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Special Needs

Draco x Cormac
von

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Die Verschwörung

Dieses Schuljahr war bisher die reinste Katastrophe gewesen und auch dieser Tag sollte keine Ausnahme bilden. Das verfluchte Verschwindekabinett beanspruchte Draco Tag und Nacht und obwohl er all seine Energien und sein Wissen in die Reparatur dieses Kabinetts setzte, kam er einfach nicht voran. Zu allem Überfluss kam Draco nicht dazu etwas für die Schule zu machen und vergaß andauernd seine Hausaufgaben. Aber wer dachte in so einer aussichtslosen und deprimierenden Situation auch schon an Hausaufgaben?
 

Der ausschlaggebende Grund, weshalb Draco seine kostbare Zeit nun gerade in der Bibliothek verbrachte, statt im Raum der Wünsche das defekte Kabinett zu reparieren, war der Lehrer für Zauberkunst. Der kleine Professor Flitwick hatte Draco angepflaumt, als er im Unterricht den Aufsatz über Verschwindezauber nicht vorlegen konnte und da er die vorherigen Hausarbeiten ebenso wenig hatte vorweisen können, war dem Professor, auch wenn man es ihm gar nicht zugetraut hätte, schließlich der Geduldsfaden gerissen. Dabei war Filius Flitwick doch gerade wegen seiner Freundlichkeit bei den Schülern so beliebt. Draco war es sichtlich unangenehm gewesen, vor dem versammelten sechsten Jahrgang, der das Fach Zauberkunst belegte, von einem Lehrer, der die Größe eines Kobolds besaß, wegen schlechter Leistung ausgeschimpft zu werden. Das angedrohte Nachsitzen konnte Draco sich nicht leisten, jede Minute war für ihn kostbar und von daher bemühte er sich seinen Aufsatz, in der von Professor Flitwick gegebenen Frist, die am heutigen Abend um Punkt neunzehn Uhr enden würde, zu schreiben. Es blieben ihm also nur noch ein paar Stunden.
 

Für dieses Vorhaben hatte er sich einen stillen Platz in der Bibliothek gesucht, in einer hinteren Ecke, die sich bestens eignete, um an dem Aufsatz für Flitwick zu arbeiten. Draco wollte diese Angelegenheit so schnell wie möglich hinter sich bringen, um sich wieder den wichtigen Dingen in seinem noch so jungen und bald abgelaufenen Leben zu widmen, allerdings fehlte ihm hierfür die nötige Konzentration. Wenn er in den letzten Unterrichtsstunden besser aufgepasst hätte, würde ihm dieser Aufsatz sehr viel leichter fallen. Erst wenige Sätze standen auf seinem Pergamentfetzen, der somit noch viel zu viel Leerraum bot, als sich jemand auf den freien Stuhl neben ihn setzte. Völlig irritiert sah Draco auf und entdeckte einen Jungen neben sich. Dabei hatte er gehofft, dass seine Aura heute so abschreckend sein würde, dass sich keiner in seine Nähe traute und ihn alle einfach in Ruhe ließen. Anscheinend hatte es nicht geklappt.
 

„Scheiß Tag“, murmelte der Junge mit den hellbraunen Locken, ohne Draco bisher angesehen zu haben. Der Slytherin wusste nicht einmal, wer dieser jemand überhaupt war. Draco kannte nur die wichtigen Leute und dieser Junge gehörte anscheinend nicht dazu. Sein Gesicht kam ihm nicht einmal bekannt vor. Die Schuluniform trug er auch nicht, weswegen man nicht gleich erkennen konnte, aus welchem Haus dieser mutige Trottel kam, der Dracos kostbare Zeit störte.
 

„Falls du denkst, dass dieser freie Platz von jedem x-beliebigen Vollidioten besetzt werden kann irrst du dich. Also verschwinde“, schnarrte Draco und blätterte in dem Zauberkunstbuch für Fortgeschrittene, welches aufgeschlagen vor ihm lag. Daraufhin schrieb er einen zufällig ausgewählten Satz ab, um den Anschein zu wahren höchst beschäftigt zu sein.
 

„Ich muss mit dir reden. Ich brauche deine Hilfe, Malfoy“, sagte der Störenfried schnell und ignorierte den Abwimmelungsversuch einfach. Dracos Hand verharrte beim Schreiben Überrascht hob er eine Augenbraue und musterte den Jungen neben sich. Dieser sah ihn immer noch nicht an. Sein Blick durchbohrte die Tischplatte, auf der er seine Unterarme abgelegt hatte. Draco bemerkte, dass seine Fäuste geballt waren und leicht zitterten.
 

„Was?“, war das Einzige, das Draco verständnislos fragen konnte, da er einfach nicht verstand, was hier vor sich ging.
 

„Mir widerstrebt es ebenso wie dir, aber ich habe keine andere Wahl.“ Der Gesichtsausdruck verriet, dass es ihm wirklich unangenehm sein musste, hier zu sein. Aber weswegen, bei Merlins Bart, benötigte er Dracos Hilfe? Er war immerhin derjenige, der Hilfe dringend gebrauchen konnte.
 

„Wer bist du überhaupt?“, platzte es aus Draco heraus. Es machte ihn fertig, dass dieser Kerl ihn in der Bibliothek belästigte und mit ihm sprach, als würde er ihn kennen und dann auch noch um einen Gefallen bat. Jetzt endlich sah der Junge ihn an, mit einem leicht überraschten Gesichtsausdruck, der aber schnell wieder verschwand.
 

„Cormac McLaggen. Ich bin–“
 

„Interessiert mich nicht“, fuhr Draco dazwischen und widmete seine Aufmerksamkeit wieder seinem Aufsatz. Cormac McLaggen? Noch nie gehört. Der Name sagte ihm gar nichts. „Geh und quatsch jemand anderen voll“, fügte Draco hinzu, als Cormac nicht von selbst verschwand.
 

„Du musst mir helfen, Malfoy! Da ist eine Verschwörung im Gange.“ Cormac hatte seine Stimme gesenkt und warf nervöse Blicke in alle Richtungen, als befürchte er, jemand könnte sie bei diesem Gespräch belauschen. „Jemand hat die Auswahlspiele manipuliert.“
 

Mehrere Sekunden starrte Draco Cormac an. Blinzelte. Einmal. Zweimal. Tief in den hintersten Ecken seines Kopfes lag die Information verborgen, dass es an diesem Tag ein Quidditch-Auswahlspiel gegeben hatte und es gab nur eine Mannschaft, die in diesem Schuljahr beabsichtigte, die Mitglieder der Mannschaft neu zu bestimmen.
 

Gryffindor, hallte es in seinen Gedanken wider und brachte alle Alarmglocken zum Läuten. Vor ihm befand sich ein verfluchter Gryffindor und quatschte ihn wegen eines angeblich manipulierten Quidditch-Auswahlspieles voll? Draco fehlten die Worte. Seine Hand tastete nach seinem Zauberstab, der in der Tasche seines Umhangs steckte.
 

„Ein Verwechslungszauber, vermute ich“, grübelte Cormac. Er sprach einfach weiter und machte dabei den Eindruck, als würde er eher mit sich selbst sprechen.
 

„Wovon redest du überhaupt?“, machte Draco wieder auf sich aufmerksam. „Siehst du nicht, dass ich versuche Hausarbeiten zu schreiben?“ Zur Veranschaulichung seiner Worte zeigte Draco auf das Blatt Pergament, welches vor ihm lag, doch er hätte seine Hausarbeit Cormac auch um die Ohren hauen können, er nahm davon keine Notiz und fuhr fort, als hätte er Dracos Worte nicht gehört.
 

„Seit Jahren spiele ich schon Quidditch und, ich will ehrlich sein, ich bin gut. Sehr gut sogar.“ Cormac untermalte diese Aussage mit einem selbstzufriedenen Grinsen, welches vermutlich bescheiden wirken sollte. „Den Posten des Hüters hatte ich schon so gut wie in der Tasche! Aber beim letzten Quaffel ist etwas schief gelaufen! Den letzten habe ich nicht erwischt, wobei das ausgeschlossen ist. So ein einfacher Ball würde mir niemals entwischen! Ich mache nie einen Fehler! Es war, als wäre ich verhext worden! Das ging nicht mit rechten Dingen zu!“ Cormac redete sich so sehr in Rage, dass er Draco keine Gelegenheit bot, ihm sagen zu können, dass ihn das gar nicht interessierte. „Das war meine letzte Gelegenheit. Im Sommer mache ich meinen Abschluss. Alles, was ich wollte, war Quidditch spielen“, seufzte Cormac theatralisch und sein Ehrgeiz erinnerte Draco an seinen eigenen Wunsch, den Schnatz einmal vor Potter zu fangen. Anscheinend war beides zum Scheitern verurteilt.
 

„Ich habe viel Potenzial“, fuhr der Gryffindor fort und wirkte wieder sehr selbstzufrieden. „Hätte ich im letzten Jahr nicht im Krankenflügel gelegen, wäre ich bestimmt schon von Johnson im Team aufgenommen worden. Ich wäre ein wirklich guter Fang für die Mannschaft. Aber Potter muss mir alles verderben!“ Mit der flachen Hand schlug er auf den Tisch, brachte ihn somit zum Erzittern und Draco dazu, sich zu erschrecken. „Weasley ist ein Trottel und er wird nicht einen Quaffel halten! Ich dagegen spiele sehr gut. Ich halte jeden Ball!“
 

Aha, dass Weaselbee erneut in die Quidditchmannschaft aufgenommen wurde, war bisher noch gar nicht zu Draco durchgedrungen. Nachdem der im letzten Schuljahr eine grauenvolle Darbietung eines Hüters geboten hatte, dachte Draco, sie würden ihn bei der nächstbesten Gelegenheit wieder aus dem Team werfen. Falls er sich dieses Jahr für Quidditch interessieren würde, wäre das die Gelegenheit, das Wiesel vom Besen zu schubsen und es wie einen Unfall aussehen zu lassen. Aber für seinen Lieblingssport hatte Draco im Moment keine Zeit. Eine wichtige Aufgabe galt es zu erfüllen. Dabei war er schon so lange nicht mehr geflogen. Während Cormac weiter von sich selbst schwärmte, drifteten Dracos Gedanken ab. Er stellte sich vor, wie er auf seinem Nimbus einfach davonflog, dem Sonnenuntergang entgegen und Voldemort und alles weitere hinter sich ließ.
 

„Auch wenn ich eher die Statur eines Jägers habe bin ich der geborene Hüter. Ich habe Reflexe wie eine Raubkatze. Ich kenne niemanden, der so wendig ist wie ich es bin.“
 

Gequält stöhnte Draco auf. Das Bild von einem wendigen Gryffindor würde er nun nicht mehr aus seinem Kopf bekommen. Fehlte nur noch, dass Cormac zu Schnurren begann, um seinen Vergleich mit der Raubkatze zu untermalen ... Draco wollte doch nur seine Ruhe und diesen Aufsatz schreiben, doch bei diesem Gebrabbel, das gänzlich aus Lobpreisungen bestand, konnte er sich nicht konzentrieren.
 

Interessiert musterte Draco die Schreibfeder, die in seinen Händen lag. Mit diesem spitzen Gegenstand konnte man doch sicher jemanden zum Schweigen bringen. „Wenn ich zugebe, dass du gut bist, verziehst du dich dann?“ Draco hoffte, Cormac mit diesem unverschämt großzügigen Angebot loswerden zu können. Der Gryffindor machte mit der Hand eine wegwerfende Geste, als würde er das Thema beiseite schieben.
 

„Ich hörte, du bist in den dunklen Künsten bewandert“, murmelte Cormac ihm leise ins Ohr, nachdem er sich ein Stückchen zu ihm herüber gebeugt hatte.
 

Hätte Draco nicht so eine gute Erziehung genossen, würde er wohl entsetzt nach Luft schnappen, ob dieser dreisten Anmerkung. Getuschel und misstrauische Blicke war er als Sohn eines in Askaban inhaftierten Todessers ja gewohnt, aber so offen angesprochen zu werden war doch etwas Neues für ihn.
 

Draco öffnete den Mund. Bis etwas heraus kam, brauchte er allerdings einige Sekunden, um seine Sprachlosigkeit zu überwinden. „Und wenn schon“, schnappte er dann und gab sich betont gleichgültig. „Was geht dich das an?“
 

„Ich bin verzweifelt“, gestand Cormac und fuhr sich in einer niedergeschlagenen Geste durchs Haar, was Draco innerlich schadenfroh grinsen ließ. „Potter lässt sich einfach nicht umstimmen. Ich habe um eine zweite Chance gebeten, und da denkt man mal, der wohlgesonnene Harry Potter kommt mir in seiner grenzenlosen Güte entgegen ... Aber nein! Falsch gedacht! Er will lieber seinen besten Freund in der Mannschaft haben. Das müsste ich eigentlich Professor McGonagall erzählen, dass der Kapitän unseres Quidditch-Teams die Mannschaft nach Sympathien aufstellt. Oder meinst du etwa, es ist ein Zufall, dass beide Weasleys in die Mannschaft aufgenommen wurden?“
 

Draco, unsicher, ob das nun eine rhetorische Frage oder eine Frage war, auf die Cormac eine Antwort erwartete, sagte einfach nichts und dachte sich nur seinen Teil. Die Slytherin-Mannschaft wählte ihre Spieler nicht nach Sympathien aus, nein, da zählte nur das nötige Kleingeld, wie Draco bestens wusste.
 

„Vielleicht ist das ja so ein Ding, das zwischen ihnen läuft“, rätselte Cormac weiter und kratzte sich nachdenklich am Kinn. „Die Weasleys lassen Potter in den Ferien bei sich wohnen und dafür lässt er sie dann in die Hausmannschaft.“
 

Draco war der Ansicht, dass Cormac, wäre er nur ein Slytherin, einen optimalen Gesprächspartner abgeben würde, mit dem man gut über Potter und all die anderen doofen Gryffindors ablästern konnte. Aber Cormac war nun einmal selbst ein Gryffindor und allein diese Tatsache sorgte schon dafür, dass ein gemeinsames Gespräch von ihnen aus nichts weiter als Beschimpfungen, Sticheleien und Spott bestehen durfte.
 

„Jedenfalls habe ich alles versucht um die Stelle des Hüters zu bekommen, aber anscheinend klappt das nicht, solange Weasley noch in der Lage ist, diese Position auszuspielen.“ Bei diesem Satz ahnte Draco nichts Gutes. „Das ist der Punkt, an dem du ins Spiel kommst, Malfoy.“ Cormac zeigte mit dem Zeigefinger auf Draco und piekte ihn anschließend in die Brust. Barsch schlug Draco seine Hand weg und funkelte sein Gegenüber zornig an.
 

„Spinnst du?“
 

„Kannst du da nicht etwas drehen?“
 

„Nein!“
 

„Du spielst doch auch Quidditch. Du verstehst doch bestimmt wie ich mich fühle.“ Cormacs Gesicht verzog sich zu einer bemitleidenswerten Miene, aber der Schmollmund ließ Draco kalt.
 

„Nein!“
 

„Kannst du ihm nicht etwas in den Kürbissaft kippen?“
 

„Mach das doch selbst!“, giftete Draco ihn an. Wofür hielt Cormac ihn? Für einen Auftragskiller? Beinahe hätte Draco aufgelacht, bis ihm diese zufällige Parallele zu seinem Auftrag Dumbledore zu töten auffiel und ihn prompt ernst werden ließ. Das durfte doch nicht wahr sein!
 

Was war dieser Cormac überhaupt für einer? Der benahm sich wie ein Slytherin – er war listig, ehrgeizig und stolz, vor allem auf sich selbst. Draco fand sowieso, dass ihm Grün viel besser stehen würde, als dieses abstoßende Rot von Gryffindor, welches einem nur in den Augen wehtat. Cormacs Augen waren auch so schön grün, wie Draco gerade feststellte.
 

Als der Slytherin sich dabei ertappte, wie er viel zu lange in die Augen des anderen starrte, wandte er schnell seinen Blick ab, straffte die Schultern und tunkte die Spitze seiner Feder ins Tintenglas. „Keine Chance. Wenn du mich jetzt bitte meinen Aufsatz weiterschreiben lassen würdest?“ Der schrieb sich ja leider nicht von selbst. Gerade, als Draco die Feder aufs Pergament setzte und den ersten Buchstaben schreiben wollte, spürte er Cormacs Hand auf seinem Unterarm.
 

„Bitte“, flüsterte die Stimme dicht an seinem Ohr und als Draco leicht den Kopf drehte, bestätigte sich seine Vermutung, dass der Gryffindor ihm mittlerweile viel zu nahe gekommen war.
 

„Ich würde alles dafür tun“, hauchte Cormac und Draco beunruhigte, wie er das Wörtchen alles betonte. „Wirklich alles“, fügte er auch noch hinzu und beseitigte damit Dracos letzten Zweifel. Bei Merlin, war er etwa so einer?! Das hatte ihm gerade noch gefehlt!
 

Nach einigen Sekunden legte sich der Schock über dieses offensichtliche Angebot, aber Draco wäre nicht Draco, wenn er nicht irgendwie einen Vorteil daraus schlagen könnte. Wie von selbst glitten seine Augen hinab auf den Tisch, auf dem noch immer sein Aufsatz über Verschwindezauber lag. Langsam bildete sich ein Lächeln auf seinen Lippen. Vielleicht war der Gryffindor ja doch zu etwas gut.
 

Draco legte seine Fingerspitzen auf das Pergament und schob es langsam hinüber zu Cormac.

Muggeltechniken

Draco stahl sich gerade klammheimlich aus dem Raum der Wünsche, um zum Abendessen zu gehen. Da er den ganzen Tag noch nichts gegessen hatte, rumorte bereits sein Magen. Hoffentlich hörte das niemand, denn das wäre ihm ausgesprochen peinlich. In diesem Gang waren erstaunlich viele Schüler unterwegs, vermutlich waren sie alle auf dem Weg in die Große Halle. Dass sich hier im siebten Stock ungewöhnlich viele Gryffindors aufhielten, war Draco schon öfters aufgefallen. Selbst Crabbe und Goyle würden in diesem Falle eins und eins zusammenzählen können.
 

Am liebsten hätte Draco ein bisschen spioniert und womöglich den Eingang zum Gryffindor-Gemeinschaftsraum gefunden. Wie dieser wohl aussah? Ob er ihn erkennen würde? Der Geheimgang zu dem Gemeinschaftsraum der Slytherins sah aus wie eine normale Steinwand und Unwissende würden nie auf die Vermutung kommen, dass sich dahinter die Gemächer der Slytherins befanden. Außerdem war der Eingang mit einem sich stetig änderndem Passwort geschützt, damit sich nicht jeder Zutritt dazu verschaffen konnte. Eine sehr schlaue Idee, wie Draco fand, und die dämlichen Gryffindors hatten bestimmt nicht solch ausgetüftelte Vorsichtsmaßnahmen getroffen.
 

Das Spionieren musste Draco leider verschieben, denn sich in der Nähe der Gryffindors aufzuhalten, bedeutete auch die Gefahr einzugehen, Cormac McLaggen über den Weg zu laufen und diesem versuchte er momentan aus dem Weg zu gehen. Das mit dem Aufsatz für Flitwick hatte gut funktioniert und dank Cormac hatte sich Draco ein Erwartungen übertroffen in Zauberkunst verdient. Aber leider erwartete Cormac für diese Gefälligkeit eine Gegenleistung, die Draco nicht vorhatte einzuhalten. Dass Draco dem Gryffindor aber mehr oder weniger ein Versprechen gegeben hatte, ignorierte der Slytherin und Cormac aus dem Weg zu gehen erwies sich nicht gerade als schwierig, da Draco seine meiste Zeit im Raum der Wünsche verbrachte und nur zum Unterricht und gelegentlich zu den Mahlzeiten den Raum verließ.
 

Kurz bevor Draco die Treppen erreicht hatte, ging er an zwei Schülern vorbei, einem Jungen und einem Mädchen, die nah beieinander standen. Bei dem Pärchen bekam Draco das Würgen. „Sucht euch ein Zimmer!“, meckerte er schlechtgelaunt drauflos. Ein Gryffindor-Pärchen. Wie widerlich! Was, wenn die sich auch noch vermehrten? Von denen gab’s doch schon so viele!
 

„Malfoy?“
 

Gerade als Draco seinen auf Hochglanz polierten Schuh auf die erste Treppenstufe stellen wollte, hielt er inne. Er reagierte, nicht, weil man ihn gerufen, sondern weil er die Stimme erkannt hatte. Stehen zu bleiben war ein fataler Fehler! Leider beschloss die Treppe just in diesem Moment sich zu verschieben, bewegte sich in die gegenüberliegende Richtung und vor Draco tat sich ein tiefer Abgrund auf, sodass ihm keine Möglichkeit mehr blieb, um abzuhauen. Langsam drehte er sich um und erkannte, dass Cormac dort stand, den Arm locker an der Wand abgestützt, an der das Mädchen lehnte. Dieses schaute Cormac verliebt an, aber für Draco hatte sie nur einen giftigen Blick übrig. Vermutlich, weil Draco sie gerade mit seiner Bemerkung bei was-auch-immer gestört hatte. Anscheinend schien es aber nicht so interessant gewesen zu sein, denn Cormac kam einfach auf Draco zu und ließ das Mädchen unbeachtet stehen. Verdattert starrte sie dem unhöflichen Gryffindor hinterher, machte mit ihrer Hand eine rüde Geste, die Cormac allerdings nicht sehen konnte, da er mit dem Rücken zu ihr stand, und rauschte aufgebracht davon. Womöglich in Richtung Gemeinschaftsraum. Draco versuchte einen Blick darauf zu erhaschen, aber Cormac versperrte ihm mit seinem riesigen Körper die Sicht. Als er in dessen Gesicht sah, musste er sich einem breiten Grinsen stellen.
 

„Was für ein Zufall, dass wir uns hier begegnen. Ich versuche schon länger dich mal zu erwischen, um mit dir reden zu können.“
 

Genau das hatte Draco befürchtet, weswegen er auch versucht hatte dem Gryffindor auszuweichen. Mission gescheitert. Jetzt musste er ihn nur irgendwie loswerden. Draco sah sich nach einer Fluchtmöglichkeit um und sagte währenddessen: „Ich wüsste nicht, was wir zu besprechen hätten.“
 

„Oh, doch“, sagte Cormac und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich denke, du weißt ganz genau, was ich meine.“
 

Genau in diesem Moment kehrte die Treppe zurück und rettete Draco somit das Leben, als hätte das Schicksal persönlich seine Finger im Spiel. Mit einem abfälligen Schnauben kommentierte Draco Cormacs letztens Satz und stieg die Treppen hinab, doch Cormac hatte ihn leicht eingeholt. Obwohl Draco sehr schnell ging und beinahe schon lief, schien es, als hätte der drahthaarige Junge neben ihm kein Problem Schritt zu halten, ganz so, als wäre es für ihn nur ein gemütlicher Spaziergang.
 

„Weißt du, es ist nicht mehr lange bis zum ersten Quidditch-Spiel“, begann Cormac das Thema anzusprechen, aber Draco wollte davon gar nichts hören. Er war gereizt, hungrig und hatte in der letzten Zeit kaum geschlafen. Und das Verschwindekabinett hatte er bisher auch noch nicht repariert, da konnte er nicht noch einen Gryffindor gebrauchen, der ihn nervte.
 

„Ziemlich unhöflich von dir das Mädchen einfach stehen zu lassen. Anstatt mir hinterher zu laufen solltest du zu ihr zurückgehen“, schlug Draco vor und hoffte, dass Cormac endlich verschwinden würde. Dieser drehte sich kurz um, als hätte er schon vergessen, dass er vor ein paar Sekunden noch mit einem Mädchen beschäftigt gewesen war, aber von dem Gang waren sie schon zu weit entfernt, um noch jemanden sehen zu können.
 

Der Gryffindor winkte nur ab und grinste. „Ach die, die hat mich eh nicht interessiert. Hab sie nur ein bisschen angeflirtet. Du weißt schon.“ Der Gryffindor ließ die Augenbrauen hüpfen, was Draco das Gesicht verziehen ließ. Davon wollte er gar nichts wissen. Unwillkürlich beschleunigte Draco seinen Schritt.
 

Er war sauer, sauer auf Cormac und sein unbekümmertes Leben. Alles, was den interessierte, waren Quidditch und Mädchen. Der wusste ja gar nicht, was sich außerhalb Hogwarts abspielte, dass sich der Dunkle Lord mit seinen Todessern zusammenraufte, um einen Krieg zu entfachen. Draco würde einiges dafür geben, mit Cormac tauschen zu können. Er wünschte sich, dass jemand anderes den Auftrag von Voldemort erhalten hätte Dumbledore zu töten und dass nicht er dazu gezwungen wurde, indem man ihn mit dem Leben seiner Familie erpresste. Ein Scheitern würde nicht nur Konsequenzen für ihn bedeuten, sondern auch für seine Eltern. Draco musterte den Jungen neben sich. Der Gryffindor wusste ja gar nicht, wie gut er es hatte.
 

Nachdem sie die Treppen hinter sich gelassen hatten, betraten sie einen mit Fackeln erleuchteten Gang. „Ich frage mich nur, wann du den Teil deiner Abmachung einhalten willst.“ Cormacs Frage brachte Draco dazu mit den Augen zu rollen. Der Gryffindor war selbst schuld, wenn er sich auf einen Handel mit einem Slytherin einließ. Jeder wusste doch, wie das enden würde.
 

„Ich habe dir nie mein Wort gegeben“, sagte Draco kühl. „Du hast einfach angenommen, dass ich dir helfen würde, aber ich habe nicht vor, dir einen Gefallen zu tun. Wieso sollte ich auch?“
 

Im nächsten Moment fand Draco sich gegen die Wand gepresst wieder. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er angsterfüllt in Cormacs Gesicht, welches nur wenige Zentimeter von seinem entfernt war. Seine grünen Augen blitzten gefährlich. „Ich mag es nicht, wenn man mich versucht zu verarschen, Malfoy.“
 

Draco blieb die Luft weg, aber nur, weil Cormacs Arm sie ihm abschnürte. Nur ein Gryffindor konnte sich so muggelmäßig aufführen. Das war das erste Mal, dass Draco Cormac so wütend sah und wenn er ehrlich war, gefiel es ihm gar nicht. Hier stand er nun, von einem Gryffindor gegen die Wand gepresst, der nicht nur älter, sondern auch großer und stärker war und außer ihnen war keiner in diesem Gang, sodass niemand Draco hören würde, wenn er um Hilfe schrie.
 

Für einen kurzen Augenblick musste Draco daran denken, dass Cormac kurz zuvor mit einem Mädchen in einer so ähnlichen Pose gestanden hatte. Der Kerl drückte wohl gerne Leute gegen Wände. Nur hatte es bei den beiden vorhin weniger schmerzhaft ausgesehen. An seinem Rücken spürte Draco schon die raue Steinwand, die seinen teuren Umhang zerkratzte. Hoffentlich holte er sich keine Schramme.
 

„Nimm deine dreckigen Pfoten weg, McLaggen.“
 

„Sonst was?“, fragte Cormac. Er war ihm so nahe, dass Draco bereits seinen Atem im Gesicht spüren konnte.
 

Draco würde sich niemals an Muggeltechniken bedienen und sich womöglich die Hand brechen, wenn er jemanden schlug, also griff er nach seinen Zauberstab. „Ich warne dich!“, drohte Draco, der sich mit seinem Zauberstab in der Hand wieder viel sicherer fühlte. „Treib es nicht zu weit!“
 

Cormac ließ erst locker, als er Dracos Stab an seiner Kehle spürte. Dass Draco diesen gezogen hatte, hatte der gar nicht bemerkt, da er viel zu beschäftigt damit gewesen war Draco wie ein Wahnsinniger in die Augen zu starren. Widerwillig ließ er seinen Arm sinken, musterte die gefährliche Waffe abschätzend, die auf ihn zielte, blieb aber immer noch gefährlich nahe an Draco stehen.
 

„Was hast du für meinen Aufsatz bekommen, hm, Malfoy? Mindestens ein Erwartungen übertroffen. Ich frage mich nur wieso es der tolle Draco Malfoy nicht hinbekommt, einen lächerlichen Aufsatz über Verschwindezauber zu schreiben. Das könnte jeder Erstklässler.“
 

Draco schnaubte. „Jetzt übertreib mal nicht!“ In seiner Ehre fühlte er sich beleidigt. Das hatte er nun wirklich nicht nötig, als dumm dargestellt zu werden. „Ich habe im Moment viel um die Ohren und Besseres zu tun, als so einen bescheuerten Aufsatz zu schreiben.“
 

Cormacs Gesichtsausdruck wechselte von vorwurfsvoll zu interessiert und Draco bemerkte, dass er zu viel von sich preisgegeben hatte.
 

„Wie auch immer“, begann Cormac ohne darauf einzugehen. „Wir hatten einen Deal. Halt dich gefälligst daran. Beim Quidditchspiel gegen Slytherin will ich dabei sein. Und ich will dann gegen dich spielen.“
 

Mit diesen Worten wandte Cormac sich ab und schritt mit wehendem Umhang davon. Erst als Dracos Magen erneut knurrte fiel ihm wieder ein, dass er ja in die Große Halle gehen wollte und so setzte er seinen Weg, mit einem angemessen Abstand zu dem Gryffindor fort.
 

Dieser hatte Draco dazu gebracht über das kommende Quidditchspiel nachzudenken, nur dass Draco nicht vorhatte, an diesem Spiel teilzunehmen. Er konnte es sich nicht leisten sich zu verletzen und seine kostbare Zeit im Krankenflügel zu verschwenden. Während des Spiels würden sich sämtliche Personen außerhalb des Schlosses befinden und somit bot sich ihm eine Gelegenheit, die er sich ungern entgehen lassen wollte.
 

Ein bisschen froh darüber, dass er nicht gegen Cormac spielen musste, war er schon. Aber was hätte der als Hüter auch schon mit ihm anstellen wollen? Ihn davon abhalten in die Nähe der Torringe zu fliegen? Das hatte Draco ja auch nicht vor, es sei denn, der Schnatz würde dort herumfliegen. Wenn man es genau nahm, war der Hüter derjenige, mit dem er als Sucher am wenigsten zu tun hatte. Sucher kamen sich meist in die Quere, wenn jeder von ihnen versuchte als Erster den geflügelten Ball zu erreichen, aber dieses Aufeinandertreffen verlief meist harmlos. Die Treiber konnten ihm zum Problem werden und ihm mit einem Klatscher vom Besen werfen. Aber Cormac war ja kein Treiber, das hatte er oft genug betont.
 

Tatsache war, Cormac würde nicht in die Gryffindor-Mannschaft aufgenommen werden. Zumindest nicht, wenn nicht noch ein Wunder geschah. Draco erwischte sich dabei, wie er tatsächlich über seine Bitte nachdachte. Weasley unschädlich zu machen übte durchaus einen Reiz auf ihn aus. Vielleicht bot sich ja die Gelegenheit ihn irgendwann mal in einem unbeobachteten Moment auf den Gängen zu verhexen. Ein paar nette Furunkel oder so etwas in der Art.
 

Alles weitere als einen Schülerstreich konnte er sich aber nicht erlauben. Wenn man ihn dabei erwischte, wie er Weasley etwas in den Kürbissaft kippte, würde er letztendlich in Askaban landen und sich mit seinem Vater eine Zelle teilen. Dem Dunklen Lord würde das ganz sicher nicht gefallen.
 

In der Großen Halle angekommen setzte Draco sich an den Slytherintisch und nahm sich ein wenig von den üppig gefüllten Schalen und Tellern. Während er aß, wanderte sein Blick in Richtung der Gryffindors. Es war unsinnig darüber nachzudenken einem Gryffindor zu helfen, fand Draco. Er würde sich nicht an die Abmachung halten, die in seinen Augen sowieso nie geschlossen wurde und weiterhin nur an sich selbst denken, denn so war er in den letzten Jahren gut durchgekommen.
 

Der Tag des Quidditchspieles kam und Ron Weasley lieferte als Hüter der Mannschaft von Gryffindor ein grandioses Spiel. Cormac musste das Spiel gegen Slytherin von den Zuschauertribünen aus mit ansehen und konnte sich bei dem Sieg seines Hauses nicht so sehr freuen, wie er eigentlich sollte.

Quid pro quo

Draco war schlecht. Speiübel. Am liebsten hätte er sich übergeben und die Schande aus sich heraus gewürgt. Wenn er sich jetzt schon so schuldig fühlte, wie würde es sich dann erst anfühlen, wenn er wirklich jemanden umbrachte?
 

Wie ein Lauffeuer hatte die Nachricht sich im Schloss verbreitet, dass Ron Weasley im Krankenflügel lag, aber da Draco nach wie vor die meiste Zeit im Raum der Wünsche verbrachte, hatte er es erst sehr spät von Pansy beim Frühstück erfahren. Ron Weasley hatte den vergifteten Met getrunken, den Draco geschickt ins Schloss schmuggeln konnte. Erneut war sein Plan gescheitert, wie zuvor schon bei der verfluchten Kette. Und das verdammte Verschwindekabinett war immer noch kaputt!
 

Draco hasste sich. Nichts bekam er hin, dabei hing so viel von ihm ab. Zwei Menschen hatte er unbeabsichtigt geschadet. Sein schlechtes Gewissen trieb ihn in den Wahnsinn, was er allerdings niemals sich selbst gegenüber eingestehen würde. Nachdem er von Weasleys Unfall erfahren hatte, war Draco zum Krankenflügel gegangen. Nur einen kurzen Blick wollte er auf ihn werfen, sich mit eigenen Augen davon überzeugen, dass es ihm gut ging, denn das hätte seine Schuldgefühle vielleicht ein kleines bisschen gelindert. Minutenlang hatte er vor den verschlossenen Türen des Krankenflügels gestanden und mit sich selbst gehadert, war dann letztendlich aber wieder gegangen.
 

Mittlerweile war es März und Draco hatte mehrere Monate keinen Gedanken mehr an Cormac McLaggen verschwendet, bis er ihm eines Tages über den Weg lief. Draco kam gerade als Letzter verschlafen vom Turmzimmer, in dem Wahrsagen unterrichtet wurde und wo er aufgrund der parfümierten Luft und der Hitze – und womöglich trug auch der Schlafmangel einen gehörigen Anteil dazu bei – beinahe eingeschlafen wäre, als der Gryffindor auf der Wendeltreppe plötzlich vor ihm stand und Draco fast in ihn hineingelaufen wäre.
 

Draco blinzelte ein paar Mal, bis er den großen, drahthaarigen Jungen erkannte. Den hatte er ja auch schon eine Ewigkeit nicht mehr gesehen. Dann fiel ihm auch wieder ein, wieso nicht: Draco hatte sich die letzten Monate erfolgreich vor dem Gryffindor verstecken können, denn der war ziemlich sauer darüber gewesen, dass Draco sein Versprechen, welches aus slytherinscher Sicht niemals gegeben wurde, nicht eingehalten hatte. Angesichts seiner Müdigkeit brauchte Draco jedoch einen Moment, um diese Information zu verarbeiten, doch als er sich dessen bewusst wurde, war es für eine Flucht schon zu spät. Statt wütend über ihn herzufallen grinste der Gryffindor ihn jedoch an. Jetzt war Draco total verwirrt.
 

„Ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben“, sagte Cormac, der Draco regelrecht anstrahlte. „Eigentlich hatte ich vor, dir den Arsch aufzureißen, wenn ich dich das nächste Mal sehe, aber jetzt würde ich dich am liebsten küssen!“
 

„Bitte nicht“, antwortete Draco mit einem angewiderten Unterton. Er wusste ja, dass er unwiderstehlich war, aber die Vorstellung, dass Cormac ihn küsste … Das wollte er nicht einmal denken! Als Cormac dann allerdings auch noch einen Schritt näher trat und einen Arm nach ihm ausstreckte, war Draco wieder hellwach und hüpfte erschrocken eine Treppenstufe zurück. Der Gryffindor ließ sich davon nicht verunsichern und legte seine Hand auf Dracos Schulter, um sie freundschaftlich zu tätscheln. Mit vor Freude geschwollener Brust sagte er: „Danke, dass du Weasley für mich aus dem Weg geräumt hast.“
 

Dracos Gesichtszüge entgleisten für einen Moment. Wegen ihrer blöden Abmachung wusste Cormac jetzt, dass es Dracos Verdienst war, dass das Wiesel im Krankenflügel lag. Draco wurde schon wieder ganz schlecht.
 

„Keine Panik, ich verrat’s keinem“, versicherte Cormac. Er schien wirklich zu glauben, dass Draco dahintersteckte. Tat er ja auch, nur dass Cormac ein anderes Motiv vermutete. „Sag mal, du hast nicht zufällig auch etwas mit Katies Unfall zu tun?“
 

Draco erstarrte.
 

„Ich mache nur Witze. Du solltest dein Gesicht sehen, Malfoy.“ Jetzt lachte Cormac ihn auch noch aus. Das laute Gelächter hallte von den Wänden wider. „So etwas traue ich nicht einmal dir zu.“
 

Draco fühlte sich mies. Richtig mies. Während Cormac alles für einen Witz hielt und immer noch lachte, war es für Draco ein wahrer Alptraum. Am liebsten hätte er sich in die Ecke gestellt und sich in Grund und Boden geschämt. Er konnte nur hoffen, dass der Gryffindor dicht hielt und nicht im Schloss herumerzählte, dass Draco Schuld an Weasleys Misere war. Es war klar, wem man mehr glauben würde, wenn man zwischen einem Gryffindor und einem Slytherin wählen musste.
 

Aber zumindest hatte sich ein Problem für ihn gelöst. „Das heißt, wir sind quitt?“ Cormac nickte begeistert. Wenigstens hatte Draco die Nervensäge jetzt nicht mehr an der Backe. Leider war das für ihn momentan von Allem nur das kleinste Übel.
 

„Also bist du jetzt in der Mannschaft?“ Wieso Draco das fragte, konnte er selbst nicht verstehen. Was interessierte es ihn, ob sich Cormacs größter Wunsch endlich erfüllte? Wäre es nach ihm gegangen, hätte der auch die letzten beiden Spiele von den Tribünen aus mit ansehen können.
 

„Na klar! Nachdem das mit Weasley passierte ist Potter sofort zu mir gekommen und hat mich praktisch angefleht als Hüter einzuspringen.“ Dass das stimmte, bezweifelte Draco. Amüsiert hob sich sein rechter Mundwinkel. Cormac war so ein Angeber. Der hatte sich mittlerweile lässig gegen die Wand gelehnt, während er redete und die Arme vor der Brust verschränkt, was den Anschein weckte, dass er nicht so schnell vorhatte seinen Weg zum Wahrsagenzimmer fortzusetzen. Wenn Draco seinen Redeschwall nicht stoppte, würde Cormac vermutlich stundenlang nur von sich erzählen. „Ich bin der Beste für diesen Job“, prahlte er weiter. „Potter wird das schon erkennen. Er hätte einen Fehler gemacht, wenn er mich nicht genommen hätte und wir wissen, Potter macht keine Fehler. Wahrscheinlich lässt er mich dann auch gleich in der Mannschaft. Egal ob sich Weasley erholt oder nicht.“
 

Dracos Husten war nur ein getarnter Lacher. Dieser Kerl war wirklich sehr von sich selbst überzeugt.
 

„Wieso hast du beim Quidditch eigentlich nicht mitgespielt?“, wollte Cormac interessiert wissen und Draco suchte schon nach einer Ausrede, bis ihm bewusst wurde, dass er ihm ja gar keine Rechenschaft schuldete.
 

„Wüsste nicht, was dich das angeht.“ Seine kühle Antwort schien Cormac nicht im Geringsten zu kränken.
 

„Tja, auch wenn du mitgespielt hättest, hättet ihr wohl trotzdem verloren.“
 

„Sonst noch was?“, fragte Draco genervt, der diese Unterhaltung langsam beenden wollte. Er stand hier schon viel zu lange mit diesem Typen. Die Stimmen und Schritte von den Schülern, die sich auf den Weg zu Wahrsagen machten, hallten bereits zu ihnen hinauf. Es wäre nicht gut für seinen Ruf, wenn man Draco hier mit einem Gryffindor zusammen sehen würde. Womöglich würde da jemand noch etwas hinein interpretieren.
 

„Sieh dir das Spiel an, du wirst begeistert sein“, versicherte Cormac zwinkernd und hielt beide Daumen hoch.
 

„Potter wird den Schnatz fangen. Wie jedes Mal“, sagte Draco ungerührt. „Langsam wird es langweilig. Aber vielleicht kannst du ihn ja für mich vom Besen werfen. Das wäre mal etwas Neues“, schlug Draco vor. Das letzte Mal, dass Potter vom Besen fiel, war nämlich schon wieder drei Jahre her. Noch dazu kam, dass die blöde Brillenschlange ihm im Moment ein bisschen zu doll herumschnüffelte. Potter hielt sich auffallend oft in der Nähe vom Raum der Wünsche auf, als würde er etwas ahnen. Draco hatte keine Lust, dass der ihm irgendwann auf die Schliche kam.
 

„Ich kann doch nicht meinen eigenen Kapitän–“, wollte Cormac sich beschweren, als Draco ihn unterbrach. Dass das nur ein Scherz gewesen war, hatte der wohl nicht geschnallt. Gryffindors gaben so viel auf ihre Ehre, dass sie nicht einmal beim Quidditch betrogen.
 

„Vergiss es einfach“, sagte Draco und quetschte sich auf der engen Wendeltreppe an Cormac vorbei und achtete pingelig genau darauf ihn nicht zu berühren, was ihm zum Glück auch gelang.
 

„Ach, bevor ich es vergesse“, begann Cormac und Draco stöhnte genervt auf. Gerade als er sich umdrehte, um ihn anzublaffen, was er denn jetzt noch wollte – schließlich waren sie ja nun quitt – fand er sich plötzlich in einer stürmischen Umarmung wieder.
 

„Danke! Das wird der beste Tag meines Lebens!“ Cormac drückte ihn fest an sich und seine starken Arme legten sich um Draco wie eine Zwangsjacke, sodass er sich nicht mehr rühren konnte und ihm das Atmen schwer fiel. Völlig überfordert mit dieser Situation wusste er nicht, was er tun sollte. Seine Hände hingen unentschlossen an seinen Seiten, erst später kam ihm der Gedanke, dass er sie ja auch gebrauchen konnte, um Cormac einfach wegzuschubsen. Bevor Draco sein Vorhaben in die Tat umsetzen konnte, ließ der Gryffindor ihn auch schon wieder los und die angenehme Wärme, die der fremde Körper ausgestrahlt hatte, verschwand.
 

Winkend und außerdem auch noch unverschämt grinsend stieg der Gryffindor die Treppenstufen empor. Draco sah ihm auch dann noch hinterher, als der schon längst außer Sicht war. Erst die anderen Siebtklässler, die zu Wahrsagen wollten und ihn unfreundlich anschnauzten, er solle den Weg freimachen, rissen ihn aus seiner Starre.
 

* * *
 

Die Zuschauer auf den Tribünen teilten sich in die Farben Rot und Gelb auf und feuerten die Spieler an. Mehrere Banner waren von den Schülern gebastelt worden, auf denen Anfeuerungssprüche standen und Lovegoods gewaltigen Löwenkopf konnte man bis zu den Slytherins hinüberbrüllen hören, nur dass er diesmal von Longbottom getragen wurde, da die Schülerin aus Ravenclaw das Spiel kommentierte. Draco stand zwischen seinen Hauskameraden und fragte sich, was ihn geritten hatte tatsächlich hierher zu kommen.
 

Mit dem blöden Verschwindekabinett kam er einfach nicht weiter und womöglich würde ihm die frische Luft gut tun, denn er hatte sich schon lange nicht mehr außerhalb des Schlosses aufgehalten. In den Kerkern war es ziemlich stickig und der Raum der Wünsche hatte auch keine Fenster. Vielleicht hätte Draco sich auch einfach Fenster wünschen können, er wusste es nicht. Schlafmangel, wenig Essen und der ständige Druck sorgten dafür, dass Draco kurz vor einem Zusammenbruch stand und nicht mehr klar denken konnte. Frischer Sauerstoff würde da bestimmt helfen.
 

Eine Weile lang sah sich Draco das Spiel bereits an und hatte feststellen müssen, dass Cormac doch nicht so schlecht war, wie er zunächst angenommen hatte. Der Hüter flog Ausschau haltend immer wieder vor den Torringen umher, sodass der rote Umhang flatternd hinter ihm herwehte. Die meisten Bälle hielt er problemlos, nur wenige entwischten ihm. Als Hüter machte er einen guten Job. Die Worte, mit denen Cormac sich damals in der Bibliothek beschrieben hatte, konnte Draco nur bestätigen: Er hatte Reflexe wie eine Raubkatze.
 

Die Position des Hüters war für Draco allerdings so unterhaltend wie ein Flubberwurm und schon bald befasste er sich mit etwas Spannenderem, wie der Suche nach dem Goldenen Schnatz. Den konnte er allerdings genauso wenig finden, wie die beiden Sucher und schob es darauf, dass er von den Tribünen aus keine gute Sicht hatte, von daher widmete er seine Aufmerksamkeit lieber den Wolkengebilden, auf die Lovegood hinwies, anstatt das Spiel zu kommentieren. Draco starrte gerade eine fluffig-weiße Wolke an, die eine verblüffend große Ähnlichkeit mit Snape hatte, als die verträumte Stimme der Kommentatorin ihn aus den Gedanken riss. „Oh, seht mal! Der Hüter von Gryffindor hat das Schlagholz von einem Treiber in der Hand.“*
 

Sämtliche Köpfe drehten sich in die gleiche Richtung, um den besagten Hüter zu fixieren. Was zur Hölle trieb Cormac da? Draco schien irgendetwas Wichtiges nicht mitbekommen zu haben. Aus dieser Entfernung konnte er nichts Genaueres erkennen, auch nicht, als er sich über die Absperrung weiter nach vorne lehnte. Allgemeine Verunsicherung erfasste die Zuschauer und keiner konnte sagen, was als nächstes geschehen würde. Einige Slytherins verhöhnten den trotteligen Hüter, der anscheinend nicht wusste, wie man Quidditch spielte, denn das Schlagholz war ausschließlich für die Treiber gedacht. Rechts neben Draco brüllte Goyle ziemlich nahe an seinem Ohr ein paar wüste Beschimpfungen und sorgte beinahe dafür, dass er taub wurde.
 

Dann sah Draco, wie Potter wie ein Irrer in Mordsgeschwindigkeit auf Cormac zuraste – und der verwechselte Potters Kopf wohl mit einem Klatscher. Draco glaubte das Knacken bis zu ihm hinauf hören zu können. Ein Raunen ging durch die Menge, gefolgt von entsetzten Schreien seitens der Gryffindors. Die Slytherins um Draco herum johlten, als Harry Potter vom Besen fiel und dann, alle Viere von sich gestreckt, auf dem sandigen Boden landete. Eine meterhohe Sandwolke bildete sich und verbarg die Sicht auf den verletzten Sucher.
 

Verwundert hob Draco eine Augenbraue. Cormac hatte Recht gehabt. Er war tatsächlich begeistert. Zum Glück hatte er dieses Spiel nicht verpasst.

Hubert

Für die Slytherins war Cormac McLaggen ein Held. Nachdem er beim Quidditchspiel – Gryffindor gegen Hufflepuff – Potter mit einem Treiberschläger k.o. geschlagen hatte, genoss er großes Ansehen bei den Kerkerbewohnern. Jedes Mal, wenn Cormac die Große Halle betrat, erntete er donnernden Applaus seitens der Slytherins, woraufhin er vor Zorn rot anlief und immer, wenn er einem Slytherin begegnete oder an einem vorbeilief, schüttelten sie ihm die Hände, tätschelten freundschaftlich seine Schulter oder gratulierten ihm zu seinem Erfolg, was er zähneknirschend über sich ergehen ließ.
 

Die Schulkameraden aus seinem eigenen Haus waren allerdings nicht so erfreut über das, was beim Quidditchspiel geschehen war. Das Ausknocken ihres Suchers hatte zu einer Niederlage Gryffindors geführt und dass auch noch jemand aus ihrem eigenen Haus daran Schuld war, konnten sie nicht verzeihen.
 

Das Spiel lag bereits eine Woche zurück und immer noch war es das Gesprächsthema Nummer eins. Selbst Draco konnte sich ein gemeines Grinsen nicht verkneifen. Cormac hatte seinen Vorschlag, er solle Potter vom Besen werfen, wohl ein wenig zu ernst genommen. Er glaubte allerdings nicht daran, dass diese Tatsache etwas mit ihm zu tun hatte. Vermutlich handelte es sich nur um einen dummen Zufall. Keinesfalls glaubte er, Cormac hätte dies mit Absicht getan. Oder vielleicht doch? Womöglich ging der berühmte Harry Potter schon seinen eigenen Hauskameraden so gewaltig auf die Nerven, dass selbst die Gryffindors die Gelegenheit wahrnahmen ihn zum Schweigen zu bringen.
 

Im Augenblick befand sich Draco im berühmt berüchtigten siebten Stock, der zu dieser späten Stunde allerdings ziemlich ausgestorben war. Seine Füße trugen ihn direkt zum Raum der Wünsche, doch als er in einer versteckten Nische im Vorbeigehen lockiges Haar erkannte, blieb er abrupt stehen. Es war immer gut, versteckte Nischen und Geheimgänge zu entdecken und sie auszukundschaften. In seinem fünften Schuljahr hatte Draco gerne solche Orte aufgesucht, um Pärchen beim Knutschen zu erwischen und ihnen dann dank seiner Macht als Vertrauensschüler Strafarbeiten aufhalsen und Punkte abziehen zu können.
 

Dieser Platz war ihm aber neu, nur das lockige, hellbraune Haar kam ihm bekannt vor. Kurz suchte Draco den langen von Rüstungen und Gemälden verzierten Gang ab und als er niemanden entdeckte, schlich er sich leise an und warf dann einen vorsichtigen Blick in die Nische.
 

Dort saß, wie vermutet, Cormac McLaggen, gegen die Wand gelehnt, die langen Beine dicht an den Körper gezogen und die Arme darum geschlungen. Er war zusammengesunken wie ein nasser Sack und starrte aus dem Fenster, gegen dessen Scheibe der heftige Regensturm prasselte, der draußen schon seit Stunden tobte.
 

„Der versteckt sich da drin schon den ganzen Tag“, sprach eine kleine, alte Hexe mit Spitzhut aus dem Gemälde von gegenüber und schüttelte mitleidig den Kopf.
 

Draco ging in die Nische hinein und hockte sich neben Cormac, war mit ihm somit auf einer Augenhöhe, doch der wich seinem Blick stur aus.
 

„Haben sie dich verstoßen?“, fragte Draco belustigt.
 

„Ha, ha“, machte der schmollende Gryffindor freudlos. „Lach ruhig. Das ist alles deine Schuld, Malfoy.“
 

„Stimmt, mir hast du es zu verdanken, dass du beim Spiel mit dabei sein konntest. Das war der beste Tag in deines Lebens, wenn ich mich recht erinnere.“ Das hatte Cormac zumindest an dem Tag auf der Treppe gesagt, als er Draco beinahe zerquetscht hätte. Der schmollte aber jetzt nur noch mehr. „Beim nächsten Mal hältst du dich einfach ein wenig zurück“, schlug Draco vor, der versuchte, sich das Lachen zu verkneifen.
 

„Du glaubst doch nicht, dass sie mich jetzt noch mal mitspielen lassen.“ Cormac stieß einen niedergeschlagen Seufzer aus, der Draco dazu brachte, so etwas Ähnliches wie Mitleid zu empfinden. „Ich muss nachsitzen bei McGonagall – drei Wochen lang!“ Deprimiert schüttelte er den Kopf. „Das ist alles deine Schuld“, wiederholte Cormac leise.
 

„Du hättest ja nicht auf mich hören brauchen. Im Ernst, wer kommt schon auf die hirnrissige Idee, seinen eigenen Kapitän vom Besen zu werfen? Das war wirklich das Dümmste, was du machen konntest.“
 

„Das. War. Ein. Versehen!“
 

„Lass den armen Jungen in Ruhe, Bursche!“, ertönte die Stimme eines Mannes, welche einem Zauberer aus einem der Gemälde gehörte. „Der leidet schon genug. Da muss nicht noch so ein dahergelaufener Einfaltspinsel Salz in die Wunde streuen!“
 

Draco sprang auf und guckte aus der Nische heraus, erspähte sofort das Porträt eines ihn böse anfunkelnden Zauberers, der in seinem Gemälde in Ritterrüstung auf einem großen, weißen Pferd saß und bedrohlich seine Lanze schwang.
 

„Halt die Klappe, sonst fliegst du aus dem Fenster!“, zischte Draco gefährlich und drohte ihm mit seiner Hand, die er zu einer Faust ballte. Jetzt tadelte ihn schon ein Porträt eines längst verstorbenen Zauberers! Wenn Dracos Vater noch dem Schulrat angehören würde, dann könnte er sich bei ihm beschweren und er würde dafür sorgen, dass in diesem verkommenen Schloss mal gehörig aufgeräumt werden würde. Angefangen bei den dreisten Porträts, die es wagten, einen Malfoy zurechtzuweisen!
 

Leider saß sein Vater ja in Askaban ...
 

Seine Probleme selbst zu lösen war für Draco dann doch eine Nummer zu hoch, also beschloss er es vorerst bei seiner Verwarnung zu belassen. Als Draco sich wieder umdrehte und dem nun wieder schweigendem Porträt somit den Rücken kehrte, saß Cormac immer noch niedergeschlagen in der Nische und starrte schmollend aus dem Fenster. Draco war hin- und hergerissen. Einerseits wollte er gehen, natürlich nicht ohne vorher noch einmal eine spöttische Bemerkung über den Gryffindor fallen zu lassen, andererseits tat Cormac ihm Leid, wie er da allein in seiner Ecke saß und dabei so traurig und niedergeschlagen aussah. Draco fühlte sich tatsächlich ein wenig schuldig und er hasste es, ein schlechtes Gewissen zu haben. Das kam Salazar sei Dank auch nur sehr selten vor. Auf seiner Unterlippe kauend überlegte er, wie er ihn aufheitern könnte. Ihm kam eine Idee.
 

„Komm, McLaggen, ich zeig dir was Schönes.“ Neugierig sah Cormac auf und Draco wollte ihm seine Hand entgegenstrecken, aber als er merkte, wie peinlich das war, ließ er sie wieder sinken und steckte sie vorsichtshalber in seine Umhangtasche.
 

„Was denn?“ Cormac sprang auf und das Interesse war ihm für einen Moment deutlich ins Gesicht geschrieben, aber dann zog er misstrauisch die Augenbrauen zusammen. „Du hast doch keine krummen Dinger mit mir vor, oder?“
 

„Papperlapapp! Komm mit“, sagte Draco und grinste leicht. Er würde ihm etwas zeigen, was ihn immer aufheiterte. Das würde Cormac bestimmt gefallen. Es befand sich im Raum der Wünsche, den sie in weniger als einer Minute erreichten. Vor der schlichten Steinmauer, die zu dem versteckten Raum führte, blieb Draco schließlich stehen.
 

„Du willst mit mir in den Raum der Wünsche?“, staunte Cormac und sah ihn aus großen Augen an.
 

Statt zu antworten lächelte Draco allerdings nur vielversprechend und öffnete die Tür, die sich in der Zwischenzeit offenbart hatte. Dass Cormac diesen Raum schon kannte, wunderte Draco nicht, denn nachdem im letzten Schuljahr die Mitglieder von dieser Dumbledore verehrenden Schülerorganisation ihre Treffen dort abgehalten hatten – welche Draco mit seinem ausgezeichneten Spürsinn entdeckt und anschließend vernichtet hatte –, war dieser Raum nun bei fast allen Schülern bekannt und außerdem auch sehr beliebt. Da Draco diesen Raum allerdings die meiste Zeit für sich beanspruchte kam kaum noch ein Schüler mehr hinein.
 

Die beiden Jungen betraten den Raum und nachdem die Tür sich hinter ihnen schloss, drehte Draco sich zu Cormac und sagte: „Komm mit, es ist – Hmpf!“
 

Innerhalb eines Wimpernschlages hatte Cormac Dracos Gesicht mit beiden Händen umfasst, den Blonden an sich gezogen und seine Lippen auf seine gepresst. Panisch riss Draco seine Augen auf, versuchte das Gesicht wegzudrehen, aber Cormacs Hände lagen immer noch an seinen Wangen und hielten ihn fest, sodass er nicht zurückweichen konnte. Erst ein kräftiger Schubs von Draco sorgte dafür, dass Cormac von ihm abließ.
 

„Was soll das denn?!“, fuhr Draco ihn wütend an und wischte sich mit der rechten Hand über den Mund. Er spürte, wie sein Gesicht anfing zu glühen. Ein Junge hatte ihn geküsst! Bei Salazar, er wusste doch, dass der Gryffindor so einer war. Dabei hatte er fast angefangen ihn nett zu finden.
 

„Ich dachte, du wolltest das?“, antwortete Cormac und sah ihn verdutzt an.
 

„Was? Nein!“, antwortete Draco aus einem Impuls heraus, obwohl er bisher eigentlich noch nicht darüber nachgedacht hatte, ob er so etwas wollte.
 

„Oh.“ Eine unangenehme Pause entstand, in der Draco peinlich berührt auf seine Schuhe starrte. Cormac räusperte sich. „Ähm ... Nur damit wir uns nicht falsch verstehen ... Du bist mit mir in den Raum der Wünsche gegangen und wolltest mir“, er räusperte sich erneut, „etwas Schönes zeigen.“
 

„Du bist pervers, McLaggen!“
 

„Alle Pärchen gehen in den Raum der Wünsche um … Na du weißt schon.“ Mit der Hand machte er eine erklärende Geste und Dracos Gesicht verlor alle Farbe. Seine Knie wurden ganz wabbelig.
 

„Bei Merlins Bart“, hauchte er mit schwacher Stimme, als ihm klar wurde, was Cormac mit ihm vor einem Moment noch anstellen wollte. Im Augenblick fühlte er sich ziemlich kraftlos und würde sich am liebsten irgendwo hinsetzen. Wenn er jetzt so drüber nachdachte, bemerkte Draco, dass seine Umschreibung wohl tatsächlich leicht falsch zu interpretieren war.
 

Cormac hob abwehrend die Hände. „Selbst Schuld wenn du so etwas sagst. Das kann man ja nur falsch verstehen. Ich dachte, du würdest dich erkenntlich zeigen wollen.“
 

„Wovon, bei Salazar, redest du da schon wieder?“
 

„Ich hab deine Hausarbeiten für Flitwick gemacht und dafür hast du mir geholfen ins Quidditch-Team zu kommen. Demnach waren wir quitt“, erklärte Cormac. „Jetzt habe ich Potter für dich in den Krankenflügel befördert und dafür bekomme ich ...? Na? Du bist mir etwas schuldig, Malfoy. Eine Hand wäscht die andere.“
 

„Aber du hast gesagt, es war ein Versehen.“
 

Cormac zuckte mit den Achseln. „Hab meine Meinung geändert.“
 

Draco fühlte sich sehr unwohl in seiner Haut. Er wollte nicht darüber nachdenken, was der Gryffindor wollen könnte, denn dieses Mal hatte es bestimmt nichts mit Quidditch zu tun. Erneut zog sich ein zartes Rosa über seine Wangen. Cormac hatte sich geschnitten wenn er dachte, dass man ihn so leicht rumkriegen konnte. Draco nahm sich vor nie wieder in der Schuld von jemand anderem zu stehen. Das brachte ihm nur Ärger. Aber jetzt brauchte er erst einmal ein überzeugendes Argument. „Vorschlag“, begann Draco und verschränkte abwehrend die Arme vor der Brust. „Ich werde niemals irgendwem gegenüber erwähnen, was hier eben gerade vorgefallen ist. Damit zeige ich mich ziemlich erkenntlich, findest du nicht?“
 

„Okay, okay.“ Cormac versuchte sein Augenrollen vor Draco zu verstecken, aber der hatte es sehr wohl gesehen. „Du benimmst dich wie ein Mädchen, Malfoy. Ist doch halb so wild. Das war doch nur ein Kuss.“ Draco schnaubte. Für Cormac war das wohl nichts Besonderes, aber der drückte ja auch gern Leute gegen Wände. Ein komischer Typ war das.
 

Dass er den Gryffindor mit in den Raum der Wünsche genommen hatte bereute Draco schon. Monatelang versuchte er zu verheimlichen, dass er sich hier herumtrieb, damit ihm niemand auf die Schliche kam und jetzt führte er jemanden – auch noch einen Gryffindor! – geradewegs hierher? Draco wollte sich für seine Unvorsichtigkeit am liebsten ohrfeigen.
 

„Also, was wolltest du mir zeigen?“ Cormac hatte die Hände in die Hosentaschen gesteckt und sah sich neugierig im Raum um.
 

Eigentlich wollte Draco ihm nun gar nichts mehr zeigen. Cormac sah nicht mehr so aus, als müsste er aufgemuntert werden. Für Dracos Geschmack war er bereits wieder viel zu fröhlich. Aber wo sie schon mal hier waren konnte er es ihm auch zeigen, denn wenn Draco ihm jetzt nicht etwas Interessantes vorsetzte, würde Cormac vielleicht annehmen, Draco hätte ihn doch hierher gebracht, um zu knutschen.
 

Wenige Meter entfernt befand sich ein Käfig aus Metall, was bereits leicht zu rosten begann. In diesem Käfig saß ein kleiner, weißer Vogel auf seiner Stange. Als Draco die Käfigtür öffnete, flog er hinaus und kreiste zwitschernd ein paar Mal um Dracos Kopf, bis er sich auf seiner ausgestreckten Hand niederließ. Draco streichelte vorsichtig den kleinen Kopf des Vogels, dann hielt er ihn Cormac hin.
 

Mit gerunzelter Stirn musterte Cormac das kleine Federvieh. „Wieso sollte ein Vogel mich aufheitern?“
 

„Mich muntert er immer auf“, erwiderte Draco leise und streichelte den kleinen piepsenden Vogel in seiner Hand. Cormac kam, immer noch stirnrunzelnd, einige Schritte näher, um sich den Vogel besser ansehen zu können. Draco mochte zwar keine Tiere, aber der Kleine war ihm bereits ans Herz gewachsen. Einst hatte das Tierchen einen Bruder gehabt und seitdem der nicht mehr da war, verspürte Draco das Gefühl sich um ihn kümmern zu müssen.
 

„Hat der Vogel einen Namen?“, fragte Cormac.
 

Draco vermied den Blick auf den anderen Jungen. Ihm war immer noch unangenehm, was vor einigen Minuten zwischen ihnen geschehen war. „Nein.“
 

„Aber er braucht doch einen Namen!“ Cormac nahm ihm vorsichtig den Vogel ab und betrachtete ihn genauestens, dann streichelte er ihm mit dem Zeigefinger vorsichtig über den Kopf. „Ich nenne dich Hubert, kleiner Piepmatz.“ Der Vogel piepste vergnügt.
 

Draco schnaubte. „Hubert ist ein bescheuerter Name!“ Er nahm ihm den Vogel wieder ab, achtete aber darauf vorsichtig zu sein, damit er dem Kleinen nicht wehtat. „Außerdem ist er mein Vogel. Ich allein kann ihm einen Namen geben.“
 

Dein Vogel? Okay, dann schieß mal los“, forderte Cormac, verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihn abwartend an. Durch das dämliche Grinsen auf seinem Gesicht konnte Draco sich allerdings nicht gut konzentrieren. Er starrte den Vogel eine Weile an, kniff die Augen zusammen und überlegte angestrengt. Als ihm aber kein Name einfiel, sagte er etwas kleinlaut: „Hubert ist ganz okay.“
 

Cormac grinste selbstgefällig. „Sag ich doch.“
 

Hubert flatterte in die Luft und schwirrte den beiden Jungen zwitschernd um die Köpfe. Gedankenverloren sah Draco ihm hinterher. Der Kleine war wirklich niedlich. Draco hoffte nur, dass dieser Vogel wenigstens das Verschwindekabinett überleben würde, denn sonst würde der Käfig bald leer bleiben und im Raum der Wünsche würde es ohne das ständige Gezwitscher wieder beunruhigend still werden.
 

Wenig später fing Draco den Vogel wieder ein und sperrte ihn zurück in den Käfig. Dabei spürte er Cormacs Blick auf sich, der ihn die ganze Zeit über beobachtet hatte.
 

„Was ist?“, fragte Draco. Das Starren war ihm unangenehm.
 

„Ich glaub, du brauchst einen Freund.“
 

Draco drehte sich langsam um und sah Cormac abschätzend an, um in Erfahrung zu bringen, was er nun wieder im Schilde führte. Seine Gedanken waren ihm schleierhaft. „Ich habe genug Freunde.“
 

„Hubert zählt nicht.“ Cormac lachte, dann legte er kumpelhaft einen Arm um Draco und zog ihn an sich, ließ auch dann nicht locker, als Draco versuchte sich aus dem festen Griff zu befreien. „Ich werde dein Freund sein und ich weiß auch schon ganz genau, was ich dir Schönes zeigen werde.“

Besondere Bedürfnisse

Am Samstagabend, an dem die Ausgangssperre später angesetzt war, als an gewöhnlichen Wochentagen, machte sich Draco auf den Weg zum Bootshaus. Die Frühlingssonne ging gerade unter, tauchte die Ländereien in ein dunkles Orange. Mittlerweile war es recht warm geworden und Draco konnte die letzten Sonnenstrahlen der untergehenden Sonne sein Gesicht erwärmen fühlen. Vereinzelt saßen noch kleine Schülergruppen und Pärchen auf den Wiesen oder am Seeufer und genossen den schönen Abend.
 

Von weitem konnte er das Quidditchfeld sehen sowie mehrere kleine schwarze Punkte, die durch die Luft flogen. Anscheinend trainierte dort gerade eine Mannschaft. Sie waren zu weit entfernt, als dass Draco die Farbe ihrer Umhänge hätte ausmachen können, um zu erfahren, um welche Mannschaft es sich handelte. Vielleicht waren es sogar die Slytherins. Dieses Jahr musste Draco auf Quidditch verzichten und mit ein paar Galleonen hatte er ziemlich schnell einen Ersatz für sich gefunden, der nicht annähernd an sein Können herankam und dennoch machte es ihn traurig nicht mehr mitspielen zu können. Er war schon so lange nicht mehr geflogen, dass er schon gar nicht mehr wusste, wie es sich anfühlte, den Flugwind im Haar zu spüren.
 

Eine leise Stimme in seinem Kopf flüsterte, dass er womöglich nie wieder Quidditch spielen würde, wenn er seinen Auftrag vermasselte. Schnell riss er den Blick vom Quidditchfeld los und ging den Weg zum Bootshaus entlang. Es lag vom Schloss recht abgelegen und Draco konnte sich nicht erinnern hier schon einmal gewesen zu sein, abgesehen von seiner Ankunft in Hogwarts, nachdem er als Erstklässler in einem Boot den See überquert hatte. Er wäre auch gar nicht hierhergekommen, wenn man ihn nicht an diesen Ort bestellt hätte. Eine Eule hatte ihm vor einigen Tagen während des Abendessens einen Brief gebracht, der das Datum, die Zeit und den Ort für dieses Treffen beinhaltete.
 

Als Draco am Bootshaus ankam wartete der Absender dieses Briefes bereits auf ihn. Dracos Schritte wurden vom Gras gedämpft, doch als er den Steg betrat, knarrte das Holz unter seinen Schuhen, was den Jungen auf ihn aufmerksam machte.
 

„Da bist du ja endlich“, sagte Cormac mit einem Lächeln und kam auf ihn zu. Dracos Blick aber lag auf dem Gegenstand, den der Gryffindor in seinen Händen hielt: einen Besen. Einen Rennbesen, um genau zu sein.
 

„Wofür ist der?“, fragte Draco misstrauisch. War er am Ende hierher gelockt worden um verprügelt zu werden?
 

Als würde Cormac seine Gedanken lesen können fing er an zu lachen. „Na, zum Fliegen natürlich.“
 

„Dafür bestellst du mich hierher? Damit ich dir beim Fliegen zusehe?“
 

„Nicht ich“, erklärte Cormac und drückte Draco prompt den Besen in die Hand. „Du sollst fliegen.“
 

„Ich?“ Überrascht starrte Draco abwechselnd vom Besen zu Cormac. Auf diese Idee war er ja noch gar nicht gekommen. Eben gerade hatte er sich noch gewünscht mal wieder fliegen zu können und schon wurde ihm ein Besen in die Hand gedrückt.
 

„Wir können auch zusammen fliegen, wenn es dir lieber ist.“ Cormac setzte ein überhebliches Grinsen auf, welches Draco ihm am liebsten mit dem Besen aus dem Gesicht gewischt hätte. Sofort fühlte er sich an den Vorfall im Raum der Wünsche erinnert, was er bisher erfolgreich hatte ignorieren können.
 

„Das mache ich nicht einmal in deinen Träumen, McLaggen.“ Draco besah sich den Besen. Es war ein Komet, ein neueres Modell, aber noch lange nicht so ansehnlich wie sein mordsteurer Nimbus. „Warum hast du nichts gesagt?“, fragte Draco. „Ich hätte meinen eigenen Besen mitbringen können. Der ist nämlich um Längen besser, als dein Billigding hier.“
 

„Das hätte doch dann die Überraschung verdorben“, erklärte Cormac und ignorierte Dracos Beleidigung. „Na los jetzt, steig schon auf. Du weißt doch wie man fliegt, oder?“
 

Das ließ Draco sich nicht zweimal sagen. War doch egal, dass das nicht sein Besen war und dass er seine Zeit eigentlich mit wichtigeren Dingen verbringen sollte, als mit sinnlosem durch-die-Gegend-fliegen. Tatsache war, dass er endlich mal wieder fliegen konnte! Draco nahm den Besen zwischen die Beine, hielt sich mit beiden Händen am Stiel fest und hob ab, hinauf in die Lüfte.
 

„Aber bring ihn mir heile wieder zurück!“, rief Cormac ihm noch besorgt hinterher, doch da hatte Draco schon die erste Wolkendecke erreicht. In wenigen Sekunden hatte er so viele Meter hinter sich gelassen, dass man das Bootshaus am Boden kaum noch erkennen konnte. Draco flog weiter über die Ländereien. Mit diesem Besen ließ es sich wirklich gut fliegen – er gehorchte ihm, passte sich seinen Bewegungen an, wenn er sich in die Kurven legte. Mal sehen, wie schnell dieser Besen sein konnte. Draco beschleunigte aufs Höchste, der Wind klatschte ihm ins Gesicht und endlich spürte er seit langem mal wieder ein bisschen Freiheit. Das sollte er unbedingt wieder öfter machen.
 

Nachdem Draco einige Flugmanöver über dem Verbotenen Wald gedreht hatte, flog er mehrere Meter über dem Quidditchfeld hinweg und erkannte unter sich blaue Umhänge, was darauf schließen ließ, dass es sich um Ravenclaws handelte, die gerade ihrem Quidditchtraining nachgingen. Wenig später nahm er wieder Kurs auf das Bootshaus am Seeufer und setzte mit einer perfekten Landung am Steg auf.
 

Während Dracos Flug hatte Cormac am Ende des Steges gesessen und dort gewartet, aber als Draco zurückkam, stand er auf und sah ihn erwartungsvoll an. „Na?“
 

„Das war klasse“, sagte Draco, das Gesicht vom Flugwind ganz rot und die Haare wild zerzaust. Sein Herz schlug schnell und pumpte Adrenalin durch seinen Körper, was dafür sorgte, dass er sich einfach fantastisch fühlte. „Willst du jetzt eine Runde drehen?“, fragte Draco, da der Besen, auf dem er saß, ja nicht ihm gehörte, doch bevor er von dem Kometen absteigen konnte, setzte Cormac sich einfach mit auf den Besenstiel und der Besen erhob sich wieder in die Lüfte.
 

„Was soll das?“, wollte Draco empört wissen und verrenkte sich beinahe den Hals, bei dem Versuch Cormac hinter sich ins Gesicht zu blicken.
 

„Zu zweit ist es doch viel gemütlicher.“
 

Gemütlich fand Draco es ganz und gar nicht. Ein Besen war nun einmal nicht für zwei Personen ausgelegt. Und Cormac war ziemlich groß, da war es beinahe ein Ding der Unmöglichkeit Körperkontakt zu vermeiden. Draco hoffte nur, dass Cormac ihn nicht runterdrängte. Aber wenn, dann würden sie wohl gemeinsam vom Besen fallen, denn Cormac klammerte sich richtig an Draco fest, um an ihm Halt zu finden. Hoffentlich sah das keiner, dachte Draco, aber sie waren inzwischen zu weit oben in der Luft, als dass man sie vom Boden aus hätte erkennen können.
 

Sie flogen über den See, gingen weiter hinab, sodass sie nur noch wenige Meter vom Wasser entfernt waren. Draco konnte ihre verschwommene Spiegelung in der Oberfläche erkennen. Überall wo man jetzt hinsah, war Wasser unter ihnen. Dass der See so groß war, hatte Draco schon beinahe wieder vergessen. Das Schloss lag ganz weit entfernt und war kaum noch zu sehen.
 

„Ist doch schön, oder?“, fragte Cormac und zeigte auf die untergehende Sonne, die sich in der Wasseroberfläche des Sees spiegelte.
 

„Wundervoll“, sagte Draco sarkastisch und er hoffte, dass Cormac in der Lage war Sarkasmus zu erkennen. Nicht, dass der noch dachte, Draco meinte das ernst! Aber wenn Draco ehrlich zu sich war, dann war es wirklich ganz schön. Allein das Gefühl zu fliegen hatte er so sehr vermisst. So glücklich wie in diesem Moment war er schon sehr lange nicht mehr gewesen und er fühlte, wie all die Anspannung, der Druck und die Angst für eine kurze Zeit von ihm abließen, als würde der Flugwind diese Gefühle einfach davonwehen. Abgesehen davon war es doch gar nicht so unangenehm, nicht allein zu sein.
 

Der Gryffindor war zumindest eine nettere Gesellschaft als Crabbe und Goyle. Cormac lenkte ihn ab und das war ihm im Moment viel wert. Spätestens nachdem er Potter beim Quidditch vom Besen gehauen hatte, war Cormac ihm sympathisch geworden und außerdem hatte er gesagt, dass er sein Freund sein wollte. Die Tatsache, dass er ein Gryffindor war, ließ sich mit ein bisschen Mühe bestimmt verdrängen. Draco konnte im Moment einen Freund gut gebrauchen. Vielleicht würde Cormac ihm ja in seiner misslichen Lage helfen können.
 

„Willst du wieder zurück?“, fragte Cormac. Seine Stimme war ganz nah an Dracos Ohr. Irgendwie machte der Gedanke, dass Cormacs Lippen zum Greifen nah waren, ihn ziemlich nervös.
 

Draco schüttelte den Kopf. Er wollte noch nicht zurück und diesen Moment noch ein wenig auskosten. Das Gefühl vom Fliegen musste er sich einprägen, für den Fall, dass er doch nie wieder in der Lage sein würde Quidditch spielen zu können.
 

„Okay“, sagte Cormac und man konnte seiner Stimme anhören, dass er lächelte.
 

Das Bedürfnis, herauszufinden, wie nah Cormac wirklich war, gewann schließlich die Oberhand. Draco lehnte sich weiter nach hinten, drehte den Kopf zur Seite und sah über die Schulter in Cormacs Gesicht. Er hatte in die Ferne geschaut, während der Wind mit seinen braunen Locken spielte. Als er bemerkte, dass Draco sich zu ihm umdrehte, sah er ihn an und Draco blickte in strahlend grüne Augen. Er war ihm wirklich nah. Nur wenige Zentimeter waren die Lippen des anderen entfernt und zogen deshalb Dracos Blick auf sich. Er sah noch, wie sie sich leicht öffneten, als Cormac etwas sagen wollte, doch soweit kam es nicht, da Draco sich noch ein Stückchen zu ihm beugte und seine Lippen mit seinen eigenen verschloss.
 

Der Besen wurde langsamer, bis er irgendwann nur noch in der Luft zu schweben schien.
 

Draco dachte nicht nach, er handelte einfach und verstieß somit gegen das, was man ihm seit Kindheitstagen an eingebläut hatte: Er ließ sich von seinen Gefühlen leiten. Jetzt wollte er auch gar nicht nachdenken, über das, was er da gerade tat. Dafür fühlte es sich viel zu gut an.
 


 

* * *
 

Die Sonne war schon gänzlich untergegangen, als die beiden Jungs wieder am Rande des Stegs saßen. Draco beobachtete aus den Augenwinkeln, wie Cormac vergnügt mit den Beinen baumelte und, mit den Händen nach hinten abgestützt, in den Himmel blickte. Er wunderte sich darüber, dass Cormac bisher noch nichts gesagt hatte, aber er war ihm auch dankbar dafür, denn auf einen peinlichen Spruch konnte Draco gut und gern verzichten. Er hatte den Gryffindor geküsst und dieses Mal auch noch ganz freiwillig. Wenn er daran dachte, dann bereute er es nicht einmal, er war nur ein bisschen verlegen.
 

„Wie hat es dir gefallen?“, fragte Cormac schließlich und sah ihn von der Seite neugierig an. Draco konnte es zuerst gar nicht fassen, dass er jetzt anscheinend doch über den Kuss reden wollte. Wer machte denn sowas? Als er knallrot anlief fing Cormac an zu lachen.
 

„Ich meinte das Fliegen. Du bist schon lange nicht mehr geflogen, oder?“
 

Cormacs belustigter Blick sorgte dafür, dass seine Röte der Verlegenheit nicht wegging. „Dafür habe ich im Moment keine Zeit.“
 

„Dann nimm sie dir. Ich sage immer: Jede Sekunde auf dem Besen ist eine gute Sekunde.“ Cormac sprach wie ein Gelehrter, der seine Weisheiten weitergab.
 

Draco gab ihm Recht. Es war wirklich mal wieder an der Zeit, den alten Nimbus aus seiner Ecke hervorzuholen, wo er in der Zwischenzeit bestimmt schon verstaubt wäre, wenn die Hauselfen nicht jeden Millimeter im Schloss putzen würden.
 

„Ähm“, begann Draco nach einer Weile in der sie geschwiegen hatten und fühlte sich dabei selten dämlich. Er verspürte das Gefühl etwas sagen zu wollen, aber er wusste nicht was. Das, was er gerne sagen wollte, konnte er nicht in Worte fassen. Ein einfaches ‚Danke‘ hätte es wohl am besten getroffen. Draco langte nach dem Rennbesen, der zwischen ihnen lag, damit er etwas hatte, womit er seine Hände beschäftigen konnte. „Das war eine nette Idee.“
 

Cormac grinste zufrieden. „Meine Ideen sind nun einmal die Besten.“
 

Ein Augenrollen konnte sich Draco nicht verkneifen, obwohl Cormacs Prahlerei eigentlich ganz amüsant war. „Wie bist du überhaupt auf die Idee gekommen? Ich meine …“ Ahnungslos zuckte er mit den Schultern. Für ihn war es immer noch unbegreiflich, dass ein Gryffindor das Bedürfnis verspürte freiwillig Zeit mit einem Slytherin verbringen zu wollen und vor allem, dass er sich anscheinend in seiner Gegenwart recht wohl fühlte.
 

„Ich wollte dich ein wenig aufheitern. Du sahst so aus, als könntest du eine Aufmunterung gebrauchen.“ Dass jetzt schon dämliche Gryffindors bemerkten wie schlecht es ihm ging beunruhigte Draco ein wenig. „Und ich dachte eine schöne Runde auf einem Besen würde dir sicher gefallen. Das heitert mich jedenfalls immer auf.“ Cormac warf Draco einen bedeutenden Blick zu, was ihn dazu brachte an Hubert zu denken.
 

„Beim nächsten Mal besorge ich uns die Bälle, dann spielen wir eine Runde Quidditch. Heute ging es leider nicht, weil die Ravenclaws trainieren. Aber wenn ich Madam Hooch ein bisschen bequatsche, krieg ich sie vielleicht schon morgen. Hättest du Lust?“ So wie Cormac ihn ansah konnte Draco gar nicht anders, als das Angebot anzunehmen.
 

„Wenn’s sein muss“, seufzte Draco gespielt genervt, obwohl er sich insgeheim schon darauf freute ein bisschen mehr Zeit mit seinem Freund zu verbringen.


Nachwort zu diesem Kapitel:
* Zitat aus Harry Potter und der Halbblutprinz (Seite 418) Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (9)

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Von:  _Natsumi_Ann_
2011-09-28T06:53:53+00:00 28.09.2011 08:53
ein leichtes ende...
iwie nicht zu slashig...also fand es angenehm^^
an das paar hab ich mich auch gewöhnt weil mag meine charas gerne^^
Von:  _Natsumi_Ann_
2011-08-20T14:24:59+00:00 20.08.2011 16:24
LOL Hubert....
Cormac hat echt nerven aber bei ihm kann ich mir das alles vorstellen, bei anderen charas wäre es wohl zu OOC
hauptsache er küsst ihn einfach...


Und planet der affen fand ich auch gut bis aufs ende da dachte ich das wird voll der schocker :P angelehnt ans ende vorm vorgäger mit mark wahlberg, fand ich was lepsch xd aber tom war geil :D perfekte rolle auch wenn er später tot war XDDDD


bin mal gespannt wies weiter geht^^
bis demnächst^^
Von:  Scifiarchaeologist
2011-08-17T10:35:12+00:00 17.08.2011 12:35
Ich gestehe... Cormac tut mir NICHT leid ^^
Nach dem letzen Kapitel hab ich mir die Szene noch mal durchgelesen und ganz ehrlich, Doofheit muss bestraft werden *lach*
Nein eigentlich wird er mir immer sympatischer ^^
Cormac kommt jetzt ganz oben auf meine Liste der nicht genug beachteten Harry Potter Nebenfiguren ^^

So Dray ist irgendwie wirklicht wie ein Mädchen XDD Cormac hat definitiv recht, aber er hat ja auch im original etwas sehr mädchenhaftes, zumindest behaupte ich das jetzt einfach mal.

So zum "ich zeig dir mal was schönes" *hust* Ja ich hatte den gelichen Gedanken wie Cormac und verstehe seine Reaktion total! Armer Draco, das er es nicht gleich begreift ist ja irgendwie niedlich.
Auch Cormacs Aussage am Ende find ich witzig... ich sitz hier grade mit einem fetten grinsen im Gesicht ^^

in erwartung auf das neue Kapitel :3
Von:  Scifiarchaeologist
2011-08-11T20:34:59+00:00 11.08.2011 22:34
Hach ja... ich würde es auch für ein tolles Spiel halten wenn ich Draco wäre...
ich muss gestehen ich weiß nicht mal mehr was in dem Spiel alles passiert ist und warum Cormac den Schläger in der Hand hatte Oo sollt ich vielleicht mal wieder nachlesen XDD

ansonsten... Draco tut mir Leid. Irgendwie ist er ja schon gear*** bei dem was er da tun muss, nur er hat wohl wirklich keine andere wahl >.<
Aber es ist irgendwie niedlich wie Cormac sich freut und das er nicht begreift wie sehr er Draco entsetzt

in freudiger erwartung auf das neue kapitel
greetings ^^
Von:  _Natsumi_Ann_
2011-08-11T14:59:46+00:00 11.08.2011 16:59
mhhh...ist ja nicht viel passiert ;)
aber ab dem 4 kapi gehts wohl los, weil du meintest bis zum 3 kann ich beruhigt lesen :D :x
ich bin jetzt echt mal gespannt...
schade, dass draco nicht bissn hermine schlecht gemacht hat :D du weißt was ich meine xD
bis zum nexten cap^^
Von:  Scifiarchaeologist
2011-08-08T22:52:23+00:00 09.08.2011 00:52
Cormac und Draco Oo
interessant und außergewöhnlich ^^
definitiv lesenswert, besonders ei jemandem so tollkühnen wie Cormac, der einfach Dray-Dray an die Wand drückt XDD

das unser kleiner Slytherinprinz da nicht völlig die Beherrschun verloren hat ??

*daumen hoch*

p.s. ich versuch mir immer noch vorzusellen, wie Dravo verängstigt hoch in Cormacs Gesicht sieht XDD
Von:  _Natsumi_Ann_
2011-08-07T15:01:02+00:00 07.08.2011 17:01
da hat einer aber Mum einen Malfoy an die wand zu drücken xD
Kommt auch Hermine noch zum gespräch? oder war das hermine ? (sorry war erst um 7 zuhause bin übermüdet xD) immerhin stand er voll auf sie , wenn auch nur sexuell vielleicht :D
mal sehen wie es weiter geht...
Von:  vampire_bride
2011-08-04T23:14:07+00:00 05.08.2011 01:14
Oh Gott, diese Konstellation ist fantastisch, und dein Stil auch!

Dein bissiger Humor kommt von Herzen und du magst Draco, das merkt man.^^

Am besten hat mir das "völlig irritiert" an dieser Stelle gefallen:

... als sich jemand auf den freien Stuhl neben ihn setzte. Völlig irritiert sah Draco auf und entdeckte einen Jungen neben sich.


Ganz toll ist Draco auch hier:

Draco kannte nur die wichtigen Leute und dieser Junge gehörte anscheinend nicht dazu. Sein Gesicht kam ihm nicht einmal bekannt vor.

Also, ich hab deine Story auf jeden Fall auf dem Schirm und hoffe, dass es genauso gut weitergeht!^^

Von:  _Natsumi_Ann_
2011-08-04T11:45:45+00:00 04.08.2011 13:45
*lol*
Cormic die kleine Schlampe :D
Ich würde alles dafür tun, wirklich alles.
Ohje, ich habe iwie gelacht, aber es passt zu Cormic, und das draco etwas angewidert reagiert ist verständlich, aber einen Nutzen daraus ziehen könnte er wohl. Das stimmt, fragt sie nur wie O_o ich sehe Draco eigentlich nicht als schwul an xD
Und das Paaring naja ich mag es nicht, aber es ist im gewissen Sinne lustig XD Und besser als Harry/Draco oder sowas XD
Aber dein Schreibstil ist wie immer großartig ;) <3


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