klingt, das vom Diener der Wut, zu hören."

"Ich denke, ich verstehe..." Matthew hielt sich mit letzter Kraft an der Brüstung, auch wenn die Wellen sich nun beruhigt hatten.

"Und...? ...Willst du denn nicht weglaufen, jetzt wo dich keiner mehr verfolgen kann?" fragte er den Dieb. Dieser wandte den Blick ab.

"Bin mir nicht sicher. ...Willst du mich denn immernoch der Polizei ausliefern?" konterte er.

"Naja..." sein Blick schweifte zu den beiden Dienern herüber, die sich blendend miteinander verstanden. "Würde ihm sicher nicht sehr gefallen, wenn ich das tun würde..."

"Hmm." Er zog seinen Seelenstein hervor, und rief seinen Diener schließlich zurück. In diesem Moment beugte sich Matthew über die Brüstung. Zu viel war einfach zu viel.

"Mraaaaa!" der Diener des Wassers war besorgt, und rannte um Matthew herum. Letztlich kamen auch die Kinder aus der Kabine gestürmt und rannten auf ihren Freund zu. Sie waren erleichtert, dass ihm nichts passiert war.

"Roger, Roger! Ist bei dir alles okay?"

"Ja... ja, mir geht es gut soweit. Alles bestens." er blickte ein weiteres Mal zu Matthew hinüber und entschied sich dann, näher zu kommen. "Ich hab noch etwas zu erledigen." Er bot ihm sogar seine Hand an.

"...Bist du sicher, dass du einen Handschlag willst? Trocken ist der nicht."

"Auch wieder wahr... Nunja, du hast es ja sicher gehört. Ich bin Roger, und bei mir ist eigentlich immer alles roger."

"...Der war trocken."

"Wenigstens etwas, das trocken ist!" Roger konnte sich sein Schmunzeln nicht verkneifen. "Kommst du zurecht?"
 

"Man, was für eine Welle! Diese Stürme sind zwar nicht selten, aber sie sind immer wieder aufregend!" George ging auf die beiden zu, und überprüfte die Lage. "Irgendwie bin ich gar nicht so scharf darauf, zu wissen, was diese Jagd zwischen euch sollte... Aber ich nehme an, dass die Dinge sich geregelt haben?"

"Ja, ich denke schon... ...aber bitte, tu mir einen Gefallen..."

"Was kann ich für dich tun, Matt?"

"...Ich will von diesem Schiff runter! Ich habe Schifffahrten sowas von satt!"

"Na da, mach dir mal keine Sorgen. Wir sind bald am Hafen. Hätte es den Sturm nicht gegeben, wären wir sogar bereits da."

"Hol mir ein Handtuch..."

"Oh, ja. Na klar." der Captain eilte.

"Seekrank sein ist echt unangenehm, was? ...Aber vielleicht kommt der Zeitpunkt, wo du dich daran gewöhnst, und dir nicht mehr schlecht wird... Allerdings müsstest du dafür sicher öfter mit dem Schiff reisen." Roger schien einen guten Rat geben zu wollen.

"Ich bin froh, wenn ich hier runter bin, und vorerst nie wieder ein Schiff, Boot oder Kanu sehen muss..." raunzte Matthew, und wischte sich mit dem Handtuch sauber. Dann versuchte er, aufzustehen. Wankte aber noch sichtbar. Trotzdem wunderte er sich vor allem eines...

"Ich frage mich, was Walther wohl treibt... Hat er von all dem Trubel nichts mitbekommen?"

"Schau doch am besten selbst nach!" schlug George vor, und kehrte ans Steuer zurück.
 

Was Matthew vor sich fand, war einfach nicht zu fassen...

Walther lag in der Hängematte und schlief tief und fest!

Er hatte kein bisschen von dem Ärger mitbekommen, der sich über und unter Deck abgespielt hat!

"Das ist einfach nicht zu glauben... Es könnten wohl Meteoriten einschlagen, und Herr Soldat würde schlafen, wie ein Stein..."

"Dann hast du deinen Freund also auch mit dabei...?"

"Ich bin mir nicht sicher, ob 'Freund' der richtige Begriff ist. Mich sieht er bestimmt nicht als Freund - als was er mich sonst sieht... Hm... Klotz am Bein?"

Matthew schloss die Tür und lehnte sich an die Wand.

"Was ist mit dir? ...Wo willst du hin? Vor allem... mit den Kindern?"

"Wir gehen hin, wo der Wind uns hinführt, sozusagen." Roger blieb ein wenig geheimnisvoll. "Fürs Erste, auf zum Hafen. Was dann geschieht..."

"Sind es Waisen?"

"...Einige von ihnen, ja."

"...Mir ist schon klar, dass du sicher nicht in die Materie damit gehen wirst, aber... verrat mir doch zumindest ein wenig, was diese Diebesaufmachung soll. Vor allem mit den Kindern. Meinst du, es ist eine gute Idee, ihnen beizubringen, wie man raubt?"

Roger seufzte, und verleierte sogar die Augen.

"...Du kennst unser Leben und unsere Gründe nicht. Einerseits kann ich dir das nicht zum Vorwurf machen, doch andererseits... Bitte sieh davon ab, mir irgendwelche Moralpredigten zu halten, was richtig und was falsch im Leben ist. Wir haben genug durch. Und da ihr Igor geschnappt habt, liegt nun alles an mir."

"Igor? Du meinst, den rothaarigen Kerl?"

"Ja. ...Wir haben nichts falsch gemacht. Wir haben nur versucht, zu überleben. Und das ist alles, was du fürs Erste wissen musst."

"Okay, ich frage erstmal nicht weiter."

"Ruh dich aus, solange du noch kannst. Sobald wir am Hafen ankommen, kann ich euch zumindest ein wenig begleiten. Das heißt... wenn der Typ da nichts dagegen hat."

"Könnte schwierig werden. Er ist nicht gerade leicht zu handhaben, geschweigedenn zu überreden oder überzeugen. Ziemlich schroff, knallt dir gern eine... der typische Erwachsenenkram. Nur nochmal schlimmer, da er noch dazu Soldat ist."

"Klingt tatsächlich kompliziert. Hoffen wir, dass er mich nicht auch noch festnehmen will..."

"Irgendwie muss er es schon begreifen. Solange du ihm nicht das Gefühl gibst, dass er dich babysitten muss, könnte er möglicherweise Toleranz entwickeln. Zumindest für eine Zeit."
 

Matthew schwankte langsam auf die Tür zu und verschwand im Zimmer.

"Wir sehen uns dann nachher. Ich hoffe, ich kann ihn warnen, bevor es kracht..."



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